Arabismen im Deutschen: Lexikalische Transferenzen vom Arabischen ins Deutsche 9783110825879, 9783110147391


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German Pages 437 [440] Year 1998

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Vorwort
Umschrifttabelle
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
Anlage der lexikographischen Artikel
I. Kapitel
1. Thematik und Vorgehensweise
2. Zum Wortmaterial der Arbeit
3. Terminologische Aspekte
3.1. Fremdwort/Lehnwort
3.2. Transferenz/Interferenz/Integration
4. Kritische Aspekte
4.1. Arabismen im Schulz/Basler Fremdwörterbuch
4.2. Arabismen in anderen etymologischen/historischen Wörterbüchern
II. Kapitel
1. Das Arabische und seine Kontakt-Varietäten
1.1. Das Klassisch-Arabische und das Mittelarabische
1.2. Zu den arabischen Mundarten
1.3. Transferenzen des Arabischen
2. Die Vermittlersprachen
2.1. Terminologisches
2.2. Die Empfänger-Varietäten des Deutschen
2.3. Vermittlungsmodalitäten
2.4. Aspekte der vermittelten Arabismen im Deutschen
3. Das Mittellatein als Vermittlersprache
3.0. Kurzeinführung
3.1. Kontakte des Arabischen und des Mittellateinischen
3.2. Medizin und Arzneimittellehre
3.3. Die Alchimie
3.4. Die Mathematik
4. Französisch als Vermittlersprache
4.0. Kurzeinführung
4.1. Primäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen
4.2. Sekundäre Kontakte und Transferenzen
4.3. Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen
4.4. Lexikographischer Teil
5. Italienisch als Vermittlersprache
5.0. Kurzeinführung
5.1. Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen
5.2. Sekundäre Kontakte und Transferenzen
5.3. Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen
5.4. Lexikographischer Teil
6. Spanisch als Vermittlersprache
6.0. Kurzeinführung
6.1. Die arabisch-iberoromanischen Sprachkontakte
6.2. Die Rezeption der arabisch-spanischen Transferenzen im Deutschen
6.3. Lexikographischer Teil
7. Niederländisch als Vermittlersprache
7.0. Kurzeinführung
7.1. Sekundäre arabische Transferenzen im Niederländischen
7.2. Tertiäre Vermittlung von Arabismen durch das Niederländische an das Deutsche
7.3. Lexikographischer Teil
8. Sonstige Vermittlersprachen
9. Direkte arabisch-deutsche Transferenzen
9.0. Kurzeinführung
9.1. Über arabisch-deutsche Kontakte
9.2. Lexikographischer Teil
III. Kapitel
1. Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen
1.0. Kurzeinführung
1.1. Primäre Graphemkorrespondenzen
1.2. Sekundäre Graphemkorrespondenzen
1.3. Einige morphologische und prosodische Bemerkungen
2. Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen
2.0. Kurzeinführung
2.1. Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung
2.2. Faktoren der Inhaltsentwicklung von Arabismen
Zusammenfassung/Auswertung
Bibliographie
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Arabismen im Deutschen: Lexikalische Transferenzen vom Arabischen ins Deutsche
 9783110825879, 9783110147391

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Raja Tazi Arabismen im Deutschen

W G DE

Studia Linguistica Germanica

Herausgegeben von Stefan Sonderegger und Oskar Reichmann

47

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1998

Raja Tazi

Arabismen im Deutschen Lexikalische Transferenzen vom Arabischen ins Deutsche

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1998

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Tazi, R a j a : Arabismen im Deutschen : lexikalische Transferenzen vom Arabisehen ins Deutsche / Raja Tazi. — Berlin ; New York de Gruyter, 1998 (Studia linguistica Germanica ; 47) Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-11-014739-4

© Copyright 1998 by Walter de Gruyter GmbH & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung: Ready Made, Berlin Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Vorwort Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Aufarbeitung des deutschen Arabismus-Wortschatzes nach wissenschaftlichen Kriterien. Circa 2 0 0 Transferenzen werden Gegenstand einer strukturellen und außerstrukturellen Analyse. Da die Entlehnung aus dem Arabischen ins Deutsche jedoch nicht auf direktem, sondern überwiegend auf indirektem W e g e durch V e r m i t t l u n g anderer Sprachen verlief, bietet die Arbeit, um dem speziellen Charakter dieser Entlehnungsmodalität gerecht zu werden, eine methodische Fundierung an, in deren M i t t e l p u n k t die Vermittlersprachen stehen, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Beziehung zum Arabischen als auch zum Deutschen. Dadurch soll mit dieser Arbeit eine in der systematischen Lehnwortforschung des Deutschen bestehende Lücke geschlossen werden. Sie kann auch aufgrund des Modellcharakters der indirekten Entlehnungen als richtungsweisender methodologischer Beitrag für spätere Arbeiten mit ähnlicher Problematik dienen. Gleichzeitig liefert die Arbeit präzise Informationen über die Etymologie der W ö r t e r und ihre Transkription, über die vermittelnden Sprachen mit den entsprechenden Erstbelegen und über die Chronologie von Arabismen im Deutschen. Wesentliche Fehleinschätzungen der etymologischen und historischen Wörterbücher des Deutschen bezüglich der Arabismen können dabei revidiert werden. Darüber hinaus hat sich die Untersuchung zum Ziel gesetzt, die zweifelhaften oder nicht eindeutigen Etyma mancher dem Arabischen als Herkunftssprache zugeschriebenen Wörter einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Damit will die Arbeit ein reales Bild vom Anteil der Arabismen in der deutschen Sprache vermitteln. Casablanca, im Juli 1994

Raja Tazi

Inhaltsverzeichnis Vorwort Umschrifttabelle Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen Anlage der lexikographischen Artikel

V XIII XV XVII

I. K a p i t e l 1.

T h e m a t i k und Vorgehensweise

3

2.

Zum Wortmaterial der Arbeit

7

3. 3.1. 3.2. 3.2.1.

Terminologische Aspekte Fremdwort/Lehnwort Transferenz/Interferenz/Integration Lexikalische Transferenz/Integration

10 10 11 15

4. 4.1. 4.2.

Kritische Aspekte Arabismen im Schulz/Basler Fremdwörterbuch . . . . Arabismen in anderen etymologischen/historischen Wörterbüchern

17 17 19

II. K a p i t e l 1. 1.1. 1.2. 1.2.1. 1.2.2. 1.2.3. 1.2.4. 1.3. 1.3.1. 1.3.2.

Das Arabische und seine Kontakt-Varietäten Das Klassisch-Arabische und das Mittelarabische . . Zu den arabischen Mundarten Die Dialekte des Vorderen Orients Die Dialekte des Maghreb Das Hispanoarabische Das Sizilianisch-Arabische Transferenzen des Arabischen Transferenzen in vorislamischer Zeit Transferenzen des Mittelalters

29 29 31 33 34 35 39 41 41 42

2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4.

Die Vermittlersprachen Terminologisches Die Empfänger-Varietäten des Deutschen Vermittlungsmodalitäten Aspekte der vermittelten Arabismen im Deutschen

47 47 47 49 51

VIII 3. 3.0. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.1.3.1. 3.1.3.2. 3.1.4.

Inhaltsverzeichnis

Das Mittellatein als Vermittlersprache Kurzeinführung Kontakte des Arabischen u n d des Mittellateinischen Mittellatein als Kultursprache Arabisch als Kultursprache Transferenzen im Bereich der Naturwissenschaften E n t s t e h u n g von Synonymen Durchsetzung der arabischen Transferenzen Exkurs 1: Über die Beweggründe zur Ü b e r n a h m e wissenschaftlicher T e r m i n i aus d e m Arabischen . . . 3.1.5. Exkurs 2: Uber den Verbreitungsgrad u n d die graphische V e r ä n d e r u n g der Arabismen im Mittellateinischen 3.1.6. Vorstellung der wissenschaftlichen Disziplinen . . . . 3.2. Medizin u n d Arzneimittellehre 3.2.1. Arabische Quellen u n d die Rezeption im europäischen Westen 3.2.1.1. T r a d i t i o n der lexikographischen Überlieferung . . . . 3.2.1.2. Pro u n d contra hinsichtlich der Arabismen im Humanismus 3.2.1.3. Die Materia medica 3.2.1.4. Die N o m e n k l a t u r 3.2.1.5. Europäische Rezeptionszentren 3.2.1.5.1. Z u r Rezeption in Deutschland 3 . 2 . 1 . 5 . 1 . 1 . Beispieltexte mit arabischen Transferenzen 3.2.2. Lexikographischer Teil 3.3. Die Alchimie 3.3.1. Z u m Gegenstand der Alchimie 3.3.2. Die arabische Alchimie u n d ihre Quellen 3.3.3. Z u r Rezeption im europäischen Westen 3.3.3.1. D i e Rezeption im deutschen S c h r i f t t u m 3.3.3.1.1. Die Transferenzen im Mittellateinischen u n d Deutschen 3.3.4. Lexikographischer Teil 3.4. Die M a t h e m a t i k 3.4.1. Die arabischen mathematischen Schriften u n d ihre Quellen 3.4.2. Die Rezeption der arabischen M a t h e m a t i k in Westeuropa 3.4.3. Transferenzen im deutschen mathematischen Schrifttum 3.4.4. Lexikographischer Teil

52 52 52 53 57 60 62 63 65

67 71 73 73 73 75 76 80 83 85 88 91 105 105 106 107 110 111 113 124 124 127 129 131

Inhaltsverzeichnis

4. 4.0. 4.1. 4.1.1. 4.1.1.1. 4.1.1.2. 4.1.2. 4.2. 4.2.1. 4.2.1.1. 4.2.1.1.1. 4.2.1.1.2. 4.2.1.2. 4.2.2. 4.2.3. 4.2.4. 4.2.5. 4.2.6. 4.3. 4.3.1. 4.3.1.1. 4.3.2. 4.3.3. 4.4. 5. 5.0. 5.1. 5.1.1. 5.1.1.1. 5.1.1.2. 5.1.1.2.1. 5.1.1.2.2. 5.1.1.2.3. 5.2. 5.2.1. 5.3.

Französisch als Vermittlersprache Kurzeinführung Primäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen Transferenzen des Mittelalters Exkurs: Zum Wort amiral Exkurs: Zum Wort tambur Transferenzen der Neuzeit Sekundäre Kontakte und Transferenzen Sekundäre Transferenzen durch das Spanische . . . . Transferenzen im Mittelalter Exkurs: Zum Wort azur Exkurs: Über den Prophetennamen Mahumet Transferenzen in der Neuzeit Sekundäre Transferenzen durch das Katalanische . . Sekundäre Transferenzen durch das Provenzalische Sekundäre Transferenzen durch das Italienische . . . Sekundäre Transferenzen durch das Mittelund Neulateinische Sekundäre Transferenzen durch das Türkische . . . . Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen Transferenzen im Mittelhochdeutschen Exkurs: Zum Wort buckerän Transferenzen im Frühneuhochdeutschen und Neuhochdeutschen Neuere Transferenzen Lexikographischer Teil Italienisch als Vermittlersprache Kurzeinführung Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen Kontakt-Varietäten des Italienischen Transferenzen über Sizilien Kontakte durch den Handel Transferenzen der Handelsterminologie Transferenzen für Handelswaren Transferenzen der Marineterminologie Sekundäre Kontakte und Transferenzen Sekundäre Transferenzen über das Spanische und Katalanische Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

IX

136 136 136 136 143 143 144 145 145 145 146 149 151 152 153 155 157 158 160 161 167 167 176 184 226 226 227 227 229 230 231 232 234 235 236 238

χ 5.3.1. 5.3.2. 5.3.2.1. 5.3.2.2. 5.3.2.3. 5.3.2.3.1. 5.3.2.3.1.1. 5.3.2.3.1.2. 5.3.2.3.1.3. 5.3.2.3.1.4. 5.4. 6. 6.0. 6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.2. 6.2.1. 6.2.2. 6.3. 7. 7.0. 7.1.

Inhaltsverzeichnis

Durch italienisch-deutsche Handelsbeziehungen . . . Die Transferenzen im deutschen Schrifttum Die Transferenzen im Mittelhochdeutschen Die Transferenzen in der Geschäftsliteratur Die Transferenzen in der Reiseliteratur Musterung der in den Ricerche vorkommenden Transferenzen Erneute Entlehnung von bereits im M h d . bezeugten Arabismen Erstbelege für italienisch-deutsche Arabismen Sekundäre Belege für frühere italienisch-deutsche Arabismen Älteste Belege für später aus anderen Sprachen übernommene Arabismen Lexikographischer Teil Spanisch als Vermittlersprache Kurzeinführung Die arabisch-iberoromanischen Sprachkontakte . . . . Sprachkontakte in Kastilien Die Transferenzen (nach Sachgebieten geordnet) . . Die Rezeption der arabisch-spanischen Transferenzen im Deutschen Transferenzen des Handels Typisch arabo-hispanische Transferenzen Lexikographischer Teil

Niederländisch als Vermittlersprache Kurzeinführung Sekundäre arabische Transferenzen im Niederländischen 7.1.1. Über französisch-niederländische Sprachkontakte . . 7.1.1.1. Periodisierung der Transferenzen 7.1.1.1.1. Transferenzen in der mittelniederländischen Literatur 7.1.1.1.2. Transferenzen im Bereich des Handels und und der Marine 7.1.1.1.2.1. Exkurs: Über das Wort Avaria 7.1.1.1.2.2. Exkurs: Über das Wort kalfatern 7.2. Tertiäre Vermittlung von Arabismen durch das Niederländische an das Deutsche 7.2.1. Über niederländisch-deutsche Sprachkontakte 7.2.2. Mittelniederländisch-mittelhochdeutsche Transferenzen

238 241 241 242 243 245 245 247 249 250 251 273 273 273 275 276 278 279 280 281 285 285 285 285 287 287 289 289 290 291 291 292

Inhaltsverzeichnis

XI

7.2.3. 7.3.

Neuere niederländisch-deutsche Transferenzen . . . . Lexikographischer Teil

294 295

8.

Sonstige Vermittlersprachen

302

9. 9.0. 9.1. 9.1.1.

Direkte arabisch-deutsche Transferenzen Kurzeinführung Uber arabisch-deutsche Kontakte Transferenzen in Reisebeschreibungen und in der Literatur Lexikographischer Teil

304 304 305

9.2.

307 311

III. Kapitel 1. 1.0. 1.1. 1.1.1. 1.1.1.1. 1.1.1.2. 1.1.1.2.1. 1.1.1.2.2. 1.1.2. 1.1.2.1. 1.1.2.2. 1.1.2.2.1. 1.2. 1.2.1. 1.2.1.1. 1.2.1.1.1. 1.2.1.1.2. 1.2.2. 1.3. 2. 2.0. 2.1. 2.1.1.

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen . . Kurzeinführung Primäre Graphemkorrespondenzen Die Konsonanten Die arabischen Konsonantenphoneme/Transliteration Korrespondenzen (Tabelle I) Beispiele Kommentar Die Vokale und Diphthonge Die arabischen Vokalphoneme und ihre graphematische Transliteration Korrespondenzen (Tabelle II) Kommentar/Beispiele Sekundäre Graphemkorrespondenzen Die Konsonanten (Erläuterung zu Tabelle III) . . . . Korrespondenzen (Tabelle III) Beispiele Kommentar Die Vokale Einige morphologische und prosodische Bemerkungen Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen . . . . Kurzeinführung Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung Matrix I/Matrix II (zur quantitativen Inhaltsentwicklung)

319 319 319 319 319 321 321 324 340 340 341 343 347 347 347 350 351 353 355 358 358 359 359

XII 2.1.1.1. 2.1.1.2. 2.1.1.2.1. 2.1.1.3. 2.1.1.3.1. 2.1.1.3.2. 2.1.1.3.2.1. 2.1.1.3.2.2. 2.1.1.3.3. 2.1.1.3.3.1. 2.1.1.3.3.2. 2.2.

Inhaltsverzeichnis

Kommentar Erläuterungen zur Erweiterung der Matrizen I u n d II Matrizen III bis X (zur qualitativen Inhaltsentwicklung) Erklärung u n d Spezifizierung der Inhaltsentwicklung Identisch bleibende Inhalte Divergierende Inhalte Primäre Inhaltsdivergenz Sekundäre Inhaltsdivergenz Partielle Inhaltsdivergenz Bei primärer E n t l e h n u n g Bei sekundärer E n t l e h n u n g Faktoren der Inhaltsentwicklung von Arabismen . .

359 360 361 364 364 367 369 372 373 373 375 379

Zusammenfassung/Auswertung

381

Bibliographie

399

Umschrifttabelle D i e Umschrift der arabischen Buchstaben folgt der in der Orientalistik üblichen Praxis (vgl. Schall 1 9 8 8 , 144). 1 Ο Ε C t Λ J

b t 1 gV h b d

J j U" J^ CK» (JÄ

d r ζ s S s d t

Ji

d

t t

β f

J

q k I m η h W,Q

cf

Υ'ϊ

J J f ä Ö

alif ba' ta' ta' gTrn ha' ba' dal dal rä' zay sin Sin säd dad ta' da' 'ain gain fa' qaf kaf lam mim nQn ha' waw ya'

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

aägypt. Abi. Adj. Adv. aengl. afrz. ahd. aind. aital. akat. akkad. alem. alg.-ar. and. Anf. Anm. apers. aport. aprov. arab. ARAB arag. aram. armen. Art. aspan. A. Spr. assyr. babyl. bair. bair.-öst. Bed. berb. BLG. bes. byzant. bzw. ca. chin. dgl. d.h.

altägyptisch Ableitung Adjektiv Adverb altenglisch altfranzösisch althochdeutsch altindisch altitalienisch altkatalanisch akkadisch alemanisch algerisch-arabisch andalusisch Anfang Anmerkung altpersisch altportugiesisch altprovenzalisch arabisch arabisch aragonesisch aramäisch armenisch Artikel altspanisch andere Sprachen assyrisch babylonisch bairisch bairisch-österreichisch Bedeutung berberisch Belege besonders byzantinisch beziehungsweise circa chinesisch dergleichen das heißt

dial. Dok. dt. DT ebd. eigentl. elsäss. engl. etym. ETYM. europ. evt. f. fig· fläm. flandr. fries. frk. friihnhd. frz. galloroman. gen. germ. gleichbed. gfgranad.-ar. H. hd. hebr. hess. hispanoar. Hist. iberoroman. ind. idg. Interj. ital. Jh., Jh.s kalabr. kast. kat.

dialektal Dokument deutsch deutsch ebenda eigentlich elsässisch englisch etymologisch Etymologie europäisch eventuell femininum (feminin) figurativ flämisch flandrisch friesisch fränkisch frühneuhochdeutsch französisch galloromanisch genuesisch germanisch gleichbedeutend griechisch granadisch-arabisch Hälfte hochdeutsch hebräisch hessisch hispanoarabisch historisch iberoromanisch indisch indogermanisch Interjektion italienisch Jahrhundert(s) kalabresisch kastilisch katalanisch

XVI klass.-lat. klass.-ar. koll. kop. lat. liter. m. maghr.-ar. marokk.-ar. md. mecklenb. mengt. metaph. metonym. mfrz. mgr. mhd. mlat. mnd. mnl. mper. mozarab. Ms. n. N. n. koll. n. unit. nd. nhd. nl. nlat. nordital. npers. Nr. obd. obital. od. orient. öst. pers. pfälz. pikard. pis. PI. poet. port. preuß. prakr. prov.

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen klassisch-lateinisch klassisch-arabisch Kollektivum koptisch lateinisch literarisch m a s k u l i n u m (maskulin) maghrebinisch-arabisch marokkanisch-arabisch mitteldeutsch mecklenburgisch mittelenglisch metaphorisch metonymisch mittelfranzösisch mittelgriechisch mittelhochdeutsch mittellateinisch mittelniederdeutsch mittelniederländisch mittelpersisch mozarabisch Manuskript neutrum Nomen n o m e n kollektivum n o m e n unitatis niederdeutsch neuhochdeutsch niederländisch neulateinisch norditalienisch neupersisch Nummer oberdeutsch oberitalienisch oder orientalisch österreischisch persisch pfälzisch pikardisch pisanisch Plural poetisch portugiesisch preußisch prakrit provenzalisch

rätorom. roman. s. S. sanskr. Schwab. Schweiz. s.d. semit. Sgsiz. siz.-ar. sog. span. spätmhd. Spr. Subst. siidhess. Syn. syr. thür. tosk. tunes.-ar. türk. u. u.a. u.ä. unit. usw. V. valen. Var. Vb. venez. vgl. Vlat VS vulg.-ar. wallon. Wb. Wbb. WB. Wz. Z. z.B. z.T. zit. Zus.

rätoromanisch romanisch siehe Seite sanskrit schwäbisch schweizerisch siehe dort semitisch Singular sizilianisch sizilianisch-arabisch sogenannt spanisch spätmittelhochdeutsch Sprache Substantiv südhessisch synonym syrisch thüringisch toskanisch tunesisch-arabisch türkisch und unter anderem u n d ähnlich unitatis u n d so weiter Vers valencianisch Variante Verb venezianisch vergleiche Vulgärlateinisch Vermittlersprache vulgärarabisch wallonisch Wörterbuch Wörterbücher W ö r t e r b ü c h e r (im lexikographischenTeil) Wurzel Zeile z u m Beispiel zum Teil zitiert Zusammensetzung

Anlage der lexikographischen Artikel Die lexikographischen Teile erscheinen an verschiedenen Stellen der Arbeit. Sie stehen jeweils am Ende einer behandelten Vermittlersprache. Dabei wird je Vermittlersprache eine Auswahl an Wörtern getroffen und in Form von Wörterbuchartikeln dargestellt. Die lexikographischen Artikel weisen den folgenden Aufbau und die folgende Gestaltung auf: Artikelaufbau: Die einzelnen Artikel bestehen aus einem Artikelkopf und 5 verschiedenen Positionen. Letztere sind typographisch durch einen Einzug nach rechts gekennzeichnet und fettgesetzt. Sie sind durch folgende Siglen gekennzeichnet: ETYM VS DT A.SPR

Etymologie Vermittlersprache Deutsch Andere Sprachen

In Verbindung mit den einzelnen Positionen stehen häufig lexikographische Kommentare. Sie befinden sich unterhalb der betreffenden Position und sind durch eckige Klammern und Petitsatz leicht erkennbar. Artikelgestaltung: Der Artikelkopf: Enthält das Lemma (Stichwort) sowie Angaben zur Wortüberlieferung und zur Entlehnungssemantik. Die Lemmata stehen in alphabetischer Ordnung. Das Lemma ist immer das deutsche Arabismus-Wort und zwar in seiner heutigen orthographischen Form. Es erscheint in Großsatz, fettgesetzt sowie unterstrichen und wird mit knappen Angaben zur Wortart und Wortbedeutung versehen. D i e Bedeutungsangabe ist durch doppelte, nach außen offene französische Anführungszeichen gekennzeichnet. Direkt unterhalb des Lemmas kommen rechts, in Petitsatz, Angaben zur E n t l e h nungskette des Wortes wie z.B.: arab. > mlat. > frz. > dt. und links Angaben zur Entlehnungssemantik wie z.B. Μ C Ρ = P. Diese Angaben sind den lexikologischen Teilen der Arbeit entnommen und können in der ausführlichen Darstellung dort konsultiert werden. Zur Orientierung mögen hier folgende Hinweise genügen: Bei der Entlehnungskette stehen die entsprechenden Abkürzungen für diejenige Sprache, durch die der be-

XVIII

Anlage der lexikographischen Artikel

treffende Arabismus gegangen ist, bevor er ins D e u t s c h e gelangte. Zwischen Arabisch (arab.) als Ausgangssprache und D e u t s c h (dt.) als Zielsprache finden sich die Vermittlersprachen wie Mittellatein (mlat.), Französisch (frz.) oder Italienisch (ital.). Bei der Entlehnungssemantik wird der T y p u s der Inhaltsentwicklung des Wortes ausgehend vom Arabischen über die Vermittlersprachen bis zum Deutschen angezeigt. D a b e i steht Μ für M o n o s e m i e , Ρ für Polysemie und die Zeichen (=) für „Inhaltsidentität", (φ) für „Inhaltsdivergenz", ( c ) für „partielle Inhaltsdivergenz". Folglich ist z.B. Μ c Ρ = Ρ wie folgt zu lesen: Ein gegebenes Wort ist a u f der arabischen Ebene m o n o s e m , beim Ü b e r g a n g in die Vermittlersprache wird es polysem und es wird ins Deutsche mit den gleichen Bedeutungen wie in V S übernommen. D i e Bedeutungsentwicklung des Arab i s m u s kann dadurch a u f Anhieb erfaßt werden. D e r Artikelkopf präsentiert sich z.B. wie folgt:

Kaliber

N . n. »Durchmesser, Art, Größe (bes. von Geschützen)«

Arab. > frz. > dt.

Ρ Φ Ρ c

Ρ

Ρ Φ Ρ α Ρ ist entsprechend der angegebenen Hinweise so zu lesen: D a s arabische Ausgangswort ist polysem, bei der Überlieferung in die Vermittlersprache gingen die arabischen Bedeutungen verloren bzw. es liegen in V S neue Bedeutungen vor, im Deutschen entwickelten sich zusätzliche B e d e u t u n g e n oder das Wort wurde nur mit einem Teil seiner Bedeutungen im D T rezipiert. Z u den einzelnen Positionen: Alle Positionen, einschließlich der K o m m e n t a r e , weisen folgende gemeins a m e typographische Merkmale auf: D i e Bedeutungsangaben stehen in der Regel in einfachen Anführungszeichen. Eine A u s n a h m e bilden diejenigen A n g a b e n zur Bedeutung, die z.B. a u f Lateinisch oder Französisch gehalten werden, wie z.B. die Bedeutungsangaben zu Pflanzennamen (wie Alkanna „Alkanna tintoria"), diese werden in doppelte Anführungszeichen gesetzt. D i e fremdsprachlichen Belegtexte stehen ebenfalls in normaler Schriftart und sind durch doppelte Anführungszeichen kenntlich gemacht. D i e fremdsprachlichen Buchtitel erscheinen kursiv und mit kursiven doppelten Anführungsstrichen, es sei denn sie fungieren als Belegtextstellen. Im Fall der Polysemie sind die Einzelbedeutungen ab der Position E T Y M nach Zahlen durchnumeriert (von 1) bis x)) und zwar so, daß die darauffolgende Zahl nur dann in Erscheinung tritt, wenn in einer der hier in Frage k o m m e n d e n Positionen eine neue B e d e u t u n g z u m ersten M a l angeführt wird. Im Fall der m o n o s e m e n Wörter kann per d e f i n i t i o n e m nur eine einzige B e d e u t u n g v o r k o m m e n . Diese wird aber ab E T Y M auch dann mit 1) numeriert, wenn in den Positionen V S oder

Anlage der lexikographischen Artikel

XIX

D T andere Bedeutungen erscheinen. Die Belegwörter und Belegtexte sind im Schriftbild kursiv, bis auf die griechischen Belege und die arabischen Wörter, die sich vom übrigen Text durch ihre besonderen Schriftzeichen abheben. Die Quellenangaben stehen in Petitsatz am Ende der jeweiligen Position. Position ETYM: In dieser Position erscheint das arabische Ausgangswort zunächst in Grundschrift und dann in Transkriptionsschrift gemäß der oben angeführten Transkriptionstabelle (vgl. S. XIII). Es folgen eine Angabe des Genus, der Wortart und die Bedeutungsangabe, wobei letztere typographisch durch einfache Anführungszeichen gekennzeichnet wird. Danach kommen Hinweise zur Etymologie, wobei im Fall der fremdsprachigen Herkunft des arabischen Wortes das diesem zugrundeliegende W o r t angeführt wird, gegebenenfalls in Grundschrift und mit entsprechender Bedeutungsangabe. Immer dann, wenn es sinnvoll erscheint, werden zusätzliche, zur nächsten Position überführende Informationen angeboten. Es folgen schließlich, in Petitsatz und in Abkürzungsformen, die Literaturangaben. Am Beispiel des Wortes Kaliber präsentiert sich diese Position wie folgt: ETYM: Arab. .-JLi qälib N. m. I) 'Leisten (des Schusters)'; 2) ' G u ß form'; 3) 'Modellform', geht auf gr. καλο-, κ α λ α π ό δ ι ο ν (kälo-, kälapödion) 'Schusterleisten' zurück. Κ α λ ο - , κ α λ α τ τ ό δ ι ο ν ist ein Diminutiv zu κ α λ ό - , κ α λ ά τ τ ο υ ς (kälö-, kälapüs), eigent. 'Holzfuß', einer Zusammensetzung aus κ α λ ό ν (kälon) 'Holz' und ττους (pous) 'Fuß'. Zwischen dem arabischen und dem griechischen Wort wird eine syrische Vermittlung angenommen. Der erst im Romanischen zustande gekommenen Übertragung des arabischen Wortes auf den Durchmesser des ArtillerieGeschosses liegt das Motiv des genauen Zusammenpassens zweier Dinge hinsichtlich ihres Durchmessers zugrunde. Vgl. LA l , 689 b ; Wehr 993 a ff.; Wiedemann (1970) I, 240 f f , 245 u. Anm. 2, 464 ff., 470 und II, 178; Frankel (1886), 256; Dozy II, 391".

Position VS: VS bezieht sich auf diejenige Vermittlersprache, die direkt den Arabismus an das Deutsche lieferte. Am Anfang dieser Position steht das Belegwort in der betreffenden Originalsprache. Es folgen Daten für Erstbelege, Angaben zur Wortart sowie Bedeutungsangaben. Falls das Wort nicht direkt auf das Arabische, sondern auf eine oder mehrere sekundäre Vermittlerstufen zurückgeht, werden diese Stufen ebenfalls angeführt. W e n n angebracht, werden auch hier zusätzliche Informationen geboten, vor allem dann, wenn sie für die nächste Position aufschlußreich sein können. Am Beispiel von Kaliber stellt sich diese Position wie folgt dar:

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Anlage der lexikographischen Artikel

VS: Frz. calibre m. 4) (1478/1571) 'Durchmesser des Laufes einer Kanone oder Schußwaffe' (im 19. Jh. 'Durchmesser von Röhren allgemein'). Als Artillerie-Terminus weist calibre im 17. Jh. verschiedene Nebenbedeutungen auf, wie 5) (1636) 'Durchmesser eines Geschosses' (sowie allgemein 'Durchmesser von kugel- od. zylinderförmigen Gegenständen'); 6) (1690) 'Instrument, womit die Proportionen von Lauf und Kugel eines Geschützes kalibriert werden'. Bereits (1548) wird calibre übertragen verwendet als 7) 'Größe, Beschaffenheit einer Sache od. einer Person'. FEW19, 82 b ff.; BW, 101 a ; D D M , 125 a ; Tresor V, 39 b ff.; Kluge 89, 349 ä ; Pfeifer I, 610 b .

Position D T : In der Regel beginnt diese Position mit lexikographischen Erläuterungen, z.B. Angaben zum Erstbeleg und anderen allgemeinen Hinweisen. Es folgen zu den Einzelbedeutungen Belegdaten und Belegtexte. Letztere erscheinen in Kursivdruck und ohne Anführungszeichen, wobei am Ende eines jeden Belegtextes die Quellenangaben in runden Klammern und in Petitsatz stehen. Es handelt sich in der Hauptsache um sekundäre Quellen wie z.B. die historischen Wörterbücher, Autorenwörterbücher und Einzeluntersuchungen. Dabei wird die Belegstelle, so wie sie in den sekundären Quellen vorkommt, angegeben. Nach einem Senkrechtstrich erscheint die Quellenangabe mit Seitenzahl, z.B.: (Wallhausen, Manifest/ Schulz-Basler I, 319). Die Belegtexte sind chronologisch angeordnet. Es wird versucht, das Belegwort durch die Belegtexte bis zum 20 Jh. wortgeschichtlich zu sichern. Zur Hervorhebung werden die mit dem Wort überlieferten Einzelbedeutungen unterstrichen. Falls aber eine neue Bedeutung zum ersten Mal in dieser Position auftaucht, wird sie mit der entsprechenden Zahl versehen. Es kommen dann die Belegtexte dazu. Am Ende der Position stehen manchmal Hinweise zur Zusammensetzung und Ableitung des Wortes mit den entsprechenden Erstbelegdaten. Am Beispiel des Wortes Kaliber präsentiert sich diese Position wie folgt: D T : Bezeugt seit Anfang des 17. Jh.s als Terminus der Militärsprache, zunächst mit schwankendem Genus (m. u. f.), in den Bed. 'Durchmesser der Geschützmündung': 'Durchmesser eines Geschosses oder einer Kanonenkugel': (1603) Die Carthaun von 6. Daumen de calibre; sampt derselbigen sechserley calibris (Brantzius, Artifices/ Jones (1976), 168); W B Position: In dieser Position werden Wörterbücherangaben über die einzelnen Wörter zusammengestellt. Ziel dieser Zusammenstellung ist es, den festen Platz dieser Wörter im Vokabular der deutschen Sprache nachzuweisen und die Kenntnisse darüber zu bereichern. Dazu dienen Wörterbücher aus dem 16., 17. 18., 19. und 20. Jh. Zunächst werden in chronologischer Anordnung, angefangen mit dem lexikographischen Werk, in dem

Anlage der lexikographischen Artikel

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das betreffende Wort zuerst vorkommt, die Erscheinungsjahre der Wörterbuchbände in runden Klammern angegeben. Es folgt das Belegwort in Kursivdruck und dann die einzelnen Wörterbuchtexte. Diese erscheinen in normalem Schriftsatz und sind typographisch durch französische nach innen offene Einführungszeichen gekennzeichnet. Zuletzt erscheinen die Quellenangaben als Majuskeln, in Petitsatz und zwischen runden Klammem, z.B. (ADELUNG I, 1167). Folgender Ausschnitt aus dem Artikel Kaliber mag diese Position exemplarisch darstellen: W B : (1774) Der Caliber «Ein Wort, welches in verschiedenen Künsten und Handwerken sehr oft vorkommt, und theils eine gewisse Dicke und deren Maaß, theils aber auch ein Werkzeug bedeutet. [...] etc. (ADELUNG I, 1167); ( 1 8 0 1 )

Caliber

« 1 . ü b e r h a u p t ein b e s t i m m t e s M a ß ; 2 . ins-

besondere, die innere Weite eines Geschützes oder den Durchmesser seiner Oeffnung; [...]; (CAMPE, l62a); etc. Position A . S P R : Es werden in dieser Position die Belegwörter und Erstbelegdaten der betreffenden Wörter in den verschiedenen europäischen Sprachen aufgeführt. Dadurch können die Informationen über die einzelnen Wörter vervollständigt werden. Diese Position präsentiert sich wie folgt: A. S P R : Span, calibre (1594), (1583) calibio-, ital. cälibro (1606); e n g l , calibre (1588). C o r o m . I, 762 a ff.; Cort. I, 187 a ff.; OED II, 784 b ff. Die lexikographischen Kommentare: Die zwischen den einzelnen Positionen eingeschobenen lexikographischen Kommentare enthalten Informationen unterschiedlicher Art, z.B. Sachinformationen, kulturgeschichtliche Informationen, Erläuterungen zur Bedeutung oder Form eines betreffenden Wortes sowie Besprechungen von Problemfällen. Kommentare werden immer dann eingeschaltet, wenn erachtet wird, daß antizipierte Benutzerfragen dadurch eine Antwort finden können.

I. Kapitel

1. Thematik und Vorgehensweise Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind die Arabismen im Deutschen. Eine Anzahl von circa 200 Wörtern arabischen Ursprungs im Deutschen bildet die Grundlage der Untersuchung. Die Mehrzahl dieser Wörter gelangte nicht direkt ins Deutsche, sondern indirekt über andere Sprachen, zum Teil mehrmals, und oft in einer Jahrhunderte dauernden Tradierungszeit. Infolge der komplexen Überlieferung und der Heterogenität der Kontaktsprachen traten erhebliche ausdrucke- und inhaltsseitige Veränderungen der arabischen Wörter auf. Dieser kurz skizzierte Entlehnungsvorgang ergibt bereits die Grundlinien und Schwerpunktsetzungen der vorliegenden Untersuchung. Es wird in der Hauptsache darum gehen, die Wörter arabischen Ursprungs im Deutschen nach sach- und kulturgeschichtlichen, phonetischen und semantischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Dies bedeutet zugleich ihre Rückverfolgung über verschiedene Sprachstufen sowohl der Vermittlersprachen als auch des Deutschen. Arabische Wörter wurden nur in seltenen Fällen unmittelbar ins Deutsche entlehnt. Beispiele dafür bilden einige arabisch-islamische Bezeichnungen wie Scheich und Kadi sowie die in neuester Zeit infolge der politischen Ereignisse im Nahen Osten durch die Medien verbreiteten Ausdrücke wie Dschihad und Intifada. Letztere werden in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Es liegen auch vereinzelte Belege für direkte arabische Übernahmen in deutschen Reisebeschreibungen vor, die jedoch ohne Folgen für die deutsche Lexik geblieben sind oder durch indirekte Entlehnungen verdrängt wurden. Zwischen Deutschland und der arabischen Welt bestanden zu keiner Zeit intensive Kontakte, die zu direkten Transferenzen hätten führen können. Fehlende geographische wie historische Gegebenheiten verhinderten so einen nennenswerten unmittelbaren arabisch-deutschen Lehnwortaustausch. Das arabische Lehngut in der deutschen Sprache muß deshalb in einem größeren Rahmen der Geschichtsbetrachtung gesehen werden. Es handelt sich hier nicht um direkte historische oder politische Beziehungen zwischen den arabischen Ländern und Deutschland, sondern vielmehr um Kulturbeziehungen, die das gesamte Abendland mit dem Orient verbanden. Der überwiegende Teil der heute in den europäischen Sprachen verbreiteten Arabismen wurde im Laufe des Mittelalters entlehnt. Die Voraussetzungen dieser Sprachberührung wurden durch die arabische Expansion im Mittelmeer (Spanien 711, Sizilien 827), durch die Handelsbeziehungen und

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Thematik und Vorgehensweise

durch die Kreuzzüge geschaffen. An diesem Entlehnungsprozeß waren das Mittellatein, die ibero- und galloromanischen Sprachen sowie die Sprachen der Apenninenhalbinsel beteiligt. Die Übernahme ins Deutsche vollzog sich jedoch erst allmählich in einem Zeitraum von mehreren Jahrhunderten. In deren Verlauf konnte es vorkommen, daß ein W o r t mehrfach über verschiedene Vermittlersprachen entlehnt wurde. Ein Wort wie mhd. baldakin wurde bereits im 12. Jh. aus dem Altfranzösischen in der Bedeutung S e i denstoff übernommen, geriet aber wieder in Vergessenheit und wurde im 17. Jh. als Baldachin erneut entlehnt, diesmal aber aus dem Italienischen und in der Bedeutung ,Trag-, T h r o n h i m m e l ' . Die Richtlinie der Untersuchung bildet immer das deutsche Wort. Es wird, wie oben erwähnt, zurückverfolgt bis zur arabischen Vorlage. Dieser diachronische Ansatz wird durch einen synchronischen ergänzt, wobei hier auf den Integrationsgrad der arabischen Transferenzen im heutigen deutschen Wortschatz geachtet wird. Der synchronische Aspekt von Arabismen wird jedoch nicht schwerpunktmäßig behandelt, da das Anliegen dieser Arbeit in erster Linie ein sprach- und kulturhistorisches ist. Die Etyma der untersuchten Wörter sind sowohl ursprünglich arabisch als auch nur über das Arabische vermittelt, z.B. einige Gräzismen und Iranismen. Die bisher gemachten Ausführungen fließen in unterschiedlicher Weise in die Arbeit ein. Es erscheint sinnvoll, deren Aufbau kurz zu skizzieren. Im Rahmen des ersten Kapitels werden einesteils terminologische Fragen geklärt. Es gilt, die Arabismen unter den Aspekten Fremdwort, Lehnwort, Transferenz terminologisch abzugrenzen. In diesem Zusammenhang werden die Integrationsvorgänge der arabischen Transferenzen im heutigen Deutsch beschrieben, wobei eine Einteilung der Wörter nach soziolinguistischen Kriterien unternommen wird. Die Einteilung soll zugleich einen Überblick über den gebräuchlichen Arabismus-Wortschatz des Deutschen vermitteln. Anderenteils soll die gängige lexikographische Behandlung von Arabismen in Wörterbüchern der deutschen Sprache einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Es stellt sich heraus, daß in diesen Werken der Arabismus-Wortschatz an vielen Punkten ergänzungsbedürftig ist. Den Hauptteil der Arbeit bildet das zweite Kapitel. An den Anfang werden die Sprachvarietäten des Arabischen gestellt, durch die die Entlehnung von Arabismen in die Vermittlersprachen stattfand. Dieser Abschnitt ist von zentraler Bedeutung für die Erklärung mancher Formen und Bedeutungen der arabischen Transferenzen. Es folgen die einzelnen Vermittlersprachen, in der Reihenfolge: das Mittellatein, das Französische, das Italienische, das Spanische und das Niederländische. Weitere Vermittlersprachen sind das Englische und das Türkische. Sie konnten jedoch im Rahmen dieser Arbeit aus zeitlichen G r ü n d e n nicht eigenständig behandelt werden. Allerdings werden die durch diese Sprachen an das Deutsche vermittelten Wörter in einem Unterkapitel kurz dargestellt und bei der Gesamtauswertung mit-

Thematik und Vorgehensweise

5

berücksichtigt. Für die Behandlung der genannten Vermittlersprachen ist eine weitere Publikation vorgesehen. Die einzelnen hier in Frage kommenden Vermittlersprachen werden jeweils in Unterkapiteln behandelt, wobei das vermittelte Lehngut jeweils im Rahmen der Beziehungen dieser Sprachen zum Arabischen einerseits und zum Deutschen andererseits separat dargestellt und untersucht wird. Bei der Ausführung klären sich die historischen Hintergründe der Sprachkontakte sowie die Entlehnungswege der Transferenzen. Die unterschiedlich langen Ausführungen zu den einzelnen Vermittlersprachen richten sich in der Regel nach der Anzahl der durch diese Sprachen an das Deutsche vermittelten arabischen Transferenzen. So beansprucht die Behandlung von Spanisch als Vermittlersprache weniger Ausführlichkeit als z.B. Französisch als Vermittlersprache, da durch diese Sprachen unterschiedlich viele Arabismen ins Deutsche kamen. In anderen Unterkapiteln über die Vermittlersprachen erfordert jedoch nicht nur die Anzahl der Wörter, sondern darüber hinaus auch der Sachverhalt und die Überlieferungsproblematik der arabischen Transferenzen eine eingehende Darstellung. Dies ist z.B. der Fall in Mittellatein als Vermittlersprache. Die Relevanz der Thematik und ihre Vielseitigkeit verlangen eine gebührende Sorgfalt. Den Einflußgebieten Arzneimittellehre, Alchimie und Mathematik bzw. den entsprechenden Wortschätzen werden jeweils Einzelabschnitte gewidmet, damit eine optimale Beschreibung erreicht werden kann. Die Astronomie wird hier jedoch nicht berücksichtigt. Es handelt sich in der Hauptsache um die Sternnomenklatur, die P. Kunitzsch in mehreren Publikationen systematisch erforscht hat. Andere, diesem Gebiet zuzuordnende Arabismen wie Zenit und Almanach erreichten das Deutsche über das Italienische und Niederländische. Sie werden im Zusammenhang mit den genannten Vermittlersprachen aufgeführt. Bei der Auseinandersetzung mit dem arabisch-lateinischen Sprachkontakt kommt eine wesentliche Frage auf, die bisher keine Beachtung fand. Es ist die Feststellung, daß überwiegend Bezeichnungen für konkrete Sachverhalte, aber kaum abstrakte lexikalische Begriffe aus dem Arabischen ins Mittellateinische übergingen, wenngleich die Übersetzungsliteratur, in deren Rahmen die Entlehnung stattfand, Gelegenheit auch zu Übernahmen von Abstrakta bot. Dieses Fazit liefert einen wichtigen Anhaltspunkt für eine objektive Interpretation des arabisch-lateinischen Sprach- und Kultureinflusses und wirft ein Licht auf die historische Situation, in der die beiden Sprachen miteinander konfrontiert wurden. Es soll in unserem Zusammenhang die Richtlinie der Darlegung bilden. In einem weiteren Unterkapitel soll auf die direkten arabisch-deutschen Transferenzen eingegangen werden. Am Schluß der Unterkapitel über die Vermittlersprachen und über direkte Entlehnungen wird jeweils eine Auswahl der Transferenzen in Form von Wörterbuchartikeln lexikographisch behandelt. Die Anlage der Wörterbuchartikel wird S. XVIIff. beschrieben.

6

Thematik und Vorgehensweise

Das dritte Kapitel ist der ausdrucksseitigen und inhaltsseitigen Entwicklung der arabischen Transferenzen gewidmet. Die Veränderungen werden in Form von Tabellen und Schemata dargestellt und mit Kommentaren versehen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Arbeit und die bibliographischen Angaben bilden den Schluß der vorliegenden Arbeit.

2. Zum Wortmaterial der Arbeit Das lexikalische Material der vorliegenden Untersuchung beruht im wesentlichen auf den Wortsammlungen in den einschlägigen Arbeiten zum Thema der arabischen Wörter im Deutschen von Littmann (1924), Lokotsch (1927) und Osman (1982) 1 . Zur Ergänzung wurden Wortlisten aus einzelnen romanischen Arabismus-Monographien konsultiert, z.B. D o z y (1869), Steiger (1932), Latham (1964), Nasser (1966), Pellegrini (1972) . Im Hinblick auf die Anzahl der deutschen Wörter, denen eine arabische Herkunft zugeschrieben wird, kommen bei Littmann circa 290, bei Lokotsch circa 3 5 0 und bei Osman 338 Einheiten vor. Davon werden in dieser Arbeit die folgenden nicht berücksichtigt: 1) Einige Begriffe der islamischen Theologie wie Islam, Sure, Sunniten, Schiiten 2) Die Sternnamen 3) Alle Wörter, deren Herkunft aus dem Arabischen von der Mehrzahl der etymologischen und historischen Wörterbücher bestritten wird. EiZu den genannten Arbeiten sei folgendes angemerkt: Littmanns Morgenländische Wörter im Deutschen (1924) führt im Abschnitt „Die arabischen Woerter" (S. 59-102) alle wichtigen lexikalischen Arabismen im Deutschen auf, ist jedoch im Stil eines Essays geschrieben, wobei auf jegliche linguistische Fragestellung, Fußnoten und Literaturangaben verzichtet wird. Lokotschs Etymologisches Wörterbuch der europäischen Wörter orientalischen Ursprungs (1927) stellt ein rein etymologisches Sammelwerk der europäischen Orientalismen dar. Wortgeschichtliche Angaben sind dort nicht angestrebt worden. Außerdem ist es inzwischen in vielem revisions- und ergänzungsbedürftig. Osmans Kleines Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft (1982) enthält fast alle im Deutschen gebräuchlichen Arabismen; es fehlen ihm jedoch Erstbelege, Präzisierungen über die Vermittlersprachen sowie Angaben über den Laut- und Bedeutungswandel. Außerdem finden sich im Kleinen Lexikon zahlreiche unsichere Einträge, die eine berechtigte Kritik auf sich ziehen müssen (s. hier unter I. 3.2.2.). Angesichts dieser Forschungslage stellt W. W . Müller (1986) in einem Aufsatz, Arabische Einflüsse auf die deutsche Sprache, folgende Anforderung: „Was wir brauchen, sind nicht so sehr Lexika oder Wortlisten, die mit ihren Aufzählungen den Eindruck des Fertigen und Abgeschlossenen hervorrufen, sondern vielmehr Untersuchungen, die für die einzelnen Wörter ihre Herkunft, ihren Wanderweg, ihr Vorkommen in schriftlichen Quellen und ihren Bedeutungswandel im Laufe der Zeit dokumentieren". In der vorliegenden Dissertation wird versucht, die genannten Ansprüche zu berücksichtigen. Über die Arabismen in den romanischen Sprachen liegen umfangreiche ältere und neuere Publikationen vor. Z u m letzten Stand vgl. Kiesel (1994), Anm. 1, S. IX und Bibliographie S. 85-113. Mehrere dieser Publikationen werden in der vorliegenden Arbeit berücksichtigt.

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Zum Wortmaterial der Arbeit

nige davon sind z.B.: Mütze, Jacke, Maske, Tarot, Trafik, Mafia, Gambit. 4) Orientalische Begriffe, die weder arabischer Herkunft sind noch über das Arabische in die europäischen Sprachen gelangt sind, wie Derwisch,

Diwan,

Karawane.

Durch die genannten Streichungen konnte die Anzahl der Arabismen um mehr als 100 Wörter reduziert werden. Aus dem verbleibenden Bestand sollte für die vorliegende Untersuchung ein Wortkorpus von 200 Wörtern zusammengestellt werden. Die Auswahl richtete sich in der Hauptsache nach folgenden Kriterien: Die Wörter sollten möglichst eine lange Tradition im deutschen Wortschatz aufweisen und im heutigen Deutsch noch vorhanden sein. Dabei werden sowohl Wortschöpfungen aus einem Arabismus wie Sultan/Sultanine als auch zwei- oder mehrfache Entlehnungen eines arabischen Wortes berücksichtigt, wie mhd. materaz und

nhd. Matratze oder Kermes, Karmesin und Karmin, die allesamt zu unterschiedlichen Zeiten aus verschiedenen Vermittlersprachen ins Deutsche entlehnt wurden. Auf diese Weise können die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge und Integrationsprozesse der Arabismen im Deutschen besser veranschaulicht werden. Als lexikalische Orientierung dienten für die ältere Zeit, je nach Entlehnungsperiode und Vermittlersprache, mehrere Spezialuntersuchungen, u.a. die Arbeiten von Ö h m a n n (s. Bibliographie), Palander (1902), Suolahti (1929), W i s (1955), Brunt (1983), Jervis (1976) und Nachschlagewerke wie der Lexer, die ersten Bände und Vorarbeiten

zum Frühneubochdeutschen

Wörterbuch

und schließlich der Große

Duden

( 1 9 7 6 - 1 9 8 1 ) als Nachweis für den Gebrauch im heutigen Deutsch. Nur ein Teil der Wörter wird lexikographisch behandelt. Die übrigen Wörter erscheinen lediglich im Text und sollen für eine repräsentative Darstellung der verschiedenen Einflußbereiche des arabischen Wortschatzes in den Vermittlersprachen und im Deutschen dienen. Die folgende Liste enthält die 2 0 0 ausgewählten Arabismen. Die Spalte I bezieht sich auf die lexikographisch behandelten, die Spalte II auf die übrigen im Text angeführten Arabismen. Spalte I Admiral Alchimie Alembik Algebra Algorithmus Alkalde Alkali Alkanna Alkohol

Spalte II Arsenal Artischocke Atlas Aubergine Azur Baldachin Barchent Barde Basane

amiral Albara Albatros algafiles Alguacil Alhambra Alhidade Alkazar Alkoran

Athanor Azimut baldakin Ballasrubin Binetsch Bor Buckeram Cafe Cid

9

Z u m Wortmaterial der Arbeit

Alkoven Almanach Amalgam Amber Anilin Aprikose Arabeske Arrak Burnus Chiffre Dschinn Elixier Estragon Fakir Galgant Gamasche Gaze Gazelle Genette Giraffe Gitarre Harmel Hasard Haschisch Jasmin Joppe Kadi Kaffee Kaliber Kalif Kampfer Kandis Karaffe Karat Karbe Karmesin Kattun Kubebe Lack Laute Lila Limonade Magazin

Beduine Behennuß Benzin Benzoe Berberitze Bezoar Borax Boretsch Mameluck Marabu Markasit Maroquin Marzipan Matratze Matt Moschee Mumie Muselmann Musselin Natron Orange Papagei Razzia Roche Safran Satin Schach Scheich Sennesblätter Sirop Soda Sofa Spinat Sultan Sumach Talk Tamarinde Tambour Tarif Tasse Zenit Zitwer Ziffer

Almagest almocabula Aludel amazur Anil Antimon arantz Assassin Gabelle Garbin garbulieren Genetter genit Harem Havarie Henna Imam Intarsia kalfatern Kalium Kamelot Karmin Karacke Karube Kermes Kif Kismet Koran Korduan Lilac Limone Mahumet materaz Minarett Mohair Mokka Monsum Mozaraber Mufti Muezzin Mulatte Nadir Natrium

Dogana Dragon Dragomann Duane ekub Elemi Emir Fundaco orange Quintal Racket Rebec Ribisel Ries Risiko rochieren Sacker(falk) Salep Saphena (Vena) schamlät Scharlach Schaube Schirokko Sensal Sorbet Sultanine Tara tauschieren Tinkar Tutia väris Zechine Zibebe Zibet(katze) Zucker

3. Terminologische Aspekte Eine kurze Darstellung der Lehngutterminologie, die Abgrenzung von Begriffen im Hinblick auf die Arabismen und eine Auseinandersetzung mit der Behandlung des arabischen Lehnguts in der Lexikographie sollen im folgenden den Rahmen dieser Arbeit abstecken und ihre Ziele verdeutlichen.

3.1. Fremdwort/Lehnwort Lexikalische Übernahmen aus anderen Sprachen werden herkömmlich in Lehnwörter und Fremdwörter eingeteilt. Die Unterscheidung zwischen den beiden Termini wird am Grad der ausdrucksseitigen Integration der Entlehnung festgemacht. Demnach sind Lehnwörter in Aussprache, Schriftweise und Flexion völlig angepaßt, während Fremdwörter „meistens noch deutlich sichtbare Spuren ihrer fremdsprachlichen Herkunft an sich tragen" (Duden 5, 19). Anhand der genannten Kriterien erweist sich aber oft, daß keine scharfe Grenze zwischen den beiden Termini gezogen werden kann. Von Polenz zeigt dies an einem Beispiel: „allgemein gebräuchliche Wörter wie Lexikon und Atlas [wären] wegen ihrer besonderen Pluralbildung .Fremdwörter' und seltene Fachwörter wie Enzyklopädie oder Foliant wegen ihrer normalen deutschen Pluralbildung .Lehnwörter'" 1 . Das gleiche könnte von den Arabismen Sofa und Cafi einerseits, Alkoven und Algorithmus andererseits behauptet werden. Dadurch zeigt sich, wie die Ausrichtung am nur Formalen keine befriedigende Lösung für die Fremdwort Lehnwort-Problematik bringen kann. Als Reaktion darauf sind im Zusammenhang mit der synchronischen Sprachbetrachtung andere strukturelle sowie sprachsoziologische Aspekte bei der Fremdwortbestimmung herangezogen worden. Es wurde z.B. auf die Position des fremden Wortes im Bedeutungsfeld, auf seine stilistischen Merkmale und vor allem auf seine Verwendungssituation geachtet. So kam z.B. v. Polenz zur folgenden Klassifizierung: Fremdwörter seien diejenigen fremdsprachlichen Lexeme, die im Deutschen nur einen „Zitatcharakter"

1

V. Polenz (1979), S. 19.

I η terferen z/Tra ns feren z/In tegration

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haben und in der deutschen Wortschatzstruktur kaum eine Rolle spielen. Lehnwörter dagegen seien alle Wörter „fremdsprachlicher Herkunft, die mindestens in einer großen Gruppe von Sprachteilhabern zum üblichen Wortschatz gehören". Dabei seien drei Kategorien zu unterscheiden: die fremdsprachlichen Wörter des Bildungswortschatzes, des Fachwortschatzes und schließlich des Gemeinwortschatzes 2 . Dieser Ansatz koexistiert jedoch mit anderen Lösungsvorschlägen, die systemimmanenten Merkmalen bei der Unterscheidung von Fremdwort und Lehnwort den Vorzug geben 3 . Die synchronische Auseinandersetzung mit dem fremden Wortschatz hat für die Bestimmung und Definition des Begriffspaars Fremdwort/Lehnwort zwar keine endgültige Lösung gebracht, die entwickelten Ansätze und die daraus erzielten Ergebnisse sind trotzdem sehr wichtig für eine bessere Einschätzung der Funktion und des Stellenwertes der fremden Wörter im Vokabular der Empfängersprache. Die terminologische Frage kann durch die Verwendung von anderen, neutraleren Begriffen wie Interferenz, Transferenz und Integration eher geklärt werden.

3.2. Interferenz/Transferenz/ Integration Die eingeführten Termini sollen zunächst allgemein und dann speziell für die Zwecke dieser Arbeit bestimmt werden. Die Termini Interferenz, Transferenz und Integration werden im Bereich der Sprachkontaktforschung angewandt. Die theoretische und auch terminologische Fundierung dieser Forschungsrichtung bietet Uriel Weinreich in seinem Werk Languages in Contact (1953) 4 . Weinreich gebraucht Interferenz als Terminus für sämtliche Erscheinungsformen intersprachlicher Beeinflussungen. Für ihn wie auch allgemein ist Interferenz die „Abweichung von den Normen der einen wie der anderen Sprache, die in der Rede von Zweisprachigen als Ergebnis ihrer Vertrautheit mit mehr als einer Sprache, d.h. als Ergebnis des Sprachkontaktes vorkommen" 5 . Weinreich präzisiert den Begriff .Interferenz', indem er zwischen Interferenz in der Rede (Parole) und Interferenz in der Sprache (Langue) unterscheidet. Während im ersten Fall Interferenz „eine neue Erscheinung" beim Zweisprachigen darstellt, ist sie im zweiten Fall schon von der Sprache aufgenom-

2 3 4

5

Ebd., S. 23. Vgl. z.B. Müller (1979), S. 60-67. Hier wird die deutsche Ausgabe von 1977 verwendet. Die Originalausgabe erschien als Nr. 1 der Reihe „Publications of the Linguistic Circle of New York" (New York, 1953). Weinreich (1977), S. 15.

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Terminologische Aspekte

men. Ihr Gebrauch ist nicht mehr von Zweisprachigen abhängig 6 . In eben diesem Langue-Stadium befinden sich die hier zu untersuchenden Arabismen. Die meisten von ihnen sind längst ein Bestandteil des deutschen Wortschatzes geworden. Wie in der Fachliteratur oft bemerkt wird, wird der Terminus Interferenz sowohl für den Prozeß als auch für das Ergebnis des Sprachkontaktes verwendet 7 . Um dies zu vermeiden, erscheint es sinnvoll, mit Clyne den Terminus Transferenz für den Entlehnungsprozeß, nämlich als die „Übernahme von Regeln, Merkmalen, Elementen aus einer anderen Sprache" 8 , einzuführen. Transferenz bezieht auch „Erscheinungen bei Einsprachigen, die auf den Kontakt anderer Sprecher zurückzuführen sind" 9 mit ein. Der Terminus Interferenz kann dabei auf die „Abweichung von der Norm einer Sprache durch die Beeinflussung einer anderen in Sprachkontaktsituationen" beschränkt bleiben 10 .

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Vgl. Ebd., S. 28. Zum Beispiel Juhisz (1980), S. 646: „Interferenz ist die durch die Beeinflussung von Elementen einer anderen oder dergleichen Sprache verursachte Verletzung einer sprachlichen Norm bzw. der Prozeß dieser Beeinflussung". Zur Kritik vgl. Oksaar (1984b), S. 663. Clyne (1975), S. 16. Ebd. Clyne nennt als Beispiel den Gebrauch von lateinischen Entlehnungen im Deutschen. Auch der Gebrauch von Arabismen im Deutschen erfordert keine Kenntnis der Herkunftssprache. Bei lexikalischer Transferenz nicht bilingualer Sprecher treten jedoch andere Aspekte in den Vordergrund, als dies bei Zweisprachigen der Fall ist. Munske (1980), S. 662, hat solche Aspekte im Hinblick auf die englischen Transferenzen im Deutschen hervorgehoben. Munskes Beobachtungen können aber auch für andere lexikalische Einflüsse, z.B. für Arabismen, Gültigkeit beanspruchen. In Stichpunkten stellen sich diese wie folgt dar: - „Ein Großteil der Deutschsprechenden ist nicht zweisprachig bzw. erfährt den Kontakt nur in Teilbereichen. Aus diesem Grunde gehört die Mehrzahl der eingeführten Transferenzen zur Fach- oder Gruppensprache". - „Es besteht generell nicht der ökonomische und soziokulturelle Druck einer bilingualen Sprachsituation. Mithin ist für Art und Umfang von Transferenzen vor allem die Bereitschaft der gesamten Sprachgemeinschaft verantwortlich". - „Die Resultate von Sprachkontakten werden der deutschen Sprachgemeinschaft überwiegend medienvermittelt weitergegeben. Dabei spielt die schriftliche Manipulation in Presseerzeugnissen eine dominierende Rolle". - „Interferierte Standardsprachen haben die Möglichkeit, durch ihre normgebenden Institutionen auf Art und Umfang von Transferenz sowie ihre Integration Einfluß zu nehmen (Schreib- und Aussprachenormierung, Sprachregelung im amtlichen Schriftverkehr etc.)". Clyne (1975), S. 16, charakterisiert Interferenz als „den allgemeinen Verwirrungsprozeß im Sprachkontakt". Oksaar (1984), S. 664: „Linguistische Interferenzen sind Abweichungen von den phonetischen und phonemischen, lexikalischen und semantischen Konventionen einer Sprache, eines Dialekts oder Soziolekts durch den Einfluß eines anderen".

Interferenz/Transferenz/Integration

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Transferenz findet auf verschiedenen (lexikalischen, phonematischen, graphematischen, morphologischen, semantischen) Ebenen der Sprache statt. In unserem Zusammenhang handelt es sich um die Übernahme von Lexemen oder Wörtern mit Form und Inhalt 11 , also um lexikalische Transferenzen. Somit können die ins Deutsche übernommenen Arabismen auch als lexikalische Transferenzen bestimmt werden. Der Terminus Transfer „Transferenzerscheinung" 12 soll hier vermieden werden. Statt dessen wird Transferenz metonymisch auch für die übernommenen Wörter selbst verwendet 13 , wobei andere Termini wie Entlehnung, Lehngut sowie Fremdund Lehnwort (im Sinne v. von Polenz) als Synomyme dafür fungieren können. Der Terminus Arabismus soll ohne linguistische Implikationen lediglich die Herkunft der Transferenz signalisieren. Bei langue-bezogenen lexikalischen Transferenzen steht das Phänomen ihrer Integration in der Empfängersprache im Vordergrund der Betrachtung. Integration wird hier als „Eingliederung des lexikalischen Transfers in der Empfängersprache" 14 verstanden. Dadurch, daß die Fremdheitsmerkmale der Transferenzen aufgrund struktureller oder außerstruktureller Faktoren ganz oder z.T. beseitigt werden15, richtet sich das Interesse des Lehngutsforschers auf die Beschreibung des Integrationsvorgangs und seiner Bedingungen 16 . Im Fall der arabisch-europäischen Transferenzen war z.B. Integration auf der phonologischen und graphematischen Ebene von vornherein gegeben, da die interferierenden Sprachen nicht verwandt sind und verschiedene Laut- und Schriftsysteme haben. Integration besteht jedoch nicht nur in der Ersetzung der fremden Merkmale durch die einheimi-

" 12

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Clyne (1975), S. 17: Lexikalische Transferenz ist „die Transferenz von Lexemen, von Wörtern (mit Form und Inhalt)". Der Terminus Transfer wird von Clyne verwendet, um die transferierten Wörter zu bezeichnen: „Als Transfer wird jede Transferenzerscheinung bezeichnet werden" Clyne (1975), S. 1. „Dieser Terminus [Transfer] wurde gewählt, da man darunter „transferierte Elemente" aller Arten unterbringen kann und da Interferenz etwas ambivalent geworden ist" Clyne (1969), Anm. 15, S. 220. An anderem Ort verwendet Clyne (1975), S. 17, jedoch den Terminus Transferenz synonymisch mit Lehnwort, Fremdwort und Entlehnung. Transferenz in unserer Bed. wird z.B. bei Munske (1980) verwendet. Diese Definition lehnt sich an Clyne (1980), S. 642, an: „Lexikalische Transfers werden oft in das phonologische, morphologische, graphematische und semantische System der Empfängersprache eingegliedert". Ahnlich Haugen (1956), S. 50: Integration ist die „Einverleibung der Importation in der Empfängersprache" (zitiert nach Clyne (1975), S. 28). Zur Wendung „Beseitigung von Fremdheits-Merkmalen", vgl. Clyne ebd. , S. 37: „Unter solchen Merkmalen verstehen wir ζ. B. Phoneme, Phone, Grapheme, Typeme, die an der Peripherie des betreffenden Sprachsystems stehen". Zur Beschreibung der Integrationsvorgänge von Transferenzen vgl. Wienold (1968); Clyne (1967); Clyne (1975); Schänk (1975).

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Terminologische Aspekte

sehen. Sie kann sich z.B. auch in der Adaptation von fremden phonologischen, graphematischen und morphologischen Elementen der Ausgangssprache äußern 1 7 . Diese vom System der Empfängersprache akzeptierten Elemente bilden Teilsysteme, die die einheimischen Teilsysteme ergänzen können 1 8 . Einige Arabismen, die z.B. durch das Französische ins Deutsche kamen, weisen Integrationsaspekte dieser Art auf. Nicht nur ausdrucksseitig, sondern auch inhaltsseitig können die fremden Lexeme in die Empfängersprache integriert werden 1 9 . Dadurch entstehen neue semantische Abgrenzungen und Erweiterungen der Wortfelder, z.B. wird Kirche für ein christliches, Moschee für ein islamisches Gotteshaus verwendet. Die von der Empfängersprache adaptierten fremden Merkmale werden vom normalen Sprachbenutzer nicht mehr als fremd empfunden. Um einen Ausdruck Munskes zu übernehmen, bilden diese Merkmale wie auch Lehnprägungen „verborgene Wirkungen von Sprachkontakten" (Munske 1988, S. 50). Integration stellt somit einen stark eingegrenzten Interferenzvorgang der Empfängersprache auf die Transferenzen dar. Das System der Ausgangssprache wird dadurch nicht tangiert. Die Veränderungen, die das fremde Lexem in der Empfängersprache erfahren hat, können jedoch nur kontrastiv vor dem Hintergrund der Ausgangssprache erschlossen werden. In unserem Zusammenhang sollen die Arabismen im lautlichen und semantischen Teil kontrastiv dargestellt und beschrieben werden. In dieser Arbeit geht es jedoch nicht um eine synchronische Beschreibung der Transferenz und Integration von Arabismen im heutigen Deutsch. Wie in der Einleitung bereits erwähnt, liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung eher auf der Klärung der Überlieferungsmodalitäten von arabischen Transferenzen im Deutschen. Es handelt sich also in erster Linie um eine diachronisch motivierte Analyse. In Ergänzung dazu werden dennoch im Rahmen dieser terminologischen Klärung zumindest im Ansatz einige synchronische Aspekte dargelegt, die am Beispiel von Arabismen den Integrationstyp und Integrationsgrad von lexikalischen Transferenzen im Deutschen der Gegenwart verdeutlichen sollen.

18 19

In diesem doppelten Sinn verwendet Munske (1980), S. 663, den Terminus Integration, nämlich als „Interferenz der Empfängersprache gegenüber den aus Α transferierten Elementen, Merkmalen, Regeln mit dem Effekt der Rückgängigmachung oder Abwandlung von Transferenzen". Vgl. Munske (1988), S. 51ff. Z u r semantischen Integration von Transferenzen und der dabei veranlaßten Verschiebung des Wortfeldes vgl. u.a. Clyne (1967), S. 219. Als Beispiel wird die Beschränkung des Gebrauchs der Anredeformen Herr, Frau und Fräulein in der D D R auf offizielle Anlässe infolge der unter russischem Einfluß entstandenen Jugendfreund, Genösse und Kollege.

Lexikalische Transferenz/Integration

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3.2.1. Lexikalische Transferenz/Integration Es wird zwischen Integrationstyp und Integrationsgrad von lexikalischen Transferenzen unterschieden. Der Integrationstyp bezieht sich auf die ausdrucksseitigen Merkmale der Transferenz, d.h. auf die phonologische, graphematische und morphologische Angleichung der Transferenz an das System der Empfängersprache. Der Integrationsgrad umfaßt sowohl die inhaltsseitige Eingliederung der Transferenz im Wortfeld der Empfängersprache als auch soziolinguistische und pragmatische Aspekte der Sprachverwendung 2 0 . Hierzu gehören je nach Sachverhalt der fremden Wörter die Kriterien der allgemeinen oder gruppenspezifischen Verwendung, die der Häufigkeit, des Gebrauchswerts und der Verwendungssituation. Häufig bedingen diese Kriterien die formale und semantische Integration der Transferenzen 2 1 . So sind z.B. die Arabismen Zucker, Kaffee und Alkohol wegen ihres allgemeinen Gebrauchwertes und hoher Frequenz weitgehend im deutschen Sprachsystem integriert. Als Indiz dafür sind neben der phonematischen und graphematischen Angleichung auch die Produktivität und Kombinierbarkeit mit deutschen Wörtern und Wortbildungselementen zu nennen. Vgl. z.B. die Ableitungen und Zusammensetzungen zum W o r t Alkohol·, alkoholisieren, Alkoholismus, Alkoholiker, alkoholartig; alkoholfrei, Alkoholeinfluß, Alkoholgegner etc. Die formale und semantische Integration einer Transferenz in der Empfängersprache ist aber nicht immer das Ergebnis einer allgemeinen sozialen Verbreitung. Transferenzen sind in erster Linie eine gruppenspezifische Erscheinung 22 und können, je nach Bedarf, bereits im beschränkten Rahmen der entlehnenden Gruppe einen strukturellen Eingliederungsprozeß durchmachen. So weisen die Zusammensetzungen und Ableitungen der Arabismen Anilin, Benzoe, Alkali (z.B. Anilinsäure, Anilinfabrik; alkalisch, alkalisieren, Alkalimetall; Benzoeharz) auf die fachsprachliche, aber nicht auf die allgemeinsprachliche Integration im Deutschen hin; lediglich im Rahmen der chemischen Fachsprache erfüllen sie eine wichtige Benennungsfunktion. Durch die Berücksichtigung des Gruppenbegriffs erhellen sich wesentliche Aspekte der Transferenz und Integration. Transferenzen können vom Fach- und Sonderwortschatz zum Gemeinwortschatz gelangen. Die Vermittlungsinstanzen bilden z.B. die Medien, 20

21 22

Vgl. Clyne (1975), S. 30-39; Clyne (1980), S. 642: „Im Sprachkontakt wären zu untersuchen: Integrationstyp, Integrationsgrad (denn Transfers bilden ein Integrationskontinuum) und Stabilität der Integration". Vgl. Schänk (1975), S. 37. Dazu v. Polenz (1975), S. 24: „das Lehnwortproblem ist in erster Linie eine gruppenspezifische Erscheinung"; Oksaar (1984), S. 851: „Von den außersprachlichen Bedingungen spielt die Gruppendynamik bei der Entstehung der Interferenzen eine entscheidende Rolle".

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Terminologische Aspekte

die Schule und das persönliche Interesse am Fachlichen oder Literarischen. Jedoch sind auch hier Restriktionen zu machen, denn die Fremdwortbenutzung hängt in hohem Maße von der „formalen Bildung bzw. Ausbildung des Fremdwortbenutzers" 2 3 ab. Viele fremde Wörter gehören lediglich zum passiven Wortschatz des normalen Sprachbenutzers. Ausgehend vom soziolinguistischen „Gruppenbegriff', und in Anlehnung an die oben erwähnten, von v. Polenz aufgestellten Lehnwortkategorien lassen sich die arabischen lexikalischen Transferenzen des heutigen Deutschen annähernd wie folgt in Fach-, Gemein- und Bildungswortschatz einteilen: Fachwortschatz 24 : Albatros; Alchimie; Alembik; Algebra; Algorithmus; Alkali; Alkanna; Amalgam (,Quecksilberlegierung'); Amber; Atlas* (.Seidenstoff); Barchent; Barde* (.Speckscheibe'); Basane* (.Schafleder'); Behennuß*; Benzoe*; Berberitze; Bezoar*; Boretsch*; Borax/Bor; Burnus; Chiffre; Elemi*; Galgant*; Garbin*; Gaze; Gazelle; Harmel*; Havarie; havarieren; Intarsia; kalfatern; Kalium; Kampfer; Karacke*; Karaffe; Karat; Karmesin; Kattun; Kermes; Kubebe*; Laute; Marabu; Markasit*; Maroquin*; matt (als Begriff des Schachspiels); Mohair; Monsun; Musselin*; Nadir*; Natron*; Racket; Rochade, rochieren (im Schachspiel); Safran; Satin; Sultanine; Sumach*; Tamarinde*; Tambour; Tara; Zechine*; Zibebe*; Zitwer. Gemeinwortschatz 25 : Alkohol; Amalgam (Zahnfüllung^; Aprikose; Arrak; Artischocke; Aubergine; Benzin; Cafi; Estragon*; Gamasche; Giraffe; Gitarre; Haschisch; Jasmin; Joppe (mit regionaler Beschränkung); Kadi; Kaffee; Kandis; Lack; lila; Limonade; Magazin; Marzipan; Matratze; Mokka; Moschee; Mumie; Orange; Papagei; Razzia; Risiko; Schach; Sirup; Soda; Sofa; Sorbet(t); Spinat; Talk; Tarif; Tasse; Ziffer; Zucker. Bildungswortschatz 26 .· Admiral; Alkalde*; Alkazar*; Alkoran*; Alkoven; Amalgam (fig. .Vereinigung'); Almanach; Arabeske; Arsenal; Assassin*; Azur; Baldachin; Beduine; Burnus; Cid*; Dchinn*; Elixier; Emir*; Fakir; Harem; Hasard; Kaliber; Kalif*; Kismet; Mameluck*; Minarett; Mozaraber; Muezzin; Muselmann; Scheich; Sultan; Zenit.

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25

26

Schänk (1975), S. 38. Die Zuordnung der folgenden Wörter zum Fachwortschatz richtet sich nach der Angabe „fachsprachl." in Kluge 89. Die in Kluge fehlenden Fachwörter werden mit einem Sternchen versehen. Die folgenden Wörter werden in Kluge 89 ohne die Angaben „fachsprachl.", „sondersprachl.", „Fremdbegriff' angeführt. Z u m Grundwortschatz des Deutschen gehören nach Plickat (1980) folgende Arabismen: Alkohol; Benzin; Cafi; Kaffee; Limonade; Sofa; Spinat; Tasse; Zucker. Bei den dem Bildungswortschatz zuzuordnenden Wörtern handelt es sich lediglich um eine subjektive Einschätzung. In Kluge 89 werden einige hier anzuführende Wörter als „sondersprachlich" bezeichnet. Diese sind: Elixier; Fakir; Hasardspiel; Kismet; Muselmann; Minarett; Zenit. Das Wort Scheich wird als „Fremdbegriff' eingestuft. Die nicht in Kluge zu findenden Wörter werden mit einem Sternchen versehen.

4. Kritische Aspekte Die Verbreitung der arabischen Transferenzen in den europäischen Sprachen stellt einen äußerst komplexen Prozeß dar. Die mannigfaltigen und historisch verwickelten Begebenheiten determinierten den Wanderweg dieser „Fernentlehnungen" 1 und die inneren wie die äußeren linguistischen Faktoren wirkten auf sie ein. Gerade dieser Umstand brachte es mit sich, daß in der Fremdwortforschung viele Unstimmigkeiten über Herkunft, Form und Vermittlersprache von Arabismen herrschten bzw. herrschen. Zwischen dem Zeitpunkt der primären Entlehnung aus dem Arabischen, die überwiegend im Mittelalter stattfand, und der intereuropäischen Tradierung bzw. Etablierung in der jeweiligen Empfängersprache vergingen mehrere Jahrhunderte, wobei es zu tiefgreifenden Veränderungen der Form und Bedeutung der meisten arabischen Transferenzen kam. Die Rekonstruktion des Arabismus-Wortschatzes auf Grundform und Uberlieferungsgeschichte setzt somit die Kenntnis von mehreren sprach- und kulturhistorischen Zusammenhängen voraus. In der Lexikographie werden aber diese Zusammenhänge oft nicht genügend beachtet. Einige Beispiele der lexikographischen Behandlung von Arabismen im Schulz/Basier Fremdwörterbuch sowie in anderen historischen Wörterbüchern des Deutschen und Romanischen sollen diesen Sachverhalt veranschaulichen und zugleich auf Fehlerquellen aufmerksam machen.

4.1. Arabismen im Schulz/Basler Fremdwörterbuch Das von A. Kirkness kürzlich herausgegebene Quellenverzeichnis zum Schulz/Basler Fremdwörterbuch 2 enthält ein Herkunftsregister 3 , in dem in alphabetischer Reihenfolge die Transferenzen des Deutschen nach den 1

2 3

„Fernentlehnung" ist ein T e r m i n u s , den Bielfeldt ( 1 9 6 3 ) , S. 5, für die Bezeichnung der Slawismen im Deutschen geprägt hat. Die Slawismen erreichten die deutsche Sprache nicht durch Siedlungsberührungen beider Völker, sondern vielmehr durch Handels- und Reisebeziehungen sowie durch politische Beziehungen. Besonders Bielfeldt ( 1 9 6 5 ) behandelt die Problematik der slawischen Fernentlehnungen. Hinsichtlich der komplizierten Vermittlung und der „mangelhaften Behandlung in den deutschen Wörterbüchern" weisen die Slawismen gewisse Ähnlichkeiten mit den Arabismen auf. Vgl. Schulz/Basler 7. ebd., S. 5 2 9 f f .

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Kritische Aspekte

Q u e l l e n s p r a c h e n geordnet werden. Unter der Rubrik „Arabisch" 4 finden sich 14 Wörter, deren Herkunft dem Arabischen zugeschrieben wird. Diese sind: Algebra, Atlas I, Gazelle, Harem, Mameluck, Moschee, Mumie, Natron, Ottomane, Scheich, Talisman, Tarif, Zenit, Ziffer. Z u den einzelnen Stichwörtern wird jeweils in abgekürzter Form die Herkunftssprache angegeben, wobei gelegentlich auch die Vermittlersprache in Klammern voranoder nachgestellt wird. Es folgen die Daten der Erstbelege u n d schließlich die Wortarten und Genera der Transferenzen. D i e Rubrik Arabisch wird wie folgt dargestellt: arab Algebra (lat) arab Atlas I arab Gazelle (ital) Harem arab Mameluck arab (ital) (frz, span) arab Moschee Mumie (pers, arab) (span) arab Natron (arab) Ottomane arab Scheich Talisman (span?, ital?) arab Tarif (frz, ital) arab (arab) Zenit (arab) Ziffer N o = N o m e n ; Μ = Maskulinum; F =

1636 No F No Μ 15. J h . 1611 No F No Μ 1779 No Μ 1519 No F 1535 1534 No F 1530 No Ν No F 1695 1654 No Μ 1646 No Μ 1514 No Μ 1490 No Μ No F 1399 Femininum; Ν = Neutrum.

D i e Stichwörter mit der Angabe „arab" ohne anderen Zusatz sind zu deuten als ursprünglich arabische Wörter, die direkt ins Deutsche entlehnt wurden. Hierher gehören Atlas I, Harem, Scheich. Dagegen wurden die anderen Arabismen wie Algebra (lat) arab; Gazelle (ital) arab; Moschee (frz, span) arab; Talisman (span ?, ital ?) arab; Tarif (frz, ital) arab über die in K l a m m e r n gesetzten Sprachen — bei gleichbleibender Bedeutung — dem D e u t s c h e n vermittelt. Die Herkunftssprachen der Wörter Mumie (pers, arab), Ottomane (arab) werden im Quellenverzeichnis als unbekannt erklärt, wobei die hier in Klammern erscheinenden Sprachen als Vermittlersprachen zu fungieren haben. Bei den Wörtern Zenit frz (arab); Ziffer frz (arab) soll das Arabische „ ( a r a b ) " lediglich die Grundlexeme geliefert haben, die Wörter, wie sie heute formal u n d semantisch erscheinen, wurden aber im Französischen entwickelt und gelangten über das Französische ins Deutsche. N a c h diesem Verfahren müßten aber im G r u n d e auch die z.B. in der

4

ebd., S. 5 2 9 .

Arabismen in anderen etymologischen/historischen W ö r t e r b ü c h e r n

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Rubrik „Französisch" aufgelisteten Arabismen Algeber frz (arab), Mufti frz (arab), oder die bei „Italienisch" angeführten Giraffe ital (arab), Kandis ital (arab) etc. unter „Arabisch" gebracht werden, zumal diese Wörter keine Bedeutungsveränderung gegenüber dem Arabischen erfahren haben. Daher sollten die genannten Wörter im Quellenverzeichnis bei der Rubrik „Arabisch" folgendermaßen untergebracht werden: Algeber (frz) (arab) Mufti (frz) (arab) Giraffe (ital) (arab) Kandis (ital) (arab) Obwohl es dem Verfasser des Registers sicherlich nicht allein darauf ankommt, die Entlehnungen nach der etymologischen, sondern - wie es scheint - eher nach der semantischen Herkunft zu ordnen, bleibt er dennoch recht inkonsequent, wenn er für einige Entlehnungen die Herkunftssprache nennt, aber für andere eben nicht. So führt er unter der Rubrik „Englisch" die Wörter Logarithmus, Magazin wie folgt an: Logarithmus engl (griech) Magazin engl Magazin ital Magazin frz Während bei Logarithmus die Herkunftssprache in Klammern gesetzt wird, entfällt sie ganz bei Magazin. Offensichtlich begrenzt sich die Information im Herkunftsregister nicht auf die Nennung der direkten Transferenzsprache zum Deutschen. Dieses Kriterium ist nämlich bei den meisten aufgenommenen Arabismen nicht erfüllt. So wie im Fremdwörterbuch selbst fehlen selbstverständlich auch im Wortregister viele Arabismen, die in anderen deutschen Wörterbüchern zu finden sind. Bei aller Ausführlichkeit in der Behandlung von Entlehnungen liefert Schulz/Basler somit keine solide und unbestritten zuverlässige Quelle für lexikalische Recherchen.

4.2. Arabismen in anderen etymologischen/historischen Wörterbüchern In mehreren etymologischen und historischen Wörterbüchern des Deutschen sowie der romanischen Sprachen werden Arabismen oder die Wörter, die für solche gehalten werden, mit widersprüchlichen Angaben versehen. Fast kein Wort ist einheitlich behandelt. Dabei hat man manchmal den Eindruck, als geschähe die etymologische Zuschreibung eines Lexems an das Arabische lediglich aus dem Zwang, eine Lücke im Wörterbuch füllen zu müssen. Denn die Differenzen fangen schon bei den sicheren Arabismen an. Dies betrifft nicht nur die älteren, sondern sogar auch die moderneren Wörterbücher. Das erste, was beim Nachschlagen dieser Werke auffällt, ist die fehlerhafte Transkribierung des arabischen Grundwor-

20

Kritische Aspekte

tes. Dabei wird das arabische Lexem von Wörterbuch zu Wörterbuch verschieden wiedergegeben. Der G r u n d hierfür ist nicht etwa in unterschiedlich befolgten Transkriptionssystemen zu suchen, sondern darin, daß die Grundwörter tatsächlich verdreht werden. Dabei werden Buchstaben entweder ausgelassen oder verwechselt. Z.B.:

Alkali·. F E W 19, 82 a Corom. I Battisti I Kluge 89, 19 b Duden I D u d e n med.

[qalT] [vulg. qali, arab. qily] [al - qlli] [qili] [al-qalTy] [al-kalij]

Ku beb(enp feffer): Lokotsch 973 C o r o m . II Weigand I Lexer I D u d e n IV

[kababa, kubäba] [kubaba] [kabäbat] [ziblb] [kubäba, kababa]

Kermes: Marzell III D W B 1 XI D u d e n IV F E W 19, 95 M L W II

[alqermez] [qermez] [qirmizly] [qirmiz] [kirmiz]

Handelt es sich um Wörter, deren arabische H e r k u n f t schon als gesichert gilt, bei denen man aber nicht weiß, aus welcher G r u n d f o r m sie hervorgegangen sind, so werden die verschiedensten Ableitungen vorgeschlagen, von denen eine dann willkürlich ausgewählt und dem Benutzer als vermeintlich einzige Ableitung präsentiert wird, z.B.:

Amalvam: Devic F E W 19, 3 MLW I G a m . 32 Battisti I Duden I Schulz/Basler I

['amal al-gam'a u. mugam'a] ['amal al-gamä'a] [al gama] [al-malgham] [al-malgan] [al-malgam] [Ursprung dunkel]

Arabismen in anderen etymologischen/historischen Wörterbüchern

Boretsch: Lokotsch 13 Littmann D o z y Suppl. I

21

[abQ rag] [abQ araq] [bQ huraysh, khrech]

D i e Beispiele dieser Art lassen sich beliebig vermehren. Dabei steht in jedem Wörterbuch die angegebene Etymologie ohne jegliche auf andere Ableitungsmöglichkeiten verweisende Anmerkung oder Fragezeichen, als wäre sie die richtige und endgültige. Dies kann zweifellos irreführen. Ebenso irritierend ist es, wenn ein Wort dem Arabischen nur in e i n e m einzigen Wörterbuch attribuiert wird, noch dazu o h n e Argumentation, nicht aber in den anderen Wörterbüchern. Dieser Fall liegt besonders im Kleines Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft vor, w o der Verfasser einige Wörter wie Kümmel, Kaper, Lärche, Teakholz wahrscheinlich nur aus Versehen aufgenommen hat. Bei all diesen Bezeichnungen hat er sich auf Lokotsch berufen, der seinerseits die arabischen Formen nur vergleichsweise herangezogen hat, um auf die Verwandtschaft der Wörter zu verweisen. Es werden im folgenden die vier genannten Wörter, wie sie einerseits bei Osman und andererseits bei Lokotsch angeführt werden, miteinander verglichen: Osman Kümmel

[arab. kamün: Kümmel]

Lokotsch 1046. Ar. kamOn: [Vgl. aram. kamona, assyr. kamQnu]

Das arab. Wort lebt mit Artikel 'al' in span. alcamonias, pg. alcamoni, alcamunia und ohne Artikel in fr. cumin, rum., chimon, it., sp. comino, pg. cominho-, engl, cumin. Aus dem Romanischen stammen ahd. kumil, kumi, kumich; mhd. kumt, käme. KLUGE, WEIGAND, L O K O T S C H .

hieraus mit ar. Artikel sp. alcamonias, alcamonia, alcamunia = verschiedene Spezereien. Von der gleichen Wurzel das hebr. W o r t kammon-, aus dem semitischen Grundwort ist gr. κ ύ μ ι ν ο ν , lat. cuminum abgeleitet; hieraus^ dt. Kümmel, engl, cumin·, frz. cumin, it. sp. comino, pg. cominho.

Kaper [arab. kabbar] Aus dem arab. Wort stammen sp. pg. alcappara, it. cappara, cappari, frz. cäpres, engl. capers. Das Wort kam über gr. kipparis = Kapernstrauch und lat. capparis am Ende des 15. Jhs nach Deutschland. L O K O T S C H

978. Arab, kabbar [...] [aus gr. κ ά τ τ π α ρ ι ς [...]; hieraus mit arab. Artikel sp. pg. alcappara, it. cappara. Die übrigen Formen dagegen unmittelbar über lat. capparis aus dem gr. Grundwort: it. capparis, frz. cäpres, engl, capers, dt. Kapern, Kappern; [...]

Lärche [arab. arza: eil} Fichtenbaum] Die Lärche ist in den Alpen heimisch; bayrisch-österr. heißt sie Lach, Larchbaum, Leerbaum, Larget. Das arab. Wort lebt in it. larice, pg. larico. L O K O T S C H .

114. Ar. arza: Hieraus mit arab. Artikel sp. alerce = Lärche·, siz. arzanu = Tanne. Ar"allend ist die Ähnlichkeit mit lat. larix, langem, woraus it. larice, pg. larico; dt. Lärche.

Teakholz [arab. z3g: Holz vom Tectonia grandis, aus- sanskr. saka, woraus tamil. tekku

1756. Ar. sag: Holz von Tectonia grandis [aus sskr.

saka,

22

Kritische Aspekte

wurde]: aus dem arab. Wort stammt die wiss. Bezeichnung lingum sagalium, aus der tamil. Form wurde dt. Teakholz, eng. teak. Z D M G L , 650; L O K O T S C H

woraus andererseits malay. tekka, tamil. tekku wurde]; hieraus die wiss. Bezeichnung liginum Saglinum-, aus der tarn. Form wurde engl, teak, dt. Teakholz u. der botanische Name Tectonia. [ZDML, 650. De Sacy Chr. Ar. 450/452. Hobson-Jabson 910/911.

Während Lokotsch die aus einem semitischen Grundwort unabhängig voneinander entlehnten ar. kämün und gr. κ ύ μ ι ν ο ν bzw. lat. cuminum annimmt 5 und dies letztere als Ausgangsform für dt. Kümmel sieht, attribuiert Osman, ungeachtet des Vorhandenseins eines gr.-lat. Wortes, dem arab. kämQn sämtliche europäischen Formen, darunter nhd. Kümmel. Im Gegensatz zu Lokotsch und den anderen Wörterbüchern 6 hält Osman das arab. Wort kabbär für Ableger sowohl des gr.-lat. käpparis bzw. capparis als auch der übrigen europäischen Formen und zwar für die mit und die ohne al-. Hat Lokotsch zwischen den aus arab. arza stammenden sp. alerce, siz. arzänu und den aus lat. lärix, laricem kommenden it. larice, pg. larico und dt. Lärche nur eine Ähnlichkeit festgestellt, so führt Osman die letztgenannten auch auf das arabische Wort zurück. Das dt. Wort Teakholz ist weder arabischen Ursprungs noch arabischer Vermittlung. Seine Aufnahme bei Osman ist überflüssig. Genauso ist es auch beim Wort Ebenholz. Während die meisten etymologischen Wörterbücher es in ihren Sprachen als eine Entlehnung aus lat. ebenus < gr. εβενος betrachten und dessen Etymon dem ägyp. hbnj zuschreiben 7 , führt Osman alle seine vermittelten europäischen Varianten auf arab. abanüs zurück. Im FEW 19, l a werden apr. avenuz, asp. abenuz und kat. banüs, benüs dem Arabischen zugestanden. Andernfalls kommt es vor, daß, während bestimmte Wörterbücher die Zugehörigkeit eines Lexems mit aller Überzeugung dem Arabischen zuschreiben, andere wiederum dasselbe Wort von woanders ableiten, wobei eben nur selten oder gar nicht Bezug aufeinander genommen wird. Bei ein und demselben Wort werden also parallel zwei oder eventuell mehrere Herleitungen gemacht, die einander ausschließen. Dieser Fall kann anhand des Wortes Jacke erläutert werden: Kluge 89, 338 a leitet es von arab. Sakk .Brünne' ab. Daraus wäre span, jaco > frz. jaque .Panzerkleid', .Kriegswams', dann .kurzer, enger Männerrock' entlehnt, das dem dt. Jacke zu-

5 6 7

Vgl. Andri (1985), S. 81. Vgl. Andr span, muladi (daraus dt. Mulatte) genannt 3 1 . Die ande-

26 27 28 29

30 31

Steiger ( 1 9 4 8 ) , S. 4 5 - 4 6 . Vgl. Singer ( 1 9 8 7 ) , S. 2 6 5 . Vgl. ebd., S. 2 6 6 . Die Bezeichnung „al-Andalus" wird in Z u s a m m e n h a n g mit dem N a m e n der Vandalen gebracht. Dazu Singer, ebd., S. 2 6 8 . Vgl. ebd., S. 2 7 5 . Vgl. ebd., S. 2 6 8 ; Kontzi ( 1 9 8 2 ) , S. 4 0 7 ; LexArb.

36

Das Arabische und seine Kontakt-Varietäten

ren, die christlich geblieben waren, jedoch in Kleidung, Sitte und Sprache orientalisiert wurden, hießen musta'rabQn .Arabisierte' > span, mozarabe d t Mozarabei^1. Daraus leitete man den T e r m i n u s Mozarabisch ab, um die im muslimischen Bereich Hispaniens verwendete romanische M u n d a r t zu bezeichnen. Diese Mundart haben nicht nur Muladies und Mozaraber, sondern auch Araber praktiziert 3 3 . Infolge der starken Orientalisierung Andalusiens, die im 9. J h . einsetzte, wanderten Tausende von Mozarabern aus Protest nach dem Norden des Landes aus 3 4 . D u r c h sie konnten Elem e n t e der arabischen Kultur und Sprache in die christlichen Königreiche und weiter in die anderen Länder Westeuropas gelangen. 3 5 E i n e weitere Gruppe von E i n h e i m i s c h e n in al-Andalus bildeten die J u d e n , die von den Westgoten bedrängt wurden und daher die arabische E r o b e r u n g eher begrüßten als ablehnten 3 6 . Sie nahmen ebenfalls wie die Mozaraber die arabische Sprache an. W a s den arabischen und berberischen Anteil der Bevölkerung betrifft, so waren bis zum 10. J h . sowohl Araber als auch Berber jeweils stammesgemäß gegliedert 3 7 . Nach P^res ( 1 9 7 8 , 7 1 8 ) und mehreren spanischen Arabisten stellten die Araber in al-Andalus gegenüber Berbern und anderen Bevölkerungsgruppen nur eine kleine Minderheit dar. Diese Einschätzung ist j e d o c h in Zweifel zu ziehen: Kamen doch - wie oben erwähnt — im Gefolge von Müsa b. Nusair noch 18 0 0 0 Araber nach Andalusien; „auch wäre die wirklich tiefgehende Islamisierung und Orientalisierung Spaniens sonst noch schwerer zu erklären, als sie es ohnehin ist" (Singer 1 9 8 7 , 2 6 6 ) . D i e Berber waren zwar auch zahlreich vertreten, sie haben sich aber rasch assimiliert und nahmen bald die arabische Sprache a n 3 8 . Später k o n n t e n die verschiedenen Bevölkerungsgruppen durch Vermischungen, Übertritte und Angleichungen nicht mehr voneinander differenziert werden. M a n kann bis zum 13. J h . von einer zwei- oder mehrsprachigen Bevölkerung sprechen, die in einem Land koexistierte, dessen Kultur orientalisch war und sich in der arabischen Sprache ausdrückte 3 9 .

32

V g l . Singer ( 1 9 8 7 ) , S. 2 6 8 ; Kontzi ( 1 9 8 2 ) , S. 4 0 7 ; s. hier S. 2 7 7 .

33

Vgl. Kontzi ( 1 9 8 2 ) , S. 4 0 7 .

34

Vgl. Singer ( 1 9 8 7 ) , S. 2 7 8 ; Kontzi ( 1 9 8 2 ) , S.

35

V g l . hier S. 2 7 4 .

36

Vgl. Singer ( 1 9 8 7 ) ,

37

Vgl.

38

408-409.

275.

ebd.

V g l . P i r e s ( 1 9 7 8 ) , S. 2 2 3 . D a ß die Berber die arabische Sprache sehr früh a n n a h m e n , war nach Kiesler ( 1 9 9 4 ) , S. 2 5 , nicht nur durch Islamisierung bedingt, sondern

auch

durch die T a t s a c h e , daß „nur das Arabische sozialen Aufstieg e r m ö g l i c h t e " . Dies erklärt nach ihm auch den geringen E i n f l u ß des Berberischen a u f die iberoromanischen

Spra-

chen. 39

V g l . Kontzi ( 1 9 8 2 ) , S. 4 0 7 - 4 0 8 . Im 13. J h . war die R e c o n q u i s t a weitgehend nach dem S ü d e n vorgedrungen. D e m e n t s p r e c h e n d änderte sich die sprachliche S i t u a t i o n in al-

Zu den arabischen Mundarten

37

Das in al-Andalus praktizierte Arabisch läßt sich wie überall in eine klassische und eine umgangssprachliche Varietät unterscheiden. Das Klassisch-Arabische war Amts- und Bildungssprache, das Hispanoarabische die Umgangssprache der Bewohner Andalusiens 40 . Das Hispanoarabische ist der arabische Dialekt in al-Andalus. Er entwickelte sich auf der Basis der nach Hispanien gebrachten arabischen Mundarten, unter romanischem Substrateinfluß 41 . Über die Existenz und Besonderheit dieses Dialektes berichteten bereits arabische Autoren des 10. und 11. Jh.s wie al-MuqaddasT und Ibn Hazm 4 2 . Letzterer, selbst ein Andalusier, führt in dieser Hinsicht folgendes aus: „Wir finden, daß die Leute aus dem gemeinen Volk ('ämma) an den Vokabeln (alfäz) der arabischen Sprache Änderungen anbringen, die in einer Abweichung (bu'dan) von der ursprünglichen Form der Wörter bestehen, um daraus eine andere Sprache zu machen, und dies ist ohne Übereinkunft. So sagen sie anstatt aynab - inab [»Trauben«], assutQt anstatt as-sawt [»Peitsche«], tladda anstatt talätat" danänlr [»drei Dinars«]". „Wenn der Berber (Barbarl) Arabisch spricht (ta'arrab) und a£-?agara [»Baum«] sagen will, so spricht er dies als assadgra aus. Wenn der Gallizier (Dgilllql) arabisiert wird, wechselt er das 'ayn in 'in und das hä in hä: Er sagt Mohamed anstatt Muhammad. Ähnliche Fälle sind zahlreich" 43 . Somit weist Ibn H a z m sowohl auf den hispanoarabischen Dialekt als auch auf seine Benutzer hin, die, wie die Beispiele zeigen, nicht nur Araber, sondern auch Romanen und Berber

40 41

42 43

Andalus, das bis dahin durch die arabisch-romanische Zweisprachigkeit gekennzeichnet war. Die Folge der Reconquista war die kulturelle und sprachliche Isolation des bis 1499 muslimisch gebliebenen Nasridenreichs von Granada. Hier wurde die Zweisprachigkeit zugunsten einer monolingualen Arabophonie aufgegeben. Vgl. Corriente (1977), S. 1: „el siglo XIII parece haber sido el punto decisivo en que los musulmanes que continuaban en Esparia bajo su propio gobierno pasan a ser araböfonos monolingües y no conocen romance, salvo como lengua aprendida por exigencias de la situaciön, a diferencia del caso en Ipocas anteriores en que el bilingiiismo arabe-romance era la regia en alAndalus". Vgl. Corriente (1977), S. 2. Corriente (1977), S. 1: „El irabe hispänico es un haz dialectal resultante de la interferencia del sustrato y la interacciön de los dialectos traidos a la Peninsula Ibifrica en el siglo VIII por unos cuantos miles de irabcs, que consiguieron establecer una dominaciön politica musulmana y, durante algün tiempo, una supremacia cultural ärabe sobre estas tierras". Das Hispanoarabische war im wesentlichen homogen, es lassen sich jedoch dialektale Unterschiede feststellen. So wird z.B. zwischen dem Hispanoarabischen Granadas und demjenigen Valencias differenziert. Dies wird an manchen sprachlichen Phänomenen festgestellt, wie am Phänomen der Imäla (Umlaut im Arabischen), das in Granada in der stärksten Form, in Valencia in der mittleren Form erscheint. Dazu Corriente, ebd., S. 1-2; Singer (1969), S. 13-35; Singer (1980), 137-156; Steiger (1932), S. 314ff. Vgl. Kontzi (1982), S. 412; P mlat. alcanna, alcamia, alcantam-, arab. al-marqa£Tlä > mlat. almarcasita, almarcacida, amaricacida, almarcassica·, arab. at-tinkär > mlat. altincar, alkincar, atincura, anticar, arab. läzuwardT > mlat. azur, azuar, azoriam, a$urus, asuri, azum; arab. bagdädT > mlat. baldakinus, bodechino, baldekino, paltikinum, balkinis, balkyno-, arab. bädaward > mlat. bedegar, bedigar, badagar, betagar, bendegard, arab. bäzahr > mlat. bezahar, bezoar, elbadherer, elbascher, elaseher; bulacar, arab. bauraq > mlat. borax, baurax, bortax, borag, boras, boraza, boraga etc. Andere, in den europäischen Sprachen nicht mehr erhaltene Arabismen, sind bis zur Unkenntlichkeit verdreht worden: vgl. z.B.: arab. 'anzarQt mlat. azarum,

55 56

Vgl. J. D. Latham (1972), S. 44. Ebd., S. 48.

Kontakte des Arabischen und des Mittellateinischen

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acarud .Fleischleim'; arab. 'aqib > mlat. aqeb, achib, abrip, aldip .Fersenbein' ; arab. al-kibrlt > mlat. albubit, alcabrick, algibich, alkribic, allzebic .Schwefel'; arab. an-nu£adTr > mlat. almizadar, almizadir, almisadre, amizadir etc. .Salmiak'; arab. al-iimld > mlat. absemech, ebsemech, ebesemeth, ebmich, obsemetisch .Antimonsulfid'; arab. narqa < gr. ν ά ρ κ η > mlat. be-

ttle. Für solche Umgestaltungen gab es verschiedene Fehlerursachen. Sie sind sowohl im arabischen Schriftsystem als auch in der mittellateinischen Transkriptions- bzw. Schreibweise zu suchen. Später kamen die Druckfehler hinzu 57 . Bekannterweise verfügt die arabische Schrift über keine Zeichen für die Verschriftung der Vokale. Dafür sind zwar bestimmte Diakritika entwickelt worden, die bei der Schreibung jedoch oft weggelassen werden. Die arabischen Wörter werden also rein konsonantisch aufgezeichnet, wobei diese Konsonanten häufig ähnlich aussehen und nur anhand von diakritischen Punkten voneinander unterschieden werden: z.B.: v = b; ώ = 1; ο = t; ^ - i = f ; L j = q ; a M = s ; 1 _ ) i = i etc. Vor dem 8. Jh. aber war das so beschriebene Schriftsystem noch nicht ausgebaut 58 . So konnten z.B. die Zeichen der diakritischen Punkte einzelner Termini im arabischen Schriftstück ausgelassen, falsch gesetzt worden sein oder sogar einfach aus zufälligen Tintenklecksen bestehen. Durch diese Tatsache konnten bei der Übersetzung vom Arabischen ins Mittellatein Fehler nicht vermieden werden. Dies zeigte sich besonders deutlich, wenn es um solche Termini ging, deren Herkunft nicht arabisch, sondern entweder griechisch oder persisch war. Diese Begriffe dürften den mittellateinischen Ubersetzern nicht bekannt gewesen sein, so daß sie sie nur falsch entziffern konnten und folglich falsch transkribierten. Ein Beispiel liefert das griechische Wort ν ά ρ κ η > arab. l i j l j närqä > mlat. berile . Außerdem waren die griechischen Eigen- und Stoffnamen, die in die einstigen arabischen Übersetzungen eingegangen waren, so verändert, daß sie in der zweiten Übersetzungswelle, nämlich vom Arabischen ins Mittellatein, nicht mehr erkennbar waren. Die Übersetzer ins Lateinische standen vor Rätseln, für deren Lösung offensichtlich keine Versuche unternommen wurden. Deshalb tauchten in den verschiedenen Übersetzungen ein und desselben Schriftstückes auch verschiedene Varianten eines im Grunde unverstandenen Wortes auf. Der Name des griechischen Philosophen Anaximandros variierte in den lateinischen Versionen des ,Turba Philosophorum' zwischen Eximerus, Eximerias, Exioctus, Oximedeus 60 . Die ara-

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Vgl. Olschki ( 1 9 1 9 ) , S. 455ff.; Latham (1972), S. 31. Vgl. Latham (1972), S. 33. Vgl. ebd. J. Ruska ( 1 9 3 1 ) , S. 19.

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Das Mittellatein als Vermittlersprache

bischen Eigennamen sind natürlich nicht weniger entstellt worden. Marcel Devic fragt sich deshalb, wie die Personennamen ,chems-eddin, Nasr-eddin, Kheir-eddin, sous les formes itrangement deftßurdes de Sensadonias, Noscardin, Horiadan wiedererkannt werden können '. Diesen Namen dürften aller Wahrscheinlichkeit nach ohne diakritische Punkte geschriebene Originale vorgelegen haben. Denn andernfalls wären die arabischen Laute lediglich mit lateinischen Korrespondenzen wiedergegeben worden. Um die Verwirrung noch größer zu machen, behauptet Latham, waren die diakritischen Punkte von j = f und 3 = q im islamischen Westen nicht dieselben wie im islamischen Osten: In Spanien z.B. markierte der Schreiber sein i_i = f mit einem Punkt unter diesem Buchstaben und sein 3 = q mit einem Punkt darüber (also ^i); wohingegen sein Kollege im Osten einen Punkt über sein = f setzte und zwei Punkte über sein 3 = q 6 2 . Für Übersetzer, die an orientalische Handschriften gewöhnt und nun mit einem unbekannten Wort konfrontiert waren, konnte die maghrebinische Gewohnheit zu einer wirklichen Falle werden. Im großen und ganzen können folgende arabische Buchstaben ein Problem für den lateinischen Übersetzer dargestellt haben: 1) Initial und medial ^ = b; ο = t; i = I; j = n; >_i = f; 3 = q; ^ = y: Ein langer Strich bei der Initialform aller Buchstaben dieser Gruppe könnte, wenn keine Punkte gesetzt sind, mit einem J = I verwechselt werden, und umgekehrt ein J = I mit einem kürzeren Abstrich in der Initialform mit irgendeiner Initialform dieser Gruppe verwechselt werden. 2) ^ = g ;-=>-= b 3) j = d ; i = d 4) - > = ι · ; 3 = ζ 5) ij** — s; (jiι — $ 6) Der stimmhafte Pharyngallaut x. = ' und der stimmhafte postvelare Frikativlaut i = g. Was die Transkribierung der einzelnen arabischen Termini betrifft, so ist es klar, daß die mittellateinischen Übersetzer kein System der Übertragung entwickelt hatten. Sie korrespondierten die von ihnen entzifferten arab. Buchstaben mit den entsprechenden lateinischen Einheiten und ließen dabei die in ihrem Schriftsystem existenten Äquivalente einiger arabischer Grapheme einfach fallen. Das, was für die weitere Entstellung der mit lateinischen Buchstaben transkribierten Arabismen verantwortlich gewesen ist, war ihre Abschrift durch Kopisten, also ihre Weitertradierung. Auch bildete die Beschaffen-

61 62

Devic ( 1 8 7 7 ) , S. 12. Vgl. Latham ( 1 9 7 2 ) , S. 33ff.

Kontakte des Arabischen und des Mittellateinischen

71

heit des lateinischen Alphabets eine Fehlerquelle, denn über die Tatsache hinaus, daß die Handschriften der Schreiber von einem Zeitabschnitt zum anderen und von Land zu Land variieren, kann allgemein festgestellt werden, daß die immer wiederkehrenden Fehler in der Verwechselung folgender Buchstaben lagen 6 3 : 1) Einfach gerundetes a und ci 2) doppelt-gerundetes a und et in Verbindung 3) b un h 4 ) b und 1 (speziell doppelt oder verbunden) 5) c, t, e, i, et in Verbindung d 6) f und großes S 7) f und st 8) ii, iu, m, n, ni, u, ui, etc., wenn es eine Aneinanderreihung von Kleinbuchstaben gibt, d.h. die kurzen Senkrechten Striche, aus denen i, m, n, und u je nach Bedarf bestehen; 9) h, b, und Ii 10) geschweifter .Arabisch' 2 — T y p mit r , z. Die großen Anfangsbuchstaben beinhalten ebenso Probleme. Folgende sind die allgemein typischen Confusibilia: A, DI B, G, H/ C, G/ Ε, Ο/ Η, Ν, Β/ K, R. Die typographischen Fehler, die in früher gedruckten Büchern vorkommen konnten, hat Latham in drei Punkten zusammengefaßt: 1) Ein falsches Lesen des Manuskriptes; 2) der menschliche Irrtum beim Drucksetzen; 3) die scheinbare Ähnlichkeit zwischen bestimmten Buchstaben, auch zwischen den großen Anfangsbuchstaben, deren Ähnlichkeit von den benutzten Typen abhing 6 4 . Es verwundert daher nicht, daß beim Übergang ins Mittellateinische die Arabismen entstellt worden sind. Diese Entstellung verhinderte jedoch nicht, daß man sich ihrer bediente, und daß sie über den übersetzten Texten hinaus eine breite Verwendung in den selbständig verfaßten Werken gefunden haben.

3.1.6. Vorstellung der wissenschaftlichen Disziplinen H. Schipperges, der sich mit der Übermittlungsgeschichte der arabischen Wissenschaft (besonders der Medizin) an den Westen befaßt hat, teilt die

Die folgende Ausführung folgt Latham, ebd., S. 34ff. Vgl. Latham ( 1 9 7 2 ) , S. 36. Dem oben Dargestellten kann hinzugefügt werden, daß viele arabische Schriften zunächst in das Hebräische übertragen worden sind, und daß dabei der hebräische Einfluß auf viele Arabismen eingewirkt hat. Die latinisierten Eigennamen Averroes, arab. Ibn-Roäd und Avicenna, arab. Ibn-STnä rühren von den hebräischen Aben oder Aven für arab. Ibn her. Vgl. dazu Renan ( 1 8 5 2 ) , S. 7.

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Das Mittellatein als Vermittlersprache

Perioden ihrer Überlieferung in eine der Rezeption (Übersetzungsphase) und in eine der Assimilation (Integrationsphase) ein 6 5 . Dieses historiographische Schema steht für die linguistische Konzeption von der Übernahme und Tradierung sprachlicher Entlehnungen. Die wissenschaftlichen Arabismen, die Eingang ins Mittellateinische fanden, können auf die Sachgebiete verteilt werden, die mit der Einteilung der Wissenschaften im Mittelalter zusammenhingen. Die Fächer des Quadrivium, die neben denen des Trivium in der Artistenfakultät gelehrt und die Voraussetzung für jede weitere Spezialisierung (z.B. in der Medizin, Theologie oder Jura) bildeten, umfaßten die Arithmetik, die Geometrie, die Astronomie und die Musik. Eine stärkere Differenzierung dieser Wissenschaften wurde mit dem Einfluß des arabisierten Aristoteles auf die europäische Hochscholastik herbeigeführt 6 6 . Z u den üblichen Quadriviumfächern traten, gestützt auf die aristotelische Physiklehre, „die Astrologie in nicht immer deutlicher Abgrenzung von der Astronomie, die Mechanik als Lehre von der .fabrica omnium rerum' und die Medizin als Wissenschaft vom menschlichen Körper, seinen Krankheiten und ihrer Heilung" 6 7 . Während aber die Astrologie bzw. Astronomie weiterhin zu den Disziplinen der Artes Liberales zählte, gehörte die Medizin zu den ,artes mechanicae', zu den Eigenkünsten, die neben der Medizin noch eine Reihe von anderen Künsten enthielten, darunter z.B. das Handwerk. Im Handwerk war die Alchimie Inbegriffen 6 8 . Z u diesen einzelnen Disziplinen leisteten die übersetzten arabischen Werke wesentliche Beiträge. Nicht nur um die Tradierung griechischer Wissenschaft haben sich die Araber verdient gemacht, sondern auch darum, daß sie dem europäischen Mittelalter selbständige Erkenntnisse vermittelt haben. Die Lehnwörter sind ein Zeugnis dieses kulturellen Vorgangs; sie enthalten sowohl Wörter griechischen Ursprungs als auch echte arabische Wörter. Die Wörter aus anderen Sprachen, z.B. aus dem Persischen oder aus dem Indischen, waren bereits in den arabischen Werken assimiliert und wurden ebenso ins Mittellateinische entlehnt. Es soll nun auf die einzelnen Wissenschaften und auf die dabei tradierten Arabismen eingegangen werden.

65 66 67 68

Schipperges ( 1 9 6 4 ) , S. 84. Vgl. ebd., S. 82. G r u n d m a n n ( I 9 6 0 ) , S. 15. Vgl. Eis ( 1 9 6 7 ) , S. lOff.

Medizin und Arzneimittellehre

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3.2. Medizin und Arzneimittellehre 3.2.1. Arabische Quellen und die Rezeption im europäischen Westen 3.2.1.1. Tradition der lexikographischen Überlieferung Die Übersetzer der arabischen Werke ins Mittellateinische waren sich der Problematik von Entlehnungen und ihrer Unverständlichkeit bewußt. Zum Lösen dieses Problems stellten sie Glossare zusammen, die sie meistens den großen Lehrbüchern und Summen anhängten. Angesichts der Häufigkeit dieses Verfahrens hat sich dann im Lateinischen für die Bezeichnung dieser Glossare das Wort Synonyma oder Sinonima eingebürgert 6 9 . Die Synonyma· Verzeichnisse als Hilfsmittel zur Erklärung fremder Termini sind aber im lateinischen Westen nicht erst mit den Übersetzungen aus dem Arabischen entstanden. Schon in der Spätantike, als das Griechische in Vergessenheit zu geraten begann, mußten, angesichts der Abhängigkeit der lateinischen von der griechischen Fachliteratur, lexikalische Listen verfaßt werden, um die griechische Terminologie zu deuten. Auch aus dem Frühmittelalter sind solche griechisch-lateinischen Glossare überliefert, die, wie die später entstandenen lateinisch-arabischen Listen, einerseits als Übersetzungshilfe und andererseits zum Verstehen der mit griechischen und dann mit arabischen Termini duchsetzten lateinischen Fachtexte aus Medizin und Alchimie gedacht waren 7 0 . Für unseren Zusammenhang ist die Erwähnung der lexikalischen Listen deshalb von Bedeutung, weil sie einen entscheidenden Faktor für die Erhaltung und Tradierung der fremden Vokabeln darstellen. Da in bezug auf das Arabische diese Sprache den mittelalterlichen Gelehrten unbekannt geblieben ist, konnten nur lexikographische Hilfswerke das Problem der in den Übersetzungen auftauchenden, nicht verstandenen termini technici lösen. Nach D. Goltz gab es kaum eine medizinische Handschrift des 13. und 14. Jh.s ohne lange Synonymlisten 71 . Als solche arabisch-lateinische Synomynlisten seien hier, neben den

sog. Synomyma

Avicennae

und Synonyma

Rasis, welche den medizinischen

Kompendien des Avicenna Canon und des Rhases Continens in der Übersetzung Gerhards von Cremona beigefügt wurden 7 2 , das Medicaminum om-

nium brevarium

des Stefanus von Pisa und der Clavis sanationis

des Si-

mon von Genua genannt. Ersteres, später unter Synonyma Stefani bekannt, stellt ein griechisch-lateinisch-arabisches Glossar dar, das Stefanus (von Pisa oder Antiochia, da er in Pisa geboren ist und um 1217 in Antiochia lebte) seiner Übersetzung des Liber Regius (kitab al-malakl) des Haly Abbas

69 70 71 72

Ulimann ( 1 9 7 0 ) , S. 237. Vgl. Goltz ( 1 9 7 2 ) , S. 314ff. Vgl. ebd., S. 3 2 4 . Vgl. U l l m a n n ( 1 9 7 0 ) , S. 238ff.

74

Das Mittellatein als Vermittlersprache

('All b. al-'Abbäs al-MagüsT) beigelegt hat. Das Glossar enthält Pflanzenu n d Drogennamen aus Dioskurides' Materia medica in den drei genannten Sprachen 7 3 . Wichtiger und bekannter als die Synonyma Stefani scheint der hier zweitgenannte Clavis Sanationis (vollendet um 1290) gewesen zu sein. Sein Verfasser, Simon Januensis, ist der Übersetzer des in der abendländischen Medizin und Pharmazie (neben dem Antidotarium des Mesue) weitverbreiteten Breviarium Serapionis {Serapion), dem Antidotarium des syrischen Arztes Yahya b. SaräbTyOn (lebte im 10. Jh. sein hier in Frage kommendes Werk ist das vom Syrischen ins Arabische übersetzte Alkunna? = Pandectae)1^. Simons Lexikon ist jedoch kein der Übersetzung beigefügtes Glossar, sondern ein selbständig entstandenes Werk, dem verschiedene griechische, lateinische und arabische Quellen zugrunde gelegen haben. Sim o n wollte damit die damals in der medizinischen Literatur herrschende terminologische Verwirrung ausgleichen. Er begnügte sich deshalb nicht allein mit der Angabe lexikalischer Gleichungen, sondern er fügte den einzelnen W ö r t e r n sachliche Erklärungen und Definitionen hinzu. Der Clavis sanationis war, nach Goltz, „zu einem aus Medizin und Pharmazie nicht mehr wegzudenkenden Hilfsmittel" geworden 7 5 . Sein Ruhm und seine Nützlichkeit überdauerte bis ins 16. Jh. Er figurierte unter den wichtigsten Synonymverzeichnissen, die die Apotheker des H u m a n i s m u s zur Verfügung haben mußten. Außerdem diente er u.a. als lexikographische Quelle für Rulands Lexicon alchemiae (1612) 7 6 . Ein Synonyma-Lexikon verfaßte auch der deutsche Lorenz Fries (Laurentius Phrisius) und schrieb dazu: „Synonima und gerecht Ußlegung der Wörter so man dann in der Arzney; allen Krütern, Wurtzlen, Blumen, Somen, Gesteinen, Safften und anderen Dingen zum Schreiben ist, in Lateinischer, Hebräischer, Arabischer, Kriechischer und mancherlei Tütscher Z u n g e n [...] Straßburg 1519" 7 7 . Waren die oben zitierten Synonymalisten des Mittelalters eine notwendige Hilfsmaßnahme, die in den arabisch-lateinischen Übersetzungen auftauchende Terminologie aufzuschlüsseln, so weisen die später in D r u c k erschienenen Auflagen eben dieser Listen sowie die Entstehung weiterer lexikographischer Werke, in denen Arabismen figurierten und erklärt w u r d e n , darauf hin, daß einerseits die arabischen medizinischen Werke weiterhin bis zum Humanismus benutzt wurden und andererseits diese Arabismen in anderen wissenschaftlichen Texten rezipiert worden waren als nur in Übersetzungen.

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Vgl. Ullmann (1970), S. 238; Schipperges (1962), S. 51; Goltz (1972), S. 326ff. Vgl. Goltz (1972), S. 328ff.; Schipperges (1962), S. 97. Goltz (1972), S. 329. Vgl. ebd., S. 330. Ullmann (1970), S. 239.

Medizin und Arzneimittellehre

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3.2.1.2. Pro und Contra hinsichtlich der Arabismen im Humanismus D i e Renaissance als Affront gegen das Mittelalter bzw. Rückkehr zur Antike hat in ihrer philologischen Ausrichtung des Humanismus dem Arabismus den K a m p f erklärt. Dementsprechend war die humanistische medizinische Philologie bestrebt, die arabischen Ausdrücke aus der lateinischen Fachliteratur zu eliminieren 7 8 . Zwar gelang dies hinsichtlich einer großen Zahl von Arabismen, jedoch blieben andere, durch keine griechischen oder lateinischen Äquivalente zu ersetzende oder bereits in das lateinische Fachschrifttum integrierte Arabismen erhalten. Besonders in der Pharmazie hielten die arabischen Bezeichnungen stand. Dies deshalb, weil der humanistisch erzwungene Rückgriff auf die hippokratische Therapie, welche diätetische Heilmaßnahmen verordnet, die Apotheker „leere(n) Standgefäße(n)" 7 9 befürchten ließ. Die Pharmazeuten des 16. Jh.s kamen durch den - infolge der Ausbreitung von Epidemien - wachsenden Drogenhandel und Drogenverbrauch zu einem gewissen Reichtum, worauf sie nicht mehr verzichten konnten. Außerdem vermochte die sanfte diätetische Therapie des Hippokrates die von Seuchen geplagten Menschen nicht zu überzeugen. Nach wie vor beriefen sich die Apotheker auf das Rezeptmaterial des 13. und 14. Jh.s. Dabei machten bis Ende des 16. Jh.s — trotz humanistischer Anprangerung — die arabischen Vorschriften des Mesue, Avicenna und Rhases über die Hälfte aller Rezepte aus. Aufgrund dieser Situation konnten die arabischen Drogennamen nicht verschwinden. D . Goltz zufolge hat die pharmazeutische Nomenklatur — gegenüber der chemischen und der medizinisch-theoretischen - bereits vor dem Humanisten-Kampf gegen „die errores Arabum" aus praktischen Gründen eine gewisse Einheitlichkeit erreicht 8 0 . Hätte die humanistische Nomenklaturbereinigung einen Einfluß auf das Apothekerwesen gehabt, so wäre die Pharmazie erneut in eine Begriffsverwirrung geraten. Denn der vorbehaltlose und vom Geist des Anti-Arabismus erfüllte Rückgriff der Humanisten auf die antike Terminologie der Materia medica führte dazu, daß die durch arabische Umdeutungen veränderten Inhalte einiger griechischer Bezeichnungen außer acht gelassen wurden. Es wurde nicht berücksichtigt, daß beispielsweise die griechischen Wörter spodium, nitrum und cadmia, welche in die arabische Nomenklatur eingingen, einem arabisch bedingten Bedeutungswandel unterzogen wurden. Solche semantischen Mängel kamen in der von Ruelle angefertigten Übersetzung des Dioskurides aus dem Griechischen (1516) sowie in den Kommentaren der Materia medica von Hermolaus

7

'

80

Zur Anti-Arabismus-Haltung im Humanismus vgl. Schipperges ( 1 9 6 1 ) , S. 14ff. Goltz ( 1 9 7 2 ) , S. 3 5 7 . Vgl. ebd., S. 3 6 1 .

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Das Mittellatein als Vermittlersprache

Barbarus u n d Macellus Vergelius (1529) zum Vorschein 8 1 . Dagegen aber ließ sich z.B. Petrus Andreas Matthiolus bei seinem Dioskurides-Kommentar nicht von den Bestrebungen der H u m a n i s t e n mitreißen u n d nahm als Leitfaden seiner Auslegung der Materia medica die in der Pharmazie des 16. Jh.s üblicherweise verwendeten Bezeichnungen der Stoffe. Dabei „geht er überall auf die arabischen N a m e n ein, soweit sie bekannt u n d gebräuchlich waren, u n d berücksichtigt jeden Bedeutungswandel eines N a m e n s " 8 2 . Diese ständige philologische Auseinandersetzung mit Arabismen bzw. ihre lexikographische Überlieferung ließ sie dem Sprachschatz des Abendlandes nicht verloren gehen. Auf diese Weise k o n n t e n die Botaniker u n d C h e m i ker der Neuzeit wie Paracelsus u n d Linne auf sie zurückgreifen, als sie die mit diesen Arabismen bezeichneten Gegenstände neuentdeckten, entwikkelten u n d mit N a m e n versehen wollten. Beispiele hierfür liefern z.B. die Artikel über Alkohol, Alkali, Alkanna und Benzoe. Es fällt in diesem Z u s a m m e n h a n g auf, daß wenn von medizinischen Ausdrücken die Rede ist, allein die Mineral- oder die Pflanzennamen berücksichtigt werden. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die anderen arabisch-lateinischen Bezeichnungen z.B. für O r g a n e u n d f ü r Krankheiten durch die humanistische Sprachreinigung fast spurlos aus dem Lateinischen verschwunden sind und sich folglich in keinem heutigen W ö r t e r b u c h oder Fachlexikon finden83. Aus diesem G r u n d wird im folgenden hauptsächlich die Arzneimittellehre behandelt, in deren R a h m e n die bis heute in den europäischen Sprachen erhaltenen lexikalischen Arabismen überliefert worden sind. 3.2.1.3. Die Materia medica In den großen Kompendien der arabischen Medizin, wie d e m oben erwähnten Canon des Avicenna, dem Continens des Rhases sowie dem Lib er Regius des Haly Abbas, befanden sich Kapitel, in denen jeweils über die einfachen u n d die zusammengesetzten Heilmittel einzeln berichtet wurde. A u ß e r diesen Schriften verfügten die Araber über eine umfangreiche pharmazeutische u n d pharmakognostische Literatur, die in selbständigen Werken abgehandelt wurde 8 4 . Als Beispiel seien die schon zitierten Serapion u n d das Antidotarium des Mesue genannt. Grundlage und Vorbild der arabischen Arzneimittellehre u n d speziell der sog. Materia medica war Dio-

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83

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Vgl. Goltz (1972), S. 348ff. Ebd., S. 350ff. Zu Mattiolis Übersetzung der Materia medica vgl. Olschki (1922), S. 213ff. Zu mlat. Arabismen der Anatomie s. Joseph Hyrtl, Das Arabische und Hebräische in der Anatomie, Wien 1879. Vgl. Ulmann (1970), S. 257ff.; zum Stand der Medizin und Arzneimittellehre bei den Arabern im Mittelalter vgl. u.a. L. Leclerc (1961); Wiedemann (1970).

Medizin und Arzneimittellehre

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skurides. Fast alle Gelehrten des Islams beriefen sich auf ihn und betrachteten ihn als die höchste Autorität auf diesem Gebiet. AI-BfrunT, ein berühmter Pflanzenkundiger des 9. Jh.s, widmet ihm Worte hoher Anerkennung. Er sagt: „Unter den Griechen gab es vor dem Christentum Männer, die gekennzeichnet waren durch ihren hervorragenden Forschungseifer, und durch ihr Bemühen, die Dinge bis zur höchsten Stufe zu fördern und sie der Vollkommenheit anzunähern. Hätte Dioskurides in unseren Breiten gelebt und sein Streben darauf verwandt, die (Wirkungen der) Pflanzen unserer Berge und Täler zu erkennen, so wären diese alle zu Heilmitteln geworden, und ihre Früchte wären auf Grund seiner Erfahrung zu Arzneien geworden. Jedoch das Land des Westens hat durch ihn und seinesgleichen den Sieg davongetragen, und es hat uns durch deren dankenswerte Bestrebungen wissenschaftlich und praktisch Nutzen gebracht" 8 5 . Eben weil die Pflanzen, die die Grundlage für die einfachen Heilmittel (Simplicia) bilden, nicht überall gleich sind, haben die Araber unabhängig von Dioskurides eine eigene pflanzenkundliche Literatur entwickelt. Im 10. Jh. z.B. verfaßte Ibn Culgul zu Cordoba eine Schrift mit dem Titel: Maqala fT dikr al-'adwiya al-latl lam yadkurhä DiyQsqQrTdas fl kitäbihi = Traktat derjenigen Arzneien (Drogen und Heilpflanzen), die Dioskurides in seinem Buch nicht erwähnt hat8 . Im Grunde besaßen die Araber bereits vor den Übersetzungen aus dem Griechischen eine eigene Pflanzenkunde, die allerdings in erster Linie philologisch und lexikographisch orientiert war. Die dazugehörigen Werke stellten eher Onomastika als botanische Abhandlungen dar. Eine arabische medizinisch-pharmakognostische Pflanzenkunde ist erst durch die griechischen Einflüsse zustande gekommen 8 7 . Nichtsdestoweniger konsultierten die hellenistisch geprägten Mediziner und Pharmazeuten der Araber — wie z.B. der oben genannte Ibn öulgul - die .botanischen' Werke ihrer Vorgänger, um sich über die einheimische Flora kundig zu machen. Als maßgebliches und methodisch bestes Werk der philologisch orientierten Pflanzenkunde gilt das kitab annabat = Buch der Pflanzen des Abü HanTfa ad-DTnawarl (gestorben 895) 8 8 . Es wurde zum Standardwerk sowohl für Lexikographen als auch für Pharmakognosten. Ibn al-Baitar, der bekannteste Pharmakognost im islamischen Mittelalter, berief sich in seinem Werk über die Simplicia mehrfach auf

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Zit. nach Ulimann (1970), S. 263. Vgl. Ullmann, ebd., S. 268. Ibn Culgul gibt außerdem Einzelheiten über den Vermittlungsvorgang der Materia mcdica zu den Arabern an. Die betreffende Passage ist in Vernet (1984), S. 80ff., wiedergegeben. Zur Pflanzenkunde bei den Arabern vgl. Ullmann (1972), S. 62-92. Die neue Edition des Buches: Bernhard Lewin, The Book of Plants. Part of the monograph section. By Abü Hanlfa ad-DTnawarl. Wiesbaden 1974. (Bibliotheca Islamica 26).

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Das Mittellatein als Vermittlersprache

ad-DTnawarl. A u f g r u n d seiner Systematik und der wissenschaftlichen Kenntnisse, die das Buch von ad-DTnawarT über die Pflanzen, Pflanzengeographie u n d angewandte Botanik vermittelt, wird a n g e n o m m e n , daß sein Verfasser schon Dioskurikes als Vorbild hatte. 8 9 Außer der M a t e r i a medica des Dioskurides konnte auch der sog. Liber de Platitis einen großen E i n f l u ß auf die arabische P f l a n z e n k u n d e ausüben. D i e aus dem ersten vorchristlichen Jh. von Nikolaus von Damaskus stamm e n d e Schrift w i r d Aristoteles zugeschrieben. Sie w u r d e vom Syrischen ins Arabische u n d von da aus ins Hebräische ( 1 3 1 4 ) u n d im 13. Jh. ins Lateinische übersetzt. Da die griechische Originalfassung dieser Schrift verlorengegangen ist, w u r d e sie im 13. oder 14. Jh. vom Lateinischen ins Griechische rückübersetzt 9 0 . Nach M . U l l m a n n liegt die Bedeutung des Liber de Plantis darin, daß er „in den 9 0 0 Jahren von Theophrast bis Baiinas die einzige Schrift über die Physiologie der Pflanzen geblieben ist" 9 1 . Diese pseudoaristotelische Schrift wirkte gestaltend auf die Pflanzenkunde der im Abendland weitgehend rezipierten Avicenna und Avempace (der spanische Philosoph abQ Bakr Muhammad ibn Yahyä ibn as-Sä'ig ibn Bägga, der ein Drogenbuch verfaßt hat.) 9 2 Zur Arzneimittellehre gehörte auch die V e r w e n d u n g von Mineralien. Darunter fielen Metalle, Steine, Perlen, Glasflüsse, Vitriole, Schwefel, einige organische Verbindungen und auch magische, dem Bereich der Fabel zugehörige Steine. Alle diese Stoffe wurden unter dem Oberbegriff 'ahgär = Steine subsumiert. Die B e s t i m m u n g und Gliederung der genannten M i neralien-Arten war keine Erfindung der Araber, sondern beruhte - wie in fast allen islamischen Wissenschaftsdiziplinen — auf der Rezeption des hellenistischen Wissensguts. Da aber die Araber viel weniger Kenntnisse über die Gesteine als z.B. über die Pflanzen besaßen, war ihr Wissen bezüglich M i n e r a l i e n und der dazu gehörigen N o m e n k l a t u r weitgehend von der griechischen und persischen Gesteinekunde bzw. ihrer T e r m i n o l o g i e abhängig. Die in der altarabischen Poesie auftauchenden Namen der Steine sowie die in der Lexikographie nur auf begrenztes Interesse gestoßenen Steinn a m e n fanden - im Gegensatz zu Pflanzennamen - keinen Eingang in die wissenschaftliche, vom Hellenismus geprägte Gesteinekunde der Araber. Dies deshalb, weil diese Benennungen keine eigentlichen N a m e n für Steine, sondern adjektivische u n d poetisch überhöhte Epitheta darstellten. Sowohl die griechischen als auch die mittelpersischen Gesteinekunde-Quellen der Araber weisen einen magisch-abergläubischen C h a r a k t e r auf. Die

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Vgl. Vgl. Ebd. Vgl.

Ullmann ( 1 9 7 2 ) , S. 66ff.; ebd., S. 7 0 f f „ 87. 72. ebd., S. 80.

Medizin und Arzneimittellehre

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Vorstellung von der magischen Kraft der Steine ist zoroastrischen Ursprungs. Sie erreichte die Hellenen durch den Alexanderzug nach Persien und übte einen großen Einfluß auf die griechischen Vertreter dieser Disziplin aus. Maßgeblich für die Araber waren in dieser Hinsicht die Schriften von Stotakos (4. od. 3. Jh. v. Chr.) und von Xenokrates, dem Sohn des Zenon, der auch von Plinius und Origenes z.B. zitiert wird. Als weitere wichtige Quelle fungiert hier wieder Dioskurides, der im fünften Buch seiner Materia medica die Mineralien behandelte. Auch er sowie Galen sind vom medizinischen Steinaberglauben nicht frei geblieben. Diese Literatur u.a. und eine aus dem 9. Jh. stammende mittelpersische Schrift, in der Steine mit magischen Wirkungen vorkommen, bildeten die Grundlage für das Zustandekommen der sog. arabischen .Steinbücher' 9 3 . Es handelt sich um Aufzählungen von Mineralien, deren Eigenschaften und W i r k u n g e n beschrieben werden. Meistens sind diese Bücher superstitiös und kommerziell ausgerichtet. Sie vermitteln selten eine theoretische Fundierung über die Mineralien, die sich eher in alchimistischen Schriften findet. Das bekannteste dieser Bücher, das im Abendland mehrfach ins Lateinische übersetzt, überarbeitet, interpoliert und von europäischen Gelehrten wie Albertus Magnus und Arnold Saxo zitiert wurde, ist das sog. Steinbuch des Aristoteles. Die Entstehungszeit sowie die Herkunft dieser Schrift, ob original arabisch, griechisch oder indisch-persisch, sind nicht geklärt worden. Jedenfalls erreichte das Buch das Abendland durch arabische Vermittlung. Es stellt nach Ulimanns Worten ein Sammelbecken dar, in das mannigfache Ströme spätantiker und mittelpersischer Gesteinekunde und Hermetik einmündeten 4 . U m ein Bild von der Art der Steinbücher zu vermitteln,

sei hier aus dem Steinbuch

des Aristoteles, wie es in der Übersetzung von

J. Ruska vorliegt, die unter dem Stichwort Lasurstein dergegeben:

angeführte Stelle wie-

„Der Lasurstein. Dieser Stein ist kalt und trocken; er besitzt Weichheit und ist von schöner Farbe. Wenn er mit Gold vereinigt wird, so nimmt im Auge dessen, der ihn betrachtet, jedes von beiden an Schönheit zu und doch verändern sie ihre Farbe nicht. Er ist nützlich, wenn er in Augenpulver getan wird. Wenn etwas davon auf eine Kohle gelegt wird, so geht eine Feuerzunge, die wie der Stein gefärbt ist, davon aus, und (wenn er verkalkt wird), verbirgt sich das Feuer in ihm" 9 5 .

94 95

Zur arabischen Gesteinekunde und der Benutzung von Mineralien in der Medizin vgl. Ullmann (1972), S. 95-144. Vgl. ebd., S. 105ff. Ruska (1912), S. 153.

80

Das Mittellatein als Vermittlersprache

Das Steinbuch des Aristoteles gehörte zu den entscheidenden Quellen für den Einzug des Aberglaubens in die arabische Arzneimittellehre. Der Glaube an die übernatürliche Wirkung der Steine war aber - wie oben angedeutet - auch durch Dioskurides' Materia medica den Arabern vermittelt worden. Dabei wurden besondes die Edelsteine als Medikament in Form von Pulver oder als Amulett oder Talisman zum Tragen empfohlen. In allen oben zitierten arabischen Kompendien und Antidotarien, die im Abendland rezipiert worden sind, wurden die Steine als Wunderheilmittel erwähnt. Aber nicht nur diese Heilmittel, sondern auch mineralische und pflanzliche Stoffe mit medizinischen Eigenschaften und Wirkungen waren Gegenstand der arabischen Materia medica. 3-2.1.4. Die Nomenklatur Die Rezeption der arabischen Medizin im Abendland durch Übersetzungen ließ viele Arabismen der Materia medica ins Mittellateinische einfließen. Schon am Anfang dieses Prozesses tauchen bei Constantinus Africanus in seinem Liber de gradibus (1076-87), einer freien Bearbeitung des Buches über die einfachen Heilmittel von Ibn al-öazzär, die Arabismen borrago, camphora und bedegar auf. Ein Musterbeispiel für die Rezeption der arabischen Namen der Materia medica liefert eine lateinische Version von Avicennas UrgOza fi t-tibb Verse der Medizin, im Mittelalter unter dem Titel Cantica Avicennae bekannt 96 . Die Cantica stellen eine Art Zusammenfassung von Avicennas Canon dar. Sie hatten als ersten Übersetzer Gerhard von Cremona (1114-1187). Die hier in Frage kommende Übersetzung ist 1284 von Armengaud de Blaise angefertigt worden 97 . Die im UrgQza (10. Jh.) verwendeten Pfanzen- und Drogennamen finden sich z.B. zwei Jahrhunderte später in dem von Maimonides (1139-1204) verfaßten Glossar Sarh Asmä' al-'uqqär = Erläuterung der Drogennamen wieder. Davon ist ein einziges Exemplar in der Überlieferung des Ibn al-Baitär (ges. 1248) erhalten geblieben. Max Mayerhof hat dieses Manuskript ediert und 1940 herausgegeben98. Maimonides' Synonimi umfaßt die damals unter den arabischen Botanikern im Osten und Westen verbreiteten wissenschaftli-

Jahier/Noreddine (1956), die Herausgeber und Übersetzer der Cantica, äußern sich dazu wie folgt: „Si le monde de l'islam a accords ä l'Urguza fi t{lb la renommie qu'elle mlritait pendant des si&cles, toute l'Europe du Moyen äge l'a connue i travers ses traductions latines sous le nom de Cantica", S. 101. Zum Übersetzer Armengaud de Blaise vgl. Jahier/Noreddine (1956), S. 103ff. Es sei hier darauf hingewiesen, daß Avicennas Cantica in einigen Universitäten Europas bis zum Jahre 1650 ein Grundwerk für medizinische Studien war. Meyerhof (1940). Zur Biographie des aus Cördoba stammenden jüdischen Philosophen und Mediziners Maimonides vgl. Ullmann (1970), S. 19. Zum Botaniker Ibn al-Bai(ar Ullmann, ebd., S. 281ff. und Leclerc (1862), S. 4 3 3 - 4 6 1 .

Medizin und Arzneimittellehre

81

chen Drogennamen. Sie sind im Glossar meistens als Stichwörter angeführt und mit volkstümlich-arabischen, berberischen u n d altkastilischen Entsprechungen erklärt. Die Pflanzen-, Harze- und Mineralnamen in den beiden genannten Originalwerken, den Cantica und Maimonides' Glossar, spiegeln den Charakter der arabischen medizinischen Nomenklatur wider. Da die genuin-arabischen Namen von Pflanzen oft nur regional gültige Bezeichnungen z.B. der Beduinensprache darstellten, erwiesen sie sich bei der Wiedergabe von Dioskurides Materia medica als nicht a u s r e i c h e n d " . Die Übersetzer griffen deshalb zum entsprechenden persischen u n d syrischen Vokabular. In demselben waren auch griechische Wörter enthalten, die zu einem früheren Zeitpunkt in eben diese Sprachen als fremde W ö r ter aufgenommen worden waren. So wurde z.B. gr. κ α ρ δ ά μ ω μ ο ν mit arab. ( j q a r d ä m Q n transkribiert und durch syr. L . L . J q a r d a m ä n ä erklärt; gr. σ α γ α τ τ η ν ό ν ist mit j j ' ^ i U L u . sägafTnQn transkribiert und mit der pers. Form des gr. Wortes Λ.« sakblnag erklärt worden. Die Araber entlehnten alle diese Benennungen und ergänzten ihre Nomenklatur außerdem durch wörtlich transkribierte und nachbildende Übernahmen aus dem Griechischen. So ist z.B. arab. i--i ; l·. ? gantiyanä aus gr. / ε ν τ ι ά ν η ; arab. ü j . - j j 1 - · * qantüryOn aus gr.

κεντανρεον.100

Nicht anders als ihre arabischen Kollegen verfuhren auch die lateinischen Übersetzer, als sie sich mit dem Problem der Übertragung arabischer oder arabisierter Drogennamen konfrontiert sahen. Gelegentlich konnten sie durch das Arabische auf den griechischen Terminus zurückkommen u n d ihn dann latinisieren oder durch die bereits in der lateinischen Sprache früher vorhandenen Gräzismen ersetzen. Beispiele: gr. Prdsioti > arab. faräsiyQn und mlat. Prassium; gr. gentidne > arab. gantiyäna und mlat. gentiana·, gr. kapparis > arab. kabbär und mlat. capparis etc 1 0 1 . Die einfach in lateinischen Lettern transkribierten arabischen N a m e n waren relativ zahlreich. Davon zitieren wir einige Namen, die in den Cantica 99

Bereits im 10. Jh. äußert sich der oben genannte Ibn öul§ul zum Problem der Identifikation und Wiedergabe griechischer Drogennamen bei der Übersetzung der Materia medica des Dioskurides ins Arabische wie folgt: „[...]. Diejenigen griechischen Wörter, deren arabische Entsprechung Stephanos (der Übersetzer der Materia medica ins Arabische) kannte, hat er Ubersetzt, die ihm unbekannten Wörter hat er lediglich in ihrer griechischen Form transkribiert, wobei er es Gottes Fügung anheimstellte, daß sich später jemand finden möge, dem sie vertraut wären und der sie dann ins Arabische übertragen könnte. Denn die Namen der Medikamente gehen auf eine Übereinkunft unter den Bewohnern des jeweiligen Landes zurück, denen sie bekannt sind und die ihnen Namen geben, entweder durch Ableitung oder durch eine stillschweigende Übereinkunft. Stephanos überließ das Auffinden von Synonymen denen, welche die ihm unbekannten Heilmittel kannten, da sie so, sobald sie erkannt würden, die richtigen Namen erhielten." Zit. in Vernet (1984), S. 80.

100

Vgl. Ullmann (1970), S. 259; Meyerhof (1940), Nr. 344 und 240. Vgl. Ullmann (1970), S. 259.

101

82

Das Mittellatein als Vermittlersprache

Avicennae auftauchen, woraus auch die meisten Wörter in die europäischen Sprachen eingegangen sind: 1) Die Pflanzennamen mlat. alcanna < arab. hinnä' .Lawsonia inermis' mlat. bedoard < arab. bädäward ,Rosa eglanteria' mlat. been < arab. ban ,Moringa arabica' mlat. berberis < arab. barbärls .Berberis vulgaris' mlat. borago < arab. abo rag ? .Borago officinalis' mlat. galanga < arab. bo'angän .Alpinia officinarum' mlat. andacocha < arab. handaqOqa ,?' mlat. hasce < arab. haSK .Cannabis indice' mlat. harmala < arab. harmal .Peganum harmala' mlat. cubeba < arab. kababa .Piper cubeba' mlat. camphora < arab. käfür .Cinnamomum camphora' mlat. carubia < arab. t) arr 0b .Ceratonia siliqua' mlat. spinachium < arab. isfinä[](g) .Spinaca oleracea' mlat. sene < arab. sanä .Cassia acutifolea' mlat. sumach < arab. summaq ,Rhus coriaria' malt, ribes < arab. ribäs .Ribes rubrum' mlat. tamarindis < arab. lamar hindl .Tamarindus indica' mlat. tarcon < arab. tarbün .Artemesia dranculus' mlat. zeduarium < arab. zidwär .Cucuma zedoaria' mlat. assarum < äsärQn ,?' 2) Mineralien und Extrakte mlat. alchitran < arab. qiträn mlat. alcohol < arab. kühl mlat. ambra < arab. 'anbar mlat. benzoe < arab. luban gäwi mlat. bezahar < arab. bazahr mlat. baurach, borax < arab. bauraq mlat. talch < arab. talq mlat. lacca < arab. lakk mlat. lazuli < arab. lazuwärd mlat. tutia < arab. tQtiyä Unabhängig von den einfachen Heilmitteln, denen die Materia medica zugrunde liegt, also den Pflanzen und Mineralien, wie die oben genannten Beispiele darlegen, wurden die zusammengesetzten Heilmittel bei den Arabern, ganz nach dem Vorbild der Griechen und besonders des Galen, gesondert abgehandelt. Sie bildeten auch einen eigenen literarischen Zweig und sind meistens in den Apothekerbüchern überliefert worden 1 0 2 Der ara102

Vgl. U l l m a n n (1970), S. 2 9 5 f f .

Medizin u n d Arzneimittellehre

83

bische Ausdruck dafür ist j j j L I ^ I aqräbädTn zu gr. γ ρ α φ δ ι ο ν durch syrische Vermittlung. Im Lateinischen des Mittelalters gebrauchte m a n dafür die Ausdrücke Dispensatorium und Antidotarium10 . Der letzte Begriff wurde oft für die Bücher über die Gegengifte benutzt, die ebenso dem Bereich der Pharmazie angehörten. Die arabische N o m e n k l a t u r der zusammengesetzten Heilmittel ist großenteils aus dem Griechischen entlehnt. Dabei wurden die Wörter entweder transkribiert oder mit Lehnbildungen wiedergegeben. So z.B.: Arab. J ; - mlat. siropus ,Sirup'; arab. J ; •• mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. ( j - j j L . ^ barbärls „Berberis vulgaris", geht auf eine Kurzform des gleichbed. berb. ^ j U ^ i ambarbaris zurück. Blachfcre I, 495; Dozy Suppl. I, 64"; Dietrich I 62; Schmucker (1969), 71.

VS: Mlat. berberis m./f. (11. Jh.) „Berberis vulgaris" Das Wort taucht bereits bei Constantinus Africanus im „Liber De gradibus" (1076-87) auf und ist vom 11. bis zum 13. Jh. stets in mlat. verfaßten medizinischen Werken belegt. MLW I; Kluge 89, 75'. D T : Die ältesten Belege der heutigen Form des Wortes tauchen erst im 18. Jh. auf, so (1793) Berberize (Nemnich), (1837) Berberitze (Kittel); in etwas veränderter Form (1781) Barberitschen (Dähnert); (1882) Barberitze (Frischbier). Die an mlat. berberis angelehnten Formen sind dagegen bereits im 16. Jh. belegt: (1574) Berberes (Fischart); (1600) Berbes (Schwenckfelt); (1775) Berbis (Gleditsch); (1713) Berbisbeerstrauch, Berbisbeere (Hellwig). Die betreffende Pflanze besitzt im süddeutschen Raum zahlreiche volkstümliche Namen, u.a. Sauerdorn, Preiselbeere und Saurach < mhd. sürach. Allgemein bezeichnet Berberitze nur den Strauch (so heute im Duden I), vorübergehend hat es aber auch die Frucht bezeichnet (vgl. Campe I, 458 b und Sanders I, 115 a ). In älteren Wb. wird zwischen Berberisbaum und Berberisbeere differenziert. Marzeil I, 568ff.

94

Das Mittellatein als Vermittlersprache

W B : (1691)

Berberstaude «berberis»

beere «berberis»

(STEINBACH, 84); (1741)

(STIELER II, 2126); (1734) BerberBerber-Beer-Staude «berberis, heißt

auch Surach, Wein=Aeuglein, Creutzdorn» (FRISCH, 8l c ); (1774) Der Berberisbaum/die Berberstaude « [...]. Im M u n d e des gemeinen Mannes wird er (der N a m e ) in Berwitzen, Berbis, Berbeißen, Berberin, [...] verstümmelt» (ADELUNG I, 767); (1807) Die Berberis «der Berberisbaum; der Berberisstrauch oder Berbeerstrauch; die Berberisstaude oder Berberitzenstaude; die Berberiske oder Berberitze, ein wildwachsendes Staudengewächs mit länglichrunden rothen Beeren, [...]. D i e beste echt Deutsche unter allen Benennungen und für die Schriftsprache taugliche scheint Sauerdorn zu sein». Die Berberitze «die Berberitzenstaude» (CAMPE I, 458 b ); (1860) Berberitze f. «eine Staude mit rothen, angenehm säuerlichen Beeren, und diese Beere selbst» (SANDERS I, 115'); (1907) Berberis/Berberitze f. «der Saurach, Sauerdorn» (WEIGAND I, 205); (1976) Berberitze f. «(Bot.) gelbblühender Zierstrauch der Gattung Sauerdorn» (DUDEN i). A . SPR: Frz. (1537).

berbiris

FEW 19, 22'ff.;

Bezoar N.

(1548); ital.

bbrberis

(16. Jh.); span,

berberis

Grande Dizionnario Italiano I.

m. »Magenstein der Wiederkäuer«

Arab. > mlat. > dt.

Ρ = Ρ c Μ

ΕΤΎΜ: Magr.-ar. bezwar, eine veränderte Form des arab. _>*jL> bäzahr od. jjkjjL badizahr m. 1) 'Ziegenstein und die mineralischen Steine, denen die arabischen Ärzte zusammen mit dem Bezoar Entgiftungseigenschaften zuschrieben'; 2) 'Gegengift'. Das arab. Wort geht auf pers. bäd-zahr od. pädzähr 'bezoar-stone' zurück, eine Zusammensetzung aus bäd Schützer' und zahr 'Gift', also 'Schützer vor Gift'. Dozy Suppl. I, 48b; Blachire I, 347bff.; Wiedemann (1970) I, 851ff. u. Anm. 2; Steingass, 139 b ; Lokotsch 1605.

VS: Mlat. bezoar (13.-14. Jh.), 'Ziegenstein'; 'Gegengift'. MLW I, 1460. [Ältere Varianten des Wortes sind in den mlat. Traduktionen oder Bearbeitungen arabischer Werke der Medizin überliefert, vgl.: (lapis) bezaar („Liber Serapionis"}, Bezar (lapis) („Synonima Ras is"). Arnald von Villanova unterschied zwischen bezaar animate und bezaar minerale. G. Bauhin verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „De Lapis Bezaar" (1616). Nach Arveiller hat sich die Form bezoar duchsetzen können dank dem recht verbreiteten „Tractatus de Venenis" von Petrus Albanus (1246-1320), in dem diese Form erstmals auftauchte. Das Werk erfuhr mehrere Drucke, so u.a. 1473 in Mantua und Padua, 1475 in Mailand und Rom, 1515 in Paris, 1537 in Marburg. Von hier aus konnte das Wort in andere Werke über die Gifte übernommen werden, so z.B. in Marsile Ficin, „Tractatus singularis [...]" (Augsburg 1518); Th. Jordan, „Pestis Phenomena" (Frankfurt 1576); A. Boetius de Boodt, „Gemmarum et lapidum histora" (Hannover 1609). Petrus Albanus, der als Bewunderer der arabischen Medizin galt, soll in Italien die auf dem Maghrebinisch-Arabischen beruhende Form bezoar durch direkte oder indirekte Kontakte mit den Ärzten Nordafrikas übernommen haben. Die oben angeführten bezaar, bezar gehen dagegen auf eine gelehrte arabische Form zurück. Arveiller (1970), 362-371].

Medizin und Arzneimittellehre

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DT: Der Bezoarstein (Ruska 1912, l47ff.); Bezoar-Steine, Bezoarziege, Bezoare, Trichobezoar (Römpps Chem.Lex. V i ) . Das Wort blieb bei den Apothekern als Bezeichnung für 'Gegengifte' (vgl. unten) bis zum 19. Jh. erhalten. Es wurde dann auf die Bed. 'Magenstein der Wiederkäuer' beschränkt. WB: (1616) Bezoar, bezaar «ein Stein also genant/ [...]. Dannenher alle gifft treibende artzneyen Bezoardica genennet werden/ hat aber sonsten auch herzliche tugent/ wider allerly kranckheit. [...]» ( H E N I S C H , 3 6 5 ) ; (1691) Bezoarstein «lapis bezoar orientalis, et occidentalis». Bezoar m. «Bezoar orientalis» (STIELER II, 2139 u. III, 3 a ); (1734) Bezoar «(ein Stein) Bezoar, lapis bezoardicus» ( S T E I N B A C H I, 103); (1741) Bezoar «ist aus den Apotheker=Namen gemein worden. [...]» (FRISCH I, 91 c ); (1774) Der Bezoar «1. Überhaupt ein jedes Gegengift, besonders in den Apotheken. Daher der Bezoaressig, das Bezoarpulver u. s. s. welche wider alles Gift nützlich seyn sollen, und aus verschiedenen Ingredienzien zusammen gesetzt werden. 2. In engerer Bedeutung, ein Stein, der in den Mägen gewisser Thiere, besonders der Gämsen und Bezoarböcke gefunden wird, und lange Zeit in dem ungegründeten Rufe stand, da er ein kräftiges Gegengift sey; der Bezoarstein» (ADELUNG I, 898ff.); (I860) Bezoar m. «Gegengift, namentlich in dem Magen verschiedener Thiere sich findende, früher als besonders heilkräftig geschätzte harte Kugeln» (SANDERS I, I 2 5 b ) ; (1976) Bezoar m. «(in der Volksmedizin gebrauchter) Magenstein von Wiederkäuern (z.B. d e r Bezoarziege)» (DUDEN i).

A. SPR: Frz. (1548) bezoar (heute btzoard), älter bezaar (15. Jh.); ital. bezoardo (16. Jh.) (heute bezoar 19. Jh.); span, bezoar (Ende des 16. Jh.s); engl, bezoar (16. Jh.). Arveiller (1970), 362-371; FEW 19, 32 b ff.; Battisti I, 504*; Corom. I, 579 b ; O E D II, 163 b .

