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German Pages [260] Year 1969
Ekkehard Mühlenberg Apollinaris von Laodicea
E K K E H A R D MÜHLENBERG
Apollinaris von Laodicea
VANDENHOECK & R U P R E C H T IN G Ö T T I N G E N
Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Band 23
Umschlag: Christel Steigemann. — Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. — © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1969. — Printed in Germany. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen
Vorwort Meine Lehrer, Prof. Dr. W. Pannenberg und Prof. Dr. H. Langerbeck, haben mich davon überzeugt, die Entstehung und Entwicklung der frühchristlichen Theologie auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der klassischen Philosophie zu begreifen. Wenn die — kritische — Aufnahme der griechisch-philosophischen Tradition nichts Reales zur christlichen Botschaft beigetragen hätte, würde es bei A. von Harnacks dogmengeschichtlichem Entwurf bleiben müssen; dann wäre die Theologiegeschichte der Alten Kirche irrelevante Historie, das Nachzeichnen einer zeitbedingten Rationalisierung des christlichen Glaubens. Ich meine jedoch, daß sich erst in der Konfrontation mit der platonisch-aristotelischen Tradition der Absolutheitsanspruch der christlichen Botschaft als universale Wahrheit auswies. Auch wenn die Absolutheit der Wahrheit geschichtlich bedingt ist und es Wahrheit nur für die jeweilige Gegenwart gibt, so gilt doch auch das andere: Was in der Geschichte einmal Wahrheit war, das ist insofern noch heute relevant, als wir dahinter nicht zurückfallen dürfen. Ich will an Apollinaris von Laodicea zeigen, inwieweit die alexandrinische Christologie eine Herausforderung und Uberbietung der klassischen Philosophie ist. Diese Untersuchung wurde im Wintersemester 1967/68 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz als Habilitationsschrift angenommen. Sie hatte ursprünglich den Titel ,,ΝΟΥΣ ENΣΑΡΚΟΣ. Studien zu Apollinaris von Laodicea, zu seiner Christologie und ihrer Einordnung in eine Geschichte der Frage nach der Möglichkeit der Gotteserkenntnis". Auf den Rat meiner beiden Referenten, Herrn Prof. D. Rudolf Lorenz und Herrn Prof. Dr. Wolfhart Pannenberg, hin habe ich die Kapitel über Piaton, Aristoteles, Philon von Alexandrien, Alexander von Aphrodisias und Clemens von Alexandrien herausgenommen; ich hoffe, sie bald in überarbeiteter Form veröffentlichen zu können. Außerdem hat mich die Kritik meiner Referenten zur Umformulierung einiger Stellen veranlaßt. Für ihre stetige Förderung auch während der Entstehung dieser Arbeit möchte ich ihnen hier meinen Dank aussprechen. Mein Dank gilt weiterhin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die mir sowohl eine fast dreijährige ungestörte Studienzeit ermöglichte als auch den Druck unterstützt hat. Ebenso danke ich dem Verlag für sein freundliches Entgegenkommen. Gewidmet sei dieses Buch meiner Frau. Claremont, November 1968
Ekkehard Mühlenberg
Inhalt Literaturverzeichnis Einführung
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I. Zur Biographie des Apollinaris von Laodicea und zur Überlieferung seiner Schriften A. Zur Biographie des Apollinaris von Laodicea 1. Die Eustathiusaffare a) Das Zeugnis der Basiliusbriefe b) Der Briefwechsel Basilius — Apollinaris (Basilius 361—364) c) Datierung der Eustathiusaffäre 2. Erwägungen zur Bischofsweihe des Vitalis a) Die Verhältnisse in Antiochien um das Jahr 375 n. Chr b) Der Vermittlungsversuch des Epiphanius c) Die Absicht der Romreise des Vitalis d) Apollinaris von Laodicea als Kirchenpolitiker
26 26 ep.
38 44 45 45 50 53 56
B. Die Uberlieferung der Schriften des Apollinaris von Laodicea 1. Text und Rekonstruktion der 'Apodeixis' 64 a) Feststellung der wörtlichen Zitate 64 b) Versuch einer Rekonstruktion des Aufbaus der Schrift des Apollinaris 'Wissenschaftliche Darlegung der göttlichen Inkarnation nach dem Gleichbild des Menschen' 71 c) Zur Datierungsfrage 90 2. Zusammenfassende Beurteilung von Lietzmanns Fragmentensammlung 91 a) Die Zitate aus Schriften des Apollinaris 91 b) Die Pseudonymen Schriften 97 3. Die exegetischen Fragmente aus der Catenenüberlieferung 105 II. Die Christologie des Apollinaris von Laodicea A. Der christologische Ansatz der 'Apodeixis' 1. Methodische Erwägungen 2. Einleitung und These der'Apodeixis'
108 108 111
8
Inhalt
3. Die Bedeutung des άνθρωπος ένθεος in der antichristlichen philosophischen Tradition (Celsus, Porphyrius und Julian) 117 4. άνθρωπος ένθεος bei Apollinaris a) Das Verständnis dieses Begriffs bei Apollinaris 129 b) Apollinaris' Kritik an der christologischen Verwendung dieses Begriffs und ihre vorläufige Begründung 135 B. Die Anthropologie des Apollinaris 1. Auseinandersetzung mit der Apollinarisforschung 2. Der Gottesbegriff des Apollinaris 3. Das Wesen des Menschen a) Das Verhältnis des Menschen zu Gott b) Der Mensch als „Seele" c) Notwendigkeit und Bedeutung der Gotteserkenntnis
149 156 159 165 171
C. Die Soteriologie des Apollinaris 1. Das Wesen des νόμος und das Wirken des πνεϋμα 2. Die christologische Voraussetzung der Soteriologie: Warum mußte Gott Mensch werden? a) Der christologische Ansatz des Athanasius in 'Contra gentes' und 'De incarnatione' b) Apollinaris als Schüler des Athanasius 3. Jesus Christus als Grund der Gotteserkenntnis (νους Ινσαρκος) 4. Die Lehre vom νοϋς ένσαρκος als ursprünglicher Bestandteil der apollinaristischen Christologie 5. Bemerkungen über den Zusammenhang von Trinitätslehre und Christologie
180
188 196 209 215 230
Schlußbetrachtung Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
238
Stellenregister
249
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Einführung Die Dogmengeschichte, insofern sie Geschichte der Lehrentscheidungen der Kirche ist, wird die Christologie des Apollinaris von Laodicea immer nur von dem Konzil von Chalcedon 451 her sehen können. In dieser Perspektive muß Apollinaris von Laodicea der bleiben, zu dem ihn die Geschichte der Kirche gemacht hat, nämlich der Vertreter einer Christologie, die die Einheit von Göttlichem und Menschlichem in der Person Jesu Christi unter Verzicht auf eine menschliche Vernunft Christi lehrte. So sahen ihn seine Zeitgenossen wie Epiphanius von Salamis und die beiden Gregore, Gregor von Nazianz und Gregor von Nyssa; so sahen ihn aber auch Cyrill von Alexandrien und die Nestorianer. Obwohl die Verteidiger des Chalcedonense ihre Gegner als Apollinaristen bezeichneten, haben die sogenannten Monophysiten immer wieder bekräftigt, daß sie nicht wie Apollinaris von Laodicea einen vernunftlosen Christus lehrten 1 . Die neuere Forschung hat sich intensiv darum bemüht, die Eigenart der apollinaristischen Christologie von dem einseitigen Bild, das die Kirche von ihr überliefert hat, zu befreien. Zu nennen sind hier die Arbeiten von G. Voisin, С. E. Raven, M. Richard, H. de Riedmatten und R. A. Norris. Die historischen Grundlagen wurden im Widerspruch zu den Untersuchungen von J. Dräseke zuerst von A. Spaßkij neu begründet, der aber der Forschung unbekannt blieb. G. Voisin und an ihn anknüpfend H. Lietzmann haben das apollinaristische Schrifttum kritisch gesichtet und insbesondere die im 6. Jahrhundert entdeckten apollinaristischen Fälschungen miteinbezogen. Dadurch ist es jetzt allgemein anerkannt, daß die patristische Polemik Apollinaris zu Unrecht die Lehre von einem präexistenten Leib oder einer präexistenten Menschheit Christi zugeschrieben hat. Während noch I. A. Dorner in der arianischen Lehre vom Λόγος τρεπτός das historische Gegenüber des Apollinaris sah 2 , gilt es heute durch die Untersuchungen von G. Voisin als sicher, daß Apollinaris gegen die sog. antiochenische Christologie Diodors von Tarsus seine Lehre von 1 Ich verweise beispielhaft auf folgende Stellen: Cyrill von Alexandrien, Apologia XII capitulorum contra Orientales (ACO I 1,7 p. 40,28—30); Ер. I ad Succensum (ACO I 1,6 p. 152,24—26); Nestorius, Liber Heraclidis (p. 148sq Bedjan); Philoxenus von Mabbug, Tract, de Trin. et Inc. (CSCO 10, Versio, p. 46,15—19); Ep. ad Monachos Senuni (CSCO 232, Versio, p. 9,9sq). 3 Entwicklungsgeschichte von der Person Christi, Bd. I, Berlin 18512, S. 986.
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Mühlcnbcrg, Apollinaris
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der einen Natur Christi entwickelte. M. Richard und H. de Riedmatten haben gezeigt, daß der dabei vorausgesetzte Naturbegriff vitalistisch und dynamistisch zu verstehen ist 1 ; auch das kann als anerkannt gelten. Umstritten und noch nicht endgültig geklärt sind in der Apollinarisforschung erstens der Zusammenhang seiner Christologie mit der arianischen Lehre vom seelenlosen Christus und zweitens die Bedeutung der Anthropologie für die Ausformung seiner Christologie. Voisin, Gwatkin, und Richard weisen darauf hin, daß die apollinaristische Formel μία φύσις σύν&ετος für die Einheit der Person Christi schon in der arianischen Christologie ausgeprägt wurde, so daß Apollinaris in der Art, wie er die Einheit der Person Christi darstellt, von den Arianern abhängig sein müsse2. С. E. Raven macht dagegen darauf aufmerksam, daß Apollinaris von Anfang an als Antiarianer bekannt ist und daß es deswegen nicht gut denkbar ist, seine Christologie nur als eine Weiterentwicklung der arianischen zu verstehen. Raven weist darauf hin, daß die sog. trichotomische Anthropologie von Anfang an vorausgesetzt ist, weil Apollinaris von Anfang an den Traduzianismus vertrete 3 . Indem H. de Riedmatten und R. A. Norris die Eigenart der apollinaristischen Lehre allein in seinem auf Christus angewandten Traduzianismus sehen, lassen sie das Phänomen der Übereinstimmung mit der arianischen Formel von der Einheit der Person des Inkarnierten unberücksichtigt4. Nemesius von Emesa hat behauptet, Apollinaris sei durch die aus dem Neuplatonismus übernommene trichotomische Anthropologie zu seiner Häresie geführt worden 6 . G. Voisin lehnt dies ab, weil er meint, daß der philosophische Gedanke, zwei Vollkommene könnten nicht zu einer Einheit zusammengebracht werden, die Christologie des Apollinaris begründe und nicht die sog. trichotomische Anthropologie 6 . Die aristotelische Lehre vom Hylemorphismus sei es, die Apollinaris die Aussage der Einheit ermöglicht habe 7 . H. de Riedmatten zieht diese Linie insofern noch weiter aus, als er den Hylemorphismus durch den auf Christus angewandten Traduzianismus logisch ermöglicht sieht; denn das Lebens1 M. Richard, L'introduction du mot 'Hypostase' dans la thiologie de l'incarnation, Mdlanges de Science Religieuse 2 (1945) S. lOf.; H. de Riedmatten, Some Neglected Aspects S. 240—247 und La christologie S. 208—218. 2 G. Voisin, L'Apollinarisme, Louvain/Paris 1901, S. 54. Η. M. Gwatkin, Studies of Arianism, Cambridge 1900 2 , S. 250—254. Μ. Richard, S. Athanase et la Psychologie du Christ selon les Ariens, Mdlanges de Science Religieuse 4 (1947) S. 5—54. 8 Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 171. 4 Cf. A. Grillmeier, Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 221 Anm. 1. 6 Cf. Lietzmann, fr. 169 p. 269,17—22. о Cf. L'Apollinarisme S. 52, 79 u. 289. ' Cf. S. 279 f.
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prinzip komme ex traduce in den Menschen, in Christus aber durch die Jungfrauengeburt direkt von Gott 1 . Unbeachtet von der Apollinarisforschung hat G. Furlani die Interpretation Riedmattens vorweggenommen 2 . Er prüft die Behauptung des Nemesius und kommt zu dem Ergebnis, daß nicht Plotin, sondern Aristoteles die Quelle für die Psychologie, die der apollinaristischen Christologie zugrunde liegt, ist. Im aristotelischen Sinne habe Apollinaris hinsichtlich der Vernunft creatianistisch, hinsichtlich der Seele traduzianistisch gedacht 3 . Für die Geburt Jesu von der Jungfrau Maria habe er in seiner dichotomischen Periode, die von Rufin bezeugt wird 4 , die aristotelische Lehre so umgebildet, daß vom heiligen Geist auch das Lebensprinzip der Seele stamme. In seiner trichotomischen Periode, in der er eine menschliche Seele Christi lehrte, sei die Jungfrauengeburt dann zu einem puren Mysterium geworden, da die Herkunft der menschlichen Seele Christi nicht mehr philosophisch erklärt werden konnte 5 . H. de Riedmatten hat die Bedeutung der Anthropologie als Voraussetzung der Christologie des Apollinaris herausgestellt; denn das zugrunde gelegte anthropologische Schema ermögliche es Apollinaris, die Besonderheit der Person Christi als Mensch darzustellen. Durch dieses Ergebnis ist er allerdings genötigt, Apollinaris ganz von der Tradition, in die er sonst eingeordnet wird, zu trennen. "Nous voilä en mesure, si je ne fais erreur, de definir des ici le contenu de la fameuse expression μία φύσις. Sous la plume d'Apollinaire, cette formule ni ne vise directement l'unite de personne du Verbe Incarne, ni un etat particulier de la nature du Verbe dans l'Incarnation. Contrairement ä ce qu'on a si souvent avance, eile ne revet pas la portee que lui confere Cyrille d'Alexandrie, et son contenu ne reflete pas d'abord la pensee traditionelle de l'ecole dite 'alexandrine'. Elle ne repond pas non plus ä un schema 'platonisant' qui identifiant l'esprit et la personne, se contente de substituer le Verbe ä l'äme pour exprimer l'union hypostatique (gegen M. Richard). Μία φύσις caracterise la constitution particuliere de l'humanite du Christ. Les fonctions et l'interdependance du principe de vie ou esprit et de la chair у sont soigneusement definies et respectees: mais c'est le Verbe qui assume dans l'unique nature du Christ le role attribue dans l'anthropologie au principe vital ou esprit. En un mot, μία φύσις designe le Christ comme homme, comme compose de Verbe et de chair sur le modele de la μία φύσις humaine qui n'est ni l'ame ni le corps, mais 1
Some Neglected Aspects S. 240—245 und La christologie S. 215f., 227 u. 232. Studi apollinaristici II. I presupposti psicologici della cristologia di Apollinare di Laodicea, Rivista trimestrale di studi filosofici e religiosi 4 (1923) S. 129—146. 3 „Riassumendo: Apollinare era traducianista per quanto riguarda I'anima inferiore e creazianista con riguardo al νους dell'uomo" (S. 144). 4 6 H E II 20. S. 144f. 2
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le compose des deux. C'est l'indivisible unite de се composd qui requiert la 'communication des idiomes' et non le procέde d'attributions к une unique personne qui est celle du Fils de Dieu." 1 R. A. Norris baut auf den Untersuchungen von Riedmatten auf und geht den philosophischen Implikationen der für die apollinaristische Christologie vorausgesetzten Anthropologie nach. Riedmatten hatte sich damit begnügt, die Verwandtschaft der Anthropologie des Apollinaris mit derjenigen des Clemens von Alexandrien aufzuzeigen. Norris geht in zweifacher Hinsicht darüber hinaus: Er zeigt erstens, daß Apollinaris die zentralen anthropologischen Fragestellungen der zeitgenössischen Philosophie in seiner Form der Christologie voraussetzt; zweitens, daß die anthropologische Diskussion des gleichzeitigen Piatonismus sich in der soteriologischen Begründung seiner Christologie widerspiegelt. Sein Ergebnis ist deswegen, daß Apollinaris sich in seiner Lehre vom Menschen, die seine Christologie begründet, nicht grundsätzlich vom Piatonismus seiner Zeit unterscheide. "More than this, however, our consideration of his views on sin, grace, and freedom has indicated how genuinely the very shape and logic of his doctrine of man reflect the problematique of late Platonic anthropology. His ambiguous evaluation of the body; his governing sense of the soul's natural affiliation with divine Reason, qualified by a recognition of its nature as γενητός and τρεπτός; his consequent treatment of the problem of freedom; his assumption of a flesh-spirit dualism even against the background of his biblical emphasis on the unity of man's nature — each of these attitudes reflects an orientation towards the problem of man which is specifically late Platonic in its tendency. There can be no question here of attempting to discern in Apollinaris' writings the influence of any one philosophical writer. But it seems necessary to recognize that the lineaments of his philosophical anthropology reveal, in the respects we have noted, the influence of the presuppositions and central interests of the fourth-century Platonic school tradition; and, in addition, that this influence is a determining factor in the formation of Apollinaris' distinctive christology."2 Ist das vom theologischen Standpunkt aus gesehen nicht eine Variation des Urteils, das A. von Harnack über die Christologie des Apollinaris gefällt hat? „Diese Lehre ist, gemessen an den Voraussetzungen und Zielen der griechischen Auffassung vom Christentum als Religion, vollkommen. Apollinaris hat das unübertrefflich dargelegt, energisch ausgeführt und in zahlreichen Schriften unermüdlich und im Pathos der innersten Uberzeugung wiederholt, was im Grunde alle frommen Griechen glaubten und bekannten."3 1 2
La christologie S. 218. Manhood and Christ, Oxford 1963, S. 122.
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DG II S. 330.
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Μ. a. W. der Widerstand der Kirche gegen Apollinaris wäre durch das Festhalten am christlichen Glauben begründet, und die Dogmengeschichte müßte sich damit begnügen, die endgültige Verwerfung des Apollinaris auf dem Konzil von Chalcedon 451 zu rechtfertigen. A. Grillmeier, der den Stand der dogmengeschichtlichen Forschung repräsentiert, zeigt, zu welchem Urteil die Einordnung des Apollinaris in die Geschichte des Werdens des christologischen Dogmas, das in Chalcedon als Bekenntnis formuliert wurde, kommen muß: Unter der Voraussetzung, daß die Inkarnation die Beziehung Gottes zur Welt par excellence aussagt, muß die Einheit der Person Christi so bestimmt werden, daß die Transzendenz Gottes gewahrt bleibt, obwohl Gott durch die Inkarnation in die Immanenz einging. "The Incarnation was in fact the greatest expression of the relationship of God to his creation. It was the task of the fourth-century theology, in its christology, to preserve the transcendence of God while still demonstrating this highest degree of his immanence. This is where the real problem of the Arian and the Apollinarian heresies lay. Their mistake was that they applied philosophical frameworks to the interpretation of Christ without having made the necessary corrections." 1 Solange diese Einheit im Logos-Sarx-Schema ihren Ausdruck finde, werde sie zu einer natürlichen Einheit, die Gottes Transzendenz aufhebe. Obwohl Apollinaris den Begriff 'Person' nicht mit Natur gleichsetze, mißverstehe er den von ihm in die Diskussion gebrachten Personbegriff doch in vitalistischer und dynamistischer Weise: "Widespread though the notion of'person' may already have been, the concrete basis put forward for it by Apollinarius was such as to hide the notion once again and even to endanger it. In fact he reduces the 'unity of person' to a vitalistic 'unity of nature'." 2 . Erst das LogosAnthropos-Schema konnte nach Grillmeier die ganz personale Einheit von Gott und Mensch in der Person Christi formulieren, weil die Gottheit in diesem Schema nicht mehr als ein natürliches Supplement des menschlichen Wesens gedacht werden konnte. Norris zeigt von der Seite der Anthropologie und der durch sie bestimmten Soteriologie her, daß die Bestreitung der vollen menschlichen Natur Christi aus einem falsch verstandenen Verhältnis des Menschen zu Gott resultiert. Er sieht bei Apollinaris zwei Begründungen für die Leugnung einer menschlichen Vernunft in der Person Christi: "On the one hand, Apollinaris is able to assume (as Gregory Nazianzen in effect pointed out) that the human spirit does not, in itself, stand in need of redemption. It is the flesh which requires to be sanctified. On the other hand, he is able to argue that the coexistence in a single subject of a 1 2
Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 176. S. 231.
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mutable human will and the immutable divine Will is ultimately inconceivable, because of the inevitable tendency of the former towards the defection from the good. And these arguments conduce towards similar conclusions. The one implies that there need not have been, the other that there could not have been, a human rational faculty in Christ." 1 Erst die Anerkennung der vollen Menschheit Christi, die in der Lehre von der Freiheit des Menschen ihren anthropologischen Hintergrund habe — das wird an Theodor von Mopsuestia gezeigt — mache einen Unterschied zur spätplatonischen Schulphilosophie sichtbar und bringe ein christliches Element in der Christologie zum Tragen. Allerdings gibt Norris zu, daß Apollinaris nicht nur die spätplatonische Anthropologie christologisch auszieht: "Speaking metaphysically or theoretically, Apollinaris is quite clear that man's physical nature is a normal, essential, and God-given part of his being; but speaking ethically or practically, he sees in the flesh as flesh the seat of that passion which is the root and source of sin. Where he differs substantially and radically from the broad philosophical tradition in which he stands is his Irenaean-Christian insistence upon the need, and the possibility, of the flesh's redemption." 2 Auf Grund seiner Entdeckung, daß Apollinaris nicht so sehr die Einheit der Person Christi als vielmehr ihre Besonderheit darstellen wollte, erklärt Riedmatten die Erlösungstat Christi so: Durch die lebendige Einheit (union vitale) wurde das Fleisch Christi mit in die göttliche Sphäre einbezogen; in der Eucharistie wird dem Menschen durch das vergöttlichte Fleisch Christi an der Gottheit teilgegeben3. Wieweit Norris die eucharistische Vermittlung anerkennt, bleibt offen. Jedenfalls zieht er die Folgerung, daß durch die Teilhabe, wie auch immer sie zustande kommt, unser Fleisch erlöst wird zu dem Zweck, daß die Vernunft des Menschen nun frei wird, gottgemäß zu handeln. "On the contrary, Apollinaris seems rather to assume that the sanctification of the flesh enables the spirit to be itself: to follow its inherent tendency towards assimilation to the divine Logos. The link between the Saviour and the spirits of the redeemed is the voluntary action of the human free will, freed from the enslaving power of a rebellious flesh, and thus made capable of moving and acting in accordance with its own nature and heavenly origin." 4 In diesem Zusammenhang verstehe Apollinaris die Veränderlichkeit der menschlichen Vernunft auf einmal positiv im Sinne der Möglichkeit der Vervollkommnung. Eine weitere göttliche Gnadenaktion ist nicht mehr nötig, da die vom sündhaften Fleisch befreite Vernunft wegen ihres göttlichen Ursprungs von alleine zu Gott strebe. "In Apollinaris' thought, as in that of most of his Christian and non1 8
S. 119. La christologie S. 220f.
2 1
S. 117. S. 120.
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Christian contemporaries, it is an emphasis of the 'divine' nature of the soul which triumphs in the end." 1 Damit ist Norris, der die zu Tage liegenden Folgerungen aus den Untersuchungen Riedmattens zieht, aber faktisch wieder in die Nähe Harnacks gekommen; denn Harnack hatte auf Grund der in Christus schon allgemein geschehenen Erlösung der Menschen diese Erlösungslehre eine „physische" genannt. Wenn Riematten die Besonderheit der Person Christi aufzeigt und die Vermittlung der Erlösung in der Eucharistie annimmt, so ist an die Stelle einer physischen Erlösung eine mystische getreten, und Norris zeigt mit Recht, daß die Vernunft des Menschen sich dann selbst erlöse, weil sich die Erlösungstat Christi auf die Aufhebung der sündigen Kraft im Fleisch beschränkt. Es ist von der Soteriologie her in der Alten Kirche gegen Apollinaris gestritten worden, und es ist in der neueren Forschung die soteriologische Begründung seiner Christologie angegriffen worden. Gregor von Nazianz wie auch Gregor von Nyssa machen gegen Apollinaris geltend, daß Christus deswegen eine menschliche Vernunft zugesprochen werden müsse, weil auch die menschliche Vernunft und nicht nur das menschliche Fleisch der Erlösung bedürfe. In ähnlicher Weise argumentiert Norris, wenn er Apollinaris hinsichtlich der Erlösung der menschlichen Vernunft Pelagianismus vorwirft. "The will, no doubt, remains in principle mutable. But at this point in his thought, Apollinaris evidently wants to understand the mutability of the will in a revised sense: a sense which does not exclude its perfectibility in co-operation with the motions of divine Spirit. This view is, of course, Pelagian in its effect: and the 'Pelagianism' in question is one which derives from Apollinaris' strong sense of the affiliation, across the gulf fixed by the fact of the soul's createdness, between human spirit and divine Spirit." 2 Dieses Ergebnis ist die logische Folge der Fragestellung, die von Chalcedon her denkend die Geschichte der Christologie verstehen will; denn in ihr wird vorausgesetzt, daß nur das erlöst ist, was Christus angenommen hat, wie es Gregor von Nazianz formuliert hat. Riedmattens Annahme, daß für Apollinaris das Sakrament der Eucharistie die zentrale Heilsvermittlung sei, aus der sich seine Lehre von der Wesenseinheit des Fleisches Christi mit seiner göttlichen Vernunft erklären lasse, dürfte an dem Text, der den Beweis tragen soll, scheitern3. Deswegen müßte, wenn Norris recht hätte, erklärt werden können, wie das menschliche Fleisch durch das vergöttlichte Fleisch Christi erlöst wird. Der Begriff 1
2 S. 121. S. 120f. La christologie S. 221: Cat. in Joh. 6,54 (Reuss Nr. 28); dazu bemerkt Riedmatten: "Je ne crois pas que le mot qui termine le fragment καθ·' όμοίωσιν soit 4 prendre en un sens qui infirmerait sa portde eucharistique" (Anm. 2). Ich würde meinen, daß im griechischen Denken όμοίωσις mit Erkenntnis verbunden ist. 3
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der Teilhabe, den Norris in diesem Zusammenhang verwendet 1 , bedürfte einer Erklärung, die nicht Harnacks Vorwurf eines „physikalischchemischen Prozesses" ausgesetzt ist. Die vorliegende Untersuchung geht von der Überlegung aus, daß in der platonisch-aristotelischen Tradition eine Erlösung des Menschen durch die Gotteserkenntnis vermittelt wird, und will zeigen, daß die Christologie des Apollinaris eine christliche Antwort auf die Frage nach der Möglichkeit der heilbringenden Gotteserkenntnis ist. Zwei Gründe berechtigen m. E. diesen Versuch, der es ermöglicht, das christliche Denken in die Spätantike einzuordnen: Es ist einerseits bekannt, daß die christlichen Theologen im griechischen Sprachraum das Ziel des menschlichen Lebens im Anschluß an Piaton als Angleichung an Gott (όμοίωσις θεω) bestimmten und daß die Angleichung an Gott die Erkenntnis Gottes voraussetzt 2 ; es ist andererseits in der Athanasiusforschung immer deutlicher geworden, welche Bedeutung der durch Christus vermittelten Gotteserkenntnis zukommt 3 . Durch die jetzt in zuverlässigen Ausgaben zugänglichen Fragmente aus den Catenen wird deutlich, daß die Angleichung an Gott auch für Apollinaris der zentrale Begriff für das Heil des Menschen ist. Aus der Apollinarisforschung, die durch Norris repräsentiert wird, ergibt sich, daß das 'Fleisch' Christi die Gotteserkenntnis vermitteln muß, und zwar so vermitteln muß, daß durch die solchermaßen ermöglichte Gotteserkenntnis auch das 'Fleisch' des Menschen umgewandelt und von Sünde befreit wird; andernfalls wäre nur eine Modifikation des Urteils von Norris über Apollinaris zu erreichen, nicht aber ein völlig neues Verständnis seiner Christologie. M. a. W. Apollinaris müßte das (sokratisch-)platonische Problem von der Lehrbarkeit der Tugend, das ein dem Erkennen innewohnendes Handeln voraussetzt, durch seine Christologie lösen, wenn der hier versuchte Ansatz richtig ist. Die damit gestellte Aufgabe würde den Nachweis erfordern, daß in der platonischen und aristotelischen Philosophie und in ihrer Tradition die Frage nach der Möglichkeit der Gotteserkenntnis das entscheidende Thema ist. Eine Geschichte dieses Problems vorzulegen sieht sich der Verfasser bei seinem derzeitigen Erkenntnisstand nicht in der Lage; die Behauptung, Apollinaris ließe sich in eine Geschichte der Gotteserkenntnis einordnen, bleibt somit eine Hypothese. Sicher ist Apollinaris nicht vom 1 "To be sure, this self-assimilation of the human soul to the Logos does not and cannot take place apart from the sanctification of the flesh through participation in the divinized flesh of the Logos." "But this process in turn has its essential condition in man's participation in the body of Christ, which has been brought within the sphere of the divine life" (S. 120). 2 Cf. H. Merki, ΟΜΟΙΩΣΙΣ ΘΕΩ. Von der platonischen Angleichung an Gott zur Gottähnlichkeit bei Gregor von Nyssa. Paradosis VII (1952). 8 Cf. A. van Haarlem, Incarnatie en verlossing bij Athanasius, Wageningen 1961.
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direkten Studium der platonisch-aristotelischen Denktradition zu seiner Christologie gekommen, sondern er hat sie im Anschluß an Athanasius gegen Diodor von Tarsus entwickelt. Trotzdem kann m. E. seine Einordnung in die Tradition der klassischen Philosophie — vorläufig eben als heuristisches Interpretationsprinzip — dazu dienen, seine christliche Theologie im Rahmen des spätantiken Denkens verstehen zu lernen und eine Gesprächsbasis mit der klassischen Philologie zu eröffnen. In der S chlußbetrachtung sollen einige Hinweise dazu gegeben werden, auf welcher Ebene nach der Ansicht des Verfassers eine Konfrontation mit der Tradition der Philosophie stattfinden könnte. In einem ersten historischen Teil werden der Bruch des Apollinaris mit Basilius von Caesarea und Fragen der Uberlieferung der Schriften und Fragmente des Apollinaris behandelt werden. Daraus soll einerseits deutlich werden, daß Apollinaris in der Christologie die der Kirche seiner Zeit gestellte Frage sah; andererseits wird sich ergeben, daß nur die 'Apodeixis', aufbewahrt in der Widerlegung durch Gregor von Nyssa, eine sichere Basis für die Rekonstruktion seiner Lehre bietet.
I. Zur Biographie des Apollinaris von Laodicea und zur Überlieferung seiner Schriften A. Zur Biographie des Apollinaris von Laodicea 1. Die Eustathiusaffäre Apollinaris von Laodicea, der aller Wahrscheinlichkeit nach von 310—390 n. Chr. Geb. lebte, ist in seiner Heimatstadt schon früh als Anhänger des Nicenums angegriffen worden; er war ein Freund des Athanasius und wurde noch in den siebziger Jahren für einen orthodoxen Nicener gehalten. Seine Bischofsweihe dürfte er um das Jahr 360 erhalten haben. Interessieren muß vor allem, wie es zu seiner Verurteilung durch die Kirche kommen konnte. С. E. Raven hat vermutet, daß es mehr kirchenpolitische als theologische Gründe waren, die seinen Ausschluß aus der Kirche verursachten 1 . Neue Dokumente zu seiner Biographie haben sich seit der Darstellung Lietzmanns nicht gefunden. Es geht also um die Deutung der bekannten Notizen, deren Hauptanteil nach wie vor aus den Briefen des Basilius von Caesarea stammt. Wir wollen versuchen, durch zwei Fragen mehr Licht auf die spärlichen Nachrichten über Apollinaris fallen zu lassen, nämlich erstens, in welchem Zusammenhang er mit der Eustathiusaffäre steht, und zweitens, aus welchem Grund sein Schüler Vitalis, der Presbyter der Meletiusgemeinde in Antiochien war, von ihm zum dritten „orthodoxen" Bischof in Antiochien geweiht wurde. Durch diese beiden Fragen ist es m. E. möglich, die Persönlichkeit der Apollinaris und seine Stellung innerhalb der Kirche des Ostens schärfer zu erfassen, als es bisher gelungen ist. a) Das Zeugnis der Basiliusbriefe Die Eustathiusaffäre wurde ausgelöst durch einen „offenen Brief" des Eustathius von Sebaste, den Basilius von Caesarea von seiner Theologie nicht zu überzeugen vermocht hatte, an einen uns sonst unbekannten Dazizas. Diesem Brief an Dazizas hatte Eustathius von Sebaste ein anonymes Expose angehängt oder aus einem Expose zitiert, das eine knappe Darstellung der Trinitätslehre enthielt und den Anschein des Sabellianismus erweckte, weil nicht von der Unterscheidung von ουσία 1
Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 143. Ich setze die Darstellungen von F. Loofs und H. Lietzmann voraus.
Die Eustathiusaffäre
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und ύπόστασις ausgegangen wurde. Es steht fest, daß Eustathius durch den offenen Brief an Dazizas Basilius diffamieren, seine Kirchenpolitik untergraben und seinen Bruch mit ihm rechtfertigen wollte. Wieso konnte ihm da jenes Expose nützlich sein? Es wird sich ergeben, daß Eustathius die in dem Expose ausgesprochenen Gedanken dem Basilius mit der Begründung unterstellt, daß Basilius mit dem Verfasser desselben Gemeinschaft halte; und Basilius versteht ganz richtig, daß hiermit Apollinaris von Laodicea gemeint ist. Unser Wissen über diesen Vorfall kann sich nur auf die Aussagen des Basilius stützen, die notwendig parteiisch sind. Und Basilius ist es gelungen, die Fakten so zu verschleiern, daß der — von ihm wohl beabsichtigte — Eindruck entsteht, der Angriff des Eustathius beruhe auf einer groben Fälschung. Aber sehen wir zu, was Basilius behauptet und was als Faktum sich aus seinen Aussagen gewinnen läßt. Basilius argumentiert nicht einheitlich; deswegen scheint es der gebotene Weg zu sein, sich zunächst an die Briefe zu halten, deren Adressaten wir kennen, damit wir auf diese Weise eine Möglichkeit haben, den Zweck seiner Argumente zu berücksichtigen. Denn wenn man die Möglichkeit ausschließt, daß Basilius bewußt Unwahrheiten vorbringt, dann kann seine verschiedenartige Argumentation nur von der Tatsache abhängen, daß seine Rechtfertigungsversuche unterschiedliche Empfänger haben. Es kommen folgende Briefe in Betracht: 129 an Meletius 131 an Olympius 223 ein offener Brief an Eustathius 224 an den Presbyter Genethlius 226 an seine Mönche 244 und 250 an Patrophilus, außerdem die Briefe 212 an Hilarius und 251 an die Gemeinde von Evaesae. Meletius, der 371 1 aus Antiochien von Kaiser Valens in seine Heimat Armenien verbannt worden war und sich auf seinem Landgut Getasa bei Nicopolis 2 niedergelassen hatte, war derjenige Bischof, durch den Basilius die Einheit der Kirchen in Antiochien wiederherstellen wollte. An ihn ist die ep. 129 gerichtet, die drei Punkte enthält: a) Der neueste Vorstoß des Eustathius von Sebaste gegen ihn selbst, Basilius; b) die Mission des Sanctissimus im Auftrage des Euseb von Samosata, der einen Entwurf für ein neues Schreiben an den Westen aufgesetzt 1 2
Zur Datierung cf. E. Schwartz, Ges. Sehr. IV S. 55 Anm. 1. Cf. ep. 99,3 (501A).
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Biographie des Apollinaris von Laodicea
hatte und von Basilius ausgearbeitet haben wollte, was Basilius aber ablehnte und womit er den Sanctissimus an Meletius verwies 1 ; c) ein neuer Gedanke für den Entwurf des Euseb von Samosata, den Meletius einarbeiten könnte. Auf die Punkte b und с wird noch zurückzukommen sein, wenn die Frage der Datierung des Briefes behandelt wird (s.u. S. 44f.). Also zu Punkt a: Basilius teilt dem Meletius nicht als Neuigkeit mit, daß Eustathius ihn durch ein theologisches Expose diffamieren wollte, sondern Meletius hat davon schon gehört 2 . Meletius hat deswegen sogar schon an Basilius geschrieben und sich offensichtlich verwundert darüber geäußert, daß jetzt auch noch Apollinaris auf der Proskriptionsliste erscheine. Das geht aus der Einleitung des Briefes hervor, der so beginnt: „Ich wußte, daß Eure Heiligkeit befremdet sein würde, von der neuerlichen Anklage gegen Apollinaris zu hören, der bereit ist, alles mögliche zu behaupten; auch ich wußte bis vor kurzem nicht, daß es sich so (sc. mit Apollinaris) verhält." (557 B/C) Durch wen war der Name des Apollinaris mit dem Streit in Zusammenhang gebracht worden? Durch keinen anderen als durch Basilius selbst! Denn der ganze erste Punkt des Briefes verfolgt nur den einen Zweck: die Selbstrechtfertigung des Basilius gegenüber Meletius, daß er nun auch Apollinaris nicht mehr zu den nicenisch gesinnten Männern zählen könne, obwohl Meletius ihn aus einem uns unbekannten Grunde schätzte. Er, Basilius, sah sich gezwungen, den Namen des Apollinaris zu erwähnen, um sich gegen die Vorwürfe des Eustathius verteidigen zu können 3 . Er begründet sein Verhalten durch eine Schilderung dessen, was vorgefallen ist: Die Sebastianer, also Eustathius, hatten aus einem Expose über die Trinitätslehre einige Sätze in einem Brief zitiert, den sie veröffentlichten. Der Brief enthielt Anklagen gegen Basilius, Zweifel an seiner Orthodoxie, die durch Zitate aus dem anonym gelassenen Expose untermauert wurden mit der Behauptung: So denkt Basilius. Basilius zitiert ein Stück davon. Er stellt die Angelegenheit weiterhin so dar, daß das Expose deswegen anonym gelassen worden sei, weil man ihn für den Autor halten sollte. Diese Absicht ist Eustathius zuzutrauen, obwohl er, nach allem, was aus den Briefen des Basilius über diese Affäre hervorgeht, natürlich den wahren Autor gekannt hat. Aber fürs erste konnte es die Wirkung seiner Diffamierung erhöhen, wenn man aus dem Argument: So denkt Basilius, zunächst einmal auf dessen Verfasserschaft Schloß. Die ι Ep. 120. ' Vielleicht beziehen sich hierauf die Neuigkeiten, die Sanctissimus über Antiochien berichten soll (ep. 120; 540A). 8 ήναγκάσθημεν μνησθηνοα τοϋ άνδρός, ώς προσεγγίζοντος τη άσεβεία τοϋ Σαβελλίου (560 Β).
Die Eustathiusaffäre
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aus dem Expose zitierten Sätze wurden häretisch genannt und hatten für die damalige Zeit den Geruch des Sabellianismus 4 Wie schon gesagt, wollte sich Basilius dafür rechtfertigen, daß er Apollinaris namhaft gemacht hatte, und zwar muß man sich folgenden Hergang der Sache denken: Basilius hat bestritten, daß er der Autor der inkriminierenden Sätze sei, und hat mitgeteilt, das sei vielmehr Apollinaris; mit dem aber habe er keine Gemeinschaft, folglich treffe der Vorwurf des Sabellianismus ihn nicht 2 . Die zweimalige Behauptung, daß Eustathius die aus dem Expose zitierten Sätze nicht einfach erfunden und erdichtet habe, das sei ihm trotz allem nicht zuzutrauen, läßt sich verstehen im Zusammenhang mit dem Zweck seiner Ausführungen: Die zitierten Sätze sind nicht nur nach der Behauptung des Eustathius häretisch (cf. Anm. 1), sondern sie sind es wirklich. Man könnte die Argumentation des Basilius folgendermaßen paraphrasieren: Deswegen, weil ich, Basilius, mich von ihnen distanzieren mußte, war ich gezwungen, Apollinaris als ihren Urheber bekannt zu machen und gleichzeitig zu betonen, daß ich mich nicht mit ihnen identifiziere. Welches Verhältnis auch immer zwischen Basilius und Meletius einerseits und Apollinaris andererseits bestanden haben mag, Apollinaris zählte zu der durchs Nicenum und durch Athanasius begründeten Orthodoxie. Der Bruch mit ihm muß Basilius einige Uberwindung gekostet haben; seltsam bleibt jedoch, daß er, soviel wir wissen, keinen Versuch unternahm, ihn zurückzugewinnen. Ep. 244: Der Empfänger Patrophilus ist uns nur durch die Briefe 244 und 250 des Basilius an ihn bekannt. Er war Bischof im makedonischen Aegae und schätzte Eustathius. Deswegen hat er an Basilius geschrieben, weil er nicht verstehen kann, wie sich Basilius mit Eustathius überwerfen konnte, da ihn doch früher viel mit Eustathius verbunden und er ihn wegen seines Mönchsideals verehrt hatte. Der Brief 244 an Patrophilus ist die Rechtfertigung des Basilius dafür, daß er mit Eustathius gebrochen hat. Zu dem Zweck rollt er die Schlußphase seiner Versuche, Eustathius auch von seiner Lehre über den heiligen Geist zu überzeugen, auf. Denn Eustathius leugnete die Gottheit des heiligen Geistes. Aus folgendem Grund war aber Basilius interessiert daran, Eustathius unter die Rechtgläubigen einreihen zu können: Durch eine kaiserliche Anordnung war vorgesehen, daß er zusammen mit Theodotus von Nicopolis in Armenien Bischöfe ordinieren solle (cf. ep. 99). Theodotus weigerte sich aber, dieser Aufgabe zusammen mit Basilius nachzukommen, da er Basilius seine Verehrung für den der Ketzerei ver1 Γράφοντες γάρ τισι των καθ' έαυτούς, καΐ προσθέντες τήν καθ·' ήμών διαβολήν, έπήγαγον ταϋτα, βήματα μέν αιρετικών όνομάσαντες . . . (560Α). 2 "Οθεν, υπέρ τοϋ καΐ καθ·' ήμών κρατούσαν βλασφημίαν άπώσασθαι, καΐ δεϊξαι πδσιν, ώς ούδέν ήμΐν έστι κοινόν πρός τούς έκεΐνο λέγοντας, ήναγκάσθ-ημεν μνησθήναι τοϋ άνδρός, ώς προσσεγγίζοντος τη άσεβεία τοϋ Σαβελλίου (560Α Β).
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dächtigen Eustathius vorwarf. Nun war es Basilius gelungen, die Unterschrift des Eustathius unter ein Dokument zu erlangen, das dem Theodotus die Rechtgläubigkeit des Eustathius beweisen sollte. Die Einigung der Führer der beiden Gruppen, Basilius und Eustathius, sollte durch eine Synode vor der Anhängerschaft beider bekräftigt werden. Aber Eustathius und seine Bischöfe erschienen nicht; das unterschriebene Dokument sei indiskutabel, weil es nicht zu billigende neue Glaubenssätze enthielte. Danach muß von der Seite des Eustathius ein Brief an Basilius gelangt sein, der die Vereinbarungen einfach ignorierte. Kurz darauf unternahm Eustathius eine Visitations- und Agitationsreise nach Ciücien (cf. ep. 130) und schrieb nach seiner Rückkehr nach Sebaste einen Brief an Basilius, in dem er die Gemeinschaft mit ihm aufkündigte Als Grund gibt er an, daß Basilius ja an Apollinaris geschrieben habe und mit Diodor Gemeinschaft halte 2 . Was Eustathius an den beiden auszusetzen hatte, wird uns von Basilius nicht mitgeteilt. Sicher ist nur, daß Eustathius die Theologie der beiden nicht billigte. Wie verteidigt sich Basilius gegenüber Patrophilus gegen diesen Vorwurf? Er streitet weder ab, an Apollinaris geschrieben zu haben, noch leugnet er seine Freundschaft mit Diodor. Ja, darüber hinaus, er nimmt beide in Schutz, den Diodor ohne Einschränkung, den Apollinaris allerdings nur mit Vorbehalten: „Ich betrachtete den Apollinaris niemals als meinen Feind, sondern es gibt Dinge, weswegen ich den Mann sogar achte." Trotzdem fühle er sich Apollinaris nicht so verbunden, daß er die Klagen über seine Lehre auf sich nehmen wolle; ja, er selbst habe in dessen Schriften einige Gedanken gefunden, die er nicht unterschreibe. Basilius distanziert sich äußerst behutsam; man möchte annehmen, daß er die Einstellung des Patrophilus gegenüber Apollinaris nicht kennt, auf jeden Fall aber vermeiden will, nun auch noch als ein Gegner des Apollinaris zu erscheinen. Meletius gegenüber spricht er sich etwas deutlicher aus und nennt auch den Grund für seine Zurückhaltung: der Sabellianismus des Apollinaris. Es folgt eine seltsam klingende Feststellung: „Ich bin mir überhaupt nicht bewußt, ihn um eine schriftliche Kurzfassung der Lehre vom heiligen Geist gebeten oder eine von ihm empfangen zu haben." (244,3 916B) Hatte Eustathius ihm das vorgeworfen? Eustathius wollte die Lehre vom heiligen Geist, die Basilius vertrat, nicht als rechtgläubig anerkennen, da sie einen Zusatz zum Nicenum bedeutete 3 ; die Lehre vom 1 χρόνος δέ οΰ πολύς έν τώ μέσω, καΐ αποδημία μέχρι Κιλίκων - κακεϊθ-εν έπάνοδος, καΐ γράμματα εύθύς, άπαγόρευσιν έχοντα της πρ6ς ήμας κοινωνίας (244,2; 916Α). 2 Ή δέ αιτία της άπορρήξεως, δτι Άπολιναρίω, φησίν, έπεστείλαμεν, καΐ τόν συμπρεσβύτερον ήμών Διόδωρον ίχομεν κοινωνικόν (244,3; 916Α). 3 Cf. Η. Dörries, D e Spiritu sancto. Der Beitrag des Basilius zum Abschluß des trinitarischen D o g m a s . Abh. d. Akad. d. Wiss. zu Göttingen, Phil.-Hist. Klasse, 3. Folge Nr. 39 (1956) S. 86—90.
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heiligen Geist war der dogmatische Differenzpunkt zwischen ihm und Basilius 1 . Es ist wahrscheinlich, daß er Basilius nicht vorwarf, diese Lehre sei apollinaristisch beeinflußt; denn das konnte Basilius mit der Bemerkung abtun: „Wir haben überhaupt nichts von diesem Mann gelernt" (916 C). Aber seine explizite Behauptung, nichts Schriftliches von Apollinaris erbeten oder empfangen zu haben, legt es nahe, daß Eustathius ihm auch noch eine direkte literarische Abhängigkeit von Apollinaris unterstellte, durch die die apollinaristische Herkunft seiner Lehre bewiesen werden konnte. Ich zitiere noch einmal im Zusammenhang : „Ich bin mir auf keinen Fall bewußt, ihn um eine schriftliche Kurzfassung der Lehre vom heiligen Geist gebeten oder eine von ihm empfangen zu haben. Aber ich höre, daß er der Produktivste aller Schriftsteller geworden ist, aber nur wenige seiner Opera habe ich gelesen." (916 B) Denn ihm fehle die Zeit, komme er doch nicht einmal zur nötigen Schriftlektüre; außerdem habe er sich über die neuesten Bücher des Apollinaris geärgert. Je nach Beurteilung der Gesamtsituation kann man diese Begründung für echt halten — oder aber für eine bewußte Bagatellisierung seiner Kenntnis apollinaristischer Lehren. Woher Eustathius wußte, daß Basilius sich von Apollinaris über die Lehre vom heiligen Geist unterrichtet haben soll, bleibt ungewiß. Fast ärgerlich schließt Basilius diesen Passus ab: „Was geht es also mich an, wenn einer etwas schreibt, was Herrn Soundso (Eustathius) nicht gefällt?" (916B). Basilius beantwortete die Absage des Eustathius nicht. Später wurde ihm dann der offene Brief des Eustathius an Dazizas zugetragen, der ihn außer wegen seiner über das Nicenum hinausgehenden Trinitätslehre auch wegen seiner Kirchenpolitik angriff. Was Basilius sonst noch über die Person des Eustathius an Pathrophilus schreibt, interessiert in unserem Zusammenhang nicht. Er hat Patrophilus nicht von der Notwendigkeit seiner jetzt unversöhnlichen Haltung gegenüber Eustathius überzeugen können; das geht aus ep. 250 hervor, die die Antwort des Patrophilus voraussetzt. Darauf, daß die Agitation des Eustathius gegen ihn auch irgendwie mit seinem Verhältnis zu Apollinaris zusammenhänge, geht Basilius nicht mehr ein. Wenden wir uns jetzt den Briefen zu, deren Adressaten wir kaum kennen, also 131, 224, und 226, um dann zum Abschluß den großen Absagebrief an Eustathius zu betrachten, mit dem Basilius sein mehr als zweijähriges Schweigen bricht. — Die beiden Briefe 212 und 251 berühren das Verhältnis des Basilius zu Apollinaris nicht; darum brauchen sie in diesem Zusammenhang nicht gesondert berücksichtigt zu werden. 1 Cf. H. Dörries a.a.O., S. 40 Anm. 2 : „Ausschlaggebend aber war ohne Zweifel der dogmatische Grund: die Weigerung, im III. Artikel mit Basilius zu gehen."
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Ep. 131: Geschrieben an Olympius, einen reichen Mann in Neocaesarea (cf. ep. 4). Anlaß des Briefes ist das Schreiben des Eustathius an Dazinas, der trotz der anderen Schreibweise mit dem Dazizas in ep. 244 identisch sein muß 1 . Die Absicht ist nur die Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse, nicht jedoch eine Verteidigung, die anscheinend gegenüber Olympius nicht notwendig war. Nach dem, was Basilius mitteilt, enthielt das Schreiben an Dazinas einen Angriff auf seine Kirchenpolitik: er wolle die Kirche zu falscher Lehre verführen. Das wurde bewiesen durch Zitate aus einem anonymen Expose. „Zum Beweis der gegen uns gerichteten Verleumdung wird aus einem Expose zitiert, ich weiß nicht, von wem geschrieben." Das muß er allerdings einschränken. „Denn ich erkannte, wie ich zugebe, daß Teile von dem Laodicener Apollinaris geschrieben wurden, aber auch sie habe ich niemals in einem seiner Werke gelesen, sondern nur andere sie berichten hören." Anderes wiederum sei ihm vollkommen unbekannt (131,1 565 B). Das ist zwar eine beliebte Behauptung gegenüber Neuerungen, aber Basilius scheint es ernst zu meinen, sonst könnte er nicht hinzufügen: „Dafür habe ich einen getreuen Zeugen im Himmel." Wollte er bewußt etwas verschleiern, so könnte er so nicht reden, sondern würde geschickter vorgehen, ohne sich etwas von der Wahrheit zu vergeben. Es folgt die Klage darüber, wie er durch die Behauptung anderer belastet werden könne. Als weitere Aufklärung versichert er Olympius, daß er weder das Expose verfaßt habe noch daß es seiner Meinung entspreche, was Eustathius in dem Brief an Dazinas behauptet hatte (131,2 568A/B). Er teilt aber noch mehr mit, was gar nicht dazu zu passen scheint, daß das Expose ja anonym war. „Wenn ich vor vielen Jahren einmal an Apollinaris oder irgendeinen anderen geschrieben habe, so sollte ich deswegen nicht angegriffen werden." (568B) Was könne er dafür, wenn jemand plötzlich zum Häretiker wird? Der Brief schließt mit der Beteuerung, daß er mit Apollonaris keine Gemeinschaft pflege (568C). Fazit: Das in dem Schreiben an Dazinas zitierte Expose war anonym; der Name des Apollinaris war in dem Schreiben ebenfalls nicht erwähnt. Aber Basilius weiß, wie Eustathius darauf kommt, ihm ketzerische Gedanken des Apollinaris anzuhängen, nämlich weil er einmal an Apollinaris geschrieben habe und dies ein Beweis seiner Gemeinschaft mit ihm sei. Ep. 224: An Genethüus, einen uns unbekannten Presbyter. Er hat an Basilius geschrieben und das Schreiben des Eustathius, wie wir nach den vorherigen Briefen ergänzen können, das Schreiben an Dazizas, mit dem treffenden Ausdruck charakterisiert: Scheidebrief (224,1 833D sq). Ba1 πρός τδν εύλαβέστατον άδελφδν Δαζίναν (131,1; 565 Α), also keine „obskure Persönlichkeit", wie Ε. Schwartz (Ges. Sehr. IV S. 61) meint. Δαζίζαν τινά (244,5; 917B) besagt, daß Patrophilus mit dem Namen nichts wird anfangen können.
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silius geht in seiner Antwort wieder von den anonym gelassenen häretischen Sätzen in diesem Schreiben des Eustathius aus (836 A/B). Wenn Basilius sagt, sie seien deswegen anonym gelassen, damit man denken solle, er habe sie selbst ausgesprochen oder geschrieben, dann muß man annehmen, es wurde so argumentiert: So denkt Basilius (835B). Basilius bestreitet, daß die inkriminierenden Sätze von ihm stammen, und weist darauf hin (224,2 836C/837A), daß auch Eustathius nicht im Ernst behaupten würde, er, Basilius, habe sie selbst geschrieben. Eustathius war vorsichtig genug, den Verfasser des Exposes nicht zu nennen, so daß er sich immer mit folgender Argumentation aus der Affäre ziehen könnte: Gewiß, die häretischen Gedanken stammen nicht von Basilius, sondern von Apollinaris; aber Basilius wird zu Recht ihretwegen angeklagt, da er ja mit diesem in Gemeinschaft steht, wie durch einen Brief, den ich, Eustathius, besitze, bewiesen werden kann. Dagegen kann sich Basilius gut verteidigen. Denn der Beweis der Gemeinschaft wäre nur durch einen offiziellen Brief zu erbringen oder durch die Gemeinschaft der Kleriker oder durch die gegenseitige Fürbitte. Das alles sei nicht der Fall, sondern die Behauptung der Gemeinschaft mit Apollinaris könne Eustathius nur auf einen 25 Jahre alten Brief stützen, als noch keiner von beiden die Bischofswürde besaß. Außerdem sei der Brief des Basilius an Apollinaris nur eine Grußadresse gewesen, und Eustathius besitze nicht die originale Fassung1. Ep. 226: Geschrieben an die ihm unterstehenden Asketen. Es ist anzunehmen, daß auch Eustathius von ihnen verehrt wurde, da Basilius ihm hinsichtlich des asketischen Ideals viel verdankt. Deswegen muß sich Basilius in zweifacher Weise für den jetzt offen zu Tage liegenden Bruch mit Eustathius verteidigen: Einmal, indem er die Persönlichkeit des Eustathius, mit dem kein weiteres Zusammengehen mehr möglich ist, charakterisiert; zum anderen, indem er die gegen ihn selbst erhobenen Anklagen zurückweist. Auf den ersten Punkt braucht hier nicht eingegangen zu werden. Es scheint aber, daß der Bericht in ep. 244 an Patrophilus nur verkürzend die wesentlichen Schritte des Zerwürfnisses darstellt. Bemerkenswert ist jedoch, daß nicht nur persönliche Motive eine Rolle gespielt haben, sondern die Lehre des Basilius vom heiligen Geist, die als eine Neuerung gegenüber dem Nicenum angegriffen wurde (226,3 848A sq). Ganz unvermittelt bricht Basilius diesen Punkt ab und fährt fort: „Wenn jemand in Syrien schreibt, so betrifft uns das nicht." (226,4 948 B) Jeder solle für seine eigenen Worte geradestehen. Eustathius habe auch kein Recht, seine Gemeinschaft mit dem, der in Syrien häretische 1 Eustathius würde einen 25 Jahre alten Brief vorweisen οΰδέ ταύτην ώς γέγραπται παρ' έμοϋ, άλλά μεταποιηθεϊσαν, ύπό τίνων δέ ά θεός οϊδε: Das braucht nicht gefälscht zu bedeuten I
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Lehren verbreitet — gemeint ist natürlich Apollinaris, aber sein Name wird nicht genannt —, durch Briefe (έπιστολαί) zu beweisen, die 20 Jahre alt sind. Denn als er damals an jenen schrieb, habe jener noch nichts verfaßt, was sabellianisch war. Außerdem habe er nichts betreffs Glaubenslehren, „auch nichts von dem, was man jetzt gegen mich vorbringt", geschrieben, sondern nur Grüße übermittelt (226,4 849 B). Für sich allein genommen lassen die Mitteilungen des Basilius keinen Rückschluß auf die zugrunde liegenden Zusammenhänge zu. Er scheint vorauszusetzen, daß man die Argumentation des Eustathius schon kennt, die ihn durch die Vorwürfe gegen Apollinaris diskriminieren konnte. Auffällig bleiben jedoch zwei Dinge: 1. daß er von Briefen an Apollinaris im Plural spricht und 2. daß er sagt, er habe vor dem Expose, das Eustathius benutzt, an jenen geschrieben. Ep. 223: Versuchen wir nun, die verschiedenen Mitteilungen über die Affäre zusammenzufassen, indem wir sie mit der Darstellung in dem Brief an Eustathius selbst vergleichen. Mit diesem Brief bricht Basilius sein Schweigen zu jenes Verleumdungen, deren Beginn nun fast drei Jahre (223, 1 821A) zurückliegt. Ich übergehe alles, was nicht für das Verhältnis zu Apollinaris wichtig ist. Basilius ruft in Erinnerung, daß er Eustathius wegen seines asketischen Ideals tief verehrte, daß jener sich aber verändert habe. Dagegen habe er, Basilius, sich nicht verändert, nie etwas anderes gelehrt als das, was er jetzt lehre, nur daß es voller entwickelt und ausgereift sei (223,3 825 С sq). Deswegen sei es unbegründet, ihn jetzt plötzlich der Irrlehre zu bezichtigen und das durch Schmähbriefe (Plural!) zu verbreiten. Letztere sind der Grund, daß er sich nun verteidigen und sein bisheriges Schweigen brechen muß. Aber die falsche Gottesanschauung, die ihm vorgeworfen werde, könne durch kein von ihm geschriebenes oder gesprochenes Wort belegt werden. Danach (223,4 828 B/C sq) legt Basilius detailliert die Argumentation des Eustathius dar; woher Basilius sie kennt, wird später zu erötern sein: Ein bestimmter Mann in Syrien habe etwas Gottloses geschrieben, Basilius schickte ihm vor 20 und mehr Jahren einen Brief, also müsse er als ein Komplize dieses Mannes gelten und könne mit dessen Blasphemien belastet werden. Basilius wählt als Mittel seiner Verteidigung, zunächst einmal alles in Frage zu stellen, hütet sich aber geschickt, irgend etwas Unwahres zu behaupten. Also: Woher wisse Eustathius, daß der Brief an jenen Mann tatsächlich von ihm stamme? Das könnte er ihm nur selbst bestätigen, aber er sei ja nicht einmal gefragt worden. Zweiter Schritt: Zugegeben, daß der Brief von ihm verfaßt sei, woher wisse Eustathius, daß das jetzt in seine Hände gefallene Expose in die gleiche Zeit gehöre wie sein Brief? Wer habe ihm versichert, daß das Expose auch 20 Jahre
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alt sei? Dritter Schritt: Woher wisse Eustathius, daß der Empfänger seines Briefes und der Verfasser des Expose identisch sind? Vierter Schritt: Selbst wenn er auch das zugeben würde, so fehle doch noch der Beweis dafür, daß er das Expose gebilligt habe. Man sieht, daß die Verteidigungsbasis des Basilius sehr schmal ist; aber er nutzt jede Schwäche seines Gegners, um ihn unglaubwürdig erscheinen zu lassen, nach dem Grundsatz: Was du nicht strikt beweisen kannst, könnte ja falsch sein, und das soll erst einmal aktenkundig gemacht werden. Und obwohl er die selbst gestellten Fragen auch beantwortet und dadurch immer zurückzuweichen scheint, kann er doch noch einen Trumpf ausspielen: Der Beweis für seine Billigung des Exposes läßt sich nicht erbringen; auf ihn aber käme es an! Danach (223,5 828С—829С) wird Basilius wieder persönlich: Eustathius kenne doch Basilius gut genug, aber habe er ihn jemals ähnliche Gedanken wie in dem Expose aussprechen hören? Unter Berufung auf Ez. 18,20 kommt er wieder zurück auf die Behauptung, er sei ein Komplize jenes Mannes. Weder ein Lehrer- noch ein Schülerverhältnis habe er zu ihm. Nach kurzem Zwischenspiel kehrt er zum Thema zurück: Der einzige Beweis für seine Verbindung mit jenem Mann, der solche sabelüanischen Gedanken in dem Expose niedergeschrieben hat, ist ein einziger Brief; den allerdings hat Eustathius in der Hand, aber ohne Unterschrift, da er nur eine Kopie besitzt. Außerdem ist der Brief alt, 20 Jahre alt! Versuchen wir zusammenzufassen, um welchen historischen Tatbestand die Rechtfertigungsversuche des Basilius kreisen: Eustathius hat einen Brief an Dazizas geschrieben, vielleicht in mehreren Ausfertigungen, der überall herumgereicht wurde. Wie aus ep. 131 hervorgeht, waren in diesem Brief häretische Sätze zitiert, deren Autor nicht genannt wurde; sie sollten beweisen, daß der Glaube des Basilius nicht orthodox sei, da sabellianisch. Die inkriminierenden Sätze stammten aus einem Expose; das setzt Basilius immer voraus, und man muß annehmen, daß Eustathius es auch gesagt hat. Allerdings läßt sich nicht sicher ausmachen, ob das Expose vollständig zitiert wurde; es ist aber auch möglich, daß es als Urkunde vollständig beilag1. Was Basilius in ep. 129 zitiert, kann nicht das Ganze sein; dazu würde schlecht passen, daß er in ep. 131 sagt, daß Teile von Apollinaris sein könnten, andere wiederum nicht. Das von ihm mitgeteilte Stück stimmt bis auf geringe Abweichungen mit einem Abschnitt der sog. Epistula Sebastiani überein 2 . Ob das Expose, immer als σύνταγμα oder σύγγραμμα, nicht als επιστολή oder γράμμα bezeichnet, 1
Cf. ep. 224,1: υπέταξαν (836А 15); τά συνημμένα (836 В 3sq). Zu den Unterschieden cf. H. de Riedmatten, La correspondance entre Basile de Сёвагёе et Apollinaire de Laodicie II, Journal of Theological Studies 8 (1957) S. 63—65. 2
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mit der Epistula Sebasriani identisch ist, ist umstritten; dazu weiter unten. Da nicht daran zu zweifeln ist, daß das Expose keinen Namen hatte 1 , da nach ep. 223 auch Eustathius kein mit Unterschrift des Verfassers versehenes Exemplar besaß, ist zu fragen, wer den Apollinaris als Urheber bekannt gemacht hat. Es ist nach ep. 129 Basilius selbst gewesen (s. o. S. 28); denn der Bericht an Meletius verdient Vertrauen: die Erklärung seinem Freund gegenüber, daß er den Apollinaris namhaft machen und damit zum Häretiker abstempeln mußte, damit die sabelüanischen Gedanken nicht auf ihm selbst sitzen blieben. Die Entdeckung, von der er in ep. 131 (131,1 565B) spricht: „Teile davon erkannte ich als von dem Laodicener Apollinaris geschrieben", ist nun aber ein wenig hochgespielt. Denn Basilius wußte nach ep. 244 schon aus einem früheren Brief des Eustathius an ihn, daß jener ihm wegen der Gemeinschaft mit Apollinaris absagte. Also lag es nahe, ihn durch den Laodicener zu desavouieren, was mit einem Zitat, in dem die Einheit des göttlichen Wesens mehr betont wurde als die Dreiheit der Personen, nicht schwerfallen mußte. Unklar bleibt, woher Basilius weiß, daß Eustathius die Abschrift eines Briefes von ihm an Apollinaris in Händen hat. In dem Brief an Dazizas kann Eustathius das nicht gesägt haben, sonst bliebe unverständlich, daß Basilius über die Anonymität des Exposes so erbittert ist 2 . Mit allem Vorbehalt ließe sich so argumentieren: Da von weiteren Schritten des Eustathius nach dem Brief an Dazizas nichts berichtet wird, sollte man vielleicht der Darstellung in ep. 244 folgen: In dem Absagebrief des Eustathius kurz nach der Unterzeichnung des als ep. 125 aufbewahrten Dokumentes beruft sich Eustathius darauf, daß Basilius mit Apollinaris in Briefwechsel stehe oder gestanden habe. Einen Brief gesteht Basilius zu, wobei offenbleiben muß, wie er den Brief bei Eustathius zu sehen bekam oder in ihn Einsicht nehmen ließ. Indem er ihn aber als 20 und mehr Jahre alte Grußadresse charakterisiert, will er Eustathius das Argument aus der Hand nehmen, daß dieser Brief seine Verbindung zu dem Verfasser des Exposes bewiese. Widersprüchlich erscheinen die Mitteilungen des Basilius besonders in zwei Punkten: 1. Nach ep. 226 hat Basilius vor dem sabelüanischen Expose an Apollinaris geschrieben; das wird vielleicht gestützt durch die Behauptung in ep. 129, daß er erst jetzt von sabelüanischen Neigungen des Apollinaris erfahren habe. Dagegen steht in ep. 223 die Frage, woher Eustathius wisse, daß das Expose aus derselben Zeit wie sein Brief stamme, die Basilius, zumindest hypothetisch, mit Ja beantwortet. 1 Die Anonymität des Exposds ist also keine „Finte" des Basilius, wie E. Schwartz (Ges. Sehr. IV S. 62 Anm. 3) meint. 2 Der Brief des Basilius an Apollinaris ist also nicht von Eustathius dem Dazizasbrief beigelegt worden, wie E. Schwartz (Ges. Sehr. IV S. 62 Anm. 3) behauptet.
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2. In ер. 244 streitet Basilius ab, eine Darstellung über die Lehre vom heiligen Geist von Apollinaris angefordert und erhalten zu haben, was ihm doch offensichtlich vorgeworfen worden sein muß; aber wie konnte Eustathius daraufkommen? Dagegen in ep. 224 und 226 die Versicherung, nur eine Grußadresse an Apollinaris geschickt und keine Glaubensfragen berührt zu haben 1 . Ad 1: Wie auch zu Punkt 2 sind nur Vermutungen möglich, aber in irgendeiner Beziehung müssen doch die Worte des, Basilius sinnvoll sein. Μ. E. könnte der Ausgleich in folgender Richtung zu erkennen sein: Basilius würde in dem für die Öffentlichkeit bestimmten Brief an Eustathius (ep. 223) den Verdacht, daß Apollinaris jenes Expose in der Zeit, in die auch sein Brief an ihn fällt, verfaßt habe, gar nicht erst durch seine eigene Frage aufkommen lassen, wenn nicht etwas Wahres daran wäre. Das wäre m. E. sehr unklug gewesen. Also hat Apollinaris das Expose in der nämlichen Zeit geschrieben, aber nach dem Brief des Basilius an ihn. Ad 2: Der Tatbestand läßt sich nicht mehr aufhellen. Denn es sieht so aus, als ob sich Basilius darauf beschränke, nicht mehr zu sagen, als Eustathius wissen konnte. Der Mitteilung in ep. 244 dürfte zugrundeliegen, daß Basilius' Lehre vom heiligen Geist, der eigentliche Differenzpunkt zu Eustathius (s. o. S. 31 Anm. 1), apollinaristisch und damit sabellianisch genannt wurde. Vom Standpunkt des Eustathius aus leuchtet das auch ein; denn Eustathius nahm wegen der Unterschiedenheit der göttlichen Personen in Kauf, daß die Wesensgleichheit eingeschränkt wurde 2 . Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß hinsichtlich der Lehre von der Wesensgleichheit des heiligen Geistes Apollinaris die Priorität zukommt. Die Frage nach dem Zusammenhang von Basilius' Lehre vom heiligen Geist mit dem Expose, das Eustathius aufgespürt hat, wird nur im Zusammenhang mit der Frage nach der Echtheit des überlieferten Briefwechsels (ep. 361—364) gelöst werden können. Ganz sicher ist nur, daß der Brief, von dem Eustathius zum Beweis der Gemeinschaft zwischen Basilius und Apollinaris eine Abschrift besitzt, den Zusammenhang mit dem Expose nicht beweisen kann; weniger sicher, aber doch wahrscheinlich, ist, daß ein Zusammenhang zwischen einem Briefwechsel und dem Expose besteht 3 . 1
F. Loofs, Eustathius von Sebaste und die Chronologie der Basiliusbriefe, Halle 1898, S. 73, meint, daß die Angaben in ep. 131,2 und 226,4 auf einen und mehrere Briefe gedeutet werden könnten. 2 Cf. H. Dörries a.a.O. (s.o. S. 30 Anm. 3): In DSS sei Eustathius der Gesprächspartner des Basilius. 8 Cf. H. de Riedmatten, La correspondance entre Basile de Сёвагёе et Apollinaire de Laodicde, Journal of Theological Studies 8 (1957) S. 58: "Seul, le passage citd dans ep. 129 ne peut avoir fait partie de pareil dchange; par contre son contexte, le fameux σύνταγμα doit avoir eu quelque connexion avec Apollinaire et Basile."
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b) Der Briefwechsel Basilius—Apollinaris (Basilius ep. 361—364) Prestige und Riedmatten haben die Echtheit der Briefe, die von den Benediktinern die Nummern 361—364 erhielten, m. E. mit guten Gründen verteidigt 1 , während Lietzmann und Schwartz den Briefwechsel für eine Fälschung hielten, aus der Epistula Sebastiani entstanden 2 . Die stilistischen und inhaltlichen Untersuchungen führen Riedmatten zu dem Schluß: Aus inneren Kriterien spreche nichts gegen die Echtheit, sondern eher alles dafür; einem Fälscher sei eine solche Vertrautheit mit dem Gedankengut der beiden nicht zuzutrauen 3 . Ein Argument aus der Tradition kann noch hinzugefügt werden: Die Briefe Nr. 361—364 sind nur durch zwei Handschriften des Briefcorpus überliefert, dem Codex Paris Suppl. gr. 1020 (Familie Bx nach Bessiere) und dem Codex München, Bayerische Staatsbibliothek, gr. 497 (Familie Во nach Bessiere), beide 11. Jahrhundert, allerdings in der letzten Handschrift nur in einem Zusatz aus dem 16. Jahrhundert! 4 Außerdem haben die Briefe in dem nicht mehr auffindbaren Codex Kosinitza 34 (11. Jahrhundert) gestanden, wie aus einer Notiz von Foerster-Richtsteig, Libanius (Teubner) IX (1927) S. 222 hervorgeht. Der Monacensis gr. 497 ist für unsere Frage wertlos. Aber bekanntlich hat die Familie Bx, nur belegt in der Pariser Handschrift und dem verlorengegangenen Codex Kosinitza 34, eine sehr eigentümliche Ordnung der Basiliusbriefe, nämlich nach den Verfassern. Rudberg zeigt sogar, daß in ihr die älteste Briefsammlung der Basiliusbriefe, nämlich die von Gregor von Nazianz in seinem 53. Brief erwähnte, die den Briefwechsel zwischen ihm und Basilius enthielt, sich widerspiegelt, nämlich in den Nummern 1—20 der Handschrift; unter den Nummern 21—27 sind Briefe anderer Adressaten mit dem Namen Gregor und unechte Gregorbriefe angeschlossen. Darauf folgt in den Nummern 28—44 der Briefwechsel zwischen Basilius und Libanius 6 , darauf als Nummer 45—48 der Briefwechsel zwischen Basilius und Apollinaris, nach der Benediktiner1 G. L. Prestige, St. Basile the Great and Apollinaris of Laodicea, London 1956; Η. de Riedmatten, a.a.O. (s. vorh. Anm.) S. 53—70. Der Text der ep. 361—364 und der sog. Epistula Sebastiani ist von Riedmatten, La correspondance entre Basile de Сёвагёе et Apollinaire de Laodicde I, Journal of Theological Studies 7 (1956) S. 199—210, nach den Handschriften ediert worden. Ich beziehe mich im folgenden auf Riedmattens Zeilenzählung. 2 Lietzmann S. 21; E. Schwartz Ges. Sehr. IV S. 62 Anm. 3. 3 JThS 8 (1957) S. 69. G. L. Prestige, St. Basile the Great and Apollinaris of Laodicea, London 1956, macht darauf aufmerksam, daß der historische Hintergrund von einem Fälscher nicht so sicher hätte getroffen werden können (S. 12f.). Auffällig bleibt, daß ένοειδής und ένίζειν bei Apollinaris nicht begegnen, dagegen μονοειδής und ένοϋν. 4 Angabe nach S. Y. Rudberg, Etudes sur la tradition manuscrite de s. Basile, Uppsala 1953, S. 39 Anm. 3. 6 Cf. Ch. Astruc und M. L. Concasty, Catalogue des manuscrits grecs, vol. III Le suppldment grec, Paris 1960, S. 101 f.
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ausgabe Nr. 361—364. In den Nummern 49 und 50 schlossen sich interessanterweise die beiden als an Diodor überlieferten Briefe an (Nr. 135 und 160 in der Benediktinerausgabe). Es folgen die Briefe 224, 226, 244, 250, die sich mit der Eustathiusaffäre befassen und oben besprochen wurden, und 265 an die Confessoren in Diocaesarea, die alle die Gemeinschaft mit Apollinaris bestreiten. Außerdem erwähnt ep. 244 die Freundschaft zu Diodor, die in diesem Brief aber ebensowenig wie die Verbindung mit Apollinaris abgestritten wird. Daraus ergibt sich: Der, welcher die Briefe in dieser Reihenfolge gesammelt hat, hielt sie für echt. Er stellte bewußt den Briefwechsel mit Apollinaris und die Briefe an Diodor, den er wohl mit dem Bischof von Tarsus identifizierte, an die Spitze. Der wahrscheinlichste Grund dafür dürfte gewesen sein, daß diese Briefe nicht gerade zum Ruhme des Basilius beitrugen, gemessen an den späteren Maßstäben der Rechtgläubigkeit. Deswegen ließ er sozusagen als Kommentar die genannten fünf Briefe folgen, aus denen man entnehmen sollte, daß das Verhältnis zu den jetzt als Häretikern Verurteilten kein ungebrochenes war 1 . Zur Datierung: Der Brief, den Basilius an Apollinaris geschrieben zu haben zugibt, der nur eine Grußadresse war, nichts über den Glauben enthielt und vor ungefähr zwanzig Jahren geschrieben wurde, kann nur mit der ep. 363 identisch sein, wenn er erhalten ist. Riedmatten schlägt keine eigene Datierung vor; R. Wekenborg aber zeigt m. E. überzeugend gegen Prestige, der diesen Brief die Antwort auf ep. 362 sein läßt und ihn in das Jahr 362 setzt, daß das Jahr 355 — also tatsächlich 20 Jahre zurückgerechnet — nicht unwahrscheinlich ist, und stützt sich dabei auf eine Parallele zu 'De legendis libris gentilibus' (MPG 31, 573 C), deren Datierung allerdings auch nicht ganz sicher ist 2 . Ep. 364: Es liegt kein Grund vor, die Überlieferung zu bezweifeln, daß dieser Brief von Apollinaris an Basilius geschrieben wurde. Die historische Einordnung von Riedmatten, der anders als Prestige einen Zusammenhang mit ep. 363 nicht anerkennt, überzeugt: Danach wäre der Brief im Jahre 363 an Basilius geschrieben worden, um ihn auf die Seite der strengen Nicener zu ziehen3. Ep. 361 (von Basilius an Apollinaris) und 362 (von Apollinaris an Basilius) geben sich als Frage und Antwort. Die vorausgesetzte Situation ist das Konzil von Konstantinopel 360, also sind die Briefe 360/361 an1 M. Bessiere, La tradition manuscrite de la correspondance de S. Basile, Oxford 1923, sagt S. 95 von der Familie Bx Nr. 28—50, sie stelle die berühmten Zeitgenossen des Basilius zusammen. 2 De authenticitate et sensu quarundarum epistularum S. Basilio Magno et Apollinario Laodiceno adscriptarum, Antonianum 33 (1958) S. 384—387. 8 JThS 8 (1957) S. 58 f.
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zusetzen1. Ihre Echtheit läßt sich nur auf Grund der Behauptung des Basilius bestreiten, daß er nur einen einzigen Brief an Apollinaris geschrieben habe, den er wie oben charakterisiert. Zu beachten ist aber die Verwandtschaft der beiden Briefe mit der Epistula Sebastiani. Prestige, Riedmatten, und sogar Wekenborg, zweifeln nicht an der überlieferten Verfasserschaft der beiden Briefe 361 und 362. Dagegen haben Lietzmann und Schwartz, übereinstimmend mit Loofs (Eustathius S. 74, 6), die beiden Briefe für eine Fälschung gehalten, die auf Grund der Epistula Sebastiani vorgenommen wurde. Darauf ist zu erwidern, daß eher die Epistula Sebastiani den Eindruck einer Fälschung macht. Begründung: Sowohl die ep. 362 als auch die Epistula Sebastiani wollen die Antwort auf ep. 361 sein, wenn man davon absieht, daß die Epistula Sebastiani in der Überlieferung die Uberschrift hat: Άπολιναρίω περί της θείας ουσίας2. Riedmatten erwägt deshalb zwei Möglichkeiten: Entweder könne man an eine doppelte Ausfertigung der Antwort an Basilius denken, deren eine Fassung in die Hände des Eustathius gefallen sei, oder die Epistula Sebastiani sei ein unabgeschlossener Entwurf oder eine Zusammenfassung der Antwort 3 . Diese letzte Möglichkeit scheidet wegen der langen brieflichen Einleitung aus, zu der in diesem für eine Ausdehnung von drei Zeilen in ep. 362 auf 10 Zeilen in der Epistula kein Grund einzusehen ist. Dem großen Lob in ep. 361 (lin. 4—7) steht in ep. 362 der bescheidene Hinweis auf die eigene Unzulänglichkeit gegenüber (lin. 2—3). Dagegen spricht die Einleitung der Epistula selbstbewußt, daß die Umstrittenheit der Wahrheit das Denken anrege zu Nutz und Frommen des Glaubens, ein in seinem überheblichen Ton nicht belegbarer Gedanke bei Apollinaris 4 . Daraus läßt sich allerdings noch kein Echtheitsbeweis führen. Eindeutiger ist die Fortsetzung der „Epistula Sebastiani", in der sich der Verfasser ängstlich hütet, etwas Eigenes zu sagen, sondern umständlich das wiederholt, was in dem vorausgesetzten Brief gestanden hat (lin. 11—28), auf den dieser die Antwort sein soll5. Da Sprache und Stil der ep. 361 die überlieferte Verfasserschaft des Basilius bestätigen®, wird sich schwer zeigen lassen, daß die ep. 361 aus der 'Epistula' fabriziert wurde. Dagegen wirkt die ep. 362 viel ursprünglicher als die Antwort auf die ep. 361; denn wo sie auf den 1 Cf. Riedmatten a.a.O., S. 59f. G. L. Prestige denkt an Seleukia 359 (St. Basil the Great and Apollinaris of Laodicea, London 1956, S. 7). 2 In der Familie Bo, Vat. gr. 713, ist die Epistula unter die άνεπίγραφοι eingereiht! Cf. Μ. Bessifere, La tradition manuscrite de la correspondance de S. Basile, Oxford 1923, S. llOf. * A.a.O., S. 65. 4 Wekenborgs Verweis auf L p. 305,8—10 zeigt m. Ε. die Differenz, aber nicht die Übereinstimmung (De authenticitate, Antonianum 33, 1958, S. 373 Anm. 4). 6 έζήτεις in linea 11 und 15; περί ών άκούσας (linea 14 sq). β Nachweise bei Prestige, Riedmatten und Wekenborg.