B o r r e t s c h N. m. »Borago officinalis« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ΕΤΥΜ: Arab. 'abQ 'araq, vulg.-ar. bü araq, 'Vater des Schweißes', da vermutlich die Pflanze als schweißtreibendes Mittel verwendet wurde. Diese Etymologie ist jedoch umstritten, da die genannte arab. Wortfügung für die Bezeichnung der betreffenden Pflanze nirgends belegt ist. Die Pflanze ist dagegen unter dem Namen lisän aHaur 'Löwenzunge' bekannt. Die von Gröber (Mise. Caix-Canello, 43) vorgeschlagene Etymologie borago aus lat. BURRA 'Scherwolle' wird aus lautlichen und semantischen Gründen abgelehnt. Kluge 89, 98 b ; Corom. I, 632 b ; F E W 19, l b ff.; Dietrich IV 116.

VS: Mlat. borrago (11. Jh.) 'Borretsch': (1076-87) „borrago calidum et humidum in primo gradu, [...]" (Constantinus Africanus, Liber De gradibus/ M L W I, 1537ff.).

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Das Mittellatein als Vermittlersprache

D T : Spätmhd. borago, borrage, borache, buretz, burretsch, boretsch. DFG. borrag (Fleming/DWB 1 Ii); (1484) Borragen (Lyttkens; (1713) Hellwig; (1781) Reuß/ Marzell I); (1532) Burretsch (Brunfels/ Marzeil I); (1533) Borretsch (Lyttkens; (1713) Hellwig/Marzell I). Das Wort weist eine große landschaftliche Verbreitung auf. Während die Formen mit finalem -g die mlat. Form reflektieren, sind die auf -tsch auslautenden Varianten, die zunächst in den Mundarten auftauchten, vermutlich von frz. bourache, bourage beeinflußt worden. WB: (1536) Borretsch (DASYPODIUS 299 1 ); (1616) Borraw/boragen/boretsch ( H E N I S C H 457); (1691) Borragen/Borraugenl(vulg.) Boretsch (STIELER c III, 3 a ); (1741) Borragen (FRISCH, 120 ); (1774) Borrago/ Borrag «In den gemeinen Mundarten wird sie Boretsch, Burretsch, Borrich ... genannt» (ADELUNG I, 10016); (1807) Borretsch/Burretsch/Borrich (CAMPE I, 595"); (1860) Bor(r)ago/Borrätsch (SANDERS I. 190 c ); (1907) Borretsch ( W E I G A N D I, 270); (1976) Borretsch ( D U D E N I). A. SPR: Afrz. bourrace (13. Jh.), mfrz. borage, bourage (14. u. 15. Jh.), bourache (15. Jh.), heute frz. bourrache·, it. borrägine (14. Jh.); span, borraja (1423) > kat. borratja (1412); engl, borage (1265). FEW I9,l b ff. ; Cort. I, I57 a ; 79 b ; Lexer I, 327.

Corm. I, 632 b ; O E D II, 409 c .

Galgant N. m. »Alpina officinarum« Arab. > mlat. > dt.

Ρ C Μ c Ρ

ΕΤΎΜ: Arab. baling od. j K ' . U (jalangSn 1) 'das Ingwergewächs (Alpina officinarum)' 2) 'die Wurzel davon (Rhizoma galangae)', zu gleich bed. pers. ö 1 ^ - ^ buwilingän. Dozy Suppl. I, 4 0 0 Ή ; LAII, 261; Vullers I, 758; Low. Flora III, 497; Schmucker 285.

VS: Mlat. galanga (11. Jh.): „Radicis arboris species" (Rhizoma galangae), Var. gallingar, galigan. Ducange IV. D T : Seit dem 12. Jh. in unterschiedlichen Varianten galgän, galgan, galgant ..Rhizoma galangae" belegt: (1349/50) der paum oder die staud wechset in Persen Lant, und des wurzel nimt man in erznei. man mag si behalten fünf jär und die wurzel haiz wir galgan (Κ. v. Megenberg/Lexer l ) . Zur Verdeutlichung wurde im 15. Jh. das Kompositum Galgantwurzel und (1482) galgenwurz gebildet. Es setzte sich aber erst später durch. Im 18. Jh. wurde Galgant (z.B. bei Nemnich) auf die ganze Pflanze ..Alpina officinarum" (früher Maranta galanga) übertragen, wobei die Übertragung wahrscheinlich unabhängig vom Arabischen zustande kam. Das Wort bezeichnete vorübergehend auch andere Gewächse (vgl. unten). Müller (1915), 54; DWB 1 IV; Marzell I.

WB: (1616) Galgan/galgant!galgas/galgenwurtzel (HENISCH, 1335); (1691)

Galgan/der/Galgant

galanga» (STIELER I, 604); (1734)

«galanga radix odorata»

«ob radices furcatas, dicitur,

Galgen «(der, a latina voce)

Galanga»

97

Medizin und Arzneimittellehre

(STEINBACH, 537); (1741) Galgant «eine art Wurzeln, Galanga Radix - wild Galgan, Cyperus» (FRISCH, 3 l 4 a ) ; (1775) Der Galgant «eine ostindische Pflanze [...]; Maranta Galanga Linn. Ihre gewürzhafte scharfe zusammen ziehende Wurzel wird häufig in den Apotheken gebraucht. Sie heißt auch kleiner Galgant, zum Unterschiede von dem großen Galgante, Kaempferia Galanga Linn. [...]. Eine Art Stickgras [...], und welches in den europäischen Sümpfen wächset, Schoenus Mariscus Linn, wird von einigen deutscher Galgant genannt» (ADELUNG II, 387); (1808) Der Galgant «eine ostindische Pflanze, deren gewürzhafte, scharfe Wurzel als Arzneimittel gebraucht wird (Maranta galanga L.). Sie heißt auch kleiner Galgant; zum Unterschiede von dem großen Galgante, einer andern ostindischen Pflanze, deren Wurzel aber nicht so kräftig ist (Kaempferia galanga L.). Eine Art in Sümpfen wachsendes Strickgrases [...], wird von Einigen Deutscher Galgant genannt (Schoenusmariscus L.)» (CAMPE II, 2 l 4 b ) ; (1977) Galgantwurzel ( D U D E N III). A. SPR: Frz. galanga (13. Jh.); span, galanga (13. Jh.); ital. galanga (14. Jh.).

FEW 19, 61 b ff.; Corom. III, 26 b ; Pellegrini I, 120.

H a r m e l N. f. »Peganum harmala« Arab. > mlat. > dt.

ΕΤΎΜ: Arab. J - ^

Μ = Μ = Μ

harmal n. koll. „Peganum harmala"

(Wehr 250 b ).

[Das arab. Wort entspricht gleichbed. gr. ά ρ μ α λ ά (Dioskurides) > lat. armala. 240],

Schmucker

VS: harmala 'Hermelraute' (DFG., 273'). DT: (1781) Harmel (m.), Harmelkraut (Reuß); (1793) Harmelstaude (Nemnich); (1833) Hermelraute (Holl.); (1913-22) Harmalraute (Warburg). Marzell II.

WB: (1775) Die Harmel «Eine in Ägypten, klein Asien und Sibirien befindliche Pflanze mit zwölf Staubfäden und einem Staubwege; Peganum harmala Linn.» (ADELUNG Ii); (1808) Die Harmel «Eine Pflanze, die zur Raute gerechnet wird, und daher auch wilde Raute, Harmelraute genannt wird» (CAMPE II, 548b); (1877) Harmel f. «eine rautenartige pflanze, Peganum harmala» (DWB1 X, 482). A. SPR: Frz. harmale (1694); span, alharma (1770); engl, harmala (1753). Corom. I, 166a; O E D VI, 1121c. K a m p f e r N. m. »Harz des Kampferbaums (Cinnamonum camphora)« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ΕΤΥΜ: Arab. käfür 'Harz des Kampferbaumes (Cinnamomum camphora)' ist eine Entlehnung aus gleichbed. sanskr. karpQra > prakr.

Das Mittellatein als Vermittlersprache

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kappdra. Eine arab. feminine Form kafOra ist bei Dozy Suppl.I belegt. WKA I; LA 5, I49ff.; Z D M G 50, 650; EI 1 II; Schmucker 610; Dietrich III 24.

VS: Mlat. Camphora (11. Jh.) 'Kampfer': (1076-87) „camphora gummi est cuiusdam arboris in montanis Indie nascentis, quae frigida et sicca est in tertio gradu" (Constantinus Africanus/ M L W Ii); (1151-58) gatlphora (Hildegard von Bingen/ M L W Ii). Älter ist mlat. cafitra (9. u. 10. Jh./ Corom. I). Pfeifer I; Kluge 89, 350b.

D T : Mhd. Möller (1915), 70);

camphora 'Kampfer': camphora haizt campfer (Megenberg/ gaffer, campfer, gampfer, kaffen, koffer (Lexer I). Weitere Be-

lege im DWB 1 XI und Marzeil I.

WB: (1561) Gampher (MAALER, I 5 5 b ) ; (1616) Capher ( H E N I S C H , 585); (1734) Campher ( S T E I N B A C H , 235); (1741) Campher ( F R I S C H , 163 ff.); (1774) Campher (ADELUNG I, 116); (1808) Kampfer (CAMPE II, 881'); (I860) Kampher (SANDERS I, 861 c ); (1907) Kampfer ( W E I G A N D I, 975ff.); (1978) Kampfer ( D U D E N IV). A. SPR: Afrz. cafour (13. Jh.), canfre (1307), camphre (seit 15. Jh.); aspan. cdnfora (1278), span, alcanfor (15. Jh.); it. cänfora (M. Polo); engl. camphor (1313). FEW 19, 77 b ff.; Corom. I, 129 b ff.; Cort. I, 195 b ; O E D II, 813 c .

K u b e b e N. f. »Frucht von Piper cubeba« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ΕΤΎΜ: Arab. i^LS kabäba od. kubäba f. 'Kubebenpfeffer, Steinfrucht des (Piper cubeba)'. (Über Herkunft und Verbreitung: Vgl. Seidel, Islam I, 1 9 1 0 ) .

WKA I, 16 b ; Schmucker 616; Dietrich III 44, Anm. 5.

VS: Mlat. cubeba „Fructus insulae Javae Pharmacopolis notus, haud multum absimilis piperi" (MLW II). Vgl. Du Cange II. D T : Mhd. kubebe 0· Titurel/ Lexer i); ( 1 4 8 2 ) cobebe (Vocabularius theutonicus/ Lexer i ) ; kubeb, kubebin, cobeben, cubeb (Ahd. Gl. 6, 185). ( 1 9 1 3 / 2 2 ) Kubebenpfeffer (Warburg/ Marzeil III, 7 9 3 ) . W B : ( 1 6 9 1 ) Cubebe (STIELER III, 5 a ); ( 1 7 7 4 ) Die Cubebe «Eine Art Gewürz, so dem Pfeffer gleicht» ( A D E L U N G I, 1223); ( 1 8 0 8 ) Die Kubebe «Schwanzpfeffer» (CAMPE II, 1073); ( I 8 6 0 ) Kubebe (SANDERS I, 1041 b ); ( 1 9 0 7 ) Kubebe ( W E I G A N D I, 1162); ( 1 9 7 8 ) Kubebe f. «Frucht eines indonesischen Pfefferstrauchs» ( D U D E N IV). A. SPR: Frz. cubibe (13. Jh.); span, cubeba (1488); ital. cubibe (14. Jh.); engl,

cubeb

(14. Jh.). DDM 215"; Corom II, 262"; Cort. I, 303".

K a r b e N. f. »Feldkümmel (Carum carvi)« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ΕΤΎΜ: Arab. Ljl^S karäwiyä od. i ^ j j i karwiyyä Echter Kümmel oder Feldkümmel (Carum carvi)' aus gleichbed. gr. κ α ρ υ ί α (WKA I, I 6 4 b ) . Diet-

Medizin und Arzneimittellehre

99

rieh, III 55, behauptet jedoch, das oben angegebene griechische Grundwort nicht belegt gefunden zu haben und gibt folgende Ableitung an: gr. κ α ρ ώ var. κ ά ρ ο ς > syt. kärwäyä > arab. karawyä, karawiyä, karawTya. Vgl. Schmucker 625-

VS: Mlat. carvi (11. Jh./ Constantinus Africanus). MLW II; Kluge 89, 536". D T : mhd. karwe, karve (Lexer I, 525); frühnhd. karben. Kluge 89, 356"; Marzeil I, 856ff.

WB: (1734) Karb (STEINBACH 833); (1741) Karbe (FRISCH 50l a ); (1775) Karbe

( A D E L U N G II, 1503); ( 1 8 6 0 )

Karbe

(SANDERS I, 869 a ).

A. SPR: Frz. carvi (1398); span, alcaravea (1400); ital. carvi (14. Jh.); engl,

caraway

(ca 1440).

FEW 19; Corom. I, 1321; Pelligrini I, 188ff.; OED II,

880"ff.

Sennesblätter N.

pl. »Blätter der Cassia acutifolia«

Arab. > mlat. > dt.

Ρ = Ρ = Ρ

ETYM: Arab. L·-. sanä „Cassia acutifolia". D i e Blätter sowie die Früchte dieser Pflanze wurden in der Medizin in Form von Aufgüssen als milde Laxantia verwendet. Dozy Suppl. I, 695 a ; Low. Flora II, 407-409; Dietrich II 115.

V S : Malt,

sene ( 1 2 5 0 ) ,

senna

(13. Jh.).

DFG. 526b; Latham (1965), 432*.

D T : Mhd. sene, sen 'Cassia acutifolia und deren Blätter' (Lexer II, 877): (12. Jh.) sene ist ein loup daz wahst an eim boum (Arzneibuch/DWB1 XVI); senet

(DF.GI. 526 b ). Spätere Belege in DWB XVI u. Mazell I, 862.

WB: (1536) Senetstaud (DASYP.); (1561) Senetbaum (MAALER); (1691) Senet/Senetblätter/Senesblätter (STIELER III, 27*); (1734) Sens!Sensblätter (STEINBACH 58l); (1741) Senes/Senet (FRISCH 264a); (1780) Senesbauml Senesblätter/Senne (ADELUNG IV,433); (1810) Senesbaum/Senesblätter/Senetstrauch (CAMPE IV, 414*); (1909) Sen(n)esbaum (WEIGAND II, 850); (1980) Sennesblätter

(DUDEN V).

A. SPR: Frz. sini (13. Jh.); ital. sina {senna) (14. Jh.); span, sen (1518); engl, senna (1543). FEW 19, 153b; Pelligrini I, 119; Corom. V, 202"; OED XIV, 974".

Sirop

N . m. »dickflüssige Zuckerlösung«

Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ c

Ρ

ETYM: Arab. Sarab m. 1) 'Arzneitrank', wörtlich 'Trank', zum Verbum Sariba 'trinken'. Wehr 642; Dozy Suppl. I. [„Die verschiedensten Pflanzensäfte wurden von den arabischen Medizinern mit Zucker zu Sirup eingedickt und als Heilmittel verwendet. Von ihnen wurde diese Form der Medikamente mit N a m e n dem Abendland vermittelt" FEW 19, 171*].

100

Das Mittellatein als Vermittlersprache

VS: Mlat. syrupus (12. Jh) „Jusculum medicum"; var. syropus, syrupo ( 1 3 . J h . ) ; sirupus, Pfeifer II, 1297*

siropus.

syrup,

Ducange VI-VII; Latham (1962), 473 b ; DFG. 538 b ;

DT: Mhd., Frühnhd. strop, syrop, syrup, siropel ein mehrfach belegter Fachausdruck der Medizin und Pharmazie, der in den allgemeinen Sprachgebrauch überging und bis ins 16. Jh. 'dickflüssige, süße Arznei' bezeichnete: ( 1 2 . Jh.) den weizen syrup, syrup von violen od von rosen (Benecke Ii); ( 1 3 5 0 ) mach rösensirop also, seud rosen in wazzer und tue zucker dar ein, so wirt derlai syropl (Megenberg/Schulz/Basler III, 199); ( 1 4 2 5 ) das er im mache die besten sirupen von krütern und von würzen (Netz/ Lexer III, 940); ( 1 5 9 7 ) syrup zu bereiten ... wann es dann gesotten ist, wie fast bey jedem angezeigt, so setz den zucker oder honig zu (Wirsung, Arzneibuch/DWB 1 XVI); ( 1 7 9 9 ) Syrup aus Gerstenmalz ZU ziehen (Neues Hannover. Magazin/Schultz/Basler III, ebd.); 2 ) 'zuckriger Pflanzenaufguß (zunächst zum Süßen von Arzneien)': ( 1 5 7 9 ) wir haben im verbergendem articul ein solch siruplin bereit, dasz man disz pillule Π wol wird verschlucken können (Fischart, Garg./Schulz/Basler III, ebd.); (Anzengruber) da er etwas fieberte, bekam er einen trank verordent, der schmeckte aber so ganz abscheulich, dasz er ihn nicht nehmen wollte, und der arzt versuchte es, ihm das gebräu durch einen sirup mundgerechter zu machen (DWB1 XVI); (um 1800) Auch hätte man bei mehrerer Muße die scharfen Ingredienzen mit etwas mehr Syrup einwickeln können (Kehrein/Schulz/ Basler III, ebd.). 3 ) 'dickflüßige Zuckerlösung, Melasse' (seit Ende des 18. Jh.s): ( 1 8 0 1 ) Sirup-Zucker- und Branntwein-Fabrikation aus Mangold oder Runkel-Rüben (Zeitung für Naturforscher/Schulz/Basler III, ebd.); ( 1 9 0 5 ) (sirup) [...] dickflüssige zuckerlösung, wie man sie durch einkochen von zucker mit wasser erhält und unrein auch als abfall bei der herstellung von zucker aus Zuckerrohr und runkelrüben als sogenannte melasse gewinnt.' (DWB1 XVI); ( 1 9 8 0 ) Sirup auf dem Brot essen; den Teig mit Sirup süßen (Duden V ) . WB: (1561) Sirup «von honig/ essig/ und wasser eingesotten» (MAALER, 375); (1571) Sirop «Ein gesotten tranck von etlichen zusamen gemischten distilierten wassern/mit zucker gemengt/vnd etwas dick gesotten» ( R O T H , 351b); (1691) Sirup, Syrup m. «Syrupus, liquor medicamentorum» (STIELER III, 27 b ff.); (1734) Sirup m. «Sirupus» (STEINBACH II, 593);(174l) Syrup «Syrapus. [...] von Honig, Eßig und Wasser eingesotten» (FRISCH II, 358 a ); (1780) Der Syrupp «ein mit Zucker zur Honigdicke eingekochter Saft, dergleichen man aus den Decocten oder Aufgüssen vieler Pflanzen, Blumen und Früchte hat» (ADELUNG 4, 890); (1810) Der Sirop «ein mit oder auch ohne Zucker zur Dicke des Honiges eingekochter Saft, dergleichen man aus den Aufgüssen vieler Pflanzen, Blumen und Früchte hat. In engerer Bedeutung, derjenige braune Abgang von dem Zucker in den Zuckerformen, welcher aus der Spitze derselben in ein untergesetztes Gefäß läuft» (CAMPE 4, 454"); (1865) Siropp), Sirup(p) m. «Zuckersaft, z.B. in Apotheken, mit eingemischten Pflanzensäften oder als Umhüllung widerlicher Arz-

Medizin und Arzneimittellehre

101

neien: [...]; bes. aber in Zuckerfabr. der aus den Zuckerformen ablaufende unkrystallisierte Saft» (SANDERS 11,2, 1107c ff.); (1909) Sirup m. «brauner, dicker Zuckersaft; eingekochter Fruchtsaft» ( W E I G A N D II, 873); (1980) Sirup m. «a) zähflüssige, braune, viel Zucker enthaltende Masse, die bei der Herstellung von Zucker bes. aus Zuckerrüben entsteht; b)dickflüssiger, durch Einkochen von Obstsaft mit Zucker hergestellter Saft, der zum Gebrauch meist mit Wasser verdünnt wird » ( D U D E N V ) . A. SPR: Frz. strop (seit Chrestien); ital. sciroppo (1320); span, jarabe (1270, direkt aus dem Arab, entlehnt); engl, syrup (1398). FEW 19, I70 b ff. ; Cort. V, 1159 a f.; Corom. III, 493 b ff.; O E D XVII, 495 b .

Spinat N . m. »Gemüsepflanze (Spinacia oleracea)« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. ^ b l J L I 'isfanäb und 'isfanab 'Spinat (Spinacia oleracea)' (Wehr 25 a ). auch j-UL-l 'isfinag (Siggel 14), j-L.L·-,! 'isbänäb ^ ι · · ; - ΐ 'isbanab (Blachfcre I, 105'), hispanoar. izpinäg (Steiger 1932, 104) ist aus gleichbed. pers. g j L - J aspänag (Vull. I, 89), ispanäg (Steingass 48 a ); äspänäb (Lokotsch 126). Vgl. Schmucker 30; Low Flora I, 35Iff. [Der Anbau dieser Heil- und Gemüsepflanze ist im islamischen Spanien seit dem 11. Jh. belegt. Auch gehen die iberoromanischen Formen des Wortes auf das Hispanoarabische zurück. Die italienische Form ist wahrscheinlich während der Kreuzzüge aus einer arabischen Mundart des Orients entlehnt worden. Vgl. FEW 19, 11*].

VS: Mlat. spinachium (13. Jh./Albertus Magnus) 'Spinat', Var. spinacia, spinacium. D F G . 547 s ; Latham (1965),448 a ; FEW 19,11"; Kluge 89, 687 b ; Pfeifer II, 1326'. DT: Mhd.

Spinät

( 1 2 . J h . ) (Lexer II, 1096). Weitere Belege im DWB 1 XVI und

Nach Kluge 89, 687 b , ist die Endung -t „wegen volksetymologischer Anlehnung an lat. spinetum 'Dorngebüsch' (wohl aufgrund der spitz zulaufenden Blätter [...])" entstanden, nach D W B XVI in Anlehnung an Salat. Neben schriftsprachlichem Spinat besteht eine mundartlich geprägte Form Binätsch, die auf it. spinacia zurückgeht: Vgl. z.B. Binätsch Marzell VI, 449ff.

(Schweiz. Idiot. X. 337); Binetsch

(Fischer Schwab. Wb. V, 1540).

W B : (1691) Spinat (STIELER II, 2093); (1700) Spinat (KRAMER, 869 c ); (1741) Spinat «it. spinaci, [...] auch ein Binetsch, oder Spinätsch» (FRISCH 302 b ); (1780) Spinat ( A D E L U N G IV, 586); Spinat (1810) (CAMPE IV, 526 b ff.); (1865) Spinat (SANDERS II, 2, 1142"); (1865) Spinat ( W E I G A N D II, 9 1 9 ) ; (1981) Spinat (DUDEN Vi). A. SPR: Afrz. espinarde (1391), frz. ipinard (1636); aprov. spinarch (1150); span, espinaca; (J. Ruiz); kat. espinach·, pg. espinafre·, ital. spinaci (14. Jh.).

F E W 19, 11"; Corom. II, 747'ff.; Pelligrini I, 118.

102

Sumach Ν. m.

Das Mittellatein als Vermittlersprache

»Färberpflanze Rhus coriaria«

Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. jL»^ summäq m. 'Sumach, (Rhus coriaria)', geht auf aram. summäqa zurück. Wehr 599 b ; Dozy Suppl. I, 686"; Lokotsch 1946; Schmucker 401; Dietrich I 78; Low Flora I, 200-202. [„Diese Pflanze war zwar im Altertum bereits bekannt und wurde in verschiedener Weise verwendet. Sie scheint aber besonders von den Arabern in Sizilien wieder intensiv kultiviert worden zu sein und sich von da aus verbreitet zu haben. Die Araber verwendeten sie schon in der Medizin. Sizilien, Sardinien und einzelne Teile von Spanien haben jetzt noch namhafte Kulturen davon" F E W 19, 164 b ].

VS: Mlat. sumach „Arbusculae species" ( D u Cange VI, VII). Nach Arveiller (1991, 386), ist das Wort bereits im 12. Jh. in der auf arabischen Quellen beruhenden mlat. medizinischen Literatur als sumach belegt, so z.B. im „Circa instans" des Matthaeus Platearius, im „Liber Serapionis aggregatus" und im „Liber Pandectarum" von Matthaeus Silvaticus. Die Annahme des Mlat. als Vermittlersprache zum Deutschen kann durch die graphische Übereinstimmung des mlat. und dt. Wortes und durch das erste Vorkommen des dt. sumach in einem Arzneibuch begründet werden. Im DWB 1 XX und Duden VI wird das dt. Wort direkt auf das Arab, zurückgeführt. Dies ist jedoch unwahrscheinlich. D T : Seit dem 12. Jh. als sumach 'Färber- oder Gerberbaum' (Lexer Ii) bezeugt. Im 18. Jh. entstand unter dem Einfluß von frz. sumac die Form sumack, die nach DWB 1 XX dem kürzeren Schmack zugrunde liegt: (12. Jh.) nim souch von sumach (Diem. Arzb./Lexer Ii); (1588) nimb gebalgete linsen, granatschelffen, rosen, sumach ... zerstosz und machs mit rosenwasser an (Wasungen, Artzneybuch/DWB 1 XX); (1717) die färber und gerber brauchen eine frembde färbe, welche sumach oder schmack genennt wird (Hohberg, Geogr. Cur./ DWB1 XX); (1791) mancher bäum ... als palme, lorber, cytisus oder sumack ( T h ü m m e l , Reise/ DWB 1 XX). Weitere Belege in Marzeil III.

W B : (1561) Sumach (MAALER 395 b ); (1741) Sumach ( F R I S C H 356 a ); (1780) Der Sumach «ein Baum, welcher zu den Pflanzen mit fünf Staubfäden und drey Staubwegen gehöret, dessen zusammen ziehende Rinde nicht nur gelb färbet, sondern auch statt der Lohe zum Gärben gebraucht wird, [...]; im gemeinen Leben zusammen gezogen Schmack, Smack, sonst auch Färberbaum, Gärberbaum. [...] » ( A D E L U N G IV, 879); (1810) Der Sumach «ein Name des Färber- oder Gerberbaumes (Rhus coriaria L.); zusammengezogen Schmack» (CAMPE IV, 749 a ) (1865) Schmack m. «Name der Pflanzengatt. Rhus, eig. Sumach (arab.), so: Firnis=, Gärber= oder Perükken=, Harz= , Kopal=Schm. (= Schmack, = Sumach) und bes.: ein zum Gerben und Färben dienendes Pulver aus Theilen des Gärbersumachs» (SANDERS II, 2, 969 1 ); (1909) Sumach m., auch Schmack m. «die Pflanze Rhus» ( W E I G A N D II, 109); (1981) Sumach m. «im Mittelmeergebiet, in Nordamerika u. z.T. in Asien in mehreren Arten vorkommender Baum

Medizin u n d Arzneimittellehre

103

oder Strauch mit kleinen, trockenen Steinfrüchten und [gefiederten] Blättern, die zusammen mit den jungen Trieben zum Gerben von Saffianleder verwendet werden» (DUDEN Vi). A. SPR: Frz. sumac (13. Jh.); span, zumaque (922); ital. summacco (14. Jh.); engl, sumach, sumac (ca. 1400). F E W 19, 164 b ; C o r o m . VI, 120; Pellegrini I, 119, 195; O E D XVII,

168'.

Tamarinde N. f. »Baum und Frucht der Tamarindus indica« Arab. > mlat. > dt.

Ρ = Ρ = Ρ

ΕΤΎΜ: Arab, ^ J Ü - » ^ tamr hindl, vulg.-ar. tamar hindl 1) 'Tamarinde, (Tamarindus indica)'; 2) 'Frucht der Tamarinde' (wörtl. 'indische Datteln 1 aus tamr = Datteln, hindl = indisch). Die Früchte der Tamarinde wurden in der Heilkunde als Purgativ verwendet. Schmucker 173; Biachtre I; Lokotsch 2013; C o r o m . V, 395.

VS: Nach Duden VI geht das dt. Wort auf mlat. tamarinda zurück, nach DWB 1 XXI auf ital. span, tamarindo. DT: Die ältesten Belege des Wortes kommen in Reisebeschreibungen vor, die auf italienische Quellen zurückgehen bzw. Übersetzungen aus dem Italienischen darstellen: (1508) Tamarindi ( N e w e Landte/Wis, 8 7 ) ; (1566) Tamerindi (Alvarez/Wis, 8 7 ) . In einem medizinischen Zusammenhang findet sich das Wort etwas später im DWB 1 XXI belegt: (1574) saure datteln oder tamarinden (Ryff, Spiegel der Gesundheit). Andere Belege in Marzeil IV, 571 u. DWB 1 XXI. WB: (1780) Die Tamarinde oder der Tamarindenbaum «ein in den heissen südlichen Welttheilen einheimischer Baum, welcher zu den Pflanzen mit drey Staubfäden und einem Staubwege gehöret, und eine theils saure, theils süßlichere Hülsenfrucht träget, welche in unseren Apotheken gleichfalls unter dem Nahmen der der Tamarinde bekannt ist; [...]. Daher das Tamrinden=Mark, in den Apotheken, das Mark der innern Hülse mit dem Samen in Wasser gekocht und mit Zucker zu einem Muße verdickt» ( A D E L U N G IV, 9 0 7 ) ; (1810) Die Tamarinde/ der Tamarindenbaum «ein großer in Ostindien wachsender Baum, welcher Hülsenfrüchte trägt, deren Mark das Tamarindenmark von den Indern zur Würzung der Speisen und auch in der Heilkunde gebraucht wird (Tamarindus indica L.)» ( C A M P E IV, 7 7 2 ' ) ; (1865) Tamarinde f. «ein indischer Baum und dessen Frucht» ( S A N D E R S II, 2, 1283"); Tamarinde f. «ostindischer Sauerdattelbaum und dessen Frucht» ( W E I G A N D II, 1022); (1981) Tamarinde f. «1. tropischer Baum mit eßbaren Früchten mit breiigem, faserigem Fruchtfleisch, das auch als Abführmittel dient. 2 . Frucht der Tamarinde» ( D U D E N V i ) . A. SPR: Frz. tamarinde (1268 als tamarindi bei M. Polo); ital. tamarindo (1568 bei Mattioli/ 14. Jh. tamerindo bei M. Polo); span, tamarindo (1555).

F E W 19, 180 b ; C o r t . V, 1319 b ; C o r o m . V, 395.

104

Das Mittellatein als Vermittlersprache

Zitwer Ν. m. »Curcuma zedoaria« Arab. > mlat. > dt.

Μ=Μ c Ρ

ETYM: Arab, j l j j j zidwar 1) 'Zitwerwurzel' (Lokotsch 2215), J I J A ^ . gadwär (Dozy Sappl. I, 175 b ; Schmucker (1969), 189), gadwär, zadwär (Siggel 25*), eine Entlehnung des gleichbed. pers. zädwär, Var. gädwär (Steingass 358"). VS: Mlat. zedoarium n. (Kluge 89, 815 a ). DT: Im Frühmhd., mhd. und Frühnhd. in zahlreichen Varianten bezeugt, u.a.: zitwer, zitwar, zitbar und mit auslautendem -n zitwan, zeitwan, zederwin (Lexer II und Marzeil I, 1269). Diesbezüglich schreibt das DWB 1 XXXI: „für sich bleibt im Dt. vom 13. bis in das 17./ 18. Jh. bezeugtes zitwan, frühnhd. auch zitwen mit nasalem Auslaut (Kontamination mit verwandten Bezeichnungen auf -an wie galgan, saffranT). Im Gebrauch hat im Dt. die etymologisch berechtigte r-Form, ausgenommen während des 16. Jh.s., den Vorrang, gestützt durch mlat. zeduarium und formal wie sachlich nahestehendes Ingwer". Neben der überlieferten Bed. 'Zitwerwurzel' erscheint das Wort in metonymischer Übertragung 2) 'Zitwerpflanze' bereits bei Konrad von Megenberg: (1349/50) zeduarium ... haizet zitwar. das ist ain kraut daz weckst in den landen gegen der sunnen aufganch (Buch d. N a t u r / D W B 1 XXXl). Als 'Zitwerwurzel': (1349/50): pei des krautes (Zeduarium) wurzel wehset diu wurz, die wir zitwar haizen (Buch d. Natur/ DWB 1 1 XXXI); Weitere Belege bis zum 20. Jh. im DWB XXXI und Marzeil I. Vorübergehend wurde Zitwer auch auf andere ähnliche Pflanzen übertragen. [„Curcuma zedoaria Roscoe; Kulturpflanze Südasiens aus der Familie der Zingiberazeen; ihr getrockneter, ingwerartiger Wurzelstock (rhizoma zedoariae) wurde während des Mittelalters durch die Araber nach Europa eingeführt und als Arzneimittel und Gewürz viel verwendet", DWB 1 XXXI; F E W 19, 201 b ff.: „Curcuma cedoaria wächst in Indien. Die medizinische Verwendung ihrer Wurzel war den Arabern bekannt. Sie vermittelten auch dem Okzident das Produkt mit seinem Namen"; Marzell I, 1269: „Der Wurzelstock wurde in Europa im Mittelalter vielfach als Spezerei hochgeschätzt". Den Kommentaren zufolge scheint das arab. Wort allein in der Bed. 'Zitwerwurzel' mehrere europ. Sprachen erreicht zu haben. Die Übertragung auf die ganze Pflanze konnte nur im Deutschen festgestellt werden].

WB: (1561) Zittwen m. «zedoria» (MAALER, 523); (1691) Zitwer «zedoaria, radix aromatica» (STIELER II, 2637); (1700) Zitwer, Zetwer m. «[dal Lac.] Zedoria» (KRAMER II, 1470 b ); (1734) Zitwer m. «ein Gewürtze zedoaria» (STEINBACH II, 1098); (1741) Zitwer «zedoaria, [...], eine Wurzel» (FRISCH II, 480 b ); (1786) Der Zitwer «die gewürzhafte Wurzel einer ostindischen Pflanze, und diese Pflanze selbst, welche eine Art des Galgantes ist. [...]. Zitwerwurzel, um die Wurzel von der Zitwerpflanze zu unterscheiden» ( A D E L U N G V, 408); (1811) Der Zitwer «1) eine ostindische Pflanze, deren knollige Wurzel als Heilmittel gebraucht wird (Kampferia rotunda L. Zedoaria); die Zitwerpflanze. 2) (ausgestorben) Wilder Zitwer, ein Name der

Medizin und Arzneimittellehre

105

Zaunrübe (Bryonia alba L.)» (CAMPE V, 877 a ); (1909) Zitwer m. «bittre gewürzhafte Wz., auch die Pflanze selbst» (WEIGAND II, 1334); (1981) Zitwer m. «aromatisch duftendes Kraut mit gefiederten Blättern u. kleinen B l ü t e n k ö p f c h e n » (DUDEN V i ) .

A. S P R : Frz. zddoaire (1090, chitouat)·,

Cedoaria (1537); engl, zedoary (1475).

ital. Zettovaria

(14. Jh.); span.

FEW 19, 2 0 l b ; Battisti V, 4 l l 2 b ; Corom.

II, 14b; OED XX, 798 a .

3.3. Die Alchimie 3.3.1. Zum Gegenstand der Alchimie Alchimie ist die mittelalterliche Form der Chemie. Dabei ging es im wesentlichen darum, mit Hilfe bestimmter Verfahren, Apparate und Präparate „unvollkommene" natürliche Stoffe, hauptsächlich Mineralien bzw. Metalle in „vollkommene", — meist in Gold und Silber - zu verwandeln. Parallel zu einer gelehrten Alchimie lief seit dem Mittelalter (sowohl bei den Arabern als auch später im Abendland) eine Dilettanten-Alchimie einher. W ä h r e n d die gelehrte Alchimie experimentell verfuhr und bei der Suche nach einer „Universalmedizin", der Panacee, auf belangvolle Erkenntnisse stieß, die die moderne Naturwissenschaft vorbereiteten, war die populäre Alchimie auf Gold aus und bot den Betrügern ein breites Betätigungsfeld. Erstere Variante bringt die Alchimie in enge Verbindung mit Medizin und Pharmazie. Viele Mediziner des Mittelalters waren gleichzeitig Alchimisten wie z.B. Rhases und Arnald von Villanova; die Paracelsische Chemiatrie entwickelte sich aus der therapeutisch ausgerichteten Alchimie. Es besteht jedoch ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den genannten Disziplinen und der Alchimie: Es kann von Alchimie allein dann die Rede sein, wenn der praktischen Arbeit des Alchimisten eine leitende, a priori aufgestellte theoretische Anschauung vorausgeht. Diese enge Verbindung zwischen der praktischen Arbeit und der induktiven oder mystischen Spekulation, physica et mystica, ist das markanteste Kennzeichen der Alchimie. Es handelt sich also nicht um eine geistlose Scharlatanerie, sondern um eine naturphilosophische Disziplin, die neben anderen Wissenschaften ihren Bestand hatte. Die heute seit der Aufklärung herrschende Identifizierung der Alchimie mit „Goldmacherei" und „schwarzer Kunst" beruht in erster Linie auf der bereits bei den Arabern heftig kritisierten Reduktion der alchimistischen Betätigung auf das Goldmachen. 1 5 8

158

Vgl. Schipperges (1970), S. 70; Lex.MT I; Die Einstellung der Aufklärung zur Alchimie charakterisiert z.B J. Chr. Adelung mit seiner Schrift: Geschichte der menschlichen Narr-

106

Das Mittellatein als Vermittlersprache

3.3.2. D i e arabische Alchimie und ihre Quellen Die arabische Alchimie nimmt - wie die anderen Wissenschaften - ihren Ausgangspunkt von der Übersetzung griechischer Schriften 1 5 9 . Selbst die arabische Bezeichnung al-kTmiyä' > mlat. alchimia 'Alchimie' (vgl. den Artikel Alchimie) wurde aus dem gr. κυμεία 'the art of casting or alloying metals' 1 6 0 entlehnt. Grundlagen der arabischen Alchimie bilden die in nachchristlicher Zeit (vom 1. bis zum 3. Jh.) verfaßten griechischen Pseudepigrapha sowie die Schriften der historisch gesicherten Persönlichkeit des Zosimos (4. Jh. n. Chr.) 1 6 1 . Die pseudepigraphische Literatur wird unter Namen bekannter Autoritäten wie Hermes, Agathodaimon, Salomon, Moses, Maria und Jesus sowie griechischer Philosophen wie Demokrit, Piaton und Aristoteles aufgeführt. Auch unter Namen von persischen und ägyptischen Weisen wie Zarathustra, Ostanes und Kleopatra wurden hermetische Schriften verfaßt 162 . Während in diesen Schriften gnostisches Gedankengut zum Vorschein kommt, weisen die Werke von Zosimos neuplatonische Anschauungen auf. Im islamischen Mittelalter verbanden sich diese geistigen Strömungen mit den mystischen Spekulationen der sog. „Lauteren Brüder" 163 . Als Anhänger dieser Richtung gilt der bekannteste arabische Alchimist Cabir ibn Hayyän (8. Jh.), der Geber des Mittelalters. Nach ihm „[gehe] das Prinzip der Alchimie aus dem Zusammenwirken der Naturen der Materie [hervor] und man [kann] durch das Wissen von den Gleichgewichtsverhältnissen zu ihrer Kenntnis gelangen" 1 6 4 . Ziel der

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1150

161

162 163

164

heit, oder Lebensbeschreibung berühmter Schwarzkünstler, Goldmacher, Teufelsbanner, Zeichen- und Liniendeuter, Schwärmer, Wahrsager und anderer philosophischer Unholden, Theil I-VII, Leipzig 1785-1789. Zur Geschichte der arabischen Alchimie vgl. GAS IV (1971), S. 3-299; Ulimann (1972), S. 145-266. EI I, 110; Früher wurde das arabische Wort aus aägyp. kamit, kemit - 'Schwärze' oder Kerne [chemi] 'das schwarze Land' = Ägypten, als angenommener Ursprungsort der Alchimie, abgeleitet. Das griechische Wort ist dagegen wahrscheinlich altägyptischer Herkunft. Vgl. Lokotsch 1156; FEW 19, 94; Lex.MT I, 329. Vgl. GAS IV (1971), S. 19: „die ältesten echten griechischen alchimistischen Schriften, die zu den Hauptquellen der Araber gehören, [dürften] von Zosimos, dem H a u p t vertreter der ägyptischen Schule, herrühren"; dazu noch ebd. S. 73-77; Ullmann (1972), S. 160. Vgl. Ullmann (1972), S. 146ff.; GAS IV (1971), S. 31-119. Die „Lauteren Brüder", arab. Ibw3n as-safa', wörtlich „Brüder der Reinheit", sind eine philosophisch-religiöse Vereinigung, die vermutlich um 961/62 in Basra gegründet wurde. „In enger Anlehnung an die Lehren der Ismailiten (schiitische Sekte) und an neuplatonische und neupythagoreische Ideen ging ihr Streben danach, eine Weltanschauung und Lebensregeln zu formulieren und zu verbreiten, die Philosophie und Religion in harmonischer Ergänzung verbinden und den Menschen in seiner doppelten Stellung als individuelle Persönlichkeit und als Glied der Gemeinschaft (umma) der Gnade Gottes näherbringen und sein Heil finden lassen sollten" LAW, 516-517. GAS IV (1971), S. 7. Ausführlich über Cabir und Bibliographie ebd., S. 133-269; Ullmann (1972), S. 198-208.

Die Alchimie

107

Geberschen Alchimie wie auch der Alchimie in den oben genannten Schriften ist die Verwandlung unedler Metalle in vollkommenere, vor allem in Gold und Silber. Hier geht man vom hermetischen Grundgedanken aus, daß die vielfältige Welt eine einheitliche Struktur aufweist, wo der Mikrokosmos dem Makrokosmos entspricht. Die Analogie erstreckt sich aber auf alle Einzelerscheinungen der Natur. In bezug auf Metalle wird das Gold als die vollkommenste Substanz aufgefaßt. Es hat die optimalen Mischungsverhältnisse erreicht, die die übrigen Metalle, welche nur durch akzidentelle Eingenschaften sich vom Gold unterscheiden, erst durch tausendjährige Verwandlung im Mutterleib der Erde erreichen können. Durch den menschlichen Eingriff kann aber dieser Prozeß beschleunigt werden. Dies ist Aufgabe des Alchimisten. Er kann wie Geber durch das Wissen um die Gleichgewichtsverhältnisse der Materie oder wie andere Alchimisten durch den Zusatz eines Elixiers die als erkrankt aufgefaßten Stoffe heilen. 1 6 5 Neben dieser mystisch-esoterischen Richtung findet sich in der arabischen Alchimie auch eine pragmatisch-exoterische Richtung, „die durch Ausweitung einzelner Verfahren, wie etwa der Destillation, die Materia medica bereicherte und dem eigentlichen Transmutationsgedanken eher skeptisch gegenüberstand" 166 . Als Pioniere dieser Alchimie sind Rhases und Avicenna zu nennen. 3.3.3. Zur Rezeption im europäischen Westen Vor dem 12. Jh., d.h. vor dem Beginn der Rezeption arabischer Alchimie, standen dem frühen Mittelalter nur spärliche Fragmente alchimistischen Gehalts zur Verfügung. Diese Fragmente (Rezepte) waren allerdings nicht theoretisch, sondern praktisch-handwerklich ausgerichtet. Es handelte sich um Vorschriften zur Glasherstellung, Metallverarbeitung und Färberkunst. Als solche Rezepte sind z.B. die Compositiones ad tingenda musiva (9. Jh.), die Chedula diversarum artium (10. Jh.) und die Mappae clavicula de efficiendo auro (12. Jh. ?) zu nennen. Der Inhalt dieser Schriften weist auf den griechisch-byzantinischen Raum, woher auch die Araber ihre alchimistischen Kenntnisse schöpften. 1 6 7 Die Vermittlung der islamisch-spätantiken Alchimie an den lateinischen Westen setzte im 12. Jh. ein, ausgehend von Sizilien und Spanien. Dabei spielte die Übersetzungsschule von Toledo mit Gerhard von Cremona als Ubersetzer vom Arabischen ins Mittellateinische eine wichtige Rolle. Gegenstand der Rezeption waren sowohl spekulative als auch praktisch orien-

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Vgl. Schipperges (1970); LW I, 330. Lex.MT I, 332. Vgl. Schipperges (1970). S. 89; Goltz (1972), 182ff.

108

Das Mittellatein als Vermittlersprache

tierte Schriften 1 6 8 . Von den hermetischen Schriften, die mehrfach ins Mittellateinische sowie auch in die einzelnen Landessprachen übersetzt wurden, seien das Tabula Smaragdina, das Turba Philosophorum und das sog. Secretum Secretorum genannt. In der ersten Schrift deutet Hermes Trismegistos auf das „Geheimis der Schöpfung" hin, das zu seinen Füßen die Erde birgt. Der Adept folgt dem Hinweis, gräbt und findet mit seinem magischen Licht in der dunklen Höhle eine Tafel, die über die „Herstellung der Natur" berichtet 169 . Dies ist die Tabula Smaragdina, deren Anfang so lautet: „Wahr, wahr, kein Zweifel daran, sicher, zuverlässig! Das Obere stammt vom Unteren und das Untere vom Oberen. Das Wirken der Wunder geschieht durch Einen, so wie die Dinge aus jener Substanz durch ein einziges Verfahren entstehen" und weiter: „Nach Art der Entstehung des Makrokosmos entsteht der Mikrokosmos. Dies ist mein Ruhm, und deshalb werde ich der dreifach mit Weisheit ausgestattete Hermes genannt" 1 7 0 . Im gleichen Sinn ist auch die zweite Schrift, die Turba Philosophorum konzipiert. Sie stellt eine Art Alchimistenkongreß dar, in dem unter dem Vorsitz des Pythagoras die Grundbegriffe der Hermetik, wie z.B. der Stein des Weisen, diskutiert werden 171 . Die dritte Schrift, Secretum Secretorum (Geheimnis der Geheimnisse) ist ein Pseudepigraph, das Aristoteles zugeordnet wird. In Form von Briefen wendet sich Aristoteles an seinen vertrautesten Schüler Alexander den Großen und lehrt ihn moralische Verhaltensweisen zur alchimistischen Kunst sowie Gesundheitsregeln. Dabei schafft das Traktat in souveräner Weise eine Verbindung zur politischen Weltklugheit und zur Naturphilosophie 1 7 2 . Die genannten Werke (vielleicht außer der Turba) sind im Abendland schon im 12. Jh. rezipiert worden. Zu dieser frühen Periode der Übertragung alchimistischer Werke aus dem Arabischen kann noch der Liber de compositione alchimiae des Robert v. Chester sowie der Liber de aluminibus et salibus (Buch der Salze und Alaune) gezählt werden. Der erstgenannte Liber stellt eine Übertragung des angeblich von tjalid ibn YazTd (einem omayyadischen Prinzen, der sich der Alchimie widmete, dazu GAS IV, 120ff.) im 7. Jh. verfaßten alchimistischen Traktates dar 173 . In dem hier schon oft erwähnten Buch

168 165

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172

173

Vgl. Telle, S. 202ff. Vgl. Schipperges (1970), 83. Tabula Smaragdina ist die Übersetzung des arabischen Traktates kitab al-lauh az-zumurrOdi. Ausführliche Inhaltsangabe bei Ruska (1926), S. 8191; dazu auch Ullmann (1972), S. 170ff.; GAS IV (1971), S. 40, Nr. 14. Ullmann (1972), S. 171. Turba (= Streitgespräch) ist die lateinische Übertragung des arabischen Mushaf al-gama'a (Das Buch der Versammlung), um die Wende des 9. Jh.s zum 10. Jh. verfaßt. Dazu Ruska (1931); vg. auch Ullmann (1972), S. 213ff.; GAS IV (1971), S. 60-65. Das Secretum secretorum = arab. kitab sirr-al-'asrSr (Geheimnis der Geheimnisse), dazu Gätze/ Daiber (1965), S. 75ff.; Ullmann (1972), S. llOff. Vgl. Ullmann (1972), S. 192ff.

Die Alchimie

109

der Salze und Alaune, das nach Ruska (1935, 39ff.) nicht dem Rhases wie man früher annahm — entstammt, sondern einer andalusischen Quelle aus dem 12. Jh., werden die Grundstoffe und ihre Qualitäten, die chemischen Operationen und die dazu gehörigen Apparate aufgeführt. Mit der Rezeption dieses Schriftenkorpus folgt im Abendland seit dem 13. Jh. eine Assimilationsperiode, in der die europäische Alchimie erst zur vollen Entfaltung kam. Alchimistisches Gedankengut arabischer Provenienz fand nun eine breite Aufnahme in die enzyklopädischen Werke des 13. Jh.s sowie in die Literatur. Es sei hier z.B. an den berühmten 'Rosenroman' und seine Weiterführung bei Jean de Meung (um 1270) erinnert 1 7 4 . Mit kritischer Einsicht bezogen Roger Bacon und Albertus Magnus die Alchimie in ihre Summen ein. In seinem Buch Über die Mineralien, so Schipperges, weist Albertus Magnus eine genaue Kenntnis des 'Buches der Salze und Alaune' auf. Auch zitiert er mehrfach die Autoritäten des Hermes, Chalid, Avicenna und den Pharmakologen Ibn öulgul sowie die Tabula Smaragdina17^. Am Hof zu Palermo verfaßte Michael Scotus seinen Liber magistri Miccaelis Scotti, in quo continetur magisterium, ein alchimistisches Werk nach arabischer Tradition. Aus diesem Jahrhundert liegen außerdem lat. Kompilationen des Pseudo-Geber vor, wie z.B. der Liber Gebers de investigatione perfectionis magisterii. Zusammen mit dieser Schrift sowie der Summa perfectionis findet sich in einer Sammelhandschrift zu Florenz auch der Liber Misericordiae, eine direkte Übersetzung des 'kitäb ar-rahma1 von Geber. Das Werk stellt nach Schipperges einen wissenschaftstheoretischen Einstieg in die hermetische Kunst dar 1 7 6 . Das 14. Jh. bringt eine Fülle von Einzeltraktaten und Pseudepigrapha, in denen das hermetische Denken — wie z.B. die Idee von der Beschleunigung der natürlichen Prozesse durch alchimistische Eingriffe - erst zum Durchbruch kam. Als ein solches Traktat, das zugleich ein Pseudepigraph darstellt, ist das alchimistische Traktat „Von der Multiplikation" von Pseudo-Thomas von Aquin zu nennen 1 7 7 . Hier wird die Herstellung des Goldamalgams beschrieben 178 . Das Traktat liegt in drei verschiedenen deutschen Übersetzungen aus dem 16. Jh. vor. 7 9 Gegen die Hermetik und ihr Ziel der Goldherstellung erheben sich aber bald kritische Stimmen. Arnald von Villanova (1240-1311) äußert sich in dieser Hinsicht mit dem Satz, daß „die Alchimisten sich schwer täuschen, wenn sie zwar Substanz und Farbe des Goldes erreichen, nicht aber die

174 175 176 177 178 179

Vgl. Schipperges (1970), S. 94. Vgl. ebd., S. 98. Vgl. ebd., S. 99. Goltz/ Teile/ Vermeer (1977). Ebd., S. 7-53. Ebd., S. 6ff.

110

Das Mittellatein als Vermittlersprache

damit verbundenen Wirkungsweisen" 180 . Arnald von Villanova bestritt aber nicht das Prinzip der Alchimie überhaupt. Er wollte nur, daß unter Gold „nicht das konkrete Metall, sondern das philosophische Prinzip einer Universalsubstanz" 181 verstanden wird. Ähnlich denkt auch Paracelsus, der den alchimistischen Gedanken von der Überführung der prima materia in die ultima materia in den Dienst der Heil- und Arzneimittelkunde zu stellen wußte. Nicht das Goldmachen ist daher die Aufgabe der Alchimie, sondern - wie Paracelsus auf die Frage, was alchimia sei, antwortet: „Ein bereiterin der arznei, die do die arznei rein macht und lauter und gibt sie vollkommen und ganz, das der arzt sein wissen vollendet" 182 . Parallel zu dieser Alchimie mit pharmazeutischem Aspekt bestanden bis in das 18. Jh. hinein die spekulativ-theoretische und eine praktisch-manipulative, auf das Goldmachen ausgerichtete Alchimie. Das Aufkommen der modernen Chemie und die scharfe Polemik vermochten die hermetische Kunst nicht aus dem Weg zu schaffen. Es tauchten nun auch alchimistische Texte in den Landesprachen auf. 3-3.3.1. Die Rezeption im deutschen Schrifttum In deutscher Sprache entstanden seit dem 15. Jh. neben Übersetzungen bedeutender lateinischer Texte, wie z.B. Arnald von Villanovas Fragen über den Stein der Weisen, in dem die alchimistischen Stoffe, Geräte und Verfahren dargelegt werden, selbständige Schriften zur Alchimie 183 . Als solche sind zu nennen z.B. das Buch der heiligen Dreifaltigkeit (1412/ von Frater Almanus; Alchymey teuczsch (1426), das als Arbeitsbuch einer Gesellschaft entstand, die in der Grafschaft Hals tätig war. Im 16. Jh. folgten viele alchimistische Werke, u.a. die anonyme Schrift Püechel genant Splendor solis oder sonnen glantz (um 1550), sie besteht aus 7 Traktaten und ist in der Arkansprache der Alchimisten abgefaßt 184 . Entscheidend für die Verbreitung der medizinisch orientierten Alchimie bzw. Chemiatrie und deren Vokabular in Deutschland war die Gestalt des weltbekannten Paracelsus (1493-1521). Paracelsus gilt neben Luther als Sprachschöpfer des Neuhochdeutschen: „Es gibt kaum einen wissenschaftlichen Autor, der den deutschen Wortschatz derartig erweitert hat wie der im Grenzgebiet der Alchimie und Heilkunst angesiedelte Paracelsus" (Pörksen 1984, 90). Durch Paracelsus wurden folgende Arabismen zum erstenmal ins Deutsche eingeführt oder mit neuen Bedeutungen versehen: Alkali, Alkohol, Elixier (vgl. unten).

180 181 182 183 184

Schipperges (1970), Ebd. Schipperges (1970), Vgl. Buntz (1970), Vgl. Eis (1967), S.

S. 100. S. 108. S. 127. 15.

Die Alchimie

111

3.3.3. Die Transferenzen im Mittellateinischen und Deutschen Die Rezeption der islamischen Alchimie im Abendland ging Hand in Hand mit der Übernahme einer Fülle von Arabismen, deren Zahl weit über derjenigen lag, die aus anderen arabischen Wissensgebieten durch Ubersetzungen in das Vokabular des Mittellateins einging. Diese Uberzahl ist in erster Linie durch den Gegenstand der Alchimie selbst bedingt. Außer Bezeichnungen der zu behandelnden Naturstoffe gehört zum Fachjargon der Alchimisten ein umfangreiches Repertoire an Namen für Geräte, Verfahren und künstlich hergestellte Produkte. Darüber hinaus benötigten die Alchimisten, um das Geheimnis der Goldherstellung zu wahren und die Konkurrenz auszuschließen, unzählige Decknamen für Stoffe und Elixiere; z.B. war der sog. „Stein der Weisen" mit über 600 Synonyma vertreten 1 8 5 . Für die Übernahme zahlreicher Arabismen in die alchimistische Fachsprache des Abendlandes ist der Faktor der Abhängigkeit der europäischen Alchimie von der arabischen von entscheidender Bedeutung. In Zusammenhang mit dem sog. opus magnum, dem Verfahrensprozeß mit dem Endziel der Transmutation und somit der Gewinnung entweder von Gold oder des Allheilmittels, der Panacee, wurde z.B. ein Mittel benötigt, das den arabischen oder den arabisierten Namen al-'iksTr (aus gr. ξ η ρ ί ο ν ) > mlat. elixirium > dt. Elixier trug. Das Elixier wurde auch mit anderen Bezeichnungen versehen, wie Lapis Philosophorum oder Quinta Essentia186. Neben der Elixier-Theorie haben die arabische und europäische Alchimie noch andere Lehren zur Goldherstellung. Diese sind z.B. die Quecksilber-Schwefel-Theorie und die Theorie von den Mengenverhältnissen, die bes. von Geber propagiert wurde 1 8 7 . Zur Herstellung des Elixiers oder zur Verwirklichung anderer Theorien benötigten die Alchimisten mehrere Operationen, die an der Materie vorgenommen wurden. Dazu gehört neben den üblichen Verfahren der Sublimation, Destillation oder Kalzination etc. auch die Amalgambildung. Das arabische Wort dazu ist malgam 'Legierung von Metallen mit Quecksilber' (aus gr. μ ά λ α γ μ α ) > mlat. amalgama > dt. Amalgam (vgl. unten den Artikel Amalgam). Amalgame dienten u.a. der Färbung von Metallen oder der Reinigung des Goldes. 188 Die Alchimisten benutzten zur Ausführung ihrer Operationen eine große Anzahl von Öfen, Geräten und Apparaturen. Aus der arabischen Terminologie für Apparate erreichten folgende Begriffe die europäischen Sprachen: Arab, al-'uläl (aus gr. α ϊ φ ά λ ι ο ν ) 'ein Sublimationsgefäß' > mlat. aludel (12. Jh.) > dt. Aludel (1537/41 bei Paracelsus) 1 8 9 ; arab. 'anbTq

185 186 187 188 189

Schipperges ( 1 9 7 0 ) , S. 70. Vgl. Vgl. Ullman (1972), S. 2 5 7 - 2 6 1 ; LM I, 333; unten Artikel Elixier. Vgl. Ganzenmüller (1938), S. 139; Ullmann ( 1 9 7 2 ) , S. 21. Goltz/Telle/Vermeer (1977), S. 12. Vgl. U l l m a n n ( 1 9 7 2 ) , S. 2 6 5 ; L e x . M T I, 335; M L W I, 524ff.; Frühnhd. W b . I, 9 0 1 .

112

Das Mittellatein als Vermittlersprache

'Helmaufsatz zum Destillierkolben' (aus gr. ά μ β ι ξ ) > mlat. alembicum (12. Jh.) > dt. Alembik (15. JH.) (Vgl. unten Artikel Alembik). Eine genuin arabische Bezeichnung für einen Ofen ist tartnOr > mlat. Athannor 'Ofen für höhere Temperaturen'. 1 9 0 Bis auf die letzte Bezeichnung sind alle hier angeführten Namen griechischer Herkunft. Dies beweist den hellenistischen Charakter der arabischen Alchimie und illustriert - in bezug auf das Arabische als Vermittlersprache zwischen dem Griechischen und den anderen europäischen Sprachen - den an anderer Stelle dieser Arbeit erwähnten Terminus der 'Rückwanderer' in besonderer Weise. Was die Stoffe anbelangt, die die Alchimisten in ihren Prozeduren verwendeten, so erfuhren die Metalle und Mineralien seit Rhases keine wesentliche Erweiterung. Zu den verwendeten Metallen zählten Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Eisen und Blei, zu den Mineralien Quecksilber, Schwefel und Arsenik. Gebraucht wurden auch die sog. Mittelmineralien. Diese sind: Salze, Alaune, Vitriole und das Antimonsulfid. Alle diese Stoffe waren dem Altertum schon bekannt und von Dioskurides und Plinius beschrieben. Daher konnten sich ihre arabischen Äquivalente im europäischen Schrifttum nicht durchsetzen. Dagegen mußten für die von den Arabern in die Alchimie neu eingeführten Stoffe die Namen entlehnt werden. Diese sind z.B.: arab. marqaSTlä 'Schwefelkies' (aus akk. marbaäu) > mlat. marchasita (12. Jh.) > dt. Markasit (16. Jh. bei Paracelsus macasita)m\ arab. tOtiyä 'Zinkoxid' (aus syr. toteyä < pers. düd 'Rauch') mlat. tutia (12. Jh.) > dt. Tutia (1482 als tuttian, tutzi im Voc. theut./ c 35) D F G 3 0 0 c ) 1 9 2 > ; arab. tinkär (vermutlich aus dem Persischen) 'andere Bezeichnung für Borax' > mlat. atincar, tincar (Liber Sacerdum) > dt. Tinkar (1865/ Sanders II 2 ) 1 9 3 ; arab. qily (aus syr. qelyä) 'Pottasche, Soda' > mlat. alcali (13. Jh.) > dt. Alkali (16. Jh./ Paracelsus) (vgl. unten Artikel Alkali)·, arab. kühl 'Antimonsulfid' (aus akk. gublu) > mlat. alcohol (13. Jh.) > dt. Alkohol (16. J h . bei Paracelsus) (vgl. unten Artikel Alkohol)·, arab. bauraq (aus pers. bOräh) > mlat. borax (11. Jh.) > dt. Borax (14. Jh.) (Vgl. unten Artikel Borax). Andere arabische Bezeichungen für Mineralien wie Soda und erreichten das Deutsche über die romanischen Sprachen.

Natron

190

Vgl. U l l m a n n ( 1 9 7 2 ) , S. 2 6 5 .

1,1

Vgl. G o l t z ( 1 9 7 2 ) , S. 2 2 1 , 2 2 4 , 2 2 6 , 2 6 7 f f . , 3 0 5 ; S c h m u c k e r Nr. 7 1 3 ; D u Cange I V V ; Frisch 6 4 1 ; Sanders II 2 , 2 4 1 ; D u d e n I V .

192

Vgl. G o l t z ( 1 9 7 2 ) , S. 2 5 9 f f . ; G r i m m 2 2 ; Frisch 3 9 5 c ; Adelung I V ; Sanders I I 2 . W o r t sollte bis zum 18. J h . in der medizinischen und pharmazeutischen erhalten bleiben

153

(tutia officinarum),

Das

Nomenklatur

Goltz, ebd.

Vgl. G o l t z ( 1 9 7 2 ) , S. 3 0 5 , A n m . 3 3 5 , S. 2 8 1 ; Lüchen ( 1 9 6 8 ) , 9 3 ; R ö m p p s C h e m . Lex. I, S. 4 3 6 f f .

113

Die Alchimie

3.3.4. Lexikographischer Teil

Alchimie

N . f. »Mittelalterliche Form der Chemie«

Arab. > mlat. > dt.

Ρ α Ρ c

Μ

ΕΤΎΜ: Arab. Ί ; . Λ kTmiyä" f., mit Art. al-klmiya', al-kTmiyä 1) 'Kunst der Herstellung von Gold und Silber aus unedlen Erzen' (Alchimie); 2) 'Substanz, mit der die Metallverwandlung bewirkt wird' (Stein der Weisen, Elixier); 3) 'Wissen um die Beschaffenheit der Mineralien und um die Möglichkeit ihrer Verwandlung' (Chemie) geht über syr. kimiyä auf gr. κ υ μ ε ί α 'Chemie' zurück. WKA II, 512ff; LA 6, 444; Dozy II, 514 k ; Wehr 1133 b ; EI 2 .

VS.: Mlat. alchimia (12./ 13. Jh.) '(Kunst der) Metallverwandlung'; 'die Metallverwandlung bewirkende Substanz, Elixier' ( M L W I, 436).; 'medizinisch ausgerichtete Alchimie'. Dt. Alchimie k o m m t nach Kluge aus dem Mlat., nach Duden aus dem Frz.; Pfeifer: „teils über afrz. alkimie, alquemie bzw. über latinisiertes mlat. alchimia, teils unmittelbar über span, alquirnia". D u d e n I; Kluge 89, 19"; Pfeiffer I, 26 a ff. DT: Mhd. alchimie (13. Jh.); zahlreiche Var. im Frühnhd. u.a. Alchamie, Alchimey, Alchimy 'Goldmacherkunst. Schwarze Kunst', k o m m t in sachlicher und literarischer Verbreitung vor: (1271/86) von der alchimien vil/ sie (Bürger der Stadt) haben guotes und richeitj von der astronomien wisheit (Ulrich v. Etzenbach, Alexander, Anh./ D W B 2 I I , 2 5 0 ) ; (um 1426) Alchymey teuczsch (Buchtitel/ D W B 2 , 2 5 1 ) ; (1530) der grosse vater selbst, Mammon, [...] machet durch sein Alchimey aller weit gut aus den selbigen jm newen Testament (Luther/ Frühnhd. Wb. I, 7 5 9 f f . ) . Im N h d . scheint das Wort auch in der Bed. 'Chemie' verwendet worden zu sein, vgl.: (1716) die Alchimie Wissenschafft der Metallen und Mineralien (Ludwig T. Engl. Lex./ DWB 2 II, 2 5 1 ) . Ansonsten bezeichnet nhd. Alchimie 'die mittelalterliche Form der Chemie': (1863) bekanntlich war Alchemie von jeher ein lieblingsstudium der arabischen Philosophen (Kremer, Aegypten/ D W B 2 II, 2 5 1 ) ; (1922) die Achimie hat zwar auch das Gold nicht gefunden, aber sie hat die Chemie geboren (Schleich, Alltäglichkeiten/ D W B 2 II, 251); (Dönhoff) Die Idee vom konventionellen Krieg in Europa ist militärische Alchimie ( D u d e n I). Vgl. die Abi. dt. Alchimist < mlat. alchimista. W B : (1536) alchymei «die kunst metal zu verendere oder zu felschen» (1561) Alchimy (MAALER 13); (1571) Alchumei «dieselbig kunst/ der Verwandlung der Metall/ oder vil mehr ein kunst zu reynigen alle ding damit sie von jhrer jrdischheit außgezogen/ zu der Artzney desto tauglicher werden» ( R O T 289); (1616) Alchimei ( H E N I S C H 39); (1725) Alchimie «Goldmacherei» ( S T E I N B A C H I, 13); (1741) Alchymie «Goldmachekunst» (FRISCH 17); (1774) Alche-, Alchi-, Alchymie; (1860) Alchimie ( S A N D E R S I, ; (1976) Alchimie «(hist.): mittelalterlich, mystisch u. symbolisch verbrämte Chemie; schwarze Kunst, Goldmacherei» ( D U D E N I). ( D A S Y P O D I U S 289);

Das Mittellatein als Vermittlersprache

114

A . S P R : Frz. alchimie ( 1 2 6 5 , alquemie)·, s p a n , alquimia ( 1 2 5 0 ) ; ital. alchimia ( 1 2 5 7 ) ; e n g l , alchemy ( 1 4 . J h . ) . D D M 2 Γ ; Corom. I, 212; Cort. I, 36; O E D I, 3001 a .

Alembik N.

m. »Helmaufsatz z u m

Destillierkolben«

Arab. > mlat. > dt.

Μ - Μ = Μ

Ε Τ Ύ Μ : Arab,

j ^ i

'anbTq m . , m i t A r t i k e l

al-'anblq ' o b e r s t e r T e i l

D e s t i l l i e r g e f ä s s e s , d e r a u f d e n K o l b e n g e s e t z t w i r d ' , ist a u s gr. ά μ β ι ξ

des 'Ge-

Blach^re I, 246ff; EI 2 I, 486".

fäß' e n t l e h n t w o r d e n .

[Der Alembik gehört zu den wichtigsten Geräten, die die Alchimisten zur Ausführung ihrer Operationen benutzten. Während ein mit Schnabel und Rezipient versehener Alembik zur Destillation von Flüssigkeiten (z.B. Rosenwasser) diente, wurden im sog. blinden Alembik (ohne Ansatzrohr) Substanzen entweder gelöst oder festgemacht. Der anbTq wird auf den Kolben aufgesetzt, worunter mittelbar durch einen Kessel oder unmittelbar Feuer angefacht wird. In der Regel bestehen beide Teile des Apparates aus Glas. Das arab. Wort taucht im 16. Jh. in einer Dioskuridesübersetzung auf und entspricht genau dem Wort άμβιξ des gr. Textes. Der Alembik wird außerdem in den verschiedenen Listen chemischer Apparate erwähnt bzw. auch beschrieben, so z.B. in Mafatih al-'ulQm, der ältesten arabischen Enzyklopädie, im Buch der Geheimnisse von Rhases sowie in Gebers Schriften. In den lateinischen Übersetzungen und Schriften alchimistischen Inhalts deckt sich das betreffende Wort mit dem vorgesetzten al- mit dem arabischen Original in Form und Bedeutung. Dazu Wiedemann Z D M G 32, 575ff.; EI 2 I, 486; Ulimann (1972), 265; Siggel 91-100; Ganzenmüller, S. 195ff]. V S : Mlat.

alembicum,

-cus

m.

(12./

13. Jh.)

'Alembik':

„Sublimatur

s p i r i t u s a d a l e m b i c u m " (Anom. Tab./MLW I, 442); „ e l e m b i c c i c u m r o s t r o

[...]

c u c u r b i t a [...] c u m e l e m b i c c o " (Anom. Secret./MLW I, 442); „Si L a p i s p o n a t u r in a l e m b i c o ,

h o c e s t in vase a q u a e b u l l i e n t i s ,

D T : I m F r ü h n h d . b e z e u g t : Elembigk tigkeit/ Alchimia, 125);

( 1 5 . Jh.)

( 1 5 2 0 ) das sie aufsteigt vitriol auff

in alembik den

vom

cucurbit,

oben

(1412/16)

allembic

ambul-

magen

(Buch der Heiligen Dreifal-

(Arnald v. Villanova/ Alchimia,

in das

haupt,

wie

ein

(Paracelsus/ Frühnhd. Wb. I, 768); ( 1 6 1 1 ) setz vnnd fahe

257); ( 1 7 2 8 ) alembicum zeug

cessant ampullae

(Albert. Μ./ MLW I, 442). Frühnd. Wb. I, 768; DWB 2 II, 257.

litianis"

zugedecket

an zu distillirn

wird wird;

der heim

oder

von

einen

alembicum

hut genannt,

damit

ein brennkolben

alembicus

der

distillir-

(Sperander, A la

destillirkolben

(Eger, Tech-

nol. Wb./ DWB 2 I I , 257); ( 1 9 7 2 ) ( i n h i s t . V e r w e n d u n g ) als ich .. das Glas, über

dem

in Mund WB: (1976)

Alembik und

Nase

(1616) Alembik

lag,

etwas

schob,

so daß

mir jene

starken

das

Dämpfe

(Schuder, Paracelsus/ DWB 2 II, 257).

drangen

Alembic

beiseite

der

(Triumphwagen Antimoni/ DWB 2 II,

ein distillirkolben,

Mode-Spr./ DWB 2 II, 257); ( 1 8 8 4 ) alembik,

127);

materia

(Henisch 40);

(1860)

Alembik

(SANDERS I, 20);

(DUDEN I).

A . S P R : Frz. alambic ( 1 4 4 4 ) ; e n g l , alembic

( 1 2 6 5 ) ; ital. alembicco

(13. Jh.); span,

alambique

( 1 3 7 4 ) . DDM, 20"; Cort. I, 34 a ; Corom. I, 104 b ; O E D I, 306 c .

Die Alchimie

Alkali

Ν.

115

η. »basisch reagierende V e r b i n d u n g der

Alkalimetalle«

Arab. > mlat. > dt.

Ρ c Μ Φ Ρ

E T Y M : Arab. ^

qily η. k o l l . , v u l g - a r . qalT, m i t A r t . al-qalT 1)

das aus

der A s c h e v e r s c h i e d e n e r Salzpflanzen g e w o n n e n e Salz, die A l k a l i k a r b o n a t e P o t t a s c h e u n d Soda'; 2 ) 'die Salzpflanzen'. D a s W o r t g e h t e n t w e d e r syr. q e l y ä ' P o t t a s c h e , S o d a ' z u r ü c k o d e r es s t e l l t e i n e A b l e i t u n g a u s

auf qalä

Vgl. Dozy Suppl. II, 401 b ; EI 2 V, 107 b ; Schmucker (1969), 594;

'rösten, braten' dar. b

LA15, 191 ff; Siggel, 60 . V S : Mlat.

alcali,

alkali

(12./

13. Jh.) 'Aschensalz,

Pottasche':

„Alcali

e s t sal e x t r a c t u m " (Du Cange I, 169). Kluge 89, 19b; Pfeifer I, I T . [Es handelt sich um das Kaliumkarbonat (Pottasche) und Natriumkarbonat (Soda) aus der Asche von Salzpflanzen. Der frühe Name dieses Produktes wurde im Lat. cineres clavellati genannt. Im Humanismus tauchte Alcali auch in der Bed. 'Kesselalaun' auf, vgl. z.B. die Berliner Taxe von 1574: „sal alkali id est alumen catinum". Dies ist auf die ähnliche Gewinnungsweise der beiden Substanzen zurückzuführen. In den lateinischen Schriften von Paracelsus wird Alkali auch in erweiterter Bed. verwendet: Es bezeichnet nicht nur 'das aus der Asche von Salzpflanzen gewonnene Salz', sondern 'jedes Endprodukt, das nach dem Alkali-Verfahren (Verbrennen, Auslaugen und Abdunsten von Stoffen) hergestellt wird'. So zitiert Goltz u.a. ein Paracelsus-Rezept, das mit „Modus extractionis alkali" überschrieben ist, jedoch kommt darin kein alkali vor. Goltz folgert: „Da Paracelsus unter alkali einen bestimmten chemischen Vorgang und sein Produkt versteht, konnten auch sauer reagierende Verbindungen unter diesen Begriff fallen, somit also das Gegenteil dessen, was man heute darunter versteht." Die moderne Definition des Wortes 'Stoffe mit basischen Eigenschaften' schuf van Helmont (1579 - 1644), der die Entdeckung machte, daß Alkali Säuren neutralisiert. In dieser Hinsicht geht die heutige Bed. von dt. Alkali nicht — wie Weimann behauptet - auf Paracelsus zurück. Vgl. Goltz (1972), 234-238; Weimann, Paracelsus, 386]. DT.:

Seit

darvoti

(von

(1793)

alkali

16. Jh.

einem

belegt:

kraut),

laugensalz

deutungserweiterung:

'Aschensalz.

das mortificirt

3)

Laugensalz':

( 1 5 2 5 ) das

alkali

(Paracelsus/ D W B 2 II, 273);

all dolores

(Nemnich, Polyglotten - Lex./ DWB 2 II, 274). M i t

Be-

'basisch reagierende L ö s u n g der H y d r o x y d e

und

K a r b o n a t e der A l k a l i m e t a l l e b z w . diese H y d r o x y d e u n d K a r b o n a t e (1700)

er

zusammen würde

(ein

mediziner)

und

brachte

satzte

es [...]

die

dahin,

flüchtigflüchtigsten daß

[...]

der

(Ettner, Apotheker/DWB II, 273). ( 1 8 7 6 ) alkali

zu dem

ausdrucke

welche

bei höherer

flüchtiges temperatur

Wb./ DWB2 II, 274); ( 1 9 8 3 ) stanzen,

deren

alkali

Lsg.

mit

gebräuchliche

(nieren)stein fixes

Alkalien.

Nicht

alkalische

exakt

III, 98). 4 ) ' a n d e r e B e z . f ü r A l k a l i m e t a l l e ' : ( 1 9 4 1 ) alkalien den

(Bubnoff, Erdgesch./ D W B 2 II, 274); ( 1 9 6 4 )

elemente

alkalien

kalium,

bezeichnet

natrium

und

lithium

oxyde die

stark

werden

als

im

gegensatze alkalien,

(Karmasch, Techn.

abgrenzbare zeigen

alcalia disolvirt

für jene

erweisen

Reaktion

selbst':

fixen [...]

ist eine

bezeichnung

sich als feuerbeständig

Wasser

und

Bez.

für

Sub-

(Römpps Chemie Lex. der

erdalkalien

basisch alkalimetalle

und reagierenoder

(Lex. Holztechnik/ DWB 2 II, 274).

[Zur Paracelsischen erweiterten Bed. vgl.: (1527) Alkali. [...] merkent auf das alkali, die aus allen stucken werden, von der eschen so do gebliben, das du die selbigen extrahirest (Sudhoff, Paracelus/ Frühnhd. Wb. I, 777). In ähnlicher Verwendung (1612) alcali [...] saltz auß aller

116

Das Mittellatein als Vermittlersprache

gebrandter malen aschen oder kalck gezogen, welches eigentlich in einem jeden ding [...] ist vorhanden, mag genennet werden aschensaltz, kalcksaltz (Ruland Lex. 26)].

WB: (1860) Alkali «die basischen Bestandteile der Salze im Ggs. der Säuren, meist von laugenhaftem Geschmack.» (SANDERS I, 20c); (1907) Alkali n. «das (aus der Pflanzenasche gezogene) Laugensalz» (WEIGAND I, 38). (1973) Alkali «a) ätzende Verbindung eines Alkalimetalls mit einer Hydroxylgruppe; b) Karbonat eines Alkalimetalls» ( D U D E N I). A.SPR: Engl, alkali (1386); frz. alcali (1509); span, alcali (1555); ital. alcali (16. Jh.). O E D I, 223°; BW, 17"; Corom. I; Battisti, I.

Alkohol N. m. »Weingeist« Arab. > span. > mlat. > dt.

Ρ = Ρ c Ρ

ΕΤΥΜ: Arab. kühl > hispanoar. (al-)kuhul m. 1) 'Mineralname für Antimonsulfid (Schwefelantimon, Grauspießglanzerz, Grauspießglanz, Antimonglanz) und Bleisulfid (Schwefelblei, Bleiglanz)', hier Syn. mit ilmid (lat. stibium)·, 2) 'Bezeichnung für den pulverisierten ilmTd sowie für jedes schwarze Pulver, das als Augenschmincke verwendet wird'; 3) (Heilkunde) 'Augenkollyrium in Form eines feinsten Pulvers (meist aus Schwefelantimon oder Schwefelmetall) oder als Salbe'; 4) (Alchimie) 'Feinstes, zu zartestem Pulver Verriebenes', meistens handelt es sich hier um zu Staub reduzierten Antimonsulfid oder Bleisulfid zum Machen oder Färben von Gold und Silber, kühl ist etymologisch verwandt mit kahal 'natürliche Schwärze der Augenlider', kahll 'schwarz gefärbt' und 'akhal 'schwarz' und stammt ursprünglich aus akk. guhjlu 'Kosmetikum zum Färben der Augenlieder'.

WKA I, 71 b ff.; LA 11, 584; Dozy Suppl. II, 446'ff.; Siggel, 86 b ; EI 2 V, 356'ff.;

Steiger (1932), 263; Schmucker (1969), 623; Goltz 1972, 79ff.; 238ff.; Lippmann (1919) I, 629ff.; II, 37ff.; III, 31ff.

VS: Mlat. alcohol (13. Jh.), Var. alcofol, alcol, alkool·. 'Ein Mineral: Antimonsulfid; Bleisulfid; metallisches Antimon' (13. Jh.): „de plumbo alcofoli" (Pseudo-Avicenna/ MLW I, 438); (1583) „Alcofol [...] est stybium siue antimonium" (Dorn/ Goltz 1972, 239); 'feines Pulver als Augenheilmittel, Kollyrium': (13. Jh.): „Kohol vel alkohol et ut vulgare kaor arabice omnis medicina ocularis: ita quod antimonium apud eos proprietatem quam habet ad oculos cohol vocant: quamvis proprio nomine artinach vocetur collirium vero proprie sief est" (Clavis sanationis/ Goltz 1972, 239); (1336) „Alcohol, i. puluis subtilissimus ad oculos" (Matthaeus Silvaticus/ Arveiller 1983, 348ff.); (1524) yjilcohol omnis pulvis ad medendos ocolus" (Nicolaus, Isagogium/ Goltz 1972, 239, Anm. 81); 'ein sehr feines Pulver' überhaupt. Es fehlen mlat. Belege für diese Bed., die erst im Humanismus aufkam, aber auf den Einfluß der arabischen Alchimie zurückzugehen scheint: (1524) „lithargyri triti sicut alcohot' (Nicolaus, Isagogium/Goltz 1972, 239); (1583) ,Alcol, aliquando scriptum alcool, vel alcohol, est pulvis in minutissimum pollinem factus"

Die Alchimie

(Dorn/ Goltz 1972, 239, Anm. 82). (1250) zurück

117

Das mlat. Wort geht auf span, alcohol, alcofol

(Corom. I, 135 b ; D H E II, 202 a ). Kluge 89, 19-20; Pfeifer I, 27*ff.

D T : Frühnhd. alkool, alcool, alcohol ist erstmals bei Paracelsus als 'feinstes Pulver' belegt und von ihm, zunächst in der erweiterten Bed. 5) 'feinste Substanz eines Dings, Quintessenz' verwendet dann auf 6) 'Weingeist, alcohol vini' metonymisch übertragen. Entgegen Hiersche 57ff., Pfeifer 27 b und D W B 2 II, 275 ist nach Cort. I, 36 a ff. die Bedeutungserweiterung von Alkohol zu 'Essenz eines Dings' nicht schon im Hispanoarabischen, sondern — ebenfalls wie die Bed. 'Weingeist' - erst durch Paracelsus erfolgt. Die Bed. 'feinstes Pulver' und 'feinste Substanz' kommen in den Belegen häufig nebeneinander vor: (1525) dan das pulver ist der stein art und das wasser der gewülk art, [...] das es der namen hie teilet, das tut die form und nicht die natur und eigenschaft [...] dan ein ieglichs gibt sein alkool (Paracelsus/ DWB 2 II, 275ff.); alko(f)ol 'Pulver von feinstem Korn'; Puder (Frühnhd. GL, 7b); (1712) alcohol, alcul, vel alcool, ist die von ihrer unreinigkeit abgesonderte reine substantz, oder eine (!) durch chymische arbeit zuweg gebrachtes sehr subtiles und gleichsam unbegreifliches pulver (Marperger, Natur-Lex./DWB 2 II, 276); (1856) alkohol [...] (unfühlbares pulver) (Mozin W b . 3, 54 c ). Belege zur Bed. 'Weingeist. Äthanol': (1527) wesch es und ubergeuß alcohol vini, laß aber digerirn auf acht tag (Paracelsus/ Frühnhd. Wb. I, 778); (1612) alcoholvini [...] ein rectificierter distillirter wein, der sauber außbrennt, wenn er angezündet wird (Ruland Lex. 27); (1712) alcohol, acul, vel alcool [...] ein solcher rectificirter geist, der, wenn er angezündet wird, gleich brennet, biß er gantz verzehret ist (Marperger, Natur-Lex./ D W B 2 II, 276); (1863) die füllung dieser thermometer besteht [...] aus alkohol und quecksilber (Dub, Anwendung/ DWB 2 , ebd.); (1989) schließlich wird Ethanol umgangssprachlich als „Alkohol" schlechthin bezeichnet (Römpps Chemie Lex. I, 106ff.). In metonym. Übertragung wird das Wort als 7) 'Weingeist enthaltendes Getränk' verwendet: (1852) dass man [...] alle bei säufern [...] vorkommenden schmerzhaften leiden [...] für directe folgen des missbrauchs des alkohols halten soll, (Huss, Alkoholskrankheit/ DWB2 II, ebd.); (1981) (er hatte) keinen Vorrat an spirituosen zu hause, und so früh wurde kein alkohol ausgeschenkt (Fühmann, Saiäns-Fiktschen/ DWB2 II, ebd.). In der chemischen Fachsprache erhielt das W o r t die Bed. 8) 'organische Verbindung mit Hydroxylgruppen' (oft im Plural)': (1876) mit dem namen alkohole bezeichnet man eine gruppe organischer körper, die neutral reagiren, mit säuren unter austritt von wasser sogenannte aether geben (Karmasch, H. techn. Wb./ DWB2 II, 277); (1989) Alkohole. Gruppenbez. für Hydroxy-Deriv. von [...]. Kohlenwasserstoffen (Römpps Chem.Lex., ebd.).

W B : (1616) Alcool «das subtilest eines jeden dings / und ein jedes Puluer oder staub / als alcool vini, der brantwein / aqua vitie rectificata, Alcool ossium granatorum, das Puluer von den granatkernen / wirt also genant von dem Arabischen Articul Al und cohol / welches aptare, comere, prjparare, zu bereiten bedeut» ( H E N I S C H , 40); (1860) Alkohol m. «Wasser-

118

Das Mittellatein als Vermittlersprache

freies Weingeist» (SANDERS I, 2l a );(1909) Alkohol n. u. m. «der reinste Weingeist» (WEIGAND I, 38); ( 1 9 7 6 ) Alkohol m. «1. (chemie) eine organische Verbindung mit einer oder mehreren Hydroxylgruppen. 2. a) brennbare, brennend schmeckende, desinfizierende Flüssigkeit: Bestandteil alkoholischer Getränke; Äthylalkohol, Weingeist, Spiritus; b) Weingeist enthaltendes Getränk» (DUDEN I). A. SPR: 'feines Pulver': Frz. alcool ( 1 3 7 0 ) ; ital. dlcool ( 1 6 . Jh.); engl. alcohol ( 1 5 4 3 ) . 'Weingeist': Frz. alcool ( 1 6 2 0 ) ; ital. dlcool ( 1 7 3 2 ) ; span. alcohol ( 1 7 8 6 ) ; engl, alcohol ( 1 6 7 2 ) . Letztere Bed. ist bekanntlich durch Paracelsus in die internationale chemische Terminologie eingegangen. Arveiller 1 9 8 3 , 3 4 8 - 3 5 4 ; F E W 19, 98'ff.; O E D I, 3 0 0 c ; C o r t . I, 36'ff..; C o r o m . I, 1 3 5 b ; W e i m a n n , Paracelsus,

376.

A m a l g a m N. n. »Legierung eines Metalls mit Quecksilber« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ

c

Ρ

E T Y M : Arab. f i l . malgam m., mit Artikel al-malgam 1) 'jede schmelzende Substanz, wie Gold u. ähnl., die mit Quecksilber vermischt wird' (LA 12, 532'), also 'Legierung von Metallen mit Quecksilber' ist ein terminus technicus, der zurückgeht auf gr. μ ά λ α γ μ α η. 'Erweichungsmittel, bes. in bezug auf Heilpflaster; weicher Körper', zu μ α λ α κ ό ς 'weich, zart, weichlich, zart, schlapp' (Frisk II, 1 6 5 ) ' . Zwischen dem gr. und dem arab. W o r t wird syr. mälägmä angenommen. W K A II, 9 0 1 f f . ; Ruska ( 1 9 2 4 ) II, A n m . 4 , 7 2 ; Lokosch

1378.

[Andere etym. Vorschläge zu

Amalgam

wie

amal al-$amä

' D u r c h f ü h r u n g der Vereinigung'

( F E W b 19, 3 ff.) 2 , gama'a Versammlung, Vereinigung (von M e n s c h e n ) ' ( C o r o m . I, 2 3 0 k ö n n e n weniger Wahrscheinlichkeit beanspruchen, zumal sowohl gr.

mdlagma

ff)

als auch arab.

mal&am in alchimistischen Schriften beider Sprachen bezeugt sind 4 . Auch semantisch bietet die Herleitung aus gr.

μάλαγμα

„weicher Körper" keine Schwierigkeit, da Amalgame an

sich nichts anderes sind als eben weiche Massen, die durch die Auflösung des Metalls in Q u e c k s i l b e r entstehen und dadurch leicht bearbeitet werden k ö n n e n . In der alchimistischen Prozedur stellte die Amalgambildung eine der Grundoperationen im Verfahrensprozeß „zur G e w i n n u n g von Edelmetallen" dar. Andererseits waren G o l d - und Silberamalgame die Basis der Amalgamation, der Gewinnung von G o l d und Silber aus deren Erzen. In der am Handwerk orientierten Alchimie dienten Gold-Amalgame zur Färbung unedler Materie, zur sog. Feuervergoldung und zur Herstellung der Goldschrift. Minderwertige Amalgame wurden zur Verfertigung von Spiegeln verwendet. Vgl. Ruska ( 1 9 2 6 ) , 3 0 f f . ; U l i m a n n ( 1 9 7 2 ) , S.

264;

Kunitzsch ( 1 9 7 2 ) , S. 5 4 0 ; Lex. Μ Α I, 5 0 8 ; Römpps C h e m . L e x . I, 1 4 2 . ; Goltz/Telle/ Vermeer (1977),

47ff.].

VS: Mlat. amalgama n. ( 1 3 . Jh.) 'Quecksilberlegierung, Amalgam': „accipe uncias V boni auri foliati et fac amalgama cum IV unc(iis) Mercurii ... et super ipsum amalgama pone octavam partem uncie salis alkali" (Geber. C l a r . / M L W I, 5 3 2 f f . ) . Kluge 8 9 , 2 3 b ; Hiersche 8 3 ; Pfeifer I; M L W I,

532ff.

D T : Seit dem 16. Jh. bezeugt, bis zum 19. Jh. auch in der lat. Schreibung vorhanden. Als 'Quecksilberlegierung': ( 1 5 4 0 / 6 0 ) Wan unser werck allein auss dem mercurium unnd kein ander sach gemacht wirft, so wil ich

119

Die Alchimie

kurtz sagen, wie man ein amalgama machen soll (Alchim. Traktat, 131); ( 1 5 7 4 ) Gold/Silber-Amalgam (Fischart, Onomastica/Hiersche 84); (1594) Amalgam (Rosenfeld DWG/ Hiersche 84). Vgl. dazu Frühnhd. W b . I, 9 1 0 f f . ( 1 8 1 4 ) Der Quecksilber-Minen zu Muschel-Lands-berg erwähnte man gleichfalls .. man faßte Hoffnung, schönes krystallisirtes Amalgam von dorther zu erhalten (Goethe, Sanct Rochus-Fest zu Bingen/Goethe Wb.l, 440). 2) (flg.) ' G e m i s c h von heterogenen D i n g e n , Vereinigung', durch G o e t h e ins D e u t s c h e eingeführt (vgl. Hiersche 84): (17. 3. 1798) eine gewisse Mittelgattung von Dramen .. das Heitere neben dem Tristen .. allein beides ist alsdann nicht auf seinen höchsten Gipfel geführt, sondern zeigt sich mehr als eine Art von Amalgam (Goethe, Brief an Schiller/ Goethe Wb. I, 440ff.); (1796) Das Amalgama (hier Titel eines Gedichtes) Alles mischt die Natur so einzig und innig, doch hat sie/ Edel- und Schalksinn hier, ach! nur zu innig vermischt (Goethe, Xenien/Goethe Wb. 440ff.); ( 1 9 5 5 ) Sein Denken ist ein Amalgam aus Positivismus und historischem Materialismus (Adorno, Prismen/Duden i). 3) Amalgam 'kurz für Amalgamfüllung'. Vgl. die Abi.: (1529) amalgamieren (Paracelsus/Frühnhd. Wb. 1, 911) nach mlat. amalgamare (13. Jh.); ( 1 7 9 0 ) Amalgamation (Goethe/ Goethe Wb. I, 44l); Amalgamierung (Duden I). Z u s . : Amalgamfüllung 'Zahnfüllung aus Silber- oder K u p f e r a m a l g a m ' (Duden I). W B : (1793) Das Amdlgama «eine M i s c h u n g des Q u e c k s i l b e r s mit einem andern verbundenen Metalle' (ADELUNG I, 243ff); ( 1 8 0 1 ) «id.» (CAMPE llO b ); (1860) Amalgäm m. « D a s Q u e c k s i l b e r verbindet sich mit den meisten Metallen; diese V e r b i n d u n g e n nennt man A m a l g a m e [Verquickungen, Quickerz]. D a n a c h auch die innige V e r b i n d u n g und D u r c h d r i n g u n g zweier Stoffe» (SANDERS I, 27C); (1907) Amalgam n. «die chemische V e r b i n d u n g von Metall mit Q u e c k s i l b e r zu einer weichern Metallmasse; (bildlich) Gemenge durch Verbindung» (WEIGAND I, 48). A. S P R : Frz. amalgame (1786);

engl,

amalgam

( 1 4 3 1 ) ; ital. amalgama

(1471).

( 1 6 1 2 ) ; span,

amalgama

F E W 19, 3 b ; Cort. I, 4 4 b ; C o r o m . I., 2 3 0 b ;

OED

I, 376 c . 1) Durch die Arabisierung des gr. Wortes wurde malgam als alchimistischer T e r m i n u s homonym mit dem sonst klass.-arab. malgam 'vom Schaum bedeckte Stelle des Kopfes (eines Kamels); Lefzen, Maul' zu lagama 'Geifer, Schaum ausstoßen; eine unsichere Nachricht verbreiten', wobei ein Einfluß des genuin arabischen Wortes auf die griechische Entlehnung durchaus möglich ist. Vgl. Ruska ( 1 9 2 4 ) II, A n m . 4, S. 7 2 ; LA 12, 5 4 5 f f . ; W K A I I , 896ff. 2) Hier greift Wartburg auf Devic, 9 zurück, der von 'amal al-$am'a das Werk der Vereinigung', zur Wz. §-m-' verbinden, fleischlich vereinigen' und amal 'Werk' ausgeht, mit dem Verweis darauf, „daß die Amalgamierung des Quecksilbers mit Metallen in den alchimistischen Traktaten oft mit der fleischlichen Vereinigung, dem Coitus, verglichen wird" ( F E W 19, 3 b ). 3) Corominas führt die Verwandlung gama'a > amalgama auf Dissimilation und Metathese zurück, wobei die frz. Varianten algamala, alguamala, algamana, almagala (bei Rabelais) als Vorstufen zu amalgama betrachtet werden. 4) Z.B. findet sich ein gr. Beleg für μ ά λ α γ μ α an einer Stelle der hermetischen Lehrschrift Zosimos an Theosobia. Ruska ( 1 9 2 6 ) , 31, gibt die Stelle ausschnittweise in deutscher Über-

120

Das Mittellatein als Vermittlersprache

Setzung wieder: „ D a ß auch das Malagma, von unserem Kupfer gelb gefärbt, an seiner Statt (statt des aus Kupfer hergestellten Rosts) wirkt, doch weniger". Im W K A II, 9 0 1 , wird ein Beleg für malgam 'Amalgam' aus der arabischen Fassung des Zosimos an Theosobia aufgef ü h r t . Es folgen andere Belege für malgam, die Schriften b e r ü h m t e r arabischer Alchimisten e n t n o m m e n worden sind. Außerdem k o m m t hier sowie in U l i m a n n 1972, 264, malgam in n o m i n a l e n Ableitungen der Form talglm, Hgäm 'Amalgamierung' o f t vor.

Borax

N. m. »borsaures Natrium«

Arab. > mlat. > dt.

Ρ c Ρ c

Μ

ETYM: Arab, j j ^ bauraq u. büraq zu pers. »j^. büräh 1) 'borsaures Natrium', das auch mit dem Namen tinkdr versehen wurde. Im arabischen Schrifttum (z.B. in Rhases Propädeutik) weist bQräq sämtliche im Mittellateinischen wiederkehrenden Bedeutungen auf (vgl. unten). Blachere 1; S c h m u c k e r (1969),

153; Goltz 1972, 248ff.; W i e d e m a n n

1970, I, 6 9 8 u. 709.

VS: Mlat. borax (11. Jh.), eine in Alchimie, Mineralogie und Pharmazie des Mittelalters mit stark voneinander variierende Schreibungen (baur-, bort-, -ac(h), -ag, -as, -za, -ga, -xium) verwendete Bezeichnung für mehrere Mineralien, u.a. 'borsaures Natrium', hier Syn. mit (a)tincar = Tinkar. (12./ 13. Jh.) „atincar, id est boraga" (Liber S a c e r d o t u m / M L W I, 1538); (13. Jh.) „Tincar ara. borax quod capistrum auri dicitur eo quod cum ipso aurifabri aurum auro consolidant" (Clavis sanationis/ Goltz 1972, A n m . 335, S. 281); 2) 'ein Baumharz': (12. Jh.) „borax calida est et sicca [...]; est [...] gummi cuiusdam arboris nascentis in transmarinis partibus" (loh. Platearius, simpl. m e d . / M L W I, ebd.); 3) 'Krötenstein': (13. Jh.) „borax [...] lapis est, qui ita dicitur a buffone, quod in capite ipsum portat" (Albertus Magnus, mineralia/ M L W I, 1539). Kluge 89, 98"; Pfeifer I, 159'. [Außerdem wurde Borax mit Natron und Salpeter gleichgesetzt. Im H u m a n i s m u s ü b e r t r u g m a n den gr. N a m e n chrysocolla auf borax, weil erstere Substanz vor der Bekanntschaft mit d e m arab. Borax (dem heutigen Borax) als G o l d l ö t m i t t e l (wozu Borax u.a. gebraucht wurde) bei Dioskurides u n d T h e o p h r a s t a u f t a u c h t . Da Chrysocolla jedoch etwas anderes bezeichnet als Borax, hat m a n , u m das N o m e n k l a t u r p r o b l e m zu b e h e b e n , zu sprachlichen U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l e n gegriffen. Aus der Berliner Taxe von 1574 z.B. geht folgendes hervor: „Chrysocolla nativa vulgo viride m o n t a n u m / Berckgrün/ Schiffergrün. Chrysocolla liquida nativa/ Flissend berckborras. Chrysocolla factitia, vulgo Borax/ Borras" (Goltz 1972, l 4 5 f f . ) . Das W o r t w u r d e erst im 17. J h . auf das borsaure N a t r i u m festgelegt u n d gab im 19. J h . d e m Bor u n d seinen V e r b i n d u n g e n den N a m e n . Dazu R ö m p p s C h e m i e Lex. 1, 474ff.].

D T : Bereits im Spätmhd. und Frühnd. in den oben angegebenen Bed. rezipiert: 'bosaures Natrium': (1. H. des 15. Jh.s) buras, purras (Des teufels netz/ Lexer III); borax (Paracelsus/ Goltz 1972, S. 3 7 2 ) ; (1562) Boraß (Matthesius Sarepta/ W e i g a n d I); (Vgl. den oben angegebenen Beleg von 1574); (1632) Boracis seu Chrysocollae factitiae - Borras/ Goldschmidt Borras (Taxe W i t t e n b e r g / Goltz 1972, A n m . 154, S. 2 5 0 ) ; borax (Paracelsus/ G o l t z 1972, 3 7 2 ) ; Borax (Mitscherlich u n d K a r m a s c h / Sanders I, 1 8 9 ' ) . Bed. 'Baumharz': (14. Jh.) boras·, eine Gummiart (Althd. W b . I); (583) Baurach: Ist ein Geschlecht des Nitars/ welches aus dem

Die Alchimie

121

Baum [...] gesotten wird (Thurneysser, Onomasticon/ Goltz 1972, Anm. 142, S. 2 4 8 ) . Bed.: boras, buraß, buras craden steyn (= Krötenstein) (DFG. 79a). W B : ( 1 6 9 1 ) Burras/ Borras « Chrysocolla» ( S T I E L E R III, 3 b ); ( 1 7 4 1 ) Boraß, Borax «chrysocolla nativa und chrysocolla factitia» ( F R I S C H l l 9 b ) ; ( 1 7 7 4 ) Borax «1) Borax, sal Tincal; 2) Berggrün; 3) [...] die Metallarbeiter [pflegen] alle künstlichen Zusammensetzungen, welche den Fluß der Metalle befördern, mit diesem Namen zu belegen, weil der eigentliche Borax diese Eigenschaft in einem hohen grade besitzt.» (ADELUNG I, 1012); (1807) Borax (CAMPE I, 5 9 3 ) ; (1860) Borax «borsaures Natron, ein beim Gießen vieler Metalle so wie beim Löthen viel gebrauchtes Salz (vgl. Tinkai)» (SANDERS I, 189'); (1909) Borax «die natürlich vorkommende Verbindung der sogenannten Borsäure mit Natron» ( W E I G A N D I, 267ff.); (1976) Borax «in großen Kristallen vorkommendes Natriumsalz einer Borsäure» (DUDEN I). A. S P R : Afrz. borac (1270), borax ( 1 6 8 0 ) ; engl, borax ( 1 3 8 6 ) ; span. borace ( 1 4 3 8 ) ; ital. borace (1484). F E W 19, 32 a ff. ; O E D I, 410 a ; Corom. I, 6 2 3 ' ; Cort. I, 155 b .

Elixier

N. n. »Heiltrank; Lebenssaft«

Arab. > mlat. > dt.

Ρ c Ρ c

Ρ

E T Y M : Arab. VI al-'iksir 1) (Med.) 'Streupulver zur Heilung von Wunden u. Augenkrankheiten', entlehnt aus gr. ξ η ρ ί ο ν 'trockenes Heilmittel', zu ξ η ρ ό ς 'trocken'; 2) (Alchim.) 'Mittel zur Metallverwandlung, Stein der Weisen', eine Bedeutungsübertragung, die bereits im 10. J h . bei den arabischen Alchimisten zustande kam. EI2 III, 1087bff.; Ulimann (1976), 257ff.; Blachere I, 163"; Wiedemann (1970) I, 719ff.

V S : Mlat. elixir(ium) (12./ 13. Jh.), in alchimistischen Texten, in Bed. 2) belegt: ( 1 2 8 0 ) „de quodam elixyr alkymico quo metalla convertuntur" (Albertus Magnus, Liber de animalibus/ EI 2 III, 1088 a ). 3 )

'Heilmittel

oder

Essenz

mit der Eigenschaft der Lebenserhaltung, Panacee': ( 1 2 6 6 ) „Medicinam .. quam philosophi vocant Elixir .. Si libra medicinj projiciatur super mille plumbi fiet .. aurum .. Et hoc est quod corpora infirma reducet ad sanitatem .. et vitam .. ultra contenarios annorum prolongabit" (Roger Bacon, Opus Minus/ O E D V, 142 C ). In letzterer Bed. ist elixir europäischer Prägung. Das Ubertragungsmotiv beruht auf dem alchimistischen Gedanken, daß das Elixier ein „Heilmittel" zur Veredelung der Metalle darstellt. Kluge 89; Pfeifer I.

D T : Seit dem 16. Jh. als elixir, elixier bezeugt. Die Bed. 2) kommt in alchimistischen Traktaten, die Bed. 3) zunächst bei Paracelsus vor: 'Mittel zur Metallverwandlung' (1540/60) das ist unser stein, elixir oder das pulver (Alchim. Traktat, 127, Z. I i i ) ; (Mitte 16. Jh.) er well auss saliter, saltz, allaun, grinspat vitriol auripigment tucia arsenicum Salarmontax und Spies glas, ain guet elixier zu dem weyssten machen, damit man mug tingieren alle mettal in guet Sylber (Haage Caspar Härtung vom Hoff, Kunstbüchlein, 144). 'Panacee':

122

Das Mittellatein als Vermittlersprache

(1520) und das do resolvirt werden die margariten in ein liquidum, das ein elixir ist, aber im leib ein ferment (Sudhoff Paracelsus I, 30); (1525) der viert das sie sol sein von dem simplex, aus dem ein subtiler geist gehet, der da durchgang den ganzen leib als ein elixir oder arcanum und nit anders dan ein quinta essentia (Sudhoff Paracelsus II, 429). 4) Pharm. 'Arzneitrank aus Pflanzen, das als Allheilmittel verkauft wird': (1578) [...], ein mittel zwischen der Tinctur vnnd der Essentz ist, vnd mer einem Liquori, dann neischwas anderem gleich, heissen wir dises ein Elixir (Thurneysser, Historia/Schulz/Basler I, 169); (Goethe) Königlich Elixier! \ Wie roth, wie schön glänzt diese volle Flasche! (Goethe Wb. III, 44); (1986) Elixier [...] ; heute nur noch sehr selten gebrauchte Bez. fiir einen alkohol. Pflanzenauszug mit Zusätzen von Zucker, äther. ölen und dergleichen. Die Bez. werd heute weitgehend durch Tinktur und Mixtur ersetzt (Brockhaus Enzykl. 6). WB: (1616) Elixir «ist ein Arabisch wort / bedeutend ein ausserlesene artzney / quinta essentia, [...] » ( H E N I S C H , 871); (1691) Elixir η. «Elixyr, est liquor spirituosus mediante infusione imprjgnatus» (STIELER III, 6 b ); (1741) Elixier «eine Art Artzney, so man Tropfen=weiß einnimmt, ist meistens von unterschiedlichen andern vermischt, und giebt deren vielerley in den Apothecken» (FRISCH 225); (1774) Das Elixier «außer von mehrern Arten, bei den Ärzten und Apotheken eine dicke durchsichtige Essenz, so aus Theilen der Pflanzen bestehet, welche vermittelst des Weingeistes aus denselben gezogen worden» (ADELUNG I, 1651); (1801) Elixir «ein Sott oder Absott» (CAMPE, 276"); (I860) Elixier n. «ein tropfenweis zu nehmender, dicker, durch Weingeist aus Pflanzen gezogener Arzneitrank zur Stärkung, Lebenselixier, Magenelixier» (SANDERS I,364 b ); (1907) Elixier n. «Kraft-, Heiltrank» ( W E I G A N D 1, 434); (1976) Elixier n. «Heiltrank; Zaubertrank» ( D U D E N II).

A. SPR: Afrz. eslissir (13. Jh.), frz. äixir (14. Jh.); span, elixir (1433); ital. elislr (1563); engl, elixir (1386). Corom. II, 533'; C o n . II, 378 b ; O E D V, 142 b .

Markasit N. m. »Schwefelkies« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. Ii.· . t . i j b . marqaiTlä od. ••«^ marqaiilä n. koll. m. 'Schwefelkies' zu syr. ma(r)qaiiayta, das nach Goltz auf akk. mar^aSu zurückgeht. Arab, märqaällä war ein Sammelbegriff für verschiedene Substanzen, die sich mit Metallsulfiden identifizieren lassen, darunter Pyrit und Wismut. Das Wort soll nach Goltz sofort vom mlat. Schrifttum rezipiert worden sein, da hier eine übergeordnete Bezeichnung für Kiese od. Metallsulfide gefehlt hat. Schmucker und Dozy Suppl. sehen aber darin eine genaue Entsprechung des gr. π υ ρ ί τ θ ξ . Goltz 1972, 221, 224, 226, 267ff.; Schmukker 713; Dozy Suppl. II, 584'; Siggel 88"; Lokotsch 1374.

Die Alchimie

123

[Nach Dozy Suppl. II, 584 a , ist marqailtS „d'origine incertaine". Nach Schmucker (1969), 713, Anm. 5, heißt das Wort im Akkad. marbaäi und ist verwandt mit den syr., pers. und arab. Formen],

V S : M l a t . marcacida (Uber Sacerdum/Goltz, 305), marchasita ( 1 1 8 7 ) : „ M a r chasita q u i d est. Est plurium specierum: alia enim aurea et alia argentea, alia erea et alia argentea, alia erea, et alia terrea" (G. v. Cremona Übers, des Avicenna Canon/ Goltz, Anm. 2 5 7 , S. 267). Du Cange IV-V, 268; Arveiller (1985), 249251.

D T : marcasita (Paracelsus/ Goltz, 371); ( 1 8 0 2 ) frz. marcassite = dt. Markasit ( D i e . Fr. - All.); Lüschen. W B : ( 1 7 4 1 ) Marcasit f. «Wismut, eine taube, leere Berg-Art, ein derber Schwefelkies» (FRISCH 641); (1865) Markasit «Schwefelkies in regelmäßigen Krystallen: Goldmarkasit» (SANDERS II, 2, 24l a ); (1978) Markasit «metallisch glänzendes, gelbes, oft bunt anlaufendes Mineral aus einer Verb i n d u n g von Schwefel u. Eisen» (DUDEN IV). A. S P R : Frz. marcassite (marcasite ca. 1 3 7 0 ) ; span, marcasita (1570); ital. marcasite (14. J h . ) ; engl, marcasite (1471). Arveiller (1985) 249; FEW 19, 120-121.

Natron

N . n. »kristallines Natriumsalz der Kohlensäure«

Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ c

Ρ

E T Y M : Arab, ö j j ^ 1 " natröri m. 1) 'mineralisches N a t r i u m k a r b o n a t ' , zu gr. ν ί τ ρ ο ν (> lat. nitrum), das selbst auf aägypt. nlrj 'das ägyptische N a t r o n aus den N a t r o n - S e e n ' zurückgeht. Es handelt sich bei den alten Ägyptern, bei den Griechen und Arabern u m die Alkalikarbonate, die nicht aus Pflanzenasche gewonnen wurden, sondern die im N i l l a n d häufig an Seen v o r k o m m e n . Sie wurden zum Waschen und Färben sowie in der Medizin verwendet.

Vgl. Goltz 1972, 73 u. Anm. 113, 165-171; Lokotsch 1567; Dozy

Suppl. II, 4 2 b ; Wiedemann (1970), I, 709.

V S : Mlat. Natron (13. J h . ) ' N a t r i u m k a r b o n a t , S o d a (Na., C O ^ ' : „ N a tron arabice: n i t r u m " ( S i m o n v. G e n u a / S y n o n y m a ) . Als natromum ist das Wort bereits im 10. J h . in „ M a p p e Clavicula" belegt. D i e Variante anatron, die z.B. in „Basilica Chymica" ( 1 6 0 9 ) als Anatron"' [.] Salis c o m m u n i s ana uncias tres" auftaucht, soll auch auf mlat. T e x t e der Alchimie zurückgehen.

Vgl. F. Blatt, Novum Glossarium mediae latinitatis; Arveiller (1987), 332-335; Pfei-

fer II, 913'.

D T : D a s W o r t wurde in etwas veränderter Bed. durch Paracelsus als anatron; anachtron (1526/27); anathron ( 1 5 2 7 ) 2) ' N a t r i u m s u l f a t , G l a u bersalz ( N a 2 S 0 4 ) , eine N a t r i u m v e r b i n d u n g ' ins D e u t s c h e eingeführt. In Bed. ' N a t r i u m k a r b o n a t ' ist das W o r t im 18. J h . als Anatrum, Natrum (segyptiacum) belegt. D i e Form Natron w u r d e 1 8 1 0 von Klaproth (Beiträge zur chemischen Kenntnis der Mineralkörper), vielleicht unter d e m Einfluß von frz. natron ( 1 6 5 1 ) , verwendet. D t . Natron bezeichnet heute vor

124

Das Mittellatein als Vermittlersprache

allem: 3) 'Natriumbikarbonat ( N a H C O j ) , das doppeltkohlensaure Natron'. Vgl. dazu die nlat. Bildung Natrium (1811) 'ein Alkalimetall', die im deutschen Sprachgebiet geltende Bezeichnung für Sodium. W e i m a n n , Paracelsus, 3 9 9 ; Schulz/Basler II, 185; Pfeifer II, 913*; D u d e n IV; R ö m p p s Chem.Lex. IV, 2 9 1 5 f f .

W B : (1863) Natron n. «das Oxyd des Natriums, eine Basis vieler Salze, z.B. N a m e des Kohlensauren Natrons (f. Soda), des Schwefelsauren Natrons (Glaubersaltz)» ( S A N D E R S I i ' , 4 0 0 c f f . ) ; (1813) Nätrom oder Natron «mineralisches Laugensalz» ( C A M P E 4 3 2 ) ; (1978) Natron n. «weißes, kristallines Natriumsalz der Kohlensäure, das wegen seiner gaserzeugenden Wirkung in Back- u. Brausepulver sowie als Arzneimittel gegen Sodbrennen verwendet wird » ( D U D E N IV). A. SPR: Frz. natron (1651); ital. natron (1749); span, natron (1817); engl, natron (1684). Arveiller (1987), 3 3 2 - 3 3 5 ; F E W 19, 140'; Battisti IV, 2552ff.; C o r o m . IV, 230 b ff.; O E D X, 239 b .

3.4. Die Mathematik „[...] (die Araber) vervollkommneten mit Hilfe des indischen Ziffersystems, [...], die arithmetischen Grundoperationen, überhaupt das elementare Rechnen, dann die sogen. Zahlentheorie, d.h. die Lehre von den Eigenschaften und gegenseitigen Beziehungen der geraden, ungeraden, Prim-, Quadratund Kubikzahlen; sie bereicherten die Algebra durch Auflösungen der Gleichungen 3. und 4. Grades mit Hilfe der Geometrie (Kegelschnitteigenschaften); sie bildeten die ebene und sphärische Trigonometrie bis zu dem Punkte aus, den sie erst nach Regiomontanus wiedereingenommen hat" 1 9 4 . In Zusammenhang mit der Tradierung der arabischen mathematischen Begriffe Ziffer, Algebra und Algorithmus im abendländischen Schrifttum sollen im folgenden die wichtigsten Quellen zur Entstehung einer arabischen Mathematik und die daraus resultierende Uberlieferungssituation dargestellt werden. 3.4.1. Die arabischen mathematischen Schriften und ihre Quellen Die im Abendland verbreiteten mathematischen Begriffe Ziffer, Algebra und Algorithmus gehen auf die mittellateinischen Ubersetzungen der auf Arabisch verfaßten Schriften des pers. Mathematikers Abü 'Abdallah Muhammad ibn MQsa al-UwärizmT (ca. 780 - 850) zurück. In diesen Schriften

1,4

Suter (1981), S. 9.

Die Mathematik

125

sind das indische Ziffersystem mit der Null bzw. die Stellenwerte in einem System zur Basis zehn, die Gleichungslehre u n d die Operationen mit Sexagesimalbrüchen eingeführt. Die erste hier zu erwähnende A b h a n d l u n g betrifft die Arithmetik. Es handelt sich um eine im Original verschollene Schrift, die nur in lateinischen Ubersetzungen und Bearbeitungen erhalten geblieben ist. Sie lautete wahrscheinlich kitab al-gam' wa-t-tafrTq bi hisäb al-Hind 'Das Buch über die Addition und Substraktion nach der Rechenweise der Inder' 1 9 5 u n d ist im Jahre 820 entstanden. Die Schrift besteht aus zwei Teilen, in denen zunächst das Rechnen mit dem indischen Ziffersystem, dem dezimalen Stellenwertsystem erläutert und dann eine Beschreib u n g der Rechenoperationen nach indischem Vorbild v o r g e n o m m e n wird 1 9 6 . W i c h t i g ist dabei die Anwendung der Null für die Stellenwerte der Zahlen. Das arabische W o r t dafür ist sifr > mlat. cifra. Es stellt in diesem Gebrauch eine Lehnübersetzung aus ind. sunya 'Null' dar, wobei beide W ö r t e r allgemein die Bedeutung 'leer' aufwiesen. Außerdem werden in dieser Schrift die Sexagesimalbrüche sowie die Z i e h u n g der Q u a d r a t wurzel aus dem Bruch behandelt. Eine unmittelbare u n d bekannte indische Quelle zu AI-ywärizmT wie auch zur arabischen Mathematik überhaupt bildete das Siddhänta, ein um 680 n. Chr. von B R A H M A G U P T A verfaßtes W e r k , das um 770 von Mathematikern u n d Astrologen am H o f des Kalifen al-MansQr (754 - 775) ins Arabische übertragen wurde. 1 9 7 Indirekt waren aber die Rechenmethoden der Inder u n d ihr Ziffersystem mit der Null dem arabischen Gelehrtenkreis bereits vor der Siddhanta-Übersetzung zugänglich. Die Vermittlerrolle spielten hier mittelpersische mathematische u n d astronomische Quellen, in denen das indische Wissensgut verarbeitet wurde. W i e an anderer Stelle erwähnt, bildeten diese wie auch syrische Texte den Gegenstand für die ersten arabischen Übersetzungen. U n t e r den mittelpersischen u n d syrischen Schriften befanden sich außerdem Übertragungen griechischer Werke, wie der Almagest und die astronomischen Tafeln des Ptolemaios, die Elemente des Euklid sowie einige Teile der W e r k e des Aristoteles. Diese Schriften wurden ebenfalls ins Arabische übertragen u n d ermöglichten den arabischen Mathematikern früherer Perioden wie z.B. al-t)warizml den Zugang zu den deduktiven M e t h o d e n der Griechen. Wenngleich die Arithmetik des genannten Autors hauptsächlich auf indischem Substrat f u ß t (so neben dem Ziffersystem überhaupt die Art der Erklärung rudimentärer Rechenoperationen, die Sexagesimalbrüche u n d das Ausziehen der Quadratwurzel), sind in ihr, nach M e i n u n g der Kenner, griechische Spuren nicht zu verkennen. Darüber hinaus enthält die Ab-

1,5 196 197

Ruska ( 1 9 1 7 ) , S. 18ff. Z u m I n h a l t der Arithmetik von al-hwarizml vgl. Juschkewitsch (1924), S. 22. Vgl. G A S V, 1 9 I f f .

126

Das Mittellatein als Vermittlersprache

handlung Elemente ägyptischen Ursprungs wie die Behandlung der Verdoppelung und Halbierung als Spezialfälle der Multiplikation und Division sowie ihre Anwendung beim Aufsuchen der Wurzel. In dieser Hinsicht stellt die Arithmetik des al-ywärizml so wie auch seine Algebra - wie wir noch sehen werden - eine Mischung aus verschiedenen mathematischen Traditionen dar, die in den hellenisierten Kulturzentren im Orient, Persien, Syrien und Ägypten zusammenflössen und mit denen die Araber kurz nach der Eroberung dieser Gebiete in Berührung kamen. Die direkte Übersetzung der griechischen Originale der oben genannten Bücher sowie die Beschäftigung mit den Werken anderer bekannter Mathematiker Griechenlands wie Archimedes, Apollinios und Melanos begann erst am Anfang des 9. Jh.s. Dabei wurden in einer späteren Phase der arabischen Mathematik die Lehren dieser Gelehrten verbessert und weiter entwickelt 198 . Die Algebra von al-tJwarizmT lautet i m O r i g i n a l al-kitab al-mubta$ar fr hisab ai-gabr

wa l-muqäbala, etwa 'Kurzgefaßtes Buch Uber das Rechnen durch Wiederherstellung und Gegenüberstellung'. Die Termini gabr und muqabala, die manchmal mit lat. reparatio et oppositio übersetzt werden 1 9 9 , werden im GAS V wie folgt ausgelegt: gabr 'das Rückversetzen (eines Gliedes an seinen rechten Platz, d.h. Beseitigung einer abgezogenen Größe durch Addition auf beiden Seiten der Gleichung; muqabala 'die Gegenüberstellung, das Balanzieren (d.h. Tilgung gleicher Glieder auf beiden Seiten) 200 . Die Abhandlung enthält drei Teile: Ein theoretischer Teil betrifft die Erklärung und Auflösung der Gleichungen; ein anderer Teil behandelt die Regeln, die an Zahlenbeispielen erläutert werden; schließlich folgen geometrische Nachweise. Aus verschiedenen Gründen wird al-(^warizml nicht als der erste Verfasser eines arabischen Buches über Algebra betrachtet. Einerseits liegen zwei weitere, mit ähnlichen Titeln versehene Abhandlun-

198

199

200

Vgl. Juschkewitsch (1966), S. 189ff., 238ff.; Vernet (1984), S. 66ff„ 133ff.; GAS V, u. a. S. 25ff., 191 ff. Es sind verschiedene Vorschläge zur Übersetzung der mathematischen Termini al-gabr und muqabala gemacht worden: Die Ausdrücke „Wiederherstellung" und „Gegenüberstellung" stammen von M. Cantor, Vorlesung über die Geschichte der Mathematik, Leipzig 1907; Suter, in: El' I, 1031", schlägt „Wiederherstellung" und „Vergleichung" vor; Ruska (1917) S. 7, empfiehlt „Ergänzung" und „Ausgleichung". GAS V, S. 229. Die Bedeutung von al-gabr und al-muqabala hat Nesselmann wie folgt erklärt: „Die Seite, die ein negatives Glied (eine Negation) enthält, wird wieder vollständig gemacht, das ist al-gabr; die gleichen oder gleichartigen Glieder auf beiden Seiten werden weggehoben, das ist al-muqabala", zit. nach H. Suter, EI 1 , 1031 a . Hinsichtlich der ersten Operation fügt Suter, ebd., 1031 b , hinzu: „daß die Araber im Gegensatz zu den Indern keine negativen Glieder in einer Gleichung duldeten, [...]; wenn daher eine Gleichung negative Glieder enthielt, so war sie nicht in Ordnung, unvollständig, sie mußte also zuerst eingerichtet, wiederhergestellt werden. Aber auch eine Gleichung mit gebrochenem Koeffizienten im höchsten Gliede war nicht in Ordnung, nicht recht eingerichtet für die Auflösung, der Bruch mußte entfernt werden"; s. noch Ruska (1917), S. 7.

Die Mathematik

127

gen über die Algebra vor, die von Zeitgenossen des al-tlwärizmT, nämlich Ibn Turk und Sind b. 'All verfaßt wurden und wahrscheinlich früher entstanden sind als die erstgenannte Abhandlung, andererseits wurden die Termini jjabr und muqabala in al-UwärizmT's Schrift nicht definiert, was auf einen dem Adressaten bereits bekannten Gegenstand schließen läßt. Die arabische Algebra weist sowohl indische als auch griechische Einflüsse auf. Erstere eignen sich z.B. zur Anwendung bei quadratischen Gleichungen, die zweiten für die geometrische Beweisführung algebraischer Rechnungen. Angesichts dieser Fakten und der frühen, vor der Übersetzung der griechischen mathematischen Originale entstandenen arabischen Algebra, wird wie bei der Arithmetik angenommen, daß diese Kenntnisse über die Perser zu den Arabern gelangten. Der Wert von al-ywärizmT's Abhandlungen liegt wohl in der Verknüpfung der alten mathematischen Traditionen miteinander und ihrer schulgerechten Darstellung, so daß sie zur Grundlage für die Entwicklung sowohl der arabischen als auch der europäischen Mathematik dienen konnten. 3 . 4 . 2 . Die Rezeption der arabischen Mathematik in Westeuropa Die Arithmetik von al-t)wärizmT ist die erste Quelle, von der aus das Ziffersystem mit der Null bzw. die Zahlenschreibweise im europäischen Raum verbreitet wurde. Dabei kann man mit Juschkewitsch der Meinung sein, daß diese Erneuerung „nicht nur für die Mathematik, sondern für die gesamte kulturelle Entwicklung der Welt eine große Bedeutung erlangt" 201 . Wie oben erwähnt, wurde die Arithmetik des al-t)warizml lediglich in lateinischer Fassung überliefert. Die Ubersetzung entstand im 12. Jh. und wird dem Engländer Adelard von Bath zugeschrieben. Das lateinische Exemplar trägt keinen Titel und fängt mit den Worten Dixit Algorizmi an. In der Veröffentlichung von Boncompagni wurde es mit dem Titel De numero Indorum versehen. Es liegen außerdem zwei Bearbeitungen der arabischen Schrift vor, die das Verständnis des korrupt erhaltenen De numero Indorum erleichtern. Diese sind: Liber algorismi de practica arismetrice, das im 12. Jh. von Juan von Sevilla angefertigt wurde, und das Liber ysagogarum Alchorismi, das von einem Anonymus stammt 202 . In enger inhaltlicher Anlehnung an die genannten Schriften entstanden seit dem 13. Jh. zunehmend europäische Bücher über Arithmetik, zunächst in lateinischer Sprache und dann in den Volkssprachen. Sie wu r den mit Titeln wie Liber algorismi (1200), Algorismus vulgaris oder Algoritmus demonstratus (beide Mitte des 13. Jh.s) versehen. In seinem Liber

201 202

Juschkewitsch ( 1 9 6 6 ) , S. 2 3 8 . Vernet ( 1 9 8 4 ) , S. 6 6 ; El 2 I, 3 9 0 ; Juschkewitsch ( 1 9 6 6 ) , S. 238ff.

128

Das Mittellatein als Vermittlersprache

abaci (1202) gebraucht Leonardo Fibonacci von Pisa das Wort algorismus als Terminus für die Stellenwertarithmetik. Später begann man jeden beliebigen Rechenprozeß mit dem Wort Algorismus oder Algorithmus zu bezeichnen. Diese Anwendung taucht zuerst bei Leibniz in seinen im Jahre 1684 beginnenden Arbeiten über die Differentialrechnungen auf 2 0 3 . Von der Algebra des al-UwärizmT wurde lediglich der erste Teil ins Mittellateinische übertragen. Eine erste Fassung erstellte im Jahre 1145 Robert von Chester unter dem Titel Liber algebrae et mucabola. Wenig später folgte eine andere Ubersetzung durch Gerhard von Cremona als De jebra et almucabala. Damit wurde in Europa eine neue mathematische Disziplin eingeführt, die den Ansatz für die heutige Gleichungslehre bildete 2 4 . Was die Terminologie betrifft, so wurden nur wenige lexikalische Arabismen in die europäische Mathematik übernommen. Neben Ziffer und dem Wort Algorismus, das eine europäische Neuschöpfung darstellt, wurde auf dem Gebiet der Gleichungslehre nur der Terminus Algebra beibehalten. Das Wort almucabala kam dagegen im 14. Jh. außer Gebrauch. Alle anderen arabischen mathematischen Termini wurden durch lateinische Lehnübersetzungen ersetzt. Ein Beispiel dafür ist in der Trigonometrie lat. sinus 'Bausch, Busen', das das arab. gaib oder gib Tasche; Brust, Busen' reproduziert. Das arabische Wort stellt seinerseits eine korrupte phonetische Wiedergabe des indischen trigonometrischen Terminus giva 'Bogensehne' dar, „was dann als gaib von den Übersetzern ins Lateinische mißverstanden wurde" 2 0 5 . Es wurde versucht, eine lateinische Entsprechung für das Wort Algebra zu schaffen. Dabei entstanden die Ausdrücke ars magna und ars rei et census, wofür später die ital. Entsprechungen arte maggiore und arte (oder regola) della cosa geschaffen wurden. Letzterer Ausdruck wurde im 16. und 17. Jh. als Regel Coss oder einfach Coss ins Deutsche übernom206

men. Den arabischen Mathematikern verdankt Europa auch die in arabischen Ubersetzungen geretteten Werke der Griechen, wie z.B. die Elemente des Euklides, sowie die dazu erstellten Kommentare, die die Araber verfaßt haben. Für das Studium der Geometrie waren die Elemente des Euklides von bahnbrechender Bedeutung. Das Werk wurde von mehreren europäischen Gelehrten aus dem Arabischen ins Mittellateinische übertragen, so von Adelard von Bath, Hermann von Kärnten und Gerhard von Cremona. Letzterer übersetzte auch den Kommentar des an-NairlzT (922), wodurch der Beweis zum Satz des Pythagoras (Lehrsatz I, 47) im Westen bekannt wurde. 2 0 7 203 204 205 206 207

Juschkewitsch (1966), S. 1 8 6 f f „ 352ff. Vgl. u. a. Vernet (1984), S. 139; Steinschneider (1956), S. 35. GAS V, 196. Vgl. EI 1 I, 132'. Vgl. V e r n e t (1984), S. 133ff.

129

Die Mathematik

3.4.3. Transferenzen im deutschen mathematischen Schrifttum W i e in den anderen europäischen Ländern zeigten sich die Einflüsse der arabischen Mathematik in Deutschland zunächt in den auf lateinisch verfaßten Lehrbüchern. Der bedeutendste deutsche Vertreter dieses Einflusses ist im 13. Jh. der Mathematiker Jordanus Nemorarius (gest. 1237). Es wird eine Verbindung seiner Demonstratio de algorismo mit dem Werk des arab. Mathematikers an-Nasaw! angenommen 2 0 8 . Die anderen Schriften von

Nemorarius, De numeris datis und De triangulis,

sollen auch von der ara-

bischen Mathematik abhängig gewesen sein. Auf diesen Schriften sowie auf denjenigen Leonardos Fibonacci (von Pisa), des bekannten italienischen Mathematikers des 13. Jh.s, beruhten nach Suter zum größten Teil „die Schriften der deutschen Algebristen und Rechenmeister des 15. und 16. Jahrhunderts, wie Joh. Widmann von Eger, Christoph Rudolff von Jauer, Michael Stifel und Adam Riese" 2 0 9 . Älteste deutsche mathematische Schriften, die auf arabische Quellen in lateinischer Fassung zurückgehen, sind z.B. die Deutsche Algebra (1461), eine von einem Unbekannten angefertigte deutsche Übersetzung der Al-

gebra

von al-ywärizmi 210 , und die Deutsche Sphära

(1349) Konrads von

Megenberg. Letztere Schrift stellt eine Übersetzung und Bearbeitung der sphaera mundi des Johannes von Sacrobosco dar, die ihrerseits auf dem Almagest und Alfraganus beruht 2 1 1 . Der erste deutsche Beleg für das Wort Algebra ist mit der genannten Übersetzung gegeben. Die anderen hier in Frage kommenden Arabismen Algorithmus und Z i f f e r sind ebenfalls mit den ältesten deutschen mathematischen Schriften, die im Zeitraum des 15. und 16. Jh.s entstanden sind, belegt. Es seien im folgenden einige mit der Überlieferung und Verbreitung dieser Termini im Deutschen zusammenhängende Faktoren dargestellt. Für die Propagierung der Stellenwertarithmetik bzw. des Ziffernrechnens im Deutschland der Renaissancezeit spielten die sog. Rechenmeister eine große Rolle. Ihre auf deutsch verfaßten Rechenbücher trugen überhaupt wesentlich dazu bei, eine deutschsprachige mathematische Terminologie zu entwickeln 2 1 2 . Es handelt sich dabei weniger um Schriften für hohe mathemathematische Gebiete, die noch bis zum Ende des 17. Jh.s 208 209 210 2.1

2.2

Vgl. Vernet (1984), S. 201; dazu auch Suter (1981), S. 28. Suter (1981), S. 28. Vgl. Eis (1967), S. 10; Reiner (1960), S. 15. Vgl. Eis (1967), S. 12; Reiner (1960), S. 9; Zum Almagest, dem großen Handbuch der Astronomie von Ptolemäus, vgl. Kunitzsch (1974). Das Werk wurde im 12. Jh. dem Abendland zunächst in arabischer Uberlieferung zugänglich. Der Name Almagest < mlat. almagesti, almagestum ist die Transkription des arab. al-magistt, der Titelbezeichnung des Ptoleimäischen Werkes, der im Original μΕγσίτη entspricht, vgl. Kunitzsch (1974), S. 115 ff. Vgl. Reiner (1960), S. 4ff.; Vogel (1959), S. 16ff.

130

Das Mittellatein als Vermittlersprache

auf Latein verfaßt wurden, als vielmehr um Lehrbücher für „Elementarmathematik" zur Vermittlung von Kenntnissen im Rechnen und Messen 2 1 3 . Mit der Entwicklung des Städtewesens, des Handwerks, des Handels und anderer bürgerlicher Berufe waren nun weitere Kreise der Bevölkerung auf den Erwerb solcher Kenntnisse angewiesen. Da aber die Mathematik in den Lehrplänen der Universitäten, Rats- und Stadtschulen des ausgehenden Mittelalters und Anfangs der Neuzeit keine besondere Stellung einnahm, reichten die diesbezüglichen Angebote nicht aus, die steigenden Bedürfnisse im praktischen Rechnen zu erfüllen. Außerdem waren hier die Unterrichtssprache und die Lehrbücher lateinisch, was für einfache Lehrlinge unzugänglich war. Es ist dieser Situation zuzuschreiben, daß es zum Beruf des Rechenmeisters und zur Gründung von Rechenschulen kam 2 1 4 . Die Rechenmeister waren fast ausschließlich für den Unterricht einfacher Bürger zuständig und verfaßten für sie Lehrbücher in deutscher Sprache 2 1 5 . Zu nennen sind hier z.B. Jakob Köbel und vor allem Adam Riese. Bald fingen aber auch Fachgelehrte an, ihre Mathematikbücher auf deutsch zu verfassen, wie W i d m a n , Peuerbach und Albrecht Dürer. Letzterer beherrschte aber die lateinische Sprache η icht. 216 I η der Arithmetik befaßten sich die Reichenmeister sowie die Gelehrten in Unterricht und Lehrbüchern mit Algorismus und Algebra. Der Algorismus bedeutete die neue Rechenmethode mit den arabisch-indischen Ziffern und der Null. Er verdrängte allmählich das Linienrechnen, das aus dem Abakus, dem Rechenbrett, hervorgegangen ist. Nach Vogel ist der Kampf zwischen Abakus und Algorismus, zwischen dem Rechnen auf den Linien und dem mit der Feder, bis ins 18. Jh. zu verfolgen 2 1 7 . Die ersten Belege des Terminus Algorithmus tauchen in den ältesten auf Deutsch verfaßten mathematischen Schriften über Arithmetik und Geometrie auf. Zunächst kommt das Wort in der Geometria Culmensis (1400), der ältesten erhaltenen geometrischen Schrift in deutscher Sprache, als algarismus vor. Es ist dann in Ältestes Rechenbuch (1445) belegt. Diese Schrift ist in deutsch-holländischer Mundart geschrieben und hat die Anweisung fürs Ziffernrechnen zum Inhalt 2 1 8 . Das Wort Ziffer kommt z.B. im Linienalgorithmus (1440) und im Rechenbuch von Adam Riese (1550) bereits als ziffer vor 2 1 9 . Anstatt ziffer 213 214 2,5

216

2,7 218 219

Vgl. Reiner (1960), S. 3. Reiner (1960), S. 4ff.; Vogel (1959), S. 16. In vielen Fällen waren es die Kaufleute und Handwerker selbst, die ihren Lehrlingen Rechenunterricht erteilten, wofür sie auch Rechenbücher schrieben. Dazu Vogel (1959), S, 16ff. Vgl. Olschki (1922), Albrecht Dürer. Anhang zu Bd. I, S. 414-451, hier besonders S. 424. Vgl. Vogel (1959), S. 8ff., 14ff. Vgl. Reiner (1960), S. 10, 49. Vgl. ebd., S. 12, 29, 120.

Die Mathematik

131

wurde oft das Wort figur (z.B. in der oben erwähnten Geometria Culmensis) oder eine Umschreibung (wie 1514 bei Jakob Köbel) verwendet 220 . Nach K. Vogel genossen die Algorismus-Vorlesungen an den Universitäten kein großes Ansehen. Sie wurden lediglich mit 1 Groschen pro Semester dotiert. Dagegen war die Disziplin Algebra mit Goldgulden honoriert worden. 221 Als Synonym für den Terminus Algebra wurde in den alten mathematischen Schriften das Wort Coß (ältester Beleg (1489) im Rechenbuch von Johann Widmann) verwendet 222 . Auch das Wort Almucabala taucht 1461 in Deutsche Algebra als almalcobula zur Bezeichnung der Gleichungslehre auf. 223 Die Aufnahme der Arabismen Algebra, Algorithmus und Ziffer in die ersten mathematischen Schriften in deutscher Sprache ist in erster Linie auf die mit diesen Termini bezeichneten mathematischen Neuerungen zurückzuführen, die nun die Basis für die moderne Mathematik gelegt haben. 3.4.4. Lexikographischer Teil A l g e b r a N. f. »Lehre von Gleichungen« Arab. > mlat. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. ^».(Jl) (al-)gabr m. 'Algebra', im Sinne von 'Wiederherstellung der normalen Gleichungsform'. Dies kommt durch die Umwandlung eines negativen Wertes in einen positiven zustande, indem ersterer auf die andere Seite der Gleichung gebracht wird. Der mathematische Begriff gabr wurde aus der medizischen Fachsprache übernommen. Dort wird er im Sinne von 'Einrenkung von Knochenbrüchen' verwendet. Allgemein bedeutet gabr 'Wiederherstellung von gebrochenen Teilen', eine deverbale Ableitung zu gabara 'einrenken, einrichten (Knochen); wiederherstellen, in normalen Zustand bringen'. W e h r 162; Blachfcre II, 1297 b ff.; LA 4, 114*ff.; EI1 I, 1031'ff.

VS: Mlat. algebra f. (12. Jh.) 'Lehre von Gleichungen'. Das Wort geht auf die mittelleinische Übersetzung des ersten Teils der arabischen mathematischen Abhandlung über al-gabr wa-l-muqäbala von Al-ywärizmi zurück. Gemäß dem arabischen Titel trat das mlat. Wort zunächst in der Wendung „Liber algebrae et mucabola" (1145 in der Ubers. Roberts von Chester), „De jebra et almucabala" (in der Übers. G.s von Cremona) auf. Auch Leonardo von Pisa verwendete in seinem „Liber abaci" (1202) die beiden

220 221 222 223

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

ebd., S. 120ff. Vogel ( 1 9 5 9 ) , S. 15. Reiner ( 1 9 6 0 ) , S. 21, 49. ebd., S. 14ff., 49.

132

Das Mittellatein als Vermittlersprache

Termini algebrc et elmuchabale zur Bezeichnung der betreffenden mathematischen Disziplin. Erst Conacci aus Florenz (14. Jh.) benutzte zum erstenmal das Wort algebra allein. Vorübergehend diente im Deutschen des 18. Jh.s neben dem bis heute vorherrschenden Algebra auch Algeber nach frz. algkbre (16. Jh.), das selbst auf das Mittellateinische zurückgeht. D u Cange I, 176 c ff.; EI 2 II, 361 b ff.; Hiersche 54ff.; Pfeifer I, 26 b ; F E W 19, 54 b ff.

DT: Das W o r t ist seit dem 15. Jh., in der Bed. 'Lehre von den Gleichungen, Buchstabenrechnung' belegt: (1. H . 15. Jh.) Regule Cose vel Algobre' ( W i e n e r H s . / Hiersche 55); (1461) Machmet in dem puech algebra un almalcobula hat gespruchet dise wort: census, radix, numerus ( D W B 2 II, 2 6 3 ) ; (1525) Behend vnnd Hübsch Rechnung durch die kunstreichen regeln Algebre (Buchtitel von C h r . R u d o l f f / Schirmer 1912, 4); (1781) das verfahren der algeber mit ihren gleichungen (Kant, Reine V e r n u n f t / D W B 2 II, ebd.); (1988) Algebra [...]. Heute hat man den Begriff auf Verknüpfungen allgemeiner Art, sogenannte algebraische Strukturen erweitert (Knaurs Lex.Math., 17). Abi.: algebraisch (1600) und Algebraiker (1900), früher Algebrist (16. Jh.), Algebraist (18. Jh.). WB: (1813) Algebra f. «die Zeichenrechnung; nach Andern die Buchstabenrechnung. [...]» ( C A M P E , 97 b ); (1860) Algeber «das Rechnen mit allgemeinen Größen, [...], Buchstaben-, Zeichenrechnung, Gleichungslehre; „Allrechenkunst"» ( S A N D E R S I, 2 0 ' ) ; (1907) Algebra «die Buchstabenrechnung» ( W E I G A N D I, 3 8 ) ; (1976) Algebra «a) Lehre von Gleichungen; Theorie der V e r k n ü p f u n g math. Strukturen; b) algebraische Struktur» (DUD E N I).

A. SPR: Span, älgebra (1611); ital. algebra (1606/ Galilei); engl, algebra (1551). C o r o m . I, 1 6 l a f f . ; C o r t . I, 31 l b f f . ; O E D I, 3 1 1 b .

Algorithmus A r a b . > m l a t . > dt.

N. m. »Rechenverfahren, das nach festen Regeln abläuft« Μ Φ Μ = Μ

Ε Τ Ύ Μ : A r a b . ^ j j l ^ J l ) (al)tlwärizml ' B e i n a m e des a u s yuwärizm ( G e -

biet am unteren Oxus südlich des Aralsees) stammenden persischen Mathematikers

Abü 'Abdallah Muhammad ibn MOsä (ca 7 8 0 - 8 5 0 ) ' , d e r

am

H o f des Kalifen al-Ma'm0n (813-833) tätig war und neben seiner Algebra (vgl. oben) das hier in Frage kommende, nicht weniger bedeutende Werk über die Arithmetik verfaßte. Vgl. EI 2 II, 1070 a ff. VS: Mlat. algorismus m. (12. Jh.) „species artis numerandi secundum Indos, ars numerandi, comptus" (MLW I, 446), var. algorizmus, algarismus, algarithmus neben alchoarismus etc. Die aus dem latinisierten Beinamen des pers.-arab. Mathematikers (vgl. unter Etym.) gewonnene Gattungsbezeichung für das 'Rechnen mit dem indisch-arabischen Ziffernsystem und den dazugehörigen Rechenoperationen' taucht zunächst als Eigenname in der im Original verschollenen und lediglich in lateinischen Fassungen erhaltenen arithmetischen Schrift des al-t)wärizmT auf. Es kommt im Textanfang der ohne Titel überkommenen Übersetzung des Adelard von Bath

Die Mathematik

133

als „Dixit Algorismi" (12. Jh.) sowie in den Titeln der ebenfalls aus dem 12. Jh. stammenden Bearbeitungen der betreffenden Schrift als „Liber Algorismi de practica arismetrice und Liber ysagogarum Alchorismi" vor. Im 13. Jh. wurde das Wort auf den Inhalt der in Anlehnung an die genannten Schriften entstandenen Lehrbücher übertragen. So verwendet Leonardo Fibonacci von Pisa in seinem „Liber abaci" (1202) das Wort algorismus als Terminus für 'Stellenwertarithmetik'. Vgl. auch die Buchtitel „Liber algorismi" (1200), yyAlgorismus vulgaris" (13. Jh.), Algorithmus demonstratus" (Nemorarius). Seit dem 16. Jh. bekam das Wort die allgemeinere Bed. von 'Rechenverfahren' und wurde zunehmend in der nach gr. aritmös 'Zahl' gebildeten Form algorithmus gebraucht. Juschkewitsch ( 1 9 6 6 ) , 186ff., 352ff.; GAS V, 2 3 8 f f . ; Hiersche 55ff.; Pfleifer I, 26 b ff.

DT: In nicht-mathematischen Texten taucht das Wort bereits im Mhd. auf, in der Bed. 'Rechenkunst': (1240/ 50) swer die toten wolte Zeilen .., | der muste bi zwein jaren\ von algorismo han gevlizzen,\ oder er künde ez niht wizzen (Ulrich v. T ü r h e i m , Rennewart/ D W B II, 2 6 5 ) ; (1240/ 50) ein kunst heizet algorismus, daz saget von der reitunge, wie man die zal leget an den vingern (Berthold von Regensburg/ Lexer I, 3 7 ) . Als Name eines 'Meßkünstlers' kommt Algorismus im Jüngeren Titurel (um 1270) vor, (vgl. Benecke I, 23). Seit dem Frühnhd. ist algorismus (15. Jh.), algorithmus (16. Jh.) nun in math. Abhandlungen als 'Rechnen mit dem dekadischen Zahlensystem, die Grundrechnungsarten' belegt: (1400) Alzo sal man messen meysterlich ane alle geczeuwe, vnde das kan ouch nymant getun, her kunne denne dy algarismos ( G e o m e t r i a C u l m e n s i s / Schirmer 1912, 4); (1545) Algorithmus ist ein lehr aus der man lernet Addiren, Substrahiren, Multipliciren vnd Diuidiren (Stifel, D e u t s c h e A r i t h m e t i c a / S c h i r m e r 1912, 5); (1716) algorithmus werden genennet die vier rechnungs-arten in der rechen-kunst ( C h r . W o l f f , M a t h . Lex./ D W B ' II, 265,); (1747) algorithmus infinitesimalis .. (vier) rechnungs-arten mit unendlichen kleinen grossen, wie solche von dem hm. von Leibnitz erfunden worden ( C h r . W o l f f , M a t h . Lex./ D W B 2 II, ebd.). In mod. Gebrauch von 'festgelegter, komplexer Rechenvorgang': (1894) algorithmus wird in der bedeutung von rechnungsverfahren, nach welchem gegebene grossen in kettenbrüche entwickelt werden (Lueger Lex. d. T e c h n i k / D W B 1 II, ebd.); (1939) nur der .. entschluß, die mathematik, wie sie sich seit Euklid im abendland vollendet hatte, .. in einer gewaltigen reflexion zu überprüfen, konnte das unendliche und seinen algorithmus .. als ewigen bestand der erkenntnis einverleiben (Bense, M a t h . / D W B 2 II, ebd.); (1988) Jeder Algorithmus ist letzlich eine Vorschrift zur Veränderung von Zeichenreihen (Markov-Algorithmen), und jede berechenbare Funktion läßt sich mit Hilfe von Markov-Algorithmen berechenen (These von A. A. Markov) (Knaurs Lex. d. M a t h . , 2 3 ) . WB: (1861) Algorithmus «die vier (gemeinen) Rechnungs- oder RechenArten» ( P E T R I , F R E M D W B . , 3 5 a ) ; (1873) Algorithmus, -smus «die Rechnungsarten (Spezies)» (HEYSE, F R E M D W B . , 3 1 b ) ; (1976) Algorithmus «(Math., Datenverarb.): Verfahren zur schrittweisen Umformung von Zeichenreihen;

134

Das Mittellatein als Vermittlersprache

Rechenvorgang nach einem bestimmten sich wiederholenden Schema» (DUD E N I).

A. SPR: Frz. algorithme (1554), afrz. algorisme, augorisme (13. Jh.); span, guarismo (1570), aspan. alguarismo (1256-76/ Libros del saber de Astronomia); ital. algoritmo (1748), aital. algorismo (13. Jh.); engl, algorithm (1699), aengl. augrim, algorisme (13. Jh.). FEW 19, 73a; G. Rob. I, 248; Corom. III, 249 b ; Cort. I, 37 b ; O E D I. 313 a ff.

Ziffer

N. f. »Zahlzeichen«

Arab. > mlat. > dt.

Μ c Ρ c Ρ

ETYM: Arab. j i * . sifr m. 1) 'Null', ursprüngl. 'leer', ist eine Lehnübersetzung des sanskr. sunya 'Null, leer', die durch die Übernahme des indischen Ziffersystems erfolgte. Wehr 717; EI1 IV-, LA4, 46lff. VS: Mlat. cifra f. (12./ 13.Jh.), (Var. cyfre) 'Null': (12. Jh.) „his IX figuris addita ista 0, quae cifra vocatur nichil habens significare praeter locum absque numero demostrare" (Anonymi algorismus Salemensis/ MLW II, 574). 2) 'Zahlzeichen' (13. Jh.):"ant mensurare vel per cifras numerare" (Nicol. Biber, carm./ M L W II, ebd.). Kluge 89, 812"; Pfeifer I, 26 b ff. [Der Ausdruck cifra für Null' wurde mit der Einführung des arabischen Zahlensystems in Europa übernommen. Da die Null eine wichtige Neuerung in der Mathematik war, wurde die Bezeichnung cifra im 13. Jh. auf alle Zahlzeichen übertragen. Leonardo Fibonacci latinisierte das arab. $ifr als mlat. zephirum 'Null', woraus die modernen Formen entstanden sind: Mlat. zephirum > ital. zero (1491) > frz. ziro (1485), nhd. Zero 'Null'. Pellegrini 1972 I, 80; Cort. V, 1464 b ; FEW 19, 157 b ; Duden VI].

D T : Seit Ende des 14. Jh.s, zunächst in verschiedenen Schreibformen {ziffer, zeifferl Cyfer, cijfer) bezeugt. Anfangs wurde Ziffer - wie in anderen europ. Sprachen - auch für 'Null' (bis ins 19. Jh.) verwendet: (1445) Aend die X [= lOte Ziffer] is gheheyten een cyfer. Aend is dit 0. Dese cyfer een byduet ons in haer seluen nicht, [auch] cyfra (Clevischer, Algorithmus/ Schirmer 79); (1514) Zum ersten soltu wissen, das Newn beteutlich figure sein vn ein Zeiffer, die sein also gestalt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 vnd 0 das ist die zeiffer (Köbel, Rechenbüchlein/ Schirmer, 79); (1852) aber wie am Sterbebette rechnend gern der teufel sitzet, zerrt ihn nun Apones rede vom unendlichen zur ziffer (Brentano, Ges. Sehr. III/ DWB1 XXXI). Im 16. Jh. wurde Ziffer 'Null' allmählich durch die Bezeichung Null (1514) verdrängt. Die Bed. 'Zahlzeichen' ist etwas früher belegt: (1399) arismetrica, der zale behende ausrichterin, hilfet da nicht mit ihrer rechnung, mit irer reitung, mit iren bebenden Ziffern' (Ackermann a. Böhmen/ DWB 1 XXXI,); (1483) vnd ob yndert eyn eiffer oder mer verkert were, wil ich entschuldigt sein (Petzensteiners Rechenbuch Reg./ Schirmer, 79). In Verwendung 'Zahlzeichen' ersetzte Ziffer die alte dt. Bezeichnung Figur (für die römischen Zahlzeichen): (1514) Nun wil ich meynez verheyß noch, wie man die tzale, die mit sunderlichen figuren (die der gemein man Zeyffern nendt) schreiben solle lernen lesen vnd versten (Köbel, Rechenbüchlein/

Die Mathematik

135

Schirmer 79). Zur sprachlichen Differenzierung zwischen römischen und arabischen Zahlzeichen wurden anfangs die römischen teutsche zalen, die arabischen Ziffer genannt. Im Laufe der Entwicklung wurden Ziffer und Zahl synonym (seit 16. Jh.) für alle Zahlzeichen verwendet. Mit dem Zusatz „arabisch" oder „römisch" wird zwischen den beiden Ziffersystemen unterschieden: (1686) ein zaiger auff einer uhr ist vornher geformbt, als wie ein hertz, dessen spitz auff die ziffer oder zahl deutet (Abraham von S. Clara, Judas 1/ Schulz/Basler VI, 368); (1689) ich flirchte, es möchte alsdenn mit unsern freunden wie mit denen arabischen ziphern gehen (Lohenstein, Arminius/ Grimm 31, 1243); (1847) arabesch zeifferen, remisch zeifferen (Gangler, Luxemb./DWB 1 XXXI). Ende des 16. Jh.s bekam Ziffer die Bed. 3) 'Zahlgröße, Recheneinheit, die die Größe, Menge, den Wert von etwas angibt': (1590) die rentmeister, Schreiber, kemmerer, so die register oder handschriefften auch felschen, ein χ für ein u setzen, die ziepffern drinnen mindern oder mehren (Pomerius, Grosze Postilla II/ Schulz/Basier VI, 371). Zu anderen Bedeutungsnuancen s. Schulz/Basler VI. W B : (1700) Ziefer/Zifer «Ciffra, Cifra» (KRAMER II, I449 h ); (1734) Ziffer «cifra, numerus scriptus» (STEINBACH II, 1090); (1741) Ziffer «Ziffra, pro nulla (0) inter numerorum figuras. [...]. Ziffer, ist bey einigen auch so viel als eine geschriebene Zahl, numerus» (FRISCH II, 477 1 '); (1786) Die Ziffer «I. Eine Zahlfigur. [...]. 2. Ein geheimer, oder willkührlicher Schriftzug, ein verborgenes Schriftzeichen; eine im Hochdeutschen seltene Bedeutung» ( A D E L U N G 5 , 3 9 4 ) ; (1811) Die Ziffer «I) Ein Zahlzeichen. [...]. 2 ) Ein geheimer willkührlicher Schriftzug [...]» (CAMPE 5, 866 b ); (1909) Ziffer «Zahlzeichen» ( W E I G A N D II, 1325ff.); (1976) Ziffer «1. schriftliches Zeichen, das für eine Zahl steht; Zahlzeichen [...]. 2. mit einer Ziffer gekennzeichneter Unterabschnitt in einem Gesetzes-, Vertragstext» ( D U D E N 6). A. SPR: Frz. chiffre (1485); span, cifra (15. Jh.); ital. cifra (14. Jh.); engl, cipher ( 1 5 3 0 ) . BW, 129 b ; Corom. II, 72°ff. ; Cort. II; O E D II, 225 h ff.

4. Französisch als Vermittlersprache

4.0. Kurzeinführung Französische Arabismen reichen bis ins 11. Jh. zurück. Sie lassen sich für fast jede Entlehnungsperiode in direkte und indirekte Entlehnungen einteilen. Diesen Entlehnungsmodalitäten liegen die unterschiedlichsten historischen Faktoren zugrunde. Im Hinblick auf die an das Deutsche vermittelten Wörter werden im folgenden die arabisch-französischen Transferenzen in eben diesem jeweiligen historischen Zusammenhang behandelt. Dabei werden jeweils in Unterabschnitten die im Altfranzösischen und Neufranzösischen belegten Arabismen je nach primärer und sekundärer Entlehnung dargestellt. In einem weiteren Abschnitt sollen die hier angeführten Transferenzen im historischen Rahmen ihrer französisch-deutschen Überlieferung untersucht werden.

4.1. Primäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen 4.1.1. Transferenzen des Mittelalters Die erste Schicht der arabisch-französischen Entlehnungen vollzog sich im Mittelalter und fand ihren Niederschlag in den altfranzösischen Chansons de geste, im höfischen Roman sowie in der Kreuzzugsliteratur. Hierbei kommen verschiedene Wege in Frage, auf denen die einzelnen Arabismen ins Altfranzösische gelangen konnten. Einen geopolitischen Entlehnungsweg bildet das südfranzösische Grenzgebiet zum freigebliebenen Teil des damals von den Arabern besetzten Spanien. Auch durch das normannische Sizilien und das Sizilien der Anjou könnten Arabismen ins Französische gelangt sein. Die Kreuzzüge führten zu unmittelbaren arabisch-europäischen bzw. arabisch-französischen Sprachkontakten. Außerdem konnten die direkten oder indirekten Handelsbeziehungen der Araber und Franzosen zu einem erheblichen arabisch-französischen lexikalischen Einfluß beitragen. Bei all den genannten Transferenzmöglichkeiten stellen sich jedoch nach einer Untersuchung von Sguaitamatti-Bassi 1 - bis zum 13. Jh. lediglich 15 Wörter als direkte französische Übernahmen aus dem Arabischen heraus 2 . Die anderen, relativ zahlreichen altfranzösischen Arabismen wurden über andere romanische Sprachen oder über das Mittellatein entlehnt.

1 2

Sguaitamatti-Bassi ( 1 9 7 4 ) . Vgl. ebd., S. 158.

Primäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen

137

Dieser Befund läßt sich folgendermaßen erklären: Erstens dominierten die See- und Handelsstädte Italiens die wirtschaftliche Szene des westeuropäischen Mittelalters. Selbst die Provenzalen waren bis Anfang des 13. Jh.s auf den italienischen Zwischenhandel mit der Levante und mit Nordafrika angewiesen 3 . Die Handelstermini, die (außer in Spanien und Sizilien) neben den Wissenschaftstermini die Hauptmasse der arabisch-europäischen Entlehnungen darstellen, mußten zum größten Teil über das Italienische u n d in geringerer Zahl über das Provenzalische ins Französische gelangen. Zweitens blieb das Latein bis zum 16. Jh. die Wissenschaftssprache des Abendlandes. Hier konnte die zweite Hauptquelle der arabischen Transferenzen nicht direkt in die einzelnen europäischen Sprachen einmünden. Drittens vermochte die konfliktträchtige oder zumindest nicht immer friedliche Koexistenz von Muslimen und Christen im Orient der Kreuzzüge zu keinem dauerhaften kulturellen Austausch zu führen 4 , wie dies für lexikalische Entlehnungen notwendig gewesen wäre. Dabei waren die Franzosen mit den meisten Kontingenten am Kreuzzugsgeschehen beteiligt, und das Französische wurde nach Seiler „zum internationalen Verständigungsmittel aller Franken untereinander" 5 . Lexikalische Übernahmen aus dem Arabischen während der Kreuzzüge konnten dennoch nicht gänzlich ausbleiben. Sie sind in der altfranzösischen Kreuzzugschronistik und Kreuzzugsepik belegt, beziehen sich allerdings zum größten Teil lediglich auf orientalische Völker-, Berufs- und Herrschertitel. Folgende gelangten in die deutsche Sprache: Arab. badawT > afrz. beduin, bedouin (12. u. 13. Jh./ z.B. bei G. Coinci), frz. bedouin > dt. Beduin (18. Jh.) 6 . Arab, balffa > a f r z calife (Ende 12. Jh./ Chanson d'Antioche (Graindor) 7 > mhd. kalif (Anf. 14. Jh.). Arab, targuman, turgumän > afrz. drugemant (12. Jh.), trucheman (14. Jh./ FEW 19, 182 a ) > dt. trümschman, trumschman (2. H. d. 14. Jh.s) 8 . Arab, gazäla > afrz. gacele (12. Jh./ Estoire de la Guerre Sainte

3 4

5 6 7

8

Vgl. S c h e l u d k o (1927), S. 4 4 1 ; Schaube (1906), 185ff. u. 307. Z u r zwiespältigen H a l t u n g der C h r i s t e n gegenüber M u s l i m e n in Spanien u n d im K r e u z z u g s o r i e n t vgl. R o d i n s o n ( 1 9 8 5 ) , S. 21 ff. Speziell z u m französisch-islamischen K o n t a k t w ä h r e n d der Kreuzzüge s. Dreesbach (1901). Seiler ( 1 9 0 7 - 1 9 1 3 ) , Bd. II, S. 177. Vgl. F E W 19, 16. Vgl. Arveiller (1977), S. 302ff. Das frz. W o r t w u r d e nach Arveiller, ebd., 3 0 9 , schon w ä h r e n d des ersten Kreuzzugs e n t l e h n t . Es f i n d e t sich zunächst, u. a. als Caliphat, Calipha, in d e n lateinisch verfaßten Kreuzzugschroniken, so z.B bei O . von Freising ( M i t t e des 12. Jh.s). W e i t e r e H e r r s c h e r t i t e l b e z e i c h n u n g e n , die im Afrz. f ü r Kreuzzugsarabismen gehalten werden, sind: Arab. sul(än > afrz. soudant (Anfang des 12. Jh.s/ C h a n s o n d ' A n t i o c h e (Richard), mlat. soldanus (12. Jh./ Historia, G u i l l a u m e de Tyr), vgl. auch soutain, soltan (12. Jh.), Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 90-95. Die m h d . F o r m sold&n (13. J h . / Erec, wobei der 'Erec' erst im 16. J h . handschriftlich überliefert ist) b e r u h t nach L i t t m a n n (1927), S. 6 9 sowie D W B 1 XX auf ital. soldano. Arab, mamlok > afrz. Mamelon (12. J h . / Estoire de la G u e r r e Sainte), memebc (12. J h . / G u i l l a u m e de T y r , H i s t o r i a ) , dazu

Französisch als Vermittlersprache

138

d'Ambroise), frz. gazelle

gazel

(13. Jh./

(13. Jh./

Marco

s a q r > a f r z . sacri (jarrOb > afrz.

(1298),

Zypern)11

> frühnhd.

A u f den dagegen

keinen

die

nennenswerten

leute im H a n d e l

sowie

die

lehnte

letzteres

belege Arab,

im

(1411/

in e i n e m

Besatzung

Einfluß ausgeübt zu haben. W a r e n

mit der Levante und mit Nordafrika

in

allerdings

auch

einige direkt auf.

schie-

Spanien

dar.

b a r n l a > a f r z . camelot

Folgende

(1213/

aus d e m

b a r r a k ä n > frz. barracan,

die

baracan

Arabischen in d e r

(16. Jh.) > mhd.

barkän

Erst-

Sprache: (1250/

chamelot

(13. Jh./ J.

ent-

altfranzö-

deutsche

Li F e t des r o m a i n s ) ,

über

gelangen,

a u f u n d stellen z . T .

erreichten

-

Kauf-

und konnten

Diese tauchen

L i t e r a t u r s o w i e in U r k u n d e n

Romanischen

aus Dok.

die Italiener

ins A l t f r a n z ö s i s c h e

I m a g e d u M o n d e , M s . M o n t p e l l i e r ) > m h d . schamlät Arab,

Arab.

d'Ambroise),

u n d z . T . a u c h die Provenzalen die f ü h r e n d e n

Handelsartikelbezeichnungen

sischen höfischen

Arab,

14. Jh.)10.

(seit

Handelsaustausches

islamische

ihre S p r a c h e n viele arabische H a n d e l s t e r m i n i so weist

Louis),

'Johannisbrot'12.

des a r a b i s c h - e u r o p ä i s c h e n

Kreuzzüge

wie bereits e r w ä h n t -

de Saint ( 1 8 . Jh.)'\

( 1 3 6 7 / in e i n e m D o k .

caroble

( 1 4 . J h . ) ; frz. caroube

caruble

Karube

Bereich

Gazelle

( 1 2 . J h . / E s t o i r e d e la G u e r r e S a i n t e

quaroble

aus Z y p e r n ) > dt.

Histoire

> dt.

( 1 4 . J h . ) > d t . Sacker

sacre

( 1 2 . J h . / Assises d e J e r u s a l e m ) ,

karouble

nen

F . S. d e J o i n v i l l e , Polo, Voyage)

Titurel)13. (13. Jh./

Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 6 7 - 6 8 ; Arveiller (1985), S. 2 4 2 - 2 4 9 . Arab. Jaib > afrz. seic 'Scheich' (13. Jh./ Joinville, Historia Saint Louis), die heutige frz. Form cheik stellt eine neue Entlehnung aus dem Arabischen dar, vgl. Sguaitamatti- Bassi (1974), S. 150-152. Arab, qädl 'Kadi' > afrz. caadiz (Ende des 13. Jh.s/ Recueil des Historiens des Croisades), (die Endung -z ist PI., das geminierte -aa- stellt die graphische Wiedergabe des arab. Langvokals des Wortes dar). Dieser afrz. Beleg liegt aber vereinzelt vor. Die heutige frz. Form codi ist über das Ital. ins Frz. gelangt, vgl. Arveiller ( 1 9 7 9 ) , S. 3 2 3 - 3 2 8 . 9 10

" 12 13

Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 59-61. B W , 5 6 8 : „Sacre, ... Empr., au moment des Croisades", vgl. auch Gam., 7 8 7 . Die Etymologie des Wortes ist umstritten. Diez führt es auf lat. sacer 'heilig' zurück und glaubt in ΐέραξ, dem mgr. Namen des Vogels, eine Bestätigung seiner These zu finden. Das mgr. Wort wäre ein Übersetzungslehnwort des lat. sacer. Es liegt ein mlat. sacer 'Sackerfalk' in Friedrichs II. Jagdtraktat aus der ersten Hälfte des 13. Jh.s vor. F E W 19, 151, bezweifelt die lateinische und argumentiert für die arabische Herkunft des Wortes, indem er auf die Bedeutung der Falkenjad im arabischen Raum, vor allem im arabischen Sizilien, und auf die Abwesenheit dieser Falkenart in Westeuropa hinweist, dies im Gegensatz zu Westasien und Nordostafrika, wo der Sackerfalk sehr verbreitet ist. Auch Corom. begünstigt die arabische Herkunft von sacre, besonders hinsichtlich der Bedeutung und der Chronologie; jaqr ist im Arabischen früh belegt. Allerdings sei es keiner Stammwurzel des Arabischen zuzuordnen. Deshalb könne saqr von lat. sacer heilig' entlehnt sein. Span, sacre (1252) sei entweder direkt aus dem Arabischen oder über die mlat. Form entlehnt. Für Battisti V stammt ital. sagro (13. Jh.) und die Variante sacru aus arab. saqr. Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 62-65; dazu auch Arveiller ( 1 9 7 8 ) , S. 2 7 4 - 2 8 1 . Vgl. Arveiller (1978), S. 2 7 5 . Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 120-125; dazu auch Höfler ( 1 9 6 7 ) , S.54ff.

Primäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen

139

Neidhart v. Reuenthal) 1 4 . Arab. bubSrT > frz. boquerant (Chrestien de Troie), auch boukerant (13. Jh.) und bougran (14. Jh.) > mhd. buckerän (13. Jh.) 1 5 . Arab, bagdädl > afrz. baldekin (2. H. d. 12. Jh.s/ Entias) 'Seidenstoff, baudequin (12. Jh./ Ambroise, Estoire de la Guerre Sainte) > mhd. baldekin (12. Jh.) 1 6 . Wort und Sache wären nach Sguaitamatti-Bassi schon im 9. u. 10. Jh. in Frankreich bekannt gewesen. Der Anlaß dazu wären die über Byzanz hergestellten Handelsbeziehungen mit der Levante. Auch soll Karl der Große Geschenke von HärQn ar-Raäld empfangen haben, unter denen sich kostbare Seidenstoffe befanden und wahrscheinlich auch der baldekin17. Ein lat. Beleg des Wortes aus dem 10. Jh., baldaquinos, befindet sich in einer Stiftungsurkunde der Pariser Notre Dame. Sguaitamatti-Bassi sieht aber in dieser lat. Form lediglich eine Hyperkorrektur eines älteren vulgärsprachlichen *baudequin (zu Baudas, der afrz. Bezeichnung der Stadt Bagdad. Der Wandel -g- > -u- lief analog zu sagma > säume etc.), das von lateinischen Schreibern bewußt revidiert wurde, um die volkstümliche Erscheinung der Vokalisierung von -/- vor Konsonant zu vermeiden. Das afrz. baldekin wäre dagegen unter dem Einfluß eines anderen Arabismus, nämlich molequin (1100) 'ein Leinenstoff (zu gleichbed. malakT) entstanden. Afrz. baudequin soll dann eine Entwicklung von -/- zu -«- erfahren haben 1 8 . Die Gelegenheit zu direkten Kontakten von Arabisch-Sprechenden und Franzosen war im Mittelalter auch durch das Pyrenäen-Grenzgebiet zwischen Südfrankreich und Nordspanien gegeben. Zur Klärung dieses Sachverhaltes seien einige historische Fakten vorangestellt, die den Hintergrund sowohl für bestimmte direkt entlehnte, als auch für bestimmte indirekt,

M

15 16 17

18

Afrz. barragan 'Wollstoff' (1165)/ Roman de Thibes) > mhd. barragän (13. Jh.) geht dagegen zurück auf span, barragän, das bereits im 10. Jh. als 'Mantel aus barragan' belegt ist. Als Stoffbezeichnung ist das span. Wort allerdings erst im 13. Jh. nachgewiesen. Spät bezeugtes frz. barracan kann durch mlat. barracanus (12. Jh.) gestützt werden. Mhd. barkän > frühnhd., nhd. barchent liegt wahrscheinlich die Lautentwicklung -k- > -ch- zugrunde. Vgl. Corom. I, 5 2 l b ; FEW 19, 28 b ff. Vgl. FEW 19, 36; Lexer I. Dazu Exkurs II. 4.3.1.1. Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 38. Zu den diplomatischen Beziehungen bzw. dem Austausch von Geschenken zwischen Karl dem Großen und HarOn ar-Raild vgl. Clot (1991), S. 107-120. In einer Gesandtschaft aus dem Jahr 802 erhielt Karl der Große von Harun folgende Geschenke: „Ein Zelt mit verschiedenfarbigen Wandbehängen aus Leinen von bewundernswerter Schönheit, zahlreiche Seidenstoffe, Parfüms, Salben, Balsam, zwei große Kandelaber aus vergoldeter Bronze, »die alle verblüfften, die sie sahen«" ebd., S. 116. Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 38-42; dazu Kunitzsch (1974), S. 14 u. Anm. 19. Ein weiteres direkt aus dem Arabischen entnommenes Wort ist afrz. balais 'eine Art Rubin' (Ende d. 13. Jh.s/ Lapidaire Anglo-normand), balois (1212/ Roman de la Rose von J. Renard), zu gleichbed. arab. balabä, dazu Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 102-109. Mhd. balas geht wahrscheinlich nicht auf die afrz. Form, sondern auf mlat. balascius (13. Jh.) zurück, vgl. M L W I, 1318; Lexer I, 113.

140

Französisch als Vermittlersprache

über das Altspanische, Altkatalanische u n d Altprovenzalische ü b e r n o m m e ne A r a b i s m e n des Altfranzösischen beleuchten k ö n n e n . Die arabische O k k u p a t i o n in S e p t i m a n i e n u n d in der Provence k o n n t e keine b e d e u t e n d e n nachweisbaren k u l t u r e l l e n oder sprachlichen Spuren hinterlassen, wie dies in Spanien und Sizilien der Fall war. Die sarazenische Gefahr in Südfrankreich hielt nicht lange an. Dies wird in der europäischen Geschichtsschreibung dem sofortigen Eingreifen Karl Martells ( 7 3 2 ) und Pippins ( 7 5 2 ) zugeschrieben 1 9 . Allein die altfranzösischen C h a n s o n s de geste des W i l h e l m s - Z y k l u s (z.B. Charroi de Nimes, La Prise d ' O r a n g e , Aliscans) bewahren die Erinnerung an diese Geschehnisse. Im C h a n s o n d'Aliscans (12. J h . ) z.B. konnte G u i l l a u m e d ' O r a n g e seine von den „Heiden" belagerte Residenz, die Stadt Orange, mit Hilfe des nordfranzösischen Heeres befreien 2 0 . Die Sarazenen, denen G u i l l a u m e entgegen den Tatsachen die Herrschaft über die ganze Provence zuschrieb, haben ihm zunächst Leid zugefügt, doch bald w u r d e n sie mit U n g l ü c k überhäuft u n d am Ende über die Grenze Frankreichs zurückgejagt 2 1 . A u c h im älter eingeschätzten C h a n s o n de Roland (11. J h . ) wird der unerbittliche Kampf der C h r i s t e n gegen die Heiden geschildert. Der H a n d l u n g s s c h a u p l a t z ist jetzt aber nicht das südfranzösische Gebiet, sondern N o r d s p a n i e n . D i e C h a n s o n de R o l a n d vergegenwärtigte jenes Ereignis, das sich im J a h r e 7 7 8 zugetragen hat: Die Gegner des Emirs von C o r d o b a forderten Karl den Großen z u m Eingreifen auf. Er zog im genannten J a h r m i t einem aus allen Reichsteilen zusammengeführten Heer über die Pyrenäen. Bei Saragossa kam der Angriff zum Erliegen. Entgegen den Paderborner V e r h a n d l u n g e n weigerte sich die Stadt Saragossa, d e m Heer Karls des Großen ihre T o r e zu öffnen. Den sich zurückziehenden T r u p p e n setzten d a n n die Basken hart zu. Dieses im Epos als Desaster von Ronceval b e r ü h m t gewordene Ereignis fand in W i r k l i c h k e i t zwischen Ebro u n d P a m p e l u n e statt 2 2 . Karls Einmarsch in Spanien eröffnete im G r u n d e nur die bis ins 13. J h . mehrmals erfolgten Beteiligungen der französischen Chevalerie an der spanischen R e c o n q u i s t a 2 3 . Aber zur Erklärung des sprachlichen Einflusses des

1

In der berühmt gewordenen Schlacht von 732 konnten Karl Martell und sein Heer die muslimische Gefahr vor Tours und Poitiers abwenden. Im Jahre 752 gelang es Pippin dem Kurzen Nimes, Maguelonne und Biziers zurückzuerobern. 7 5 9 wurde die arabische Garnison in Narbonne von der westgotischen Bevölkerung niedergemacht und somit war ganz Septimanien befreit. Dazu Bosl (1970), S. 143ff.; Dhondt (1968), S. 17. Im Grunde bedrohten die arabischen Überfälle das südfranzösische Gebiet auch nach 795; so z.B im Jahre 793, als die M u s l i m e nach Navarra und Carcassonne einmarschierten. Infolge dieses Ereignisses wurde 7 9 5 die Spanische M a r k errichtet. Vgl. Bosl (1970), S. 101.

20

Zum Vgl. Vgl. Vgl.

21 22 23

historischen Hintergrund des Aliscans Rollin/Aliscans, S.XXXIIff. Wethelet-Willem (1975), Bd. I, S. 483ff. Aebischer (1957), S. 39. Menendez Pidal (1962), S. 231 ff.

Primäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen

141

Arabischen u n d des Spanischen auf die Idiome des Languedoc sowie auf das N o r d f r a n z ö s i s c h e fallen andere G r ü n d e ins Gewicht als nur die militärischen Expeditionen in Spanien. Einerseits entstand bereits im Jahre 7 9 5 die Spanische M a r k als M a ß n a h m e gegen mögliche Überfälle der Araber in S ü d f r a n k r e i c h 2 4 . Sie w u r d e auf dem Gebiet der später g e g r ü n d e t e n Markgrafschaft Barcelona errichtet, die bis in das 12. J h . ein Lehnsstaat der französischen Könige war. Andererseits k o n n t e das Frankreich des M i t telalters d u r c h die Heiratsallianzen zwischen dem französischen u n d d e m spanischen Adel sowie durch die Pilgerfahrt nach Santiago de C o m p o s t e l a intensive Beziehungen zum freien Teil der iberischen Halbinsel pflegen 2 5 . W i e aber k o n n t e n lexikalische E n t l e h n u n g e n aus d e m Arabischen in die Sprachen der hier in Frage k o m m e n d e n Völkerschaften eingehen, wenn der nördliche Teil der Halbinsel weitgehend christlich blieb u n d die M ö g lichkeit eines sprachlichen Kontaktes mit den Arabern kaum zu erwarten war? Zwei Möglichkeiten k ö n n e n hier in Betracht gezogen werden: Einerseits saßen die Araber auch im N o r d o s t e n Spaniens u n d w u r d e n nur langsam daraus vertrieben; Barcelona fiel um 8 0 0 2 6 , Saragossa erst um 1118. Zweitens, u n d dies ist das Wichtigste, spielten die Mozaraber eine große wirtschaftliche u n d kulturelle Rolle in den christlichen Königreichen im N o r d e n der Halbinsel. Mozaraber, zu arab. musta'rib 'arabisiert', ist ein „abgeleiteter A u s d r u c k zur Bezeichnung der N i c h t a r a b e r , das h e i ß t der eingeborenen C h r i s t e n latein-iberischen oder westgotischen U r s p r u n g s in al-Andalus (Andalusien), die nach der arabischen E r o b e r u n g wohl an ihrem G l a u b e n festhielten, jedoch in den äußeren F o r m e n ihrer Lebensweise sich den Eroberern v o l l k o m m e n a n p a ß t e n . " 2 7 D i e Mozaraber bedienten sich - wie an anderer Stelle erwähnt - neben ihrem romanischen I d i o m auch des Arabischen. Am A n f a n g der arabischen H e r r s c h a f t w u r d e n sie mit großer T o l e r a n z behandelt. Sie amtierten in den Regierungskanzleien u n d Finanzabteilungen als h o h e Funktionäre. Auch waren die Mozaraber an den Stätten der Gelehrsamkeit zu T o l e d o , C o r d o b a oder Sevilla tätig u n d trugen zur E n t w i c k l u n g der Philosophie, Wissenschaft und Literatur bei. Als aber gegen M i t t e des 9. Jh.s die mozarabische Bevölkerung von einem religiösen Eifer ergriffen wurde u n d es zur öffentlichen Lästerung des Islams u n d seines Stifters kam, setzte die erste Welle ihrer Vertreib u n g nach d e m N o r d e n ein. Dieser Prozeß w u r d e im 11. u n d 12. J h . mit dem Eintreffen der intoleranten Almoraviden u n d A l m o h a d e n in A n d a l u -

24 25 26

27

Vgl. Bosl ( 1 9 7 0 ) , S. 101. Vgl. Nasser (1966), S. 39. Auch n a c h 8 0 1 w u r d e Barcelona e r n e u t von der arabischen A r m e e überfallen. Dies geschah, als der G o t e Aizon gegen die fränkischen M a c h t h a b e r der Spanischen M a r k revoltierte u n d U n t e r s t ü t z u n g b e i m Emir von C ö r d o b a , A b d e r r a h m a n II. f a n d . D a z u M i n e n d e z Pidal (1962), S. 2 4 8 f f . LAW, S. 7 6 7 .

142

Französisch als Vermittlersprache

sien beschleunigt 2 8 . Die Auswanderung der Mozaraber in die romanischchristlichen Königreiche im Norden der Halbinsel ließ sie als Vermittler zwischen den orientalischen und europäischen Sprachen und Kulturen auftreten 2 9 . A. Steiger hebt besonders ihren Einfluß auf das wirtschaftliche und kulturelle Leben im Königreich Leon hervor. Er weist in diesem Zusammenhang auf das Werk von Gömez Moreno, Iglesias Mozärabes (1919), hin, in dem betont wird, „wie sehr die arabische Sprache als Benennung gewisser Sachobjekte auch im alten Königreiche Leon verbreitet war." 3 0 Die mozarabisch vermittelten Arabismen konnten also - nach den oben geschilderten Kontaktsituationen - auch ins Alfranzösische, ins Altprovenzalische sowie ins Altkatalanische entlehnt werden. Die in den altfranzösischen Chansons de geste und höfischen Romanen auftauchenden Wörter werden in den etymologischen Wörterbüchern zum einen Teil als direkte Entlehnungen, zum anderen Teil als über das Altspanische, Altprovenzalische oder Altkatalanische vermittelt betrachtet. Folgende werden als direkte Entlehnungen eingestuft: Arab, (al-)qubba > afrz. alcube (um 1150/ Couronnement de Louis), aucube (um 1140/ Charroi de Nimes), acube (13. Jh.) > mhd. ekub (13. Jh.) 3 1 . Arab. (al-)Mansür 'Nomen proprium des gegen Ende des 10. Jh.s zu Cordoba herrschenden Kalifen' > afrz. αΐτηαςοτ Ν. m. 'gefürchteter Herrscher der Sarazenen' (11. Jh./ Chanson de Roland; 12. Jh./ Chanson de Guillaume) > mhd. Amarezur (12. Jh.), amazur, amazzur (13. Jh.) 3 2 . Arab, 'amir > afrz. u.a. amiral, amirail, amurafle, amirafle 'Emir, Befehlshaber' (Chanson de Roland; Chanson de Guillaume) > mhd. Amurafle (Rolandslied), Ammirafel 'Ländername' (Willehalm); enteral (Willehalm) 3 3 . Arab. tunbOr > afrz. tabor 'Trommel' (11. Jh./ Chanson de Roland; P£lerinage de Charlemagne); tambour (13. Jh.) > mhd. tambür (12. Jh.) 3 4

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32

33 34

Vgl. ebd., S. 768ff. Vgl. Steiger (1943), S. 626ff.; vgl. hier S. 31. Ebd., S. 628. Vgl. Berger (1899), S. 320; FEW 19, 96 b ff. begründet die direkte Übernahme des afrz. alcube aus dem Arabischen statt aus entsprechendem span, alcoba (13. Jh.) dadurch, daß das frz. Wort viel früher belegt ist als das span, und von diesem im Vokal (« statt o) abweicht. Vgl. Berger (1899), S. 321; Wethelet-Willem (1975), Bd. II, S. 1084; FEW 19, 3 b . Die Substantivierung des Kalifennamens al-MansQr zum Typus eines muslimischen Herrschers schlechthin findet ihre Begründung in den despotischen Taten des al-MansQr, der in Andalusien mit absoluter Gewalt herrschte und mehrmals Feldzüge gegen den spanischen Norden unternahm. Sein Name wurde in der christlichenWelt besonders dadurch bekannt, daß er im Jahre 997 das Königreich Le6n angriff und die Pilgerstadt Santiago de Compostela zerstören ließ. Dazu Bosl (1970), S. 144; FEW 19, 3 b . Vgl. Berger (1899), S. 321; Wethelet-Willem (1975), S. 1086. Vgl. Berger (1899). S. 325ff.; FEW 19, 174'ff.

Primäre arabisch-französische Kontakte u n d Transferenzen

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4.1.1.1. Exkurs: Zum Wort amiral Die unterschiedlichen Endungsvarianten des Wortes amir- in den europäischen Sprachen führten zu mehreren Ableitungsversuchen (vgl. hier Artikel Admiral), die Kunitzsch in mehreren seiner Publikationen über Orientalia mit Recht zurückgewiesen hat. Er vertritt die Meinung, daß alle europäischen Formvarianten dieses Wortes einzig auf arab. 'amfr 'Emir, Befehlshaber' zurückgehen. Formen wie amurafle zählen aber zu den vielen anderen entstellten orientalischen Personen- und Ländernamen der afrz. und m h d . epischen Literaturen. Die N a m e n stimmen zwar manchmal schon mit historischen Fakten überein, werden jedoch oft in ihren spezifischen Bedeutungen nicht richtig verstanden und graphisch frei variiert. Den G r u n d hierfür sieht Kunitzsch 3 5 in den oberflächlichen O r i e n t k e n n t nissen der Dichter, die - trotz sachlicherer Informationen über den Orient durch die Kreuzzüge — auf das alte „konventionelle westliche Bild der Heidenwelt" nicht verzichten konnten und wollten: „Für die Dichter", so folgert Kunitzsch, „war und blieb der Orient eine Phantasiewelt, und was sie an dennoch historisch 'echten' Namen, Titeln und Gegenständen benutzten, das sind für sie lediglich Kulissen, Versatzstücke, die sie beliebig zur Ausmalung orientalischer Szenerie und Atmosphäre einsetzen. So finden wir in den mittelalterlichen europäischen Dichtwerken denn immer wieder die gleichen Namen — wenn auch oft variiert, jedesmal völlig frei neu zugeteilt und in beliebiger Willkür verwendet." 3 6 4.1.1.2. Exkurs: Zum Wort tambur Sernantisch weicht das afrz. bzw. mhd. W o r t tambourl tambur 'Trommel' vom arab. tunbQr, das eigentlich 'Saiteninstrument' bedeutet, ab. Auch weist die afrz. Variante tabor keine Nasalierung in der ersten Silbe auf. Dies führt manche Etymologen (wie im FEW, 19, 174 a ff) zur Annahme eines pers. tablr 'Pauke' als Ausgangswort zu den europäischen Wortformen. Da aber die Chanson de Roland (1080), in der tabor erstmals auftritt, sehr wahrscheinlich vor dem ersten Kreuzzug (1096 — 1099) verfaßt worden war 3 7 , k o m m t eine pers. Etymologie aus historischen G r ü n d e n nicht in Frage. Es liegen aber aspan. atamor (Cid), port, atambor sowie aprov. tanbor vor, die alle die Bed. 'Trommel' aufweisen. Dies verleitete zu anderen Erklärungsversuchen: So wird angenommen, daß das W o r t im iberoromanischen Raum entweder unter dem Einfluß eines anderen arab. Wortes, nämlich tabl (PI. tubül) ' T r o m m e l ' entstanden sei, oder, wie Giese 38 dies erläutert, daß das pers. tablr 'Pauke' beim Übergang ins Ara-

35 36 37

38

Vgl. z.B K u n i t z s c h (1987), S. 2 6 4 . Kunitzsch ( 1 9 8 7 ) , S. 269ff.; dazu auch H . Szklenar ( 1 9 6 6 ) . Anderer M e i n u n g sind W a r t b u r g , F E W 19, ebd., u n d M e n a n d e r ( 1 9 3 2 - 1 9 3 3 ) , S. 101, die tabor als K r e u z z u g s e n t l e h n u n g betrachten bzw. das afrz. Rolandslied später d a t i e r e n . Zit. in C o r o m . V, 396 b .

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bische mit tunbQr (auch pers. H e r k u n f t ) phonetisch verwechselt worden sei. Dabei hätte tunbQr die Bed. ' T r o m m e l ' a n g e n o m m e n und wäre so ins Romanische übergegangen. Was das afrz. tabor betrifft, so ließe sich der Schwund von m in der ersten Silbe durch Assimilation des labialen Nasals an b erklären 3 9 . Nichtsdestoweniger bleiben diese Erklärungen hypothetisch, bis eine umfangreiche Untersuchung des Wortes in Primärquellen u n t e r n o m m e n wird, wie Kunitzsch dies beansprucht 4 0 . 4 . 1 . 2 . T r a n s f e r e n z e n der Neuzeit Bis zum offiziellen Einmarsch in Algerien (1830) konnten in der Neuzeit aus den oben genannten G r ü n d e n nur vereinzelt einige Arabismen direkt ins Französische gelangen. Diese k o m m e n an erster Stelle in Reisebeschreibungen vor, deren Verfasser die Länder des Orients oder des Maghreb aus Forschungsgründen oder aus Interesse bereisten. Es handelt sich dabei vorwiegend um Wörter, die sich auf typisch arabisch-islamische Gegenstände oder Einrichtungen beziehen. Die Besetzung Nordafrikas trug aber wesentlich dazu bei, daß sich diese Wörter in der französischen Sprache durchsetzten. Folgende erreichten die deutsche Sprache: Arab, burnus od. barnus > frz. bournous (1735); burnous (seit 1841) > dt. Burnus (1848) 4 1 . Arab, marbot od. muräbit > frz. marabout (1608) 'islamischer Eremit', (1818) 'Vogelname, Lepto pilus' > dt. Marabu (19. Jh.) 4 2 . Zuletzt konnte - wie bereits angedeutet - seit dem 19. Jh. infolge der französischen Kolonisation im Maghreb sowie durch die Auswanderung vieler Nordafrikaner nach Frankreich eine Reihe von Arabismen dialektischer Färbung in das Französische, vor allem in die Umgangssprache u n d in das Argot einfließen. Diesem Repertoire nordafrikanischer Wörter des Französischen gehört z.B. das arabisch-algerische gäzia > frz. razzia (1841) > dt. Razzia (Mitte des 19. Jh.) an.

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Vgl. Berger (1899), S. 326. Vgl. Kunitzsch (1987), S. 268. Die F o r m bournous geht auf Laurent D'Arvieux zurück, der schon im 17. Jh. den O r i e n t bereiste. Das W o r t erschien d a n n in seinen 1735 p o s t u m veröffentlichten M e m o i r e n . N a c h F E W 19, 28 a , wurde dieser Beleg nicht weiterverbreitet. Frz. burnous (seit 1841/ Balzac), dem verschiedene Varianten wie bournousse (1836), bomous (1851) vorausgingen, w u r d e erst infolge näherer K e n n t n i s des O r i e n t s oder des M a g h r e b „durch N a p o leons Ägyptenfeldzug, durch Reisen europäischer Forscher zu Beginn des 19. Jh.s, vor allem aber d u r c h die Invasion Frankreichs in Algier ( 1 8 3 0 ) " e n t l e h n t u n d verbreitet. ( F E W 19, ebd.). Davor aber erreichten indirekt die verschiedensten F o r m e n des W o r tes die französische Sprache, so z.B. barnusse (1556) d u r c h die Übersetzung des italienischen Primo volume delle Navigatione et viaggi (Venedig 1550). Vgl. Arveiller (1970), S. 3 5 6 - 3 5 9 . Vgl. F E W 19, 131 a ff.; Arveiller (1986), S. 3 1 3 - 3 1 7 . Das W o r t w u r d e durch die Reis e n d e n in N o r d a f r i k a ins Französische e n t l e h n t . In d e n b e t r e f f e n d e n Reiseberichten t a u c h t es bereits im 17. u n d 18. J h . mehrfach auf.

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

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4.2. Sekundäre Kontakte und Transferenzen 4 . 2 . 1 . S e k u n d ä r e T r a n s f e r e n z e n d u r c h das S p a n i s c h e 4 . 2 . 1 . 1 . Transferenzen im Mittelalter Nach M e l a n d e r pflegte das muslimische Spanien keine besonderen Kont a k t e zu F r a n k r e i c h 3. A r a b i s c h e o d e r h i s p a n o a r . E n t l e h n u n g e n k o n n t e n eher durch die oben geschilderten Kontaktsituationen, z.B. d u r c h die M o z araber, ins Altfranzösische gelangt sein. Folgende A r a b i s m e n gelten als über das A l t s p a n i s c h e ins Altfranzösische e n t l e h n t : A r a b . I)al'fa > aspan. a l g a l i f o ( 1 1 1 5 ) > afrz. a l g a l i f e (11. Jh./ C h a n s o n de R o l a n d ) > m h d . Algafiles, Algaphile ( 1 2 . J h . ) 4 4 ; a r a b . zanätT > s p a n , jenet ( 1 3 . / 1 4 . J h . ) > frz. genet ( 1 4 . J h . ) > m h d . genit ( 1 3 . J h . ) ' P f e d e r a r t ' 5 ; a r a b . läzuwardT > a s p a n . azul ( 1 0 J h . ) > a f r z . azur ( C h a n s o n d e R o l a n d ) > d t . Azur ( 1 8 . J h . ) 4 6 ; a r a b . zahr ' S p i e l w ü f e l > s p a n , azar ( 1 2 5 0 ) ' W ü r f e l s p i e l ' > frz. hasard (1184) > m h d . hasehart, haschart (13. Jh.)47. Durch das Spanische w u r d e weiter arab. qintar ' 1 0 0 P f u n d ' > s p a n , quintal ( 1 2 2 0 ) ' c i e n l e b r a s ' > frz. quintal (13. J h . ) ' p o i d s d e c e n t l i v r e s ' > d t . Quintal ( D u d e n V ) 4 8 entlehnt. Ein zwar über die iberische Halbinsel entlehntes, jedoch nicht mit Sicherheit auf e i n e a s p a n . Form z u r ü c k g e h e n d e s W o r t ist d e r N a m e d e s i s l a m i s c h e n P r o p h e t e n Muhammad 49 . M i t v e r t a u s c h t e n V o k a l e n t a u c h t d e r N a m e i m A f r z . z u m e r s t e n M a l in d e r C h a n s o n d e R o l a n d a l s Mahumet50 auf und findet

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Vgl. Melander (1932/33), S. 96-97. Außer durch den Handel waren die Kontakte zwischen Andalusien und Westeuropa allgemein sehr beschränkt: „Malgre son eclat, l'Espagne musulmane vecut comme un pays isold de l'Europe", Melander ebd., S. 97. Vgl. Berger (1899), S. 321; FEW 19, 64'. Vgl. BW 291"; DDM 338 b ; Corom. III, 517 b ff. Eine andere Pferdebezeichnung ist Arab, (al-)faras 'Pferd' > aspan. alpaharaces (9. Jh./ in einem Brief von Papst Johann VIII. an Alphons III. von Galizien) > afrz. alferant, auferrant (Couronnement de Louis; Charroi de Nimes; Chanson de Guillaume), entsprechendes mhd. varis (12. Jh.) beruhe nach Sualahti (1902), 130, auf mlat. fariseus, farius. Vgl. Berger (1899), S. 320ff.; Wethelet-Willem (1975), Bd. II, S. 1084; FEW 19, 43 b . Vgl. Berger (1899), S. 321ff.; Corom. I, 439'ff.; Exkurs II. 4.2.1.1.1. Vgl. Dozy Suppl. I, 608 b ; BW 317; Lexer I. Vgl. Corom. IV, 732 b ff.; FEW II, 691 a ; Dozy Suppl. II, 412; dazu auch Hinz (1955), S. 24-27. Dt. Quintal wird im Duden IV wie folgt definiert: 'alte, etwa einem Zentner entsprechende Gewichtseinheit in der Schweiz, in Frankreich, Spanien, Portugal sowie in einigen mittel- u. südamerikanischen Ländern'. Das Wort wird bereits 1762 von Niebuhr, Reisebeschreibung I, S. 143, verwendet: „Zu den durch Egypten gehenden Waaren, wovon die Europäer etwas kaufen, gehört der so genannte arabische Gummi, wovon die Araber aus der Gegend von Tör und des Berges Sinai gemeiniglich im October in zwey bis drey kleinen Karwanen, in allem etwa 6 bis 700 Quintal nach Kahira bringen". Das arab. Wort ist selbst über das Syr. und Aram, aus lat. CENTENARIUM Zentner' übernommen. Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 74-84. Vgl. ebd., S. 81.

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in dem auf dieser beruhenden m h d . Rolandslied des Pfaffen Konrad seine Entsprechung in Machmet, Mahntet, Mahumet^.

4.2.1.1.1. Exkurs: Zum Wort azur D e n Belegen des W K A II/ 1, 37 a ff. zufolge scheint das Farbadjektiv läzuwärdl oder läzawardT einen ausgesprochen fachsprachlichen u n d gelehrten Charakter gehabt zu haben. Es k o m m t überwiegend in wissenschaftlichen Schriften der Astronomie, Arzneimittellehre, Botanik u n d Alchimie zur Bezeichnung des Blaus des Himmels, der Blüten, Flammen, Edelsteine, T i n t e n u n d Färbemittel vor. In literarischen Texten taucht nicht das Farbadjektiv, sondern das Substantiv lazuward 'Lapis Lazuli' als Vergleich oder als Metapher auf, wobei die Bezugsgröße immer das Blau des Lasursteins ist. Das W o r t findet sich nicht in den älteren Lexika des klassischen Arabisch u n d ist in den heutigen Dialekten als Steinname relativ stark verbreitet, als Farbbezeichnung jedoch kaum bekannt 5 2 . In letzterer Verwend u n g tauchte es aber in Spanien u n d Portugal bereits im 10. Jh. in der Form azui auf u n d wurde von A n f a n g an als G r u n d f a r b w o r t für Blau verwendet. Die Entlehnung fand wahrscheinlich über eine hispanoar. Form *läzQrd statt. D a ß die Spanier u n d Portugiesen zur A u f f ü l l u n g einer vor dem arabischen Sprachkontakt in ihrem Farbvokabular fehlenden G r u n d farbwort-Kategorie für Blau nicht dem arabischen Standardbegriff für Blau 'azraq/ PI. zurq, sondern dem eher marginal existierenden läzQrd den Vorzug gegeben haben, findet in der bisherigen Forschung keine befriedigende Erklärung 5 3 . Corominas möchte einen Einfluß des oben erwähnten zurq auf LäzQrd sehen, wobei letztere Form bereits im Arabischen zum Farbwort geworden wäre 5 4 . Span, azul, der n u n allgemein gebräuchliche G r u n d farbbegriff für Blau, ging ins Französische als azur über u n d bezeichnet im Gegensatz zum Spanischen lediglich einen blauen Farbton. In dieser Hinsicht konnte azur das alte, auf das Germanische zurückgehende bleu nicht verdrängen. Es taucht außerdem von Anfang an n u r in gehobener, literarischer u n d poetischer Verwendung auf. So wurde es in der frz. Heldenepik, erstmals in der Chanson de Roland (1080), in Z u s a m m e n h a n g

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Wesle/Rolandslied, V. 806, 9 2 1 , 1037; vgl. Exkurs II. 4 . 2 . 1 . 1 . 1 . 1 . D e r Lasurstein war ein geschätzter Handelsartikel der Araber im Mittelalter. Dies geht z.B aus einer 1175 verfaßten Handels- u n d W a r e n l e h r e des arabischen Autors ad-Dimaiql hervor. Z u m Stichwort lazuward schreibt er folgendes: „die Könige stellen sich zu ihm wie zu d e m Karneol u n d verwenden von i h m n u r besonders s c h ö n e Stücke. M a n stellt aus i h m solche G e f ä ß e her, wie sie das gewöhnliche Volk n i c h t herstellen k a n n . Der gemahlene Lasurstein, auf dessen G ü t e die Schönheit seiner Blüte (Farbe) hinweist, ist eine W a r e , die nicht zu jeder Zeit verkäuflich ist, da m a n sie n u r zur Verzierung ( O r n a m e n t i k ) b r a u c h t " , zit. in W i e d e m a n n (1970), Bd. I, S. 8 5 8 f f . Vgl. Kristol(1978), S. 237ff., Steiger (1939), S.227. Vgl. C o r o m . I, 4 3 9 a f f .

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mit der Waffenschilderung, vor allem als die 'helle blaue Farbe, mit der man die Schilder bemalt', verwendet. Afrz. azur bezeichnete aber auch den Lasurstein. Besonders als Adjektivum k o m m t das W o r t als Bezeichnung f ü r helles Blau vor. W ä h r e n d im Hinblick sowohl auf die Verallgemeiner u n g des Wortes zur blauen Farbe als auch auf die Form o h n e initiales /(vgl. mlat. lazur) der spanische Einfluß auf das afrz. azur kaum in Frage gestellt werden, weist die spezielle Verwendung als Farbnuance des Blau u n d das Finale -r des frz. Wortes auf einen anderen E i n f l u ß hin. Es handelt sich um eine E n t l e h n u n g aus dem lateinischen Fachvokabular der Maler, wo die Form lasur 'die aus Lapis Lazuli oder künstlich hergestellte Farbe zum Malen' bereits im 8. und 9. Jh. belegt ist. Das W o r t scheint eine direkte Ü b e r n a h m e aus dem mittelgriechischen lazürion 'Lapis Lazuli' (6. J h . / 7. Jh.) darzustellen 5 5 . Ausgangspunkt der E n t l e h n u n g wäre hier die Handelsbeziehung mit Byzanz, in erster Linie durch die venezianischen Handelskontore, über welche die Übernahme des pers.-griech. Wortes hätte erfolgen u n d einen Teil der romanischen Welt erreichen k ö n n e n 5 6 . D e m nach ist frz. azur das Ergebnis zweier aufeinander stoßender Entlehnungsschichten, die zu einer Nivellierung der Form u n d der B e d e u t u n g des Wortes führten. Ausgehend von der blauen Farbnuance bekam das frz. azur d a n n per Analogie die Bedeutung von Himmelsblau, woraus sich später die lexikalisierte Metapher für Himmel entwickelte. Besonders in den letztgenannten Bedeutungen erreichte das W o r t die deutsche Sprache. In bezug auf die Form Lasur sei angesichts der vorgelegten Beleglage folgendes behauptet: Das im 8. und 9. Jh. nur spärlich belegte mlat. lazur geht sehr wahrscheinlich auf pers.-griech. lazürion zurück. Die aber ab dem 11. Jh. n u n reichlich bezeugten Formen des Wortes mit u n d o h n e initiales l- wie

lazur, lazurium, lazuri, lazulus, lazulum, lapis lazuli, lauzud, lazud

(Du

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Vgl. Kristol (1978), S. 239; Martius (1947), S. 195; Ploss (1955), 186-295. Nach Ploss, ebd., S. 288, kommt die früheste westeuropäische Erwähnung des Lasurblaus (der aus dem Stein gewonnenen Farbe) in der Malerschrift Compositioncs ad tingenda Musiva vor. Die Schrift wurde in einem Kloster von Lucca im 8. Jh. niedergeschrieben. Im Absatz De Lazuri wird auch die Bereitung eines künstlichen Lasurblaus erwähnt, der nächste Beleg der Malerfarbe Lazur ist auf das Jahr 813 datiert. Er stammt aus Frankreich und wird dem Bischof Frotharius von Toul zugeschrieben: „peto ut mittes ad decorandos parietes colores diversos (..) videlicet auri pigmentum, folium indicum, minum, lazur atque prasinum", zit. in Martius (1947), S. 196; vgl. auch Du Cange IV, 49 b .

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Gr. Lazürion kommt im 6. Jh. beim Astronomen Leontius vor. Er verwendet das Wort, um die Farbe zu bezeichnen, mit der er seine Himmelskugel hat anmalen lassen. Demselben Jahrhundert gehört eine mittelgriechische Bibelexegese an, in der lazürion als Farbsynonym benutzt wird. Dazu Ploss (1955), S. 287. Martius (1947), S. 195, hält das 7. Jh. für greifbares Datum des gr. λ α ζ ο ύ ρ ι ο ν . In Anm. 1 zum Wort azurn in Goethe W b . I, 1308, wird aus Riemers Ubersetzung folgendes zitiert: „Das was wir coeruleum nennen, nannten die Griechen unbezweifelt cyaneon, in deren Commentarien ich auch lazürion finde".

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Cange IV, 49 b ff.) einerseits und αzur, azuar, azurii, azurio, azorium (9. Jh.), azurium, agurus, azul, azuli, azuri, asuri (Mlat. W b . I, 1298) 5 7 andererseits sind der Rezeption und Assimilation der arabischen Schriften der Alchimie, Medizin und Steinkunde zu verdanken. Es sei z.B. an das auf arabische Vorlage zurückgehende und mehrmals ins Mittellateinische übersetzte Steinbuch des Aristoteles erinnert, wo der Lapis Lazuli und seine Eigenschaften beschrieben werden 5 8 . In der arabischen Heilkunde, z.B. bei Avicenna, werden dem Lasurstein medizinische Tugenden gegen Melancholie und Augenkrankheiten zugeschrieben. Diese Eigenschaften findet man u.a. bei T h o m a s von Chantimpre und Konrad von Megenberg wieder 5 9 . Auch trug der europäische, mittelalterliche Handel mit den arabischislamischen Ländern zur Bekanntmachung und Verbreitung des Lasursteins bei 6 0 . I η einem ligurischen Handelsdokument aus dem Jahre 1192 taucht das Wort als azur a u f 6 1 . Was die Formen des Wortes betrifft, so können die mit initialem l- versehenen Wörter sowohl durch das alte, auf Griechisch zurückgehende Ltzur beeinflußt als auch einer arabischen Vorlage direkt e n t n o m m e n worden sein. Die mlat. Formen ohne l- stellen dagegen eine Relatinisierung des romanischen azur dar. Mhd. läsur, läzür geht auf mlat. lazur(i)um, lazur zurück. Es bezeichnete wie das afrz. azur sowohl den Lapis Lazuli als auch die Farbe zum Malen. Nach Ploss wurde das W o r t aus der Sprache der Maler und Handwerker in die mhd. Dichtung übernommen. Seit dem 14. Jh. ist es reichlich belegt in den deutschen Rezeptbüchern für Malerei und Färberei sowie in deutschen Kräuterbüchern des 15. Jh.s. Alle diese Schriften schöpften aus der arabischen Literatur lateinischer Vermittlung. Im 16. Jh. hatte Lasur auch die Bedeutung 'blaue Farbe' angenommen, woraus der Ausdruck Lazurblau (16. Jh.) entstand. Mit den zunehmenden Italienreisen deutscher Künstler seit der Spätgotik ging neben vielen anderen Farbnamen auch die Bezeichnung Lasur unter. Sie wurde später ersetzt durch das französisch entlehnte Azur für das Blau des Himmels und durch das italienische Ultramarin für die echte, aus Lapis Lazuli gewonnene Lasurfarbe. Im heutigen Deutsch überleben nur noch das Malerfarbwort die Lasur (seit 18. Jh.) und das davon abgeleitete lasieren für 'transparentes Ubermalen, lackieren', als Reminiszenzen der ehemals sehr geschätzten Malerfarbe. 6 2

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A n d e r e Belege in Lathams W o r d - L i s t (1965), 41 b , 269 a ff., 271 b ; N o v . Gl. M e d . Lat./ L 68. Vgl. Ruska ( 1 9 1 2 ) , S. 153. Vgl. Ploss (1955), S. 287. Vgl. H e y d II, S. 582ff. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, 3 5 0 . Vgl. H . Ploss ( 1 9 5 5 ) , S. 293; Lexer II, 838; Schulz/Basler I, 67; Pfeifer I; D W B 1 XII, 2 6 7 ; D u d e n IV.

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4.2.1.1. Exkurs: Über den Prophetennamen Mahumet Über die Metathese der Vokale von Muhammad > Mahumet werden zwei Meinungen vertreten: Collin ist der Ansicht, daß die Vokalvertauschung entweder in Marokko oder in Andalusien zustande gekommen ist, und zwar aus der Sorge, den richtigen Namen des Propheten vor eventuellem Mißbrauch zu schützen: Die Einzelpersonen, die Muhammad heissen, könnten in heftige Auseinandersetzungen geraten bzw. gescholten werden und dabei den Prophetennamen einer Verunglimpfung aussetzen 6 3 . Ein Mahummad (mit vertauschten Vokalen) fand Collin in einem allerdings erst im 16. Jh. verfaßten arabischen Text vor 6 4 . Granja ermittelte ein arab. Mahammad aus dem 14. Jh. 6 5 . Im Grunde weisen alle romanischen Sprachen die Schreibung mit vertauschten Vokalen auf. In Spanien, wo eine korrektere Form Muhagmet belegt ist, überwiegt jedoch die Schreibung Mahomath, Mahomat, womit sowohl der Name des Propheten als auch die Namen von Einzelpersonen bezeichnet werden 6 6 . Da aber die arabische Variante mit Metathese erst im 16. Jh. belegt ist, nimmt SguaitamattiBassi an, daß die Vertauschung zunächst in der Romania, vielleicht durch Vermittlung des Griechischen, verbreitet war und die arabischen Vulgärformen nachträglich beinflußt hat. In der Tat taucht schon im 8. Jh. ein gr. Mamed (Μαμεδ) im De Haeresibus von Johannes Damaszenus auf. In einem anderen griechischen Text aus dem 10. Jh. kommt neben Moamet auch Muhumet ( Μ ο υ κ ο υ μ ε τ ) vor. Die Form Mahumet ( Μ α κ ο ύ μ ε τ ) findet sich in Manuskripten der 'Confutatio falsi libri quem scripsit Mohamedes arabs de Nicetas Byzantinius' (9. Jh.) 6 7 . Die Ähnlichkeit zwischen den griechischen und französischen Formen des Wortes k o m m t auch im Hinblick auf die Endung -et zum Vorschein. Außerdem weist der Gehalt des Namens Mahumet in der Chanson de Roland auf Legenden hin, die im orientalischen Christentum gegen den Islam entstanden sind: Mahumet (in der Chanson de Roland) ist ebenfalls wie Apollin und Tervagent ein Götze, der von den Sarazenen im Tempel geehrt wird. Dennoch haben die Sarazenen ihre Götter zerstört, da sie sich von ihnen betrogen fühlten; Apollin wird sein 'Karfunkel' entzogen und Mahumet in eine Gruft hineingeworfen, wo er von H u n d e n und Schweinen gebissen wird 6 8 . Ma-

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Vgl. G. Collin, Notes sur l'origine du nom Mahomet, in Hesperis V, 1925, S. 129, zit nach Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 79. Vgl. C o l l i n , ebd., zit. nach Sguatamatti-Bassi (1974), A n m . 4, S. 79ff. Vgl. F. de la G r a n j a , A Proposito del nombre Muhammad y sus variantes en Occidente, in: Al-Andalus, Bd. XXXIII, 1968, S. 2 3 1 - 4 0 , zit. nach Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 79ff. Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 80ff. Vgl. ebd., S. 80. Vgl. ebd., S. 82ff. Ü b e r das T h e m a der byzantinischen Polemik gegen den Islam sei in diesem Z u s a m m e n h a n g auf die Arbeit von A. T h . Khoury, Polemi que byzantine contre l'Islam, Leiden, 2 1 9 7 2 , hingewiesen.

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humets Schicksal im afrz. Rolandslied wurde wahrscheinlich von einer östlichen Legende inspiriert, nach der die Leiche des toten Propheten von seinen über eine nicht zustande gekommene Auferstehung enttäuschten Anhängern verlassen und von Hunden aufgefressen wurde. Spuren dieser Legende finden sich — nach Sguaitamatti-Bassi - auch in einer Notiz, die der heilige Elogius an das Kloster Leyra im Norden Spaniens geschickt hat 6 9 . Die genannten Indizien, hinsichtlich der Form und des Gebrauchs von Mahumet in der Chanson de Roland, drängen schließlich SguaitamattiBassi zur Fragestellung, ob der Name des islamischen Propheten nicht tatsächlich über Byzanz nach Frankreich gelangt war? 70 . Wenn bei diesem langen Exkurs jedoch nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, auf welche Art und Weise der Prophetenname nach dem christlichen Abendland gelangte, so weisen die oben erwähnten Legenden auf die Mißverständnisse hin, die im christlichen Westen zur Zeit der Abfassung des Rolandsliedes herrschten 71 . Ein objektiveres Bild über den Islam konnte im Abendland erst entstehen, als bei der Reconquista Erfolge erzielt wurden und Sizilien den Arabern entrissen worden war. Dabei wuchs die Idee der Einheit der lateinischen Christen, die mit verstärktem Selbstbewußtsein einerseits eine sachlichere Auseinandersetzung mit dem damals kulturell überlegenen Gegner suchten und andererseits ihre Kräfte auf die Kreuzzüge konzentrierten 72 . Die erste Initiative, über den Islam Näheres zu erfahren, kam vom Petrus Venerabiiis (1092-1156), dem Abt von Cluny, der 1144 - während seines Spanien-Besuchs - den Koran und andere Schriften ins Lateinische übersetzen ließ 73 . Damit wurde die erste Epoche in der Auseinandersetzung mit dem Islam, die von Ignoranz und Polemik gekennzeichnet war, überwunden. Der Ubersetzer des Koran war der Engländer Robert von Ketton oder Robertus Retenensis, dessen Übertragung

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Vgl. ebd., S. 83. Vgl. ebd., S. 84. Vgl. Watt/Welch (1980), Abschnitt Abendländische Islamstudien, S. 17-36. Einen Überblick über die christlich-islamische Auseinandersetzung im europäischen Westen sowohl im Mittelalter als auch zur Zeit der sog. „Türkengefahr", z.B bei Nikolaus von Kues und bei Martin Luther, bietet Hagemann (1983), S. 60-96, sowie Hagemann (1976), S. 7-15. Vgl. Rodinson (1985), S. 21ff. Vgl. Glei (1985), S. IX. „Die Sammlung lateinischer Übersetzungen aus dem Arabischen, die Petrus auf eigene Kosten anfertigen ließ, heißt nach der von Raimund von Toledo gegründeten Übersetzerschule »Corpus Toletanum" Glei ebd., S. XVV. Über den Nutzen des Corpus Toletanum geht aus Venerabiiis' Aussagen hervor: „Die Christen wären dann wenigstens informiert über die Irrlehre der Sarazenen. Der primäre Zweck der Schrift ist demnach »die Einladung zum Heil«, d. h. die Bekehrung der Muslime", Glei ebd., S. XXVIIff. Dazu auch Hagemann (1976), S. 18-19 und Fück (1944), S. 88ff.

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als mangelhaft beurteilt wird 7 4 . Nichtsdestoweniger blieb seine Koranübersetzung für über 500 Jahre maßgeblich. Bis zum 17. Jh. war sie die wichtigste europäische Koranquelle. Daraus wurde 1547 eine italienische Übersetzung angefertigt, wonach 1616 Salomon Schweigger eine deutsche Fassung erstellte: Alcoranus Mahometicus, das ist Der Türken Alcoran (...] erstlich aus der Arabischen in die Italienische, jetzt aber in die Teutsche Sprache gebracht durch Herrn Salomon Schweiggern [...] Nürnberg 161675. 4.2.1.2. Transferenzen in der Neuzeit Der spanische Einfluß auf die französische Sprache trat erst im 16. Jh. und 17. Jh. in den Vordergrund. Dies ist allgemein auf den durch die Eroberungen in Amerika und durch die Allianz mit der Habsburger-Monarchie bedingten Aufstieg Spaniens zur Großmacht und speziell auf die besonderen Verhältnisse zwischen den beiden Ländern zurückzuführen. Letztere ergaben sich während der genannten Zeitspanne einerseits aufgrund der politischen Kämpfe um die europäische Vormachtstellung und andererseits aufgrund von Friedensschlüssen, Heiratsallianzen und kulturellen Verhältnissen. Die Vermählung Ludwigs XIII. mit Anne d'Autriche und Ludwigs XIV. mit Maria Theresia (Infantin von Spanien) führten zu einem großen Interesse am Erlernen der spanischen Sprache und zu einer eingehenderen Beschäftigung mit der schon vor diesem Z e i t p u n k t in Frankreich einsetzenden Welle der Übersetzungen spanischer Literatur 7 6 . Unter den durch diese Beziehungen ins Französische gekommenen Hispanismen befinden sich mehrere Arabismen, die schon zum Bestandteil des spanischen Wortschatzes geworden waren 7 7 . Als Beispiel dafür finden sich in unserem Korpus allein die Wörter Alkoven (1699) < frz. alcove (1646) < span, alcoba (1272) < arab. qubba 7 8 sowie Kaliber (17 Jh.) < frz. calibre (1478), das wahrscheinlich über span, galibo, calibo (16. Jh.) aus arab. qälib entlehnt wurde 7 9 .

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„Wegen der Schwierigkeit der arabischen Sprache, der oft dunklen oder verschlüsselten Ausdrucksweise des Korans und des Fehlens einer systematischen oder chronologischen O r d n u n g der Suren stand der Übersetzer vor großen Problemen. Fehlübersetzungen, willkürliche Änderungen, Auslassungen und Ergänzungen waren die Folge", Glei (1985), S. XVI; s. noch Fück (1944), S. 92ff. Vgl. Fück (1944), Anm. 8, S. 93. Die erste deutsche Übertragung des Korans nach dem Urtext hat David Friedrich Megerlin (Frankfurt 1772) angefertigt, dazu sowie zu den deutschen Koranversionen und Koranstudien vgl. RDL, Bd. II, S. 828. Vgl. Schmidt (1914), S. Iff.; Boulan (MCMXXXIV), S. 54ff. Vgl. Cioranescu (1987). Cioranescu (1987), S. 28"; dazu Artikel Alkoven. Vgl. Artikel Kaliber. Im FEW 19, 82 b ff., BW'101 wird calibre als direkte Entlehnung aus dem Arabischen betrachtet, im D D M 125 a wird ital. calibro (1606) als Zwischenstufe zwischen dem arab. und dem frz. Wort angenommen.

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Französisch als Vermittlersprache

4 . 2 . 2 . Sekundäre Transferenzen durch das Katalanische D a s Altkatalanische soll - nach der U n t e r s u c h u n g von Sguaitamatti-Bassi - arabische Bezeichnungen des Schachspiels an das Altfranzösische v e r m i t telt h a b e n 8 0 . Das Schachspiel w u r d e von Indien über Persien nach Arabien i m p o r t i e r t 8 1 . Im O r i e n t d ü r f t e es schon zur Zeit der O m a y y a d e n (6617 5 0 ) b e k a n n t gewesen sein 8 2 . In das islamische Spanien w u r d e es - nach Levi-Proven9al - im 9. J h . e i n g e f ü h r t 8 3 . D i e e u r o p ä i s c h e n D o k u m e n t e e r w ä h n e n es erst ab d e m 11. J h . H i e r k o m m t es zunächst in U r k u n d e n aus Katalonien vor: Z u m ersten M a l ist es im V e r m ä c h t n i s des Grafen E r m i n g a u t I. von Urgel aus d e m J a h r e 1008 e r w ä h n t . D a b e i w e r d e n S c h a c h f i g u r e n aus Bergkristall der Kirche St. Gilles in S ü d f r a n k r e i c h gestiftet. D a s Schachspiel wird ferner 1058 im V e r m ä c h t n i s der G r ä f i n Ermessind von Barcelona aufgezählt 8 4 . Andere ältere D o k u m e n t e über das Schachspiel s t a m m e n aus S ü d d e u t s c h l a n d (1050) u n d aus Italien ( 1 0 6 1 ) 8 5 . In bezug auf die katalanische V e r m i t t l u n g der arabischen Schachspielterm i n i an Frankreich bemerkt Sguaitamatti-Bassi, d a ß im Gegensatz zum Spanischen u n d Portugiesischen, wo der arabische N a m e f ü r dieses Spiel, nämlich äatrang 86 > span, ajedrez·, port, xadrez ü b e r n o m m e n w u r d e , im Katalanischen der arabische T e r m i n u s f ü r die Hauptschachspielfigur, i a h 'König' > kat. escac auf das ganze Spiel a u s g e d e h n t w u r d e 8 7 . In dieser B e d e u t u n g erreichte das kat. W o r t die französische Sprache. Afrz. eschas (12. Jh.) 'Schachspiel' gelangte in das M h d . - wie wir n o c h sehen w e r d e n - über das M n d l . 8 8 . D ie zwei a n d e r e n , in m e h r e r e n europäischen Sprac h e n auf das Arabische z u r ü c k g e h e n d e n Schachspielausdrücke afrz. mat (12. Jh.) > m h d . mat (12. Jh.), zu arab. mät u n d afrz. roch (12. Jh.) > (mndl. roch) > m h d . roch, zu arab. ruj)b T u r m im Schachspiel' hält Sguaitamatti-Bassi ebenfalls f ü r französische Ü b e r n a h m e n aus d e m Katalani-

80 81 82 83 84 85

86

87 88

Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 73. Vgl. W i e b e r (1972), bes. S. 96ff.; dazu auch Bossong (1978), S. 54ff. W i e b e r ( 1 9 7 2 ) , S. 6 1 f f . Vgl. L e v i - P r o v e n t a l ( 1 9 5 0 - 1 9 5 3 ) , Bd. III, S. 4 4 3 . Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 71; W i e b e r (1972), S. 6 5 f f . Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974). Die A u t o r i n b e n u t z t hier - wie auch an anderer Stelle - H . J. Murray, Λ History of Chess, Oxford 2 1 9 6 2 , als Q u e l l e f ü r die Schachspielgeschichte. Vgl. auch W i e b e r (1972), S. 6 6 . Arab, äatrang od. {i(rang 'Schachspiel' b e r u h t auf gleichbed. mpers. catrang, das seinerseits eine E n t l e h n u n g aus sanskr. caturanga 'vier Glieder h a b e n d , aus vier Gliedern bes t e h e n d ' darstellt. Das S a n s k r i t - W o r t d i e n t e zunächst zur Bezeichnung des i n d i s c h e n Heeres, das eben aus vier Abteilungen bestand (Elephanten, Reiterei, W a g e n u n d F u ß volk). Es w u r d e auf das indische Kampfspiel, nämlich das Schachspiel, übertragen. Vgl. dazu Bossong (1978), S. 55; Wieber (1972), S. 304ff. Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 73; G . Bossong, ebd., A n m . 6 4 , S. 6 3 . Vgl. hier u n t e r „Niederländisch als Vermittlersprache".

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

153

sehen 8 9 . Die Annahme kann Wahrscheinlichkeit beanspruchen, da das altspanische Libro del acedrex Alfons' des Weisen, das als Quelle f ü r die weitere Verbreitung der arabischen Schachspieltermini in Europa gilt, erst im 13. Jh. verfaßt worden ist, wohingegen die diesbezüglichen afrz. W ö r ter ein Jahrhundert davor belegt sind. Auch in der Neuzeit sind Arabismen durch das Katalanische ins Französische gekommen. Diese betreffen vor allem die Bereiche der Landwirtschaft und des Handels. So z.B. Arab, bädingän > kat. albergin(i)a > frz. aubergine (1750) > dt. Aubergine90. 4.2.3. Sekundäre Transferenzen durch das Provenzalische Im Rahmen der sekundären arab.-afrz. Entlehnungen spielt das Altprovenzalische eine wichtige Rolle. Es wurde bereits auf die sich im Mittelalter ergebenden Kontaktmöglichkeiten zwischen Franzosen und ArabischSprechenden im Norden Spaniens hingewiesen. Dabei wurde die Rolle der Mozaraber als Vermittler orientalischer Kultur- und Sprachelemente an den iberischen Norden hervorgehoben. Im Hinblick auf die W a n d e r u n g altprovenzalischer lexikalischer Elemente in den französischen Norden, wo diese Wörter in dichterischen Werken belegt sind, macht Braun auf die historische Situation aufmerksam, die diese Einflüsse ab Mitte des 12. Jh.s begünstigte bzw. herbeiführte 9 1 . Dabei können zwei aprov. Arabismen infolge der W a n d e r u n g der Troubadourlyrik nach Nordfrankreich die afrz. Dichtersprache erreicht haben. Diese sind: Arab. 'Gd 'Laute' > aprov. laüt, lautz (Ende d. 13. Jh.s), afrz. leüt, leüz (13. Jh./ Roman de la Rose) > mhd. lüte, laute (15. Jh.) 9 2 . Arab, rabab > aprov. rebeb > afrz. rubebe (Roman de la Rose), rebebe (14. Jh./ Jean Lefevre, Vieille), rebec (14. Jh./ BW, 536) > mhd. rubeblin93. Als über das Aprov. vermittelt gilt der N a m e eines buntgefiederten tropischen Vogels, des Papageis: Arab, babbagä' > aprov. papagai (12. Jh.) > afrz. papegai, papegay, papegaut (12. Jh./ ToblerLomatzsch VII, l 4 l b f f . ) > mhd. papegän (13. Jh.) 9 4 .

89 50

" 52

53 54

Vgl. Sguaitamatti-Bassi (1974), S. 73. Vgl. Arveiller (1969), 225-244; dazu Artikel Aubergine. Andere katalanische Arabismen des Französischen erreichten das Deutsche Uber andere Sprachen, so arab. barqQq > kat. albercoc (1398) > frz. abricot (1547) > ndl. abrikoos (16. Jh.) > dt. Aprikose (1647), dazu Hasserlot (1940/41), S. 45-79; Cioranescu (1987), S. 24 1 und hier Artikel Aprikose. Arab, luban £3wT > kat. benjui (1430) > frz. benjoin; dt. Benzoe, s. Artikel Benzoe. Vgl. Braun (Romanische Forschungen XLII, 1), S. 9ff. Vgl. BW, 377 b ; Tobler-Lomatzsch V, 353"; Gebhardt (1974), S. 259; im F E W 19, 195 a ff., wird das afrz. Wort auf span, laud (1343) zurückgeführt; zur Sache s. Baines (1982), Kapitel über die Laute, S. 165-172. Vgl. Tobler-Lomatzsch 8, 370ff.; Gebhardt (1974), S. 259. FEW 19, I4 b ff.; BW, 478 a .

154

Französisch als Vermittlersprache

D u r c h den mittelalterlichen H a n d e l der Provenzalen mit d e m arabis c h e n S p a n i e n 9 5 k o n n t e n über das P r o v e n z a l i s c h e e i n i g e s p a n i s c h e A r a b i s m e n die französische u n d dann die d e u t s c h e S p r a c h e erreichen: A r a b , qurtubäni > s p a n , cordobän > aprov. cordoan ( 1 2 . J h . ) > afrz. cordouan ( 1 2 . J h . ) > m h d . corduän ( 1 2 . J h . ) , ' L e d e r aus der S t a d t C o r d o b a ' 9 6 . A r a b , batäna > s p a n , badana ( 1 0 5 0 ) > aprov. bazana ( 1 3 . J h . ) > afrz. bazenne (1160), basane ( 1 3 . J h . ) > m h d . bazän, batzan ( 1 3 . J h . ) ' S c h a f l e d e r ' 9 7 . Arab. gadamasT > s p a n , guadamaci > prov. gamacho ( 1 4 . J h . ) > frz. gamache (16. J h . ) > dt. Gamasche ( 1 7 . J h . ) 'lederner Ü b e r s t r u m p f ' 9 8 , A r a b , naranga > ital. arancio ( 1 4 . J h . ) > aprov. auranja > frz. orange ( 1 3 9 3 ) > dt. Orange ( 1 7 . J h . ) 9 9 . N i c h t e i n d e u t i g ist die Ü b e r l i e f e r u n g s g e s c h i c h t e des W o r t e s Tasse. Es ist ins Französische als tasse ( 1 3 7 9 ) > dt. Tasse ( 1 6 . J h . ) zwar über d a s prov. tassa ( 1 3 7 9 ) g e l a n g t , j e d o c h ist nicht mit Sicherheit festzustellen, o b das prov. W o r t direkt aus d e m arab. tassa ' S c h ä l c h e n ' ü b e r n o m m e n w u r d e oder über span, taza ( 1 2 7 2 ) oder kat. tassa100. Alle drei E n t l e h n u n g s w e g e s i n d m ö g l i c h , da zu dieser Zeit H a n d e l s b e z i e h u n g e n , in deren R a h m e n d a s W o r t entlehnt w u r d e , zwischen all den A n g e h ö r i g e n dieser S p r a c h e n u n t e r e i n a n d e r einerseits u n d dieser mit den Arabern andererseits bestanden haben. Bei f o l g e n d e m W o r t schwanken die frz. e t y m o l o g i s c h e n W ö r t e r b ü c h e r zwischen Provenzalisch u n d Italienisch als Vermittlersprache: Arab. mat)zan > in mlat. D o k u m e n t e n : magazenis ( 1 2 2 8 / S t a t u s de la ville de Marseille); magazeni ( 1 2 3 4 / V e n e d i g ) ; magnesi ( H a n d e l s v e r t r a g zw. Pisa u. T u n i s ) ; magasenum ( G e n u a ) , Magageno (1317/ H a n d e l s v e r t r a g zw. V e n e d i g u. T u n i s ) ; ital. magazzino ( 1 3 9 8 ) 1 0 1 ; frz. magasin ( 1 5 7 3 ) , älter magozene (1279), maguesin ( 1 3 8 9 ) > dt. Magasin (18. J h . ) . Arveiller rechnet mit m e h r f a c h e r E n t l e h n u n g aus beiden S p r a c h e n , scheint aber bei der heute geltenden frz. F o r m magasin eine provenzalische E n t l e h n u n g zu b e v o r z u g e n 1 0 2 . 95

Z u diesen H a n d e l s b e z i e h u n g e n vgl. S c h a u b e ( 1 9 0 6 ) , S . 3 2 8 .

96

V g l . G e b h a r t ( 1 9 7 4 ) , S. 5 1 ; S u o l a h t i ( 1 9 2 9 ) , S .

97

V g l . G e b h a r t ( 1 9 7 4 ) , S . 5 1 ; H ö f l e r ( 1 9 6 7 ) , S.

98

Gebhart ( 1 9 7 4 ) , S. 253; F E W

99

Siehe Artikel

139. 50.

19, 50".

Orange.

100

Vgl. Sguaitamatti-Bassi

101

A . Steiger ( 1 9 4 8 / 4 9 ) , A n m . 2, S. 4 5 .

102

V g l . Arveiller ( 1 9 8 5 ) , S. 2 3 7 f f . ; G e b h a r t ( 1 9 7 4 ) , S t i c h w o r t 19,

114 a fΓ.; im D D M ,

( 1 9 7 4 ) , S.

4 3 5 * wird

152-154.

magasin

Magasin;

B W 381 1 ';

FEW

a u f d a s I t a l i e n i s c h e z u r ü c k g e f ü h r t . Es sei

d a r a u f h i n g e w i e s e n , d a ß S ü d f r a n k r e i c h seit A n f a n g d e s 13. J h . s in direkte

Handelsbe-

z i e h u n g e n m i t N o r d a f r i k a eingetreten war u n d s o m i t nicht m e h r a u f d e n italienischen Z w i s c h e n h a n d e l m i t d e n L ä n d e r n dieser R e g i o n angewiesen blieb. S c h a u b e ( 1 9 0 6 ) , 3 0 7 f f . , h e b t in dieser H i n s i c h t

b e s o n d e r s d i e R o l l e der M a r s e i l l e r

V e n e z i a n e r verfügten sie auch über

Fondaci

(Handelsniederlassungen

hervor. W i e oder

S. die

Kaufhäuser,

in d e n e n sich die a u s l ä n d i s c h e n K a u f l e u t e a u f h i e l t e n u n d ihre W a r e a u f b e w a h r t e n ) in d e n v e r s c h i e d e n e n H a u p t s t ä d t e n wie C e u t a , B u g i a , T u n i s u n d O r a n . A u c h d u r f t e n d i e Marseiller in diesen einrichten.

Fondaci

R ä u m e oder

magazeni

f ü r d e n W e i n v e r k a u f an

Christen

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

155

4.2.4. Sekundäre Transferenzen durch das Italienische Die Vormachtstellung der italienischen Seerepubliken Venedig, Genua und Pisa sowie der süditalienischen Städte im Handel mit der Levante, mit Nordafrika sowie mit den Sarazenen Spaniens brachte es mit sich, daß mehrere arabische Bezeichnungen für Handelswaren und arabische termini technici des Handels und der Marine über die entsprechenden Idiome der genannten italienischen Regionen in die europäischen Sprachen eingingen. Bis zum 13. Jh. hat Frankreich jedoch nur wenige Handelswörter über das Italienische bekommen. Dies erklärt sich nach Guiraud aus dem U m stand, daß Nordfrankreich im Hochmittelalter eher zu den Niederlanden als zu Italien intensive Handelsbeziehungen pflegt: „II n'y a pas entre la France et l'Italie du haut Moyen Age cette osmose dconomique de la France avec les Pays-Bas" 103 . Einige ital. Arabismen für Handelsartikel wie z.B. frz. sucre (12. Jh.) 'Zucker' und coton (12. Jh.) 'Baumwolle' wurden aber bereits im Mittelalter entlehnt 1 0 4 . In das Mittelhochdeutsche gelangte über das Alfranzösische der arab.-italienische Ausdruck für Matratze·. Arab, matrah > ital. materasso (14. Jh.) > afrz. materas (13. Jh./ Joinville, St. Louis; Guillaume de Tyr) > mhd. matraz (Parzival)' 0 5 · Der italienische Einfluß auf die französische Sprache begann erst im 14. Jh. reichhaltig zu werden. Neben den genuin italienischen Wörtern, die sich vor allem auf das Bankwesen beziehen 106 , gelangten im Rahmen dieses Einflusses auch einige, bereits in der italienischen Kaufmannssprache eingebürgerte Arabismen ins Französische. Die meisten dieser Arabismen wurden aber ins Deutsche ebenfalls durch das Italienische vermittelt. Folgende wurden aus dem Französischen entlehnt: Arab. ta'rTfa > ital. tariffa (1358) > frz. tariffe (1572-1604 in prov. u. frankoprov. Dokumenten), tarif (1641) > dt. Tarif (170 9) 1 0 7 . Arab, dlwana > ital. dogana (13. Jh.), duana (1164 in Pisa), dugana (1290 in Genua) > frz. douarte (1372) > dt. Dottane (17. Jh.), heute Duanexo&. Arab, qirät > ital. carato (1278) > frz. carat (14. Jh.) 103 104

105

106 107

108

Guiraud (1971), S. 64. Beide Produkte, der Zucker und die Baumwolle, wurden von den Arabern auf Sizilien kultiviert. Sizilien gilt auch als Ausgangspunkt der Verbreitung dieser arabischen Bezeichnungen nach Europa. In die deutsche Sprache gelangten diese Bezeichungen über das Italienische. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 118, 190, 196, 350ff.; FEW 19, I69 b ff. u. 100 b ff. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 167, 341; FEW 19, 123 b ff.; Tresor 11, 486 b . Die nhd. Form Matratze wurde aus dem Italienischen entlehnt. Vgl. Guiraud (1971), S. 72ff. Vgl. FEW 19, 184 b ; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 105, 148; Bd. II, S. 434; Gebhart (1974) fuhrt Tarif auf das Provenzalische zurück. Vgl. Höfler (1967), S. 53. Ältere Belege des frz. douane finden sich nach FEW 19, 4 Γ , sowie nach Heiler, ebd., schon in Urkunden der Könige von Sizilien gegen Ende des 13. Jh.s. „Daraus gelangte das Wort vereinzelt schon gegen Ende des 13. Jh.s in französische Dokumente aus Unteritalien", M. Höfler, ebd.; (1281) dehanne; (1282) doane, doanne. Vgl. dazu Pellegrini (1972), Bd. I, S. 104, 131, 346; Bd. II, S. 424ff.

156

Französisch als Vermittlersprache

> dt. Karat (16. Jh.) 1 0 9 . D ie französischen etymologischen W ö r t e r b ü c h e r schwanken hier zwischen mlat. caratis (1195-1280/ Acta Imperii), caratus (1264/ Bologna), vgl. karatis (1164/ Genua) und ital. carato als Vermittlersprachen. W i e die Beleglage von Arveiller zeigt, kann frz. carat 'Gewichteinheit für G o l d u n d Perlen', 'kleine Gewichteinheit', 'Anteil des Goldes in wertvollen W a r e n ' und als Marineterminus 'Eigentumanteil an einem S c h i f f ebensogut aus dem Mlat., wo das W o r t in U r k u n d e n und alchimistischen Texten auftaucht, wie auch aus dem Italienischen entlehnt sein. In letzterer Sprache ist das W o r t , in Zusammenhang mit dem Handel und der Seefahrt, auch früh belegt. Die frz. Varianten des Wortes, u.a. quarais, quaras (1360), caras (1490), tauchen allerdings zunächst in U r k u n d e n mit wirtschaftlichem Charakter auf 1 1 0 . Aber auch hier kann keine Entscheid u n g darüber getroffen werden, ob das W o r t aus der einen oder der anderen Sprache ü b e r n o m m e n wurde. Das Italienische vermittelte nicht nur Ausdrücke des Handels an das Französische. Seit dem 15. Jh. und besonders im 16. Jh. bildete das Italien der Renaissance das europäische Kulturmodell überhaupt. Nicht nur in der Architektur, der bildenden Kunst u n d der Literatur machte sich der italienische Einfluß bemerkbar, sondern auch in Angelegenheiten der Mode u n d der E ß k u l t u r . Β. H . W i n d weist in diesem Z u s a m m e n h a n g auf den Aufenthalt Catharinas di Medici in Frankreich hin, dem „toute une petite Italie" folgte u n d die Konsequenz eines weitgehenden Einflusses auf die Sprache u n d den Zeitgeschmack der Franzosen 1 1 1 . Doch waren die italienisch-französischen Sprachkontaktsituationen im 15. und 16. Jh. nicht nur gelehrter u n d aristokratischer Art. Ebenso brachten gemeinsame wirtschaftliche wie militärische Interessen die Franzosen u n d Italiener eng miteinander in Berührung 1 1 2 . D ie frz. Italianismen beliefen sich im 16. Jh. auf 320 Wörter, im 17. Jh. verminderte sich die Zahl auf etwa 188 W ö r t e r " 3 . Dies ist immer noch eine beträchtliche Zahl, wenn man bedenkt, daß im 17. Jh. Italien im Gegensatz zu Frankreich nicht mehr auf dem Gipfel der Kultur stand: „ C o m m e n t expliquer ces nombreux emprunts faits par la France 'prosp£re' ä l'Italie en decadence?" 1 1 4 fragt sich H . R. Boulan u n d erklärt diesen Umstand mit einem Weiterwirken des Italien-Renaissance-Bildes auf das Bewußtsein der französischen Gesellschaft: „Cette partie du m o n d e " , schreibt ein Zeitgenosse, „a ete si cel£bre q u ' o n ne peut se resoudre ä voir sa reputation diminuee" 1 1 5 . Unter den italienischen W ö r -

109 110

112 113 ,M 115

Vgl. Arveiller (1983), S. 330ff.; Pellegrini (1972), Bd. I, 145, 3 5 4 . Vg. Arveiller ( 1 9 8 3 ) , 330ff. Vgl. W i n d (1955), S. 26-31. Vgl. ebd. Vgl. G u i r a u d (1971), S. 64. Boulan ( M C M X X X I V ) , S. 16. Zit. nach Boulan ( M C M X X X I V ) , S. 17.

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

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tern, die im Rahmen der genannten Beeinflussungen die französische Sprache erreichten, waren auch Arabismen, von denen u.a. folgende über das Französische ins Deutsche gelangten: Arab, 'arab (> lat. arabu(m) > ital. arabo 'Araber'), woraus ital. arabisco (1566) > frz. arabesque 1546) > dt. Arabeske (18. Jh.) 1 1 6 . Arab, ha&ätf > ital. assassino (Dante) > frz. assassin (1560) > dt. Assassineul. Arab, garräf(a) > ital. caraffa (1554) > frz. carajfa (1558), carafe (1642) > dt. Karaffe (18. Jh.) 1 1 8 . Arab. laimQn > ital. limone (14. Jh.) > frz. limon (1314) und daraus limonade (1640) > dt. Limonade (17. Jh.) 1 1 9 . Arab. mausilT > ital. mussolina, -no (17. Jh.) > frz. mousseline (1656) > dt. Musselin (18. Jh.) 1 2 0 . Arab. Sarbat > türk. ierbet > ital. Sorbett ο (1581) > frz. sorbet (1553) > dt. Sorbet (1687) 1 2 1 . Arab, tawiiya > ital. tausia (Mitte des 14. Jh.s) > mfrz. tauchte > dt. Tauschierung11. Bis zum 17. Jh. konnten italienische Arabismen ins Französische entlehnt werden. Der italienisch-französische lexikalische Einfluß allgemein dauerte aber bis in die späteren Jahrhunderte an. 4 . 2 . 5 . Sekundäre Transferenzen durch das Mittel- u n d Neulateinische Als weitere Vermittlersprache von Arabismen an das Französische fungiert auch das Lateinische auf seiner mittleren und neueren Stufe. Es handelt sich hier hauptsächlich um botanische oder mineralische Nomenklaturen, die durch die französischen Übersetzungen oder Bearbeitungen von mittellateinischen Texten, die eine arabische Vorlage hatten, entlehnt wurden: Arab, 'anbar > mlat. ambra (11. Jh.) > frz. ambre (1260) > dt. Amber (13. Jh.) 1 2 3 . Arab, qirmiz > mlat. carminium (1100 carmin; carminium 12. u. 13. Jh./ M L W II) > frz. carmin (12. Jh.) > dt. Karmin (1712 bei H ü b n e r / Weigand I) 'Karmesin' 1 2 4 . Arab, räha(t) 'Handfläche' > mlat. racha, rasceta

" 6 Vgl. Artikel Arabeske. 117 Vgl. FEW 19, 69 a ff.; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 101, 187. 118 Vgl. FEW 19, 51 b ; Cort. I, 203 a . Vgl. Artikel Limonade. 120 Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 114. 121 Vgl. FEW 19, 171'ff.; BW 599 b ; D D M 701 b ; Cort. V, 1231 k ; Pellegrini (1972), Bd. I, 36 u. Anm. 143, S. 123; Weigand II, 893. FEW 19, ebd., möchte das frz. Wort direkt aus dem Türkischen ableiten. Vgl. dazu auch BW, ebd. Diese Ableitung ist aber aus semantischen Gründen in Zweifel zu ziehen. 122 Arab, tawiiya bedeutet eigentlich 'Verschönerung, Verzierung; Bestickung (Wehr 952 a ), im Kunsthandwerk 'Damaszinierung' (Dozy Suppl. II, 809 a ff.). In letzterer Bed. ging es neben anderen, ähnlich bedeutenden arabischen Wörtern des Handwerks wie tarsia und agemino ins Italienische über, vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 89. Frz. tauchte ist heute veraltet. Bereits im Littrl VI wird tauchie als „Ancien mot signifiant damasquinure" angeführt. Zu dt. tauschieren, Tauschierarbeit, Tauschierer vgl. Duden V. 123 Vgl. Artikel Amber. 124 Im D D M 137 b wird frz. carmin auf mlat. carminium zurückgeführt, wobei letztere Form durch die Kontamination des arab. Wortes mit den Repräsentanten des lat. M I N I U M

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Französisch als Vermittlersprache

(11. Jh. bei Constantinus Africanus/ Ducange VI-VII) > frz. rachette (1344) 'paume de la main; plante du pied' und per Analogie nfrz. raquette (1450) 'Ballschläger' > dt. Raket(t) (16. Jh.) 1 2 5 . Arab, tarbün > mlat. tarcon (13. Jh.) > frz. targon (1539) > dt. Dragon (1574) 'Artemesia Dracunculus', später frz. estragon (1564) > dt. Estragon (19. Jh.) 1 2 6 . Über das Neulatein gelangten u.a. folgende Arabismen ins Französische: Arab. Illak 'Fliederstrauch'; nlat. lilac > frz. lilac (1572); dt. lila geht auf das zu lilac entwickelte Farbadjektiv lilas 'Fliederblütenfarbe' zurück. Arab, läml 'ein Gummiharz' > nlat. elemi > frz. έΐέτηί (1560); dt. Elemi kann entweder aus dem Französischen oder auch aus einem neulateinischen Text direkt entnommen worden sein. Beide frz. Wörter lilac und ettmi wurden durch die französischen Ubersetzungen von Mattiolis Kommentar zu Dioskurides entlehnt 1 2 7 . 4.2.6. Sekundäre Transferenzen durch das Türkische Das Türkische kann als die bedeutendste außereuropäische Vermittlersprache von Arabismen an das Französische betrachtet werden. Frankreich war bekanntlich der wichtigste europäische Verbündete des Osmanischen Reiches. Beide Länder betrachteten die Habsburger als gemeinsamen Feind. Während die Osmanen ihren Expansionsdrang auf das ebenfalls von den Habsburgern umkämpfte Ungarn auszudehnen vermochten, waren die Franzosen bestrebt, den hegemonialen Ansprüchen der Habsburger Monarchie im Westen die Stirn zu bieten. Im Jahr 1525 wurde Franz I. von Frankreich von Karl V. besiegt, und dies veranlaßte ihn, sich mit dem Sultan Sulaiman II. zu verbünden. Ein Jahr später erhielt Frankreich Privilegien vom Osmanischen Sultan. Es handelt sich um die sog. 'Kapitulationen',

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erklärt wird. Im F E W 19, 95 a ff., wird diese K o n t a m i n a t i o n f ü r eine frz. N e u s c h ö p f u n g gehalten, vgl. auch A n m . 3, ebd. Andere Vorschläge zur H e r l e i t u n g von frz. carmin > span, carmin (1595) wird in C o r o m . I, 877*ff. geboten. Dazu D W B ' XI, 218ff.; Schulz/ Basler I, 3 3 3 . Frz. rachette sei, so F E W 19, 144 a ff., „durch die M e d i z i n e r aus der arabischen Ärzteterminologie e n t l e h n t " u n d geht auf mlat. rasceta (manus) zurück, das im 11. J h . zunächst bei C o n s t a n t i n u s Africanus v o r k o m m t ; das mlat. W o r t beruhe nach B W 534 a u n d D D M 6 3 2 b eher auf der vulg.-ar. Form r3he(t) als auf klass.-ar. räha(t) (die F o r m e n mit -t sind im Status C o n s t r u c t u s ) . Für C o r o m . IV, 7 8 5 ' f f . , kann die E n d u n g -eta eine romanische Anpassung des arab. rahat oder auch eine romanische D i m i n u t i v f o r m des arab. räha darstellen. C o r t . IV, 1018 a , schwankt zwischen arab. rahat (PI. von raha) u n d rahet (vulgäre Aussprache des Sing.). Die B e d e u t u n g s e n t w i c k l u n g H a n d f l ä c h e > Ballschläger k a m per Analogie im Frz. zustande: „Das Ballspiel war in Frankreich schon f r ü h sehr beliebt u n d ist auch in die a n d e r n westeuropäischen Sprachen übergegangen" ( F E W 19, 144 b ), vgl. D W B 1 XIV, 74; Schulz/Basler III, 126. Vgl. Siggel 50"; W i e d e m a n n II, 2 9 3 , 387, 391; F E W 19, 183 b ff.; D D M 2 7 9 b ; B W 237 b ; D W B 2 VI; Marzell I. Vgl. Arveiller ( 1 9 8 4 ) , S. 3 4 2 - 3 4 3 ; 3 3 8 - 3 3 9 .

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

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wonach den Franzosen das Recht gewährt wurde, im Herrschaftsbereich des osmanischen Reiches frei zu reisen und zu handeln. W e n n Mitglieder anderer Staaten das gleiche Recht zu erwerben wünschten, mußten sie sich dem französischen Schutz unterstellen. Außerdem erhielt Frankreich durch diesen Vertrag das Privileg, die Interessen der nichtmuslimischen Osmanischen Bevölkerung zu vertreten und zu schützen 1 2 8 . Diese Privilegien wurden auch während der Regierungszeit Ludwigs XIV. aufrechterhalten, obwohl der Sonnenkönig gleichzeitig als Beschützer der Christenheit gegen die 'Ungläubigen' auftreten wollte. Dies blieb natürlich nicht ohne Konsequenz auf die französisch-osmanische Freundschaft 1 2 9 . Jedenfalls bestanden bis zur Zeit nach 1700 erfolgreiche diplomatische Beziehungen zwischen Frankreich und dem Osmanischen Reich. Und gerade die Botschafter und ihre Gefolgsleute spielten neben den Privatreisenden eine große Rolle bei der Vermittlung von türkischen Wörtern und türkischen Gegenständen nach Frankreich. So war der berühmte Orientalist Antoine Galland der Historiograph des Botschafters M. De Nointel (1672). Galland übertrug zum ersten Mal die Märchen aus Tausend und einer Nacht in eine europäische Sprache 1 3 0 . Hier sowohl wie in seinem 'Journal d'un sejour ä C o n stantinople' nahm er viele arabische und türkische Wörter auf. Aber auch durch die osmanischen Gesandtschaften nach Frankreich wurden türkische Elemente vermittelt. So wird vom Botschafter Soliman M u t a Ferraca (1669) berichtet, daß er u.a. die Mode des Kaffeetrinkens in Frankreich einführte 1 3 1 . Von den durch die genannten Beziehungen zur Türkei ins Französische gekommenen Arabismen erreichten folgende die deutsche Sprache: Arab, qahwa > türk. kahve (1615) > frz. caue (1626), cave (1650), cafe (1670) > dt. Kaffee (17. Jh.) 1 3 2 . Arab, suffa > türk. sofa (1680) > frz. sofa (1657) > dt. Sofa (17. Jh.) 1 3 3 . Arab, manära > türk. menäre, menaret (17. Jh.) > frz. minaret (1606) > dt. Minarett (18. Jh.) 1 3 4 . Arab, mu'addin türk. mezen (1546), muezzin (1591) > frz. Mesen (1542), muezzin (1654) > dt. Muezzin,135

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Vgl. Grunebaum (1971), S. 78ff. Fück (1944), S. 120ff. Vgl. Boulan (MCMXXXIV), S. 180ff. Vgl. Littmann (1954), S. 655ff. Nach Gallands 'Les milles et une nuit. Contes arabes traduits en Franiois par Galland' (1704-1717), in 12 Bändchen, wurde u. a. (1730) von August Bohse eine 6bändige deutsche Ubersetzung angefertigt, die nach K. M o m m sen große Verbreitung fand. Vgl. Mommsen (1960), S. XV u. Anm. 2. Vgl. Boulan (MCMXXXIV), S. 181. Vgl. Stachowski (1977), Bd. II, S. 17; Arveiller (1980), S. 304-305; vgl. Artikel Kaffee. Vgl. Stachowski (1981), Bd. III, S. 79; Arveiller (1990), S. 78-79. Das türk. Wort Sofa ist sicherlich älter als der Beleg bei Stachowski. Bereits zu Anfang des 16. Jh.s wird Soffa (1519), Sopha (1560) in frz. Reisebeschieibungen als türkisches Sitzmöbel zitiert, s. Arveiller (1990), S. 79; vgl. Artikel Sofa. Vgl. Stachowski (1977), Bd. II, S. l l l f ; vgl. Artikel Minarett. Vgl. Stachowski (1977), Bd. II, S. 137. Arveiller (1986), 302-304; Dt. Muezzin kann auch direkt aus dem Türkischen entlehnt sein. Der älteste hierfür aufgefundene Beleg

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Französisch als Vermittlersprache

Den bisherigen Ausführungen zufolge sind die meisten französischen Arabismen, die ins Deutsche gelangten, über eine dritte Sprache entlehnt. Das französische enthält aber noch mehr drittsprachige Arabismen. Zum Teil finden sich diese Arabismen auch im Deutschen und sind sowohl hier als auch im Französischen über das Spanische oder Italienische übernommen. Die Hindernisse für intensive direkte arabisch-französische Transferenzen sind hinsichtlich des Mittelalters bereits am Anfang dieses Abschnittes erläutert worden. In bezug auf die Neuzeit hörte einerseits das Arabische auf, maßgebliche Quelle für Entlehnungen zu sein, und andererseits bestanden zwischen Frankreich und der arabischen Welt bis zur Okkupation Nordafrikas keine besonderen Beziehungen, die zu intensiven Sprachkontakten hätten führen können. 4.3. Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen Die oben vorgestellten französischen Arabismen gelangten in die deutsche Sprache im Rahmen des französischen Einflusses auf das Deutsche. Die erste W e l l e dieses Einflusses ging vom Rittertum und der damit verbundenen höfischen Lebensart aus. Vom 12. bis zum 14. Jh. strömten Lehnwörter in das Mittelhochdeutsche ein. Ab dem letzten Viertel des 16. Jh.s begann nun die zweite W e l l e dieser Beeinflussungen. Sie wurde anfangs wie im Mittelalter durch das politische und gesellschaftliche Leben der höfischen Kreise gefördert. In einer späteren Phase ist sie mit der Entwicklung der modernen Zivilisation in Zusammenhang zu b r i n g e n . 1 , 6 Die mit diesen zwei Einflußwellen in die deutsche Sprache gekommenen Arabismen stellen innerhalb des gesamten frz.-dt. Transferenz-Umfangs jeweils nur eine m i n i m a l e Quote dar: Es wurden beispielsweise im 13. Jh. etwa 700 Französismen im Mittelhochdeutschen gezählt, darunter befanden sich circa 3 0 Arabismen. Es läßt sich nicht nachweisen, ob diese innerhalb der frz.dt. Transferenzen vermittelte Gruppe der Arabismen von den Deutschsprachigen bewußt als solche rezipiert und von den anderen westlichen Entlehnungen unterschieden wurde. Außer bei Experten dürfte dies aber kaum der Fall gewesen sein. Denn Arabismen sind nicht isoliert in einem orientalischen Z u s a m m e n h a n g entlehnt worden, sondern waren zur Zeit ihrer A u f n a h m e ins Deutsche der Form und auch der Bedeutung nach bereits europäischen Verhältnissen angepaßt und konnten wie die anderen französischen Wörter unterschiedslos von den Sprechern des Deutschen aufgenommen und verwendet werden. Auf diese nicht spezifische V e r w e n d u n g

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k o m m t in der Reisebeschreibung von Schweigger ( 1 5 7 7 - 1 5 8 1 ) als Muesin vor u n d scheint direkt aus dem T ü r k i s c h e n ü b e r n o m m e n worden zu sein. L i t t m a n n ( 1 9 2 4 ) , S. 6 2 , verwendet die Form Muezzin; s. auch Lokotsch 1485. Vgl. Lüdtke ( 1 9 8 4 ) , S. 8 7 1 .

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

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von Lehnwörtern arabischen Ursprungs als Orientalia weist Kunitzsch (1975, 268) hin. Nach ihm wird Wolfram „wie auch heutzutage die meisten Benutzer die im Parzival auftauchenden Arabismen amber, buckeram, matraz, scharlachen, tambur, roch, schächzabel, mat, läsür, zucker, genit zwar als Fremdwörter, aber doch kaum bewußt als Orientalia e m p f u n d e n haben" 1 3 7 . Diese u.a. aufgezählten Transferenzen sind aber wohl von den anderen arabischen W ö r t e r n für z.B. Standesbezeichnungen wie m h d . ammiral und nhd. Kalif zu unterscheiden, die in europäischen bzw. deutschen Texten nur in Z u s a m m e n h a n g mit dem O r i e n t verwendet u n d von den Benutzern als eben orientalisch rezipiert werden. Nichtsdestoweniger gelangten auch diese Wörter durch französische Vermittlung in die deutsche Sprache und können wie alle anderen nur im Rahmen des französischen Einflusses auf das Deutsche untersucht werden. 4 . 3 . 1 . Transferenzen im Mittelhochdeutschen Im 11. u. 12. Jh. entfaltete sich im Norden Frankreichs eine verfeinerte Kultur, die standesmäßig durch das höfische Rittertum vertreten wurde u n d literarisch vor allem im höfischen Roman ihren Ausdruck fand. Verschiedene Umstände trugen dazu bei, daß sich eine derartige höfisch-ritterliche Kultur zuerst in Frankreich entwickelt hat. Frankreich war das Land, von dem die kluniazensische Reformbewegung, die Scholastik u n d der Kreuzzugsappell ausgingen 1 3 8 . Nicht zuletzt vermochten auch die vom Süden des Landes herkommenden Einflüsse der arabischen Kultur Spaniens sowie die durch die Kreuzzugserfahrung gesammelten Eindrücke vom damals kulturell entwickelten O r i e n t auf die Geistesart des Rittertums einzuwirken 1 3 9 . Die französische Chevalerie gelangte somit zu einem hohen Standard an Bildung u n d Sittlichkeit und wurde bald für viele Länder Europas zum Vorbild. 1 4 0 Besonders das benachbarte Deutschland k o n n t e vom neuen Geist des höfischen Rittertums in Frankreich berührt werden. Hier nahmen die an die Pikardie und die Niederlande angrenzenden Regionen des Nieder- u n d Mittelrheins als erste die Einflüsse der neuen Kulturs t r ö m u n g auf. Später folgten die anderen Teile Deutschlands 1 4 1 . Die französische höfische Kultur des Rittertums bildete sich in der Pikardie u n d breitete sich über die niederländischen Gebiete aus. Die N i e d e r l a n d e wurden f r ü h von der höfischen Kultur beeinflußt und spielten somit eine große Rolle als Vermittler der höfischen Sitten u n d der französischen

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Kunitzsch (1975), S. 2 6 8 . E h r i s m a n n (1927), Bd. II, 2 1 , S. 17. Vgl. ebd. Vgl. ö h m a n n (1974), Bd. I, 326ff. Vgl. ebd., S. 3 2 6 .

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Französisch als Vermittlersprache

Ausdrücke nach Deutschland 1 4 2 . Natürlich kam es auch, unabhängig von den Niederlanden, zu französisch-deutschen Kultur- und Sprachkontakten am Mittelrhein. 1 4 3 Die Bekanntschaft mit dem französischen und niederländischen Rittertum erfolgte durch die zusammen gefeierten Feste und Turniere sowie durch die gemeinsamen kriegerischen Unternehmungen während der Kreuzzüge. Auch wurden aufgrund materieller und politischer Interessen persönliche Kontakte und Mischehen zwischen den Adligen beider Länder geknüpft, so z.B. die Vermählung Heinrichs III. mit Agnes von Poitiers. 14 Diese Begegnungen führten zur Bewunderung und Nachahmung des französischen Ritterwesens und der französischen Hofkultur bei den deutschen Rittern und Aristokraten. Bewunderns- und nachahmenswert schien aber auch die französische Literatur, die als wichtige Vermittlerin des höfischen Einflusses auf Deutschland gilt. Sowohl die Artusepik eines Chretien de Troyes als auch die Chansons de geste und die höfische Lyrik der Trouveres wurden übersetzt und nachgeahmt. 1 4 5 Die Rezeption der französischen höfischen Kulturwelle in Deutschland ging dann Hand in Hand mit der Rezeption einer großen Anzahl von französischen Wörtern und Begriffen durch die deutsche Sprache. Auch französische Ableitungssuffixe wie -ie und -ieren wurden übernommen 1 4 6 . Außerdem sind Lehnübersetzungen und Lehnbedeutungen nach französischem Vorbild entstanden - wenngleich in bescheidener Weise, denn in vielen mittelhochdeutschen höfischen Epen tritt eine Vorliebe für das französische Wort an den Tag, da bezeichnenderweise schon vorhandene deutsche Wörter für bestimmte Gegenstände durch französische Äquivalente ersetzt werden 1 4 7 . Sicherlich kann nicht nur die höfische Gesellschaft für einen derart großen sprachlichen Einfluß verantwortlich gemacht werden, sondern - wenn nicht sogar in erster Linie - auch die mittelhochdeutschen Dichter, die nach französischer Vorlage dichteten. Jedenfalls liegen die französischen Lehnwörter in den mittelhochdeutschen Epen dokumentiert vor und zeugen von dem Einfluß, den damals die französische höfische Gesellschaft auf die deutsche ausgeübt hat. Bereits in der ersten Hälfte des 12. Jh.s begannen französische Lehnwörter, darunter auch Arabismen, sich in den mittelhochdeutschen höfischen Epen bemerkbar zu machen 1 4 8 . U m 1130 entstanden das Rolandslied des Pfaffen Konrad, gedichtet nach der französischen Chanson de Roland, und Lamprechts Übersetzung des Alexanderlieds von Alberich von Besan9on 1 4 9 . Im Rolandslied tauchten

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S i e h e hier „ N i e d e r l ä n d i s c h als V e r m i t t l e r s p r a c h e " . V g l . Ö h m a n n ( 1 9 7 4 ) , S. 3 3 9 f f . V g l . ebd., S. 3 2 7 . V g l . ebd. V g l . ebd., S. 3 3 4 f f . ; L ü d t k e ( 1 9 8 4 ) , S. 8 7 3 . V g l . L ü d t k e ( 1 9 8 4 ) , S. 8 7 3 ; E h r i s m a n n ( 1 9 2 7 ) , Bd. II, 2 1 , S. 2 9 f f . Dazu P a l a n d e r ( 1 9 0 2 [ 1 9 6 3 ] ) . V g l . ebd., S. 8 7 .

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

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zum ersten Mal die mittelhochdeutschen Standesbezeichnungen für arabische Herrscher auf, so: Algafiles, Algaphiles (mit vertauschten Konsonanten) < frz. algalife 'Kalif' 1 5 ; admirät, ammirät 'Titel des Kalifen' zu mlat. admiratus, frz. amiral lieferte eher die Formen amiral und emeral bei Wolfram von Eschenbach (Willehalm) 1 5 1 . Dies neben Amurafle, das vom Pfaffen Konrad zum 'Eigennamen eines Heidenkönigs' umgedeutet wurde und Ammirafel, das als Ländername' in Wolframs Willehalm erscheint < frz. amurafle, amirafle 'Emir, Befehlshaber' 1 5 2 ; Atnarezur 'gefürchteter Herrscher der Sarazenen', amazur, amazzur (Parzival), almagur, aumagor (Wolfram), amasur (1453 bei H . v. Sachsenh.) < frz. almagor, amazu?^. Auch der Name des islamischen Propheten Muhammad wird im Rolandslied als Machmet, Mahmet, Mahumet 'ein Götze' < frz. Mahumet verwendet. 1 5 4 Im Rolandslied wird der Schachspielterminus schächzabel erwähnt, eine Glosse, die allerdings bereits in dem im 11. Jh. verfaßten 'Summarium Heinrici' belegt ist. Das Schachspiel wurde nach Suolahti um das Jahr 1000 durch romanische Vermittlung nach Deutschland gebracht 1 5 5 . Es fängt aber erst im 12. Jh. an, üblich zu werden 1 5 6 . Man kann an dieser Stelle mit Suolahti die Meinung vertreten, daß - wie das schächzabel im Rolandslied — viele französische Ausdrücke des Mittelhochdeutschen nicht erst durch die Dichter zum ersten Mal in die damalige Sprache eingeführt wurden. Selbst wenn die französische Vorlage diese Ubernahmen veranlaßte, so ist jedoch ein Verständnis eben dieser Wörter durch den Leser oder Hörer vorauszusetzen 1 5 7 . Dies betrifft vor allem die Bezeichnungen für Luxusartikel, die durch den Handel den höfischen Kreisen, dem Dichterpublikum also, vertraut waren. Wie aus der mittelalterlichen Dichtung selbst hervorgeht, handelten „die grossen Kaufleute [...] mit Seidenstoffen und Woll-

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Vgl. Wesle/Rolandslied, V. 2882 u. 2198; Kunitzsch (1974), Anm. 38, S. 18; Kunitzsch (1987), S. 264. Palander (1902), S. 105ff; P. Kunitzsch (1987), Anm. 41, S. 265. Vgl. Kunitzsch (1974), Anm. 77, S. 171 ff.; s. hier unter Exkurs zum Wort amiral, S. 142-143. Vgl. Wesle/Rolandslied, V. 4589 u. 4612; Kunitzsch (1987), Anm. 44, S. 265; Kunitzsch (1974), S. 19ff. u. Anm. 43; Suolahti (1929), 49; Frühnhd. Wb. I, 912; s. hier Anm. 32. Vgl. Wesle/Rolandslied, V. 806, 921, 1037; s. hier Exkurs zum Mahumet, S. 149-151. Ein machmettste 'Muhammedaner' ist im Lexer I belegt. Bis zum 19. Jh. wurde Mahomed neben Mohamed verwendet, vgl. auch Mahometismus/ Muhamedanismus in Campe (1801), 1139". Heute wird Mohammed, Mohammedaner bzw. Mohammedanismus verwendet, entweder als direkte Entlehnung aus dem Arabischen oder nach engl. Mohammed (1613), Mohamedanism (1815), vgl. O E D X, 66 b . In Goethes Diwan (1819) kommt noch Mahomet vor. Vgl. Palander (1902), S. 86 u. 126. Vgl. ebd., S. 89. Vgl. ebd., S. 87ff.

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zeugen, mit Spiessen, Halsbergen, Helmen, Schilden und Schwertern, mit T i n t e (?), Schwefel, Weihrauch, Quecksilber, Alaun, Kermes, Pfeiler und Safran, Pelzwerk, Schafleder, Corduan und Marderfellen" 1 5 8 . Alle diese Gegenstände wurden vom H o f und Rittertum gebraucht und fanden ihren literarischen Niederschlag in der D i c h t u n g , die einen Bestandteil der H o f kultur darstellte und eben die Interessen und Belange der ritterlich-höfischen Gesellschaft reflektierte. Mehrfach wird in der D i c h t u n g erwähnt, daß m a n c h e Textilien und Spezereien aus d e m Orient importiert wurd e n 1 5 9 . Diese Importartikel behielten auch ihre orientalischen bzw. arabischen N a m e n bei u n d wurden d e m Mittelhochdeutschen überwiegend durch das Altfranzösische und in einigen Fällen auch durch das Mittellatein oder durch eine andere romanische Zwischenstufe vermittelt. Zahlreich sind hier vor allem die N a m e n für Kleiderstoffe vertreten. S o z.B. im 12. Jh. mhd. baldekin (12. J h . ) < afrz. baldekin, baudequin, ein Seidenstoff aus Baldach 'Bagdad', dessen Seidenfabrik berühmt war 1 6 0 . D a s m h d . W o r t begegnet zum erstenmal in Veldekes Eneide. Ebenfalls in der E n e i d e k o m m t mhd. corduän 'Korduanleder, Leder aus Ziegenfellen von C o r d o v a ' vor, das zwar keine Entsprechung in der französischen Vorlage, d e m R o m a n d'Eneas hat, jedoch a u f afrz. cordoan zurückgeht 1 6 1 . Aus dem 13. J h . sind zum ersten Mal u.a. folgende m h d . Arabismen für Textilien belegt: M h d . barragän 'ein W o l l s t o f f ( E n d e des 12., Anfang des 13. Jh.s im Lanzelet Ulrichs v. Zatzikhoven), vgl. auch die Form barkan (Neidhart) < afrz. barraganx(,1\ mhd. buckeram 'ein L e i n e n s t o f f (Ende des 12., A n f a n g des 13. J h . s in der Eraclius-Legende des rheinfränk. Dichters Otto), buckerän (in Wolframs Parzival um 1210) < afrz. bouquerant, auch bougeran < arab. bubärl; mhd. satin 'ein Seidenstoff (um 1220 in Die Krone Heinrichs von dem Türlin) zu frz. satin163; mhd. schamlät 'ein Wolls t o f f (um 1 2 7 0 im J . T i t u r e l ) 1 6 4 > afrz. chamelot, camelot,165 Aus den genannten Stoffen und anderen wurden nach französischem Stil Kleidungsstücke für die Ritter und die H o f d a m e n angefertigt. S o wird in vielen mit-

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Schulz/Alwin, S. 2 7 4 . Vgl. ebd., S. 2 4 9 f f . Vgl. Palander ( 1 9 0 2 ) , S. 106. Vgl. ebd., S. 115. Suolahti (1929), S. 15. Die mhd. Form barkän (13. J h . , N . v. Reuenthal/ Lexer I, 128) kann auf später bezeugtes mfrz. barracan (1525), vgl. z.B. bararan im Pik. u. Wall., zurückgehen oder nach mlat. barracanus (12. J h . ) gebildet worden sein; auch ital. baracane (13. J h . ) kann hier als Vermittlersprache in Frage kommen, vgl. dazu F E W 19, 29°, Anm. 1. Die frühnhd. Variante barchat, barchent kann entweder auf einer lat. Schreibung wie barchanus oder auf der Entwicklung -k- > -ch- beruhen. Vgl. Artikel Satin. Suolahti ( 1 9 2 9 ) , S. 226. Das heutige dt. Kamelott wurde erneut aus frz. camelot entlehnt und kommt bereits (1536) in Dasypodius als Camelot vor, vgl. D W B ' X I ; D u d e n IV. Ein in den frz. Vorlagen nirgends auftauchendes und etymologisch bisher unerklärtes Wort ist mhd. achmardi. Zunächst k o m m t es in Wolframs Parzival und Willehalm vor.

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

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telhochdeutschen Epen wie im Parzival, Tristan und in der Krone von Mänteln, Röcken und Waffenröcken berichtet, die „nach der Franzoyser siten" 166 geschnitten sind. Im Mittelhochdeutschen finden sich auch einige arabisch-französiche Bezeichnungen für Edelsteine und Spezereien. Sie weisen ebenfalls wie die Stoffnamen auf luxuriöse Handelsartikel hin, die im höfischen Milieu sicherlich nicht unbekannt waren. So im 13. Jh. mhd. balas, balias, baleis, balax (Parzival) 'eine Art Rubin, Balasrubin1 zu mlat. balascius bzw. afrz. balais (1220); vgl. aspan., kat. balax167; mhd. amber (Parzival; Willehalm) 'Amber' < afrz. ambre168; mhd. saf(f)rän (Gottfrieds Tristan) zu afrz. safran169. Als höfisches Handelswort kann auch mhd. garät (J. Titurel/Lexer I) < afrz. carat 'Gewichteinheit für Gold u. Edelsteine 1 betrachtet werden. 170 Aus dem Altfranzösischen wurde ins Mittelhochdeutsche auch eine Reihe von Arabismen aufgenommen, die sich auf die höDann wurde es sehr häufig bei Epigonen verwendet, vgl. Suolahti (1929), S. 44. Mhd. achmardi ist die Bezeichnung für einen 'goldgewirkten, grünen Seidenstoff, der angeblich aus Arabien stammt. Dabei wurden mehrere Ableitungen vorgeschlagen. Die plausibelste davon geht auf Sybold zurück: Arab, az-zumurrudl (zu zumrud oder zamrad 'Smaragd') 'smaragdgrüner Seidenstoff (ZfdWf. 8, 1906-1907, S. 151ff.). Dem achmardi soll jedoch, so Sybold, ein vulg.-ar. "az-zamradl zugrunde liegen. Da sich jedoch das W o r t in keiner romanischen Sprache findet und für Wolfram eine direkte Entlehnung aus dem Arabischen nicht in Frage kommt, bezweifelt Kunitzsch (1974), S. 24 und Kunitzsch (1975), S. 268, ob denn überhaupt achmardi ein Arabismus sei! Ist das Wort nicht allein ein Phantasiegebilde Wolframs, das dann von seinen Epigonen wiederaufgenommen wurde? In dieser Hinsicht kann man sich mit Schulz/Alwin fragen, „ob nicht gerade die Dichter manche Namen entweder missverstanden oder absichtlich erfunden haben, um ihre Zuhörer, die von dem ihnen genannten Stoffe noch gar nichts vernommen hatten, erst recht in Erstaunen zu setzen". Alwin/Schulz, Bd. I, S. 249. 166

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Suolahti (1929), S. 8. Eines dieser Kleidungsstücke, dessen Namen arabischer Herkunft ist, ist mhd. juppe 'Jacke, Wams' (Lanzelet), jope (Willehalm), das nach Suolahti (1929), 11 Iff., aus afrz. jupe, nach Kluge und Pfeifer aus ital. giuppa stammt; vgl. hier Artikel Joppe. Eine Diminutivform jopel kommt bereits im Herzog Ernst (12. Jh.) vor. Ebd., S. 57; vgl. Lexer I, 113; FEW 19, 20 a ; span, balaj (1330), corom. I, 469 a ; ital. baläscio (135-06), Cort. I, 105'; engl, balas (1414), O E D I, 897'. Das Wort findet sich außerdem als Ballasch bei Henisch, 178; Stieler I, 88; Kramer I, 12'; Steinbach I, 61. Frisch I, 50' führt Balas u. Bailas, Adelung I, Ballaß an. Das Grundwort hierzu ist arab. balabä 'eine Rubinart' zu Balabän 'eine persische Provinz (heute in Afghanistan)', deren Reichtum an Rubinen schon im Mittelalter bekannt war, weshalb die europäischen Kaufleute sie damals aufgesucht haben. Vgl. Dozy suppl. I, 109'; FEW 19, ebd. Suolahti (1929), S. 49; s. Artikel Amber. Ebd., S. 222; s. Artikel Safran. Andere arabische Handelswörter für Spezereien gelangten in das Mittelhochdeutsche durch das Mittellatein, so z.B. mhd. gaffer, kampher (13. Jh.) 'Kampfer' < mlat. camphora, cafura, s. Artikel Kampfer. Suolahti (1929), S. 89, schlägt auch frz. camphre als Vorlage des mhd. Wortes vor; mhd. läsur (Lanzelet; Parzival), das oft als Arabismus angegeben wird, kann ohne arab. Einfluß aus gr.-mlat. lasurium entlehnt worden sein, vgl. Exkurs zum Wort Azur. Als Ausschmückungsfloskel dienten in der alfranzösischen und mittelhochdeutschen epischen Literatur auch einige Arabismen der Wissenschaft, wie mhd. alchimie (13. Jh. in U. v. Eschenbachs Alexander Anh.) 'Alchimie' zu mlat. alchimia; afrz. alkimie, alquemie-, mhd. syrop (Ende des 13. Jh.s im Renner) 'Sirop' zu mlat. siropus; afrz. sirop. Vgl.

166

Französisch als Vcrmittlersprache

fische gesellige Unterhaltung und auf die höfische häusliche Einrichtung bezieht. So mhd. materas (13.Jh.), matraz (Parzival) 'Matratze' zu afrz. materasxlx; mhd. ekub (Parzival) 'kleines Zelt' 1 7 2 ; mhd. papegän (Gottfrieds Tristan) 'Papagei' zu afrz. papegai173; mhd. schraffe (13 Jh. im J. Titurel) 'Giraffe' zu afrz. giraf(fiexii·, mhd. lüte (Lexer I), Laute (15. Jh./ D W B 1 XII) < afrz. leüt (13. Jh.); mhd. tambür (schon im 12. Jh. in der Eneide) ' T r o m m e l ' < afrz. tabor und tamboril'>\ der Spielausdruck m h d . haschart, hasehart, hashart (13. Jh. zunächst in G u t e Frau) < afrz. hasart176. Aus der arabischen Schachspielterminologie wurde der Ausdruck mat (13. Jh. u.a. Parzival) über afrz. mat ins Mittelhochdeutsche a u f g e n o m m e n 1 7 7 . Im Gegensatz zu den oben erwähnten Wörtern, die zumeist den höfischen Lebensstil betreffen, sind in der afrz. bzw. mhd. epischen Literatur kaum Arabismen f ü r das eigentliche Ritterwesen vertreten. Im 12. u. 13. Jh. erreichten nur die Bezeichnungen väris (12. Jh. im Graf Rudolf und in der Eneide) 'Pferd' zu mlat. fariseus, farius-, afrz. alferrant, aus arab. (al-) faras 'Pferd' 1 7 8 ; genit (Parzival) 'Rappe, türkisches Pferd', zu afrz. genet179 die mittelhochdeutsche Sprache. Somit wurden die Haupteinflußgebiete des durch das Altfranzösische ins Mittelhochdeutsche eingegangenen Arabismus-Wortschatzes hervorgehoben. Es handelt sich in erster Linie um Benennungen für Luxusartikel, die damals durch den Handel mit dem O r i e n t im Abendland bekannt wurden. Ihre A u f n a h m e in die mhd. höfische D i c h t u n g läßt sich durch den Einfluß der entsprechenden französichen Literatur erklären. Im Rahmen des ritterlichen Romans dienten sie hier wie dort als stilistische Mittel, die den Geschmack des höfischen Publikums zu charakterisieren verm o c h t e n . Sie k ö n n e n in dieser Hinsicht nicht von den genuin französischen W ö r t e r n getrennt werden, die dieselbe Funktion erfüllten.

171 172

173 174

175 176 177 ,7S 179

Suolahti (1929), S. 47 u. 238; s. hier die entsprechenden Artikel Alchimie bzw. Strop. Eine ähnliche Funktion erfüllten auch die arabischen Sternnamen in Wolframs Parzival, dazu Kunitsch (1974b), S. 158. Suolahti (1929), S. 138; s. Artikel Matratze. Nach Suolahti (1929), S. 84, soll mhd. ekub die lothringische Variante acube reproduzieren, da im Lothringischen das helle α durch e wiedergegeben wird. Suolahti (1929), S. 174; s. Artikel Papagei. Suolahti (1929), S. 232. Nhd. Giraffe wurde aus dem Italienischen entlehnt; s. Artikel Giraffe. Suolahti (1929), S. 251; Palander (1902), S. 128, s. Artikel Tambur. Suolahti (1929), S. 105; s. Artikel Hasard. Suolahti (1929), S. 156ff.; s. Artikel mat. Palander (1902), S. 130. Suolahti (1929), S. 94.

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

167

4.3.1.1. Exkurs: Zum Wort buckerän Entgegen den Bedeutungen, die im FEW 19, 36 b , für afrz. bouquerant 'sorte de toile' (Chretien), bouguerart, bouqueran (14./15- JH.) 'grosse toile appretee employee surtout comme doublure, pour contenir les revers de l'habit etc' und entsprechendes mhd. buckeram, buckerän 'festes und doch durchlässiges Wollzeug, Loden' in Suolahti (1929), S. 11 u. 73, angegeben werden, geht aus der Untersuchung von Höfler (1967), S. 5Iff., hervor, daß der hier in Frage kommende Stoff im 12. u. 13. Jh. einen 'sehr feinen (wohl Leinen-) S t o f f ' bezeichnete, der vor allem für kostbare Kleider verwendet wurde. Ende des 13. Jh.s diente er überwiegend zur Fertigung von contrepointes und seit dem 14. Jh. wurde er als Futterstoff gebraucht. In beiden Verwendungen ist er im Afrz. u. Mfrz. reichlich bezeugt. Heute bezeichnet frz. bougran 'Steifleinen'. Nach Höfler, ebd., S. 52, setzte sich diese Bedeutung im 16. Jh. durch und scheint in Deutschland entwickelt worden zu sein. Denn die hierfür auftauchenden frz. Belege aus dem 16. Jh. nennen Deutschland als Hauptherstellungsort des neuen bougran. Andernfalls wird ein heutiges dt. Buckram 'stark appretiertes Baumwoll- od. Zellwollgewebe' im Duden I auf engl, buckram, ebenfalls aus dem Arabischen, zurückgeführt. Was das arab. W o r t betrifft, so ist bubärT als Stoffbezeichnung nach dem Herkunftsort Bubära 'Stadt in Turkistan' abgeleitet. Kunitzsch (1974), Anm. 22, S. 52, möchte jedoch die roman. Formen des Wortes auf arab. barrakän (woraus afrz. barragen > mhd. barragän)' zurückführen, weil Belege für arab. buj]3rT fehlen. Dies aber ist in Zweifel zu ziehen, denn einerseits werden im Romanischen die zwei Stoffnamen stets auseinandergehalten und andererseits war die Stadt Bubära im Mittelalter für Textilerzeugnisse bekannt. 1 8 0 4.3.2. Transferenzen im Frühneuhochdeutschen und Neuhochdeutschen In der ersten Hälfte des 14. Jh.s war das Rittertum bereits im Verfall begriffen, die höfische Kultur verlor an Bedeutung und der französische Einfluß auf die deutsche Sprache nahm ab. Dies geht aus den Untersuchungen von Rosenqvist 181 hervor. Durch den Vergleich mittelhochdeutscher Texte aus dem 13. Jh. mit anderen aus dem ersten und zweiten Viertel des 14. Jh.s läßt sich ein zunehmender Rückgang im Gebrauch der französischen Wörter beobachten. Die Gründe hierfür werden mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen in Verbindung gebracht, die sich in Deutschland bereits seit Mitte des 13. Jh.s abzeichneten und in der hier betroffenen Periode fortsetzten. Mit dem allmählichen Nie-

lfi0

181

Vgl. dazu Pellegrini (1972), Bd. I, S. 173. Bd. Ii, S. 588. Z u r E n t w i c k l u n g von O r t s n a m e n zu Appelativa für Stoffe, in Z u s a m m e n h a n g m i t der Ü b e r l i e f e r u n g von arabischen S t o f f n a m e n nach E u r o p a vgl. H ö f l e r ( 1 9 6 5 ) . Rosenqvist (1932) u n d Rosenqvist (1943).

168

Französisch als Vermittlersprache

dergang des Ritterstandes begann auf der anderen Seite das Bürgertum an Bedeutung zu gewinnen. In den Städten kamen die Bürger durch Handel u n d Gewerbe zum Wohlstand und fingen an, es den Aristokraten in Sachen Luxus u n d Glanz gleich zu tun. Auch sie trugen Kleider aus kostbaren Stoffen u n d veranstalteten Feste u n d Turniere. Der wirtschaftliche Aufschwung des Bürgertums war aber nicht immer von Dauer. Kriege, Räubereien u n d Naturkatastrophen haben immer wieder das Glück in U n glück verwandelt und die Menschen suchten Trost in religiöser Erbauung. Natürlich konnten die genannten Faktoren nicht ohne Auswirkung auf die geistige Kultur bleiben. Gleich zu Beginn der Umwälzungen stand neben den höfischen Romanen eine Literatur satirischen, lehrhaften und religiösen Inhalts. In der ersten Hälfte des 14. Jh.s vermehrte sich, neben weiterhin verfaßten Ritterepen, die auch im bürgerlichen Milieu nachgeahmt wurden, vor allem die religiöse Literatur. Auch begannen in diesem Zeitabschnitt die U r k u n d e n auf deutsch verfaßt zu werden. 1 8 2 Was die französischen Lehnwörter betrifft, deren A u f n a h m e in die deutsche Literatur in der ersten H ä l f t e des 14. Jh.s deutlich zurückging, sei im Hinblick auf die oben erwähnten Fakten folgendes bemerkt: 1) R u n d zwei Drittel der im 12. u. 13. Jh. belegten französischen Transferenzen der mittelhochdeutschen Literatur tauchen in der ersten H ä l f t e des 14. Jh.s nicht mehr a u f 1 8 3 . D ies, obgleich in dieser Periode umfangreiche Ritterromane verfaßt wurden, in denen die verschwundenen W ö r t e r hätten A u f n a h m e finden können, zumal die Verfasser dieser Epen im Gegensatz zu den Dichtern des 13. Jh.s keinen Protest gegen den Gebrauch französischer Wörter erhoben haben. So fehlte beispielsweise in der um 1331 angefertigten Ubersetzung einer Fortsetzung des Parzifalromans nach französischer Vorlage eine große Menge früher belegter französischer E n t l e h n u n g e n , die zum T h e m a dieses Romans hätten passen können 1 8 4 . Hier wie in anderen Werken betraf dieser Schwund in erster Linie die Spezialausdrücke des ritterlichen und höfischen Lebens. Angesichts dieser Tatsachen vertritt Rosenqvist die Auffassung, daß ein erheblicher Teil der verschwundenen französischen W ö r t e r den Dichtern der hier in Frage k o m m e n d e n Periode nicht mehr geläufig war oder gar u n b e k a n n t geblieben ist 1 8 5 . Mehrere dieser Ausdrücke wurden aber früher o f t verwendet, die Tatsache, daß auch sie außer Gebrauch kamen, wird von Rosenqvist dahingehend interpretiert: „dass der Rückgang des französischen Einflusses nicht nur eine literarische Erscheinung gewesen ist, sondern dass er auch in der lebenden Sprache stattgefunden hat." 1 8 6 Bedingt war die Ab-

182 183 184 185 186

Z u m ganzen geschilderten Sachverhalt vgl. Rosenqvist (1932), S. 13-23. Vgl. ebd., S. 53. Vgl. ebd., S. 54. Vgl. ebd., S. 55. Ebd., S. 6 5 f f .

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

169

nähme des französischen Einflusses auf das Deutsche - wie bereits erwähnt — durch den Verfall der ritterlich-höfischen Gesellschaft. 2) D i e um die erste Hälfte des 14. Jh.s entstandene religiöse Literatur enthält ebenfalls französische Ausdrücke. Dies betrifft vor allem die im höfischen Stil verfaßten Dichtungen des Deutschen Ordens, die eine Vorliebe für französische Wörter zeigten. Dagegen weist die Literatur der Mystik weniger Einfluß des Französischen auf. Französische Entlehnungen tauchen aber auch in anderen Gattungen auf, z.B. in der didaktischen Literatur, wie Konrad von Megenbergs Buch der Natur187. 3) In den genannten Textsorten der ersten Hälfte des 14. J h . s wurden nicht nur früher belegte französische Entlehnungen wieder a u f g e n o m m e n , sondern in ihnen sind darüber hinaus andere neue Entlehnungen u n d Neubildungen enthalten 1 8 8 . Dies hängt damit zusammen, daß die höfische Kultur aufgrund ihrer N a c h a h m u n g in den bürgerlichen Kreisen nicht völlig aufgegeben wurde und damit - wenngleich in modifizierter F o r m weiter existieren konnte. In bezug auf Arabismen ist festzustellen, daß in der Literatur der hier in Frage k o m m e n d e n Periode kaum ein Arabismus früherer Zeit verschwunden war. Im Gegenteil, es sind weitere arabische Entlehnungen über das Französische in die deutsche Sprache dieser Periode g e k o m m e n . Im folgenden werden die arabischen Transferenzen dargestellt, die sowohl in der klassischen mhd. Periode belegt sind und jetzt erneut v o r k o m m e n , als auch die neuen U b e r n a h m e n und N e u b i l d u n g e n . Es werden auch die T e x t e genannt, in denen die Wörter vorkommen, damit ein Bild über ihre Verbreitung vermittelt werden kann. D i e früher belegten Arabismen 1 8 9 : — admirät, atmirat ' K a l i f ; ammirat, amerat, amirot, a(m)myral, ameral(l), ammarall, amarel, em(m)arät 'orientalischer Herrscher, sarazenischer O f f i z i e r : Kreuzfahrt Ludw. d. Frommen; Heinrich v. Neustadt, Apollonius; J o h . v. Würzburg; Ottokars Österreichische Reimchronik; Karlmeinet; Jacob v. Bern.

— [amazzür], Kalif:



balas,

amas(s)ür,

amasür,

amasewr,

ammasür

'heidnischer Fürst',

Heinrich v. Neustadt, Apollonius.

palass,

baleis,

balast

'ein E d e l s t e i n ' :

Heinrich v. Neustadt, Apollonius;

O t t o k a r s ö s t e r r . Reimchronik; Wisse u. Colin, Parzifal; Konrad v. Megenberg, Buch d. N a t u r (balast u. balastus).

— balde(c)kin,

baldechyn,

baldikin,

paltikin

'Seidenstoff:

Ottokars österr.

Reimchronik; Karlmeinet; Bruder Philipps Marienleben; Wisse u. Colin, Parzifal; Herrn, v. Fritzlar; Buch Ester; Breslauer Urkundenbuch.

— [barkän],

parchan

'ein Woll- od. B a u m w o l l s t o f f : Nürnb. Polizeiordnungen;

Urk. d. Stadt Strassburg; Breslauer Urkundenbuch (1327).

187 188 189

Vgl. ebd., S. 4 I f f . Vgl. ebd., S. 27. Die Aufzählung folgt dem alphabetischen Wortverzeichnis in Rosenquist ( 1 9 3 2 ) , S . 67ff.

Französisch als Vermittlersprache

170

-

[buckeram],

'Stoffbezeichnung':

buggran

'kostbarer Goldstoff': sin rosdecke hashart



\kurdewän\,

hausen; Nürnb. adj.

mat

taucht

korduwän,

Joh. v. Würzburg (hier in der Bed.

was von gold ain

'Unglückswurf im Würfelspiel':



-

und sin kursit

buggran).

Ottokars Österr. Reimchronik.

'Leder aus C o r d o v a ' :

kuderwan

Konrad v. Ammen-

Polizeiverordnungen. u.

Subst.

in m e h r e r e n

'matt

gesetzt;

verbalen

Matt

Verbindungen

(im

Schachspiel)',

auf, z.B.

mat

(das

beschehen,

Wort stän,

werben): Judith; Evangelienwerk (üf üch bekumet mat)·, Lutwin (spehen, wanne das spile zu matte were, m. machen)·, Heinrich v. Beringen, Schachgedicht (m. sprechen mit Dativ); J o h . v. Frankenstein (Adj. m. tuon, sagen mit d. Präp. an, m. geschehen mit Dativ); Heinrich v. Neustadt, Apollonius (schäch u. mat sin mit Dativ d. Pers., m. sagen mit Dativ); Gottes Zukunft (m. sin)·, Visio Philiberti (nu ist dir schächgesagt und auch der mat)·, Ottokars Österr. Reimchronik (m. werden mit Dativ d. Person u. Gen. der Sache, schäch unde mat werden mit Gen.); Buch der Maccabäer (m. machen)·, T i l o v. Kulm Ingesigel (m. geben mit Dativ, im nahin lyt der mat). Wisse u. Colin Parzifal (Adj. m. sin und m. tuon mit Gen. d. Sache, m. werden)·, Konrad v. Ammenhausen (schäch und mat werden mit Dativ, m. sin, sprechen, beschehen mit Dativ), Buch Hiob (m. sin mit Gen., m. bliben, von Kummer m. werden)·. Nie. v. Jeroschin (Adj. m. sin, werden, machen mit Gen. d. Sache); Boner Edelstein (m. sin mit Gen., m. sprechen mit Dativ, m. stän)·, Salman u. M o r o l f (Spielm.: mat unde schäch dun). -

materaz,

mat(t)ras,

mat[t]ras,

'mit W o l l e gepolstertes

matrais

Ruhebett':

Der Schüler v. Paris; Heinrich v. Neustadt, Apollonius; J o h . v. Würzburg; Ottokars Österr. Reimchronik; Wisse u. Colin, Parzifal; König vom Odenwald. —

saf(f)rän,

Heinrich v. Neustadt, Apollonius; Ottokars Österr.

'Safran':

safferrän

Reimchronik; Konrad v. Ammenhausen; Konrad v. Megenberg, Buch der Natur; Polizeiordnungen; Bresl. Urkundenbuch; Stadtrecht von -

tambür,

tabür,

tambüre,

'Trommel, Tamburin':

tammur(e)

Nürnb.

München. Albr. v. Schar-

fenberg, Seifrid; Walther v. Rheinau; Kreuzfahrt Ludw. d. Frommen; Heinrich v. Hesler, Apokalypse; Heinrich v. Neustadt, Apollonius; Gottes Zukunft; Friedr. v. Schwaben; J o h . v. Würzburg; Ottokars Österr. Reimchronik; Karlmeinet; König vom Odenwald. Erstmals belegte Arabismen190: —

COttun

Das W o r t ist nur einmal im Alemannischen belegt. Walther

Z U frz.

coton.

batzam

z u frz.

v. Rheinau. bazän, -

[rubeblin],

'eine Art —

Geige':

sackers

Ein

neuer,

Arabismus, in J o h .

1.0 1.1

Konrad v. Ammenhausen.

'Schafleder':

bazane

zu

rubebe

aus

afrz.

rebebe,

rubebe

Seuses L e b e n 1 9 1 .

z u a f r z . sacre

Bair. M i n n e Falkner.

basane,

Deminutivform

röböbli,

'eine Falkenart,

Sackerfalk'

zu arab.

saqr

'Falke':

(Vgl. Lexer II).

in d e r e r s t e n H ä l f t e des d e r bei R o s e n q v i s t

v. W ü r z b u r g

1 4 . J h . s ins D e u t s c h e

nicht verzeichnet

Willehalm

von

aufgenommener

ist, ist m h d .

Österreich/Lexer

kalif

(1314

I).

Ebd. Heute wird die Form Rebec (< frz. rebec (14. J h . ) 'kleines Streichinstrument mit einem Schallkörper in Form einer längs halbierten Birne oder eines Bootes, der sich ohne Absatz zum Wirbelkasten hin verjüngt' in die deutschen Musiklexika aufgenommen, vgl. Meyers Lex.Mus. ( 1 9 8 6 ) , S. 31 l b ; Baines ( 1 9 8 2 ) , S. 2 2 6 f f .

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

171

Neubildungen zu früher aufgenommenen Arabismen sind 192 : — matten zu mat 'matt setzen, mattmachen': Lutwin; Wisse u. Colin, Parzifal. Folgende frz.-mhd. Arabismen des 12. u. 13. Jh.s kommen (nach der Untersuchung von Rosenqvist) nicht mehr in der Literatur der ersten Hälfte des 14. Jh.s vor: Algalife, amber, garät, genit, papegän, schamlät, väris. Bis auf das Wort Algalife sowie die Pferdebezeichnungen genit und väris tauchen aber, wie wir noch sehen werden, alle hier aufgezählten Entlehnungen in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s wieder auf. In Rückbezug auf das oben Gesagte über die Abnahme französischer Wörter in den deutschen Texten der ersten Hälfte des 14. Jh.s können die hier verschwundenen Arabismen Algalife, genit und väris zur Gruppe der spezifisch ritterlich-höfischen Ausdrücke gezählt werden, die mit dem Verfall des Rittertums außer Gebrauch gekommen sind. Die in die späteren Jahrhunderte tradierten Wörter waren sicherlich nicht nur dem Hof und Rittertum, sondern auch dem nun aufsteigenden Bügertum geläufig. In der zweiten Hälfte des 14. Jh.s ging der französische höfische Einfluß auf die deutsche Sprache weiter zurück 1 9 3 . Das Ritterepos, früher der Hauptträger des französischen Lehnguts, überlebte jetzt nur noch epigonenhaft und verbürgerlicht in einigen Werken, die darüber hinaus auch in Prosaform verfaßt wurden. Dieser Entwicklungsprozeß steht in Zusammenhang mit den oben erwähnten sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, die den Aufstieg des Bürgertums zum neuen Kulturträger begünstigten bzw. der höfischen Geistesrichtung ein Ende setzten. Viel mehr als in der ersten dominierten in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s die als bürgerlich zu bezeichnenden Literaturgattungen in Prosaform. An erster Stelle ist hier die auf deutsch verfaßte Urkundenliteratur zu nennen, die einen beträchtlichen U m f a n g annahm. Auch Chroniken und Reisebeschreibungen — wie die Berichte über den Orient 1 9 4 - nahmen in dieser Periode neben den religiösen und lehrhaften Schriften wesentlich zu. Was die Lehnwörter betrifft, so dehnte sich der Gebrauch von Französismen auf alle die genannten Textsorten aus. Dabei wurden zum einen Entlehnungen des alten Bestandes tradiert und durch einen großen Prozentsatz an Neubildungen bereichert, zum anderen kamen neue Lehnwörter hinzu 1 9 5 . Aber bei allem Zuwachs des Schrifttums ist der Gebrauch von französischen Wörtern in der hier betroffenen Periode gegenüber dem 13. Jh. und der ersten Hälfte des 14. Jh.s wesentlich geringer geworden. Auch ging die A u f n a h m e neuer Transferenzen im Vergleich zur letztgenannten Phase um etwa 50% zurück 1 9 6 . Daraus folgte, daß zwar französische Wörter in

192 193 194 195 196

Rosenqvist ( 1 9 3 2 ) , ebd. Vgl. Rosenqvist ( 1 9 4 3 ) , S. 6ff. Vgl. ebd., S. 10. Vgl. ebd., S. 12ff. Vgl. e b d . , S. 7 2 f f . u. 128.

172

Französisch als Vermittlersprache

die verschiedensten Texsorten Eingang fanden, jedoch kamen sie in jedem der Texte bedeutend seltener vor als in den Werken der vorangegangenen Entlehnungsepochen. Ein Teil der dabei tradierten Wörter bezog sich weiterhin auf Bereiche, die mit der ritterlich-höfischen Gesellschaft zusammenhingen 1 9 7 . Dies zeugt vom Eindruck, den die Kultur des Rittertums auf die Bürgerlichen hinterließ, so daß sie sie nachahmten. Ein anderer Teil der tradierten Entlehnungen sowie die meisten neu aufgenommenen Wörter weisen aber einen ausgesprochen bürgerlichen Charakter auf. Sie berühren hauptsächlich den Bereich des Handels, das klassische Betätigungsfeld des Bürgertums, und tauchen überwiegend in der Urkundcnliteratur auf 1 9 8 . In dieser Hinsicht erweist sich das Bürgertum nicht nur als bloßer Nachahmer der höfischen Gesellschaft, sondern auch als selbständig entlehnende Schicht, die durch den Handelsverkehr mit Frankreich oder mit den Niederlanden die französischen Wörter übernommen hat. Was Arabismen betrifft, so läßt sich auch hier sowohl die Tendenz eines deutlichen Rückgangs neu aufgenommener Wörter beobachten, als auch eine mit dem Bürgertum zusammenhängende Entlehnungsgruppe feststellen. Allerdings kommt hier aus den in unserem Korpus aufgenommenen frz.-dt. Arabismen lediglich der Ausdruck Karube in Betracht' 9 9 : - caruble 'Johannisbrot', zu afrz. caroble. Bericht über den O r i e n t . 2 0 0 W i e aus den Literaturgattungen, in denen sie vorkommen, zu schließen ist, kann die Einführung der genannten Arabismen in die deutsche Sprache auf Handelsbeziehungen zu Frankreich oder den Niederlanden zurückgeführt werden. Während die Belege in den Urkunden eindeutig auf Han-

1.7 1.8

200

Vgl. ebd., S. 74. Vgl. ebd., S. 74ff. Vgl. ebd., Verzeichnis der in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s aufgenommenen Wörter, S. 144ff. Rosenqvist (1943), S. 294. Dagegen ist nach Öhmann (1964), S. 391, mhd. caruble Johannisbrot' weder eine frz. Entlehnung noch kann sein Vorkommen im Ripuarischen als Nachweis für einen Beleg im Deutschen betrachtet werden. Für Öhmann geht zum einen das mhd. Wort zurück auf ital. caröbla, die venez. Variante des arab. barraba. Zum anderen stellt es im ripuarischen Text lediglich ein „individuelles" Fremdwort dar, das der Verfasser des Bericht über den Orient (zwischen 1338-1350) „auf seiner Reise an Ort und Stelle aus dem Italienischen, der damaligen lingua franca des Orients aufgelesen haben dürfte". Nhd. Karube soll dagegen erst später aus dem Französischen erneut entlehnt worden sein. Ebenfalls im Bericht über den Orient taucht zum ersten Mal der Ausdruck lymons 'eine Art Zitrone' auf, zu afrz. limon < ital. limone., auch dt. Limone stammt aus dem Ital., wobei hier lymons als Gelegenheitsaufnahme zu betrachen ist. Es reflektiert die franz. Form mit flexivischem s, vgl.: pour lymons et orange (Godefroy X, 84 c ). Ein in unseren Korpus nicht aufgenommener Arabismus, der in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s zum ersten Mal vorkommt, ist der Ausdruck camkat, kampkot 'Seidenstoff' > afrz. camocas > arab. kamba. Nach Rosenquist ist das dt. Wort über mndl. camecate, campcat übernommen.

173

Rezeption der arabisch-franzosischen Transferenzen im Deutschen

delsakten verweisen, ist der hier zitierte Bericht K ö l n e r K a u f m a n n verfaßt w o r d e n 2 0 1 .

über den Orient

von einem

Überliefert sind in der zweiten Hälfte des 14. J h . s auch Arabismen, die — wie oben erwähnt — zum W o r t b e s t a n d des 13. J h . s gehörten, jedoch nicht in der ersten Hälfte des 14. J h . s auftauchten. Diese s i n d 2 0 2 : -

[amber],

ambra

'Amber, A m b r a ' in dieser F o r m zu mlat. ambra:

Seifrits

'Karat; übertr. W e r t ' :

Suchen-

Alexander.

-

garat,

karat,

krat,

krait,

krayt,

kraid,

grot

wirt; M ö n c h von Salzburg, Geistliche Lieder; Ulman Stromers C h r o n i k ; Deutsche tagsakten; U r k u n d e n b . d. Stadt Strassburg; Das rote B u c h d. Stadt

Reichs-

Ulm.

- papegän, papegay, papegey, papagay, papegog 'Papagei'; 'Vogel aus H o l z oder Pappe, der den Schützen als Ziel diente': Bericht über den Orient; Der mitteld. M a r c o Polo; Aachener

Stadtrechnungen.

schamelat, schamlot 'ein feiner, dichter, zunächst aus Kamelhaaren, dann aus feiner Angora- oder Schafwolle gewebter Wollstoff, Kamelott': Akten z. G e s c h . d. Verf. u. Verwalt. d. Stadt K ö l n . Eine Form zambel(o)tis ist im mitteldeutschen M a r c o Polo belegt und geht wahrscheinlich a u f das Italienische zurück. [schraffe], seraffe, giraffe 'Giraffe': Der mitteld. M a r c o Polo; Lorenz Egen aus Ausburg. Eine Form schuphant kommt im Bericht über den Orient vor und ist nach Rosenqvist, wenn nicht vom Schreiber verderbt, in A n l e h n u n g an el(e)phant entstanden. V o n den in der ersten Hälfte des 14. J h . s erstmals belegten Arabismen wurden in der zweiten Hälfte die folgenden tradiert 2 0 3 : bazane, bazanne, batzane, bauzan 'Schafleder': Fontes rerum Bernensium. [rubeblin], robele 'eine Art Geige' (Vgl. afrz. rubele, rebebe)'. J o h . üz dem Virgiere. -

Sacker-valke

'Sackerfalk'.

neben rubebe

und

Oswald v. W o l k e n s t e i n 2 0 4 .

Allein das o h n e h i n schwach belegte W o r t auf.

cottun

taucht jetzt nicht m e h r

D i e stets seit dem 12. u. 13. J h . bis zur zweiten Hälfte des 14. J h . s überlieferten Arabismen s i n d 2 0 5 : [admirät], amirad; amiral(l), ammiral, ameral 'orientalischer Fürst, Oberbefehlshaber der Ungläubigen, Kalif, Sultan': Weingartner Ave Maria; Johan üz dem Virgiere; C h r o n i k von d. 9 5 . Herrschaften; Hansisches U r k u n d e n b u c h .

Varianten amaral und amoral einem Schreiber an.

201

im Göttweiger

Trojanerkrieg

Andere

lastet Rosenqvist

Vgl. ebd.. S. 3 7 .

202

Vgl. ebd., Verzeichnis, S. 151 ff.

201

Vgl. ebd., Verzeichnis, S.

204

Das W o r t k o m m t in der zweiten Hälfte des 14. J h . s nicht bei Rosenquist vor. Es ist

184ff.

dagegen in D W B 1 X I V belegt, vgl. auch Schulz/Alwin 1, S. 4 7 3 . 205

Vgl. R o s e n q u i s t ( 1 9 4 3 ) , Verzeichnis, S.

I49ff.

Französisch als Vermittlersprache

174



baldekin,

pallikein,

baldegin, baldecken,

Seidenstoff:

baldeggi, baldich,

paldegin,

bellekin,

baltikin,

belikon,

baldekein,

paldikein,

bal(c)kin

'kostbarer

balkin,

Seifrits Alexander; Closener Strassb. Chronik; Wernhers Marienleben; Mei-

ster Altswert; Urkundenb. z. gesch. d. Juden in Frankf. a. M.; Frankfurter Zunfturkunden; Deutsche Reichsurkundenb. d. Stadt Leipzig; Limburger Urkunden; Urkundenb. z. Gesch. d. Bischöfe zu Speyer; Urkundenbuch d. Stadt Worms. —

[barkän],

barchan(t),

parchan(t),

parcham,

barchat,

parchat,

barchen,

'eine A r t B a u m w o l l g e w e b e , starkes G e w e b e mit leinener Kette und

barchin

Chronik v. Augsburg; Urkundenb. d. Stadt Chemnitz; Das

baumwollenem Einschlag':

Grosse Ämterbuch d. dt. Orden; Handelsrechnungen d. dt. Ordens; Urkundenb. d. Landes O b der Enns; Urkundenb. f. d. Gesch. d. Juden in Frankfurt a. M.; Gansisches Urkundenb.; Hessisches

Urkundenb.;

Marienburger

Ämterbuch;

Monumenta

civitatis

monacensis;

Zeitschr. f. d. Gesch. d. Oberrheins; Altprager Stadtrecht; Stadtrecht d. Reichsstadt Ravensburg; Schlesische Urkunden; Das rote Buch d. Stadt Ulm. —

[haschart],

' G l ü c k s w u r f ' : Meister Irregang; Züricher Stadtbücher.

hashart

— mat, madt ( A d j . u . S u b s t . ) ' m a t t i m S c h a c h s p i e l ' : Meiscr Altswert (mat sin an mit Dat.); Mitteldeutsches Schachbuch (mat machin mit Akk., mat werdin); Biel und Bern (mat sin mit Dat. d. Pes.); Heinr. v. Mügeln Minnelieder (mat sin); Suchenwirt (mat sprechen mit Dat., mat sin, werden mit Gen. oder mit an und Dativ); Wernhers Marienleben (mat legen mit Dat. d. Pers., mat sprechen mit Dat. d. Pers.); Von den Reichsfürsten (mat sin); Heinrich Kaufringer (es was umb si schach und madt); Kirchenlieder (schach u. mat, mat bieten, mat sprechen mit Dat.). —

materaz,

maderats,

mattrazze,

mataras,

matras,

'mit Wolle

marras

p o l s t e r t e s R u h e b e t t ' : Seifrits Alexander; Gesta Romanorum; Hugo v. Montfort

ge-

(marras);

Monumenta Zollerana. — saf(f)rän, saphran, safferan, saffraen, saffrain, safferain, saferayn, saffarayn, zafferain, sefferaen, sajfram 'Safran': Bericht über den Orient; Der mitteld. Marco Polo; Thüring. Forts, d. Sachs. Weltchronik; Heinr. v. Mügeln, Der Meide Kranz; Ulman Stromers Chronik; Meister Reuaus; Das grosse Ämterbuch d. dt. Ordens; Handelsrechnungen d. dt. Ordens; Urkundenb. d. Landes Ob der Enns; Akten z. Gesch. d. Verf. u. Verwalt. d. Stadt Köln; Quellen z. Gesch. d. Stadt Köln; Quellen z. Gesch. der Kölner Handels u. Verkehrs; Kölner Zunfturkunden; Marienburger Ämterbuch; Regensburger Urkundenbuch; Urkundenb. d. Stadt Strassburg. —

tambure,

tamboere,

tabur,

Von

den

hier

'Trommel,

tanper

Orient; Seifrits Alexander (tanper);

Bericht über den

Tamburin':

Bruder Hansens Marienlieder.

angeführten

15 Arabismen

(ab

kommen

amber)

10

in

l i t e r a r i s c h e n T e x t e n , 9 in d e r C h r o n i s t i k u n d R e i s e b e s c h r e i b u n g , 9 in d e n Urkunden papegän,

vor.

robele,

hashart,

giraffe,

robele,

baldekin,

mat,

barchant

der

tambure

und

mat,

giraffe

Urkunden

der jeweiligen barchant

Chronistik

Gattung

sind

in d e n E p e n ;

und

die

saffran

bazane,

Reisebeschreibung;

ambra,

sind

in

sind

nur

allen

drei

ambra

Gattungen

und

robele

ammiral, vertreten.

belegt.

d i e h i e r a u ß e r d e m in d e n S c h a c h b ü c h e r n kommt

vor.

( 1 2 ) u n d saffran

Wörter

ambra,

in d e n U r k u n d e n . D i e W ö r t e r garat,

in d e r D i c h t u n g

men. Das W o r t in

in

bazane,

in

und

materaz

n e b e n schach

belegt

giraffe, mat

Ausschließlich

allein

Nicht

schamlat,

In

nur im „ B e r i c h t über den O r i e n t " , Urkunden

sind

die

Wörter

Dies

vorkom-

baldekin

( 1 0 ) zahlreich v e r t r e t e n . Sie b e z e i c h n e t e n

bazane (6), sicher-

175

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

lieh stark verbreitete Handelswaren. Dahingegen wurden sie in nur wenige Werke der beiden anderen Gattungen aufgenommen. Aus dieser Aufzählung kann man folgern, daß Arabismen nun auf alle drei Gattungen fast gleichmäßig verteilt sind und daß sie in dieser Hinsicht nicht mehr nur als Ausschmückungsfloskel in der Dichtung fungieren. Im Zusammenhang damit tauchen Arabismen jetzt in sachgemäßen Textsorten auf und werden dort stark verbreitet. Dies im Gegensatz zur Dichtung, wo sie aufgrund des Rückgangs des höfisch-ritterlichen Literatureinflusses nur noch in wenige Werke Eingang finden. W a s Neubildungen betrifft, die - wie oben erwähnt - im Schrifttum der zweiten Hälfte des 14. Jh.s zahlreicher als die rein französischen Wörter auftreten, so fungierten hier auch Arabismen als Basislexeme für mehrere mit deutschen Wörtern und Suffixen zusammengesetzte bzw. abgeleitete Bezeichnungen. Es seien folgende genannt: 1) Zusammensetzungen206: Zu barchent: [barchentmacher], z. Gesch. der Stadt Wien;

Barchent'.

Zeitschr. f.

parchentmacher 'Barchentweber'. Quellen [barchantsniden], barchatschniden 'Detailverkauf von d. Gesch. des Oberrheins: [barchent tuoch], barchattuch

B a r c h e n t ' . Zeitschr. f. d. Gesch. des Oberrheins; Stadtrechte d. Reichsstadt Ravensburg;

[ibarchantweber],

parchantweber

'Barchentweber'.

Urkundenbuch des Landes Ob

der Enns.

Zu kurduwän:[kurdewänassis\,

cordewa(i)nas$is, korduanassis 'Steuer für \kurdeu>2nerstrazze\ churbawnerstrazz, churwawnerstrass, churwauerstrass 'Schumacherstrasse'. Quellen z. Gesch. d. Stadt W i e n ; [kurdewänleder], cordewaenleeder, kordetvynleder 'Leder aus Korduanleder'.

Aachener Stadtrechnungen;

Ziegenfellen von Cordoba in Spanien, Korduanleder'. nungen; Quellen z. Gesch. d. Stadt Köln;

vell 'Ziegenfell von Cordoba'.

[Kurdewätivell\,

Aachener Stadtrech-

kordewynvel,

kordewijn-

Quellen z. Gesch. d. Stadt Köln; Kölner Zunftur-

kunden.

Zu saffran: saffrangel

Adj. 'safrangelb'.

Minneburg.

2) Ableitungen 207 :

Zu barchent: [barchanter\

parchanter,

pariebanter

'Barchentweber'.

Quellen z. Gesch. d. Stadt W i e n .

Zu kurduäm

[kurdewaenisch],

cordewanis Adj. 'Aus Korduanleder'.

Frank-

furter Zunfturkunden.

Zusammenfassend läßt sich die französische Vermittlung von Arabismen an die deutsche Sprache bis zum Ende des 14. Jh.s wie folgt darstellen: Der größte Teil der französisch vermittelten Arabismen wurde bereits im

206 207

Vgl. ebd., Verzeichnis, S. 179ff. Vgl. ebd., Verzeichnis, S. 179ff.