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vorausgesetzten Brief zurückgreift, da entwickelt sie gleich weiter und schließt durch geschicktes Versetzen der Akzente die Antwort an 1 . Lin. 28—38 der 'Epistula' reihen Formeln aneinander, deren originaler Zusammenhang nur in der ep. 362 sichtbar wird; das Bild von der Staatsgemeinschaft und der Hausgemeinschaft ist neu, läßt sich aber durch keinen Vergleich bei Basilius oder Apollinaris belegen. Die Zeilen 39—46 der 'Epistula' entsprechen dem, was Basilius in der ep. 129 von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zitiert, könnten also eingesetzt sein. Der anschließende Abschnitt (nach Riedmatten Zeile 55—64) erörtert noch den Gedanken von dem Zusammenhang von Allgemeinheit und Individualität, indem einmal ausdrücklich Vorhergehendes wiederholt wird (lin. 58: ώς προείρηται), einmal unausgesprochen2. Die vorgetragene Lösung ist keineswegs überzeugend, da der Gedanke, daß die Gottheit als Genus Vater und Sohn als Individualitäten übergreift und die Einheit wahrt, gerade nicht von Basilius zugelassen wurde. Da gibt ep. 362 eine bessere Antwort, wenn Apollinaris den Vergleich mit Adam und David anführt, die jeweils die γεναρχική ούσία als ύπόθ-εσις darstellen, also die eine Wesenheit als Individualität fassen. Letzteres entspricht den trinitarischen Lehren des Apollinaris vollkommen, nämlich daß Gott Vater seine Individualität weitergibt und so die Einheit begründet wird (s. u. S. 234). Es leuchtet auch ein, daß die Vorstellung von der Wesensähnlichkeit im Unterschied von der Wesensgleichheit in der ep. 362 noch genauer erörtert und abgelehnt wird; denn das war ja die eigentliche Frage des vorausgesetzten Briefes (cf. ep. 361 lin. 24—28). Die Antwort entspricht auch den Gedanken des Apollinaris, daß nämlich der Begriff der Wesensähnlichkeit der Schöpfung vorbehalten bleibt, während das innertrinitarische Verhältnis nur durch die Wesensgleichheit angemessen ausgedrückt werden kann 3 . Aus diesem Vergleich ergibt sich also: Die ep. 361 entspricht vollkommen dem in ep. 362 und in der Epistula Sebastian! vorausgesetzten Schreiben. Die Angaben in der ep. 362 sind zu dürftig, als daß man daraus die ep. 361 hätte erfinden können. Andererseits kann dann auch die ep. 362 nicht aus der Epistula Sebastiani hervorgegangen sein, sondern, wenn man schon die Frage nach einer gegenseitigen Abhängigkeit stellen muß, 1 Cf. lineae 4—6: ούσία — ένιζομένων. Das wird weiterentwickelt zum Begriff des γενάρχης und άρχεγέτης. Daraus läßt sich dann begründen, warum Gott nicht γένος ύπερκείμενον oder ΰλη ύποκειμένη ist (1. 12—16), was Basilius schon ep. 361, 16sq abgelehnt, aber nicht verstanden hatte. Es wird weiter die άρχή als ύπό&εσις gedeutet, deren ίδιότης weitergegeben wird (1. 16—22). Hieraus wird gefolgert, daß der Sohn kein άπομερισμός des Vaters ist, wie es Basilius ep. 3 6 1 , 1 8 schon festgelegt hatte. Den Gedanken des intelligiblen Lichtes, den Basilius ep. 361,22—24 vorgebracht hatte, flechten die Zeilen 32—36 korrigierend ein. 2 L. 63 sq: έκ της άρχής έκπέφηνεν δ θεός λόγος. Cf. 1. 29 sq. « Cf. Κ Μ Ρ § 27 L p. 1 7 7 b 3—5.
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dann würde man m. E. der ep. 362 die Priorität zuerkennen müssen. Es kommt noch die Schwierigkeit hinzu, daß sich der letzte Abschnitt der 'Epistula' (lin. 55—64) nicht an das Vorhergehende anschließen läßt; dort muß etwas ausgefallen sein, oder der Abschnitt schließt sich direkt an Zeile 10 an, wodurch das Subjekt (3. Pers. PI.) verständlich würde 1 . Allerdings zeigte sich dann in Zeile 58 ώς προείρηται die Hand des Fälschers 2 . Es bleibt noch die Frage, ob der mit ep. 129 übereinstimmende Abschnitt von Apollinaris stammen kann. Der vornehmen Zurückhaltung in der Einleitung von ep. 362 entspricht in Zeile 31 sq desselben Briefes die Formulierung: ίνα τις τα ρήματα μή έφικνούμενα της δηλώσεως έκβιάσηται, während in der 'Epistula' dem starken Selbstbewußtsein die gröbere Formulierung: καΐ ώς βιαιότερον σημαναι τό άρρητον (lin. 44) entspricht. Die Gedanken über die Zusammengehörigkeit von Einheit und Verschiedenheit in der Trinität lassen sich, so wie sie in der 'Epistula' formuliert sind, nicht bei Apollinaris nachweisen; sie sind massiver Sabellianismus; die Ausdrücke πρώτη ταυτότης, δευτέρα ταυτότης, τρίτη ταυτότης finden sich nicht bei Apollinaris, ebensowenig die adverbialen Formen πατρικώς und υίκώς. Die zu vergleichende Stelle formuliert er besonnener 3 . Vielleicht hat Basilius doch recht, wenn er in ep. 131 feststellt: Teile könnten von Apollinaris sein, wenn das stimme, was man von ihm berichte 4 . Zum Abschluß ist noch einmal zurückzufragen, ob die Aussagen des Basilius über sein Verhältnis zu Apollinaris dazu zwingen, die ep. 361 für unecht zu erklären 5 . In den ep. 224 und 226 sagt Basilius, daß er nur eine 1 Zur Möglichkeit, in den Zeilen 11—46 eine Interpolation zu sehen, cf. R. Weijenborg, De authenticitate, Antonianum 33 (1958) S. 374 Anm. 1. Die Konjektur von E. Schwartz (Ges. Sehr. IV S. 62 Anm. 3) in Zeile 55 (πείθομαι statt des überlieferten πείθονται) würde dann überflüssig sein. 2 Wekenborg irrt, wenn er schreibt: „Revera verba 'sicut iam dictum est' sese ad nihil aliud referre videntur nisi ad ea, quae in versiculo praecedenti iam dicta erant" (a.a.O., S. 375 Anm. 1). 3 K M P § 18 (L p. 173,15sq): . . . δπερ έστίν ό πατήρ άρχικώς τε καΐ γεννητικώς . . . 4 In der ep. 265 äußert sich Basilius sehr zurückhaltend über die Verfasserschaft des Apollinaris. Übrigens läßt sich mit ep. 362,33: . . . καΐ έν τω μείζων μέν ίσότητι παριστάναι τόν πατέρα Theodoret, Haer. fab. IV 8 vergleichen: „Apolinarius vero Laodicenus in nonnullis quidem scriptis suis doctrinam de Trinitate non violavit, sed, sicut nos, et unam Divinitatis substantiam, et tres hypostases praedieavit: in quibusdam autem gradus dignitatum definivit, seipsum divinae distributionis divisorem constituens. Eius enim inventum est illud: Magnum, majus, maximum: quasi magnus quidem sit Spiritus, major vero Filius, maximus Pater ( M P G 43, 207 B ) . " 8 Riedmatten (JThS 8, 1957, S. 69 Anm. 1) verweist noch auf Photius, Bibl. 229 (255 b 7—10): "Ce tdmoignage pourrait parier en farveur de l'existence au Corpus des lettres de Basile d'une lettre ä Apollinaire, serait-ce d6jä le περί της θείας ουσίας avec la suscription Άπολιναρίφ?" Leider nein! Denn der Zusammenhang ist so: Ephraim Amid führte zu dem Gedanken, daß Christus σαρκί und nicht τη φύσει της
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Grußadresse und nichts über den Glauben an Apollinaris geschrieben habe. Wekenborg folgerte daraus, daß, da die Verfasserschaft des Basilius sich nicht bestreiten läßt, die ep. 361 an einen anderen als Apollinaris geschrieben sein müsse und schlägt Euseb von Samosata vor 1 . Aber wenn man die Argumentation des Basilius genauer betrachtet, so behauptet er nur: „Wenn sie aber einen Brief vorweisen . . ." mit der eben erwähnten Charakterisierung, so sei das kein Beweis für die Gemeinschaft zwischen ihm und Apollinaris. Also bedeutet das höchst wahrscheinlich, daß Basilius sagen will, Eustathius könne keinen anderen Beweis antreten, er besitze nur einen Grußbrief. In ep. 226: „ . . . noch laßt sie vor 20 Jahren von uns geschriebene Briefe v o r b r i n g e n . . . " mit der gleichen Charakterisierung. Der Plural (έπιστολάς) bleibt merkwürdig, vor allem da in ep. 223 ausdrücklich gesagt wird, der Beweis des Eustathius hänge an einem einzigen Brief. Die Aussagen des Basilius zwingen m. E. nicht zu der Annahme, daß er nur einen einzigen Brief an Apollinaris geschrieben habe, sondern sicher ist nur, daß Eustathius nur einen einzigen Brief besitzt; dieser Brief ist wahrscheinlich als ep. 363 überliefert. Nun zu ep. 361: In ep. 223 gibt Basilius, wenigstens hypothetisch, zu, daß ein Brief von ihm an Apollinaris in die gleiche Zeit fallen könnte wie das Expos6, das Eustathius gegen ihn auswertet. Einen solchen Brief des Basilius an Apollinaris könnte man auf die ep. 361, die mit ep. 362 beantwortet wird, deuten. Auch die Folgerung aus ep. 244, daß Eustathius dem Basilius vorwarf, von Apollinaris eine schriftliche Abhandlung über den heiligen Geist erbeten zu haben, könnte auf die beiden Briefe Nr. 361 und 362 weisen. Man kann nicht einwenden, daß der heilige Geist in ep. 362 nicht erwähnt wird; der Brief handelt ja von der Trinitätslehre, der die Person des Geistes in gleicher Weise wie die Person des Sohnes einzufügen war. Aber die Sache bleibt undurchsichtig, so daß man m. E. von dem Selbstzeugnis des Basilius her nicht gegen die Echtheit der ep. 361 argumentieren kann. Noch eine letzte Frage: Hat Eustathius die Epistula Sebastiani als das Expose besessen, aus dem er zitiert 2 ? Auch hier ist unsere Kenntnis zu beschränkt, um ein eindeutiges Urteil zu erlauben. Eustathius hätte dann ein gemeines Machwerk fabriziert, oder er wäre einem solchen aufθεότητος gelitten hat, Testimonien der Vätertradition an (255a31sqq); u . a . συμπαρατ[·9·ησι μέντοι καΐ Γρεγορίου καΐ Βασιλείου έκ του περί εύχαριστίας καΐ έκ της πρός Σωζοπόλιτας έπιστολής καί έκ της πρ&ς Άπολινάριον und aus Athanasius. Erstens ist die Natur des Inkarnierten in der Epistula Sebastiani nicht erwähnt, und zweitens ist πρί>ς Άπολινάριον sicher mit „gegen Apollinaris" zu übersetzen, auch wenn das vorhergehende πρός „an" heißt. 1 Antonianum 33 (1958) S. 208—214. 2 So G. L. Prestige, St. Basil the Great and Apollinaris of Laodicea, London 1956, S. 47 Anm. 1 und F. Loofs, Eustathius von Sebaste und die Chronologie der Basiliusbriefe, Halle 1898, S. 46 Anm. 5.
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gesessen. In ep. 131 sagt ja Basilius selbst, daß er solches, was gegen ihn zitiert wird, in den Schriften des Apollinaris nicht habe nachweisen können, obwohl bei dieser Bemerkung auch mitspielt, daß er natürlich nicht zugeben wollte, von Apollinaris viel gelesen zu haben. Deswegen hängt der Beweis nur an den Aussagen von ep. 129: Er könne sich nicht vorstellen, daß Eustathius sich das mitgeteilte Zitat aus den Fingern gesogen habe. Aber das kann den Beweis allein nicht tragen; denn es kann auf einer Vermutung beruhen, daß Apollinaris der Autor sei, so daß Basilius ihn zu seiner Selbstrechtfertigung namhaft machte. Vielleicht ist es tatsächlich so, daß das, was Eustathius ausschlachtet, nur ein schriftlich fixierter Bericht über die Trinitätslehre des Apollinaris ist. Es könnte vielleicht noch erwogen werden, ob der leise Zweifel, der an dem Begriff der Wesensgleichheit in dem von der Epistula Sebastian! vorausgesetzten Brief geäußert wird, sich nicht viel wirkungsvoller gegen Basilius verwenden ließ als die Anklage wegen sabellianischer Gedanken 1 . Aber diese Erwägung führt nicht weiter; denn einerseits hätte sich Basilius dagegen unter Hinweis auf seine jetzige Lehre verteidigt, wovon jedoch keine Rede ist, sondern nur von den Sabellianismen; andererseits mußte Eustathius alles Interesse daran haben, die jetzige Lehre des Basilius anzugreifen, da er diese voreilig unterschrieben hatte. Da Eustathius aber auf den Zweifel am „wesensgleich" gar nicht zu sprechen gekommen zu sein scheint, ist anzunehmen, daß die uns heute vorliegende Epistula Sebastiani nicht das von ihm gemeinte Expose ist, außerdem, daß die ep. 361 ihm nicht vorgelegen hat. с) Datierung der Eustatbiusaffäre E. Schwartz hat berechtigte Zweifel an der genauen Datierungsmöglichkeit der Briefe betreffs der Eustathiusaffäre geäußert 2 . Einen Anhaltspunkt zur Datierung bietet nur die ep. 129. Denn die Erwähnung, dies sei das dritte Jahr des Schweigens, nachdem Eustathius das ihm von Basilius vorgelegte Dokument unterschrieben hatte 3 , läßt sich nicht verwerten, da jener Zeitpunkt nicht bekannt ist, sondern erst durch die Datierung der Veröffentlichung des Dazizasbriefes ermittelt werden kann. Die ep. 129 rückt zeitlich hinter die ep. 120; in beiden ist von dem nämlichen Memorandum des Euseb von Samosata die Rede, das mit der ep. 120 durch den Presbyter Sanctissimus an Meletius weitergegeben wurde, weil Basilius nichts damit anfangen konnte; in ep. 129 ist ihm dann etwas dazu eingefallen, weil jemand aus dem Osten in Rom war und sich dort ein Glaubensbekenntnis hatte anerkennen lassen. Die ep. 120 1 E. Schwartz (Ges. Sehr. IV S. 63) hält dies für das eigentliche Argument des Eustathius gegen Basilius. 2 Ges. Sehr. IV 64: Nur Winter 375/6 sei sicher! 3 Ep. 223,1; ep. 226,1.
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aber gehört mit den ep. 121 und 122 zusammen, weil in allen drei Briefen die Neuigkeit mitgeteilt wird, daß ein gewisser Faustus ohne die Einwilligung des Basilius zum Bischof gemacht wurde. Also läßt sich die ep. 120 durch die ep. 121 datieren; letztere aber ist nach Basilius eigenem Zeugnis im Winter geschrieben, an Theodotus von Nicopolis, in dessen Nähe sich Meletius im Exil befand. Da der Überbringer in beiden Fällen der Presbyter Sanctissimus ist, nimmt er also beide Briefe mit. Nach den Datierungen von E. Schwarte kann nur der Winter 375/376 gemeint sein, als Sanctissimus von Caesarea nach Armenien reiste Folglich fällt dann die ep. 129 Ende Winter 375/3762. Die ep. 223, 226, 224 und 131 sind wohl vor die ep. 129 anzusetzen, da letztere schon voraussetzt, daß der Name des Apollinaris durch Basilius öffentlich als der vermutliche Verfasser des von Eustathius verwerteten Exposes bekannt gemacht wurde. Zu dieser Datierung würde passen, daß Euzoius, der arianische Bischof in Antiochien, nach ep. 223 und 226 wohl noch unter den Lebenden weilt. 2. Erwägungen %ur Bischofsweibe des Vitalis a) Die Verhältnisse in Antiochien um das Jahr 575 n. Chr. Die Nachrichten über Vitalis sind spärlich; aber das wenige, was die antiken Quellen mitteilen, ist für die Biographie des Apollinaris doch so wichtig, daß versucht werden muß, es in die Kirchengeschichte des Ostens einzuzeichnen. Es ist sicher überliefert, daß Vitalis ein Presbyter der Meletiusgemeinde in Antiochien war 3 ; vor der Rückkehr des Meletius aus dem Exil, die Kaiser Julian allen unter Konstantius vertriebenen Bischöfen gestattete, hat er mit einem Diogenes zusammen die "Alte Kirche' in Antiochien für Meletius okkupiert 4 . Da er in dem Bericht über diese Tat ausdrücklich als Laie gekennzeichnet wird, ist es möglich, daß Meletius ihn als Auszeichnung dafür zum Presbyter machte 5 . Wann Vitalis sich von Meletius trennte und ein Anhänger des Apollinaris wurde, ist nicht bekannt. Sozomenos behauptet, das sei kurz nach seiner Weihe zum Presbyter geschehen 8 ; das Chronicon paschale gibt nur eine ungefähre Zeitangabe: später7. Jedoch ist es durchaus möglich, daß diese 1
Ges. Sehr. III S. 46. Ich weiche damit von der Datierung, die Lietzmann im Anschluß an Loofs gibt (S. 50) ab: Nach ihnen ist die ep. 129 Mitte 375 geschrieben. 3 Sozomenus H E VI 25,1; Chronicon Paschale a. 362 (GCS 21, Philostorgius Kirchengeschichte, ed. J. Bidez, p. 230,14—22). 1 Chron. pasch. a.a.O.; cf. E. Schwartz, Ges. Sehr. IV S. 46f. 6 Chron. pasch.: Βιτάλιος λαϊκός ; Soz. H E VI 25,1: Βιτάλιος, πρεσβύτερος Άντιοχεύς των ύπό Μελέτιον Ιερωμένων. Cf. Ε. Schwartz, Ges. Sehr. IV S. 72. e μετ' ού πολύ γάρ άποσχίσας έαυτόν της Μελετίου κοινωνίας Άπολιναρίω προσέ-9-ετο (HE VI 25,2). 7 ύστερον λυπηθείς μετά χρόνον άπεσχίσθη άπ' αύτοϋ (ρ. 230,19sq). 2
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reichlich unbestimmten Zeitangaben aus dem Gegensatz des Apollinaris zu Meletius und Basilius, der erst zu einem viel späteren Zeitpunkt offenbar wurde, hergeleitet sind. Nach 377, dem vermutlichen Datum der ep. 263 des Basilius an den Westen, konnte man sich einen Anhänger des Apollinaris innerhalb der Meletiusgemeinde nicht mehr vorstellen. Aber wie aus der ep. 129,1 des Basilius hervorgeht, betrachtete Meletius den Apollinaris noch Anfang des Jahres 376 wohlwollend, obwohl Apollinaris seine christologischen Gedanken sicher nicht erst zu diesem Zeitpunkt eingefallen sind. Deswegen scheint es eine spätere Kombination zu sein, die Wendung des Vitalis zu Apollinaris, den Bruch mit Meletius und die Gründung einer Sondergemeinde in Zusammenhang zu bringen. E. Schwartz hat vermutet, daß Vitalis sich schwerlich von der Meletiusgemeinde gelöst habe, solange Meletius in Antiochien war, nach seiner einleuchtenden Berechnung also nicht vor dem Jahre 371 x . Ähnlich denkt auch Lietzmann2; er behauptet nämlich, daß die christologische Partie des Tomus ad Antiochenos, des Synodalschreibens von Alexandrien 362, mit Rücksicht auf die Meletiuspartei absichtlich in ungenauen Formulierungen abgefaßt sei, weil zu ihr Vitalis, ein „eifriger Verehrer des Apollinaris", gehörte und weil ja gerade mit der Meletiusgemeinde eine Ubereinkunft getroffen werden sollte. Dabei setzt Lietzmann voraus, daß Vitalis, obwohl er Apollinarist sei, durchaus innerhalb der Meletiusgemeinde einen Platz finden konnte. Auf die Frage, ob Lietzmann den Tomus ad Antiochenos richtig interpretiert, wenn er mit den Fragen des Epiphanius an ihn herantritt, wird noch zurückzukommen sein (s. u. S. 60f. u. 222ff.). Wenn man die Frage nach der Gründung einer apollinaristischen Sondergemeinde in Antiochien unter Vitalis einmal von der Frage nach dessen Bischofsweihe trennt, so bleibt als einzige Quelle zur Datierung dieses Ereignisses zunächst nur Theodoret übrig. Aber er begnügt sich mit dem Hinweis, daß Vitalis vor dem Jahr 379 von Apollinaris zum Bischof geweiht wurde3. Genauere Angaben scheinen ihm nicht zur Verfügung gestanden zu haben. Als terminus ante quem wird das Jahr 379 auch durch Gregor von Nazianz bestätigt4. Er berichtet von einer apollinaristischen Synode in Antiochien, die die Bischofswürde des Vitalis offensichtlich voraussetzt6. Hatte Lietzmann noch in seiner Apollinarismonographie (S. 9) gesagt, daß Vitalis unter Julian eine Sondergemeinde gründete, so rückt er in seiner Kirchengeschichte den Zeitpunkt weiter 1 Ges. Sehr. IV S. 7 2 f . ; cf. C . E . R a v e n , Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 139 Anm. 5. 2 Geschichte der Alten Kirche Bd. 3 (Berlin 1961 s ) S. 274. 3 έν 'Αντιόχεια 8έ ήδη πρότερον (vor 379) έκεχειροτονήκει Βιτάλιον (HE V 4,1). 4 De vita sua 609—619. 6 Cf. G. Rauschen. Tahrbücher S. 49.
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herauf und läßt ihn wohl mit Vitalis' Bischofsweihe um das Jahr 375 zusammenfallen1. Aber es stehen noch mehr Zeugnisse über den Bischofstitel des Vitalis zur Verfügung. Nach ihrer Relevanz geordnet: a) Hieronymus schreibt im Jahre 376a zwei Briefe an den römischen Bischof Damasus (ep. 15 und 16), daß sich in Antiochien dreie um den rechtmäßigen Bischofstitel streiten, und daß alle drei behaupten, mit Rom in Kommunion zu stehen und dadurch anerkannt zu sein, nämlich Paulinus, Vitalis und Meletius; Damasus möge ein klärendes Wort sprechen, da Rom doch nur einem einzigen die Kommunion und damit die Rechtmäßigkeit zuerkannt haben könne. b) Bei dem nicht sicher datierbaren Schlichtungsgespräch (zwischen 374 und 377), das Epiphanius in Antiochien mit Paulinus und Vitalis führt, ist gesagt, daß Vitalis der Bischof einer eigenen Gemeinde sei (Pan. 77 cap. 20,3; p. 434,14 sq). c) Das Schreiben des Damasus an Paulinus „Per filium" zeigt, daß Vitalis in Rom gewesen ist; dort hat er, wie aus Gregor von Nazianz, ep. 202 (196B) hervorgeht, von Damasus die Anerkennung eines Glaubensbekenntnisses erlangt. Die Mitteilungen des Basilius in den Briefen 214 und 216, daß Paulinus sich eines Schreibens aus dem Westen brüste, beziehen sich nach Lietzmann und Schwartz auf „Per filium"3, so daß die Romreise des Vitalis in das Jahr 376 anzusetzen wäre. Außerdem sind zwei indirekte Nachrichten zu berücksichtigen: a') Der Anfang 376 geschriebene Brief des Basilius (ep. 129) zeigt noch keine Feindschaft zu Apollinaris, auch nicht von der Seite des Meletius, was nicht dazu passen will, daß Vitalis schon zu diesem Zeitpunkt Bischof in Antiochien gewesen sein soll, da seine Gemeinde nach allem, was wir wissen, nur aus den Reihen der Meletianer kommen konnte 4 . b') Das 377 durch Dorotheus und Sanctissimus nach Rom überbrachte Schreiben des Basilius, ep. 263, verlangt eine ausdrückliche Verurteilung des Apollinaris. Da der Mitte 376 an Patrophilus geschriebene Brief (ep. 244) noch freundlich über Apollinaris urteilt, könnte man annehmen, daß die Bischofsweihe des Vitalis der Grund dafür ist, daß Basilius sich gegen Apollinaris wendet. In der ep. 265, vermutlich auch erst 377 ge1
Geschichte der Alten Kirche Bd. 4 (Berlin 1961 3 ) S. 16. Datierung nach F. Cavallera, S. Jiröme I 2 (Louvain/Paris 1922) S. 16. 3 Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche Bd. 4 S. 16; E. Schwartz, Ges. Sehr. III S. 48. Das Schreiben aus Rom traf im Spätsommer 376 in Antiochien ein, da die gleichzeitig geschriebenen Briefe 214—216 durch ep. 215 eindeutig auf den Herbst 376 datiert sind; cf. E. Schwartz, Ges. Sehr. III S. 461 4 Gegen Α. M. Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol, Forsch, z. Kirchen- und Dogmengeschichte 15 (Göttingen 1965) S. 60: Vitalis habe sich eine Zeitlang der Eustathianergemeinde unter Paulinus angeschlossen. 2
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schrieben, ist von Bischöfen die Rede, die Apollinaris ausgeschickt habe, die jedoch keine Gemeinde besäßen; hat Apollinaris sie geweiht, und ist ihnen der schismatische Vitalis zuzurechnen, wie zuletzt noch Prestige gemeint hat? 1 Durch den Beleg a, die Briefe des Hieronymus an Damasus, scheint der Terminus ante quem der Winter 376/377 zu sein. Obwohl Hieronymus nicht ausdrücklich sagt, Vitalis sei neben Paulinus und Meletius der dritte Bischof in Antiochien, so daß in dieser Hinsicht ein Zweifel bestehen bleibt, ist dennoch deutlich, daß er eine eigene Gemeinde neben den beiden anderen vertritt und um die Anerkennung des Hieronymus geworben hat, da er die römische ja schon besitze. Leider läßt sich aus der Wendung: Non novi Vitalem, Meletium respuo, ignoro Paulinum (ep. 15,2) nichts Genaueres entnehmen. Denn daß Hieronymus den Paulinus nicht kenne, kann nur eine rhetorische Floskel sein, da es unmöglich ist, daß er bei seinem ersten Aufenthalt in Antiochien (374) nicht durch Evagrius mit Paulinus bekannt geworden ist. In welche Kirche sollte er denn sonst gehen, da sicher ist, daß Evagrius nicht mit den Meletianern kommunizierte (cf. ep. 156,3 des Basilius 617А)? Eindeutig äußert er sich nur über Meletius, weil die „campenses", d. h. die Meletianer, ihm das Bekenntnis zu den drei Hypostasen abverlangen wollten (cf. ep. 15,3). Läßt sich deswegen aus den beiden Hieronymusbriefen nicht feststellen, welche Stellung Vitalis im Jahre 374 in Antiochien hatte, so ist doch durch folgende Überlegung der Terminus post quem bestimmt: Schon Cavallera hat bemerkt, daß Vitalis erst nach seiner Romreise zum Bischof geweiht worden sein kann 2 . Denn man kann sich nicht vorstellen, daß man in Rom neben Paulinus einem zweiten Bischof die Rechtmäßigkeit bescheinigt hätte, selbst wenn Vitalis den Damasus in irgendeiner Weise überrumpelt haben sollte. Aber stellen wir das Thema der Romreise des Vitalis, ihrer Absicht und Folgen, noch zurück, und wenden wir uns Basilius zu. Das erste Zeugnis über die Abwendung des Basilius von Apollinaris liegt in der ep. 263 an den Westen vor (377). Noch in der ep. 244, die noch in das Jahr 376 gehört, äußert er sich nicht unfreundlich über Apollinaris, wenn auch zurückhaltend (s. o. S. 30). Ist etwa die Bischofsweihe des Vitalis der Grund dafür, daß Basilius nun die namentliche Verurteilung des Apollinaris fordert? Das ist möglich, wenn man annimmt, daß die ep. 263 die Verhältnisse in Antiochien ordnen will. In ihr verlangt Basilius die namentliche Verurteilung von Eustathius, Apollinaris und Paulinus. Paulinus betrifft die Kirche in Antiochien, Apollinaris auch unter der Voraussetzung, daß er wegen seiner Weihe des Vitalis verurteilt 1 2
St. Basile the Great and Apollinaris of Laodicea, London 1956, S. 33f. Le schisme d'Antioche, Paris 1905, S. 194 Anm. 2.
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werden soll. Wie steht es mit Eustathius? Ist er neben seinen sonstigen kirchenpolitischen Aktionen auch in die Verhältnisse der Kirche in Antiochien verwickelt? In den Briefen 223 und 226 spricht Basilius davon, daß Eustathius mit Euzoius, dem arianischen Bischof von Antiochien, angebändelt habe; in ep. 251 bemerkt er, Eustathius verleumde ihn, um „von denen in Antiochien" Dank zu erhalten, womit nur die arianische Gemeinde gemeint sein kann. Der Brief an den Westen beginnt mit der Feststellung, daß die Arianergefahr vorüber sei, ihre Kraft sei erlahmt. Es spricht nichts gegen die Annahme, daß der Tod des Euzoius diese Bemerkung verursacht hat. Und es ist weiterhin gut möglich, daß Eustathius die Wahl von dessen Nachfolger Dorotheus unterstützen wollte oder schon unterstützt hat. Werden also Eustathius und Paulinus insbesondere wegen der Schwierigkeiten der antiochenischen Kirche verurteilt, so möchte man vermuten, daß auch Apollinaris deswegen auf der Proskriptionsliste stand. Versuchen wir weiter zurückzugehen. Die Briefe 214—216, nach E. Schwartz sicher auf den Herbst 376 datierbar1, berichten von einem Schreiben aus dem Westen, auf Grund dessen Paulinus sich ermächtigt sah, die Einheit der antiochenischen Kirche in seiner Person herzustellen. Zu dem Zweck verlangte Paulinus die Unterschrift unter ein Glaubensbekenntnis, das ihm von Rom geschickt worden war (ep. 216 792D). Der Brief, den Paulinus aus dem Westen erhalten hat, scheint das Schreiben „Per filium" zu sein, wenn man davon ausgeht, daß es sich unter den erhaltenen Briefen des Damasus findet. Dieser Brief kennzeichnet eine ähnliche Situation wie die von Basilius geschilderte. Dem Paulinus ist ein Glaubensbekenntnis von Rom beigelegt worden; den, der es unterschreibe, solle Paulinus in seine Gemeinde aufnehmen. Allerdings spricht das Schreiben „Per filium" nur von Vitalis und in einer etwas vagen Wendung von solchen, die sonst noch unterschreiben wollten. Basilius dagegen sagt, daß Paulinus, gestützt auf die Zustimmung aus Rom, den Meletianern die Vereinigung anbot; mit der gleichen Absicht wandte er sich auch an den Comes Terentius. Offensichtlich halten Paulinus und Rom Vitalis für den Unterhändler des Meletius. Für Basilius dagegen ist Vitalis sicher nicht der rechtmäßige Vertreter der Meletiusgemeinde. Dafür gibt es zwei indirekte Zeugnisse: 1. Dem Terentius gegenüber präzisiert Basilius „Vereinigung mit uns" durch die Erläuterung: „Mit 'uns' meine ich die Anhänger des Gottesmannes Meletius, des Bischofs." (ep. 214,2 785B) Damit ist gesagt: Wenn Paulinus den Terentius um die Unterstützving für die Wiederherstellung der Einheit der antiochenischen Kirche bitte, so solle Terentius bedenken, daß in Antiochien nur der Bischof Meletius die rechtmäßige 1
Ges. Sehr. III S. 46.
4 Μ Uhlenberg, Apollinaris
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Kirche vertrete, und daß er, Basilius, nur eine Einheit unter Meletius anerkennen werde. Implizit heißt das aber auch, daß ein Angebot an Vitalis und seine Anhänger das Schisma nicht aufheben könne. 2. Am Schluß der ep. 129 legt Basilius dem Meletius einen Vorschlag vor, was man an den Westen schreiben könne. Da sei noch ein Thema, aus dem sich etwas machen ließe: In Rom solle man nicht jedem, der aus dem Osten komme und ein rechtgläubiges Bekenntnis vorlege, die volle Kirchengemeinschaft gewähren. Das würde dazu führen, daß der Zwiespalt sich vergrößere, weil sich die verschiedenen von Rom Aufgenommenen ihre Anerkennungsschreiben gegenseitig vorhielten. Es wird allgemein angenommen, daß Basilius auf die Aufnahme des Vitalis in Rom anspiele, und das wird auch die einzige Deutungsmöglichkeit sein. Durch Gregor von Nazianz (ep. 102) wissen wir, daß Vitalis dem Damasus ein Glaubensbekenntnis vorlegte und dieser es als rechtgläubig anerkannte. Basilius ist mit Recht darüber verärgert, weil durch diesen unbedachten Akt Roms noch eine weitere Gruppe in Antiochien die von Rom bestätigte Rechtgläubigkeit für sich beanspruchte. Die weiteren Ereignisse, nämlich das eigenmächtige Vorgehen des Apollinaris, gaben Basilius recht. Aber vor dem Sommer 376 scheint Apollinaris in Antiochien nichts unternommen zu haben, wie man aus dem vermutlich in dieser Zeit abgefaßten Brief 244 des Basilius schließen muß. Auch zur Zeit des Briefes 214 an Terentius, Herbst 376, ist Basilius wohl noch nichts über eine kirchenpolitische Aktivität des Apollinaris in Antiochien bekannt, denn Gefahr erwartet er nur von Paulinus, und nur seinetwegen klärt er Terentius über die Lehre von den drei Hypostasen auf; Vitalis und Apollinaris standen hinsichtlich dieser Lehre uneingeschränkt auf der Seite des Basilius und des Meletius. Eine unkanonische Bischofsweihe des Apollinaris in Antiochien wäre doch ein Grund gewesen, sich darüber bei Terentius zu beklagen 1 . b) Der Vermittlungsversuch des Epiphanius
In die bisher beleuchteten Ereignisse muß auch noch die Reise des Epiphanius nach Antiochien eingeordnet werden. Da nach dem Bericht des Epiphanius Vitalis zur Zeit seines Besuches in der Stadt schon der Bischof einer eigenen apollinaristischen Gemeinde ist 2 , ist das Datum auf jeden Fall nach 375 anzusetzen. Lietzmann kommt auf Grund einer anderen Erwägung auf ein Datum vor 375. Denn Epiphanius sagt, daß 1 Von dieser Erwägung hängt ab, ob die ep. 258 vor oder nach den ep. 214—216 geschrieben wurde. 2 Pan. 77,20,3: έπΐ της Άντιοχέων γαρ γενόμενοι τοις άκραίμοσιν αυτών (sc. Apollinarisschüler) συντετυχήκαμεν, έν οίς καΐ Βιτάλιος ό έπίακοπος ύπηρχεν, εύλαβέστατος άνήρ τω βίω καΐ καταστάσει καΐ πολιτεία.
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er mit Paulinus erst in Gemeinschaft trat, als ihm dieser die Rechtmäßigkeit seines Glaubens bewiesen hatte1. Und da nun Paulinus nach dem Bericht des Epiphanius das von Athanasius gegengezeichnete Subscriptum zum Tomus ad Antiochenos vorwies, so schließt Lietzmann, daß Paulinus den Brief aus Rom, den er nach den Berichten des Basilius stolz herumzeigte (ep. 214 und 216), noch nicht empfangen hatte; folglich müsse Epiphanius vorher dagewesen sein2. Wenn man die Chronologie von E. Schwartz in Lietzmanns Überlegungen einsetzt, so wäre der Besuch des Epiphanius vor den Spätsommer 376 zu datieren. Aber Lietzmanns Aufstellungen übersehen, daß Epiphanius in seiner Ketzergeschichte darauf bedacht ist, möglichst viele alte und wertvolle Urkunden zu präsentieren. Ein Brief des Damasus, etwa „Per filium", hätte niemals diesen Ansprüchen genügt; das von Paulinus gemeinsam mit Athanasius unterzeichnete Subscriptum zum Tomus ad Antiochenos nahm sich an dieser Stelle sehr viel wirkungsvoller aus. Deswegen läßt sich auf Lietzmanns Erwägung nicht weiterbauen. Leider hat auch der Brief des Basilius an Epiphanius kein sicheres Datum (ep. 258). Sicher ist nur, daß er vor den Briefen 263, 261 und 265, die alle in das Jahr 377 gehören, geschrieben wurde. Denn nach seiner Demarche in Rom und den expliziten Äußerungen über die Irrtümer der apollinaristischen Christologie in eben diesen Briefen wäre die Zurückhaltung, ja die Weigerung des Basilius sich über die christologische Frage zu verbreiten, in seinem Brief an Epiphanius (ep. 258,2 949 B) einfach unverständlich. Nach 377 kann der Besuch des Epiphanius auch nicht stattgefunden haben, da das Panarion wohl im Jahre 377 fertiggestellt wurde. Es bleibt die Frage, ob Epiphanius den Brief an Basilius, auf den dieser mit ep. 258 antwortet, vor oder nach seiner Reise nach Antiochien geschrieben hat. Der Vergleich der Mitteilungen des Basilius über den Epiphaniusbrief an ihn mit dem Bericht in Panarion 77,20 legt es nahe, daß Epiphanius schon vorher in Antiochien war und nun das begonnene Werk der Einigung fortsetzen will, wobei er Basilius zu gewinnen hofft. Denn sowohl aus dem Basiliusbrief wie aus Panarion 77,20 geht hervor, daß Epiphanius mit Paulinus schon Gemeinschaft hält (nur die Pauünianer können es sein, die über die drei Hypostasen belehrt werden sollen 3 ; und Epiphanius schreibt in Panarion 77, cap. 20,7, er habe die Kommunion mit den Paulinianern nach einigem Zögern aufgenommen. Er hat den Paulinus gerade wegen seiner Gemeinschaft mit Athanasius anerkannt; auch Basilius geht darauf ein, indem er zu erklären versucht, warum zwischen Athanasius und Meletius keine Kommunion zustande gekommen war). Aber eine letzte Sicherheit läßt sich aus dem Vergleich nicht gewinnen, da mit einer starken literarischen Formung des 1 2
4»
Cap. 20,7. Apollinaris S. 56.
8
Cf. Lietzmann S. 56.
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Panarionberichtes über das Schlichtungsgespräch in Antiochien gerechnet werden muß. Am augenfälligsten ist, daß von einer Meletiusgemeinde in Antiochien gar nicht gesprochen wird, obwohl die antiochenische Situation erklärt wird: Vitalis stritt mit Paulinus um den rechtmäßigen Bischofstitel. So könnte es sein, daß die Gemeinschaft mit Paulinus eine beschlossene Sache war, schon bevor Epiphanius hinreiste, und daß von Paulinus und seinen Argumenten her die apollinaristische Irrlehre des Vitalis, die wegen der früheren Freundschaft des Apollinaris mit Athanasius rechtgläubig zu sein schien, aufgedeckt wurde; immerhin erscheint der Bericht des Epiphanius über die Argumente des Vitalis trotz allem historisch glaubhaft, da er unverkennbar genuine Gedanken des Apollinaris wiedergibt (s. u. S. 180 Anm. 1). Man muß also annehmen, daß Basilius zu der Zeit, als er den Brief des Epiphanius mit seiner ep. 258 beantwortete, von der Bischofsweihe des Vitalis wußte. Aus welchem Grund nimmt er dazu keine Stellung? Wie aus Basilius' Brief hervorgeht, hatte Epiphanius ihn gebeten, nach Antiochien zu schreiben; damit muß er gemeint haben, daß sich Basilius um eine Einigung zwischen Paulinus und Vitalis bemühen sollte. Basilius lehnt es jedenfalls ab, nach Antiochien zu schreiben, und erklärt, für ihn gebe es nur einen rechtmäßigen Bischof in Antiochien, nämlich Meletius; alle, die nach diesem die Bischofswürde erlangt hätten (Plural), könne er nicht anerkennen, weil er dadurch dem Meletius Unrecht zufügen würde Zwar habe er vieles von ihnen vernommen, wolle sie aber nicht verurteilen, ohne ihnen Gelegenheit zur Verteidigung gegeben zu haben. Warum diese höfliche Zurückhaltung? Den Grund dafür, daß er Paulinus ablehnt, nennt er, indem er sagt, Epiphanius solle Paulinus über die drei Hypostaten belehren; dies kann Vitalis nicht treffen. Um Vitalis abzulehnen, hätte Basilius zur Christologie Stellung nehmen müssen. Dazu hat ihn Epiphanius auch bewegen wollen, indem er in seinem Brief Streitigkeiten über die Christologie unter den Ölbergmönchen vorschob. Durch eine Erläuterung des zweiten Artikels vom Nicenum sollte Basilius die „orthodoxe" Lehre klarstellen. Mit einer solchen Erläuterung von selten des Basilius in der Hand hätte Epiphanius den Vitalis vielleicht zur Aufgabe seiner Lehre vom Christus ohne menschliche Vernunft zwingen können. Aber Basilius winkt ab und faßt als Antwort nur den Inhalt seines Briefes an die Ölbergmönche zusammen: Das christologische Bekenntnis des Nicenums reiche aus, Zusätze würden nur neuen Streit in der Kirche verursachen; die Kirche zum Glauben an den heiligen Geist zu führen, darin sieht Basilius seine Aufgabe, da die Väter diese Frage zu wenig beachtet hätten (ep. 258,2 949B/C). Die Einheit 1
των δέ τελευταΐον έπεισελθόντων ούδενός ούδέπω τήν κοινωνίαν προσηκάμεθα, ούκ έκείνους κρίνοντες άναξίους, άλλα μηδέν έχοντες τούτου (sc. Meletius) καταγινώσκειν
(ep. 258,3; 952В).
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der Kirche auf Grund des Bekenntnisses zu den drei göttlichen Hypostasen, dies ist das Ziel des Basilius; die christologische Frage klammert er aus, wohl weil er meinte, den Streit mit Apollinaris, zu dem ihre Erörterung geführt hätte, vermeiden zu können. Offensichtlich wagt er nicht abzusehen, wie groß die Anhängerschaft des Apollinaris ist; deswegen hält er sich diesem gegenüber zwar zurück, zählt ihn aber doch stillschweigend zur Orthodoxie und vermeidet den offenen Bruch mit ihm. So jedenfalls stellt sich die Situation nach der ep. 258 dar. Daraus ergibt sich, daß die Bischofsweihe des Vitalis allein nicht den Bruch mit Apollinaris hervorgerufen hat. Darum kann man wohl annehmen, daß Vitalis irgendwann zwischen seiner Romreise und dem Herbst 376 von Apollinaris zum Bischof ordiniert wurde, möglicherweise auch vor den Briefen 214—216. Der Grund zur öffentlichen Absage des Basilius an Apollinaris muß also in weiteren Aktionen seitens des Apollinaris zu suchen sein. с) Die Absicht der Romreise des Vitalis
Welches war nun die Absicht der Romreise des Vitalis ? Nach Gregor von Nazianz (ep. 102 196B) legte er dem Damasus ein Glaubensbekenntnis vor und wurde daraufhin in die römische Kirchengemeinschaft aufgenommen. Weitere Einzelheiten erfahren wir aus dem Schreiben des Damasus an Paulinus „Per filium". Dies ist der dritte Brief in der gleichen Angelegenheit: Schon dem Vitalis wurde ein Brief an Paulinus mitgegeben, in dem alles der Entscheidung des Paulinus anheimgestellt wurde. Aber schon kurz darauf wurde man in Rom unsicher, ob man nicht voreilig dem Vitalis die Gemeinschaft gewährt habe, und teilte dies durch den Presbyter Petronius in einem weiteren Schreiben mit. Weitere Zweifel an der Rechtgläubigkeit des Vitalis scheinen auch durch Paulinus nach Rom gelangt zu sein. Trotzdem wird Paulinus in dem überlieferten Brief „Per filium" ausdrücklich aufgefordert, seinen Widerstand gegen eine Aufnahme des Vitalis aufzugeben. Den Bedenken des Paulinus trägt Damasus Rechnung, indem er ein Glaubensbekenntnis beilegt, dessen Unterschrift Paulinus von Vitalis verlangen solle1. War Vitalis mit dem Wunsch nach Rom gereist, die Voraussetzungen für eine Vereinigung mit Paulinus, nämlich die römische Anerkennung, zu schaffen? Nach „Per filium" muß man dies annehmen; denn Damasus spricht von der Absicht des Vitalis, sich von Paulinus aufnehmen zu lassen, stellt aber die endgültige Entscheidung Paulinus anheim. Dieser Annahme steht aber die Behauptung des Epiphanius entgegen, daß Vitalis wegen der sabellianischen Gotteslehre des Paulinus auf der Trennung beharre (Pan. 77 cap. 20,5—7). Diese beiden Gesichtspunkte lassen sich nicht gut in 1 Die in einigen Sammlungen angefügte confessio, die auch in einer griechischen Übersetzung bei Theodoret HE V 11 erhalten ist, gehört nicht zu dem Schreiben „Per filium"; cf. E. Schwartz, Ges. Sehr. III S. 50—52, bes. S. 50 Anm. 3!
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Einklang bringen, selbst wenn man sich die Sache so vorstellt, daß Paulinus die Aufnahme des Vitalis verweigerte und dieser Paulinus daraufhin des Sabellianismus beschuldigte. Darum muß man eher annehmen, daß Damasus die Dinge wohl zugunsten des Paulinus verdreht: Zwar hält er den Vitalis nicht für einen Häretiker, aber wenn es um die Beseitigung des antiochenischen Schismas geht, dann ist ihm Paulinus der berufene Mann, von sich aus ein Angebot zu machen, um die Getrennten seiner Gemeinde einzuverleiben. So gesehen ist Vitalis in eigenem Interesse, bzw. dem des Apollinaris nach Rom gereist. Die Unruhe über die Lehren des Apollinaris wuchs im Osten und bedrohte seine Stellung. Die Anerkennung Roms mußte ihm deswegen eine willkommene Unterstützung sein, um Gegner zu demütigen und Schwankende auf seine Seite zu ziehen. In ähnlicher Absicht war noch zu Lebzeiten des Athanasius Timotheus in den Westen gekommen, hatte Empfehlungsbriefe des Athanasius vorgelegt und konnte ein Schreiben an Apollinaris mitbringen, in dem dieser als rechtgläubiger Bischof und Bekämpfet der Arianer bestätigt wurde 1 . Es mag an dieser Stelle daran erinnert werden, daß Basilius eine solche Fürsprache des Athanasius versagt geblieben ist, als er zugunsten der Meletianergemeinde in Rom vorstellig werden wollte. Apollinaris resignierte angesichts des Mißerfolges, den er bei Paulinus trotz der günstigen Aufnahme des Vitalis in Rom hatte, nicht. Er bemüht sich auch anderweitig um Unterstützung, um seine Position im Osten festigen und weiter ausbauen zu können: a) Die Fragmente eines Briefes an Terentius werden in diese Zeit gehören, wie Lietzmann m. E. mit Recht vermutet hat 2 . Nichts steht der Annahme im Wege, daß es der Comes Terentius ist, an den sich auch Basilius in ep. 214 wendet. Aus den beiden Fragmenten des Apollinaris läßt sich immerhin soviel entnehmen, daß er sich gegen die Lehre vom himmlischen Fleisch Christi, das der Gottheit wesensgleich sei, wendet; er erklärt Terentius, daß solches nicht von ihm gelehrt werde, sondern von Leuten, deren Namen er aus uns unbekannten Gründen nicht nennen will; im Kampf gegen sie bittet er Terentius um Unterstützung. b) Auch Hieronymus, zu dem Vitalis selbst oder Abgesandte von ihm reisten, ersuchte er um Anerkennung. 1 καΐ φαίνεται μάλλον ό Τιμόθεος είναι των τά άπό^ητα της άσεβείας καΐ Ραδιουργίας θα^ουμένων Si' αύτοϋ γάρ καΐ τά συσταστικά αύτοϋ γράμματα πρός τούς Δυτικούς, ήδυνήθη παρά τοϋ μεγάλου 'Αθανασίου λαβείν, ώς κατά της άσεβείας 'Αρείου σπουδάζων, καΐ παρ' έκείνων ώς πρός έπίσκοπον κομίσασθαι γράμματα - άλλ' ούκ είς τέλος αύτοϋ διέλαθεν ή σκευωρία· τό δεύτερον γάρ μετά τήν 'Αθανασίου κοίμησιν, έπΐ 'Ρώμην πάλιν σταλείς, δέχεται τήν τε έαυτοϋ καθαίρεσιν, καΐ τοϋ άποστείλαντος Άπολιναρίου (Leontius, A d v . fraudes Apoll., M P G 8 6 , 2 1976A). 2 Fr. 162 u. 163; cf. Lietzmann S. 147.
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c) Weiterhin wandte er sich an die Confessoren in Diocaesarea, deren Wort wegen ihres Märtyrertums viel galt 1 . An sie ist ein vollständiger Brief von Apollinaris erhalten: Es ist dies der zweite, den er an sie schreibt, da er auf seinen ersten keine Antwort erhielt (L p. 255 sq). Auch die Reaktion der Confessoren ist überliefert, und zwar in einem Brief, den diese an die nitrischen Mönche schickten, um sich über Apollinaris zu beklagen2. Demnach erhielt Apollinaris von ihnen zwei Antwortbriefe, vielleicht nicht unfreundlichen Inhalts; denn die Confessoren waren jeden bereit anzuerkennen, der mit Athanasius in Gemeinschaft gestanden hatte. Daraufhin wagte es Apollinaris, die Confessoren um die Zustimmung zu seiner Verurteilung des Paulinus anzugehen. Da wurden die Confessoren mißtrauisch; denn auch Paulinus hatte die Gemeinschaft mit Athanasius besessen. Sie schöpften nun den Verdacht, Apollinaris sei ein Häretiker oder ein Schismatiker, und ein glücklicher Umstand, wie die Confessoren schreiben, wollte es, daß ihnen zu dieser Zeit einige schriftliche Lehräußerungen des Apollinaris in die Hände fielen. Eine Antwort blieben sie ihm jedoch schuldig. Später traf dann ein weiterer Brief des Apollinaris bei ihnen ein, da er ihr Schweigen noch nicht als eine Absage aufgefaßt hatte, in dem er auch Epiphanius verurteilt. Durch noch einen Brief schließlich klagt er Silvanus von Tarsus3 und Diodor von Tyrus, den für die Confessoren zuständigen Bischof, an; letzterem wirft er die Gemeinschaft mit Epiphanius und Paulinus vor. 1 Hieronymus meint in ep. 15,2 nicht diese im palästinensischen Diocaesarea weilenden Confessores, mit denen er Gemeinschaft halte; cf. F. Cavallera, S. Jdröme I 1 (Louvain/Paris 1922) S. 33 Anm. 4. 2 Bei Facundus von Hermiane, Pro defensione trium capitulorum IV 2 (MPL 67, 618C—619B): Mirabilis vero Apollinarius tales litteras ex nomine nostro suscipiens etiam et propriam epistolam in nomine Adelphi et Isidori, juxta votum suum, in tantum nos contempsit, ut ipse postea auderet suis litteris accusare irreprehensibilem et religiosissimum archiepiscopum Antiochiae Paulinum, qui semper communicavit semper beato papae nostro Athanasio et omnibus in Occidente orthodoxis episcopis. Nobis autem ex acceptione talium litterarum commotis, et habentibus de accusato vel haeresis vel schismatis suspicionem, saepe volueramus illi rescribere. Sed dum haec aguntur, ex dispensatione Dei demonstratae sunt nobis et inscriptae ejus dispositiones et definitiones de fide, consonantes eis quae antea multi venientes ad nos de ipso nobis Apollinario dixerant, habentes se non recte de incarnatione Salvatoris. Ad haec etiam et alias litteras, in quibus accusavit venerabilem archiepiscopum Epiphanium orthodoxum, et communicantem semper beatissimo pape nostro Athanasio. Adhuc etiam et sanctissimum Tarsensem, et communicantem similiter beato papae nostro Athanasio, et nostrum ipsorum episcopum Diodorem abjudicavit injustae per proprias litteras, si non abstinuisset a communione ante dictorum orthodoxorum episcoporum Paulini et Epiphanii. 3 Dies muß derTarsensis sein; cf. Hieronymus ep. 15,5: Die Meletianer sind mit den Tarsenses verbunden; Basilius ep. 244,3: Diodor ist ein Schüler des Silvanus von Tarsus.
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Die von den Confessoren mitgeteilten Ereignisse lassen sich gut in die Biographie des Apollinaris einzeichnen, wie sie oben auf Grund von anderen Quellen rekonstruiert wurde. Etwa um die gleiche Zeit, als Vitalis nach Rom reiste, oder kurz danach bemühte sich Apollinaris auch um die Gunst der Confessores. Die ablehnende Haltung des Paulinus gegenüber Vitalis führte dazu, daß er ihn verurteilte; dies teilte er den Confessores mit. Nach dem Besuch des Epiphanius in Antiochien, der sich den Argumenten des Vitalis verschloß und mit Paulinus kommunizierte, klagte Apollinaris auch diesen des falschen Glaubens an. Dies zog nach sich, daß er auch diejenigen, die mit Epiphanius Gemeinschaft hielten, wie Diodor von Tyrus, des Abfalls von der athanasianischen Christologie beschuldigte. Es ist am naheliegendsten anzunehmen, daß dieser, nach dem Besuch des Epiphanius in Antiochien, von Apollinaris in die Kirche getriebene Keil der Grund für die Abwendung des Basilius von ihm ist. Aber auch dem Vorstoß des Basilius, in Rom die namentliche Verurteilung des Apollinaris zu erwirken (ep. 263), sah Apollinaris nicht untätig zu. Er schickte Timotheus nach Rom, der dort allerdings abgewiesen wurde, weil er Petrus von Alexandrien, Basilius von Caesarea, Paulinus und Epiphanius und Diodor von Tyrus zu Häretikern erklären wollte; einzig Vitalis, sagte Timotheus, sei der rechtmäßige Bischof von Antiochien und nur mit dem halte er Gemeinschaft 1 . Diese Zusammenstellung von Namen läßt sich am besten als Reaktion auf den Brief des Basilius an den Westen (ep. 263) verstehen. Paulinus scheint von dieser Aktion erfahren zu haben und fordert von Rom das Anathema für Timotheus. Ein erhaltener Brief des Damasus an die Confessoren teilt mit 2 , daß dies geschehen sei, Timotheus und sein Lehrer Apollinaris seien in Gegenwart des Petrus von Alexandrien verurteilt worden. Das muß Ende 377 oder Anfang 378, jedenfalls vor dem Tode des Valens, der Petrus die Rückkehr nach Alexandrien ermöglichte, gewesen sein. d) Apollinaris von laodicea als Kirchenpolitiker
Der Vollständigkeit halber seien hier noch die weiteren bekannten Ereignisse über Apollinaris von Laodicea zusammengestellt. Im Jahre 377 war Apollinaris als Lehrer in Antiochien tätig, wo ihn Hieronymus nach seinem Aufenthalt bei Chalkis hörte 8 . Wie schon oben erwähnt, hielten die Apollinaristen im Jahre 379 in Antiochien eine Synode ab (s. o. S. 46). Vielleicht fühlte sich Gregor von Nazianz mit wegen der 1 Brief des Petrus von Alexandrien an die nitrischen Mönche bei Facundus von Hermiane, Pro def. tr. cap. IV 2 (ΜPL 67, 613AB). 2 In griechischer Übersetzung bei Theodoret H E V 10. Ich folge der Deutung von E. Schwartz, Ges. Sehr. IV S. 90f., gegen Rauschen, Jahrbücher S. 135. 3 Datierung nach F. Cavallera, S. Jdrome I 2 (Louvain/Paris 1922) S. 19. Beleg Hieronymus ep. 84,3.
Erwägungen zur Bischofsweihe des Vitalis
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nicht erfolglosen Propaganda der Apollinaristen veranlaßt, nach Konstantinopel zu gehen1. Ungefähr um diese Zeit hat sich Apollinaris nach dem Bericht Theodorets (HE V 4,1) öffentlich zum Führer einer eigenen Kirche proklamiert. Nach der gleichen Quelle ist auch Vitalis noch 381 Bischof in Antiochien (HE V 3,9). Der General Sapor, der in Antiochien für Ordnung sorgen sollte, kann nicht viel gegen ihn ausgerichtet haben, da die Apollinaristen in dem Edikt vom 10. Jan. 381 (Cod. Theod. XVI 5,6) nicht genannt sind. Wohl deswegen verschweigt Theodoret, was mit Vitalis in Antiochien geschah. Die Synode von Konstantinopel 381 hat sich mit den Apollinaristen nicht ausführlich beschäftigt; unter anderen werden sie im Kanon 1 erwähnt. Aber wenn letzteres nicht ein späterer Zusatz ist, so war ihre Nennung doch vollkommen belanglos2. Das geht daraus hervor, daß sich unter den Unterschriften unter dem Protokoll der Synode die des Timotheus von Berytes — aller Wahrscheinlichkeit nach der Apollinarist — befindet; außerdem sehen die in Rom 382 versammelten Bischöfe in dem Vorwurf, 381 sei in Konstantinopel Apollinaris und seine Lehre nicht eindeutig anathematisiert worden, eine Möglichkeit, um ihre eigene Synode in Rom zu rechtfertigen3. Auf eben dieser römischen Synode hat Hieronymus ein Bekenntnis verfaßt, von dessen Unterschrift die Aufnahme der Apollinaristen in die „katholische" Kirche abhängig gemacht werden sollte4. Die offizielle Antwort der Orientalen, die sich auf Geheiß des Theodosius zur gleichen Zeit in Konstantinopel versammelt hatten, weist den Vorwurf, sie lehrten einen vernunftlosen Christus, zurück, ohne den Namen Apollinaris zu nennen I Man beschränkt sich darauf zu unterstreichen, daß man weder Arianer noch Pneumatomache sei, auch nicht an einen seelen- und vernunftlosen Christus, sondern an den vollkommenen Gott in Ewigkeit, vollkommenen Menschen am Ende der Zeiten geworden glaube5. Das hätte Apollinaris wohl unterschreiben können. Schon Theodoret bemerkt, daß die Apollinaristen nicht namentlich angeführt sind und versucht das dadurch wiedergutzumachen, daß er sagt, in der eben genannten Lehre vom vernunftlosen Christus sei Apollinaris verurteilt worden (HE V 9,19). Etwa zu der gleichen Zeit, als die Synode 382 in Konstantinopel abgehalten wurde, hielten die Apollinaristen eine Synode in Nazianz 1
Cf. P. Gallay, La vie de s. Grdgoire de Nazianze, Lyon/Paris 1943, S. 141 f. Es wurden Auszüge einfach aus den Briefen des Damasus dem meletianischen Synodalschreiben von Antiochien 379 beigefügt; cf. E. Schwartz, Ges. Sehr. IV S. 92f. 8 Schreiben „Fidei" als ep. 14 unter den Ambrosiusbriefen; cf. E. Schwartz, Ges. Sehr. IV S. 106 f, wonach Lietzmann S. 29 f. zu berichtigen ist. 1 Hieronymus, Apol. adv, Ruf. II 20f; cf. Rauschen, Jahrbücher S. 134, 5 Cf. Theodoret HE V 9,11 sq. 2
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Biographie des Apollinaris v o n Laodicea
ab Sie verursachten in der Gemeinde, die nur von dem Presbyter Cledonius verwaltet wurde, große Unruhe, da sie sich auf eine Anerkennung durch Rom und auf die Gregors, des abwesenden Bischofs, beriefen 2 . Gregor weist beides als Irrtum auf, legt dar, daß er die von den Apollinaristen verurteilte Christologie auch nicht vertrete 3 , und widerlegt dann den apollinaristischen Kerngedanken vom vernunftlosen Christus. Auf eine formelle Verketzerung der Apollinaristen kann er sich nicht berufen 4 . Den langen Ausführungen muß er in ep. 102 eine kurze Zusammenfassung nachschicken6, damit sich Cledonius durch präzise Argumente verteidigen kann. Denn die Berufung der Apollinaristen auf Rom und auf ihn selbst war nicht unbegründet, da sowohl Damasus als auch Gregor von Nazianz das Glaubensbekenntnis des Vitalis als orthodox anerkannt hatten®. Im Jahre 383, nicht lange nach dem 3. September 7 , haben die Apollinaristen es sogar gewagt, einen eigenen Bischof in Nazianz einzusetzen. Gregor hat das nicht verhindern können, da er wegen seiner angegriffenen Gesundheit zu einer Kur in Xanxaris weilte. Bei dem Statthalter von Cappadocia secunda Olympius klagt er darüber, daß die Apollinaristen das gegen sie erlassene Gesetz übertreten. Ob die Häretiker überhaupt oder besonders die Apollinaristen von Olympius geduldet wurden —, jedenfalls erwartet Gregor von ihm keine große Hilfe gegen sie8. Gerade wegen der Gefahr, die seiner Gemeinde in Nazianz von den Apollinaristen drohte, bittet er den zuständigen Metropoliten, Theodorus von Tyana, um einen Nachfolger für sich selbst (ер. 152)®. Noch im Jahr 387 muß er sich über die Apollinaristen beklagen und Nectarius bitten, ihretwegen beim Kaiser vorstellig zu werden 10 . Mit auf Gregors Bemühungen hin scheinen dann die beiden Gesetze gegen die Apollinaristen im Jahre 388 1
D a s D a t u m der ep. 101 Gregors v o n Nazianz wurde zuletzt v o n P. Gallay (La vie de s. Gr6goire de Nazianze, Lyon/Paris 1943, S. 218) auf S o m m e r 382 angesetzt. D i e A n n a h m e einer Synode stützt sich auf die W e n d u n g : Er, Gregor, schreibe nur, weil die Kirche gespalten sei καΐ ταϊς άλλαις τερατείαις καΐ τω νϋν συνεδρίω της ματαιότητος (192C). 2 3 176Β und 177Α. 176Β —181C. * D i e s e n t n e h m e ich d e m Schluß 192 С — 1 9 3 В. 6 D i e V e r l e g u n g der ep. 102 ins Jahr 386, der nach J. Draeseke (Gregorios v o n N a zianz in seinem Verhältnis z u m Apollinarismus, Theol. Studien und Kritiken 1892, S. 507—509) Rauschen (Jahrbücher S. 249) u n d P. Gallay (La vie S. 2 3 0 — 2 3 2 ) folgen, läßt sich nicht halten; cf. Lietzmann S. 74. • Cf. 2 0 0 A B . ' P. Gallay (La vie . . . S. 221 f.) zeigt, daß die ep. 125 das Edikt Cod. T h e o d . X V I 5 , 1 2 voraussetzt. 8 E p . 152 (257 B ) : El μέν ούν άλλην κεφαλήν είχεν ή έπαρχία, πρός έκείνην έδει βοαν καΐ διαμαρτύρεσθαι. 9 Ε ρ . 152 (257 C): "Ινα γαρ τάλλα έάσω, οία νϋν έπιστάντες οί Άπολιναριανοί. . . 10 Datierung der ep. 2 0 2 bei Rauschen, Jahrbücher S. 275 A n m . 10.
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erlassen worden zu sein, die sie vollkommen der zivilen Gewalt auslieferten 1 . Aber auch dadurch wurde Vitalis nicht seines Bischofsstuhles in Antiochien enthoben. Denn Flavian muß sich noch nach dem Tod des Paulinus, also nach 388, gegen den Schüler des Apollinaris, Vitalis, wehren 2 . Erst um 425 gelang es Theodotus, die apollinaristische Gemeinde in Antiochien mit der „orthodoxen" Kirche zu vereinen 3 . Diese Einung kann durchaus einen mehr als politischen Aspekt gehabt haben, denn in einem Teil der Kirche war die Saat der apollinaristischen Christologie aufgegangen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Apollinaristen zu den theologischen Ratgebern des Cyrill von Alexandrien gehörten und ihm redigierte Schriften des Apollinaris unter gefälschten orthodoxen Namen vorlegten, aus denen er sich über die christologische Frage orientieren wollte 4 . Und die Polemik, die die monophysitische Christologie für einen Sprößling des Apollinarismus hielt, ist durchaus im Recht. Die weite Verbreitung, die der Monophysitismus fand, zeigt, daß die apollinaristischen Gedanken ihm schon vorher einen fruchtbaren Boden bereitet hatten. Das Wenige, was uns die Uberlieferung über die Biographie des Apollinaris erhalten hat, berechtigt zu der Feststellung, daß Apollinaris nicht nur auf dem Gebiet der Lehre, sondern auch in der Kirchenpolitik eigene Wege ging. Basilius bemühte sich darum, die Kirche des Athanasius auf der Grundlage des Glaubens an die drei Hypostasen des einen göttlichen Wesens zu einen; in dem Kampf um die Anerkennung der Gottheit des heiligen Geistes sah er die Fortsetzung der Auseinandersetzung des Athanasius mit den Arianern. Die Fragen der Christologie, insbesondere der Inkarnationslehre, dagegen ließ er unbeachtet (cf. ep. 258,2). Gewiß erkannte er zu Recht, daß dann seine Bestrebungen um die Einheit der Kirche ein Ausmaß angenommen hätten, dessen Weite er fürchtete und vielleicht auch nicht übersehen konnte. Jedenfalls machte er nur den Glauben an die drei wesensgleichen Hypostasen zum Kriterium der Kirchengemeinschaft und sah in der über Nicea hinausgehenden Christologie bis zum Jahre 377 keinen „articulus confessionis", Schloß einen Apollinaris allerdings auch nicht ausdrücklich in die Kirchengemeinschaft mit ein. Apollinaris dagegen erkannte, daß das Werk des Athanasius solange unvollkommen und deswegen gefährdet war, als die christologischen Fragen 1
Cod. Theod. XVI 5,14 u. 15; cf. Rauschen, Jahrbücher S. 275 Anm. 10. Über die Zuweisung der Homilie „De anathema" (MPG 48, 943—952) an Flavian und zur Datierung cf. F. Cavallera, Le schisme d'Antioche, Paris 1905, S. 15—19. 3 Theodoret H E V 38,2; cf. Lietzmann S. 78. 4 Cf. M. Richard, L'introduction du mot „Hypostase" dans la thdologie de l'incarnation (Mdlanges de Science religieuse 2, 1945, S. 244). 2
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Biographie des Apollinaris von Laodicea
nicht über Nicea hinaus geklärt waren. Hierbei ging es nicht um die Lehre von dem seelenlosen Christus, die den Lukianisten, wie sich die Parteigänger des Arius zu bezeichnen pflegten, gemeinsam war 1 , sondern es stand die Frage im Vordergrund, welche Konsequenzen das im Nicenum enthaltene Bekenntnis zur Wesensgleichheit Christi mit Gott für die Inkarnationslehre habe. War in Nicea das innergöttliche Verhältnis zwischen Gott Vater und Sohn bestimmt worden und hatte Athanasius die Auseinandersetzung mit den Arianern auf die Frage nach der Gottheit Christi zugespitzt, so zog Apollinaris den athanasianischen Grundgedanken weiter aus und fragte nach dem Verhältnis des Gott wesensgleichen Christus zu dem Menschen Jesus. Und von seiner Lehre über diese Frage, die er für eine notwendige und legitime Weiterentwicklung der Inkarnatiönslehre des Athanasius hielt, machte er die Kirchengemeinschaft abhängig. Je mehr er angegriffen wurde, besonders von Seiten des Paulinus und des Diodor und Flavian in Antiochien, um so mehr ging er dazu über, auch eine eigene Kirchenpolitik zu treiben. Die Weihe des Vitalis zum Bischof einer Apollinarisgemeinde in Antiochien beleuchtet schlagartig eine Situation im Jahre 376, deren Voraussetzungen und Zusammenhänge von den erhaltenen Kirchengeschichten des 5. Jahrhunderts kaum gestreift werden. Mehr wüßten wir nur, wenn Photius außer der arianischen Kirchengeschichte des Philostorgius auch die apollinaristische Kirchengeschichte des Timotheus in die Hände gefallen wäre. Gregor von Nazianz behauptet, daß die Anfänge der eigenständigen Lehrtätigkeit des Apollinaris in die fünfziger Jahre des 4. Jahrhunderts zurückreichen 2 . Es fehlt uns die Möglichkeit, diese Angabe zu kontrollieren, Trotzdem gibt es einige Hinweise, die darauf schließen lassen, daß Apollinaris tatsächlich nicht erst in der Mitte der siebziger Jahre die ihm eigentümliche Christologie ausbildete; sie sollen hier gesammelt werden, um das historische Bild zu ergänzen, ihre theologische Tragweite und damit die Begründung der vorgetragenen Ansicht müssen an anderer Stelle dargelegt werden (s. u. S. 215ff.). Im Tomus ad Antiochenos, dem Brief, den Athanasius im Auftrage der Synode von 362 in Alexandrien nach Antiochien schickte, wird ausdrücklich erwähnt, daß Apollinaris einige Mönche zu seiner Vertretung nach Alexandrien entsandt hatte; sie waren nicht nur als Beobachter, zur Wahrnehmung der Interessen ihres Bischofs dort, sondern haben den Entschlüssen auch zugestimmt, wie aus dem Zusammenhang, in dem sie genannt werden, hervorgeht ( § 9 ; MPG26, 808A). Nun wird zwar allgemein behauptet, daß der § 7 des Tomus im Hinblick auf Apollinaris eine Kompromißlösung darstelle, die man habe finden müssen, da ja mit der Gemeinde des Meletius, zu der auch 1
Cf. Epiphanius, Anc. 33,3 sqq.
2
Ep. 102 (200 C).
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der Apollinarist Vitalis gehörte, eine Ubereinkunft getroffen werden sollte 1 . Durch kein Zeugnis allerdings läßt sich beweisen, daß Vitalis schon zu dieser Zeit ein Schüler des Apollinaris war. Da außerdem sicher ist, daß sich Athanasius nirgends und niemals zu der Frage geäußert hat, wie die Vereinigung des beseelten Leibes Christi mit dem Logos zu denken sei, sondern darin so wenig ein Problem sah, daß es zweifelhaft erscheinen kann, ob er eine vernunftbegabte menschliche Seele Christi annahm 2 , so dürfte es verfehlt sein, bei der Wendung: Ώμολόγουν γαρ και τοϋτο, δτε ού σώμα άψυχον, ούδ' άναίσθ-ητον, ούδ' άνόητον είχεν ό Σωτήρ (804 Β) mit Epiphanius zu fragen, ob hier eine menschliche Vernunft gemeint sei 3 . So wie Epiphanius konnte man erst fragen, nachdem deutlich geworden war, daß Apollinaris eine ganz bestimmte, durch Origenes initiierte Soteriologie angriff. Es ist bekannt, daß Apollinaris in einem Brief an die Confessores in Diocaesarea, geschrieben wahrscheinlich im Jahre 376, sich zur Darlegung seines eigenen Glaubens auf die eben zitierte Wendung aus dem Tomus ad Antiochenos beruft 4 . Wer will ihm unterstellen, daß er es nicht bona fide tut und daß er die Stelle nicht richtig, d. h. historisch richtig, versteht? Es gibt keine Beweise für die gegenteilige Auffassung. Vielmehr liegt es nahe, wie noch zu begründen sein wird (s. u. S. 222 ff.), daß die Gedanken und Formulierungen des § 7 wesentlich auf Apollinaris' Einfluß zurückgehen. Gegen das Bekenntnis des Arianers Eudoxius, das 360 auf der Synode von Konstantinopel abgefaßt wurde, hat sich Athanasius an keiner Stelle gewandt 6 . Aus dem eben genannten Brief an die Confessores geht auch hervor, daß Apollinaris die Kirchengemeinschaft von der Übereinstimmung mit seiner Christologie abhängig macht und daß er davon überzeugt ist, dadurch das athanasianische Erbe zu vertreten®. Die Frage nach dem Verhältnis des präexistenten Logos zu seinem Leib nach der Inkarnation war in dieser Zeit durchaus in der Schwebe. Davon zeugt der Brief des Apollinaris an Serapion, den man wohl mit dem Bischof von Thmuis identifizieren darf 7 . Apollinaris hatte eine Abschrift des athanasianischen 1 Cf. Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche Bd. 3 (Berlin 1961 3 ) S. 274; A. Grillmeier, Die theologische und sprachliche Vorbereitung der christologischen Formel von Chalkedon (Das Konzil von Chalkedon Bd. I, Würzburg 1951, 1962 s , S. 92): „ D i e christologische Formel des Tomus trägt ganz das Gepräge seiner (sc. Athanasius') Christologie. Er hat sie als Kompromißformel geschaffen, welche die beiden Parteien annehmen konnten." 2 Cf. die Erörterung bei A. Grillmeier, Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 206—217. 8 Pan. 77,23. 4 L p. 256,7—10. 5 Das Eudoxiusbekenntnis bei A. Hahn, Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der alten Kirche, Breslau 1897 s , S. 261f. (§ 191). 6 L p . 256,15—17: τοις ταϋτα φρονοϋσιν όμολογοΰμεν κοινωνεΐν* τοις δέ τάναντία φρονοϋσι καΐ γράφουσιν ού κοινωνοϋμεν. ' fr. 159—161.
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Briefes an Epiktet erhalten, und er klagt darüber, daß einige durch die Behauptung, der Leib Christi sei der Gottheit wesensgleich, soviel Verwirrung stiften 1 . Folglich hat er solches nicht gelehrt, obwohl der Apollinarist Valentin dem Timotheus von Berytos und seinem Lehrer Polemon vorwirft, sie würden unter Berufung auf Apollinaris die Wesensgleichheit des Leibes Christi mit der Gottheit vertreten 2 . Aus einem anderen Fragment (fr. 161) des gleichen Briefes ist zu entnehmen, daß Serapion dem Apollinaris gegenüber einige Gedanken über das Verhältnis des präexistenten Christus zu seinem Leib geäußert hat, die sich kaum von der These der Wesensgleichheit von Leib und Gottheit unterschieden. Apollinaris zitiert: „Du selbst sagst also richtig: 'Wir und Christus sind nicht gleich.' Dein Satz, daß sein Fleisch uns nicht wesensgleich ist, da es Gottes Fleisch ist, bedarf einer kleinen Berichtigung. Denn es ist richtiger zu sagen, daß er ein Fleisch, das uns von Natur aus wesensgleich ist, annahm; erst durch die Einung wies er es als göttliches aus." 3 Durch dieses Zeugnis des Serapion erfahren wir, daß die Diskussion über das Verhältnis von Logos und Sarx zur Zeit des Athanasius noch in vollem Gange war; der Brief an Epiktet brachte nicht die notwendige gedankliche Klärung, da die Frage nach der Einheit von Logos und Sarx überhaupt nicht gesehen wird. Die Ausführungen des Apollinaris in dem Brief an Serapion setzen zwar die apollinaristische Christologie schon voraus und sind insofern der Antwort des Athanasius an Epiktet überlegen, aber von Athanasius her gesehen sind sie noch „orthodox", so daß es verständlich ist, daß Apollinaris dem Brief an Epiktet voll und ganz zustimmt 4 . Es ist allerdings unklar, aus welchem Lager die Thesen, die Epiktet dem Athanasius in seinem Memorandum mitgeteilt hat, stammen; denn die von Athanasius referierten Gedanken sind sicher in Thesen und Gegenthesen zu unterscheiden, worauf Athanasius selbst hinweist6. Die gleiche Mittelposition zwischen der Behauptung von der Wesensgleichheit des Leibes, den der präexistente Christus bei seiner Inkarnation annahm, und der Lehre von der Trennung einer göttlichen und menschlichen Person in dem Inkarnierten ist auch in den beiden Fragmenten (fr. 162 und 163) aus einem Brief des Apollinaris an den Comes Terentius — wenn dieser Terentius gemeint ist — zu erkennen. Wie schon gesagt, gehört dieser Brief vermutlich in den Zusammenhang der Ereignisse um 376. Auch hier dürfte Apollinaris die athanasianische Christologie richtig 1
L p. 2 5 4 , 3 s q : των δέ είπόντων όμοούσιον θεώ τήν σάρκα, πολλήν μανίαν κατήγνω-
μεν. 2
Cf. L ρ. 287,12 sqq. L ρ. 254,19—23. 4 Fr. 159 L ρ. 254,2 sq: τήν δέ έπιστολήν τοϋδεσπότου μου τήν εις Κόρινθον άποσταλεϊσαν σφόδρα άπεδεξάμεθ-α. * § 3 1053 C. 8
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interpretieren, da nach Athanasius der Leib, den Christus in der Inkarnation annahm, nicht θέσει, sondern φύσει zu ihm gehört 1 . Wir stellen als Ergebnis dieses biographisch orientierten Überblicks fest, daß die Lehrtätigkeit des Apollinaris durchaus in die fünfziger Jahre des 4. Jahrhunderts zurückreichen kann. An der Seite des Athanasius hat er sich darum bemüht, das christologische Bekenntnis von Nicea im Hinblick auf die Inkarnationslehre zu durchdenken. Deswegen ist er subjektiv gesehen — nur diesen Aspekt kann die biographische Darstellung festhalten — durchaus im Recht, wenn er sich für den Verwalter des athanasianischen Erbes hält und nach erfolglosen Anläufen zwecks einer Verständigung mit der nicht-arianischen „Orthodoxie" sich dazu berufen weiß, seine Christologie auch kirchenpolitisch und -organisatorisch wirksam werden zu lassen. Erwägungen zu dem Zeitpunkt und den Umständen der Bischofsweihe des Vitalis durch Apollinaris führten zu der Erkenntnis, daß Apollinaris in den Kämpfen um die Einheit der Kirche auf der Grundlage der athanasianischen Tradition als ein selbständiger Machtfaktor gesehen werden muß und zwar neben Basilius von Caesarea; da der eine die von Athanasius hinterlassene Aufgabe in der Ausweitung des όμοούσιον auf die Inkarnationslehre sah, der andere in der auf den heiligen Geist, entstand durch die ablehnende Haltung des Basilius gegenüber der apollinaristischen Christologie der Konflikt. 1
Cf. ep. ad Epict. § 7 (1061A).