176

Französisch als Vermittlersprache

12. u. 13. Jh. in die mittelhochdeutsche Literatursprache aufgenommen. Den Anlaß dazu bildete der ritterlich-höfische Einfluß Frankreichs auf Deutschland. Im Gegensatz zu den vielen verschwundenen Französismen überlebten die meisten Arabismen den Untergang der höfisch-ritterlichen Gesellschaft und tauchten im 14. Jh. wieder auf. Dies deshalb, weil sie nicht speziell im Anwendungsbereich des verfallenen Rittertums, sondern im Bereich des Handels angesiedelt waren und sich auf Gegenstände bezogen, die dem Deutschland der höfischen Periode eben durch den Handel vermittelt und nach französischem Vorbild in die Dichtung aufgenommen wurden. Mit dem Verfall des Rittertums wurde der Handel jedoch nicht unterbrochen. Im Gegenteil: Er wird mit dem A u f k o m m e n des Bürgertums erst recht belebt. Somit blieben die Handelswörter nicht auf die höfische Sprache beschränkt - sie wurden auch durchaus in das bürgerliche Schrifttum aufgenommen und durch neue lexikalische Entlehnungen und Neubildungen bereichert. Andere mhd. Arabismen wie tambür und materas, die keine Handelswaren darstellten, aber doch einen Bestandteil des höfischen Wortschatzes bildeten und über das Frühneuhochdeutsche bis zum Neuhochdeutschen tradiert wurden, können nicht als reine Luxuslehnwörter, sondern als Bedürfnislehnwörter betrachtet werden. Sie bezeichnen nun Kulturgüter, die eine breitere Bevölkerungsschicht erreichen konnten. Dagegen überschritt ein Wort wie väris 'Pferdbezeichnung' keineswegs den höfischen Sprachgebrauch. Es diente in den Heldenepen allein der stilistischen Verfeinerung, war den bürgerlichen Dichtern nicht mehr geläufig und mußte deshalb - wie viele andere höfische Ausdrücke - außer Gebrauch kommen.

4.3.3. Neuere Transferenzen Von der Mitte des 14. Jh.s bis zur Mitte des 16. Jh.s ließ der französische Einfluß auf die deutsche Sprache spürbar nach. Der G r u n d dieses Nachlassens wird von den Sprachhistorikern auf Frankreich selbst zurückgeführt, das in dieser Epoche von kriegerischen Wirren heimgesucht wurde. Es handelt sich dabei um den 'Hundertjährigen Krieg' mit England (13391453) sowie um die Kämpfe um Burgund und später um Italien. 2 0 8 Η ιηgegen trat in diesem Zeitabschnitt das Italien der Renaissance als einflußreiches Land hervor. Seine kulturelle Ausstrahlung dehnte sich gleichzeitig sowohl auf Frankreich als auch auf Deutschland aus und bewirkte in beiden Ländern einen nachhaltigen sprachlichen Einfluß. Dennoch - wie die deutsche Sprach- und Wortgeschichte zeigt — erreichten viele Italianismen der hier betroffenen Periode den deutschen Sprachraum nicht direkt, son-

208

L ü d t k e ( 1 9 8 4 ) , S. 8 7 5 .

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

177

d e m d u r c h französische V e r m i t t l u n g . So w u r d e das W o r t Tasse z u n ä c h s t in die o b e r d e u t s c h e M u n d a r t als tatze a u s ital. tazza e n t l e h n t . A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t i m h e u t i g e n D e u t s c h g e w a n n aber die aus d e m F r a n z ö s i s c h e n g e k o m m e n e F o r m Tasse ( 1 6 . J h . ) 2 0 9 . G e g e n E n d e des 16. J h . s stieg der französische E i n f l u ß a u f d i e d e u t sche S p r a c h e w i e d e r an u n d leitete die z w e i t e W e l l e der f r a n z ö s i s c h - d e u t schen T r a n s f e r e n z e n ein. D e n A n l a ß d a z u g a b w i e d e r u m der A d e l . D i e d e u t s c h e n F ü r s t e n f ü h l t e n sich v o m G l a n z des f r a n z ö s i s c h e n H o f e s a n g e zogen u n d sahen in der französischen S p r a c h e ein a n g e m e s s e n e s M e d i u m für ihre h ä u s l i c h e n u n d a d m i n i s t r a t i v e n U m g a n g s f o r m e n . S i e o r i e n t i e r t e n sich d a b e i an Karl V . , für den „ F r a n k r e i c h in allen F r a g e n d e r B i l d u n g u n d des G e s c h m a c k s als unerreichbares V o r b i l d " g a l t 2 1 0 . Eine ä h n l i c h e E i n s t e l l u n g zur f r a n z ö s i s c h e n K u l t u r u n d S p r a c h e ist in d e n g e h o b e n e n S c h i c h t e n D e u t s c h l a n d s bis ins 18. J h . h i n e i n zu b e o b a c h t e n . S i e s p i e g e l t e sich vor a l l e m i m W o r t s c h a t z ihrer h ö f i s c h - g a l a n t e n L e b e n s w e i s e w i e d e r . Es h a n d e l t sich u m das sog. ' A l a m o d e w e s e n ' in dessen F o l g e f r a n z ö s i sche A u s d r ü c k e das V o k a b u l a r des D e u t s c h e n n a c h h a l t i g b e e i n f l u ß t h a b e n . D i e E n t l e h n u n g e n s t a m m e n a u s Bereichen der K l e i d u n g , W o h n k u l t u r u n d Küche und betrafen auch gesellschaftliche Umgangsformen und amouröse R e d e w e n d u n g e n . M e h r e r e F a k t o r e n t r u g e n d a z u bei, d a ß e i n e r s e i t s d i e A u f n a h m e von französischen W ö r t e r n i m L a u f e des 17. J h . s b e t r ä c h t l i c h z u n a h m u n d d a ß andererseits die V e r w e n d u n g dieser W ö r t e r n i c h t a u f den A d e l b e s c h r ä n k t blieb, s o n d e r n sich n u n auch auf a n d e r e B e v ö l k e r u n g s s c h i c h t e n a u s d e h n t e . Z u m e i n e n verstärkte sich w ä h r e n d der R e g i e r u n g s zeit L u d w i g s des X I V . ( 1 6 4 3 - 1 7 1 5 ) die A u s r i c h t u n g der d e u t s c h e n A r i s t o k r a t e n in S a c h e n B i l d u n g u n d L u x u s nach F r a n k r e i c h . D a b e i w a r das L a n d des S o n n e n k ö n i g s d u r c h e i n e effektive I n n e n - u n d A u ß e n p o l i t i k in g a n z E u r o p a e i n f l u ß r e i c h g e w o r d e n . Indessen h a b e n d i e d e u t s c h e n F ü r s t e n bei a l l e m P a r t i k u l a r i s m u s L u d w i g den X I V . als g e m e i n s a m e s V o r b i l d g e h a b t . D e r H o f von V e r s a i l l e s bzw. seine A r c h i t e k t u r w u r d e n n a c h g e a h m t u n d m a n i m p o r t i e r t e aus F r a n k r e i c h das d a f ü r n ö t i g e M a t e r i a l . G e g e n s t a n d des I m p o r t s w a r e n a u c h L u x u s w a r e n , die m a n zur F ü h r u n g eines a r i s t o k r a t i schen L e b e n s f ü r w i c h t i g e r a c h t e t e 2 1 2 . M i t den I m p o r t a r t i k e l n w u r d e n auch d i e N a m e n ü b e r n o m m e n , u n t e r d e n e n A r a b i s m e n figurierten. Der E i n f l u ß des F r a n z ö s i s c h e n w u r d e aber a u c h d u r c h den E r w e r b der f r a n z ö s i s c h e n S p r a c h e g e f ö r d e r t : „für den a l a m o d i s c h g a l a n t e n dt. A d l i g e n o d e r G r o ß -

209

210 2" 2,2

Vgl. Bach (1967), S. 118. Im 16. Jh. ist auch der Ausdruck Talk ( 1 5 2 6 ) bei Paracelsus belegt, wobei das zugrunde liegende frz. talc (1518) etwas später datiert ist, vgl. Artikel Talk. v. Polenz ( 1 9 7 8 ) , S. 105. Vgl. Flemming/Stadler (1974), Bd. II, 10ff.; Schramm (1914), S. 1-20. Brunt ( 1 9 8 3 ) , S. 3; v. Polenz (1978), S. 107.

178

Französisch als Vermittlersprache

bürger wird das Frz. (das er nicht mehr wie seine Vorgänger zufällig auf Reisen, sondern schon als Kind von der Gouvernante lernt) zur ersten Bildungssprache vor dem schulmäßig betriebenen Lat." 2 1 3 Z u m anderen flüchteten gegen Ende des 17. Jh.s Tausende von vertriebenen Hugenotten nach Deutschland (1685). Die Folge war, daß durch sie breitere Teile der deutschen Bevölkerung in direkten Kontakt mit dem Französischen gekommen sind 2 1 4 . Es ist jedoch festgestellt worden, daß die französische Sprachkenntnis in Deutschland a u f g r u n d der genannten Fakten ab der zweiten Hälfte des 17. Jh.s zwar z u n a h m , die frz. Lehnwörter dieser Periode waren aber größtenteils bereits zwischen dem ausgehenden 16. Jh. u n d der ersten Hälfte des 17. Jh.s ins Deutsche aufgenommen worden. Dies veranlaßt Lüdtke zu der Ansicht, daß die „Wortentlehnung m e h r mit Imponiergehabe als mit gründlicher Sprachkenntnis zu tun [hat]"; u n d daß ferner „je tiefer die Zweisprachigkeit geht und je mehr sie auf echter sprachlicher Bildung beruht, umso bewußter werden Sprachen auseinander gehalten." 2 1 5 In dieser Hinsicht beruhte die Verbreitung der französischen Lehnwörter in der Mittelschicht Deutschlands nicht so sehr auf dem Erlernen des Französischen, als vielmehr darauf, daß - wie Jones es betont - der deutsche Mittelstand im Gebrauch von Französismen stets dem Vorbild der Aristokraten folgte 2 1 6 . Schon der Dreißigjährige Krieg, der viele fremde T r u p p e n in das Land brachte, bot die Gelegenheit dazu: Die einst nur in der vornehmen Welt v o r k o m m e n d e n Lehnwörter dehnten sich jetzt auch auf die unteren Volksschichten aus. Dies betrifft vor allem die militärischen Ausdrücke. D u r c h diese sprachliche Bewegung überlebte ein großer Teil der aristokratischen Entlehnungen sowohl in der Standardsprache als auch in den Dialekten des Deutschen 2 1 7 . Gegen den Überfluß an französischen Ausdrücken im deutschen Sprachgebrauch bzw. gegen den Gebrauch des Französischen als Verkehrssprache, der im 18. Jh. — mit Friedrich II. - noch einen H ö h e p u n k t erreichte, wurde schon in der ersten H ä l f t e des 17. Jh.s heftig protestiert. Vor diesem H i n t e r g r u n d entstanden die deutschen Sprachgesellschaften (1617 die Fruchtbringende Gesellschaft), in denen bedeutende Philologen tätig waren (Schottel, Philipp von Zesen), die es sich zur Aufgabe machten, das D e u t sche vor Ü b e r f r e m d u n g zu schützen. Dazu zählte die Verdeutschung der fremden, insbesondere der französischen Ausdrücke 2 1 8 . Die B e m ü h u n g u m

213

2,4 215 216 217 2,8

F. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schuten und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart. Leipzig 1885, zit. nach Lüdtke (1984), S. 875. Vgl. Brunt (1983), S. 14ff. Lüdtke (1984), S. 875. Jones (1976), S. 14; Flemming/Stadler, S. 11. Vgl. Brunt (1983), S. 20; Flemming/Stadler (1974), S. 13. Vgl. Flemming/Stadler (1974), S. 14ff.

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

179

das Ersetzen fremder Vokabeln durch deutsche Äquivalente hielt bis zum 19. Jh. an und hat einen Niederschlag im Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke (1813) von Joachim Campe gefunden 219 . Übernahme sowohl wie Protest, beides betraf auch die Arabismen, die an das Deutsche dieser Periode durch das Französische vermittelt wurden. Als Verdeutschungsmaßnahme von Wörtern arabischen Ursprungs seien hier z.B. Orange!Apfelsine·, Kattun!Baumwolle genannt. Allerdings koexistieren in der heutigen Sprache die Eindeutschungen neben den fremden Ausdrücken. Der Grund für ihre Beibehaltung ist, wie Kaufmann sagt, daß diese „Kultur- (oder Wander-) Wörter" sachbezügliche Benennungen darstellen, wie K a f f e e , Tee, Orange, Jazz etc., die „vom Ursprungslande in alle Kultursprachen übergegangen und dort sesshaft geworden sind. Selten ist der Fall, daß für solche fremden Dinge eine Bezeichnung aus dem einheimischen Wortschatz gefunden wird, wie etwa Baumwolle (neben Kattun-cotton) oder Affenbrotbaum"22^. Die in dieser Epoche an das Deutsche vermittelten Arabismen waren bereits im Französischen assimiliert. Für das 17. und 18. Jh. konnten aus den Arbeiten von Jones und Brunt sowie aus anderen Quellen folgende zusammengestellt werden: 1) Das 17. Jahrhundert: - Admiralität (1609/ Admiralitet) < frz. amiraute (14. Jh.) 'Verwaltungsamt der Kriegsmarine', eine Ableitung zu frz. amiral (13. Jh.) > dt. am(m)iral (14. Jh.), Admiral (16. Jh.) 'Kommandant der Flotte' 221 . - Assassinat (schon 1590 bei Fischart, Antihispanus) < frz. assassinat (16. Jh.) 'Meuchelmörder'. [Assassinat (1695) bei Scheibner und (1703) bei Wächtler 2 2 2 ]. - Chiffre (1627) < frz. c h i f f r e (1485) 'Zahl, Geheimzeichen' < ital. cifra. Dazu dechiffrieren (1673, deciphriren) < frz. dechiffrer (15. Jh.) 'entschlüssein' 223 . - cramoisin Adj. (schon 1598 in Hulsius, Schiffahrt) < frz. cramoisi(n) (1292) 'karminrot' > ital. carmesino22*. - Duane (1673/ Douane) < frz. douane (14. Jh.) 'Zollhaus'. [Vgl.: (1616) Zollbrieffen der Doüanne oder Zollhäuser da sie durchgefahren (Savarys Handels=Mann); (1695) Douane (Zoll für die Waren die aus einem Lande oder in dasselbe geführet werden) (Scheibner) 225 ).

219 220 221 222 223 224

225

Vgl. V. Polenz (1978), S. 114; Bach (1967), S. 325ff. Kaufmann (1939), Anm. 5, S. 44. Jones (1976), S. 98ff. Jones (1976), S. 115. Jones (1976), S. 167ff; FEW 19, 82 b ff. Jones (1976), S. 263; BW, l66 b ; DDM, 209 a . Die Form Cramoisin hat sich jedoch nicht gegenüber dem aus dem Ital. entlehnten Karmesin (15. Jh.) durchsetzen können. Brunt (1983), S. 25Iff.

180

Französisch als Vermittlersprache

- Gamasche (1622 Gammachen) < frz. gamache (16. Jh.) 'lederner Überstrumpf226. - Gaze (1647 silber-gas in Spee/Trutz, Nachtigal); (1679) Gaze (Savary, H a n d e l s - M a n n ) < frz. gaze (1554) 'leichtes, durchsichtiges Gewebe' 2 2 7 . in Wallhausen, Militia) < frz. genet(t)e (1515) 'eine Art Lanze', Ableitung aus frz. genet (14. Jh.) 'kleines spanisches Reitpferd' 2 2 9 . - Hasard (1644 hazard·, 1617 hasard) < frz. hasard (16. Jh.) 'Gefahr, Wagnis' 2 3 0 . - Kaffee (1688 Cafe) < frz. cafe (161 5) 2 3 1 . - Kaliber ((1603) calibre·, (1616) caliber) < frz. calibre (1478) ' D u r c h messer eines Geschosses' 2 3 2 . - Limonade (1682) < frz. limonade (1640) 'Getränk aus Zitronenwasser', zu frz. limon (1351) 2 3 3 . - Magasin (1616 in Wallhausen, Manuale) < frz. magasin (1400) 'Boutique 1 . Die heutige dt. Form Magazin wurde bereits im 16. Jh. aus dem Ital. entlehnt. Die Schreibung mit -s- wurde vorübergehend aus dem Frz. übernommen. [Vgl. (1633) Magasinn (Micraelius, Agathander); (1647) magasin (Hille, Palmenbaum)234].

- Orange (1645): orangien vnd anderen fruchtbaren Bäumen (Mandelslo, Schreiben); (1682) orangen — Bäumen (Thiemen, Wunder=Buch); (1703) Orange (Wächtler) < frz. orange (16. Jh.) 'süße Apfelsine'. Dazu dt. orange adj. (1616 in Wallhausen, Manuale) < frz. orange adj. 'von der Farbe der Orange'235. - Raquette (schon 1575 in Fischart, Reveille) < frz. raquette (15. Jh.) 'Schlagnetz, Schläger beim Ballspiel' < mlat. racha, racetta, rachettum (11. Jh.) 'Handfläche', ZU gleichbed. arab. rahä. [Vgl. (1626) Racquet (Garzoni, Schauplatz); (1643) Raquet

(Harsdörffer, Frzgs.); (1645) das Raquet

n. (Schottel); (1681) raquette schläger' geht auf engl, rakket

- Sofa ((1694) möbel' 2 3 7 .

226

(Klaf, Lobrede); (1663)

f. (Stieler). Die heutige dt. Form Racket

raket

n. (20. Jh.) ' T e n n i s -

zurück 2 3 6 ].

soffa) < frz. sofa (1657) 'gepolstertes Sitz- oder Liege-

Jones ( 1 9 7 6 ) , S. 3 6 0 . B r u n t ( 1 9 8 3 ) , S. 3 1 8 . 228 Das W o r t ist nicht zu verwechseln mit d e m H o m o n y m dt. Genette ein Pelztier' < frz. genette < span, jenetta < arab. garnait, Vgl. Artikel Genette. 22 ' Brunt (1983), S. 3 6 2 . Vgl. die ital. Form giannetta < dt. Giannetten. Zur Sache u n d Ü b e r l i e f e r u n g s. Lüdtke (1961), S. 117-119. 2,0 Jones (1976), S. 372ff. 231 Dazu Artikel Kaffee. 232 Jones (1976), S.206ff.; Brunt (1983), S.193ff.; B W , 129 b ; vgl. Artikel Kaliber. 233 B r u n t (1983), S. 354; s. Artikel Limonade. 234 Jones (1976), S. 405ff.: s. Artikel Magazin. 2,5 Jones (1976), S. 470; Brunt (1983), S. 399ff.; s. Artikle Orange. 236 Jones (1976), S. 5 5 4 f f ; Kluge 89, 577 b . 237 Dazu Artikel Sofa. 227

Rezeption der arabisch-Französischen Transferenzen im Deutschen

181

- Sorbet (1687/ Hoberg, Landleben) < frz. sorbet (1544) 2 3 8 - Tambour Trommel' (1616 in Wallhausen, Manuale); 'Trommelschläger' (1627 in Aldenburgk, Reise) < frz. tambour 'Trommel' (Ende des 12. Jh.s); 'Trommler' (17. Jh.). Dazu die Diminutivform Tambourin (1616 in Walhausen, Manuale) < frz. tambourin (1567) 'Tambourinschläger'. Vgl. auch die Zusammensetzung Tambourmajor ((1627), tampor major (Aldenburgk, Reise) < frz. tambour-major 'Leiter eines Spielmannszuges' 239 . - Trucheman (1575 in Fischart, Reveille) < frz. truchman (12. Jh.) 'Dolmetscher'. [Vgl.(1612) 'von dem Frantz'osischenTrucheman (Breuning, Reise); (1616) ' Troussement, Dollmetscti

(Wallhausen, Man uale) 240 ].

2) Das 18. Jahrhundert: - Alkoven (bereits 1699 alcove) < frz. alcove (1646) 'Bettnische' 241 . - Arabeske (1744/ Arabesque) < frz. arabesque (1611) 'Rankenornament' 2 4 2 . - Azur (1774/ Adelung I) < frz. azur (11. Jh.) 'Himmelblau' 2 4 3 . - Chiffrieren Vb. (1715/ chiffriren) < frz. chiffrer (1515) 'mit Ziffern schreiben', Ableitung aus chiffre244. - Karaffe (1703/ Caraffe) < frz. carafe (1558) 'Tafelflasche' 245 . - Lila Adj. (1768/ lilasfarben) < frz. lilas Adj. (1765) 'Fliederblütenfarbe' 2 4 6 . - Maroquin (1727/ Sperander) < frz. maroquin (1496) 'feines Leder' 247 . - Hasardeur (1736/ Hazardeur) < frz. hasardeur (16. Jh.) 'celui qui ce hasarde', Ableitung zu hasard24*. - Jeu de Hasard (1718): Man spiele keine jeux de hazard (Nemeitz, Sejour) < frz. jeu de hasard (1538) 'Glückspiel', eine Wendung mit hasard2^. - Musselin (1708/ Mousseline) < frz. mousseline (1656) 'feines Woll- oder Baumwollgewebe' 250 . - Tarif (um 1700) < frz. tarif (1641) 'Preisverzeichnis' 251 . Bei Betrachtung der genannten Arabismen fällt auf, daß viele davon be-

238

FEW 19. 171"; Weigand II, 893; Duden V. " Jones (1976), S. 615ff.; s. Artikel Tambour. 240 Jones (1976), S. 641. Vgl. dt. trümschman, trumschman (2. H. d. 14. Jh.s) < frz. truchman und dt. dracommani, dragoman < ital. dragomanno 'Dolmetscher', dazu DWB 2 , VI. 241 Brunt (1983), S. 125; s. Artikel Alkoven. 242 BW 33"; Schulz/Basier I; vgl. Artikel Arabeske. 243 FEW 19, 107 a ff.; vgl. Artikel Azur. 244 Brunt (1983), S. 194); s. Artikel Chiffre. 245 Brunt (1983), S. 179; s. Artikel Karaffe. 246 Schulz/Basler II, 28; FEW 19, 108 b ; vgl. Artikel Lila. 247 Schulz/Basler II, 77; FEW 19, 121 a ff.; vgl. Artikel Maroquin. 248 Brunt (1983), S. 331; s. Artikel Hasard. 249 Brunt (1983), S. 347. 250 Dazu Artikel Musselin. 251 Dazu Artikel Tarif. 2

182

Französisch als Vermittlersprache

reits im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen vorkommen. Sie wiesen jedoch andere Formen und z.T. auch andere Bedeutungen auf. Die Vermittlersprachen waren das Altfranzösische, das Italienische und das Mittellatein: - Admiralität/ frühnhd. am(m)iral, admiral ' K o m m a n d a n t der Flotte'; mhd. amiral 'sarazenischer Herrscher' < afrz., frz. amiral. - Chiffrel spätmhd. zifißer 'Null, Zahlzeichen' < mlat. cifra 'Null'. - Cramoisint frühnhd. karmesin 'roter F a r b s t o f f < ital. carmesino. - Genette/ frühnhd. Gianette(n) 'kurze Lanzen', Gianete(n) 'spanisches Pferd' < ital. gianneta·, mhd. gen it 'türkisches Pferd' < afrz. genet. - Hasard! mhd. haschart, hasehart 'Unglückswurf im Würfelspiel' < afrz. hasard. - Orangel spätmhd. arans, Arancen 'bittere Apfelsine' < ital. arancia. - Alkoven! mhd. ekub 'eine Art Zelt' < afrz. aucube. - Limonadel spätmhd. limon 'Zitrone' < ital. limone. Truchemant frühnhd. trümschman, trumschman 'Dolmetscher' < frz. trucheman; vgl. gleichbed. frühnhd. trutzelmann < ital. turcimano < f r ü h n h d . dragoman < zu mgr. δ ρ α γ ο ύ μ α ν ο ς (aus dem Arab.) 2 5 2 . TarifΊ frühnhd. tariffa < ital. tariffa. - Magasin! frühnhd. Magazin < ital. magazzino. Man kann die erneute Entlehnung ins Deutsche wie folgt begründen: Die meisten genannten Arabismen beziehen sich jetzt auf neue Sachverhalte und sind mit den entsprechenden alten U b e r n a h m e n nur durch die etymologische Herleitung verbunden. Da sie sich auf moderne Erscheinungen beziehen, konnten sie erneut entlehnt werden. Es handelt sich in erster Linie um die Wörter Admiralität, Alkoven, Chiffre, Orange, Limonade. Anders verhält es sich mit Magasin und Tarif. Sie sind zusammen mit dem W o r t Douane ein Indiz dafür, daß das Frankreich des 17. Jh.s der H a u p t handelspartner Deutschlands war. Es sei hier an die Wirtschaftspolitik Colberts erinnert, die die Ausfuhr der französischen Fertigprodukte durch steuerliche Vergünstigungen förderte 2 5 3 . Die Wörter Trucheman und Genette haben im Deutschen nie Fuß gefaßt und konnten je nach Gelegenheit unter anderen Schriftbildern neu entlehnt werden. D a m i t die Transferenzen dieser Periode übersichtlich werden, werden sie im folgenden nach Sachgruppen dargestellt: -

Architektur u n d Haushalt: Alkoven; Arabeske; Orangerie; Karaffe. Essen und Trinken: Kaffee; Limonade; Orange. Bekleidung u n d Kleiderstoffe: Gamasche; Gaze; Maroquin; Musselin. Spiel u n d Unterhaltung: Jeu de Hasard; Raquette; Tambour. Handelstermini: Douane; Magazin; Tarif.

252

Vgl. F E W 19. 182. Vgl. Brunt (1983), S. 4.

253

Rezeption der arabisch-französischen Transferenzen im Deutschen

183

-

Marine- und Kriegswesen: Admiralität; Genette; Kaliber. Verschiedenes: Assassinat; Azur; Chiffre; Hasard; lila; Trucheman. Im 18. Jh. wurde auch das dem Ausdruck Anilin (1840) zugrunde liegende, heute nicht mehr gebräuchliche Wort Anil 'Indogopflanze' aus frz. anil (1602) übernommen. Im 19. Jh. wurden folgende Arabismen aus dem Französischen übernommen: - Barde (1860/Sanders I, 83 c ) 'dünne Speckscheibe' < frz. barde (1680/ G. Rob. I, 199 2 5 4 . - Elemi (1899) < frz. ilimi (1553) 'Harz einer bestimmten G r u p p e tropischer Bäume' 2 5 5 . - Estragon (1898/ Marzeil I) < frz. estragon ( 1 5 6 4 / F E W 19, 183 b ). Das W o r t verdrängte älter bezeugtes Dragon (1574) < frz. targon (1540) 2 5 6 . - Marabu (1829/ Maraboutfeder) < frz. marabout (18 1 8) 2 5 7 . - Razzia (1844) < frz. razzia (1841) 2 5 8 . Die Arabismen dt. tauchieren < mfrz. tauchte und dt. Basane, die eine erneute Entlehnung aus dem Franzöischen 2 5 9 darstellen, konnten erst im D u d e n I bzw. Duden V belegt vorgefunden werden. Zusammenfassung Die dargestellten Wörter berührten anfangs mehr oder weniger den Lebensbereich der Aristokratie. Sie konnten aber bald durch die Emanzipation des Bürgertums eine breitere Öffentlichkeit erreichen. Dieser Trend wurde vor allem durch das Zeitungswesen und durch die sog. Haushaltslexika 260 gefördert, zwei Instanzen, die am besten den Zeitgeschmack wiederspiegeln. Während die oben angeführten Wörter kaum noch Bezüge zu orientalischen Angelegenheiten verraten, gelangte ebenfalls über das Französiche eine andere Reihe von Arabismen ins Deutsche, die eindeutig der arabischislamischen Welt zuzuordnen ist und einem anderen Entlehnungskontext angehört. Es handelt sich um die Wörter Beduine, Burnus, Dschinn, Minarett, die zusammen mit anderen Orientalismen dieser Art entweder di-

254 255

256 257 258 259 260

Vgl. Artikel Barde. Muret/Sanders I, 606 b ; Low. Flora I, S. 299; Römps Chem.Lex. II; Arveiller (1984), S. 338ff. Im D u d e n II wird Elemi direkt auf arab. lämt bezogen. Dies ist jedoch in Zweifel zu ziehen. Verglichen mit den europäischen E n t l e h n u n g e n des Wortes ist dt. Elemi spät bezeugt und unterscheidet sich lautlich kaum von diesen; vgl. engl, elemi (1543); ital. elhni (17. Jh.); span, elemi (1884). O E D V, 133 a ff.; Battisti II, l438 b ff.; C o r o m . II, 552'ff. Vgl. D W B 2 VI; F E W 19, 183 b ; Artikel Estragon. Schulz/Basler II, 72; F E W 19, 131"; vgl. Artikel Marabu. Vgl. Schulz/Basler III, 171; F E W 19, 53"; vgl. Artikel Razzia. Vgl. Artikel Basane. Vgl. Brunt (1983), S. 25.

184

Französisch als Vermittlersprache

rekt wie Kadi, Scheich oder über das T ü r k i s c h e wie Harem, Kismet in die d e u t s c h e S p r a c h e gelangten. A n l a ß der R e z e p t i o n bildete - wie noch zu sehen sein w i r d - einerseits die Reiseliteratur 2 6 1 u n d andererseits die Bes c h ä f t i g u n g der E u r o p ä i e r , seit der A u f k l ä r u n g , mit d e m Islam u n d den orientalischen Literaturen. D a ß m a n c h e dieser W ö r t e r d u r c h französische V e r m i t t l u n g ins D e u t s c h e g e l a n g t e n , ist d a r a u f z u r ü c k z u f ü h r e n , d a ß in F r a n k r e i c h d i e orientalischen S t u d i e n schon früh b e g o n n e n h a b e n , so d a ß sie f ü r die d e u t s c h e n O r i e n t e x p e r t e n zunächst als E i n s t i e g dienen k o n n t e n 2 6 2 . Es sei z . B . an A. G a l l a n d s französische Ü b e r s e t z u n g von Tausend und einer Nacht erinnert, die einen nicht unwesentlichen E i n f l u ß a u f die d e u t s c h e n Klassiker, z.B. a u f W i e l a n d u n d G o e t h e , a u s g e ü b t h a t 2 6 3 .

4.4. Lexikographischer Teil

Admiral Ν. m.

»höchst graduierter Marineoffizier«

A r a b . > byz. > m l a t . > frz. > d t .

Ρ

Ρ c

Ρ

E T Y M : Arab._>^i 'amir m. 1) ( H i s t . ) ' B e f e h l s h a b e r der A r m e e ' , 2) 'Statthalter, G o u v e r n e u r ' ; 3) 'Fürst, E m i r ' ; (wörtl.) 4 ) ' B e f e h l s h a b e r , M a c h t h a ber, K o m m a n d a n t ' , V e r b a l s u b s t a n t i v zu 'amara 'befehlen, verordnen'. Blachfcre I, 202; LA IV, 26 ff.; Wehr 41. D i e E n d u n g

-al d e r e u r o p . V a r i a n t e n

des

W o r t e s halten E t y m o l o g e n wie C o r o m i n a s I, 1 9 3 b , f ü r den Rest eines weggefallenen zweiten W o r t e s einer arab. G e n i t i v k o n s t r u k t i o n , etwa 'amlr albahr ' A d m i r a l ' ( W e h r 4l 1 > ). D i e s e E r k l ä r u n g wird aber bereits in D o z y G l . 165 zurückgewiesen;

( s . noch M e n a g e r ( 1 9 6 0 ) , 1 0 - 1 2 ; K a h a n e / Pietrangeli ( 1 9 6 3 ) , 3 1 1 -

312; Kunitztsch (1987), 265). D a s

-al

sowie die anderen v o r k o m m e n d e n

En-

d u n g e n des W o r t e s in den e u r o p ä i s c h e n S p r a c h e n (z.B. -ail, -all, -rafle, ant, -at, -atus, -arius, -alis, -aldus, -aglio, -agio) k ö n n e n aber s ä m t l i c h als S u f f i x a n g l e i c h u n g e n an m i t t e l l a t e i n i s c h e M u s t e r b e t r a c h t e t w e r d e n . D i e Typen -agius, -alius, -alis, -aldus s i n d nach K a h a n e / Pietrangeli ( 1 9 6 3 ) , 3 1 2 , vermutlich aus -a(s), -atus, -aeus e n t s t a n d e n , in A n l e h n u n g an die E n d u n g e n - i o u s , - ä s o d e r - α der byzantischen W o r t f o r m e n wie ά μ η p a i o u s ; ά μ ί ρ α ς ( - ά τ ο ς ) ; ά μ η ρ ά ; ά μ μ η ρ ά ς ; ά μ μ η ρ α ; ά μ η ρ ά ς , die letztlich das V o r b i l d f ü r die mittellateinischen V a r i a n t e n b i l d e n . Dazu Menager (1960),

1 3 - 1 5 ; Pelligrini ( 1 9 8 9 ) , 9 8 ; C a r a r a u s i ( 1 9 8 3 ) , N r .

18 a .

[Als B e z e i c h n u n g f ü r d i e Inhaber einer f ü h r e n d e n F u n k t i o n im i s l a m i s c h e n M a c h t b e r e i c h d e s M i t t e l a l t e r s e r f u h r d a s W o r t 'amlr eine inhaltliche V e r ä n d e r u n g , die m i t der E n t w i c k l u n g der p o l i t i s c h e n E r e i g n i s s e u n d d e m H e r a n w a c h s e n v o n M a c h t i n t e r e s s e n im L a u f e dieses Zeitr a u m s z u s a m m e n h i n g . W ä h r e n d des K a l i f a t s in M e d i n a ( 6 3 2 - 6 6 1 ) waren d i e E m i r e K o m m a n d a n t e n der A r m e e u n d I n i t i a t o r e n der i s l a m i s c h e n E r o b e r u n g e n . In d e n unter ihrer

261

V g l . S c h i m m e l ( 1 9 9 1 ) , S. 3 6 1 ff.

262

Z u m d i e s e m S a c h v e r h a l t vgl. F ü c k

263

V g l . S c h i m m e l ( 1 9 9 1 ) , S. 3 6 6 f f ; M o m m s e n ( I 9 6 0 ) , S .

(1944). IX-XXIII.

185

Lexikographischer Teil

F ü h r u n g a n n e k t i e r t e n P r o v i n z e n w u r d e n sie o f t Statthalter, 'amlr ist aber erst i m L a u f e d e r O r g a n i s a t i o n der o m a y y a d i s c h e n R e i c h s v e r w a l t u n g z u m o f f i z i e l l e n T i t e l eines P r o v i n z g o u verneurs g e w o r d e n ; dies i m G e g e n s a t z z u m K a l i f e n , d e m H e r r s c h e r in der M e t r o p o l e d e s i s l a m i s c h e n R e i c h e s . S c h o n vor u n d w ä h r e n d der R e g i e r u n g s z e i t d e r O m a y y a d e n ( 6 6 1 - 7 5 0 ) e r g a b sich d a s P r o b l e m der K o n t r o l l e der h a l b a u t o n o m g e w o r d e n e n S t a t t h a l t e r . D i e s v e r a n lagte die Kalifen, einige von ihnen abzuberufen. W ä h r e n d der Omayyadendynastie haben d i e E m i r e V o l l m a c h t in a d m i n i s t r a t i v e n , f i n a n z i e l l e n u n d m i l i t ä r i s c h e n A n g e l e g e n h e i t e n e r l a n g t . A u ß e r d e m ü b e r n a h m e n sie in S t e l l v e r t r e t u n g d e s K a l i f e n w i c h t i g e religiöse F u n k t i o n e n . U n t e r d e n A b b a s i d e n ( 7 4 9 - 1 2 5 8 ) , die die B ü r o k r a t i e a u s b i l d e t e n , sollte d i e M a c h t der E m i r e e i n g e s c h r ä n k t w e r d e n . Z . B . w u r d e m i t der E r n e n n u n g eines E m i r s g l e i c h z e i t i g ein F i n a n z b e a m t e r d e s i g n i e r t . D i e s e E n t w i c k l u n g war j e d o c h n i c h t einheitlich. In a n d e r e n P r o v i n z e n h a b e n d i e E m i r e g e g e n T r i b u t z a h l u n g an d e n K a l i f e n p o l i t i s c h freie H a n d b e k o m m e n u n d d i e B e z i e h u n g zu i h m war n u r n o c h f o r m e l l e r Art. E i n B e i s p i e l d a f ü r s i n d d i e m a g h r e b i n i s c h e n A g h l a b i d e n , d i e Sizilien e r o b e r t e n . D e r erste lat. B e l e g des W o r t e s 'amlr, d e r 8 0 1 als amiratus in E i n h a r t s V i t a C a r o l i M a g n i a u f t a u c h t e , b e z o g sich e b e n a u f d e n A g h l a b i d e n E m i r Ibrahim ibn A h m a d . Als völlig u n a b h ä n g i g v o m K a l i f a t in B a g d a d e r k l ä r t e n sich a n d e r e G o u v e r n e u r e wie z.B. der E m i r v o n S p a n i e n 'Abd ar-Rahm3n III, der d i e s e B e z e i c h n u n g g e g e n d i e des K a l i f e n a u s t a u s c h t e . D i e s e r S c h r i t t v o l l z o g sich i m R a h m e n d e r R i v a l i t ä t m i t d e r D y n a s t i e der F a t i m i d e n , die im 10. J h . d i e A g h l a b i d e n d e s M a g h r e b verd r ä n g t e u n d ein G e g e n k a l i f a t in Ä g y p t e n p r o k l a m i e r t e . D a s bis d a h i n u n t e r d e r S o u v e r ä n i t ä t d e r A g h l a b i d e n s t e h e n d e Sizilien ( 8 3 1 - 9 1 0 ) w u r d e s o d a n n eine v o m f a t i m i d i s c h e n K a l i f a t a b h ä n g i g e P r o v i n z m i t e i n e m S t a t t h a l t e r , einem 'amlr an der S p i t z e . I m J a h r e 9 4 6 g i n g a u f A n o r d n u n g d e r F a t i m i d e n d i e H e r r s c h a f t über Sizilien a u f d i e a r a b i s c h e F a m i l i e der BanO Kalb über. D a s K a l b i t e n - E m i r a t v e r w a n d e l t e sich in eine g l a n z v o l l e E r b d y n a s t i e , d i e d i e Insel ein J a h r h u n d e r t l a n g bis zur n o r m a n n i s c h e n E r o b e r u n g regierte. V g l . E I 2 I, 4 3 8 f f . ; L A W 154; Grespi ( 1 9 8 3 ) , 7 6 - 7 8 ; Menager (1960), 16b],

V S : Frz. admiral m. ( 1 3 0 5 ) 5) „chef d ' u n e arm^e de m e r " ( H u g e t I, 7 0 b ) , war im 15.-17. J h . die häufigste F o r m zur Bezeichnung des K o m m a n d a n t e n der Flotte. Sie verdrängte in dieser Bed. älteres amiral ( 1 2 1 2 ) , das sich aber gegen E n d e des 17. Jh.s wiederum durchsetzte. Initiales adentstand in A n l e h n u n g an lat. admirari 'bewundern' wegen der hohen Stellung, die der vermeintliche Titelträger innehatte. Vorbild zum frz. admiral sind die in mittellateinischen Annalen v o r k o m m e n d e n F o r m e n wie admiraldus, admiratus (neben am(m)iras, ammiratus etc.). Diese wie auch die oben angeführten griechischen Belege wiesen zunächst entsprechend d e m arab. Original die Bed. 'Fürst; Statthalter; Befehlshaber der A r m e e ' auf. D i e Bed. ' K o m m a n d a n t der Flotte' entwickelte sich im 12. J h . a m N o r m a n n e n h o f in Sizilien und gelangte im 13. J h . über G e n u a nach Frankreich. 6 ) (meton.) 'vaisseau m o n t i par l'amiral ou principal vaisseau d ' u n e flotte, d ' u n e escadre' ( 1 6 9 0 amiral). F E W 19, 4 b f f . ; D D M 2 9 a ; Tr mhd. ekub (bei W. v. Eschenbach). Dozy Suppl. II, ebd.; FEW 19, 96; Lexer I].

VS: Frz. alcove f. (anfangs auch m.) (1646) „enfoncement pratique dans une chambre pour y placer un lit" zu gleichbed. span, alcoba (1272-78). FEW 19, 96 b ; Corom. I, 135a; Kluge 89, 20'; Pfeifer I, 27 b

D T : Seit Ende des 17. Jh.s, zunächst in Schreibungen wie alcov(e), alkove, alkofien) und mit schwankendem Genus (m. u. f.) bezeugt. Die heute schriftsprachl. geltende mask. Form Alkoven mit der Endung -ert kann entweder nach schwach flektiertem Dat. u. Akk., oder in (vielleicht mundartlicher) Anlehnung an Hof, Ofen oder nd. Koven m. 'Schweinekoben' entstanden sein; vgl. z.B. alkhöf (Fischer Schwäb. Wb. I, 130). Gemäß der frz. Aussprache liegt Alkov (1795) bei Voß und des Alkofs (1814) bei Pfister vor. Seit dem 19. Jh. dominiert der Alkoven. Dazu Hiersche

Lexikographischer Teil

58; Pfeifer I, 27 b ; DWB2 II, 289ff.: ' N e b e n r a u m z u m S c h l a f e n ;

189 Bettnische':

(1699) des schlaffgemaches .., welches mit einem alcoven vergrössert ist (Daviler, Civil Baukunst/ DWB2 II, 282); (1714) eine große Schlaffkammer, auch eine kleine mitt einem alcove (Elisabeth Charlotte, Briefe/ Brunt, 125); (1802) hinauf in den Alcoven (Kotzebue, Kleinstädter/ Schulz/Basler I, 25); (flg.): (1835) zogen sich .. durch eine heirath einige wölken von dem spanischen horizonte weg. die herrschaft des beichtstuhls wurde durch die des alkovens zerstört (Gutzkow, Charaktere/ DWB2 II, 283); 2) 'eine Art Schrankbett', im D W B 2 II, 283 als weitere Bed. von Alkoven angeführt, wobei lediglich lexikalische Belege vorliegen: (1712) alcove .. eine unbewegliche bettstatt (Marperger, Natur-Lex./ DWB2 ebd.); (1728) alcove, alckove eine gattung eines betts (Sperander/ DWB2 ebd.). W B : (1774) Der Alkove oder der Alkoven «Der abgesonderte Theil eines Zimmers, der vermittelst einer größern Öffnung oder anderer Verzierungen zu einem Schlafgemache abgesondert worden» (ADELUNG I, 173); (1807) Der Alkoven «der abgesonderte Theil eines Zimmers, in die W a n d vertieft und gewöhnlich zu einer Schlafstätte dienend» (CAMPE I, 97a); (1854) Alkofen m. «ein im zimmer abgesonderter bettraum» ( D W B 1 I, 206). (1860) Alkov m., Alkove m., Alkoven m.; Alkove f. «abgesonderter Theil eines Zimmers oder Vertiefung in der W a n d , worin meist ein Bett steht» (SANDERS I, 21*); (1907) Alkoven m. «Zum Schlafgemach bestimmte Seitenvertiefung eines Zimmers» (WEIGAND I, 38); (1976) Alkoven m. «Bettnische; kleiner, abgetrennter Nebenraum ohne Fenster» (DUDEN I). [Bereits in alteren Lexika aus dem 18. Jh. kommt das Wort vor, z.B. bei Wächtler (1703): Alcove (ein Ort eines Zimmers, da ein Bette stehet); Amaranthes (1715) Alcove; Sperander (1728) alcove, alckove (ein schlaff-gemach). Brunt, 125; DWB 2 II, 282ff.].

A. SPR: Ital. alcbva (1658); engl, alcove (1623). Cort. I, 36b; OED I, 302b.

Amber N. m. »Ambra« Arab. > mlat. > frz. > dt.

Μ c Ρ c Ρ

ETYM: Arab, j ^ i t 'anbar m. (vulg.-ar. 'ambar) 1) '(graue) Ambra'. Die weitere Herkunft (aus einer ostafrikan. od. südasiat. Sprache) ist ungeklärt. Dozy Suppl. II, 179ff.; Hiersche, 85; Wehr 885". [„Ar. 'anbar 'ambra' (ambre gris, ambra grisea) im Gegensatz zu ambre jaune 'Bernstein' stammt aus einer krankhaften Ausscheidung der Gallenblase des Pottwals, in dessen Darm sie gefunden wird. Sie findet sich in den tropischen Meeren auf dem Wasser schwimmend oder am Ufer. Ambra ist ein leicht schmelzbarer, mit leuchtender Farbe versehener Stoff von moschusartig süssem Geschmack, im Orient als Parfüm und Arzneimittel hoch geschätzt" FEW 19, 7 b ].

VS: Frz. ambre m. ( 1 2 6 0 ) „ambre gris"; 2) „ambre jaune, succin" (1500); 3) „senteur douce et agreable" (1680) ist selbst eine Entlehnung aus mlat. ambar (11. Jh.) „excrementa piscis". Es liegt auch mlat. ambra mit Metathese vor, worauf dt. Ambra zurückgeht. Das mlat. Wort weist außerdem andere Bed. auf: 4) „gummi arboris aromaticae cuiusdam (Liqui-

190

Französisch als Vermitdersprache

d a m b a r styraciflua L.)"; lifera L.)".

5) „arbor v e r m i c u l u m ferens ( Q u e r c u s coccinel-

Hiersche 85; FEW 19, V ; MLW 1, 540, 549.

[Die Bed. gelbe A m b r a , Bernstein' von ambre k o m m t im Mlat. nicht vor lind schcint im R o m a n i s c h e n entstanden zu sein: „II semble que la designation du succin par ambre, puis ambre jaune, soit le fait des «langues vulgaires», sans que I on puisse preciser p o u r l'instant laquelle a eu l'initiative" Arveiller (1969), 122].

D T : Bereits im M h d . als amber, ämer (W. v. Eschenbach/L.exer I, 48) b e legt. Im F r ü h n h d . liegen die V a r i a n t e n ambra, amber, ammer in d e n Bed. 1) u n d 3) vor. Bed. 2) ist im N h d . k a u m v o r h a n d e n . D a f ü r wird Bernstein v e r w e n d e t (dazu A d e l u n g I). Auch als ' H a r z des A m b e r b a u m s ' k o m m t das W o r t im 18. J h . vor u n d s c h e i n t direkt auf das M l a t . z u r ü c k z u g e h e n . V o r ü b e r g e h e n d bezeichnete es auch 6) ' W a l r a t ' . D i e Bed. 'graue A m b r a ' u n d ' H a r z des A m b e r b a u m s ' sind in den f r ü h n h d . Belegen n i c h t i m m e r identifierbar: (1482) Ein pisemapfel mag man dragen, / Gemacht als die

recept das sagen: / Von weiracb, aloe, ambra (Folz. Reimp. ( N ü r n b . ) / F r ü h n h d . Wb. I, 916); (1670): Ambra, Cibeth, oder Pisen, auch Aggstein und niederländische Granaten (Stolz, Zollwesen (Bozen)/ F r ü h n h d . W b . I, 9 1 7 ) . Zus.: Amberbaum ( 1 8 . J h . / A d e l u n g 1), s. auch D u d e n I. W B : (1561) Amber «also in der apoteck g e n a n t . Amber» (MAALER, 151'); (1616) Amber «amer/ [...] / ein w o h r i e c h e n d e Spetzery/ a m b r a [...]. D a n a m b r a ist flaua u n d grisea. Grisea ist gar t h e w r / u n ein köstlich artzney» ( H E N I S C H , 6 3 ) ; (1743) Amber (oder) Ambra ( S T E I N B A C H , 18); (1774) Der ambra «ein N a m e , der v e r s c h i e d e n e n w o h l r i e c h e n d e n harzigen K ö r p e r n g e g e b e n w i r d . 1. Eigentlich e i n e m b r e n n b a r e n erdharzigen K ö r p e r , (...]. 2. D e m b a i s a m e eines gewissen a m e r i k a n i s c h e n B a u m e s , L i q u i d a m b a r , L i n n . [...]. 3. D e m W a l l r a t h e , welches a u c h von einigen w e i ß e r A m b r a g e n a n n t wird» ( A D E L U N G I, 2 1 6 ) ; ähnlich ( 1 8 0 7 ) Der Amber ( C A M P E I, 116 1 '); (1860) Amber m. oder Ambra m.«eine graue harzige w o h l r i e c h e n d e z u m r ä u c h e r n d i e n e n d e Masse» ( S A N D E R S 1, 27c); (1907) Ambra m „ Amber m. «ein w o h l r i e c h e n d e s Erdharz» ( W E I G A N D 1, 4 9 ) ; (1976) Amber m . «a) fettige D a r m a u s s c h e i d u n g des Pottwals; b) daraus hergestellter D u f t s t o f f » (DUD E N I).

A. S P R : S p a n , dmbar ( 1 3 2 8 - 3 5 ) ; ital. ämbra ( 1 3 0 0 ) ; engl, ( 1 4 7 7 ) , älter ambra (1398). C o r o m I, 238 a ; C o r t . 1, 46 a ; O E D 1, 383 1 .

Anilin

amber

N . n. »chemisch hergestellte Flüssigkeit mit basischen E i g e n s c h a f -

ten« Arab. > port. > frz. > d t .

Ρ = Ρ * Μ

E T Y M : Arab. nil, mit Artikel an-nll n. koll. 1) ' I n d i g o p f l a n z e (Ind i g o f e r a t i n c t o r i a ) ' ; 2) 'der d a r a u s g e w o n n e n e F a r b s t o f f , das I n d i g o ' . In einigen arab. D i a l e k t e n wird das I n d i g o auch i-Li nlla f. g e n a n n t . D a s arab. W o r t ist eine E n t l e h n u n g des pers. nil ' I n d i g o p f l a n z e ' bzw. nTlä ' I n d i g o ' , das selbst auf sanskr. nlla „of d a r k c o l o u r , dyed w i t h i n d i g o " zu-

Lexikographischer Teil

rückgeht.

Dozy Suppl. I, 241 a ; Vullers II, 1391 a ff.; FEW 19, l 4 0 b ; Lokotsch

191 1568;

Wiedemann (1970) II, I IFF.; Siggel 71. [Der aus der Pflanze „Indigofera ticnctoria" gewonnene Farbstoff Indigo war schon im Altertum bekannt. Im Abendland weisen seine Bezeichnungen wie gr. indikin > lat. indicum auf das Land hin, von dem er damals bezogen wurde. Die Araber ihrerseits lernten die Kultur des Indigo erst im Mittelalter durch Persien und durch den Handel mit Indien kennen, daher die sanskr.-pers. Herkunft von anfl. Gegen Mitte des 12. Jh.s wurde das Indigo meist von oberitalienischen Kaufleuten aus den Kreuzzugsstaaten nach Europa eingeführt. Es wurde mit dem auf lat. indicum zurückgehenden mhd. indisch·, afrz. indc\ ital. indaco\ span. indigo bezeichnet. Andererseits importierten die Portugiesen und Spanier das Indigo aus Nordafrika. Seit dem 13. Jh. ist sein arabischer Name in Handelsdokumenten Portugals und Spaniens als anil belegt. In beiden Sprachen ist anil direkt aus dem Arabischen entlehnt. Im 16. Jh. führte Portugal im Handel mit dem Indigo. Es wurde aus Marokko und aus Indien bezogen und nach Europa transportiert. Heute wird Indigo bzw. Anil nur noch künstlich hergestellt. Vgl. Low Flora I, 493-505; Lex.MT V, 405; Dicinario de Histöra de Portugal, Bd. I, 154 a ff.].

VS: Frz. anil m. (1602), Var. anille (1615) „petit arbre, dont on tire l'indigo" (G. Robert I), vereinzelt auch 'Indigo' (1567) < port, anil m. ( 1 3 . Jh.) 'Indigo; I n d i g o p f l a n z e ' .

Arveiller (1987), 335-336; FEW 19, 140'; Duden

I. (Pfeifer I, leitet das dt. Wort direkt aus dem Port. ab).

D T : In der ersten Hälfte des 18. Jh.s kommt heute nicht mehr gebräuchliches nhd. Anil überwiegend als Bezeichnung für die 'Indigopflanze' vor: (1717) Anil wird von den Indianern selbst das Kraut geheißen, davon der Indigo bereitet wird (Hübner/ Palmer 150). In dieser Verwendung ist Anil auch (1794) bei Nemnich und (1830) bei Dobel belegt (vgl. Marzell II). In Kehrein (1876), 33 a , Petri (1879), 59 b und Sanders Dt.-Engl. Wb. (1905), I, 99 a ist Anil jedoch eine Bezeichnung für 'Indigo'. [Ein frühnhd. anil Indigo' kann auch auf das Spanische oder Portugiesische zurückgehen: (1582) Item was die Flotte auß nova Spania [...] mitgebracht [...] Vier tausend \ neunhundert Arrobas de Cocinilla, so roth färb gibt. 500 Arrobas Anil damit man blau/ ferbt (Newe Zeitung auß Terra Firme/Palmer 150); (1631) [...] und hätte den 1. August! 2. Schiff von Honduras, mit Conchenil, Annil, Salsapariila, Indigo und anderm geladen \ hinweg genommen \ welche Schiff etliche Tonnen Golds werth gewest (Gottfried, Newe Welt/Palmer 150). Vgl. Frühnd. Wb. I, 1247].

In der chemischen Fachsprache wurde Anil mittels des Ableitungssuffixes -in zu Anilin gebildet. Die Bezeichnung geht auf den deutschen Chemiker C. Fritzsche zurück, der 1840 die chemische Verbindung durch Destillation von Indigo dargestellt und Anilin genannt hat. Heute wird Anilin durch Reduktion von Nitrobenzol gewonnen: (1876) Anilin n. die im Anil enthaltene Base (Kehrein 33b); (1879) Anilin n. eine aus dem Indigo, auch aus Steinkohlentheer, darstellbare organische Basis, auch Krystallin, Kyanol, Benzidam genannt und zur Darstellung verschiedener schöner Farben verwendet

(Heyse 49 b ).

[Das Anilin wurde erstmals (1826) von Unverdorben bei der Kalkdestillation entdeckt und Krystalin genannt. Im Jahre 1834 wurde Anilin von F. F. Runge bei der Destillation von Steinkohlenteer gewonnen und als Kyanol bezeichnet. Schließlich und im gleichen Jahr von Fritzsches Entdeckung wurde das Anilin von N. Zenin durch Reduktion von Nitrobenzol

192

Französisch als Vermittlersprache

hergestellt und mit dem Namen Benzidam versehen. Für dieses letzte und heute gültige Gewinnungsverfahren des Anilin hat sich nur Fritzsches Bezeichnung durchgesetzt und ist in die internationale chemische Fachsprache eingegangen. Vgl. Römpps Chem.Lex. I, 190ff.].

WB: (1976) Anilin n. 'einfaches Amin der aromatischen Verbindungen, Ausgangsprodukt für zahlreiche Arzneimittel, Färb- u. Kunststoffe' ( D U D E N I). [Als Anil kommt das Wort in folgenden Wbb. vor: (1774) Der Anill 'eine Pflanze [...], aus welcher der Indigo zubereitet wird, daher sie auch Indigopflanze genannt wird; (ADEL U N G I, 284); (1807) Der Anill 'Indigopflanze' (CAMPE I, 151 b ); (1860) Anil m. 'Indigopflanze' (SANDERS I, 35 b )].

A. SPR: Engl, aniline (1850); frz. aniline (1855); ital. anilina (1875); span, anilina (1901). O E D I, 473 b ; BW 27"; Cort. I. 55 h ; Corom. I, 288 b . Arabeske

N. f. »Rankenornament«

Arab. > lat. > ital. > frz. > dt.

Μ ΦΜ c Ρ

ΕΤΎΜ: Arab. arab η. koll. 'Araber'. Das Wort erscheint schon im Altgriechischen bei Homer u. Ptolemaius z.B. als Αρα(3ος, Αραβικός und im Lat. Arabiens, Arabicum, woraus die rom. Formen des Wortes entwickelt wurden. Vgl. EI2 I, 524 b ff.; T G L I, 2; OLD, 159"; Cort. 1, 67 b ff. VS: Frz. arabesque f. (1611) 1) „ornement (ä la maniere arabe) forme de lettres, de lignes, de feuillages entrelaces" geht auf gleichbed. it. arabesco m. (1566) zurück. BW, 33'; G. Robert I; Cort. I, 67 b ff.; Kluge 89, 37 b ; Pfeifer 1, 55 b . D T : Im 18. Jh. bezeugt, zunächst in der frz. Form Arabesque und als '(arabisches) Ornament': (1744) Arabesques Blumen-Züge sind allerhand erdichtetes Laub- und Blumen-Werk, dergleichen die Araber zur Zierde zu machen pflegen, da sie sonst keine Bilder der Thiere und Menschen mahlen dörffen (Penther, Architect./Schulz-Basler I). Etwas später ist die Form Arabeske in einer allgemeineren Bed. belegt, z.B. bei Goethe: (1789) „Von Arabesken" (Titel) Wir bezeichnen mit diesem Namen eine willkürliche und geschmackvolle mahlerische Zusammenstellung der mannichfaltigsten Gegenstände, um die innern Wände eines Gebäudes zu verzieren (Goethe Wb. 783"). Im 19. Jh. bezeichnet Arabeske in der Musik 2) 'ein heiteres Musikstück in freier Form'. Pfeifer I, 55 b . WB: (1813) Arabesques (CAMPE, 123'); (I860) Arabeske f . (SANDERS I, 39); (1907) Arabeske f. (WEIGAND I, 81); (1976) Arabeske f. ( D U D E N I). A. SPR: Span, arabesco (1567); engl, arabesque (1842). Corom. I, 307; O E D I, 597 c .

A r r a k N. m. »Brandwein aus Reis oder Melasse« Arab. > (ostasiatisch) > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ΕΤΎΜ: Arab. 3 ^ · araq 'Schweiß' und metonym. 'Saft', zunächst in der Verbindung 'araq at-tamr Saft der Dattelpalme' dann nur 'araq für

Lexikographischer Teil

193

'jedes starke alkoholische Getränk'. Der Arrak gelangte nach Europa nicht aus Arabien, sondern seit dem 16. Jh. aus Ostindien durch den Handel der Portugiesen, Holländer und Engländer. Da die europ. Reisewerke das Wort Arrak für die in den ostasiatischen Gebieten einheimische Bezeichnung des betreffenden Branntweines angeben, ist das W o r t sicherlich nicht direkt aus dem Arabischen, sondern eben über das Ostasiatische in die europäischen Sprachen eingegangen. Dozy Suppl. II, 120"; F E W 19, 10'; Arveiller ( 1 9 6 9 ) , 123-126; Pfeifer I, 6 0 b .

VS: Frz. arak m. (1604, arac·, 1750 arack, arrack) 'Branntwein u.a. aus Zuckerrohr, gegorenem Reis oder aus dem Saft der Dattelpalme'; auch raque (1686), rak (1759), rack (1812). FEW 19, io' ; DDM 42b. [Ältere Belege des W o r t e s wie arach (1525), Arac (1601) w u r d e n indirekt d u r c h die Ü b e r s e t z u n g italienischer u n d holländischer Reisetexte ins Französische a u f g e n o m m e n . Dagegen t a u c h e n die o b e n a n g e f ü h r t e n Varianten in genuin französischen Reisebeschreibungen S ü d ostasiens sowie in W ö r t e r b ü c h e r n des 18. Jh.s auf. Vgl. Arveiller (1969), 123-126],

D T : Nach Pfeifer I, 60 b und Kluge 89, 41 a ist das W o r t im 17. Jh. belegt (vgl. Z f d W f 8, 202). In der Form Rack bei Klopstock und Voß. Dazu D W B '

14, 33.

W B : (1860) Arrak u. Rack m. «ein dem Rum ähnliches aus Gärung theils von Reis, theils vom Palmblüthen gewonnenes Getränk» ( S A N D E R S I, 45'); (1907) Arrak m. «Reisbranntwein» ( W E I G A N D I, 86); (1976) Arrack m. «ostindischer Branntwein aus Reis oder Melasse» ( D U D E N I). A. SPR: Span, arac, port, araca·, ital. aräc\ engl, arrack (1602/5). Dozy Gl., 196ff.; Battisti I, 264 b ; O E D I, 6 4 4 ' .

Aubergine N. f. »die Eierpflanze (Solanum melongena) und deren Frucht« Arab. > kat. > frz. > d t .

Ρ = Ρ = Ρ

ETYM: Arab. ^ j U j j L bädingän η. koll. 1) „Solanum Melongena", 2) „die Frucht davon", iiL^ijL bädingäna n. unit. 'Eierfrucht' zu pers. ^limL, bätingän, u.a. auch bädingän, bädingän, das seinerseits auf sansk. bhantäkT zurückgeht. Das -r- der roman. Varianten gegenüber dem arab. -d- des Wortes wird erklärt durch Dissimilation des Typs d — η > r — ( F E W 19, 18', A n m . 4). Blachere I; Dozy Suppl. I; S c h m u c k e r ( 1 9 6 9 ) , 9 6 .

VS: Frz. aubergine f. (1750) 'Eierpflanze; Eierfrucht', entlehnt aus gleichbed. kat. albergin(i)a, wahrscheinlich über eine okzitanische Zwischenstufe. F E W 19, 17'ff.; Arveiller (1969b), 2 2 5 - 2 4 4 ; Kluge 89, 4 7 b . W B : (1976) Aubergine ( D U D E N I). A. SPR: Span, berenjena (15. Jh.); engl, aubergine (1794). C o r o m . I, 565 b ; O E D I, 7 7 7 c f f . 1) Kiesler (1994), N r . 16, dagegen n i m m t f ü r die i b e r o r o m . F o r m e n des W o r t e s eine arab. Var. mit -r- statt -d- an. Als Beleg f ü h r t er die hispanoar. Variante baringän an, die sich bei Ibn al- Awwäm ( 1 2 . / 1 3 . J h . in Sevilla) f i n d e t .

194

Azur

Französisch als Vermittlerspradie

N . m. »blaue Farbe des Himmels; Himmel«

Arab. > span. > frz. > dt.

Μ c Ρ c

Ρ

E T Y M : Arab. ^Jjjj'* läzuwardi od. lazawardl Adj. 1) 'lasurfarbig, azurblau', zu lazuward od. lazaward n. koll. „Lapis lazuli", das auf gleichbed. pers. lagward od. läzward zurückgeht. Das arab. W o r t lieferte zunächst span, azul (10. Jh.) ' G r u n d f a r b w o r t für Blau',wobei ein mundartliches arab. *läzGrd als Vermittlungsstufe zwischen dem klassisch-arabischen u n d dem spanischen W o r t angenommen wird. Der Ausfall von initialem /- in span, azul wird dadurch erklärt, daß es fälschlich für den arab. Artikel gehalten u n d folglich vom Wortkörper abgetrennt ist. Die Ersetzung von -r durch -/ am Wortende wird teilweise auf den Einfluß von zulaig > span. azulejo 'Kachel' (aufgrund der überwiegend blauen Farbe der Kachel) zurückgeführt. W K A 11/1, 37 b f.; Dozy Suppl. II, 507 b ; Vullers II, 1068; C o r o m . I, 4 3 9 ' f . ; Kristol ( 1 9 7 8 ) , 237ff.; Steiger (1939), 2 2 7 .

VS: Frz. azur m. (11. Jh.) „couleur bleu clair" (Chanson de Roland); 2) poet.: „couleur du ciel" (?); 3) (metaph.) „le ciel, l'air" (1794), geht auf span, azul (10. Jh.) zurück (Tresor III-, G . Rob. I). Da frz. azur vom span. azul hinsichlich der E n d u n g und der Bed. abweicht (im Span. ' G r u n d f a r be für Blau', im Frz. 'blaue Farbnuance'), stellt azur vermutlich eine Kreuzung zwischen azul und mlat. lazur (9. Jh.) 'die aus dem Lasurstein gew o n n e n e Farbe zum Malen' dar. Die von den meisten frz. etym. und hist. W ö r t e r b ü c h e r n als Vorbild für azur gegebenen mlat. Formen azurium, azzurum, az&arum können dagegen als Relatinisierungen des romanischen Wortes interpretiert werden. F E W 19, 107'f.; B W 49 b ; D D M 63 b ; T o b l e r / L o m . I, 6 1 3 f f . ; Pfeifer I, 84 b ff.; Kluge 89, 52 b .

D T : Im 18. Jh. (in Wb.) zunächt in Bed. 'Blau des Himmels' nachgewiesen: (1826) (Rückerts Rätsel ob Lasur oder Azur): Wenn man ihm vorn ein L abbricht. / Mit dem L war es irdisch noch, / ohne das L ist es himmlich Licht

(Rückert, Makamen des Hariri/ Sanders I, 63 c ); ( 1 8 3 4 / 3 8 )

und

wie

im

aug

einzlen färben

starben / im grün der see und in der luft azur ( R ü c k e n , G e d i c h te/ D W B 1 I, 1048). In Bed. 'Der Himmel': (1809) Du Sohn des Azurs (Schlegel, G e d i c h t e / Sanders I, 6 3 c ) ; (1909) Glorreich und lieblich, mit vergoldeten Wölkchen

im

reinen

Azur,

kam

der

Tag herauf

(Th. Mann, Hoheit/ Duden I).

Abi.: azurn Adj. (2. Η . des 18. Jh.s) 'leuchtend blau, himmelblau' (nach dem Muster silbern, kupfern u.ä.) gebildet. Zus.: azurblau (2. H . 18. Jh.s) azurn' (Pfeifer I, 8 4 ' f f . ) . W B : (1774) Der Azur «Die Dichter brauchen ihn (den Lasurstein), eine schöne hoch- oder himmelblaue Farbe auszudrücken» ( A D E L U N G I, 6 0 2 ) ; (1801) Azur «hochblau; so wird es in La Veaux Franz. W ö r t e r b u c h e übersetzt. Die Dichter gebrauchen es für himmelblau» ( C A M P E 141); (1860) Azur «das Himmelblau» ( S A N D E R S I, 6 3 c ) ; (1907) Azur «die himmelblaue Farbe» ( W E I G A N D I, 132); (1972) Azur «1. die blaue Farbe des Himmels. 2. der blaue Himmel» ( D U D E N I).

Lexikographischer Teil

A. S P R : engl,

azure

Barchent

Ital. azzürro (14. Jh.).

( 1 3 2 1 ) ; okz.

azur

195 ( 1 2 . J h . ) ; kat.

atzur

(1379);

Gort. I, 98 1 '; C o r o m . I, 4 3 9 ' ; O E D I, 8 4 4 b .

N . m. »Ein

Baumwollflanell«

Arab. > (aspan.) > afrz. > mhd.

Ρ α Μ = Μ

Ε Τ Υ Μ : Arab, b a r k ä n od. b a r r a k a n 1) 'eine A r t ( z u n ä c h s t g r o b e r d a n n f e i n e r ) W o l l s t o f f , ein d a r a u s g e m a c h t e s 2 ) ' O b e r g e w a n d ' . Blachere I, 576 a ff.; Dozy Suppl. I. 76 1 '; Dozy Vet. 68ff.

can

V S : A f r z . barragan ( 1 1 6 5 ) ' W o l l s t o f f ; m f r . barracan (z.B. wall., pik. u. in M e t z ) . FEW 19, 28 b .

( 1 5 2 5 ) ; vgl.

bara-

[Die Form barragan scheint direkt aus span, barragan 'Barchent; Barchentmantel' (13. J h . ) übernommen worden zu sein. Dagegen kann bar(r)acan auf eine direkte Entlehnung aus Nordafrika zurückgehen; vgl. mlat. barracanus (12. Jh.)].

D T : M h d . barragän m . ( 1 3 . J h . , Lanzelet); barkän ( N e i d h a r t v. R e u e n t h a l , 13. J h . ) . A b d e m 14. J h . barchent, barchant, barchat, barchet ( V o r a l l e m in C h r o n i k e n

u. U r k u n d e n ) .

Lexer I, 127ff.

[Während in mhd. und spätmhd. Zeit Barchent ein dichtes Wollgewebe (aus Ziegen- u. Kamelhaar)' bezeichnete („in diesem Sinne noch nhd. Berkan 18. J h . , fachsprachlich bis ins 2 0 . J h . ) " Pfeifer I, 9 9 a ) , ist es im Frühnhd. als 'Stoff aus Baumwolle oder als Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen' belegt. Das Wort ist in den oberdeutschen Mundarten, meist als barche(n)t, stark verbreitet: Vgl. z.B. Schmeller I 1 , 2 6 6 f f . ; Schweiz. Idiot. IV, 1536; Christmann I, 574. Wegen medialem -ch- wird eine mlat. Vermittlung a n g e n o m m e n : so mlat. barrachanus (13. Jh.) ( M L W I, 1380). Das -ch- kann aber auch eine Entwicklung aus -k- darstellen; vgl. z.B. mecklenb. barakan (Wossidlo-Teuchert I, 616). Frühnhd. u. nhd. Belege sowie Ableitungen und Zusammensetzungen im D W B I 1 ].

W B : ( 1 7 0 0 ) Barchet,

Barchem

m. (KRAMER 57 c ); ( 1 7 3 4 ) Barchen

m.«ein

gewisser Z e u g » (STEINBACH, 66); ( 1 7 4 1 ) Barchen oder Barchent (Frisch, 61 c ); ( 1 7 7 4 ) Der Barchent « e i n e Art b a u m w o l l e n e s Z e u g e s , w e l c h e s a u f der ein e n S e i t e g e k r e u t z e t zu seyn scheinet. D e r Z e t t e l b e s t e h e t a u s l e i n e n e n F ä d e n , d e r E i n t r a g aber aus B a u m w o l l e » (ADELUNG I, 650); ( 1 8 0 7 ) Der Barchent «ein l e i n e n e s u n d b a u m w o l l e n e s G e w e b e , dessen K e t t e leinen, der E i n s c h l a g a b e r b a u m w o l l e n ist» (CAMPE 1, 380 a ); ( I 8 6 0 ) Barchant, -at, -en, -ent, -et m . « g e w e b t e s Z e u g aus B a u m w o l l e o d . aus leinener K e t t e u. b a u m w o l l n e m E i n s c h l u ß , f r ü h e r beliebter Preis f ü r W e t t l a u f e n d e » (SANDERS I, 83 b ff.); ( 1 9 0 7 ) Barchent m . « a u f der e i n e n S e i t e r a u h e s B a u m w o l l z e u g , dessen K e t t e L e i n e n ist» (WEIGAND I, 156); ( 1 9 7 6 ) Barchent m . « a u f der l i n k e n S e i t e a u f g e r a u h t e r B a u m w o l l f l a n e l l » (DUDEN I). A . S P R : Span, barragän ( 1 3 . J h . ) , als ' m a n t o d e b a r r a g a n ' ( s c h o n 9. J h . ) ; p o r t , barragam ( 1 2 5 3 ) ; a p r o v . barracan ( 1 3 . J h . ) ; ital. barracäno (14. J h . ) , aber in L i g u r i e n baracamos ( 1 1 5 6 ) , V e n e d i g barachamo ( 1 2 5 5 ) ; Pisa barrachanum

(1286);

engl,

barracan

(1638).

207; Cort. I, 118 b ; Pelligrini I, 173; O E D I, 9 6 6 b f f .

Corom. I, 52l l 'ff. ; Steiger (1932),

196

Französisch als Vermittlersprache

Barde

N. f. »Speckscheibe«

Arab. > frz. > dt.

Μ c Ρ c

Μ

ETYM: Arab. barda'a, vulg.-ar. bard'a f. 1) 'Sattel, Packsattel', geht vielleicht auf pers. pärdä 'Teppich' zurück. Blachere I, 523 1 '; Lokotsch 228. VS: Frz. barde f. (1680) 2) „mince tranche de lard ou de gras de veau dont on entoure les viandes ä rotir" (G. Rob. l), hier in übertragener Bed. zu schon afrz. barde (< vulg.-ar. bard'a) 'Sattel, Packsattel' (13. Jh.) und unter ital. Einfluß 3) 'Kampfausrüstung des Pferdes' (15. Jh.), dann mit Bedeutungsverminderung 4) 'dünner Bastsattel', woraus die fig. Bed. 'dünne Speckschnitte' entwickelt wurde. FEW 19, 23 a ff.; BW, 58 b ; Tresor 4, 183 J ff.; D u d e n I.

W B : (1860) Barde f. «Kochk.: dünne Speckplatten, zum Belegen („Bardieren") des zuzubereitenden Geflügels» (SANDERS I, 8 3 ' ) ; (1976) Barde f. «(Kochk.): Speckscheibe, mit der das Geflügel beim Braten belegt wird» ( D U D E N I).

A. SPR: Engl, bard ( 1 7 0 6 ) . In Bezug auf Sattelzeug: Span, albarda ital. bärda ( 1 4 . Jh.); engl, bard ( 1 4 8 0 ) . O E D I, 950 1 ; Coro m. 1, 114';

(1238);

C o r t . I, 116'; O E D I, 950 b ff.

Basane

N . f. 'Schafleder'

Arab. > span. > aprov. > frz. > dt.

Ρ c Μ = Μ

ETYM: Arab. iilLj bitäna, vulg-ar. batäna 'Innenseite einer Sache; dünner Futterstoff für Kleidungsstücke; gegerbtes Schafleder, das als Futter für Lederwaren verwendet wird'. Blachire I, 690"; Dozy Suppl. I. 97 b . VS: Frz. basane (seit 1260) „peau de mouton tannee", älter bazenne (1160), entlehnt aus gleichbed. aprov. bazana und dies zu span, badana 'id.'.

D D M , 75 b ; F E W 19, 29 b ff.

D T : Mhd. batzan ( 1 3 3 7 ) batzan ist leder, daz gemachet ist üz schaffes Vellen (Konrad v. Ammenhausen, Schachzabelb./Lexer I). Nhd. Basane beruht mit Sicherheit auf einer neuen Entlehnung des frz. basane, jedoch nur als Fachausdruck der Buchbinderei, wohingegen das frz. W o r t ein größeres Verwendungsfeld aufweist. G. Rob. 1, 870b. W B : N u r im Duden 5, 107 als Basane f. für Bucheinbände verwendetes Schafleder'. A. SPR: Span, badana ( 1 0 5 0 ) ; ital. bazzana ( 1 7 4 2 ) ; engl, basan, bazan (1714).

Corom. I, 4 5 l a ; Cort. 1, 126 a ; O E D I, 976 c .

Beduine

N . m. »nomadisierender arabischer Wüstenbewohner«

Arab. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. J J L · badw η. koll. ' N o m a d e n t u m ' wird im Gegensatz zu hadar 'Seßhaftigkeit', Sg. badawl od. badwT 'Nomade', PI. bad(a)wTyyQn,

197

Lexikographischer Teil

vulg.-ar. bed(e)wTn, worauf wahrscheinlich die frz. Form

beduin

beruht.

Blachfcre I, 7 2 8 ' ; Lex. Arab. 2 3 4 .

VS: beduin m. (1090) „Arabe du desert", auch bedouin (13. Jh.), heute btdouin. Das W o r t wurde während der Kreuzzüge entlehnt. FEW 19, 16b. D T : Anfangs Beduin (2. H. d. 18. Jh.s) dann Beduine. [Vereinzelt ist das W o r t im 13. J h . von einem deutschen Gelehrten (Magister T h i e t m a r ) in der mit lat. E n d u n g versehenen F o r m boidtwini e r w ä h n t . Pfeifer I, 109 ; M L W I b ].

W B : (1860) Beduine m. «in der Wüste umherschweifender Araber, Wüstensohn» ( S A N D E R S I, 1 0 3 ' ) ; (1976) Beduine m. ( D U D E N I). A. SPR: Ital. baduin (1510), beduino (1616); span, bedoin (1503), beduino (1786); engl, bedouin (1400). In den genannten Sprachen wurde das Wort ebenfalls über das Frz. vermittelt. C o r t . I, 127 b ; C o r o m . 1, 5 5 4 b ; O E D II, 52".

B u r n u s N. m. »Kapuzenumhang (der Beduinen)« A r a b . > frz. > d t .

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. burnus m., vulg.-ar. burnüs u. barnQs ' U m h a n g mit Kapuze'. Die Etymologie des Wortes ist nicht klar. Im F E W u. bei Blachfcre wird es auf lat. B I R R U S , B U R R U S 'kurzer Mantel mit Kapuze' zurückgeführt, wobei ein gr. birros 'Art Umhang' als Mittelglied zwischen dem Lat. und dem Arab, angenommen wird. Blachire I, 584; D o z y S u p p l . I, 79; F E W 19, 27 a ff. [Über die Bedeutungsentwicklung von war, s. Dozy Vet., 7 3 - 8 0 ) .

Burnus,

der schon zur Zeit des P r o p h e t e n

VS: Frz. burnous (1841) „manteau des Arabes", älter bournous

bekannt

(1735).

F E W , 19, 27 J ff.; Arveiller (1970), 3 5 6 f f . ; Kluge 89, 115 b ; Pfeifer I, 1 8 6 ' . [Das frz. W o r t w u r d e im Z u s a m m e n h a n g m i t N a p o l e o n s Feldzug in Ägypten sowie A n f a n g des 19. Jh.s d u r c h die europäischen Reisenden in den O r i e n t , vor allem aber d u i c h die französische Besetzung Algeriens e n t l e h n t u n d verbreitet. Andere, ältere E n t l e h n u n g s schichten des W o r t e s wie z.B. barnusse (1556); albarnos (1706) w u r d e n d e m Französischen d u r c h das Italienische u n d Spanische vermittelt. F E W 19, 27 a ff.].

D T : Im 19. Jh. als Burnus entlehnt: (1848) ich flir meinen Theil aber glaube mit meinem Schulrocke noch den Winter über auskommen zu können, da ich auf der Strasze jetzt doch den Burnus anziehen musz. (Treitschke, Brief/ Z f d W f . 15, I 7 9 b ) . Vereinzelt taucht das W o r t auf als Bernüs in der 1781 verfaßten dt. Reisebeschreibung 'Nachrichten von Marokkos' von Höst (Dozy Vet. 77).

W B : (I860) Burnus m. «Art Kapuze, ursprüngl. der Mauren in Afrika» (SANDERS I, 245c); (1976) Burnus

m . « K a p u z e n m a n t e l der B e d u i n e n »

(DU-

DEN I)

A. SPR: Span, alboznoz (1350); ital. burnüs (1892) wurde vom Frz. entlehnt, unabhängig davon liegen ital. brenuzio (1484) oder benuccio

Französisch als Vermittlersprache

198

( 1 5 0 2 ) etc. v o r ; e n g l , burnous,

burnous

(1695); Corom. I, 120'; C o n . 1, 1771';

1

O E D II, 679 '.

Chiffre N.

f. » ( G e h e i m ) - z e i c h e n , - s c h r i f t , K e n n w o r t «

Arab. > mlat. > frz. > dt.

Μ * Ρ c 1'

E T Y M : Arab, j • ~ sifr 1) ' N u l l ' , eigentl. 'leer'. In der V e r w e n d u n g ' N u l l ' ist arab. sifr eine L e h n ü b e r s e t z u n g des sanskr. sunya ' N u l l ' u n d auch 'leer'. D a s Z a h l e n s y s t e m mit der N u l l s t a m m t u r s p r ü n g l i c h aus I n d i e n u n d w u r d e d a n n v o n den A r a b e r n ü b e r n o m m e n . LA4, 461 ff.; El1 IV, 438'; vgl. hier unter

Ziffer.

VS: Frz. chiffre m.: 2) ' Z a h l z e i c h e n ' ( 1 4 8 5 ) ; 3) ' Z a h l ' ( 1 8 3 2 ) ; 4) ' G e h e i m s c h r i f t ' ( 1 4 9 7 - 9 8 ) ; 5) ' A n f a n g s b u c h s t a b e n eines N a m e n s , M o n o g r a m m ' ( 1 5 2 9 ) . 6) ' K e n n b u c h s t a b e , K e n n z i f f e r ' (Furetiere). D a s frz. W o r t ist w a h r s c h e i n l i c h aus mlat. cifra (12. Jh.) ' N u l l ' , vgl. afrz. cifre, chriffre ( 1 3 . - 1 5 . J h . ) ' N u l l ' e n t l e h n t . D e r Ü b e r g a n g von [i] zu [ J ] u n d die Bed. ' Z a h z e i c h e n ' sind v e r m u t l i c h u n t e r d e m E i n f l u ß des P i k a r d i s c h e n e n t s t a n d e n , da das arab. Z a h l e n s y s t e m z u n ä c h s t in N o r d f r a n k r e i c h rezipiert w u r de. FEW 19, 157bff.; Tresor V, 713b. Eine Ü b e r n a h m e des ital. cif(e)ra (sprich tch-) ' Z a h l z e i c h e n ' (16. J h . ) ; ' G e h e i m s c h r i f t ' (seit 1 4 9 7 - 9 8 ) n e h m e n B W , 1 2 9 b u n d D D M , l 6 2 b an. D a s frz. W o r t weist ein größeres B e d e u t u n g s feld auf u n d d e c k t sich in dieser H i n s i c h t eher mit d e m s e m a n t i s c h e n U m f a n g von dt. Ziffer (vgl. dieses). FEW 19, 156'ff. ; BW, 1291'; D D M 1621'; Tresor V, 712 a ff.; Pelligrini 1, 80, 367; Kluge 89, 121'; Pfeifer 1, 193 a . [Die Bedeutungsentwicklung von cifra Null' zu 'Geheimzeichen' vollzog sich zunächst im Italienischen und hing mit der Betrachtung der Null als magisch-geheimnisvoller Zahl zusammen. Eine andere Interpretation verbindet diese Entwicklung mit der Verschlüsselung von Nachrichten durch Ziffern statt Buchstaben, einer Praxis, die bereits im 15. u. 16. Jh. üblich war. Im FEW 19, 157l> wird letztere Meinung zurückgewiesen, weil die ersten überlieferten Geheimschriften (13. Jh.) noch keine Ziffern enthielten. Dazu auch Pfeifer 1, 193'; Kluge 89, 121*1.

D T : Seit M i t t e des 17. J h . s bezeugt, bis z u m 19. J h . a u c h als M a s k u l i n u m v e r w e n d e t . D i e f e m i n i n e F o r m setzte sich v e r m u t l i c h in A n l e h n u n g an Ziffer d u r c h (Pfeifer I, 193 a ). Chiffre ist z u n ä c h s t als ' G e h e i m z e i c h e n ' belegt: (1631) mitt vollen werten und ohne chiffren (Nicolai, Brief an Sattler/ Jones (1976), 207); (1706) Auf welcher Art schrieb er? In Platt oder in Chiffern (Riezler III, Bauernaufstand/ Brunt (1983), 194); ( 1 8 0 1 / 2 ) Kant spricht einmal von der Chifferschrift, wodurch die Natur in ihren schönen Formen figürlich zu uns spricht (Schlegel, Vorlesungen 1/ Schulz-Basler I, 112 b ); (1965) die lächerlichen Scheingeheimnisse der Chriffren und des Code, von Amtern und Firmen ausgeheckt (Hildesheimer, Tynset/ Duden VI). Als ' M o n o g r a m m ' ist Chiffre E n d e des 17. Jh.s belegt: (1695) en chiffre, in zusammen gezogenen Buchstaben/ wie heut zu Tage die Hochflirstl. Namen auf Münzen und Kutschen (Stieler, Anhang zu Zeitungs-Lust und Nutz/ Brunt (1983), 194); ( 1 7 0 1 )

ist blau/ umgeben

mit schwartzen

Adlern/

Das

und in der Mitten

Orden = CreutZ

des Königs

chifre

Lexikographischer Teil

199

oder verzogener Nähme (Remarques XII/ Brunt (1983), 194); (1797) Auch bitte ich um den Nahmen ihres Freundes oder um deßen Chiffre, wenn er unbekannt zu bleiben wünscht (Schiller, Briefe V/Schulz-Basler I, 112 a ). Es liegen außerdem die folgenden Bed. von Chiffre vor: 'Kennziffer. Kennwort': die Signale vor dem Zug, der für ihn eine Chiffre war aus Kennbuchstaben und einer Nummer (Johnson, Mutmaßungen/ Duden I); 7) (Stilk.) 'Stilfigur [der modernen Lyrik]' (Duden I). Auch in der Bed. 'Zahlzeichen' und 'Zahl' wird Chriffre verwendet, das übliche Wort dafür ist jedoch eher Ziffer. Vgl. die verbalen Ableitungen: chiffrieren (1715) < frz. chiffrer (1515); dechiffrieren (1673) < frz. dichiffrer (15. Jh.). W B : (1801) Chiffre «ein Schriftzug; die Ziffer; die Geheimschrift» b (CAMPE, 180 ); (I860) Chiffre f. «Ziffer; Künstlerzeichen; Geheimschrift» (SANDERS I, 253°); (1907) Chiffre f. «Namenszug; Geheimschrift» ( W E I G A N D I, 320); (1976) Chiffre f. «Ziffer, Zahl; geheimes Schriftzeichen; Kennziffer, Kennzeichen; Stilfigur» (DUDEN I). A. SPR: (als Geheimzeichen): Span, cifra (16. Jh.); engl, cipher (156387).

Corom. II, 72 b ; O E D III, 225 b .

D s c h i n n N . m. »Geist, D ä m o n (meist im orientalisch-islamischen Kontext)« Arab. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. ^ ginn η. koll. übersinnliches Wesen mit guten und schlechten Eigenschaften'. Das ginn-Geschlecht wird im Koran als Gegenpol z u m Ins ' M e n s c h e n g e s c h l e c h t ' dargestellt.

Blachtre III, I79*ff.

VS: Frz. djinn m. (1760) „nom que donnent les Arabes ä des etres, bienfaisants ou malfaisants, superieurs aux hommes, infirieurs aux anges", älter ginn (1697); z.B. „Les djinns", Gedicht von Victor H u g o (1828). FEW 19, 57 b ; G. Rob. III; Trisor VII; Duden 11.

D T : (1803) diese peris heißen auch dschinnen (Wieland/ D W B 2 VI); (1949) den scheich zu veranlassen, .. sich zu überzeugen, daß .. kein schrecklicher djinn .. im begriffe sei, ans licht zu steigen (Ceram, Götter/ D W B 2 VI, ebd.). W B : (1976) Dschinn m. «Geist, Dämon im Volksglauben der Araber u. anderer mohammedanischer Völker» (DUDEN II).

Estragon

N . m. »eine Gewürzpflanze (Artemesia Dracunculus)«

Arab. > mlat. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab, o ^ j l » tar(]ün m. „Artemesia Dracunculus", 'Estragon'. Die Pflanze wurde in der arab. Medizin zu Heilzwecken verwendet, so z.B. beim Arzt RazT (Rhases) (9. Jh.). Der N a m e gelangte in das Abendland durch die arab.-mlat. Übersetzungen medizinischer Texte. Arab. tarbQn geht zurück wahrscheinlich auf gr. δ ρ α κ ό ν τ ι ο ν (Dioskurides) > lat. dracunculus (Plinius), allerdings bezeichnete dieses W o r t „Arum Dra-

200

Französisch als Vermittlersprache

cunculus" und nicht die „Artemesia" der Araber. Gr. δ ρ α κ ό υ τ ι ο ν ist ein Diminutivum zu δ ρ ά κ ω ν 'Drache, Schlange'. D i e Pflanze wurde so benannt, da ihre Blätter wie Reptilienhaut Flecken aufweisen. Wehr 770'; Siggel 50"; Wiedmann (1970), II, 293 u. 387; Frisk I, 414; Andre (1985), 90.

VS: Frz. estragon m. ( 1 5 6 4 ) „plante potagere aromatique, qui sert d'assaisonnement (artemesia dracunculus)" (FEW 19, I83 k ). Estragon ist die volkstümliche Variante einer älter belegten, gelehrten Form targon ( 1 5 4 0 bei Rabelais). Bereits Liebault ( 1 6 0 1 ) weist auf das bei Gärtnern gängige estragon statt targon hin. Frz. targon geht auf mlat. tarchon (13. Jh.) zurück. Es wurde mlat. medizinischen Texten e n t n o m m e n . FEW 19, I83''ff.; BW, 237 b ; D D M , 279'; Corom. 11, 798 b ff. [Eine weitere frz. Variante zu targon ist dragon, die nach DWB 2 VI dem dt. Dragon zugrunde liegt. Frz. dragon geht wahrscheinlich (wie span, dragon) auf ital. dragone zurück. Letztere stellt eine volksetymologische Bildung zu dragon Drache' dar. FEW 19, ebd.; Corom. II, ebd.; Marzell I, 428].

D T : Estragon

(1898)

„Artemesia D r a c u n c u l u s " (Meigen/ Marzell I, 429).

Bei Adelung I wird Estragon unter dem Stichwort Dragon 'Gewürzpflanze' angeführt und als Bezeichnung für den aus dieser Pflanze hergestellten Essig (Estragonessig) erklärt. D t . Estragon scheint in der Hochsprache erst im 19. Jh. das ältere, ebenfalls aus dem Frz. entlehnte Dragon (Artemesia D r a c u n c u l u s und auch andere ähnliche Gewürzpflanzen) verdrängt zu haben. Landschaftlich ist Estragon (in mundartlicher Aussprache) neben Drachant,

Trachant

bes. im s ü d d e u t s c h e n R a u m vertreten. Vgl. Schweizer Idiot.

I, 530; Ochs/Badisches Wb. I, 717 b ; Christmann/Pfälzisches Wb. II, 983". Z u s . :

gonessig;

Estragonsenf

Estra-

(Duden I).

[Belege zur Form dragon: (1574) sägpfeffer, dragon, gartdrach, gall, dragon (Toxites Onomastica/ D W B 2 VI, 1304); (1712) dragun (Hübner, Naturlex./ Weigand I, 373); (1809) man .. legt sie (gurken) in ein tönnchen, .. packt schichtweise dill .. und dragon dazwischen (Vollständiges hannöver. Kochb./ DWB 2 VI); (1928) dragon (Hegi, Flora/ DWB 2 VI)].

W B : ( 1 8 6 0 ) Estragon

n. «ein b e k a n n t e s Küchenkraut» (SANDERS I, 310');

(1976) Estragon m. «Gewürzpflanze, die bes. auch als Zutat bei der Herstellung von Essig u. Senf verwendet wird» (DUDEN I). [Ansonsten: (1741) Dragun «dracunculus esculentus, oder acetarius, ein Salat-Kraut. Weisser Dragun, ist Bertram. Wiesen oder wilder Dragun, S. Bertram» (FRISCH 1, 204"); (1774) der Dragun «ein Name, der im gemeinen Leben verschiedenen Pflanzen gegeben wird, welche im Latein, auch Dracunculus genannt werden, aus welchem Worte auch der deutsche Name verderbt zu seyn scheinet» (ADELUNG I, 1399); (1807) Der Dragun «im gemeinen Leben, eine Benennung: 1) Artemesia dracunculus L; auch Dragunwermuth, Bertram, Kaisersalat, Schlangenkraut, Zitterkraut. [...]. 2) Deutscher Bertram (Ach. pter. L), auch Dragut, Doraut» (CAMPE I, 741"); (1907) Dragun m. «Kaisersalat, Schlangenkraut, eine als Gewürz an Speisen dienende Pflanze» (WEIGAND I, 373)].

A. SPR: Span, estragin ( 1 7 6 2 ) ; ital. estragöne (19. Jh.), beide Wörter aus dem Frz. entlehnt, [aus dem Mlat. sind dagegen übernommen: Span. taragona (1592); ital. targöne (16. Jh.); engl, tarragon (1538)]. Corom. II, 798 b ; Battisti V, 3721"; O E D XVII, 646".

201

Lexikographischer Teil

Gamasche

N . f. »Beinbekleidung«

Arab. > span. > prov. > frz. > dt.

Μ * Μ = Μ

E T Y M : Arab. ^ - ^ Ι ϋ . gadämasi Adj. u. Subst., war die Bezeichnung für 'ein sehr feines Leder', das in der tripolitanischen Stadt G a d ä m e s (Ghadames), woher der N a m e stammt, verarbeitet wurde. Nach arabischen Berichten war dieses Leder so weich wie Seidenstoff. Im Spanien des Mittelalters hieß es in adj. W e n d u n g cuero guadameci (Cid) nach arab. gild gadamas? 'Leder aus Ghadames'. Später w u r d e das span. W o r t zu guadameci m. substantiviert und bezeichnete nun 'ein mit Gold verziertes Leder', das zunächst in Fes dann auch in Barcelona schon 1316 herges t e l l t w u r d e . Dozy Suppl. II, 201 b ; Dozy Gl., 280ff.; EI 1 II, 140-141.

VS: Frz. gamache f. (16. Jh.) 'lederner, knöpfbarer Ü b e r s t r u m p f (heute veraltet, stattdessen wird guetre verwendet), entlehnt aus gleichbed. prov. gamacho (14. Jh.), das selbst auf span, guadameci (1140) 'eine weiche Lederart' zurückgeht.

Huguet IV, 260 a ; FEW 19, 50'ff.·, D D M 332 b ; Pfeifer I, 394';

b

Kluge 242 .

D T : Seit Anfang des 17. Jh.s bezeugt: (1615) Gammachett·, (1637) Gamaschen. Im 18. u. 19. Jh. dominiert die Schreibung mit initialem C- bzw. K-: (1727) Camaschen (Picander); (1778) Kamaschen (Herder); (1882) Camaschen!Gamaschen (Goethe). Schulz/ Basler I, 235.; Zus.: Gamaschendienst (1814) und Gamaschenheld (1792). Schulz/Basler I, ebd.; Jones (1976), 360. W B : ( I 8 6 0 ) Gamasche f. «Fußbekleidung, die über den Schuh gezogen, auch den untern Theil des Beins bedeckt, gewöhnl, an den Seiten zuzuknöpfen, nam. bei den Soldaten» (SANDERS I, 532b); (1907) Gamasche f. / Kamasche (WEIGAND I, 617); (1976) Gamasche £ (Duden III). A. SPR: Engl, gamash (1596). OED VI, 34i b .

Gaze

N. f. »lockeres, gitterartiges Gewebe«

Arab. > frz. > dt.

Ρ c P

c Ρ

E T Y M : Arab. j i qazz 1) 'Seide; Rohseide' (Wehr 1022 b ), in Ägypten 2) 'Gaze' (Dozy Suppl. II, 342 a ) zu gleichbed. pers. keg (Völlers 1986, 640). Diese Etymologie ist jedoch umstritten. Corom. III, 120b; Kluge 89, 248a; Lokotsch 1147. [FEW und Lokotsch schlagen als Grundwort für Gaze den Namen der palästinensischen Stadt gazza (Ghasa) vor. In der genannten Stadt wird aber keine Textilindustrie nachgewiesen. Da Ghasa eine Hafenstadt ist, ist Wartburg jedoch der Meinung, daß Produkte häufig nach dem Hafen oder Umschlagplatz benannt werden, von wo aus sie verfrachtet oder gehandelt werden. Auch der Eingang von Sache und Wort nach Europa ist ungeklärt: vgl. mlat. garza (1250 in Bologna u. 1361 in Rom/ Battisti III) sowie gazzatum (1279 in Budapest/ Du Cange IV-V). 237; Littmann (1924), 94; Lokotsch 1147; FEW 19, 53 b .].

VS: Frz. gaze f. (1461) „Tissu tres fin et tres leger, de coton, de soie ou de lin, ä l'aspect presque transparent" (Tresor 9, 137b); 3) „tissu utilise pour pansements" (1907) (Rob. Η. I, 875); 4) „Gaze metallique" (Tresor 9,

202 ebd.).

Französisch als Vermittlersprache

Außerdem wird das frz. Wort auch in übertragener Bed. verwendet.

F E W 19, 53"; Kluge 89, 248"·; Pfeifer I, 403 1 '.

D T : Seit Mitte des 17. Jh.s bezeugt, zunächst in der Schreibung Gaß, Gase dann Gaze. Wahrscheinlich wurde das Wort anfangs über ndl. gaas (selbst aus dem Frz.) entlehnt: (1649) Silbergaß (Spee T r u t z n / W e i g a n d 1, 6 3 2 ) ; (1693) Gaße (Beurs, Die große Welt (Übers, aus d e m N d l . ) / Schulz-Basler 1, 2 3 9 ) ; (1679) Die Seidene Tuch/ und allerhand dUnne Zeug/ Cripes, Gazes [...] genannt/ sind unterschiedlicher Breite (Savary, H a n d e l s = M a n n / Brunt, 3 1 8 ) ; (1729) mit einer ausdrücklichen darzu verfertigten silbernen Gaze bedeckt (Rohr, Wiss e n s c h a f f t / Jones, 3 1 8 ; (1769) Gase (Wieland, Grazien/ Schulz/Basier 1, ebd.); (1780) Die Gaze, die nur wie ein leichter Schatten, sie hier und da umwallt ( O b e r o n / Schulz/Basler I, ebd.). Im 20. Jh. wird Gaze in der Medizin als 'Verbandsmaterial', in der Technik als 'Siebbespannung' verwendet: Algenformen, die durch die feinste Gaze des Planktonnetzes hindurchschlüpfen ( T h i e n e m a n n , U m welt/Duden

III).

W B : (1775) Die Gaze ( A D E L U N G II, 4 3 4 ) ; (1801) Gaze ( C A M P E , 2 9 ' ) ; (1860) Gaze f. ( S A N D E R S I, 5 4 8 ' ) ; (1907) Gaze f. ( W E I G A N D I, 6 3 2 ) ; (1976) Gaze f. (auch als) «Siebbespannung und Verbandsmaterial» ( D U D E N III). A. SPR: Span, gasa (1611); ital. garza (1704); engl, gauze (1561). C o r o m . III, 120 b ; Battisti III, 1767; O E D V I , 4 0 5 ' f f .

Gazelle N. f. »eine Antilopenart« Arab. > frz. > d t .

ETYM: Arab. ÄJI^i gazäla f. 'weibliche Gazelle' (gazäl m.).

Μ = Μ = Μ Dozy Suppl.

II, 21 l b ; L A U , 4 9 1 b f f . ; W e h r , 9 1 4 b .

VS: Frz. gazelle f. (13. Jh.) (1272 gazel bei Joinville) „esp. d'antilope qui habite l'Afrique et l'Asie". F E W 19, 53"; BW, 289 b ; D D M , 337 J ; Kluge 89, 248"; Pfeifer I, 4 0 3 b ..

D T : Bezeugt Mitte des 16. Jh.s, zunächst nach ital. gazella: (1536) Gazella (Paracelsus/ T r ü b n e r , 3 b ); (1611) einen abriß von aim tier, welches man gazella nennet ( H a i n h o f e n Briefe/ Schulz/Basier I, 2 3 9 ) ; Die frz. Form setzte sich seit dem 18. Jh. durch: Gaselle (Rückert/ Sanders I, 548 a ). W B : (1775) Die Gazelle ( A D E L U N G 1 1 , 4 3 4 ) ; (1801) Gazelle (spr. Gasell) ( C A M P E 29*); (1860) Gazelle ( S A N D E R S I, 5 4 8 ' ) ; (1907) Gazelle ( W E I G A N D I, 6 3 3 ) ; (1976) Gazelle ( D U D E N III). A. SPR: Span, gacela (1570), älter algacel·, Ital. gazzella (14. Jh.); engl. gazelle (1582). C o r o m . III, 12"; C o r t . II, 4 8 0 ' f f . ; O E D VI, 41 Γ'.

G e n e t t e N. f. »Ein Pelztier (Vivera ginetta)« Arab. > span. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. - U j i ^ garnait „genette, espece de civette dont la peau s'emploie en fourrures". Dozy Suppl. I, 186 b ; Lokotsch 6 8 5 .

Lexikographischer Teil

203

VS: Frz. genette f. ( 1 2 6 0 ) „mammiftre ä fourrure", wird im D D M 3 3 8 b a u f span, jineta zurückgeführt. Dieses ist aber erst ( 1 5 7 3 ) belegt. Vgl. FEW 19, 55 b ; C o r o m . III,

516"ff.

D T : ( 1 5 7 5 ) ein nörnbergisch beizen mäntelin von zobeln, genetkatzen, calabrischen martern und anderm filter und gefüll (Gargantua/ D W B 1 V , 3 3 9 0 ) ; ( 1 6 6 8 ) mit einem langentalar von weiszen atlasz und goldenen blumen, mit genet gefiltert, bekleidet (Simplicissimus/ D W B 1 5, ebd.); ( 1 7 9 3 / 9 8 ) genetkatze, genitkatze 'Vivera genetta' (Nemnich/ D W B ' V, ebd.).

WB: ( 1 5 6 1 ) Genethkatz

£

(HENISCH

1493);

marder,

Martes

Weigand);

(1976)

(1741)

(FRISCH 339c);

Scythica»

Genette

f. «Genetha» ( M A A L E R 168*); ( 1 6 1 6 ) Genethkatz Genet-Katz «genetta. Gall, genette, eine Art

i

(DUDEN

(Vgl. noch Adelung, Campe,

Sanders,

III).

A . S P R : Port, gineta ( 1 2 . Jh., janeta)·, kat. geneta ( 1 3 . Jh. als janetes); ital. genitta ( 1 5 8 1 ) ; engl, genet ( 1 4 8 1 ) . C o n . II, 4 8 3 b ; O E D V I , 4 3 9 .

Hasard

N . n. »Glückspiel; Risiko«

Arab. > span. > frz. > dt.

E T Y M : Vulg.-ar. arab.

Μ * Ρ c

az-zahr m.

1) 'Spielwürfel'

zahr n. koll. 'Blumen; Blüten' ( W e h r

( D o z y Suppl I,

Ρ

608b);

532bff.).

[Nach einem span. Lexikographen des Mittelalters bezieht sich das W o r t azar (span.) bei den Arabern Spaniens auf eine der Seiten des Spielwürfels, nämlich auf die Eins, den er mit lat. amis übersetzt hat. Diese auch im Spanischen vorkommende Bed. möchte C o r o m . I, 4 3 2 b in Zusammenhang mit der Darstellungsweise des Punktes bringen, die vielleicht die Form einer Blüte aufgewiesen hat. Von da aus sollte sich die Bedeutung 'Würfel' und ' W ü r felspiel' entwickelt haben. Allerdings findet sich zahr als 'Würfelspiel' in keinem arab. W b . , wohl aber im „Libro del Ajedrez", das sich auf arab. Vorlagen stützt. Nach F E W 19, 2 0 5 b , A n m . 4, m ü ß t e die Bedeutungsübertragung 'Würfel' > 'Würfelspiel' schon im Arabischen stattgefunden haben. Dazu Dozy Gl. 224ff.; F E W 19, 2 0 5 b ] .

VS: Frz. hasard m. ( 1 6 . J h . ) 2 ) 'Wagnis, Risiko'; 3 ) 'Zufall, Geschick', daraus jeu de hasard ( 1 5 3 8 ) 'Glückspiel (wie Roulette und Bakkara)'. Diese Bedeutungen entwickelten sich erst später aus dem bereits im Afrz. vorkommenden hasart m. ( 1 1 8 4 ) 'Würfelspiel'; 'Glücks- oder Unglücksfall (im Spiel)'. Die Verallgemeinerung von hasart zu 'Glück, Risiko' ergab sich zwar schon im Mittelalter, der semantische Bezug war aber noch das damalige Spiel selbst. Das afrz. W o r t geht a u f span, azar 'Würfelspiel'; 'ungünstiger W u r f im Würfelspiel' zurück. Allerdings ist das span. W o r t erst 1 2 8 3 im Libro del Ajedrez von Alfons dem Weisen belegt. F E W 19, 2 0 3 b f f . ; B W 317"; G . R o b . V ; C o r o m . I, 432 a ff.; Pfeifer I, 5 1 2 b . [Die Entsprechungen des afrz. hasart finden sich im mhd. hasehart, hashart ( 1 3 . J h . ) , „mit lautlicher Angleichung an die dt. Personennamen auf - h a r t " Pfeifer I, 512 a . Vgl. Lexer I].

DT: hazard landt

Bezeugt im

17. J h . in der Bed. ' W a g n i s . Gefahr': ( 1 6 1 7 )

vnd wagen (Wallhausen, Corpus/Jones, 3 7 2 ) ; ( 1 6 2 4 ) dann und

leute

in hazart gestellt

ob ich schon

(Brief Christians von Braunschweig/ D W B 1

der .. X);

Französisch als Vermittlersprache

204

(1668) umb dasz ich trutz einem unter ihnen allen das herz hatte, etwas zu unterstehen und ins werk zu setzen, das die gröste tapferkeit und verwegenste hazarde des frz. Spiel?

Zufall

jeu

pfui,

19. Jh. sard

(Simplicissimus/ DWB 1 X). E b e n f a l l s im

erfordert

'nur vom

bestimmtes

de

hasard

dasz

mich

auch

spielen,

entstanden der

( k u r z für

Hasard

Spiel,

übertr.

das G l ü c k s s p i e l ' (vgl.

Kluge

89,

17. als

ist

Hasardspiel

Lehnübersetzung

295b):

(1844)

hasard-

(Freiligrath, Glaubensb./ D W B ' X, ebd.).

bewahre! Hasardspiel),

v o r allem in d e r V e r b i n d u n g

'sein G l ü c k aufs Spiel

Im Ha-

setzen'.

[Nach frz. Vorbild entstand das Verb hasardieren (17. Jh.), wonach dann das Substantiv Hasardeur (18. Jh.) neu gebildet wurde. („Entsprechendes frz. Hasardeur verwegener Mensch' (afrz. hasardeor 'Würfelspieler') ist seit dem 18. Jh. nicht mehr gebräuchlich" Pfeifer 1, 512 b ). Dazu auch DWB 1 X, ebd.; Brunt, 331]. WB:

(1691)

Hasardspiel

(STIELER II, 2088); ( 1 8 1 3 )

Hasard:

«l.)der

Zu-

fall o d e r d a s U n g e f ä h r 2 ) die G e f a h r , das W a g s t ü c k , d i e o d e r das W a g n i s » und m.

«ein G l ü c k s p i e l , ein W a g e s p i e l »

Hasardspiel,

«Zufall, das G e r a t h e w o h l ,

(1907)

m . (in Hasard

Hasard

(CAMPE); ( I 8 6 0 )

Glücks- oder Wagespiel» spielen)

spiel» (WEIGAND I, 816); ( 1 9 7 6 ) Hasard

u n d Hasardspiel

Hasard

(SANDERS I, 698 1 '); n. « W a g e - ,

Glücks-

n. « H a s a r d s p i e l ; m e i s t in d e r W e n -

d u n g H . s p i e l e n ( l e i c h t s i n n i g sein, sein G l ü c k aufs Spiel s e t z e n ) » ; vgl. a u c h n. « G l ü c k s p i e l ; U n t e r n e h m u n g , bei d e m j m d . o h n e

Hasardspiel

a u f a n d e r e u. a u f s i c h selbst alles aufs Spiel setzt»

Rücksicht

(DUDEN III).

[In älteren Lexika aus dem 17. u. 18. Jh. wurde das Wort z.B. bei Nehring (1687) hasard, hazard·, die Gefahr/Verwegen he it/]t. Glück/ein ohngefärer Zufall und Begebenheit und bei Wächtler (1703) hazärd aufgenommen. Jones, 372], A. SPR:

'Würfelspiel': Aprov.

azar

(1200);

aital. zaro,

( d i r e k t a u s d e m A r a b , e n t l e h n t ) . ' Z u f a l l , R i s i k o ' : S p a n , azar azzdrdo

(1669);

e n g l , hazard

(1583).

zara

(13.

Jh.)

( 1 7 . J h . ) ; ital.

Corom. I, 432 a ff. ; Cort. I, 98 a ; O E D VII,

31 a ff.

Kaffee

N.

m.

»Getränk«

Arab. > türk. > frz. > dt. E T Y M : Arab.

Ρ = Ρ c Ρ q a h w a f. > t ü r k . kahve

1) 'Kaffeegetränk'; 2 )

'Kaffe-

b o h n e ' ; 3 ) ' C a f e , K a f f e h a u s ' . Wehr 1062 b ; Kazimirski II, 829 b ; Dozy Suppl. II, 415 1 '; LA15, 206 b ; Steuerwald 470 b . [Das Wort qahwa kommt bereits in der altarabischen Poesie vor (in vorislamischer Zeit) allerdings als Bezeichnung für Wein'. Es stellt in dieser Verwendung eine metonymische Übertragung dar zu qahwa 'appetithemmendes Getränk' zu qahiya 'wenig Appetit haben, keine Nahrung vertragen' (Kazimirski II, 829 b ). Nach arabischen Berichten erfolgte die Bedeutungsübertragung 'Wein' > Kaffee' im 15. Jh., zunächst im Umkreis yemenitischer Sufis (islam. Mystiker). Diese hätten die anregende Wirkung des qahwa-Getränks entdeckt und es als Stimulans für ihre nächtlichen Andachtsübungen eingenommen. Da sonst das Wort qawha 'Wein' eine wichtige allegorische Bedeutung im Sprachgebrauch der Sufis habe, konnte es auf das neue berauschende Getränk übertragen werden. Die Ansicht, daß das Wort qahwa

Lexikographischer Teil

205

aus d e m H e r k u n f t s o r t des Kaffeebaumes, d e m abessinischen Kaffa, abgeleitet sei, ist aus historischen G r ü n d e n abzulehnen. (Näheres dazu im EI 1 , II, 6 7 5 b ) . Der Kaffee gelangte u m 1520 über Arabien in die T ü r k e i . H i e r lernten ihn die W e s t e u r o p ä e r zuerst k e n n e n , d a h e r die Ü b e r n a h m e der türkischen Form des W o r t e s kahve (Mit E n d b e t o n u n g ) . M i t t e des 17. Jh.s w u r d e der Kaffee von E n g l ä n d e r n u n d H o l l ä n d e r n direkt aus d e m yemenitischen M o c h a a u s g e f ü h r t . Vgl. EI 2 IV, 4 5 3 ff.; Schimmel (1992), 260, 2 6 1 , 3 8 9 , 4 8 2 , 4 9 4 , 4 9 6 , 497 1 .

VS: Frz. cafe m. (l665)'Kaffeegetränk'; 'Kaffeebohne'; 'Kaffeehaus' < türk. kahve (1615). F E W 19, 78 a ff.; BW, 98 a ; Arveiller (1980), 3 0 4 - 3 2 0 . Als Vermittlersprache zum Deutschen galt anfangs auch engl, coffe (1601), coffee (1636).

Pfeifer I, 607 ; O E D III, 438 b ff.

D T : Im 17. Jh. in der Bed. 'Kaffeegetränk' ü b e r n o m m e n : (1688) Cafe (1705) Caffie ( C h i l e m o n t , Kriegsrat); (1745) Coffee (Geliert, Betschwester); (1750) Kaffee (Klopstock, Brief an G l e i m ) . Nach engl. Vorbild: (1688) Coffie ( T h o m a s i u s , M o n a t s g e s p r ä c h e I); (1714) Coffe (Gallenbach, W u r m l a n d ) u n d in der Zusammensetzung (1670) Koffeetrank (Zesen/ Schulz-Basler I, 3 1 7 ; D W B 1 XI, 2122). Das W o r t Kaffee liegt bereits im 17. Jh. in zahlreichen Z u s a m m e n s e t zungen vor, z.B.: Coffeehaus (nach engl, coffeehouse), im 18. Jh. Kaffeehaus, das im 19. Jh. durch Cafe n. (doch nicht im österreichischen) ersetzt wurde. Vgl. Pfeifer I, 6 0 7 b ; Kluge 89, 3 4 6 b . Kaffee in der 4) Bed. 'Kaffeepflanze' erscheint erst im D u d e n III. Davor verwendete man Kaffeebaum (von Adelung bis Sanders). Im Frz. k o m m t cafi als 'Kaffeepflanze' bereits (1686) vor (vgl. Arveiller (1980), 306). Kaffeebohne (18. Jh.) „schließt sich volksetymol. an arab. bunti 'Frucht des Kaffeestrauches' an" (Pfeifer I, 6 0 7 b ) . Heute wird Kaffee metonymisch auf 5) 'Nachmittagspause, in der man Kaffee trinkt (und Kuchen ißt)' übertragen: jmd. zum Kaffee einladen (Du(Spon);

den III).

W B : (1741) Caffie ( F R I S C H , 161); (1775) Der Kaffe «1. Die gelblichen oder bläulichen Bohnen des Kaffebaumes, [...]; Kaffebohnen. [...]. 2. Das daraus bereitete Getränk» ( A D E L U N G II, 1463); (1808) Der Kaffee «1. [...]. Die Kaffeebohne. 2. Das bekannte aus dieser Frucht bereitete Getränk» ( C A M P E II, 8 6 2 b ) . (I860) Kaffe m. «1. die Bohnen, [...]. 2. das aus den gerösteten u n d gepulverten Kaffeebohnen durch Aufkochen mit Wasser bereitete Getränk» ( S A N D E R S I , 8 5 0 b ) ; (1907) Kaffee m. «Frucht des Kaffeebaums u n d das daraus bereitete Getränk» ( W E I G A N D I, 9 6 1 ) ; (1976) Kaffee m. «1. Kaffeepflanze, -Strauch. 2a) bohnenförmiger Samen des Kaffeestrauches; b) geröstete [gemahlene] Kaffebohnen. 3. anregendes, leicht bitter schmeckendes, meist heiß getrunkenes Getränk von d u n k e l b r a u n e r bis schwarzer Farbe aus gemahlenem, mit kochendem Wasser übergossenem Kaffee. 4. Zwischenmahlzeit am nachmittag, zu der man Kaffee trinkt» (DUDEN

III).

A. SPR: Ital. caffe (1698), älter cavie (1585); span, cafi (1729). I, 183 b ; C o r m . I, 7 3 5 b .

Cort.

206

Französisch als Vermittlersprache

Kaliber N . n. » D u r c h m e s s e r , A r t , G r ö ß e ( b e s . v o n Arab. > frz. > dt. 3)

Geschützen)« Ρ * Ρ C Ρ

E T Y M : A r a b . i_JLi q a l i b m .

1) ' L e i s t e n (des S c h u s t e r s ) ' ; 2 )

'Modellform',

καλο-,

geht a u f gr.

'Schusterleisten' zurück.

καλαπόδιον

Καλο-, καλαττόδιον

(kälo-,

'Gußform'; kälapodion)

ist ein D i m i n u t i v z u

κα-

λ ό - , κ α λ ά π ο υ ς (kälo-, kälapüs), eigent. ' H o l z f u ß ' , einer Z u s a m m e n s e t z u n g aus

καλόν

schen

und

(kalon) 'Holz' und dem

griechischen

t t o ü j (poiis) 'Fuß'. Z w i s c h e n d e m Wort

wird

arabi-

eine syrische V e r m i t t l u n g

g e n o m m e n . D e r erst i m R o m a n i s c h e n z u s t a n d e g e k o m m e n e n

an-

Übertragung

des arabischen Wortes a u f den D u r c h m e s s e r des Artillerie-Geschosses

liegt

d a s M o t i v d e s g e n a u e n Z u s a m m e n p a s s e n s zweier D i n g e h i n s i c h t l i c h i h r e s D u r c h m e s s e r s z u g r u n d e . LA 1, 689 b ; Wehr 993 a ff.; Wiedemann (1970) I, 240 ff., 245 u. Anm. 2, 464 ff., 470 und II, 178; Frankel (1886), 256; Dozy II, 391*. [Die arab. Herkunft des frz. calibre wurde von manchen Etymologen in Frage gestellt und zwar in der Hauptsache aus zwei Gründen: Erstens wegen der Verschiebung des Akzentes; das arab. Wort wird auf der ersten Silbe betont, das romanische Wort auf der vorletzten. Zweitens wegen des Fehlens von Belegen für frz. calibre in der Bed. 'Form, Modell' (auch für das arab. Wort fehlen solche Belege). Aber man kann der Meinung sein, daß Akzentverschiebung und Bedeutungsentwicklung häufig bei Lehnwörtern auftreten können. Hinsichtlich sowohl des eines als auch des anderen Aspekts finden sich in Corominas' Belegmaterial zum betreffenden Wort genügend Anhaltspunkte, die den Zweifel über die arabische Herkunft von Kaliber aufheben können. Es liegen hier ein span, gälibo (1526) 'Schablone, nach der bestimmte Teile des Schiffes angefertigt werden' und ein kat. gälib Schiffsmodell', 'Verhalten einer Person' (Ende des 14. Jh.s) vor. Beide Wörter gehen sicherlich auf arab. qalib zurück. Hinsichtlich sowohl der Bedeutung als auch des Akzentes weisen die genannten Wörter eine enge Verwandtschaft mit dem arab. Wort auf. Außerdem bezeichnet das Wort in beiden Sprachen (dem Spanischen u. dem Katalanischen) eine Art 'Eisenbogen in Form eines umgekehrten U'; das Gerät wird verwendet, um beladene Eisenbahnwaggons auf ihr Gewicht hin zu testen, damit festgestellt werden kann, ob sie durch Tunnel und über Brücken fahren können. Span, galibo mit verschobenem Akzent erklärt Corom. mit dem Einfluß des dazu gehörigen Verbs galibar 'mit galibos den Umriß od. die Kontur von Schiffsteilen entwerfen'. Auch im Portugiesischen liegt ein ähnl. Verb vor, galivar 'eine passende Form geben'. Außerdem existiert ein port, calimbo Muster, Art' und im Asturischen gibt es ein galipu als 'Kornmaß'. Diesen Belegen zufolge ist es semantisch kein Problem, daß span, calibo od. cdlibo (16. u. 17. Jh.) ins Französische zunächst als Marineoder Eisenbahnterminus und von da aus aufgrund von Sinnähnlichkeit in die frz. Artilleriesprache überging, um auf das 'Durchmesser von Waffen' übertragen zu werden. In der Tat taucht frz. calibre im 17. Jh. als 'Schiffsmodell' auf. Und da die 'Artillerie' in Frankreich erfunden wurde, konnte kein besseres Wort eine vermutlich entstandene Bezeichnungslücke für Durchmesser' füllen als eben calibre. Finales -re des frz. Wortes wird durch Kontamination des anderen Labials erklärt. Aus dem Französischen wurde das Wort ins Spanische zurückentlehnt. Auch die anderen europäischen Sprachen erhielten das Wort aus dem Französischen. Im DDM, 125" wird calibre als Entlehnung aus dem Italienischen betrachtet. Umgekehrt wird ital. calibro in Cort. I. als lexikalische Übernahme aus dem Französischen erklärt. Im FEW 19, 83 a und im BW, 101' wird frz. calibre für eine direkte Übernahme aus dem Arabischen gehalten. Vgl. Kluyver (1909), 219-224); Furetiere I). V S : Frz. calibre

m. 4 ) ( 1 4 7 8 / 1 5 7 1 ) ' D u r c h m e s s e r des L a u f e s einer Ka-

n o n e oder S c h u ß w a f f e ' (im 19. J h . ' D u r c h m e s s e r von R ö h r e n A l s A r t i l l e r i e - T e r m i n u s w e i s t calibre

im 17. J h . verschiedene

allgemein'). Nebenbedeu-

Lexikographischer Teil

207

tungen auf, wie 5) (1636) 'Durchmesser eines Geschosses' (sowie allgemein 'Durchmesser von kugel- od. zylinderförmigen Gegenständen'); 6) (1690) 'Instrument, womit die Proportionen von Lauf und Kugel eines Geschützes kalibriert werden'. Bereits (1548) wird calibre übertragen verwendet als 7) 'Größe, Beschaffenheit einer Sache od. einer Person'. Außerdem weist calibre in Technologie und Handwerk mehrere Spezialbedeutungen auf, die ebenfalls im 17. Jh. belegt sind und z.T. ins Deutsche als Lehnbedeutungen übergingen. Das frz.Wort ist wahrscheinlich aus dem Spanischen entlehnt. FEW19, 82 b ff.; BW, 101"; D D M , 125"; Tresor V, 39 b ff.; Kluge 89, 349'; Pfeifer I, 610 b .

D T : Bezeugt seit Anfang des 17. Jh.s als Terminus der Militärsprache, zunächst mit schwankendem Genus (m. u. f.), in den Bed. 'Durchmesser der Geschützmündung'; 'Durchmesser eines Geschosses oder einer Kanonenkugel': (1603) Die Carthaun von 6. Daumen de calibre; sampt derselbigen sechserley calibris (Brantzius, Artifices/ Jones (1976), 168); (1616) ein leicht Stück Geschütz, welches doch einen großen Caliber hat; nach dem Caliber der Röhren (Wallhausen, Kriegsmanuel/ Schulz/ Basler 1, 319); (1644) die Callibre (Wallhausen, Manifest/Jones, (1976), 168); (1774) Eine Kanone, ein Geschütz von einem großen Caliber (Adelung I, 1167). (1860) Gewehre, Kanonen, Geschütz von gleichem, von großem Kaliber (Sanders I, 854"); (1976) (in Bezug auf den inneren Durchmesser von Feuerwaffen): das Rohr hat ein Kaliber von 12, 5 mm (Duden III); (in Bezug auf den äußeren Durchmesser von Geschossen): Geschosse großen, kleinen, schweren (großen), leichteren (kleineren) Kalibers (Duden III). Im 18. Jh. wurde das Wort fig. 'Sorte. Art: Menschenschlag' verwendet: (1749) mit 6. Pferden von einerley Calibre und Farbe (Florin, Hausvater/ Schulz/ Basler I, ebd.); (1801) diese Waare ist nicht von gleichem Caliber (Campe, 162"); (um 1945) Die Clique, die klatscht, ist das gleiche Kaliber wie die Clique, die pfeift (G. Benn, Leben/ Duden III). Abi.: Kalibrieren (17. Jh.) nach frz. calibrer (1552). [Zu den anderen in Technik und Handwerk gebräuchlichen Bed. von Kaliber vgl. Duden ebd. Im Handwerksbereich wurde das W o r t früher (wie im Frz.) für 'Modell' benutzt. Vgl. Adelung, Campe, Sanders, ebd.].

WB: (1774) Der Caliber «Ein Wort, welches in verschiedenen Künsten und Handwerken sehr oft vorkommt, und theils eine gewisse Dicke und deren Maaß, theils aber auch ein Werkzeug bedeutet. [...] wird [...] in der Geschützkunst von dem Durchschnitte der Ründung oder der Weite eines Feuergewehres, und von dem Durchschnitte der Kugel gebraucht; und alsdann ist es zugleich das Maaß, nach welchem alles übrige an einem Geschütze seine verhältnißmäßige Größe bekommen muß. [...], der Caliberstock, ein Maaßstab, nach welchem man die zu einem jeden Stücke gehörigen Kügeln finden und bestimmen kann; [...] » (ADELUNG I, 1167); (1801) Caliber «1. überhaupt ein bestimmtes Maß; 2. insbesondere, die innere Weite eines Geschützes oder den Durchmesser seiner Oeffnung; [...]; 3. auch die Dicke oder den Durchmesser der Kugeln; [...]. Man

208

Französisch als Vermittlersprache

gebraucht aber auch das Wort Caliber uneigentlich, [...]» ( C A M P E , 1 6 2 ' ) ; (1860) Kaliber m. u. n. «der Durchmesser eines Cylinders, einer Röhre, nam. von dem Geschütz und danach auch der entsprechende der daraus zu schießenden Kugeln: [...]. Übertr.: Menschen von gleichem K. [Schlage]» ( S A N D E R S I, 8 5 4 ' ) ; (1907) Kaliber n. «Durchmesser des Geschützrohrs; Kugelmaß nach Größe und Schwere; Art, Schlag» ( W E I G A N D I, 9 6 7 ) ; (1978) Kaliber n. ( D U D E N III). A. SPR: Span, calibre (1594), (1583) calibio\ ital. cälibro (1606); engl. calibre (1588). C o r o m . I, 7 6 2 ' f f . ; Cort. I, 187'ff.; O E D II, 7 8 4 b f f . K a l i f N. m. »islamischer Herrschertitel« Arab. > frz. > dt.

Ρ c

Μ

c

Ρ

m

ΕΤΎΜ: Arab. ii^U · 1) Nachfolger oder Stellvertreter des Propheten Mohammed'; 2) Herrschertitel im islamischen Reich des Mittelalters', eine Ableitung zum Verbum balafa 'nachfolgen'. D o z y S u p p l . I, 397b; Wehr 359b; EI1 II, 945'ff.

VS: Frz. calife m. (12. Jh.) 'Kalif', wurde während der Kreuzzüge entlehnt und bezog sich auf die Kalifen von Bagdad. Älter ist die Form algalife (11. Jh., Chanson de Roland), das auf aspan. algalifo 'Kalif von Cordova' ( 1 1 1 5 ) zurückgeht und ihre Entsprechung im mhd. algalife ( 1 2 . Jh., Rolandslied) findet. F E W 19, 64"ff.; B W 101"; B e n e c k e I 1 , 23'. D T : ( 1 3 1 4 ) kalif in Baldac ( W h . v. O s t . / Lexer I); der beiden bäbst kalif ( A l t s w . / Lexer

i).

WB: ( 1 6 1 6 ) Caliphas «/der Mahumetischen religion Oberster Bischoff/ so zu Baldach (Babylon vor Zeiten genant) sein Residentz gehabt. Deßgleichen ist auch einer gewesen zu Alcairo, aber von Saladino Sultano auffgehebt worden» ( H E N I S C H 580); ( 1 8 1 3 ) Calif «der Titel, den die Nachkommen Muhameds, als Beherrscher der Gläubigen, oder Religionsoberhäupter führen» ( C A M P E ) ; ( I 8 6 0 ) Kalif m. «Nachfolger (und Stellvertreter) Mohammeds» ( S A N D E R S I, 854'); ( 1 9 0 7 ) Kalif ( W E I G A N D I, 967); ( 1 9 7 6 ) Kalif «a) Titel mohammedanischer Herrscher als Nachfolger Mohammeds; b) Träger dieses Titels» ( D U D E N III). A. SPR: Span, califa ( 1 2 9 5 ) ; ital. califfo ( 1 2 6 4 ) ; engl, caliph, calif (1393).

C o r o m . II, 7 6 5 ' ; Cort. I, 187 b ; O E D II, 7 8 4 b .

Karaffe N. f. »Tafelflasche« Arab. > ital. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ΕΤΥΜ: Arab. S j l j i garräfa f. od. garräf m. (im Maghreb) 'Wasserkrug', aus lackiertem Ton, in Form einer etruskischen Vase', zum Verb garafa 'schöpfen, Wasser schöpfen'. Wegen Initials -c von ital. caraffa, sowie siz. carraba 'Karaffe, Gefäß aus Tonerde' wird zur Deutung des Wortes eine Kreuzung mit pers.-arab. qaräba 'Glasfiasche' angenommen.

209

Lexikographischer Teil

S p a n , garrafa

scheint d a g e g e n direkt auf die F o r m garrafa z u r ü c k z u g e h e n .

LA 9, 623ff.; Dozy Suppl. II, 2 0 7 b u. 323 a ; Vullers II, 7 1 5 b ; Steiger ( 1 9 3 2 ) , 2 4 0 ; R F E 21, 2 3 3 - 2 3 7 ; C o r o m . III, 107 b ff.; F E W 19, 51 ''ff. [In der Hydraulik hat garraf(a) die Bed. 'Wasserschöpfrad; Schöpfeimer am Wasserrad').

V S : Frz. carafe f. (seit 1 6 4 2 ) , älter caraffa f. ( 1 5 5 8 ) „ b o u t e i l l e ä b a s e large, en verre o u en cristal", zu g l e i c h b e d . ital. caraffa ( 1 5 5 4 ) . FEW 19, 51 b ff.; D D M ,

135 a ; Cort. I, 203"; Kluge 89, 3 5 5 b ; Pfeifer I, 6 2 2 J .

D T : Seit A n f a n g des 18. J h . s bezeugt: ( 1 7 1 9 ) und praesentiret ihr zugleich die Soucoupe oder den Unter=Becher, in welche die Caraffen stehen (LünigTheatrum 1/ Brunt (1983), 179); ( 1 7 9 5 ) flugs die karaffe mit wasser gefüllt und die mächtige buttel (Voss, Luise/ DWB1 XI, 205). W B : (1813) Caraffe (CAMPE); (1860) Karaffe £ (SANDERS I, 868 1 ); ( 1 9 0 7 ) Karaffe £ (WEIGAND I, 989); ( 1 9 7 6 ) Karaffe f (DUDEN IV). [In Lexika aus dem 18. Jh. taucht das Wort (1703) als Caraffe Caraffe bei Sperander. Brunt, 179; Schulz/Basler I, 331].

Karat

bei Wächtler auf; (1727)

N . n. » E i n h e i t f ü r d i e G e w i c h t s b e s t i m m u n g von E d e l s t e i n e n

und

Gold« Arab. > mlat. > ital. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

E T Y M : A r a b . J « l j j qTrät m . ' K a r a t = etwa 0 , 2 2 bis 0 , 2 5 ' . In der arab. E n z y k l o p ä d i e , Mafätih al-'ulüm ( 1 0 . J h . ) steht unter qTrät 'das G e w i c h t von 4 G e r s t e n k ö r n e r n [...] u n d es ist das K o r n d e s syrischen hjarnQb ( o d e r barrQb = J o h a n n i s b r o t ) ' . A r a b . qTrät geht z u r ü c k a u f gr. κ ε ρ ά τ ι ο ν H ö r n chen' ein D i m i n u t i v u m zu Κ έ ρ α ς ' H o r n ' , w o b e i im G r i e c h i s c h e n d i e Sam e n des J o h a n n i s b r o t b a u m e s nach der F o r m als H ö r n c h e n bezeichnet werd e n . D a r a u s entsteht die B e d e u t u n g ' G e w i c h t s e i n h e i t ' , weil m a n gleich g r o ß e S a m e n b e i m A u f w i e g e n von G o l d , D i a m a n t e n u n d J u w e l e n als G e w i c h t v e r w e n d e t e . Dozy Suppl. II, 3 3 0 b ; Wiedemann ( 1 9 7 0 ) 1, 54, 670ff.; Kluge 89, 335b.

V S : Frz. carat m . ( 1 3 5 5 ) ' G e w i c h t e i n h e i t f ü r E d e l s t e i n e u. G o l d ' , geht entweder a u f ital. carato ( 1 2 7 8 , Venezia), carato ( 1 3 2 1 , D a n t e ) < m l a t . caratus (z.B. 1 2 6 4 , B o l o g n a ) oder direkt a u f m l a t . car(r)atus (13. Jh.) zurück.

BW, 108 b ; F E W 19, 9 4 b ; Pellegrini I, 145; Cort. I, 2 0 3 b ; Kluge 89, 3 3 5 b ; Pfeifer

I, 6 2 2 . b

D T : Seit d e m M h d . in verschiedenen S c h r e i b u n g e n z . B . gdrät (J. Titurel/ Lexer I, 738) belegt. S c h u l z / B a s l e r I, 3 3 1 u. K l u g e 8 9 , 3 5 5 b g e b e n erst d a s 16. J h . als E n t l e h n u n g s d a t u m ( M e d e r 1 5 5 8 Karat) des W o r t e s an. V g l . j e d o c h : karät (Germ.); karat (Fastn. Sp.); garat (Nürb. Chron., 14. Jh.); krit (1428 Rechenbuch im Archiv zu Frankfurt a. M.); Franck Weltb.); grat rat

crait

( 1 4 7 7 , clevisch);

( 1 5 6 3 Heidelberg. Goldschmiedeordn.);

karraten

Carat

(1534

Seb.

(Serarius);

Ka-

(Lessing). D W B ' XI, 2 0 5 f f . ; Weigand I, 9 8 9 .

W B : ( 1 7 3 4 ) Karat m. (STEINBACH 832); ( 1 7 4 1 ) Karat m. (FRISCH); ( 1 7 7 5 ) Das Karat (ADELUNG II, 1502); ( 1 8 0 8 ) Das Karat (CAMPE II, 888 b );

210

Französisch als Vermittlersprache

Karat n. (SANDERS I, 868c); (1907) Karat n. (WEIGAND I, 989); (1976) Karat n.

( D U D E N IV).

A. SPR: Span, alquilate

(1290), quilate

(1495); engl, carat (1575).

Corom. IV, 727"; O E D II, 879 1 .

Laute N. f. »Zupfinstrument mit (fünf bis) sechs Saiten« Arab. > aspan. > aprov. > afrz. > mhd.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab, j j t Od, mit Artikel al-'Od m., eigentlich 'Holz' dann metonym. 'Saiteninstrument aus Holz'. Diese Bezeichnung rührt daher, daß die Araber in vorislamischer Zeit mehrere Lauten typen hatten, deren Resonanzkörper aus Leder angefertigt waren. Als dann gegen Ende des 6. Jh.s die Laute vom Irak nach Mekka eingeführt wurde, war das besondere Charakteristikum dieses Instrumentes eben der hölzerne Korpus, weshalb es mit dem Namen 'üd = 'Holz' versehen wurde. Dozy Suppl. II, 186b; LA3, 319; EI1 IV, 1065 b ff.

VS: Afrz. leüt m. (13. Jh., im Rosenroman) (heute luth) zu aprov. laüt und dieses aus span, laiid (1343), älter alaüt (1330) und alod (1254) 'Laute'.

Vgl. FEW 19, 195"ff.;BW, 337 b ; Corom. III, 605 b ff.; Pfeifer I, 775 a .

D T : Mhd., mnd. lüte f. (Lexer I, 1995); lut, laut (Dief., i l l ' ) · Das Wort ist erst seit Anfang des 15. Jh.s mit u. ohne Diphthong reichlich bezeugt: (1. H. d. 15. Jh.s) Luten slahen, Quinternen und Gigen (Des teufels netz/ Fischer, Schwab. Wb.IV,1058); (1508) wann sie nit u f f der gassen gan (die gassentretter) / und schlagent luten vor der tür. / ob gucken weil die mätz har für (Brant, Narrenschiff/ DWB 1 XII); (1549) wir wend ouch vil kurzwil tryben / mit harpfen, luten, seitenspil (Tragoedia, Johanis/ DWB' XII, 3 7 l ) ; Vgl.: Lut f. (Mecklenb. Wb. IV, 1034). (1442) derselbigen hofierer sullen sein; einer auf der lauten, einer mit dem portativ, und einer mit der quintern (Anzeiger f. d. Kund. d. dt. Vorzeit/ DWB 1 XII). (Anf. d. 16. Jh.s) Hat ain Pfaffen bei sich gehapt ... haben beide die lauten geschlagen (Zimmerische Chronik/ Fischer, Schwab. Wb. IV, 1058); (1670) was vor lieder ich in meine laute singen solte (Simplicissimus/ DWB 1 XII); (18. Jh.) indesz auf wohl gestimmter laute wild / der Wahnsinn hin und her zu wühlen scheint, / und doch im schönsten tact sich mäszig hält (Goethe (bei Ariost)/ DWB 1 XIl). W B : (1536) Laute 'leyr' (DASYPODIUS 368b); (1561) Laut £ (MAALER a 265 ); (1691) Laute f (STIELER I, 1094); (1700) Laute f 'Liuto' (KRAMER I, 910 a ff.); Ä h n l . STEINBACH I, 1 0 0 2 ; ADELUNG III, 96; CAMPE III, 52 b ; SANDERS II 1 , 60 b ; W E I G A N D II, 31; D U D E N IV. A . SPR: Ital. liuto ( 1 4 . Jh.); e n g l , 124 a .

lute ( 1 4 . Jh.). Cort. III, 679 b ; OED IX,

Lexikographischer Teil

Lila

211

Adj. u. N. n. »Fliederblütenfarbe«

Arab. > nlat. > frz. > dt.

Μ c Ρ c Ρ

ETYM: Arab. .-UJ, d^U, viliiJ lilak , llläk , lllank auch }U iTlä 1) 'Fliederstrauch'. Letztere Schreibung findet sich bei dem arabisch schreibenden, persischen Arzt 'All ibn Rabban at-tabarT (9. Jh.). Das arab. Wort geht sicherlich zurück auf das ebenfalls in verschiedenen Schreibungen vorliegende pers. £-U, jjJlJ, 1.1 zu gJuj = iTlag, iTlang, iTlang zu nllag = nllä 'Indigopflanze' und iUJ lila „the lilac-tree". Letztere Wörter hängen etymologisch mit Sanskrit nlla, nlll und nTlinT zusammen, die, von der Bezeichnung der Farbe 'blau' ausgehend, auch die Indigopflanze bezeichn e n . Dozy Suppl. II, 562 b ; Vullers II, 1109 b ; Steingass 1135 b ; Siggel 66; Schmucker (1969), 688.

VS: Frz. lilac m. (1572), später lilas m. (1651) 'der Flieder (Syringa vulgaris)', daraus 2) lilas Adj. (1765) 'Fliederblütenfarbe'. Das Wort geht auf gleichbed. nlat. lilac zurück. Es wurde aus der frz. Übersetzung von Mattiolis Kommentaren zu Dioskurides' „Materia medica" entlehnt. Nach Mattiolis Worten wurden Name und Pflanze von Augerius de Busbeke, dem Botschafter des Kaisers Ferdinand in der Türkei nach dem Westen gebracht. Arveiller (1984), 342-343; D D M , 423 b ; FEW 19, 108 b ; G. Robert 5, 1054 b ; Trisor 10, 1223"ff.; Kluge 89, 443"; Pfeifer I, 802 a .

DT: Im 18. Jh. als 'Fliederblütenfarbe', zunächst in der adj. Zusammensetzung lilasfarben (1768), Ullafarbe (1788) bezeugt. Im 19. Jh. zu lilas Adj. (1832) gekürzt oder nach älterem Substantiv Ulla (1776), Lila (1810) gebildet. Auch als Bezeichnung für 'Flieder' ist das Wort vorübergehend in die botan. Nomenklatur unter Formen wie Lilak (1781) eingegangen. Lila (Adj.) wird umgangsprachlich übertragen als 3) 'mittelmäßig, einigermaßen' verwendet: Es geht mir lila (Duden IV). Zus.: lilafarben, lilafarbig Adj.

Schulz/Basler II, 28; Marzell IV; Pfeifer I, 802 b .

WB: (1777) Der Lilack «eine aus dem Französischen entlehnte Benennung des spanischen Holunders» (ADELUNG III, 219); (1801) Lilack «eine Eindeutschung nach gegebenem Lack» (CAMPE); (1809) Der Lilak «Holunder» (CAMPE III, I30 b .); (1863) Lila m. «1. der span. Flieder; 2. adj. und n. fliederblütenfarb; Bez. einer hell-rothblauen Farbe» (SANDERS II 1 , 141 a ); (1909) Lila Adj. «fliederblau, blaßviolett» ( W E I G A N D II, 68); (1976) Lila Adj. «fliederblau, hellviolett; (ugs) mittelmäßig, einigermaßen». Lila n. «lila Farbe, lila Aussehen» ( D U D E N IV). A. SPR: Span, lila (1765) 'color', (1902) 'nombre del arbusto'; ital. Ulla (1761) „colore", (1759) lilac, (1813) Ulla 'Flieder'; engl, lilac (1625) „Syringa vulgaris", (1791) „the colour of lilac". Corom. III, 652 a ; Cort. Ill, 673 1 ; O E D VIII, 95 c .

212

Französisch als Vermittlersprache

Limonade

N. f. »Erfrischungsgetränk'

Arab. > frz. > dt.

Μ 5t Μ = Μ

ETYM: Arab, o^v**-1 laimQn η. koll., vulg.-ar. IlmQn 'Frucht des citrus limonum, Zitrone', zu gleichbed. pers. lTmO(n). Dozy Suppl. II, 563"; Vullers II, 1109 k .

VS: Frz. limonade f. (1640) Boisson faite de jus de citron', eine Ableitung aus limon m. (1351) 'Zitrone (citrus limonium)', dieses zu gleichbed. ital. limone (14. Jh.). Vgl. D D M , 424"; BW, 370"; FEW 19, 108 b ff.; G. Rob. VI, 6"; Cort. III, 673 a ff.; Pfeifer I, 802 b ; Kluge 89, 443 b .

D T : Gegen Ende des 17. Jh.s als Limonade bezeugt und zwar in der bis zum 19. Jh. geltenden Bed. von 'Zitronenwasser'. (Vereinzelt auch Limonada (1682) nach ital. oder span, limonada): (1682) bereiten nur aus reinem Brunn=Wasser/ Canarirenzucker/ und Citronen [...] eine Limonade (Elsholtz, Diaeteticon/ Brunt, 354). [„Auf Entlehnung von afrz. limon bzw. ital. limone beruht seit dem 14. Jh. im Dt. nachweisbares spätmhd. (md.) limon, nhd. Limone f. als Bezeichnung für Zitrone, das noch heute in obd. Mundarten und in Österreich gebräuchlich ist" Pfeifer I, 802 b ].

W B : (1777) Die Limonade «ein kühlendes Getränk von Wasser, Zukker und Limonen - oder Citronen - Saft» (ADELUNG III, 220); (1863) Limonade f. «ein kühlendes Getränk aus Wasser, Zucker und Limonensaft» (SANDERS II 1 , 141 b ); (1909) Limonade f. «Zitronensaft mit Wasser» (WEIGAND II, 68); (1976) Limonade f. «insbes. kohlensäurehaltiges Getränk aus Obstsaft od. entsprechender Essenz, Zucker u. Wasser» (DUDEN IV). [In älteren Lexika aus dem 18. Jh.: (1703) Limonada 'ein Tranck von Zukker und Limonen' (Wächtler); (1709) Limonade 'ein bekanntes von Citronen verfertigtes Getränck' (Hübner). Brunt, 354; Schulz/Basler II, 29].

A. SPR: Ital. limonata (1684); span. Limonada (?); engl, (1663). Cort. III, 673 a ff.; Corom. III, 656 b ff.; O E D VIII, 820 b .

Marabu

lemonade

N. m. »Storchenart«

Arab. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. marbQt m. 'Riesenstorch (Leptopilus argala)', der in Indien und Afrika beheimatet ist. Wörtlich bedeutet marbQt gebunden, verbunden, verpflichtet', ein Partizip zu rabata 'binden'. Daraus wurde ein Substantiv mit der Bed. 'Märtyrer, Eremit, Heiliger' gebildet. Der semantische Bezug ist die Bindung des Heiligen an die Sache des Islam. marbQt (od. die Variante murabit) wurde dann aufgrund subjektiver Ähnlichkeit auf den Riesenstorch übertragen. Das Übertragungsmotiv ist das würdevolle Auftreten dieses Vogels. Dozy Suppl. I; Kasimirski I, 807; FEW 19, 131 a ff.; Arveiller (1986), 313-317. [Frz. marabout geht mit Sicherheit nicht auf die klassisch-arabische Form des Wortes marbOt od. murabi;, sondern auf eine der nordafrikanischen Aussprachevarianten wie mrabj, mrabet,

213

Lexikographischer Teil

merabOt, merbO) zurück. Bereits in den frz. Reisebeschreibungen Nordafrikas aus dem 16. J h . k o m m e n F o r m e n vor, die diese Variante widerspiegeln und die Bed. 'Heiliger' aufweisen. Erst allmählich setzte sich die F o r m marabout durch. Vgl. Arveiller ( 1 9 8 9 ) , 3 1 3 - 3 1 7 ] .

V S : Frz. marabout m. ( 1 8 1 8 ) „leptopilus, genre d'oiseaux dchassiers, qui habitent l'Afrique et l'Inde". D a s frz. W o r t ist bereits A n f a n g des 17. J h . s in der Bed. 'mohammedanischer Einsiedler, Asket' ( 1 6 0 8 ) belegt. Erst später wurde es durch Lehnbedeutung aus dem Maghrebinischen a u f den Storch

übertragen.

F E W 19, 131 a ff.; BW, 3 8 9 b f f . ; Kluge 89, 461"; Arveiller

(1986),

313-317. [Das Wort ist entgegen der gängigen M e i n u n g nicht portugiesischer Vermittlung, sondern aus dem Maghrebinischen direkt ins Französische eingegangen].

D T : (1829)

Maraboutfeder

(Börne, Dramaturg. BD; (1897)

Marabufdcher

(Fontane, Stechlin). Schulz/Basler II, 72. (Aus dem Frz. ist ebenfalls dt. Marabut Vgl. D u d e n IV].

'Mohammedanischer Einsiedler, Heiliger' entlehnt.

W B : ( 1 8 6 3 ) Marabu m. «afrikanische und indische Vögel, Riesenstorch, A d j u d a n t , dessen Schwanzfedern als K o p f p u t z für D a m e n verwendet werden» (SANDERS II1, 239'); (1976) Marabu m. «In Afrika od. Südasien heimischer, großer Storch, weiß mit dunklen Federn a u f dem Rücken, mit mächtigen Schwingen, einem großen kräftigen Schnabel u. meist kropfartigem, aufblasbarem Hautsack unter der Kehle» (DUDEN IV). A . S P R : S p a n , marabü ( 1 8 8 4 ) ; ital. marabü. ( 1 8 5 5 ) ; engl, marabou (1826).

C o r o m . IV, 135 b ; C o r t . III, 717 b r ff.; O E D IX, 3 5 3 ' .

Maroquin

N . n. u. m. »narbiges, gefärbtes feines Leder«

Arab. > frz. > dt.

Μ * Μ = Μ

E T Y M : Arab. ^ MarrakuS 'eine Stadt im Süden M a r o k k o s , Marrakesch', die im Mittelalter mehrmals Hauptstadt war, und wonach zeitweilig das ganze L a n d benannt wurde, ergab im Span. Marruecos ' M a r o k k o ' , woraus dann gleichbed. afrz., frz. Maroc entstand. Vgl. mhd. Maroch bei Wolfram von Eschenbach.

Vgl. EI1 III, 321"; FEW 19, 121 b ff.; Kunitzsch (1974),

20 u. Anm. 4 5 .

V S : Frz. maroquin m. ( 1 4 9 6 ) „Peau de chfcvre, de bouc et, par ext., de m o u t o n tannde au sumach et ä la noix de galle, teinte et souvent grain^e" (G. Rob. V). D i e Form des Wortes wurde entweder aus Maroc, der französischen Bezeichnung für M a r o k k o , als Herkunftsbezeichnung des hier in Frage k o m m e n d e n Leders abgeleitet oder aus span, maroquin Adj. 'zu M a rokko gehörig' entlehnt.

FEW 19, 121'ff.; BW, 393 b ; D D M , 447 b ff.; Battisti II,

2729a.

D T : ( 1 7 2 7 ) Marroquitl, 'Corduan - Leder' (Sperander/ Schulz/Basler II, 77); (19. Jh.) 'Unechter Maroquin (aus Schaffellen)' (Karmasch/ Sanders II1, 244).

214

Französisch als Vermittlersprache

WB: (1801) Maroquin «ein ursprünglich türkisches, jetzt aber auch in andern Ländern, z.B. in England, mit Sumach oder Galläpfel-Lauge gahr gemachtes und hiernächst gefärbtes Leder» (CAMPE 98"); (1863) Maroquin m. «auf der Narbenseite gefärbtes Ziegenleder' (SANDERS II 1 , 244"); (1909) Maroquin m. 'narbiges, gefärbtes Ziegenleder» ( W E I G A N D II, 134); (1976) Maroquin «(der, auch das): feines, genarbtes Ziegenleder» ( D U D E N IV). A. SPR: Ital. marocchino (1554); span, marroqui (119. Jh.); engl, maroquin (1511). Cort. III, 723 b ; Alanso II, 2729"; O E D IX, 393 c .

Matt Interj. u. N. n. »(Schachspiel): besiegt!, das Ende der Schachpartie« Arab. > kat. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. oL. mät, Schachspielterminus 'im Verlust, hilflos, besiegt sein', geht auf gleichbed. mper. mat Adj. (zu mand, manad, manTd) zurück. Das Wort kommt im Rahmen des Schachspiels häufig gekoppelt mit Jäh 'König' als Säh mät 'Schach (und) matt, oder Schachmatt' vor, wobei Säh eine Anrede od. einen Ruf an den matt zu setzenden König darstellt. Da aber im Arabischen pers. mat mit dem genuin arab. mat 'gestorben', zu mata 'sterben', lautlich und z.T. auch semantisch zusammenfällt, wird der Schachspielterminus iah mat des öfteren als 'der König ist gestorben' interpretiert. Dozy Suppl.I, 717"; Vullers III, 111; Wieber (1972), 337; Sguaitamatti-Bassi, S. 68ff.

VS: Frz. mat (als Schachspielterminus) (seit 12. Jh.) „se dit du roi qui est en dchec sans pouvoir y 0chapper, ce qui determine la perte de la partie"; frz. mat m. „coup par lequel le roi est mat!". Nach SguaitammatiBassi (1974), S. 73, ist das frz. Wort aus dem Kat. entlehnt. FEW 19, 123"; Pfeifer II, 849 b ; Kluge 89, 467".

D T : (Im Schachspiel): Mhd. mat (seit 12. Jh.) > nhd. matt, wird entweder isoliert oder in der Wendung mhd. schäch unde mat > nhd. Schach und matt bzw. zusammengezogen mhd. schächmat > nhd. Schachmatt ausgerufen, um anzugeben, daß der Gegner in der Schachpartie besiegt wird: so sprichet mir diu sorge mat! (Lexer I, 2060); 'Sittah: Schach! Schach! und Schach! Saladin: und matt!' (Lessings N a t h a n / D W B 1 XII). Auch übertragen: daz er der kristenheit sagt mat (Lohengrin/Lexer I); di sprach er: ο du veile statt, / wie werstu so bald schock und matt, /wann du ein koufman hettst allein (S. Brant, Narrenschiff/DWB 1 XII, ebd.). Das Wort wird auch in adjektivischen Wendungen (sowohl in Bezug auf das Schachspiel als auch übertragen, in der Bed. 'besiegt') gebraucht: Si hant das spil verloren und er eine tuot in allen mat (Walther von der Vogelweide/Adelung III, 403); Kein ZUg des Schicksals setzt mich matt: /matt werden kann ja nur der könig! (Freiligrath/DWB 1 XII). Als Substantiv: mhd. mat m. > nhd. Matt n. 'Das Ende einer Schachpartie bedeutende Stellung, bei der die Bedrohung des Königs durch keinen Zug mehr abgewendet werden kann': do mohte ir etelichem mat werden aller siner spil' (Biterolf und Dietleib/Lexer I); (flg. nur im Mhd.): dä vant ich schäch

215

Lexikographischer Teil

und mat an magern stolzen erzwingen ( D u d e n I V ) . [Frz. mat > dt.

matt

wib

(Meister Altswert/Lexer

ein baldiges

Matt

in der B e d . ' k r a f t l o s , g l a n z l o s , m ü d e , s c h w a c h ' w i r d in der frz. L e x i -

k o g r a p h i e a u f lat. mattus

„ h e m e c t u s , e m o l l i t u s , s u b a c t u s " ( I s i d o r v o n Sevilla) z u r ü c k g e f ü h r t

u n d folglich u n a b h ä n g i g v o m

matt

des S c h a c h s p i e l s b e h a n d e l t . D a h i n g e g e n w i r d d a s W o r t

in d t . W ö r t e r b ü c h e r n als s e k u n d ä r e E n t w i c k l u n g z u m zusammen

1);

mit diesem

lexikographisch

b e i d e n V e r w e n d u n g e n von

matt,

dargestellt.

matt

des Schachspiels betrachtet u n d

I n f o l g e der

Bedeutungsberührung

der

b e s o n d e r s w e n n d a s W o r t n o c h in Z u s a m m e n h a n g

mit

d e m S c h a c h s p i e l ü b e r t r a g e n g e b r a u c h t w i r d , ist d i e dt. H y p o t h e s e n i c h t v o n der H a n d zu weisen. Ein Einfluß des Schachspielterminus auf das andere

matt

ist j e d e n f a l l s n i c h t a u s z u -

s c h l i e ß e n , s e l b s t w e n n d a s W o r t i m letzteren G e b r a u c h l a t e i n i s c h e r H e r k u n f t s e i n Vgl. F E W

19, 123"; B W , 3 6 9 b ; G . Robert VI; Kluge 89, 467"; D W B

12, 1 7 5 7 ;

sollte. Duden

IV].

W B : (1571) Matten (Schach)matt (STEINBACH 403ff.); Ä h n l . DEN

(ROTH II, 3 1 ) ;

(1621) (1777) Matt

328");

C A M P E III, 2 2 8 " f f ; S A N D E R S

Matt ( S T I E L E R II); ( 1 7 3 4 ) adj. u. adv ( A D E L U N G I I I ,

II1, 257"ff.; W E I G A N D

II, 1 4 5 f f . ;

DU-

IV.

A. S P R : Ital. mhtto

( 1 3 0 6 ) ; engl, mate ( 1 3 3 0 ) ; span, mate

(13. J h . ) .

C o r t . III, 7 3 2 " ; O E D I X , 4 6 2 " ; C o r o m . III, 8 7 8 " f f .

Musselin

N . m. »feines leichtes Textil aus Wolle oder Baumwolle«

A r a b . > ital. > frz. > d t .

Μ = Μ

E T Y M : Arab. mausilT m. 'ein feines Baumwollgewebe' sil 'Mosul', der irakischen Stadt am Tigris, wo dieser S t o f f wurde. Beim Ubergang des Wortes ins Italienische wurde das gehörigkeitssuffix -T von mausilT durch die italienische E n d u n g frz.

> dt.

ine

-in

ersetzt.