В. Die Überlieferung der Schriften des Apollinaris von Laodicea /. Text und Rekonstruktion der 'Apodeixis' a) Feststellung der wörtlichen Zitate Alle Versuche, Sinn und Bedeutung der ursprünglichen Lehre des Apollinaris von Laodicea zu erforschen, sind auf die Rekonstruktion der 'Apodeixis' angewiesen. Diese meine These findet darin ihre Rechtfertigung, daß die 'Apodeixis' die einzige Schrift des Apollinaris ist, deren Gedankengang sich in der Widerlegung durch Gregor von Nyssa als ganzer verfolgen läßt. Alle übrigen Fragmente des Apollinaris spiegeln einerseits nur Teilprobleme wider, wie sie zur Verteidigung des Lehrers in der durch Streitigkeiten im Kreise seiner Schüler entstandenen Diskussion wichtig wurden oder als Angriffspunkte der Widerlegung dienen konnten, andererseits ist die Zuweisung der pseudepigraphen Schriften an Apollinaris selbst wieder abhängig von einer genauen Kenntnis dessen, was er gelehrt, gegen wen er sich gewendet und wie er seine Lehre begründet hat. Es wird noch gezeigt werden, daß die Aufdeckung der sog. apollinaristischen Fälschungen wahrscheinlich nicht unmittelbar zur Lehre des Apollinaris führt, sondern in den Kreis von Schülern. Wir verdanken der Widerlegung des Apollinaris durch Gregor von Nyssa die Erhaltung einer ganzen Schrift, wenigstens in Fragmenten. Gregor geht mit dem ihm vorliegenden Buch seines Gegners nicht sehr sorgfältig um; es läßt sich kein System entdecken, nach dem er vorgegangen wäre, so daß die Feststellung der wörtlichen Zitate und des Aufbaus der Schrift an fast unüberwindlichen Schwierigkeiten zu scheitern droht. Deswegen erhebt Lietzmann (S. 139) auch keinen Anspruch, die Trennung der Referate über Gedanken von den wörtlichen Fragmenten endgültig geklärt zu haben. Aus dem gleichen Grund lehnt er es auch ab, die Schrift als ganze zu rekonstruieren, behauptet allerdings, es lasse sich aus der Wiedergabe Gregors erkennen, daß dem Buch gar keine sinnvolle Disposition zugrunde gelegen habe (S. 139£). Aber zur Disposition erst im nächsten Kapitel. Die neue Edition des Antirrheticus durch Friedrich Müller 1 unterscheidet leider gar nicht zwischen Zitaten und Zu1 Gregorii Nysseni Opera, cut. W. Jaeger, vol. III 1 ed. F. Mueller, Leiden 1958, p. 131—233.
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sammenfassungen1, so daß Lietzmanns Arbeit hier immer noch die einzige Grundlage ist. Aber seine Ergebnisse sind nicht überall überzeugend. Ich unternehme deswegen den Versuch, an Hand von Gregors Bemerkungen die wörtlichen Fragmente von den Referaten zu scheiden. Denn solche Unterscheidung ist notwendig, da Gregor in vielen Fällen in die Referate schon seine Polemik hineinflicht2. Ich folge der durch Gregor überlieferten Reihenfolge. Uberschrift: Die Uberschrift ist in ihrem Wortlaut sicher, da Gregor schreibt: ή επιγραφή έστιν αΰτη (p. 132,26 sq). Ich stelle zunächst die Fragmente zusammen, die von Gregor ausdrücklich als wörtliche gekennzeichnet sind 3 : fr. 25 (p. 143,1), 32 (p. 147,16), 38 (p. 155,25—27), 42b (p. 162,16 sq), 49 (p. 168,26—28), 60 (p. 176,9 sq), 63b (p. 179,13 sq), 70 (p. 188, 22 sq), 72 (p. 190,28—191,1), 74 (p. 192,4—9.18—22), 76 (p. 193, 6—8; 195,14—16), 80 (p. 199,12—14), 87 (p. 207,4 sq). Als nächstes müssen die Fragmente, die Lietzmann außerdem als wörtlich einstuft, geprüft werden. fr. 14: Gregor leitet folgendermaßen ein: „Nachdem er dies (fr. 13) in seiner Einleitung breit ausgeführt hat, führt er folgenden Gedanken an (έπάγει τον λόγον ειπών δτι): Bei den Ungläubigen. . ." (p. 135,17 sq). Schon diese Worte Gregors lassen nicht darauf schließen, daß ein Zitat folgt. Aber auch die Umgebung der Stelle legt es nahe, an eine freie Wiedergabe zu denken. Denn die aus Gregor zitierten Worte sind die unmittelbare Überleitung von fr. 13 zu fr. 14. fr. 13 ist aber eindeutig eine Zusammenfassung: „Ich werde das Erste mit meinen eigenen Worten wiedergeben, indem ich den Gedankengang kurz zusammenfasse, wo man ohne Schaden einen Teil des Geschriebenen ungeprüft übergehen kann" (p. 135,9—12). Nun folgt zwar zu Fragment 14 eine Widerlegung, die sich bis p. 138,9 hinzieht. Aber Gregor geht nicht auf den Wortlaut dessen zurück, was als fr. 14 abgehoben ist, sondern nur auf den Sinn. Wörtlich aus Apollinaris übernommen ist nur der Ausdruck άνθρωπος ενθεος, wie aus fr. 15 (p. 138,12) hervorgeht, aber auch aus p. 135,29—31: „ . . . niemals habe ich jemanden sagen hören, daß Christus άνθρωπος ένθεος war" und aus p. 143,22—24. An der letztgenannten Stelle sagt Gregor unter Rückgriff auf fr. 15 und wohl auch fr. 14, daß Apollinaris als erster ein Veto gegen den Ausdruck άνθρωπος ένθεος eingelegt habe. Ein drittes Indiz dafür, daß fr. 14 nicht Zitat ist, läßt sich aus der Einleitung zu fr. 15 entnehmen, wo es heißt: „Ich werde wieder mit eigenen Worten den Gedankengang kurz zusammenfassen" (p. 138,10 sq). 1 3 8
Cf. z.B. p. 135,12sqq. Ich zitiere die Fragmente nach Lietzmann, die Seiten nach Müller. Die Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf Müllers Text.
5 Mühlcnberg, Apollinaris
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Überlieferung der Schriften des Apollinaris von Laodicea
fr. 16: Ich erkenne mit Lietzmann den Zitatcharakter des Fragments an aus zwei Gründen: 1. Die Frage würde schlecht zu einer zusammenfassenden Wiedergabe passen, und 2. sagt Gregor selbst, daß Apollinaris zu einer Art Dialogstil übergehe, indem er den „Urheber" der widerchristlichen Lehre vom άνθρωπος ένθ-εος anrede. fr. 17: Lietzmanns Urteil, daß auch dieses Fragment wörtlich ist, dürfte m. E. nicht anfechtbar sein, auch wenn man sich nur auf einen indirekten Hinweis Gregors stützen kann. Denn Gregor fragt dazu in einer Weise, die voraussetzt, daß er zitiert hat: „Wie kann nun das Gesagte folgerichtig sein?" (p. 138,30). In seiner kurzen Widerlegung geht Gregor nur auf die zitierten Sätze und die dazugehörige Schriftstelle Joh. 3,13 ein; er setzt also nichts voraus, was durch eine Zusammenfassung verloren sein könnte. fr. 18: Man darf zweifeln, ob hier ein wörtliches Bruchstück vorliegt, muß aber zugeben, daß die Worte die Ansicht des Apollinaris korrekt wiedergeben. Gregor leitet ein: „Aber er bringt das Gesagte auf einen Kernsatz und faßt seinen Gedanken zusammen" (p. 139,19—21). Ich lasse die Entscheidung offen, ob wörtlich oder nicht, für den Sinn trägt sie nichts aus. Zweifel kommen nur deswegen auf, weil vom Zusammenhang davor ein Stück ausgelassen wurde, nämlich der Rückgriff auf Luk. 1,35; Gregor erwähnt diese Stelle nur in seiner Widerlegung, ohne deutlich zu machen, daß Apollinaris sich auf diese Stelle stützt, wie es in fr. 18 vorausgesetzt wird. fr. 19: Der Satz ist als Erläuterung zu der von Apollinaris rhetorisch gestellten Frage gemeint, warum derselbe Gott und Mensch sein könne. „Aber Gott [ist er] durch den fleischgewordenen Geist, Mensch durch das von uns zu Hilfe genommene Fleisch, sagt er." Die Worte sind zu gedrängt, als daß sie sich in dieser Form an fr. 18 angeschlossen haben könnten. Das einleitende „Aber" läßt sich als Anknüpfung von Gregor her besser verstehen als innerhalb des Satzes, der die Worte des Apollinaris wiedergeben soll. Außerdem ist der Satz selbst unvollständig, obwohl man ein „ist" leicht ergänzen kann. fr. 20 und 21 mögen Zitate sein, gemeint sind jedenfalls die beiden Schriftstellen 1.Tim. 3,16 und Joh. 1,14, die Apollinaris zum Beweis seiner Gedanken angeführt hat. fr. 22: Lietzmann setzt das Bruchstück aus zwei verschiedenen Stellen zusammen und kennzeichnet sie als ein wörtliches Zitat. Aber der letzte Teil ist durch eine falsche Interpunktion hinzugekommen, die Müller berichtigt hat: Hinter „wie der Vielschreiber sagt" ist ein Semikolon zu setzen (p. 140,22), und es folgen Gregors Erwiderungen: „Beseelt aber nenne ich auch die Körper der vernunftlosen Lebewesen. Wer aber . . . "
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Aber auch der erste Teil des Fragmentes ist nicht wörtlich, sondern faßt die Ausführungen des Apollinaris zusammen. Das einführende „Aber" paßt wie auch in fr. 19 gut als Anknüpfung in den Zusammenhang von Gregors Gedanken, obwohl wir natürlich den vorhergehenden Satz des Apollinaris nicht kennen. Gregor sagt, daß er ganz der Stelle Joh. 1,14 zustimme und auch den Zusatz des Apollinaris akzeptiere, daß der Logos sich durch Einung mit dem Fleisch verband. Dann fährt er fort: „Aber er sagt, daß das Fleisch nicht ohne Seele sei." fr. 24: Die beiden Zitate aus den Synodalbekenntnissen sollten auch durch Sperrdruck gekennzeichnet sein, wie es bei Müller geschehen ist (p. 142,25 und 27 sq). fr. 26: Ich stimme Müller zu, wenn er dieses Fragment nicht gesperrt druckt. Denn das eingeschobene „auch" verrät Gregors Hand (p. 144,24). fr. 27: λέγεται und ποιείται stehen parallel, so daß auch die erste Hälfte des Satzes keine wörtliche Wiedergabe, sondern eine Zusammenfassung Gregors ist. fr. 28: Aus den Einleitungsworten Gregors geht nicht mit Sicherheit hervor, daß wir ein wörtliches Bruchstück vor uns haben: „Wir wollen uns nunmehr wieder an das von ihm Gesagte erinnern: Wie auch Paulus . . ." (p. 146,6 sq). Aber da Gregor den Gedanken im Anschluß an fr. 28 mit eigenen Worten wiederholt, ist anzunehmen, daß er vorher zitiert hat und nun verdeutlichen möchte. fr. 29: Der Gedanke von fr. 28 wird zu Ende geführt, aber nicht in wörtlicher Wiedergabe, wie Müller richtig gesehen hat. 6 Παϋλος καλεί würde eine Wiederholung sein, die dem Stil des Apollinaris nicht zuzutrauen wäre. fr. 41: Die Einleitung Gregors erweckt nicht die Hoffnung, daß nun ein wörtliches Stück folgt. Denn er schreibt: „Ob er dieses nun richtig oder falsch deutete, mag offenbleiben; was er aber nun behauptet, ist folgendes: Die prophetische R e d e . . . " (p. 158,13 sq). Aber der Satz läßt sich andererseits nicht als ein Referat der Gedanken des Apollinaris in den Zusammenhang einfügen, da er eigenständig durch δια τούτων auf Dinge zurückgreift, die Gregor nicht gesagt hat. So mag also Lietzmann recht haben. fr. 42: Der erste Teil des Fragmentes wird von Gregor nicht ausdrücklich als Zitat gekennzeichnet wie der zweite Teil. Aber für ein echtes Zitat sprechen einerseits die vorangehenden Worte, in denen Gregor mit eigenen Worten zusammenfaßt (p. 162,6—9) und zu deren Begründung er sich auf die Worte des Apollinaris beruft (φησί γάρ 'Ιδού . . .), andererseits der Satzbau des Fragmentes, der sich stilistisch nicht in Gregors Sätze einfügt: „Sieh, die Gleichheit desselben Jesus Christus mit dem Vater ist präexistent. . ." Außerdem schließt sich die zweite Hälfte des Fragments, die nach Gregor wörtlich sein soll, ohne Bruch an die erste an. 5·
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fr. 45: Das Fragment ist in keinem Fall ein echtes Zitat, auch wenn man aus dem Stil auf ein Bruchstück aus einem Satz des Apollinaris schließen könnte, sondern es ist eine polemische Folgerung Gregors. Denn Gregors Behauptung ist bewußt einseitig formuliert, damit sich aus ihr sofort der Vorwurf des Doketismus ableiten l i e ß G r e g o r s Argument ist es nämlich an mehreren Stellen2, daß das Hauptmerkmal des Menschen seine Vernunftbegabung sei; deswegen sagt er, Apollinaris leugne die Wesensgleichheit des Menschen Jesu „hinsichtlich der Hauptsache", also hinsichtlich dessen, was den Menschen zum Menschen macht. Dagegen hat Apollinaris Phil. 2,7, dessen Auslegung hier zur Debatte steht, zwar so gedeutet, daß ein Wesensunterschied zwischen uns irdischen und von Gott getrennten Menschen und Jesus besteht, aber nur hinsichtlich der Bestimmung der Vernunft, nicht hinsichtlich der Bestimmung von Mensch überhaupt, wie Gregor es uns glauben machen will (s. u. S. 165). Die Fragmente 44 und 46 könnten Worte des Apollinaris sein, aber das wird sich wegen des engen Anschlusses an Phil. 2,5—11 nicht endgültig entscheiden lassen. fr. 47: Hier liegt ein Beispiel dafür vor, wie nachlässig Gregor zitieren kann. Die zweite Stelle, an der Gregor die Worte des Apollinaris anführt (p. 168,21—23), ist stilistisch durch das μέν — δέ einwandfrei, aber sie enthält nicht die Worte των αιώνων, die Gregor an der ersten Stelle mitherausgeschrieben hatte (p. 166,12—14). Das μέν — δέ beleuchtet gut die Antithese, aber die Betonung der Unterscheidung zwischen dem Verherrlichten und dem, der die Herrlichkeit von Natur aus besitzt, wäre gerade an der ersten Stelle zu erwarten gewesen, da Gregor diese Unterscheidung zwischen Menschlichem und Göttlichem in Jesus als mit seiner eigenen Lehre übereinstimmend herausstellen will. Beachtet man, daß die zitierten Worte aus dem Zusammenhang eines Gedankens gerissen sind, da Apollinaris die Trennung von Göttlichem und Menschlichem in Jesus hat aufheben wollen, wie z.B. schon aus fr. 48 hervorgeht (νους ενσαρκος. p. 166,24—29), dann kann gegen die Echtheit des Zitates m. E. nichts eingewendet werden. fr. 51: Die indirekte Redeweise ist zu eindeutig, als daß man mit einem wörtlichen Bruchstück rechnen könnte. fr. 52: Gregor sagt nicht, daß er wörtlich zitiert, aber ich sehe keinen Grund, die Echtheit des Zitates zu bestreiten. Den Zusatz: „Deswegen wird auch er sie bloßstellen" möchte ich mit Müller streichen. fr. 56—58: Da die Frageform sich nicht Gregors Satzbau einfügen läßt, möchte ich mit Lietzmann die drei Sätze für wörtlich halten. Sie fügen in fragender Form drei Schriftstellen in die Argumentation ein. Die Stellen selbst sind von Apollinaris wahrscheinlich in diesem Zu1
P. 165,14—23.
* Cf. p. 140,22—141,22.
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sammenhang auch vollständig angeführt worden (Lk. 1,35 zu fr. 56; Joh. 7,15 sq und Mt. 13.54sq mit Parallelen zu fr. 57; Joh. 5,27 und Mt. 21,23 mit Parallelen zu fr. 58). Da Gregor diese Schriftbelege nicht leugnen kann, hütet er sich wohl, sie anzugeben; statt dessen verweist er auf andere Stellen, die die Beweiskraft der von Apollinaris beigebrachten Zitate einschränken sollen. fr. 59: Die Echtheit des Zitates ist dadurch, daß es sich grammatisch nicht in den Satz einfügen läßt, ausgewiesen, freilich ist es nur ein Satzfetzen; Subjekt: der Evangelist oder Jesus. fr. 61: Es können genau so gut Gregors eigene Worte sein wie die des Apollinaris. Sicher ist aber, daß der Sinn des Gedankens nicht verdreht ist. fr. 63: Auch der erste Teil des Fragmentes scheint wörtlich zu sein, da Gregor die Worte noch einmal eigenständig wiederholt und da sich der zweite Teil grammatisch ohne Bruch anschließen läßt. Die beiden Konzilsnotizen und Maximus Confessor werden aus dem Antirrheticus zitiert haben und waren nur an dem zweiten Teil interessiert, da er etwas über das Willensproblem sagte. fr. 69: Der Modus des Satzes kann sowohl einen hypothetischen Gedanken des Apollinaris als auch indirekte Rede Gregors bedeuten. Ich neige zu der ersten Deutung, da die Ausdrücke von Gregor wiederholt werden (p. 187,1—3) und außerdem Apollinaris es offensichtlich liebt, seine Gedanken in knapper logischer Form zusammenzufassen, wie ζ. B. das folgende Fragment zeigt. fr. 71: Dieselbe Argumentation würde ich für dieses Fragment geltend machen. Auch hier wiederholt Gregor Teile des Gedankens, indem er dieselben Ausdrücke gebraucht (p. 190,3 sq. 13 sq. 15 sq), und zwar offensichtlich deshalb, um die Unsinnigkeit der Folgerungen aufzuzeigen. Lietzmanns Rekonstruktion stimme ich zu. fr. 73: Der Satz ist verstümmelt wiedergegeben, selbst wenn man mit Müller nach έπουράνιος ein Komma setzt. Gregor leitet sehr vage ein: „Noch einen anderen Gedanken fügt er dem Gesagten hinzu" (p. 191,7sq). fr. 75: Die scharfe syllogistische Formulierung spricht im Vergleich mit den vorangegangenen Fragmenten für die Wörtlichkeit des Zitates. fr. 79: Der Satz gibt den Gedanken des Apollinaris nicht wörtlich wieder, sondern ist eine Paraphrase des Schlusses von fr. 76 und des Beginns von fr. 80. fr. 81: Da sich nicht erklären läßt, warum Gregor am Anfang ein καί hinzugefügt hat, möchte ich den Satz mit Lietzmann für wörtlich halten. Außerdem zitiert Gregor ihn an zwei einige Seiten voneinander entfernten Stellen gleich (p. 194,3—5 und p. 199,18—20 mit dem erklärenden Schluß). fr. 83: Die knappe syllogistische Formulierung spricht für die Wörtlichkeit.
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fr. 84: Ich bezweifle, daß sich die ursprüngliche Form des Syllogismus wiederherstellen läßt. Gregor teilt Satzteile mit, die nicht in dieser Weise hintereinander gestanden haben, aber sie mögen weitgehend wörtlich sein. fr. 85: Dies ist der Gedanke des Apollinaris, der von Gregor in die Form einer These umgesetzt wurde. fr. 86: Es ist die wohl wörtliche Prämisse eines Syllogismus. Sonst hätte Gregor den Satz wohl nicht unvollständig gelassen. fr. 87: Der geschlossene Gedankengang in präziser syllogistischer Form läßt Wörtlichkeit vermuten. fr. 89: Für den ersten Teil des Fragmentes gilt dieselbe Argumentation. Aber der zweite Teil schließt sich stilistisch nicht unmittelbar an, auch inhaltlich ist ein Zwischenglied zu fordern. fr. 90: Dieses in fr. 89 vermißte Zwischenglied ist die Überleitung zu diesem Fragment gewesen, dessen Wortwahl und Stil für seine Echtheit spricht. Mit Müller füge ich auch p. 214,10—13 als wörtlich hinzu. fr. 91—93: Der Stil spricht für die Echtheit der Zitate, fr. 95: Gregor faßt mit seinen eigenen Worten den Fortgang des Gedankengangs zusammen, obwohl er sich sehr eng an den Text des Apollinaris gehalten haben muß, wie das doppelte Vorkommen des Satzes: „Der Tod eines Menschen vernichtet nicht den Tod" zeigt (p. 218,13 sq in fr. 94 und Anfang von fr. 95; p. 219,1 sq). Der Gedanke des Apollinaris ist nicht verzerrt, aber das zweimal eingeschobene „er sagt" läßt Zweifel an der Wörtlichkeit aufkommen. fr. 97, 98 und 100: Alle drei Fragmente hat Lietzmann mit Recht für wörtlich gehalten, denn Gregor setzt die Sätze nicht in seine eigene Argumentation ein, sondern die Sätze geben von der Seite des Apollinaris her gesehen die Vorwürfe gegen die sog. Orthodoxie wieder. fr. 101—104: Wegen der Flüchtigkeit, mit der Gregor dem Ende der Schrift des Apollinaris entgegeneilt (cf. p. 230,31 sq; p. 231,15—17), wird man der Echtheit m. E. zurückhaltend gegenüberstehen müssen, aber Endgültiges wage ich nicht zu entscheiden. fr. 104a: Aus mir einsichtigem Grund hat Lietzmann am Schluß die polemische Paraphrase Gregors weggelassen, die Müller jedoch durch Sperrdruck hervorhebt, nämlich p. 233,4—9. Immerhin teilt Gregor darin korrekt mit, daß nach Apollinaris Christus, der Auferstandene, πνευματικώς mit den Menschen weiterhin verbunden ist. fr. 106 und 107 stammen nach Lietzmanns einleuchtender Darlegung (S. 113—116) aus der Zitatensammlung, die der Apollinarisschüler Polemon gegen Timotheus zusammenstellte. Von Sprache und Stil her gesehen spricht nichts gegen die Wörtlichkeit dieser Zitate.
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b) Versuch einer Rekonstruktion des Aufbaus der Schrift des Apollinaris: ' Wissenschaftliche Darlegung der göttlichen Inkarnation nach dem Gleichbild des Menschen' Gregor hat keinen eigenen Plan seiner Widerlegung, sondern folgt im allgemeinen der Schrift des Apollinaris, greift aber nur das heraus, was er der Widerlegung für wert hält. So sagt er schon zu Anfang nach der Widerlegung der Überschrift: „Ich werde das erste mit meinen eigenen Worten wiedergeben, indem ich den Gedanken kurz zusammenfasse, da es hier ungefährlich ist, einiges ununtersucht zu übergehen" (p. 135,9—12) 1 . Oder eine andere Begründung für seine Auslassungen kann er z.B. dadurch geben, daß er sagt, die Gedanken des Apollinaris seien so unsinnig, daß es seiner, Gregors, unwürdig sei, überhaupt darauf einzugehen (cf. p. 176,1—3). Freilich geht er dann im Folgenden meist doch darauf ein. Eine dritte Variante ist seine Behauptung, der Leser werde sofort sehen, daß Apollinaris nichts Gescheites sage2. Dazu treten die Auslassungen mit der Begründung, die Gedanken seien unklar oder unverständlich 3 ; oder sie bestätigten die eigene Lehre Gregors 4 , obwohl Gregor es sonst nicht versäumt, die Ubereinstimmung festzustellen und darzulegen 5 . Schließlich sind noch die Auslassungen zu erwähnen, für die Gregor keine Begründung anführt®. Es hat den Anschein, als habe sich Gregor das Buch von einem Schreiber vorlesen lassen und habe nur dort zu einer Widerlegung ausgeholt, wo er sich direkt angegriffen fühlte oder wo er die Absurdität der apollinaristischen Christologie am deutlichsten zeigen konnte. Die Themen, die Gregor zur Widerlegung herausgreift, sind in der Reihenfolge seines Antirrheticus folgende (zugleich der Versuch einer Gliederung seines Antirrheticus): Einleitung: Das Kennzeichen der Rechtgläubigkeit ist die Mehrung der Wahrheit (p. 131,1—132,31). I Gegen die Behauptung des Apollinaris, in Jesus erleide Gott den Tod, verteidigt Gregor seine Lehre, daß in Jesus Göttliches und Menschliches unterschieden beisammen seien (p. 133,1—147,11). p. 136,12—138,9 faßt Gregor die Absicht der Schrift des Apollinaris zusammen. II Gegen die Lehre von der Ewigkeit des Leibes Christi verteidigt Gregor die zeitliche Episode der Menschwerdung Gottes, in der Gott das Menschliche ganz angenommen und erhöht habe (p. 147,12 —162,5). 1 s 8 5 β
Cf. p. 192,9. Cf. p. 151,21; 183,4sqq; 204,11; 231,16; 233,11. 4 P. 231,1; 232,14. P. 177,26. Cf. p. 139,23—26; 140,13—17; 143,25sqq u. ö. P. 138,11; 148,26; 218,38; 228,12sq.
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III Das Menschliche in Jesus ist der menschlichen Natur überhaupt wesensgleich, und ihm fehlt nicht die menschliche Vernunft (p. 162, 6—184,30). IV Gegen den Begriff: im Leib erschienene Vernunft (νους ένσαρκος) lehrt Gregor die Unterscheidung der beiden Naturen in Christus (p. 185,1—194,27). V Gegen die Lehre vom vernunftlosen Christus zeigt Gregor, daß alle Tugenhaftigkeit, die der Mensch Jesus zeigt, die Vernunft voraussetzt (p. 194,28—199,11). VI Gregor wendet sich gegen die von Apollinaris behauptete Einheit der Natur des Inkarnierten und weist zugleich den Vorwurf ab, er lehre zwei verschiedene Wesen und nicht den einen Christus (p. 199,12—208,27). VII Gregor zeigt, daß das trichotomische Verständnis der menschlichen Natur nicht auf Christus angewendet werden kann, da Christus vollkommener Mensch und vollkommener Gott sei, und nach der Auferstehung das Menschliche in ihm ins Göttliche verwandelt sei (p. 208,28—230,30). Schluß: Die apollinaristische Deutung der Leidensfähigkeit des göttlichen Christus wird abgelehnt und der Schlußteil der Schrift des Apollinaris kurz zusammengefaßt (p. 230,31—233,18). Aus diesem Überblick, in dem alle Einzelheiten und Feinheiten weggelassen sind, ergibt sich jedenfalls, daß die Anlage von Apollinaris' Schrift sich nicht aus dem Aufbau von Gregors Widerlegung gewinnen läßt. Gregor geht keinem Grundgedanken in seinen einzelnen Beweisgängen nach, sondern er sucht nach Themen, die sich leicht als widerchristlich aufdecken lassen. Obwohl er behauptet, die apollinaristische Christologie gehe von dem Grundgedanken aus, daß am Kreuz nicht der Mensch Jesus, sondern die Gottheit gestorben sei1, ist dies nicht sein Leitgedanke bei der Widerlegung, sondern er verliert sich in Einzelpolemik. Trotzdem läßt sich aus den von Gregor mitgeteilten Gedanken und Zitaten des Apollinaris erkennen, daß Apollinaris seinem anspruchsvollen Titel „Wissenschaftliche Darlegung der göttlichen Inkarnation" vollauf gerecht geworden ist. Zur Rekonstruktion der Schrift stütze ich mich einerseits auf die Bemerkungen Gregors über den Fortgang der Gedanken, da er meistens mitteilt, was in den von ihm übergangenen Teilen gestanden hat; andererseits setze ich voraus, daß die Disposition sehr zielstrebig war und Apollinaris seine Hauptthese systematisch bis in alle Einzelheiten begründet hat. Es tritt also zu Gregors Angaben die Erfassung des inneren Zusammenhanges der Fragmente hinzu. Gewiß ist der vor1
Cf. die Zusammenfassung p. 136,18—22.
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gelegte Versuch eine Hypothese und in manchen Einzelheiten wohl nicht frei von Fehlern. Aber der Versuch muß gewagt werden, da sich sonst nicht wird erklären lassen, wie Apollinaris gerade zu dieser Ausgestaltung seiner Christologie gelangte, die die geistigen Erben des Athanasius entzweite. Seine letzte Rechtfertigung wird dieser Versuch darin finden müssen, ob es gelingen wird, einen systematisch zu nennenden Zusammenhang der einzelnen Fragmente zu finden. Die Länge der einzelnen rekonstruierten Teile wird sehr ungleichmäßig bleiben, da sie davon abhängt, was Gregor der Mitteilung für wert befindet. Trotzdem wird sich zeigen, daß Gregor von dem Schwerpunkt der Beweisführung genügend mitteilt, um den Gedankengang verfolgen zu können. Zuerst lege ich eine grobe Übersicht vor, damit die notwendig ausführlichen Besprechungen der einzelnen Teile leichter in das Ganze einzuordnen sind: Einleitung: Begründung der Notwendigkeit, die christliche Lehre fr. 13 kritisch zu untersuchen, da sich griechische und jüdische Vorstellungen in sie einschleichen können. Hauptteil A I Die außerchristliche Gotteslehre führt zu der Häresie, daß fr. 14—18 Christus nur ein gottbegnadeter Mensch (άνθρωπος ένθεος) sei, während Schrift und Uberlieferung lehren, daß der Mensch Jesus Gott selbst ist. Π Die Bedeutung der sog. Trichotomie für die Anthropologie fr. 19—31 und für die Christologie. III Die Identität Jesu mit dem präexistenten Christus, fr. 32—47 Hauptteil В I Die sog. Orthodoxen leugnen wie Juden und Griechen die fr. 48—65 Identität von Jesus und Gott. II Die Einheit Jesu mit Gott dargelegt im Gegensatz zu der fr. 66—69 Vorstellung von der Annahme des Menschen durch Gott. III Syllogistische Beweisführung, daß die Menschwerdung Gotfr. 70—91 tes nur als νους Ινσαρκος zu verstehen ist. IV Die Göttlichkeit des Menschen Jesus, fr. 92—104 Schluß: Die christliche Lehre ist die Wahrheit der griechischen fr. 105 Philosophie. Erläuterung und Begründung der Zuordnung: Gregor kennzeichnet die Zusammenfassung, die er in fr. 13 gibt, selbst als die Einleitung des Apollinaris zu seiner christologischen Schrift.
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Denn er schreibt unmittelbar anschließend an das Fragment: „Nachdem er dieses in seiner Einleitung breit ausgeführt h a t . . , " 1 Danach beginnt der Hauptteil A, zu dessen Anfang Lietzmann mit Recht eine Parallele in fr. 48 gesehen hat, so daß mit fr. 48 der Hauptteil В ansetzt. Lietzmann beschreibt dieses Vorgehen, das ihn zu einer Zweiteilung der Schrift veranlaßt hat, so: „Sie (sc. die schrift) scheint in zwei teile — bücher? — zu zerfallen, die beide mit einer apostrophierung der gegner beginnen und darauf zu positiven darlegungen übergehen" (S. 140). Aber es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden großen Einsätzen, denn die Gegner sind nicht die gleichen, zumindest nicht in gleicher Weise gekennzeichnet. In fr. 14 werden Häretiker genannt, die sich durch fr. 15 näher bestimmen lassen: gemeint sind Paul von Samosata, Photin und Marceil von Ankyra. Und das Wesentliche ist, daß Gregor sich dadurch selbst nicht angesprochen fühlt. Dagegen sieht er ab fr. 48 die Tradition, der er sich selbst verpflichtet weiß, direkt angegriffen. Es scheint also so zu sein, daß Apollinaris sich des beliebten Schemas bedient, eine Lehre, die er für falsch hält, dadurch zu diskreditieren, daß er ihre Übereinstimmung mit einer schon verurteilten Häresie aufzeigt. Er geht dabei sehr geschickt vor, indem er die eigentlich Gemeinten in seinem ganzen ersten Teil nicht anredet und so tut, als ob er nur die Gründe für die Verwerfung des Paul von Samosata aus der Heiligen Schrift und den kirchlichen Synoden noch einmal wiederholen wolle. Er behauptet, das Dogma der Nichtchristen von der Leidensunfähigkeit Gottes habe die Christologie verdorben, und er charakterisiert die dadurch entstandene Häresie mit dem Begriff des άνθρωπος ένθεος (fr. 14). Paul von Samosata, Photin und Marceil werden die Urheber dieser häretischen Lehre genannt (fr. 15). Dann wendet sich Apollinaris in direkter Rede an einen Vertreter dieser Lehre und hält ihm entgegen, daß Christus nicht ein irdischer Mensch ist, der von Gott begnadet wurde, sondern nach Christi eigenen Worten (Joh. 3,13) ein Mensch, der vom Himmel herabstieg (fr. 16 und 17). Gregor sagt, daß Apollinaris diese Johannesstelle für seinen Gedanken heranzog (p. 139,7: εί γαρ στηρίζεται τούτω τω ρήματι τω ειρηκότι. . .). An der genannten Johannesstelle wird Christus 'Menschensohn' genannt; gleichzeitig findet sich aber auch die Bezeichnung 'Gottessohn', für die sich Apollinaris vielleicht auf Lk. 1,35 berief, da Gregor seine Widerlegung gerade an ihr entwickelt. Die beiden einander widersprechenden Bezeichnungen für Christus faßt Apollinaris in einer vorläufigen These zusammen 2 : Der gleiche Jesus ist sowohl Mensch wie Gott (fr. 18). Es läßt sich aus Gregor nicht erkennen, wie sich das fr. 19 anschloß. Aus dem Inhalt der folgenden Fragmente ergibt sich jedoch, daß nun 1
P. 135,17: ταύτα δια πλειόνων προοιμιασάμενος. P. 139,19—21: συναγαγών έαυτω πρός τό κεφάλαιον τα είρημένα έν τούτω συμπεραίνει τόν λόγον . . . 2
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erläutert wird, wie die Identität von Mensch und Gott in Jesus zu verstehen sei. Zwar ist es möglich, daß Gregor in fr. 19 den Gedankengang des folgenden Abschnitts bei Apollinaris zusammengefaßt hat, daß nämlich Jesus Gott ist durch den Geist, der sich inkarnierte, Mensch durch den von Gott zu Hilfe genommenen Leib·, es ist aber wahrscheinlicher, daß Apollinaris selbst zuerst seine Behauptung aufstellte und sie danach erst durch Schriftzitate belegte. Denn nur so läßt sich begreifen, warum Gregor die Fragmente 20 und 21 einfuhrt: „Dann fügt er dem Gesagten hinzu:" l.Tim. 3,16 und Joh. 1,14 (p. 140,12). Dem muß eine nähere Erörterung gefolgt sein, wie Leib zu verstehen ist. Ohne jede Einleitung schreibt Gregor, daß Apollinaris im menschlichen Körper zwei einander widerstreitende Kräfte sähe, nämlich die Vernunft und die Seele als den Sitz der Affekte (fr. 22). Das wurde durch eine Reihe von Bibelstellen untermauert, von denen Gregor nur Rom. 7,23; 8,7 (cf. p. 141,6 sq) und l.Kor. 3,3 (cf. p. 141,23—28) erwähnt1. In fr. 23 wird noch einmal zusammengefaßt, daß Apollinaris in diesem Abschnitt durch „mehrere Schriftzeugnisse" nachgewiesen hat, im Leib des Menschen kämpften zwei Kräfte um die Oberherrschaft. Danach hat Apollinaris das Thema gewechselt. Denn Gregor schreibt in fr. 24: „Nachdem er durch eine Reihe von Argumenten die dreifache Natur oder die Dreiteiligkeit bewiesen hat. . ." (p. 142,21 sq), daß er danach Sätze aus zwei Bekenntnissen anführe. In den Zitaten aus einer Synode gegen Paul von Samosata und aus der Synode von Nicea wird die himmlische Herkunft Jesu herausgestellt. Daraus folgert Apollinaris in dem wörtlich mitgeteilten Bruchstück Nr. 25, daß die himmlische Herkunft Jesu das in ihm wirkende Pneuma sei, wobei Pneuma und Gott gleichgesetzt sind. Verbunden mit einem beseelten Leib sei das Pneuma wie ein Mensch erschienen, und da es aus dem Himmel stammt, sei also Jesus der Mensch aus dem Himmel. Apollinaris hat also seine Erkenntnisse aus der pauünischen Anthropologie darauf angewandt, Jesus als den Menschen aus dem Himmel verstehen zu lehren. Dann muß er den Unterschied zu dem Menschen von der Welt, also dem irdischen Menschen, erörtert haben. Gregor berichtet das nur indirekt, indem er die Paulusstelle mitteilt, anhand deren Apollinaris den Wesensunterschied des irdischen und des himmlischen Menschen erläutert2, fr. 26—31 kommen immer wieder auf die in l.Kor. 15,45—47 von Paulus genannten Metaphern zurück, daß der irdische Mensch wesentlich Seele sei, während Jesus wesentlich Pneuma ist. In dem irdischen Menschen haben also die Affekte die Oberhand, während in Jesus die Affekte dem Pneuma Untertan sind, so daß Jesus seinem Wesen nach Pneuma ist. 1 A n den beiden letztgenannten Stellen heißt es ausdrücklich: έξ αύτών, ών παρέθετα ήμϊν bzw. έξ αύτών, δι' ών οίεται συνισταν τόν έαυτοϋ λόγον . . . 2 Cf. ρ. 144,21 sqq.