= Μ

aus Mauhergestellt arab. Zu-ino, -ina

D o z y S u p p l . II, 8 1 3 b ; E I 2 V I , 8 9 9 " f f . ; B W , 4 2 1 b ; F E W

19,

129b. [Bereits M . P o l o ( 1 2 9 8 ) b e r i c h t e t e v o n d e m hier in F r a g e k o m m e n d e n S t o f f , d e n er afrz. mosolin

n a n n t e . D a s o b e n a n g e f ü h r t e frz. mousselinc

d e m Italienischen d a r . D e r Musselin

stellt a b e r eine n e u e E n t l e h n u n g

aus

w u r d e w a h r s c h e i n l i c h erst s p ä t e r d u r c h d e n v e n e z i a n i -

s c h e n H a n d e l m i t der L e v a n t e n a c h W e s t e u r o p a g e b r a c h t . D i e s k a n n a n h a n d einer lateinischen T e x t s t e l l e a u s d e m J a h r e

1 5 2 1 (von A n d r e a A l p a g o ) u n t e r s t ü t z t w e r d e n :

,j\lmusoli,

est regio in M e s o p o t a m i a , in q u a t e x u n t u r telae ex b o m b y c e , v a l d e p u l c h r a e , q u a e

apud

S y r i o s , et a p u d M e r c a t o r e s V e n e t o s , a p p e l l a n t u r M u s s o l i , ex h o c r e g i o n i s n o m i n e "

Cort.

III,

788b],

V S : Frz. mousseline m. ( 1 6 5 6 ) „toile de coton tr£s claire et tres fine" ist eine Entlehnung des gleichbed. (etwas später bezeugten) ital. mossolina, -no

(1674).

F E W 19, 1 2 9 " f f . ; B W , 4 2 1 b ; D D M , 4 8 0 b ; C o r t . I I I , 7 8 8 b ; P e l l i g r i n i I, 1 1 4 ;

D a r d i ( 1 9 8 1 ) , 2 2 ; Pfeifer II,

902b.

D T : Im 18. Jh. bezeugt, zunächst in der frz. Schreibweise Mousseline (1715) dann Musselin (1771); vgl. noch ( 1 7 8 9 ) von feinem Mousseline ( J o u r nal der M o d e n 111/Schulz/Basler II, 1 6 7 ) ; (18. Jh.) was kümmerts ihn, ob unsere Weiber in gröberen oder feineren Musselin, in Seide oder Wolle gekleidet sind? (Wieland/

DWB1

XII).

216

Französisch als Vermittlersprache

WB: (1801) Mousseline 'Nesseltuch' (CAMPE 113"); (1863) Musselin (SANDERS II 1 , 353 b ); Ä h n l .

m.

W E I G A N D II, 242; D U D E N IV.

[In Lexika aus dem 18. Jh.: (1714) Moussclin bei Wächtler; (1713) Mousseline (ist ein aus weißer Baum-Wolle sehr klar leicht und zart verfertigtes Gewebe, so dem Frauenzimmer zu Halßtüchern [...] und andern Putz dienlich ist) in Amaranthes Frauenzimmerlex. Zit. in Schulz/Basler II, 167].

A. SPR: Span, muselina (1765); Engl, muslin (1609). Corom. IV, I95"fif.; O E D X, 134 b .

Orange

N. f. »Apfelsine«

Arab. > ital. > aprov. > frz. > dt.

Μ * Μ = Μ

ETYM: Arab. i^j.jL·. näranga f. (närang n. koll.) 1) 'Frucht von citrus aurantium, bittere Apfelsine' zu gleichbed. pers. närang. Wehr 1240", 1260"; Dozy Suppl. II; Dozy Gl. 324; Lokotsch 1555.

VS: Frz. orange f. (1393), älter ist die zusammengesetzte Form pomme d'orange (1300), zunächst 'bittere Apfelsine (citrus aurantim amarum)', dann ab dem 16. Jh., als die Portugiesen die süße Sorte dieser Frucht aus China in Europa einführten 2) 'süße Apfelsine (citrus aurantium dulce)'. Das Wort geht zurück auf aprov. auranja, dessen Initial au- gegen älteres a- in arange (1373) ausgetauscht wurde, wahrscheinlich unter dem Einfluß der südfranzösischen Stadt Orange. Die aprov. Form beruht wiederum auf ital. arancio (14. Jh.) < siz. aranciu mit deglutiniertem n- des arab. naranga. (Dagegen ist das n- in lomb. naränz und venez. naranza erhalten geblieben). In mlat. Dokumenten aus Sizilien sind die Formen arangeriis (1094), arangia (12. Jh.) bezeugt. Vgl. arangus pomum (1256-60 bei Albertus Magnus). Vgl. FEW 19, 138"ff.; BW, 447"; Kluge 89, 518"ff.; Pfeifer II, 953'ff.; M L W I, 853ff.; Pellegrini (1972) I, 117; Pellegrini (1989), 70; Caracausi (1983), Nr. 21a u. 21b.

D T : Im 17. Jh. bezeugt, zunächst im md. u. südd. Raum als orangen apfel (1677), dann einfach Orange (1703). Das Adj. orange 'orangefarben' (1. Η . 17. Jh.) wurde nach gleichbed. frz. orange gebildet. Ebenfalls aus dem Frz. ist dt. Orangerie (1703) entlehnt. Vgl. Pfeifer II, 953"ff.; Schulz/Basier II, 259ff.; DWB 1 , 1315; Jones, 470; Brunt, 399ff. [Mit Orange etymologisch verwandt sind die früher im Deutschen belegten arans (14. Jh.), Arancen (16. Jh) zu it. arancio, arancia; in Norddeutschland oranyge appele (Anfang 15. Jh.), Oranienapffel (1655) aus mnl. appel van arancen, aryangen, aranie(n)-appel, nl. oranje (appel); Pomcrantz, Pomerantze (15. Jh.) zu mlat. pomum Arantiae, pomerancium. Pfeifer II, 953"ff.; Kretschmer (1962), 82-89].

WB.: (1801) Orange «Pomeranze» (CAMPE 48); (1980) Orange ( D U D E N V).

A. SPR: Span, naranja (15. Jh.); engl, orange (1387). Corom. IV, 212b; O E D X, 887"ff.

217

Lexikographischer Teil

Papagei N. m. »ein buntgefiederter tropischer Vogel« Arab. > aprov. > afrz. > mhd. > nhd.

Μ c: Ρ c

Ρ

ETYM: Arab. 'IV^ babbagf, vulg.-ar. babbaga, babgä m. 1) 'Papagei'. Die weitere Herkunft des Wortes ist unbekannt: „Da der Papagei in Arabien nicht vorkommt und ind. Herkunft sich nicht erweisen läßt, kann Anknüpfung an westafrik. pampakei erwogen werden" (Pfeifer II, 967 b ). Westeuropäische Entsprechungen zeigen Entsonorisierung des b > p, die schon im Arab, stattfand (vgl. magr. papagds) sowie die Endung -gai, die als Angleichung an rom. gai 'Hahn' betrachtet wird. Blachire I, 358"; Dozy Suppl. I, 50"; F E W 19, 15".

VS: Frz. papegai m. (12. Jh.) 'perroquet' > aprov. papagai (12. Jh.); 2) 'Schützenvogel'. („Falls mhd. papegän, papigän nicht als eine mit den Kreuzzügen erfolgte direkte Entlehnung aus Arab. bzw. Mgriech. angesehen werden kann, ist, wie für nhd. Papagei (15. Jh.), Vermittlung von afrz. papegai, papegaut anzunehmen" (Pfeifer II, 967 b ). FEW 19, I4 b ff. ; B W 478'; D D M 530 1 ; Kluge 89, 525 k .

D T : Mhd. papegän (13. Jh., Gottfried v. Straßburg, Tristan/ Lexer II, 202), papigätl (Konrads v. Würzburg Trojanischer Krieg/ Lexer II, ebd.). Papagey, papegey; papagoy, papegoy (Dief. 407 a ; Nov. Gl. 308"). Neben den mhd. Belegen ist das Wort seit frühnhd. Zeit sowohl in schöngeistiger Literatur als auch in Reisebeschreibungeii, im Fachschrifttum sowie in den Mundarten reichlich bezeugt: Papagei (16. Jh., Zimmerische Chronik); papagay (H. Sachs); Papegey (Simplicissimus); papogay (Stoppe); papagay (Goethe); papagei (Brehm, Thierleben 1878). Dazu Schultz/Basier II, 316ff; DWB 1 XIII); Papage, Bappegei (Schweizer Idiot. IV, 1415); bab\gae (Fischer, Schwab. Wb. I, 625); Papegoye (Mecklenb. Wb. V, 302). Seit 16. Jh. wird Papagai in übertragener Bed. 3) 'schwatzhafter Mensch' (gemäß dem Nachplappern dieses Vogels) verwendet: Vgl. (1831) Bist du etwa ein gelehrter Papagei der die alten Lieder auswendig gelernt hat und pedantisch nachplappert? (Heine, Italien/ Schulz/Basler II, 317"). Nach frz. Vorbild kommt dt. Papagei 'Schützenvogel aus Holz od. Pappe' schon Mitte des 13. Jh.s, zunächst in Oberdeutschland, vor. Vgl. Schulz/ Basler II, 3 l 7 b . WB.: (1536)

Papagey

(DASYPODIUS 390 b ; (1561) MAALER 315 b );

(1691)

(1734) Papegey ( S T E I N B A C H II, 165); (1700) Papagey b Papagoy (KRAMER II, 179"); (1741) Papegay (FRISCH II, 38 c ); Papagei ((1809) C A M P E III, 581"; (1861) SANDERS II 1 , 496 c ); (1909)

STIELER II, 1405; (1777) A D L U N G III, 955));

W E I G A N D II, 367; (1980) D U D E N V.

A. SPR: Span, papagayo (1251); ital. pappagällo (1292); engl, popinjay (1310). Corom. IV, 384 b ff.; Cort. IV, 875"; O E D XII, 118"

218

Französisch als Vermittlersprache

Razzia N. f. »polizeiliche Fahndungsaktion« Arab. > frz. > dt.

Μ c Ρ c Ρ

ΕΤΎΜ: Maghr.-ar. i j j l i gäzia f. 1) 'Kriegszug, Beutezug, Überfall' ist die algerische Form des gleichbed. arab. i j ji. gazwa, n. unit, von gazw, zu gazä 'Kriegszug, Beutezug, Überfall unternehmen'. Zur Zeit der islam. Eroberungen wurde gazwa speziell als 'Kriegszug gegen Ungläubige' verwendet. Wehr 915"; Dozy Supp II, 212 b ; Kazimirski II, 465 b ff.; EI 2 II. [„Im ganzen Lauf der arabischen Geschichte waren kriegerische Raubzüge untrennbar mit dem Beduinenleben verbunden, gehören aber heute wohl [...] der Vergangenheit an. Ihr Anlaß war zwar oft die bloße Lust an Kampf und Plünderung, meist aber der Mangel an Nahrung für Menschen und Vieh nach einem regenarmen Winter. Nach dem Ehrenkodex der Wüste galten solche Einfalle in die Gebiete benachbarer Stämme oder Dörfer als ritterlicher Sport und als Einnahmequelle, der nichts Entwürdigendes anhaftete" LAW 884-885.]

VS: Frz. razzia f. (1841) 'Streifzug, Beutezug', eine Entlehnung aus dem Alger.-Arab, während der frz. Kolonialzeit. 2) (Übertr.) 'Fahndungsaktion der Ordnungsbehörden (nach verdächtigen Personen)' (1845). In diesem Gebrauch ist das frz. Wort heute veraltet, stattdessen wird rafle verwendet. FEW 19, 53'; Arveiller (1976), 96-97; Tresor 14, 445'; G. Rob. 8, 67; Kluge 89, 585 b ; Pfeifer II.

DT: Um die Mitte des 19. Jh.s als 'Beutezug. Streifzug' bezeugt, und zwar zunächst auf arab. Verhältnisse (bzw. auf Aktionen frz. Truppen in Algerien), dann auch auf deutsche Verhältnisse bezogen. In dieser Verwendung ist Razzia heute außer Gebrauch. (1844) Alle diese verschiedenen Stammeskontingente wurden zu „Razzias" (Ghazzias) aufgeboten, welche nichts weiter als militärische Exekutionen zur Eintreibung rückständiger Steuern waren (Decker, Algerien/ Schulz/Basier III, 171); (1852) die baierischen Razzia's gegen die alte Reichsstadt Ulm (Prutz' Musem/ Schulz-Basler III, 171); (1924) Der Scheich führt den Stamm im Kriege und bei den Razzias (Littmann 1924, 67); (1929) Die Araber nennen diese Form ihrer Kriege, d.h. einen solchen Raubüberfall „Razzia" (Darrd, Bauerntum/ Schulz-Basler III, 171). In der zweiten Hälfte des 19. Jh.s wurde Bed. 'polizeiliche Fahndungsaktion' rezipiert: (1857) Wer die blühende literarische Epoche Frankreichs unter dem Regime Louis Philippe's hier gesehen hat, muss erstaunen über die Napoleonische Razzia, die am meisten und vollständigsten an den schreibenden und schaffenden Geistern der Franzosen vollbracht worden ( M ü n d t , Pariser Skizzen/ Schulz/Basler III, \7\); (1976) eine Razzia veranstalten, durchführen; eine Razzia machen (Duden V). Das Wort wird in der Gegenwart metonymisch auf 3) 'Gruppe von Polizisten, die eine Razzia machen' übertragen: kommt mal früh morgens so 'ne Razzia, und schon ist man weg (Aberle, Stehkneipen/ Duden V).

WB.: (1863) Razzia f. «Plünderungszug» (SANDERS II 1 , 667); (1909) Razzia f. «Plünderungs-, Streifzug» ( W E I G A N D II, 543); (1980) Razzia f. «1. großangelegte überraschende Fahndungsaktion der Polizei in einem be-

Lexikographischer Teil

219

s t i m m t e n Bezirk. 2. G r u p p e von Polizisten, die eine Razzia m a c h t »

(DU-

D E N V). A . S P R : Ü b e r d a s F r z . : E n g l . razzia razzia

(1936).

( 1 8 2 1 ) ; i t a l . razzia

(1895);

span.

O E D XIII, 246 c ff.; Cort. IV, 1038"; Corom. IV, 802 b .

S a f r a n N . m. »Gewürz- und Heilpflanze (Crocus Arab. > ital. > frz. > dt.

sativus)« Μ = Μ = Μ

E T Y M : Arab, ο1 za'farän m . ' S a f r a n ' , e n t s p r i c h t g r . Κ ρ ό κ ο ς . Wehr 524'; Dozy Suppl. I, 593"; Schmucker Nr. 349. [„Die Pflanze ist das wohlbekannte Crocus sativus L. u. Var., Safran, Iridaces, dessen getrocknete Narbenschenkel das Gewürz enthalten" Dietrich II, 107ff.]. V S : F r z . safran ital. zafferano Italien:

m. (12. Jh.) „Crocus sativus", entweder aus

( 1 4 . J h . ) , v g l . siz. zafarana

safrani

( 1 1 5 6 in G e n u a ) ;

( 1 2 9 1 in B o l o g n a ) ; übernommen.

saffranum

gleichbed.

u n d in m l a t . D o k u m e n t e n

zaffdranum

( 1 2 8 6 in P i s a ) ;

aus

zaffaranum

( 1 3 4 0 in R o m ) oder direkt aus d e m

Mlat.

FEW 19, 202'ff.; BW 568 b ; Pellegrini (1972) I, 118, 196, 434; Cort. V,

1 4 6 Γ ; Kluge 89, 613'; Pfeifer II, 1156'. [Im Garn. 787 b und D D M 664' wird frz. safran auf mlat. safranum zurückgeführt. Jedenfalls können die roman. u. mlat. Formen des Wortes, die im Gegensatz zu span, azafran kein initiales a- aufweisen, als Vertreter des italienischen Typus betrachtet werden. Der Safran wurde von den Arabern sowohl in Andalusien als auch auf Sizilien angebaut. Im 12. Jh. war die Toskana, wo sich die Safrankultur schon früh einbürgerte, die Hauptexportlandschaft dieses Produktes nach Frankreich, Deutschland und sogar auch nach dem Orient. Vgl. FEW 19, 202 b u. Anm. 8], D T : B e r e i t s i m M h d . b e l e g t : a) als F ä r b e m i t t e l : ( 1 3 . J h . ) ein site danne

gränjdiu

würz:

ich bin

ander man!

der safrän

hät

kreftigen

wider

darumb

roster

(Tristan/ DWB 1 XVI); b ) a l s

(Meisterl./ DWB 1 XIV); c) als H e i l m i t t e l : ( 1 4 . J h . ) und

vische

safrAn

und

ze Sterken

der

dann

än pfeffer

und

ein

gelwer

erkennen

kan/

ist er guot

άη die

des magen

Ge-

safferän kraft

ze

krankhait

(Megenberg/ DWB 1 XIV). Lexer II. WB.:

(1536)

Saffian (der)

(DASYPODIUS 403 b ); ( 1 5 6 1 )

(1691)

Safran

(1777)

Der

(1909)

Safran

m. (WEIGAND II, 637); ( 1 8 6 5 )

(1980)

Safran

m.

Saffian

(STIELER III, 23 ); ( 1 7 4 1 ) " Saffian (ADELUNG III, 1565); ( 1 8 1 0 )

Der

Safran

Safran

(MAALER 3 4 l b ) ; (FRISCH II,

14l c );

(CAMPE IV, 9 b );

m . (SANDERS II 2 , 834 c );

( D U D E N V).

A . S P R : S p a n , azafrän ( 1 2 5 6 ) ; port, rom. I, 430'ff.; O E D XIV, 362'.

agafräo-,

e n g l , saffron

S a t i n N . m . » S e i d e n s t o f f mit glatter, glänzender Arab. > frz. > dt. E T Y M : Arab.

Saffian

b

^ ^

j zaitQnT m . ' S e i d e n s t o f f

(1200).

Co-

Oberfläche« Μ = Μ = Μ

ist a b g e l e i t e t a u s

ZaitQn,

d e m arabisierten N a m e n der c h i n e s i s c h e n S t a d t Z i t o n g (in alter U m s c h r i f t T s e u - t h u n g ) , w o d e r S t o f f u r s p r ü n g l i c h h e r g e s t e l l t w u r d e . Dozy Suppl. 1,617".

220

Französisch als Vermittlersprache

VS: Frz. satin m. (1387) „Stoffe de soie fine et l u s t r e " , gilt wie die Varianten satain (1361), sattin (1408), zatin (1351) als Vereinfachung des afrz. zatouin (1350), das der arab. Form am nächsten kommt. FEW 19, 206 a ff.; BW, 574'; Pfeifer II, 1167 . [In D D M 67 l a wird dagegen frz. satin auf das Zusammenwirken der entsprechenden span. aceituni und ital. sctino zurückgeführt. Vgl. auch Kluge 89, 618].

D T : Mhd. satin m. (Krone/ Lexer II, 612); (1572) vier schbner decken von geblümeten Satin (Von der Schiffart und Raiß jn die Tiirckey/ Z f d W 15, (1913), 208 b ); (16. Jh.) der selbig (die fahne) war von lauter flecken,/ als parchat, atlas, satin (Η. Sachs/ DWB1 XIV); (18. Jh.) man sieht, durch der natur geheimniszreiche kraft,/ gewachsten altlas hier, und dort gewachsten tafi,/ gefärbten damast dort, sammt, moor, brocad, satin (Brockes/ DWB 1 XIV). WB.: (1741) Satyn «bey den Webern, eine Art wollener Zeuge» (FRISCH II, I51 b ); (1777) Der Satin «eine Art halbseidener Zeuge» ( A D E L U N G III, 1603); (1865) Satin «Atlas, verallgemeinert: ähnliche glatte Gewebe» (SANDERS II 2 ); (1909) Satin m. «leichte Art Atlas» ( W E I G A N D II, 652); (1976) Satin m. «Stoff in Atlasbindung mit glatter, glänzender Oberfläche» (DUD E N V).

A. SPR: Span, aceituni (14. Jh.); ital. satin (1835), älter satino (17. Jh.); engl, satin (1603), älter satyn (1369). Corom. I, 32 a ; C o « . V, l l 3 1 a ; Battisti V, 3468 a ff.; O E D XIV, 499 a ff.

Sofa

N. n. »Sitzmöbel«

Arab. > türk. > frz. > dt.

Ρ * Μ = Μ

ETYM: Arab, ü - » $uffa f. (steinerner) Vorsprung; Estrade; Sims' (Wehr 715 a ); 'Steinbank vor einem Haus oder vor einer Moschee'; 'Sattelkissen' (Kazimirski I, 1343 b ); die Bed. 'Sofa' ist nach Dozy Suppl. I, 834", relativ modern. Sie stellt wahrscheinlich eine Lehnbedeutung aus dem Türkischen dar. Aus arab. suffa > türk. sofa u.a. 'Sofa' (Steuerwald 836 b ). VS: Frz. sofa (älter sopha) m. (1657) „Lit de repos ä trois appuis, servant aussi de si£ge" (G. Rob. 8, 8 i 4 a ) . Das bereits im 16. Jh. in Aufzeichnungen von Reisenden und Historiographen des Orients aus dem Türkischen übernommene frz. sopha (1560), sauphat (1610); Sopha (1624); saufa (1626); chaufa (1665); Saffa (1671); sofa (1672) wurde zunächst nur in bezug auf die typisch orientalische Saloneinrichtung, im Sinne von 'erhöhtes, mit Teppichen und Kissen belegtes Podium als Sitz- und Ruheplatz (orientalischer Fürsten)' verwendet. Der orientalische Sofastil beeinflußte aber auch das gepolsterte Ruhebett der französischen Wohnzimmer und ab Mitte des 17. Jh.s konnte die Bezeichnung Sofa auf das modifizierte europäische Möbelstück übertragen werden. Sie ersetzte im 18. Jh. das Wort canapi. Vgl. FEW 19, 161*; BW, 595 a ; D D M , 697 a ; Pfeifer II, 1304"; Kluge 89, 677 b ; Arveiller (1990), S. 78ff.; Feulner (1980), 145; Du Mont's Lex.Möbel (1982), 135 b .

Lexikographischer Teil

221

D T : Seit Ende des 17. Jh.s durchgehend belegt, zunächst auch in den Schreibformen Soffa und Sopha (m. u. n.). Das W o r t wurde zuweilen scherzhaft für 'Lotterbett' gebraucht: (1780) Hab Mitleyden! Ein Poet hat kein Sopha, nur 'nen Strohsack. Schläft sich herrlich drauf, wenn man ein gutes Gewissen hat (Schubart, Originalien/ Schulz-Basler IV, 248); (1781) ist das der sofa, wo ich an ihrem halse in wonne schwamm?

(Schiller, Die Räuber/ DWBl

XVI); (Wieland) (er) lag, in der Stellung einer gesunden und vergänglichen ruhe nach der arbeit, auf dem obersten platze des sofa's. (DWB1 XVI); (1875) Sopha — wenn man das harte Lotterbettchen, über dessen zerfetzten Bezug ich meinen alten Plaid gebreitet hatte, so nennen mag (Hopfen, Juschu/ Schulz-Basler II, ebd.); (Süddt. Ztg. 23. 7. 1951) Vorstellung von einem alten, gemütlichen Kuschelsofa und einem krisenfesten Brotzeittisch (Schulz/Basier II, ebd.). WB.: (1801) Sofa «in Scherz oder Spott, das Lotterbett; sonst Polsterbett, der Polstersitz» (CAMPE 237'); (1865) Sopha m. «Art türk. Kanapee. [...], zum Schlafen dienend, nam. aus einem Polstersitz in eine Art Bett umzuwandeln» (SANDERS II 2 , 1120*); (1909) Sofa n. «türkische Polsterbank zum Ruhen.» ( W E I G A N D II, 881); (1980) Sofa n. « [...], bequemes Sitzmöbel mit Rücken- u. gewöhnlich mit Armlehnen, dessen Sitzfläche Platz für mehrere Personen bietet» (DUDEN V). [In älteren Lexika taucht das Wort schon 1694 bei Nehring (Manuale) als soffa auf. Vgl. (1715) Amaranthes Frauenzimmer-lex.: Soffa, ist bey denen Morgenländern eine gewisse art von betten, welche in denen säälen und cammern längst den mauren und an den fenstern von einer wand zur andern gehen, um darauf zu sitzen oder zu liegen; Im Frauenzimmer-lex. von (1773) steht aber: bey uns nennt man heut zu tage sopha eine nachahmung der morgenländischen sophas, die nichts anders ist, als eine art von niedrigerm canapee ohne rückenlehne, dessen sitz und kissen willkührlich, entweder mit haaren und Stahlfedern, oder auch mit eyderdunen angefüllt sind. Man findet dergleichen hin und wieder in den Wohnstuben und in den visiten-zimmern. Zit. in D W B 1 XVI].

A. SPR: Ital. sofä(1579) als 'orientalische Ruhe- u. Sitzbank', (1764) als 'europäisches Möbelstück'; engl, sofa (1625) als orientalische Ruhe- und Sitzbank', (1717) als 'Couch'; span, sofä (19. Jh.) nur in der Bed. 'Couch'. Cort. 5, 1220'; O E D XV, 926'; Corom V, 291'.

Talk N. m. »ein Magnesiumsilikat« Arab. > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. jiA» talq m. 'Glimmer, Marienglas'. Dozy Suppl. II, 57'. Wegen seines Glanzes spielte talq eine große Rolle bei den arabischen Alchimisten. In der ältesten arab. Enzyklopädie Mafatih al-'ulQm (10. Jh.) wird talq wie folgt definiert: „Seine Arten sind der, der aus dem Meere, und der, der aus dem Jemen, und der, der vom Berge stammt. Wenn er zerbrochen wird, so spalten sich sehr dünne Blättchen ab, die flimmern (leuchten)" (Wiedemann (1970) I, 710). [In der mlat. wiss. Literatur taucht es schon im „Liber Sacerdum" (10. Jh.) als Talch auf; im Clavis sanationis (1290) Simons von Genua ist es als Talk belegt. Die späteren Belege bei

222

Französisch als Vermittlersprache

den Humanisten wie Agricola und Mattiolus gehen mit Sicherheit auf mlat. Quellen zurück. In dieser Hinsicht kann sowohl frz. talc als dt. Talk durch das Mlat. vermittelt worden sein. Vgl. Goltz, 279, 327].

VS: Frz. talc m. (1518) 'Silicate naturel de magr^sium' (G. Rob. IX). FEW 19, 180 b ; B W 62 l b ; D D M 730"; Kluge 89, 720 a . [„Auf die latinisierte Form (mlat. talcum, talcus) geht Talkum T a l k als Streupulver, (16. Jh.) zurück" Pfeifer II, I409 b ].

n. 'Talk', bes. feiner weißer

DT: Seit Anfang des 16. Jh.s bezeugt, zunächst (1526) bei Paracelsus als talk (Weimann, DWF, 406); (1557) Talck (Bechius Übers, von Agricolas Bermannus (1530)/DWB' XXI); (1574) Talkum/Talck (Berliner Taxe/ Goltz, Anm. 329, 280); (17. Jh., bei Olearius in neulat. Form): es wird an etlichen orten spat, talkum und Marien-glasz gefunden (Pers. Reisebeschreibung/ DWB 1 XXI); (1813) der weisze talk wird zur bereitung von schminke und pastellfarben, und zum polieren verwendet (Oken/ DWB 1 XXI); (1989) Talk 'Weit verbreitetes Magnesiumsilicat [...], dessen dichtere Aggregate Speckstein heißen (Römpps Chem.Lex. 6).

WB.: (1700) Talckl Talk m. «[voce forestiera] Talco, Pietra specolare» (1780) Der Talk «eine thonartige Steinart, welche aus glänzenden Schuppen von ungleichen Flächen bestehet, und sich fettig wie Talg anfühlen lasset» (ADELUNG V, 9 0 6 ) ; Ähnl. (1810) CAMPE IV, 771"; (1865) SANDERS II2, 1283"; (1909) WEIGAND II, 1021; (1981) Talk m. (als Mineral) und Talkum η. «1) latinisierte Form zu Talk; 2) feiner, pulverisierter weißer Talk, der u.a. zur Herstellung von Pudern verwendet wird« (KRAMER II, 1050 1 );

(DUDEN VI).

A. SPR: Span, talco (1492); ital. tälco (1550); engl, talc (1601).

Corom.

V, 386"; Cort. V, 1309 b ; OED XVII, 578".

Tarif N. m. »Preis; Gebühr; festgesetzte Entlohnung« Arab. > ital. > frz. > dt.

Ρ c Ρ c Ρ

ETYM: ta'rTfa f., als Handelsterminus: 1) 'die über Ein- und Ausfuhrwaren zu entrichtende Zollgebühr'; 2) 'Verzeichnis der tarifierten Preise für Zollgebühren, Waren, Münzen'; 3) 'festgesetzte Warenpreise', zu 'arrafa 'bekanntgeben, mitteilen, bekanntmachen'. Dozy Suppl. II, l l 7 b f f ; W e h r 823".

VS: Frz. tarif m. (1641), älter t a r i f f e f. (1572) 'Preisverzeichnis für Waren, Entlohnungen und Gebühren'; 'festgesetzte Preise für Waren, Gebühren etc.', entlehnt aus gleichbed. ital. t a r i j f a (14. Jh.), wahrscheinlich über das Provenzalische. Frz. Tarif weist zahlreiche Bedeutungsnuancen auf, die sich metonymisch, per Analogie oder durch Bedeutungsverengung entwickelt haben. FEW 19, 184"ff.; D D M 734 b ; B W 625 b ; Tresor XV; DHF II; Cort. V, 1314 b ; Kluge 89, 721 b ; Pfeifer II, I 4 l 3 b f f . ;

DT: In der heute gültigen, aus dem Frz. übernommenen Form ist Tarif etwa um 1700 bezeugt. Davor lag, vom Anfang des 16. bis gegen Ende des 17. Jh.s, das aus dem Italienischen entlehnte Tarifa (1527, Fugger-

Lexikographischer Teil

223

Inventur/ Schirmer, 188), auch Driffas (1514), Triffas (1535) (Schulz/ Basier V, 62 a ) vor. Das anfangs als Handelsterminus übernommene Wort ging später in die Sprache der Sozialpolitik und Wirtschaft über und wurde dort weiterentwickelt. Dabei erfuhr Tarif zahlreiche Ableitungen und Zusammensetzungen. Als kaufmännischer Handelsausdruck wurde Tarif zunächst in Bed. 'Liste, Verzeichnis von Waren mit Angabe der Zollgebühr', 'Preisverzeichnis' rezipiert, später ist die Bed. 'festgesetzte Preise für etwas' belegt. Die moderne, spezielle Verwendung von Tarif als 4) 'vertraglich oder gesetzlich festgelegte Summe oder Staffelung von Löhnen und Gehältern' ist entweder innerhalb des Deutschen entwickelt worden oder sie erfolgte durch Lehnbedeutung. 'Preisverzeichnis. Zollsatz': (1709) Tarif, ist eine Tafel oder Verzeichniß vieler nach ihrem Werth geschätzter Waaren, oder auch ein Verzeichniß der Taxe' (Hübner, Konversationslexikon/ Schirmer (1911), 188). 'Festgesetzter Preis für etwas': (1836) Wir setzen uns und nehmen die Speisekarte zur Hand. Sie werden bemerken, mein bester Herr Hofrath, dass diese in Wien „Speise-Tarif benannt wird' (Glasbrenner, Bilder/Schulz-Basler V). (Sozial- und Wirtschaftspolitik) "'gesetzlich festgelegte Betragshöhe für Löhne u. Gehälter, für Lieferungen, staatliche Gebühren und Steuern': (1930) Bei dem Abkommen handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung der Tarifkontrahenten (Voss.. Zeitung 19. 9.); (1930) Kosten [...] deren Höhe der Wirtschaft von außen aufgezwungen wird - öffentliche Tarife, Gebühren und Abgaben' (Voss. Zeitung 14. 11.). Schulz/Basler V; (1971) Entscheidende Tarifrunde (Uberschrift). Mit der Entscheidung über die Lohnforderungen in den einzelnen Tarifbezirken hat der Vorstand der Metallgewerkschaft nunmehr das Startzeichen für die Tarifrunde dieses Wirtschaftszweiges gegeben (FAZ 31. 11./ Schulz-Basler V). Abi.: tarifieren (18. Jh.); Tarifterung (19. Jh.); tariflich (20. Jh.).

Schulz/Balsler V; Pfeifer II.

WB.: ( 1 7 8 0 ) Der Tariff «ein in der Handlung übliches Wort, das Verzeichniß dessen, was Wahren mancher Art für Zoll und andere Abgaben zu entrichten haben» (ADELUNG V, 913); ( 1 8 0 8 ) Tarif «ein Verzeichniß, Anschlag, Rolle, Zolltarif, das Zollverzeichnis, der Zollansatz, die Zollrolle» (CAMPE 260'). ( 1 9 8 1 ) Tarif m. « 1 . a) festgesetzter Preis, Gebühr für etwas; b) Verzeichnis der Tarife; 2) ausgehandelte u. vertraglich festgelegte H ö h e u. Staffelung von Löhnen, Gehältern» ( D U D E N VI). A. SPR: Span, tarifa (1680); engl, tariff {1591). Corom. V, 4 l 9 b f f . ; O E D XVIII, 643'ff.

Tasse N. f. »Trinkgefäß mit Henkel« Arab. > (prov. ?) > frz. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab. * ·ΐ~ tassa 'Schälchen, Tasse', zu gleichbed. pers. tast. Dozy Suppl. II, 44 a ; 1 A 6 , 122 b ff.; Steingass, 300*.

VS: Frz. tasse f. (1379) „petit recipient ä anse, servant ä boire"(G. Rob. 8) ZU prov. tassa (1344). 1414 b ; Kluge 89, 722 a .

Sguaitamatti-Bassi, 152-154; FEW 19, 185 b ff.; Pfeifer II,

224

Französisch als Vermittlersprache

D T : Im 16. J h . als

Tasse bezeugt.

[Die oberdt. Formen tatst 'alia dialecto' (Stieler II, 2259)» bair. Tatz(e), Tatzl (Schmeller I, 635) gehen auf auf ital. tazza zurück). DWB 1 XXXI],

W B . : ( 1 5 6 1 ) Tassen (die) «ist ein trinckgeschiir oder schalen» (MAALER 3 9 9 a ) ; (1691) Taße (die) (STIELER II, 2259); (1734) Tasse (STEINBACH II, 799); ä h n l . (1700) KRAMER II, 1053 b ; (1741) F R I S C H II, 363 b ; (1780) A D E L U N G IV, 917; (1810) C A M P E IV, 779'; (1865) S A N D E R S II 2 , 1288'; (1909) W E I G A N D II, 1026ff.; (1981) D U D E N VI.

A. S P R : Span, taza (1272); ital. tazza (14. Jh.); engl, tass (1483). Corom V, 443"; Cort. V, 1319"; O E D XVII, 657 b .

Tambour

N . m. »Trommler«

Arab. > frz. > dt.

Μ * Ρ c Ρ

E T Y M : Arab. tanbQr od. tunbQr (> pers. dumba-bara, Var. dambara, danbarah) 1) 'lautenähnliches Saiteninstrument mit langem Hals' (Wehr 7 8 7 a ; Steingass 5 3 7 ' ; Völlers 1896, 6 4 5 ) . In der Bedeutung ' T r o m mel' ist arab. tanbQr nicht belegt. D o c h lassen aspan. atamor, port, atambor und aprov. tanbor alle in der Bed. ' T r o m m e l ' vermuten, daß das arab. W o r t auf dem iberoromanischen Gebiet entweder mit pers. tablr ' T r o m mel' (Steingass 2 8 l b ) , das ebenfalls ins Arabische überging, phonetisch verwechselt wurde und so die Bed. ' T r o m m e l ' a n g e n o m m e n hat oder es bekam diese Bed. durch den Einfluß von arab. tabl (PI. tubal) ' T r o m m e l ' . Corom. V, 396-397; FEW 19, 174-178; Lokotsch 483; Giese 1933, 249-250.

V S : Frz. tambour m., zunächst 2) ' T r o m m e l ' (ca 1300) und im 30jährigen Krieg durch Bedeutungsübertragung 3) T r o m m l e r ' ( 1 6 7 1 ) . Z u v o r ist tabour ( 1 0 8 0 / C h a n s o n de Roland) ' T r o m m e l ' belegt. D a s frz. W o r t wurde vermutlich aus dem Iberoromanischen ü b e r n o m m e n . Als Vorbild z u m Deutschen fungieren auch frz. tambourin (15. J h . / D i m i n u t i v u m zu tambour) 'Schellentrommel' > dt. Tamburin (bereits im Frühnhd.) und die Zus. frz. tambour-major '(1690) 'Leiter des Spielmannszuges' > dt. Tambourmajor.

Kluge 89, 720"; Pfeifer II, 1410.

[Nach FEW 19, 177 b ff., geht die Form ohne Nasal, tabor, direkt auf pers. tablr zurück und wurde während der KreuzzUge ins Frz. entlehnt. Die Form mit m sei aus der ersteren entstanden, unter dem Einfluß der iberorom. tambor (kat.), atamor (aspan.), atambor (port.) 'Trommel', die direkt auf das Arab, zurückgehen sollen. Vgl. jedoch BW 622 b : „On peut rattacher la forme tabour au persan tabtr, mais on ne voit pas tr£s bien par quelle voie le mot est arrivi en France" und D D M 731": „peut-£tre du persan tablr, ou existant dijä en at., peut-etre sous l'influence de l'ar. al-tambour, sorte de lyre ou de guitare"].

D T : Tambour ( 1 6 5 2 ) 'Trommler' ist etwas früher belegt als die frz. Entsprechung. Im M h d . und bis zum 17. J h . existierte mhd. tambür > nhd. Tambur (auch Tambour in frz. Schreibung) in der Bed. ' T r o m m e l ' . N a c h D u d e n VI ist auch die Bed. 'Trommler' heute veraltet. Sowohl Tambour als auch Tambur leben jedoch in mehreren fachsprachlichen Verwen-

Lexikographischer Teil

225

düngen weiter, z.B. Tambour in der Architektur als 4) 'zylinderförmiger Bauteil, auf dem die Kuppel eines Bauwerks aufsitzt', Tambur im Handwerk als 5) 'Stickrahmen' und in der Musik Tambur neben Tanbur 6) 'arabische Laute'. Es handelt sich dabei um Lehnbedeutungen einerseits aus dem Französischen für 3), 4) und 5) und andererseits aus dem Arabischen für 6). Belege für Tambour 'Trommler': (1652) ist das kind auch ein tambour (Scherffer/ DWB 1 21); (1874) ich armer tambursgesell ..,/ wär ich ein tambur blieben,/ dürft icht gefangen liegen (Wunderhorn/DWB 1 XXI). Für 'Trommel': diu floite hal litemitdemtamb&re (Krone/Lexer II).(1728) Tambur (Sperander/DWB 1 XXI).

WB.: (1691) Tambur «Trommelschläger» (STIELER I, 107); (1780) Der Tambour «1. Eine Trommel oder Pauke, eine jetzt im Deutschen veraltete Bedeutung, in welcher es aber ehedem häufig war, und alsdann auch Tamber, Tabur und Tubur lautete. [...]. 2. Ein trommelschläger, in welchem Verstände es im Deutschen nur noch allein gangbar ist, und in welchem es bey dem Königshofen Tauber lautet» (ADELUNG IV, 907); (1813) Tambour «der Trommelschläger, oder der Trommler» (CAMPE 58I b ); (1865) Tambour «Trommelschläger» (SANDERS II 2 , 1283 a ff.); (1909) Tambour «Trommelschläger» (WEIGAND II, 1022); (1976) Tambour und Tambur (DUDEN VI).

A. SPR: Als 'Trommel': span, tambor (1615), älter atamor (Cid), atambor (1251); ital. tambüro (1300-13/Dante); engl, tambour (1484). Corom. V, 396 a ff.; Con. 5, 131 l a ; OED XVII, 597 c ff.

5. Italienisch als Vermittlersprache 5.0. Kurzeinführung Für die Aufnahme einer beträchtlichen Anzahl von Arabismen ins Italienische war der mittelalterliche italo-arabische Handelsverkehr von zentraler Bedeutung. Der größte Teil der italienischen Arabismen, oder wie Pellegrini es ausdrückt, des „nucleo piu ampio" 1 , stammt in erster Linie aus dem Handel, den vor allem die italienischen Seerepubliken Genua, Pisa und Venedig mit den Ländern des Maghreb und denen des Orients trieben. Zwar gaben die über zweihundert Jahre andauernde arabische Herrschaft über Sizilien sowie das Weiterleben der arabischen Sprache und Kultur auf der Insel unter den Normannen und Hohenstaufen viele Anstöße für sprachliche Beeinflussungen 2 , jedoch reichte die Ausstrahlung der meisten sizilianischen Arabismen nicht über die süditalienischen Grenzen hinaus. Auf diese Tatsache machen Pellegrini 3 , Cortelazzo 4 und Caracausi 5 mehrmals aufmerksam. Bei der Übertragung der Arabismen ins Deutsche spielten ebenfalls die Handelsbeziehungen eine wichtige Rolle, wobei die Pilgerkontakte zu berücksichtigen sind. Auch die unmittelbaren Kontaktzonen zwischen dem deutschsprachigen und italienischsprachigen Raum (Tirol, Vorarlberg, Ostschweiz) sind in bezug auf die italienische Vermittlung von Arabismen an das Deutsche in Betracht zu ziehen. Im weiteren Verlauf dieses Unterkapitels sollen zunächst die arabisch-italienischen Transferenzen behandelt werden, um dann auf die italienisch vermittelten Arabismen an das Deutsche einzugehen.

1 2 3

4 5

Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 102. Vgl. Caracausi ( 1 9 8 3 ) . Allerdings wird diese These nirgendwo eigens chematisiert. Sie wird jedoch mehrmals in Pellegrini ( 1 9 7 2 ) vertreten und in Pellegrini ( 1 9 8 9 ) , S. 6 8 , erneut unterstrichen: „ H o tenuto ivi a sottolineare piü volte il numero considerevole di arabismi ed orientalism! italiani che non provengono dalla Sicilia, ma che sono dovuti soprattutto agli intensi contatti commerciali, in epoca medievale, tra le nostre repubbliche marinare e Saraceni e Levantini, avvenuti nei vari fondachi e colonie di tante aree mediterranee". Vgl. Cortelazzo ( 1 9 5 7 ) , S. 95-97. Vgl. Caracausi ( 1 9 8 3 ) , 37.

Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen

227

5-1. Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen 5.1.1. Kontakt-Varietäten des Italienischen In der Einleitung zu „Gli Arabismi" geht Pellegrini auf die Problematik der europäischen Entlehnungswege von Arabismen ein und weist dabei auf den grundlegenden Aufsatz von Steiger, Aufmarschstraßen des morgenländischen Sprachguts, hin 6 . Hier wird neben der iberischen Halbinsel Sizilien als zweitwichtigste „Brücke" für den Transfer arabischer Ausdrücke nach Europa genannt. Pellegrini spricht sich aber dagegen aus, Sizilien ebenfalls als Haupteinmarschweg für die Arabismen des übrigen Italien (mit Ausnahme des Südens) und der italienischen Literatursprache zu sehen: „£ verosimile che alcuni arabismi siciliani siano passati ai dialetti meridionali, specie calabresi; ma non sarei propenso ad accettare l'ipotesi che gli elementi orientali del resto della Penisola e della lingua letteraria abbiano come epicentro la nostra isola (in ogni caso, molte voci di origine araba in italiano non provengono dalla Sicilia)" 7 . Derselben Ansicht sind auch Cortelazzo und Caracausi, die wie Pellegrini statt Sizilien den italienischen Seerepubliken Genua, Pisa und Venedig die Hauptvermitterrolle beim Übergang der arabischen Entlehnungen nach Norditalien und in die italienische Gemeinsprache zuschreiben. Mehrere lexikalische Beispiele können diese These stützen: Z.B. lieferte arab. där as-sinä'a einerseits siz. tarsana und andererseits venez. arsana (1305) (in mlat. D o k u m e n t e n aus Venedig bereits (1206) arsana-, (1272) arzanatus·, (1314) arsenatus), das dem ital. arzana (1321 bei Dante), asenale (1540) > dt. Arsenal (15. Jh.) zugrunde liegt 8 . Auch haben die typisch sizilianischen Arabismen die italienische Gemeinsprache nicht erreicht 9 . Die arabischen Entlehnungen des Gesamtitalienischen sind meistens zunächst in den auf Mittellatein verfaßten Handelsdokumenten belegt. In der italienischen Lexikographie werden in erster Linie die Dokumente der alten Seerepubliken zum Zweck der Erstdatierung der seit dem 14. Jh. in die italienische Literatursprache eingegangenen Arabismen herangezogen. Allerdings kann keine Entscheidung darüber getroffen werden, ob die eine oder die andere Seestadt den Arabismus an die italienische „lingua nazionale" lieferte, denn eine bestimmte Anzahl von identischen oder lautlich einander sehr ähnlichen Ausdrücken wurde unter den Kaufleuten der drei Regionen mit gleicher Intensität ver-

7 8

9

Pellegrini (1972) b e n u t z t die englische Version desselben Aufsatzes: A. Steiger, Origin and spread of oriental words in european languages. N e w York (Vanni) 1963. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 20, 75; Bd. II, S. 582. Bd. II, S. 582. Vgl. Caracausi (1983), N r . 270a; 2 7 0 b ; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 91, 142; Bd. II, S. 424, 583; W i s (1955), S. 95ff. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 7 1 f f . u n d S. 129-227; dazu Caracausi ( 1 9 8 3 ) , N r . 270a; 2 7 0 b .

228

Italienisch als Vermittlersprache

wendet 1 0 . Daß Sizilien als Ausstrahlungsort für italienische Arabismen in den Hintergrund gegenüber den Seerepubliken tritt, obwohl es im Hochmittelalter auch ein wichtiges Handelszentrum war, hängt in erster Linie mit der dominierenden Stellung Genuas, Pisas und Venedigs im Handel mit der islamisch-arabischen Welt zusammen, und ebenfalls mit der geographischen Nähe und den wirtschaftlichen Beziehungen der Seestädte zum toskanischen Gebiet, auf dem sich die Leitvarietät des Italienischen herausbildete. Natürlich spielt dabei auch die bis 1871 reichende politische und z.T. auch wirtschaftliche Isolierung der einzelnen italienischen Staaten voneinander eine Rolle 11 . Die freien Seestädte wußten aber trotz aller Zersplitterung des Landes ihre Handelsinteressen in ganz Italien zu vertreten. Auch Sizilien war ein Ziel ihrer Schiffahrt. Zahlreiche Handelsdokumente zeugen von der kommerziellen Tätigkeit der Pisaner, Genuesen und Venezianer auf der Insel 12 . Nach I. Peri konnte ihre kaufmännische Geschicklichkeit nicht ohne Einfluß auf die Handelsgebräuche Siziliens bleiben 1 3 . Im Hinblick auf Arabismen läßt sich dieser Einfluß jedoch, da die hier in Frage kommenden gemeinsamen Wörter oft graphisch und semantisch übereinstimmen und eine direkte Entlehnung für Sizilien sehr wahrscheinlich ist,, nur an wenigen Beispielen eindeutig zeigen: So lieferte das vielen europäischen Sprachen für die Bezeichnung 'Matratze' zugrunde liegende arab. matrah, in der Ableitung *matrahiyyün, PI- von *matrahi' 'Hersteller oder Verkäufer von Matratzen', den sizilianischen Ortsnamen Matrahini in Palermo: contrata Matrahinorum ( 1 2 8 6 / 8 7 ) und überlebte als Lehnwort aus dem Sizilianischen in bov. mdtraho 'Matratze', das wie Matrahini die arab. Wortform am getreuesten wiederspiegelt. Dieser im Sizilianischen direkt entlehnte Arabismus wurde aber bald durch siz. matarazzu 'Matratze' nach dem mlat. Typus matarazum (mater-, matr-, matal-; -actum, -assium etc.) ersetzt; vgl. matarasii (1248 in Palermo); mataracium (1268 in Messina); mataracium (1255 in Venedig); matarazum (1274 in Bologna); ital. materasso, -ssa (14. Jh.), älter materazzo > dt. Matratze ·

Jh }

(15.

Der Handelsverkehr der Seerepubliken mit Sizilien bildete aber auch den Anlaß für die Diffusion bestimmter sizilianischer Arabismen nach Norditalien und in die italienische Hauptsprache.

10

V g l . P e l l e g r i n i ( 1 9 7 2 ) , Bd. II, S. 5 8 2 .

"

Vgl. B o c h m a n n

12

V g l . C a r a c a u s i ( 1 9 8 3 ) , A n m . 3 1 , S. 4 4 ; d a z u S c h a u b e ( 1 9 0 6 ) , S. 4 5 6 f f .

13

I. Peri,

( 1 9 8 8 ) , S.

269-286.

Cittä e campagna in Sicilia,

in: A t t i della A c c a d e m i a di Scienze, L e t t e r e e A r t i

di P a l e r m o , ser. I V , X I I I , 1 9 5 3 , B d . II, S. 2 5 3 , zit. n a c h C a r a c a u s i ( 1 9 8 3 ) , A n m . 3 1 , S. 4 4 . 14

V g l . C a r a c a u s i ( 1 9 8 3 ) , N r . 179 u. 1 8 4 a , 1 8 4 b , 184c; Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. 1, S. 113, 1 6 6 , 3 4 1 ; W i s ( 1 9 5 5 ) , S.

190.

Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen

229

5-1.1-1. Transferenzen ü b e r Sizilien Durch Pellegrinis fundierte Studien Uber die Arabismen Italiens hat sich - wie oben dargestellt - die These von Sizilien als Hauptausstrahlungsort der italienischen bzw. europäischen Arabismen relativiert 15 . Nur für einige arabische Benennungen bestimmter Produkte und Erzeugnisse kommt Sizilien als Entlehnungsweg zum Italienischen hin in Betracht. Als solche Arabismen erreichten folgende die deutsche Sprache: arab. sukkar > siz. zuccaro (vgl. mlat. zuccaro/ 1194 in Cafalii); zuccari ( 1 4 0 5 in Palermo); davor zuccaro (11. Jh. bei Constantinus Africanus) > ital. zucchero (14. Jh.) > dt. Zucker16. Arab. narang(a) > siz. arangio, aränciu (in mlat. Dokumenten aus Palermo: ( 1 1 8 9 ) arengias·, (1287) arangiorum-, (1367) aranciorum) > ital. arancio (14. Jh.) (vgl. dagegen venez. naranza) > dt. arans, arantz 'bittere Apfelsine' 17 . Arab, laimün, Ilm On > siz. limiuni, limüni (in der Toponomastik Siziliens ist das Wort bereits im 11. Jh. belegt: divisa limonis/ 1095 in Corleone); auch als Ortsname in Palermo wurde es 1 1 6 4 in einem gr. Text als λιμόνος überliefert) > ital. limone (16. Jh.) 'eine Art Zitrone' > dt. Limone1*. Arab. zabTb u. ziblb, zablba, zibTba 'Rosinen; getrocknete Früchte' > siz. zibbibbu 'eine Art getrocknete Weintraube' > ital. zibibbo ( 1 4 8 5 ) (vgl. venez. zibibo, zebibo-, mlat. uva cimbibalisl 1300 in Venedig) > dt. Zibebe19. Arab, gubba > siz. giubba (mlat. juppal 1053 im Cod. Cavensis; gr. Υ ί π π α ν / 1191 in Gallipoli; mlat. iuppas! 1248 in Palermo; mlat. iupamt 1157 in Genua) > ital. giubba (14. Jh.) > dt. Joppe10. Vulg-ar. sawwäd, suwwed, sufid, souid 'Strandpflanze' > siz., ital.

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Vgl. Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 75. Sizilianische Arabismen werden nach Pellegrini, ebd., erst in der modernen Zeit in die italienische Literatursprache übernommen. Ein früherer sizilianischer Arabismus findet sich in Boccaccios Decamerone: acanino < siz. haninu < arab. Iianln 'doux, suave'. Dazu Dozy Suppl. I, 3 3 0 . Vgl. Caracausi ( 1 9 8 3 ) , Nr. 298a, 298c; Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 118, 196. Vgl. Caracausi ( 1 9 8 3 ) , Nr. 21a, 21b; Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 117; Pellegrini ( 1 9 8 9 ) , S. 78. Die bittere Apfelsine wurde im 11. J h . vom Orient nach Sizilien gebracht. Ihr Name ist in der Toponomastik Siziliens bereits im Jahre 1094 als viam de Arangeriis überliefert worden. Vgl. Caracausi ( 1 9 8 3 ) , Nr.162; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 117, 192; Pellegrini ( 1 9 8 9 ) , S. 78. F E W 19, 108'; Wis (1955), S. 180. Vgl. Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 119, 196; Cort. V, I 4 6 6 a ; F E W 19, 201 b ; Wis ( 1 9 5 5 ) , S. 2 8 2 . Der Entlehnungsweg des hier in Frage kommenden Wortes ist noch nicht geklärt. Allein im F E W 19 wird Sizilien als Ausgangspunkt für die Verbreitung des Wortes im Italienischen und im Französischen angenommen. Caraucausi ( 1 9 8 3 ) , Nr. 149a, 149b, 149c, scheint dagegen diese These in Zweifel zu ziehen, da die älteren überlieferten Varianten des sizilianischen Wortes nur stimmlose Varianten wie iuppam etc. darstellen (dies gegenüber siz. giubba, das - wie ital. guibba - mit dem arab. Wort gubba übereinstimmt). Vgl. auch Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 115, 177ff, 3 3 9 und Pellegrini ( 1 9 8 9 ) , S. 2 1 8 . Auch im Hinblick auf mhd. jope, juppe wird zwischen dem Afrz. (Suolahti ( 1 9 2 9 ) , S. 11 Iff.) und dem Ital. (Kluge 89, 342* u. Pfeifer I) als Vermittlersprachen des arabischen Wortes geschwankt.

230

Italienisch als Vermittlersprache

soda (14./ 15. Jh.) 'Sodapflanze; sodahaltige Pflanzenasche' (vgl. Artikel Soda). 5.1.1.2. Kontakte durch den Handel Pellegrini sieht in den Sprachkontakten der Araber und Christen durch Handel den wichtigsten Anlaß für den Übergang zahlreicher Arabismen in die europäischen Sprachen, vor allem ins Italienische. Er widerspricht damit Steiger (1932), der den Handel als Entlehnungsweg für arabische Transferenzen wenig beachtet hat 2 1 . Nach Pellegrini fehlt es nicht an Indizien, um festzustellen, daß ein großer Teil des „patrimonio linguistico Orientale in Italia" durch die Handelsbeziehungen, insbesondere Genuas, Pisas und Venedigs mit den Ländern des Orients und denen des Maghreb, zustande kam 2 2 . D i e Geschichte dieses Handels wurde von Heyd (1879) und Schaube (1906) ausführlich behandelt 2 3 . Pellegrini weist außerdem auf den Aufenthalt von arabischen Kaufleuten an der Küste Liguriens und in Pisa hin. Sie bildeten eine Minderheit, die sich der einheimischen Bevölkerung assimiliert hat und zum Christentum konvertiert ist 2 4 . Spuren dieser Anwesenheit sind in Kunst und Literatur der genannten Regionen erhalten geblieben 2 5 . Für die lexikalischen Einflüsse waren aber die Handelsniederlassungen der Seerepubliken in den verschiedenen arabischen Hafenstädten ausschlaggebend. Dort besaßen die Pisaner, Genuesen und Venezianer eigene Herbergen (fondaci), eigene Warenlager ( m a g a z z i n i ) , Banken und Zollhäuser (dogane). Im Interesse des Geschäftes eigneten sie sich die Grundzüge der arabischen Sprache an. Dies bezeugen die überlieferten Konversationshandbücher, die mit Warenverzeichnissen versehen waren. Manche Kaufleute wurden sogar Experten des Arabischen und betätigten sich als turcimani ('Dolmetscher') 6 .

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Vgl. Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , S. 22. Vgl. ebd. Vgl. Schaube ( 1 9 0 6 ) ; Heyd (1879). Vgl. Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. I, S. 3 3 4 ; Bd. II, S. 4 0 7 . Pellegrini n i m m t an, daß die Anwesenheit einer arabischen Minderheit an der ligurischen Küste die Folge der mehrfachen militärischen Eingriffe der Araber in dieser Region war. Einige Muslime seien aus Handelsinteressen dort geblieben (Bd. I, 3 3 4 ) . Für Ligurien erwähnt Pellegrini eine in der Kirche Santa Maria di Castello zu G e n u a a u f g e f u n d e n e kufische Inschrift auf einer marmornen Tafel. Er weist außerdem auf das Fortleben von arabischen Märchen und Sagen in Ligurien hin. In Pisa sind die arabischen Einfüsse besonders in der Architektur des sog. Duomo zu beobachten (Bd. II, S. 411). Vgl. Pellegrini ( 1 9 7 2 ) , Bd. II, S. 4 1 1 , 5 8 1 . In Z u s a m m e n h a n g mit der Kenntnis des Arabischen im kaufmännischen Milieu bringt Pellegrini, ebd., S. 581, das Beispiel der La Zingana, einer im 14. Jh. verfaßten pluridialektalen K o m ö d i e von Artemio Giancarli, einem venezianischen Maler und Stückeschreiber. Die K o m ö d i e enthält neben zahlreichen Tiraden in der sog. lingua franca auch ganze arabische Sätze, die vielleicht ägyptischer Herkunft sind. Vgl. den Abschnitt L'Arabo della 'Zingana' di A. Giancarli, ebd.,

Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen

231

Was die Lehnwörter betrifft, so zeigen die mittelalterlichen wirtschaftlichen und diplomatischen Urkunden der einzelnen Seerepubliken sowie anderer Regionen Norditaliens 2 7 , daß Arabismen bereits im damaligen Sprachgebrauch der Kaufleute und Skriptoren geläufig waren. Sie beziehen sich hauptsächlich auf den Handel oder auf die damit zusammenhängende Tätigkeit der Seefahrt. Aber auch Berufs- und Handwerksbezeichnungen kommen in diesen Dokumenten vor. Seit dem 14. Jh. begannen solche arabischen Entlehnungen die italienische Hauptsprache zu erreichen. Die, die unter ihnen in die deutsche Sprache gekommen sind, werden im folgenden nach Sachgebieten dargestellt. 5.1.1.2.1. Transferenzen der Handelsterminologie Es handelt sich um Fachwörter der Buchführung, der Geldwirtschaft und des Zollwesens sowie um Wörter, die Handelslokalitäten bezeichnen: Arab, tarha oder tarh > ital. tara (14. Jh.) 'Abzug bzw. Vergütung einer defekten Ware; Abzug des Verpackungsgewichts (mlat. tara in Genua, Rovigo, Perugia) > dt. Tara28. Arab, ta'rlfa > ital. tariffa ' T a r i f (14. Jh.) (mlat. Dok.: tariffa/ 1215/16 in Pisa; tariffa/ 1358 in Siena) > frühnhd. tariffa (16. Jh.) . Arab, qabäla > ital. gabella 'Warensteuer' (mlat. Dok.: gabellal 1129 in Chron. Rogerii reg. Sic.; cabella/ 1190 in Genua; 1286 in Pisa; 1384 in Venedig) > dt. Gabella™. Arab, girbal, vulg.-ar. garbäl 'Sieb' (zu garbala 'sieben') > ital. garbello, gherbello 'Sieb', woraus aital. garbellare (14. Jh.) 'sieben, Ware von Unreinheiten befreien' (mlat. garbellariI 1302 in Venedig) > dt. gerbulieren^. Arab, rizma 'Bündel, Papierstoß, Papiermaß' > ital. risma, risima (14. Jh.) 'Papiermaß' (mlat. Dok.: risma, rixima in Ligurien; Lisma! 1441-78 in Pisa) > dt. Riesi2. Arab, sikka 'Münze; Prägestock' od. där as-sikka 'Haus der Prägung von Münzen, Münzstätte' 3 > ital. zecca (1348) (mlat. Dok.: cecha! 1250 in Genua; cecal

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" "

S. 601-634. Die Lingua Franca ist eine Art Kreolsprache mit vorwiegend italienischen Strukturen. Sie diente an der arabophonen Mittelmeerküste eine Zeit lang als Kontaktund Verkehrssprache zwischen Europäern. Unter den wichtigen Dokumenten des Handels und der Diplomatie, die arabische lexikalische Einflüsse enthalten, seien u. a. die von M . Amari und Mas Latrie publizierten Schriften erwähnt: M. Amari, Diplomo arabi del R. Archivio Florentine (Teste originale con la traduzione letterale e illustrazioni), Firenze 1863. L. De Mas Latrie, Trait & de paix et de commerce et documents divers concernants les relations des Chrestiens avec les Arabes ... , Paris 1868. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 148, 349. Vgl. Pellegrini (1972), S. Bd. I, 105, 148, Bd. II, S. 438. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 105, 348, Bd. II, S. 426ff.; Cortelazzo (1957), S. 96; Caracausi (1983). Pellegrini (1972), Bd. I, S. 113, 164; Cortelazzo (1957), S. 96; Battisti III. Pellegrini (1972), Bd. I, 132, 349, Bd. II, Anm. 44, S. 434ff.; Pelligrini (1989), S. 239; Lokotsch 1723. In diesem Fall wäre ital. zecca eine Abkürzung von arab. dar as-sikka, vgl. F E W 19, 158 b ff.; Cort. 5, 1464 a .

232

Italienisch als Vermittlersprache

1278 in Venedig; zechal 14. Jh. in Florenz), woraus venez.-ital. zecchino (14. Jh.) 'ducato duro veneziano' > dt. Zechine abgeleitet wurde 34 . Arab. dlwän(a) 'Zollamt' > ital. dogana (13. Jh.) (mlat. Dok.: doganal 1154 in Pisa; do(g)ana/ 1290 in Ligurien; doanat 1207/08 in Venedig) > frühnhd. dogana35. Arab, funduq (auch fundaq u. fundiq) 'Wirtshaus' > ital. fondaco (14. Jh.) (mlat. Dok.: fondacum/ 1150 in Pisa; fondacosl 1272 in Ligurien; fontega, fontegol 1157 u. 1207 in Venedig) > frühnhd. fondacoi6. Arab, mabzan > ital. magazzino ( 1 3 4 0 ) (mlat. Dok.: magazenil 1234 od. 1229 in Pisa; magagenol 1317 in Venedig) > dt. Magazin . Arab, simsär 'Makler' > ital. sensale (13. Jh.) 'mediatore, agente' (mlat. Dok.: ( 1 2 5 4 ) Sansarijs in Venedig; ( 1 2 8 6 ) sensalis in Pisa) > dt. Sensal38. Etymologisch sehr umstritten ist das ursprünglich dem Bereich des Handels zugehörige dt. Risiko (16. Jh.) < ital. rischio u. risico (14. Jh.), das manche Etymologen auf arab. rizq 'Spende, die Gott zum Leben gibt; tägliches Brot, Ration' zurückführen. Corominas lehnt aber die arabische Herkunft dieses Wortes strikt ab und bietet als Alternative mgr. φιζικόν < agr. £ ί ζ α oder lat. resecare an. 3 9 5.1.1.2.2. Transferenzen für Handelswaren Wie aus Heyds Geschichte des Levantehandels hervorgeht, waren verschiedene Naturprodukte (Pflanzen, Mineralien, Farbstoffe, tierische Extrakte etc.) und Textilien Gegenstand des orientalisch-abendländischen Handelsaustausches 40 . Zahlreiche arabische Bezeichnungen dieser Produkte und Erzeugnisse gelangten durch das Mittellatein oder durch das Französische ins Deutsche. Durch das Italienische konnten dagegen folgende Wörter die deutsche Sprache erreichen: Arab. qandT > ital. (zucchero) candi (14. J h . )

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Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 109, 346. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 104, 131. 346, Bd. II, S. 424; Cortelazzo (1957), S. 96. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, 105, 131, 345, Bd. II, 425ff., 575: Cortelazzo (1957), S. 96; Wis, Ricerche (1955), S. 271; Pfister (1984) S. 884. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 105, 158, 345; Steiger (1948), Anm. 2, S. 45; siehe hier Artikel Magazin. Siz. magasenu (mlat. magazenul 1321 in Messina); magasen (1348 in S. Martino) wurde vielleicht durch das Italienische beeinflußt. Dagegen scheint die ältere mlat.-siz. Schicht des Wortes direkt aus dem Arabischen übernommen worden zu sein, vgl. mahadinum! 1200 in Agregento; machazenil 1240 in Fulgina; mahazenist 1284 in Messina; machasscnol 1287 in Palermo), s. Caracausi (1983), Nr. 166. Vgl. Dozy Suppl. I, 683 b ; Cort. 5, 1181"; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 100, Bd. II, S. 433, 509, 583; Cortelazzo (1957), S. 97; das Wort stammt selbst aus gleichbed. pers. säpsSr, vgl. Lokotsch 1946. Vgl. Corom. V, 13"ff.; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 25, 364; Lokotsch 1721; Kluge 89, 602 a ; Β. Z. Kedar, Again, Arabic rizq. Medieval Latin risicum, idi Medievali X/3, 1969, S. 2 5 5 - 2 5 9 . Heyd (1879), Bd. II, Anhang I, S. 543-699.

Primäre arabisch-italienische Kontakte und Transferenzen

233

dann (zucchero) candito > dt. Kandiszucker (1400). Arab. qirmizT > ital. (älter) carmesino (mlat. D o k . : carmesinus, carmisinus! 1401 u. 1470 in Bologna) > dt. KarmesinArab, lakk ' G u m m i l a c k ' > ital. lacca (14. J h . ) (mlat. D o k . : lachal 1163 in Ligurien; lacaI 1271 in Venedig) > dt. Lack*2. Arab, martabän 'Behälter aus Porzellan zum Aufbewahren von M e d i k a m e n ten, Marmeladen, Gewürzen oder Tinte' > ital. marzapane, zunächst 'Holzschachtel zum Aufbewahren des frischen Marzipanteigs' dann 'Marzipanteig' (1347), vgl. siz. marzapani und kalabr. marzapane 'Schachtel, Behälter'; mlat. massapanus ( 1 3 3 7 / Curia romana): „massapani in q u i b u s 4 3 fuit positum c o n d o n h a t u m " . Arab, mQmiya 'Pissaphalt' > ital. mummia (16. Jh.) 'sustanza resinosa' (die Substanz war im europ. Handel des 13. J h . s vorhanden, die ältesten Belege des Wortes finden sich aber im medizinischen Schrifttum bereits im 12. Jh., so mumia bei C o n s t a n t i n u s Africanus) > dt. Mumie44. Arab, zabäd > ital. zibitto (1484) > dt. Zibetkatze) (15. J h . ) 4 5 . Arab. tasa u. tassa > ital. tazza ( 1 4 0 0 ) (mlat. D o k . : tassia/ 1318 Curia tromana); tassea Bologna u. Venedig; tatial 1407 in Verona; 1451 in Ligurien) > obd. Tatse46. Arab. bagdädT > ital. baldacchino (13. Jh.) 'Seidenstoff aus Bagdad', 'prunkvolle Überdachung' (14. J h . ) . D i e Bedeutungsverschiebung von baldacchino vollzog sich nach Tagliavini nicht im Italienischen, sondern im Orient und stellt demnach eine Lehnbedeutung dar, die bereits im 13. J h . in mittellateinischen Texten Italiens bezeugt ist z.B. 1238 bandachinil Castello di Bonifacio; E n d e des 13 J h . baldakinus in Salimbene > dt. Baldachin*7. Z u m Schluß sei noch arab. tarsf 'Inkrustierung' > ital. tarsia (13. J h . ) 'Einlegearbeit, besonders in Holz' > dt. Intarsia, Intarsie erwähnt, das zwar keine Bezeichnung für eine Handelsware darstellt, sich jedoch auf eine technische Fertigkeit bezieht,

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Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 123; Pellegrini (1989), S. 81; Battisti I, 772 a ; Heyd (1879), Bd. II, S. 609. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 121, 351; Pellegrini (1989), S. 81; Cort. III, 644 a ff.; Heyd ( 1 8 7 9 ) , Bd. II, S. 61 Iff. Nach FEW 19, 105 b , wurde das bereits im 12. Jh. bezeugte mlat. lacca als ein Produkt erwähnt, das die Venezianer und Pisaner aus dem Orient nach Europa importierten; vgl. dazu Artikel Lack. Dozy Suppl. II, 520 b ; Pellegrini (1976), 92; Cardona (1969) 34-37. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 81; Heyd (1879), Bd. II, S. 6 2 2 . Vgl. Wiedemann II, 367; Dozy Suppl. I, 578 b ; Cort. V, 1466 1 ; Battisti V, 4 1 1 3 b . Das Wort bezeichnete im Arabischen zunächst die wohlriechende Substanz, die die Zibetkatze absondert, dann metonymisch die Katze selbst. Beide Bedeutungen finden sich sowohl im Italienischen als auch im Deutschen wieder. Auf den Entlehnungsweg von Tasse durch den Handel weisen z.B. Pellegrini (I, 170) und F E W 19, 186 a hin. Glas- und Tonwarenartikel wurden in erster Linie von den Venezianern aus dem Orient, vor allem aus Tyrus, nach Europa ausgeführt. Aber auch in Damaskus blühte die Glasindustrie. Vgl. Schaube (1906), S. 161; Heyd (1789), Bd. II, S. 6 7 8 . Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 115, 173; Cort. I, 105 b ; Tagliavini (1963), S. 4 3 8 442.

234

Italienisch als Vermittlersprache

die die Italiener entweder im O r i e n t k e n n e n l e r n t e n oder die von den Arabern in Sizilien eingeführt wurde u n d nach Norditalien gelangte. Das deutsche W o r t beruht auf d e m später im Italienischen e n t w i c k e l t e n intarsio, zu intarsiare 'in H o l z einlegen", eine verbale A b l e i t u n g aus tarsia·,

(vgl. mlat. tarsia,

(in)tarsiato,

intersiato

in Ligurien); siz. tärsia

(1403

intarsiare in Palermo). Die Kunst der Intarsie w u r d e nach Pellegrini vor allem im muslimischen Sizilien gepflegt. 4 8

5.1.1.2.3. Transferenzen der Marineterminologie Ausdrücke, die im Wortschatz der Seefahrt für Arabismen gehalten werden, gehören zu den problematischsten europäischen Lehnwörtern. Etymologen bezweifeln die arabische Herkunft einiger dieser W ö r t e r oder können das arabische G r u n d w o r t nicht mit Sicherheit ermitteln. Folgende über das Italienische ins Deutsche g e k o m m e n e M a r i n e a u s d r ü c k e sind e t y m o l o g i s c h nicht abgesichert: Ital. scirocco (Dante) (mlat. sirochus, siroccusl 1283 in Genua) 4 9 'vento caldo e umido che soffia da Sud-Est' > dt. Schirokko. Als Grundwort w i r d u.a. von Vidos (1939, Nr. 160), Cortelazzo V, Pellegrini (1972, 93) arab. äalüq od. Julüq 'südöstlicher W i n d ' a n g e n o m m e n ; F E W 19, 172, Lokotsch 1 8 5 6 u.a. schlagen arab. ?arqT (Ableitung zu i a r q O s t e n ) 'Ostwind' vor; Corom. II bevorzugt arab. iurüq (zu ?araqa 'aufgehen in bezug auf die Sonne') 'Sonnenaufgang', das metonymisch auf den O s t w i n d ' übertragen werden könnte 5 0 . Ital. caracca (15. J h . ) 'grande nave portoghese ο genovese da carico e da guerra per i viaggi nelle Indie e poi nel Brasile'. W i e im Italienischen wird caracca auch im Portugiesischen und Spanischen als genuesischer Schiffstyp gekennzeichnet. Auch begegnet das W o r t in mlat. Dokumenten Genuas bereits 1157 als carracam. Nach Vidos wurde es hier entweder direkt aus dem Arabischen oder über siz. carraca (12. J h . ) 'spezie di nave grossa' entlehnt. Genua gilt als Ausstrahlungsort des Wortes sowohl zum Italienischen als auch z u m Spanischen und zum Französischen hin > dt. K(a)racke (16. J h . ) 'eine Art großes H a n d e l s s c h i f f ' 5 1 . Das W o r t wird in den meisten etymologischen Wörterbüchern

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Pellegrini (1972). Bd. I, S. 89, 160, 344; Pellegrini (1989), S. 36-37; Caracausi (1983), Nr. 307; Lokotsch 1706. Älter ist ital. scilocco (13. Jh./ Brunetto Latini u. Boccaccio), das entweder auf siz. sciioccu oder pis. scilocco zurückgeht. Nach Vidos (1939), Nr. 160, ging die siz. oder pis. Form des Wortes ins Genuesische über und wurde dem dort oft vorkommenden Wechsel von -/- zu -r- unterzogen. Von Genua aus soll scirocco das übrige Italien und die italienische Hauptsprache erreicht haben. Vgl. dazu Pellegrini (1972), Bd. I, S. 93; Dozy Suppl. I, 783". Pellegrini (1989), S. 114-115, bietet eine Zusammenfassung der bisher vorgeschlagenen Herleitungen des betreffenden Wortes an und bevorzugt — im Gegensatz zu Pellegrini (1972), S. 93 — arab. iarql Orientale', sarOq 'salida del sol', aus iaraqa salir del sol' als Grundwort für scirocco und Varianten. Das arabische Wort lebt heute noch im marokkanischen Arabisch als sergi 'Ostwind'. Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 92; Vidos (1939), Nr. 42.

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

235

auf arab. harräqa ' B r a n d e r s c h i f f ' z u r ü c k g e f ü h r t 5 2 . C o r o m . I l e h n t aber aus semantischen G r ü n d e n diese Etymologie ab. N a c h i h m hat die europäische S c h i f f s b e z e i c h n u n g im G e g e n s a t z zu arab. h a r r ä q a n i c h t die B e d . v o n Kriegs-, s o n d e r n von ' T r a n s p o r t s c h i f f . Deshalb m ö c h t e er span, carraca bzw. ital. caracca eher aus arab. qaräqTr, PI. von qurqQra H a n d e l s s c h i f f ableiten. W i e die o b e n angegebene ital. D e f i n i t i o n des W o r t e s zeigt, weist aber das europäische W o r t auch die Bed. ' K r i e g s s c h i f f auf. Als sichere Marine-Arabismen sind dagegen ital. garbino (bereits 1 1 4 0 in mlat. D o k u menten als garbino in G e n u a u n d 1321 als garbinum in V e n e d i g belegt) 'Südwestwind' > dt. Garbin u n d das schon o f t zitierte ital. arsenate 'Schiffswerft' > dt. Arsenal. D e m W o r t garbino liegt arab. garb ' W e s t e n , O k z i d e n t ' oder garbT 'westlich, okzidentalisch' z u g r u n d e 5 3 . N a c h Pellegrini ( 1 9 8 9 , 112-113) ist ital. garbino eher eine Ableitung aus ital. Garbo (< arab. garb), der mittelalterlichen B e z e i c h n u n g f ü r N o r d w e s t - A f r i k a u n d das m u s l i m i sche Spanien. Folglich ist garbino der ' W i n d , der v o m W e s t e n her w e h t ' , parallel z u m älteren afracino, africino 'Südwestwind', aus Afrika 5 4 .

5.2. Sekundäre Kontakte u n d Transferenzen I m Gegensatz z u m Französischen verfügt das Italienische allgemein über wenige s e k u n d ä r e n t l e h n t e A r a b i s m e n . D e m e n t s p r e c h e n d h a t n u r eine geringe Z a h l von s e k u n d ä r e n italienischen A r a b i s m e n die d e u t s c h e Sprache erreicht. Als s e k u n d ä r e n t l e h n t e Arabismen des Italienischen finden sich in u n s e r e m K o r p u s zwei s e k u n d ä r e T r a n s f e r e n z e n aus d e m M i t t e l l a t e i n i schen, nämlich arab. samt ar-ra's > mlat. zenith (1232) > ital. zenit ( 1 3 2 1 / D a n t e ) > dt. Zenit (vgl. Artikel Zenit)·, arab. ribäs > mlat. ribes(ium) (13. J h . / S i m o n von G e n u a ) > ital. ribes ( 1 3 1 0 / Volg. di Mesue) > d t . Ribisel (15. J h . ) 5 5 u n d eine s e k u n d ä r e T r a n s f e r e n z aus d e m T ü r k i s c h e n , n ä m l i c h

52

53

54

55

Vgl. FEW 19, 66-67; BW, 108 a ff.; D D M , 135 a ; Cort. I, 203 a ; Battisti 1, 750 a ; Vidos (1939), 288-291. Dazu Dozy Suppl. I, 274 a , 274 b . Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 93, Bd. II, S. 363, 427. Pellegrini beruft sich in der Dokumention für garbino auf das Belegmaterial in M. Metzeltin, Die Terminologie des Seekompasses in Italien und auf der iberischen Halbinsel bis 1600, Basel 1970, S. 268274. Metzeltin leitet die europäischen Formen des Wortes aus arab. garb 'westlich, okzidentalisch' ab. Nach Corom.II, 675-676, ist Katalonien der Ausstrahlungsort von garbino in die europ. Sprachen bzw. auch ins Italienische. Kat. garbi (1273) < arab. garbl 'Südwestwind' konnte nach ihm von der Richtung her nur an der katalanischen Küste die genannte Bed. bekommen. Dagegen wendet sich Pellegrini (1989), S. 113, der garbino für einen direkten italienischen Arabismus hält. Arab, ribas ist eigentlich die Bezeichnung für den persischen Rhabarber „Rheum ribes L." und auch für den „Ampfer". Beide gehören zu den Knöterichgewächsen (Polygonacee) und haben abführende Wirkung, wobei der „Rumex aquaticus", der Wasser-

Italienisch als Vermittlersprache

236

ital.

musulmäno

(1698)

< türk.

( w a h r s c h e i n l i c h aus p e r s .

müslüman

mus-

< arab. muslim ' M u s l i m ' 5 6 . D i e übrigen sekundären A r a b i s m e n

limän)

Italienischen, romanische

d i e s p ä t e r ins D e u t s c h e g e l a n g t e n , w u r d e n übernommen.

Da

nur

das Spanische

und

ü b e r das

Katalanische

j e w e i l s w e n i g e n L e h n w ö r t e r n in F r a g e k o m m e n , w e r d e n d i e i m zu behandelnden Arabismen

in e i n e m A b s c h n i t t

des

Iberomit

folgenden

dargestellt.

5-2.1. Sekundäre Transferenzen über das Spanische und Katalanische Die

historische Situation,

die zu iberisch-italienischen

Entlehnungen

ge-

f ü h r t hat, bewegt sich im R a h m e n v o n H a n d e l s b e z i e h u n g e n , die v o r allem Pisaner u n d Genuesen zum islamischen Spanien pflegten. Schaube berichtet ü b e r d i e H a n d e l s p l ä t z e d e r G e n u e s e n u n d P i s a n e r u . a . in A l m e r i a , sowie

auch

an d e r

Ostküste Spaniens,

wie im

Königreich

M u r c i a , das im 12. J h . n o c h islamisch war. Es sind Friedens- und schaftsverträge

überliefert,

Allah Mohammad

in d e n e n

Ibn Sa'd) d e n

der König von Valencia

Kaufleuten

u n d S e e f a h r t s s c h u t z g a r a n t i e r t u n d Fundaci

Pisas

und

Sevilla

Valencia (Abu

Genuas

und

FreundAbd-

Handels-

in v e r s c h i e d e n e n S t ä d t e n ,

z.B.

ampfer als Rhabarberersatz diente. Vgl. Dietrich II 98; Schmucker 333; Dozy Suppl. I, 574 k . Der Name ging in die mlat. medizinische Nomenklatur ein und findet sich im „Serapion" des Simon von Genua (13. Jh.). Die Pflanze wird hier in Zusammenhang mit dem daraus hergestellten Sirop, dem Rob (arab. rubb 'Saft') beschrieben, wobei darauf hingewiesen wird, daß das Rob durch das Wasser des Sauerampfers ersetzt werden kann (vgl. Arveiller (1988), 299). Die Apotheker des 13. Jh.s erhielten aus dem Orient das Heilmittel Rob lediglich in Form eines eingedickten Sirops und konnten die Pflanze nicht identifizieren, woraus es hergestellt wird. Im Humanismus wußte man immer noch nicht die Natur des ribes für Rob und man übertrug den tradierten Namen auf die (zunächst in Nordfrankreich und Belgien vorkommende) rote Johannisbeere „Ribes rubrum L.", die ähnliche Eigenschaften aufweist wie die beschriebene ribes des „Serapion" ; vgl. Marzell III: „Die Übertragung erfolgte wohl deswegen, weil aus den Johannisbeeren ebenso wie aus der Rhabarber-Art ein säuerlich schmeckendes Magenmittel bereitet wurde (bzw. die in Mitteleuropa gezogene Johannisbeere als Ersatz für die ausländische RhabarberArt genommen wurde", S. 1378). Die zunächst in Champiers „Le Mirouel des Appothiquaires" vorkommende Übertragung von ribes wurde von L. Fuchs aufgegriffen: „De Ribe: Mauritanis & officinis hodie Ribes nominatur. Germanis S. Johansz treublin oder beerlin", Kapitel in „De Historia stirpium commentarii insignes", Basileae 1542, 6 6 2 - 6 6 3 (Arveiller ebd., S. 300). Zu den ital.-türk. Kontakten durch den Handel vgl. Heyd (1879). Dazu auch Arveiller (1987), S. 323: „... Or les Wnitiens itaient en contact avec les Turcs depuis longtemps; contact parfois hostile (expeditions de 1333-1334, de 1 3 4 4 - 1 3 4 5 ) , contact souvent commercial au niveau des ports turcs d'Anatolie (creation d'un consulat ä Theologo (Ephfcse) des 1358). [...]. Parallfclement, au cours d'une guerre contre Venise (13511352), l'amiral ginois conclut un traitfe d'alliance avec le grand imir Orkhan et, dans la suite, les bonnes relations p e r s i s t a n t sous le r£gne de Mourad I e r , successeur d'Orkhan au sultanat; [...]. II n'y aurait done rien d'impossible ί ce que l'emprunt au turc (von ital. musulmano) se fit produit chez les Vinitiens et les Genois dfcs la fin du XIV® siecle."

Sekundäre Kontakte und Transferenzen

237

in D e n i a , zur V e r f ü g u n g s t e l l t 5 7 . D u r c h diese B e g e g n u n g e n

konnten

so-

w o h l s p a n i s c h e als a u c h k a t a l a n i s c h e A r a b i s m e n ins I t a l i e n i s c h e ü b e r n o m m e n w e r d e n . F o l g e n d e e r r e i c h t e n die deutsche S p r a c h e : A r a b . zanätT, vulg.ar. z e n e t i 'ein zum B e r b e r s t a m m

Z a n ä t a g e h ö r i g e r R i t t e r ' (der

genannte

B e r b e r s t a m m w u r d e im 1 3 . J h . zur V e r t e i d i g u n g des K ö n i g r e i c h e s da n a c h S p a n i e n g e r u f e n ) > span, jinete d a t der los Z e n e t e s ' ; (cavallo g i n e t e ) '

'Pferde,

(1348),

die v o n diesen S o l d a t e n

daraus die A b l e i t u n g

Grana-

(13. J h . ) 'berittener Sol-

{ginete)

jineta

beritten

(lanza

werden 'eine

jineta)

A r t kurze L a n z e , die v o n den los Z e n e t e s b e n u t z t w u r d e ' . D a s W o r t g i n g ins I t a l i e n i s c h e u n d D e u t s c h e in den drei B e d e u t u n g e n ein: Ital. (15. Jh.) > frühnhd.

ginnette

Genetter,

giannettol

Als h i s p a n i s c h e r Ara-

Giannetter**.

b i s m u s im I t a l i e n i s c h e n wird auch die B e z e i c h n u n g für das i s l a m i s c h e G o t teshaus, die M o s c h e e , b e t r a c h t e t . D a s W o r t w u r d e aus d e m O r i e n t w ä h rend

der

Kreuzzüge

entlehnt:

' n i e d e r k n i e n ' ) > span, mezquita in K a t a l o n i e n ; mezquita

Arab,

masgid

'Gebetshaus'

(zu

sagada

( C i d ) (in m l a t . D o k . Iberiens: meschit

1094

1 1 1 5 in e i n e m D o k . A l f o n s I. de A r a g o n ) (wegen

der F o r m a b w e i c h u n g des s p a n i s c h e n W o r t e s v o m a r a b i s c h e n O r i g i n a l wird a r m e n , mzkit od. mgr.

μασγίδιον

schen

angenommen)

und Spanischen

( 1 4 7 9 ) (mlat.

muscheta,

muschea,

F o r m e n m i t V o k a l w e c h s e l (von a u f A n l e h n u n g an m l a t . museum,

als M i t t l e r s t u f e z w i s c h e n d e m > ital.

me- zu momuscus,

bzw. mu)

moschea

vermutlich

frz. musc

'Moschus'

Gotteshäusern)

Moschee

( 1 6 . J h . ) . W e g e n der d t . E n d u n g -ee

mosqute

a n g e n o m m e n 5 . V e r m u t l i c h liegt span, alcarchofa

> dt.

wird der E i n f l u ß v o n

> dt. Artischocke

Die

beruhen

ital. muschio,

in i s l a m i s c h e n

noar. al-bariOfa d e m o b e r i t a l . articiocco

Arabi-

bereits im 1 4 . J h . b e l e g t .

moscheda

(wegen des t y p i s c h e n W o h l g e r u c h s

(Dante),

meschita

frz.

( 1 4 9 3 ) < hispa(16. J h . ) zugrun-

de60. D u r c h das K a t a l a n i s c h e w u r d e der a r a b i s c h e N a m e für das produkt

Benzoe

harz' > kat. woraus

an das I t a l i e n i s c h e v e r m i t t e l t : Arab,

henjui

Benzin

( 1 4 3 0 ) > ital. benzoino,

entstanden

bengiui

Handels-

luban gäwT ' B e n z o e -

( M . P o l o ) > dt.

Benzoe,

ist. 6 1

Zusammenfassung D e m o b e n D a r g e s t e l l t e n zufolge sind die A r a b i s m e n des I t a l i e n i s c h e n ü b e r w i e g e n d d e n H a n d e l s b e z i e h u n g e n G e n u a s , Pisas u n d V e n e d i g s zu den arab i s c h - i s l a m i s c h e n L ä n d e r n zu v e r d a n k e n . Sizilien k o m m t dagegen — t r o t z der relativ langen a r a b i s c h e n 57 58

" 60 61

Herrschaft -

n u r für e i n i g e , vor allem

der

Vgl. Schaube (1879), S. 317-329; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 334, Bd. II, S. 4 l 0 f f . Vgl. Zaccaria (1981), S. 199ff.; Corom. III, 517 b ff.; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 95. Vgl. Cort. III, 780 b ; Corom. 4, 63 b ; F E W 19, 122 a ff.; Arveiller (1985), S. 251ff.; Pfeifer I. Vgl. F E W 19, 668 b ; BW, 39"; Kluge 89, 42 b ; Pfeifer I, 63"; s. Artikel Artischocke. Cort. I, 132'; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 122; Pellegrini (1989), S. 80; Corom. I, 563 b ; F E W 19, 109 ff.; Diccianari Catala - Valencia - Balear II, Dozy Suppl. I, 169.

238

Italienisch als Vermittlersprache

L a n d w i r t s c h a f t z u g e h ö r i g e arabische B e z e i c h n u n g e n als V e r m i t t l e r b r ü c k e z u m G e s a m t i t a l i e n i s c h e n hin in B e t r a c h t . Dies ist in der H a u p t s a c h e a u f die d a m a l i g e politische Z e r s p l i t t e r u n g Italiens sowie a u f die H a n d e l s d o m i n a n z der g e n a n n t e n Seerepubliken im M i t t e l m e e r r a u m z u r ü c k z u f ü h r e n . D i e italienischen A r a b i s m e n w u r d e n in drei Kategorien u n t e r t e i l t : D i e H a n d e l s t e r m i n i , die H a n d e l s w a r e n b e z e i c h n u n g e n u n d die M a r i n e t e r m i n i . D i e W ö r t e r der letzten Kategorie sind etymologisch n i c h t gänzlich gesichert. S e k u n d ä r e n t l e h n t e italienische A r a b i s m e n h a b e n n u r in geringer Z a h l die d e u t s c h e S p r a c h e erreicht. D i e hier e r w ä h n t e n g e l a n g t e n ins Italienische d u r c h iberische V e r m i t t l u n g .

5.3· Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen 5.3.1. Durch italienisch-deutsche Handelsbeziehungen D a s Italienische vermittelte vorwiegend Arabismen der H a n d e l s t e r m i n o l o g i e an das D e u t s c h e . D e r H a n d e l s v e r k e h r zwischen Italien u n d D e u t s c h l a n d erwies sich seit d e m Mittelalter (trotz a n d e r e r die beiden Länder v e r b i n d e n d e r B e z i e h u n g e n geographischer 6 2 , politischer 6 3 , kultureller 6 4 u n d religiöser 6 5 Art) als der wichtigste V e r m i t t l e r italienischen Sprachguts auf d e u t s c h e m G e b i e t . D i e H a n d e l s g e s c h i c h t e zwischen b e i d e n G e m e i n s c h a f t e n verlief z u n ä c h s t , v o m 10. J h . bis zu Beginn der Kreuzzüge, h a u p t s ä c h l i c h in R i c h t u n g Italien: W ä h r e n d in dieser Z e i t s p a n n e n u r selten italienische K a u f l e u t e nach D e u t s c h l a n d k a m e n 6 6 , trafen dagegen ihre deutschen Kollegen o f t in Italien, vor allem in N o r d i t a l i e n , ein 6 . D i e Kreuzzüge b r a c h ten b e k a n n t l i c h einen g r o ß e n A u f s c h w u n g des italienischen H a n d e l s u n d der italienischen Seefahrt. Dies sollte sich auch auf d e n italienisch-deut-

2

63

64

65

67

Es h a n d e l t sich u m die süddeutsche Randzone, wo die romanische u n d die deutsche Bevölkerung d u r c h u n m i t t e l b a r e N ä h e der Sprachgrenze u n d d u r c h die damals politisch zusammengehörigen Gebiete neben- u n d miteinander lebten. Vgl. Ö h m a n n (1942a), S. 8; Pfister (1983), S. 2 5 3 . Italien gehörte seit O t t o II. zum Römischen Reich deutscher N a t i o n . Vgl. Pfister ( 1 9 8 4 ) , S. 8 8 7 . Die d e u t s c h e n S t u d e n t e n gingen (besonders im 13. Jh.) nach Italien, „um d o r t etwa die Rechte, M e d i z i n oder andere Wissenschaften in Bologna, Padua, Pavia oder Salerno zu studieren", ö h m a n n (1942a), S. 7. „Kirchliche B i n d u n g e n waren d u r c h die H e g e m o n i e s t e l l u n g R o m s bestimmt; seit d e m F r ü h m i t t e l a l t e r k a m auch eine große Zahl von deutschen Pilgern auf ihren Fahrten nach R o m oder ins Heilige Land mit Italienern oder mit venezianischen Seeleuten in Kontakt", Pfister (1984), S. 887. N a c h Schaube (1933), S. 83ff., lassen sich in der hier angesprochenen Phase weniger italienische Kaufleute als vielmehr italienische Kleriker, Lehrer, Maler u n d Baumeister in D e u t s c h l a n d nachweisen. Vgl. ö h m a n n (1942a), S. 8.

Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

239

sehen Handelsaustausch günstig auswirken 6 8 . Die italienischen Kaufleute fingen jetzt an, ihre Handelsreisen häufiger nach Deutschland auszurichten, wobei sie besonders die süddeutschen Städte, wie z.B. Nürnberg, Augsburg und Ulm aufsuchten 6 9 . Als häufig benutzte Handelsroute zwischen deutschsprachigem und italienischsprachigem Gebiet fungierte der Brennerweg, vor allem zwischen Bayern und Venedig, „der wichtigsten Vermittlerin des Levantehandels nach Europa" 70 . Venedig bildete im Hochmittelalter das Hauptziel des deutschen Italienverkehrs. Dies wird durch das sog. Fondaco dei Tedeschi, ein etwa im Jahre 1228 errichtetes deutsches Kaufhaus in Venedig nachgewiesen 7 1 . Die deutsch-venezianischen Transaktionen vollzogen sich fast ausschließlich im Fondaco, einer Einrichtung, die nach Pfister einem Ghetto gleichzusetzen war. Hier blieben die deutschen Kaufleute von den in der Seestadt verweilenden Orientalen ferngehalten und durften allein mit Venezianern ihre Geschäfte abwickeln. Durch die Fondaco-Politik konnte Venedig seine merkantilistische Monopolstellung unter Kontrolle halten 7 2 . Ein Zeugnis der regen deutsch-venezianischen Handelsbeziehungen ist auch die im Jahre 1308 gegründete deutsche Privatschule in Venedig, wo die Deutschen in der Handelskunst nach venezianischem Modell unterrichtet wurden. Die Schule fand noch bei den Fuggern große Anerkennung. Es liegen außerdem Handbücher und Glossarien vor, die ein gegenseitiges Interesse der Italiener und der Deutschen am Erlernen der Sprache des Anderen belegen 73 . Im 15. Jh. erreichte der deutsche Handel mit Venedig eine Hochblüte. Gehandelt wurde besonders mit Spezereien, die die Venezianer bis zum Ende des Mittelalters aus dem Orient bezogen. Venedig mußte aber seine Monopolstellung mit Spezereien sowie im Handel überhaupt einbüßen, als mit den großen geographischen Entdeckungen der Neuzeit portugiesische Schiffe Gewürze und dgl. aus Indien auf dem Weg um das Kap der guten Hoffnung nach Europa brachten 7 4 . Aber nicht nur mit Venedig, sondern auch mit Genua, Pisa und den norditalienischen Städten wie Mailand, Verona, Como und Piacenza standen die deutschen Kaufleute während des Hochmittelalters und auch später in regen Handelsbeziehungen 7 5 . Die infolge dieser Beziehungen ins Deutsche gekommenen italienischen und arabischen Ausdrücke des Handels verraten z.T. — wie andere in den deutsch-italienischen Kontaktgebieten (Tirol, Voralberg, Schweiz) entlehn-

68 69 70 71 72 73 74 75

Vgl. ebd. Vgl. Ö h m a n n (1974), S. 364; Schaube (1906), S. 433ff. ö h m a n n (1942a), S. 10; Schaube (1906), S. 443. A. Schaube (1906), S. 447ff.; Pfister (1983), S. 253. Vgl. Pfister (1983), S. 253; ö h m a n n (1942a), S. 10; Schulte I, S. 351ff. Vgl. ebd. Vgl. Öhmann (1942a), S. 10. Ö h m a n n (1974), S. 365.

240

Italienisch als Vermittlersprache

ten Wörter - ihre venezianische und norditalienische Herkunft 7 6 . Dabei kann auch das Rätoromanische ein italienisch-arabisches Wort an das Deutsche vermittelt haben. Die Möglichkeit zu einer solchen Entlehnung konnte z.B. durch den venezianischen Handel im rätoromanisch-deutschen Sprachgebiet oder auch durch die im Jahre 1440 von Venedig annektierten rätoromanischen Gebiete gegeben sein 7 7 . Die oberitalienischen und venezianischen Entlehnungen sind dann über die Sprachgrenze nach dem übrigen Deutschland gewandert. Bei folgenden Arabismen vermutet Pfister eine venezianisch-deutsche Übertragung: Ital. arancio (14. Jh.) (venez. (n)aranz) > dt. arantz, arans (Megenberg/ Buch der Natur); ital. carmesino, cremisino > dt. Carmesin, Karmesin (15. Jh.); ital. zucchero (14. Jh.) > dt. Zucker (12. Jh.) 7 8 . Als eindeutige oberitalienische Entlehnung im Deutschen ist der Arabismus dt. Artischocke (16. Jh.) < oberit. articibcco zu arab. IjarSof, das sonst gesamtital. carciofo geliefert hat 7 9 . Manchmal weisen die italienisch-deutschen Entlehnungen eine unterschiedliche Herkunftslandschaft auf. So liegen z.B. zwei Varianten des deutschen Arabismus Fondaco/ Fontego für die Bezeichnung der Handelsniederlassung vor. Die Form mit -nd- und mit der nicht sonorisierten Endung -aco weist auf eine pisanische oder toskanische Entlehnung (mlat.-pis. fondaco (1150), ital. fondaco) hin, die Form mit -nt- und der sonorisierten Endung -ego geht eindeutig auf venez. fontego bzw. fontego di Todeschi (1300) zurück 8 0 . Für die meisten italienisch-deutschen Arabismen lassen aber die lautlichen Merkmale keinen Schluß auf den einen oder anderen Herkunftsraum zu. Eine oberitalienische oder venezianische Herkunft der genannten Wörter ist jedoch aus historischen und geographischen Gründen in Erwägung zu ziehen. Es werden im folgenden die übrigen italienisch-deutschen Arabismen für H a n delsgegenstände angeführt, um in einem anderen Zusammenhang auf die Handels- und Marineterminologie zu sprechen zu kommen: Ital. lacca (14. Jh.) 8 1 ; ital. limone marzapane (1347) Ribisel (15. Jh.) 8 4 ;

76 77 78 79 80 81 82 81

84

Jh.) (mlat. laca 13. Jh. in Venedig) > dt. Lack (16. (mlat. limones 13. Jh.) > dt. Limone (14. Jh.) 8 2 ; ital. > dt. Marzipan (16. Jh.) 8 3 ; ital. ribes (14. Jh.) > dt. ital. soda (14. Jh.) > dt. Soda (18. Jh.) 8 5 ; ital. zibibbo

Vgl. Pfister (1983), S. 254ff. Vgl. Ö h m a n n (1942a), S. 14ff. Vgl. Pfister (1983), S. 256. Vgl. Artikel Artischocke. Vgl. Pfister (1983), S. 256; Pfister (1984), S. 884. Vgl. Artikel Lack. Vgl. Schulz/Basler II; Adelung III; Campe (1809) III; Weigand II; Duden IV. „Wort und Sache werden mit dem Italienhandel übernommen" (Pfeifer II); s. Artikel Marzipan. Cort. IV, 1063 b ; Kluge 89, 599 b , gibt das 15. Jh. als Entlehnungsdatum des dt. Ribisel an. Das Wort konnte jedoch erst seit dem 16. die Bed. Johannisbeere annehmen. Ribisel wird lediglich in Oberdeutschland und in Österreich anstatt Johannisbeere verwendet;

Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

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(15. Jh.) (venez. zibibo) > dt. Cibebe, Zibebe (15. Jh.) 86 ; ital. zibetto (15. Jh.) > dt. Zibet (15. Jh.) 87 ; ital. materassa, materasso, materazzo (14. Jh.) > dt. Matratze (15. Jh.); ital. guibba (14. Jh.) > dt. Joppe (13. Jh.), Schaube (15. Jh.); ital. tazza (1400) > oberdt. Tatse 'Tasse'. 88 5.3.2. Die Transferenzen im deutschen Schrifttum Die an das Deutsche durch das Italienische vermittelten Arabismen tauchen erstmals hauptsächlich in drei Textsorten auf: 1) In der höfischen Dichtung des späten Mittelhochdeutschen, 2) in den deutschen Urkunden und Chroniken, etwa ab der 2. Hälfte des 14. Jh.s, 3) in den deutschen Reisebeschreibungen des 15. und 16. Jh.s. 5.3.2.1. Transferenzen im Mittelhochdeutschen Für die Literatur des Mittelhochdeutschen spielte das Italienische nur eine nebensächliche Rolle. Italien hat im Mittelalter keine einflußreichen literarischen Werke hervorgebracht, die in Deutschland hätten Vorbild sein können, wie diejenigen aus Frankreich. Außerdem haben die mittelhochdeutschen Dichter bewußt keine italienischen Ausdrücke verwendet, da diese als nicht literaturfähig im höfischen Sinne empfunden wurden 89 . Nur vereinzelt haben mittelhochdeutsche Dichter des süddeutschen Raumes Italianismen in ihre Werke aufgenommen. Beim Tiroler Oswald von Wolkenstein (gest. 1445) z.B. kommen die italienischen Arabismen scherock 'warmer Wind' < ital. sciroccow; zesin 'Münzname' < ital. sesino (eine andere Form von ital. zecchino > dt. Zechine) vor 91 ; Im Buch der Natur Konrads von Megenberg taucht das vorhin zitierte Wort arantz, arans 'bittere Apfelsine' < ital. arancio92 auf.

85 86

87

88 85 50

" 92

vgl. Marzell III unter Ribes rubrum; P. Kretschmar (1969), 243f.; DWB 1 XIV führt Riebs m. (Campe); Riebsei n. (Campe) an; Die Form Ribsel ist bei Frisch, 115 b belegt; in Schmeller 2/1, 9, kommen Ribisl, Ribizl vor; vgl. Ribiselsaß 'Saft aus Johannisbeeren' (Duden V). Vgl. Artikel Soda. Vgl. Schirmer, 214; DWB 1 XXXI; Steinbach II, 1623 (Zibeben)·, Kramer II, 1449' (Ziebeben/ Zibeben)·, Zibebe wird nach Duden VI nur in Österreich und Süddeutschland für eine 'große Rosine' verwendet. In Wörterbüchern ist das Wort bereits (1561) bei Maaler, 520 b , als Ziberkatz belegt; vgl. (1616) Cibet „Zibettum, animal odoriferum; odoramentum musco assimile odore" Henisch, 604; (1700) Ziehet/ Ziebet-katz Kramer II, 1449 b ; (1734) Ziebetskatze Steinbach I, 835. Vgl. DWB 1 XXXI. Vgl. die Artikel Matratze; Joppe; Tasse. Vgl. Pfister (1984), S. 887; ö h m a n n (1942a), S. 63ff.; Ö h m a n n (1974), S. 380. Vgl. Ö h m a n n (1940), 156; Ö h m a n n (1942a), S. 67ff. Vgl. Ö h m a n n (1942a), S. 29. Vgl. E. ö h m a n n , N M , (1941), S. 21ff.; Öhmann (1942a), S. 20; Ö h m a n n (1974), S. 366. Die Stoffnamen buckeram und barragän, die hier in Zusammenhang mit den frz.-

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Italienisch als Vermittlersprache

5 . 3 . 2 . 2 . D i e Transferenzen in der Geschäftsliteratur D e r italienische E i n f l u ß a u f die deutsche Sprache wurde - wie bereits dargestellt - vor allem vom Handel getragen, so daß Italianismen eher in den Quellen der wirtschaftlichen Sphäre zu suchen wären anstatt etwa in der D i c h t u n g . D e m e n t s p r e c h e n d sind italienische Aussdrücke seit Anfang des 15. J h . s in erster Linie in deutschen Geschäftsurkunden anzutreffen. O h m a n n zufolge k ö n n t e n diese Ausdrücke bereits ab dem 10. J h . ins D e u t s c h e aufgenommen worden sein, wenn die U r k u n d e n l i t e r a t u r vor dem 1 5 . J h . nicht a u f Lateinisch, sondern in der Landessprache abgefaßt worden wäre 9 3 . D i e schriftlichen Zeugnisse k ö n n e n in dieser H i n s i c h t keine Auskunft über die wirkliche Chronologie des italienischen Lehnguts im D e u t s c h e n geben. Nach Ö h m a n n ist der erste italienische Beleg eines W o r tes jünger als sein Auftreten im deutschen S c h r i f t t u m , und sogar umgekehrt kann in einigen Fällen ein deutscher Beleg die frühere Existenz des W o r t e s im Italienischen nachweisen 9 4 . In den deutschen U r k u n d e n und C h r o n i k e n sind überwiegend technische Ausdrücke der Kaufmannssprache vertreten. Es handelt sich „um eine T e r m i n o l o g i e , die in j e n e r Periode eine internationale G e l t u n g h a t t e " 9 5 . D i e Rezeption ins D e u t s c h e k o n n t e nicht nur über das Italienische, sondern auch über andere Sprachen erfolgt sein, deren V e r t r e t e r in Handelsbeziehungen m i t D e u t s c h l a n d standen wie die Niederlande, Frankreich oder Spanien. E i n Beispiel dafür liefern die deutschen U r k u n d e n der Ravensburger Gesellschaft (um die W e n d e des 15. zum 1 6 . J h . ) , deren Handelsbeziehungen nach Spanien, Flandern, O s t e r reich und eben nach Italien reichten 9 . In diesen U r k u n d e n tauchen folgende, an das D e u t s c h e durch das Italienische vermittelte Arabismen auf: Ital. dogana ( 1 3 . J h . ) > dt. dogana ( 1 5 . J h . ) 'Zollhaus'. A u ß e r dem Ravens-

dt. Entlehnungen mehrmals erwähnt wurden, möchte Öhmann auf ital. bucherame bzw. barracano zurückführen. Vgl. ö h m a n n (1974), S. 3 8 1 . Die zwei bereits im 13. Jh. im Mhd. belegten Wörter finden sich hier bei Ulrich von Lichtenstein und bei Ulrich von Zazikhoven wieder. Eine Sonderstellung nimmt das mhd. soldän 'heidnischer Herrscher' ein, das auf ital. soldano (13. Jh., eine Kreuzzugsentlehnung aus arab. sultan 'Herrscher') zurückgeführt wird. Als frühester mittelhochdeutscher Beleg in den Dichtungen der Blütezeit wird soldän bei Hartmann von Aue im Erec angegeben. Die genannte Dichtung wurde aber erst in einer Handschrift aus dem 16. J h . überliefert, so daß das Wort erst im nachhinein dem Epos hätte beigefügt werden können. Allerdings taucht der Arabismus auch in den nachhöfischen Dichtungen und Chroniken auf. Als soldän ist er z.B. bei Hugo v. Trimberg im Renner, in der Kreuzfahrt Ludwigs des Frommen und in Ottokars Österreichischer Reimchronik (soldan) belegt. Diese Form mit -d- blieb bis ins 17. Jh. hinein im Deutschen erhalten. Sie wurde dann durch das seit dem 16. J h . vorkommende Sultan ersetzt. Vgl. DWB 1 X X ; Pfeifer II; Cort. 5, 1296 b ; Littmann (1924), S. 69. 93 94 95 96

Vgl. Öhmann (1974), S. 374. Vgl. ö h m a n n (1974), S. 374. Wis (1965), S. 2 8 3 . Krieger (1933), S. 11.

Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

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burger Beleg taucht dt. dogana in der Boccaccio-Übersetzung von 1472 oder 1473 auf. Ansonsten ist es in den Reisebeschreibungen von Rieter als düana ( 1 4 7 9 ) , von T u c h e r als duana ( 1 4 8 3 ) , von Rauwolf als doga ( 1 5 7 3 1576) belegt 9 7 . Ital. sensale (13. Jh.) > dt. Sensal ( u m 1500) ' M a k l e r ' , vgl. Sanser (1558); Sansar (1635); Sensal (1672); Sensal™. Ital. tara > ( 1 3 3 2 ) > dt. tara ( 1 4 . J h . ) 'Gewichtsverpackung' 9 9 . In anderer Geschäftsliteratur sind folgende ital.-dt. Arabismen des Handels belegt: Ital. t a r i f f a (14. J h . ) > dt. tarifa (1527/Fuggerinventur) ' T a r i f ' 1 0 0 . Ital. magazzino ( 1 3 4 8 ) > dt. Magatzin (1558/ Meder, Handelbuch), Magazin (1665/ Böckler, Schla m i l i t . ) 1 0 1 . Ital. garbellare (14. J h . ) > dt. karbuliren (1400/ S t ä d t e c h r o n . ) , gerbelieren (1420/ Schulte), garbelieren (1522/ Schirmer), gerbelieren ( D W B 1 V ) ' W a r e von Unreinigkeiten befreien' 5.3.2.3. Die Transferenzen in der Reiseliteratur Die Reiseliteratur aus dem 15. und 16. J h . brachte ebenfalls eine große Anzahl von Arabismen in die deutsche Sprache. Es handelt sich hier u m die deutschen Übersetzungen der italienischen Reisewerke sowie in erster Linie u m die sog. Palästina-Pilgerberichte, in denen die Reisenden ins Heilige Land ihre Orientbetrachtungen d o k u m e n t i e r t e n . Diese a l l g e m e i n europäische Reisewelle nach Jerusalem kann mit d e m Ende der Kreuzzugsbewegung u n d mit der W i e d e r a u f n a h m e des Levantehandels in V e r b i n d u n g gebracht w e r d e n 1 0 3 . Die Pilger konnten ihre Reise mit Handelsschiffen unt e r n e h m e n . Viele Deutsche nahmen daran teil u n d sie zeichneten in lateinischer u n d deutscher Sprache ihre Erinnerungen an die Fahrt ins H e i l i g e Land auf. Als solche Autoren, deren Reisebücher bis zum H u m a n i s m u s

Vgl. Krieger (1933), S. 67; Wis (1955), S. 119ff. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, daß das dt. Wort Diwan in der Bed. von 'Liegepolster; Gedichtsammlung' nicht aus dem Arab., sondern wahrscheinlich über das Französische aus dem Türkischen entlehnt wurde. In letzterer Sprache wie auch im Arabischen ist das Wort persischer Herkunft. 98 Vgl. Krieger (1933), S. 75; Schirmer (1911), S. 174; DWB' XVI; Adelung ; Campe; Weigand; Duden V. 99 Vgl. Krieger (1933), S. 75. 100 Vgl. Pellegrini (1972), Bd. 1, S. 105, 148, Bd. II, S. 434; Schirmer (1911), S. 188. "" Vgl. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 105; Schulz/Basler II, 52ff. 102 Vgl. Schirmer (1911), S. 167; DWB 1 V; ö h m a n n (1974), S. 368, 382, 384. Öhmann, ebd., S. 384, zählt gerbelieren zu den landschaftlich beschränkten umgangsprachlichen Ausdrücken, die im süddeutschen Sprachgebiet mit verschiedener Verbreitung vertreten sind. Vgl. dazu Gerbelur (16. Jh.) 'Unreines eine Ware' nach mlat. gerbelatura (1340). 103 Vgl. Heyd (1879), Bd. II, S. 24ff. (Die Kreuzzugsbewegung nahm bekanntlich ein Ende mit dem Fall der letzten Festungen der Christen an der syrischen Küste. Der Handelsverkehr mit dem Orient schien dabei zunächst ins Stocken zu geraten. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die italienischen Seestädte und die Südfranzosen den Orienthandel, vor allem mit Ägypten, trotz kirchlicher Verbote, Wiederaufnahmen). 97

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Italienisch als Vermittlersprache

den größten Erfolg in Handschrift und Druck erreichten, seien u.a. erw ä h n t : W i l h e l m von Bodenseele, Ludolf S u d h e i m , Bernhard von Breidenbach, Bruder Felix Fabri, H a n s Schildberger, H a n s T u c h e r 1 0 4 . I η ihren Palästinabüchern tauchen viele arabische Ausdrücke auf, die sich auf das N e u e und U n b e k a n n t e in den Ländern der Levante beziehen. Doch weisen diese A u s d r ü c k e einen starken italienischen E i n f l u ß auf. (In der deutschen W o r t f o r s c h u n g werden die Pilgerschriften deshalb auch nur dafür herangezogen, die Italianismen in der d e u t s c h e n S p r a c h e zu untersuchen 1 " 5 ). Es fragt sich n u n , w a r u m die deutschen Autoren, obwohl sie selbst in direkten Kontakt mit d e m arabischen S p r a c h r a u m getreten waren, ihre entlehnten Ausdrücke doch nach italienischer Art a u f n a h m e n . Die G r ü n d e hierfür hat W i s wie folgt z u s a m m e n g e f a ß t 1 0 6 : 1) Die Reise g i n g über einen italienischen Hafen, fast ausnahmslos über Venedig. 2) Die Seefahrt w u r d e auf einem italienischen Pilgerschiff u n t e r n o m men. 3) Die V e r m i t t l e r der Informationen über das H e i l i g e Land u n d die Levante ü b e r h a u p t waren vor allem die Italiener, die im Bereich des östlichen M i t t e l m e e r h a n d e l s jener Epoche d o m i n a n t waren. Die deutschen Verfasser der Pilgerschriften beherrschten die arabische Sprache nicht. Sie griffen deshalb bei der Beschreibung ihrer Seereise und der ihnen aufgefallenen N e u i g k e i t e n des Orients auf die A u s d r ü c k e zurück, die an Bord des Schiffes unter den italienischen Seefahrern u n d H ä n d l e r n verbreitet w a r e n . Hierzu k o m m t noch der U m s t a n d , d a ß diese Verfasser ihren W e r ken fast i m m e r ältere Vorlagen z u g r u n d e gelegt u n d aus ihnen abgeschrieben haben. Eine dieser Vorlagen bildete z.B. das Reisewerk des venezianischen K a u f m a n n s M a r c o Polo 1 0 7 . W i s ( 1 9 5 5 ) hat die deutschen Pilgerschriften nach Italianismen und A r a b i s m e n durchsucht und die Ausdrücke in alphabetischer Reihenfolge unter B e r ü c k s i c h t i g u n g der Schreibvarianten im chronologisch geordneten Belegmaterial lexikographisch behandelt. Es sind über 100 arabische Ausdrücke in Ricerche angeführt. Sie w u r d e n zwischen der 2. Hälfte des 14. J h . s u n d d e m Ende des 16. J h . s in die hier in Frage k o m m e n d e n deutschen Texte a u f g e n o m m e n . Davon stellen viele Erstbelege im Deutschen dar. Andere haben aber bereits im M i t t e l h o c h d e u t s c h e n ihre Entsprechungen gehabt. A u ß e r d e m weisen die Ricerche eine Reihe von okkasionell auf-

104 ,05 106 107

V g l . W i s ( 1 9 6 5 ) , S. 2 7 3 f f . V g l . ebd., S. 2 8 6 . V g l . ebd., S. 2 8 0 f f . M a r c o Polo reiste 1 2 6 0 u n d 1 2 7 1 nach Ostasien. S e i n b e k a n n t e s R e i s e w e r k w u r d e in alle K u l t u r s p r a c h e n übersetzt, ins D e u t s c h e im J a h r e 1 4 7 7 , u n d b i l d e t e die Q u e l l e f ü r m e h r e r e spätere R e i s e b e s c h r e i b u n g e n . V g l . Eis ( 1 9 6 7 ) , S. 2 3 .

Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

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genommenen Arabismen auf. Diese wurden entweder erst später aus anderen Sprachen oder aus dem Italienischen selbst erneut entlehnt, oder sie stellen absolute Gelegenheitsaufnahmen dar, die ohne Folgen für die deutsche Lexik geblieben sind. Als Beispiel dafür sind die damals wahrscheinlich unter den Reisenden und Kaufleuten verbreiteten Münznamen und Namen für Gewichte zu nennen. 5.3.2.3.1. Musterung der in den Ricerche vorkommenden Transferenzen Es werden im folgenden die Arabismen der Ricerche (außer den Gelegenheitsaufnahmen) nach der oben getroffenen Einteilung dargestellt und ausgewertet 108: 5.3.2.3.1.1. Erneute Entlehnung von bereits im Mhd. bezeugten Arabismen - Dt. Ambra (1477/ M. Polo; 1508/ New Landte; 1515/ Varthema; 1520/ Celestina; 1563/ Türck. Hist. I; 1566/ Alvarez; 1580/ L. Guicc.) < ital. ambra (1300) od. mlat. ambra-, mhd. amber (13. Jh.) < frz. ambre (1260). - Dt. Archaliffo (1477/ M. Polo) < ital. arcaliffo, archaliffo (14. Jh.); mhd. algalife (Rolandslied), kalif (1314) < afrz. algalife (11. Jh.), calife (12. Jh.). - Dt. Armyrey (1479/ Rieter u. Tucher), Armyero, Armiregio (1483-1489/ Fabri) < venez. armiraio, armiragio 'Befehlshaber der Muslime; Kommandant der Flotte'; mhd. amiral 'sarazenischer Herrscher' (12. Jh.) < afrz. amiral (11. Jh.). - D t . balasscho (1479/ M. Polo), ballayss (1479/ Rieter), Palas (1479/ Rieter), balles (1498/ Heinrich der Fromme), Balassy (1508/ Newe Landte), balass (1515/ Varthema), Baiass (1580/ Alvarez) < ital. balascio, balasso 'eine Art Rubin'; mhd. balas, ballas, baleis, balax (Parzival) < mlat. balscius u. afrz. balais (1220). - Oberdt. Binetsch (16. Jh.) < ital. spinaccio (14. Jh.); mhd. spinät (12. Jh.) < mlat. spinacium. - Dt. Bucharam (1580/ L. Guicc.) < ital. bucherame 'Stoffbezeichnung'; mhd. buckeram, buckerän (Parzival) < frz. bouquerant (12. Jh.). - Dt. Gianeten (1580/ L. Guicc.) < ital. giannetto 'cavallo barbaresco di Spagna'; mhd. genit, gennit, jennit (Parzival) < frz. genet. - Dt. Giraffe (1479) < ital. giraffa (1300); mhd. schraffe (13. Jh.) < afrz. giraf(f)e. - Dt. Caraten, carat (1515/ Varthema), karat (1566/ Alvarez), ital. carato (14. Jh.); mhd. garät, karät (13. Jh.) < frz. carat (1355). - Dt. Matratze (15. Jh.) < ital. materassa, materasso, materazzo (14. Jh.); mhd. materaz, matraz (13. Jh.) < afrz. materas.

108

Alle folgenden W ö r t e r sind dem Verzeichnis von W i s (1955), S. 90ff., e n t n o m m e n .

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Italienisch als Vermittlersprache

- Dt. papagalli (1477/ M. Polo), papigalvogel (1479/ Rieter), papagaly (1508/ Newe Landte), papigali (1515/ Varthema) < ital. pappagallo; mhd. papagän (13. Jh.) < frz. papegai (12. Jh.). - Dt. Safferain (1350/ Nierderrhein. Bericht), safferan (1477/ M. Polo), Saffran (1508/Newe Landte), saffran (1515/ Varthema) etc., ital. zafferano; mhd. safrän < afrz. safran (12. Jh.). - Dt. schauwe (1467-1467/ Rozmital), schaube (1491/ Schachten; 1520/ Celestina; 1563-1572/ Türck. Hist. I), schuhe (1486/ Grüneberg) < ital. giubba (14. Jh.) 'Bekleidungsstück'; mhd. joppe, juppe (13. Jh.) < frz. jupe (12. Jh.) od. ital. giubba. - Dt. Schirokko (19. Jh.), Sirocco (< ital. sirocco, scirocco 'Südostwind'. - Dt. soldan (1336-1341/ Ludolf von Sudheim), Solldan ( 1 3 4 6 / 1 3 4 7 Jacob von Bern), soldain, souldain, souldane, soldane (1350/ Niederrhein. Bericht), soldan (1394-1427/ Schiltperger), soldan (1454/Ehringen), Soldan (1472/ Bocc.), soldan (1477/ M. Polo), Soldan (1479/Tucher) 1 0 9 ; mhd. soldän (13. Jh.) < aital. soldano (13. Jh.). - D t Somaca (1580/ L. Guicc.) < ital. sommac(c)o\ mhd. sumach (12. Jh.) < mlat. sumach. - Syropo (1479/ Tücher) < ital. sciroppo, älter siroppo-, mhd. sirop < mlat. sirupus. - Dt. Zechine (16. Jh.) < venez. zechin, ital. zechino; mhd. zesin (Oswald v. Wolkenstein) < ital. sesino 'Münzbezeichnung'. - Dt. cedewer (1350/Niederrhein. Bericht), Zytwars ( 1 5 0 8 / N e w e Landte), zitwen, Zitwan (1515/ Varthema), ital. zettovario 'Zittwer'; mhd. u.a. zitewar, zedwar (11. u. 12. Jh.) < mlat. zedovarium. Dt. zucker (1350/ Niederrhein. Bericht), sucker, tzucker (1418-1419/ Porner), zucker (\454/ Ehringen; 1467-1467/Rozmital; 1472/ Bocc.; 1477/ M. Polo; 1479/ Tucher; 1483-1484/ Fabri etc.); ahd., mhd. zucker, zuker < ital. zucchero. Die meisten der hier gebrachten Arabismen stellen vereinzelte Ubernahmen dar, die sich im Deutschen nicht durchgesetzt haben. Die entsprechenden mhd. Varianten wurden dagegen bis zum heutigen Deutsch tradiert. Die Ausnahmen sind mhd. schraffe, materaz, scherock und zesin, die unter den Formen Giraffe, Matratze, Schirokko und Zechine erneut aus dem Italienischen übernommen wurden. Die Wörter Amber und Ambra·, Joppe und Schaube existieren heute als Doubletten. Der Stoffname mhd. bukkerän·, frühnhd. Bucharam wurde durch die engl. Form Buckeran verdrängt. Das Wort Binetsch, Binätsch kommt nur im Oberdeutschen vor. Dagegen ist nhd. Spinat die Fortsetzung des mhd. spinät.

109

Die heutige Form Sultan.

Sultan

ist direkt vom Arabischen ins Deutsche e n t l e h n t , s. Artikel

Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

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5.3.2.3.1.2. Erstbelege für italienisch-deutsche Arabismen - Dt. Arzenal, Arschanal (1483-84/ Fabri); archinal (1553/ Hagen); Arsenal (1557/ Giannotti: Arsenale; 1571/ Martinengo; 1573/ Contarini); arsinal (1585-89/ Kiechel) < ital. arsenale (1540) 'Schiffswerft; Zeughaus'. - Dt. bentzui (1508/ Newe Landte: belzui)·, Beltzui (1515/ Varthema: belzui-, 1520/ Celestina); Berozui, Bentzui (1566/ Alvarez: Bentzui) < ital. benzoino, belgiuino·, älter belgiü, belzui, bengiü 'Benzoeharz'. - Oberdt. Binetsch 'wirdt im Augstmonat gesäyet1 (1580/ d e m e n t e : spinacct) < ital. spinacio (14. Jh.) 'Spinat'. - Dt. Fontigo, 'namen unss dy Venediger kaufleut ... auff in dem grossen Fontigo' (1479/ Rieter u. Tucher); Fontica (1483-84/ Fabri); Fondaco (1573-76 Rauwolf); fontego 'oder teiitsche haus' (1585-89 Kiechel) < ital. fondaco, venez. fonteco, fondego 'Handelsniederlassung'. - Dt. gabella, gabell 'oder zoll' (1585-89/ Kiechel) < ital. gabella (14. Jh.) 'Steuer, Zoll', (Vgl. Gabelle im Schweizer Idiot., Fischer, Schwab. Wb.). - Dt. Garbin 'ein wünd von Ostro Garbin' (1585-89/ Kiechel) < ital. garbino 'Südwestwind'. - Dt. Giraffe, Giraffi (1479/ M. Polo: giraffe)·, seraffe 'ein wunderlich tier, das heist man seraffe' (1385/ Egen); seraphen (1433-1434/Katzenellenbogen); Giraffi (1479/ Tucher); Straff (1483-1489/ Fabri); Zyraffen (1508/ Newe Landte) < ital. giraffa (1300). - Dt. Kracke, 'wiewohl ein Kracke grosser ist, so verglichen sie doch diesser naven ein Krachen (1521/ O t t o Heinrich); 'zwey Genueser Karakken (welches Schiff sind, darinn man das Volck unnd Pferd überführet' (1563/ Tiirck. Hist. I); Caraccen (1574/ Fr. Guicc.: caracche) < ital. caracca (15. Jh.) 'großes T r a n s p o r t s c h i f f . - Dt. karmosin samat (1454/ Ehringen); Cremesyn, Crimisin, kremesynen (1508/ Newe Landte: chermesino, chermesin, cremesino); Carmesinen (1566/ Castiglione: cremosi); Carmesin (1563-76/ Türck. Hist. II); Cremesinfarb (1580/ L. Guicc.: color chermisi); Carmasin (1585-89/ Kiechel) < ital. carmesino, carmosino, chermesino, cremisino 'hochrote Farbe'. - Dt. lacha, 'das ist ein roth gummi', Lacca (1508/ Newe Landte: lacca)·, Lac, lacca, Laca (1515/ Varthema: lacca, lacra)·, Lacha (1566/ Alvarez: Lacha) < ital. lacca (1400). - Dt. Lymons, 'eyn cleyn vrucht' (1350/ Niederrh. Bericht); 'von öppfel, die hayssendt limon (1394-1427/ Schiltperger); lymoni {\A72I Bocc.: fehlt im Original); 'vil lieblichs obss ... von pamerantzen, limony (1479/ Rieter); 'sirup von lymoni' (1479/ Tucher); lemonenn (1483/ Breitenbach); Lemonien (1483-84/ Breitenbach); lymoni (1508/ Newe Landte: Limoni); Limonen (1580/ L. Guicc.: limoni)·, Lemon (1573-76/ Rauwolff); Lemonen (158586/ Kiechel) < ital. limone (mlat. limons 13. Jh.) 'eine Art Zitrone'. - Dt. mamellocken (1444/ Pilgerbüchlein); mamalucken (1454/ Ehringen); Mammeluck (1479/ Rieter); mammelucken (1479/ Tucher); Mammalocken

248

Italienisch als Vermittlersprache

(1483-84/ Fabri); Mammalucke

halttenn

'ist ein verleugtter Christ, die da hochge-

undt herren siendt ihnn der heidenschafft des Soldans

Schachten); Mammelocken

Varthema: Mamaluchi)·,

(1491/

(1507/ Herzog Friedrich II); mamalugken

Mamelücken

(1521/ Itinerarium);

(1563-79/ T ü r c k . Hist. I); Mammalucken

(1566/ Alvarez:

(1515/

Mammelucken Mamalucchi)·,

Mamelucken (1570/ Messia); Mammalucken, 'von theütschen janitscharen, welche zu renigaten oder mamelücken worden (1573-76/ Rauwolff); mamelücken (1585-87/ Kiechel) < ital. mammalucco, (mam(m)aluco) (15. Jh.) 'soldato egiziano ο turco'.

— Dt. materatz, 'Item yedem ein beth, materatz' (1470/ Brunner); Matratzen 'und Betlein (1483-1484/ Fabri); Matratzschen, 'legen sie eine Materatzschen von Baumwolln (1563-1579/Türck. Hist. II); madraza, 'öttliche madrazen (1585-1587/ Kiechel) < ital. materassa, materasso, materazzo (14. JH.)·



Dt. muschea, 'ein haydnisch muschea oder kirch' (1479/ Tucher); musch-

gea (1515/ Varthema: Meschita)·,

Moschea

(1566/ Alvarez: Moschea);

Mo-

scheen (1567-71/ Rauter); Moschea, Moschee (1574/ Fr. Guicc.: Moschee)·, Moschee

( 1 5 7 3 - 7 6 / Rauwolf) < ital. moschea

(1484).

— Dt. mumia, 'fyndt man die mumia, Das ist aussgedorret menschen flaysch, das braucht man in ertzney (1515/ Varthema: qui se fa la momia)·, Mummia (1580/ L. Guicc.: mummia)·, mommia 'hart wie ein holz, gleich als mommia in Aegipten

( 1 5 8 5 - 8 7 / Kiechel) < ital. mummia

— Dt. schauwe, 'vil gulder sammeter schauwen schaube

(15. Jh.).

(1467-1467/ Rozmital);

(1491/ Schachten; 1520/ Celestina; 1 5 6 3 - 1 5 7 2 / T ü r c k . Hist. I);

schube, 'mit ainer grossen hüllen und langen schuhen (1486/ Grüneberg) < ital. giubba

(14. Jh.) 'corpetto, veste ampia lunga'.

— DL Siroco, 'ein wind von Ostro Siroco' (1585-1587/ Kiechel); Sirocco ( 1 5 7 3 - 1 5 7 6 / Rauwolf); m h d . scherock (Oswald v. Wolkenstein) < ital. si-

rocco, scirocco. — Tamarindi (1508/ Newe Landte: tamarindi)·, Tamerindi (1515/ Varthema: keine Entsprechung im ital. Text); Tamerindi (1566/ Alvarez: tamarindi), ital. tamarindi. Das heutige deutsche W o r t Tamarinde wird auf mlat. tamarindi, tamarindus zurückgeführt. Als Erstbeleg hierzu wird ein in Ryffs Spiegel der Gesundheit (1574) auftauchendes tamarinden angegeben.

— Dt. Tuzia, 'do wechset der Tuzia, den man prauchet zu den äugen (1477/ M. Polo: quivi si fa la tuzia)·, Tutia (1580/ L. Guicc.: tutia), (la tuzia

— tuczian!

in Antico vocabulario italo - tedesco von 1423 -

nhd. Tutia, Tutia wird auf mlat. tutia, tucia (12. Jh.), wobei ein

24);

tuttian,

tutzi (1482 in Voc. theut./ D F G , 300 c ) als Erstbeleg angegeben wird. Vgl. dazu D W B 1 XXII. Das arabische G r u n d w o r t dazu ist t d t i y a 'Zinkoxyd.

— Dt. Zechin (1573/ Contarini: cechini); zechinen, zeckin (1585-87/ Kiechel) < ital. zecchino, venez. zechin 'ducato d ' o r o veneziano'. — Dt. cibibo (1472/ Bocc.: keine Entsprechung im ital. Text); 'zwey

pfund

249

Rezeption der arabisch-italienischen Transferenzen im Deutschen

zybeben

(1476/ Tucher); 'die grossen

weinper,

bey uns genant

zibiben

( 1 5 1 5 / V a r t h e m a : non corrisponde); Cibeben (1573-76/ Rauwolf); züböb(e) ( 1 5 8 5 - 8 7 / K i e c h e l ) < ital. zibibbo ( 1 5 . J h . ) , venez. zibibo, zebibo 'Zibebe'. - Dt. zibetto (1477/ M . Polo: moscado); zibeto (1472-80/ Leman); Zybetho (1508/ N e w e L a n d t e : zibetto)·, zibetenkatzen (1515/ V a r t h e m a : gatti

da zibetto);

zibeto

(1520/ Celestina); Zibet

(1580/ L. Guicc.: zibetto)


ital. > dt.

Ρ c Ρ c Ρ

ETYM: Arab. där as-sinä'a f. 1) 'Gewerbehaus'; 2) 'Schiffswerft', eine lexikalisierte, attributive Fügung aus där 'Haus' und sinä'a 'Gewerbe, Handwerk, Fabrikation', zu sana'a 'herstellen, fabrizieren'. Dozy Suppl. I, 472" u. 848"ff.; LA 8, 208 b ff.; Wehr 413 u. 728-729.

VS: Ital. Arsenäle m. (< venez. arsenä) 'Schiffswerft' (1321, arzenä bei Dante); 3) 'Fabrikations-und Lagerstätte für Kriegsmaterial' (1558, arsenale).

Cort. I, 75 b ff.; Pellegrini I, 91ff., 142, 346; II, 424, 582; Kluge 89, 41 b ; Pfeiffer

I, 62". [Das ital. Wort stammt aus dem Venezianischen. Die Endung -ale scheint im Nachhinein an das Wort angehängt worden zu sein, vielleicht durch den Einfluß der mlat.-ligur. Form darsinale (neben darsina)·, vgl. Arveiller (1972), 404-413. Im Venezianischen ist arzanä (13.

252

Italienisch als Vermittlersprache

arsenä (1305) belegt u n d taucht in mlat. D o k u m e n t e n Venedigs arsenatu (1272); arscnatus (1327); arccnatus (1314) auf, vgl. C o r t .

als arsana ( 1 2 0 6 ) ; I, 7 5 b . Die Ü b e r t r a g u n g M a r i n e a r s e n a l > Waffenarsenal k a m daher, d a ß im Marinearsenal auch Kriegsschiffe gebaut, repariert u n d gelagert w u r d e n . Im Marinearsenal von Venedig w u r d e n a u ß e r d e m W a f f e n hergestellt. Z u r G e s c h i c h t e u n d F u n k t i o n des Marinearsenals Venedigs sowie anderer italienischer europäischer u n d arabischer Seesstädte vgl. L e x . M T I, 1 0 5 2 - 1 0 5 3 ; EI 2 , 1 2 9 - 1 3 1 ] .

Jh.);

D T : Seit Ende des 15. Jh.s bezeugt, zunächst in Reisebeschreibungen, hauptsächlich in bezug auf das Arsenal von Venedig, das einmal als Schiffswerft, ein andermal als Rüstkammer geschildert wird. 'Marinearsenal' (in

und außer Venedig): (1483/84) in das Arzenal ... dass ist ein

umbgemaurt

orth in der Stadt Venedig wenig kleiner denn Ulm (Fabri/ W i s 95); (1523) in daz arschinal, do man die schiff und grosse galeen macht ( H a g e n / W i s 9 5 ) ; (1557) übers Arsenal, Nemlich Zeugkhaus ( G i a n n o t t i / W i s 95); (1585/89) l'arsinale d'el Ducca, des herzogen zeüghaus oder rüstkammer (Kiechel/ W i s 9 6 ) . (1594) weilen dieselben [schiffleuth] theils in unser kayserlich arsional zu Wienn zur fortbringung der hinderblibnen galeen genommen [...] worden (Starrer, Q u . W i e n / F r ü h n h d . W b . II, 174); (1627) vor der Statt der Arsenal wo die Galleren gebawen werden [von Genua] ( F u r t t e n b a c h / Schulz-Basler I, 5 3 ) ; (1786) war ich im Arsenal [in Venedig] .. mir interessant genug, da ich noch kein Seewesen kenne und also auch hier gleichsam die untere Schule besucht habe ( V e n . E p i g r . / G o e t h e W b . 1, 8 3 3 ) ; (Goethe) '[Neapel] Kinder .. sieht man sehr oft in der Gegend des Arsenals, oder wo sonst .. gezimmert wird, wobei es Späne gibt ( G o e t h e W b . I, 8 3 3 ) . 'Waffenarsenale' (ältere Belege beziehen sich auf die Fabrikations- u. Lagerstätte für W a f f e n u n d Gerät in Venedig. Die Bed. 'Zeughaus' schlechthin k o m m t erst im 17. Jh. auf, vielleicht

unter frz. Einfluß): (1627) Arsenal [als frz.], Zeughauß, arsenal, apud vul-

gum ( M a r t i n , C o l l o p u e s / Schulz/Basler I, 53); (Goethe) wie er [Friedrich II.] .. eine mit allem versehene Armee hinterließ, alle Arsenale und den Schatz gefüllt ( G o e t h e W b . I, 8 3 3 ) . 4) (übertr.) ' A n h ä u f u n g , Sammlung': (Goethe) zwei Gestelle / Mit Gläsern eins .. / Mit Büchsen eines und mit Schachteln: / Dieß ist das Arsenal, woraus der Tod/ Privilegirte Pfleile sendet ( G o e t h e W b . I, 8 3 3 ) ; (1973) ein Arsenal mehr oder weniger lustiger sprachlicher Erfindungen (Bausinger, Dialekte/ D u d e n I).

WB: (1616) Arsenal/ arcynal «ist eigentlich ein zeughauß der Schiffen/ da man die Schiff machet vnd haltet/ [...] deßgleichen zu Venedig ist/ so das f ö r n e m b s t in der gantzen W e l t / vnd in seinem begriff ein halbe Teutsche meilen jnnen hat» ( H E N I S C H , 122); (1691) Arsenal «ein Zeughaus/ Rüstkammer. Arsenal, eine Schiffrede» ( S T I E L E R I, 53); (1774) Das Arsenal «öffentlicher O r t , wo Gewehr und Kriegsbedürfnisse verfertiget und aufbewahret werden; ein Zeughaus» ( A D E L U N G I, 3 9 4 ) ; (1801) Arsenal «das Zeughaus» ( C A M P E , 131); (1860) Arsenal «Rüst-, Zeughaus; O r t zur Aufbew a h r u n g des zur Ausrüstung einer Flotte Nöthigen, Werftstelle» ( S A N D E R S I, 4 6 b ) ; (1907) Arsenal «Zeughaus» ( W E I G A N D , I, 87); (1976) Arsenal « l ) G e räte- u. Waffenlager; 2) Sammlung, Anhäufung» ( D U D E N I).

253

Lexikographischer Teil

A. SPR: Frz. arsenal (15. Jh.); engl, arsenal (1506); span, (1610). FEW 19, 39'ff.; O E D I, 655 b ff.; Corom. I, 362'ff.

arsenal

A r t i s c h o c k e Ν. f. »Gemüsepflanze (Cynara Scolymus)« Arab. > ital. > dt.

Ρ = Ρ = Ρ

ETYM: Arab. j]uräQf η. koll. m. „Cynar Scolymus" und „dessen Frucht", Var. barSQf, b a r ^ u n d b" r s0fa barsOfa n. unit. f. Die verschiedenen Varianten des Wortes (auch har£af, hurSOf) lassen auf eine Entlehnung im Arabischen schließen. Wehr 329 k ; Dozy Suppl. I, 362 b ; Dietriech (1988), III 15; Völlers 1896, 630. Die hispanoar. Variante al-bar?ufa (> span. alcachofa, älter carchofa 1423; alcarchofa 1495 oder 1493) soll nach FEW 19, 69", auch dem ital. carciofo zugrunde liegen. Corom. I, 125", möchte jedoch das ital. Wort auf das Kollektivum b ur $ Q f zurückführen. VS: Nordital. articibcco m. 'Artischocke', Var. articiocca, articciocch, arcicioffo, arciciocco; archichiocco (Mattioli), ist eine entstellte Form des ital. carciofo, die vermutlich unter dem Einfluß des aspan. alcarcofa entstanden ist.

Battisti I, 308'; Pellegrini I, 118, 188; FEW 19, 68 b ; Kluge 89, 42 b ; Pfeifer I, 63';

Marzeil I, 1293.

D T : Seit dem 16. Jh. belegt, zunächst mit variierten Schreibungen und schwankendem Genus (m. u. n.): (1542) Articoca (Fuchs); (1556) Artischock (Frisius, Nomenciator); (1573/76) Artischochi (PI.) (Rauwolf); (1663) Artschok (Schottelius); Erdschocke (Stoppe, Neue Färb.); (1781) Artischocke (Reuß). Frühnhd. Wb. II, 201; Marzell I, 1293ff.; Wis (1955), 96; Weigand I, 89).

WB: (1561) Artischock «wälschdistel» (MAALER, 3 l b ) ; (1616) Artischok «strobeldorn / strobeldistel / welschdistel [...]. Glatte Artischocke staud / welches die beste sind / Englich artischocken. [...]. Die frücht von den Artischocken / so man jsset» ( H E N I S C H , 125ff.); (1700) Artschock m. «carcioffo» (KRAMER 1,11b); (1741) Artischock «Eine Pflanze mit spitzigen Blättern, davon man innen heraus und unten an den Blättern etwas essen kan» (FRISCH I, 37 b ); (1774) Die Artischocke «die Frucht, oder vielmehr der fleischige, eßbare Kelch einer Pflanze mit verwachsenen Staubbeuteln, und fruchtbaren Zwittern, und diese Pflanze selbst» (ADELUNG I, 398ff.); (1807) Die Artischocke «der Name einer Pflanze, deren Kelch aus vielen übereinanderliegenden rundlichen und fleischigen Blättern besteht, deren Fleisch der eßbare Theil der Pflanze ist (Cynara L.). Dasjenige, was von der Artischocke bleibt, wenn die Kelchblätter abgebrochen werden, heißt wegen der Ähnlichkeit in der Gestalt, der Käse. [...]» (CAMPE I, 209 b ); (1860) Artischocke «eine Pflanze (Cynara) und deren eßbarer, fleischiger Kelch, der aus dem sogen. Käse herausgebrochen wird. [...]» (SANDERS I, 49 b ); (1907) Artischocke « [...] : in Gärten gezogenes Distelgewächs mit eßbaren Köpfen, welsche Distel. [...]»; W E I G A N D I (1907); (1976) Artischocke «1. distelartige Gemüsepflanze. 2. wohlschmeckende Blütenknospe von (1)» ( D U D E N I).

254

Italienisch als Vermittlersprache

A . S P R : S p a n , alcachofa (16. Jh.).

( 1 4 9 2 ) ; frz. artichaut

( 1 5 3 0 ) ; engl,

artichoke

C o r o m . I, 125"; D D M , 49"; O E D I, 662 c .

Baldachin

N . m. »prunkvolle

Arab. > ital. > dt.

Überdachung« Μ *

Ρ = Ρ

E T Y M : Arab, ^ j l - i i j b a g d ä d l A d j . u. Ν . m . 1) ' p r a c h t v o l l e s G e w e b e aus B a g d a d ' ist d u r c h d a s Z u g e h ö r i g k e i t s s u f f i x -I aus B a g d a d ' B a g d a d ' , d e m H e r s t e l l u n g s o r t dieses S t o f f e s , abgeleitet. D e r arab. S t a d t n a m e s t a m m t aus d e m Persischen (pers. b a g (< aind. b a g a ) ' G o t t ' u n d pers. d ä d ' G e d e n k ' 1 ) . Blachfcre I, 728 a ff.; F E W 19, 18 b ff.; Lokotsch 170. D a s ital. baldacchino 'Seidens t o f f w u r d e nach d e m arabischen M u s t e r g e b i l d e t , m i t d e m A b l e i t u n g s suffix -ino und Baldacco, dessen -/- in d e n r o m a n i s c h e n S p r a c h e n d u r c h d e n W e c h s e l v o n arab. zu rom. -g- > -u- > -l- erklärt wird. Tagliavini (1963), 440.

V S : Ital. baldacchino m . ( 1 3 6 3 ) 2 ) 'aus p r u n k v o l l e m S t o f f a n g e f e r t i g t e Ü b e r d a c h u n g v o n Altären, Betten, T h r o n e n ' . In dieser B e d . ist das W o r t bereits im 13. J h . in mlat. Q u e l l e n Italiens bezeugt, so ( 1 2 3 8 ) planetam unam bandachini ( C a s t i l l o di B o n i f a c i o ) ; ( 1 2 8 1 ) ballakinum (in V i t e r b o ) ; ( E n d e des 13. J h . s ) baldakinus (in S a l i m b e n e ) . N a c h T a g l i a v i n i e r f o l g t e die Ü b e r t r a g u n g des älteren ital. baldacchino 'Seidenstoff' > 'prunkvolle Ü b e r d a c h u n g ' nicht m e t o n y m i s c h , s o n d e r n d u r c h L e h n b e d e u t u n g aus einer o r i e n t a l i s c h e n S p r a c h e i n f o l g e des ital. L e v a n t e h a n d e l s . N a c h g e w i e s e n wird dies d u r c h d a s türk. b a g d a d i „ p l a f o n d crepit de platre ä la fa^on de B a g d a d " , d a s ins R u m ä n i s c h e als bagdadie ' M i t S t u c k o r n a m e n t e n verzierte D e c k e ' ü b e r g i n g . W e i t e r e Ü b e r t r a g u n g e n des ital. baldacchino sind: 3 ) ( K i r c h e n w e s e n ) ' T h r o n h i m m e l über d e m S a k r a m e n t ' ( 1 4 9 8 ) ; 4 ) ( B a u k u n s t ) 'steinernes O r n a m e n t über einem Altar'. Vgl. Cort. 1, I05 b ; Tagliavini (1963), 4 3 8 f f . ; Pellegrini 1, 115,

173.

D T : S e i t d e m 17. J h . belegt, a n f a n g s a u c h in italienischer S c h r e i b u n g , als ' B e t t h i m m e l ' : ( 1 6 0 9 ) ein Tapezerey vnd Baldachine zu einem Bett (Carolus, Relation); als T r a g h i m m e l : ( 1 6 6 7 ) unter einem gantz Goldstucken Baldachin oder Himmel (Fritsch, de Augusta); ( 1 6 8 9 ) die Raths-Herren hielten an 6 verguldten Stangen einen Baldachin oder Schirm von rotter Seyden. (Dalhover, Gartenbeetlein); ( 1 6 9 0 ) ein Baldachin, unter welche beede Kayserliche Majestäten einhergiengen (Hochbeehrtes Augsburg). Schulz/Basler 1,71. [Bereits im 14. Jh. weist mhd. baldekin (12.Jh.) 'kostbarer, goldgewirkter Seidenstoff < afrz. baldekin (13. J h . ) vereinzelt auch die Bed. 'Thron-, Traghimmel aus kostbarem S t o f f ' auf, vgl.: sin schirmetuoch was baldekin ( M S H . / Lexer I, 114). In dieser Bed. liegt auch ein nhd. Baldequin vor, das den Einfluß des frz. baldaquin (14. Jh.) (ebenfalls aus dem Ital.) zeigt. Vgl. Pfeifer I, 9 0 ; F E W 19, 18 b . Andernfalls erscheint noch (1741) bei Frisch I, 51 c ein Baldakin in der Bed. 'kostbarer Stoff': „ B a l d a k i n [...] wurde auch zu Baar=Tfichern und Staats=Kleidern gebraucht".] 1

Diesen Hinweis verdanke ich Prof. K. Deller/ Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients/ Fach Assyriologie/ Universität Heidelberg.

Lexikographischer Teil

2 5 5

WB: (1741) Baldakin «Ein Himmel den man über grosse Herrn trägt, [...]. Balkin, zusammen gezogen für Baldakin, [...]. Ein Gedeck, welches die Raths=Herren über dem Kaiser trugen, und die übrigen folgten dem Belklin oder Baldachin. [...]» (FRISCH I, 51 c ); (1774) Der Baldachin «ein beweglicher Himmel, eine zierlich ausgespannte Decke, ein Thronhimmel» (ADELUNG I, 622); (1801) Baldachin «der Tragehimmel, Thronhimmel» (CAMPE, 142); (I860) Baldachin «Trag-, Thron-, Prachthimmel, Himmeldecke» (SANDERS I, 70 c ); (1909) Baldachin «Trag-, Thronhimmel»; (1976) {Baldachin «1. mit Stoff bespanntes, prunkvolles Schutzdach; Betthimmel, Thronhimmel. 2. Traghimmel, der bes. bei Prozessionen u. Umzügen über dem Sakrament od. dem Bischof getragen wird. 3. (Kunstwiss.) a) steinerner Uberbau über einem Altar od. Grabmal; b) Schirmdach über einer Statue u. über der Kanzel.' ( D U D E N 1). A. SPR: Frz. baldaquin ( 1 3 5 2 ) ; span, baldaquin ( 1 3 2 5 ) ; engl, baldachin ( 1 5 9 8 ) .

FEW 19, 18 b ff. ; D D M , 69 a ; Corom.

I,

472 b ; O E D

1,

898 b .

Benzin Ν. η. »Treibstoff« Arab. > ital. > dt.

Μ C Ρ * Μ

ETYM: s. unter Benzoe VS: s. unter Benzoe D T : Benzin (19. Jh.) 'Erdöldestillat' ist eine Neubildung zu Benzoe (18. Jh.) 'Harz des Benzoebaums'. Durch die Verwendung des Benzoeharzes in der Chemie wird der Wortstamm Benz- zum Bestandteil der chemischen Nomenklatur. Benz wird in Zusammensetzungen oder Ableitungen mit den Suffixen -in und -ol verwendet, um verschiedene synthetische Präparate zu bezeichnen, z.B. Benzoesäure, Benzol. Pfeifer 1, 121"; Kluge 89, 74 b . [Zunächst wurde der aus Benzoeharz gewonnene Stoff Benzoesäure genannt. Aus der Bezoesäure wurde später Kohlenwasserstoff gewonnen und vom deutschen Chemiker Mitscherlich Benzin (1833) genannt. Kurz danach hat Liebig für diese chemische Verbindung das W o r t Benzol (1834) geprägt (in Anlehnung an Alkohol oder an lat. oleum 'Öl'). Somit konnte das semantisch nicht mehr besetzte Wort Benzin auf das Erdöldestillat' übertragen werden. FEW 19, 109 b ; Römpps Chem.Lex I, 378 a ff.].

WB: (1976) Benzin «Gemisch aus gesättigten Kohlenwasserstoffen, das als Treibstoff für Vergasermotoren u. als Reinigungs- u. Lösungsmittel verwendet wird» ( D U D E N 1). A. SPR: Frz. benzine (1833); engl, benzine (1835); ital. benzina (1865); span, bencina (1884). FEW 19, 109 b ; O E D II, 118c; Cort. I, 131 b ; Corom. I. 563 a .

B e n z o e N. f. »Harz des Benzoebaums« Arab. > kat. > ital. > dt.

Μ c Ρ c

Μ

ETYM: Arab, ^jl^· ü M lubän gäwT m. 1) 'Benzoeharz', wörtlich 'javanischer Weihrauch' wurde attributiv aus lubän m. 'Harz, Weihrauch' und

Italienisch als Vermittlersprache

256

gäwT Adj. zu gäwa 'dem arabisierten Namen der Malaischen Insel Yawa 'Java' gebildet. Arab, luban ist mit gr. λ ί β α ν ο ς 'Weihrauch' verwandt. Beide Wörter gehen auf südarab. liban 'milchfarbenes Weihrauchharz' (zur Wurzel Ibn 'weiß') zurück. Blachfcre III, 1283 b ; Dozy Suppl. I, 169; EI1 II, 6 l 4 b f f . ; W K A 11,1, 173 b ; Müller (1974), 53-59. Nach Corom. sind die romanischen Entsprechungen von Benzoe aus dem Katalanischen übernommen, erstens da kat. benjui (1430) zuerst belegt ist und zweitens weil der Ausfall von ludes arab. luban nur im Katalanischen, durch Verwechselung mit dem kat. Artikel lo möglich ist. Corom. I, 563 b . VS: Ital. benzoino m. 'Benzoeharz' (1550/ belzoino bei Mattioli), bengiui (1498/ M . Polo); 2) 'Benzoebaum' (1550/ belgioino bei Mattioli). Cort. I, 132'; Pellegrini I, 122. Dt. Benzoe entspricht eher die ital. Form benzöe f. (Battisti I), die Cort.I für eine Latinisierung des benzoino hält: „una latinizzione a dei bot. di benzoino". Vgl. Pfeifer I, 121"; Duden IV. DT: Zunächt in Übersetzungen ital. Reisebeschreibungen belegt: (1508) bentzui ( N e w Landte/Wis (1955), 1 0 5 ) ; (1515) Belzui (Varthema); (1566) bentzuil Benzui (Alvarez/ Wis, e b d . ) . In anderen Belegstellen: (1534) Benzui (Franck, Weltb./Weigand I); (1587) Benzoi (Lonicerus/Weigand i). Die Form Benzoe f. (seit 18. Jh.) 'Benzoeharz'. Zus.: Benzoebaum (18. Jh.) 'Styrax Benzoin', auch Benjaminbaum (1807 bei Campe I, 451) (in Anlehnung an engl, benjamin, eine Verballhornung von benzoin)·, Benzoeharz (18. Jh.) 'Benzoe'; Benzoesäure (18. Jh.)'Mittel zur Konservierung von Nahrungsmitteln'. Duden I. WB: (1616) Benzvin «benzoinum, beniuinum, laser, laserpitium, ist zweyerley/ Cyrenaicum & Syriacum. [...] » ( H E N I S C H , 2 8 0 ) ; (1741) Benzoe «Gumi benzoinum» (FRISCH, 8 l c ) ; (1774) Benzoe n. «das gelbbraune oder braunrothe, trockne, glänzende Harz eines virginischen Baumes» (ADELUNG I, a 7 6 2 ) ; (1807) Benzoe f. (CAMPE I, 4 5 3 ' ) ; (1909) Benzoe n. «gewürzhaftes Harz des Benzotbaumes» (WEIGAND I, 2 0 4 ) ; (1976) Benzoe f. « [...] Harz ostindischer u. indonesischer Benzoebaumarten, das als Heilmittel, Räuchermittel u. zur Herstellung von Parfüm verwendet wird» (DUDEN I). A.SPR: Frz. benjoin (1538); span, benjui (1438); port, benjoim (1498); engl, benzoin (1562). FEW 19, 109 b ; Corom. I, 563 b ; OED II, 119 b .

Giraffe

N. f. »in Afrika lebendes großes Säugetier«

Arab. > ital. > dt.

Μ = Μ = Μ

ETYM: Arab, ü l j j zaräfa od. zurafa f. (vulg.-ar. zeräfa; maghr. garäfa, guräfa) „Camelopardalis giraffa". Das arabische Wort ist selbst Fremdwort und stammt vermutlich wie das Tier aus Zentralafrika. Vgl. Dozy Suppl. I, 587'; Lokotsch 2 2 3 4 ; E. Littmann, S. 79.

VS: Ital. g i r ä f f a f. (1300) „mammifero ruminante africano". Cort. II, 4 9 9 ' . D T : Seit dem 14. Jh., zunächst in verschiedenen Varianten und auch als Maskulinum bezeugt: geraff (1377); geraphen (1434); giraffa (H. Sachs); g i r a f f e (seit 1477/ M. Polo). Pfeifer I, 4 5 1 ; Schulz/ Basler I, 246ff.

Lexikographischer Teil

257

[Die in Reisebeschreibungen vorkommenden Formen straffe (]385); Seraphen (1433/34); Serapff (1483/84); Zyraffen (1508) werden als direkte Entlehnungen aus dem Arabischen betrachtet. Ein mhd. schraffe (J. Titurel) geht auf afrz. giraflfie zurück. DWB 1 VII, 7544; Schulz/Basler I, 246ff.; Wis (1955). ZfdWf. 11, 304ff.].

WB: (1801) Giraffe «ein Kamehlparder» (CAMPE, 32"); (1860) Giraffe f. «ein afrikanisches Thier» (SANDERS I, 587 b ); (1907) Giraffe f. «der Kamelparder in Afrika» ( W E I G A N D I, 730); Giraffe f. «in den Savannen Afrikas in Herden lebendes, großes Säugetier mit sehr langem Hals, [...] » ( D U D E N III).

A.SPR: Frz. girafe (1298); span, jirafa (16. Jh.); engl, giraffe (1594). FEW 19, 207 b ; D D M , 342 b ; Corom. III, 521 a ff.; O E D VI, 525'.