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fr. 32 setzt ohne Uberleitung mit einem neuen Thema ein. Vielleicht wird man hier aus Gründen des inneren Zusammenhanges — bei Gregor ist kein einleitendes Wort zu finden — mit den Fragen nach der Präexistenz und der Ewigkeit des Menschen Jesus ein neues Kapitel beginnen lassen dürfen. Der weitere Zusammenhang ist von Gregor stark zerstört worden, so daß der gemeinte Sinn ziemlich verdeckt ist. Sehen wir zu, was sich aus Gregor für die Zuordnung und Reihenfolge der Fragmente gewinnen läßt (zur Interpretation s. u. S. 132). Jedenfalls hat Apollinaris, wie Gregor bezeugt, den in fr. 32 ausgesprochenen Gedanken durch Schriftzitate belegt (p. 148,4 sq): „Denn er fügt dem Gesagten zum Beleg einer solchen Anschauung hinzu:" Joh. 8,58; 1,15; l.Kor. 8,6; Kol. 1,17 und Sach. 13,7 (fr. 33). Gregor behauptet zwar, daß er die „Verkehrtheit solcher Vorstellungen" übergehen wolle (p. 148, 26 sq), aber damit ist weniger gemeint, daß er einige Seiten in der Schrift des Apollinaris überschlägt, als daß er dessen Behauptung nicht weiter untersuchen wolle, da sie ja doch von Grund auf falsch seien. So bringt Gregor auch in fr. 34 nichts Neues, sondern wiederholt nur noch einmal die Folgerung, die er aus dem in fr. 32 mitgeteilten Zitat zieht, fr. 35 zeigt, daß sich an fr. 32 und 33 noch weitere Schriftzitate anschlossen, denen also auch Eph. 1,7 hinzuzufügen ist. In welcher Reihenfolge Apollinaris die von ihm herangezogenen Schriftstellen behandelt hat, entzieht sich unserer Kenntnis; Gregor gibt keinen Hinweis. Deswegen sind wir auf die Abfolge der Fragmente bei Gregor angewiesen, ohne hier die Möglichkeit einer Einordnung zu haben. Da Sach. 13,7 jedoch schon in fr. 33 genannt wird, Hebr. 1,1 aber im Zusammenhang mit fr. 38, so könnte man schließen, daß die Behandlung der Sacharjastelle vor derjenigen der Hebräerstelle gestanden hat. Jedenfalls gehört fr. 36 zur Auslegung der Sacharjastelle, wie aus fr. 37 geschlossen werden muß. Aber auch fr. 40 und 41 sind hier einzufügen. Denn aus Sach. 13,7 folgerte Apollinaris, daß der Leib Jesu seinem Wesen nach nicht von dem göttlichen Pneuma unterschieden ist 1 , fr. 38 ist das Fazit der Auslegung zu Hebr. 1,1, wie Gregor selbst sagt: „Denn folgendes sagt er wörtlich, indem er den Apostel interpretiert" (p. 155,17sq). Dem Beweis von der Wesensgleichheit des Menschen Jesus mit Gott aus der Heiligen Schrift hat sich der Beweis anhand des nicenischen Bekenntnisses angeschlossen (fr. 39). Apollinaris will das dort verankerte „wesensgleich" in seine Christologie herübernehmen und nicht auf die Trinitätslehre beschränken. Gregor schiebt seine eigene Darstellung der paulinischen Inkarnation ein, die er aus Phil. 2,5—11 schöpft. Aber auch Apollinaris scheint auf die Philipperstelle eingegangen zu sein. Dafür läßt sich einerseits geltend 1
Apollinaris folgt für Sach. 13,7 dem Aquilatext,
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machen, daß Gregor zu Beginn seines Einschubes sagt: Solle Apollinaris nur irren; „wir aber werden eilen, mit seinem Buch fortzufahren, sobald wir die apostolische Lehre, die er selbst erwähnt, zur Widerlegung seiner gottlosen Anschauungen herangezogen haben" (p. 158,32—159,3). Nach seinem Exkurs, der mit einem bekräftigenden Amen schließt (p. 162,5), wendet sich Gregor also wieder Apollinaris zu und ist so ehrlich zuzugeben, daß Apollinaris nicht einfach die Präexistenz des Leibes Jesu gelehrt habe, wie Gregor es durch die Fragmente 32—41 zu erweisen suchte, sondern auch sagte, die Ähnlichkeit des präexistenten Christus mit den Menschen sei erst eine hinzuerworbene Eigenschaft (p. 162, 6—9). Freilich bemüht er sich nicht, diese Feststellung mit seiner früheren Behauptung auszugleichen, geschweige denn sich selbst zu korrigieren. Diese erst zeitlich hinzuerworbene Ähnlichkeit Christi mit den Menschen belegt Gregor durch ein wörtliches Zitat (fr. 42 a), das sich nur als Auslegung von Phil. 2,6 sq verstehen läßt. Die Ausdrücke ίσότης und όμοιότης sind interpretierende Nachbildungen der paulinischen Worte. Ebenso lehnen sich die Fragmente 43—47 an die Philipperstelle an: μορφή in fr. 43; έν δουλικω σχήματι in fr. 44; ώς άνθρωπος in fr. 45; ταπεινώσαντα έαυτόν, ύπερυψωθέντα in fr. 46; δόξαν in fr. 47. fr. 42 b kann helfen, die Absicht des Apollinaris in dieser Auslegung herauszufinden. Es sollte die Natur des Inkarnierten, der zugleich Gott und Mensch ist, untersucht werden. Zu dem Zweck mußte erörtert werden, inwiefern die Inkarnation eine Erniedrigung Gottes ist, obwohl der Inkarnierte nicht aufhört, Gott zu sein. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß in den fr. 48 sqq wie in fr. 14 auf die nichtchristlichen Vorstellungen der Griechen und Juden zurückgegriffen wird. Aus dieser Parallelität Schloß Lietzmann auf den Beginn eines neuen Teiles (s. o. S. 74). Aber nicht nur diese inneren Kriterien legen diese Annahme nahe, sondern Gregors Bemerkungen sprechen auch dafür. Denn er sagt, daß Apollinaris nun zur direkten Auseinandersetzung mit der christologischen Lehre übergeht, die Gregor um seiner selbst willen verteidigen muß. Jetzt gewinnt also die Schrift des Apollinaris Aktualität, während sie vorher nur insofern bedeutsam war, als in ihr etwas der sich für orthodox haltenden Kirche Widersprechendes geschrieben wurde. Nun aber wird in ihr die für orthodox geltende Lehre direkt angegriffen, widerlegt und gezeigt, daß sie mit griechischen und jüdischen Vorstellungen durchtränkt sei. Daß hier ein neuer Teil begonnen haben muß, läßt sich aus Gregor leicht entnehmen. Dem Gedanken in fr. 47 stimmt Gregor zu, weil Apollinaris offensichtlich auch zwischen dem Subjekt und dem Objekt der Verherrlichung unterscheide; wäre er dabei geblieben, dann wäre er auch zur „orthodoxen" Christologie gelangt. „Jetzt aber ist er um die reine Lehre in seinem Buch wie um eine Wendemarke herumgelaufen und betritt die Rennbahn des Irrtums
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von neuem . . . " (p. 166,17—19); bis hierher charakterisiert Gregor nur die internen Merkmale, ohne auch auf einen äußerlich sichtbaren Neueinsatz hinzuweisen. Jedoch fährt er fort: „. . . indem er viele Vorwürfe gegen uns erhebt und unsere Lehre mit den Juden und Griechen gleichsetzt" (p. 166,19—21). Das hat Apollinaris, nach den Referaten des Gregor zu urteilen, vorher nicht getan, sondern er hat die Tradition des Paul von Samosata, Marcell von Ancyra und Photin angegriffen, denen auch Gregor nicht zustimmt. Man wüßte gern, wen Apollinaris in seiner jetzt aktuell werdenden Auseinandersetzung gemeint hat, aber das läßt sich nicht in Erfahrung bringen. Jedenfalls fühlt Gregor selbst sich direkt angesprochen. Thema dieses neuen Teiles ist die Lehre, daß der Inkarnierte nur als leibgewordene Vernunft (νους ενσαρκος) verstanden werden könne (cf. p. 166,24 und 28). Wer diesen Begriff nicht billige, falle in das nichtchristliche Denken der Juden und Griechen zurück und leugne im Grunde, daß Gott wirklich Mensch geworden sei. In fr. 49 wird präzisiert, was den Nichtchristen vorzuwerfen sei, nämlich die Leugnung der Göttlichkeit Jesu. Es handelt sich also nicht mehr nur wie in fr. 14 um einen allgemeinen Vorwurf gegen die nichtchristliche Gottesvorstellung von der Leidensunfähigkeit Gottes, sondern um die Angriffe der Juden und Griechen auf das christliche Verständnis Jesu als des inkarnierten Gottes. Den Zusammenhang zu den folgenden Fragmenten möchte ich durch Übergehen von fr. 50 herstellen. In fr. 51 nennt Apollinaris den Gegenbegriff zu 'leibgewordene Vernunft': 'gottbegnadeter Mensch' (νοΰς ενσαρκος — άνθρωπος ενθεος). Danach hat Apollinaris, wie sich aus fr. 52 entnehmen läßt, gezeigt, daß sich auch in der Kirche Anschauungen finden, die sich in nichts von dem widerchristlichen Verständnis Jesu unterscheiden. Daran schließt sich als sachliche Erläuterung fr. 54 an, da in ihm gesagt wird, warum die sog. Orthodoxen die Göttlichkeit Jesu leugnen; denn sie bestritten, daß der Gekreuzigte in seinem Wesen den Geist als seine Göttlichkeit hatte. Mit fr. 50 und 53 hat Gregor in die Charakterisierung dieser von Apollinaris für unchristlich gehaltenen Christologie die eigene Meinung des Apollinaris eingeschoben. Es könnte sein, daß Apollinaris seine eigenen christologischen Vorstellungen der vermeintlichen Orthodoxie jeweils unmittelbar gegenübergestellt hat. Das ist aber genau so wenig zu beweisen wie die andere Deutung, daß Gregor es war, der auf jeden Vorwurf und seine Widerlegung den darauf bezugnehmenden Gedanken des Apollinaris folgen ließ. Zugunsten einer übersichtlicheren Darstellung wird man am besten die Bruchstücke sammeln, in denen Apollinaris seine Gegner kennzeichnet, und dann die Fragmente mit seiner eigenen Lehre folgen lassen. Den einzigen Hinweis auf den Zusammenhang der ihm vorliegenden Schrift gibt Gregor in der Einleitung zu fr. 52, wo es heißt: „Darauf wendet er seine Vorwürfe gegen uns, die wir seinen selbstgemachten Mythos nicht annehmen, und
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s a g t . . . " (p. 170,15 sq). Aber das „darauf" (είτα) ist die Uberleitung von fr. 51 her und soll betonen, daß Apollinaris den Antichristen die „Orthodoxen" an die Seite stellt; „der selbstgemachte Mythos" muß nicht unbedingt vorher gestanden haben, denn dieser Ausdruck wird vielleicht sinnvoller auf „die unter dem Deckmantel des Glaubens Ungläubigen" (fr. 52) bezogen. Man sollte, um den Sinn besser herauszustellen, paraphrasieren: Die unter dem Deckmantel der Orthodoxie sich verbergenden Häretiker. Dann wäre Gregors Erwähnung eines selbstgemachten Mythos als Erläuterung zu verstehen, von wem hier die Maßstäbe über die Rechtgläubigkeit und Ketzerei aufgestellt werden. Der nächste feste Punkt für den Aufbau des Buches ist die Einleitung zu fr. 55. Den Abschnitt nach den Beweisen, daß die sog. Orthodoxen die Göttlichkeit Jesu wie Juden und Griechen leugnen, hat Gregor ausgelassen; aber er teilt doch wenigstens dessen Inhalt mit und geht dann sogar auf einen Gedanken aus diesem Abschnitt ein: „Das folgende, in dem er die Meinung vertritt, daß die, die nicht dasselbe denken wie er, das göttliche Geheimnis der Inkarnation leugnen, auslassend, will ich doch einen Gedanken aus den Darlegungen, in denen er uns zu Unrecht beschuldigt, erwähnen" (p. 174,7-—10). Inhaltlich gesehen ist fr. 55 die negative Folgerung aus fr. 50: Während Apollinaris die Praexistenz und damit die Wesensgleichheit des Inkarnierten mit Gott behauptet (fr. 50), lehnen das die von ihm angegriffenen „Orthodoxen" ab (fr. 55); deswegen sind sie die Häretiker, obwohl sie sich unter den Schutz der Orthodoxie stellen, d. h. wohl, indem sie sich auf Athanasius berufen (fr. 53). Die Präexistenz des Inkarnierten und seine daraus folgende Wesensgleichheit mit Gott hat Apollinaris anschließend durch Schriftzitate belegt (fr. 56—58). Gregor leitet fr. 56 nämlich folgendermaßen ein: „Darauf fügt er zum Beweis, daß der Leib die Gottheit ist, noch folgendes dem Gesagten hinzu" (p. 174,28 sq). In ähnlicher Weise wird das fr. 57 eingeführt. Die fragende Form der wohl wörtlich wiedergegebenen Sätze zeigt, daß Apollinaris seine Gegner für unfähig hielt, die genannten Bibelstellen anders als er zu deuten. Unter den herangezogenen Stellen hat sich Joh. 5,17 befunden. Gregor behauptet zwar wieder, daß er ein Stück übergehen wolle, aber er geht dann doch darauf ein (p. 176,1—4). Zu Joh. 5,17 muß also Apollinaris einen Exkurs eingefügt haben, in dem er differenzierte, inwiefern der Mensch Jesus mit Gott identisch zu denken sei (fr. 59 und 60). Ein Exkurs könnte es deswegen sein, weil sein Ziel offensichtlich war, die Identität Jesu mit Gott zu beweisen. Diesem Ziel dient auch fr. 61, in dem wie in den fr. 56—58 auf Grund eines Schriftwortes, hier Joh. 10,18, die Unterschiedenheit Jesu von dem gewöhnlichen Menschen bewiesen werden soll. So schreibt Gregor: „Er aber fügt seinen Beweisen hinzu:" fr. 61 (p. 177,5).
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In fr. 62 wird erwähnt, Apollinaris habe Joh. 12,24 interpretiert. Gregor hält sich hier tatsächlich an seine Worte, daß er den Zusammenhang, in dem diese Stelle bei Apollinaris auftauchte, übergehen wolle (p. 177, 23—26). Allem Anschein nach hat Apollinaris aber auch Joh. 12,24 dazu gedient, die Unterschiedenheit Jesu von der gewöhnlichen Natur des Menschen zu beweisen. Jedenfalls ist es das Naheliegendste, die Stelle in den Gedankengang des Vorherigen miteinzuordnen. Gregor behauptet jedoch, daß die Stelle seine eigene Lehre stütze und begründet damit, daß er ihre Auslegung bei Apollinaris auslassen könne: „Das, was er über das Weizenkorn sagt, das stirbt und auf diese Weise mit vielen Weizenkörnern ersprießt, will ich gerne übergehen, da es auf unserer Seite zu verbuchen ist und unsere Lehre stützt" (p. 177,23—26). Aber bedeutet das auch, daß die Interpretation des Apollinaris die Christologie Gregors stützt? Wohl kauml Denn die angeschlossene Frage ist den Gedanken des Apollinaris, wie sie in dem Vorhergehenden deutlich werden, geradezu entgegengesetzt: „Welches ist denn das sterbende Weizenkorn, das durch die aus ihm hervorgegangene Ähre einen Haufen von Weizenkörnern in sich selbst erweckt?" (p. 177,26—28). Wenn man die Stelle mit fr. 61 verbindet, in dem gesagt wurde, daß Jesus deswegen nicht ein gewöhnlicher Mensch sei, weil er aus eigener Vollmacht sich dem Tode überließ und wieder auferstand, dann ist die Frage Gregors als kritische zu verstehen. Er bestreitet, daß in dem einen Weizenkorn die Kraft liege, neue Frucht hervorzubringen. Das aber gerade muß Apollinaris behauptet haben. Wie sich aus dem folgenden erkennen läßt, hat Gregor das Sterben dem Menschen zugeschrieben (cf. p. 177,28—30), während Apollinaris die Gottheit sterben ließ (cf. p. 178,17—19). Völlig unvermittelt zitiert Gregor in fr. 63 einen Satz aus der Interpretation zu Mt. 26,39. Darin wandte sich Apollinaris gegen die Auffassung, daß das Gebet in Gethsemane von dem Menschen Jesus gesprochen sei, dessen Gottheit nicht mit ihm wesensgleich ist. fr. 64 enthält nur die Mitteilung, daß die Beweise seiner Lehre ausgelassen würden, da sie vollkommen unsinnig wären. Welche Lehre, wird man fragen. Gregor wird zwar die allgemeine Lehre meinen, aber er läßt doch ein ganz bestimmtes Stück in einem ganz bestimmten Zusammenhang aus. Im Anschluß daran beruft sich Gregor auf 2. Kor. 5,16 und fragt, wer recht habe, er, der er Christus jetzt nicht mehr nach dem Fleisch kenne, oder Apollinaris, der die Ewigkeit eines fleischlichen Gottes lehre (p. 183, 9—13). Was ist daraus für den Zusammenhang zu entnehmen? Aufschlug gibt die Einführung von fr. 65. Dort heißt es nämlich: „Er fügt die von den Juden gegen ihn (sc. Jesus) geschehene Lästerung hinzu . . ." (p. 183,13 sq)1. Apollinaris habe das so erklärt, daß Essen und Trinken 1
Mt. 11,19.
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für den Menschen eine Naturnotwendigkeit seien. Daraus folgt, daß sich Apollinaris in diesem Zusammenhang über das Menschsein des Inkarnierten geäußert hat. Wieweit er sich in diesem Zusammenhang auch auf 2. Kor. 5,16 bezog, wird offenbleiben müssen, da wir die apollinaristische Auslegung dieser Stelle nicht kennen. Es scheint aber, als ob Gregor diese Stelle polemisch für seine eigenen Zwecke hierher gesetzt hat. Der Gedankengang, der die Fragmente 63—65 miteinander verband, läßt sich im einzelnen nicht mehr rekonstruieren. Man könnte daran denken, daß hier Fragen betreffs der Menschheit des inkarnierten Gottes erörtert wurden, und zwar vor allem in der Auseinandersetzung mit andersartiger Auslegung bestimmter Schriftstellen. In fr. 66 ist entgegen Lietzmanns Disposition, der die Fragmente 55—69 unter dem Stichwort 'Communicatio idiomatum' zusammenfaßt, ein neuer Abschnitt zu sehen. Wenn man den Angaben Gregors Vertrauen schenken darf, dann hat Apollinaris im folgenden nachgewiesen, daß der beseelte Leib Jesu, in dem sich Gott offenbarte, keine menschliche Vernunft besaß; deswegen sei der Mensch Jesus mehr und größer als die menschliche Natur: „Jetzt behauptet er, daß der leibhaft Erschienene über der menschlichen Natur stehe, dann wieder zeigt er ihn als geringer als die Menschen, verstümmelt durch das Höhere. Denn in uns ist das Höhere die Vernunft, deren der Leib, in dem Gott sich offenbarte, nach seinen Worten nicht teilhaftig ist. Und das ist es, was er in den folgenden Darlegungen behauptet." Darauf wolle er, Gregor, wenigstens kurz eingehen (p. 183,22—29). Aus den Fragmenten 48—65 ist nichts zu entnehmen, was auf das zweite von Gregor angegebene Thema hindeutete. Was oben ohne Vorgriff auf diese Mitteilung Gregors festgestellt worden war, daß die Unterschiedenheit Jesu von der Natur des Menschen aufgezeigt werden sollte, wird hier bestätigt als der übergeordnete Gedanke. Nun jedoch wird die konkrete Weise beschrieben, wie zu denken sei, daß der Mensch Jesus über der menschlichen Natur stehe. In direkter Auseinandersetzung mit seinen Gegnern beginnt Apollinaris mit der Behauptung, daß „Zuhilfenahme eines Menschen" und „Einung mit einem Leib" unterschieden werden müßten (πρόσληψις ανθρώπου — ένωσις σαρκός p. 184,1 sq). Die erste Vorstellung führe nämlich zu der Annahme von zwei Personen, Gott und der zu Hilfe genommene Mensch (fr. 67). Dagegen behauptet Apollinaris, daß der Mensch Jesus eine Person ist wie wir Menschen, bestehend aus Vernunft, Seele und Leib (fr. 68). Unter der Voraussetzung, daß Jesus als Mensch der offenbarte Gott ist, kann nur seine Vernunft das Göttliche sein (fr. 69). Diese inhaltliche Folgerichtigkeit verbindet die Fragmente 66—69 zu einem geschlossenen Themenkreis, so daß man sie einem Kapitel zuweisen könnte. Aus inhaltlichen Gründen setzt Lietzmann bei fr. 70 einen Einschnitt an (S. 140). Dazu tritt auch noch die Charakteristik Gregors, die deutlich б
Müblenbcrg, Apollinaris
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auf einen Abschnitt hinweist. Denn Gregor sagt, daß nun eine auf Syllogismen aufgebaute Darlegung folge (p. 1 8 7 , — 1 6 ) . Und die weiteren Fragmente bestätigen Gregors Angabe, fr. 70 nimmt die These von fr. 69 wieder auf und zeigt die negative Konsequenz: Wenn nicht der Begriff der „leibgewordenen Vernunft" (νοϋς ενσαρκος) als der Schlüssel zum Verständnis der Inkarnation betrachtet werde, dann sei der Inkarnierte nicht Gott, sondern die von Gott unterschiedene Weisheit. Hier dürfte mit Lietzmann fr. 106 einzuordnen sein (S. 141). Das ist eine Weiterführung des Gedankens von fr. 51, wo Apollinaris der entgegengesetzten Ansicht vorwirft, sie betrachte Jesus nur wie einen Propheten. Das hat Apollinaris noch weiter ausgeführt (cf. p. 189,28—190,3). Ein „weiterer Beweis" (p. 190,3) für den Irrtum Andersdenkender findet sich fr. 71. Nach Gregor ist fr. 71 aber zugleich die Voraussetzung einer Folgerung, die er wörtlich in fr. 72 mitteilt: „Darauf führt er, in unklarer Logik zu dieser Voraussetzung, die Schlußthese aus nicht Behauptetem an, die so lautet:" fr. 72 (p. 190,24—26). Allerdings vergißt Gregor anzugeben, daß er selbst das Mittelglied ausgelassen hat. Man müßte es so ergänzen: Entäußerung Gottes ist nur dann gegeben, wenn Gott wirklich Mensch wird, nicht aber schon dann, wenn er als Weisheit die Menschen erleuchtet. Zu dem gleichen Gedankengang hat auch fr. 73 gehört: „Noch einen anderen Gedanken fügt er dem Gesagten hinzu" (p. 191,7 sq). Den Sinn des Gedankenganges beschreibt Gregor, indem er sagt, daß Apollinaris die menschliche Erscheinung mit dem Göttlichen gleichsetze (p. 191,26 sq). In den Fragmenten 74—93 sieht Lietzmann die Beweise dafür zusammengestellt, daß mit dem Göttlichen in Jesus nicht noch eine menschliche Vernunft verbunden war, daß also Gott sich nicht mit einem ganzen menschlichen Wesen verband (S. 140f.). Hier wird man differenzieren und auch den Schluß dieses Themas anders bestimmen müssen, fr. 74, das durch fr. 107 noch verdeutlicht wird (cf. Lietzmann S. 141), ist das ausführlichste wörtliche Zitat, das wir durch Gregor aus der Schrift des Apollinaris besitzen. Es teilt sich in zwei Teile, da Gregor nur die Voraussetzung und den logischen Schluß, nicht aber den beides verbindenden Gedanken mitteilt; er hält ihn für „wertlos" (p. 192,8 sq). Man möchte zu Gregors Bemerkung, ein Magier sei vonnöten, um den rätselhaften Sinn der Gedanken des Apollinaris zu enthüllen, fast geneigt sein, hinzuzufügen: Kein Wunder, wenn das verbindende Mittelglied für zu gering geachtet wird! In der Interpretation wird auf das Fragment zurückzukommen sein. Die Angabe, es handele sich um die Voraussetzung und die Schlußthese eines Beweises, wird richtig sein; denn der Stil bestätigt sie. Und Gregor hatte ja in fr. 70 angekündigt, daß Apollinaris nun seine Gedanken in syllogistischer Form vortrage, fr. 75 hat sich angeschlossen; es wird eingeführt: „Wenden wir uns nun der Fortsetzung der Schrift zu" (p. 192,24 sq). Auch inhaltlich ist dieses Bruchstück als Fortsetzung zu
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erkennen. Denn es wird gesagt, daß eine menschliche Vernunft nicht das Werk der Erlösung vollbracht haben könne, da sie nur durch moralische Übung zur Sündlosigkeit gelange, was für Jesus nicht berichtet wird; er war es von Natur aus. fr. 76 ist wieder der Schlußsatz eines syllogistischen Beweises, Voraussetzung und Mittelglied enthielten offensichtlich nichts, was Gregor unmittelbar der Widerlegung für wert hielt (p. 193,6—8. 10 sq). In diesem Fragment wird von der Soteriologie her argumentiert, daß Jesus keine menschliche Vernunft besaß, und das gilt auch für die beiden vorhergehenden Fragmente. Die Fragmente 77—79 lassen sich nur nach ihren inneren Kriterien einordnen, da Gregor keine Angaben über sie macht. Aber ihr Sinn ist klar genug, um sie mit den vorangegangenen zu verbinden. Es wird weiterhin von der Soteriologie aus argumentiert, wozu hinsichtlich der moralischen Übung noch ein weiterer Gedanke am Schlüß von fr. 76 hinzutritt, daß nämlich die Vernunft, die in Jesus herrschte, nicht der Unvollkommenheit des menschlichen Wissens unterliege, sondern von Natur aus das ganze Erkennen beständig in sich habe; deswegen brauche sie die Affekte auch nicht mit Gewalt zu unterdrücken, fr. 79 greift den Schlußsatz von fr. 76 noch einmal für sich heraus. Dem scheint sich fr. 80 unmittelbar angeschlossen zu haben, wenn man nach der Form des Zitates urteilen darf. Gregor sagt dazu: „Durch die folgenden Worte wird das besonders gezeigt, deren Wortlaut so ist:" fr. 80 (p. 199,4 sq). Ebenso wird der zweite Teil von fr. 80 angeschlossen: „Was er völlig unzusammenhängend hinzusetzt..." (p. 199,12). Offenbleiben muß, ob Apollinaris die Übertragung des durch Jesus erworbenen Heiles auf die Menschen noch weiter ausgeführt hat. Schon innerhalb der Widerlegung des in fr. 76 mitgeteilten Gedankens greift Gregor auf fr. 81 vor (p. 194,3 sq). Nach fr. 80 aber wird es eingeführt mit den Worten: „Wir aber wollen uns der Fortsetzung des Buches wieder zuwenden:" fr. 81 (p. 199,17 sq). War vorher offensichtlich nur davon die Rede, daß Jesus keine menschliche Vernunft in sich hat, so wird hier gezeigt, daß Jesus als ein Wesen gedacht werden müsse. In diesen Zusammenhang gehört auch p. 200,15—27, was Lietzmann zu fr. 77 rückt. Man wird diese Ausführungen kaum für ein Bruchstück aus Apollinaris' Schrift halten können; denn in ihnen zieht Gregor Folgerungen aus sonst geäußerten Gedanken des Apollinaris über die Einheit Jesu mit Gott. Immerhin läßt sich denken, ja ist sogar zu fordern, daß Apollinaris gegen die Zweiheit des Wesens, die er hier als die Zweiheit von Söhnen Gottes interpretiert (fr. 81) — das ist neu gegenüber fr. 67 — noch einmal auf die Wesensgleichheit auch des zu Hilfe genommenen Leibes eingeht. fr. 82 ist vollkommen in die Ausführungen Gregors eingewoben. Aber es gehört hierher, da Gregor durch seine Interpretation der zwei Naturen
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in Christus, die durch die Erhöhung Christi zur göttlichen Natur verschmolzen werden, genau den oben genannten Gedanken des Apollinaris widerlegt zu haben glaubt. Nach Apollinaris lehren nämlich die sog. Orthodoxen, daß Christus entweder aus einer Vierheit bestand — der dreiteilige Mensch plus die Gottheit —, oder sie lassen die Engel einen gewöhnlichen Menschen verehren. Letzteres muß eine Anspielung auf Mt. 4,11 par. sein. Eine andere falsche Konsequenz ergibt sich nach Apollinaris, wenn Jesus nur ein gottbegnadeter Mensch ist, da viele Menschen von Gott Gnade erfuhren, also viele Götter wären, wenn Jesus mit ihnen seinem Wesen nach auf einer Stufe stände (fr. 83). Gregor sagt ausdrücklich, daß dieser Gedanke sich an den vorigen angeschlossen habe (p. 202,14). Er scheint aber nur ein Seitenhieb gewesen zu sein, da die Fortsetzung (p. 203,30) sich wieder mit der Anbetung Jesu beschäftigte. Die Fragmente 84—86 haben nach Gregors Angaben hintereinander gestanden (cf. p. 204,29sq und 205,19), wenn auch die verbindenden Gedanken ausgelassen sind. In ihnen entwickelt Apollinaris, daß Jesus deswegen von Engeln und Menschen verehrt würde, weil er Gott sei. Der Leib, in den die göttliche Vernunft einging, wurde durch die Einung selbst vergottet, so daß zwischen ihm und der in ihm offenbarten göttlichen Vernunft nicht unterschieden werden könne; Jesus sei ja eine Person. Apollinaris läßt jetzt seine Gegner nicht mehr los, sondern stellt in weiteren Syllogismen ihren Irrtum heraus. Wenn ein ganzer Mensch mit Gott vereint werde, dann wäre das daraus hervorgehende Wesen eine Vierheit; so hatte er es in fr. 82 gesagt. Noch eine andere Konsequenz, die nach seiner Meinung aus der Einung Gottes mit einem ganzen Menschen folgt, muß erwogen werden: die Aufhebung des menschlichen Willens (fr. 87). Gregor stellt diesen Syllogismus, von dem er die Voraussetzung und das Mittelglied mit dem Schlußsatz getrennt mitteilt, als die Fortsetzung des Gedankenganges hin (cf. p. 206,27). Durch fr. 91 wird das auch bestätigt. Apollinaris hat dann (cf. p. 208,28sq) seine eigene christologische These durch die sog. Trichotomie, wie er sie in der Schrift fand, erneut belegt (fr. 88). Nach Gregor führte er folgende Schriftzitate an: Dan. 3,86; Rom. 1,9; Joh. 4,23 und Rom. 8,7 (p. 209,3—10). Aus der Widerlegung ergeben sich noch mehr Stellen, auf die sich Apollinaris berufen haben muß: l.Thess. 5,23 (p. 209,18—22); 1.Kor. 3,1; 15,44 (p. 209,22—25); 1.Kor. 2,15 (p. 210,2—6); 1.Kor. 5,1 (p. 210, 9sq). fr. 89 war schon zu der ersten Zusammenfassung in fr. 88 hinzugenommen worden (cf. p. 209,12—15) und wird dann noch einmal wiederholt, weil Apollinaris aus der Dreiteilung der menschlichen Natur nicht auf die absolute Gleichheit Jesu mit den Menschen allgemein Schloß, sondern Jesus von ihnen unterschied. Jesus ist der himmlische Mensch, weil sein Geist der lebendigmachende Geist ist (fr. 89; p. 213,
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14 sq). Die unmittelbare Wendung gegen seine Gegner liegt in fr. 91 vor. Aber da sie als „folgend" bezeichnet wird (p. 214,19), muß man wohl fr. 90 vorher einordnen. Und es läßt sich auch verstehen als die negative Folge des in fr. 89 ausgedrückten Gedankens. Wenn Jesus dem menschlichen Wesen in allem gleich wäre, dann wäre er nicht der himmlische Mensch, sondern nur ein gottbegnadeter Mensch, was Apollinaris auch mit „Gefäß der Gnade" umschreibt. Im Grunde genommen wäre dann Gott gar nicht mit ihm verbunden, wofür sich Apollinaris auf Eccl. 5,1 berufen hat. Denkt man das Göttliche jedoch außer dem Menschlichen zu seinem Wesen gehörig, so wäre es ein Wesen aus vier Teilen (fr. 91). Damit kommt dieser Gedankengang zweifellos zum Abschluß. Zu fr. 92 heißt es: „Erwägen wir, was er dem Gesagten wiederum hinzufügt" (p. 216,9). Man könnte daran denken, daß es eine unmittelbare Folgerung aus dem Gedanken des fr. 91 sei, wenn Apollinaris sagt, daß die Einung aus zwei Vollkommenen zeige, in keinem sei das andere ganz. Nun war der Ausdruck „Gottmensch" (άν&ρωπό&εος) aber eine polemische Spitze. Und jetzt greift Apollinaris das Thema der Art der Einung aus Gott und Mensch noch einmal auf: Zwar könnte man ein Wesen aus vier Teilen denken (fr. 91), was aber unsinnig vorzustellen sei, da dann ja die Einung aus Gott und Mensch überhaupt nicht stattgefunden habe (fr. 92)1 „Seinen Gedanken noch weiterführend sagt er:" fr. 93 (p. 217,9): Das Menschsein Jesu dem gewöhnlichen Menschsein gleichzusetzen bedeute, daß die Überwindung des Todes gar nicht geschehen ist, da der Mensch von Natur aus dem Vergehen unterworfen sei. Also ist Jesus mehr als ein gewöhnlicher Mensch. Das wird in der zweiten Hälfte des Fragmentes näher ausgeführt: Der göttliche Geist verbindet sich mit einem beseelten Leib, so daß das daraus entstandene Wesen Mensch ist. Nicht nur bezeugten es die Evangelien, sondern, wie im dritten Teil des Fragmentes dargelegt wird, es ergibt sich aus allgemeinen Erwägungen heraus als notwendig. Denn nur ein Wesen, das einerseits Mensch ist, andererseits aber auch mehr als wir Menschen, kann der Menschen Verderben überwinden. Dazu hat sich Apollinaris auf Paulus, l.Kor. 15,26 (fr. 94) und wahrscheinlich auf den ganzen dortigen Zusammenhang berufen (cf. p. 218,32 sq). Der Gedankengang wird nach Gregors Worten nicht verlassen, sondern noch weiter ausgeführt, was Gregor in fr. 95 noch einmal zusammenfaßt. Was Lietzmann unter dem fr. 96 subsumiert, muß auch zu dem gleichen Zusammenhang gehören. Obwohl Gregor zum Schluß immer mehr verkürzt, sollte man seinen Worten doch vertrauen, wenn er sagt, er wolle aus dem in fr. 95 referierten Abschnitt nur einen Gedanken herausgreifen (p. 219,10—14). Aus der „orthodoxen" Behauptung, Gott sei leidensunfähig, folgert Apollinaris: Wenn nur der Mensch gelitten hat, dann ist die Identität des erschienenen Christus als dessen, der den
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Tod überwunden hat, mit dem präexistenten Logos aufgehoben (cf. p. 223,11 sq). „Gehen wir zur Fortsetzung des Gedankens über", heißt es in der Einführung zu fr. 97 (p. 227,10). In gewissem Sinne hat ein Themawechsel stattgefunden. Es ist nun nicht mehr von der Soteriologie die Rede, sondern von der Identität des Präexistenten mit dem Erschienenen. Aber diese Identität wird in dem Heilshandeln Jesu vorausgesetzt. Die einzige Erklärung für die Identität beider, des Logos und des Menschen Jesus, bietet nach Apollinaris der Begriff der leibgewordenen Vernunft. Denn durch diesen Begriff bleibt die Unveränderlichkeit Gottes so gewahrt, daß die Offenbarung auch wirklich die Offenbarung Gottes ist und nicht die eines sich in ein nichtgöttliches Wesen verwandelt habenden. Vor fr. 98 läßt Gregor zwar einen Passus aus (cf. p. 228,18), aber der Gedanke läßt sich mit dem Vorhergehenden dennoch gut verbinden. Nach dem Beweis der Identität des Erschienenen mit dem präexistenten Logos legt Apollinaris, gegen die Erhöhungs- und Verwandlungschristologie, dar, daß Jesus auch nach seiner Auferstehung als Mensch zu denken sei. Dabei beruft er sich auf Mt. 24,30sq, wobei er den Ausdruck 'Menschensohn' wörtlich nimmt. Aber auch schon vor der Verwandlung in den erhöhten Christus muß die Einheit Jesu nach Joh. 10,30 zugegeben werden. Die fr. 99 und 100 sind aus dem Zusammenhang gerissene Gedanken (cf. p. 230,31—231,3). Aber soviel ist dennoch deutlich, daß sie sich weiterhin mit dem Thema der Identität von Jesus und Gott beschäftigen, wozu Apollinaris den Zusammenhang von Joh. 10,28sqq hinzuzog. Die Fragmente 101 und 102 versuchen die Schwierigkeit zu beseitigen, daß der in Jesus erschienene Gott wie ein Mensch Hunger, Durst usw. erleidet, fr. 103 gibt eine, wohl soteriologische Erläuterung dazu. Dann aber läßt Gregor wirklich einen großen Abschnitt aus (p. 232, 14sq). Aus dem Schlußteil des Buches referiert er zum einen das Thema der Gegenwärtigkeit des leiblich auferstandenen Christus (fr. 104 und p. 233,4—9), zum anderen, bei Apollinaris wohl darauf folgend, den Hinweis darauf, daß die christliche Lehre von der Inkarnation ihrer Intention nach die Wahrheit der griechischen Philosophie sei. Das bildet einen guten Abschluß, und damit hat das Buch wahrscheinlich auch aufgehört. Schematische Gliederung der "Apodeixis' des Apollinaris Einleitung: Begründung der Notwendigkeit, die kirchliche Lehre wissenschaftlich zu untersuchen (fr. 13). Hauptteil A I. Der christliche Glaube bekennt: Gott hat sich in dem Menschen Jesus inkarniert (fr. 14—18).
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1. Die außerchristliche These, Gott sei leidensunfähig, führt zu der Häresie, daß Christus nur ein άνθρωπος ενθεος sei (fr. 14). 2. a) Die Vorstellung von Jesus als einem άνθρωπος ένθεος widerstreitet der Schrift und der Überlieferung, b) Photin und Marcell von Ankyra haben diese Vorstellung von Paul von Samosata übernommen (fr. 15). 3. a) Neues Stichwort: άνθρωπος έκ γης gegen άνθρωπος έξ ούρανοϋ (fr. 16). b) Beweis aus der Schrift (Joh. 3,13; wahrscheinlich auch Lk. 1,35): Jesus ist der Mensch aus dem Himmel (fr. 17). c) Schlußfolgerung: Jesus ist Mensch und Gott (fr. 18). II. Die sog. Trichotomie 1. Darstellung, wie Jesus Gott und Mensch ist a) πνεύματι = Gott; σαρκί = Mensch (fr. 19). b) Zum Beweis: l.Tim. 3,16; Joh. 1,14 (fr. 20 und 21). 2. Erweis der verschiedenen Kräfte im Menschen. a) έμψυχος σάρξ gegen πνεύμα (λόγος, νους) (fr. 22). b) Schriftbelege: Rom. 7,23; 8,7 u. a. (l.Kor. 3,3?). c) Erläuterung: Der gefallene Mensch ist nur έμψυχος σάρξ (fr. 23 und 24 Anfang). 3. Erweis der Göttlichkeit Jesu als νους. a) Erweis der himmlischen Herkunft Jesu nach den Glaubensbekenntnissen (Synode gegen Paul von Samosata und Nicea) (fr. 24). b) Erläuterung: έξ ούρανοϋ = πνεϋμα (νους) bedeutet Identität mit Gott. c) άνθρωπος, weil νους über έμψυχος σάρξ herrschend (fr. 25). d) Schriftbeweis: άνθρωπος έξ ούρανοϋ = πνευματικός άνθρωπος, also der erste Adam nur άνους und ψυχή (l.Kor. 15,45; Jes. 53,9 u. a.) (fr. 26—31). III. Die Präexistenz Christi und die Identität Jesu mit dem Präexistenten. 1. Behauptung der Präexistenz Jesu (fr. 32). a) Schriftbelege: Joh. 1,15; 8,58; l.Kor. 8,6; Kol. 1,17; Sach. 13,7 (fr. 33, 36, 40 und 41). b) Eph. 1,7 (fr. 35). c) Hebr. 1,1 (fr. 37). d) Schlußfolgerung: Jesus ist mit dem Schöpfungsmittler identisch (fr. 38).