Joppe N. f. »eine Art Jacke« Arab. > ital. > dt.

Ρ = Ρ c

Ρ

ΕΤΎΜ: Arab. gubba f. 1) 'langes Obergewand, vorn offen, mit weiten Ärmeln' (Wehr I63 a ); ägypt. gibba (Dozy Suppl. I, 169a); gubba 'Bezeichnung für eine Art Gewand, das zunächst nur von Männern, dann auch von Frauen getragen wurde, und dessen Form und Verfertigungsmaterial sich im Laufe der Zeit stark verändert haben' (Blachfcre I, 1286 b ff.). Das Wort kommt im Mittelalter auch als Bezeichnung für 2) 'Panzerkleid' vor (Blachi;re I,1286 b ff.). [Die gubba k o m m t bereits in vorislamischer Zeit vor. Sie bezeichnete ein langes, aus Wolle verfertigtes und mit engen Ärmeln versehenes Bekleidungstück für Männer. Auch der Prophet soll eine gubba getragen haben. Den arab. Schriften des Mittelalters sowie neueren europäischen Reiseberichten (bis zum 19. Jh.) ist zu entnehmen, daß die $ubba sowohl im arab. Spanien und in Nordafrika, als auch in Syrien, Ägypten, Libanon und in der Türkei getragen wurde. Vgl. Dozy Vet., 107-117].

VS: Ital. giübba f. (14. Jh.) 'Männerjacke', und speziell 'Uniformjacke' (Pellegrini I), Var. guba (1284). Das Wort kommt schon früh in Italien vor, zunächst in mlat. Dokumenten, mit unterschiedlichen Beschreibungsnuancen. Das Wort ist wahrscheinlich von Sizilien aus ins Italienische und ins Galloromanische eingegangen. Vgl. siz. giubba 'eine lange, wattierte Jacke'; (1053) juppa (Codex Cavensis); (1157) iupam (Giov. Scriba) 'Unterkleid aus Baumwolle'; guponos, iuponus 'enganliegendes Kleid, Wams'. Cort II, 501 a ; Pellegrini I, 115, 178, 339; FEW 19, 58 b .

DT: Seit dem Mhd. als jope, joppe, juppe 'Jacke'; 'Teil der Rüstungsbekleidung': Juppe (Lanzelet) 'Jacke'; jope (W. v. Eschenbach) 'Stück der Rüstung'. Das Wort scheint seit dem Frühnhd. von den oberdeutschen Mundarten in die Literatursprache übergegangen zu sein: a) als Männerjacke: (15. Jh.) (die bauern trugen) ain grabe kappen und ein pösen huot/ und ein kittl häufeinl und ein joppen leinein (Fastnachtspiele); (1683) David du hast die baren erschlagen, die haut davon getragen, hast ein joppen daraus gemacht (Simplicissimus). b) als Frauenjacke: ihr (Hochdeutschen) drinket

258

Italienisch als Vermittlersprache

aus dem becher, wi drinken utl dem stopej ewr magt ein leibchen hat, unse deeren drechteine jope (Lauremberg Lappenb.). DWB 1 X; Lexer II. Laut D u d e n existiert heute Joppe in der S t a n d a r d s p r a c h e n u r n o c h in der B e d e u t u n g s verengung v o n 3) 'einfache Jacke oder Hausjacke f ü r M ä n n e r '

(vgl. unten).

[Vgl.: bair. Joppen f. u. m. Jacke, Uberkleid mit Ermein, das den Rumpf bedeckt, bey beyde Geschlechtern' (Schmeller 1, 2, 1208); Schweiz. Juppe(n) 'a) ärmelloser Weiberrock der ländlichen Tracht; b) Kinderrock; c) ein gewisses hemdartiges Kleidungsstück für Männer, Jippe(n) (im Unterschied von der Juppe(n) der Weiber), Jacke von weissem Tuch, insbes. für Stallarbeit; d) Kleid übh. (ohne Unterschied des Geschl. oder zweifelhaft).' (Schweiz. Idiot. III, 53ff.); schwäb. Jupp(e) f. 'Wams, Jacke, männliches Kleidungsstück; weibl. Oberkleid mit Hängeärmeln' (Fischer IV, 133); bad. joppe f. 'Jacke. [...] ; in Singen als männl. Kleidungsstück von Jacke unterschieden' (Ochs III, 31 b ); pfälz. Jopp(en), Jupper m. 'Männerrock aus dickem Stoff, mit und ohne Gürtel' (Christmann III, 1364ff.). Ebenfalls auf ital. guibba stammt spätmhd. schübe > frühnhd. schaube > nhd. Schaube f. '(im Spätmittelalter von Männern getragenes) mantelartiges Kleidungsstück mit sehr weiten Ärmeln'. Neben Joppe war Schaube im Oberdeutschen wei tgehend verbreitet. Vgl. dazu DWB 1 XIV; Lexer III; Duden VI], W B : ( 1 6 9 1 ) Jop, Jup, Joppe, Juppe « [...] J a c k e / [...] ein Leibgen» (STIELER I, 892); ( 1 7 0 0 ) Joppe, Juppe «giubba, giubbone» (KRAMER I, 25 a ); ( 1 7 2 1 ) Joppe «eine A r t v o n K l e i d e r n , [ . . . ] » (FRISCH I, 490 b ); ( 1 7 7 5 ) Die Jope « n u r n o c h in den niedrigen S p r e c h a r t e n , besonders Niedersachsens, dasjenige S t ü c k der W e i b e r k l e i d u n g zu bezeichnen, welches man in den S t ä d t e n ein C o r s e t nennet; ein W a m m e s . A u c h ein kurzes nach d e m Leibe gemachtes O b e r k l e i d der M a n n s p e r s o n e n , eine Jacke, ist im O b e r d e u t s c h e n hin u n d w i e d e r u n t e r dem N a m e n der Jope oder Jupe bekannt» (ADELUNG II, 1442); ( 1 8 0 8 ) Die Jupe «ein kurzes bis auf die H ü f t e n reichendes K l e i d u n g s t ü c k f ü r W e i b s p e r s o n e n (Corset). In O . D . auch ein ähnliches K l e i dungsstück f ü r M a n n s p e r s o n e n ; eine Jacke» (CAMPE II, 860 b ); ( 1 8 6 0 ) Joppe «Jacke, Zobbe» (SANDERS I, 841 a ); ( 1 9 0 7 ) Joppe « Ü b e r k l e i d des O b e r k ö r pers m i t Ä r m e l n , aber o h n e S c h ö ß e , f ü r M ä n n e r » (WEIGAND I, 950); ( 1 9 7 6 ) Joppe «a) (an Stelle eines M a n t e l s getragene) e i n f a c h e Jacke aus L o d e n f ü r M ä n n e r ; b) Hausjacke f ü r M ä n n e r » (DUDEN III). [Die Form Schaube wurde bereits (1536) bei Dasypodius, 406 b und (1561) bei Maaler (Schaub), 348', aufgenommen.] A . S P R : Span, jubön ( 1 4 0 0 ) > aspan. aljuba ( 1 0 . J h . ) ; frz. jupe (12. J h . ) ; engl, jupe ( 1 2 9 0 ) . Corom. III, 532 b ff.; FEW 19, 57 b ff; OED VIII, 318 b .

Kandis N . m. »kristallisierter Z u c k e r aus Z u c k e r l ö s u n g e n « Arab. > ital. > dt.

Μ =Μ =Μ

E T Y M : Arab, ^ΛΙΪ qandT A d j . 'vom Z u c k e r r o h r ' , zu qand m. 'einged i c k t e r , kristallisierter R o h r z u c k e r , bzw. K a n d i s z u c k e r ' . Das arab. W o r t geht auf aind. khandaka [khanda] 'Zucker in kristallartigen S t ü c k e n ' zurück, vielleicht über gleichbed. pers. kand. LA 3, 3 6 8 f f . ; Wiedemann (i960), II, 146, 305; Kluge 89, 351 b ; Lokotsch 1052.

259

Lexikographischer Teil

VS: Ital. candito m. (1484), älter candi m. (14. Jh.) 'Kandiszucker', meist in der attributiven Fügung zucchero candi (14. Jh.), zucchero candito (Part.perf. von candire) (15. Jh.) verwendet. C o r t . 1, 195"; Battisti I, 7 1 6 b ; Pfeifer I, 6 1 4 b .

D T : Seit Anfang des 15. Jh.s, zunächst in verschiedenen Varianten, bezeugt: (um 1400) Zocker candith (Pfeifer I, 6 l 4 b ) ; in Reisebeschreibungen: (1470) zuckerkandyt ( B r u n n e r ) ; (1479) zucker condit ( T u c h e r ) ; ( i 4 8 6 ) zuckerkandit ( G r ü n e m b e r g ) ; (1515) Zucker Candit ( V a r t h e m a ) , W i s ( 1 9 5 5 ) , 148. Andere Belege: (1580) zuckerkandi (Sebiz, F e l d b a u ) ; (1581) Zuckerkandit (Sebastian, Koch- u. Kellermeisterei), Schulz-Basler 1,323. (1664) Kandizucker ( D u e z / W e i g a n d I, 977). In mundartlicher Anlehnung an Kandel (oberdt.) 'Wasserrine, Dachrinne' ist im 16. Jh. die Form Zuckerkandel bezeugt, ζ. Β (1575/ Fischart, Garg.), Vgl. Schulz-Basler I. (1664) Kandelzucker ( D u e z / W e i g a n d I ) ; (1873) Kandelzucker ( S t i c h w o r t in D W B 1 X l ) ; Vgl. Zucker - Kandel (Schweizer - I d i o t . III, 3 3 6 b ) ; dazu auch (1884) Zuckerkante (Stinde, F a m . B u c h h o l z / Schulz-Basler i). Das auslautende -s des heutigen Kandis bzw. Kandiszucker beruht auf der Variante candisieren des Verbs kandieren. Seit Anfang des 18. Jh. kommt Zukkerkandis (1715), dann Kandiszucker (1726) auf. Schulz/ Basler I, 3 2 3 ; Kluge 89, 35 l b ; Pfeifer I, 6 1 4 b .

W B : (1536) Zuckerkandel ( D A S Y P O D I U S , 4 6 5 b ) ; (1691) Zuckerkand (STIELER I, 2 2 4 3 ) ; (1734) Zuckerkant ( S T E I N B A C H I, 8 3 1 ) ; (1741) Candel-Zucker-, Zucker-Candi ( F R I S C H I, 163 b ); (1774) Der Candel-Zucker ( A D E L U N G 1,1172); (1808) Der Kandelzucker; Kantzucker ( C A M P E II, 8 8 2 a ) ; (1813) Candiszucker b ( C A M P E ) ; (1860) Kandelzucker ( S A N D E R S I, 8 6 2 ) ; (1907) Kandelzucker, Kandis ( W E I G A N D I, 9 7 7 ) ; (1976) Kandis; Kandiszucker ( D U D E N 4 ) . A.SPR: Frz. candi (1256); span, cande (1325-6); engl, candy (1420). F E W 19, 8 3 b ; D D M ,

129 a ; C o r o m . I, 801 1 '; O E D II, 828 c ff.

Karmesin N. n. »roter Farbstoff; rote Farbe« Arab. > ital. > dt.

Ρ = Ρ = Ρ

ETYM: Arab. Ji qirmizT Adj. u. N. m. 1) 'roter Farbstoff der Schildlaus; 2) 'kräftige rote Farbe', zu q i r m i z 'Weibchen der Kermesschildlaus, das eine hochrote Farbe liefert'. Das arab. W o r t geht zurück auf pers. kirm ' W u r m ' , das selbst von gleichbed. aind. krmih abgeleitet ist (Pfeifer I, 625). Dozy S u p p l . II, 3 3 7 b ; W e h r 1020 b ; Siggel 59; zur Sache s. D i e t r i c h (1988) IV 42.

VS: Ital. carmesino m. (?), 'tiefrote Farbe', 'roter F a r b s t o f f , eine veraltete Form des heutigen chermisino 'Karmesinrot'. Vgl. mlat. carmesinus, carmisinus (1401, 1470 in Bologna). Battisti I, 772"; Pelligrini I, 123. D T : Im 15. Jh., zunächt in verschiedenen Formen wie kermassein, kermissin, karmosin, cremesin 'Karmesinrot' bezeugt: (1454) ein karmosin samat ( E h r i n g e n , Reisen); (1563) von lauterm reinem Carmesin Sammat ( T ü r c k . Hist. II), W i s ( 1 9 5 5 ) , 158; Carmesin ( G o e t h e / D W B 1 X l ) . Für den roten Farbstoff scheint bis zum 19. Jh. eher das Wort Karmin verwendet worden zu sein.

260

Italienisch als Vermittlersprache

Heute werden Karmesin und Karmin synonymisch für den Farbstoff und die rote Farbe gebraucht. Vgl. karmesinrot (17. Jh.). Kluge 89, 357 a ; Pfeifer I, 625.

WB: (1691) Carmesin n. «color purpureus, coccineus, ostrinus» ( S T I E (1691) Karmesinrot «coccineus, muriceus» ( S T I E L E R II, 1 6 2 5 ) ; (1741) Carmesin «Eine rothe Färber-Farbe» ( F R I S C H I, 165 C ); (1774) Carmesin adj. «eine hochrothe Farbe habend, mit Cochenille gefärbt. Daher die Carmesin-Farbe, [...] » ( A D E L U N G I, 1 1 8 2 ) ; (1801) Carmesin; Carmoisin «Hochroth» (CAMPE, 170 a ); (1860) Karmesin Adj., η. «Hochroth, [...] . Ein kostbarer hochrother Farbstoff, aus der Kochenille bereitet» ( S A N D E R S I, 8 7 0 a f f . ) ; (1907) Karmesin «hochrot» ( W E I G A N D I, 9 9 4 ) ; (1976) Karmesin n. (Synonym mit Karmin) «a)ein aus getrockneten weiblichen Schildläusen gewonnener natürlicher Fabstoff von kräftigem Rot; b) die rote Farbe des Karmins» ( D U D E N I V ) . A. SPR: Frz. cramoisi (13. Jh.); Span, carmesi (15. Jh.). F E W 19, 95*ff.; LER III, 3 ) ;

B W , I 6 6 b ; C o r o m . 1, 876 b fF.

Lack N. m. »Farblösung« Arab. > ital. > d t .

Ρ = Ρ = Ρ

ETYM: Arab. dlJ lakk m. 1) 'verschiedene tierische und pflanzliche Lacksorten'; 2) 'roter Farbstoff, geht auf gleichbed. pers. läk zurück, und dieses auf sanskr. läksä, prakr. lakkhä 'Lack'. W K A II, 2, 1 2 4 l b ; D o z y Suppl. II, 3 3 7 b ; Kluge 8 9 , 4 2 4 b ; Pfeifer I, 7 5 6 b f f . [Aus d e m Sanskr. ist auch gr. λ α κ κ ά über das Pers. e n t l e h n t . Das gr. W o r t ergab lat. lacca, das in Glossen u n d in den „Compositions Lacenscs" (wahrscheinlich bereits im 7. J h . entstanden) belegt ist. Das lacca des H o c h m i t t e l a l t e r s geht aber sicherlich auf das Arabische zurück. Es wird u m 1200 als N a m e eines P r o d u k t e s beschrieben, das Venezianer u n d Pisaner d u r c h d e n O r i e n t h a n d e l nach Europa brachten. Vgl. F E W 19, 105 b ; H e y d II, 61 Iff.].

VS: Ital. lacca f. (14. Jh.) „goma de uno arbore che nasche in le tere di Ii Arabi" (Cort. III). Das Wort kommt in mlat. Quellen Italiens bereits im 12. u. 13. Jh. vor: (1163) lacta (leggi lacha) (in Ligurien); (1271) laca (in Venedig); lacca (1400) „sostanza colorata di origine vegetale, animale ο artificiale, usata come rivestimento protettivo od ornamentale di vari Oggetti" (Cort. III). Vgl. Pellegrini I, 121, 3 5 1 . D T : Seit dem 16. Jh. bezeugt, zunächst in der ital. Schreibung, mit schwankendem Genus (f. u. n.) und bezogen auf 'Gummilack': (1508) lacha, das ist ein roth gummi; Benzui und Lacca, sein köstliche Saffte ( N e w e L a n d t e / Wis ( 1 9 5 5 ) , 1 7 8 ) ; (1527) wann man diese lacca käuet, soll sie eine schöne rohte färb von sich geben ( T a b e r n a e m o n t a n u s / D W B ' X I I ) . Die Form Lack tritt im 17. Jh. (z.B. bei Schottel) auf: (1727) lack, natürlich lack, so ausz einem bäum flieszet, lacca, [...] (Aler/ D W B 1 XII). Lack als (glänzender) Farbstoff: (1885) lack, ein Firnis, der gelöstes harz (ursprünglich jenes farbharz Gummilack enthält: einem möbel einen Überzug von lack geben; die violine

261

Lexikographischer Teil

hat noch einen alten lack, lack, eine lackfarbe, Verbindung eines organischen farbstoffes mit tonerde oder zinkoxyd: karminlack, gelber lack, blauer lack (DWB1 XII). Zus. Siegellack (1663/Schottel). Abi. lackieren (Ende des 17. Jh.s) 'mit Lack überziehen, anstreichen', auch in übertr. (bes. als Part, adj.) Sinne von 'geschniegelt, eingebildet', so in der Verbindung lackierter Affe·, außerdem lacciren, lackziren 'mit Lack vermischen'. Pfeifer I, 756 b ff. W B : (1691) Lack n. « [...], Eine Art Scharlachfarbe. Rotlack/ lacca rubra. Schwarz Lack/ nigra, atra. Spanisch Lack/ lacca Hispanica. Siegellack/ [...] . Est ab hoc verbum lacken» (STIELER I, 1052); (1700) Lack m. «Lacca. Maler-Lack/ [...] . Florentiner-Lack/ [...], mit Lack mahlen/ lackzieren. Brielack. Sigel Lack/ Spanisch Lack/ [...] » (KRAMER I, 875 c ); (1734) Lack n. «Lacca [...] » (STEINBACH 1, 958); (1777) Der Lack «I. Ein rothes durchsichtiges Gummi oder vielmehr Harz, welches aus Ostindien zu uns kommt, zu künstlichen Firnissen gebraucht wird, und auch Gummi Lacca heißt. Daher in weiterer Bedeutung auch ein daraus bereiteter Firniß, selbst nach seiner Erhärtung der Lack genannt wird. [...] » (ADELUNG III, 9); (1809) Der Lack «bei Andern das Lack, [...]. Der zähe Saft einer Art Indischer Feigenbäume (Ficus. religiosa und Indica), welche aus denselben an den Stellen tritt, wo eine Art Schildläuse, welche auf denselben leben, sich angesaugt hat. Dieser Saft ist, wenn er erhärtet, leicht zerbrechlich, durchsichtig, dunkelbraun oder schwarzroth, riecht angezündet angenehm, und wird sowol zu feinen Firnissen als auch und besonders zu Siegellack gebraucht (Gummi-lacca)« Vgl. dazu lacken v. «mit Lack bestreichen» (CAMPE III, 4 b ); (1801) Lackiren «mit Firniß überziehen» (CAMPE, 80 b ); (1863) Lack m. «das Produkt einer Art Schildläuse (Coccus lacca), eig. der durch ihre Verdauung verwandelte Saft als Kruste um die jüngern Zweige verschiedener Bäume, nam. großer Feigenbäume, häufig in den Künsten, bes. zu Lackieren, Färben gebraucht» (SANDERS II 1 , 6b); (1909) Lack m. «ostind. Harzsaft zum Firnissen; aufgetragener glänzender Firnis; Siegellack» (WEIGAND II, 4); (1978) «1. [farbloses] füssiges Gemisch, mit dem u.a. Möbel, Türen, Fensterrahmen u. Gegenstände aus Metall angestrichen werden u. damit einen glänzenden, schützenden Uberzug erhalten. 2. a) kurz für Nagellack; b) kurz für Lippenlack; c) kurz für Goldlack» (DUDEN IV). A.SPR: Frz. laque (15. Jh.);

span,

laca (13. Jh.);

engl,

lac (1553).

BW,

361 b ; D D M , 415 a ; Corom. III, 546'ff.; O E D VIII, 565"ff.

M a g a z i n N. n. »Lagerraum; Zeitschriftenmagazin« Arab. > ital. > dt.

Μ = Μ c

Ρ

ETYM: Arab. Tiajjzin od. maj]zan (PI. majjazin) m. 1) 'Lagerraum für Handelswaren, Vorratskammer', zu j^azana 'aufbewahren, aufspeichern, verwahren'.

Dozy Suppl. I, 369; Wehr 334".

[Durch die Handelsbeziehungen mit Nordafrika gelangte das Wort in die westlichen Mittelmeerländer. Von da aus wanderte es in die anderen europäischen Staaten und wurde nun zum Bestandteil ihrer Kaufmannssprachen. Vgl. Schaube (1906), 168].

262

Italienisch als Vermittlersprache

VS: Ital. magazine m. (1348) 'Lagerraum für verschiedene Handelswaren'. In mlat. Dok. Italiens ist das Wort bereits im 13. Jh. nachgewiesen: (1214) magazinus. Cort. III, 699"ff.; Pellegrini I, 105, 266, 345. [Als Handelsterminus 'Lagerraum' wurde das arab. W o r t (über Ital. oder Prov.) auch im Französischen rezipiert und gelangte von da aus ins Englische. Frz. magazine (1583) erfuhr im nachhinein mehrere Bedeutungsentwicklungen: (1723) 'Laden, Boutique'; (17. Jh.) (in Bezug auf die ursprüngl. Bed.) Sammelstelle'; (17/18. Jh.) (in der Militärsprache) Zeughaus, Waffenlager, Munitionskammer' (17./18. Jh.) und (19. Jh.) 'Patronenbehälter in Handfeuerwaffen'. Das engl. Wort seinerseits erhielt (wahrscheinlich unabhängig vom Französischen) auch die Bed. 'Sammelstelle' und wurde semantisch erweitert zu 'Sammelstelle für Neuigkeiten' (17. Jh.), um dann, im 18. Jh., metonymisch auf den 'Titel von periodisch erscheinenden Publikationen (1731/The Gentleman's Magazine) übertragen zu werden. All diese Verwendungen von Magazin wurden ins Deutsche als Lehnbedeutungen übertragen. FEW 19, 114'ff.; D D M , 435 a ; BW, 381 b ; Kluge 89, 454 a ; Pfeifer II, 822 b ; O E D IX, 182 a ff.].

DT: Im 16. Jh. in die Handelsterminologie als 'Lagerhaus, Vorratskammer' übernommen: (1558) Item Maluasir, Romanier, auß den Magatzin in das Schiff zu tragen (Meder, Handelbuch/ Schirmer, 124); (1641) anreichend die aufrichtung gewisser magazin und provianthäuser, lassen wir uns solche nicht zuwider sein (Abschied des Reichstags zu Regensburg/DWB 1 XIl); (1665) Magazin, Zeughauß und dergleichen (Böcker, Schola milit./ Schulz-Baiser I i ) . Im 18 Jh. und 19. Jh. wurde Magazin unter frz. und engl. Einfluß semantisch erweitert. Unter frz. Einfluß tritt im 18. Jh. die Bed. 2) 'Laden Boutique' auf: (1775) der Schuster hat ein Magazin von Schuhen, woraus sogleich eine Armee versorgt werden kann (Moser, Patriot. Phantasien/ Schulz-Basler I i ) ; ( 1 8 4 1 ) Ein Schuster einst von Gottes Gnaden Heißt jetzt ein Stiefelfabrikant, Und eines Schneiders Holl und Laden Wird jetzt ein Magazin genannt ( H o f f m a n n v. Fallersleben, Unpolit. Lieder/ Schulz-Basler I i ) . Ebenfalls im 18. Jh. kommt nach dem Frz. oder Engl, die Bed. 3) 'Sammelstelle' auf: (1791) jene Magazine der Vielwisserei, die Bibliotheken (Thümmel, Reise/ Schulz-Basler I i ) . Im 19. Jh. werden weiter aus dem Frz. die Bed. 4) 'Waffenlager, Munitionskammer' sowie 5) 'Behälter in Feuerwaffen' rezipiert: (1854) an den heutigen repetiergewehren heiszt magazin auch der behälter, der die hinter einander abzuschieszenden patronen faszt (DWB1 XII). Nach engl. Vorbild erscheint im 18. Jh. die Bed. 6) '(illustrierte) Zeitschrift': (1748) Hamburgisches Magazin-, (1753ff.) Allgemeines Magazin; (1764) Hannoverisches Magazin·, (1767) Es ist seit unterschiedenen Jahren Mode, für die Wissenschaften Magazine zu errichten. Uns Deutsche haben die Engländer dazu, soll ich sagen, veranlaßt, oder verleitet? (Büsching, Vorrede zu seinem Magazin für die neue Historie I). Schulz-Basler II, 52ff. (1781) Leipziger Magazin zur Naturkunde (Pfeifer II, b 822 ). Das Wort wird heute auch für 7) 'berichtende und kommentierende Rundfunk- und Fernsehsendungen' verwendet: (1976) ein politisches Magazin (Duden IV). Darüberhinaus findet Magazin verschiedene Verwendungen in der Technik.

Lexikographischer Teil

263

WB: (1734) magazirt «ein O r t , Vorrath von etwas zu haben» ( S T E I N (1741) Magazin «ein O r t Vorrath von etwas zu haben, [...]. Vorraths= Haus, Vorraths=Kammer, Proviant=Haus, bey den Kauf=Leuten, Waaren=Gewölb, Pack=Kammer. Gewehr=Magazin, Zeughaus» ( F R I S C H I, 6 3 2 c ) ; (1777) Das Magazin «Ein Behältniß, es sey nun ein Z i m m e r oder ein eigenes Gebäude, in welchem gewisse Dinge in Menge zum künftigen Gebrauche aufbehalten werden; [...] » ( A D E L U N G III, 3 0 4 ) ; (1801) Magazin «ein Vorrathshaus, oder wenn es nur in einem Zimmer, Schranke oder (wie bei Wagen) in einem Kasten besteht, Vorrathszimmer, Vorrathsschrank, Vorrathskasten. Als Buchtitel gebraucht, habe ich Sammelschrift d a f ü r vorgeschlagen, [...] » ( C A M P E , 9 2 b f f . ) ; (1863) Magazin «ein zur A u f b e w a h r u n g von Vorräthen dienender und hergerichteter Raum, Vorraths=Haus, =Kammer und die darin aufgehäuften Vorräthe. [...] ; ferner als Titel von Büchern, Zeitschriften» ( S A N D E R S II 1 , 2 0 0 ' ) ; (1909) Magazin «Vorratshaus, Vorratskammer» ( W E I G A N D II, 104); (1976) Magazin «Lagerraum, -haus; (selten) Warenhaus (bes. im Ausland). Lager-, Aufbewahrungsraum für die Bücher einer Bibliothek od. für die nicht ausgestellten Sammelstücke eines Museums o. ä; reich bebilderte unterhaltende od. populär unterrichtende Zeitschrift; berichtende u. kommentierende politische R u n d f u n k - od. Fernsehsendung mit Beiträgen zu aktuellen Ereignissen u. Problemen» ( D U D E N IV). A.SPR: Lagerraum: span, almacen (1225); frz. magasin (14. Jh.); engl. magazine (1583). Zeitschriftentitel: engl, magazine (1731); frz. magazine (1776). C o r o m . I, 180 a ff.; F E W 19, 114'ff.; D D M , 435 a ; O E D IX, 182 a ff.; B A C H II, 10);

Mameluck

N . m. »(hist.) Söldner islamischer Herrscher«

Arab. > ital. > d t .

Μ = Μ = Μ

ΕΤΎΜ: Arab. Δ j i - - mamlok m. (PI. mamälik od. mamlokün), Bezeichnung für 'Leibgarde der ägyptischen Sultane', wörtl. 'besessen, im Besitz befindlich, gehörig'; 'weißer Sklave' (Wehr 1223 a ) (im Gegensatz zu 'abd 'schwarzer Sklave'), substantiviertes Partizip zu malaka 'besitzen'. [ „ M a m e l u c k e n , [...], n a m e n t l i c h die Bezeichnung der aus S ü d r u ß l a n d u n d d e m Kaukasus im Knabenalter in die Länder des arabischen Ostens e i n g e f ü h r t e n Sklaven. Anfänglich w a r e n es T u r k m e n e n , s p ä t e r z u m e i s t T s c h e r k e s s e n , die s o r g f ä l t i g geschult w u r d e n , u m n a c h d e m Ü b e r t r i t t z u m Islam u n d nach ihrer Freilassung im Heer, bei H o f oder auch in d e n Regierungskanzleien zu d i e n e n . W ä h r e n d der Wirrnisse in Syrien u n d Ä g y p t e n u n t e r d e n letzten Ajjubiden ( 1 1 7 1 - 1 2 5 0 ) u n d im Irak u n t e r d e m bereits sehr geschwächten o s m a n i s c h e n Regime im 18. J a h r h u n d e r t bildeten sie allmählich eine streng in sich geschlossene Gesells c h a f t s g r u p p e , die sich e i n e n s t ä n d i g weiteren W i r k u n g s k r e i s aneignete, bis e n d l i c h ihre O b e r s c h i c h t m i t d e m Rang u n d T i t e l von E m i r e n alle Schlüsselstellungen im Staate in H ä n d e n hielt. In Ä g y p t e n b r a c h t e diese militärische u n d politische O l i g a r c h i e m i t d e m Sturze der Ajjubiden völlig die M a c h t an sich". LA 6 7 9 ] .

VS: Ital. mammalucco m. (1494), mamaluc vizio del sovrano d'Egitto" (Cort. III, 708 a ).

(1431) „mercenario al ser-

264

Italienisch als Vermittlersprache

D T : Im 15. Jh. zunächst in Reisebeschreibungen, und in zahlreichen Varianten als Bezeichnung für die 'Söldner der ägyptischen Sultane' bezeugt: (1444) mamellocken (Pilgerbüchlein); (1483) Mamalocken·, (1479) Mammeluck (Rieter); (1483) Mamalocken (Fabri); (1570) Mamelucken (Messia: in ital. Original Mamelucchi).

Im

17. u n d

1 8 . J h . b e z e i c h n e t es

vorübergehend,

in pejorativer Verwendung 'abtrünnig von der Religion', weil die Mamelucken ursprünglich Christen waren und sich zum Islam haben bekehren lassen (vgl. unten). W B : (1691) Mammeluck «apostata, desertor, sacrilegus» (STIELER III, 181); (1741) Mameluck «Ist ein Arabisch Wort, bedeutet bey uns [...], abtrünnig von der Religion, [...], oder von der Liebe zum Vaterland» (FRISCH I, 638'ff.); (1777) Der Mammeluck «ein arabisches Wort, womit man in Ägypten diejenigen zu benennen pflegt, welche von christlichen Altern gebohren, in ihrer Jugend aber gefangen, und in der mahomedanischen Religion und Sitte erzogen worden. Es ist durch die Handlung, vielleicht auch schon durch die Kreuzzüge, in Deutschland bekannt geworden, wo man es nur im verächtlichen Verstände, sowohl von einem Abtrünnigen in der Religion, als auch von dem Uberläufer zu eines andern Parthey, ja oft auch überhaupt von einem Heuchler zu gebrauchen pflegt» (ADELUNG III, 334); (1813) Mamelucken «ursprünglich Sklaven, dann Leibwächter des Egiptischen Sultans Nodschemaddin Ayub; die sich endlich der Herrschaft in Egipten bemächtigten. Bei uns belegt man in den niedern Ständen die Glaubensabtrünnigen mit diesem Namen» (CAMPE); (1863) Mam(m)elu(c)k «eig. der Beherrschte, Sklave; dann nam. die Glieder der aus der gekauften Kindern christl. Eltern gebildeten Leibwache der Sultane, die bekanntlich in der Geschichte eine sehr bedeutende Rolle gespielt, und danach auch = Abtrünniger, Ketzer und, wie dies, als Schimpfw.» (SANDERS II1, 220b); (1909) Mameluck «1) von christlichen Eltern geborener, aber im mohammedanisch. Glauben erzogener Leibwächter (Sklave) des ägyptischen Sultans; 2) Glaubensabtrünniger; 3) Schandbube, Treuloser, Heuchler» (WEIGAND II, 118); (1976) Mameluck «(hist.): Söldner islamischer Herrscher» ( D U D E N IV).

A.SPR:

Frz. mamelouk

e n g l , mameluke

(12. Jh.,

Mamelon);

span, mameluco

(1585);

( 1 5 1 1 ) . Arveiller (1985,) 242ff.; FEW 19, 118 ff.; Corom. III, 793 a ff.; b

O E D IX, 279 ff. b

M a r z i p a n N . m. (das, österr.) »weiche Masse aus Mandeln und Zucker« Arab. ital. > dt.

Μ * Ρ c Μ

E T Y M : Arab, martabän 1) „vase de porcelaine dans lequel on serre des m£dicaments, des confitures, des epices ou de l'encre" (Dozy Suppl. II, 520 b ), also 'Gefäß oder Behälter aus Porzellan'. Die arab. Bezeichnung geht auf den Namen der indischen Stadt Martaban zurück, den Herstellungsort dieser Gefäße, die die arabischen Kaufleute ursprünglich als wertvolle Ware

265

Lexikographischer Teil

eben aus

Martabän

importierten.

C a r d o n a ( 1 9 6 9 ) , 3 4 - 3 7 ; Pellegrini ( 1 9 7 6 ) , 9 2 ; C o r t .

III., 7 2 5 b . (Es liegen v e r s c h i e d e n e Z e u g n i s s e des arabischen W o r t e s

mafabSn als B e h ä l t e r f ü r L e b e n s -

mittel vor: so z . B . in einer R e i s e b e s c h r e i b u n g des a r a b i s c h e n R e i s e n d e n I b n B a t u t a a u s d e m J a h r e 1 3 5 5 , w o er d e n P r o v i a n t e r w ä h n t , d e n seine E q u i p a g e in e i n e m s i i d o s t i n d i s c h e n H a f e n (KaylOkari) e m p f a n g e n hat. Es h a n d e l t sich u m vier P f u n d gulab u n d vier martabanat (PI. v o n martabän) voll m i t I n g w e r , Pfeffer, L i m o n e n u n d M a n g o s . D e r türkische A d m i r a l

SidT

CelebT berichtet im J a h r e 1 5 5 4 , d a ß die G e f ä ß e v o n Martabän, d i e m i t k a n d i e r t e n aus d e m H a f e n v o n

M a r f a b S n nach

Rom e x p e d i e r t w a r e n , d e n N a m e n

dieser

All

Früchten

Hafenstadt

tragen ( G a r d o n a 1 9 6 9 , 3 6 ) . A u ß e r d e m zitiert Pellegrini 1 9 7 6 , 9 2 , einen v e n e z i a n i s c h e n K a u f m a n n s b r i e f a u s d e m J a h r e 1 5 7 4 , der v o n A l e p p o n a c h V e n e d i g g e s c h i c k t w u r d e u n d in d e m d a s a r a b i s c h e W o r t getreu als martabana

w i e d e r g e g e b e n wird u n d d i e B e d e u t u n g v o n ' B e h ä l -

ter' a u f w e i s t : „ [...] Li m i r a b o l a n i c a n d i t i Ii m a n d e r b c o n la nave B a l b i a n a , a c i ö ne a b b i m a g g i o r c u s t o d i a et che n o n si r o n p a la martabana b e g r ü n d e t e H e r l e i t u n g des W o r t e s

Marzipan

[ . . . ] " . D i e s e v o n C a r d o n a u n d Pellegrini

a u s martabän k a n n m e h r

Wahrscheinlichkeit

b e a n s p r u c h e n als d i e alte, v o n Kluyver ( Z e i t s c h r i f t für d e u t s c h e W o r t f o r s c h u n g 1 9 0 4 ) vorgeschlagene

und

keineswegs sichere R ü c k f ü h r u n g des europäischen

Wortes

auf

südarab.

mawtabän ' s i t z e n d e r K ö n i g ' . K l u y v e r s E t y m o l o g i e kehrt in m e h r e r e n e t y m o l o g i s c h e n W ö r t e r b ü c h e r n w i e d e r , wie F E W

19,

125bff; B W ,

396a;

DDM,

450a;

Kluge 89, 464aff.

sowie

n e u e r d i n g s Pfeifer II.]

V S : Ital. marzaphne

m. (1347), zunächst 2) 'Marzipan': „pasta

dolce

f a t t a c o n m a n d o r l e , b i a n c o d ' u o v o e z u c c h e r o , c o t t a al f o r n o e u s a t a in p a s t i c c e r i a " ( C o r t . III, 7 2 5 b ) · I η dieser V e r w e n d u n g stellt d a s ital. W o r t eine B e d e u t u n g s ü b e r t r a g u n g des älteren b e z e u g t e n marzapane

3) 'Marzipan-

s c h a c h t e l ' d a r : „ s c a t o l e di l e g n o in cui si m e t t e il m a r z a p a n e q u a n d o si fa f r e s c o " ( P e g e l o t t i ) ; vgl. a u c h „massapani

in q u i b u s

sowie siz.

marzapani,

FEW

126a).

19,

m l a t . massapanus

fuit positum kalabr.

(\337l

codonhatum"

marzapane

Curia

Romana):

(Cardonna

'Schachtel' (Pellegrini

[ D i e R e p r o d u k t i o n von arab. -(- des mar(ab3n durch ital. -z- [ts] in marzapane d i n g s S c h w i e r i g k e i t e n . Pellegrini

1967,

37)

1976,

92;

m a c h t aller-

1 9 7 6 , 9 2 , f ü h r t sie a u f d e n E i n f l u ß d e s a r a b .

Paronyms

marzabah, marzaban, mazrabän ' G e w i c h t e i n h e i t für T r o c k e n s u b s t a n z e n ' z u r ü c k , d a s M i t t e d e s 14. J h s . bei P e g o l o t t i als

margapan

v o r k o m m t . D a z u Arveiller ( 1 9 8 5 ) ,

268].

D T : S e i t A n f a n g des 16. J h s . , z u n ä c h s t als marczapane teig' ( 1 5 1 0 /

Tucher

Panis); ( 1 5 1 8 ) buch);

(1678

Schulz/Basler

II,

Haushaltsbuch)

martzepan und

bezeugt;

(Pinicianus); (1593)

1711)

Marzepan

(1513) Martzipan

(Krämer/

'süßer M a n d e l -

marcipan

Rädlein).

(Martius

(Colerus

Haus-

Weigand II, 138;

79.

W B : (1691)

Marzipan

647'); ( 1 7 7 7 ) Marzipan

(STIELER II, 1280); ( 1 7 4 1 )

Marzepan

(FRISCH 1,

«ein Z u c k e r g e b a c k e n e s v o n s ü ß e n u n d b i t t e r n M a n -

d e l n , N ü s s e n , P i s t a z i e n u.s.f. u n d Z u c k e r » (ADELUNG III, 382); ( 1 8 6 3 ) cipän

(SANDERS II1, 239 a ); ( 1 9 0 9 ) Marzipan

GAND II, 138); ( 1 9 7 6 )

Marzipan

«(n.

Mar-

« Z u c k e r - u n d M a n d e l b r o t » (WEIin Ö s t e r r . ,

sonst

m.)

Masse

aus

M a n d e l n P u d e r z u c k e r u. A r o m a s t o f f e n , d i e zu S ü ß i g k e i t e n verarbeitet w i r d » (DUDEN

IV).

A . S P R : S p a n , marzapan (1556).

( 1 3 7 3 ) ; frz. massepain

C o r o m . III, 8 9 9 a f f . ; Arveiller ( 1 9 8 5 ) , 2 6 7 ; O E D

( 1 4 3 9 ) ; engl, IX,

419cff.

marzipan

266

Matratze

Italienisch als Vermittlersprache

N . f. »Liegepolster des Bettes«

Arab. > ital. > dt.

Μ = Μ

c

Ρ

E T Y M : Arab. ^ m a t r a h m. 1) 'Matratze' ( D o z y S u p p l . II, 3 2 ) , zu Verbum taraha 'werfen, hinwerfen' (Wehr 7 6 9 1 ) gebildet. b

[Allgemein bedeutet arab. matrah O r t , wohin etwas geworfen wird; Ort, Stelle, Platz' (Wehr 7 7 0 ' ) und wurde metonymisch zunächst auf einen einfachen 'leicht zu tragenden, an beliebigen Stellen hinzustellenden Sitz- oder Liegegegenstand (Teppich oder Sitzkissen)' ( F E W 19, 1 2 3 - 1 2 4 ) übertragen, dann mit der Entwicklung der Zivilisation 'Matratze', so schon im Hispanoarabischen, (vgl. Aebischer ( 1 9 5 0 ) , 3 0 3 - 3 3 7 ) . Die Bed. 'Teppich' liegt in aspan. mataraff (938) mattras ( 1 3 0 6 / Joinville Vie de Saint Louis) > mhd. materaz dokumentiert vor].

V S : Ital. materasso m. (Boccacio) od. materassa f. (Villani) 'Matratze'. D i e s e n im 14. J h . v o r k o m m e n d e n Belegen gehen latinisierte und regionale Formen auf -zzum, -zum bzw, -zzo, -zo wie matarazum bzw. materazzo voraus, die ihrerseits, im Hinblick auf die E n d u n g , E n t w i c k l u n g e n aus mlat. Varianten mataratium, mataracium darstellen. Aebischer (1950), 303-337; Pelligrini I, 113, 167, 3 4 1 ; Cort. III, 730". [Für die Entlehnung aus dem Italienischen spricht die Schreibung mit tz, während das früher belegte mhd. mat(e)raz, matereiz auf afrz. materas zurückgeht. Vgl. Pfeifer II, 848"; Kluge 89, 4 6 6 b ; Schulz/Basler II, 89].

D T : Seit d e m 15. J h . bezeugt, allerdings mit mehrfachen S c h w a n k u n gen hinsichtlich der Schreibung bis sich im 18. J h . die heute gültige F o r m durchgesetzt hat.: ( 1 4 8 0 ) matratzen (Steinhöwel); (1574) madrotzen (Conradinus); (1624) maderatzen (Lazarillo de Tormes); (18. Jh.) es war schon weit über mitternacht, als endlich strohsäcke und matratzen herbeigeschafft wurden (Goethe). DWB1 XII. In scherzhafter Bedeutungsübertragung wird Matratze umgangssprachlich im S i n n e von 2) a) 'dichter Vollbart'; b) 'dichter B e h a a r u n g a u f der Brust' verwendet ( D u d e n IV). W B : (1691) Matraß, Materasch, Matratze (STIELERII.1250); ( 1 7 3 4 ) Madratze (STEINBACH II, 10); (1741) Matzatz (FRISCH I, 648); (1777) Die Matratze (ADELUNG III, 402); ähnl. ( 1 8 0 9 ) (CAMPE III, 227 b ); (1863) (SAND E R S II 1 , 2 5 6 c ) ; ( 1 9 0 9 )

( W E I G A N D II, 144); ( 1 9 7 6 )

(DUDEN

IV).

A . S P R : S p a n , almadraque ( 1 2 7 0 ) ; akat. almatratzt (1085), almatrac ( 1 1 3 4 ) ; aprov. almatrac (1291), matalas ( 1 4 3 1 ) ; afrz. materas ( 1 3 0 6 ) , frz. matelas ( 1 4 1 9 ) ; engl, materasz ( 1 2 9 0 ) , matress (1519). Corom.I, I82 b ff. ; FEW 19, 123 b ff.; O E D IX, 4 8 4 a .

Moschee N. Arab. > ital. > dt.

f. »islamisches G e b e t s h a u s « Μ = Μ = Μ

E T Y M : Arab. - - masgid m. 'Gebetshaus', wörtl. ' O r t , wo man sich niederwirft', hier vor G o t t , um ihn anzubeten, eine A b l e i t u n g aus d e m Verb s a g a d a 'sich nierderwerfen, sich prosternieren; anbeten, verehren'. D a s arab. W o r t gelangte in die europäischen Sprachen während des ersten

Lexikographischer Teil

267

Kreuzzuges. Da die arab. u. westeurop. W o r t f o r m e n voneinander abweichen, wird armen, mzkit od. gr. μ α σ γ ι δ ι ο υ als Zwischenstufe angenommen. Letztere Wörter gehen ebenfalls auf das Arabische zurück. D o z y S u p p l . I, 6 3 3 b ; F E W 19, 122 a ; C o r o m . IV, 63 b ff.

VS: Ital. moschia f. (1470) „luogo di adorazione, casa di culto, edificio sacro dell' Islam" (Cort. III, 780 b ). Das ital. W o r t wird auf gleichbed. span, mezquita (1140) zurückgeführt, wobei moschea als korrumpierte Form der dem spanischen W o r t näher kommenden Variante meschita (Dante) betrachtet wird. Zwischenstufen zu moschea sollen die Formen moscheta, muscheda (14. Jh.) bilden. Den Wechsel des Stammvokals -e- zu -o- bzw. -«- (mezquita > moscheta) sieht man als Angleichung an mlat. museum, muscus > ital. moschio 'Moschus', wegen des typischen Moschusduftes in den islamischen Gotteshäusern, an. Hinsichtlich der E n d u n g möchte Cort. -ea in moschea auf den Einfluß von frz. mosquie zurückführen, wohingegen Arveiller das frz. W o r t mit sämtlichen Varianten für eine E n t l e h n u n g aus dem Italienischen hält und die ital. Endung -ea durch den Wegfall von -t- in moscheta erklärt. C o r t . III, 7 8 0 b ; Pellegrini I, 9 8 ; F E W 19, 122"; B W , 4 l 9 b ; D D M , 478'·, Arveiller (1985), 2 5 1 - 2 6 0 ; C o r o m . IV, 63 b ff.; Kluge 89, 4 8 9 b . D T : Die ältesten Zeugnisse des Wortes tauchen in Reisebeschreibungen auf, zunächst auch nach italienischer Aussprache: (1476) muskea, muschea ( R i e t e r ) ; (1515) muschgea (Varthema); (1566) Moschea (Alvarez); (1567) Moscheen ( R a u t e r ) ; (1573/ 76) Moschee, Moschea ( R a u w o l ß . W i s (1955), 196. In anderer Literatur: (1598) große und kleine Moscheen oder Kirchen ( Q u a d / E n c h i r i d i o n ) ; (1664) eine Türckische Moßkea, oder Tempel ( U n t e r r . eines U n g a r n u. D e u t s c h e n ) ; (1689) in dero Tempel, so sie [die Mohammedaner] Moschee nennen ( A b r a h a m a. S. Clara). Schulz/ Basler II, 156. Die Endung -ee in Moschee wird durch den Einfluß von frz. mosquie erklärt. [Früher liegende dt. Belege des W o r t e s reflektieren die ital. F o r m meschita o d e r sie schließen sich direkt an span, mezquita an, vgl.: ( 1 3 3 8 / 1350) misschida ( N i e d e r r h e i n . Bericht); ( 1 5 6 3 / 79) Meschit ( T ü r c k . Hist. II). W i s (1955), 196; die F o r m meesgitt ( 1 3 9 4 / 1427) bei Schiltperger k a n n eine direkte Ü b e r n a h m e aus d e m Arabischen darstellen. Kluge 89, 4 8 9 b Schulz/ Basler II, 156 u n d D u d e n IV f ü h r e n dt. Moschee auf frz. mosquie zurück. Diese A n n a h m e k a n n aber n u r auf vereinzelte Belege wie z.B. Moßquekirchen (1582/Fischart, Gargantua) und Mosquee ( 1 7 0 9 / W ä c h t l e r ) z u t r e f f e n ] ,

W B : (1691) Moschken ( S T I E L E R II, 2 3 5 0 ) ; (1801) Moschee «ein Türkisches Bethaus, ein Türkischer Tempel» ( C A M P E , l l 2 b ) ; (1863) Moschee «muhamedanisches Bethaus» ( S A N D E R S II 1 , 335); (1909) Moschee «muhamedanisches, türkisches Bethaus oder Tempel» ( W E I G A N D II, 2 2 1 ) ; (1976) Moschee «islamisches Gotteshaus» ( D U D E N IV). A.SPR: Frz. mosquie (1515), älter u.a. mesquite (14. Jh.), musquette (1410); engl, mosque (1612), älter u.a. mosquee (1585), muskey (1400). Arveiller ( 1 9 8 5 ) , 2 5 1 - 2 6 0 ; O E D IX,

llllb.

268

Italienisch als Vermittlersprache

Mumie N. f. »einbalsamierte Leiche« A r a b . > m l a t . > ital. > d t .

Ρ = Ρ c

Μ

ETYM: Arab. L - m O m i y ä f. 1) 'Mumie, bes. der ägyptische Leichnam'; 2) 'mineralische Substanz wie Erdwachs, Pissasphalt u. ähnl., die als Heilmittel verwendet wurde und mit der man die ägyptische Leiche behandelte'. Das arab. Wort geht auf pers. müm 'Wachs' zurück. Dozy S u p p l . II, 6 2 4 b f f . ; S c h m u c k e r (1965), 747; Steingass 1348 b ff. [Bereits im alten O r i e n t w u r d e n der Asphalt u n d ähnliche Substanzen zu H e i l m i t t e l n verw e n d e t . Diese Praktik Ubernahmen auch die arabischen Arzte u n d b e n u t z e n die m i t d e m pers.-arab. W o r t mOmiya bezeichneten pechartigen Mineralien zu medizinischen Z w e c k e n . Als im M i t t e l a l t e r Ägypten erobert w u r d e u n d m a n zu den ägyptischen M u m i e n gelangte, w u r d e n diese seziert u n d m a n n a n n t e die daraus geflossene Substanz auch mOmiyS, da diese Ä h n l i c h k e i t e n m i t d e n sonst b e k a n n t e n Asphaltarten hat. Schließlich w u r d e die B e z e i c h n u n g mOmiya auf den ägyptischen Leichnam verschoben. Die mOmiya der ägyptischen L e i c h n a m e w u r d e ebenfalls als H e i l m i t t e l verwendet u n d sie galt als besonders heilkräfig. Dies veranlaßte die arabischen u n d in der Folge auch die europäischen M e d i z i n e r gezielt L e i c h n a m e zu m u m i f i z i e r e n , u m d a r a u s die angeblich h e i l e n d e Substanz zu g e w i n n e n . Vgl. S c h m u c k e r ( 1 9 6 5 ) , 7 4 7 ; Brockhaus Enzykl. XIII; F E W 19, 131"; Schulz/ Basler II, 160]

VS: Ital. mümtnia f. (1492) „cadavere inbalsamato ο disseccato", entlehnt aus mlat. mumia (12. Jh.) 'Substanz, mit der der Leichnam einbalsamiert wird'; 'dieselbe Substanz als Heilmittel'. In dieser Bed. wurde auch ital. mu(m)mia vom 14. bis zum ausgehenden 16. Jh. verwendet, wobei nicht festgestellt werden kann, ob die Bed. 'einbalsamierter Leichnam' gleichfalls auf einer mlat. Vorlage beruht oder ob sie im nachhinein direkt aus dem Arabischen bezogen wurde. Das mlat. mumia 'Heilmittel' wurde infolge der Rezeption der arabischen Medizin in Europa übernommen. Es taucht zunächst im medizinischen Schrifttum Salernos auf, z.B. im: Liber de Chirugia von Constantinus Africanus: „mumia, esse aspalatum, quaedam dicunt esse veteribus monumentis in venta ... valet contra fracturam capitis" (Ducange IV-V, 543). C o r t . III, 7 8 5 ' f f . ; Pelligrini I, 81; Kluge 89, 491 b ff.; Pfeifer II, 897 a ; F E W 19, 131".

D T : Im 16. Jh. bezeugt als 'einbalsamierte Leiche' und als 'Heilmittel'. Nach Pfeifer II blieb Mumie als Bestandteil von Arneimitteln in der deutschen Apothekersprache bis zum 19. Jh. erhalten, wobei die erste Verwendung von Sache und Wort auf Paracelsus zurückgeführt wird. Ein Erstbeleg des Wortes weist beide Verwendungen auf: (1534) da findet man [im Sande] die Mummea, d. i. vil außgedörrte Menschen todt, di man in den Apothecken braucht ZU artzney ( F r a n c k , W e l t b u c h / Schulz-Basler II, 1 6 l ) . Als 'einbalsamierte Leiche': (1665) da wir wider von dannen herauf kamen, sahen wir, wie sie die Mommi außgruben, und zwar sähe ich 2.Manns-Cörper ... die ... daselbst ... wol viel hundert Jahr gelegen hatten, und die sahen noch so frisch, als ob sie lebendig weren (Sommer-Elisius, See- u n d Land-Reyse/ Schulz-Basler I i ) ; (1787) (er kann sogar) die mumie des todten/ aus ihrer ruhe zu Escurial! hervor ans licht der sonne reiszen (Schiller, D o n Carlos/ D W B 1 X l l ) ;

269

Lexikographischer Teil

(20. Jh.) Ihn (der Vogel) fanden wir ... als Mumie in einem Schacht der Luftheizung (Lorenz, Verhalten/Duden IV). Als 'Heilmittel oder Arznei': (1562) Mumia (bei Paracelsus [in einer Rezeptanweisung von U n g u e n t u m de Aleopatico]) (Schulz-Basler Ii); (?) man dörrt so kraut als stiel,! man schindet bäum und thier, man prägelt, brennt und röstet fett, erz und mumien (Günther/ D W B 1 X I l ) . Abi.: (19. Jh.) mumifizieren nach frz. momifier (Pfeifer II, 897").

W B : (1734) Mummte «(die, ein einbalsamirrter Leib) mumia» (STEIN(1741) Mumie «ein alter balsamirter Cörper, und die pechige Materie davon, womit vor Alters die Egyptier sind balsamirt worden. [...]. Man hat hernach auch andere verdorrte Cörper aus den Lybischen SandGegenden M u m i e n genennet» (FRISCH I, 673*); (1777) Die Mumie «der einbalsamirte und getrocknete Körper eines Verstorbenen, und in weiterer Bedeutung, ein jeder todter Körper, welcher anstatt in die Fäulniß überzugehen, ausgetrocknet, und in deine feste dürre Masse verwandelt worden, [...]. Auch die Masse selbst ist unter diesem N a m e n bekannt» (ADEL U N G III, 6 0 3 ) ; (I860) Mumie «einbalsamierter getrockneter Leichnam, [...]: eine alte, verschrumpfte, vertrockenete Person [...]. Auch Bez. mancher zum Balsamieren von Leichen dienender Stoffe» ( S A N D E R S II 1 , 3 4 3 b f f . ) ; (1909) Mumie «einbalsamierter eingetrockneter Leichnam der Vorzeit» ( W E I G A N D II, 2 3 0 f f . ) ; (1976) Mumie «durch Austrocknung od. Einbalsamierung vor Verwesung geschützte Leiche» ( D U D E N IV). B A C H II, 82);

A.SPR: Frz. momie (13. Jh.); span, momia (1400). D D M 432 b ; Corom. IV, 123 b ; O E D X, 97".

Muselmann

(1386); engl,

mummy

N. m. »Muslim«

Arab. > pers. > türk. > ital. > dt.

Μ = Μ = Μ

E T Y M : Arab. ilm« muslim m. 'Angehöriger der islamischen Religion', zum Verbum aslama 'sich in den Willen Gottes ergeben, d.h. Muslim werden, den Islam als Religion annehmen' (Wehr 591 b ). Arab, muslim ergibt pers. musulmän (-än ist eine adj. E n d u n g im Pers.), das seinerseits ins Türkische als muslimän und (durch Vokalharmonie) müslüman übernommen wurde. Steingass 1236 a ; Steuerwald 836 a . VS: Ital. musulmäno m. (1698), älter mussulmano (1557) 'Muslim' geht nach Cort. III, 788 b auf das Pers., nach Arveiller (1987), 322-324, auf das Türk, zurück. D T : Im 17. Jh. mit sekundärer Anlehnung an Mann zunächst als Musulmann dann als Muselmann belegt. Kluge 89, 493 b ff.; D W B 1 XII. W B : (1691) Musulmann «Musulmannus» (STIELER II, 1236); (1734) Muselmann «Turca» ( S T E I N B A C H II, 86); (1777) Der Muselmann «ein Name, welchen sich die Anhänger Mahomeds oder die im gem. Leben so genannten T ü r k e n selbst beylegen, und im Arabischen eigentlich Moslemim, d. i. Bekenner des Islam, oder wahren Glaubens, welchen N a m e n Mahomed

270

Italienisch als Vermittlersprache

seiner Lehre schon im Jahre 612 gab, bedeutet, und woraus die Europäer ihr Muselmann verderbt haben» (ADELUNG II, 623): (1809) Der Muselmann «ein aus Moslemim, d.h. Bekenner des Islam oder des wahren (Türkischen) Glaubens, verderbtes Wort, womit man die Türcken und die Bekenner Mohameds überhaupt bezeichnet» (CAMPE III, 3 7 Γ ) ; (1909) Muselman u. Muselmann «Mohammedaner» (WEIGAND II, 239); (1980) Musulman «(veraltet, noch scherzh.): Moslem und Muselmann (veraltet, noch scherzh.): eindeutschend für Muselman» (DUDEN IV). A.SPR: Frz. musulman (1542), älter Moussoulman (Anfang 15. Jh.); engl, mussulman (1563-83); span, musulmdn (1817). Arveiller (1987), 319-320; FEW 19, 136 b ; O E D X, 136'; Corom. III, 197 b ff.

Soda

N. f. »Natriumkarbonat»

Arab. > ital. > dt.

Μ c Ρ c Ρ

ETYM: Arab. *suwwäd, dial, sawwäd, suwwSd, suöd, souid 1) 'Bezeichnung für verschiedene salzhaltige Strandpflanzen'. Nach Steiger/ Hess gelangte der arabische Pflanzenname zunächst nach Sizilien. Dort wurde er unter dem Einfluß der maghrebinischen Aussprache zu soda umgestaltet und auf das Verbrennungsprodukt dieser Strandpflanzen verschoben. Das nur in den Dialekten belegte arab. Wort fehlt in der klassischen Sprache. Die Entsprechung dafür ist hier qalT, das dem europ. Wort alcalU Alkali (vgl. dieses) zugrunde liegt. Dozy Suppl. i, 699 b ; Steiger/Hess (1937), 5376.

VS: Ital. soda f. (14./15. Jh.) 2) 'sodahaltige Pflanzenasche (carbonato di sodio)': „Fare soda da vetro e da sapone" (Trattati dell'arte del vetro per musaico/Vox 2, 57); (16. Jh.) 'Sodapflanze': vi nasce in gran copia l'erba, che nella Toscana si chiama soda, che fu appresso agli Arabi il kali, di cui abbiamo il sale alcali" (Mattioli/Vox 2, 57). In Kluge 89, 677 b , wird Spanisch als Vermittlersprache des Arabismus Soda an das Deutsche angegeben. Dagegen Pfeifer II, 1303 b , ital. soda > dt. Soda. [Es handelt sich um das Verbrennungsprodukt halophiler Strandpflanzen (z.B. Salsola soda; Salsola Kali; Salicornia fruticosa), das 25-30% Natriumkarbonat enthält und zur Glas- und Seifenfabrikation verwendet wird. Bis zu Beginn des 19. Jh.s war diese Pflanzenasche die Hauptquelle des europäischen Sodaverbrauchs. Sie wurde dann durch die kunstliche Herstellung des Natriumkarbonats verdrängt. Sizilien und des Nordosten Spaniens waren die Haupthersteller und Exporteure des Pflanzensoda nach dem übrigen Europa. Vgl. Cort. V, 1219 b ; Battisti V; A. Steiger/Hess (1937), 53-76].

D T : Im 18. Jh. als 'Pflanzensoda' belegt: (Jacobsson) die spanische soda kann man aus deutschen, bey den salzwerken wachsenden Salzkräutern nachmachen

(DWB1 XVI); (1989) Soda: Natriumcarbonat

(Römpps Chemie-Lex. 5); 3)

'kurz für Sodawasser: (1976) bitte bringen Sie mir einen Whisky mit Soda (Duden V). Zus.: ( 1 9 0 5 ) Sodawasser: wasser welches eine geringe menge kohlensaures natron aufgelöst enthält (DWB1 XVI); (1989) Sodawasser: Bez. für künstliches Mineralwasser (Römpps Chemie-Lex. 5).

Lexikographischer Teil

271

WB: (1780) Die Soda, Sode oder Soude «ein feuerbestädiges mineralisches Laugensalz, welches eine Art Pottasche ist, und durch Einäschern gewisser am Ufer des Meeres wachsender Pflanzen erhalten wird, besonders von einer Art des Salzkrautes, welches in den salzigen Gegenden des mittägigen Europa wachset, Salsola Soda Linn.» (ADELUNG IV, 501); (1865) Die Sode, Soda «Das unreine kohlensaure Natron nennt man Soda, Sodesalz» (SANDERS II, 2, 1113 b ); (1909) Soda «kohlensaures Natron, früher aus der Asche von Strandpflanzen (bes. des Salzkrautes, salsola soda), jetzt aus Koch- und Glaubersalz gewonnenes Laugensalz» ( W E I G A N D II, 881); (1976) Soda «1) graues bis gelbliches, wasserlösliches Natriumsalz der Kohlensäure, das bes. zur Wasserenthärtung u. zur Herstellung von Seife u. Reinigungsmitteln verwendet wird; Natriumcarbonat. 2) kurz für Sodawasser» (DUDEN V)

A.SPR: Frz. soude (1527, soulde); span, sosa (1513), soda (1570); engl. soda (1558). FEW 19, 165°ff.; D D M , 703'·, Corom V, 315 a ff.; O E D XV, 921 c .

Zenit N. m. »Scheitelpunkt; Höhepunkt« Arab. > mlat. > ital. > dt.

Μ = Μ c Ρ

ETYM: Arab. ^J_>J1 „.., samt ar-ra's m. 'Scheitelpunkt', eine attributive Genetivbildung bestehend aus samt 'Richtung' und ra's 'Kopf', also 'Richtung des Kopfes', die in der astronomischen Fachsprache eine lexikalische Einheit wurde, um die 'Richtung in bezug auf das horizontale Koordinationssystem' bzw. 'Scheitelpunkt am Himmelsgewölbe' zu bezeichnen. Die Fügung erscheint bereits im Arabischen gekürzt. Arab, samt (vulg. semt), das in der mlat. Transkriptionsgewohnheit wahrscheinlich einmal zcmt ergeben hat, wurde im nachhinein wegen Verwechselung der Graphien und zu zenith, cenith verschrieben. Dozy Suppl. I, 680 b ; Wiedemann (1970) II, Anm. 1, 457; Bossong (1979), 98ff. [In der astronomischen Nomenklatur lieferte der arab. PI. as-sumüt (Sg. von samt) den mlat. Ausdruck Azimut 'gebogene Linien auf der oberen Hälfte der Vorderseite des Astrolabs: die „Vertikalkreise", die, durch den Zenith gehend den Horizont u. die paralellen Höhenkreise (almukantarat) senkrecht schneiden' (Kunitzsch 1977, Nr. 13, S. 42). Der Ausdruck ging in die europäischen Sprachen ein, so dt. Azimut (Duden I). Der Gegenpunkt zu samt bzw. Zenit ist na(Jir (eigentl. 'entsprechend') > 'der entsprechende gegenüberliegende Punkt zu einer jeweiligen Gestirnstellung, oft auch auf den Gegenpunkt der Sonne bezogen' (Kunitzsch 1974, Nr. 34, S. 24). Der astrom. Terminus wurde ins mlat. als nadir rezipiert u. erreichte ebenfalls die europäschen Sprachen, so dt. Nadir (z.B. 1717/ Schulz-Basler VI, 325')].

VS: Ital. zenit m. (1321/ Dante) „punto immaginario in cui la verticale passante per un luogo di osservazione incontra la sfera celeste", geht zurück auf gleichbed. mlat. cenith (1200), zenith (1232); letztere Form taucht z.B. 1250 in „De arti venandi" Friedrichs II. auf. Cort. V, l464 b ff.; Latham (1965), 524"; Kluge 89, 809 a ; Pfeifer II, 1601.

272

Italienisch als Vermittlersprache

[In Kluge ebd., Pfeifer ebd. sowie D u d e n VI wird Zenit auf das Italienische zurückgeführt. In Schulz/ Basler ebd. wird die Vermittlersprache nicht präzisiert, wobei die hier angeführten ersten Belege, Dtsch, Ptolemäus (czenit) und Sacroboskos Sphera materialis (Übers) (Zenith), auf lat. Vorlagen zurückgehen. D t . Zenit kann also eine direkte Wiedergabe des mlat. Wortes darstellen].

DT: Seit Ende des 15. Jh.s, zunächst als Fachausdruck der Astronomie, oft in der Schreibung Zenith, bezeugt. Im 18. Jh. wurde es nun auch im übertragenen Sinn verwendet. Als 'Scheitelpunkt der oberen Himmelshalbkugel' (der Gegenpol dazu ist Nadir, das ebenfalls einen Arabismus darstellt): ( 1 4 9 0 ) so trifft das czenit ein mal. [...] ; auch haben die menschen in diesem clima die sun vber iren heuptern gleich [...] zwey mol ym Jor vnd wirt genant zenith [...] ( D t s c h . Ptolemäus/ Schulz-Basler VI, 3 2 5 ) ; ( 1 5 8 3 ) den Zenith oder Hauptpunct (Thurneisser, Osnomast./ Schulz-Basler V i ) ; ( 1 6 1 0 ) den zenit und höchsten puncten circuit meridiani ( G u a r i n o n i u s , Greuel/ D W B 1 XXXI); ( 1 7 1 7 ) Der Horizont/ welcher mitten zwischen Zenith und Nadir um die Zug-Linie herum gehet, [...] (Sturm, Mathesis/ Schulz-Basler V i ) ; ( 1 8 2 2 - 2 6 ) Wo du auch wandelst im Raum, es knüpft kein Zenith und Nadir in den Himmel dich an, dich an die Achse der Welt (Schiller/Schulz-Basler V i ) ; ( 1 9 0 5 ) Statt der Höhe (h) wird auch, und zwar mit Vorteil, das Komplement derselben, die Zenitdistanz (z = 90" - h), also der auf demselben Vertikalkreise gezählte Bogenabstand des Sternes vom Zenit benutzt (Marcuse, geogr. Ortsbest./ SchulzBasler V i ) ; ( 1 9 7 6 ) der Stern steht im Zenit, hat den Zenit überschritten ( D u d e n V l ) . 2 ) 'Zeitpunkt der höchsten Entfaltung, Höhepunkt': ( 1 7 9 4 ) den zenit der natürlichen Vollkommenheit' ( W i e l a n d / D W B 1 XXXI); ( 1 8 2 7 ) Merkwürdig genug hat ohngefahr mit der Zeit der französischen Revolution die deutsche Literatur ihr Zenit erreicht (Grabbe, Shakespearo-Manie/ Schulz-Basler V i ) ; ( 1 8 5 7 ) Ich sah es letzthin in der Nacht, wie der Mond das Meer mit heiligem Lichtschein übergoß und zahllose Sterne am dunklen Zenith funkelten, daß sie mit den Augen ein Gebet sprachen, obwohl die Lippen ein weltliches Lied sangen ( W i l l k o m m , A m m e r / Schulz-Basler V i ) ; ( 1 9 2 8 ) Während Stefan Georges Gestirn im letzten Jahrzehnt zum Zenithe seiner Laufbahn aufstieg, ist Rilkes Stern [...] mehr und mehr verblasst (Strich, D i c h t u n g / Schulz-Basler IV); ( 1 9 7 6 ) er stand im Zenit seines Ruhms, seiner Schaffenskraft ( D u d e n V i ) . WB: (1909) Zenit (preuß.), Zenith (öst.-bayr.) m. u. n.: «Scheitelpunkt am Himmel» ( W E I G A N D II, 1315); (1976) Zenit «1. gedachter höchster Punkt des Himmelsgewölbes senkrecht über dem Standpunkt auf der Erde; Scheitel, Scheitelpunkt. 2. (bildungsspr.) [Zeit]punkt der höchsten Entfaltung, Wirkung; Höhepunkt» ( D U D E N VI). A. SPR: Frz. zinith (1361, cenith), fig. (1527); span, cenit (1256/ Libros del Saber de Astronomia); engl, zenith (1387, Cinit), fig. (1592). F E W 19, 153 a ff.; D D M , 804"; C o r o m . II, 29 b ; O E D XX, 800 c ff.

6. Spanisch als Vermittlersprache 6.0. Kurzeinführung Z u r Zeit der Herausbildung der iberoromanischen Sprachen stand die Iberische Halbinsel unter dem Einfluß der arabischen Kultur und Sprache. Dies führte zur Aufnahme einer Vielzahl von arabischen Wörtern in die entsprechenden Idiome. Vor allem das Kastilische bzw. Spanische, das hier als Kontaktsprache behandelt wird 1 , ist von arabischen Elementen durchdrungen. Spanisch ist die romanische Sprache, die die meisten arabischen Wörter aufgenommen hat. Im Hinblick auf die Vermittlerfunktion von Arabismen an das Deutsche spielt das Spanische jedoch gegenüber den anderen, bisher behandelten Vermittlersprachen keine große Rolle. Der Umfang der im Rahmen der spanisch-deutschen Lehnwortbeziehungen vermittelten Arabismen ist beschränkt. Im folgenden werden die hier in Frage kommenden Transferenzen einerseits in ihren arabisch-spanischen u n d andererseits in ihren spanisch-deutschen Entlehnungskontexten dargestellt und analysiert.

6.1. Die arabisch-iberoromanischen Sprachkontakte Die Sprachgeschichte der Iberischen Halbinsel ist weitgehend durch die arabische Eroberung (711) bestimmt. Dem Westgotenreich, in dem das Latein die allgemeine Verständigungssprache war, wurde ein Ende gesetzt und in Al-Andalus, dem Herrschaftsgebiet der Araber auf der Halbinsel, setzte sich dagegen das Arabische als Verkehrs- und Kultursprache durch. Das hispanisch geprägte Latein wurde aber nicht aufgegeben. Es lebte fort sowohl in den nördlichen peninsularen Gebirgsgegenden, in die sich viele Christen infolge dieser Ereignisse zurückzogen und dort mehrere König-

Das Portugiesische gilt ebenfalls als H a u p t e m p f ä n g e r s p r a c h e von A r a b i s m e n . H i n s i c h t lich einer V e r m i t t l e r f u n k t i o n von Arabismen an das D e u t s c h e k o m m t es zwar gleichfalls in Frage, jedoch waren diese Arabismen e n t w e d e r bereits d u r c h a n d e r e r o m a n i s c h e S p r a c h e n ins D e u t s c h e g e k o m m e n oder sie stellen vereinzelte Belege dar, die o h n e Konsequenz für die deutsche Sprache geblieben sind. Vgl. dazu V e r m e e r ( 1 9 7 7 ) , S. 2 4 6 2 6 5 . D e r ins Deutsche über das Englische gelangte S e e m a n n s a u s d r u c k Monsun 'eine Art W i n d ' ist ein Arabismus, der das Portugiesische als erste E n t l e h n u n g s s p r a c h e aus d e m Arabischen hat.

274

Spanisch als Vermittlersprache

reiche gründeten, als auch in Andalusien unter der einheimischen romanischen Bevölkerung in Form der als Mozarabisch bezeichneten Idiome 2 . In dieser Hinsicht bildete die arabische Eroberung den Anlaß für die Herausb i l d u n g der einzelnen iberoromanischen Sprachvarietäten, die durch die Reconquista ihre entsprechenden Ausdehnungsräume gewonnen haben. Zu diesem Faktum äußert sich M . Pidal wie folgt: „Da es o h n e Araber keine Reconquista gegeben hätte, so müssen sie indirekt für die heutige sprachliche Gliederung [der Iberoromania] verantwortlich gemacht werden." 3 Das bisher Gesagte unterstreicht jedoch n u r die passive Rolle der arabischen Präsenz in der Iberoromania. Die aktive Rolle äußert sich in der A u f n a h m e einer beträchtlichen Anzahl von Arabismen in die sich gerade herausbildenden iberoromanischen Idiome. Dieser massive lexikalische Einf l u ß verleiht nach W . v. W a r t b u r g den romanischen Sprachen der Pyrenäenhalbinsel „une teinte d'exotisme, une teinte Orientale, en face des autres parlers romans occidentaux." 4 Das H a u p t m o t i v einer solchen Rezeptivität gegenüber Arabismen ist mit Sicherheit - vor allem in der ersten Phase des arabisch-iberoromanischen Sprachkontaktes zwischen dem 9. u n d 13. Jh. — in der Überlegenheit der arabischen Kultur zu suchen. D e n n schon bevor die Reconquista voranschritt und das Kastilien der katholischen Könige das Reich von Granada stürzte (1492), war die Hauptmasse der arabischen Lehnwörter bereits im Kastilischen bzw. Spanischen assimiliert. Die U n t e r s u c h u n g von Saigado (1983) über die Arabismen des Kastilischen im Spätmittelalter belegt mit Faktenmaterial u n d Statistik die Stichhaltigkeit dieser Behauptung. Die Träger des andalusischen Einflusses nach den nördlichen Königreichen waren in der ersten Phase der arabischen H e r r s c h a f t vor allem die Mozaraber. Auf ihre kulturelle Vermittlerrolle zwischen O r i e n t u n d Okzident wurde bereits hingewiesen. V o m 9. bis 11. Jh. bildeten die Mozaraber den Hauptbevölkerungsanteil des Königreichs Leon. Hier sowie in Kastilien gibt es im 10. Jh. eine große Anzahl arabischer N a m e n als Grundstückeigentümer 5 . Sie kamen nach N o r d e n entweder als Neusiedler der wiedereroberten Gebiete oder als Emigranten, infolge ihrer Vertreibung aus Andalusien. Ein anderer W e g für die frühe Infiltration von Arabismen in die Sprachen der Halbinsel verläuft über die christlich-andalusischen Grenzgebiete, in denen nach Metzeltin der Bilinguismus keine seltene Erscheinung war 6 .

3 4 5 6

Vgl. W i n k e l m a n n / M e t z e l t i n (1992), S. 2. Die mozarabischen I d i o m e sind entweder d e m Arabischen gewichen oder von den nördlichen I d i o m e n absorbiert w o r d e n . Dazu T o v a r ( 1 9 7 7 ) , S. 6 9 f f . Ü b e r das Bestehen des Romanischen im arabischen Andalusien als Folge der A k k u l t u r a t i o n - R e s i s t e n z m a n c h e r christlicher Kerne, die sich stets der Arabisierung widersetzten, vgl. C o r r i e n t e (1977), S. 1. Z i t . nach Baldinger (1958), S. 27. Z i t . nach Baldinger, ebd. Vgl. Metzeltin ( 1 9 9 2 ) , S. 4 4 9 . Vgl. ebd.; dazu auch Kontzi (1982), S. 4 0 9 - 4 2 5 .

Die arabisch-iberoromanischen Sprachkontakte

275

6 . 1 . 1 . S p r a c h k o n t a k t e in Kastilien In der Schlacht von las Navas de T o l o s a (1212) erlitten die s p a n i s c h e n Araber d u r c h die kastilische E x p a n s i o n g r o ß e territoriale Verluste. Es e n t s t a n d eine neue geopolitische u n d sprachliche S i t u t a t i o n , in der Kastilien zur Z e n t r a l m a c h t a u f der Iberischen Halbinsel w u r d e u n d in der sich das Kastilische anstelle des Arabischen u n d M o z a r a b i s c h e n als U m g a n g s - u n d L i t e r a t u r s p r a c h e d u r c h s e t z t e 7 . D e r n u n enger w e r d e n d e K o n t a k t m i t einer breiten arabischen u n d arabisierten Bevölkerungsschicht begünstigte sowohl die V e r b r e i t u n g der alten als auch die A u f n a h m e von n e u e n A r a b i s m e n in die kastilische Sprache. Diesen Prozeß hat Saigado in der o b e n e r w ä h n t e n u n d auf Literaturquellen v o m 14. bis z u m 16. Jh. gestützten U n t e r s u c h u n g geschildert. D e r A u t o r k a m zu folgenden Ergebnissen: Erstens w u r d e die A u f n a h m e u n d I n t e g r a t i o n von Arabismen ins Kastilische dieses Z e i t r a u m s n i c h t etwa d u r c h die in Kastilien z u r ü c k g e b l i e b e n e n M u s l i m e , die sog. M u d e j a r e n , s o n d e r n in erster Linie d u r c h die C h r i s t e n r o m a n i s c h e r Z u n g e h e r b e i g e f ü h r t . D i e M u d e j a r e n vergaßen im Laufe der Zeit ihre arabische M u t t e r s p r a c h e u n d schrieben n u r n o c h Spanisch. Dies belegen die zwischen d e m 14. u. 15. J h . e n t s t a n d e n e n m u d e j a r i s c h e n T e x t e wie z.B. der Breviario Qunni u n d Las Leyes de Moros. Saigado spricht hier von e i n e m A k k u l t u r a t i o n s p r o z e ß , d e m n u r eine kleine M i n d e r h e i t widerstehen k o n n te. D i e M u d e j a r e n u n d die arabisierten C h r i s t e n h a b e n sicherlich e i n e wichtige Rolle beim T r a n s f e r u n d G e b r a u c h von A r a b i s m e n gespielt, die in Frage k o m m e n d e n E n t l e h n u n g e n e r f o r d e r t e n aber keine bilinguale Sit u a t i o n , u m a u f g e n o m m e n zu w e r d e n . Es h a n d e l t sich in der H a u p t s a c h e u m arabische B e z e i c h n u n g e n f ü r f r ü h e r u n b e k a n n t e G e g e n s t ä n d e , die im Kastilischen keine E n t s p r e c h u n g e n hatten u n d aus p r a g m a t i s c h e n G r ü n d e n e n t l e h n t w o r d e n sind. Z w e i t e n s zeigt die i n n e r h a l b des g e n a n n t e n Z e i t r a u m s in drei E n t l e h n u n g s e t a p p e n aufgeteilte U n t e r s u c h u n g , d a ß die A u f n a h m e von n e u e n A r a b i s m e n von E t a p p e zu E t a p p e i m m e r geringer w u r d e , wenngleich der letzte E r o b e r u n g s z u g in G r a n a d a einen b e t r ä c h t l i c h e n a r a b o p h o n e n Kern erschloß. D e n d e u t l i c h e n R ü c k g a n g der A d o p t i o n von n e u e n arabischen W ö r t e r n im Spanischen sieht der A u t o r vor allem im U n t e r g a n g der arabisch-islamischen K u l t u r b e g r ü n d e t . D e r a u f k o m m e n den Renaissance h a t t e n sowohl die besiegten G r a n a d i n e r als auch die assimilierten M u d e j a r e n nichts kulturell Vergleichbares m e h r entgegenzusetzen. Ein Beweis d a f ü r sind die in dieser Zeit e n t s t a n d e n e n Texte, in d e n e n vielmehr Kultizismen als neue A r a b i s m e n v o r k o m m e n . 8

7 8

Vgl. Saigado (1983), S. 32ff; W i n k e l m a n n / M e t z e l t i n ( 1 9 9 2 ) , S. 9ff. Vgl. Saigado (1983), S. 3 4 3 f f .

276

Spanisch als Vermittlersprache

6.1.2. Die Transferenzen (nach Sachgebieten geordnet) Spanisch ist die romanische Sprache, die am meisten Arabismen enthält. Nichtsdestoweniger waren die alten Schätzungen von 8% bis 10% übertrieben 9 . Saigado schätzt den heutigen Anteil der Arabismen im Spanischen auf 0 , 1 2 % , ' eine immerhin beträchtliche Anzahl. Spanische Arabismen erstrecken sich auf mehrere Sachgebiete, die in der Arbeit von Saigado eine adäquate Einteilung gefunden haben. Ein großer Teil davon gehört der Nomenklatur und der Terminologie verschiedener Wissenschaften an. Es handelt sich um die auf spanischem Boden entstandenen arabisch-mittellateinischen Ubersetzungen, die zahlreiche arabische Vokabeln enthalten, welche wie die meisten Arabismen des Spanischen eine al- Präfigierung aufweisen und den Einfluß von Spanisch-Sprechenden auf das Zustandekommen der lateinischen Übersetzungen verraten. Diese Arabismen sind wie wir gesehen haben - nicht durch das Spanische, sondern überwiegend durch das Mittellatein an die übrigen europäischen Sprachen vermittelt worden. Viele von ihnen wurden sogar früher in die genannten Sprachen schriftlich rezipiert als vom Spanischen selbst. Dies ist auf die spanische Wissenschaftsgeschichte zurückzuführen. Was die spanischen Arabismen anderer Sachgebiete betrifft, so werden im folgenden nur diejenigen unter ihnen angeführt, die primär über das Spanische in die deutsche Sprache entlehnt worden sind. Vergleichsweise werden auch die sekundär durch andere romanische Sprachen ins Deutsche gekommenen spanischen Arabismen erwähnt, jedoch ohne mit ausführlichen Angaben versehen zu werden, da sie unter den entsprechenden Vermittlersprachen nachgeschlagen werden können. Die A n o r d n u n g der Transferenzen erfolgt nach Sachgruppen: - Beamtentitel und andere Appellative Primär: Arab, qädl > span. alcalde (11. Jh.) 'Richter' 1 1 ; arab. wazTr 'Minister', im Hispanoar. auch 'Vizeminister, der oft das Amt eines Gouverneurs innehatte' > span, alguacil (11. Jh.) 'Statthalter (mit juristischen Befugnissen)' (1075); 'Gerichtsbeamter' (12. Jh.); 'Minister des Königs' (Cid) 1 2 ; arab. sayyid, vulg.-ar. sld 'Herr', im Hispanoar. 'Prinz bei den Almohaden' > span. Cid (1140) 'der von den Arabern dem Helden Rodrigo Diaz de Vivar gegebene Beiname'. Der Cid fiel in Ungnade bei König Alfonso VI. und trat in maurische Dienste. Im Jahre 1094 kämpfte er aber gegen die Muslime und eroberte Valencia für die Christen zurück. Daraufhin entstand das spanische Heldenepos Poema de Mio Cid, das das

9 10 11 12

Vgl. noch Baldinger (1958), S. 28. Saigado (1983), S. 327ff. Vgl. Artikel Alkalde. Vgl. Dozy Suppl. II, 799'ff.; DHLE, Fasciculo 13, 337 c ff.; Corom. I, 162 a ff.

Die arabisch-iberoromanischen Sprachkontakte

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Leben und die Heldentaten des Cid schildert. 1 3 Arab, musta'rib > span. mozdrabe (16. Jh.) 'Mozaraber'. 1 4 Sekundär: span, algalifo (1115) 'Kalif. — Bezeichnungen für die islamische Baukunst Primär: Arab, (al-)qasr 'Festung; Palast' > span, alcdzar ( 1 0 6 9 ) 'Burg; Schloß; Residenz' 1 5 ; arab. al-hamrä' 'Schloß von Alhambra in Granada' > span. Alhambra 'Palast der maurischen Könige in Granada'; alhambra ( 1 6 2 1 ) 'arabische(r) Burg, Palast'; ( 1 8 8 8 ) 'Konzertraum in einem Theater oder Kaffeehaus'. 1 6 Sekundär: span, alcoba ( 1 2 7 8 - 7 8 ) 'Alkoven'; span, mezquita ( 1 1 7 0 ) 'Moschee'. — Handelsausdrücke Primär: Arab, (al-)bara'a, hispanoar. (al-)barä 'Quittung, Steuerbeleg, Garantieurkunde' > span, albard (1036) 'Schein, Urkunde'. 1 7 Sekundär: Span, quintal (1220) 'Quintal'. — Musik- und Spielausdrücke Primär: Arab, kitara > span, guitarra ( 1 3 3 0 - 4 3 / J. Ruiz) 'Gitarre'. 1 8 Sekundär: Span, laud (14. Jh.) 'Laute'; span, azar ( 1 2 8 3 ) , Grundwort zu

Hasard. — Pflanzen- und Mineralnamen Primär: Arab, (al-)qirmiz > span, alquermes (1555) > dt. Alkermes (1579) 19 'Schildlaus' . Arab. yäsamTn > span, jasmin (15. Jh.), früher azemin (14. Jh.) 'Jasmin' 20 . — Textil- und Lederbezeichnungen Sekundär: Span, barragdn (13. Jh.) 'Barchent'; span, badana ( 1 0 5 0 ) 'Basane'; span, guadameci (12. Jh.), Grundwort für Gamasche·, span, aceituni (14. Jh.) 'Satin'. 13

14 15

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"

20

Vgl. Dozy Suppl. I, 699 b ; Strosetzki (1991), S. 7ff.; Bertau (1972/73) I, S. 134. Die von M. Pidal angenommene Entstehungszeit des Poema de Mio Cid im Jahre 1140 wird in der heutigen Forschung auf den Anfang des 13· Jh.s datiert. Vgl. Strosetzki (1991), ebd. Vgl. LAW, S. 767ff. Vgl. Corom. 1, 1341'; DHLE, Fasciculo 12, 196 a ff. Das arab. Wort qa?r geht auf lat. CASTRUM zurück. Arab, al-hamrä' bedeutet eigentlich 'die Rote', es wurde der Festung aufgrund ihrer größtenteils rötlichen Farbe als Name gegeben. Vgl. EI 1 , I, 291 Ff.; DHLE, Fasciculo 13, 354*. Arab, bara'a ist eine Verbalableitung aus bari'a od. bara'a 'einer Verantwortung entledigen, unschuldig sein, befreit sein'. Vgl. Dozy Su ppl. I, 62 b ff.; Blachfcre I, 487 a ff.; Corom. I, 113 a . Vgl. Artikel Gitarre. Vgl. Dietrich IV 42; Corom. I, 876 b ff.; FEW 19, 95'ff. Ein älteres span, carmez (914935), carmes geht nach Corom., ebd., auf hispanoar. qarmaz zurück, die Form mit -ein der ersten Silbe sei dagegen vielleicht über eine mlat. Form, die direkt auf qirmiz zurückgeht, ins Spanische übernommen. Vgl. Artikel Jasmin. Zur Pflege von Gärten bei den spanischen Arabern vgl. Vernet (1984), S. 54.

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Spanisch als Vermittlersprache

- Verschiedenes Sekundär: Span, azul (10. Jh.), Grundwort für Azur, span, jinete (13. Jh.) 'Pferdeart'; span, gdlibo (1526) od. calibio (17. Jh.), liegt wahrscheinlich dem Wort Kaliber zugrunde. Wie die angeführten Wörter zeigen, gehören die meisten in die deutsche Sprache gekommenen spanischen Arabismen der ersten arabisch-spanischen Entlehnungsschicht an. Dies ist für die arabisch-spanische Seite die Folge sowohl des Arabisierungsprozesses der Iberischen Halbinsel, der bereits im 10. Jh. abgeschlossen war, als auch der Überlegenheit der arabisch-islamischen Kultur gegenüber der christlichen. Die politischen und religiösen Konflikte konnten kein Hindernis für die kulturellen und sprachlichen Einflüsse bilden.

6.2. Die Rezeption der arabisch~spanischen Transferenzen im Deutschen Im Vergleich zum Mittellatein, zum Französischen und zum Italienischen ist das Spanische mit einem geringen Übermittlungsanteil von Arabismen an das Deutsche vertreten. Dies obgleich das Spanische als Hauptrezipient von arabischen Transferenzen fungiert. Aber auch hinsichtlich des Französischen und des Italienischen konnte die spanische Sprache - aus bereits erläuterten Gründen - keine bedeutende Vermittlerrolle von Arabismen spielen. Was das Deutsche betrifft, waren im Mittelalter die Beziehungen zur Iberischen Halbinsel nicht stark genug, als daß sie lexikalische Einflüsse und darunter Arabismen - hätten nach sich ziehen können. Zwar sind deutsche Pilger nach Santiago de Compostela bereits im 11. Jh. sowie gelegentlich auch eine Beteiligung der deutschen Ritter an der spanischen Reconquista nachgewiesen, jedoch hinterließen diese Kontakte kaum sprachliche Spuren Der Hauptgrund des geringen Einflusses der spanischen Idiome auf das Deutsche des Mittelalters ist aber wohl in erster Linie in der geographischen Entfernung der beiden Gemeinschaften zu sehen 22 . Erst in der Neuzeit, als Kolumbus Amerika entdeckte und neue Seewege um das Kap der guten Hoffnung benutzt wurden, begannen Spanien und

21

22

Vgl. Wis (1965), S. 624. Wis, ebd., nennt Oswald von Wolkenstein als Teilnehmer an der spanischen Reconquista. Aus seinen Gedichten geht jedoch kein lexikalischer Einfluß des Spanischen hervor, ö h m a n n (1974a), S. 394, bringt ein vereinzelt auftauchendes alkefer 'Pferdedecke', das in den rheinfränkischen Juniusglossen aus dem 13. Jh. (Ahd. Glossen III, 324, 14) belegt ist und auf gleichbed. span, alcdfar < arab. al-kafal zurückgeht. Vgl. dazu Dozy Gl., 79. Vgl. Wis (1965), S. 619.

Die Rezeption der arabisch-spanischen Transferenzen im Deutschen

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Portugal Einfluß auf die europäischen Länder auszuüben. Sie bemächtigten sich des Welthandels, beherrschten den Markt für orientalische Erzeugnisse und machten den Italienern in dieser Hinsicht große Konkarr e n z . 3 Das Jahr der Entdeckung von Amerika fiel mit dem J a h r der Vertreibung der Araber aus Granada zusammen. Der andalusische Einfluß auf die Iberische Halbinsel war im Verfall begriffen, so daß die Spanier und Portugiesen dem europäischen Kontinent anstatt Arabismen nun Kulturwörter aus der Neuen Welt überbrachten 2 4 .

6.2.1. Transferenzen des Handels Vor dem 16. Jh. spielte die Iberische Halbinsel auf dem Gebiet des Handels noch nicht die internationale Führungsrolle, die ihr durch die Entdeckungen zuteil wurde. Die spanischen Erzeugnisse, die im Mittelalter nach Deutschland kamen, wurden durch Italien und z.T. durch Frankreich vermittelt 2 5 . Direkte Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Spanien zeichneten sich aber bereits gegen Ende des 14. Jh.s ab. Im Jahre 1383 sind deutsche Kaufleute in Barcelona bezeugt. Im Hinblick auf Entlehnungen von spanischen Handelswörtern kommt im 15. Jh. der Ravensburger Gesellschaft, die eine Zweigstelle in Barcelona hatte, eine relativ große Bedeutung zu 2 6 . Neben anderen spanischen Ausdrücken tauchen in den Ravensburger-Urkunden folgende Arabismen auf: Span, albard ( 1 0 3 6 ) > dt. albara (15. Jh.) 'Schein, Urkunde' 2 7 . Das etymologisch nicht gesicherte, aber vermutlich auf das Arabische zurückgehende Wort Risiko, das ins Deutsche aus dem Italienischen kam, findet in diesen Urkunden als arisch, areschg, alriesch < kat. arrisc einen ersten Beleg 2 8 . Im 16. Jh. begannen die spanisch-deutschen Handelsbeziehungen reger zu werden. Sie wurden besonders aufgrund der politischen Bindung Spaniens an die Habsburger durch Karl V. (1516 - 1556) gefördert. Die deutschen Kaufmannsfamilien der Hochstetter, Weiser und Fugger genossen in Spanien hohes Ansehen. In dieser Handelsphase, wo hauptsächlich amerikanische Güterbezeichnungen aus der Neuen Welt über das Spanische ins Deutsche kamen, erreichten als Nachzügler die Arabismen span. jasmin (15. Jh.) > dt. Jasmin (1580) und span, alquermes (1555) > dt. alkermes ( 1 5 7 9 ) 'getrockenetes Weibchen der Kermesschildlaus', später, 23 24 25

26 27 28

Vgl. Ö h m a n n (1974a), S. 3 9 4 . Vgl. dazu Palmer (1939); Littmann (1924). In Scheid ( 1 9 3 4 ) werden zahlreiche Transferenzen (darunter Arabismen) a u f g e n o m m e n , die ins Deutsche nachweislich über das Französische und Italienische entlehnt wurden. Die Arbeit zog deshalb mehrfache Kritik auf sich, vgl. Ö h m a n n ( 1 9 4 0 ) , S. 3 5 - 4 2 ; W i s (1965), S. 621 ff. Vgl. Scheid (1934), S. 14ff.; W i s (1965), ebd., S. 6 2 4 ; Ö h m a n n ( 1 9 7 4 ) , S. 3 9 5 . Vgl. Krieger (1933), S. 64; Ö h m a n n (1974a), S. 3 9 5 . Vgl. Krieger (1933), S. 14, ö h m a n n (1974), S. 3 9 5 .

280

Spanisch als Vermittlersprache

durch sekundären Verlust des arab. Artikels Weigend I) die deutsche Sprache 2 9 .

Kermes (1712 bei Hübner/

6.2.2. Typisch arabo-hispanische Transferenzen Die Habsburgische Allianz mit Spanien führte zu verschiedenen Kontaktund Entlehnungssituationen zwischen Spanisch- und Deutschsprachigen. Zahlreiche spanische Ausdrücke der Militärsprache 30 und des Hofzeremoniells wurden im 16. und 17. Jh. vom Deutschen rezipiert. Am Wiener H o f wurde z.B. der spanische Arabismus alcalde (11. Jh.) > dt. Alkalde (1548) für die Bezeichnung des 'Kaiserlichen Untersuchungsrichters' übernommen 3 1 . Auch das wachsende Interesse für die spanische Sprache und Literatur führte im Laufe der Entwicklung zum Verfassen von spanischen Sprachbüchern und zum Übersetzen spanischer Werke ins Deutsche. Dadurch wurden viele typisch spanische Wörter verwendet und verbreitet. So ist z.B. der auf das Arabische zurückgehende Name des spanischen Helden Cid durch die 1650 entstandene deutsche Ubersetzung des entsprechenden Epos von Greilinger im deutschsprachigen Raum bekannt geworden 3 2 . Im Rahmen des Interesses der deutschen Romantik für die frühe und volkstümliche Dichtung übertrug Herder im Jahre 1802 den Romanzenzyklus des Cid nach der französischen Vorlage von Corneille ins Deutsche 3 3 . Der

29

30

31 32 33

Alkermes m. 'die getrockneten Weibchen der Kermesschildlaus u. daraus gewonnener roter Farbstoff, als Medikament zur Stärkung gebraucht' ( D W B 2 II, 275); Kermes 'collektivwort, ein farbinsect, unechte coceille, die trächtigen weibchen der kermesschildlaus coccus illicis (auch kermeswurm), die von mehreren pflanzen gewonnen werden und als kermes, kermeskörner oder scharlchkörner in den handel k o m m e n ' ( D W B 1 XI, 592ff.). Alkermes taucht noch ( 1 7 4 1 ) bei Frisch I, 17 c als Arzneimittel auf: 'Alkermes f., in den Apotheken, Confectio Alkermes, ein Arzney, so röthlicher Farbe ist. Ist ein arabisches Wort, vom Artikel Al und Kermes, welches einen Wurm bedeutet, dann diese rothe Artzney wird von Würmern gemacht' Auch die Belege im D W B 2 II zitieren bis zu diesem Datum Alkermes als Mediament, so der erste Beleg: (1579) an der hohen königlichen confect alkermes von den medicis genannt (Sebiz, Feldbau). Kermes kommt bei Adelung II, C a m pe II, Sanders I, Weigand I und D u d e n IV vor. Übertragung von Alkermes und Kermes a u f die Scharlacheiche bei Marzell (Phytolacca). Frz. alkermes (1546) 'graine du kermes', ( 1 6 9 0 ) 'medicament extrait du kermis'; kermis (Lille ca. 1440, Marq; seit 1600) ( F E W 19, 95*ff.); ital. alchimes (1567) 'liquore di colore rosso vivo, di sapore dolce' (Cort. I, 36*); engl, alkermes (1621) 'The Kermes, or Scarlet Grain insect'; (1605) Ά once famous confection ...' ( O E D I, 323 b ); Kermes (1610) 'Coccus ilicis' ( O E D VIII, 3 9 4 b ) . Den Hintergrund zu den spanisch-deutschen Entlehnungen auf dem militärischen Gebiet bildeten im 16. und 17. Jh. die Truppenüberführungen zwischen den beiden Ländern, die Beteiligung Tausender deutscher Soldaten an spanischen Feldzügen, so z.B 1536 im Krieg gegen Frankreich und 1537 gegen die Araber in Nordafrika. Vgl. Wis, ( 1 9 6 5 ) , S. 6 2 5 ; Scheid (1934), S. 24ff. Vgl. D W B 2 II, 2 7 3 . Vgl. Scheid ( 1 9 3 4 ) , S. 71. Vgl. R D L , Bd. I, S. 390; Bd. III, S. 541.

Lexikographischer Teil

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erste Beleg des Arabismus für das Musikinstrument span, guitarra (14. Jh.) > dt. Gitarre findet sich als guitarre 1621 in Das newe Sprachbuch von Joh. Angelius 34 . Weitere spezifisch spanische Arabismen, die entweder durch die Übersetzungsliteratur oder infolge direkter Kontakte mit Spanien im 18. und 19. Jh. ins Deutsche übernommen wurden, sind: span, alguacil (11. Jh.), das z.B. im Cid als aguazil auftaucht, > dt. Alguacil (1781) 'Gerichtsdiener' 35 ; span. Alhambra > dt. Alhambra (1900) 'der maurische Palast zu Granada'. Das Wort wird auch als Name für Veranstaltungslokale benutzt, vgl. z.B.: Alhambra-Lichtspiele, Frankfurt a. M.; Alhambra, Bunte Bühne, Berlin-Schöneberg 36 ; span, alcazar (1069) > dt. Alkazar (Kladderadatsch/ Republik Spanien). Alkazar fungiert im Deutschen auch als Name für Vergnügungslokale, vgl. Alkazar, das Herz des Frankfurter Nachtlebens, Frankfurt a. M; Alkazar, Hamburg, St. Pauli. 37 Bis auf die Wörter Gitarre und Jasmin beziehen sich die übrigen, oben behandelten spanischen Arabismen des Deutschen lediglich auf typisch spanische Angelegenheiten. Der Gebrauch von Alhambra und Alkazar als Lokalbezeichnungen bedeutet nicht die Integration dieser Wörter in den deutschen Wortschatz, sondern kann in Verbindung zur Werbesprache gesehen werden, die häufig fremdsprachige Ausdrücke als Reizmittel verwendet.

6.3. Lexikographischer Teil A l k a l d e N. m. »Richter, Bürgermeister in Spanien« Arab. > span. > dt.

Μ c Ρ c Ρ

ETYM: Arab, qädT, mit Artikel al-qädT m. 1) 'Richter', zu qada 'richten'. Dozy Suppl. II, 362 a ff.; EI 2 IV. VS: Span, alcalde m. (11. Jh.): 'eine mit Rechtssprechung beauftragte Person' (1140/Cid); 2) (speziell) 'Ortsrichter, der auch für administrative Angelegenheiten zuständig war' (1123/ in lat. Dok. bereits 1035); 3) 'Gemeindevorsteher, Bürgermeister' (1863, Constituciön Monarquia espafiola). DHLE, Heft 12, 160'ff. [Ausgehend von Bed. 1) wurde span, alcalde seit dem 13. Jh. durch Zusatz von näheren Bestimmungen wie alcalde de la corte del rey (königlicher Hofrichter) oder alcalde del crimen (Untersuchungs- bzw. Strafrichter) verwendet. In Bed. 2) liegt die Bed. 3) begründet, da der 34 35 36

37

Vgl. Scheid (1934), S. 61. Vgl. ebd. Vgl. Scheid (1934), S. 61. Der hier aufgefundene älteste beleg für Alhambra als 'Burg oder Palast in Granada' geht auf Borrmann, Die Alhambra zu Granada, (1900, Baukunst, II) zurück, dazu EI 1 , I, S. 294. Vgl. Scheid (1934), S. 62.

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Spanisch als Vermittlersprache

Ortsrichter sowohl mit juristischen als auch administrativen Angelegenheiten beauftragt war. Erst im 19. J h . wurde alcalde ausschließlich a u f die administrative Funktion spezialisiert. Vgl. C o r o m . I, 127 a ff.; D H L E , H e f t 12, 160 c ff.].

D T : Zunächst im 16. Jh., zur Regierungszeit Karl V., als 'kaiserlicher Blutrichter, Untersuchungsrichter' bezeugt: ( 1 5 4 8 ) Dise urthail ist durch die edlen, hochgelehrten herren licentiaten Birviesca und Muüatones, kay. mt. rat und derselben haus und hofes alcalde, [...], also gegeben [...] worden (Chron. Augsb./Frühnhd. Wb. I, 759).; (1565) es haben des kaisers alcaldo der plütrichter haben wellen, man solle sie (verurteile frau) ertrencken (Augsb. Chr. dt. Städte/DWB2 Ii). Im 18. und 19. J h . wurde das Wort erneut aus dem Spanischen entlehnt in den Bed. 'Richter, Ortsrichter als Gemeindevorsteher, Bürgermeister' (meist in bezug auf spanische Verhältnisse). 'Ortsrichter als Gemeindevorsteher': (1728) alcaide (gemeint ist alcalde), heisset in Spanien derjenige, welcher sowohl in bürgerlichen als peinlichen sacken, das richterliche amt und die aufsieht über eine Stadt vewaltet (Sperander/DWB2 Ii). 'Richter': (1824) Stäbchen der alcalden und ihre wunderkraft (Goethe/ DWB2 II); (1836) heut abend will ich Serenaden,I daß fluchen sollen die alkaden/ bis an den Guadalquivir!' (Freiligrath/DWB2 Ii). 'Bürgermeister': (1929) von allen kontrakten .. ließ er zwiefache abschriften unter beglaubigung des alkalden von Sevilla verfertigen (Wassermann, Columbus/DWB2 Ii); (1958) den alkalden von Fuente ovejuna spielt Gerhard Bienert (Weltbühne 473/ DWB2 II). Vgl. Scheid ( 1 9 3 4 ) , N r . 10, S. 62.

W B . : (1801) Alcalde «ein Richter in Spanien» (CAMPE, I04b); ( 1 9 7 6 ) Alkalde «Straf/richter, Bürgermeister in Spanien» (DUDEN I). A . S P R . : Frz. alcalde ( 1 4 5 9 ) , {arcade, 1323); engl, alcalde (1666). FEW 19, 7 5 b ; D D M , 2 0 b ; O E D I, 299*.

G i t a r r e N. f. »ein Saiteninstrument« Arab. > span. > dt.

Μ = Μ = Μ

Ε Τ Ύ Μ : Arab. qTtär(a), jli^s qTlär, ijLUS kitära 'Gitarre', entlehnt aus gr. κ ι θ ά ρ α (kithära) 'Zupfinstrument, Zither'. Dozy Suppl. II, 429", 4 7 3 b ; 5 0 4 a ; Wehr

1073 b .

V S : Span, guitarra f. (1330/ J . Ruiz) 'Gitarre'.

Corom. III, 278bff.

[Während es feststeht, daß das span. Wort guitarra aus dem Arabischen entlehnt wurde und daß das Instrument sehr wahrscheinlch von Spanien aus seinen Eingang in das übrige Europa fand, herrscht unter den Musikkundlern Uneinigkeit darüber, ob die Gitarre von den Arabern oder von den Lateinern entwickelt wurde. Der oben zitierte J . Ruiz unterscheidet in seinem „Libro de Buen A m o r " zwischen einer guitarra ladina und einer guitarra morisca, einer lateinischen und einer maurischen Gitarre, ohne jedoch etwas Genaues darüber geschrieben zu haben. In der Schrift „ D e inventione et usu musicae" ( 1 4 8 4 ) vom aragonesischen K o m p o n i s t e n und Musiker J o h a n n e s Tinctoris wird die Gitarre als eine hispanorum inventio betrachtet. In der europäischen Musikforschung wird oft die guitarra ladina für die ursprüngliche Form der modernen Gitarre gehalten. Woher aber die lateinische Gitarre kam, ist nicht geklärt. Vgl. dazu Päffgen ( 1 9 8 8 ) , S. 21-43; Saigado ( 1 9 8 3 ) , s. u. »Gitarra«].

Lexikographischer Teil

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D T : Anfang des 17. Jh.s, zunächst auch in der Schreibung Guitarre (vor allem im 18. u. 19. Jh.) bezeugt. Vom 17. Jh. bis Anfang des 19. Jh.s wird Gitarre oft gleichbed. mit Zither verwendet: (1621) ein spannische gitarre (j. Angelus, Sprachbuch/DWB' VIl); (1773) guitarre, eine cyther oder zitter, musikalisches instrument (Frauenz.-Lex./DWB 1 VII); (1812) im laufe des heiteren redespiels nahm der Araber die guitarre und sang (Fouqui, Zauberring/DWB 1 VII); (1906-1907) jeder darf... herumgehen und etwas verkaufen in den straszen oder zur gitarre singen (Rilke, Briefe/DWB 1 VII). Abi.: Gitarrist (Anfang des 19. Jh.s). Pfeifer I. W B : (1860) Guitarre «ein Tonwerkzeug, dessen Saiten (meist 6 an der Zahl) durch Reißen mit den Fingern zum T ö n e n gebracht werden» (SANDERS I, 639 a ); (1907) Gitarre «die spanische Zither» (WEIGAND I, 730ff.). A.SPR: Frz. guitarre (1360); engl, guitar (1621). BW, 3ll a ; OED VI, 941*.

Jasmin

N . m. »Name eines Zierstrauches«

Arab. > (kat.) > span. > dt.

ETYM: Arab. pers.

Μ = Μ c Ρ

^«..iL· yäsamTn, vulg.-ar. yesemln 'Jasminum sambac',

Dozy Suppl. II, 847 b ; Siggel, 74,

VS: Span, jazmin m. (Mitte des 15. Jh.) 'Jasmin', ist wahrscheinlich aus einer Kreuzung von kat. gesmir, gessami und aspan. azemin (1348), das eine direkte E n t l e h n u n g aus dem Arabischen darstellt, entstanden. Corom. III, 503 a .

D T : Seit dem 16. Jh. belegt: (1580) der jaszmin oder veilreibe [...] wird insonderheit zum laubwerk und die gänge in wurzgärtlin damit zuziren hoch gelobt und gehalten. (Seibiz, Feldbuch/DWB 1 X); (1645) Spanischen Jaßmin (Viescher, Blumengarten/Schulz/Basler l); (1794) wo, von jasmin umgittert, | die laube traulich winkt (Matthisson, Gedichte/DWB1 X). Das W o r t wurde auf andere jasminähnliche Sträucher übertragen. [Unter ital. und frz. Einfluß tauchten im 17. u. 18. Jh. vorübergehend die dt. Formen jesmin (1697/Ettner), jelsomin (Brockes) nach ital. gesmino, gelsomino; Schasmin (Wieland), nach hi. jasmin auf. Dazu DWB 1 X; Schulz/Basler I; Pfeifer I; Scheid (1934) Nr. 107, S. 91.].

W B : (1691) Jasmin «Jasme, Zambachum» (STIELER III, I5 a ); (1741) Jasmin«[...]. Bey den Kräuterverständigen, Jasminum, Jelseminum. weisser Jasmin, Jasminum Catalonicum flore albo, Spanischer Jasmin, gelber Jasmin, Jasminum flore luteo» (FRISCH I, 485°); (1775) Der Jasmin «ein Staudengewächs, [...], weisse oder gelbe wohlriechende Blüthen traget, [...]. Der wälsche oder wilde Jasmin, ist dem Geschlechte nach ein anderes Gewächs, [...]» (ADELUNG II, 1426); (1808) Der Jasmin «ein ursprünglich ostindisches Strauchgewächs mit rothen und gelben stark- und wohlriechenden Blumen, [...]. Es giebt davon mehrere Gattungen, von welchen die gewöhnlichste der gemeine weiße Jasmin ist, der häufig in den Gärten gezogen wird (Jasminum officinale L.); und der wohlriechendste Jasmin (Jasmi-

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Spanisch als Vermittlersprache

n u m odoratissimum L.)» (CAMPE II, 842 b ); (1860) Jasmin «ein Strauchgewächs (Jasminum) mit wohlriechenden Blumen und diese selbst; dann auch andre ähnliche Pflanzen» ( S A N D E R S I, 835 c ); (1907) Jasmin «der Zierstrauch J a s m i n u m fruticans und officinale mit wohlriechenden Blüten» ( W E I G A N D I, 944); (1977) Jasmin «1) zu den Ölbaumgewächsen gehörender Zierstrauch mit weißen, rosa od. gelben, meist stark d u f t e n d e n Blüten; vgl. W i n t e r jasmin. 2) zu den Steinbrechgewächsen gehörender Zierstrauch mit weißen, stark d u f t e n d e n , traubigen Blüten: Falscher Jasmin, Pfeifenstrauch» (DUDEN

III).

A. SPR: Frz. jasmin jasmine

(16. Jh.).

(15. Jh., jassemin); ital. gelsomino

(1353); engl.

FEW 19, 199 a ff.; D D M , 401 a ; Cort. II, 4SI 1 '; O E D VIII, 196''ff.

7. Niederländisch als Vermittlersprache 7.0. Kurzeinführung Die hier in Frage kommenden Arabismen wurden in das Niederländische über das Französische entlehnt. Das Niederländische stellt in dieser H i n sicht eine tertiäre Vermittlersprache von arabischen Transferenzen an das Deutsche dar. Die Beziehungen der Niederlande zur arabischen Welt werden uns daher nicht beschäftigen 1 . Der Entlehnungskontext der betreffenden Transferenzen spielt sich im französisch-niederländisch-deutschen Beziehungsgeflecht ab, wobei die Niederlande durch die engen räumlichen und historischen Bindungen an Frankreich einerseits und an Deutschland andererseits in die Rolle des Vermittlers von französischem und darunter arabischem Lehngut an das Deutsche treten. Im folgenden werden die Transferenzen im Rahmen der genannten Beziehungen zunächst hinsichtlich der französisch-niederländischen und dann der niederländisch-deutschen Sprachkontakte behandelt.

7.1. Sekundäre arabische Transferenzen im Niederländischen 7.1.1. Uber französisch-niederländische Sprachkontakte Sprachkontakte zwischen Niederländern und Franzosen waren von alters her stets vorhanden. In erster Linie ist es das pikardisch-flandrische Grenzgebiet, das als Haupteinzugsgebiet für Transferenzen betrachtet werden kann 2 . Politische und wirtschaftliche Faktoren förderten die Beziehungen

1

2

Z u dieser T h e m a t i k vgl. van D a m , Nederland en de arabische Wereld van van Meddeeuwen tot Twintigste Eeuw: wetenschap, tall, Handel, cultur, kunst U i t g . de T i j d s t r o o m . 1987. Vgl. dazu Poulet ( 1 9 8 7 ) . Die U n t e r s u c h u n g b e h a n d e l t zwar m i t u m g e k e h r t e r Blickricht u n g die flämischen E l e m e n t e im Pikardischen, bietet j e d o c h einen historischen u n d geographischen Überblick, der zum Verstehen der gegenseitigen sprachlichen Beeinflussungen von N u t z e n ist (S. 17-49). Die Zahl der N i e d e r l ä n d i s m e n ( M i t t e l n i e d e r r l ä n d i s c h , N i e d e r l ä n d i s c h , Flämisch) in der u n t e r s u c h t e n Region (Calaisis, l ' A u d o m a r o i s ) beträgt 27, 4 0 % v o m Vokabular germanischen U r s p r u n g s , das seinerseits 23, 1 2 % der gesamten rezensierten W ö r t e r (= 2 9 6 7 ) a u s m a c h t . Z u m französisch-niederländischen Sprachk o n t a k t vgl. auch V a l k h o f f , S. 1-34.

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Niederländisch als Vermittlersprache

u n d führten zu starkem kulturellem und sprachlichem Austausch. D a b e i d o m i n i e r t e im L a u f e des ganzen Mittelalters das französische E l e m e n t u n d die G r a f s c h a f t F l a n d e r n , die d e m französischen K ö n i g als Lehnsherren unterstand, war dem E i n f l u ß der französischen ritterlich-höfischen K u l t u r völlig ausgesetzt 3 . An der im 13. u n d 14. J h . herausgebildeten südniederländischen Schriftsprache, dem Flämischen, war das französische Sprachund K u l t u r e l e m e n t maßgeblich beteiligt. A m E n d e des 14. J h . s . , als die B u r g u n d e r ihre Herrschaft über den S ü d e n der N i e d e r l a n d e ausdehnten, w u r d e die V e r w a l t u n g nach französischem V o r b i l d organisiert u n d das Französische fungierte als Kanzleisprache 4 . A u f den Gebieten des H a n d e l s u n d der Wirtschaft hat Flandern zwischen 1150 und 1 4 0 0 internationalen R u h m erlangt. Brügge, G e n t und Ypern, in denen die Textilindustrie florierte, wurden von verschiedenen Handelsnationen besucht. D i e D o k u m e n te berichten vor allem von provenzalischen K a u f l e u t e n , die verschiedene W a r e n für die Bedürfnisse der flandrischen T e x t i l i n d u s t r i e beförderten. Aber auch umgekehrt besuchten die flandrischen K a u f l e u t e regelmäßig die französischen M e s s e n in der C h a m p a g n e . Sie exportierten vor allem die Textilwaren und importierten R o h s t o f f e wie z.B. B a u m w o l l e 5 . D i e wirtschaftliche Prosperität Flanderns bedingte die H e r a u s b i l d u n g der flämischen Schriftsprache. D a s älteste Schriftstück in flämischer Sprache s t a m m t daher aus der wirtschaftlichen Sphäre. Es handelt sich u m eine im Jahre 1 2 4 9 verfaßte U r k u n d e der S c h ö f f e n von B o c h o u t e , die den V e r k a u f von L i e g e n s c h a f t e n z u m Inhalt hat 6 . Flämisch k o n n t e sich als A m t s s p r a c h e neben d e m Französischen durchsetzen. Es war auch das M e d i u m für die u m f a n g r e i c h e ritterliche, bürgerliche und geistliche Literatur des Mittelniederländischen u n d hat einen nachhaltigen E i n f l u ß auf den Sprachgebrauch in H o l l a n d und Brabant ausgeübt . Im 16. und 17. J h . bildete sich in den holländischen Seeprovinzen die neuniederländische G e m e i n sprache. Sie verrät einen starken südniederländischen Anteil, der durch die N i e d e r l a s s u n g von Zehntausenden protestantischer E m i g r a n t e n im N o r d e n des Landes bedingt war. Auch flohen sehr viele protestantische Wallonen u n d Franzosen infolge der religiösen V e r f o l g u n g nach H o l l a n d . Aber nicht nur durch die genannten Bewegungen konnte der französische E i n f l u ß im N o r d e n der N i e d e r l a n d e F u ß fassen, sondern auch durch die zahlreichen holländisch-französischen Heiratsallianzen und natürlich durch die H a n delsbeziehungen 8 . Im 15. J h . z.B. bestand zwischen den niederländischen

3 4 5 6 7 s

Vgl. Brunot ( 1 9 6 6 ) , Bd. I, S. 4 0 6 ; dazu auch Smet (1984), S. 9 2 4 . Vgl. Leloux ( 1 9 8 6 ) , S. 128; Bach ( 1 9 6 5 ) , § 109, 2., S. 2 1 2 f f . Vgl. Schaube ( 1 9 0 6 ) , S. 4 l 7 f f . Vgl. van der Meer (1927), Bd. I, § 19, S. 53. Vgl. Smet (1984), S. 9 2 4 . Vgl. Smet ( 1 9 8 4 ) , S. 926; dazu auch Bach (1965), § 133a, 2., S. 272ff.; Van de Meer ( 1 9 2 7 ) , § 33, S. 72.

Sekundäre arabische Transferenzen im Niederländischen

287

Hansestädten Kampen, Zwolle und Deventer und den Küsten Frankreichs ein reger maritimer Handelsverkehr 9 . Der französische Einfluß auf die Niederlande war dementsprechend nicht nur auf den Süden des Landes begrenzt, sondern konnte aufgrund historischer Begebenheiten bereits früh die anderen niederländischen Provinzen erreichen. 7.1.1.1. Periodisierung der Transferenzen Salverda de Grave teilt die französischen Transferenzen im Niederländischen in vier Perioden ein: 1) Vom Beginn der Schriftsprache in der Mitte des 13. Jh.s bis 1325. Es ist die Periode der Übertragung von französischen Ritterromanen ins Mittelniederländische. In dieser Phase wirkte der bedeutende niederländische Dichter Jacob von Maerlant (1235-1300). 2) Von 1325 bis 1500. Periode des Verfassens von zahlreichen Lehrbüchern und Städtechroniken. 3) Von 1500 bis 1600. Diese Periode wurde durch das Wörterbuch von Kiliaan abgeschossen. 4) Alle Wörter, die nach 1600 entlehnt worden sind. 1 0 Bei der ersten und zweiten Periode besteht das Problem der Datierung von Transferenzen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß das französische Lehngut des Mittelniederländischen nicht erst mit Beginn der Schriftsprache rezipiert worden ist. Außer durch historische Fakten ist dies durch die Tatsache zu beweisen, daß mehrere höfische Ausdrücke aus dem Französischen, die das Mittelhochdeutsche über das Mittelniederländische erreichten, bereits im 12. und 13. Jh. in der höfischen deutschen Literatur a u f t a u c h e n . " Die französischen Transferenzen im Niederländischen erstrekken sich auf zahlreiche Sachgebiete. Die Arabismen unter ihnen, die das Deutsche erreichten, begrenzen sich auf Schachspielausdrücke und auf Ausdrücke, die mit dem Handel und der Seefahrt zusammenhängen. W ä h r e n d die Schachspieltermini und einige Textilbezeichnungen zunächst in der höfischen deutschen Literatur auftauchen, sind die übrigen Handels- und Seefahrtsausdrücke der dritten und vierten Entlehnungsperiode zuzuordnen. Sie kommen, wie dies zu erwarten ist, zunächst in fachlicher Literatur vor. 7.1.1.1.1. Transferenzen in der mittelniederländischen Literatur Im Abschnitt II. 4.1.1. wurde bereits auf den frühen Einzug der französischen höfischen Kultur in die Niederlande hingewiesen. Dies erklärt sich sowohl durch den unmittelbaren geographischen Anschluß der Pikardie, des Stammgebietes der ritterlich-höfischen Kultur Frankreichs, an Flandern

* 10

"

Vgl. Valkoff (1931). S. 2 3 f f . Vgl. Saverda de Grave (1906), S. 35. Vgl. Salverda de Grave (1906), S. 33ff.; Öhmann (1967), S. 36.

288

Niederländisch als Vermittlersprache

als auch durch die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen beider Gebiete zueinander. Die französische Chevalerie und die französische höfische Literatur wurden zum Vorbild im flämischen Nachbargebiet. Mehrere Grafen Flanderns unterstützten französische Dichter. So hielten sich Chrestien de Troies und Gautier d'Arras am flandrischen Hof auf. Die Grafen selbst wie Baudouin VIII. von Flandern und Henri III. von Brabant verfaßten Troubadour-Lyrik in französischer Sprache. Aber Jean, der Sohn Henris III., schrieb seine Liebesgedichte in Dietsche 1 2 . Die französische Literatur, mit all ihren bekannten Gattungen und Werken wurde Gegenstand der Nachahmung und Übertragung ins Mittelniederländische. Nach französicher Vorlage enstanden z.B. die mittelniederländischen Roelantslied, Monige Guillaume, Lancelot, Walewein, Percheval, Artur's boek, Floris ende Blancefloer, Reisen int heilighe lant van ridder Jan van Mandeville. Auch das Buch Sidrach, das bekanntlich auf arabischen Quellen fußt, liegt in mehreren niederländischen Fassungen vor, die nach französischem Text angefertigt wurden 1 3 . Wie an anderer Stelle erwähnt, geht die deutsche Version auf eine niederländische Vorlage zurück 14 . Infolge des engen Kontaktes und der literarischen Nachahmung flössen zahlreiche französische Wörter ins Mittelniederländische ein. Unter ihnen fanden sich Arabismen, die das Deutsche über das Niederländische erreichten. Sie betreffen das Schachspiel und einige Benennungen für Textilien. Diese sind: Afrz. eschas, eschec (12. Jh./Chrestien) > mndl. scaec (Floris) > mhd. schäch (12. Jh.) 1 5 ; afrz. roc (12. Jh.) > mndl. roek (Pelgrimage), roc (Van Vloten) > mhd. roch (13. Jh.) 1 6 ; afrz. escarlate (12. Jh.) > mndl. sc(h)arlaken > mhd. scharlach(en) 'ein kostbares Wollzeug' 17 ; frz. coton (12. Jh.) > mndl. catoen, ndl. kat(t)oen (1598) > dt. Kattun 8.

12 13 14 15

16 17

Vgl. Brunot (1966), Bd. I, S. 406ff.; Valkoff (1931). Valkhof (1931), S. 19ff. Vgl. Brunot (1966), Bd. I, 407ff„ 410. Vgl. dazu Jan van Dam (1967), S. 426. Vgl. FEW 19, 147 b ; Vries 602 b ; Verwijs/Verdam VII, 219ff; Kluge 89, 621; Lexer II; Vries 602 b ; Kunitzsch (1974), S. 23; s. Artikel Schach. Vgl. FEW 19, I47 b ; Verwijs/Verdam VI, 1572; Lexer II; vgl. Artikel Roche. Vgl. FEW 19, 149 b ff.; Saverda de Grave (1906), S. 271; Lexer III; DWB 1 XVI; zum Wechsel der Wortendung afrz. -late > mndl. -lak(en) vgl. Saverda de Grave ebd., S. 272, 254, 301. FEW 19, ebd. führt das afrz. escarlate auf pers. saqirlä! zurück, das nach ihm eine Variante von saqallat, saqillat darstellt und auf byz. σ ι γ ι λ λ α τ ο ς < lat. textum sigillatum 'verziertes Tuch' zurückgeht. Das arabische siqillat und dessen Variante siqlatdn soll dagegen dem afrz. siglaton, ciclaton zugrunde liegen. Es findet sich aber ein hispanoarab. likirlat(a) 'roter Stoff, rote Farbe', worauf nach Corom. II span, escarlata (1258) 'Scharlach(farbe); Scharlachtuch; scharlachrot' zurückgeht. Corominas betrachtet das hispanoarab. Wort als Alterierung eines älteren siqirlat, das auf arab. siqillat, si jillat goldbestickter Seidenstoff fußt, wobei das arab. Wort ebenfalls auf das Byz. und Lat. zurückgeführt wird. Die byz. Variante σ ι γ ι λ λ α τ ο ν soll arab. siql3(0n 'tejido de seda azul brocado' > span, ciclatin (1140/Cid) seda adamasca brocada de oro' geliefert haben. Als Bezeichnung für 'dunkle rote Farbe' findet sich das Wort heute noch im Marokkani-

Sekundäre arabische Transferenzen im Niederländischen

289

7.1.1.1.2. Transferenzen im Bereich des Handels und der Marine D i e Arabismen, die im Rahmen des französischen Spracheinflusses in das Niederländische ü b e r n o m m e n wurden, beziehen sich ausschließlich auf den H a n d e l und die Seefahrt. Folgende Handelstermini u n d Handelsartikel sind arabischen Ursprungs: Frz. almanach (13. Jh.) > mndl. almanag (15. J h . / Staat in vlaamse rekeningen) > dt. Almanach (16. Jh.); frz. gaze (1554) > ndl. gaas (16. Jh.) > dt. Gaße 'die Stoffbezeichnung Gaze (1649); frz. abricot (1547) > ndl. abrikoos (1625/ Cats I) > dt. Aprikose (1665) 1 9 . W a s die Arabismen der Seemannssprache betrifft, so wurde im Kapitel 5. bereits ausgeführt, daß sie zu den unsichersten E n t l e h n u n g e n der europäischen Sprachen zählen. Die Folgenden sind über das Französische ins Niederländische gelangt: Frz. avarie (13.Jh.) (< ital. avaria) > ndl. averij (1509) > dt. Havarie (16. Jh.) 'Seeschaden an Schiffen' 2 0 ; frz. calfater (15. Jh.) (aus ital. calafatare oder prov. calafatar entlehnt) > ndl. kalfaten, kalfateren (1530) > dt. kalfatern (1618) 'die Plankenfugen (des Schiffes) mit W e r g u. Teer abdichten'. 2 1 7.1.1.1.2.1. Exkurs: Über das W o r t Avaria Das W o r t ist im Hinblick sowohl auf die Etymologie als auch auf die V e r m i t t l u n g ins Deutsche nicht klar. Für den Übergang ins D e u t s c h e nehm e n Kluge (1911) u n d Schimer (1911) eine italienische E n t l e h n u n g an. Pfeifer I u n d Kluge 89 gehen dagegen von einer ndl.-dt. Ü b e r n a h m e aus. Die traditionelle Etymologie des Wortes ist die arabische: 'awSriya f. 'durch Meerwasser beschädigte W a r e n ' ist ein Handelsausdruck, der vom V e r b u m 'awwara 'beschädigen, verderben' und dem dazu gehörigen N o m e n 'awär 'Fehler, Mangel' abgeleitet wird. Für diese Herleitung treten u.a. F E W 19,

sehen, wobei ein 'iikirlä{ oder 'eikirlät in einem m a r o k k . D o k u m e n t aus d e m 13. J h . belegt ist ( C o r o m . ebd.). Für C o r o m i n a s beruhen diese F o r m e n auf arab. sikirlat oder siqirlat (sikarlat). Letztere f i n d e n sich im Pers. des 13. Jh.s wieder u n d stellen V u l g a r i s m e n des östlichen Arabisch u n d des Arabischen N o r d a f r i k a s dar, sie k o m m e n im 18. J h . u n d heute noch vor. A u ß e r d e m f i n d e t sich eine Variante liklrlat in 1001 N a c h t . H i n s i c h t lich der Bed. hebt C o r o m i n a s hervor, d a ß arab. siqlStQn im O r i e n t o f t e i n e n blauen Stoff bezeichnete, in Andalusien dagegen einen roten, wobei der Akzent eher auf d e m Stoff selbst u n d weniger auf der roten Farbe r u h t e . Andalusien sei im M i t t e l a l t e r ber ü h m t wegen der ausgezeichneten roten Farbe, die aus der Schildlaus g e w o n n e n w u r d e . Insofern sei es verständlich, d a ß hier der b e t r e f f e n d e Stoff auch rot gefärbt w u r d e . Vgl. Dozy S u p p l . 1, 6 6 3 b . N a c h diesen A u s f ü h r u n g e n stellt sich die Frage, ob n i c h t afrz. escarlate aus d e m Spanischen bezogen wurde? Vgl. F E W 19, 100 b ff.; Arveiller ( 1 9 8 4 ) , 3 3 2 - 3 3 3 ; Vries 3 0 8 b ; Kluge 8 9 , 362"; vgl. Artikel K a t t u n . 19 20

21

Vgl. die Artikel, Almanach, Aprikose, Gaze. F E W 19, 12 b ff.; Arveiller ( 1 9 6 9 a ) , S. 1 0 8 - 1 3 1 ; Vries ( 1 9 7 2 ) , 2 2 b ; W N T , 2205ff. F E W 19, 80 b ff.; W N T VII, 1, 9 4 5 f f .

S u p p l . I,

290

Niederländisch als Vermittlersprache

12 b ff.; L o k o t s c h 138; C o r o m . I; Kahane/ T i e t z e ( 1 9 5 8 ) , 8 I f f . ein. D a s arabische W o r t soll von G e n u a aus ins Französische, Katalanische, S p a n i sche, Portugiesische, Provenzalische und Italienische gelangt sein. V i d o s ( 1 9 3 9 ) , 2 1 8 f f . , geht von 'awär aus und betrachtet 'awärTya als arab. Rückentlehnung aus rom. avaria, vgl. auch Pellegrini ( 1 9 7 2 ) I, 9 5 ; Für C o r t . I ist die E t y m o l o g i e des Wortes avaria unsicher: „ L ' e t y m o l o g i a della parole avarie b incerta". Als Alternative wird eine griechische E t y m o l o g i e vorgeschlagen. D a b e i geht Kahane/Pietrangeli ( 1 9 6 3 ) , 3 1 3 , von byz. bareia [varia] 'contribution' aus, „a shortening o f sumbolc bareia 'heavy contribution p a i d by each participant toward the expenses o f a c o m m o n undertaking such as an eranos (a feast)", wobei mlat. avaria (in G e n u a ) mit Agglutinierung des romanischen Artikels oder der Präposition „ a " entstanden sein soll. V i d o s ( 1 9 7 1 ) , 3 9 3 - 3 9 7 , der hier die arabische E t y m o l o g i e ('awär) verwirft und 'awärTya nach wie vor als E n t l e h n u n g aus dem R o m a n i s c h e n ansieht, geht unter B e r u f u n g auf A. Ghiselli von gr. * ά β α ρ ί α (di β ά ρ ο ς ('Last') + ά privativo e il suffisso - ί α ) > gen. avaria aus u n d stellt die semantische Entwicklung des Wortes wie folgt dar: avaria (< * ά β α ρ ί α ) 'getto di cose in mare per alleggerire la nave' (Sachen ins M e e r werfen, u m das S c h i f f zu entlasten) > 'diffeto del peso' (Gewichtsverlust) > 'danno' ( S c h a d e n ) > 'l'obligazione, riconosciuto giä dal diritto r o m a n o , di c o n t r i b u i r e al risarcimento del d a n n o ' ( E n t s c h ä d i g u n g s b e i t r a g , der v o m r o m a n i s c h e n Recht eingeführt wurde) > 'tassa' (Steuer), ebd., S. 3 9 6 . D e r älteste roman. Beleg von avaria begegnet in G e n u a in der ersten H ä l f t e des 12. J h . s in einem mittellateinischen D o k u m e n t , Statuti di Pera, u n d weist die Bed. 'Aufheben von Seeschaden durch das W e r f e n ins Meer': „ i a c t u m facere vel avarias seu expensas facere [...]". E i n e ähnliche Bed. liegt vor in: frz. avarie (13. J h . / Assises de J e r u s a l e m ) : „et sachies q u e celui (aver) qui est gete ne doit estre cont^ fors tant c o m il c o u s t a ο toutes ses avaries [...]"; ndl. avarij (16. J h . / lateinisch-germanische D o k u m e n t e ) : „jact u m sive d a m n u m in mari" > nd. haferye ( 1 6 . J h . ) „jactum contributione sarcire", „dat geworfene g u d t in haferye stellen", ebd. 3 9 5 ; dazu Pellegrini ( 1 9 8 9 ) , S. 9 4 - 9 5 , der sich V i d o s ' ( 1 9 7 2 ) E r k l ä r u n g angeschlossen hat.

7.1.1.1.2.2. Exkurs: Über das Wort kalfatern D a s aprov. calafatar oder ital. calfatare > frz. calfater werden u.a. im F E W 19, 8 0 b f f , T r e s o r V , 38 a ff., C o r o m . I, 7 4 9 a f f . auf gleichbed. arab. qalfat(a) zurückgeführt. D i e arab. E t y m o l o g i e ist aber genauso umstritten wie 'awärTya. Als Alternative zum arab. W o r t wird mgr. κ α λ α φ α τ ε ΐ ν 'ein S c h i f f kalfatern u n d teeren' a n g e n o m m e n . Lokotsch 9 9 9 führt die arab. Variante qalafa auf das mgr. Wort zurück. D a g e g e n leitet C o r o m . , ebd., arab. qalfat(a) aus vlat. *calefare\ lat. calefacere 'erhitzen' (da man T e e r erhitzt, u m die S c h i f f e zu kalfatern) zurück und sieht die mgr. W o r t s i p p e κ α λ α φ α τ έ ω ( κ α λ α φ ά τ η σ ι ς (959) 'Kalfatern'; κ α λ α φ ά τ η ς ( 1 0 5 7 ) 'Kalfaterer') als Entlehnung aus arab. qalfat(a) 'kalfatern', das zwar erst im 13. J h . ( D o z y

Tertiäre Vermittlung von Arabismen durch das Niederländische an das Deutsche

291

Suppl. II, 97) belegt ist, dessen Variante galfat(a) aber bereits im 7. Jh. (Freitag I, 279) auftaucht. Außerdem findet sich das Substantiv qalfat 'Kalfaterer' im 9. Jh. als Beiname eines Dichters aus Cordoba. Auch im F E W 19, ebd., wird das mgr. auf das arab. Wort zurückgeführt. Vidos (1939), 263-267, geht von arab. qalafa, qallafa aus (ein vorislam. und klass. Wort des Arabischen) 'ferruminavit et fibris palmae vel musci stipavit navem' (Freitag III, 491), das er als denominale Bildung zu qilf 'cortex, cortex arboris' (Freitag III, 491) betrachtet. Dabei habe qalafa, so Vidos, die Form qalafat (status constructus) ergeben, das dem gr. κ α λ α φ α τ ε ΐ ν mit t unmittelbar zugrunde liege. Das arab. qalfat(a) mit dem emphatischen t kann aber aus lautgeschichtlichen Gründen nicht direkt auf qalafa zurückgehen. Daher sieht Vidos in qalfata eine Rückentlehnung des gr. κ α λ α φ α τ ε ΐ ν (> qalfa(t). Abgesehen von den vorgeschlagenen Ableitungen des arabischen Wortes wäre chronologisch gesehen die arabische Etymologie der griechischen vorzuziehen. Die Untersuchung von Kahane/Tietze (1958), 513-517 hat aber neue Daten ans Licht gebracht. Gr. κ α λ α φ ά τ η ς begegnet nämlich bereits in der zweiten Hälfte des 6. Jh.s und zwar in den griechischen Papyri von Syene, dem modernen Aswan. D a im 6. Jh. ein arabischer Einfluß auf die byzantinische Marineterminologie unwahrscheinlich ist, so Kahane/Tietze ebd., S. 514, kann der byzantinische Terminus als Ausgangswort sowohl zum Arabischen als auch zu den romanischen Sprachen angenommen werden.

7 . 2 . Tertiäre Vermittlung von Arabismen durch das Niederländische an das Deutsche 7 . 2 . 1 . Über niederländisch-deutsche Sprachkontakte Die ständigen Wechselwirkungen zwischen dem Deutschen und dem Niederländischen aufgrund der räumlichen Nähe und der Sprachverwandtschaft veranlassen J. P. Ponten zur Forderung, die gegenseitigen Entlehnungen nicht allein vom Ansatz der 'Lehnwörter als Spiegel der Kulturgeschichte' her zu betrachten, sondern vielmehr unter dem Aspekt der „languages in contact". D i e Lehnwörter werden sich dabei als „Einzelelemente innerhalb der Gesamtstruktur der diachronischen K o m munikationssituation zwischen beiden sich verselbständigenden Sprachen" 2 2 erweisen. In dieser Hinsicht hat die Erforschung der wechselseitigen Entlehnungen vor der Festlegung der politischen Grenzen (1648) bzw. der Herausbildung der beiden Kultursprachen anzusetzen; denn niederländisch-

22

Ponten ( 1 9 6 8 ) , S. 562.

292

Niederländisch als Vermittlersprache

deutsche Sprachkontakte waren lange vor diesem Zeitpunkt zur Genüge vorhanden, ein Prozeß, der bis heute fortdauert 2 3 . Zur Gliederung der zu unterschiedlichen Perioden vollzogenen niederländisch-deutschen Transferenzen wird zwischen literarischen und volkssprachlichen Entlehnungen unterschieden. Hinsichtlich der ersten Entlehnungsgruppe kommt in unserem Zusammenhang lediglich die höfische Periode in Betracht. Die flämischen Ausdrücke des Rittertums gelangten unmittelbar in das benachbarte deutsche Sprachgebiet. Für die zweite Entlehnungsgruppe, die sich auf mehrere Lebensbereiche erstreckt und zu der auch fachsprachliche Ausdrücke des Handels und der Seefahrt gehören, ist der nördliche Teil des östlichen Sprachgebietes als wichtigstes Transferenzgebiet zu betrachten. Andere Sprachkontakte vollzogen sich durch die niederländischen Siedlungsräume auf deutschem Territorium. Außerdem kommen die Handelsniederlassungen der Hanse im Süden der Niederlande, in Flandern, vor allem Brügge in Betracht 2 4 . Bei den genannten Transferenzwegen wird die Frage nach einer niederdeutschen Vermittlung des niederländischen W o r t guts an das Hochdeutsche aufgeworfen. Aus naheliegenden Gründen trifft diese Vermittlerrolle auf die meisten Wörter des Handels und der Seefahrt, aber nicht auf die Wörter der höfischen Literatur zu. Hier können umgekehrt französisch-niederländische Entlehnungen zuerst ins Mittelhochdeutsche gelangt sein, bevor sie von da aus den W e g zur mittelniederdeutschen Literatur genommen haben 2 5 . Dies hängt in erster Linie mit der Orientierung der mittelniederländischen an der mittelhochdeutschen Literatur zusammen. Auch bleiben viele Transferenzen der zweiten Entlehnungsgruppe auf das Niederdeutsche begrenzt. Dies wird darauf zurückgeführt, daß der niederdeutsche Raum aus politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gründen nur in geringerem Maße an der Herausbildung der hochdeutschen Schriftsprache beteiligt war 2 6 .

7.2.2. Mittelniederländisch-mittelhochdeutsche Transferenzen Die mittelniederländischen höfischen Ausdrücke in der mittelhochdeutschen Dichtersprache sind ein deutlicher Beweis dafür, das neben der französischen auch die südniederländische Ritterschaft für vorbildlich gehalten 23 24 25

26

Ponten ( 1 9 6 8 ) , S. 562, 574. Vgl. dazu Smet (1984), S. 924; Kremer (1983), S. 9ff.; Leloux (1987), S. 123. Vgl. Ö h m a n n (1967), S. 42ff. Bei diesem Vorgang wird Köln, das ein Kulturzentrum war und enge wirtschaftliche Beziehungen zu den Niederlanden pflegte, besonders hervorgehoben: „Deswegen sind bei französischen Wörtern (des M n d . ) , die früh im Mittelfränkischen und im Mittelniederländischen auftreten, oft beide W e g e möglich: entweder direkte Vermittlung durch das Niederländische oder doppelte Vermittlung, und zwar zuerst durch das Niederländische ins Mittelfränkische und dann weiter durch das Mittelfränkische ins Niederdeutsche", ebd., S. 43. Vgl. Ponten (1968), S. 590.

Tertiäre Vermittlung von Arabismen durch das Niederländische an das Deutsche

293

wurde. Es war damals Mode, seine Rede in „vlaemischer hövescheit" mit niederländischen Sprachelementen zu bestücken 2 7 . Die flämischen Ritter waren ihrerseits vom benachbarten pikardischen Rittertum beeinflußt. Sie schöpften zahlreiche ihrer Ausdrücke aus dem französischen Wortschatz und konnten somit als Vermittler französischen höfischen Lehnguts an das Mittelhochdeutsche fungieren. Unter diesen Entlehnungen befanden sich Arabismen, die durch das M n d l . an das M h d . vermittelt wurden. Diese sind: Mndl. scaec (Floris), schaech > mhd. schäch (12. Jh. / Uolrich von Guotenburc; 13. Jh./ W . v. der Vogelweide; W . v. Eschenbach) 2 8 ; mndl. roc (Van Vloten) > mhd. roch (12. Jh./ Alberos Tundalus; 13. Jh./ W . v. Eschenbach) 2 9 ; mndl. scharlaken > mhd. scharlachen (12. Jh. / K. Rother; 13. Jh./ Karlmeinet), Scharlach (Lohengrin); scharlät (Lanzelot). Der hier in Frage kommende Wollstoff wurde hauptsächlich in den Niederlanden angefertigt. M h d . Verse weisen auf Gent als Hauptherstellungsort hin, vgl.

z.B. Lohengrin: ' Vil tuoch von Gente, ein teil Scharlach geverbet',30

Die

angeführten Arabismen sind als solche kaum von den anderen altfranzösisch-mittelhochdeutschen Arabismen zu unterscheiden. W i e jene waren auch diese Bestandteil des höfischen Wortschatzes geworden und konnten ohne Unterschied zusammen mit den anderen Niederlandismen oder Französismen die mittelhochdeutsche Dichtersprache erreichen. Die gesonderte Behandlung der mittelniederländischen Zwischenstufe soll jedoch die wesentliche Rolle der geographischen und kulturgeschichtlichen Aspekte bei der Infiltrierung von Transferenzen hervorheben. Die niederländischen Arabismen tauchen in mittelhochdeutschen Texten bereits in ihren verhochdeutschten Formen auf, und dies ist ein Hinweis darauf, daß sie vor der schriftlichen Fixierung, wahrscheinlich durch persönliche Kontakte, in das deutsche Sprachgebiet gelangten 3 1 .

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10

"

V g l . de Smet ( 1 9 8 4 ) , S. 9 2 6 ; zum E i n f l u ß der niederdeutschen Literatur auf die d e u t sche im M i t t e l a l t e r vgl. J a n van D a m ( 1 9 6 7 ) , 4 2 0 - 4 2 7 . Siehe, oben A n m . 15; Das m h d . W o r t ist seit d e m 12. J h . d u r c h z a h l r e i c h e Belege vertreten und k o m m t schon im selben J a h r h u n d e r t in der Z u s a m m e n s e t z u n g schäch-zabel ' S c h a c h b r e t t ' ( R o l a n d s l i e d ) vor, S u o l a h t i ( 1 9 0 2 ) , S. 126; S u o l a h t i ( 1 9 2 9 ) , S. 2 2 2 f f . ; Rosenquist ( 1 9 3 2 ) , 2 0 9 f f ; Rosenquist ( 1 9 4 3 ) 4 9 8 f f . Siehe oben A n m . 16; Belege für das 12. Jh. bei S u o l a h t i ( 1 9 0 2 ) , S. 124; für das 13. J h . S u o l a h t i ( 1 9 2 9 ) , S. 2 1 0 f f ; für das 14. J h . R o s e n q u i s t ( 1 9 3 2 ) , S. 198, R o s e n q u i s t ( 1 9 4 3 ) , S. 4 8 1 . Schulz/Alwin, S. 2 6 9 ; Belege für das 12. J h . bei S u o l a h t i ( 1 9 0 2 ) , S . 1 2 6 ; Für das 13. J h . Schulz/Alwin, S. 2 4 9 , A n m . 8; S. 2 6 5 , A n m . 1; S. 2 6 7 , A n m . 5; S. 2 6 8 , A n m . 8. V i e l m e h r vertreten, ist die m h d . V a r i a n t e sigilät, ciclät nach frz. siglaton, s. oben A n m . 17; vgl. Schultz/Alwin, S. 2 5 0 , A n m . 1 (sigelätl Kudr.); S. 2 5 6 , A n m . l (äclät/Lanz.)·, S. 2 6 1 , A n m . 4 (siglitICröne). Nach Ö h m a n n ( 1 9 7 4 ) , S. 3 3 6 , ist d i e V e r h o c h d e u t s c h u n g französischer W ö r t e r ein A n h a l t s p u n k t für die A n n a h m e einer m n d l . V e r m i t t l u n g . Bei direkter Ü b e r n a h m e aus d e m Französischen wäre ein solcher V o r g a n g nicht zu erwarten.

294

Niederländisch als Vermittlersprache

7.2.3. Neuere niederländisch-deutsche Transferenzen Niederländische Arabismen des Handels und der Seefahrt sind hinsichtlich ihrer Überlieferung an das Deutsche nicht von den anderen Niederlandismen zu trennen, die aufgrund der merkantilen und maritimen Überlegenheit der nördlichen Niederlande in die deutsche Volks- und Fachsprache entlehnt werden konnten. Als die wichtigsten Kontaktgebiete für den Seehandel sind Ostfriesland, Danzig und Königsberg zu nennen. Hier wie in anderen niederdeutschen Städten besaßen die niederländischen Kaufleute Handelsniederlassungen. Sie dominierten außerdem den Seeverkehr durch die Zahl ihrer Schiffe, die zeitweilig höher lag als die der deutschen Hanse 3 2 . Die niederländischen Importartikel und ihre Bezeichnungen konnten dadurch direkt in die niederdeutschen Häfen gelangen und von da aus das hochdeutsche Gebiet erreichen. Die Arabismen unter ihnen sind: Ndl. abrikoos (1625) > dt. Aprikose (nach Kluge 75, 28 a , zunächst 1665 in Norddeutschland bezeugt); ein etwas älterer Beleg Apricos (1645) geht auf Olearius zurück; ndl. kat(t)oen 'Baumwollstoff (1598/ Kilian) > dt. Kattun (17. Jh.), catoen (1682/ Leibniz), Kattun (1691/ Stieler), cattunen Adj. (bereits 1649 bei Olearius); ndl. gaas (16. Jh.) > dt. (Silber)gaß (1649/ Spee Trutzn), Gaße (1693/ Beurs, die große Welt, eine Übers, aus den Ndl.), heutiges Gaze ist aus dem Frz. en d e h n t 3 3 . Der Terminus Almanach taucht zunächt in preußischen Handelsrechnungen als almanag (1423/34), gemäß dem ndl. almanag (15. Jh.) 3 4 auf. Was die Seefahrtsausdrücke betrifft, so wurde bereits an anderer Stelle hevorgehoben, daß sie zu den unsichersten Arabismen der europäschen Sprachen zählen. Folgende für Arabismen gehaltene Seefahrtsausdrücke gelangten ins Deutsche über das Niederländische: Ndl. averij (1509), haverie (1579), Avarie (1631) > nd. haferye (1582), nhd. Hauerey (1591), Havarie (seit 1731/ H a m b u r g . Haverey-Ordnung) 3 5 ; ndl. kalfaten, kalfateren (1530) > nd. und nhd. kalfatern (1618/ West u. Ost Ind. Lustgart) 3 6 .

32 33 34 35 36

Vgl. P o n t e n (1968), S. 595; Smet (1984), S. 9 2 5 . Vgl. die Artikel Aprikose, Kattun, Gaze. Vgl. F r ü h n d . W b . I, 814; dazu Artikel Almanach. W N T S u p p l . I, 2 2 0 5 ; Vries 22 b ; Kluge (1911), 3 5 9 f f . ; Kluge 89; Pfeifer I. W N T VII, 1, 9 4 5 f f . ; Kluge (1911), 414ff.; Pfeifer 1.

Lexikographischer Teil

295

7.3. Lexikographischer Teil

Almanach

N.

m.

»Kalender;

Jahrbuch«

Arab. > mlat. > frz. > ndl. > dt. Ε Τ Ύ Μ : Arab.

Ρ c Μ c

ζ-L^, m a n a b Ν .

in m a r o k k a n i s c h e n

m . , ist als F a c h a u s d r u c k d e r

astronomischen

Texten

aus der 2 .

d u soleil et d e la l u n e " ) b e z e u g t . B e l e g t ist a u ß e r d e m

Bed.

3)

'Sonnenuhr'

nicht sicher gedeutet.

Etymologisch

ist d a s

arab.

Jh.s

al-manäb

13. Jh. im

1 6 . J h . bei P . A l e . , d e r d a s W o r t

aufführt.

13.

d'^phemerides

hispanoar.

in d e r a l l g e m e i n e n B e d . 2 ) ' J a h r e s k a l e n d e r ' u n d z w a r i m b u l i s t a in A r a b i g o u n d i m

Astronomie

H ä l f t e des

in d e r B e d . 1 ) ' a s t r o n o m i s c h e s T a f e l w e r k ' ( „ t a b l e a u c o m p o s e

Ρ

auch Wort

Vocain

der

jedoch

Vgl. F E W 19, 119 3 ; Hirsche 70ff.

[Corominas möchte manab astronomisches Tafelwerk; Kalender' semantisch mit klass.-arab. munab 'Station auf einer Reise, Raststätte' (eine Bildung zur Wurzel π-w-b das Kamel zur Ruhe bringen', 'ausruhen') in Verbindung bringen. Dabei sei der Ausdruck in die Fachsprache der Astronomie eingegangen und auf die 'Tierkreisternbilder' übertragen worden, da die Konstellationen des Zodiakus so wie die 12 Stationen erschienen, die die Sonne in ihrer jährlichen Laufbahn macht. Dieselbe Vorstellung liege, so Corominas, auch dem mlat. astrolog. Ausdruck mensiones 'Sternbildhäuser' zugrunde, wobei mentiones ursprünglich ebenfalls 'Raststätte auf einer Reise' bedeutet habe. Der Übergang von manab 'Tierkreissternbilder' zu Almanach' bzw. 'Buch mit dem Zodiakus als Grundlage' und sodann auch zu Sonnenuhr' (in bezug darauf, daß die Sternbilder durch die Stellungen der Sonne bestimmt werden) und schließlich zu Klima' (die Bed. von man3b im heutigen Arabisch) könnte problemlos vollzogen werden. Dabei rühre die Bed. 'Klima' daher, daß das Klima als Resultat der Beeinflussung des Zodiakus durch die eigenen Sternbilder gedeutet worden wäre. Corominas Auffassung wird im F E W zurückgewiesen. Dagegen wird hier und u. a auch im B W ein syr. l-manhai 'im nächsten Jahr' vorgeschlagen: „Semantisch ist der Übergang zu „Zeittafel" leicht verständlich. 1 konnte im Ar. leicht als der Artikel al- aufgefaßt werden. Das Wort wäre dann als manäb ins Ar. übergegangen"(FEW 19, 120"). Dozy lehnt die arabische Herleitung von Almanach überhaupt ab. Hinsichtlich der europ. Beleglage erscheint das Wort in der Bed. astronomisches Tafelwerk' im Mlat. als almanach bereits im 12. J h . (bei Roger Bacon: „The almanacs' known to Roger Bacon and Chaucer were permanent tables o f the apparent motions and positions of sun, moon, and (?) planets, whence the astronomical data for any year could be calculatcd" O E D I, 3 5 1 c ) . Vgl. außerdem span, „almanach de astrologna" (1495/ Nebrija); „almanaque son las tablas de astrologia" (1611/ corvarrubias). Aufgrund der intensiven Pflege der Astronomie bei den Arabern Spaniens wird angenommen, daß manab ( m ' t a gg'· Artikel al-) von da aus über das Mlat. in die westeuropäischen Sprachen eingegangen ist. Vgl. Corom. I, 184 a ff.; F E W 19, n 9 " f f . ; B W , 20*; Saigado 191; Dozy Suppl. II, 734"; Dozy Gl. 154; D D M 24 b ff.; Kluge 89, 21 b ], VS: nungen)

Ndl.

m.,

almanak

früher

mlat.

almanach,

rück.

Den

erweiterter

zufolge

Sprachen

Bed.

als n u r

(14. Jh.)

'astronomisches

almanachus

Belegen

germanischen

(1410

almanag

g e h t s e l b s t a u f frz. almanach

wie im

erscheint z.B.

im

fläm.

Ndl.

rein a s t r o n o m i s c h e n

in

mit

astronomischen

und

(12./13. Jh.)

den

Engl, Sinn

g e l e h r t e n a r a b . u n d m l a t . V e r w e n d u n g e n d e r F a l l ist als ' K a l e n d a r i u m

Handelsrech-

dieses w i e d e r u m

Tafelwerk'

das W o r t Frz.,

in

und

romanischen und -

Dt.

in

wie dies

und zwar

m^tereologischen

auf zuund

etwas in

den

zunächst

Angaben

so-

296

Niederländisch als Vermiedersprache

wie mit Jahresprognosen u n d Einträgen unterschiedlicher Art'. a

Vries 13b;

b

W N T I, 2, 219ff.; FEW 19, 119 ff.; D D M 24 ff.; D D L F I, 273'; D H D F I, 52'; Kluge 89, 21 b . Pfeifer I (führt dt. Almanach

direkt auf das Mlat. zurück).

[Das O E D I, 3 5 l c z.B. gibt folgende Erklärung für almanac·. „An annual table, or (more usually) a book of tables, containing a calendar of months and days, with astronomical data and calculations, ecclesiastical and other anniversaries, besides other useful information, and, in former days, astrological and astrometeorological forecasts"].

D T : Seit dem 15. Jh., zunächst in Schreibungen wie almanag, almannak dann almanach 'Kalender mit unterschiedlichen Angaben' bezeugt: (1423/ 34) mynem heren marschalke gesand czu czuwen czienten 2 almanag. ( H a n d e l s r e c h t Dt. Orden/ Frühnhd. Wb. I, 814); (1525) tvil ich dir ein andren almannak u f f diß jar .. machen (Zwingli/ DWB 2 II); (1558) ir noch heüt bey tag inn dem almanach oder calender gedacht wirdt. (Lindener. Katzip./ Frühnhd. Wb. I, 814); In reiner astronomischer Bed. k o m m t das W o r t in Peurbachs Almanach pro pluribus annis, W i e n 1460, vor. Im 18. Jh. treten die kalendarischen Angaben des Almanachs in den H i n t e r g r u n d , so d a ß sie entfallen können wie z.B. beim Musenalmanach (literarisches Jahrbuch), wohingegen die Einträge zur Hauptsache werden. Almanache sind dann 4) '(jährlich erscheinende) Verzeichnisse mit I n f o r m a t i o n e n aus verschiedenen Sachgebieten oder literarische Jahrbücher (wie der Musenalmanach)': (Goethe) da er [Gotter] .. für Bote's Almanach Göttinger Musenalmanach von 1774 auch von meinen Gedichten etwas verlangte. (Goethe Wb. I, 396); (1779) die almanache, welche .. uns die moden für ein ganzes künftiges jähr zeigen wollen (Möser/DWB 2 II); (1928) genealogischer), histor(ischer), diplomat(ischer) almanach Brockhaus/DWB 2 Ii). Heute wird Almanach nur noch in der speziellen Bed. 5) 'Jahresveröffentlichungen eines Verlags' verwendet: (1956) almanach .. heute verstehen wir darunter vor allem werbejahrbücher der verlage (börsenbl. (Leipzig)/DWB 2 Ii). W B : (1616) Almanach «Calender/ Calendarium, Ephemeris, menologium» ( H E N I S C H 48); (1734) Allmanach «(der, pro: Jahrbuch)» (STEINBACH I, 14); (1793) Der Almanach «ein Kalender; eine Benennung, welche im gemeinen Leben wenig mehr v o r k o m m t , aber noch bey den Dichtern lebt. A u ß e r dem gebraucht man es auch am häufigsten von solchen jährlichen H a n d b ü c h e r n , bey welchen die voran gehenden Kalender=Nachriten nur zur E m p f e h l u n g dienen. Ein Musen=Almanach, Theater=Almanach, Kriegs=Almanach, der berüchtigte Kirchen= u n d Ketzer=Almanach u. s.» ( A D E L U N G I, 192); (1801) Almanach «S. Kalender» (CAMPE 108); (1860) Almanach «ein den Kalender [...] eines Jahrs mit verschiedenartigen Zugaben umfassendes Büchlein. Diese sind so zur Hauptsache geworden, daß der Kalender oft fortbleibt, also ein jährlich erscheinendes Büchlein» (SANDERS I, 22'); (1907) Almanach «Jahrbuch» ( W E I G A N D I, 43); (1976) Almanach «a) (früher) [mit einem Kalender verbundene] bebilderte Sammlung von Texten aus verschiedenen Sachgebieten (Belletristik, Theater, Mode,

Lexikographischer Teil

297

Reisen); b) aus b e s o n d e r e m A n l a ß od. aus W e r b e g r ü n d e n Q u e r s c h n i t t aus der J a h r e s p r o d u k t i o n A . S P R . : S p a n , almanaque

( 1 5 . J h . ) ; ital. almanacco

Corom. I, 184 a ff.; Cort. I, 42';

(1391).

nac

Aprikose N.

f. » F r u c h t

des P r u n u s

veröffentlichter

( D U D E N I).

eines Verlags»

( 1 3 4 8 ) ; engl,

armenica«

Arab. > kat. > frz. > ndl. > dt.

Μ = Μ c

b a r q O q , a u c h b u r q Q q u n d birqOq n . k o l l . 1 )

E T Y M : Arab.

k o s e ' , zu g r . τ τ ρ α ι κ ό κ ι ο ν ' f r ü h r e i f , z u coquere

'Apri-

(PI.

praecocia)

' k o c h e n , r e i f e n , reifen lassen' d a r s t e l l t . Z w i s c h e n

b a r q O q u n d gr. praikokion B l a c h e r e I, 5 6 7 a ;

Ρ

( p r a i k ö k i o n ) n . , d a s selbst e i n L e h n w o r t a u s l a t .

n. ' f r ü h r e i f e F r u c h t ' , e i n e r V a r i a n t e v o n praecox

praecoquum

alma-

O E D I, 351 c ff.

bärqQqa

w i r d e i n g l e i c h b e d . syr.

arab.

angenommen.

Dozy Suppl. I, 75 b ; Kluge 89, 36 b ; Hasserlot ( 1 9 4 0 - 1 9 4 1 ) , 60.

[Der Aprikosenbaum stammt entgegen seiner botanischen Benennung Prunus armeniaca (Linni) nicht aus Armenien, sondern aus China. Das neulat. Attribut überlebte aus der lat.-gr. Tradition, wo die Steinfrucht auch armeniaca (Plinius) bzw. άρμευιακά (Dioskurides) hieß, da wahrscheinlich die Aprikose dem Altertum durch Armenien bekannt wurde. Die Bezeichnung praecoquum rührt daher, daß diese Frucht früher reif wird als andere Steinobstsorten. Die Kultivierung der Aprikose scheint im Frühmittelalter, nach dem Untergang des römischen Imperiums, vernachlässigt worden zu sein. Erst durch die arabische Eroberung wurde sie in Spanien und Sizilien erneut in Westeuropa eingeführt, weshalb sie hier auch den arabisierten Namen erhielt. Vgl. Hasserlot (1940-1941), 46], V S : N d l . abrikoos älter aubercot

f. ( 1 6 . J h . ) ' A p r i k o s e ' g e h t a u f frz. abricot

(1512)

z u r ü c k u n d dieses a u f k a t . albercoc

m.

(1547), Kluge 89,

(1398).

36 b ; Pfeifer I; Vries, 6 b ; BW 3 b ; Hasserlot (1940-1941), 66ff.; Cioranescu (1987), 24 a . [Finales -s des ndl. Wortes, das dem dt. Aprikose zugrunde liegt, beruht auf dem plur. des Französischen. Vgl. Hasserlot (1940-1941), 68; Kluge 89, 28 a ]. DT:

Im

17. Jh., zunächst

mein hochdt. W o r t : ( 1 6 4 7 )

in N o r d d e u t s c h l a n d

Apricos

belegt d a n n

ein

(Olearius/ Weigand I, 8 0 ) ; ( 1 6 6 9 )

(v. d. Groen, Der ndl. Gärtner/ Kluge 75, 28 a ); ( G o e t h e )

wenn

außer

abricots

allgeApricose

den

gewöhn-

wohl geriethen

(Bo-

tan. Studien/ Goethe Wb. I, 7 7 9 ) . A u ß e r d e m w i r d Aprikose

in d e n B e d . 2 )

'Kurz

für A p r i k o s e n b a u m '

mit dem

lichen

Obstsorten

auch

Aprikosen, und

3)

Pfirschen

und

Trauben

aus J a p a n s t a m m e n d e r ,

Aprikosen-

b a u m v e r w a n d t e r G a r t e n z i e r b a u m m i t w e i ß e n bis d u n k e l r o s a f a r b e n e n ten' ( D u d e n

I)

Blü-

verwendet.

[Ein älteres, vereinzelt belegtes dt. Albercochen (1580 in der Reisebeschreibung des L. Guicciardini/Wis (1955), 90) geht wohl auf it. albercocco zurück], WB: (1860)

(1774)

SANDERS I,

A.SPR: (1551).

Die

Span,

(ADELUNG 1, 373);

Aprikose 38c;

(1907)

albaricoque

W E I G A N D I, 8 0 ;

(1330);

(1808) (1977)

ital. albicdcca

Corom. I, 115"; Cort. I, 35 a ; O E D I, 590 c .

CAMPE I, DUDEN

(1636);

engl,

200a;

I. apricot

298

Kattun

Niederländisch als Vermittlersprache

N . m. »festgewebter Baumwollstoff«

Arab. > ital. > frz. > ndl. > d t .

E T Y M : Arab. kj q u t n , q u t u n m. 1) 'Baumwolle'.

Μ c Ρ c Dozy S u p p l . II,

Μ

377'ff.

[Die B a u m w o l l k u l t u r w u r d e in E u r o p a d u r c h die Araber e i n g e f ü h r t . Auf Sizilien u n d in S p a n i e n sind B a u m w o l l p f l a n z u n g e n bereits im 12. J h . nachgewiesen. V o n diesen Z e n t r e n aus verbreitete sich das P r o d u k t u n d sein N a m e d u r c h d e n H a n d e l in die a n d e r e n e u r o p ä i schen Länder. A u c h weisen die F o r m e n des W o r t e s mit u n d o h n e al- z u m einen auf die italienische, z u m a n d e r e n auf die spanische H e r k u n f t des P r o d u k t e s hin. Vgl. F E W 19, 100 b ff.; P. Schütt, Weltwirtschaftspflanzen, S. 133.]

VS: Ndl. kat(t)oen (1598/ Kilian) (> mndl. cottoen, catoen) 'Baumwolle'; 2) 'Stoff aus Baumwolle', zu afrz. coton (12. Jh.) 'Textilfaser der Baumwollstaude; Watte'. Das frz. W o r t geht selbst auf erst spät bezeugtes it. cotone (14. Jh.) zurück. In mlat. D o k u m e n t e n Liguriens und Siziliens aber k o m m e n Belege des Wortes bereits im 12. Jh. vor: (1144) cuttoneus (in Sizilien); (1156) cotone (in Genua). Zur Bed. 'Baumwollstoff liegt auch eine iberisch beeinflußte afrz. Form auqueton (12. Jh.) vor. Sie ging in dieser Bed. ins Mndl. als acotoen ein. Vries 3 0 8 b ; D W B ' XI; Kluge 89, 362 a ; Pfeifer I; F E W 19, 100 b ff.; B W 161 b ; D D M 203"; Pellegrini I, 118, 190, 3 5 1 .

D T : (1682) Catoen (Leibnitz, E r m a h n u n g / Schulz-Basler I, 3 4 2 ) ; (1715) Cotton oder Catun, ist ein von Baumwollenen Garn verfertigtes leichtes Gewebe, [ . . . ] ( A m a r a n t h e s , 382); (Goethe) blauen cattun mitbringen (Felsenb./ D W B ' I i ) . In adj. W e n d u n g cattunen (bereits 1647 bei Olearius; vgl. ndl. Kottoenen bei Kilian/ W e i g a n d l); (Goethe) ungern vermiss ich ihn doch den alten cattunenen schlafrock (DWB' II). Das Wort liegt in zahlreichen Zusammensetzungen vor, wie: Kattunkleid; Kattunrock; Kattundruck etc. D W B 1 XI; D u d e n IV. W B : (1691) Kadun u. Kattun «gossypium» ( S T I E L E R I, 3 4 8 ) ; (1700) Kadun «cottone, bambagia» ( K R A M E R I, 2 5 b ) ; (1775) Der Kattun «ein derber aber doch leichter und mehrentheils bunter baumwollener Zeug» (ADEL U N G II, 1516); (1808) Der Kattun «ein zwar undeutsch betontes W o r t von f r e m d e m Ursprünge, welches aber in der Volkssprache durchaus bekannt ist [...] » ( C A M P E II, 8 9 7 b ) ; (1860) Kattiin «aus ungefärbtem baumwollnen Garn gw. leinwandartig gewebtes, selten geköpertes Zeug» ( S A N D E R S I, 887 c ); (1907) Kattun «mit Mustern bedrucktes dünnes leichtes Baumwollenzeug» ( W E I G A N D I, 1007); (1976) Kattun «Gewebe aus Baumwolle, das sehr fest gewebt ist» ( D U D E N IV). A.SPR: Span, algodön (13. Jh.); engl, cotton (1300). C o r o m . I, 161 b ff.; O E D III, 1000 a ff.

Roche

N. m. »(veraltet) T u r m im Schachspiel«

Arab. > akat. > afrz. > m n d l . > m h d . ; n h d .

Μ = Μ = Μ

E T Y M : Arab. ruhb 'Turm im Schachspiel', wurde im Rahmen des Spiels entweder adverbial qäla rubb sprach roch' oder als Interjektion rubb' 'roch! bzw. Turm!' verwendet, wenn eben der T u r m bedroht wird, parallel

Lexikographischer Teil

299

zu Jäh! 'Schach!', wenn der König in Gefahr von matt steht. Auch ist Jäh wa rubb Schach und Roch bzw. T u r m ' überliefert, wenn eine Doppelbedrohung des Königs und des Turmes vorliegen. Arab, rubb wurde aus gleichbed. pers. rob entlehnt. Letzteres stellt eine Entwicklung aus mpers. rabv dar, das isoliert 'Karosserie des Kriegswagens', in der Z u s a m m e n setzung rabv-vartin 'Kriegswagen' bedeutete und gleichzeitig als Schachspielterminus fungierte. Im Neupersischen überlebte nur der zweite Teil des letzteren Wortes, um die Schachpielfigur ' T u r m ' zu bezeichnen. Mpers. rabv ist wiederum eine Entlehnug aus sansk. ratha '(Kriegs)wagen; im Schachspiel ' T u r m ' . Bossong (1978), 4 8 - 6 8 . ; W i e b e r (1972); D o z y S u p p l . I, 7 1 7 ' . VS: Mndl. roc, auch roch (Floris) ' T u r m im Schachspiel' geht auf gleichbed. afrz. roc (1180), das selbst wahrscheinlich aus kat. roch entlehnt ist. V e r w i j s / V e r d a r a VI, 1572; F E W 19, 147 b ; Sguaitamatti-Bassi ( 1 9 7 4 ) , 7 3 . D T : Das ins M h d . entlehte roch n. u. m. (13.Jh.) ' T u r m im Schachspiel' wurde als Schachspielterminus über das F r ü h n h d . bis ins N h d . tradiert. Seit dem dem 17. Jh. wurde es aber allmählich durch Turm ersetzt. Dennoch wurde Roch oder Roche bis Anfang des 20. Jh.s in W ö r t e r b ü chern angeführt (vgl. unten). Belege: (13. Jh.) mähte ich einen künic dä derwischen oder ein roch, so vüere ich wol, mit venden wird ich dä selten vol ( H u g o V. T r i m b e r g , D e r R e n n e r / Lexer 11, 4 7 9 ) . In bezug auf das Schachbieten mittels des T u r m s wurde mhd. ich sprich schäch und sprich roch ausgerufen. Auch wurde das mhd. roch im Sprichwort roch umb einen venden (einen Bauern) = 'einen schlechten Tausch machen' verwendet. (Vgl. DWB1 XIV). (1520) darnach zeühe deinen alten hinder den vanden der bey der königinn gestanden ist vor das roch ( M e n n e l , schachzabel/ D W B ' X I V ) ; (1616) und werden von den landen .. sonsten elefanten, türme oder rochen., genennet (Selenus/ D W B 1 XVI); (1779) denn so bekam der röche feld: und sie (Sittah) war

hin

(Lessing, N a t h a n / D W B '

XIV).

[Im 16. J h . w u r d e die Schachspielstrategie des Rochierens entwicket. D a f ü r w u r d e im Frz. das Verb roquer (1690) (zu roc T u r m im Schachspiel ) gebildet, w o n a c h dt. rochieren aus Roch(e) 'Stellungstausch zwischen König u n d T u r m ' aus Roch(e) e n t s t a n d e n ist. D a b e i erhielt rochieren per Analogie eine weitere B e d e u t u n g , nämlich in M a n n s c h a f t s s p i e l e n 'die Position auf d e m Spielfeld wechseln'. Zu rochieren des Schachspiels w u r d e auch ein Substantiv, Rochade f. ' D o p p e l z u g , bei d e m die Position von König u n d T u r m gewechselt w e r d e n ' e n t w i k kelt. Die frz. E n t s p r e c h u n g d a f ü r ist roque (1859). Frz. rochade (1790), das auch aus roquer des Schachspiels entwickelt w u r d e , bezeichnet dagegen im Militär voie parallele ä la l i n g n e de c o m b a t ' d a n n ' U m g e h u n g s s t r a ß e ' . Rob. Hist. II; D u d e n V; W i e b e r ( 1 9 6 7 ) ; F E W 19, 147 b ].

W B : (1691) Roch m. «elephas» ( S T I E L E R II, 1499); (1734) Roche «(der, im Schachspiele ein Stein) elephus» ( S T E I N B A C H II, 2 9 1 ) ; (1741) Roche «ein Stein im Schachspiel, welches sonst Elephant heist» ( F R I S C H 11. 123 b ); (1777) Der Roche «ein Name, welchen im Schachspiele der f ü n f t e und äusserste Stein unter den Officieren führet, und deren in jedem Spiele zwei sind.» ( A D E L U N G III, 1458); (1809) Der Roche «im Schachspiele, die beiden Steine unter den sogenannten Offizieren, welche ihre Stelle an den beiden Ecken

300

Niederländisch als Vermittlersprache

haben, und die gewöhnlich die Gestalt eines Thurmes, zuweilen auch die Gestalt eines Elephanten, oder beides vereinigt, eines einen T h u r m auf dem Rücken tragenden Elephanten haben.» (CAMPE III, 849 b ); (1863) Roch m. «= T h u r m , der beim Beginn des Spiels in der Ecke des Bretts stehnde Stein» (SANDERS II1, 77lc); (1909) Roche m. «der T u r m im Schachspiel» ( W E I G A N D II, 597). [Vgl. (1980) Rochade f. «(Schach) Doppelzug, bei dem die Positionen von König u. T u r m gewechselt werden» ( D U D E N V)].

A.SPR: Span, roque (1288, Libro del Ajedrez); ital. röcco (14. Jh.). Corom. V, 73 a f; Battisti V, 3274".

Schach N.

m. »Brettspiel«

Arab. > kat. > frz. > ndl. > dt.

Ρ c Ρ = Ρ

E T Y M : Arab. »Li Sah m. 1) 'König im Schachspiel'; 2) 'Schach bieten, Zuruf Schach!', zu mpers. Säh, eigentlich 'König' und als Spielterminus 'die Hauptfigur im Schachspiel'. Das mittelpersische Wort stellt eine semantische Nachbildung des Sanskr. räjan 'König' dar. LA 13, 511; Dozy Suppl. I, 717"; Bosson (1978), 57. [Das Schachspiel ist bekanntlich indischen Ursprungs. Es gelangte von dort über Persien nach Arabien. Die arab. Schachspielterminologie ist zum größten Teil wortwörtlich aus dem Pers. übernommen, wobei in letzterer Sprache - bis auf den Namen des Spiels sanskr. Caturanga > mpers. Catrang > arab. ia(rang > span, ajedrez - die einzelnen Fachausdrücke des Schachspiels I.ehnbedeutungen aus dem Indischen darstellen. In Europa wurde das Schachspiel im Mittelalter durch die Araber Spaniens bekannt gemacht. Im Gegensatz zum Spanischen, wo es mit dem entlehnten arabischen Wort bezeichnet wurde, bekam es in den anderen europ. Sprachen, zunächst im Katalanischen, den arab. Namen der Hauptfigur im Spiel. Vgl. die Artikel matt und Roche; Wieber (1972), S. 306ff.; Bosson (1978), 57].

VS: Mndl. sc(h)aec m 3) Schachspiel' neben 'Schachfigur' und 'Schachzug' (Vries 602 b ), entlehnt aus gleichbed. afrz. eschas, eschec (12. Jh.) und dieses geht vermutlich auf kat. escac (11. Jh.) zurück. Nach Sguaitamatti-Bassi (1974), 68-73, hat sich die metonymische Übertragung König im Schachspiel > Schachspiel zunächst im Kat. entwickelt. Kluge 89, 6 2 l a ; Vries 602 b ; Verwijs/Verdam VII, 219ff.; FEW 19, 166'ff.

D T : Mhd. schäch > nhd. Schach n. ist seit dem 12. Jh. durchgehend belegt, in den Bed.: 'König im Schachspiel (nur im Mhd.)'; 'Schachpiel'; 'Schachspielbrett (mhd. auch schächzabet)'; 'schachbietender Zug', als Interjektion drohender Zuruf gegen die Figur des Königs im Schachspiel, hier oft in der Verbindung schäch unde mat, die zu schächmat > nhd. Schachmatt zusammengezogen. Vgl. noch die W e n d u n g e n mhd. schäch bieten > nhd. Schach bieten 'die Königsfigur angreifen', fig. Einhalt gebieten'; nhd. fig. im od. in Schach halten 'bändigen'. Lexer II, 621; DWB1 XIV; Pfeifer II; Duden V.

301

Lexikographischer Teil

WB: (1536) Schach(zabel) «Ludus Latrunculoru»

(DASYPODIUS

405a);

(1561) (im) Schach (ziehen) «Prjlia laronum ludere» (MAALER 3 4 4 ) ; (1691) Schach M . «ludo latrunculorum nomen» (STIELER II, 1701); (1734) Schach n. «est ludus genus» ( S T E I N B A C H II, 3 6 7 ) ; (1700) Schach/ Schacht m . «Giuoco di scacchi» (KRAMER II, 443 a ); (1741) Schachspiel n. «ludus latrunculorum» (FRISCH II, 155 b ); (1777) Das Schach «1) Von diesem Könib

ge (König oder Fürst der Morgenländer), dem vornehmsten Steine wird dieses Spiel (Schachspiel) selbst zuweilen Schach genannt, wo es d o c h n u r o h n e Artikel üblich ist. [...]. Zuweilen höret man es alsdann auch mit d e m ungewissen Artikel. 2) In der Schweitz n e n n e t man auch das Schachbret nur Schach schlechthin. [...] . 3) ist es auch in diesem Spiele ein sehr übliches W o r t , den König zu warnen. Schach dem Könige! [...] » (ADEL U N G III, 1638); (1810) Das Schach «Ein von den Morgenländern e r f u n d e nes scharfsinniges Spiel, [...] » ( C A M P E IV, 51 a ); (1865) Schach n. «Schachspiel, (als Z u r u f ) eine Stellung, in der dem König Gefahr droht» ( S A N D E R S II 2 , 876 b ); (1909) Schach n. «der d r o h e n d e Schachspielzuruf Schach! [...] ; dann das Königsspiel selbst» ( W E I G A N D II, 6 6 2 ) ; (1980) Schach m. «1. Brettspiel für zwei Personen, [...] ; 2. unmittelbare Bedrohung des Königs durch eine Schachstellung» ( D U D E N V). A.SPR: Ital. scäcco (13.JK.); span, ajedrez (13. Jh.); engl, chess (1300). C o n . V, 1137 b ff.; Corom. I, 94 b ff.; O E D III, 93 c ff.

8. Sonstige

Vermittlersprachen

Weitere Vermittlersprachen von Arabismen an das Deutsche sind das Englische und das Türkische 1 . Sie werden jedoch - wie in der Einleitung bereits erwähnt aus zeitlichen und räumlichen Gründen - nicht eigenständig und ausführlich behandelt. Es werden im folgenden lediglich die durch diese Sprachen an das Deutsche vermittelten Arabismen kurz dargestellt, damit ein vollständiges Bild der arabischen Transferenzen im Deutschen vermittelt werden kann. Durch das Englische konnten folgende Arabismen die deutsche Sprache erreichen: Albatros „Diomedea exulans": Arab, al-gattäs 'eine Art Seeadler (Haliaetus albicilla)' > span, alcatraz (1386) 'ein amerikanischer Pelikan'; port. alcatruz 'Sturmvogel der südlichen Halbkugel mit weißen Federn' > engl. albitross (1681); (1697) algatross; albatross (1798) 'Diomedea exulans' > dt. Albatross, Albatros (1773). Der Konsonentenwechsel k > b vollzog sich (im Engl.) unter dem Einfluß von lat. albus 'weiß' wegen des weißen Gefieders des Albatros (FEW, 19, 52 b ). (Zuvor ist frz. alcatrace (1588) 'Fregattvogel'; engl, alcatras (1732) belegt). Dozy S u p p l . II, 217"; Kluge 89, 18"; H i e r s c h e I, 52; D W B 1 II, 234; C o r o m . I, 133'ff.; O E D I, 296".

Kif 'Rauschgift': Maghr.-ar. kTf, kif 'Rauschzustand infolge des Haschischkonsums' dann 'Haschisch' zu arab. kaif 'Zustand, Befinden; Stimmung, Laune' > engl. kief (187S), ty (1880) 'Haschich' > dt. Kif (auch K i f f , Kiej) (kurz nach I960). Das engl. Wort ist auch in der Bed. 'Rauschzustand, Anheiterung' (1808) belegt. Dozy Suppl. II, 505 a ff.; W e h r 7 5 6 ; Kluge 89, 3 6 9 b ; O E D VIII, 378 a ; D u d e n IV.; IUustr. Lex. d. dt. Umgangssprache IV; vgl. auch Arveiller (1983) 321-325.

Mohair {Mohär) 'Angorawolle', 'Stoff aus Angorawolle': Arab, muhayyar 'Textil aus Ziegenhaar' (wörtl. 'das Auserlesene, Beste') > engl, mohair (16. Jh.), (Var. mocayare, moochary, mockaire, moyhair, mowhair) 'fine camlet made from Angora goat's hair', 'woll from Angora' > dt. Mohär (1909/ Weigand II, 207). Dozy Suppl. I, 4 1 6 ; O E D IX, 9 6 0 ; D u d e n IV; D D M 4 7 1 . (Auf das arab. Wort geht ebenfalls dt. Moire < frz. moire (1740); sowie älteres dt. Macheier (1741) 'geringer Wollstoff, Muchair (1578) < poln. muchair. Bielfeldt ( 1 9 6 5 ) , 13ff.; Schiller/Lübben III, 2.

Z u d e n arabischen E n l e h n u n g e n im Englischen vgl. Masri ( 1 9 8 2 ) ; zu den e n g l . - d t . T r a n s f e r e n z e n vgl. u. a. Viereck (1980"), Viereck (1980 b ); G a n z (1957). Zu d e n arabischen E n t l e h n u n g e n im T ü r k i s c h e n vgl. Stachowski ( 1 9 7 5 - 1 9 7 7 ) .

303

Sonstige Vermittlersprachen

Mokka 'eine Kaffeesorte': Arab. Mubä ' N a m e der jemenitischen H a f e n s t a d t am Roten Meer, früher Hauptausfuhrplatz für Kaffee', wonach engl, mocha (1839), mocco ( 1 7 7 3 ) 'fine qualty of coffee' > dt. Mokka (18. Jh.) (Moccat Sanders II, 3 1 8 a ) 'Kaffee einer besonderen, aromaratischen Kaffeesorte' dann 'starker Bohnenkaffee'. K l u g e 8 9 , 4 8 4 b ; P f e i f f e r II; F E W 19, 1 2 9 ' ; A r v e i l l e r (1986),

300-302.2

Monsun 'eine Art Wind': Arab, mausim 'für die Seefahrt günstige Jahreszeit (in der der Wind günstig steht)' (Dozy Suppl. II, 805 a ) > port, mongäo ( 1 5 0 0 ) 'Jahreszeit (der Seefahrer)' und mit semantischer Erweiterung 'für die Seefahrt günstige Jahreszeit' > 'zu dieser Jahreszeit wehender W i n d , M o n s u m ' (Kiesler 166) > mnl. monssoon (nl. moesson) > engl, monsoon (1584) > dt. Monsun ( 1 6 2 7 ) 'beständig wehender, halbjährlich die Richtung wechselnder Wind bes. Süd- u. Ostasiens' ( D u d e n IV). D a z u K l u g e 8 9 ; FEW

19, 125"; L o k o t s c h

1451.

Uber das Türkische kamen folgende Arabismen ins Deutsche: Harem 'orientalisches Frauengemach': Arab. harTm n. koll. 3 > türk. harem 'für Fremde unzugängliches, verbotenes Frauengemach und dessen Insassen' > dt. Harem (18. Jh.). B e l e g e in S c h u l z / B a s l e r I; g e b u c h t in C a m p e ( 1 8 0 1 ) , 3 9 b ; S a n d e r s I, 6 9 3 ° ; W e i g a n d I, 8 1 1 . 1 2 6 2 . E I 2 III, 2 0 9 ' f f . ; W e h r 2 5 0 ' ; K l u g e 8 9 , 2 9 3 b ; P f e i f e r II; Arveiller ( 1 9 7 7 ) ,

324-327.

Kismet 'Los, Schicksal': Arab, qisma(t) '(das dem Menschen zugeteilte) Schicksal' (zu qasama 'zuteilen, bestimmen') > türk. kismet 'id.' > dt. Kismet (19. J h . ) : „Schriftsteller wie Holtei und Pückler bringen Sache und Wort in den dt. Gesichtkreis" (Kluge 67, 3 7 1 ) . K l u g e 8 9 , 3 7 2 ' ; D u d e n I V .

Z u engl, Arab.

buckram

> dt. Buckram

vgl. hier unter II. 4 . 3 . 1 . 1 .

harTm b e d e u t e t a l l g e m e i n 'geheiligter, unverletzlicher O r t ' u n d speziell

'Harem';

' F r a u e n i m H a r e m bzw. a u c h die ( E h e - ) F r a u e n u n d U b e r h a u p t d i e w e i b l i c h e n

Famili-

e n m i t g l i e d e r ' , eine B e d . , d i e sich in d e n e u r o p ä i s c h e n S p r a c h e n w i e d e r f i n d e t , i m

Duden

II a l l e r d i n g s e t w a s e i n s e i t i g a u f g e f a ß t als „ g r o ß e A n z a h l v o n E h e f r a u e n eines

reichen

o r i e n t a l i s c h e n M a n n e s ' ( D u d e n II); vgl. in dieser V e r w e n d u n g engl,

harem

'The

occu-

p a n t s o f a h a r e m collectively; the f e m a l e m e m b e r s o f a M u s l i m f a m i l y ; e s p . the wives a n d c o n c u b i n e s collectively o f a T u r c , P e r s i a n , or I n d i a n M u s l i m ' ( O E D V I , Z u m selben S t a m m g e h ö r i g u n d mit

hartm

1117bff.).

s e m a n t i s c h e n g v e r w a n d t , ist arab.

haram

'tabu; verboten, unerlaubt; Verbotenes, Sünde' (Wehr 249b); 'Unerlaubtes, Heiliges, daher B e z e i c h n u n g d e s heiligen G e b i e t e s der b e i d e n S t ä d t e M e k k a u. a l - M e d i n a ' ( E l ' 278b).

II,

9. Direkte arabisch-deutsche Transferenzen 9.0. Kurzeinführung In deutschen etymologischen und historischen Wörterbüchern wie Schulz/ Basler, D W B , Pfeifer und Duden 7 wird eine Anzahl von Arabismen zu direkten arabisch-deutschen Transferenzen erklärt. Es handelt sich in der Hauptsache um typisch islamische Religionsbegriffe und Titelbezeichnungen. Die Religionsbegriffe werden uns nur gelegentlich zur Erörterung mancher Zusammenhänge beschäftigen. Gegenstand der folgenden Darstellung bilden einige Titelbezeichnungen, die im Deutschen geläufig sind und z.T. in übertragenen Bedeutungen verwendet werden. Diese sind: Emir, Fakir, Kadi, Scheich, Sultan. Außer diesen Bezeichnungen sowie theologischen Begriffen des Islam sind direkte arabisch-deutsche Transferenzen sehr selten. Eine Ausnahme bildet vielleicht das bereits im Spätmittelalter belegte Wort Atlas 'Stoffbezeichnung'. In der Neuzeit wird das Wort Haschisch als direkter Arabismus betrachtet. Das Fehlen von engen und dauerhaften Kontakten zwischen Arabern und Deutschen verhinderte einen nennenswerten direkten Lehnwortaustausch der betreffenden Sprachen. Man kann zwar an die Kreuzzüge als Gelegenheit unmittelbarer Begegnung von Deutschsprachigen und Arabern denken, es ist jedoch kein deutscher Arabismus bekannt, der aus diesem Anlaß direkt vom Arabischen ins Deutsche übernommen wurde. Friedrich Seiler führt dies auf das im Kreuzzugszeitalter dominierende Französische als „internationales Verständigungsmittel aller Franken untereinander" 1 zurück. Seit 1871 pflegte Deutschland zwar intensivere Beziehungen zum Vorderen Orient, die Kultur und Sprache der Araber waren aber zu dieser Zeit schon längst nicht mehr auf dem Gipfel, als daß sie noch Einfluß hätten ausüben können. Die hier in Frage kommenden Arabismen wurden in erster Linie durch deutsche Orientreisende und durch die Ubersetzung orientalischer Literatur ins Deutsche übernommen. Im folgenden wird versucht, einige Aspekte der arabisch-deutschen Beziehungen darzustellen und den möglichen Transferenzwegen der oben genannten Wörter nachzugehen, wobei im lexikographischen Teil sowohl die Titelbezeichnungen als auch die Wörter Atlas und Haschisch behandelt werden.

'

Seiler ( 1 9 0 7 - 1 9 1 3 ) ,

B d . 2 , S.

177.

Über arabisch-deutsche Kontakte

305

9 . 1 . Über arabisch-deutsche Kontakte „Im

Unterschied

zu den

meisten

anderen

europäischen

Ländern,

hat

es

d e u t s c h e o f f i z i e l l e , s t a a t l i c h e B e z i e h u n g e n zu den L ä n d e r n des O r i e n t s aus den

bekannten

Gründen

vor

1871

nicht geben

können"

(Singer

1974,

2 1 7 ) . M i t d e m J a h r 1 8 7 1 d e u t e t S i n g e r a u f die G r ü n d u n g des D e u t s c h e n R e i c h e s u n d a u f die d a m i t z u s a m m e n h ä n g e n d e E r s t a r k u n g der d e u t s c h e n Wirtschaftspolitik wirtschaftlichen reich,

England

und D i p l o m a t i e hin. Im R a h m e n

Interessenkämpfe und

Rußland

der damaligen

um

der politischen

Kolonialmächte

die A u f t e i l u n g

der W e l t

und

Frank-

konnte

das

D e u t s c h e R e i c h , dessen A n t e i l an K o l o n i e n für zu g e r i n g e r a c h t e t w u r d e , das sog. B a g d a d - B a h n - P r o j e k t für sich g e w i n n e n u n d d a m i t im

Vorderen

O r i e n t an B e d e u t u n g g e w i n n e n 2 . E s h a n d e l t e sich u m die E r r i c h t u n g einer Eisenbahnlinie

durch

Kleinasien

D a s zu d i e s e r Z e i t im U n t e r g a n g sich dadurch wirtschaftlichen

und Mesopotamien

zum

begriffene Osmanirfche

Aufschwung

Golf

Reich

und politischen

hin.

erhoffte

Erfolg

die V e r b i n d u n g der M e t r o p o l e m i t den ü b r i g e n T e i l e n des R e i c h e s .

durch Daß

zur R e a l i s i e r u n g des P r o j e k t e s d e u t s c h e s K a p i t a l b e v o r z u g t w u r d e , h a t seit e n s der T ü r k e i Frankreich,

den G r u n d

England

und

g e h a b t , sich v o n d e r B e v o r m u n d u n g

Rußland,

die das O s m a n i s c h e

Reich

durch

schwach

h a l t e n w o l l t e n , zu b e f r e i e n . D a s D e u t s c h e R e i c h s e i n e r s e i t s k o n n t e

vom

B a u der B a g d a d - B a h n w i r t s c h a f t l i c h a u f l a n g e S i c h t p r o f i t i e r e n , d e n n

es

b o t e n sich im V o r d e r e n O r i e n t lukrative R o h s t o f f q u e l l e n u n d A b s a t z m ä r k t e für die e x p a n d i e r e n d e d e u t s c h e W i r t s c h a f t a n 3 . D a s

Bagdäd-Bahn-Projekt

f a n d ein starkes E c h o in der d e u t s c h e n Ö f f e n t l i c h k e i t . I n der Presse t a u c h ten S c h l a g w o r t e wie „ V o n H a m b u r g bis B a s r a " o d e r „von B e r l i n bis B a g dad"

auf. B e s o n d e r s

der „ A l l d e u t s c h e V e r b a n d "

mit der

Wochenschrift

„ A l l d e u t s c h e B l ä t t e r " u n t e r s t ü t z t e das B a g d a d - B a h n - P r o j e k t u n d s t e l l t e darü b e r h i n a u s die F o r d e r u n g ,

nicht nur wirtschaftlich, sondern auch

poli-

tisch im V o r d e r e n O r i e n t F u ß zu fassen 4 . Im H i n b l i c k auf Sprachkontakt und Transferenz waren aber die s t e n hier in F r a g e k o m m e n d e n A r a b i s m e n bereits vor 1 8 7 1

3

4

ins

mei-

Deutsche

Die Informationen über das Deutsche Reich und den Bau der Bagdad- Bahn sind dem Artikel von Kochwasser (1974), 294-349, entnommen worden. „Was Deutschland suchte, waren Rohstoffquellen und Absatzmärkte für die so mächtig in kurzer Zeit sich entwickelnde und vervollkommnete Industrie dieser jüngsten kapitalistischen Großmacht, die überall ältere Wettbewerber vorfand" Hans Kohn, Die Europäisierung des Orients, Berlin 1934, S. 229. Zit. nach Kochwasser, ebd., Anm. 7, S. 301. Vgl. Kochwasser (1974), S. 3 0 6 - 3 1 4 . Es handelt sich um die Kolonialforderungen des Alldeutschen Verbandes im Vorderen Orient und um das Streben nach einer Ansiedlungspolitik nach dem Beispiel der deutschen Templer in Palästina.

306

Direkte arabisch-deutsche Transferenzen

e n t l e h n t w o r d e n . D e r direkte K o n t a k t m i t der arabischen W e l t ,

damals

u n t e r türkischer Herrschaft, k o n n t e zu dieser Z e i t allenfalls dazu beigetragen haben, einigen der typisch arabisch-türkischen Herrschertitel wie tan

Sul-

V e r b r e i t u n g in der deutschen Ö f f e n t l i c h k e i t zu verschaffen. D i e arabi-

schen T i t e l b e z e i c h n u n g e n für M a c h t h a b e r und andere Personen gelangten in die d e u t s c h e Sprache in erster L i n i e durch deutsche

Orientreisende

sowie durch deutsche O r i e n t a l i s t e n , die W e r k e aus der arabischen

und

persischen Literatur ins D e u t s c h e übertragen haben. Für die V e r b r e i t u n g dieser W ö r t e r spielte die Adaptation orientalischer Stoffe durch die deuts c h e Literatur eine große R o l l e 5 . Es soll dabei beachtet werden, daß die T i t e l b e z e i c h n u n g e n sowie auch die religiösen Begriffe des Islam, die seit d e m 16. J h . durch Reisende und O r i e n t a l i s t e n ins D e u t s c h e rezipiert wurden, n i c h t nur das Arabische, sondern auch das Persische u n d das T ü r k i s c h e als E n t l e h n u n g s s p r a c h e n beschreibungen Nahen

haben k ö n n e n .

Im H i n b l i c k a u f Reise-

ist^es b e k a n n t , daß die bereisten arabischen

O s t e n s bis zum U n t e r g a n g des O s m a n i s c h e n

Länder des

R e i c h e s im

Ersten

W e l t k r i e g unter türkischer Herrschaft waren, und daß T ü r k e n und Araber im gesamten osmanischen I m p e r i u m neben- und miteinander lebten. D e u t sche Reisende k ö n n e n ein W o r t wie Sultan

genauso von einem Araber wie

von einem T ü r k e n v e r n o m m e n haben. H i n s i c h t l i c h der Rezeption talischer L i t e r a t u r in D e u t s c h l a n d haben deutsche G e l e h r t e

orien-

ebensoviele

arabische wie persische Stoffe übersetzt u n d nachgedichtet, wobei j e d o c h die persische Literatur mehr N a c h h a l l im deutschsprachigen R a u m gefunden hat als die arabische. D i e Übertragungen von Saadis O l e a r i u s ( 1 6 3 4 ) und Hafis Diwan

Gulistan

durch

durch H a m m e r - P u r g s t a l l ( 1 8 1 2 / 1 3 ) er-

freuten sich großer B e l i e b t h e i t bei den deutschen Literaten wie z . B . bei G o e t h e 6 . Aber auch die arabische D i c h t u n g fand große B e a c h t u n g . J a k o b R e i s k e , der b e d e u t e n d s t e Arabist des 18. J h . s , übersetzte die

arabische

Poesie von T a r a f a , T u g r a ' l und M u t a n a b b T ( 1 7 6 5 ) ins D e u t s c h e . Friedrich R ü c k e n s N a c h d i c h t u n g der M a k a m e n des H a r i r i ( 1 8 2 6 ) stieß ebenfalls a u f großes Interesse beim deutschen

5

6

Publikum7.

Zum Einfluß der orientalischen auf die deutsche Literatur vom Mittelalter bis zum 20. J h . s. den ausgezeichneten Artikel Orient und orientalische Literaturen im Reallex., Bd. II, S. 8 1 6 - 8 5 0 . Vgl. auch Babinger (1967), S. 5 6 5 - 5 8 8 ; Schimmel ( 1 9 9 1 ) , besonders S. 356-382. Vgl. das Nachwort zu Goethes Divan, S. 550ff. sowie Schimmel ( 1 9 9 1 ) , S. 3 7 3 - 3 7 8 . Vgl. Schimmel ( 1 9 9 1 ) , S. 378: „Rückert ist eine einmalige Erscheinung in der europäischen literarischen und gelehrten Welt und hat mit fast unheimlicher Leichtigkeit alle poetischen Werke, die zu seiner Zeit aus dem Arabischen, Persischen, Sanskrit und anderen orientalischen (und v/estlichen) Sprachen zugänglich wurden, in deutsche Poesie übertragen; [...]. Sein kurzer Besuch bei Hammer in Wien im Frühjahr 1818 gab ihm das Sprungbrett für Arabisches und Persisches, und bald entstanden seine Nachdichtun-

Über arabisch-deutsche Kontakte

307

In A n b e t r a c h t dieser Lage k a n n die Frage, ob direkte E n t l e h n u n g aus d e m Arabischen oder türkische bzw. persische V e r m i t t l u n g vorliegt, allein d u r c h eine chronologische U n t e r s u c h u n g des Q u e l l e n m a t e r i a l s - a m Beispiel von Arveillers A d d e n d a zum F E W — sicher beantwortet w e r d e n . Dies w ü r d e eine eigene Arbeit für sich beanspruchen. M a n darf aber folgendes a n n e h m e n : D a die Kenntnis des Arabischen sowohl bei den meisten Reisenden als auch bei den Orientalisten v o r h a n d e n war, ist es sehr w a h r scheinlich, d a ß sie in ihren A u f z e i c h n u n g e n u n d Ubersetzungen die urs p r ü n g l i c h arabische Form der hier in Frage k o m m e n d e n W ö r t e r b e n u t z t haben. A u ß e r d e m w e i c h e n diese W ö r t e r im T ü r k i s c h e n u n d Persischen k a u m v o m Arabischen ab.

9.1.1- Transferenzen in Reisebeschreibungen und in der Literatur Die ersten deutschen Reisenden in den O r i e n t waren Pilger. Sie besuchten das H e i l i g e Land u n d bei dieser Gelegenheit durchzogen sie a n d e r e arabische L ä n d e r 8 . Die Reisebeschreibungen der bekanntesten von i h n e n w i e B r e i d e n b a c h und Fabri ( 1 4 8 3 ) , A r n o l d H a r f f ( 1 4 9 6 ) u n d L e o n h a r d R a u w o l f ( 1 5 4 0 - 1 5 9 6 ) w u r d e n hier im Abschnitt „Italienisch als V e r m i t t l e r sprache" m e h r m a l s zitiert, da die in i h n e n v o r k o m m e n d e n a r a b i s c h e n Transferenzen über das Italienische ins Deutsche gelangten. Im f r ü h e r lieg e n d e n Reisebuch von H a n s Schiltberger, der zwischen 1 3 9 6 u n d 1 4 2 7 im O r i e n t w a r , tauchen einige frühe Belege f ü r arabische W ö r t e r a u f , die in den oben erwähnten Beschreibungen nicht v o r k o m m e n , wie calpha' (Kal i f ) · , Alkaron10 (Alkoran, Koran) und scherch, das vielleicht eine entstellte Form von Scheich d a r s t e l l t " . Auch k o m m t die Variante meesgitt (Moschee) vor, die möglicherweise direkt auf arab. masgid zurü c k g e h t 1 2 . D ie W ö r t e r

8

' 0

'

2

gen von Ghaselen Caläl ad-dTn RQmls, Häfiz-Nachbildungen (wie in den Östlichen Rosen), aber auch eine vorzügliche Übertragung großer Teile des Korans und, 1826, die meisterhafte Übertragung des glitzernden Redekunstwerkes, der arabischen Makamen des Hariri, die dem Original gleichkommt und nicht nur wegen ihrer unübertrefflichen Wortgewandtheit beachtlich ist, sondern auch wegen der zahlreichen Anmerkungen über islamische Sitten, Bräuche und Traditionen". Vgl. Singer (1974), S. 219. „und do der chönig starb, da nam der Machmet die chönigin und wardt gewaltiger calpha und das ist als vil als ain chönig" Langmantel/Schiltberger, S. 86. „und man list auch in dem haidnischen puch, das genandt ist Alkaron" Langmantel/ Schiltberger, S. 86. „Da sprach der Machmet: »Nun verpeut ich allen den, die inn meinem glauben sein, sie sein gaistlich oder weltlich, chaiser oder chönige, hertzog oder graff, richtet oder scherch und gemainiglich, die in meinem glauben sein, das sie chain wein trincken nymmer nicht, sie sein gesunt oder siech" Langmantel/Schiltberger, S. 92. „Es ist auch ze mercken, das sie treyerlai tempel haben; ain, do sie gemainiglich ein gen und der ist als ein pfarr und der ist genandt meesgitt" Langmantel/Schiltberger, S. 88.

308

Direkte arabisch-deutsche Transferenzen

calpha und Alkaron beruhen sehr wahrscheinlich auf mittellateinischen Quellen. Nach Langmantel hat Schiltberger seine historischen und geographischen Kenntnisse aus früheren Reisewerken und sonstiger Literatur übernommen. Das Abschreiben ganzer Passagen aus anderen Büchern war bei den mittelalterlichen Reiseschriftstellern eine übliche Praxis 1 3 . M i t dem Gebrauch der Wortformen Machmet und soldan steht Schiltberger noch in der Tradition der mittelhochdeutschen Schreibweise 1 4 . In der Reyssbeschreibung von Salomon Schweigger ( 1 5 7 7 - 1 5 8 1 ) taucht die nhd. Form Sultan auf 1 . Ältere Belege dafür finden sich aber bereits in der Reisebeschreibung von z.B. Gumppenberg ( 1 4 8 3 ) , in der sog. Türckischen Historie II ( 1 5 6 3 ) und der deutschen Übertragung der italienischen Reisebeschreibung von Fr. Guicc. ( 1 5 7 4 ) , wo im ital. Original soldano steht 1 6 . Bei Schweigger liegt ein frühester Beleg des Wortes Codi (Kadi) vor 1 7 . Er gebraucht außerdem das in seiner Koranübersetzung ( 1 6 1 6 ) vor-

kommende Alcoran neben Curanx&.

Als wichtigste Reisebeschreibung im 18. J h . fungiert die von Carsten

Niebuhr verfaßte Reisebeschreibung nach Arabien und den umliegenden Ländern ( 1 7 6 1 - 1 7 6 7 ) . Als Ingenieur-Hauptmann unternahm Niebuhr seine Expedition in den Orient im Auftrage des Königs von Dänemark. Niebuhr gilt als bedeutendster Arabienforscher seiner Zeit 1 9 . Er liefert detaillierte Beschreibungen von Unterägypten, von Oman, Persien und Yemen. In der Reisebeschreibung benutzte Niebuhr zahlreiche Arabismen, um islamische Angelegenheiten und Titelträger zu charakterisieren. Fast alle im Abendland bekannt gewordenen arabisch-islamischen Bezeichnungen theologischer, juristischer und ziviler Art kommen in der Reisebeschreibung vor.

Als solche seien z.B. folgende genannt: Emir; Imäm; Kadi; Korän; Mohammedaner

13 14

15

16 17 18

19

(statt der bis zu Niebuhrs Zeit oft verwendeten

Mahometaner,

Vgl. Langmantel/Schiltberger, S.164. Übrigens gebraucht Schiltberger das Wort soldan als Eigenname und spricht durchgehend von chönig soldan, vgl. z.B.: ,,[E]s ist auch ze mercken, wie vil chönig soldan sein gewesen die zeitt, und ich in der haidenschafft pin gewesen", Langmantel/Schiltberger, S. 64. Vgl. z.B. die Überschrift „Wie der Sultan Mahlzeit helt", Schweigger 147. D W B 1 X X und Pfeifer II, 1396" lassen die Frage offen, ob Sultan direkt aus dem Arabischen oder über das Französische ins Deutsche kam. Die Annahme einer frz. Vermittlung ist jedoch nicht nötig, da es genug Gelegenheit gab, das Wort direkt aus dem Arabischen zu übernehmen. Vgl. Wis (1955). Schweigger, Reyssbeschreibung 109; s. Artikel Kadi. Vgl. z.B die Überschriften „Curan der Tüercken Bibel" S. 178; „Inhalt des verfluchten Alcorans" S. 180. Vgl. Singer (1974), S. 222.

Über arabisch-deutsche Kontakte

Türken, Heiden10;

Mufti; Schdch; Scherif; Sultän; Surat.2X

Diakritika weisen

a u f direkte Ü b e r n a h m e n

309

Die verwendeten

aus d e m Arabischen

hin.

k e n n z e i c h n e n die L a n g v o k a l e bzw. A k z e n t t r ä g e r der A u s g a n g s w ö r t e r .

Sie Nie-

b u h r v e r w e n d e t Diakritika j e d o c h nur b e i m ersten A n f ü h r e n eines W o r t e s . I m Laufe des T e x t e s w e r d e n diese nicht m e h r benutzt. F ü r das Gebetshaus verwendet Moschee.

Bei

ihm

e n t l e h n t e Minarett, ter A r a b i s m u s

Niebuhr

kommt

ein

durchgehend älterer Beleg

d i e frz. F o r m

statt

Mosqui

für das später ü b e r das

n a c h d e r t ü r k i s c h e n F o r m als Minari

im Deutschen

islamische

wird auch der Ausdruck

Frz.

v o r 2 2 . Als direkSalep

(1812-26)


dt.

P c i

ETYM: Arab. > f ü faqlr m. 1) 'Bedürftiger, Armer'; 2) 'Bettelnder Derwisch, Sufi', zu faqura 'arm, bedürftig sein od. werden'. Wehr 975; Dozy S u p p l . II, 2 7 2 ' . [faqlr ist das arab. Pendant zum türk. derwisch 'arm, Bettler; Derwisch'. Beide Wörter werden im Rahmen der islamischen Mystik (Sufismus) als Bezeichnungen für diejenigen Sufis verwendet, die sich der Armut völlig ergeben, sie preisen und durch sie die Läuterung und Gottesnähe erhoffen. Der faqlr 'der Arme' ist arm in Bezug auf Allah und auf die Abhängigkeit von ihm. Hunger, leibliche Entbehrung sowie körperliche Schmerzen lassen die Fakire gleichgültig. Neben solchen harmlosen Fakir-Typen, die von der Milde der F r o m m e n leben, existiert jedoch eine andere Sorte von Wanderfakiren, die Wunder tun und zum Verruf des S u f i s m u s beigetragen haben. Die europäischen Reisenden „trafen zuerst Personen solcher Art, und so konnte einer der ursprünglichen Ehrennamen für den Wanderer auf dem mystischen Pfad, faqlr, »arm«, im Deutschen als Fakir zur Bezeichnung eines Betrügers und Taschenspielers werden" Schimmel 1992, 4 0 . Vgl. noch Schimmel, ebd., S. 1 7 8 - 1 8 3 ; Goldziher ( 1 9 6 3 ) , S. 152],

D T : Im 19. Jh. entlehnt, zunächst als 'Bezeichnung für mohammedanische Bettelmönche und hinduistische Asketen', um dann auf 3) 'Gaukler' übertragen zu werden, da die Fakire, vor allem die indischen, oft als wandernde Wundertäter auftreten (Kluge 89, 199 b ; Duden 7). WB: (1801) Fakir 'eine Art Bettelmönche in Indien' ( C A M P E 6); (1976) Fakir m. Ί . (in mohammedanischen Ländern) frommer, bettelnd umherziehender Asket, der seinen Körper durch besondere Konzentrationsübun-

Lexikographischer Teil

313

gen, durch Autosuggestion o. ä. unempfindlich gegen Schmerzen machen kann. 2. als Fakir auftretender Zauberer, Gaukler' (DUDEN Ii). A. SPR: Engl, fakir (1609); Frz. fakir (1653); ital. fachiro ( 1 7 2 1 ) ; span. faquir (1786-93). O E D V, 6 8 1 ' ; Arveiller (1974), 4 5 8 - 4 5 9 ; F E W 19, 42 b ff.; Core. II. 4 1 2 ' ; Corom. II, 8 5 3 ' .

Haschisch

N. m. u. n. »eine Art Rauschgift«

Arab. > dt.

Ρ c

Μ

ΕΤΎΜ: Vulg.-ar. haSTS 1) 'Hanf (Cannabis sativa)'; 2 ) 'Rauschgift aus Hanf, Haschisch', zu arab. haili n. koll. 'Kräuter, Gräser; Unkraut; Heu". 89,

295 b ;

Dozy Suppl. I, 288'ff.; Wehr 2 5 9 ' ; Kazimirski I, 4 3 0 b ; LA 6, 2 8 2 ; Kluge

Pfeifer I, 512 b .

[Die arab. wissenschaftliche Bezeichnung des Hanfs ist qunnab oder qinnab, ein Lehnwort aus gr. κάνναβις. Die Pflanze wurde bei den arabischen Ärzten wie einst bei Dioskurides für medizinische Zwecke verwendet. Erst im 13. Jh. hat der Pharmakologe Ibn al-Bai(ar die Rauschwirkung der Cannabis sativa (ode indica) beschrieben und dabei erwähnt, daß sie in Ägypten wachse und dort ebenfalls wie das aus den Blättern in Form von Pasten und Tabletten gewonnene Präparat hailia heißt und von Bettelderwischen konsumiert wird. Im 14. J h . berichtet der Geograph al-Maqrtzt Uber das Haschischrauchen und dessen große Verbreitung in Ägypten und im Vorderen Orient überhaupt. Die Kunde vom Haschisch als Rauschmittel kam nach dem Westen durch Orientreisende seit dem 16. J h . Vgl. Dietrich ( 1 9 8 8 ) , III 140; EI 1 II, 8 7 - 8 8 ; Arveiller (1978), 2 8 6 - 2 9 1 . Mit Haschisch ist etymologisch verwandt das Wort dt. Assasine < frz. assassin < ital. assassino 'Meuchelmörder', das auf arab. haääail (wörtlich) 'Haschischraucher' dann 'Ismelien, parce que les membres de cette secte avaient la coutume de s'enivrer de cette maniire' (Dozy Suppl. I, 2 8 9 b ) zurückgeht. Es handelt sich um die radikale ismailitische Sekte der Assassinen, die in Syrien und Persien verbreitet war und zur Zeit der Kreuzzüge wegen Mordtaten an Feinden sowohl von Christen als auch von Muslimen gefürchtet war. Vgl. F E W 19, 69 ff.; Lewis ( 1 9 9 1 ) , 128; M L W I, 1 0 4 9 ' .

D T : Nach Kluge 89, 2 9 5 b ist Haschisch im 20. Jh., nach Pfeifer I, 512 b seit 1860 nachweisbar. Das Wort ist jedoch bereits 1772 bei Niebuhr bezeugt: SO rauchen sie Haschisch (Beschreibung von Arabien/ Arveiller 1978, 2 9 3 ) . Haschisch wurde in den 60er Jahren des 20. Jh.s umgangssprachlich zu Hasch n. verkürzt (Pfeifer I, 512 b ff.; nach Küpper III, dt. Hasch nach angloamerikan. hash). Abi. haschen 'Haschisch rauchen' (Pfeifer ebd.; Küpper ebd.); Hascher 'Haschischraucher' (Duden 7). Zus.: Haschischraucher (Duden III). W B : (1976) Haschisch «aus dem Blütenharz einer indischen Hanfsorte gewonnenes Rauschgift» (DUDEN III). A.SPR: Frz. hachisch (1556, hasis); engl, hashish (1598, Assis); ital. hascisc (1863). Arveiller ( 1 9 7 8 ) , 2 8 6 ; F E W 19, 6 9 ' ; O E D VI, 1139'ff.; Cort. II, 5 3 4 ' .

Kadi

N. m. »Richter«

Arab. > dt.

Μ c

Ε Τ Υ Μ : Arab, ten'.

Wehr

1036 b ;

^.li

Ρ

qädT m. 1) 'Richter', zu qadä 'entscheiden, rich-

Kazimirski II, 7 6 3 a f f ; Kluge 89, 3 4 6 ' ; Pfeifer I, 607".

314

Direkte arabisch-deutsche Transferenzen

D T : Seit d e m 16. Jh. im Deutschen bezeugt, zunächst in der Schreibung Cadi dann Kadi. Es w u r d e (in juristischen u n d theologischen Ang e l e g e n h e i t e n ) durch Reisebeschreibungen und orientalische Erzählungen (besonders durch Tausendundeine Nacht) bekannt: ( 1 5 7 7 - 1 5 8 1 ) hohe Schu-

len [in Konstantinopel] | davon sie [die Türken] ihre Geistliche und Weltliche Empter ersetzen \ als nemlich Cadi | das seyn Stadtrichter oder Stadtv'ogt ( S c h w e i g g e r , Reyssbeschreibung 1 0 9 ) ; ( 1 7 6 2 ) Es regierten also in der kurzen Zeit, da ich in Egypten war, drey Statthalter. Der oberste Kddi zu Kähira wird auch gemeiniglich alle Jahre durch einen anderen aus Constantinopel abgelbst ( N i e b u h r , Reisebeschreibung 1, 1 3 3 ) ; ( 1 9 5 3 ) Die Geschichte von Harun Erraschid, der Sklavin und dem Kadi ( L i t t m a n n , 1001 Nacht III, 1 6 0 - 1 6 3 ) . In der deutschen Umgangssprache wird Kadi

in der Bed. 2 ) 'Gericht' (nach Küpper

4, seit dem 19. Jh.) verwendet: Zum Kadi laufen (Prozessieren); sie schleppten, brachten ihn vor dem Kadi (strengten einen Prozeß gegen ihn an); er wurde vor den Kadi zitiert ( D u d e n I I I ) . W B : ( 1 8 0 1 ) Cadi «ein Unterrichter oder Stadtrichter bei den T ü r k e n » (CAMPE 1 6 Γ ) ; ( 1 8 6 0 ) Kadi «Richter» (SANDERS I, 8 4 9 ' ) ; Ähnlich ( 1 9 0 7 ) Kadi ( W E I G A N D I, 9 6 0 ) ; ( 1 9 7 6 ) Kadi « 1 . Richter in den Ländern des Islams. 2 . (ugs.) richterliche Instanz, Gericht» (DUDEN III). A . S P R : Frz. cadi (14. J h . ) ; ital. cadi ( 1 4 0 5 ) ; engl, cadi 75b;

C o r t . I,

183 b ;

O E D II,

( 1 5 9 0 ) . FEW 19,

761b.

Scheich

N. m. »Ältestenwürde od. Autorität in arabischen Ländern«

A r a b . > dt.

Ρ c

Ρ

E T Y M : Arab, ^ . i iaib m., vulg.-ar. ilh, Sei), u.a. 1) 'älterer, w ü r d i g e r M a n n ' ; 2 ) ' O b e r h a u p t eines Stammes oder Dorfes'; 3 ) 'Titel des Herrschers des S c h e i c h t u m s ' ; 4 ) 'Titel von Professoren geistlicher H o c h s c h u l e n des Islam und andere geistliche W ü r d e n t r ä g e r ' ist eine A b l e i t u n g aus d e m Verbum iä|}a 'altern, alt werden; in ein würdiges Alter k o m m e n ' . Wehr 6 8 7 - 6 8 8 ; Dozy S u p p l . ; Kluge 89, 6 2 7 b ; Pfeifer II, 1188 a . [„Der arabische A u s d r u c k iaib, wörtlich »alter M a n n « , ist zum M u s t e r b e g r i f f geworden, der in allen arabischen Ländern die Vorstellung von W ü r d e u n d Autorität hervorruft u n d auch in der übrigen W e l t w e i t h i n bekannt ist" Lewis ( 1 9 9 1 ) , 3 5 ] .

D T : Seit d e m 17. J h . , zunächst d u r c h die Rezeption o r i e n t a l i s c h e r L i t e r a t u r u n d d u r c h Reisebeschreibungen, h e u t e vor allem durch die M e d i e n im Deutschen bekannt u n d relativ verbreitet; anfangs auch in ver-

schiedenen Schreibungen wie Schich, schegh,

Scheikh, Schaich und

Scheich

überliefert. Das W o r t reflektiert die verschiedenen arabischen B e d e u t u n g s -

nuancen: 'ältere, würdige Person': (1654) ein schich

oder heiliger

frommer

mann ( O l e a r i u s , Pers. Rosenth./ Schulz-Basler IV, 7 5 ) ; (1765) aber was sollte der gute Scheik (so heißt der Muselmann) dazu sagen? (Allg. dtsch. Bibliothek/ SchulzBasler IV, 7 5 ) . ( 1 8 2 6 ) Und siehe, es war von Serug unser Scheich, — den ich

Lexilcographischer Teil

315

nicht hatte erkannt sogleich, — weil in der dunkeln Nacht von seinem Haar — inzwischen Mondlicht geworden war (Rückert, Verwandlungen 2 l ) . 'Oberhaupt eines Stammes oder einer Gemeinde': (1762) Sie eilten alle herzu, und verboten mir ohne Erlaubniß des Schecks von diesem Berge nicht das geringste abzuschreiben (Niebuhr, Reisebeschreibung I, 2 3 6 ) ; ( 1 7 8 5 ) So wie bei den Römern der Senator vom Alter genannt wird, ohne eben deswegen ein alter Mann zu seyn, oder bei den Arabern Schaich (der Alte) ein blosser Name der Würde ist (Michaelis, Mos. Recht/ Schulz-Basler IV, 7 5 ) . Oberhaupt im Scheichtum': ( 1 9 5 7 ) Die ergiebigsten Ölquellen liegen in den britischen Protektoraten Kuweit und Gwadar. Die Scheichs sind vollkommen von der englischen Regierung und ihrem Schutz abhängig (Süddtsch. Ztg. 23. 7/ Schulz-Basler IV, 7 5 ) . 'Titel eines muslimischen Gelehrten oder Geistlichen': ( 1 8 1 5 ) Als Derwisch, Sofi, Scheich lehrte er (Hafis) in seinem Geburtsorte Schiras (Goethe, Divan 158); (1986) Als Gaddafi ohne erkennbaren Anlaß den Scheich Tahir Ahmed al-Sawi unter Hausarrest stellte, der als „Mufti" Libyens höchste Autorität in islamischen Rechts- und Glaubensfragen ist (Spiegel, Nr. 25, 1 6 0 ) . U m die Mitte des 20. J h . wird dt. Scheich in pejorativer Bedeutungsübertragung verwendet; zunächst in der Soldatensprache als 5) 'schlechter Soldat', wonach allgemein die Bed. 6) 'unangenehmer Mensch' (Schulz/Basier IV, 7 5 ) und heute scherzhaft 7 ) 'Freund, Mann einer Frau': Sie hat einen neuen Scheich, kommt mit ihrem Scheich zu der Party (Duden I I I ) entstanden sind. Abi.: Scheichtum (1957), Schulz/Basler IV, 75. W B : ( 1 8 6 5 ) Schach «(Scheich, Scheik) Unterbefehlshaber einer Horde» ( 1 9 7 6 ) Scheich « 1 . a) Oberhaupt eines arabischen Herrschaftsgebiets; b) Oberhaupt eines arabischen Dorfs, eines Familienverbandes o. ä.; c) arabischer Titel für Männer, die im gesellschaftlichen Leben eine bestimmte Stellung einnehmen. 2. Hindu, der zum islamischen Glauben übergetreten ist. 3. (salopp) Freund, Mann einer Frau» (DU( S A N D E R S II 2 , 9 0 0 ' ) ;

DEN V).

A . S P R : Frz. Cheik ( 1 6 3 1 ) , älter seic (1272/Joinville); Span. Jeque ( 1 5 8 0 ) ; ital. sceicco ( 1 5 4 2 ) ; engl, sheikh (1577). F E W 19, 170'; D D M 159"; Corom. III, 596; Cort. V,

Sultan

1149'.

N. m. »orientalischer Herrschertitel«

Arab. > dt.

Μ c

Ρ

E T Y M : Arab. ^lUI.,, sultan m. 1) 'Herrscher, Sultan' (11. J h . ) , stellt in dieser Bed. eine metonymische Übertragung zur ursprünglich koranischen abstrakt-allgemeinen Verwendung als 'Macht; Vollmacht; Autorität, die jemand über einen anderen ausübt' dar. Der Bedeutungsverschiebung zum Titel eines autonomen mächtigen Herrschers über ein Gebiet geht jedoch die bereits im Frühislam vorkommende Verwendung des Wortes im Sinne von 'Regierungsgewalt 1 voraus. Arab, sultan geht auf aram. äultana 'Herrschaft; Macht' zurück. Wehr 588'; EI1 IV; LAW 971.

316

Direkte arabisch-deutsche Transferenzen

[Zur historischen Verwendung von sultan als 'Herrschertitel': „Im 10. J a h r h u n d e r t war sul(3n, obgleich das W o r t i m m e r noch informell gebraucht wurde, zur gängigen B e z e i c h n u n g für unabhängige Herrscher und Potentaten geworden, um sie von jenen zu unterscheiden, die weiterhin der effektiven Kontrolle der Zentralgewalt unterworfen waren. [...]. Offiziell anerk a n n t wurde er (der T i t e l ) erst im 11. J a h r h u n d e r t , als ihn die türkische Dynastie, die unter dem N a m e n Großseldschuken bekannt ist, übernahm und zu ihrem höchsten T i t e l machte. [...]. Es dauerte nicht lange, bis eine Reihe von Herrschern, die, wie der b e r ü h m t e Zengi von Mossul und der n o c h berühmtere Saladin, nur über eine b e s t i m m t e R e g i o n herrschten, den T i t e l sultan ebenfalls trugen. [...] . In der Zeit, die a u f die Seldschuken folgte, wurde sultan zum allseits üblichen islamischen Herrschertitel. G e n a u e r gesagt, wurde er zum Standardtitel für jeden M o n a r c h e n , der Staatsoberhaupt war und darauf pochte, keinen weiteren H e r r n über ihn anerkennen zu müssen. In dieser B e d e u t u n g wurde der T i t e l im späten M i t t e l a l t e r von den M a m l u k e n s u l t a n e n in Ägypten, von den osmanischen Sultanen in der T ü r k e i und vielen anderen gebraucht" Lewis ( 1 9 9 1 ) , 9 1 - 9 4 . Bis zum Jahre 1 9 5 7 erhielt sich der Sultantitel bei den Herrschern von M a r o k k o , und gegenwärtig regiert noch ein Sultan in M a s q a t und O m a n . Dazu L A W 9 7 2 ] .

D T : In der F o r m Sultan

ist das W o r t gegen E n d e des 15. Jh.s in einer

Reisebeschreibung bezeugt. Die Belege mehren sich jedoch erst seit der ersten Hälfte des 16. Jh.s, nämlich durch das Bekanntwerden der T ü r k e n kriege. Voraus geht mhd. soldän,

frühnd.

das über ital.

soldan,

soldano

entlehnt und bis ins 18. Jh. hinein verwendet wurde. Das W o r t bezeichnet allgemein einen „orientalischen Herrscher" und wurde speziell für den „Herrscher im osmanischen bald hernach

eroberten

nenten

ire könig

Egypten

auff

unsere

inn

zeit anno

inn ir Zungen

1517

ein fürst

Pfeifer II, 1396'; DWB' XX.

Reich" verwendet.

(1538)

sie (die Anhänger Mahomets) sultan,

von dem

Egypten,

die darin

gewaltig

regiert

Türcken

vertriben,

dann

haben sultan

( S E B . F R A N C K Germaniae c h r o n . / D W B 1 X X ) .

und bisz heyst

Das W o r t

wurde im 18. J h . vorübergehend pejorisiert und a u f einen 2 ) 'gewalttätigen Herrscher, einen Tyrann' übertragen. N a c h D W B 1 X X k o m m t diese Bed. zuerst bei Bodmer auf: ist nicht jeder Mensch

ein Sultan,

wenn er kann

(Heinse/DWB1 XX). Z u anderen Verwendungen als Eigenname (bes. für H u n de), B l u m e n n a m e und N a m e für ein Kleidungsstück vgl. D W B 1 X X . Anfang des 2 0 . Jh.s wurde zu Sultan

die Bezeichnung

fürstliche Rosine', in Analogie zu Rosine, rosine ( 1 9 . Jh.). WB:

Kluge 8 9 , 7 1 4 b ; Pfeifer II, 1 3 9 6 ' ; D W B 1

( 1 8 1 0 ) Der Sultan

Sultanine

'eine edle,

neugebildet. Älter ist

Sultanin-

XX.

«ein Törkisches W o r t , welches H e r r bedeutet,

und welches hier als N a m e des Türkischen Kaisers angeführt wird, auch der Großsultan, wof&r das gute Deutsche W o r t Großherr schon gew&hnlich ist. [ . . . ] » [...].

2)

(CAMPE

IV, 748);

(1865)

Der türk. Kaiser [ . . . ] »

«türkische Kaiser. [ . . . ] »

Sultan

(SANDERS

m. «1) orientalischer

( W E I G A N D II, 1 0 0 9 ) ;

( 1 9 8 1 ) Sultan

lamischer Herrscher: b) Träger des Titels Sultan» A.SPR: span, sultan

Frz. sultan (1586).

Corom. V, 3 3 4 b .

( 1 5 1 9 ) ; engl, sultan

T r i s o r 15; F E W

(1910)

II 2 , 1 2 7 0 b ) ;

Herrscher

Sultan

m. der

m. «a) Titel is-

(DUDEN IV).

(1555);

ital. sultäno

19, 1 6 4 ' f f . ; O E D X V I I ,

(1542);

l 6 4 a ; Cort. V,

1296b;

III. Kapitel

1. Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen 1.0. Kurzeinführung Die heutigen Formen der arabischen Transferenzen im Deutschen sind das Resultat eines langen und komplexen Entwicklungsprozesses. Sie können nur in Zusammenhang mit der Uberlieferungsgeschichte der Wörter selbst erklärt werden. Ausschlaggebend ist dabei die Reproduktionsweise der einzelnen Laute und Schriftzeichen der arabischen Ausgangswörter in den direkten europäischen Entlehnungssprachen. Aufgrund der Systemverschiedenheit der Kontaktsprachen (semitisch/indogermanisch) wurden hier die Arabismen sehr stark verändert. Im Vergleich dazu erweist sich ihr Transformationsgrad in der intereuropäischen Tradierung als relativ gering. Dies ist auf die Verwandtschaft und auf die gemeinsame Schreibtradition der europäischen Sprachen zurückzuführen. Ziel der folgenden Darstellung ist die Klärung der ausdrucksseitigen Entwicklung von Arabismen einerseits in den Vermirtlersprachen und andererseits im Deutschen. Dabei sollen auf graphischer Ebene vermittels Tabellen die Buchstabenkorrespondenzen der betreffenden Transferenzen je nach Konsonanten, Vokalen und Diphthongen ermittelt werden; zunächst werden die arabischen Grapheme mit denen der direkten Entlehnungssprachen in Beziehung gesetzt. Es folgt die Darstellung der Graphemkorrespondenzen zwischen den Vermittlersprachen und dem Deutschen. In einem Kommentarteil sollen die dabei auftretenden Veränderungen der Wortgestalten von Arabismen, die in Formen von Hinzufügungen, Auslassungen, Ersetzungen und Verwandlungen von graphischen Einheiten erscheinen, durch Einbeziehung phonetischer und orthographischer Überlegungen erläutert werden. Die Ausdrücke Graphem und Buchstabe werden hier synonymisch verwendet, wobei das Verhältnis zur phonologischen Ebene berücksichtigt wird. Damit die Graphemkorrespondenzen von Arabismen verständlich werden können, müssen zunächst die arabischen Ausgangsphoneme und ihre graphematische Transliteration erläutert werden. Diese werden, nach Konsonanten und Vokalen getrennt, am Anfang der folgenden Abschnitte dargestellt. 1.1. Primäre Graphemkorrespondenzen 1.1.1. Die Konsonanten 1.1.1.1. Die arabischen Konsonantenphoneme/ Transliteration Die gegen Ende des 7. Jh.s von den Nabatäern übernommene und ausgebildete arabische Schrift ist rein konsonantisch und besteht aus einem

320

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

graphischen Inventar von 28 Graphemen. Diese repräsentieren ebenso viele konsonantische Phoneme der arabischen Sprache. Nach Konsonantenklassen geordnet, lassen sich die arabischen Phoneme wie folgt beschreiben und graphematisch transliterieren: Die Verschlußlaute > 1 /b/ bilabial stimmhaft dental stimmlos Ο /t/ J dental stimmhaft Idl Ja dental stimmlos (emphatisch) /t/ d postpalatal stimmlos /k/ /q/ velar stimmhaft 3 1 laryngal (glottal) stimmlos /'/ affrizierter Ve'rschlußlaut /g/ ε Die Englaute Iii tll /!/ It /d/ ^ W Isl /z/ j Isl LT* in Idl

Transliteration





labio-dental stimmlos interdental stimmlos interdental stimmhaft interdental stimmhaft (emphatisch) dental stimmlos dental stimmhaft dental stimmhaft (emphatisch) präpalatal stimmlos präpalatal stimmhaft (mit lateralem Ansatz, emphatisch) velar stimmlos velar stimmhaft pharyngal stimmlos pharyngal stimmhaft laryngal stimmlos







Nasale /m / /n/ aprov. papagai > afrz. papegai > dt. Papagei Arab, g u b b a > a i t a l . juppa ( i t a l . giubba) > dt. Joppe Arab, s a h l a b > dt. Salep 2 ) ist a u s g e f a l l e n in:

V 0

er,

Λ

-4





V V

Λ Σ" Λ Ν Μ ® Λ ^

Λ -Χ V Λ Υ Ν

Λ ER Λ

ν χ

σ ν "0

Λ

Ν Λ Μ Υ Ν S

®

S Λ

V

ο

Λ

Λ

Λ >00

V V U

00 Ν

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bß V

Λ- Λ M 4-Ί V V Ί 0



Λ V

V





V



ο





Dt.

Türk.

Λ

Ν

υ

V



Λ

3











Kat.



0

Λ







Λ



V

-T3 V

Λ





Λ

Λ 4-» V

Γ

-

X & -Ο V V





Span. V



Ital. -Ο Λ



Prov.

Frz. Λ



3 2 0

Η

^

Arab

322 D i e ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

Λ

Λ •οι V

Λ

Λ (Λ ν

Ο

ι—ι

V

• 1



V

Λ -C· V u



ο (Ν

f-H . V

ν: (Ν

j





"v



0



























S











Graphemkorrespondenzen

>ua>

Λ ÖD V

25



Λ A -C V oj

s

Q

27

Λ -C V s





0







s

Γ

C7\ s

0

Ό — ιΗ Q



ΙΛ\



V Λ V s

^

!





Λ -Ο V •U

Λ υν Si Λ — ι V

0

Λ S -G ^ u ΛV "S Λ V (j V

Λ Ν ν ο Λ V

1

ö ® VΛ ^ -y s ω V v





Λ υ V Λ^ ΛV Ν V





Primäre 323

Λ > V

Λ* U V

oo ital. arsenate > dt. Arsenal Es wurde durch Dissimilation des Typus d — η > r — η zu in: Arab, badingän > kat. albergin(ia) > frz. aubergine > dt. Aubergine wechselte zu und in: Arab. bagdädT > afrz. baldekin > mhd. baldekin-, ital. baldacchino > dt. Baldachin (vgl. hier S. 139) 4) wurde zu in: Arab, bitäna > span, badana > frz. basane > dt. Basane 5) wechselte zu in: Arab, barrakan > span, barragdn; frz. barragan > mhd. barragän 13) Anstatt taucht ein für auf in: Arab, simsär > ital. sensale > dt. Sensal 14) Anstatt taucht ein für auf in: Arab. qirmizT > ital. carmesin > dt. Karmesin. 1.1.1.2.2.

Kommentar

Der folgende Kommentar n i m m t Bezug auf die bezifferten Reihen der Tabelle bzw. auch auf die Beispiele im Beispielteil. Dabei wird versucht, die vom Original abweichenden Veränderungen der Arabismen zu erläutern. Die Abweichungsgründe können - wie zu zeigen sein wird - sowohl in den arabischen Mundarten als auch in den aufnehmenden Sprachen liegen. Die phonetische Transkribierung der europäischen Formen der Wörter folgt der API-Konvention. Sie hebt sich typographisch von der Umschrift der arabischen Buchstaben deutlich ab, z.B. Ibl und Ibl. 1) Das Klassisch Arabische kennt keinen stimmlosen bilabialen Verschlußlaut. Die Wiedergabe von arab. Ibl durch

/p/ in den oben genannten Beispielen kann entweder auf den Einfluß des Hispanoarabischen oder auf phonetische Erscheinungen der betreffenden europäischen Sprachen zurückgeführt werden. Im ersten Fall k o m m t in den Transkriptionen P. de Alcalas sporadisch ein

für der arabischen Wörter vor. Dies betrifft vor allem die Lehnwörter indogermanischer H e r k u n f t . So transkribierte Alcala arab. 1 ••.••) als izpinäg 2 Das arab. Wort geht auf

1

2

Corriente (1977), S. 68, zufolge wurde arab. /st/ in iberoromanischen Arabismen oft mit und reproduziert, z.B. zaguan < istiwin 'Korridor'; alfoncigo < al-fustuq 'Pistazie'; almdciga < al-mästaka 'Mastixgummi'. Dies soll die im Hispanoarabischen übliche Berührungsassimilation reflektieren, vgl.: lat. pastinaca > arab. biinaqa. Berührungsassimilation ist auch ein H a u p t m e r k m a l der nordafrikanischen Dialekte. Vgl. Steiger (1932), S. 104ff. Corriente (1978), S. 214, stellt sogar eine funktionelle O p p o s i t i o n von /b/ / p / im Hispanoarabischen fest: „[..]. en una obra recientemente publicada, encontramos ciertos datos que sugieren la presencia en el ärabe h i s p i n i c o de un fonema /p/ (oclusiva bilabial sorda, al parecer velarizada, al menos funcionalmente),

Primäre G r a p h e m k o r r e s p o n d e n z e n

325

pers. ispanäl·) zurück. 3 Im zweiten Fall kann der Wechsel von arab. zu mlat.

in spinachium und sirupus durch den E i n f l u ß des vorangegangenen stimmlosen s-Lautes bedingt sein 4 . Bei spinachium k o m m t außerd e m auch eine A n l e h n u n g an lat. spina 'Dorn' in Frage 5 . In bezug auf aital. juppa, das in Sizilien entstanden ist, behauptet Steiger, daß im Sizilianischen arabisches finales in Lehnwörtern oft mit

wiedergegeben wurde 6 . 5) Das arab. /k/ entspricht dem stimmlosen p o s t p a r t a l e n / k / der europäischen Sprachen 7 und wurde bei der Ü b e r n a h m e von arabischen Wörtern mit den unterschiedlichen Graphemen reproduziert, die in der Orthographie für das / k / verwendet werden. Einige spanische Arabismen weisen jedoch ein anstelle der üblichen graphischen Repräsentanten des auf, wie das Beispiel von barragän zeigt. D i e s kann entweder durch den Zusammenfall v o n Ikl und Iql im Hispanoarabischen bedingt sein, wobei /k/ und Iql gleich behandelt 8 werden oder, Steiger zufolge, auf die „posterior sonorizacion romänica de las sordas intervocälicas" zurückgeführt werden. 9 6) Der arabische postvelar-postdorsale stimmlose Verschlußlaut (emphatisch) Iql hat keine Entsprechung in den europäischen Sprachen und im Türkischen. In Arabismen wurde er überwiegend durch / k / substitu-

q u e a p a r e c e e n m u l t i t u d d e p r e s t a m o s r o m a n c e s y en a l g u n a s p a l a b r a s g e n u i n a m e n t e a r a b e s q u e c o n t e n i a n o r i g i n a r i a m e n t e Ibbl g e m i n a d a " . „[...] la e x i s t e n c i a del f o n e m a / p / q u e d a d e f i n i d a p o r la p r e s e n c i a d e pares m i n o s c o m o bdrga ' c h o s a ' (Ale. P. 142) Φ pdrga ' a l p a r g a t a ' (Ale. p. 9 9 ) , ο cfuibdb 'capillas' * quipjp ' c a p a s ' ( a m b o s en Ale. p. 1 3 9 ) " . 1

D a s pers. Ipl. durch

orthographisch

b> o d e r

r e p r o d u z i e r t . D a z u S i d d i q i ( 1 9 1 9 ) , S. 2 3 . A m h ä u f i g s t e n a b e r

w i r d / p / v o n E n t l e h n u n g e n d u r c h < , j f> r e p r ä s e n t i e r t , (dazu Fischer ( 1 9 7 2 ) , S. 18, z.B.: Sanskr. karpora, p r a k r . kappüra > arab. käfOr > mlat. camphora > dt. Kampfer. A u c h liegt die V a r i a n t e 'isfinab neben 'isbinäb S p i n a t ' vor, vgl. L o k o t s c h 126.

'

4

Vgl. N a c e r ( 1 9 6 6 ) , S. 6 7 .

s

Vgl. D W B '

XVI.

6

Vgl. S t e i g e r ( 1 9 3 2 ) , S. 109. D a s der sizilianischen A r a b i s m e n w u r d e sehr o f t m i t g e m i n i e r t e m < b b > o d e r m i t r e p r o d u z i e r t . Ü b r i g e n s k o m m t a u c h e i n e f r i k a t i v e R e a l i s i e r u n g von a r a b . / b / im H i s p a n o a r a b i s c h e n u n d in d e n i b e r o r o m a n i s c h e n A r a b i s m e n relativ o f t v o r . D a z u C o r r i e n t e ( 1 9 7 7 ) , S. 31 ff- D a s h ä u f i g e V o r k o m m e n v o n

u n d f ü r a r a b . / b / l ä ß t s c h l i e ß l i c h C o r r i e n t e , e b d . , S. 3 1 , f o l g e n d e s v e r m u t e n : „ T h e p h o n e m e / b / , at t h e t i m e o f the p e n e t r a t i o n of A r a b i c i n t o S p a i n , m i g h t have h a d t w o a l l o p h o n e s , o n e of t h e m s u f f i c i e n t l y tense to be closer to R o m a n c e Ipl t h a n t o t h e bilabial f r i c a t i v e a l l o p h o n e [β], w h i c h is c h a r a c t e r i s t i c o f P e n i n s u l a r R o m a n c e in i m p l o sive p o s i t i o n s " .

7

Vgl. S c h a a d e ( 1 9 1 1 ) , S. 19; C a n t i n e a u ( 1 8 8 9 ) , S. 4 9 ; Sievers ( 1 9 7 6 ) , S. 137.

*

Vgl. C o r r i e n t e ( 1 9 7 7 ) , S. 54; D o z y G l . , S. 15; Steiger ( 1 9 3 2 ) , A n m . 4, S. 5 4 f f . , 2 0 3 ; Baist ( 1 8 8 9 ) , S. 50. Steiger ( 1 9 3 2 ) , S. 2 0 3 . D i e S o n o r i s i e r u n g von lat. Ikl k o m m t vor allem bei d e n M o z a r a b e r n vor. D a z u C o r r i e n t e ( 1 9 7 8 ) , S. 2 1 4 u. 2 1 6 .

( 1 9 6 0 ) , S. 6 4 ; v. Essen ( 1 9 7 9 ) , S. 104;

Baist

326

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

iert u n d mit den graphischen Vertretern dieses Lautes dargestellt. Das Erscheinen eines in einigen Arabismen des Italienischen u n d Spanischen b e r u h t wahrscheinlich auf der im Arabischen oft auftretenden s t i m m h a f t e n Realisierung dieses Lautes als [g] 10 . Diese Aussprache ist z.B. in einigen Städten des M a g h r e b sehr verbreitet u n d alterniert mit der klassischen stimmlosen Realisierung als [ q ] n . Auch im Hispanoarabischen wurde / q / stimmlos u n d s t i m m h a f t [g] ausgesprochen. 1 2 7) entwickelt. 1 6 In der klassischen Orthographie wurde das Hilfszeichen , < j w>, < ^ y>, als Träger dieses Zeichens fungieren, wird aber in bestimmten Fällen isoliert verwendet, z.B. r i ; k l m i y ä ' > mlat. alchimia > dt. Alchimie}7 In Arabismen der romanischen Sprachen u n d des Mittellateins bleibt im wesentlichen wie folgt geschrieben: Initial, medial u n d final: /'a/ IV. Der Artikel < J I > mlat. aludel > dt. Aludel·, arab. IV,:,«^ marqaSTla > mlat. marchasita, marcasita > dt. Markasit, arab. »jliaJI al-hidada > mlat. alhidada > dt. Alhidade-, arab. o^j-· muaddin > türk. muezin > frz. muezzin > dt. Muezzin·, arab. najlir > mlat. nadir > dt. Nadir. In mlat. wissenschaftlichen Texten wurde versucht, die arab. Spiranten getreuer wiederzugeben, so mit wie z.B. die Variante aluthel neben aludel und alutel26; arab. J> larb > mlat. zirbus > ital. zirbo27·, mit wie arab. hadä mlat. hadhadh-, mit z.B. wie arab. 'ijjäm > mlat. haidham2*. Im Spanischen wurde mit , und reproduziert. und stellen den spanischen interdentalen Reibelaut dar 29 . Span, guitarra geht wahrscheinlich nicht auf arab. qitära, sondern auf die Variante qitär oder kitära zurück. 30

2

Die interdentalen Spiranten werden in den B e d u i n e n - D i a l e k t e n beibehalten. Ihr Verlust ist dagegen ein M e r k m a l der M u n d a r t e n der s e ß h a f t e n S t ä m m e . Dazu Blau (1982), S. 101; C a n t i n e a u (1960), S. 44.

25

Vgl. C a n t i n e a u (1960), S. 4 4 - 4 5 ; dazu auch C o l i n , G. S., Lcs trois interdentales de l'arabe hispanique. In: H e s p i r i s X, 1930, S. 9 0 - 1 2 0 , zit. bei C a n t i n e a u , ebd.; Steiger (1932), S.121 u n d vor allem C o r r i e n t e (1977), S . 4 3 - 4 8 . Die Formen aluthel, alutel k o m m e n bei Albertus M a g n u s in De mineralibus vor, vgl. M L W I, 524ff. Mlat. zirbus k o m m t bei C o n s t a n t i n u s Africanus vor: „inter s t o m a c h u m et z i r b u m " , vgl. Pelligrini ( 1 9 7 2 ) , S. 84. Das von zirbo reflektiert einen i b e r o r o m a n i s c h e n E i n f l u ß . Ansonsten wird arab. in den direkten E n t l e h n u n g e n des Italienischen mit dargestellt. Dies geht aus den bei Pellegrini (1972) a n g e f ü h r t e n Arabismen mit ursprünglic h e m hervor. Die A u s n a h m e n bilden indirekte Arabismen aus d e m Spanischen, z.B.: ait. sambra 'misura di liquidi' < aspan. afumbre, span, azumbre < arab. lumn. Ebd., Bd. II, S. 4 7 8 . Für a n d e r e Beispiele der Wiedergabe von arab. in mlat. T e x t e n vgl. Latham ( 1 9 7 2 ) , S. 38; Ruska ( T u r b a ) , S. 28.

26

27

28 29 30

Vgl. Latham ( 1 9 7 2 ) , S. 36. Vgl. Steiger (1932), S. 45, A n m . 3, 122. Arab, qitära geht auf gr. Κ ι θ ά ρ α ' Z i t h e r ' zurück. Das gr. θ in arabischen L e h n w ö r t e r n w u r d e oft mit t wiedergegeben, z.B.: Pythagoras = arab. j - j j i · FltagQras, aber m a n c h mal k o m m t t für θ vor, z.B.: T h e o p h i l o s = J i i j l Tawftl. Dazu Ruska ( T u r b a ) , S. 20.

Primäre Graphemkorrespondenzen

329

13) In den Arabismen des Mittellateins wurde /s/ 3 1 duch das entsprechende reproduziert. Im Iberoromanischen, Italienischen sowie im Sizilianischen ist es jedoch überwiegend mit , oder dargestellt worden. Die Wiedergabe mit war hier die Ausnahme. Auch P. de Alcala transkribierte das arab. mit und . Diese Ersetzungen werden auf die unterschiedlichen phonetischen Eigenschaften des arabischen und des romanischen dentalen Spiranten zurückgeführt, wobei das arab. als dunkler erachtet wird, vgl. Pellegrini: „II sin arabo e un fonema che non corrisponde in tutto ad s delle lingue europee; ma si prestava a rendere s romanzo, in generale articulazione piu «blanda»" (1972, 467); Steiger: „El ^ arabe predorsodental no hallö correspondencia en la s (prealveolar y apical) castellana" (1935, 136ff, Anm. 2ff.). In bezug auf die Realisation der iberoromanischen und italienischen Repräsentanten des arab. behautet Pellegrini hinsichtlich des ital. , d a ß es bereits im Mittelalter die Affrikata [ts] oder [ds] darstellte 3 2 . Im Altspanischen repräsentierte nach Steiger das ursprünglich eine stimmlose prädorsal-dentale Affrikate und einen stimmhaften dentalen Reibelaut. Im Anfang des 16. Jh.s, der Abfassungszeit von P. de Alcalas Vocabulista, verschwand die Stimmhaftigkeit, die den Hauptunterschied zwischen und ausmachte. Im 18. Jh. glichen sich die Artikulationsarten der beiden betroffenen Laute an 3 3 . Das iberorom. und das ital. schienen phonetisch dem arab. (prädorsodental) näher gewesen zu sein als das weiche ital. oder das präalveolar-apikale des Iberoromanischen; vgl. als Beispiele: Arab, sukkar > ital. zucchero > dt. Zucker, arab. yasamTn > span, jazmtn > dt. Jasmin. Diese Wiedergaben des arab. mit u n d beeinflußten auch einige Arabismen in mlat. Texten, vgl. z.B. arab. sumOt > mlat. azimuth·, arab. salq > mlat. acelga. Im Französischen dagegen weist Isl dieselben phonetischen Merkmale wie arab. auf. O r t h o graphisch wurde das der Lehnwörter mit den Repräsentanten des frz. Isl als , oder wiedergegeben, vgl. arab. burnus > frz. burnous > dt. Burnus,34 Das /z/, ein stimmhafter präpalataler Reibelaut, wurde in den hier in Frage kommenden direkten Entlehungssprachen aus dem Arabischen oft mit repräsentiert. Daneben tauchen auch und als Entsprechungen auf, wobei im Spanischen fast kein , im Französischen kaum ein für verwendet wurden. Die Wiedergabe des mit und in arab. zanätT > span, jinete, ginete > ital. ginetta zeigt

31

32

" 3A

Z u den p h o n e t i s c h e n Eigenschaften der arab. dentalen Spiranten Is/ /$/ / ζ / vgl. C a n t i neau ( 1 9 6 0 ) , S. 47; Pellegrini (1972), S. 4 6 7 - 4 6 9 . Vgl. Pellegrini (1972), Bd. II. Vgl. Steiger ( 1 9 3 2 ) , S. 136ff, A n m . 2. Vgl. G r a m m o n t ( 1 9 5 4 ) , S. 73ff.; Nacer (1966), S. 112; M a l m b e r g ( 1 9 7 1 ) , S. 3 4 9 f f . , hier wird z.B. zwischen d e m span, s als „apical" u n d d e m frz. s als „ p r i d o r s a l " u n t e r schieden.

330

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

die bereits im Vulgärarabischen auftretende Palatalisierung / z / > / g l . Vgl. auch arab. z a r ä f a , vulg.-ar. garäfa > ital. giraffa > frz. giraffe > dt. Giraf15) < s > Isl und Is/ unterscheiden sich lediglich durch das pertinente M e r k m a l der E m p h a s e . D i e emphatischen L a u t e zeichnen sich allg e m e i n durch die „kräftige A n s p a n n u n g der artikulierenden T h e i l e " a u s 3 6 . D i e hier in Frage k o m m e n d e n romanischen Vermittlersprachen u n d das D e u t s c h e kennen kein Merkmal der E m p h a s e , z u m i n d e s t nicht als sprachlich relevantes U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l wie im Arabischen. < s > und < s > der Lehnwörter wurden daher in den meisten Fällen gleich behandelt 3 7 . D a s Italienische scheint hier viel häufiger ein < s > für arab. < s > zu verwenden als dies z.B. im Spanischen der Fall ist, vgl. arab. där assinä' > ital. arsenate > dt. Arsenal gegenüber span, atarazana·, arab. tarsi' > ital. tarsia > dt. Intarsie gegenüber span, taracea; arab. qasr > siz. cassaro geg e n ü b e r span, alcazar > dt. Alkazar. Aber im Sizilianischen ist die Wied e r g a b e von < s > durch auch keine seltene Erscheinung. Ein < s > für k o m m t öfter in den Arabismen der Seerepubliken v o r . 3 8 16) Im G e g e n s a t z zum Mittellatein, in d e m arab. < S > > mit < s > 3 9 wiedergegeben wurde, da im lat. Sprachsystem der Zischlaut bzw. eine geeignete G r a p h i e d a f ü r fehlen, wurde < i > in den übrigen hier in Frage k o m m e n d e n Entlehnungssprachen mit den G r a p h e m e n repräsentiert, die jeweils für den s t i m m l o s e n Zischlaut / J 7 zu V e r f ü g u n g stehen. Es gibt unterschiedliche Artikulationsweisen von / / / , die die Stelle der E n g b i l d u n g (mediopalatal oder apikal-alveolar), die L i p p e n r u n d u n g (im G e g e n s a t z zum Französischen z.B. fehlt im D e u t s c h e n und im Arabischen die L i p p e n verschiebung bei der Erzeugung von / / / ) , die Stellung der Z u n g e n s p i t z e (im Arabischen ist die Zungenspitze gesenkt, im Deutschen u n d Französischen dagegen wird sie zu den Alveolen angehoben) betreffen. 4 0 D i e / / / 35

Vgl. C o r o m . III, 517 b ff.; Corriente (1977), S. 4 9 - 5 0 ; Steiger ( 1 9 3 2 ) , S. 78-80, 144ff.; Lüdtke ( 1 9 6 1 ) , S. 118-119 geht in bezug auf span, jenet von einer direkten Übernahme aus berb. ί β η β θ aus.

36

Sievers ( 1 9 7 6 ) , S. 6 4 ; dazu Fischer ( 1 9 7 2 ) , S. 19: „ D i e emphatischen Konsonanten haben gegenüber ihren nicht-emphatischen Entsprechungen ein zusätzliches Artikulationsmerkmal: die Velarisierung".

37

Übrigens wurden im Hispanoarabischen und oft miteinander verwechselt. Es liegen Doubletten mit dieser Verwechselung vor. Außerdem kam oft ein für vor. Ebenfalls alternierte mit und auch mit < i > . Dazu Corriente ( 1 9 7 7 ) , S. 484 9 , 50.

38

Vgl. dazu Pellegrini (1972), S. 129ff. Z u den phonetischen Eigenschaften von arab. /J7 (mediopalatale Engbildung) vgl. Cantineau ( 1 9 6 0 ) , S. 62ff.; Schaade ( 1 9 1 1 ) , S. 19. Im Hispanoarabischen, wie auch im Maghrebinischen, geht Hl zu /s/ über. Nach Corriente ( 1 9 7 7 ) , S. 50, ist dieser Übergang eine Charakteristik des hispanoarab. Substandards.

35

40

Vgl. V. Essen ( 1 9 7 9 ) , S. 107; G r a m m o n t (1954), S. 6 9 - 7 0 ; Nacer ( 1 9 6 6 ) , S. „La chuintante arabe ressemble plus ä celle de l'allemand, oü la projection des Ifcvres fait d^faut, oü le «son est par suite plus sifflant et plus maigre»".

331

Primäre Graphemkorrespondenzen

V a r i a n t e n h a b e n jedoch das akustische M e r k m a l des Zischens g e m e i n s a m 4 1 . B e l i e b i g e V e r s c h i e b u n g e n d e r A r t i k u l a t i o n s o r g a n e bei der H e r v o r b r i n g u n g von /J7 k ö n n e n i n n e r h a l b ein u n d derselben S p r a c h e v e r s c h i e d e n e K l a n g farben ergeben, die o r t h o g r a p h i s c h u n t e r s c h i e d e n w e r d e n , w i e z.B. s p a n . u n d 42 . Die A b k ü r z u n g „S" des arab. m a t h e m a t i s c h e n Begriffs Sai' w u r d e i m span, d u r c h reproduziert u n d verbreitete sich so in d i e a n d e r e n e u r o p ä i s c h e n S p r a c h e n als Z e i c h e n der m a t h e m a t i s c h e n U n b e kannten. 17) Der d e m Arabischen e i g e n t ü m l i c h e Laut /d/ besitzt e i n e n lateralen A n s a t z 4 3 , der in den spanischen A r a b i s m e n überliefert w u r d e , w i e arab. al-qadi > span, alcalde > dt. Alkalde44. Dies ist ein H i n w e i s d a r a u f , d a ß das i m H i s p a n o a r a b i s c h e n noch nach der alten a r a b i s c h e n Bes c h r e i b u n g ausgesprochen w u r d e 4 5 . Ansonsten w i r d es s o w o h l in der klassischen S p r a c h e als auch in den M u n d a r t e n d u r c h v e r s c h i e d e n e d - L a u t e ersetzt 4 6 . Im R o m a n i s c h e n u n d i m D e u t s c h e n w i r d m i t w i e d e r gegeben,

vgl.

arab.

qädT > d t .

Kadi·,

arab.

ramadän > d t .

Ramadan.

Im

T ü r k i s c h e n k o m m t ein anstatt v o r 4 7 . 18) Im U n t e r s c h i e d zu den romanischen E n t l e h n u n g s s p r a c h e n weist das D e u t s c h e einen s t i m m l o s e n p a l a t a l e n R e i b e l a u t /x/ auf, der m i t arab. /(]/ akustisch ü b e r e i n s t i m m t . Im Gegensatz z u m A r a b i s c h e n aber w i r d der d e u t s c h e a c h - L a u t nur s t e l l u n g s b e d i n g t realisiert. A u ß e r d e m hat das A r a bische eine s t i m m h a f t e velare B i l d u n g Ig/, d i e einen e i g e n e n P h o n e m w e r t besitzt u n d in O p p o s i t i o n z u m e n t s p r e c h e n d e n s t i m m l o s e n /\jl tritt. D e r d e u t s c h e a c h - L a u t stellt dagegen eine k o m b i n a t o r i s c h e V a r i a n t e des palatal -dorsalen S p i r a n t e n /ς/, des i c h - L a u t e s dar, der s t i m m l o s ist u n d in O p position z u m s t i m m h a f t e n 1)1, d e m j - L a u t steht. W ä h r e n d der i c h - L a u t i m

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Das Zischen wird nach Sievers ( 1 9 7 6 ) , S. 131, durch „die B i l d u n g eines grösseren (als bei s) kesseiförmigen R a u m e s im V o r d e r m u n d e , in welchen der E x p i r a t i o n s s t r o m h i n e i n getrieben w i r d " , erzeugt. Vgl. Steiger ( 1 9 3 2 ) , S. 195. Die Lateralität von Idl wird durch die Existenz von D u b l e t t e n m i t Idl — IM im Klassisch Arabischen bestätigt. Vgl. insbesondere C o r r i e n t e ( 1 9 7 8 ) , S. 5 2 - 5 5 ; zur klassischen Aussprache von Idl, vgl. C a n t i n e a u ( 1 9 6 0 ) , S. 55; S c h a a d e ( 1 9 1 1 ) , S . l l , 19. Vgl. Steiger ( 1 9 3 5 ) , S. I 6 0 f f . Andere Beispiele mit -Id- i m S p a n i s c h e n s i n d : H i s p a noarab. al-baySd > span, albayalde G r a u w e i ß ' ; arab. rabSd > span, ravalde ' V o r o r t einer Stadt', dazu C o r r i e n t e ( 1 9 7 7 ) , S. 4 6 ; C a n t i n e a u ( 1 9 6 0 ) , S. 56; Steiger ebd., S. 162. Die H e r v o r b r i n g u n g von Idl wird wie folgt beschrieben: „Die Z u n g e n s p i t z e u n d der Z u n g e n r a n d nähern sich den oberen S c h n e i d e z ä h n e n , wobei d i e P h o n a t i o n s l u f t sowohl durch die Spitze als auch durch Seite der Z u n g e h i n d u r c h s t r ö m t " , C a n t i n e a u ( 1 9 6 0 ) , 55. Altarab. Idl ist wie in den neuarabischen Dialekten allgemein bereits im M i t t e l a r a b i s c h e n verschwunden u n d mit ^ (= z), das entweder als interdentaler S p i r a n s oder als O k k l u s i v ausgesprochen w i r d , z u s a m m e n g e f a l l e n . Dazu Blau ( 1 9 8 2 ) , S. 101 ff.; J a s t r o w ( 1 9 8 2 ) , S . 1 2 9 ; C a n t i n e a u ( 1 9 6 0 ) , S. 55ff. Vgl. arab. ramadän > türk. ramazan. Dazu Stachowski ( 1 9 8 1 ) , Bd. III, S. 3 4 .

332

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

In- u n d Auslaut der Wörter, nach den hellen Vokalen , u n d den K o m b i n a t i o n e n , v o r k o m m t , wird der ach-Laut nach , , , realisiert. Die nur stellungsbedingte H e r v o r b r i n g u n g von [x] f ü h r t e dazu, daß finales in arab. äaif] > dt. Scheich (17. Jh.) nicht postpalatal, sondern palatal ausgesprochen wird. 4 8 Im Hispanoarabischen des 16. Jh.s hat P. de Alcala das Sonderzeichen für die Wiedergabe des entwickelt. Dies war notwendig, da vor dem 17. Jh. das Spanische noch keinen stimmlosen velaren Reibelaut besaß, dessen Zeichen P. Alcala für seine Transkription hätte nehmen k ö n n e n . Folglich reagierte das Spanische auf den fremden /j]/-Laut wie die anderen romanischen Sprachen durch die Wiedergabe mit den nächstliegenden p o s t p a r t a l e n Verschlußlauten /k/ oder /g/ 4 9 - In arab. balbai > mlat. balascius > mhd. balas ist ausgefallen. 19) Der stimmhafte velare Reibelaut /g/ wird oft mit dem uvularen / R / , dem „r grasseye" des Französischen gleichgesetzt 5 0 . Es handelt sich jedoch u m unterschiedliche Laute, die durch den akustischen Eindruck des Rauschens verwechselt werden k ö n n e n 5 1 . W ä h r e n d das Schnarren des uvularen /R/ durch Schwingung des Zäpfchens erzeugt wird, entsteht das / ^ / - G e r ä u s c h weiter hinten durch die Reibung der Luft zwischen dem Gaumensegel und dem Z u n g e n r ü c k e n 5 2 . Im Romanischen u n d Mittellatein wurde sehr häufig mit reproduziert. Eine Wiedergabe durch k o m m t lediglich in den neueren französischen Arabismen vor, vgl. arab. gäziya > frz. razzia > dt. Razzia. Die älteren arab.-frz. E n t l e h n u n gen weisen dagegen ein für auf. Dies kann mit dem bis zum 17. Jh. fehlenden uvularen IRI im Französischen erklärt werden. Vor diesem Z e i t p u n k t verfügte das Französische wie auch die anderen romanischen Sprachen und das Mittellatein lediglich über das apikal-alveolare /r/ 5 3 . D a ß in den genannten Sprachen für verwendet wurde, spricht für die gutturale Eigenschaft des /g/. Auch P. de Alcala transkribierte durch 5 4 . Z u m romanischen Wechsel von zu in Bagdad > Baldac s.

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Vgl. V. Essen (1979), 109; Sievers (1976), S. 134; Cantineau (1960), S. 71. Vgl. Steiger (1935), S. 218ff. Das Vorkommen eines roman. für arab. , wie in arab. isbinab (hispanoar. ispinäg) > mlat. spinachium > dt. Spinat., arab. mabzan (ostalger. magzan) > ital. magazzino > dt. Magazin, beruht wahrscheinlich auf der bereits im Arabischen stattgefundenen Sonorisierung b > g· Dazu Corriente (1977), S. 55; Cantineau (1960), 71; Steiger (1948), 45-46. Z.B. Lanly (1962), S. 47: „le g est notre r grasseye"; Bellemar nach Baist (1889), S. 42: g „correspond ä notre r grasseye". Das £ wird als stimmhafter Korrespondent zu b betrachtet, vgl. dazu Cantineau (1960), S. 71. Nach Fischer (1915), S. 6, ist das g „weder ein r grasseye noch sonst irgendein uvulares oder auch anderes r, sondern eben ein Reibelaut". Vgl. v. Essen (1979), S. 111; Sievers (1976), S. 120; Steiger (1932), S. 57, Anm. 4. Vgl. Brunot/Bruneau (1933), S. 16, 69. Vgl. Steiger (1932), S. 237-243.

Primäre Graphemkorrespondenzen

333

hier S. 139. Eine Substitution durch liegt in ital. caraffa vor, das wahrscheinlich auf eine Kreuzung von arab. garräfa und pers.-arab. qaräba zurückgeht (vgl. Artikel Karaffe). 20) Der stimmlose pharyngale Reibelaut /hl und sein stimmhaftes Korrelat /'/ zeichnen die semitischen Sprachen aus 5 5 . Sie haben keine Entsprechungen in den europäischen Sprachen und im Türkischen. Das wurde in den hier in Frage kommenden Kontaktsprachen auf drei verschiedene Weisen behandelt: 1) Es wurde sehr oft mit reproduziert 5 6 , vgl.: arab. haram > türk. harem > dt. Harem·, arab. al-kuhl > mlat. alcohol > dt. Alkohol. 2) Es ist häufig mit , , dargestellt, vgl.: arab. al-hinnä' > mlat. alcanna, alchanna > dt. Alkanna·, arab. harräqa > ital. caracca > dt. Karacke. 3) Es wurde getilgt in z.B.: arab. ha££äSTn > ital. assassino > frz. assassin > dt. Assassin·, arab. tarh > ital. tara > dt. Tara·, arab. matrah > mlat. mataratium, mata.racium > ital. materasso > dt. Matratze. Die Endung -tium, -cium wurde dem W o r t hinzugefügt (vgl. Artikel Matratze). 21) als Kehlpreßlaut bezeichnet. Durch die Pressung entsteht jedoch kein vollkommener Verschluß. Der sich mit starkem Druck hindurchzwängende Luftstrom kann daher nicht explosiv werden — wie dies bei richtigen Verschlußlauten der Fall ist. Statt Sprengung findet an den gepreßten Stellen des Schlundes eine tönende Reibung statt, die den Effekt des „Donners" hervorruft 5 7 . Die hier in Frage kommenden Kontaktsprachen des Arabischen weisen keinen ähnlichen Laut auf. In den meisten Fällen wurde < > elidiert. Die Ersetzung durch ist seltener und wird auf eine gelehrte Schreibung zurückgeführt, vgl. arab. i j l i c idäda > mlat. alhidada > dt. Alhidada.58

„' und h w e r d e n d u r c h V e r e n g u n g der Stimmritze mit gleichzeitiger H e b u n g des Kehlkopfs gegen die Pharynx erzeugt. ' ist s t i m m h a f t e r , h stimmloser S p i r a n t " (Fischer ( 1 9 7 2 , S. 18); zur H e r v o r b r i n g u n g von h vgl. auch v. Essen ( 1 9 7 9 ) , S. 1 0 9 - 1 1 0 . Die hier d e m h-Laut zugeschriebene E m p h a s e wird von C a n t i n e a u (1960), S. 74, u n t e r B e r u f u n g auf STbawaih, bestritten; vgl. auch Schaade (1911), S. 19. 56

Im I b e r o r o m a n i s c h e n u n d m a n c h m a l auch im Sizilianischen w u r d e h o f t mit f r e p r o d u ziert, vgl. dazu Steiger ( 1 9 3 2 ) , 2 4 8 - 2 4 9 ; Pellegrini (1972), Bd. I, S. 2 3 3 ; Baist ( 1 8 8 9 ) , S. 17-18. Vielleicht b e r u h t dies auf d e m Ü b e r g a n g von Ihl zu Ihl, wobei sich i b e r o r o m . /h/ zu Iii entwickelte. Z u / h / > Ihl im H i s p a n o a r a b i s c h e n vgl. C o r r i e n t e ( 1 9 7 7 ) , S. 57.

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Vgl. dazu v. Essen ( 1 9 7 9 ) , S. 110; Sievers ( 1 9 7 6 ) , S. 73; Steiger (1932), S. 73, 2 7 4 f f . ; Schaade (1911), S. Das V o r k o m m e n eines f ü r dt. Hasard z.B. wird nach der Regel dieses „h aspire" reproduziert. In der mittelalterlichen Schultradition wurde die Aspiration bei h wiedereingeführt und verursachte nach Tagliavini die „unschöne(n) mittelalterliche(n) Aussprache des h als k" 62 . Vielleicht ist die Wiedergabe des durch in arab. ääh > kat. escac > afrz. eschec > mndl. schaec > mhd. schäch auf diese Erscheinung zurückzuführen. Ansonsten ist das in Arabismen sehr oft weggefallen 3 , vgl. arab. zahr > span, azar > frz. hasard > dt. Hasard. Das initiale h des frz. Wortes beruht auf dem orthographischen Einfluß des Mittellateins, wobei hier den mit Vokal anlautenden Wörtern ein h vorne angehängt wurde 6 4 . Im Türkischen wird arab. durch repräsentiert, vgl.: arab. harim > türk. harem > dt. Harem. 23) 24) /m/ und In/ sind in den hier in Frage kommenden Arabismen stets mit und reproduziert worden 6 5 . Eine Ausnahme ist der Wechsel von -n- zu -m- vor -b- in z.B. arab. 'anbar > mlat., ital. ambra > dt. Ambra, eine Erscheinung, die genauso im Arabischen wie auch im Romanischen vorkommen kann. Im Arabischen wird diese Assimilation ,,'iqläb" (Umkehr) genannt 6 6 . Arab. ist ausgefallen in näranga > ital. arancio. Dies kann durch den Wechsel von arab. /n/ zu IM erklärt

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A r a b i s m e n n o r m a l ist, oder kann eine gelehrte S c h r e i b u n g darstellen. Letztere Auffassung vertritt Baist (1889), S. 6. In Latham (1972), S. 39ff., weisen mehrere gelehrte A r a b i s m e n des Mittellateinischen ein für < > auf. Beispiele zu / ' / > / h / im Hispanoarabischen sowie / ' / > 0 im Auslaut von hispanoar. W ö r t e r n bei C o r r i e n t e (1977), S. 56. Vgl. V. Essen (1979), S. 116; C a n t i n e a u (1960), S. 74; Schaade (1911), S. 19; Baist ( 1 8 8 9 ) , S. 29. Vgl. Tagliavini (1973), S. 190. Vgl. Tagliavini (1973), S. 227, A n m . 43; Es handelt sich u m das h „aspire" gegenüber d e m h „ m u e t " des Französischen, wobei in beiden Fällen keine v e r n e h m b a r e B e h a u c h u n g realisiert wird. Vgl. dazu Fouche (1956), s. 2 5 1 . Tagliavini ( 1 9 7 3 ) , S. 190. D e r Verlust von in Arabismen k a n n d u r c h die V e r s t u m m u n g der Aspiration im Rom a n i s c h e n erklärt werden. Vgl. M e l a n d e r ( 1 9 3 2 - 1 9 3 3 ) , S. 92. Z u den phonetischen Eigenschaften von m und η allgemein vgl. v. Essen ( 1 9 7 9 ) , S. 114ff., Sievers (1976), S. 125ff. Z u den arabischen Nasalen Schaade (1911), S. 19-20. Z u m Wechsel m > η vgl. C a n t i n e a u (1960), S. 29ff.; Steiger (1932), S. 111 u n d A n m . 1.; Tagliavini (1972), S. 195.

Primäre Graphemkorrespondenzen

335

w e r d e n , w o b e i l\l im Italienischen als Artikel a u f g e f a ß t u n d d a h e r w e g g e lassen w u r d e , wie bei arab. lubän gäwT > kat. benjui.6? 2 5 ) D a s Irl w u r d e überall in den hier in F r a g e k o m m e n d e n E n t l e h n u n g s s p r a c h e n m i t d e m < r > reproduziert. Bis a u f d a s F r a n z ö s i s c h e seit d e m 18. J h . hat dieses < r > wie das d e n p h o n e t i s c h e n W e r t eines apikal-alveolaren I r l 6 8 . I m Frz. w u r d e n seit d e m A u f k o m m e n des u v u l a r e n / R / s o w o h l als a u c h < g > von A r a b i s m e n (vgl. hier u n t e r 19) m i t / R / wiedergegeben. Im Iberoromanischen und Italienischen ging oft arab. finales r zu r o m a n . I über, vgl.: Arab. lazuwardT, v u l g . - a r . *lazurl > s p a n , azul > frz. azur > dt. Azur; arab. simsär > ital. sensale > dt. Sensal. D i e s ist eine D i s s i m i l a t i o n s e r s c h e i n u n g , d i e L i q u i d e u n d N a s a l e b e t r i f f t , wenn sie in e i n e m W o r t v o r k o m m e n 6 ^ . N a c h C o r o m i n a s w u r d e der W e c h sel von arab. r zu i b e r o r o m . / in erster L i n i e d u r c h den a g g l u t i n i e r e n d e n Artikel al- der h i s p a n i s c h e n A r a b i s m e n mit e i n e m a n d e r e n / v e r u r s a c h t . 7 0 2 6 ) D a s der a r a b i s c h e n W ö r t e r w u r d e überall m i t d e r E n t l e h n u n g s s p r a c h e n r e p r o d u z i e r t 7 1 . Als erstes E l e m e n t der S i l b e in a r a b . lubän gäwT > kat. benjui ist es j e d o c h d u r c h V e r w e c h s e l u n g m i t d e m kat. Artikel lo a u s g e f a l l e n . ( F E W 19, 1 1 0 a ) . Es w u r d e a u ß e r d e m in arab. läzuward > vulg.-ar. läzQrd > s p a n , azul > frz. azur > dt. Azur d e g l u t i n i e r t . 2 7 ) 7 2 D i e a r a b i s c h e n G r a m m a t i k e r betrachten < y > u n d als e c h t e K o n s o n a n t e n , die ü b e r w i e g e n d e n g gebildet w e r d e n , d i e m a n aber „ertönen lassen u n d d e h n e n " k a n n 7 3 . P h o n e t i s c h g e s e h e n k ö n n e n lyl u n d Iii, / w / u n d /u/ i n e i n a n d e r ü b e r g e h e n 7 4 . D i e s kann vielleicht arab. sayyid

'7 63 Hl sehr oft vor. Auch im Hispanoarabischen fand dieser Wechsel statt. Dazu Corriente (1977), S. 42. Vgl. Cantineau (1960), S. 48; Schaade (1911), S. 22. Zum häufig vorkommenden Wechsel r > I in Arabismen des Italienischen und Iberoromanischen vgl. Pellegrini (1972), Bd. II. Zit. nach Pellegrini (1972), Bd. II. Zu hisp.-ar. Irl > III s. Corriente (1977), S. 43. Das arabische I entspricht dem alveolar gebildeten l der europäischen Sprachen. Vgl. v. Essen (1979), S. 110; Cantineau (1960), S. 50; Schaade (1911), S. 19. Über die phonetische Bestimmung der Halbvokale vgl. Straka (1964), S. 301-323; v. Essen (1979) O., S. 95ff. Vgl. Schaade (1911), S. 22, 77 und Anm. 68, 69, 70. Vgl. Cantineau ( 1 9 6 0 ) , S. 193. Nach Cantineau, ebd., gibt es im Arabischen keine Wortpaare, die allein dadurch unterschieden werden, weil im einen Wort eine vokalische, im anderen Wort eine konsonantische Realisation von i und u vorkommt. Gegen die Gleichsetzung von Halbvokalen und Konsonanten ist z.B. Straka (1964), S. 314. Im Deutschen scheint sich der Begriff Halbvokal nur auf das zweite Element des Diphthongs (z.B. in Hain, Bein, lau, neu etc.) zu beziehen. In dieser Verwendung bildet er die unsilbische Realisation von i. Das [j] (in ja, jaulen etc.) dagegen wird wie im Arabischen als Konsonant aufgefaßt. Es ist die stimmhafte Entsprechung vom stimmlosen [ς] (in nicht, ich etc.). [ς] bildet aber, im Gegensatz zum z.B. stimmlosen palatalen Reibelaut des Französischen, nicht die stimmlose Variante von [j], sondern die kombinatorische Variante des postpartalen Englauts [x] (in Bach, ach, etc.). Dazu v. Essen (1979), S. 109; Martinet (1967), S. 70; Fischer (1972), S. 17.

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Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

> span. Cid erklären: vgl. hispanoar. ciyd, c0id\ marokk.-ar. sid(i). Als Konsonanten treten lyl und Iwl nur im Silbenanlaut auf. Im Silbenauslaut wechseln sie meist zu den entsprechenden Langvokalen /l / und /Q/ oder sie bilden zusammen mit dem Vokal lal eine diphthongische Einheit /ai/, /au/ 7 5 , lyl und Iwl können miteinander permutieren, z.B. arab. gazwa > alg.-ar. gazya > frz. razzia > dt. Razzia. Initiales lyl wechselt oft zu /gl, z.B. arab. yarbü' > dial. garbQ' > mlat. gerboa > dt. Gerbet?**. Eine parallele Erscheinung, 1)1 > l(d)^l im Initial, kommt auch in der lat.-roman. Lautentwicklung vor 77 . (Über die orthographische Darstellung von (d)3 vgl. hier unter 8). Das span. für in arab. yasamin > span, jazmin (15. Jh.) > dt. Jasmin ist wahrscheinlich auf letztere Entwicklung zurückzuführen. Daß dies span. den Lautwert von [(d)3] darstellte, geht aus zwei Fakten hervor: Einerseits wird damals wie heute das ungewandelte intiniale [j] des Spanischen mit dem Zeichen repräsentiert, andererseits entwickelte sich gegen Ende des 16. Jh.s [(d)3] zu [x], wobei die Graphie erhalten blieb, wie eben in jazmin mit initialem [x]. Finales arab. wurde in den hier in Frage kommenden Arabismen mit dem vokalischen Zeichen wiedergegeben. Zusammen mit dem nachfolgenden ergab dieses eine Vokaldiade der Form , vgl.: arab. al-kimiyä' > mlat. alchimia > dt. Alchimie; arab. mümiyä' > ital. mummia > dt. Mumie. 28) /w/ wurde in den romanischen Sprachen und im Mittellatein phonetisch und graphisch wie das Iwl der germanischen Lehnwörter behandelt. Im Initial wurde es mit reproduziert, vgl. arab. wazTr > span. alguacil > dt. Alguacil. Mehrere spanische Flußnamen weisen ebenfalls diese Schreibung auf: arab. al-wädT 1-kabTr > span. Guadalquiuir, arab. wad alhagära > span. Guadalaxara. Parallel dazu sind z.B. germ, wardän > vlat. guardare·, span., port., prov. guardar, ital. guardare, frz. guarder, engl, ward, dt. Wärter 8 . Ein mediales für arab. < j w> kommt in arab. dTwän > ital. dogana > dt. dogana vor. Initial und intervokalisch kann nach der experimentellen Phonetik bei der Hervorbringung von /w/ ein konsonantisches Element vorausgehen 79 . Auch im Hispanoarabischen kommt ein

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Vgl. Cantineau (I960), S. 87-88. Zu den phonetischen Eigenschaften des kl.-arab. y vgl. Schaade (1911), S. 19. Vgl. Bourcierz (1946), S. 162, 301ff„ 405ff., 485. Vgl. Bourcierz (1946), S. 406. Nach Jellinek (1930), S. 37ff., setzte sich das Graphem für die Wiedergabe von /d3/ im späteren Latein und in den romanischen Sprachen erst nach der Renaissance durch. Vgl. Rauhut (1954), S. 120. Die Entwicklung eines prothetischen „g" bei der Hervorbringung von germ, u im Romanischen stellt nach Rauhut (1954), S. 125, eine natürliche Artikulationstendenz dar: „wenn der Zungenrücken nur wenig mehr gehoben wird als beim u, kommt es zum gVerschluß mit dem Velum".

Primäre Graphemkorrespondenzen

337

solches Phänomen vor 80 . Dies geht aus Alcalas Transkription hervor, der ein für initiales von arabischen Wörtern verwendet hat, vgl.: guard für ward 'Blumen' 8 1 . Ansonsten wurde das in romanischen und mittellateinischen Arabismen medial und final oft mit und bzw. mit den Vokaldiaden , , im Frz. auch mit der Vokaltriade wie in arab. badawT > afrz. beduin (1070); bedouin (1280); btdouin (seit 1721) > dt. Beduine reproduziert. Es sei hier bemerkt, daß das lat. /w/ kein eigenes Zeichen in der Orthographie hatte. Es wurde eben mit den Graphemen und repräsentiert, wobei beide Zeichen sowohl für den Vokal /u/ als auch für den Halbvokal /vi und den Konsonanten /w/ gesetzt wurden. Diese Tradition hat sich sowohl in den romanischen als auch in den germanischen Schreibweisen bis zum 16. Jh. fortgesetzt 82 . In dieser Hinsicht kann bei älteren Entlehnungen aus dem Arabischen nicht festgemacht werden, ob es sich bei den Graphien und um einen Vokal, einen Halbvokal oder einen labiodentalen Konsonanten handelte. Vgl. arab. karawiyS > mlat. carvi (11. Jh.) > mhd. karwe; frühnhd. karben; nhd. Karbe\ arab. zidwär > mlat. zeduarium > mhd. zitwan, zitwar, nhd. Zitwer; arab. 'awärlya > ital. avaria (1299) > dt. Havarie. Im Türkischen wurde < j w>, mit reproduziert, wie in arab. qahwa > türk. kahve > frz. cafi. Zur Geminierung Wie der Tabelle zu entnehmen ist, tauchen Geminierungen vor allem im Italienischen auf. Dabei ist zwischen dem Erhalt von Geminata der arabischen Ausgangswörter und der erst in den Empfängersprachen zusätzlich auftretenden Geminierung zu unterscheiden. Folgende ital.-dt. Arabismen zeigen im Gegensatz zu iberorom. Entsprechungen den Erhalt von Geminata: Arab, gubba > ital. giubba > dt. Joppe-, dagegen span, und port, aljuba Arab, lakka > ital. lacca > dt. Lack·, port., kat., span, laca Arab, sukkar > ital. zucchero > dt. Zucker; span, aziicar Arab, tassa > ital. tazza > frünhd. tatze·, span, taza, port. ίαςα\ aber kat. tassa; frz. fasse > dt. Tasse. Arab. haiiäST > ital. assessino > frz. assassin > dt. Assassin; span, asesino Bei arab. barrakSn > span, barragdn > afrz. barragan > mhd. barragän wurde die Geminierung -rr- im Spanischen bewahrt.

80 81

82

Steiger (1932), S. 291; Tagliavini (1972), S. 194 und Anm. 65. Steiger (1932), S. 109. Die Wiedergabe des arab. mit iberorom. taucht jedoch nur im absoluten Anlaut und intervokalisch auf. In erstgenannter Stellung macht auch nicht immer die Regel, , , , werden ebenfalls in initialer Position verwendet. Dazu Steiger ebd., S. 293. Ansonsten wird arab. im In- und Auslaut meist mit , , repräsentiert. Beispiel bei Steiger, ebd., S. 296ff. Vgl. Nerius (1987), S. 223; Jellinek (1930), S. 37ff.

338

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

Vereinfachung der Geminierung liegt in folgenden Arabismen vor: Arab, garräfa > ital. caraffa > frz. caraffe > dt. Karaffe gegenüber span., port., kat. garrafa. Die ital. Form wird durch den Einfluß eines anderen bedeutungsähnlichen Arabismus, nämlich carabba erklärt (vgl. Artikel Karaffe). Arab, suffa > türk. sofa > frz. sofa > dt. Sofa Zusätzliche Geminierungen kommen in folgenden Arabismen vor: Arab, ta'rlfa > ital. tarijfa > frz. tarif > dt. Tarif Arab, zabrb > it. zibibbo > dt. Zibebe·, span, acebibe Arab, zarafa > ital. giraffa > dt. Giraffe Zusammenfassung 1 3 arabische Konsonanten haben keine phonematische bzw. graphematische Entsprechung in den hier in Frage kommenden primären Entlehnungssprachen. Diese sind: , < j q>, , < ε g> (fehlt im Mlat.), l>, > > , , (stellungsbedingte, phonetische Entsprechung im Deutschen), , , - Es handelt sich zum größten Teil um typisch arabische emphatische, velare bzw. postvelare und interdentale Konsonanten. Sie wurden meistens durch die nächstliegenden europäischen Laute ersetzt. Dabei kam es zu Reproduktionsvermengungen von Lauten der Ausgangswörter; die fehlenden Laute wurden je nach phonetischer Eigenschaft mit denselben Phonemen bzw. Graphemen reproduziert, die zur Wiedergabe anderer Ausgangslaute benutzt wurden. So wurden z.B. < k > /k/,' /q/ und l\sl gleichfalls mit /k/ bzw. mit den graphischen Repräsentanten dieses Lautes in den Entlehnungssprachen reproduziert. wurden in Arabismen ausgelassen. Die Tilgung von < e '> und die Reproduktion der Interdentalen mit den entsprechenden Dentalen kann aber auch auf arabische Entwicklungen zurückgeführt werden. Die übrigen arabischen Konsonanten haben Äquivalente in den Entlehnungssprachen. Sie wurden jedoch in manchen Fällen durch Grapheme reproduziert, die für andere Laute stehen. Diese Lautsubstitutionen reflektieren entweder einen arabischen dialektalen Einfluß auf die Entlehnung wie im Fall der Wiedergabe von < j z> /z/ durch oder /3/ in giraffa und jinete oder sie beruhen auf Unterschieden in der Artikulationsweise der Laute wie arab. /s/ und rom. Is/, wobei oft durch reproduziert wurde. Zum Schluß kann behauptet werden, daß Tilgungen und Ersetzungen von Lauten zwar bei jedem beliebigen Sprachkontakt auftreten, ihr Ausmaß jedoch umso größer ist, je strukturell verschiedener die Sprachen sind, die in Kontakt miteinander treten, wie hier das Arabische und die europäischen Sprachen. Auch werden bestimmte Interferenzerscheinungen aufgrund der Verschiedenheit der am Kontakt beteiligten Sprachen begünstigt. So ist der Interferenztypus des Lautausfalls, den z.B. M. Kirchmeier als Sondererscheinung der Interferenz behandelt, und der bei dem von der

Primäre Graphemkorrespondenzen

339

Autorin untersuchten Sprachkontakt zwischen dem Französischen und den württembergischen Mundarten gar nicht in Erscheinung tritt, einer der relativ häufigen Interferenztypen zwischen dem Arabischen und dem Romanischen. Außerdem kommt es vor, daß die allgemein für das Auftreten bekannter Lautinterferenzen formulierten Bedingungen nicht auf das Arabische und die europäischen Sprachen zutreffen. Die Lautsubstitution tritt nach Kirchmeier lediglich dann auf, wenn „der fremde Laut einem einheimischen Laut nur ungefähr ähnelt" 83 . Im Falle der romanischen Entlehnungen aus dem Arabischen war aber die Lautersetzung nicht auf die hier geschilderte Situation begrenzt. Die meisten der in den europäischen Sprachen unbekannten Laute des Arabischen wurden nicht „getreu" übernommen 84 , sondern getilgt oder durch andere ersetzt. Auch können einige von Weinreich formulierte Grundtypen von Lautinterferenzen wie Überdifferenzierung und Unterdifferenzierung 85 nicht ohne weiteres auf den Fall des arabisch-europäischen Sprachkontaktes übertragen werden. So kann die Wiedergabe sämtlicher arabischer d-Laute mit dem europäischen dentalen Verschlußlaut d. nicht als Fall der Unterdifferenzierung interpretiert werden. Dafür fehlen in den aufnehmenden Sprachen die d-Varietäten und der Charakter der Emphase, so daß Unterdifferenzierung, die auf der Basis von vorhandenen, jedoch anders verteilten Entsprechungen geschieht, hier gar nicht zustande kommen kann. 86 Ein als Überdifferenzierung anmutender Fall zwischen dem Arabischen und dem Iberoromanischen wäre z.B. die Anfügung des arabischen Artikels al- an Arabismen, wo dies im Original nicht erforderlich ist. Aber der Artikel al- selbst ist ein Merkmal des Arabischen und nicht des Romanischen! Gleiche Interferenzergebnisse bei verwandten und nichtverwandten Sprachen haben doch jeweils unterschiedliche Voraussetzungen, die nicht mit dem gleichen Maßstab gemessen werden können. Deshalb ist es erforderlich, die bei beliebigen Sprachkontakten vorkommenden Interferenzen jeweils individuell zu analysieren und gegebenenfalls auch terminologisch neu abzugrenzen, damit die speziellen Verhältnisse der kontaktierenden Sprachen herauskristallisiert werden können.

83 84 85 86

Kirchmeier (1973), S. 50. Vgl. Kirchmeier (1973), S. 53. Vgl. Weinreich (1977), S. 36ff. Die Lage ist anders, wenn z.B. deutsche Sprecher die auslautenden Verschluß- und Reibelaute des Englischen nicht nach Stimmbeteiligung differenzieren, sondern nach dem deutschen Vorbild als stimmlose Lenislaute wiedergeben und damit hat statt had, strife statt strive sagen. Hier liegt offenbar eine Unterdifferenzierung vor, weil die beiden Kontaktsprachen die Opposition stimmhaft/stimmlos kennen. Die Interferenz beruht hier lediglich auf der ungleichen Distribution dieses Merkmals in den beiden betreffenden Sprachen.

340

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

1.1.2. Die Vokale und Diphthonge 1.1.2.1. Die arabischen Vokalphoneme und ihre graphematische Transliteration Das Arabische weist ein einfaches Vokalsystem auf, das aus drei Vokalphonemen besteht, die in allen Wortsegmenten entweder lang oder kurz sein können. Diese sind: /a/ Iii lul

Iii

IQI

IM

Die Qualitäts- und Quantitätsoppositionen sowie die kombinatorischen Oppositionen der arabischen Vokalphoneme können keine Lexeme differenzieren. Sie dienen ausschließlich der Bildung von grammatischen Kategorien 87 . Die phonetische Realisierung dieser Vokalphoneme weist aber sowohl in der klassischen Sprache als auch in den Mundarten eine breite Palette an Klangfarben auf, deren Zusammenstellung eine Summe ergibt, die nicht geringer ist als etwa die Zahl der Vokalnuancen im Deutschen oder Französischen 88 . Die unterschiedlichen Realisierungen der arabischen Vokalphoneme werden in den hier in Frage kommenden Arabismen reflektiert. Die arabische Konsonantenschrift kennt keine Grapheme für Vokale. Während Kurzvokale völlig unbezeichnet bleiben, werden Langvokale durch die mehrdeutigen Schriftzeichen >j» qirmizl. Langes / 0 / durch < j > , das selbständig vor dem Konsonanten tritt oder an ihn gehängt wird: J j t Od; νj>=>- barrQb b) Die Kurzvokale, die in Texten nicht obligatorisch v o r k o m m e n , werden d u r c h folgende Hilfszeichen präsensentiert: Kurzes /a/ durch einen Strich oberhalb des Konsonanten: - (fath) Kurzes I i i durch einen Strich unterhalb des Konsonanten: τ (kasr) 90

Vgl. Endress (1982), S. 180ff.

«δ"

— ι I



vrs

-

TJ

VO









0



Λ Ο V



0























Λ 4J V Λ rt V











Dt.

Türk.

Ital.

rt

ύ

Prov.

Η





Mlat

JO

A Λ l> Q Λ A ft V V

Ji

Arab

342 Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

Λ Ä ο ν V V Q ΛΛ 3 rt ν V

oo

Primäre Graphemkorrespondenzen

343

1.1.2.2.1. Kommentar/ Beispiele 1) 4) Das Auftauchen der Grapheme und f ü r die Reproduktion von arab. /ä/ /a/ in Lehnwörtern reflektiert das Phänomen der Imäla, der Vokalverschiebung von /Al im Arabischen 9 1 . Danach wird /ä/ lal, das als [ä] [a] zu realisieren wäre, über [έ] [ε] zu [e] [e] und [T] [i] verschoben. Auf diese Vokalverschiebung bei Stämmen der arabischen Halbinsel wiesen bereits die Grammatiker der klassischen Zeit hin 9 2 . Die Imäla ist in den modernen arabischen Dialekten durchaus generell frequent. Im Hispanoarabischen erscheint sie ebenfalls sehr oft . Sie k o m m t z.B. vor im Flußnamen Aluet Alquivir (1207), Guid Alquibir (1505 bei Alcala) für klass. arab. al-wädl al-kabTr; span. Guidalquivir (1230) 9 4 . Die Ursachen und Bedingungen der Imäla sind Gegenstand mehrerer Kontroversen. Es wird angenommen, daß sie eine spontane Lautentwicklung darstellt. M a n beobachtet, daß der Wechsel zu [e] [e] bis zu [i] fl] durch die U m g e b u n g eines anderen [I], und der Wechsel von [a] zu [e] durch die Wirkung der Imala von [3] zu [e] im selben W o r t begünstigt werden. Ansonsten kann die Imäla zu [e] [e] bei der Realisierung jedes kurzen /a/ oder langen Iii auftreten. Sie wird dagegen durch die Nähe von emphatischen, velaren und pharyngalen Konsonanten verhindert 9 5 . Die Veränderung bzw. der Erhalt des arab. /A/ in den hier in Frage kommenden Arabismen stimmen oft mit den formulierten Beobachtungen überein. Es wurde verändert in z.B.: Arab, al-bädingän(a) > kat. albergin(i)a > frz. aubergine > dt. Aubergine. Arab. zanätT > span, jinete > ital. gianetto > frünhd. Giannetter. Arab. barbärTs > mlat. berberis > dt. Berberitze. Arab, mu'add'n > türk. muezzin >

91 92

93

94

95

Zum Phänomen der Imala vgl. u. a. Grünert (1875); Singer (1969), 14-15. Die Verschiebung a > e wird von den arabischen Grammatikern mittelstarke Imala, die von a > i starke Imala genannt. Vgl. Cantineau (1960), S. 97, 110. Vgl. Corriente (1977), S. 22-25; Steiger (1932), S. 3 l 4 f f . Das Vorkommen der starken und mittelstarkem Imala in spanischen Ortsnamen dient Singer (1969), 15ff.• zur Differenzierung zwischen verschiedenen hispanoarabischen Mundarten. Es stellt sich dabei heraus, daß die starke Imala zwar ihr Hauptgebiet im späteren Reich von Granada hat, sie war jedoch keineswegs eine Besonderheit des Hispanoarabischen dieses Gebietes, da sie hier in manchen Orten (wie z.B. in Cördoba) kaum vorkommt: „Verhinderte die Gegenwart des Hofes und später der regierenden »Patrizier«, daß sich dieser sehr volkssprachliche Zug durchsetzte?" (Singer, ebd., S. 33). Jedenfalls scheint das Auftreten der starken Imala mit der Dauer der arabischen Herrschaft in verschiedenen Regionen der Halbinsel zusammenzuhängen: Je länger diese dauerte, desto stärker kam die i-!m3la in Erscheinung. Vgl. Singer, ebd. S. 34-35. Die Ortsnamen und Lehnwörter der Iberoromania zeigen, daß zunächst die e-Stufe dann die i-Stufe der Imala aufgetreten ist. Dazu Corriente (1977), S. 24. Vgl. Berge (1981), S. 363-364. Zahlreiche arabisierte hispanische Ortsnamen mit Imala bei Singer (1969), S. 17-22. Vgl. Cantineau (1960), S. 98ff.; Grünert (1875), S. 460ff.; Schlade (1911), S. 38ff.; Berge (1981), S. 364ff.

344

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

frz. muezzin > dt. Muezzin. Arab, gazala > frz. gazelle > dt. Gazelle. Arab, al-gabr > mlat. algebra > Algebra. Es wurde erhalten in z.B.: Arab, qirät > ital. carato > frz. carat > dt. Karat. Arab. qädT > span, alcalde > dt. Akalde; arab. qädl > dt. Kadi. Arab. haiiäST > ital. assassino > frz. assassin > dt. Assassine. Die E n d u n g für Iii in arab. babbagä' > aprov. papagai > frz. papegai > dt. Papagei beruht vermutlich auf der Angleichung an rom. -gai ' H a h n ' . Das Iii ist in arab. lubän gäwT > kat. benjui ausgefallen. Arab. Iii /a/ [ä] [a] wurde in den Kontaktsprachen auch mit wiedergegeben. Dies reflektiert den anderen Wechsel des arab. Iii /a/, das in Richtung o, etwa [ö] [0] realisiert wird. Diese Aussprachetendenz wird tafblm genannt. Sie stellt den entgegengesetzten Vorgang zur Imäla dar und wird meist in der Umgebung von emphatischen Konsonanten und von r realisiert 96 . Diese Erscheinung betraf ebenfalls die hier in Frage kommenden Arabismen, z.B.: Arab. £aräb > mlat. siropus > dt. Sirop; vgl. aspan. xarope, kat. eixarope. Arab. MarräkuS > span. Marrocos (16. Jh.) > frz. Maroc; dazu die Bildung frz. maroquin > dt. Maroquin. 2) 5) Arab, lol lul, das normalerweise als [ü] [u] zu realiasieren ist, wurde in Arabismen neben , frz. auch mit , ital. dargestellt. Die Reproduktion durch findet ihre Berechtigung im Fall der arabischen Vokalsenkung. Anstatt [ü] [u] wird ein offenes ο [ο] realisiert 97 . Die klassischen Grammatiker nennen diesen Fall limäm. Er ist sowohl im Hispanoarabischen als auch in den heutigen Dialekten, besonders denen des Maghreb, reichlich bezeugt. Der Wechsel u, Q > ο wird durch den Kontakt mit emphatischen, velaren und pharyngalen Konsonanten bewirkt 9 8 . Beispiele für diese Erscheinung sind: Arab. > hispanoar. korxof; span, alcarchofa·, kat. carxofa·, ital. carciofo, articiocco > dt. Artischocke Arab. barqOq > hispanoar. borcoqua; span, albaricoque·, kat. albercoc > frz. abricot-, dt. Aprikose Arab, kühl > hispanoar. cohdl > span, alcohol·, mlat. alcohol > dt. Alkohol. 3) 6) Die Wiedergabe von /T/ l\l [i] [i] durch in Arabismen spiegelt einen anderen Fall von Vokalsenkung im Arabischen wieder: Iii l\l [T]

96

97

98

Vgl. C a n t i n e a u (1960), S. 100; Berge (1981) S. 365ff.; Steiger (1932), S. 304ff.; C o r riente ( 1 9 7 7 ) , S. 2 5 - 2 6 . Vgl. Fischer/Jastrow (1980), S. 53-55; C a n t i n e a u (1960), S. l O l f f . ; Berge (1981), S. 367. Vgl. C o r r i e n t e ( 1 9 7 7 ) , S. 28; C o n t i n e a u ( 1 9 6 0 ) , S. l O l f f . ; Steiger (1932), S. 3 3 2 f f . V o k a l s e n k u n g b e t r i f f t auch die m e s o p o t a m i s c h e n Dialekte, z.B. in der a n a t o l i s c h e n Region. In d e n Dialekten des O r i e n t s allgemein sind e u n d ö nicht d u r c h V o k a l s e n k u n g , s o n d e r n d u r c h die M o n o p h t h o n g i e r u n g von ay u n d aw e n t s t a n d e n . Dazu Jastrow ( 1 9 8 0 ) , S. 140.

Primäre Graphemkorrespondenzen

345

[i] wird in den M u n d a r t e n , wie z.B. im Hispanoarabischen, oft durch [e] realisiert. Vgl. z.B.: Arab. al-magistT > mlat. almagest > dt. Almagest. Arab, sikka > span, ceca·, akat. zeca·, siz. zecca·, lig. zecca; ital. zecca, woraus zecchino > dt. ZechineIn vielen Arabismen k o m m t ein anstatt für arab. IM [i] vor. Dies kann entweder auf eine spätere Realisierungsphase des arab. Iii [i] als [e] dann [a]100 oder auf den oft vorkommenden Wechsel der morphologischen Klasse im Arabischen zurückgeführt werden. Folgende Transferenzen weisen u. a. diesen Wechsel auf: Arab, ai-qily, vulg.ar. qalT > mlat. alcali > dt. Alkali. Arab. qirmizT, hispanoar. qarmazT; ital. carmesino > dt. Karmesin, arab. hinnä'; marokk.-ar. hanna; hispanoar. hinna; span, alhena·, siz. alcanna·, mlat. alchenna, alchanna > dt. Alkanna. Ein Wechsel von arab. Ill [l] zu in Arabismen k o m m t in arab. diwän > ital. dogana > frühnd. dogana·, mlat. duana (1154 Pisa), doana (1198 Gesta Innocentii III) 1 0 1 ; frz. douane > dt. Duane vor. Als Erklärung kann a n g e n o m m e n werden, daß das lange -I im Initial des arabischen Wortes ein kurzes -i wurde, wie in hispanoar. diguen, wobei i und u in den arabischen Dialekten allgemein zusammengefallen sind 1 0 2 . Es existieren z.B. nebeneinander die Formen gubba und gibba, die dem ital. giubba und ait. gibba zugrunde liegen. Vgl. auch arab. assumüt > span, acimut > mlat. azimut > dt. Azimut. Danach kann arab. d l w ä n a die Entwicklung zu 103 *diwän > d u w ä n > ital. dogana; frz. douane gemacht haben. 7) 8) Die Diphthonge 1 4 /aw/ und lay/ des klassischen Arabisch werden in den Dialekten entweder reduziert, /aw/ [öw] [ö]; layl [ey] [6] oder sie gehen zu lol und Iii über 1 0 5 . Folgende Arabismen zeigen M o n o p h t h o n gierung: Arab, b a u r a q > mlat. borax > dt. Borax. Arab. laymQn > siz. limiini·, ital. limone > dt. Limone·, arab. mausilT > ital. mussolina > frz. mousseline > dt. Musselin. Bei arab. Saij] > dt. Scheich ist der D i p h t h o n g erhalten geblieben. Z u m Schluß sei noch auf die Fälle von Vokalelision und Vokaleinschub in Arabismen hingewiesen:

99

'00 101 102

103 104

105

Andere Beispiele bei Corriente (1977), S. 27; Steiger (1932), S. 257; Vgl. dazu Dozy Gl., 26. Vgl. Berge (1981), S. 367; Corriente (1977), S. 27. Pellegrini (1972), Bd. I, S. 104. Vgl.Fischer/Jastrow (1980), S. 53. Der Zusammenfall von u und i wird dabei als Folge der im Altarabischen oppositionell schwach besetzten i und u gedeutet. Vgl. Steiger (1948), S. 40, A n m . 2; Corriente (1977), S. 27-28. Charakterisch für D i p h t h o n g e allgemein „ist die U n t r e n n b a r k e i t der Auflösung in verschiedene Silbenzugehörigkeit", v. Essen (1979), S. 95. Vgl. C o r r i e n t e (1977), S. 29-31; Cantineau (1960), S. 103ff.; Steiger (1932), S. 359ff.

346

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

Beispiele mit Vokaleinschüben sind: Arab, kühl > hispanoar. (al-)Cohol > span.- mlat. alcohol > dt. Alkohol. Arab, qutn > hispanoar. (al-)qutün > span, algotöir, ital. cotone > frz. coton ndl. katoen > dt. Kattun. Arab, mabzan > (maghr.-ar. magzen) > ital. magazzino > dt. Magazin-, hispanoar. (al-)mabzen > span, almacin·, kat. magatzem. Arab, mamldk > frz. mamelouk; ital. mammalucco > dt. Mameluck. Arab, matrah > afrz. materas > mhd. materaz; ital. materassa > dt. Matratze. Arab, marbüt > frz. marabout > dt. Marabu. Die Insertion von Vokalen in Arabismen kann sowohl auf vulgär-arabische als auch auf romanische Erscheinungen zurückgehen. Für den Fall kühl > Cohol werden im Hispanoarabischen die Formen /vKK#/ (# = Pausalform) durch Insertion eines Vokals vermieden, vgl. z.B.: Arab, zahr > hispanoar. zahar 'Blüte'; arab. iahr > hispanoar. £ahar 'Monat' 1 0 6 . Dieses Phänomen kommt aber bereits im 'Altarabischen vor und ist in den heutigen Dialekten sehr verbreitet 107 . Die Form arab. tarh > vulg.-ar. tarah > ital. tara > dt. Tara kann darin eine Erklärung finden. Diese Insertion betrifft vor allem die Verbindung von Konsonant und Sonant eines finalen Nexus. Für die anderen Fälle können die für die romanischen Sprachen ungewöhnlichen Konsonantenverbindungen wie -gz-, -ml- für den Einschub von Hilfsvokalen verantwortlich gemacht werden. Beispiele mit Vokalelision in Arabismen: Arab, badawl > afrz. beduin, nfrz. bedouin > dt. Beduin. Arab, yäsamin > span, jasmin > dt. Jasmin. Arab, karawiyä > mlat. carvi > dt. Karbe. Der Ausfall von Kurzvokalen in offener unbetonter Silbe ist ein sehr verbreitetes Phänomen in den heutigen arabischen Mundarten und auch damals im Hispanoarabischen. Die hier vorkommenden Elisionen können darauf zurückgeführt werden.

106 107

Vgl. C o r r i e n t e (1977), S. 7 2 . Vgl. C a n t i n e a u (1960), S. 114. A u c h im W o r t i n n e r n k ö n n e n in d e n arabischen M u n d arten Hilfsvokale inseriert w e r d e n . Jedoch n u r als Folge des Ausfalls kurzer Vokale in o f f e n e r Silbe, wobei T r i p e l k o n s o n a n z d u r c h V o k a l e i n s c h u b aufgelöst wird. Schematisch stellt sich dies wie folgt dar: K V K | K V | K V > K V | K K K V > K V | K V | K K V . Bei den W ö r tern mam|lQk - m a t | r a h - m a b l z a n findet sich aber kein Vokal in o f f e n e r Silbe, so d a ß dieses S c h e m a nicht darauf p a ß t . Vokaleinschübe k ö n n e n aber auch d u r c h das sog. „gah a w a - S y n d r o m " e n t s t e h e n . Dieses in vielen B e d u i n e n d i a l e k t e n des O s t e n s sowie in Südost-Agypten bezeugte P h ä n o m e n besteht darin, d a ß „Bündel von Velaren bzw. laryngalen S p i r a n t e n u n d a n d e r e n K o n s o n a n t e n i n n e r h a l b eines M o r p h e m s nicht geduldet (werden), w e n n ein α vorangeht. Sie werden d u r c h α g e t r e n n t , das Silben bildet u n d d e n A k z e n t tragen k a n n " (Fischer/Jastrow (1980), S. 109. 145. 2 0 9 ) . A u f diese Weise k ö n n e n z.B. aus mabzan > "maljazen, aus mamlok > *mamalOk w e r d e n .

Sekundäre Graphemkorrespondenzen

347

Zusammenfassung Bis auf die vokalische Opposition kurz/ lang, die den hier in Frage kommenden Empfängersprachen fehlt, können die vom klassisch-arabischen Schema abweichenden Vokalreproduktionen in den Lehnwörtern in der Hauptsache auf die Vokalveränderungen im Arabischen selbst zurückgeführt werden. Dies kann dadurch begründet werden, daß die betroffenen Kontaktsprachen - anders als bei Konsonanten - über die drei fundamentalen Vokalentsprechungen verfügen, mit denen die Vokale in Arabismen ohne Substitutionen hätten wiedergegeben werden können.

1.2. Sekundäre Graphemkorrespondenzen 1.2.1. Die Konsonanten (Erläuterung zu Tabelle III) Die folgende Tabelle enthält 5 Spalten: In der VS-Spalte sind in bezifferter Reihenfolge horizontal die Konsonantengrapheme eingetragen, mit denen Arabismen in den Vermittlersprachen (VS) repräsentiert werden. In den drei folgenden Spalten sind für jede Sprachperiode des Deutschen (Mhd., Frühnhd., Nhd.) jeweils in initialer (I), medialer ( M ) und finaler (F) Stellung jene Konsonantengrapheme eingetragen, die die VS-Grapheme reproduzieren. Beispiel: vor , und im absoluten Auslaut wurde in Arabismen des M h d . im Initial durch wie mlat.

camphora > mhd. campfer, kampfer, g a f f e r , medial durch wie afrz. aucube > mhd. ekub und final durch wie mndl. scaec > mhd. schäch ersetzt. In den Frühnhd. und Nhd. Spalten beziehen sich die Grapheme jeweils auf die in diesen Perioden entlehnten Transferenzen. So k o m m t final erst in frühnd. alembick < mlat. alembicum vor. Unbesetzte Felder bedeuten, daß kein Beispiel mit den betreffenden Graphemen vorliegt. In der fünften Spalte (Ergebnis der Varianten) sind die heute für Arabismen verwendeten Grapheme als Ergebnis einer Entwicklung repräsentiert. So ist initiales (der Reihe 1) von z.B. mhd. g a f f e r und garät nicht mehr in die nächsten Sprachperioden überliefert worden. Es wurde in dieser Stellung durch bzw. in Kampfer ersetzt. Für (der Reihe 1) in z.B. frühnhd. alembic und nhd. lilack < frz. lilac wird heute ein verwendet. Die in der Tabelle auftauchenden Konsonantengrapheme sollen dann durch Beispiele und Kommentar verdeutlicht werden. 1.2.1.1. Korrespondenzen (Tabelle III)

CN

Λ

V00

ΓΟ



Λ V Λυ Λν ν ν

IT)













Λ Ν ν

Λ

Ν V

vO





Λ V



Λ V

vor vor vor



u_

medial

vor Vokal



Μ |

LL·

medial

-





















IL·

Μ |







c -Ω α » βο Lk.L1

2

1

I



ΙΛ

u_

vor 0

M

Nhd.

>

c ~ν (β •c

1

Frühnhd.

Η

Mhd.

υ

vs

348 Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

ΛDO V

ΛDO V

ΛDO V

Λ00 V

ΛDO V

Λ

VDO

ΛDO V

fx

CO

σ>

ΛLH V

Vi vi

Λ V Λ Ν vi V

Λ cO V















Λ A -C Ο. Q. ν V



Λ V









Λ Ν V

ο αΰ



Λ00 ν



Λ V00

V V Λ Β V



Λ00 ν

α. ν







00





Λ00 ν

medial



00

vor



Sekundäre Graphemkorrespondenzen

Λ Ν ν

fN

f>

1-

349

350

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

1.2.1.1.1. Beispiele Zu 1) 2) 3) 4) Initial: Afrz. carat > mhd. garät, karäf, frünhd. garat, karat·, nhd. Karat Afrz. chamelot > mhd. schamlät Frz. chiffre > nhd. Chiffre Medial: Frz. baracan, barracan > mhd. barkän·, frühnd. barchent·, nhd. Barchent Ital. baldacchino > frühnhd. baldachin·, nhd. Baldachin, Baldakin Ital. moschea > frünhd. muskea, muschea, Moschea, Moschee·, nhd. Moschee Final: Mndl. scaec > mhd. schäch·, nhd. Schach Mlat. sumach > mhd. sumach·, nhd. Sumach Ital. lacca > frühnhd. lacha, lacca·, nhd. Lack Zu 5) 6) 7) 8) Initial: Mlat., ital. cifra > frühnhd. cyfer, ziffer, nhd. Ziffer Ital. giubba > mhd. schüibe-, frühnhd. schaube·, nhd. Schaube Frz. gamache > frühnd. Gammachen, Gamaschen-, nhd. Camaschen, Kamaschen, Gamasche Afrz. giraffe > mhd. schraffe Medial: Ital. articiocco > frühnhd. Artischochi·, nhd. Artischocke Final: Mlat. borrago > frühnhd. borretsch, borraw, borragnhd. Boretsch Ital. spinacia > frühnhd. binätsch Ital. arancio > mhd. arans, arantz; frühnhd. Arancen Zu 10) 11) 12) 13) Inital: Mlat. siropus > mhd. strop; nhd. Sirο ρ Medial: Ital. materasso > frühnhd. matratzen (Matraß\ Materasch)·, nhd. Matratze Ital. magazzino > frühnhd. Magatzin, Magazin·, nhd. Magazin Frz. tasse > frühnhd. Tassen, Taße; nhd. Tasse Final: Frz. burnous > nhd. Burnus Zu 14) Medial: Mlat. carvi > mhd. kartve, karve\ frühnhd. karben·, nhd. Karbe Frz. alcove > nhd. Alcoven, Alkove, Alkofen, Alkoven Ital. avaria > frühnd. Auaria, Avaria, Havaria, Haverie·, nhd. Avarie, Haferei

Sekundäre Graphemkorrespondenzen

351

1.2.1.1.2. Kommentar Wie im Beispielteil richtet sich der Kommentar nach den bezifferten Reihen der Tabelle. 1) 2) 3) Die hier aufgelisteten Grapheme der Vermittlersprachen haben den phonetischen Wert [k]. Beim Übergang ins Deutsche wurden die durch diese Grapheme vertretenen Arabismen folgenden Interferenzen unterzogen: Durch den Einfluß der Schreibung auf die Aussprache wird mediales in Transferenzen - gemäß der deutschen Orthophonie - vor als stimmhafter verlarer Reibelaut, wie z.B. in Baldachin gegenüber ital. baldacchino, und nach und als stimmloser palataler Reibelaut [ς], wie in Zechine gegenüber ital. zecchino, realisiert. In dt. Barchent kann entweder aus der hochdeutschen Lautverschiebung k > ch hervorgegangen sein oder das Wort wurde aus mlat. barchanus übernommen. Finales ist dagegen in mhd. schäch und roch durch die genannte Lautverschiebung aus mndl. sc(h)aec und afrz. roc entstanden. 4) Initiales und mediales [J] in mhd. schamlät·, nhd. Chiffre und Gamasche stellt die Entsprechung von frz. [J] dar. In dt. Moschee beruht das dagegen auf einer graphematischen Interferenz, wobei die Grapheme [s] und [k] der ital. Vorlage moschea zum üblichen des Deutschen verbunden wurden. Außer im Französischen hat in medialer und finaler Stellung der hier in Frage kommenden Arabismen von VS überall den Lautwert von [k]. Im Deutschen wird dieses nach den oben beschriebenen Regeln realisiert, vgl. z.B. mlat. alchimia > dt. Alchimie. 5) Die Substitution von durch in frühnhd. cyfer > ziffer zu mlat. cifra kann entweder durch die altdeutsche Orthographienorm, wonach vor und den Lautwert von [ts] repräsentieren soll 1 , bedingt sein oder es liegt ein Einfluß des ital. cifra, [ t j ] , oder afrz. cifrre [ts] vor. 2 6) Die Repräsentation der durch das ital. Graphem [ t j ] vertretenen Arabismen durch mhd. und in arantz, arans < ital. arancio weist nach E. Öhmann auf einen mündlichen oberitalienischen Einfluß hin. Hier wird gemeinital. [t3] als [ts] realisiert 3 . Ansonsten wurde ital. oder auch rätorom. [tß] durch frühnhd. in oberdt. Binätsch < ital. spinaccioA und mit Ausfall von [t] in dt. Artischocke < ital. articiocci ersetzt.