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2. Die Göttlichkeit des Menschen Jesus. a) Schriftbeweis (fr. 40. 41 ?). b) Beweis aus dem Bekenntnis von Nicea (fr. 39). 3. Genauere Darlegung der Wesensgleichheit Jesu mit Gott (nach Phil. 2,5—11). a) Präexistenz und Wesensgleichheit mit den Menschen (fr. 42 a). b) Einschränkung der Menschlichkeit des Inkarnierten (fr. 42 b). c) πνεύμα — σάρξ // δόξα — άδοξία (fr. 43. 47). Hauptteil В I. Die sog. Orthodoxen leugnen wie Juden und Griechen die Identität von Jesus und Gott (fr. 48). 1. a) Juden und Griechen leugnen die Göttlichkeit Jesu (fr. 49). b) Jesus sei gottbegnadet wie Elia, lehren die „Orthodoxen" in Übereinstimmung mit Juden und Griechen (fr. 51. 52). c) Folglich: Leugnung der Göttlichkeit Jesu durch die „Orthodoxen" (fr. 54). 2. a) Der präexistente Christus hat sich inkarniert (fr. 50). b) Er war wie ein Mensch den Naturnotwendigkeiten unterworfen (fr. 50. 53). c) Wer die Präexistenz des Inkarnierten leugnet, bestreitet die Einheit Jesu mit Gott (fr. 55). 3. a) Schriftbeweise für die Göttlichkeit Jesu in Auseinandersetzung mit den „Orthodoxen" (fr. 58—58). b) Unterschiedenheit Jesu von Gott (fr. 59. 60). c) Erweis der Göttlichkeit Jesu durch die Art seines Todes (fr. 61). 4. a) Widerlegung andersartiger Schriftdeutung (Mt. 26,39) (fr. 63). b) Nachweis, daß die „Orthodoxen" die apostolische Tradition verfälschen (fr. 64). c) Erklärung von Mt. 11,19 (fr. 65). II. Die Einheit Jesu mit Gott schließt die Vorstellung von der Annahme eines Menschen durch Gott aus. 1. a) Unterschied von ένωσις σαρκός zu πρόλσηψις άνθρωπου (fr. 66). b) Letztere Vorstellung führt zu einer Lehre von zwei Personen in dem einen Jesus (fr. 67). 2. a) Einheit des menschlichen Wesens aus Leib, Seele und Vernunft (fr. 68). b) Anwendung auf Jesus: νους ενσαρκος (fr. 69).
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III. Syllogistische Darlegung, daß die Menschwerdung Gottes nur als νοϋς ενσαρκος gedacht werden kann. 1. a) Jede andere Vorstellung führt nur zur Erscheinung der von Gott unterschiedenen Weisheit und nicht zur Geburt Gottes (fr. 70—72). b) Der Mensch Jesus ist der himmlische Mensch, der mit Gott wesensgleich ist (fr. 73). 2. Soteriologische Begründungen. a) Die menschliche Vernunft kann nur durch άσκησις vollkommen werden, was für Jesus nicht zutrifft (fr. 74). b) Menschliche Vernunft kann wegen der Schwachheit ihrer Überzeugungskraft keine Tugend weitergeben (fr. 76—80). 3. Die Einheit des Wesens Jesu als Mensch. a) α) Zwei vollständige Wesen können nicht zu einer Einheit verschmelzen (fr. 81). ß) Die „Orthodoxen" lehren die Quaternität oder Christus als Engel oder Vielgötterei (f. 82. 83). b) α) Der Leib ist zu einer Person mit Jesus vereint, deswegen auch anbetungswürdig (fr. 84—86). ß) Wenn ein vollkommener Mensch mit Gott so vereint würde wie Jesus, würde das die Aufhebung der menschlichen Willensfreiheit bedeuten (fr. 87). c) Darstellung der Art der Vereinigung nach dem Schema der sog. Trichotomie. α) Schriftbelege zur Trichotomie (fr. 88). ß) Hinsichtlich seiner Vernunfthaftigkeit ist Jesus von den Menschen unterschieden (fr. 89). γ) Jesus ist nicht ein δοχεΐον θ-εοϋ (fr. 90). δ) Wenn die Einheit der Person Jesu bei voller Gleichheit mit dem menschlichen Wesen gedacht würde, würde statt der Trichotomie Tetratomie gelehrt werden (fr. 91). IV. Göttlichkeit des Menschen Jesus. 1. a) Aus zwei vollständigen Wesen kann keine Einheit zustande kommen, so daß Gott als Mensch gedacht werden könnte (fr. 92). b) Gott wird aber in der Soteriologie als Mensch gedacht (fr. 93). c) Die Menschwerdung ist nur als Vereinigung mit der σάρξ zu denken (fr. 94. 95. 96b). d) Also sind Gott und der Mensch Jesus wesensgleich.
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2. Ewigkeit Jesu (fr. 96a). a) Präexistenz als Vernunft (fr. 97). b) Jesus bleibt auch nach seiner Auferstehung Mensch (fr. 98). c) Erläuterung, wie Gott Mensch sein kann (fr. 99—103). d) Gegenwart Jesu auch nach seiner Auferstehung (fr. 104). Schluß: Die christliche Lehre ist die Wahrheit der griechischen Philosophie (fr. 105). с) Zur Datierungsfrage Da gezeigt worden ist, daß der Bruch der 'Kirche' mit Apollinaris in den Jahren 376 und 377 seinen Anlaß nicht in einer Schrift des Apollinaris über die Christologie hat, sondern vielmehr in seiner kirchenpolitischen Aktivität zu suchen ist, wird der Datierungsversuch von J. Dräsecke, dem auch G. Voisin folgt, hinfällig 1 . Allerdings läßt sich die Widerlegungsschrift Gregors von Nyssa mit einiger Wahrscheinlichkeit auf das Jahr 386 datieren. Es klingt fast unwahrscheinlich, daß Gregor vor dem Jahre 385 von der apollinaristischen Christologie nichts gehört haben soll; aber die Daten lassen sich nicht leugnen: Von seiner Pilgerreise nach Jerusalem (380) berichtet er über christologische Fragen, die ihm, wahrscheinlich von den auch von Epiphanius schon erwähnten Ölbergmönchen, gestellt worden sind 2 . Aber Gregor bringt mit diesen Anschauungen, deren apollinaristische Herkunft eindeutig ist, keinen Namen in Zusammenhang. Aus seinem Erstaunen geht vielmehr hervor, daß er tatsächlich von diesen Streitfragen noch nichts gehört hatte. Das zweite Datum ist die 'Refutatio' des Bekenntnisses, das Eunomius 383 dem Kaiser Theodosius vorgelegt hatte. Eunomius hatte die Vollständigkeit der menschlichen Natur Christi bestritten und gesagt, daß der Logos sich nur mit einem beseelten Leib verbunden habe 3 . In den Paragraphen 173—181 widerlegt Gregor diese Behauptung, indem er von der Erlösungsbedürftigkeit der menschlichen Vernunft aus argumentiert. Warum erwähnt er die apollinaristische Lehre in diesem Zusammenhang nicht? 4 Ein weiteres Datum schließlich ist das Schreiben an Theophilus von Alexandrien, von dem er eine Widerlegung des Apollinaris fordert, weil er selbst sich dazu nicht genügend gerüstet sehe 5 . Das Schreiben ist 1
J. Draeseke, Apollinaris von Laodicea, T U 7,3 (Leipzig 1892) S. 42—45; G. Voisin, L'Apollinarisme S. 85. Cf. Lietzmann S. 75f. und 83f. zum Folgenden. 2 Zu den Ölbergmönchen cf. Basilius ep. 258; Gregors Bericht findet sich in ep. III. 3 Refutatio confessionis Eunomii § 172. 4 Eine Antwort wäre m. E. auch nicht der Hinweis darauf, daß Apollinaris in Konstantinopel nicht namentlich verurteilt worden ist; cf. Lietzmann S. 30f. 6 Ad Theophilum: Adversus Apollinaristas, Opera I U I p. 119,1—120,11; 128,16—20.
Beurteilung von Lietzmanns Fragmentensammlung
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sicher nach 385 verfaßt, da es die Bischofswürde des Theophilus voraussetzt, die dieser erst 385 empfing. Auch 2u diesem Zeitpunkt kennt Gregor noch nicht die Lehre des Apollinaris, daß in Christus die göttliche Vernunft die Stelle der menschlichen Vernunft einnehme. Daraus ergibt es sich als das Wahrscheinlichste, daß Gregor bis dahin die Lehren des Apollinaris tatsächlich noch nicht kannte, da kein Grund zu erkennen ist, der sein Schweigen bis nach 385 verständlich machen könnte. Das Werk des Apollinaris, das er in seinem Antirrheticus einer gründlichen Untersuchung unterzieht, scheint er bei der Abfassung seines Schreibens an Theophilus noch nicht gelesen zu haben; sonst wüßte er mehr über dessen Lehre, als er in der kurzen Zusammenfassung an Theophilus 1 angibt. Infolgedessen ist die Widerlegung der 'Apodeixis' nach 385 geschrieben. Sie könnte in den Zusammenhang der Ereignisse gehören, die zu dem öffentlichen Verbot der Apollinaristen im Jahr 387 führten (s. o. S. 59). 2. Zusammenfassende Beurteilung von Lietzmanns Fragmentensammlung a) Die Zitate aus Schriften des Apollinaris Es ist und bleibt Lietzmanns Verdienst, die Fragmente des Apollinaris in einer vortrefflichen Ausgabe gesammelt und zugänglich gemacht zu haben. Eine Zusammenfassung seiner detaillierten Untersuchungen zur Überlieferung der Fragmente, die den Namen des Apollinaris tragen, dürfte m. E. an dieser Stelle nicht unnütz sein; einige ergänzende Bemerkungen sollen hinzugefügt werden. Die älteste uns erreichbare Quelle von Apollinariszitaten stammt von Theodoret, der in seinem 'Eranistes' Stellen aus Apollinaris gesammelt hat, um seinem Gegner Eutyches zu beweisen, daß selbst der Urheber der neuen Häresie, Apollinaris, nicht gegen die Grundgedanken der christlichen Gotteslehre verstoßen habe. Auch Apollinaris halte daran fest, daß das göttliche Wesen unwandelbar sei (άτρεπτος), daß es bei der Einung mit einem menschlichen Leib unvermischt geblieben sei (άσύγχυτος), so daß auch die Eigentümlichkeit des Leibes andererseits nicht aufgehoben wurde, und daß drittens die Gottheit leidensunfähig sei (άπαθής). Die drei genannten Gedanken werden jeweils in einem der drei Bücher des 'Eranistes' dargelegt. Es fragt sich, woher Theodoret die Apollinariszitate genommen hat. Voisin (S. 150 f.) behauptet, sie seien aus der indirekten Tradition geschöpft, entweder aus den Schriften der Antiochener gegen Apollinaris oder, was ihm wahrscheinlicher ist, aus den Werken der Schüler des Apollinaris. Dagegen vertreten Caspari, Lietz1
P. 120,14—19.
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mann und Raven 1 die Ansicht, daß Theodoret seine Testimonien direkt aus Schriften des Apollinaris herausgesucht habe. Caspari beruft sich dabei auf den Zweck der Sammlung; und dieses Argument überzeugt. Denn es ist recht unwahrscheinlich, daß die von ganz anderen Absichten getragenen Stellensammlungen aus den Apollinariswerken, die sich die zerstrittenen Schüler anfertigten, eine solche Menge Material für die drei Stichworte Theodorets geliefert haben könnten; aus demselben Grunde kommen auch die antiapollinaristischen Schriften der Antiochener nicht als Quelle in Betracht. Lietzmann schließt aus dem Vergleich mit der Überlieferung des Timotheus, die durch Leontius von Byzanz in „Adversus fraudes Apollinaristarum" aufbewahrt ist, daß Theodoret eine eigenständige Quelle benutzt, eben höchstwahrscheinlich die Schriften des Apollinaris selbst; das Fragment 126 bei Theodoret ist mit dem durch Timotheus überlieferten Fragment 146 identisch 2 . Aber beide zitieren anderes aus ein und derselben Schrift des Apollinaris und nennen unterschiedliche Überschriften. Allerdings fällt der Titel Theodorets (τό κατά κεφάλαιον βίβλιον — Timotheus: προς Διοδώρον) nicht weiter ins Gewicht, da die strenge Kapiteleinteilung auch durch Timotheus bezeugt ist und Theodoret aus gutem Grund verschweigen konnte, daß diese Schrift gegen Diodor, den Begründer der Tradition, der auch er sich verpflichtet weiß, geschrieben war. Streng genommen zitiert Theodoret aus fünf verschiedenen Schriften des Apollinaris3. Auf die Zitate aus dem 'Büchlein über den Glauben', die sich alle bis auf eins ( = fr. 1) in der sog. Ή κατά μέρος πίστις wiederfinden, wird noch zurückzukommen sein (s. u. S. 102). Zu den fr. 3 und 4 findet sich eine Parallelüberlieferung in den Catenen zu den Paulusbriefen 4 , und zwar zu Hebr. 1,13. 1
С. P. Caspari, Alte und neue Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubensregel, Christiana 1879 (Brüssel 1964) S. 84 Anm. 30; Lietzmann S. 90; С. E. Raven, Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 219. 2 Der Text unterscheidet sich nur durch das erste Wort: Theodoret oi, Timotheus bei Leontius ώς. Die zweite Abweichung Theodorets (L p. 238,10) entfällt nach dem Text, den Riedmatten aus den Handschriften mitteilt (Les fragments d'Apollinaire ä l'Eranistes, in: Das Konzil von Chalkedon I, Würzburg 1951 [19623],S. 208,6—8). 8 Liste bei Lietzmann S. 89. 4 Paris, gr. 238 fol. 122ν und Ambros. Ε 2 inf. fol. 3 0 ν : Kai άνθρώπινον μέν τό πρόσταγμα* άρχήν τη καθέδρα παρεχόμενον θείον δέ τό άξίωμα τό συγκαθησθαι θεώ ώ παρεστήκασι καΐ λειτουργοϋσιν αί μυριάδες (Ambros. χιλιάδες) καΐ χιλιάδες (Ambros. μυριάδες), ώσπερ δέ ώς πρδς δνθρωπον λέγει τό κάθου, ού γάρ τώ άεΐ καθημένω έπΐ θρόνου δόξης καθύ θεός λόγος εϊρηται μετά τήν έκ γης 4νοδον· άλλά τώ νϋν είς τήν έπουράνιον ύψωθέντι δόξαν. καθδ άνθρωπος οίίτως ούδέ τούς έχθρούς ώς θεώ υποτάσσει άλλ' ώς άνθρώπω καΐ διδάσκει Παϋλος· ϊδιον αύτοΰ τιθείς τό κατόρθωμα κατά τό θεϊκδν δηλαδαΐ έν οίς φησί κατά τήν ένέργειαν τοϋ δύνασθαι αύτόν καΐ ύποτάξαι έαυτώ τά πάντα: —
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Der Catenentext weicht erheblich von Theodoret ab 1 ; es fällt vor allem die kunstvolle Antithese auf. Aber da der Satz: και διδάσκει Παύλος unvollständig ist, bei Theodoret dagegen in sinnvoller Vollständigkeit vorliegt, wird man schließen müssen, daß Theodoret die ursprüngliche Tradition vertritt. Denn die Umstellungen des Catenentextes gegenüber dem Theodorettext lassen sich verstehen als Adaption an die Catenenform, bei der der Schrifttext vorweg stand und eine Wiederholung vermieden werden sollte. Aus diesem Grund könnte auch der Satzteil δτι — σου vor και διδάσκει weggefallen sein. Deswegen steht nichts der Annahme im Wege, daß Theodorets Text Vertrauen verdient, und dieses Vertrauen darf man wohl auch auf die übrigen Zitate übertragen. Allerdings wird man einen Zweifel an der Ursprünglichkeit der Zitate aus dem Κατά κεφάλαιον βίβλιον (fr. 121—139) nicht unterdrücken können. Denn das Fragment 126, das sich in ihnen findet, gehört nach dem Zeugnis des Timotheus bei Leontius (fr. 146) der Zusammenfassung (άνακεφαλαίωσις) des zweiten Buches an. Es liegt nahe zu vermuten, daß auch die übrigen Zitate des Theodoret den Zusammenfassungen entnommen sind, vor allem, wenn man sie mit den Fragmenten 140—144 des Timotheus vergleicht, die von einem lebhaften Eingehen auf die Argumente des Gegners, Diodors, zeugen, wovon in den Zitaten des Theodoret nichts zu spüren ist. Und es ist keineswegs sicher, daß Apollinaris selbst die Zusammenfassungen geschrieben hat. Ein Kompendium von Schülerhand ist m. E. auch die sog. Άνακεφαλαίωσις, deren Syllogismen in Ps. Athanasius, Dialogi de S. Trinitate V, überliefert sind und aus der Theodoret einige Stücke zitiert. Der nächste uns erreichbare Zeuge ist Leontius von Byzanz, der in seiner Schrift „Adversus fraudes Apollinaristarum" behauptet, er habe in der Bibliothek des Andreas von Sidon eine alte Handschrift mit Werken des Apollinaris gefunden 2 . Aus ihr zitiert er — in dieser Reihenfolge! — einen Brief an die Confessores, aus Ή κατά μέρος πίστις die §§ 27-—31 und fr. 9. Lietzmann (S. 108) vermutet, es sei ein Florilegiencodex gewesen, in dem Leontius in der Einleitung zu dem an letzter Stelle stehenden fr. 9 (τοϋ αύτοΰ Άπολλιναρίου) auf den Namen des Apollinaris stieß und diesen Namen, durch das wiederholte „von demselben" auch in den voraufgehenden Stücken aufmerksam gemacht, dann über alle vier Zitate setzte. Das Lemma zu dem Brief an die Confessores sei in dem alten Codex aus irgendeinem Grunde ausgefallen, nimmt Lietzmann an. Als Begründung für diese Vermutung verweist er auf die Merkwürdigkeit, daß Leontius bei den Zitaten aus der KMP, die er mit eben diesem Titel einführt, nicht darauf hinweist, daß er den Namen des Apollinaris vor 1
Text nach Riedmatten. M P G 8 6 , 2 1969Β: Άπολλιναρίου έκ παλαίου άντιγράφου εύρεθέντος έν τη βιβλιοθήκη τοϋ της Σιδωνίων θεοφιλεστάτου έπισκόπου 'Ανδρέου2
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dieser, allgemein dem Gregor Thaumaturgos zugeschriebenen Schrift gelesen habe; denn einen solchen Hinweis hätte Leontius nach Lietzmann auf keinen Fall unterlassen, da er ihn eines weiteren Beweises, daß der wahre Verfasser der KMP nicht Gregor, sondern Apollinaris sei, enthoben und also auch die weiteren Zitate überflüssig gemacht hätte. Außerdem vermerkt Lietzmann, daß die Erwähnung einer Kapiteleinteilung der KMP den Zitaten bei Leontius entspreche, ebenso die Einführung des fr. 9. Caspari, der nach äußeren Kriterien für die Zugehörigkeit der KMP zu Apollinaris sucht, leitet aus der Weise, wie Leontius diese Zitate einführt, ab, daß nicht in der Handschrift „von demselben" gestanden habe, sondern daß dies eine logische Schlußfolgerung des Leontius sei1. Gegen Lietzmann möchte ich behaupten, daß die alte Handschrift, aus der Leontius zitiert, tatsächlich Werke des Apollinaris enthielt. Ich stütze mich dafür auf zwei Erwägungen: 1. Leontius will den Monophysiten nachweisen, daß sich unter ihren Testimonien einige Schriften befinden, deren Verfassernamen gefälscht sind, u. a. ein dem Gregor Thaumaturgos zugeschriebenes Glaubensbekenntnis und sog. Juliusbriefe. Zu diesem Zweck legt er Zitatsammlungen der beiden Apollinarisschüler Valentin und Timotheus vor. Bei Valentin finden sich zwei Stücke aus einem Brief des Apollinaris an Dionysius (§1 und § 10), der von den Monophysiten dem heiligen Julius zugeschrieben wurde. Ebenso enthielt die Testimoniensammlung des Timotheus aus Schriften des Apollinaris zwei Fragmente aus De unione ( § 2 und § 8), die von den Monophysiten als Schrift des Julius ausgewertet wurde. Obwohl Leontius die Unechtheit dieser Schriften hinsichtlich des von den Monophysiten angenommenen Verfassers beweisen will, unterläßt er es doch, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Schüler des Apollinaris diese Schriften ihrem Meister zuschreiben. Man muß annehmen, daß Leontius es, analog dazu, auch bei den oben erwähnten Stücken, unter denen sich das unter dem Namen Gregors des Thaumaturgen umlaufende Glaubensbekenntnis befindet, unterläßt, die durch die alte Handschrift ausdrücklich bezeugte Verfasserschaft des Apollinaris für diese Schrift hervorzuheben. Warum Leontius sich so verhält, wissen wir nicht. Wahrscheinlich wollte er nur Material zur Aufdeckung der Fälschungen zusammenstellen. 2. Darüber hinaus ist aber noch zu bedenken, daß Leontius sagt, nach den Testimoniensammlungen der Schüler wolle er nun „vollständige Schriften" des Apollinaris anführen, damit man auf Grund der „Verwandtschaft der Gedanken und des Stils" selbst die Übereinstimmung 1
ANQ S. 78f.
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mit den Pseudepigraphica nachprüfen könne 1 . Dieser Forderung genügt der Brief an die Confessoren aus der alten Handschrift aus der Bibliothek des Andreas von Sidon. Die beiden folgenden Stücke: τοϋ αύτοϋ έκ της κατά μέρος πίστεως ( = ΚΜΡ §§ 30 und 31) und: και έντω προ αύτοϋ κεφάλαιον ( = Κ Ν Ρ §§27 und 28) weisen zwar eine beträchtliche Länge auf, aber wie ist die merkwürdige Teilung zustande gekommen? Wenn wir der Ankündigung des Leontius, nun „vollständige Schriften" des Apollinaris herzusetzen, folgen, dann müßten die beiden Stücke ein geschlossener Abschnitt sein, der durch einen Absatz getrennt war; zuerst hätte Leontius den unmittelbar christologischen Absatz abgeschrieben, dann aber festgestellt, daß auch der vorhergehende Absatz trotz seiner trinitarischen Einleitung sich explizit zu christologischen Fragen äußert 2 . Diese Erklärung scheint durch das noch folgende Exzerpt über die Abschwörung und den Glauben ( = fr. 9) in Frage gestellt zu werden; denn warum nur ein Ausschnitt? Bleiben wir bei unserer Hypothese, daß Leontius sich nach seinen eigenen Worten jetzt nicht mehr nur auf die Testimonien der Schüler berufen, sondern Apollinaris selbst sprechen lassen will, dann ist er, Leontius, es gewesen, der diesen Abschnitt so ausgewählt hat, weil in dem Rest dieser Schrift nichts stand, woraus die Eigentümlichkeit der apollinaristischen Christologie erkennbar gewesen wäre. Es wird sich noch aus anderen Zeugnissen ergeben, daß die unter dem Namen des Gregorius Thaumaturgus überlieferte KMP keinen Maßstab abgibt, um die genannten vier Stücke des Leontius einem Florilegiencodex zuzuweisen (s. u. S. 101 ff.). Deswegen sollte man an den Worten des Leontius nicht zweifeln, sondern daran festhalten, daß er eine alte Handschrift mit Werken des Apollinaris in Sidon entdeckt hat. Alle übrigen Fragmente aus Schriften des Apollinaris stammen nach Lietzmanns Untersuchungen aus Florilegien der Schüler. Wie Lietzmann S. 128 und S. 142 zeigt, gehört auch fr. 117 in solch eine Testimoniensammlung. Diese Sammlungen wurden von den drei Apollinarisschülern Polemon, Valentinus und Timotheus gemacht. Sie stritten sich um die richtige Auslegung der apollinaristischen Lehre, und jeder von ihnen 1
1969 В; abgedruckt bei Lietzmann S. 105. Vielleicht läßt sich die Einleitungsformel: τοϋ αύτοϋ έκ της κατά μέρος πίστεως und die folgende so erklären, daß diese Confessio, die in sich vollständig ist, in einem näheren Zusammenhang mit dem Brief an die Confessores stand; der Bereich unseres Wissens ist mit solchen Vermutungen allerdings verlassen. Aber dies „detaillierte Glaubensbekenntnis" steht in seinen christologischen Formeln so diametral dem des Epiphanius (Anc. 119,3—12) entgegen, daß man versucht sein könnte, in ihm die von den Confessores beklagte Verurteilung des Epiphanius zu sehen (s. o. S. 55). Caspari meint, es hätte heißen müssen: έκ τοϋ αύτοϋ άντιγράφου; so aber entspreche Άπολιναρίου έκ παλαιού άντιγράφου dem τοϋ αύτοϋ έκ της κ. μ. π. und sei einer anderen Quelle entnommen (ANQ S. 79). 2
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stellte zum Beweis seines richtigen Verständnisses Zitatensammlungen her. Dieser Umstand bedingt zwar, daß jede dieser Sammlungen unter einem anderen Gesichtspunkt erfolgte und deswegen jede für sich genommen einseitig ist, aber zugleich ist es möglich, die entsprechenden Ergänzungen zu finden und zu einer Synthese zusammenzufügen. Die extremen Pole sind Polemon und Valentin, zwischen denen Timotheus, der Bischof von Berytos, steht, von beiden angegriffen. Die Testimonien des Polemon sind, wie Lietzmann wahrscheinlich gemacht hat 1 , die gemeinsame Quelle für Justinians 'Contra Monophysitas' und die Doctrina Patrum 2 . Maximus Confessor hat ebenfalls aus dieser Quelle geschöpft, wie Lietzmann aus der gleichartigen Tendenz von ihm und Polemon schließt3. Polemon kam der Fragestellung des späteren Monophysitismus so nahe, daß er bequem dazu herhalten konnte, der Gegenseite das Argument zu liefern, Apollinaris sei der Urheber des Monophysitismus; durch die Fragmente, die uns aus Polemons Werken überliefert sind, sind wir in die Lage versetzt, den Schwerpunkt seiner Lehre unmittelbar kennenzulernen. Die Zitate aus Apollinaris, die sich seine beiden anderen Schüler, Valentin und Timotheus, gegenseitig vorhielten, hat Leontius von Byzanz in seiner Dokumentensammlung zum Erweis der apollinaristischen Betrügereien benutzt und sie in großem Umfange, wenn nicht sogar vollständig, mitgeteilt 4 . Da er auch von jedem der beiden Schüler eine ganze Schrift in sein Werk aufgenommen hat, sind wir auch über deren Lehre aus direkter Quelle unterrichtet. Unbekannter Herkunft sind die fr. 2,108, 109 und 117. Wenn man mit Lietzmann davon ausgeht, daß nach Theodoret niemand mehr Originalschriften des Apollinaris zu Gesicht bekommen hat, so muß man auch sie Florilegien der Schüler zuweisen. Aber dieser Grundsatz läßt sich nicht ganz durchführen, was auch Lietzmann zugesteht. Am wahrscheinlichsten ist noch die Annahme, die die Herkunft der Fragmente 108 und 109 in dem Tomus Spiritualis des Maximus Confessor dem Polemon zuweist6, fr. 117 kann in seiner Langfassung nicht aus Polemon stammen, da es in dieser Quelle, wie aus Justinian und der Doctrina hervorgeht, nur als Ausschnitt und unter einer anderen Uberschrift zitiert wurde. Timotheus fällt als Quelle ebenfalls aus, wie das kurze Zitat bei Leontius zeigt. Valentinus kommt wegen des Inhalts nicht in Frage. Seltsam bleibt jedoch, daß sich in der Patriarchatsbibliothek ein Codex befand, der, wie der Titel bezeugt, eine Sammlung von Apollinariszitaten enthielt, die Justinian und der Doctrina entgangen ist. Da aber die Zu1 1 4 5
2 S. 114—116. Liste bei Lietzmann S. 113. S. 125; es sind die Fragmente 108 und 109. Liste bei Lietzmann S. 104f. So vermutet Lietzmann S. 125, wiederholt es aber S. 141 nicht.
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gehörigkeit des fr. 117 zu Apollinaris durch dessen Auszüge bei Timotheus und Polemon sicher bezeugt ist, wird es bei unserem Nichtwissen um die Quelle der Überlieferung dieses Fragmentes bleiben müssen. Ebenso hat Anastasius aus uns unbekannter Quelle das fr. 2 entnommen (in dem Florileg 'Contra Monophysitas'). Dem Inhalt nach könnte Polemon in Frage kommen, aber das läßt sich nicht beweisen1. Lietzmann hat die Fragmente des Apollinaris nach der bei Rufin und Epiphanius überlieferten Bemerkung, daß Apollinaris zuerst eine Dichotomie, später eine Trichotomie der menschlichen Natur gelehrt habe 2 , geordnet. In fr. 2 sieht er den Übergang von der ersten zur zweiten Periode 3 . Schon Dräsecke hat daraufhingewiesen, daß man hieraus keinen Grundsatz für die zeitliche Zuweisung der apollinaristischen Schriften machen sollte4. Nach den Untersuchungen von G. Furlani muß es vollends zweifelhaft erscheinen, ob man bei Apollinaris zwei Perioden unterscheiden kann 5 . Es wäre vielleicht sinnvoller gewesen, die Fragmente nach den oben genannten Quellen zu ordnen, damit der einseitige Gesichtspunkt, der die jeweiligen Sammlungen bestimmt, deutlicher erkennbar geworden wäre. Eine Reduzierung der Zahl der Apollinarisschriften, die über Lietzmann hinaus die Fragmente stärker unter den ähnlich lautenden Titeln zusammenfassen würde, verbietet sich m. E. nach Lage der Überlieferung. Es ist bezeugt, daß Apollinaris ein Vielschreiber war 6 , und so wird es bei der Vielzahl von Titeln bleiben müssen. b) Die Pseudonymen Schriften
Gestützt auf die Studien von Caspari und Voisin hat Lietzmann die Überlieferungsgeschichte der 'apollinaristischen Fälschungen' in mustergültiger Form dargestellt (S. 91—124). Lediglich einige Randbemerkungen und Ergänzungen mögen hier ihren Platz finden. Die Verfasserschaft des Apollinaris steht durch äußere Kriterien für folgende Schriften fest: Gregor Thaumaturgus: Ή κατά μέρος πίστις Zeugnisse: Theodoret, cf. Lietzmann S. 89; Leontius von Byzanz, Adv. fraudes Apoll., cf. Lietzmann S. 105. Julius von Rom: De unione Zeugnis: Leontius von Byzanz, Adv. fraudes Apoll., cf. Lietzmann S. 104 und 133 f. 1 H. de Riedmatten, La christologie S. 233 weist auf die Zweifel an der Echtheit mit Recht hin. 2 Rufin H E II 20; cf. Epiphanius, Pan. 77,23,4 (p. 436,23sq). 4 » S. 138. Apollinaris von Laodicea, T U 7,3 (1892) S. 26. 8 Studi apollinaristici II, Rivista trimestrale di studi filosofici e religiosi IV (1923) S. 129. β Cf. Basilius ep. 244,3 und ep. 263,4.
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Mühlenberg, Apollinaris
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Julius von Rom: De fide et incarnatione Zeugnis: Doctrina Patrum, cf. Lietzmann S. 112 und 136. Athanasius: Ad Jovianum Zeugnisse: Doctrina Patrum, cf. Lietzmann S. III und 146; Leontius von Jerusalem, C. Monophys., cf. Lietzmann S. 117 und 146. Julius von Rom: Ad Dionysium Zeugnisse: Leontius von Byzanz, Adv. fraudes Apoll., cf. Lietzmann S. 104 und 148; Doctrina Patrum, cf. Lietzmann S. 111. Die apollinaristischen Thesen in Athanasius: Dialogi de S. Trinitate V Zeugnis: Theodoret, cf. Lietzmann S. 89f. und 114. Athanasius, Dialogi de S. Trinitate V ist eigentlich keine Pseudonyme Schrift zu nennen wie die anderen, da ja der Apollinarist die Sätze seines Lehrers als solche vertritt. Die Entdeckung der Pseudonymität der anderen Schriften wurde von den genannten Autoren des 6. und 7. Jahrhunderts gemacht. Durch die Enthüllung der Verfasserschaft des Apollinaris war es ihnen möglich, die beweiskräftigsten Vätertestimonien der Monophysiten zu entwerten. Unbestimmte Gerüchte über Fälschungen der Gegner des Chalcedonense, deren Lehre von der einen Natur des Inkarnierten so verdächtig nach Apollinaris roch, wurden schon im Jahre 452 laut (cf. Lietzmann S. 93), aber warum man keine Beweise fand, bleibt unverständlich. Besonders Theodoret hätte es doch nicht schwerfallen dürfen, den wahren, nämlich apollinaristischen, Ursprung der Testimonien des Cyrill aufzuspüren. Timotheus Aelurus flicht fast das ganze Arsenal der apollinaristischen Pseudepigraphica in seine Florilegien ein1, wodurch, wie aus Philoxenus von Mabbug und Severus von Antiochien2 hervorgeht, die 1 Ich verweise auf die Register bei E. Schwartz, Der Codex Vat. gr. 1431 (Abh. d. Bayr. Akad. d. Wiss., Phil.-Hist. Klasse 32,6, München 1927) S. 146—150. 2 Lietzmann schreibt S. 93 Anm. 1 : „Im Cod. Brit. Mus. Add. 12154 = Syr. 860 s. VIII ·— einer Sammlung monophysitischer Aktenstücke, findet sich als nr. 18 ein Brief des Nestorius genannt, 'in welchem Julius von Rom citiert wird' — aber wie?" Es ist die Epistula ad Constantinopolitanos, die von F. Nau, Nestorius. Le livre d'H6raclide de Damas, Paris 1910, S. 373—375 übersetzt worden ist und dessen Echtheit S. 376f. von Nau verteidigt wird. In ihm werden Väterzitate des Eutyches zitiert: u. a. Gregor (Thaumaturgos) K M P § 3 1 ; Julius von Rom, ep. ad Dionysium A § 2 (L p. 257,14—16), § 4 (L p. 258,4—7.10), § 6 (L p. 258,15— 259,2); Athanasius, Ad Jovianum (L p. 2 5 0 , 1 . 7 —151,3). Nestorius schreibt dazu (Nau S. 375): "Vous certes, vous n'admettez pas cela, car de telles paroles sont sp6cieuses, mais ne sont pas vraies; ce sont lä les enseignements odieux et corrupteurs des ämes des hdr6sies de Valentin, d'Apollinaire, d'Arius et de Manes, qui doivent etre anath6matisds." Severus von Antiochien und Philoxenus von Mabbug sind folgende Schriften bekannt (Ich gebe jeweils nur eine Stelle an): Severus von Antiochien Gregor Thaumaturgos K M P § 31 (L p. 178,17—179,6): Oratio II ad Nephalium CSCO 119 p. 19,23—20,1 (CSCO 120 Versio p. 15,21—26).