1 2

3 4

Vgl. Jellinek (1930), S. 12. Afrz. vor , = /ts/, u m die M i t t e des 13. Jh.s = Isl (Spirans), vgl. Bourcierz (1967), S. 3 0 1 ff. Im M h d . stehen d a f ü r /ts/ im Initial, , , Its/ in medialer u n d finaler Stellung, vgl. ö h m a n n (1937), S. 7 0 f f . Vgl. ö h m a n n ( 1 9 4 0 ) , S. 152; ö h m a n n ( 1 9 4 2 ) , S. 2 1 f f . Vgl. ö h m a n n (194), S. 2ff.; a n d e r e m h d . R e p r o d u k t i o n e n v o n ital. , s i n d , , , vgl. G r ö b e r ( 1 9 0 4 - 1 9 0 6 ) , Bd. I, S. 6 2 7 , 6 7 5 f f . 7 0 5 .

352

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

8) vor stellte im Afrz. die Affrikate [ d j ] dar. Im 13. Jh. ging d3 zu [3] über 5 . Im dt. Lautsystem fehlt ein entsprechender präpalataler Reibelaut. Afrz. [3] wurde deshalb durch m h d . in afrz. giraffe > m h d . schraffe substituiert 6 . Das frz. [3] wurde im N h d . adaptiert u n d wird in von Orange < frz. orange als [3] realisiert 7 . Im Gemeinitalienischen u n d Rätoromanischen hat vor ebenfalls den Lautwert [d3], oberitalienisch [ d j ] 8 . Dies spiegelt sich in ital. giubba > dt. Schaube·, oberital. bengiuino > dt. Benzoe wieder. 9) Für mlat. camphora > mhd. campher, kampfer (1250) kann die Schreibung mit bereits die affrizierte Form bezeichnet haben, da im M h d . die Affrikata auch durch notiert wurde 9 . 10) Finales wurde durch in afrz. materas > m h d . materaz. Nach H o r n geht diese Substitution auf das Nordfranzösische des Mittelalteis zurück, wo frz. [s] als [ts] realisiert wurde. Dies geht aus einigen afrz. W ö r t e r n hervor, in denen anstatt des zu erwartenden ein vork o m m t 1 0 . Mediales dt. für in VS k o m m t vor in mlat. berberis > nhd. Berberize (1793), Berberitze (seit 1837). 11) Wahrscheinlich ist die Ersetzung von durch in ital. materasso > dt. Matratze durch die ital. Form materazza (/tts/) zu erklären. 12) 13) Im Italienischen stellt wie im Deutschen die Affrikate mit d e m Lautwert [ts] dar. Ital. soll die Länge dieses Lautes kenntlich m a c h e n " . Frz. [s] wird im Deutschen durch phonographematische Interferenz als [z] realisiert wie im Arabismus frz. razzia > dt. Razzia12. 14) Mit d e m Graphem wurden nur wenige Arabismen überliefert. Im Mittellatein sowie im Französischen u n d Italienischen steht für die labiodentale, stimmhafte Frikative /v/. Allerdings wechselte u n d bis zum 16. Jh. ständig bei der Wiedergabe sowohl des Konsonanten als auch des Vokals. Dies betrifft die genannten Sprachen ebenfalls wie das Deutsche 1 3 . Im Deutschen wurden außerdem u n d bis ins 17. J h . hinein zur Reproduktion des Konsonanten / f / genutzt 1 4 . Z u r graphischen Darstellung von /v/ wurde bis zum 16. Jh. auch neben verwendet 1 5 . Vgl. die Beispiele oben. Bei m h d . karwe > f r ü h n h d . karben >

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Vgl. Bourciez (1967), S. 3 0 I f f . Vgl. H o r n ( 1 9 1 2 ) , S. 78. Vgl. V o l l a n d (1986), S. 86. G r ö b e r ( 1 9 0 4 - 1 9 0 6 ) , S. 6 2 7 , 7 0 5 . Vgl. B o o r / W i s n i e w s k i (1978), S. 18. Vgl. Ö h m a n n (1937), S. 71 u n d A n m . 3. Vgl. Bourcierz ( 1 9 6 7 ) , S. 4 8 9 f f . Vgl. V o l l a n d (1986), S. 92. Vgl. Jellinek (1930), S. 37ff. Vgl. H a r t w e g / W e g e r a (1989), S. 96; Nerius ( 1 9 8 7 ) , S. 2 2 3 . Vgl. Jellinek ( 1 9 3 0 ) , S. 22ff.

Sekundäre Graphemkorrespondenzen

353

nhd. Karbe handelt es sich um den Wechsel von mhd. -rw- zu f r ü h n h d . und nhd. -rb- wie in mhd. varwe > nhd. Farbe·, mhd. mürwe > n h d . mürbe}6 Bei der Reproduktion der Grapheme ; ; ; ; ; : ;

; ; ; in deutschen Arabismen kommen keine Besonderheiten vor. N u r bei einigen Wörtern wurden und

miteinander vertauscht, so in ndl. abrikoos > dt. Aprikose (1665); frühnd. barchent u n d parchent. Bemerkenswert ist das Vorkommen von Doppelkonsonanz in manchen mhd. Arabismen, wobei dies in der Vorlage fehlt, vgl.: Afrz. amiral > mhd. ammiral·, afrz. safran > mhd. saffrän. Nach F. Hartweg diente die Doppelkonsonanz im Mittelhochdeutschen noch nicht zur Markierung der Kürze des vorangehenden Vokals wie im Früh- und Neuhochdeutschen, sondern zur Bezeichnung konsonantischer Länge 17 . 1.2.2. Die Vokale Die vom Original abweichenden Vokalgrapheme der mittelhochdeutschen Arabismen beruhen in erster Linie auf der Anpassung an die deutsche Lautung. Dagegen ist die graphische Veränderung neuerer Transferenzen als Folge der Eindeutschung der fremden Grapheme zu interpretieren. Bei NichtVeränderung des Schriftbildes werden die Arabismen jedoch nach den deutschen P h o n e m - G r a p h e m - Z u o r d n u n g e n realisiert. Daraus ergeben sich Interferenzen, die im Schriftbild der Entlehnungen nicht faßbar werden. Aus den genannten Gründen ist eine abstrahierende tabellarische Darstellung der Entsprechungen von Vokalgraphemen weniger sinnvoll als dies bei Konsonanten der Fall ist. Im folgenden sollen die wichtigsten Veränderungen in der Vokalgestalt von Arabismen beim Übergang von den Vermittlersprachen ins Deutsche dargestellt und erläutert werden. Es werden zunächst die mhd. und f r ü h n h d . Veränderungen aufgezeigt, um dann auf die nhd. einzugehen. Als Folge der Anpassung an die deutsche Lautung traten folgende Vokalentwicklungen bei mhd. Arabismen in Erscheinung: - und der Vorlage wurden im M h d . durch die langen Stammvokale und reproduziert, in: Mndl. scac > mhd. schäcb, ital. giubba > mhd. schübe-, Afrz. leüt > mhd. lütex%. 16 17 18

Vgl. H a r t w e g / W e g e r a (1989), S. 113. Vgl. H a r t w e g / W e g e r a ( 1 9 8 9 ) . S. 97. N a c h B o o r / W i s n i e w s k i (1978), S. 16, bezeichnet der Z i r k u m f l e x Λ in m h d . T e x t e n die langen Vokale ä, e, i, ö, ü. Die m h d . T e x t e - wie sie a n g e b o t e n w e r d e n - stellen aber m o d e r n e Ausgaben dar, die die s c h w a n k e n d e n S c h r e i b u n g e n der H a n d s c h r i f t e n vereinheitlichen u n d so die Texte in „normalisierter O r t h o g r a p h i e " d a r b i e t e n . I n s o f e r n ist es nicht m i t Sicherheit festzustellen, ob die hier a u f t a u c h e n d e n Langvokale auch wirklich lang waren. N a c h N e r i u s ( 1 9 8 7 ) , S. 2 2 5 , w u r d e n im 11. u n d 13. J h . „Länge u n d Kürze der Vokale n u r gelegentlich graphisch gekennzeichnet".

354

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

— Die Vokale der Endungen , , wechselten zu den entsprechenden mhd. Langvokalen , , , in z.B.: Mlat. admiratus > mhd. admirät·, afrz. barragan > mhd. barragäir, afrz. > baldekin mhd. baldakin·, afrz. tambour > mhd. tambür. Die Endung wurde zu in afrz. chamelot > mhd. schamlät. E. ö h m a n n betrachtet diesen Wechsel als Verallgemeinerung des mhd. -dt zum Bildungssuffix sämtlicher Stoffnamen 1 9 . Andere Erscheinungen im Vokalismus mhd. Arabismen wie der Ausfall und die Änderung von Vokalen in medialer und finaler Silbenstellung können als Folge der germanischen Anfangsbetonung interpretiert werden 2 0 . Beispiele: ist ausgefallen in mlat. galanga > mhd. galgän. wechselte zu (durch Abschwächung in Nebensilben) in mlat. borago > mhd. boretsch·, ital. spinaccio > frühnhd. binetsch. Die Endung wurde zu in mlat. camphora > mhd. kampfer; (durch Synkope und Apokope) mlat. cifra > spätmhd. ziffer, mlat. zedoria > mhd. zitwer, ital. zucchero > mhd. zucker. Von der neuhochdeutschen Diphphthongierung wurden im nachhinein folgende Arabismen betroffen: Mhd. lüte > frühnhd. laute·, mhd. schübe > frühnhd. schaube. Zahlreiche im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen übernommene Arabismen nahmen zwar keine Anfangsbetonung an, wurden jedoch hinsichtlich der Endung an das Deutsche angeglichen. Dabei gelten für sie folgende deutsche Endungsregeln: Bei Maskulina und Neutra wird die fremde Endung getilgt, wie in: Ital. carmesino > dt. Karmesin (N); magazzino > dt. Magazin (N); ital. carato > dt. Karat (N); ital. lacca > dt. Lack (M); mlat. siropus > dt. Sirop (M); ital. mammalucco > dt. Mameluck (M); ital. sensale > dt. Sensal (M). Bei Feminia wird die Endung der Lehnwörter durch ersetzt in z.B.: Ital. avaria > dt. Havarie (F); ital. caracca > dt. Karacke (F); ital. moschea > dt. Moschee (F); mlat. berberis > dt. Berberitze (F); ital. giraffa > dt. Giraffe (F); ital. zecchino > dt. Zechine (F). Maskulina ohne vokalische Endung in der Vorlage bleiben im Deutschen unverändert, z.B.: Frz. admiral > dt. Admiral. Neuhochdeutsche Änderungen von Vokalgraphemen Bei folgenden in neuhochdeutscher Sprachperiode entlehnten Arabismen wurden fremde durch deutsche Vokalgrapheme ersetzt: durch in: Frz. cafi > dt. Kaffee, durch in: Frz. bidouin dt. Beduine; durch in: Frz. alcove > dt. Alkoven; durch in: Frz. bddouin >

19 20

Vgl. ö h m a n n (1918), S. 43. Z u m Vokalismus der Nebensilben vgl. Hartweg/Wagera (1989), S. 108ff.

Einige morphologische und prosodische Bemerkungen

355

dt. Beduine; durch in: Frz. marabout > dt. Marabu; frz. mousseline > dt. Musselin. Andere fremde Grapheme in Arabismen wurden jedoch im Deutschen beibehalten: in frz. califat > dt. Kalifat; in frz. hasard > dt. Hasard. Für die Realisierung der genannten Beispiele sowie für sämtliche im heutigen Deutsch vorliegende Arabismen gelten aber die deutschen Verhältnisse zwischen phonologischer und graphischer Ebene. N u r das Merkmal der fremden Akzentuierung, die vor allem bei neuhochdeutschen Entlehnungen erhalten bleibt, ist ein Hinweis auf die fremde Herkunft der Transferenzen. 1.3· Einige morphologische und prosodische Bemerkungen Suffixangleichung Bei folgenden Arabismen kommen Suffixangleichungen vor: Arab, 'amir > byz. ά μ η ρ α ς [amiris] > mlat. amiratus, -agius, -alius, -aldus > afr. amiral, mfrz. admiral > dt. Admiral Arab, 'anbar > mlat. ambra > dt. Ambra Arab, al-^abr > mlat. algebra > dt. Algebra Arab. t)uwarizmT > mlat. algorismus > dt. Algorismus, Algorithmus Im Gegensatz zu den iberoromanischen Entsprechungen wird einigen italienischen Arabismen ein -o angefügt, z.B.: Arab, lazuwardT, vulg.-ar. läzOrd > span, azul > frz. azur, ital. azzurro Arab, qasr > ital. cassero-, span, alcazar > dt. Alkazar Arab, sukkar > ital. zucchero > dt. Zucker, span, azucar Die Nisba-Endung -I (Zugehörigkeitssufix) wird im Italienischen durch -ino ersetzt, z.B.: Arab. haiiäiT > ital. assessino > frz. assassin > dt. Assassin Arab. bagdädT > ital. baldacchino > dt. Baldachin Arab, mausill > ital. mussulino > frz. musseline > dt. Musselin Da, wo manchmal spanische und italienische Suffixangleichungen vorkommen, fehlen sie im Katalanischen, z.B.: Arab. barqQq > span, albaricoque·, ital. albicocca-, kat. albercoc > frz. abricot > ndl. abrikoos > dt. Aprikose Arab. garbT > ital. garbino > dt. Garbin 'Westwind'; kat. garbi Dem kat. Muster entsprechend entstand: Arab, luban gawT > kat. benjui ital. benzoino > dt. Benzoe, woraus Benzin. Während im Mittellatein, im Spanischen und Italienischen die -a Endung der arabischen Wörter erhalten bleibt, wird es im Französischen bei direkten und indirekten Arabismen zu -e (e muet), z.B.: Arab. b a 'rf a > f r z · calife > dt. Kalif, span, calif a Arab, tassa > frz. fasse > dt. Tasse; ital. tazza; span, taza; kat. tassa Arab, qubba > span, alcoba > frz. alcöve > dt. Alkoven

356

Die ausdrucksseitige Entwicklung der Arabismen

Bei anderen frz. Arabismen (insbesondere die neueren bleibt die arabische Endung erhalten wie: Arab, talq > frz. talc > dt. Talk·, span, und it. talco Alg.-ar. gaziya > frz. razzia > dt. Razzia.

Entlehnungen)

Akzentwechsel Der Akzent wird durch ein Häkchen (') oder durch einen Punkt unter dem Vokal markiert. In der Regel wird im Arabischen, vom Wortende aus gesehen, die Folge V K oder V K K betont. Ansonsten wird der Akzent auf die drittletzte Silbe gesetzt, V K V K . Die letzte Silbe wird dagegen nie betont 1 . Bei mehreren romanischen Arabismen werden diese Betonungsverhältnisse beibehalten, wobei die langen betonten Vokalen des Originals gekürzt werden, den Hauptton jedoch behalten. Die Abweichung von diesem Schema im Arabischen reflektiert sich auch in den Arabismen. Beispiele: Arab, badingan > hispanoar. bidingina > kat. alberginia > frz. aubergine > dt. Aubergine Arab, dar a§-$inä'a > ital. arsenate > dt. Arsenal Arab, garräfa > ital. caraffa > frz. carafe > dt. Karaffe Arab. zabTb > ital. zibibbo > dt. Zibebe Arab, funduq > ital. fondaco > dt. Fondaco Arab, sukkar > ital. zucchero > dt. Zucker Arab, qäsr > span, alcäzar > dt. Alkazar Infolge der Kürzung der Nisba-Endung -T im Vulgärarabischen wird der Akzent auf die vorletzte Silbe gezogen, vgl.: Arab, qandf(yu), vulg.-ar. qändi > ital. candito > dt. Kandis Arab, tämr(un) hindi(yun) > vulg.-ar. tamar hindi > ital. tamarindo·, mlat. tamarindus > dt. Tamarinde Arab. al-UuwarizmT(yu), vulg.-ar. al-yuwarimi > aspan. alguarismo·, mlat. algorismus > dt. Algorismus.

1

Vgl. Jastrow (1991), S. 49; Fischer (1972), S. 19-20. Es gibt keine festen Betonungsregeln für das Klassisch-Arabische. Die Sprachgelehrten des Mittelalters äußerten sich nicht über den Wortakzent, obwohl sie die Lautlehre eingehend behandelt haben. Dies hängt wahrscheinlich mit der phonemischen Irrelevanz des Akzentes im Altarabischen zusammen. Die moderne Hochsprache kommt jedoch nicht ohne Wortakzent aus. Mangels einer normativen Vorgabe schwankt aber die Wortbetonung von Region zu Region. Sie spiegelt die Variationsbreite der Akzentsetzung in den Dialekten wieder. Nichtsdestoweniger läßt sich aus den unterschiedlichen Befunden die oben angegebene Grundregel formulieren. Sie kann für die meisten modernen Dialekte und auch für das Altarabische Gültigkeit beanspruchen. Für das Klassisch-Arabische wird die Akzentsetzung der ägyptischen Koranleser als maßgebend angesehen. Dazu vor allem Jastrow (1991), S. 37-51 und Fischer/Jastrow (1980), S. 57-60.

Einige morphologische und prosodische Bemerkungen

357

Im Hispanoarabischen sowie bei einigen Arabismen wurde der Akzent entgegen dem klassisch-arabischen Betonungsmuster auf die letzte Silbe vorgeschoben: Arab. m ä b z a n > hispanoar. al-ma^zen > span, almacin-, ital. magazzino > dt. Magazin Arab, mätrah > vulg.-ar. matrih > ital. materasso > dt. Matratze. Bei Kürzung von Vokalen in geschlossener unbetonter Silbe tritt eine Akzentversetzung auf: Arab. burnOs > vulg.ar. bürnus > frz. burnous > dt. Burnus. Die Insertion von Hilfsvokalen zwischen Konsonant und Sonant führt manchmal zur Aktzentverschiebung mit Endbetonung, z.B.: Arab, qutn > vulg.-ar. qutün > ital. cotone Arab, kühl > hispanoar. kohol > mlat. alcohol > dt. Alkohol.

2. Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen 2.0. Kurzeinführung Im vorliegenden Kapitel werden Arabismen nach semantischen Gesichtsp u n k t e n untersucht. Dabei wird eine quantitative und qualitative Analyse der Inhaltsentwicklung der arabischen Transferenzen unternommen, ausgehend vom Arabischen über die Vermittlersprachen zum Deutschen. Zunächst sollen Arabismen hinsichtlich der Polysemie und Monosemie untersucht werden. Dazu hilft uns ein Diagramm, in dem sämtliche Kombinationsmöglichkeiten von Polysemie und Monosemie in der genannten Sprachen-Folge dargestellt werden. Darauf aufbauend sollen nach einem logischen Prinzip die Inhalte der Wörter in identische, divergierende und partiell divergierende eingeteilt werden. Dabei entstehen verschiedene Kombinationstypen, die die Art der semantischen Entwicklung der Transferenzen von Sprache zu Sprache charakterisieren. So kann z.B. ein arabisches W o r t monosem sein, in der Vermittlersprache polysem werden und beim Ubergang ins Deutsche in nur eine, in VS entwickelte Bedeutung rezipiert bzw. wiederum monosem werden. In diesem Fall liegt partielle Divergenz der Inhalte vor; es ist in jeder Sprache eine Bedeutung enthalten, die in die nächste überliefert ist, wobei jedoch das semantische U m feld des betreffenden Wortes von Sprache zu Sprache variiert. Die durch das genannte Verfahren gewonnenen Kombinationstypen werden d a n n , jeweils wenn Arabismen dazu passen, nach den Gesichtspunkten der funktionalen Klassifikation analysiert und ausgewertet. Die beschriebene Vorgehensweise hat den Vorteil, daß dadurch die quantitativen und qualitativen Veränderungen von Arabismen in systematischer Weise miteinander in Beziehung gesetzt werden können, so daß sie in schematischer Darstellung für den Lexikonteil benutzbar gemacht werden und eine leichte Orientierung für die Bedeutungsentwicklung von Arabismen ermöglichen. Außerdem wird sich dadurch zeigen, daß in vielen Fällen bestimmte Sachgruppen von Arabismen bestimmten Veränderungen unterzogen wurden. Dies ist besonders in kulturhistorischer Hinsicht von Bedeutung. Somit wird das Ziel verfolgt, eine übersichtliche Beschreibung der semantischen Entwicklung von Arabismen zu bieten.

Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

359

2.1. Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata 2.1.1. Matrix 1/ Matrix II (zur quantitativen Inhaltsentwicklung) Es sollen im folgenden die Kombinationen von Monosemie und Polysemie in V e r b i n d u n g mit der Sprachen-Folge Arabisch, Vermittlersprache, Deutsch auf zwei Matrizen dargestellt werden, wobei als Ausgangspunkt jeweils eine monoseme bzw. polyseme Transferenz angenommen wird. Es ergibt sich folgendes Bild: MATRIX I (Ausgangspunkt ist M)

ARAB Μ Μ Μ Μ

> VS —» D T Μ Μ Μ Ρ Ρ Μ Ρ Ρ

M A T R I X II (Ausgangspunkt ist Ρ)

ARAB—> Ρ Ρ Ρ Ρ

VS-> Ρ Ρ Μ Μ

DT Ρ Μ Ρ Μ

ARAB = Arabisch; VS = Vermittlersprache; D T = Deutsch. Μ = Monosemie bzw. monosem; Ρ = Polysemie bzw. polysem. Der Pfeil soll anzeigen, daß die Kombinationen nur auf der horizontalen Ebene Geltung haben.

2.1.1.1. Kommentar Bevor die vorgestellten Kombinationen von Μ und Ρ im Hinbick auf die qualitative Entwicklung erweitert werden, sollen zunächst die Termini Polysemie und Monosemie, wie sie hier Verwendung finden, näher erläutert werden: Monosemie liegt vor, wenn das Signifikat eines Signifikanten aus nur einer Inhaltskollektion besteht. Polysemie liegt vor, wenn das Signifikat eines Signifikanten aus zumindest zwei disjunktiven Inhaltssubstanzkollektionen besteht, deren Relation zueinander durch zumindest ein gemeinsames semantisches Merkmal bestimmt ist 1 . In der Regel sind die Wörter der lebendigen Sprache meist polyseme Wörter. Selten ist ein Wort wirklich monosem. In der Fachsprache ist es aber üblich, daß allgemeine Wörter durch Übereinkunft oder Definition mit einer spezifischen Bedeutung versehen werden. Auch kann ein und dasselbe W o r t in unterschiedliche Fachsprachen übergehen und dort je nach Sachverhalt jeweils auf eine Bedeutung monosemiert werden (vgl. hier z.B. Tambur, Kaliber). In dieser Hinsicht ist das Fachwort nicht prinzipiell, sondern varietätenintern monosem. D e m n a c h soll in bezug auf Arabismen folgendes berücksichtigt werden:

1

Vgl. Henne (1972), besonders S. 159ff.

360

D i e inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

Viele arabische Wörter wurden nicht in ihrer ganzen s e m a n t i s c h e n Breite in die europäischen Sprachen rezipiert, sondern jeweils nur in einer fachspezifischen Bedeutung. Folglich ist es heuristisch irrelevant, wenn z.B. arab. sifr, das d e m W o r t Ziffer zugrunde liegt, bei A R A B unseres M o d e l l s als polysem angegeben wird, da es im Arabischen speziell ' N u l l ' und allgemein 'leer' bedeutet. Arab, sifr konnte aus naheliegenden G r ü n d e n nur in der m a t h e m a t i s c h e n B e d e u t u n g ins Mittellateinische eingehen. Erst im Mlat. bekam cifra neben ' N u l l ' die B e d e u t u n g 'Zahlzeichen' und wurde d a d u r c h varietätsintern polysem. E s k o m m t auch vor, daß ein W o r t in einer b e s t i m m t e n Fachvarietät des Arabischen polysem ist. D i e jeweilige B e d e u t u n g ist situations- oder k o n t e x t a b h ä n g i g . Beispielsweise werden in der arab. medizinischen Literatur h ä u f i g mit einem W o r t sowohl eine Pflanze als auch ihre Derivate bezeichnet. In solchen Fällen wird d a s W o r t a u f der A R A B - E b e n e als polysem angegeben; es bestand die M ö g l i c h k e i t , daß sämtliche B e d e u t u n gen in die entsprechende europäische Fachvarietät eingehen. In manchen Fällen aber wird das wissenschaftlich polyseme A u s g a n g s w o r t nur in einer seiner B e d e u t u n g e n in V S ü b e r n o m m e n , wie z.B. das W o r t Behennuß. D a s m o n o s e m e Fachwort kann auch erst in D T polysem werden, ohne E i n f l u ß des Arabischen oder der Vermittlersprache, wie z.B. das W o r t Galgant. Bei V S richtet sich die A n g a b e von m o n o s e m und polysem nach der s e m a n t i s c h e n Entwicklungsstufe der T r a n s f e r e n z bis zum Z e i t p u n k t der E n t l e h n u n g ins Deutsche. D e n n nach diesem Z e i t p u n k t k ö n n e n Μ und Ρ je in V S u n d in D T , u n a b h ä n g i g voneinander, unterschiedliche qualitative u n d quantitative Veränderungen erfahren. Spätere Entwicklungen von Μ u n d Ρ in der Vermittlersprache sind für das D e u t s c h e nur d a n n relevant, wenn sich inzwischen eine B e d e u t u n g in V S entwickelt hat, die erst im nachhinein als L e h n b e d e u t u n g nach D T gelangte. Bei der A n g a b e von Ρ a u f der V S - E b e n e werden solche späteren Entwicklungen, wenn sie vorliegen und in D T als Lehnbedeutungen eingingen, mitberücksichtigt. D i e A n g a b e von Μ oder Ρ bei D T bezieht sich auf die letzte Bedeutungsentwicklung der Transferenz im D e u t s c h e n . So kann ein W o r t , wie z.B. Natron, im F r ü h n h d . eine andere B e d e u t u n g haben als im N h d . D a s W o r t wird d a n n nicht als polysem, sondern als m o n o s e m betrachtet, da die alte B e d . völlig verschwunden ist und nur noch die neue gilt.

2.1.1.2. Erläuterungen zur Erweiterung der Matrizen I und II D i e oben dargestellten 8 K o m b i n a t i o n e n von Μ und Ρ werden im folgenden durch qualitative Angaben in K o m b i n a t i o n s t y p e n erweitert. D i e Angaben b e s t i m m e n den T y p u s der semantischen Entwicklung, die ein W o r t in der Transferenz-Folge A R A B —» VS —> D T durchlaufen kann. N a c h einem logischen Prinzip sollen drei Q u a l i f i k a t o r e n eingeführt und durch S y m b o l e wie folgt dargestellt werden:

Darstellung der quantitativen u n d qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

361

Das Symbol = steht für „Inhaltsidentität". Das Symbol Φ steht für „Inhaltsdivergenz". Das Symbol c steht für „partielle Inhaltsdivergenz". Im Hinblick auf Μ und Ρ sind die Symbole z.B. wie folgt zu lesen: Μ = Μ = Μ heißt, ein gegebenes Wort ist in der Transferenz-Folge m o n o sem und gleichbedeutend. Μ Φ Μ Φ Μ heißt, ein gegebenes Wort ist in der Transferenz-Folge monosem geblieben, aber die vorhergehende Bedeutung ist verlorengegangen bzw. es liegt jeweils eine neue Bedeutung vor. Μ c Ρ c Μ heißt, ein monosemes W o r t in ARAB bekam in VS zusätzlich eine oder mehrere Bedeutungen, wobei nur eine der letzteren Bedeutungen in D T überging. Die Potenzierung der 3 genannten Qualifikatoren mit den 8 oben vorgestellten Kombinationen von Μ und Ρ ergibt 41 mögliche Kombinationstypen. Beispiel: Die erste Reihe in Matrix I ergibt 4 Kombinationstypen: Μ = Μ = Μ Μ * Μ Φ Μ Μ = Μ 7t Μ Μ * Μ = Μ Der Typus Μ c Μ ist in logischer Sicht nicht möglich. Ebenfalls nicht möglich ist der Typus Μ = Ρ oder umgekehrt. Der Typus Ρ er Ρ ist dagegen möglich; denn es kann vorkommen, daß nicht alle Bedeutungen eines Wortes, sondern nur ein Teil davon, z.B. zwei Bedeutungen in die nächste Sprache überliefert werden, wobei in letzter Sprache andere Bedeutungen dazu kommen können. Das Ergebnis ist, daß die Bedeutungen des Wortes in den beiden Sprachen nur partiell miteinander übereinstimmen. Die lexikographisch behandelten Arabismen (104) und 6 weitere, im Laufe der Ausführung erwähnte Arabismen wie die Ableitungen Natrium, Kalium, rochieren und orange (Adj.) sowie der Ausdruck Racket u n d der Prophetenname Mahomet, die charakterische Bedeutungsenwicklungen aufweisen, sollen die Fälle belegen, die zu den Kombinationstypen passen. Beim Vorliegen von Belegen wird das Symbol [+], beim Fehlen von Belegen das Symbol [ - ] vor den gegebenen Kombinationstyp gesetzt, z.B. Μ Φ Μ Φ Μ [ - ] : Es liegt in unserem Korpus kein Beleg vor, der zu diesem Kombinationstyp paßt. Μ und Ρ in VS beziehen sich nur auf die direkte Vermittlersprache des Arabismus an das Deutsche. Dadurch wird die Stimmigkeit des Verfahrens jedoch nicht tangiert, denn eine semantische Neuerung in den primären Vermittlerstufen ist in unserem Z u s a m m e n h a n g nur relevant, wenn sie die deutsche Sprache erreicht. Ist dies der Fall, so ist diese Bedeutung logischerweise schon in VS enthalten. 2.1.1.2.1. Matrizen III bis X (zur qualitativen Inhaltsentwicklung) Bei den folgenden Kombinationstypen wird Bezug auf die Kombinationen in Matrix I und Matrix II genommen.

362

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

Matrix III Μ = Μ = Μ [+] Μ * Μ * Μ [-] Μ = Μ Φ Μ Μ Μ * Μ = Μ [+] Belege: Μ = Μ = Μ: Alembik; Algebra; Arrak; Beduine; Berberitze; Boretsch; Burnus; Dschinn; Elemiharz; Estragon; Harmelraute; Gazelle; Genette; Giraffe; Gitarre; Kampfer; Kandis; Karaffe; Karat; Karbe; Kubebenpfeffer; Laute; Marabu; Markasit; matt; Mameluck; Minarett; Moschee; Muselmann; Musselin; Roche; Safran; Satin; Spinat; Sumach; Talk; Tasse. Μ = Μ Φ Μ: Natron; Natrium. Μ Φ Μ = Μ: Albatros; Algorithmus; Gamasche; Limonade; mhd. machomet; Maroquin; Orange (Subst.); orange (Adj.). Matrix IV Μ

= Μ

*

Ρ

[-]

Μ = Μ c Ρ [+] Μ Μ c Ρ [+] Μ * Μ Φ Ρ [-] Belege: Μ = Μ c Ρ: Amalgam; Aprikose; Jasmin; Magazin; Matratze; Sirop; Zitwer. Μ Φ Μ c: Ρ: Arabeske; rochieren. Matrix Μ c Ρ Μ c Ρ Μ * Ρ

V c Μ Φ Μ Φ Μ

Μ

c

*

Ρ

Μ

[+] [+] Η [+]

Belege: Μ C Ρ c Μ: Barde; Kattun; Benzoe. Μ C Ρ Φ Μ: Benzin. Μ Φ Ρ c Μ: Marzipan; Racket. Matrix VI Μ

*

ρ

*

ρ

Μ Μ M Μ Μ

Φ Ρ = Ρ * Ρ c Ρ c P c P c Ρ = Ρ c Ρ * Ρ

[_]

[+] [+] [+] [-] [-]

Belege;

Μ Φ Ρ = Ρ:

Baldachin.

Zenit;

Darstellung der quantitativen u n d qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

363

Μ ^ Ρ C P: Chiffre; Hasard; Tambour. Μ C Ρ C Ρ: Alkalde; Amber; Azur; lila; Papagei; Razzia; Soda; Ziffer. Matrix VII Ρ =

Ρ

=

Ρ

Ρ *

Ρ

5t

Ρ

+ +

Ρ c Ρ c Ρ Ρ = Ρ * ρ

+

Ρ = Ρ

c

Ρ

+

φ

=

Ρ

Ρ

Ρ

Ρ φ Ρ c Ρ Ρ c Ρ = Ρ Ρ

c

Ρ

Ψ

+ +

Ρ

Belege:

Ρ = Ρ = Ρ: Artischocke; Aubergine; Lack; Karmesin; Sennesblätter; Sennespflanze; Tamarinde. Ρ c Ρ c Ρ: Arsenal; Elixier; Gaze; Tarif. Ρ = Ρ C Ρ: Kaffee; Joppe. Ρ Φ Ρ c Ρ: Admiral; Alkanna; Kaliber. Ρ c Ρ = Ρ: Schach. Ρ c Ρ Φ Ρ: Alkohol. Matrix VIII Ρ = Ρ

*

Ρ = Ρ c ρ

φ

ρ

φ

Μ

[+]

Μ

[+]

Μ

Ρ Φ Ρ c Μ P c P c M Ρ c Ρ # Μ Belege:

Ρ Ρ P Ρ

[-]

[-] [+] [+]

= Ρ Φ Μ: Anilin. = Ρ c Μ: Alchimie; Bezoar; Mumie. c P c M : Basane; Borax. C Μ * Μ: Kalium.

Matrix IX

ρ φ Μ φ Ρ

[-]

Ρ c Μ c Ρ Ρ Φ Μ c Ρ Ρ c Μ Φ Ρ Belege:

[+] [-] [+]

P c M c P : Alkoven; Almanach; Galgant; Kalif. Ρ c Μ Φ Ρ: Alkali.

364 Matrix Ρ * Μ Ρ * Μ Ρ c Μ Ρ c Μ Belege: Ρ * Μ Ρ α Μ

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

X * Μ = Μ = Μ * Μ

[-]

[+] W [-]

= Μ: Sofa. = Μ: Barchent; Basane;

Behennuß.

Die arab.-dt. direkten Entlehnungen weisen folgende Kombinationstypen auf: Μ = M: Atlas; Sultan. Μ c P: Kadi. Ρ c P: Fakir; Scheich. Ρ a M: Haschisch. 2.1.1.3. Erklärung und Spezifizierung der Inhaltsenwicklung Die Erklärung der oben dargestellten Kombinationstypen erfolgt nach den eingeführten Qualitäten „Inhaltsindentität", „Inhaltsdivergenz", „partielle Inhaltsdivergenz" der Arabismen in der Überlieferung ARAB —> VS —» D T . Die Kombinationstypen werden dabei in den Folgen ARAB —> VS einerseits und VS —» D T andererseits separat behandelt. Erklärungen zu Kombinationstypen mit identisch bleibenden Inhalten werden jedoch ohne Trennung der Folgen dargelegt. Der Kombinationstyp der identisch bleibenden Inhalte ist dadurch bestimmt, daß die semantische Qualität und Quantität des Arabismus in der Überlieferungsfolge ARAB —» VS —» D T gleichgeblieben ist. Beim Kombinationstyp der divergierenden Inhalte taucht die Transferenz in VS oder D T in veränderter Bedeutung auf. Dabei ist die alte Bedeutung entweder verlorengegangen bzw. nicht mehr belegt oder sie wird zur Zeit des Übergangs in die nächste Stufe bereits von der neuen verdrängt. Den Bezugspunkt für neue semantische Entwicklungen bildet hier nicht die alte, inzwischen verlorene Bedeutung, sondern die neue. Dies ist ein entscheidender Unterschied zum Typus der partiell divergierenden Inhalte. Bei diesem Entwicklungstyp wird die alte Bedeutung stets mitüberliefert und kann die Basis für quantitative und qualitative Veränderungen bilden. 2.1.1.3.1. Identisch bleibende Inhalte Die identisch bleibenden Inhalte von Transferenzen in der Überlieferungsfolge ARAB —» VS —> D T treten auf in den Kombinationstypen Μ = Μ = Μ oder Ρ = Ρ = Ρ sowie als Teil von Kombinationstypen in der Form Μ = Μ und Ρ = Ρ, entweder zwischen ARAB —» VS oder zwischen VS —» D T . Es handelt sich in der Hauptsache einerseits um Wörter, die sich auf naturgegebene Dinge, auf Pflanzen, Mineralien und Tiere beziehen, ande-

Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

365

rerseits um Bezeichungen für gefertigte Gegenstände u n d Produkte. Dabei wird das monoseme/ polyseme Ausgangs-/ Zielwort beim Übergang in die nächste Sprache weder quantitativ noch qualitativ verändert. Allerdings betrifft die postulierte „Identität" offensichtlich nicht die konkrete außersprachliche Realität (Inhaltsform) des sprachlichen Zeichens, sondern seinen Begriffsinhalt (Inhaltssubstanz) 2 . W ä h r e n d die D i n g e der Außenwelt stets im W a n d e l begriffen sind, werden die alten Bezeichnungen aus verschiedenen G r ü n d e n beibehalten. Linguisten sprechen in diesem Z u s a m m e n h a n g von Sachwandel o h n e Bezeichnungswandel, oder wie Kronasser sagt, von „Bezeichnungsstillstand trotz Umweltwandel" 3 . N a c h U l l m a n n steht hier nicht die Geschichte der Bezeichnung im V o r d e r g r u n d der Betrachtung, sondern die des Bezeichneten selbst, dessen U m f o r m u n g erst d a n n zu erkennen ist, wenn zeitlich weit auseinanderliegende Stufen einander gegenüber gestellt werden 4 . Das Beibehalten der Bezeichnung richtet sich in der H a u p t s a c h e nach der Funktion des Bezeichneten 5 . Diese konstituiert den Begriffsinhalt des sprachlichen Zeichens. In diesem Z u s a m m e n h a n g sei auch auf die Erscheinungen von Bedeutungserweiterung u n d Bedeutungsverengung hingewiesen. Bei der logischen Einteilung u n d der funktionalen Klassifizierung der Bedeutungsentwicklung k ö n n e n diese Erscheinungen nicht erfaßt werden. So erfuhren manche Arabismen in VS oder D T f u n k t i o n a l zwar keine Bedeutungsveränderung, ihre V e r w e n d u n g wurde jedoch entweder erweitert oder verengt. Das W o r t Basane z.B., das in einer T e i l k o m b i n a t i o n der Form Μ = Μ v o r k o m m t , wurde beim Übergang von VS in D T auf die Bed. ' f ü r Bucheinbände verwendetes Schafleder' verengt, wohingegen es im Frz. 'Schafleder' allgemein bedeutet u n d 2

Die Ansicht, d a ß Begriffe auch bei Konstanz der natürlichen U m w e l t sich wegen des W a n d e l s der von Sprechergruppen abhangigen Auffassung von der Sachwelt f o r t d a u e r n d ä n d e r n , wird hier d u r c h a u s zur Kenntnis g e n o m m e n , jedoch nicht als dritte D i m e n s i o n für die U n t e r s u c h u n g herangezogen. Natürlich wäre es interessant zu u n t e r s u c h e n , auf welche W e i s e Sache u n d W o r t der hier als „inhaltlich i d e n t i s c h " b e t r a c h t e t e n T r a n s ferenzen d u r c h die Zeit h i n d u r c h u n d in der jeweiligen E m p f ä n g e r s p r a c h e aufeinander bezogen werden. Dies w ü r d e aber die Möglichkeiten dieser Arbeit übersteigen. Z u m Gegenstand Sach- u n d W o r t f o r s c h u n g s. Reichmann (1984), S. 4 4 0 - 4 6 0 , besonders S. 4 4 2 . Z u den Begriffen Inhaltssubstanz und Inhaltsform vgl. H e n n e (1972), S. 19ff. Es war der dänische Sprachtheoretiker Louis Hjelmslev, der auf die systematische I n t e r d e p e n d e n z von Ausdruck u n d Inhalt eines Zeichen a u f m e r k s a m gemacht u n d auf die Relevanz der Kategorien Form und Substanz f ü r die B e s t i m m u n g sowohl der A u s d r u c k s - als auch der Inhaltsseite von Zeichen hingewiesen hat. Vgl. H e r b e r t / Brekle (1972), S. 66ff.

1

Kronasser (1968), S. 107. Vgl. U l l m a n n ( 1 9 6 7 ) , S. 192ff. N a c h Schwietering ( 1 9 2 5 ) , S. 154ff., tritt im Fall des Beibehaltens der alten N a m e n f ü r technisch entwickelte G e g e n s t ä n d e die M o d i f i k a t i o n im ä u ß e r e n Erscheinungsbild hinter der k o n s t a n t gebliebenen F u n k t i o n völlig zurück. Die A n n a h m e eines Bedeutungswandels wäre hier, B e d e u t u n g u n d Sache gleichzusetzen. D a b e i wird die T a t s a c h e vergessen, d a ß „ B e d e u t u n g n i c h t v o m bezeichneten O b j e k t , s o n d e r n v o m b e n e n n e n d e n S u b j e k t her b e s t i m m t w i r d " , ebd. S. 156.

4 5

366

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

in verschiedenen Zusammenhängen verwendet wird. Eine ähnliche Entwicklung ist beim Ausdruck Joppe in einem Kombinationsteil der Form Ρ = Ρ festzustellen; im Arabischen ist Joppe O b e r g e w a n d für Frauen und Männer', beim Ubergang ins Italienische wird das Wort in verengter Bed. als 'Jacke für Männer' verwendet. Mehrere Arabismen, die Kulturgüter bezeichnen, bezogen sich anfangs auf orientalische Gegenstände, die im europäischen Raum weiterentwikkelt wurden, z.B. die Musikinstrumente, die Textilien oder das Schachspiel. Manche Arabismen, die in Teilkombinationen des Typs Μ = Μ oder Ρ = Ρ vorkommen, wurden erst in VS oder DT zur Bezeichnung von

Kulturelementen verwendet, wie z.B. Algorithmus; Sofa; Alkohol; Benzin; Natrium.

Arabeske;

Gamasche;

Eine Sondergruppe im Bereich der gleichbleibenden Bedeutungen bilden die Namen für alchimistische Geräte wie z.B. Alembik, die mit dem Untergang der Alchimie außer Gebrauch kamen und sich daher sachlich und inhaltlich nicht weiterentwickelt haben. Als Sondergruppe sind hier auch die typisch orientalischen oder islamisch-arabischen Bezeichnungen

zu betrachten, wie Beduine,

Dschinn,

Moschee,

Minarett.

Obwohl diese

Wörter im Arabischen und in den Empfängersprachen gleichbedeutend geblieben sind, werden sie je nach Religions- und Kulturzugehörigkeit der Sprachbenutzer islamisch/ christlich jeweils mit anderen Wertungen verwendet. Der Ausdruck Mammeluck 'Leibgarde des ägyptischen Sultans' erfuhr bis Anfang des 20. Jh.s eine Pejorisierung als 'Abtrünniger; Schandbube, Treuloser, Heuchler'. Der Grund hierfür ist der christliche Ursprung mancher Mamelucken, die im Dienst der ägyptischen Sultane sich zum Islam haben bekehren lassen. Auch der Ausdruck Sultan wurde im 18. Jh. vorübergend einer Bedeutungsverschlechterung unterzogen. Im Deutschen werden mehrere Arabismen, die dem Kombinationstyp Μ = Μ = Μ zugehören, hybridisiert. Dabei werden unmotivierte monoseme Wörter durch Anfügung eines deutschen Hauptwortes verdeutlicht,

wie z.B. Behennuß;

Elemiharz; Harmelraute;

Kubebenpfejfer.

Die Pflanzen-

namen und Namen für Mineralien im Kombinationstyp Ρ = Ρ = Ρ bezeichnen im Arabischen und in der Vermittlersprache in den meisten Fällen sowohl die Sachen als auch deren Produkte. Im Deutschen wird nach einer Entlehnungsphase, wo das Wort auch polysem verwendet wird, zum M i t tel der differenzierenden Komposition gegriffen, so z.B. arab. sanä > mlat. sene > mhd. sene (Lexer) 'Cassia acutifolia und deren Blätter' > frühnhd.

senetbaum

(Maaler), senetstaud

(Dasypodius) für die Pflanze;

senesblätter

(Hulsius) für die Blätter, heute Sennespflanze/ Sennesblätter (Duden). Manchmal wird nur ein Teil der Transferenz motiviert, so z.B. Karmesin/ karmesinrot; Gummilack/Lack, wobei hier das entlehnte Lexem als Grundwort der Komposition fungiert. 6 6

Z u diesem Sachverhalt vgl. Fleischer (1977), S.

110-122.

D a r s t e l l u n g d e r q u a n t i t a t i v e n u n d q u a l i t a t i v e n I n h a l t s e n t w i c k l u n g in S c h e m a t a

367

Zusammenfassend treten 45 der gesamten, hier in Betracht kommenden Arabismen in den Kombinationstypen Μ = Μ = Μ und Ρ = Ρ = Ρ bzw. Μ = Μ und Ρ = Ρ (bei arab.-dt. Entlehnungen) auf. Es sind überwiegend Fachbezeichnungen für Pflanzen, Mineralien und deren Produkte. An zweiter Stelle kommen die Wörter für Kulturgüter und solche für typisch arabische Gegenstände. Daß die inhaltlich identisch gebliebenen Wörter im Gegensatz zu anderen, die sich auf ähnliche Sachverhalte beziehen, keine semantische Entwicklung erfuhren, kann vielleicht mit dem fachsprachlichen Charakter dieser Bezeichnungen und mit der Seltenheit ihrer Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch zusammenhängen. Divergierende Inhalte Der Fall der Inhaltsdivergenz von Arabismen in der Überlieferungsfolge ARAB —> VS —> DT kann allgemein wie folgt beschrieben werden: Erstens: Der Signifikant eines Signifikats des Ausgangszeichens wird zum Signifikant eines Signifikats des Zielzeichens, da Sememe der beiden Signifikate miteinander identifiziert werden können. Zweitens: Durch die Entstehung eines Bezeichnungsbedarfs in der Zielsprache wird der Signifikant eines Signifikats des transferierten Ausgangszeichens morphologisch umfunktioniert und mit dem neu entstandenen Signifikat verbunden, wobei die Sememe der beiden Signifikate durch gemeinsame semantische Merkmale miteinander in Relation stehen. Beide Fälle liegen dem Bedeutungswandel von Arabismen zugrunde und können unter funktionalen Gesichtspunkten durch die Ausdrücke Namenübertragung und Namenneubildung terminologisch umschrieben werden. Namenübertragung entspricht der Sinnübertragung und bezieht sich auf die Bedeutungsveränderungen, die sich beim Ubergang der Transferenz von ARAB —> VS und von VS —> DT ergaben. Die Namenneubildung betrifft die Fälle, in denen arabische Transferenzen in VS oder DT durch morphologisches Umfunktionieren zum Bezeichnen neuentdeckter Sachverhalte, vor allem im Wissenschaftsbereich, fungieren. Die getroffene Einteilung sowie die noch zu präzisierende Differenzierung der beiden Klassen in Kategorien stellen eine am Fall der Arabismen orientierte Adaptation der Ullmannschen funktionalen Klassifikation des Bedeutungswandels dar 7 . Dementsprechend kommt Bedeutungswandel bzw. Inhaltsdivergenz von Arabismen beim Übergang von ARAB zu VS oder von VS zu DT durch folgende Erscheinungen zustande: 2.1.1.3.2.

7

V g l . U l i m a n n ( 1 9 6 7 ) , S.

197-225.

368

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

1.

Namenübertragung 1. a. a u f g r u n d von Sinnähnlichkeit 1. a. a. objektive Sinnähnlichkeit 1. a. b. subjektive Sinnähnlichkeit 1. b. a u f g r u n d von S i n n b e r ü h r u n g 2. Indirekte N a m e n ü b e r t r a g u n g durch Bedeutungsentlehnung 3. N a m e n n e u b i l d u n g zur Bezeichnung neu entstandener Sachverhalte aufg r u n d von S i n n b e r ü h r u n g des alten u n d neugebildeten N a m e n s N a m e n ü b e r t r a g u n g e n a u f g r u n d von Sinnähnlichkeit u n d S i n n b e r ü h r u n g stellen zwei unterschiedliche Kategorien des Bedeutungswandels dar. Sie sind hinsichtlich ihrer Struktur mit den in der Rhetorik kunstmäßig zustande k o m m e n d e n Übertragungen der M e t a p h e r u n d der M e t o n y m i e eng verwandt 8 . Bei 1. a. a. handelt es sich um „wesensmäßige Ähnlichkeit" 9 der Sachverhalte der zu übertragenden Bedeutungen. Solche Übertragungen setzen einen sachbezogenen Vergleichsbezug, ein T e r t i u m comparationis voraus. Bei 1. a. b. ist das T e r t i u m comparationis, das das Wesen von Übertragungen ausmacht, kein objektives, sondern ein „gefühlsmäßiges", ein „auf den analogen Eindruck u n d den vergleichbaren Affektgehalt der beiden Sinne" 1 0 zielendes T e r t i u m comparationis. 1. b. betrifft die Fälle, in denen die Sachverhalte des zu übertragenden Wortes in einem räumlichen, zeitlichen oder kausalen Verhältnis stehen. Es sind die bekannten metonymischen Beziehungen von Erzeugnis - Erzeuger; Besitz - Besitzer; Besitzer - Besitz; Inhalt - Gefäß; Einwohner - Ort; Zeitgenossen — Zeit; Produkt — Material; Ganzes — Teil; Teil - Ganzes 1 1 . Bei 2. handelt es sich - im Unterschied zu direkten N a m e n ü b e r t r a gungen - u m indirekte oder vermittelte Übertragungen 1 2 ; in VS oder D T wird die B e d e u t u n g eines Arabismus nicht direkt entwickelt, sondern aus einer anderen Vermittlersprache entlehnt, wobei die N e u e r u n g in letzterer Sprache a u f g r u n d von Sinnähnlichkeit oder S i n n b e r ü h r u n g zustande k o m m t . Allerdings ist es nicht immer eindeutig festzustellen, ob es sich tatsächlich um Bedeutungsentlehnung bzw. L e h n b e d e u t u n g oder um eine parallele Bedeutungsentwicklung des Arabismus in der jeweiligen E m p f ä n gersprache handelt 3 . Bei den verschiedenen Kategorien der geschilderten N a m e n ü b e r t r a g u n g ist die Bedeutungsveränderung bzw. Inhaltsdivergenz von Arabismen beim 8 9 10

" 12 11

Vgl. Kubczack ( 1 9 8 6 ) , S. 8 3 - 9 9 . U l l m a n n ( 1 9 6 9 ) , S. 2 0 8 . U l l m a n n ebd. Vgl. Kubczack ( 1 9 8 6 ) , S. 95ff.; W e i n r i c h (1987), S. 109. Vgl. U l l m a n n ( 1 9 6 9 ) , S. 2 1 1 . Z u r P r o b l e m a t i k der semantischen Parallelentwicklung u n d L e h n b e d e u t u n g vgl. ebd., S. 2 1 2 f f .

Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

369

Übergang von ARAB —» VS durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Erstens kann die ursprüngliche arabische Bedeutung der betreffenden Transferenz bereits beim ersten Auftauchen in VS verlorengegangen sein bzw. weist das Zielwort von vornherein eine vom Ausgangswort divergierende Bedeutung auf. Dies ist der Fall bei Albatros, Hasard, Kaliber, Mahumet, Sofa, Tambur. Zweitens kann die arabische Bedeutung der betreffenden Transferenz beim Übergang in VS zunächst mitüberliefert werden, später aber durch eine neue, in VS entwickelte Bedeutung völlig verdrängt werden. Die Transferenz erreicht dann D T in letzterer Bedeutung. Dies ist der Fall bei Admiral, Alkanna, Baldachin, Chiffre, Orange, Racket. Sowohl im ersten als auch im zweiten Fall kann die neue Bedeutung der Transferenz den Bezugspunkt für die Entwicklung anderer semantischer Einheiten bilden. Im Fall der Namenneubildung weist die Inhaltsdivergenz folgendes auf: Ein mit Wortkörper und Bedeutung in VS oder D T transferierter Arabismus fungiert als Basislexem für die Bildung eines neuen Zeichens mit veränderter Form und Bedeutung. Es handelt sich, wie oben erwähnt, um Derivationen von Arabismen, um neue Sachverhalte zu bezeichnen. Die semantischen Beziehungen zum Ausgangswort entsprechen den Kategorien von Sinnübertragung und Sinnberührung. Es werden im folgenden die oben bei III. 2.1.1.2.1. gebrachten Transferenzen noch einmal im Hinblick auf die beschriebene funktionale Klassifikation dargestellt. Bei der Ausführung werden nur Bedeutungen und keine Formen der Wörter berücksichtigt. Das deutsche Wort fungiert als Stichwort. In der Folge ARAB —» VS wird die Bedeutung des arabischen Ausgangswortes einerseits und andererseits die Bedeutung desjenigen Zielwortes angegeben, die direkt die betreffende Transferenz an das Deutsche vermittelte. In der sekundären Folge werden die Bedeutungen in VS und D T gegenüber gestellt. Zu den einzelnen Bedeutungen werden die entsprechenden Sprachen in Klammern gesetzt, z.B. (arab.), (dt.). Die Kombinationstypen zu den betreffenden Wörtern können oben konsultiert werden. 2.1.1.3.2.1. primäre Inhaltsdivergenz Namenübertragung aufgrund von objektiver Sinnähnlichkeit: - Albatros: (arab.) 'eine Art Seeadler' > (engl.) 'Diomeda exulans' 14 - Alkanna·, (arab.) 'Lawsonia inermis' > (nlat.) 'Alkanna tinctoria' - Kaliber, (arab.) 'Leisten des Schusters'; 'Gußform' > (frz.) 'Durchmesser der Geschützmündung'; 'Durchmesser eines Geschosses' - Marzipan: (arab.) 'Gefäß aus Porzellan' > (ital.) 'Marzipanschachtel' - Orange·, (arab.) 'bittere Apfelsine' > (frz.) 'süße Apfelsine' Z u den Ü b e r t r a g u n g e n a u f g r u n d von tier- u n d pflanzengeographischen vgl. Kronasser (1968), S. 105.

Veränderungen

370

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

- Sofa: (arab.) '(steinerner) Vorsprung'; 'Sims'; 'Estrade'; 'Sattelkissen' > (frz.) 'Sitzmöbel' - Tambour, (arab.) 'Saiteninstrument' > (frz.) 'Trommel' Namenübertragung aufgrund von subjektiver Sinnähnlichkeit: - » Mahumet: (arab.) 'Name des islamischen Propheten' > (frz.) 'ein Götze - Racket, (arab.) 'Handfläche' > (engl.) 'Ballschläger' Indirekte Namenübertragung aufgrund von Lehnbedeutung: - Admiral·, (mlat. > frz.) 'Kommandant der Flotte' 1 5 - Baldachin: (orient. Sprache > ital.) 'prunkvolle Überdachung' Namenübertragung aufgrund von Sinnberührung: - Chiffre: (arab.) 'Null' > (mlat./frz.) 'Zahlzeichen' - Hasard: (arab.) 'Spielwürfel* > (frz.) 'Würfelspiel' - Gamasche: (arab.) 'Leder (aus der Stadt Ghadames') > (frz.) 'lederne Beinbekleidung' Die in VS auftauchenden neuen Bedeutungen bildeten meist Bezugspunkte für neue semantische Einheiten. Die Inhaltsentwicklung läßt sich nach den Kategorien der Namenübertragung wie folgt präsentieren: Übertragung aufgrund von objektiver Sinnähnlichkeit: - Baldachin: (ital.) 'prunkvolle Überdachung' > 'Ornament über einem Altar' - Chiffre: (frz.) 'Zahlzeichen' > 'Monogramm'; 'Kennwort' - Tambour: (frz.) 'Trommel' > 'zylindrischer Bauteil', 'trommelartiger Stickrahmen' Übertragung aufgrund von subjektiver Sinnähnlichkeit: - Chiffre: (mlat./ital.) 'Null' > (ital.) 'Geheimschrift' - Kaliber, (frz.) 'Durchmesser eines Geschosses' > 'Beschaffenheit einer Person oder Sache' - Hasard: (frz.) '(un)günstiger Spielwurf' > 'Risiko, Wagnis; Zufall, Geschick' Übertragung aufgrund von Sinnberührung: - Admiral: (mlat./frz.) 'Kommandant der Flotte' > (frz.) 'Admiralsschiff - Alkanna: (mlat.) 'Alkanna tinctoria' > 'Wurzel der Alkanna tinctoria' - Hasard: (afrz.) 'Würfelspiel' > '(un)günstiger Spielwurf' - Marzipan: (ital.) 'Marzipanschachtel' > 'Marzipan' - Tambour, (frz.) 'Trommel' > 'Trommler' Indirekte Namenübertragung durch Lehnbedeutung: - Chiffre: (ital. > frz.) 'Geheimschrift' Namenneubildung (aufgrund von Sinnberührung) - Algorithmus: 'Name des Mathematikers (Uuwärizml) > (mlat.) 'Rechenart' Zur Bedeutungsentwicklung des mlat. amiratus, admiratus vom „Titel des Statthalters Siziliens" zu 'Kommandant der Flotte' vgl. hier den Artikel Admiral.

Darstellung der quantitativen u n d qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

371

- Arabeske: (arab.) 'Völkername der Araber, die einen bestimmten Verzierungsstil entwickelt haben' > (frz.) O r n a m e n t nach Art der arabischen Verzierungen' - Limonade: 'Citrus limonium' (arab.) > (frz.) 'Getränk' - Maroquin·. 'Ländername' (Marokko) > (frz.) 'eine bestimmte Lederart' - orange·. 'Orange' (arab.) > (frz.) Farbadjektiv 'in der Farbe der O r a n g e ' - rochieren·. ' T u r m im Schachspiel' (arab.) > (frz.) 'eine Rochade ausführen' (zu roc ' T u r m im Schachspiel') Es treten fast genausoviel Namenübertragungen aufgrund von Sinnähnlichkeit (15) wie solche aufgrund von Sinnberührung (14) auf. Ubertragungen aufgrund der semantischen Berührung kommen überwiegend im Mittelalter vor und sind meist in den unmittelbar mit dem Arabischen in Kontakt getretenen Sprachen entstanden. Dagegen erscheinen Übertragungen aufgrund von Sinnähnlichkeit hauptsächlich in der Neuzeit u n d sind meist in den sekundären Empfängersprachen gebildet worden. Es erscheinen 3 indirekte Namenübertragungen aufgrund von Lehnbedeutung. Die Transferenzen Albatros, Hasard, Kaliber, Tambour weisen eine lückenhafte Überlieferungsgeschichte auf. Es fehlen im Arabischen Belege für die europäischen Bedeutungen. Umgekehrt fehlen im Spanischen, das bei diesen Arabismen als primäre Zielsprache fungiert, Belege für die genuin arabischen Bedeutungen. Man kann jedoch folgendes vermuten: Da Arabisch und Spanisch am frühesten und intensivsten in Kontakt getreten sind, können die genannten Transferenzen zur ersten arabisch-spanischen Entlehnungsschicht gehört haben und im Laufe der Zeit - durch die Anpassung an die neue Umgebung — einem spontanen Bedeutungswandel unterzogen worden sein bzw. ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben. Dagegen sind die Wörter Admiral, Alkanna, Baldachin, Orange und Racket sowie das ital. G r u n d w o r t zu frz. Chiffre zunächst mit den entsprechenden arabischen Bedeutungen in die Zielsprachen eingegangen. H e u t e existieren diese Bedeutungen nicht mehr, sie wurden bereits früh verdrängt u n d durch die neuen ersetzt. Als Bedingung für die Übertragung kann auch hier die Integration im Wortschatz der Zielsprachen angenommen werden. Die Bedeutungsveränderung von Machomet beruht dagegen nicht auf Integrationsvorgängen, sondern ist auf eine außersprachliche, historische Situation zurückzuführen. Genauso wie z.B. das mhd. amiral, das einer Bedeutungserweiterung von 'Statthalter' zu 'Oberbefehlshaber' unterzogen wurde, ist die Bedeutungsverschlechterung von Machomet16 auf die mangelhafte Kenntnis der islamischen Verhältnisse und auf die religiösen Vorurteile zwischen Christen und Muslimen im Mittelalter zurückzuführen. Bei Neubildungen fungierten Arabismen als Basislexeme zur Bezeichnung neuer semantischer Einheiten. Die Referenzen bzw. Sachverhalte dieser

Z u r pejorativen B e d e u t u n g s e n t w i c k l u n g vgl. Jaberg ( 1 9 0 3 ) , S. 41 ff.

372

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

Bedeutungseinheiten oder Signifikate sind z.T. bereits im arabischen Kulturkreis vorhanden gewesen wie die Rechenart 'Algorithmus' und die Lederart 'Maroquin', zum anderen Teil sind sie erst im Abendland entwikkelt worden wie das Farbadjektiv 'orange', das Getränk 'Limonade' und die Schachspieltechnik des 'Rochierens'. In morphologischer Hinsicht handelt es sich bei Algorithmus, Arabeske, Maroquin um abgeleitete Gattungsnamen oder Appelativa aus Eigen- bzw. Ortsnamen, bei Limonade, rochieren und orange um Ableitungen, die auf bereits assimilierte substantivische Arabismen zurückgehen. Das Farbadjektiv orange wurde durch Umsetzung in eine andere Wortklasse gebildet. 2.1.1.3.2.2. Sekundäre Inhaltsdivergenz Namenübertragung aufgrund von Sinnberührung: — Natron: (mlat.) 'Natriumkarbonat, Soda' > (dt.) 'Natriumbikarbonat' Indirekte Namenübertragung aufgrund von Lehnbedeutung: — Alkali: 'basisch reagierende Lösung' (ndl. > dt.) Namenneubildung (aufgrund von Sinnberührung): — Anilin·. 'Flüssigkeit mit basischen Eigenschaften' zu (frz. > dt.) Anil 'Indigo' — Benzin·. 'Erdöldestillat' zu (ital. > dt.) Benzoe 'Benzoeharz' — Kalium·. 'Alkalimetall' zu (mlat. > dt.) Alkali 'Pottasche' — Natrium·. 'Alkalimettal' zu (mlat. > dt.) Natron 'Natriumkarbonat' Im Gegensatz zu ARAB —> VS tritt Inhaltsdivergenz von VS zu D T überwiegend aufgrund von Namenneubildung auf. Allein Natron, das als 'Natriumkarbonat' rezipiert wurde, ist auf 'Natriumbikarbonat' verschoben worden. Alkali ist in seinem heutigen Gebrauch eine Lehnbedeutung. Hinsichtlich Neubildungen fungierten früher im Deutschen aus VS entlehnte Arabismen als Basislexeme zur Bezeichnung neuentdeckter chemischer Produkte. Die Sinnberührung auf sprachlicher Ebene entsprach anfangs der sachlichen Berührung der Gegenstände. Heute ist dieser Zusammenhang durch die Entwicklung der Chemie verloren gegangen und aus diesem Grund kann hier von inhaltlicher Divergenz zwischen den transferierten Lexemen und den daraus entstandenen Bildungen gesprochen werden. Anders als die primäre Inhaltsdivergenz in VS betrifft die sekundäre Inhaltsdivergenz in D T erheblich weniger Arabismen und erfolgte im Unterschied zu dieser überwiegend durch Namenneubildung. Dies kann auf den zeitlichen Unterschied und auf den Unterschied der direkten bzw. indirekten Entlehnung der Arabismen in den Vermittlersprachen und im Deutschen zurückgeführt werden: Die Arabismen in VS weisen mehr Integrationsvorgänge als im Deutschen auf. Daß die Neubildungen in D T sowie die Namenübertragung von Natron lediglich im Bereich der chemischen Fachsprache angesiedelt sind, weist auf den Stellenwert der Chemie im deutschsprachigen Raum hin.

Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

373

2.1.1.3.3. Partielle Inhaltsdivergenz I m Unterschied zur Inhaltsdivergenz ist die partielle Inhaltsdivergenz in der Transferenz-Folge A R A B —> V S oder V S —» D T d a d u r c h gekennzeichnet, daß eine oder mehrere B e d e u t u n g e n des betreffenden W o r t e s in die nächste S t u f e überliefert werden u n d hier im Fall der Polysemie als Basis für weitere semantische Entwicklungen dienen. D a b e i k o m m e n f o l g e n d e K o m b i n a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n in Frage: Μ c

P:

Ρ C M: Ρ C Ρ:

das m o n o s e m e W o r t wird in die nächste S t u f e rezipiert u n d erfährt dort weitere semantische Entwicklungen. das polyseme W o r t wird in die nächste S t u f e in nur einer ihrer B e d e u t u n g e n rezipiert. (1) Eine, mehrere oder sämtliche B e d e u t u n g e n des p o l y s e m e n W o r t e s gehen in die nächste S t u f e über und erfahren d o r t zusätzliche semantische Ü b e r t r a g u n g e n . (2) M e h r als eine B e d e u t u n g des polysemen W o r t e s wird in die nächste S t u f e rezipiert und dort semantisch nicht weiter entwikkelt.

Hinsichtlich der qualitativen V e r ä n d e r u n g der A r a b i s m e n k ö n n e n — oben erwähnt - manche W ö r t e r durch die f u n k t i o n a l e Klassifikation N a m e n ü b e r t r a g u n g nicht transparent werden. Es handelt sich u m Fälle B e d e u t u n g s e r w e i t e r u n g u n d B e d e u t u n g s v e r e n g u n g , die im f o l g e n d e n geeigneter Stelle separat behandelt werden.

wie der der an

2.1.1.3.3.1. Bei primärer Entlehnung N a m e n ü b e r t r a g u n g a u f g r u n d von Sinnähnlichkeit: Μ c Ρ - Amber: (arab./frz.) 'graue A m b r a ' > (frz.) 'gelbe A m b r a ' Barde: (arab./ frz.) 'Sattel' > (frz.) ('dünner Bastsattel') > ' d ü n n e Speckscheibe' (subjektive Inhaltsähnlichkeit) Papagei: (arab./ frz.) 'buntgefiederter Vogel' > (frz.) 'Schützenvogel' Razzia: (arab./ frz.) ' B e u t e z u g ' > (frz.) 'polizeiliche Ü b e r r a s c h u n g s aktion' Ρ c Ρ (1) Arsenal: (arab.) 'Fabrik'; 'Schiffswerft' > (ital.) 'Schiffswerft'; 'Lager für Kriegsmaterial' Elixier: (arab.) 'Streupulver für Augenkrankheiten'; 'Mittel zur Metallverwandlung' > (mlat.) 'Mittel zur Metallverwandlung'; 'Allheilmittel' N a m e n ü b e r t r a g u n g a u f g r u n d von S i n n b e r ü h u n g : Μ c P: - Azur: (arab./frz.) 'helle blaue Farbe (des Lapis Lazuli)' > (frz.) ( ' B l a u des H i m m e l s ' ) > ' H i m m e l ' Benzoe: (arab./ital.) 'Benzoeharz' > (ital.) ' B e n z o e b a u m ' Kattun: (arab./ndl.) ' B a u m w o l l e ' > (ndl.) ' S t o f f aus B a u m w o l l e '

374

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

— Soda: 'Sodapflanze' (arab./ital.) > (ital.) 'Pflanzensoda' — Z i f f e r . 'Null' (arab./mlat.) > (mlat.) 'Zahlzeichen' Ρ c P(l) — Alkoven: (arab.) 'Kuppel'; 'Zelt'; 'Bettnische' > (frz.) 'Bettnische' > 'Ort der Liebesbeziehung' (Lehnbed.?) — Borax: (arab./mlat.) 'borsaures Natrium'; 'ein Baumharz'; 'Krötenstein' (mlat.) 'Natron'; 'Salpeter' — Gaze: (arab.) 'Rohseide'; (arab. > frz.) 'grobmaschiges Textil' > (frz.) 'Verbandsmaterial aus Gaze' — Schach: (arab./mndl.) 'schachbietender Zug'; 'Schachzuruf; 'König im Schachspiel' > (mndl.) 'Schachspiel' Namenneubildung (aufgrund von Sinnberührung) Μ c Ρ — lila: (arab./frz.) 'Flieder' > frz. (lilas adj.) 'fliederfarben' Bei folgenden Transferenzen wurde nur ein Teil der arabischen Bedeutungen in VS rezipiert: Ρ c Μ — Alkali: (arab.) 'Pottasche'; 'Salzpflanze' > (mlat.) 'Pottasche' — Barchent, (arab.) 'Wollstoff'; 'Obergewand' > (frz.) 'Wollstoff' — Basane: (arab.) 'Innenseite einer Sache'; 'dünner Futterstoff'; 'gegerbtes Schafleder' > (frz.) 'gegerbtes Schafleder' — Behennuß: (arab.) 'Behenbaum'; 'Behennuß' > (mlat.) 'Behennuß' — Galgant: (arab.) 'Alpina oficinarum'; 'Galgantwurzel' > (mlat.) 'Galgantwurzel ' Eine semantische Erweiterung in VS erfuhr folgendes Wort: Ρ c Μ — Almanack: (arab.) u. a. 'astrologisches Kalendarium' > (frz./ ndl.) 'Kalendarium mit astrologischen und verschiedenen Einträgen' Bedeutungsverengungen wurden in VS folgende Wörter unterzogen: Μ c Ρ — Alkalde: (arab./ span.) 'Richter' > (span.) 'Ortsrichter mit administrativen Aufgaben' > 'Bügermeister' — Azur: (arab./ frz.) 'helle blaue Farbe (des Lapis Lazuli)' (frz.) 'Blau des Himmels' — Barde: (arab./ frz.) 'Sattel' > (frz.) 'dünner Bastsattel' — Joppe: (arab.) 'Gewand für Männer und Frauen' > ital. 'Jacke für M ä n n e r ' ; 'Uniformjacke' Im Unterschied zum Fall der Inhaltsdivergenz in ARAB —> VS treten hier etwas mehr Übertragungen aufgrund von Sinnberührung als solche a u f g r u n d von Sinnähnlichkeit (10, einschließlich der morphologischen Neubildung des Adjektivs lila, gegen 6) auf. Polysemierung (M c P) dominiert mit 14 Beipielen gegenüber Monosemierung (P c M ) mit 6 Beispielen. Im Fall von Ρ C Ρ kommt hier lediglich die Variation Ρ C Ρ (1)

mit den Wörtern Arsenal, Borax, Gaze, Elixier und Schach vor, wobei Borax

Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

375

und Schach mit sämtlichen arabischen Bedeutungen in VS eingingen. Vier Wörter sind einer Bedeutungsverengung (.Alkalde, Azur, Barde, Joppe) und ein Wort (Almanack) einer Bedeutungserweiterung unterzogen worden. 2.1.1.3.3.2. Bei sekundärer Entlehnung Namenübertragung aufgrund von objektiver Sinnähnlichkeit: Μ c Ρ - Jasmin: 'Zierstrauch' (span./dt.) > (dt.) 'dem Jasmin ähnlicher Strauch' - rochieren·, 'eine Rochade ausführen' (frz./dt.) > (dt.) (Mannschaftsspiele) 'die Position auf dem Spielfeld wechseln' - Sirop: 'Arzneitrank' (mlat./dt.) > (dt.) 'zuckriger Pflanzenaufguß'; 'Melasse' (Lehnbedeutung?) Ρ c P(l)'7 - Alkohol·, (mlat./frühnhd.) 'feines Pulver' > (frühnhd.) 'Quintessenz' 'Weingeist' - Arsenal: (ital./dt.) 'Lagerstätte für Kriegsmaterial' > (dt.) 'Anhäufung, Sammlung' - Chiffre:(foz./dt.) 'Zahlzeichen'; 'Zahl'; 'Geheimschrift'; 'Monogramm'; 'Kennziffer' > (dt.) 'Stilfigur (der modernen Lyrik)' - Hasard : (frz./dt.) 'Wagnis, Risiko'; 'Glückspiel' > (dt.) 'sein Leben aufs Spiel setzen, leichtfertig sein' Namenübertragung aufgrund subjektiver Sinnähnlichkeit: Μ c Ρ - Amalgam: (mlat./dt.) 'Quecksilberlegierung' > (dt.) (metaph.) 'Gemisch, Vereinigung' (Lehnbedeutung?) - Arabeske: (frz./dt.) 'Verzierung nach arabischer Art' > (dt.) 'heiteres Musikstück' - Matratze: (ital./dt.) 'Liegepolster' > (dt.) 'dichter Vollbart'; 'dichte Behaarung auf der Brust' Ρ C P(l) - Admiral: (frz./dt.) 'Admiralsschiff; 'Kommandant der Flotte' > (dt.) 'Tagfalter'; 'ein Getränk' - Fakir: (arab./dt.) 'bettelnder Derwisch, Sufi' > (dt.) 'Gaukler' - Lila: (frz./dt.) 'fliederfarben' > (dt.) 'mittelmäßig, einigermaßen' - Papagei: (frz./dt.) 'Schützenvogel'; 'Vogel' > (dt.) 'schwatzhafter Mensch' - Scheich: (arab./dt.) 'Titel des Herrschers im Scheichtum'; 'islamischer Würdenträger' > (dt.) 'schlechter Soldat'; > 'unangenehmer Mensch'; 'Freund, Mann einer Frau'

Es werden bei diesem Entwicklungstyp nicht sämtliche Bedeutungen des W o r t e s in V S angeführt, sondern nur diejenigen, die von V S in D T

betreffenden

übergingen.

376

D i e inhaltsseicige Entwicklung der Arabismen

N a m e n ü b e r t r a g u n g aufgrund von Sinnberührung: M c P - Alkoven: (frz./dt.) 'Bettnische' > (dt.) (metonym.) 'Ort der Liebesbeziehung, Liebesbeziehung' (Lehnbedeutung?) - Aprikose: (ndl./dt.) 'Frucht' > (dt.) 'Aprikosenbaum* Galgant·, (mlat./dt.) 'Galgantwurzel' > (dt.) 'Alpina officinarum' Kadi·, (arab./dt.) 'Richter' > (dt.) 'Gericht' - Zitwer: (mlat./dt.) 'Zitwerwurzel' > (dt.) 'Zitwerpflanze' Ρ 'alkoholisches Getränk' Kaffee: (dt.) 'Kaffeegetränk' > 'Kaffeepause' Razzia: (frz./dt.) 'polizeiliche Fahndungsaktion' > (dt.) ' G r u p p e von Polizisten' Soda: (ital./dt.) 'Natriumkarbonat' > (dt.) 'kurz für Sodawasser' - Ziffer: (mlat./dt.) 'Null; Zahlzeichen' > (dt.) 'mit einer Ziffer gekennzeichneter Unterabschnitt in einem Gesetzestext' Indirekte Namenübertragung durch Lehnbedeutung: M c P Kalif. 'Stellvertreter oder Nachfolger M o h a m m e d s ' (arab. > dt.) - Magazin: 'Laden, Warenhaus' (frz. > dt.) - Magazin: 'Zeitschriftenmagazin' (engl. > dt.) Racket·, (in der Bedeutungsverengung) 'Tennisschläger' (engl. > dt.) - Zenit: '(dt.) (19. Jh./metaph.) ' H ö h e p u n k t ' (vgl. in dieser Verwendung frz. zenit seit 1527; engl, zenith seit 1592). Ρ c P(l) Kaliber. 'Sorte, Art, Menschenschlag' (frz./dt.) (auch andere technische Spezialbedeutungen (frz. > dt.) Tambur/Tambour: (Handwerk) 'Stickrahmen'; (Archit.) 'zylindrischer Bauteil' (frz. > dt.) Tambur (auch Tanbur) 'arabische Laute' (arab. > dt.) Bei folgenden Wörtern kann aufgrund der Beleglage nicht festgestellt werden, ob es sich um Lehnbedeutung oder eingenständige Bedeutungsentwicklung im Deutschen handelt: Admiral: 'Admiralsschiff' (1599) (vgl. in dieser Bed. frz. amiral (erst Anfang des 17. Jh.s) Alkoven: 'Ort der Liebesbeziehung' ( 1 8 3 5 ) (vgl. in dieser Bed. frz. alcove (1866) Almanack: (in der Bedeutungsverengung) '[mit Kalender verbundene] bebilderte S a m m l u n g von Texten aus verschiedenen Sachgebieten' (18. J h . ) (vgl. frz. almanack 'des publications en forme d'annuaires. Celles-ci, devenues populaires, font l'objet d'un vaste colportage du X V I I e a la fin d u X I X e stecle' ( D H D F I, 52 a ) Amalgam: übertr. 'Gemisch, Vereinigung' (18. J h . / Goethe), (vgl. in dieser Verwendung frz. amalgame ( 1 7 4 4 / Voltaire)

Darstellung der quantitativen und qualitativen Inhaltsentwicklung in Schemata

377

Magazin: 'Fernsehsendung' (vgl. engl, magazine (1936) 'Radiosendung'; (1975) 'TV-Sendung') Gaze: 'Siebbespannung' Sirop: 'zuckriger Pflanzenaufguß' (1579) (vgl. in dieser Bed. engl, syrup (Ende des 14. Jh.); dt. Sirop 'Melasse' (seit Ende des 18. Jh.) (vgl in dieser Bed. engl, syrup (1553) Bedeutungsverengungen erfuhren in D T folgende Arabismen: Ρ c Ρ (1) Joppe: (ital.) 'Männerjacke' > (dt) 'einfache Männerjacke'; 'Hausjacke für M ä n n e r ' - Tarif, (frz./ dt.) 'Preisverzeichnis'; 'tarifierte Preise' > (dt.) 'festgesetzte Betragshöhe von Löhnen und Gehältern' (Lehnbed.?) Ρ C Ρ (2) - Alkalde: (span.) 'Richter'; 'Bügermeister' > (dt.) 'Richter, Bügermeister in Spanien' Folgende Wörter erfuhren in D T keine weitere semantische Entwicklungen: Ρ c Μ - Alchimie: (mlat.) 'Kunst der Metallverwandlung'; 'Metallverwandlung bewirkende Substanz'; medizinisch orientierte Alchimie' > [ ( m h d . / f r ü h nhd.) 'Kunst der Metallverwandlung'; 'medizinisch orientierte Alchimie']; (nhd.) 'mittelalterliche Form der Chemie' - Barde: (frz.) 'Sattel'; 'dünner Bastsattel'; 'Speckscheibe' > (dt.) 'Speckscheibe' - Benzoe: (ital.) 'Benzoeharz'; 'Benzoebaum' > dt. 'Benzoeharz' - Borax: (malt./frühnhd.)'Borax'; 'Baumharz'; ' N a t r o n ' ; 'Sapeter' (dt.)' Borax' - Bezoar: (malt./dt. bis 19 Jh.) 'Gegengift' , 'Bezoarstein' > dt. 'Bezoarstein' - Kattun: (ndl.) 'Baumwolle; Stoff aus Baumwolle' > (dt.) 'Stoff aus Baumwolle' - Haschisch: (arab.) ' H a n f ; 'Rauschgift aus H a n f ' > dt. 'Rauschgift aus Hanf - Marzipan: (ital.) 'Marzipanschachtel'; 'Marzipan' > (dt.) 'Marzipan' - Mumie: (ital./dt. bis 19. Jh.) 'Asphalt oder Ähnl. als Heilmittel'; 'einbalsamierte Leiche' > dt. 'einbalsamierte Leiche' Ρ c Ρ (2) - Amber: (frz.) 'graue Ambra'; 'gelbe Ambra'; 'angenehmer D u f t s t o f f ' (dt.) 'graue Ambra'; 'angenehmer D u f t s t o f f ' - Azur: (frz.) 'Blau des Himmels'; 'Himmel'; 'Symbol für das Ideale und Absolute'; 'Lapis Lazuli'; ' F a r b s t o f f > (dt.) 'Blau des Himmels'; ' H i m m e l ' Im Gegensatz zu VS dominieren bei partieller Inhaltsdivergenz in D T die Übertragungen aufgrund der Sinnähnlichkeit mit 15 Wörtern gegenüber 7 Übertragungen aufgrund von Sinnberührung. Dabei erfuhren 8

378

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabisraen

W ö r t e r zusätzliche Übertragungen a u f g r u n d subjektiver Sinnähnlichkeit. Bei 7 W ö r t e r n ist nicht sicherzustellen, ob die Ü b e r t r a g u n g unabhängig von einem Vorbild erfolgte oder ob eine L e h n b e d e u t u n g vorliegt. Jedenfalls ist die Feststellung zu machen, daß die L e h n b e d e u t u n g allgemein vielmehr in D T erscheint als in VS. Z u s a m m e n g e r e c h n e t k o m m e n bei Inhaltsdivergenz u n d partieller Inhaltsdivergenz insgesamt 3 Lehnbedeutungen in VS u n d 9 in D T vor. Im Falle der M o n o s e m i e r u n g (Ρ α Μ ) sind 9 in VS oder ARAB, polyseme W ö r t e r in D T monosemiert worden. Umgekehrt herrscht Polysemierung (M C P) mit 15 W ö r t e r n in D T gegenüber M o n o s e m i e in VS oder ARAB. 18 Wörter des T y p u s Ρ c Ρ (1) bekamen zusätzliche Bedeutungen in D T , dagegen sind n u r 3 W ö r t e r d e m Typus Ρ (Ζ Ρ (2) zuzuordnen, d.h. sie sind in mehr als einer Bedeutung rezipiert u n d erfuhren keine weitere funktionale semantische Ausdehnung.

Zusammenfassung Von den hier als Beispiele aufgezählten 110 Arabismen weisen 45 Inhaltsidentitäten (41%) auf. Sie k o m m e n in den Kombinationstypen Μ = Μ = Μ , Ρ = Ρ = Ρ oder Μ = Μ (bei direkter Entlehnung) vor. Die H a u p t masse dieser Arabismen bezieht sich auf Pflanzen, Tiere u n d Mineralien. An zweiter Stelle k o m m e n Bezeichnungen f ü r gefertigte Produkte wie Musselin, Gitarre sowie solche für typisch arabisch-islamische Angelegenheiten wie Beduine, Moschee und Dschinn. Auch die alchimistischen Gerätenamen wie Alembik gehören diesem Entwicklungstyp an. Inhaltsdivergenz k o m m t insgesamt bei 26 der 110 Arabismen (23%), vor. Sie tritt in Teilkombinationen des Typs Μ Φ Μ, Μ Φ Ρ und Ρ Φ Ρ auf. Dabei entfernten sich auf der ARAB —> VS Ebene 20 Arabismen von ihren ursprünglichen Bedeutungen. Auf der VS —> D T Ebene sind 6 Arabismen Inhaltsdivergenzen unterzogen worden. W ä h r e n d die semantische V e r ä n d e r u n g bei der primären Inhaltsdivergenz durch die verschiedenen Kategorien der N a m e n ü b e r t r a g u n g sowie durch N e u b i l d u n g e n zustande kam, vollzog sich die Veränderung bei der sekundären Inhaltsdivergenz überwiegend durch die N e u b i l d u n g f r ü h e r aus VS entlehnter Arabismen für Mineralien: im Rahmen der Entwicklung der C h e m i e wurden diese Arabismen morphologisch u m f u n k t i o n i e r t u n d auf künstlich hergestellte Substanzen verschoben. Hinsichtlich der partiellen Inhaltsdivergenz erfuhren insgesamt 75 der 110 Arabismen (68%), eine partielle Inhaltsveränderung, wobei den Übertragungen u n d semantischen Erweiterungen immer eine arabische mitüberlieferte Bedeutung als Bezugspunkt zugrunde liegt. Partielle Inhaltsdivergenz k o m m t in Teilkombinationen des Typs Μ C Ρ, Ρ c Μ und Ρ C Ρ vor. Auf der ARAB —> VS Ebene weisen 28 Arabismen, auf der VS —» D T Ebene 47 partiell divergierende Inhalte auf. Z u s a m m e n g e r e c h n e t haben außer den 45 Arabismen des Inhaltsidentitätstyps alle übrigen Wörter semantische Veränderungen erfahren, wobei

Faktoren der Inhaltsentwicklung von Arabismen

379

die Polysemierung bei weitem gegenüber der Monosemierung dominiert; lediglich 19 sind in VS (11) oder DT (9) monosemiert worden. Alle übrigen Wörter erhielten durch die verschiedenen Formen der Namenübertragung und Namenneubildung sowie durch semantische Verengung oder Erweiterung zusätzliche Bedeutungen: - Namenübertragung aufgrund objektiver Sinnähnlichkeit: VS 16/ D T 6 - Namenübertragung aufgrund subjektiver Sinnähnlichkeit: VS 5/ D T 8 - Namenübertragung aufgrund von Sinnberührung: VS 17/ D T 11 - Indirekte Namenübertragung aufgrund von Lehnbedeutung: VS 3/ D T 9 - Namenneubildung (Sinnberührung): VS 4/ D T 7

2.2. Faktoren der Inhaltsentwicklung von Arabismen Bis jetzt wurden in erster Linie die Erscheinungsformen der Inhaltsentwicklung von Arabismen dargestellt. Im folgenden sollen die wichtigsten Faktoren berücksichtigt werden, die diesen Veränderungen zugrunde liegen. Als Voraussetzung für die Inhaltsentwicklung von Arabismen kann allgemein ihre Integration im Wortschatz der Zielsprachen gesehen werden. W i e die lexikographisch behandelten Wörter es zeigen, tritt die neue Bedeutung einer Transfezenz oft erst dann in Erscheinung, wenn zwischen Aufnahme und semantischer Modifikation eine Zeitspanne von meist mehreren Jahrhunderten verstrichen ist. Dabei überschreiten die Transferenzen die Parole-Phase, werden zum Bestandteil der Langue und können genauso wie die überkommenen Wörter Bedeutungswandlungen unterzogen werden. Dieser Integrationsprozeß kann mit R. Lintons anthropologischer Beschreibung der Integrationsvorgänge von neu eingeführten Kulturelementen in Gemeinschaften verglichen werden: Der anfänglichen Annahme folgt die Phase der Verbreitung unter anderen Mitgliedern der Gesellschaft. Es treten dann Modifikationen auf, wodurch die neuen Elemente schließlich in die schon vorher bestehende kulturelle Matrix eingefügt werden 1 8 . In der Linguistik kann die Integration von Lehnwörtern und Lehnbedeutungen zu semantischen Strukturveränderungen der Wortfelder der Zielsprachen führen. Es treten dabei verschiedene Umstrukturierungen des Wortschatzes auf, die z.B. Verdrängung, Erweiterung oder Spezialisierung der überkommenen Wörter nach sich ziehen können. 1 9 Es wäre interessant, Arabismen auch unter diesem semantischen Aspekt zu untersuchen. Das Wortfeld der Zahlen z.B. hat im Mittelalter sicherlich infolge der Einführung der Null

19

V g l . R . L i n t o n , A c c u l t u r a t i o n in Seven A m e r i c a n I n d i a n T r i b e s , N e w York 1 9 4 0 , 4 7 4 . Z i t i e r t in W e i n r e i c h ( 1 9 7 7 ) , A n m e r k u n g 15, S . 1 6 3 . V g l . W e i n r e i c h ( 1 9 7 7 ) , S. 7 6 f f .

S.

380

Die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen

eine Umstrukturierung erfahren; wie an anderer Stelle erwähnt, wurde die Null zunächst mit dem Arabismus Ziffer bezeichnet. Erst später kam die Bezeichnung Null auf und Ziffer wurde aufgrund des Stellenwerts der Null in der Zahlenlehre für die Bezeichnung sämtlicher Zahlzeichen verwendet. Unter Berücksichtigung des Wortfeldansatzes würde die funktional beschriebene Inhaltsentwicklung von Arabismen in einem anderen Licht erscheinen. Dadurch wird sich eventuell deutlich zeigen, daß z.B. die oben postulierte Inhaltsidentität nur den Begriffsinhalt, nicht aber den kommunikativen Verwendungszusammenhang der Transferenzen betrifft. Letztere sind sicherlich je nach Zielsprache in ein anderes paradigmatisches Umfeld eingebettet. 2 0 Der Grund der Aufnahme von Arabismen in den Zielsprachen und im Deutschen war anfangs sicherlich der Bedarf an neuen Bezeichnungen innerhalb verschiedender Disziplinen, die durch den Kontakt mit der arabischen Kultur und Sprache eine. Bereicherung erfuhren. Die Integration dieser Arabismen im Wortschatz der Zielsprachen, die u. a. durch ihre inhaltsseitige Veränderung zum Vorschein kommt, beruht zum einen auf der europäischen Entwicklung der Sachgebiete, in denen diese Arabismen rezipiert wurden, wie dies z.B. der Fall bei der Chemie ist. Zum anderen führte der soziale und wirtschaftliche Aufschwung in Europa zum Übergang der Fachwörter in die Gemeinsprache. Die Bedürfnisse der Lebenspraxis in mannigfachen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bereichen sowie das soziale Prestige, die Bildung, der Unterricht und andere soziale Faktoren trugen dazu bei, daß Spezialbegriffe in den allgemeinen Sprachgebrauch gelangten 21 . Der Sphärenwechsel wird oft mit einer Bedeutungsveränderung begleitet, da die Gemeinsprache mehr Flexibilität beim Gebrauch der Wörter zuläßt als die Fachsprache. Statt des Sachbezugs können in der Gemeinsprache andere Bedeutungsaspekte der Wörter aktualisiert werden, die dem Sprachbenutzer in seinem jeweiligen Sozialrahmen wichtig erscheinen 22 . Somit ist der gruppenspezifische Aspekt von Sprache angedeutet, der bei der semantischen Entwicklung der Wörter auch eine wichtige Rolle spielt. Die Bedeutung dieses Aspekts für die Übernahme und Verwendung von Transferenzen wurde bereits am Anfang dieser Arbeit hervorgehoben. Bei der Inhaltsentwicklung können mehrere Arabismen wie z.B. der metaphorische Gebrauch von Amalgam, Arsenal und Kaliber durch die Berücksichtigung des Gruppen-Begriffs eine sinnvolle Erklärung finden. Schließlich sind mehrere Arabismen in VS oder D T jeweils nur in die Bedeutungen eingegangen, die für die Belange der entlehnenden Gruppe für wichtig erachtet wurden.

20 21 22

Vgl. in diesem Z u s a m m e n h a n g Fritz (1984), S. 7 4 3 . Vgl. hierzu Pörksen (1984), S. 8 5 - 1 0 1 ; Kleiber (1984), S. 7 0 - 8 5 . Vgl. P ö r s k e n (1984), S. 97ff.

Zusammenfassung / Auswertung Gegenstand der Arbeit sind die „Arabismen im Deutschen", u n d d a m i t automatisch der W e g ihrer E n t l e h n u n g über mehrere Vermittlersprachen u n d die ausdrucksseitigen u n d inhaltsseitigen Veränderungen, die die jeweiligen lexikalischen Einheiten im Laufe ihrer Entlehnungsgeschichte erfahren haben. Als Arabismen werden etwa 350 W ö r t e r des Deutschen gezählt, davon w u r d e n in der vorliegenden Arbeit 200 ausgewählt u n d als Basis der U n t e r s u c h u n g genutzt. Das Auswahlkriterium richtete sich in der H a u p t s a c h e danach, d a ß diese W ö r t e r eine möglichst lange T r a d i t i o n im deutschen W o r t s c h a t z aufweisen u n d im heutigen Deutsch noch vorhanden sind. R u n d 100 dieser W ö r t e r wurden in ausführlichen W ö r t e r b u c h artikeln, der Rest w u r d e im Rahmen der jeweiligen Argumentation eher lexikologisch behandelt. Die Beschränkung auf 200 Arabismen erfolgt a u f g r u n d folgender Überlegung: Einerseits war das Anliegen dieser Arbeit nicht so sehr die Aufzählung von Arabismen als vielmehr die Entwicklung einer Systematik, die der überaus komplizierten Überlieferungsgeschichte des arabischen W o r t guts im Deutschen gerecht wird. Andererseits m u ß t e bei der Ausführlichkeit des behandelten Wortmaterials eine Auswahl getroffen werden. D i e A u f n a h m e von mehr W ö r t e r n hätte den U m f a n g einer M o n o g r a p h i e bei weitem gesprengt. Es schien deshalb vernünftig, bei 200 W ö r t e r n zu bleiben, aber d a f ü r mehr Sorfalt auf die Bearbeitung der einzelnen W ö r t e r zu verwenden. Die Beleggeschichte des behandelten W o r t m a t e r i a l k o n n t e nicht aus Originalquellen erarbeitet werden, da dies die Durchsicht der gesamten deutschen Literatur bedeutet hätte. Die historischen Teile der Arbeit stützen sich somit auf das zusammengetragene Material der germanistischen, arabischen, lateinischen u n d romanischen Sekundärliteratur. Die Arbeit gliedert sich in 3 Hauptkapitel u n d mehrere Unterkapitel, die sich wie folgt präsentieren u n d folgende Ergebnisse aufweisen: Das I. Kapitel enthält e i n f ü h r e n d e Bemerkungen, darunter Begriffsbes t i m m u n g e n von 'Transferenz', 'Transferenztyp' u n d 'Transferenzgrad', sowie eine kritische Zusammenstellung der zentralen Irrtürmer u n d W i d e r sprüche der bisherigen Fremdwortlexikographie zum Arabischen. In bezug auf den ersten P u n k t werden Arabismen als lexikalische T r a n s f e r e n z e n bestimmt u n d als dem Bereich der langue zugehörig betrachtet, da die meisten von ihnen schon längst Bestandteil des deutschen Wortschatzes geworden sind. Somit steht die Frage ihrer Integration in die Zielsprache im V o r d e r g r u n d . Es wird zwischen 'Integrationstyp' und 'Integrationsgrad'

382

Zusammenfassung/ Auswertung

differenziert, wobei sich ersteres auf die Ausdrucksseite, zweites auf die Inhaltsseite der Transferenz bezieht. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, d a ß die phonologische u n d graphematische Integration von Arabismen in den europäischen Empfängersprachen von vornherein gegeben war, da die in Frage k o m m e n d e n interferierenden Sprachen nicht verwandt sind u n d unterschiedliche Laut- u n d Schriftsysteme aufweisen. M i t dem Blick auf die Inhaltsseite konnte festgestellt werden, daß es durch die E i n f ü h r u n g von arabischen lexikalischen Einheiten ins Deutsche zu semantischer Abgrenzung u n d Wortfelderweiterung gekommen ist, so z.B. die Verwendung des Wortes Kirche für ein christliches u n d die des Arabismus Moschee für ein islamisches Gotteshaus. Der Integrationsgrad u m f a ß t auch soziopragmatische Aspekte der Sprachverwendung. Hier wird der wesentliche Aspekt des 'Gruppenbegriffs' hervorgehoben, d e n n die formale u n d semantische Integration von Transferenzen, die sich z.B. durch die häufige Verwend u n g ergibt, ist nicht immer das Ergebnis einer allgemeinen sozialen Verbreitung. Lediglich im Rahmen einer begrenzten G r u p p e von Sprachbenutzern erfüllen die Transferenzen eine wichtige B e n e n n u n g s f u n k t i o n u n d können somit formal u n d inhaltlich integriert werden, es sei z.B. an die Zusammensetzungen und Ableitungen der Arabismen Anilin, Benzoe, Al-

kali (Anilinsäure, Anilinfabrik;

alkalisch, alkalisieren, Alkalimetall;

Benzoe-

harz) erinnert. Die E i n f ü h r u n g des 'Gruppenbegriffs' ermöglichte es in A n l e h n u n g an v. Polenz, den im Deutschen gebräuchlichen ArabismusWortschatz in Fach-, Gemein- und Bildungswortschatz einzuteilen. In bezug auf den zweiten Punkt, die Auseinandersetzung mit der Beh a n d l u n g von Arabismen in der deutschen u n d romanischen Lexikographie, wurde zunächst auf das Quellenverzeichnis zum Schulz/Basler Fremdwörterbuch hingewiesen, wobei am Herkunftsregister bezüglich Arabismen folgende Kritikpunkte anzubringen sind: - es werden unter der Rubrik „Arabisch" lediglich 14 W ö r t e r dem Arabischen als Herkunftssprache zugeschrieben; - davon werden 3 Wörter als direkte Entlehnungen ins Deutsche betrachtet: Atlas I, Harem, Scheich. Das Wort Harem ist jedoch nicht direkt, sondern indirekt über das Türkische ins Deutsche gelangt; - einige Arabismen wie Algeber, Mufti, Giraffe, Kandis tauchen im Herkunftsregister in den Rubriken „Französisch" oder „Italienisch" auf, de facto sind sie aber der Rubrik „Arabisch" zuzuordnen; - das Herkunftsregister informiert nicht nur über die Vermittlersprache, sondern auch über die ursprüngliche Herkunftssprache von Transferenzen. Dieses Kriterium wird bei vielen aufgenommenen Arabismen nicht erfüllt, so z.B. beim W o r t Magazin, das unter der Rubrik „Englisch" angeführt wird, o h n e Angabe des Arabischen als ursprüngliche Quellensprache. Die genannten Fälle kehren im eigentlichen Fremdwörterbuch wieder u n d können den Benutzer irreleiten. Das Schulz/Basler-Fremdwörterbuch ist deshalb im H i n b l i c k auf Arabismen revisionsbedürftig.

Zusammenfassung/Auswertung

383

Es werden in einem weiteren Unterpunkt wesentliche Fehler der etymologischen und historischen Wörterbücher des Deutschen und Romanischen zusammengestellt. Es seien hier nur die wichtigsten aufgezählt: - eklatante Fehler bei der Transkription, - unterschiedliche Etymologien in den romanischen und deutschen Wörterbüchern ohne Verweis auf andere Ableitungsmöglichkeiten, - das Nicht-Erkennen des arabischen Ausgangswortes durch die Deformation in den Vermittlersprachen. Das II. Kapitel bildet das Kernstück der Arbeit. Es stellt den Versuch dar, die Überlieferungsgeschichte der Arabismen im Deutschen vor einem kulturhistorischen, diachronischen Hintergrund systematisch zu erforschen. Somit handelt es sich um eine fundamental kulturgeschichtlich orientierte Wortgeschichtsforschung, in der für jedes sprachgeschichtliche Faktum der kulturhistorische Bezugswert gesucht wird. Diesem Prinzip folgend wird in einem ersten Unterkapitel auf das Arabische als Ausgangssprache von Entlehnungen eingegangen, wobei die Kontaktvarietäten desselben beschrieben und die Geschichte der Transferenzen in vorislamischer Zeit und im Mittelalter dargestellt wird. Nach einem Zwischenkapitel über die Empfängervarietäten des Deutschen wendet sich die Untersuchung der Beschreibung der einzelnen Vermittlersprachen und des dabei vermittelten Lehnguts zu. Jeweils am Ende eines Vermittlungsteils steht ein lexikographischer Teil, in dem jeweils eine Auswahl von Wörtern in Form von Wörterbuchartikeln behandelt wird. Es werden im folgenden die wichtigsten Punkte und Ergebnisse dieses Hauptkapitels zusammengefaßt: Das erste Unterkapitel, das die kurzgefaßte Beschreibung des Arabischen und seiner Kontakt-Varietäten enthält, dient zur Veranschaulichung der sprachlichen Lage der Araber bei der Berührung mit den europäischen Völkern. D i e Besonderheiten der übernommenen Wörter finden dadurch ihre klärende historische Dimension. Bei der Ausführung stellt sich heraus, daß viele Transferenzen nicht die klassische Varietät des Arabischen als Ausgangsform haben, sondern daß ihnen eine vom klassischen Muster abweichende bzw. eine dialektale Wortform zugrunde liegt. Als Varietäten des Arabischen kommen hier das Mittelarabische und die Dialekte N o r d afrikas sowie das Hispanoarabische und Sizilianisch-Arabische in Frage. Während für die arabisch-mittellateinischen Übersetzungen das Mittelarabische als Varietät der Ausgangstexte angenommen werden kann, sind die übrigen Varietäten des Arabischen als die Kontaktsprachen zu sehen, mit denen die Europäer unmittelbar in Berührung kamen. Die Differenzen der arabischen Sprachvarietäten reflektieren sich denn auch in den lexikalischen Übernahmen. Ein Beispiel hierfür ist aräb. dar as-sina'a, das einerseits in der östlichen Form där (as-)sinä' dem venez. arsenh > ital. arsenate > dt. Arsenal und andererseits in der hispanoar. Form dar a$-sana' dem span, ataragana, adaragana zugrunde liegt.

384

Zusammenfassung / Auswertung

Im Rahmen der Beschäftigung mit den Kontaktvarietäten des Arabischen wurde in einem weiteren U n t e r p u n k t auf die Transferenzen des Arabischen eingegangen. Es handelt sich um Wörter, die das Arabische selbst aus anderen Sprachen entlehnt hatte, und die zusammen mit den genuin arabischen Wörtern die Sprachen Europas erreichten. Dabei wurde zwischen vorislamischen Transferenzen und Transferenzen des Mittelalters unterschieden. Erstere verdankt das Arabische dem Iranischen und dem Aramäischen, jenen Kultursprachen des Altertums, deren Träger unmittelbar den Arabern der Randgebiete Arabiens benachbart waren und mit ihnen in Kontakt standen. Sowohl das Altpersische als auch das Aramäische fungierten wiederum als Vermittler von akkadischem, griechischem und lateinischem Lehngut an das Altarabische. Zwischenkapitel II. 2. dient als Einleitung zur Terminologie und Systematik der in den nächsten Unterkapiteln behandelten Vermittlersprachen. Dabei wird der Begriff „Vermittlersprache" präzisiert und zur Charakterisierung derjenigen Sprachen verwendet, die die Arabismen direkt an das Deutsche abgegeben haben. Bei der Behandlung der Vermittlersprachen werden die Arabismen in primäre und sekundäre Transferenzen eingeteilt, da die einzelnen Vermittlersprachen ihre Arabismen teils direkt aus dem Arabischen, teils indirekt über andere Sprachen bezogen haben. Analog zu den beschriebenen Kontakt-Varietäten des Arabischen werden hier in Abschnitt II. 2.2. die Empfänger-Varietäten des Deutschen behandelt. Damit sollen die konkrete Situation von Sprachkontakt und der reale Tradierungsmechanismus von Entlehnungen geschildert werden. Unter Empfänger-Varietät wird jene Gruppe von Sprechern oder Schreibern verstanden, die zu einer bestimmten Epoche des Deutschen als erste Arabismen in ihre Rede aufgenommen hat. Es handelt sich um die Fachsprachen und um die Historiolekte des Deutschen. So wurden im Mittelalter viele arabische Transferenzen zunächst von Kaufleuten, Medizinern oder Alchimisten übernommen, bevor sie in den allgemeinen Sprachgebrauch übergingen. Andere Arabismen wiederum - wie die Bezeichnungen der Materia Medica - haben nie den Bereich der fachbezogenen Varietät überschritten. Arabismen sind zu jeder Sprachperiode des Deutschen entlehnt worden. Einige Arabismen des Mittelhochdeutschen konnten den Zerfall der höfischen Terminologie überdauern und wurden bis ins Neuhochdeutsche tradiert, wie z.B. alchimie, algebra, ziffer oder barkän, amber, cottun, balas. Andere aber sind mit dem Untergang des Mittelhochdeutschen entweder ganz verschwunden, wie varis, genit oder auch unter anderen Bedingungen erneut entlehnt, wie mhd. ammiral, baldkin, materaz, ekub, die zwischen dem 15. und 18. Jh. als Admiral, Baldachin, Matratze, Alkoven neu übernommen wurden. Das Überleben von Arabismen wird in Zusammenhang mit ihrem Gebrauchswert auch für die später aufkommende bürgerliche Gesellschaft gebracht. Die Unterkapitel II. 3. bis II. 8. sind der Behandlung der einzelnen Vermittlersprachen (Mittellatein, Französisch, Italienisch, Spanisch, Nie-

Zusammenfassung/Auswertung

385

derländisch u n d sonstigen Vermittlersprachen) gewidmet, wobei am Ende eines jeden Vermittlungsteils die entsprechenden lexikographischen Artikel stehen. Erste behandelte Vermittlersprache ist das Mittellatein. V o n den 2 0 0 Arabismen unseres Korpus wurden 45 durch diese Sprache an das D e u t sche vermittelt. Es sind 2 2 , 5 % . Das Mittellatein wird als eine Erscheinung beschrieben, deren Rolle jener des Hocharabischen in der islamischen Welt entspricht. Beide fungierten als Kultur- u n d Traditionssprachen. Anlaß zu den Lehnbeziehungen zwischen ihnen bildeten die arabisch-mittellateiiiischen Ubersetzungen. Die Tatsache, daß überwiegend Ausdrücke konkreten Inhaltes das Mittellatein erreichten, obwohl Anlaß zur E n t l e h n u n g auch von abstrakten Begriffen gegeben war, wird auf die Kontinuität der philosophischen T r a d i t i o n im Abendland zurückgeführt: Das Mittellatein war nicht auf die E n t l e h n u n g von philosophischen Ausdrücken aus dem Arabischen angewiesen. Im Hinblick auf die exakten Wissenschaften wies aber das Arabische einen Fortschritt gegenüber dem Mittellatein auf u n d k o n n te es in dieser Hinsicht lexikalisch beeinflussen. Die arabisch-lateinischen Transferenzen stellen im wesentlichen N o m e n k l a t u r e n verschiedener N a turwissenschaften dar. N u r wenige im engeren Sinne wissenschaftliche Termini k o n n t e n das Mittellatein erreichen. Letztere k o n n t e n nämlich, im Rahmen der Ubersetzungen, durch genuin lateinische Äquivalente reproduziert werden. Dieser Befund unterstützt die These von der K o n t i n u i t ä t des antiken Erbes im mittellateinischen Fachwortschatz u n d läßt den Schluß zu, daß die A u f n a h m e der arabischen Wissenschaften in Europa kein N e u a n f a n g war, sondern die W e i t e r f ü h r u n g einer nie u n t e r b r o c h e n e n abendländischen Wissenschaft. Dabei ist das Verdienst der Araber in der formalen Disziplinierung u n d in der W e i t e r e n t w i c k l u n g des rezipierten griechischen Bildungsstoffes zu sehen. Der Eingang arabischer N o m e n k l a t u r e n in die lateinischen Übersetzungen ist auf zwei Faktoren zurückzuführen: 1) Fehlende Äquivalente für die Bezeichnung neuer Dinge u n d Begriffe des Ausgangstextes, 2) mangelhafte Fachkompetenz der Übersetzer, die nicht sachkundig genug waren, um die bereits vorhandenen lexikalischen Entsprechungen zu den arabischen T e r m i n i ausfindig zu machen. Infolge der sprachpuristischen Bestrebungen der H u m a n i s t e n verschwanden viele arabische Transferenzen aus der lateinischen Fachliteratur. Erhalten geblieben sind lediglich Arabismen, die neue Substanzen bezeichneten oder sich auf arabische N e u e r u n g e n in Wissenschaft u n d Technik bezogen. Z u nennen sind hier z.B. die Ausdrücke Amalgam u n d Elixier, die sich im arabischen u n d mittellateinischen Kontext auf Fertigkeiten beziehen, die erst in der arabischen Alchimie eine besondere E n t wicklung erfahren haben.

386

Zusammenfassung/Auswertung

D i e s e m allgemeinen T e i l über das Latein als V e r m i t t l e r s p r a c h e

folgt

die B e h a n d l u n g der einzelnen vermittelnden Fächer ( M e d i z i n und Arzneimittellehre, A l c h i m i e , M a t h e m a t i k ) , wobei zu j e d e m Fach die arabischen Q u e l l e n und die europäischen Vermittlungszentren und V e r m i t t l e r p e r s ö n lichkeiten dargestellt werden. W i c h t i g für die E r h a l t u n g und

Überliefe-

rung der wissenschaftlichen Arabismen in E u r o p a sind die sog. S y n o n y m listen. Sie dienten als Übersetzungshilfen

und als M i t t e l zum

Verstehen

der m i t arabischen T e r m i n i durchsetzen lateinischen F a c h t e x t e aus M e d i zin und A l c h i m i e . D i e später in D r u c k erschienenen Auflagen dieser Listen sowie die E n t s t e h u n g anderer lexikographischer W e r k e m i t Arabismen sind

ein

Werke

Hinweis

bis

zum

darauf,

daß

Humanismus

einerseits benutzt

die arabischen wurden,

und

medizinischen

daß

andererseits

Arabismen in anderen wissenschaftlichen T e x t e n rezipiert wurden als nur in Ü b e r s e t z u n g e n . D e r K a m p f des H u m a n i s m u s gegen den Arabismus ließ zwar viele arabische T e r m i n i aus dem lateinischen Repertoire verschwinden, andere Bezeichnungen hielten j e d o c h stand, da die Apotheker des 16. J h s . stets a u f das Rezeptmaterial eines M e s u e , A v i c e n n a oder Rhases zurückgriffen und a u f die arabischen B e z e i c h n u n g e n n i c h t verzichten k o n n ten. G e m ä ß i g t e H u m a n i s t e n wie Petrus Andreas M a t t h i o l u s n a h m e n

die

Praxis der A p o t h e k e r wahr und berücksichtigten bei den K o m m e n t a r e n zur Materia

Medica

des Dioskurides die arabischen D r o g e n n a m e n . A u f diese

W e i s e k o n n t e n Arabismen a u f m o d e r n e Naturwissenschaftler — wie L i n n e u n d Paracelsus -

überkommen

und von ihnen zur B e z e i c h n u n g

neuer

E n t d e c k u n g e n verwendet werden. Es sei hier an die W ö r t e r Alkohol, li u n d Benzoe

Alka-

erinnert. A u f dem G e b i e t der M e d i z i n u n d Arzneimittel-

lehre erreichten folgende mlat. Arabismen die deutsche Sprache:

Alkanna,

Behennuß, Berberitze, Boretsch, Bezoar, Galgant, Harmel, Henna, Kampfer, Karhe, Kubebe, Sennesblätter, Sirop, Spinat, Sumach, Tamarinde, Vena Saphena,

Zitwer.

A u f dem G e b i e t der A l c h i m i e sind folgende Arabismen ins

D e u t s c h e über das Mittellateinische gelangt: Alchimie,

Alembik,

Alkali,

Al-

kohol, Aludel, Amalgam, Athanor, Borax, Elixier, Markasit, Natron, Tinkar, Tutia. Die Ausdrücke Bor, Kalium und Natrium wurden später aus den Arabismen Borax, Alkali und Natrium abgeleitet. Auf dem Gebiet der Mat h e m a t i k sind die folgenden a r a b . - m l a t . W ö r t e r ins D e u t s c h e

entlehnt:

Algebra, Algorithmus, almocabula, Ziffer. Aus dem Mittellatein wurden auch die astronomischen Begriffe Alhidade, Almagest, Nadir und Azimut übernommen. I m U n t e r k a p i t e l I I . 4 . wird auf das Französische, das sich als wichtigste V e r m i t t l e r s p r a c h e der Arabismen an das D e u t s c h e erweist,

eingegan-

gen. D u r c h diese Sprache sind 7 6 der 2 0 0 A r a b i s m e n , somit 3 8 % ,

ins

D e u t s c h e e n t l e h n t . D e n Ausgang der Darstellung bildet eine Skizze primärer arabisch-französischer K o n t a k t e , und zwar sowohl im Mittelalter wie in der N e u z e i t . Es folgt die Darstellung der sekundären K o n t a k t e , d. h. derjenigen Ü b e r n a h m e n , die über das Italienische, Katalanische, Spanische,

387

Zusammenfassung/ Auswertung

Okzitanische, Mittel- und Neulateinische sowie das Türkische erfolgten. In die jeweilige Kontaktgeschichte wird jeweils an passender Stelle die Nennung desjenigen Wortgutes eingefügt, das ins Französische und über das Französische ins Deutsche entlehnt wurde. Im Hinblick auf die Entlehnung ins Deutsche wird eine Zuordnung nach pragmatisch-soziologischen Kriterien vorgenommen. Primär arabisch-französische Transferenzen waren im Mittelalter, trotz mannigfacher Sprachkontaktsituationen, relativ beschränkt. Die meisten Arabismen dieser Epoche wurden durch andere Sprachen ins Altfranzösische entlehnt. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich: Erstens war Italien die dominierende Handelsmacht des Mittelalters, so daß die ohnehin zahlreich vorhandenen Handelsarabismen zunächst ins Italienische eingingen; zweitens haben die meisten Arabismen der Gelehrsamkeit die französische Sprache durch das Mittellatein, die Wissenschaftssprache des M i t telalters, erreicht; drittens war die Koexistenz von Arabern und Europäern im Orient der Kreuzzüge nicht friedlich genug, als daß sie zu intensiven Sprachkontakten bzw. Entlehnungen hätte führen können. Durch den Handel, durch die Kreuzzüge sowie durch den Kontakt mit den Mozarabern Spaniens konnten von den spärlich direkt ins Altfranzösische entlehnten Arabismen folgende die deutsche Sprache erreichen:

Durch Handelsbeziehungen: Afrz. camelot,

barracan,

querant. Durch die Kreuzzüge: Afrz. beduiti, calife, trucheman, sacre. Durch die Mozaraber: Afrz. alcube, almaqor, amiral,

baldequin,

gazel,

bou-

karouble,

tambor.

In der Neuzeit, im 18. und 19. Jh., haben die französischen Forschungsreisen in den Orient und den Maghreb sowie die französische Besetzung Nordafrikas zu direkten Entlehnungen aus dem Arabischen geführt. Davon gelangten in die deutsche Sprache: Frz. bournous, marabout und

razzia. Sekundäre arabisch-französische Kontakte und Transferenzen durch das Spanische konnten im Mittelalter durch die Beziehungen der Franzosen zum Norden Spaniens, wo sich eine mozarabische Kultur entwickelt hatte, stattfinden. Davon erreichten folgende die deutsche Sprache: Afrz. a l g a l i f e ,

azur, genet, hazard, quintal. Afrz. Mahumet wurde zwar über die iberische Halbinsel entlehnt, ist jedoch nicht mit Sicherheit aus dem Altspanischen bezogen worden (vgl. Exkurs 4. 2. 1. 1.). Neuzeitliche arabische Hispanismen im Französischen sind in Zusammenhang mit dem spanisch-französischen lexikalischen Einfluß zu bringen, der im 16. und 17. Jh. durch den Aufstieg Spaniens zur Großmacht bedingt war. Als spanische Arabismen im Französischen sind alcove und calibre zu betrachten. Sekundäre arabische Transferenzen durch das Katalanische sind im Französischen die Schachspieltermini afrz. eschas, mat und roch, von denen lediglich mat über das Französische ins Deutsche kam. Die zwei an-

388

Zusammenfassung / Auswertung

deren Termini wurden durch das Mittelniederländische in das Mittelhochdeutsche entlehnt. In unserem Korpus findet sich lediglich frz. aubergine als neuzeitlicher katalanischer Arabismus des Französischen, der die deutsche Sprache erreicht hat. Das Provenzalische spielte eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Vermittlung von arabischen Transferenzen an das Französische. Die Transferenzwege waren im Mittelalter einerseits die Wanderung der Troubadourlyrik nach Nordfrankreich und anderseits der Handel der Provenzalen mit dem arabischen Spanien und den Regionen der Langue d'Oil. In der altfranzösischen Dichtersprache findet man folgende Arabismen belegt, die auch das Deutsche erreichten: Afrz. leüt, rubebe, papegai. Provenz.-frz. Arabismen des Handels, die ins Französische und ins Deutsche eingingen, sind: Afrz. basane, cordouan, gamache, orange, tasse. Bei frz. magasin schwanken die frz. etymologischen Wörterbücher zwischen Provenzalisch und Italienisch als Vermittlersprache. Italien als Handels- und Seemacht des Mittelalters pflegte Beziehungen sowohl zu den arabischen Ländern als auch zu Europa. Allerdings war der nordfranzösisch-italienische Handelsverkehr im Hochmittelalter eher beschränkt. Nordfrankreich stand damals in erster Linie mit den Niederlanden in regen Handelsbeziehungen. Dies zeigt sich auch im Hinblick auf ital.-frz. Entlehnungen allgemein sowie auf die sekundär vermittelten Arabismen an das Französische. Folgende ital.-frz. Arabismen dieser Epoche gelangten ins Deutsche: Frz. cotton, safran und materas > mhd. matraz. Erst im 14. Jh. begann der Einfluß der italienischen Kaufmannssprache auf das Französische rege zu werden, wobei arabische termini technici des Handels sekundär an das Französische vermittelt wurden. Davon gelangten folgende ins Deutsche: Frz. carat, douane, tarif. Neben dem Handel ist auch die Renaissance-Kultur Italiens ein wichtiger Einfluß auf die französische Sprache gewesen. In diesem Rahmen konnten folgende, bereits ins Italienische eingebürgerte und ins Deutsche gelangte Arabismen dem Französischen sekundär vermittelt werden: Frz. arabesque, assassin, carafe, chiffre, Limonade, mousseline, sorbet, tauchte. Mittel- und neulateinische Arabismen gelangten ins Französische durch die französische Übersetzung und Bearbeitung lateinischer Texte, die auf arabischen Grundlagen fußten. Als solche Wörter konnten folgende in die deutsche Sprache gelangen: Frz. ambre, carmin, elemi, estragon, lilac, raquette. Schließlich ist das Türkische als wichtige Vermittlersprache von sekundären Arabismen an das Französische zu nennen. Die Kontaktgeschichte beider Länder reicht ins 16 Jh. zurück. Frankreich war der wichtigste europäische Verbündete des osmanischen Reiches und erhielt dadurch Privilegien vom osmanischen Sultan. Bis nach 1700 bestanden erfolgreiche diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Reichen, wobei den Botschaftern und ihren Gefolgsleuten eine wichtige Rolle bei der Vermittlung

Zusammenfassung/Auswertung

389

von türkischen Kulturelementen an Frankreich zukommt. Infolge dieser Beziehungen gelangten türkische Arabismen ins Französische, von denen folgende ins Deutsche entlehnt wurden: Frz. caß, sofa, minaret, muezzin. Die bisher genannten Arabismen des Französischen erreichten die deutsche Sprache zu unterschiedlichen Zeiten und unter anderen Voraussetzungen, die wir im folgenden kurz zusammenfassen: Frz.-dt. Arabismen wurden in Z u s a m m e n h a n g mit dem Einfluß des Französischen auf das Deutsche entlehnt. Da die französischen Arabismen, mit Ausnahme der eindeutigen Orientalia wie Kalif und mhd. ammiral, zur Zeit ihres Übergangs ins Deutsche bereits europäischen Verhältnissen angepaßt waren, konnten sie von den Deutschsprachigen unterschiedslos wie genuin französische Wörter aufgenommen werden. In zwei verschiedenen Phasen des französischen Einflusses auf das Deutsche gelangten Arabismen ins Deutsche: Im Laufe des Hochmittelalters durch die Berührung des deutschen und französischen Rittertums und durch die Rezeption der französischen H o f k u l t u r und Hofliteratur in Deutschland; vom letzten Viertel des 16 Jhs. bis zum ausgehenden 18. Jh. zunächst durch politische und gesellschaftliche Bindungen der höfischen Kreise beider Länder und später durch die Entwicklung der modernen Zivilisation. In bezug auf die erste Phase des frz.-dt. lexikalischen Einflusses sind folgende Arabismen in die mittelhochdeutschen Epen gelangt: In der ersten Hälfte des 12. Jhs.: Algafiles, baldekin, corduän, Mahomet, tambür. Im 13. Jh.: amiral, amazur, amber, barkän, buckerän, ekub, garät, genit, haschart, mat, materas, papegän, safrän, satin, schamlät, schraffe. Die m h d . Arabismen väris und bailas werden dem Mlat. als Vermittlersprache zugeordnet. Es handelt sich vorwiegend um Bezeichnungen für Luxusartikel, die im höfischen Roman als stilistische Mittel fungierten und dem Geschmack der Hofgesellschaft schmeichelten. D u r c h den Handel mit dem Orient waren diese Luxusartikel bzw. ihre Bezeichnungen im europäischen Mittelalter bekannt. In Zusammenhang mit dem Verfall der ritterlich-höfischen Gesellschaft ging der französische Einfluß auf die deutsche Sprache im 14. Jh. wesentlich zurück. Dies betrifft vor allem die Spezialausdrücke des höfischen Lebens, worunter die außer Gebrauch gekommenen Arabismen algalife, genit, ekub sowie das aus Mlat. entlehnte väris zu zählen sind. Es ist jedoch festzustellen, daß im Gegensatz zu vielen anderen Französismen kaum Arabismen aus dem Deutschen dieser Epoche verschwunden sind. Im Gegenteil, es kamen andere dazu und zwar im Rahmen der spärlich gewordenen Neuentlehnungen aus dem Französischen. Die neuen französischen Erwerbungen werden mit dem Weiterleben der höfischen Kultur in bürgerlichen Kreisen in Verbindung gebracht. Sie tauchen jetzt nicht nur im höfischen Roman auf, sondern nun auch in anderen Textsorten wie z.B. in der Erbauungs- und Reiseliteratur. Die im 12. und 13. Jh. ins Mittelhochdeutsche aufgenommenen Arabismen tauchen also im 14. Jh. wieder,

390

Zusammenfassung/Auswertung

auf, allerdings in den verschiedensten Schreibformen. A u ß e r d e m werden sie durch Zusammensetzung u n d Ableitung nutzbar gemacht. Die neuen Arabismen der ersten Hälfte des 14. Jhs. sind cottun, bazän, rubeb, sackers u n d kalif. In der 2. H ä l f t e des 14. Jhs. ist der Ausdruck caruble neu belegt. In die zweite H ä l f t e des 14. Jhs. wurden neben den älter entlehnten auch die in der ersten H ä l f t e dieses Jahrhunderts a u f g e n o m m e n e n Arabismen tradiert, bis auf cottun, das ohnehin schwach belegt war. W ä h r e n d die historisch bedingten Mahumet u n d Amazur nicht mehr im späteren Deutschen v o r k o m m e n , sind alle übrigen oben genannten Arabismen im N e u h o c h deutschen wiederzufinden. Allerdings erfuhr ein Großteil von ihnen eine erneute E n t l e h n u n g durch das Deutsche u n d zwar unter anderen Formen u n d z.T. auch anderen Bedeutungen. Die Vermittlersprachen sind entweder erneut das Französische oder auch andere Sprachen, wie noch unten zu zeigen sein wird. Stets belegt seit ihrer ersten A u f n a h m e ins Deutsche bis heute sind folgende Arabismen: Barchent > m h d . barkän, Kalif > mhd. kalif, Karat > m h d . garät, Karube > frühnhd. caruble, Papagei > mhd. papegän, Sacker(falk) > m h d . sackers, Laute. Gegen Ende des 16. Jhs. begann die zweite Phase des französischen Einflusses auf das Deutsche. D e n Anlaß dazu bildete die O r i e n t i e r u n g der deutschen Fürsten u n d Aristokraten an den französischen H ö f e n Karls V. u n d Ludwig XIV. Es handelt sich um die sog. „Alamodezeit" in Deutschland. Die E n t l e h n u n g fand aus verschiedenen Bereichen statt: Kleidung, W o h n k u l t u r , G a s t r o n o m i e u n d Militärwesen. D u r c h den H a n d e l mit Frankreich wurden Luxusartikel importiert u n d der Erwerb des Französischen als Prestigesprache förderte den frz.-dt. Einfluß. D e r Gebrauch der französischen W ö r t e r beschränkte sich aber nicht nur auf Aristokraten, sondern d e h n t e sich auch auf andere Bevölkerungsschichten aus. Dies ist einerseits auf die Berührung der nach Deutschland ausgewanderten Hugen o t t e n (17. Jh.) mit breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung zurückzuf ü h r e n u n d andererseits auf die N a c h a h m u n g der Aristokraten durch den Mittelstand im Gebrauch der französischen W ö r t e r . Die in dieser Epoche an das Deutsche vermittelten Arabismen waren bereits im Französischen assimiliert. Im 16. Jh. kam das W o r t Tasse auf. Folgende wurden im 17. Jh. ü b e r n o m m e n : Admiralität (voraus ging dt. Admiral 'Oberberfelshaber der Flotte', das bereits im 16. Jh. aus dem Frz. entlehnt wurde), Assassinat (vgl. auch Assassine), Duane, Kaliber, Chiffre, Cramoisin, Gamasche, Gaze, Genette, Hasard, Kaffee, Limonade, Magasin, Orange, Raquette, Sofa, Sorbet; Tambour, Trucheman. Im 18. Jh. kamen folgende dazu: Alkoven, Anil (> Anilin) Arabeske, chiffrieren, Hasardeur, Jeu de Hasard, Karaffe, Lila, Maroquin, Musselin, Tarif Die aus dem Französischen erneut entlehnten Arabismen sind: Admiral (früher ammirat), Alkoven (früher ekub), Basane (früher bazän), Hasard (früher hashart), Kamelott (früher schamlät) Rebab

Zusammenfassung/Auswertung

391

und die Variante Rebec (früher rubeb), Tambour (früher tambür). Über das Italienische wurden folgende erneut entlehnt: Baldachin (früher baldekin), Giraffe (früher schraffe), Matratze (früher matraz). Über das Niederländische wurde Kattun (früher cottun) und über das Englische Buckram (früher buckeram, buckerän) erneut ins Deutsche übernommen. Im 19. J h . kamen

Barde,

Elemi,

Estragon,

Marabu,

Razzia,

tauschieren

ins

Deutsche.

Durch die Reiseliteratur und die Beschäftigung der deutschen Gelehrten mit dem Islam und der arabischen Literatur kamen im 18. und 19. J h . Beduine,

Burnus,

Dschinn

u n d Minarett

hinzu.

Eine weitere Vermittlersprache von Arabismen an das Deutsche ist das Italienische. M i t 4 2 Transferenzen, also 2 1 % der hier in Frage k o m m e n den Arabismen, kommt es an dritter Stelle nach dem Mittellatein und dem Französischen. Dabei erweist sich der Handel als der Hauptentlehnungsweg von Arabismen sowohl im Hinblick auf die arabisch-italienischen als auch auf die italienisch-deutschen Kontakte und Transferenzen. Hinsichtlich der primär arabisch-italienischen Transferenzen wird dank neuerer Untersuchungen die gängige T h e s e von Sizilien als Brücke und Ausstrahlungsort der arabischen Wörter nach Norditalien und somit in die italienische Gemeinsprache zugunsten der Seerepubliken-These zurückgedrängt. D i e Beleggeschichte der italienischen Arabismen erlaubt den Schluß, daß eben die handelstüchtigen Seerepubliken G e n u a , Pisa und Venedig die Hauptträger des arab.-ital. Lehnguts darstellen. Überdies läßt sich sogar nachweisen, daß eine Anzahl von sizilianischen Arabismen die italienische Hauptsprache über die Idiome der Seerepubliken erreichte. Dies ist auf die seerepublikanisch-sizilianischen Handelsbeziehungen zurückzuführen. Als solche sizilianisch-italienische Arabismen sind hier folg e n d e z u e r w ä h n e n : I t a l . : arancio,

guibba,

limone,

soda,

zibibbo,

zucchero.

D i e meisten lexikalischen Übernahmen aus dem Arabischen sind aber als Folge der Handelsbeziehungen der Seerepubliken mit den verschiedenen arabischen Ländern zu betrachten. Die Lehnwörter betreffen die Handelsterminologie, die N a m e n für Handelswaren, Ausdrücke der Seefahrt sowie Berufs- und Handwerksbezeichnungen. Folgende gelangten ins Deutsche: H a n d e l s t e r m i n o l o g i e : Ital. dogana, gazzino,

risico,

carmesino,

risma,

lacca,

sensale,

marzapane,

tariffa,

fondaco, zecca.

mummia,

gabella,

garbello,

garbellare,

H a n d e l s w a r e n : Ital.

tazza.

ma-

baldacchino,

Seefahrtausdrücke:

Ital.

sci-

rocco, caracca, garbin. Die Herkunft dieser Wörter ist nicht sichergestellt. Hinsichtlich der sekundären arabischen Transferenzen des Italienischen findet sich in unserem Korpus je eine Transferenz aus dem Mittellatein {zenith

> ital.

zenit)

bzw. aus dem Türkischen

( m ü s l ü m a n > ital.

musul-

mano). D i e übrigen sekundären Transferenzen wurden dem Italienischen durch das Spanische und das Katalanische vermittelt. Es handelt sich u m span, jineta 'eine Art kurze Lanze' > ital. gianetto·, span, mesquita > ital. meschita,

moschea

und

kat.

benjun

> ital.

bengiui.

D i e Ü b e r n a h m e der italienischen Arabismen ins Deutsche hat ebenfalls

392

Zusammenfassung/Auswertung

den H a n d e l als H a u p t a n l a ß . V e n e d i g bildete im M i t t e l a l t e r das Hauptziel des deutschen Italienverkehrs. Als Beweis dafür kann das sog. Fondaco

dei

( 1 2 9 8 ) , das deutsche Kaufhaus in V e n e d i g , erwähnt werden. Aber

Tedeschi

auch zu G e n u a , Pisa und den norditalienischen Städten pflegten die deutschen Kaufleute rege H a n d e l s b e z i e h u n g e n .

Im H i n b l i c k a u f die E n t l e h -

nungen besteht sogar die M ö g l i c h k e i t , zwischen den venezianischen

und

oberitalienischen Transferenzen des D e u t s c h e n zu u n t e r s c h e i d e n . S o sind dt. arantz,

Karmesin,

Zucker,

venezianischer und dt.

Fontego

Artischocke,

norditalienischer H e r k u n f t . D i e meisten ital.-dt. Arabismen lassen

Fondaco

j e d o c h keinen S c h l u ß zu, o b sie aus V e n e d i g oder N o r d i t a l i e n

übernom-

men wurden. Sie tauchen jedenfalls zum ersten M a l in folgenden

Text-

sorten auf: In der Literatur des M i t t e l h o c h d e u t s c h e n ; im 15. u n d 16. J h . in der Geschäfts- und Reiseliteratur. Das M i t t e l h o c h d e u t s c h e weist joppe,

scherock,

gana,

garbelieren,

tarifa. ella,

soldän,

zesin,

Gerbelur,

Kandiszucker,

D i e Reiseliteratur enthält Arsenal, Garbin,

ze, Moschee,

Giraffe,

Karacke,

Mummia,

Karmesin,

Schaube,

arantz,

auf. D i e Geschäftsliteratur enthält

zucker

Siroco,

Kantar,

Marzipan,

Benzoe,

Binetsch,

Lack,

Limone,

Zechine,

Zibebe,

Do-

Sensal,

Tara,

Fondaco,

Gab-

Mameluck,

Matrat-

Zibet,

Zibetkatze.

D i e W ö r t e r Giraffe

und Matratze

ersetzen jetzt die ins M h d . aus dem Afrz.

entlehnten

und

Das W o r t

schraffe

materas.

scherock

'südöstlicher

Wind',

das zunächst bei Oswald von W o l k e n s t e i n a u f t a u c h t und in der Reiseliteratur als Sirocco

bei R a u w o l f wieder erscheint, wird im 19. J h . erneut

aus dem Italienischen als Schirokko

entlehnt. D i e W ö r t e r arantz

v. Megenberg), soldän

(Oswald v. W o l k e n s t e i n ) wurden spä-

(Erec), zesin

ter erneut entlehnt u n d zwar als

Orange

(Konrad

aus dem Französischen,

Soltan

direkt aus dem Arabischen und Zechine

noch einmal aus dem Italienischen.

D i e W ö r t e r Joppe

und Binetsch,

u n d Schaube,

Spinat

Tasse

und Tatze

existieren heute im D e u t s c h e n als D o u b l e t t e n , wobei Schaube, Tatze

nur im O b e r d e u t s c h e n v o r k o m m e n . D i e in den genannten drei T e x t -

sorten nicht belegten ital.-dt. Arabismen Soda,

kound

Binetsch

Tatze

und Zenit

Intarsia,

Baldachin,

Muselman,

k ö n n e n n i c h t nur die H a n d e l s b e z i e h u n g e n ,

dern auch die geographischen, kulturellen

und p o l i t i s c h e n

son-

Beziehungen

zwischen Italien und D e u t s c h l a n d als E n t l e h n u n g s h i n t e r g r u n d haben. D a s W o r t Artischocke

t a u c h t zunächst bei den deutschen Pharmazeuten

Fuchs

( 1 5 4 2 ) und Frisius ( 1 5 5 6 ) auf und erscheint in der R e i s e b e s c h r e i b u n g von Rauwolf. N a c h dem Französischen und Italienischen ist das Spanische m i t

10

Arabismen ( 5 % ) die dritte r o m a n i s c h e V e r m i t t l e r s p r a c h e von Arabismen an das D e u t s c h e . In dieser F u n k t i o n spielt es aber keine große Rolle, da es viel weniger Arabismen an das D e u t s c h e vermittelte als das Französische und das Italienische. H i n s i c h t l i c h der primären K o n t a k t e und T r a n s ferenzen führte b e k a n n t l i c h die arabische E r o b e r u n g der I b e r o r o m a n i a zu intensiven sprachlichen Berührungen zwischen der arabischen und der rom a n i s c h e n Bevölkerung. Das Spanische ist die r o m a n i s c h e Sprache, die am

Zusammenfassung/Auswertung

393

meisten Arabismen a u f g e n o m m e n hat. D i e H a u p t m a s s e dieser Arabismen wurde zwischen dem 9. u n d 13. Jh. ins Iberoromanische entlehnt, wobei arabische W ö r t e r durch Vermittlung der Mozaraber in die nördlichen Teile des Landes gelangten. Diese suchten infolge ihrer Vertreibung aus A n d a lusien die christlichen Königreiche des N o r d e n s auf. Der H a u p t g r u n d der massiven Rezeption von Arabismen in der g e n a n n t e n Phase ist auf die Überlegenheit der arabischen Kultur zurückzuführen. Mit der kastilischen Reconquista (1212-1492) stieg Kastilien zur Zentralmacht der Halbinsel auf und die kastilische Sprache bzw. das werdende Spanisch setzten sich an Stelle des Arabischen u n d Mozarabischen durch. Die alten Arabismen wurden im Kastilischen verbreitet und es kamen neue hinzu, deren Zahl jedoch zwischen dem 14. u n d 16. Jh. immer geringer wurde. A u ß e r d e m stellten die neuen A u f n a h m e n Bedürfnislehnwörter dar, da sie sich lediglich auf Gegenstände beziehen, die im Kastilischen keine Entsprechungen hatten u n d aus pragmatischen G r ü n d e n entlehnt worden sind. Der Rückgang in der A u f n a h m e von neuen Arabismen ist mit dem Ausklingen der arabisch-islamischen Kultur in Z u s a m m e n h a n g zu bringen. Es ist hier noch auf die Rolle der in Kastilien zurückgebliebenen Bevölkerung, der sog. Mudejaren, u n d auf die arabisierten Christen hinzuweisen, die als zweisprachige G r u p p e zur A u f n a h m e u n d Verbreitung der Arabismen im Kastilischen wesentlich beigetragen haben. Die spanischen Arabismen erstrekken sich auf mehrere Sachgebiete u n d unterscheiden sich formal von den anderen arabisch-romanischen Entlehnungen durch die ^/-Präfigierung. D i e im Mittellatein v o r k o m m e n d e n und mit dem Präfix ^/-versehenen Arabismen verschiedener Wissenschaften deuten eben auf Spanien als H e r k u n f t s o r t von arabisch-lateinischen Übersetzungen hin. Es sind im Rahmen dieses Unterkapitels nur diejenigen spanischen Arabismen a n g e f ü h r t u n d behandelt, die die deutsche Sprache direkt bzw. primär über das Spanische erreichten. Sekundär über andere romanische Sprachen ins D e u t sche g e k o m m e n e spanische Arabismen w u r d e n jedoch zum Vergleich herangezogen. Primär über das Spanische erreichten folgende spanische Arabismen die deutsche Sprache: span, alcalde, alguacil, alcdzar, alquermes, albard, guitarra, jasmin. Sekundär über andere romanische Sprachen wurden die folgenden ins Deutsche ü b e r n o m m e n : span, algalifo, alcoba,

quintal, azar, laud, barragdn, badana, azul, gdlibo. Z a h l e n m ä ß i g ist das Spanische als primäre Vermittlersprache von Arabismen an das Deutsche weniger bedeutend als das Mittellatein u n d die übrigen romanischen Sprachen. Dies ist im Mittelalter auf das Fehlen intensiver Kontakte u n d natürlich auch auf die geographische E n t f e r n u n g der beiden Sprachgemeinschaften zurückzuführen. Erst mit der E n t d e c k u n g Amerikas u n d dem Aufstieg Spaniens zur großen See- u n d H a n d e l s m a c h t k o n n t e das Spanische Weltsprache werden u n d die übrigen europäischen Länder sprachlich beinflussen. Allerdings sind es jetzt nicht mehr die Arabismen, sondern die Kulturwörter der N e u e n Welt, die nun als Verbrei-

394

Zusammenfassung/ Auswertung

tungselemente gelten. Spanische Arabismen erreichten die deutsche Sprache zunächst durch Handelsbeziehungen, dann durch die Allianz mit den Habsburgern, durch die Übersetzungsliteratur und schließlich durch direkte Kontakte mit dem Spanien des 18. und 19. Jh. Im Bereich des Handels, vor dem 16. Jh., ist vor allem die Ravensburger Gesellschaft zu nennen, die im 15. Jh. über eine Zweigstelle in Barcelona verfügte. In den Ravensburger Urkunden finden sich die ersten Belege des deutschen Arabismus albara. Auch das W o r t Risiko, das über das Italienische ins Deutsche kam, findet in diesen Urkunden erste Belege und zwar als arisch, areschg, alriesch < kat. arrisc. Im 16. Jh. konnte im Rahmen des Handels nur noch der Arabismus Jasmin ins Deutsche entlehnt werden. Durch die Allianz der Habsburger mit Spanien konnten im 16. und 17. Jh. mehrere spanische Ausdrücke der Militärsprache und des Hofzeremoniells ins Deutsche rezipiert werden, darunter befand sich der Arabismus Alkalde. Die Arabismen Cid und Gitarre wurden im Rahmen des deutschen Interesses für die spanische Sprache und Literatur übernommen. Die übrigen, hier in Frage kommenden Arabismen Alguacil, Alhambra, Alkazar, die als typisch spanisch zu betrachten sind, wurden zwischen dem 17. und 18. Jh. im Rahmen der Übersetzungsliteratur oder infolge direkter Kontakte mit Spanien ins Deutsche entlehnt. Am Schluß dieses Unterkapitels wurden die Arabismen Alkalde, Gitarre und Jasmin lexikographisch behandelt. Die zuletzt behandelte Vermittlersprache von Arabismen an das Deutsche ist das Niederländische. Das Niederländische nimmt aber in dieser Funktion einen besonderen Status ein: Die durch das Niederländische ins Deutsche gelangten Arabismen stellen im Niederländischen selbst keine direkten Entlehnungen dar, sondern sie wurden ihm sekundär durch das Französische vermittelt. In dieser Hinsicht fungiert es also nicht als sekundäre, sondern als tertiäre Vermittlersprache der Arabismen an das Deutsche. Folglich spielt sich der Entlehnungskontext der hier in Frage kommenden Transferenzen nicht etwa in einem arabisch-niederländisch-deutschen Beziehungsrahmen, sondern im französisch-niederländisch-deutschen Beziehungsgeflecht ab, wobei das Verhältnis zur arabischen Sprache in den arabisch-französischen Kontakten zu suchen ist. Auf diese Weise wurde zunächst im Abschnitt II. 7. 1. auf die französisch-niederländischen Sprachkontakte eingegangen, wobei als Ergebnis dieser Kontakte die von den übrigen französisch-niederländischen Entlehnungen nicht zu unterscheidenenden Arabismen als Beispiel angeführt werden. Während die französischen Entlehnungen des Mittelniederländischen - darunter auch Arabismen - in Zusammenhang mit dem Einfluß der französischen höfischen Kultur und Sprache auf die Niederlande stehen, stellen die neueren französischen Entlehnungen des Niederländischen in erster Linie Ausdrücke dar, die den Bereich des Handels und der Marine betreffen. Als altfranzösisch-mittelniederländische Arabismen fungieren mndl. scaec, roch, sc(h)arlaken, catoen. Als Handelstermini und Warenbezeichnungen aus dem Arabischen kamen ins Niederländische über das Französische

Zusammenfassung/ Auswertung

395

folgende Wörter: ndl. almanag, gaas, abrikoos. Seefahrtstermini sind: ndl. averij, kalfateren. Die Arabismen der Seemannssprache gehören zu den problematischsten Entlehnungen der europäischen Sprachen (vgl. Exkurs zum Wort Avaria). Im Abschnitt II. 7.2. wird die tertiäre Vermittlung der Arabismen durch das Niederländische an das Deutsche behandelt. Die engen räumlichen und sprachverwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland u n d den Niederlanden führten schon vor der Festlegung der politischen Grenze (1648) zu intensiven sprachlichen und kulturellen Beeinflussungen. Bei der Gliederung der niederländisch-deutschen Transferenzen wird zwischen literarischen und volkstümlichen Entlehnungen unterschieden. Für die erste G r u p p e k o m m e n die flämischen Ausdrücke des Rittertums und darunter Arabismen in Betracht, die unmittelbar in das deutsche benachbarte Gebiet gelangen konnten; in der deutschen höfischen Gesellschaft wurde neben der französischen auch die südniederländische Ritterschaft zum Vorbild. Auf diese Weise konnten über das Mittelniederländische französische höfische Ausdrücke das Mittelhochdeutsche erreichen. Die Arabismen unter ihnen sind: mhd. schäch, roch, Scharlach. Hinsichtlich der zweiten G r u p p e sind hier die niederländisch-deutschen Transferenzen des Handels u n d der Seefahrt zu erwähnen. Sie zeugen von der maritimen und merkantilen Überlegenheit der Niederlande im 16. und 17. Jh. Die wichtigsten Kontaktgebiete sind Ostfriesland, Danzig und Königsberg, in denen die Niederländer Handelniederlassungen hatten. Die dabei gemachten Entlehnungen vollzogen sich also im Bereich des Niederdeutschen und erreichten dann das Gebiet des Hochdeutschen. Die Arabismen unter ihnen sind: dt. Aprikose, Kattun, Gaze, Almanach sowie die Seefahrttermini Havarie, kalfatern. Die in diesem Unterkapitel angeführten Arabismen wurden mit Sicherheit unterschiedslos zusammen mit den anderen Niederlandismen von der deutschen Sprache rezipiert. Ihre gesonderte Behandlung soll jedoch die wesentliche Rolle der geographischen und der kulturgeschichtlichen Aspekte der Infiltrierung von Transferenzen hervorheben. Folgende Arabismen wurden am Ende dieses Unterkapitels lexikographisch behandelt: Almanach, Aprikose, Kattun, Rocha-

de, Schach. Als sonstige Vermittlersprachen von Arabismen an das Deutsche sind das Englische mit 5 Transferenzen {Albatros, Kif, Mohair, Mocha, Monsum), 2,5%, und das Türkische mit 2 Transferenzen {Harem, Kismet), 1%, vertreten. Die genannten Vermittlersprachen wurden aus zeitlichen und räumlichen G r ü n d e n nicht eigenständig behandelt. Unterkapitel II. 8. behandelt die direkten arabisch-deutschen Transferenzen. Da dieser Entlehnungsvorgang weniger repräsentativ für deutsche Arabismen ist, steht die Behandlung der direkten E n t l e h n u n g nicht im Mittelpunkt der Arbeit: Einerseits sind direkte arabisch-deutsche Transferenzen zahlenmäßig eher begrenzt, andererseits spielen sie kulturgeschichtlich eine weniger bedeutende Rolle, da sie — im Gegensatz zu den meisten

396

Zusammenfassung/ Auswertung

indirekt entlehnten Arabismen - überwiegend auf rein arabisch-islamische Angelegenheiten verweisen und von daher die Grenze des Typischen nicht überschreiten konnten. Es handelt sich um arabisch-islamische Religionsbegriffe und Titelbezeichnungen sowie um die Ausdrücke Atlas „Stoffbezeichnung" und Haschisch, die in der deutschen Lexikographie als direkte Ubernahmen aus dem Arabischen betrachtet werden. Im Rahmen der Arbeit werden die Religionsbegriffe nur gelegentlich zur Erörterung mancher Zusammenhänge herangezogen, dagegen stehen die Titelbezeichungen

Emir, Fakir, Kadi, Kalif, Scheich

und Sultan sowie die Ausdrücke Atlas

und Haschisch im Vordergrund der Betrachtung. Der seltene Fall der direkten arabisch-deutschen Entlehnungen wird auf das Fehlen von engen und dauerhaften Kontakten zwischen Arabern und Deutschen zurückgeführt. Die dennoch zustande gekommenen direkten Übernahmen sind den deutschen Orientreisenden sowie der Beschäftigung der deutschen Orientalisten mit der arabischen Sprache und Literatur zu verdanken. Bei der Übernahme dieser Arabismen, vor allem bei Titelbezeichnungen und Begriffen der islamischen Theologie, ist ein persischer oder türkischer Einf l u ß nicht auszuschließen, da einerseits diese Wörter zum gemeinsamen Fundus der islamischen Länder gehören und andererseits sich die deutschen Orientreisenden und Orientalisten nicht nur mit der arabischen, sondern auch mit der persischen und türkischen Welt, Sprache und Literatur vertraut machten. Da aber die Kenntnis des Arabischen sowohl bei den Orientalisten als auch bei den meisten Orientreisenden vorhanden war, kann angenommen werden, daß diese in ihren Aufzeichnungen die ursprünglich arabische Bezeichnung verwendet haben. Das Problem, ob direkte Entlehnung oder doch persische bzw. türkische Vermittlung vorliegt, kann allein durch die Gesamtsicht der Quellenlage gelöst werden. Im Rahmen der Untersuchung konnten Erstbelege für folgende Arabismen aufgefunden werden: Moschee (mesesgit), Scheich (cherch) bei Schiltbeergers und

Kadi (Cadi),

Koran (Curan),

Mufti (Muphti)

und Iman bei Schweigger.

Das Wort Haschisch kommt nicht erst im 19. und 20. Jh. vor (vgl. Kluge, Pfeifer), sondern bereits im 18. Jh. und zwar bei Niebuhr. Zur Verbreitung der arabisch-islamischen Bezeichnungen im Deutschen trugen die Orientalistik und die orientalisierende deutsche Literatur wesentlich bei. W a s das Wort Atlas betrifft, so ist es bereits im 14. Jh. in deutschen Handelsurkunden belegt. Atlas fehlt zwar in den romanischen Sprachen, kommt jedoch im Englischen (1687), allerdings viel später als im Deutschen, vor. Dies läßt auf einen Alleingang der deutschen Kaufleute schließen, die das W o r t direkt aus dem Arabischen übernehmen konnten und es dann dem Englischen weiter vermittelten. Das III. Kapitel der Arbeit behandelt zunächst die ausdrucksseitige, danach die inhaltsseitige Entwicklung der Arabismen im Deutschen. Ersteres geschieht vermittels Tabellen, in denen die konsonantischen und vokalischen Grapheme der Ausgangssprache und der Vermittlersprachen,

Zusammenfassung/ Auswertung

397

sowie diejenigen der letzteren und des Deutschen kontrastiv dargestellt werden. Ubereinstimmungen und Divergenzen lassen sich dadurch leicht überschaubar machen. Sie werden anhand von Beispielen und K o m m e n t a ren erläutert, wobei phonetische und orthographische Überlegungen herangezogen werden. Im Ausgang der Darstellung werden die morphologischen und prosodischen Verhältnisse beschrieben. Hinsichtlich der kontrastiven Zusammenstellung der Konsonanten des Arabischen und der Vermittlersprachen ergibt sich, daß 13, u n d zwar die typisch arabischen emphatischen, velaren bzw. postvelaren und interdentalen Konsonanten keine phonematische bzw. graphematische Entsprechung in den Vermittlersprachen aufweisen. Beim Ubergang von den Vermittlersprachen ins Deutsche erfuhren die Konsonanten, Vokale und Diphthonge der Arabismen weitere Veränderungen, die zum einen auf den graphematischen Unterschieden in den entsprechenden Kontaktsprachen, zum anderen auf den eigentümlichen Lautungen der hier mit dem Deutschen direkt in Kontakt gekommenen Sprachen beruhen. So wird z.B. mediales in Baldachin < ital. baldacchino gemäß der deutschen Orthophonie als [9] im Gegensatz zu ital. [k]. Hinsichtlich der Inhaltsentwicklung (III. 2) werden die Arabismen nach zwei Gesichtspunkten untersucht: Zuerst erfolgt die quantitative Analyse. Hier wird gefragt, ob das arabische Ausgangswort monosem (M) oder polysem (P) war und wie sich die diesbezüglichen Verhältnisse in den Vermittlersprachen und im Deutschen entwickelt haben; Μ —» Ρ —> Μ zeigt ζ. Β, daß ein arabisches Ausgangswort monosem war in der Vermittlersprache dann polysem wird und beim Übergang ins Deutsche wiederum monosem. Es folgt dann die qualitative Analyse. Hier wird ermittelt, wie die für das Arabische anzunehmenden Sememe sich inhaltlich, also qualitativ in den Vermittlersprachen und schließlich in der Zielsprache verändert haben. Ein Kombinationstyp wie z.B. Μ ί Μ c Ρ zeigt auf Anhieb, daß die Bedeutung des monosemen arabischen Ausgangsworts beim Übergang in eine Vermittlersprache verlorenging und eine neue Einzelbedeutung entstand, wobei diese Bedeutung auf der Ebene des Deutschen zur Basis für die Bildung einer anderen semantischen Einheit wurde. Die Analyse wurde durch die funktionale Klassifizierung der Bedeutungsveränderung ergänzt. Demzufolge konnte unter Verwendung der Termini Namenübertragung und Namenneubildung aufgrund von objektiver und subjektiver Sinnähnlichkeit bzw. Sinnberührung sowie aufgrund von Lehnbedeutung die Art der Inhaltsentwicklung von Arabismen beschrieben werden. Die speziell für die semantische Analyse entwickelte Methode stellt eine Innovation dar, die über den Rahmen dieser Arbeit hinaus für vielerlei Untersuchungen mit analoger Fragestellung fruchtbar gemacht werden kann.

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STUDIA L I N G U I S T I C A G E R M A N I C A PETER WIESINGER

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1996. X X I I , 390 Seiten. Mit zahlreichen Abbildungen, Tabellen und Karten. Leinen. ISBN 3-11-014636-3 (Band 43)

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Die auf 12 Bände veranschlagte Neubearbeitung des „Deutschen Fremdwörterbuchs" verzeichnet den Kernbereich der in der deutschen Standardsprache fest verankerten Fremdwörter und Fremdwortfamilien in ihrer historischen Entwicklung von etwa 1450 bis zur unmittelbaren Gegenwart. Das Kernstück der Wortartikel bildet die chronologisch dargestellte Bedeutungsgeschichte, in der vor allem die „Biographien" zentraler Begriffe des politischen, kulturellen und geistigen Lebens eingehend beschrieben und anhand einer reichlichen Belegauswahl aus repräsentativen Textsorten aller Jahrhunderte ausführlich dokumentiert werden.

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