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Pseudepigraphica z u m G r u n d b e s t a n d des Traditionsbeweises der M o n o physiten werden. O b w o h l auf dem Religionsgespräch v o n Konstantinopel im J a h r e 553 den Severianern durch die A u f d e c k u n g der Fälschungen ihre wichtigsten Testimonien entwertet waren, finden sich die Belege aus Julius von Rom, De unione §§ 4—5 (L p. 186,19—187,8): Contra imp. Grammaticum III 23 CSCO 101 p. 16,2—12 (CSCO 102 Versio p. 11,8—17) §5 (L p. 187,5—14): C. Gramm. III 40 CSCO 101 p. 267,10—20 (CSCO 102 Versio p. 196,28—36). §7—8 (L p. 188,4—18): C. Gramm. III 6 CSCO 93 p. 71,22—72,11 (CSCO 94 Versio p. 50,25—51,4). §15—17 (L p. 192,7—16): C. Gramm. III 40 CSCO 101 p. 272,8—19 (CSCO 102 Versio p. 200,17—25). §17 (L p. 192,16—193,2): C. Gramm. III 40 CSCO 101 p. 266,17—21. (CSCO 102 Versio p. 196,7—11). De fide et inc. §§ 6—7 (L p. 198,23 — 199,21): C. Gramm. III 41 CSCO 101 p. 198,5—15. (CSCO 102 Versio p. 220,3—12). §7 (L p. 199,23—27): Or. I l a d N e p h . CSCO 119 p. 60,26—61,1 (CSCO 120 Versio p. 45,3—7). Athanasius, Ad Jovianum § 1 (L p. 250,1—251,12): C. Gramm. III 41 CSCO 101 p. 295,10—30 (CSCO 102 Versio p. 217,31—218,13). Julius von Rom, Ad Dionysium § 2 (L p. 257,7—10): Or. II ad Neph. CSCO 119 p. 28,15—20 (CSCO 120 Versio p. 21,27—31). § § 5—6 ( L p . 258,13—259,2): Or. I l a d N e p h . CSCO 119 p. 28,27—29,5 (CSCO 120 Versio p. 22,2—10). Philoxenus von Mabbug Gregor Thaumaturgos, KMP § 31 (L p. 178,17—179,8): Ep. ad monachos Senuni CSCO 231 p. 36,19—28 (CSCO 232 Versio p. 30,3—11). Julius von Rom, De fide et inc. §§ 6—7 (L. 198,23—199,19): — CSCO 231 p. 37,1—8 (CSCO 232 Versio p. 30,13—20). Athanasius, Ad Jovianum § 1 (L p. 250,1.6—251,13): — CSCO 231 p. 39,3—19 (CSCO 232 Versio p. 32,6—21). §2 (L p. 251,12—15): — CSCO 231 p. 29,7—9 (CSCO 232 Versio p. 24,5—8). Julius von Rom, Ad Dionysium §§2—9 (L p. 257,7—19; 258,4—7.15—259,2; 259,10—260,5): — CSCO 231 p. 37,8—38,26 (CSCO 232 Versio p. 30,20—32,2). 7»
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ihnen noch in großer Zahl in den Florilegien, die mit Sicherheit erst in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts ins Syrische übersetzt wurden. Das einzige Zeugnis darüber, daß die Monophysiten die Tatsache der Fälschungen auf die Namen des Athanasius, Felix von Rom, Gregor Thaumaturgus und Julius von Rom zur Kenntnis genommen haben, ist m.W. bei Severus von Antiochien zu finden; bei ihm lesen wir: Der „impius Grammaticus" hatte die Verfasserschaft des Gregor Thaumaturgus für das 'Detaillierte Glaubensbekenntnis' (KMP), dessen Paragraph 31 eine wegen ihrer Deutlichkeit bei den Monophysiten sehr beliebte Stelle war, angezweifelt, weil der Gedanke der Wesensgleichheit des Sohnes Gottes mit dem Vater vor Nicea nicht bezeugt sei 1 . Severus war es ein Leichtes, diese Beweisführung zu widerlegen, da ja Athanasius und Eusebius von Caesarea sich ausdrücklich darauf beriefen, das nicenische Bekenntnis stütze sich auf die Väter. Und selbst wenn die Schrift nicht Gregor gehöre, so falle mit ihr doch nicht seine, des Severus, Christologie, denn durch Athanasius und Julius werde die gleiche Anschauung bezeugt 2 . Äußere Kriterien standen dem „Grammaticus" nicht zur Verfügung, ja sie fehlen auch den späteren Entdeckern der Fälschungen, denn das von Leontius in Adversus fraudes Apollinaristarum zitierte Stück deckt sich nicht mit dem überlieferten Text der K M P (s. u. S. 101). Aber es lag nahe, die unter dem Namen des Gregor Thaumaturgus umlaufenden Schriften zu verdächtigen, weil entdeckt wurde, daß auch aus dem Kreis des Julian von Halikarnaß eine mit Gregors Namen versehene Schrift in Umlauf gesetzt wurde 3 . Die 'Apollinaristischen Fälschungen' sind alt. Nicht erst Eutyches bezieht sie in sein Florilegium ein, sondern schon Cyrill von Alexandrien stützt sich auf sie 4 . Die Vermutung von Richard, daß Apollinaristen in Alexandrien in der Zeit, als Cyrill sich für die Auseinandersetzung mit Nestorius rüstete, ihre Chance darin sahen, ihm Schriften ihres Meisters unter orthodoxen Namen vorzulegen, hat viel Wahrscheinlichkeit für sich 8 . Jedenfalls lassen sich Zweifel daran, daß Cyrill von dem Betrug nichts gemerkt haben sollte, durch nichts erhärten. Vielmehr scheint es so, daß er Apollinaris nur als den Lehrer eines vernunftlosen Christus C. Gramm. II 9. CSCO 111 p. 100,9—102,13 (CSCO 112 Versio p. 76,26—80,12). 3 Cf. W. Wright, Catalogue of Syriac Manuscripts in the British Museum, London 1870—72, Bd. II S. 939 (Cod. syr. 857 cap. 398 fol. 114b). 4 Cf. Chr. Papadopoulos, Der hl. Cyrill von Alexandrien und die Schriften des Apollinaris, ΘΕΟΛΟΓΙΑ 10 (1932) S. 97—105; P. Galtier, S. Cyrille et Apollinaire, Gregorianum 37 (1956) S. 588—596; Η. M. Diepen, Stratagfcmes contre la thiologie de L'Emmanuel. A propos d'une nouvelle comparaison entre s. Cyrille et Apollinaire, Divinitas I (Rom 1957) S. 444—478. 5 M. Richard, L'introduction du mot 'Hypostase' dans la thdologie de Tincarnation, M61anges de Sciences Religieuses 2 (1945) S. 244. 1 2
Beurteilung von Lietzmanns Fragmentensammlung
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kennt und sich von jedem Verdacht apolünaristischer Neigungen dadurch befreit, daß er ihn wegen dieser Lehre verurteilt 1 . Allerdings kann man fragen, ob die apollinaristischen Pseudepigraphica so, wie sie jetzt, mit dem orthodoxen Etikett versehen, vorliegen, von Apollinaris selbst geschrieben wurden oder ob sie von der nachfolgenden Schülergeneration überarbeitet sind. Für die KMP läßt sich letzteres mit Sicherheit zeigen. Den ersten Anstoß zu der Annahme, die Pseudonymen Schriften des Apollinaris seien Überarbeitungen, gab Richard, als er entdeckte, daß in den syrisch erhaltenen Fragmenten von Diodor von Tarsus 'Contra Synousiastes' ein paar Zeilen aus der KMP zitiert werden 2 . Sie werden so eingeleitet: "J'ai trouve aussi que celui qui a lance ces nouveautes — cette affaire, en un mot — l'a fait en propres termes: Je confesse . . ." 3 ; es folgen die Worte der KMP und zwar eindeutig die des Leontiustextes4, über dessen Herkunft schon oben S. 93 ff. gesprochen wurde. Schon durch diese Ubereinstimmung ist Lietzmanns Urteil über den Text des Leontius überholt, daß dies möglicherweise „eine zweite verschärfte auflage, die ein energischer schüler besorgt haben mag", sei8. Von einer ganz anderen Beobachtung her wurde G. L. Prestige darauf aufmerksam, daß die KMP des Gregor Thaumaturgus in der vorliegenden Gestalt nicht von Apollinaris geschrieben wurde. Er stellte nämlich fest, daß ein paar Worte aus dem § 28 wörtlich mit Athanasius, Epist. ad Adelphium 8 (MPG 26, 1084A) übereinstimmen 6 . Da der Satz in dem Gedankengang des Athanasius fest verankert und die Wahrscheinlichkeit, daß Apollinaris Athanasius ohne einen Hinweis zitiere, gering sei, da man sich andererseits kaum vorstellen könne, daß Athanasius es nötig gehabt hätte, aus Apollinaris zu zitieren, bot sich die Lösung durch die Entdeckung an, daß der besagte Satz in dem Leontiustext fehlt 7 und sich dadurch als Interpolation erweist. Unter diesen Umständen rücken die Zitate Theodorets aus dem 'Büchlein über den Glauben' in ein neues Licht. Prestige macht darauf aufmerksam, daß der Textus receptus der KMP auch eine Auslassung enthält; denn das von 1
Cf. z.B. Oratio ad Augustas de fide (ACO 1 1 , 5 p. 58,20sqq). A.a.O., S. 7. 3 Übersetzung von M. Brifere, Fragments syriaques de Diodore de Tarse ιέdditds et traduits pour la ргепиёге fois, Revue de l'Orient Chrdtien Χ ( X X X ) 1946, S. 269 (fr. 26). Der syrische Text findet sich bei Ρ. Α. de Lagarde, Analecta syriaca, Leipzig 1858, S. 99; Briire a.a.O., S. 258 und bei R. Abramowski, Der theologische Nachlaß des Diodor von Tarsus, Z N W 42 (1949) S. 44 (Abramowskis Übersetzung bedarf der Revision 1). * L p. 177b 5—11 (όμολογοϋμεν —άνθρωπίνην). 6 S. 132. 8 St. Basile the Great and Apollinaris of Laodicea, London 1956, S. 60. In der KMP § 28 L p. 177,12 οϊδαμεν — 178,3 μορφήν. 7 A.a.O., S. 61. 2
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Überlieferung der Schriften des Apollinaris von Laodicea
Lietzmann als fr. 1 gedruckte Stück steht nicht in ihm, folgt aber nach Theodoret auf das Zitat aus § 11 ( L p . 171,1—5) nach wenigen Worten (και μετ' ολίγα). Lietzmann nimmt einen Irrtum Theodorets an (S. 132), während Caspari dieses Fragment für einen Zusatz eines Apollinaristen hält, der nur in wenige Exemplare eingedrungen sei1, aber nachdem eine Interpolation nachgewiesen ist, ist auch eine Auslassung nicht mehr unwahrscheinlich. Prestige folgert schon hieraus: "The received text of KMP displays manifest signs of having undergone revision, and we have independent evidence both of interpolation and of omission. I submit that the received text is a 'doctored' version of the original, made when the book was republished under the name of Gregory the wonderworker; and that the general motive of the revision was to render the book suitable for issue as a hand-book of Alexandrine orthodoxy." 2 Es ist aber auch noch zu beachten, daß Theodoret ein kurzes Zitat aus § 28 (p. 177,4—6) mit den Worten einführt: „und in einem anderen Bekenntnis." Caspari und ihm folgend Lietzmann gingen darüber hinweg, indem sie behaupteten, hier habe Theodoret einfach ausgelassen: „aus demselben 'Büchlein über den Glauben'." 3 Leider stimmt diese Stelle des Textus receptus mit dem Leontiustext überein, so daß man nicht feststellen kann, ob Theodoret ein dem Leontiustext ähnliches Exemplar benutzt hat. Immerhin ist das nicht ausgeschlossen. Problematisch bleibt die Einordnung des Fragmentes aus dem §35 (p. 181,1—4). Denn die handschriftliche Überlieferung weist dieses Zitat nicht dem 'Büchlein über den Glauben' zu, sondern einem dem 'nach Kapiteln eingeteilten Buch' ähnlichem; nur die Handschrift Paris gr. 850 stellt dieses Zitat hinter dasjenige aus § 11/12 aus der KMP 4 ; eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, daß diese Handschrift nach dem Textus receptus der KMP verbessert hat 6 . Wahrscheinlicher ist ein einfaches Versehen, da die Einleitung des Zitates: και μετ' ολίγα πάλιν nicht gut paßt bei einem Abstand von 10 Seiten in Lietzmanns Text. Andererseits ist zu bedenken, daß die vorangehenden Fragmente aus der von Lietzmann mit Άνακεφαλαίωσις betitelten Schrift sich durch ihren dialektischen Charakter sehr deutlich von diesem Zitat unterscheiden; Caspari hielt es deswegen für das wahrscheinlichste, daß Theodorets Exzerpte in Unordnung geraten sind*. Aber woher wissen wir, daß die in dem V. pseudo-athanasianischen Dialog De S. Trinitate vorliegende Thesenreihe, die nach einer Bemerkung des 1
A N Q S. 81 Anm. 27; etwa L p. 171,9 nach συγκεκραμένος. 8 A.a.O., S. 62. Caspari A N Q S. 82 Anm. 28. * Cf. H. de Riedmatten, Les fragments d'Apollinaire ä l'Eranistes, Das Konzil von Chalkedon I (Würzburg 1951, 1962 s ) S. 212 Anm. 10. 8 So Riedmatten a.a.O. ' A N Q S. 83 Anm. 29; so auch A. Spaßkij, Apollinaris von Laodikea, Moskau 1895, S. 148. 2
Beurteilung von Lietzmanns Fragmentensammlung
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'Orthodoxen' Άνακεφαλαίωσις hieß 1 , ein in sich abgeschlossenes Buch des Apollinaris war? Viel näher liegt es, in diesen Thesen das Substrat einer größeren Schrift zu sehen, in der jedem Kapitel eine syllogistisch formulierte Zusammenfassung von Apollinaris oder einem Redaktor vorangeschickt war. Nicht nur die unterschiedliche Reihenfolge der Thesen in dem pseudo-athanasianischen Werk und bei Theodoret 2 ist ein Indiz dafür, sondern auch der Gesamteindruck der Zitate Theodorets im Vergleich mit dem Text der pseudonym überlieferten Schriften. So ist es gut möglich, daß Theodoret nach den Thesen aus der Ausführung zitiert. Außerdem erweckt der ganze Schlußteil der KMP, §§ 27—43, wenig Vertrauen. Schon bei der Erörterung der beiden Leontiuszitate hatten wir vermutet, daß zumindest die Paragraphen 27—31 des Textus receptus ein in sich abgeschlossener Teil sein müßten; das wird durch Theodoret bestätigt, der sein Zitat aus dem § 28 einem „anderen Glaubensbekenntnis" zuschreibt. Es folgen in § 32 und in § 35 noch zwei vollständige Glaubensbekenntnisse mit jeweils erläuternden Zusätzen (§§33 + 34 und §§ 36 -f- 37). Schon diese Wiederholungen lassen sich nicht dadurch erklären, daß man mit Caspari sagt, Apollinaris habe in einer Art Testament seinen Glauben noch einmal „ausführlich aussprechen und darlegen wollen" 3 . Es ist vielmehr an eine Kompilation, die eher einem Redaktor als Apollinaris selbst zuzuschreiben ist, zu denken. Dieser Eindruck wird durch einen Blick auf die §§ 38—43 weiter gestützt; denn § 38 schließt sich lose an § 37 an und wiederholt in § § 39—42 den Schriftbeweis für die Gottheit des heiligen Geistes, der schon, wenn auch mit anderen Schriftstellen, in den § § 20—24 zu lesen war. § 43 ist eine abschließende Zusammenfassung der Trinitätslehre. Es würde in den Bereich der Spekulation führen, wollte man eine ursprüngliche Gestalt der Schrift rekonstruieren. Es muß genügen zu wissen, daß der unter dem Pseudonym Gregors des Wundertäters überlieferte Text in den monophysitischen Florilegien deutlich die Spuren einer Überarbeitung verrät. Die Schrift könnte mit § 31 geschlossen haben und zwar in der Form, daß mit § 27 deutlich abgesetzt ein zusammenfassendes Glaubensbekenntnis begann. Aber auch das ist nicht sicher, da die Schrift in § 11, in dessen Zusammenhang das von Lietzmann als fr. 1 bezeichnete Stück gehören wird, eine ausführliche Dar1 MPG 28, 1272 С: "Ακουε, καΐ λέλυταί σου ή πρότασις, ήγουν άνακεφαλαίωσις, ώς αύτός ώνόμασας έπιγράφας. 2 Cf. Lietzmann S. 89. 8 A N Q S. 101 f. Caspari teilt anders ein: § § 2 7 u. 28 eigenständig formuliertes Bekenntnis mit anschließender Erklärung (§§ 30 u. 31); § 32 das Taufbekenntnis der Gemeinde von Laodicea (ANQ S. 129); §§ 33—35 dreigliedriges Bekenntnis des Apollinaris (ANQ S. 129 Anm. 104).
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Überlieferung der Schriften des Apollinaris von Laodicea
Stellung der Christologie enthalten haben kann, die dann ein literarisch nicht zu rechtfertigendes Doppel in den §§28—31 hätte. Wie aus dem Vergleich des Textus receptus mit dem Leontiustext hervorgeht, ging die Tendenz der Überarbeitung auf Milderung der apollinaristischen Christologie; die Trinitätslehre des Apollinaris dagegen wird wenig Schaden gelitten haben, weil sie sich von der „orthodoxen" Kirche kaum unterschied. Die ausgedehnte Polemik gegen den Sabelüanismus könnte, wie A. Spaßkij angenommen hat 1 , ein Indiz für die Abfassungszeit sein; sie könnte als Verteidigung gegen Angriffe verstanden werden, von denen wir aus der Kontroverse des Basilius mit Eustathius wissen. Eine weitere Überlegung weist ebenfalls in die Mitte der siebziger Jahre des vierten Jahrhunderts, nämlich das in den §§27—31 enthaltene Bekenntnis, in seinem Aufbau analog zu dem von Epiphanius am Schluß seines Ancoratus formulierten (§ 119,3—12); die christologischen Partien dieser beiden Bekenntnisse sind einander so diametral entgegengesetzt, daß man an eine bewußte Stellungnahme denken möchte, wobei sich actio und reactio wegen der fehlenden Datierung des Apollinarisbekenntnisses nicht mehr feststellen lassen. Prestige vermutet, daß auch für die anderen Pseudonymen Schriften des Apollinaris eine Überarbeitung angenommen werden müsse; aber dafür fehlt jeglicher Hinweis in der Uberlieferung. Die Apollinariszitate, die Leontius in Adversus fraudes Apollinaristarum 2 von den Apollinarisschülern Valentinus und Timotheus mitteilt, stimmen mit dem Text der Pseudonymen Überlieferung überein. Leontius von Jerusalem zitiert eine Stelle aus Julius, De unione 3 und bemerkt dazu, daß Johannes von Skythopolis sie wörtlich bei Apollinaris wiedergefunden habe. Da 'De unione' außerdem einen einsichtigen Aufbau zeigt, ist die Verfasserschaft des Apollinaris für den überlieferten Text so gut wie sicher. Auf die Worte, mit denen Timotheus sein Zitat aus § 2 einleitet: εφη γαρ . . . ούτως πως, läßt sich kein Beweis gründen. Ebensowenig kann man daraus, daß der Titel der Schrift in dem Florilegium des Timotheus Aelurus mit 'De incarnatione' angegeben wird — obwohl dies die älteste Überlieferung einer Überschrift ist —, irgendwelche Folgerungen ziehen 4 . Die Überlieferung der Schrift, der Lietzmann nach den syrischen Sammelhandschriften 33 den Titel 'De fide et incarnatione' gegeben hat, ist sehr uneinheitlich. Als einheitliches Stück mit der Überschrift: ϊουλίου αρχιεπισκόπου ρώμης πρός τούς κατά της θείας του λόγου σαρκώσεως άγωνι1
Apollinaris von Laodikea, Moskau 1895, S. 168. L p. 185,9sq die Eingangsworte, § 2 L p. 186,2—6 und § 8 L p. 188,9—18. a § 5 L p. 187,5—11. * Nach E. Schwartz, Der Codex Vat. gr. 1431 (Abh. d. Bayr. Akad. d. Wiss., Phil.-Hist. Klasse 32,6, München 1927) S. 99: arm. 13 = syr. 33 und daraus im Vat. gr. 1431 Florilegium 1 1 4 ; ebenfalls arm. 314 (Schwartz S. 31). 2
Die exegetischen Fragmente aus der Catenenüberlieferung
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ζομένους προφάσει του ομοουσίου sind die Paragraphen 3—7 zu lesen in folgenden Handschriften: Lateinisch in Florileg des Eutyches; Vat. gr. 1431 (V) in dem eingelegten Florileg I als Nr. 13 syrisch in dem Florilegium Edessenum anonymum (ν Χριστών. 2 Cf. Η. Windisch, Christus und Paulus, Leipzig 1934, S. 24ff. 8 Cf. Origenes, C. Cels. IV 36 (p. 307,4.15.19); IV 38 (p. 308,29; 309,9); VI 80 (p. 152,1); VII 41 (p. 191,24.26). 4 Arbeiten zur Kirchengeschichte 30 (Berlin 1955). Im Folgenden nur: Andresen. s Teil I Kapitel 2. 6 7 Nachweis bei Andresen, bes. S. 117. Cf. Andresen S. l l l f .
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Der christologische Ansatz der 'Apodeixis'
gekehrt Celsus den Palaios Logos zum Kriterium des Alethes Logos. Der Alethes Logos ist nur dort zu finden, wo die Übereinstimmung mit dem Palaios Logos nachgewiesen werden kann. Das zeigt sich an der Geltung, die Celsus Piaton und der platonischen Philosophie zuerkennt. Andresen kann das durch zwei Fragmente belegen. Den Nachweis, daß die Christen literarische Plagiatoren der Griechen sind, schließt Celsus mit dem Satz ab: „Piaton war nun dieser Ansicht, es war aber auch schon früher von heiligen Männern gelehrt worden." 1 Dazu Andresens Kommentar: „Was Piaton in seinen Dialogen geschrieben hat, ist seine subjektive Ansicht als Philosoph in Sinne der schulmäßigen Doxographie. Was aber seine philosophischen Ansichten zu objektiven Lehren (δεδογμένα), man möchte fast sagen: zu dogmatischen Sätzen erhebt, ist ihre Übereinstimmung mit der älteren Tradition. Dies erst verleiht Piaton in den Augen des Kelsos letzte Gültigkeit." 2 Das zweite Fragment zieht die notwendige Folgerung und unterstellt Piaton selbst, daß er sich seiner Abhängigkeit vom Palaios Logos bewußt gewesen sei. „Piaton prahlt nicht von sich selbst und behauptet nicht in lügnerischer Weise, er habe etwas Neues gefunden oder sei vom Himmel herabgekommen, um es zu verkünden, sondern er bekennt, woher er diese Lehren habe." 3 Celsus weist für sein Piatonverständnis auf Epistula VII, 342A/B, deren Wortlaut er geringfügig ändert: Statt „wie ich es schon früher oft gesagt habe" liest er „was oft von mir und früher gesagt worden ist" 4 . Dementsprechend ordnet sich Celsus auch selbst dem Palaios Logos unter: „Ich sage aber nichts Neues, sondern was schon lange gelehrt worden ist." 6 Die philosophische Begründung dafür, daß der Alethes Logos durch den Palaios Logos legitimiert wird, führt direkt in den Zusammenhang, in dem die έ'ν&εοι άνδρες ihre einzigartige Rolle erhalten. Celsus ruft die Christen auf, den von Gott inspirierten (εν&εοι) Dichtern, Weisen und Philosophen, die gleichzeitig die alten Führer sind, zu folgen (fr. V I I 41). Die Begründung dafür gibt er in einer eigenwilligen Interpretation des berühmten Piatonwortes aus Tim. 28 C. Daran schließt er einen Kommentar an, der die Christen von der einzigartigen Bedeutung der griechischen Bildung überzeugen soll. In Tim. 28 С spricht Piaton von der Schwierigkeit der Erkenntnis des Weltschöpfers. Übereinstimmend mit dem Schulplatonismus seiner Zeit versteht Celsus Piaton so, daß er von der Unerkennbarkeit des höchsten Gottes redet. Piaton hat jedoch nicht die absolute Unerkennbarkeit Gottes behauptet, sondern hat einschränkend Fr. V I I 58 (p. 208,4—6) nach Andresens Übersetzung S. 128. S. 128 f. 3 Fr. V I 10 b (p. 80,7—9) nach Andresens Übersetzung S. 129. 4 πολλάκις μέν ύπ' έμοϋ καΐ πρόσθεν λεχθείς ist der ursprüngliche Text; Celsus liest statt πρόσθεν: πρότερον. Cf. Andresen S. 129 f. 6 Fr. IV 14 (p. 284,3sq). 1 2
άνθρωπος ένθεος (Celsus, Porphyrius und Julian)
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gesagt, daß Gott (an dieser Stelle nur der Demiurg) den meisten Menschen unerkennbar bleibt; hier knüpft Celsus an, indem er zu den Christen sagt: „Ihr seht, wie der Weg der Wahrheit von Gottessehern und Philosophen erforscht wird, und wie Piaton wußte, daß es 'unmöglich' (Tim. 28 C) ist für alle, ihn zu beschreiten. Da aus diesem Grunde derselbe von weisen Männern entdeckt worden ist, damit wir von dem unnennbaren und ersten Wesen eine gewisse Vorstellung bekämen, die ihn entweder durch die synthetische Verbindung mit anderen Dingen oder durch die analytische Untersuchung von ihnen oder mit Hilfe des Analogieschlusses (uns) verdeutlicht, beabsichtige ich einerseits, über das an sich Unaussprechliche Unterricht zu erteilen, würde mich andererseits aber wundern, wenn ihr in der Lage sein würdet zu folgen, die ihr völlig an das Fleisch gebunden seid und nichts Reines sehen könnt." 1 Die Gotteserkenntnis ist also nur denen möglich, die den „weisen Männern" auf dem Weg der Wahrheit folgen und sich ihnen anvertrauen; diese sind die Führer auf dem Weg zu Gott, weil sie auf einem der drei traditionellen Wege zur Gotteserkenntnis gelangten. Gotteserkenntnis ist zwar an die menschliche Vernunft gebunden, da diese das einzige Organ ist, mit dem Intellegibles erfaßt werden kann; aber die menschliche Vernunft ist nur die Bedingung der Gotteserkenntnis, nicht ihre Ursache. Celsus folgt also Piaton, wenn er Gott für die Ursache des Denkens hält (cf. Rep. 508 e—509 b). In dem Fragment VII 45 hat er offensichtlich das Sonnengleichnis aus der Res publica paraphrasiert. Von dieser Voraussetzung aus, daß Gott die Erkenntnis seiner selbst verursacht, holt er zum Gegenschlag gegen die Christen aus: Wenn also die, die den Weg der Wahrheit vorgezeichnet haben, von Gott inspiriert sein müssen, weil Gotteserkenntnis ein Gottesgeschenk ist, dann sind die Führer auf diesem Weg innerhalb der griechischen Tradition zu suchen. In Fragment VII 45 wird diese Behauptung aufgestellt; ihre Begründung werden wir noch suchen müssen. Celsus hält den Christen entgegen: „Und wenn ihr glaubt, daß irgendein Geist (πνεϋμα) von Gott herabkommt, um die göttlichen (sc. Lehren) vorherzuverkünden, dann dürfte dieses Verkündigungsprinzip (το ταϋτα κηρύττον) wohl jener Geist sein, von dem tatsächlich die alten Männer erfüllt waren und so viele und gute (sc. Lehren) verkündet haben." 2 Es ist deutlich, daß Celsus den Christen die Berufung auf die göttliche Inspiration der alttestamentlichen Propheten und damit ihrer Lehren und Tradition entwinden will. Die göttliche Inspiration und damit der Alethes Logos sind Eigentum der griechischen Tradition; die Träger der wahren Lehre und ebenfalls des wahren Nomos sind die Archegeten der griechischen Tradition. Ihnen allein kommt das Prädikat ενθ-εοι zu. Ihre Namen 1 2
Fr. VII 42 (p. 192,27—193,3) nach Andresens Übersetzung S. 133. P. 197,4—8 nach Andresens Übersetzung S. 138.
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Der christologische Ansatz der 'Apodeixis'
werden gleich zu Beginn seines Werkes genannt; denn das Programm der Schrift lautet: „Es gibt einen alten Logos, der von oben kommt, um den sich schon immer die weisesten Völker und Staaten und weisen Männer bemüht haben." 1 Es folgen die Namen der Völker und Staaten und die der „weisen Männer" 2 ; weil sie die Träger des Nomos bzw. des Logos, der von oben kommt, sind, sind sie die von Gott Inspirierten 8 . Auf einen einzelnen Namen kommt es Celsus gar nicht an, so daß Origenes einwendet : „Er verweist uns an die, wie er sagt, von Gott inspirierten Dichter und Weisen und Philosophen, ohne ihnen Namen zu geben, und obwohl er verspricht, die Führer zu zeigen, nennt er sie ganz unbestimmt die von Gott inspirierten Dichter und Weisen und Philosophen." 4 Denn ihre Namen sind nur insofern von Bedeutung, als durch sie die Kontinuität des Logos, dessen Träger sie sind, aufgewiesen werden soll. „Celsus glaubt, daß bei den meisten Völkern eine Verwandtschaft desselben Logos bestehe, und zählt also alle die Völker auf, die nach seiner Ansicht ursprünglich dieselbe Lehre gehabt haben." 5 Wichtig ist Celsus nur die Geschlossenheit der Tradition; die einzelnen Träger des Logos braucht er nur da heranzuziehen, wo er die literarische Abhängigkeit der israelitischen Propheten und Jesu von dieser nach seiner Ansicht viel älteren Tradition nachweisen will. Es ist damit schon der Grund angegeben, warum für Celsus der Palaios Logos zugleich der Alethes Logos ist. Zwar behält jeder Träger des Logos seine Individualität, und es haben nicht alle dasselbe gelehrt®, aber es findet sich nichts Widersprüchliches in dieser Geschichte der Bemühung um den einen Logos. Diese in sich geschlossene Geschichte, deren Sinn in der platonischen Theologie letztgültig enthüllt ist 7 , letztgültig, weil Piaton sich auf seine Vorgänger beruft 8 , zeugt für die Wahrheit des Logos; die Allegorese macht die Einheit des Geschichtslogos sichtbar», die über die Individualität hinaus die Völker und die Weisen als Träger des einen Logos verbindet. Denn die Unwahrheit des Christentums ist gerade dadurch evident, daß die Christen sich gegen die Juden absetzen wollen, obwohl doch ihr Führer, Jesus, ein Jude war; aber selbst wenn sie ihre jüdische Herkunft zugeben würden, wären sie immer noch 1
Fr. 1 1 4 c (p. 67,15—17); cf. Andresen S. 118. Fr. 1 1 4 a (p. 6 6 , 2 4 — 2 6 ; 67,17—20); fr. 1 1 6 . 3 4 Fr. VI 80 und fr. VII 41. VII 41 (p. 191,24—27). 5 I 14 (p. 66,24—26). Andresen zeigt zwar (S. 9f.), daß συγγένεια kein Begriff des Celsus sei, und daß Origenes den Celsus hier mißverstehe, aber die Sache konnte w o h l kaum anders bezeichnet werden, zumal da es sich nicht um die durch eine Lehre vereinte Menschheit i m stoischen Sinne handelt, sondern u m die Verwandtschaft desselben Logos. « Cf. fr. 1 1 6 und fr. 1 1 8 . ' Cf. fr. VII 45. 8 Cf. fr. V I 10 (p. 79,26—29; 80,7—9) und Andresen S. 136. » Cf. Andresen S. 141—145. 2
άνθρωπος ϊν&εος (Cclsus, Porphyrius und Julian)
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Apostaten zu nennen, denn Mose, der Archeget der jüdischen Tradition, war selbst schon ein Apostat 1 . Dagegen sind Logos und Nomos, auf die sich Celsus beruft, von Anfang an durch eine einheitliche Geschichte gekennzeichnet und so als wahr ausgewiesen 2 ; hier haben sie sich manifestiert, während die israelitischen Propheten den Logos nur ankündigten 3 . Und damit haben wir das Hauptargument für die Zusammengehörigkeit von Palaios Logos und Alethes Logos: Der Alethes Logos muß an dem Palaios Logos überprüfbar sein, weil sonst seine Rationalität aufgehoben wäre. Denn die christliche Lehre (wie auch die jüdische) behauptet, auf Grund von göttlicher Inspiration etwas Neues zu verkünden, dem man nur Glauben entgegenbringen kann, das sich aber der Prüfung durch die Ratio entzieht. Aus dem Fragment VI 10 geht das eindeutig hervor; es heißt dort zunächst von Piaton: „Du siehst, wie Piaton, obwohl er nachdrücklichst versichert, daß es nicht 'in Worten zu beschreiben ist' (ер. VII341C), dennoch eine Begründung für diese Schwierigkeit bietet, damit es nicht so scheint, als wolle er sich auf ein unwiderlegbares Gebiet zurückziehen." 4 Das folgende Fragment sagt, daß es nicht die rationale Nachvollziehbarkeit ist, die Piatons Logos als wahr ausweist, sondern die Übereinstimmung mit dem Palaios Logos, auf die er selbst hinweist 5 : „Piaton prahlt nicht von sich selbst und behauptet nicht in lügnerischer Weise, er habe etwas Neues gefunden oder sei vom Himmel herabgekommen, um es zu verkünden, sondern er bekennt, woher er diese Lehren habe."' Bei den Christen herrsche nur der blinde Glaube, denn jeder könne ja behaupten, er sei vom Himmel gekommen (fr. VI 10sq). Das gleiche Argument liegt auch der Frage des Juden an Jesus zugrunde: „Warum bist du mehr als unzählige andere, die nach der Prophezeiung gekommen sind und über die dieses (sc. daß ein Sohn Gottes kommen werde) geweissagt wurde?" 7 Die Inspiration ist also als Beweisgrund nicht anerkannt, obwohl auch die alten Führer auf dem Weg der Wahrheit von Gott inspiriert waren. Sondern da kein Gott vom Himmel kommt (Buch IV und V 2), der den Logos als eine neue Offenbarung bringen könnte, muß man sich an den Geschichtslogos halten, um den sich, nach der Auffassung des Celsus von der griechischen Tradition, alle Völker und Weisen bemüht haben mit Ausnahme der Juden wegen ihres Erwählungsbewußtseins und der Christen wegen ihrer Berufung auf die Gottessohnschaft Jesu. Da kein Gott vom Himmel 1
Cf. Andresen S. 210—224. Cf. fr. I 14 (p. 67,15): Ιστιν άρχαΐος λόγος; VI 80 (p. 151,20): Έξης 8έ τούτοις ένθεώτατα έξ άρχής έδοξε Κέλσω λέγειν 2θνη . . . 3 Cf. fr. VI 45 (p. 197,6.8): προαγγέλλειν gegen ήγγειλαν. 1 P. 79,26—29 nach Andresens Übersetzung S. 136. 8 Siehe о. S. 118 Anm. 4. • P. 80,7—9 nach Andresens Übersetzung S. 129. 7 Fr. 1 5 0 (p. 101,17 sq). 2
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kommt, ist der Logos von Anfang an in der Geschichte manifest, und nur wer sich dieser Geschichte des Logos verbunden weiß, kann den Anspruch auf den Alethes Logos erheben. Die Inspiration ist zwar die Voraussetzung dafür, daß es Träger dieses Logos gibt, aber erst die Übereinstimmung mit dem Palaios Logos entscheidet darüber, wer inspiriert genannt werden darf. Andresens Monographie über Celsus hat nachgewiesen, daß die ganze Konzeption von dem Geschichtslogos, dessen Träger die ενθεοι άνδρες sind, eine durch und durch gegenchristliche Konzeption ist. Celsus stellt nicht die traditionelle — platonische — Philosophie dem Christentum gegenüber, sondern er entwickelt sein Verständnis des Griechentums und seiner Tradition erst aus der christlichen Auffassung von der Geschichte des Logos, wie sie Justin dargestellt hatte. Deswegen ist Celsus nicht ein konservativer Piatonist, sondern im Hinblick auf die platonische Schulphilosophie, den sog. Mittelpiatonismus, ein Apostat und Neuerer, der sich gezwungen sieht, das Hellenentum mit den Argumenten zu verteidigen, die das Christentum entwickelt hat. Wieweit ihm das gelungen ist und wieweit er nur durch Abgeleitetes dem griechischen Selbstverständnis gegenüber dem Erfolg des Christentums neue Kraft zuführen kann, soll hier nicht untersucht werden. Wir konstatieren nur die Wirkung, die die von seinem ganzen System getragene Widerlegung des Origenes auf die nichtchristliche Philosophie gehabt hat. Das wird nämlich an Porphyrius deutlich, und bei ihm zeigt sich auch, welche Bedeutung die ενθεοι άνδρες und die έθνη ένθεώτατα in einer gegenchristlichen Position nach Origenes haben konnten. Porphyrius beginnt seine Widerlegung des Christentums 1 auf dem von Celsus vorgezeichneten Weg. Er fragt, welchem Genos die Christen eigentlich zuzurechnen seien, da sie vollkommen mit der Tradition brechen; sie seien weder einer barbarischen noch der griechischen Tradition zuzuordnen, seien von den Juden abgefallen, ja wendeten sich überhaupt von der Überlieferung ab, dem ihnen von der Geschichte zugewiesenen Ort 2 . Dieser Vorwurf fällt mit der Behauptung des Celsus zusammen, daß das Christentum eine Welt ohne Logos und ohne Nomos sei. Der entscheidende Unterschied, der Porphyrius von Celsus trennt, liegt in seiner Stellung zu der von den Christen in den Mittelpunkt gestellten πίστις. Die Polemik des Celsus richtet sich gegen die christliche Glaubensforderung überhaupt und stellt ihr die rationale Erkenntnis gegenüber 3 . Darin liegt ein Widerspruch; denn alle Erkenntnis, die wir nach Celsus 1
Fr. 1 (Harnack) aus Euseb von Caesarea, Praep. evang. I 2,1 sqq. Praep.evang. I 2,1—4 (p. 8,20—9,15 Mras); cf. H E VI 19,7 (fr. 39 Harnack): Origenes lebe παρανόμως. 3 Cf. R. Walzer, Galen on Jews and Christians, London 1949, S. 53—56. 2
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von dem transzendenten und deswegen unerkennbaren Gott haben können, verdanken wir den άνδρες ενθεοι, deren Wahrheitsanspruch man sich beugen muß. Darauf reflektiert Celsus jedoch nicht. Bei Porphyrius dagegen findet sich die summarische Ablehnung dessen, was die Christen πίστις nennen, nicht. Statt dessen lesen wir bei ihm, daß die Christen auf Grund eines „unvernünftigen und ungeprüften Glaubens" mit der geschichtlichen Tradition gebrochen hätten und dadurch zu Feinden aller Völker geworden seien 1 . Sein Vorwurf zielt also nicht darauf, daß bei den Christen πίστις gefordert wird, während die griechische Überlieferung Erkenntnis biete. Sondern der Glaube behält seine Grundstellung, nur soll es ein vernünftiger und durch Überlegungen geprüfter Glaube sein. Für Porphyrius führt ein solcher Glaube zu der Einordnung in die geschichtliche Tradition und zu ihrer Anerkennung, während es ein Zeichen von Unvernunft ist, sich außerhalb der Menschheitsgeschichte zu stellen2. Wenn wir nach der Begründung für diese Würdigung des Glaubens bei Porphyrius fragen, so werden wir die Wirkung des Origenes erkennen und sehen, in welcher fatalen Abhängigkeit von dem Christentum sich Porphyrius befindet3. Denn ausgehend von der Tatsache, daß Gotteserkenntnis von göttlicher Offenbarung abhängt, sucht er nach den Urkunden über solche Offenbarung, die sich dem von den Christen recipierten Alten Testament ebenbürtig zur Seite stellen ließen. Das geht aus seiner Einleitung in sein Jugendwerk „ D e philosophia ex oraculis haurienda" hervor, die die Absicht der Orakelsammlung darlegt: „Gewiß und sicher ist der, der aus ihnen (sc. den Orakeln) als aus einem Zuverlässigen (sc. dem Göttlichen) die Hoffnungen des Heils schöpft; solchen Menschen wirst du sie auch unversehrt mitteilen können." Es folgt die Versicherung, daß der Verfasser ein zuverlässiger Tradent sei. Dann fährt er fort: „Die vorliegende Sammlung wird auch eine Darstellung vieler philosophischer Lehren enthalten, wie sie die Götter als wahr voraussagten. Ein wenig wollen wir noch den Nutzeffekt bedenken, insofern man zur Schau (sc. Gottes) und zur vollständigen Reinigung des Lebens geführt wird. Welchen Nutzen die Sammlung hat, werden besonders die verstehen, die an der Wahrheit zweifelten und darum gebetet haben, daß sie irgendwann einmal aus der Offenbarung der Götter Ruhe vor dem Nichtwissen fänden, weil sie, die Götter, es sind, die eine ver1 Praep. evang. 1 2 , 4 (p. 9 , 1 0 — 1 2 M r a s ; fr. 1 Harnack): πώς 8' οό μοχθηρίας είναι καΐ εύχερείας έσχάτης τό μεταθ-έσθαι μέν εύκόλως των οικείων, άλόγω δέ καΐ άνεξετάστω πίστει τά των δυσσεβών καΐ πδσιν ί&νεσι πολεμίων έλέσθαι. . . 2 Man könnte meinen, in dem Satz E u s e b , Praep. evang. I 2 , 3 (p. 9 , 3 — 7 Mras) Celsus sprechen zu hören. 8 Auf dieses Abhängigkeitsverhältnis hat H . Langerbeck in seiner ungedruckten Habilitationsschrift „ S t u d i e n zu dem s o g . Dionysius A r e o p a g i t a " (Göttingen 1939) S. 68—81 nachdrücklich hingewiesen.
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trauenswürdige Lehre verkünden." 1 Celsus meinte jedoch, daß die göttlich inspirierten Dichter und dichtenden Philosophen das griechische Selbstbewußtsein gegenüber dem Christentum befestigen könnten; ihre Mythen sollten ihm ersetzen, was das Christentum im Alten Testament besaß. Aber Origenes hatte höhnend darauf hingewiesen, daß doch Piaton seine guten Gründe gehabt hatte, als er die Dichter aus seinem Idealstaat verbannte 2 . Die Christen besaßen eben im Alten Testament eine ehrwürdige und vertrauensvolle Überlieferung der göttlichen Offenbarung. Genau diesen von Origenes ins Feld geführten Mangel empfindet Porphyrius und will ihm durch eine Sammlung der Göttersprüche begegnen. Er sagt es selbst in seiner Auseinandersetzung mit Origenes 3 : Origenes habe die hellenische Methode, d. h. die Allegorese, der Schriftdeutung von den Griechen gelernt; er nennt auch die Quellen des Origenes. Aber nicht allein dieses ist der Anstoß, sondern Origenes habe das, was bei Mose klar gesagt sei, „erst rätselhaft gemacht, als ob es θ-εσπίσματα πλήρη κρύφιων μυστηρίων seien" 4 . Das trifft den Nagel auf den Kopf: Nicht Anstößiges, wie in der stoischen Homerallegorese, wird durch die Allegorese des Origenes beseitigt, sondern die Erzählungen sind in ihrem Wortlaut zugleich göttliche Offenbarungen. Das soll hier nicht weiter verfolgt werden. Deutlich ist jedenfalls geworden, daß der Akzent in der Auseinandersetzung des Porphyrius mit dem Christentum, das er wesentlich in der Gestalt des Origenes kennengelernt hat, sich von der Inspiration einzelner Personen auf die schriftliche Urkunde der göttlichen Offenbarung verlagert hat. Die Vermittler der göttlichen Sprüche, die άνδρες ένθ-εοι, treten hinter der Tatsache zurück, daß ein Gott durch sie gesprochen hat. Aber sie sind nicht völlig übersehen, da Porphyrius ja erklären muß, wie Göttliches in Menschenmund kommt. Die fragmentarische Uberlieferung der Schrift „De philosophia ex oracuüs haurienda", von „Adversus Christianos" ganz zu schweigen, läßt nur wenig Rückschlüsse zu. Dämonen sind die Mittler zwischen Göttlichem und Menschlichem 6 . „Denn der Geist, der herabkommt, und der Ausfluß aus der 1 G. Wolff, Porphyrii de philosophia ex oraculis haurienda librorum reliquiae, Berlin 1856 (Darmstadt 1962) S. 109 f. ( = Euseb, Praep. evang. IV 7 , l s q ; Text nach Mras): Βέβαιος δέ καΐ μόνιμος 6 έντεϋθεν ώς äv έκ μόνου βεβαίου τάς έλπίδας τοϋ σωθήναι άρυτόμενος· οΤς δή καΐ μεταδώσεις μηδέν ύφαιρούμενος . . . 2ξει δέ ή παρούσα συναγωγή πολλών μέν των κατά φιλοσοφίαν δογμάτων άναγραφήν, ώς οί ·9·εοΙ τάληθές ίχειν έθέσπισαν έπ' δλίγον δέ καΐ της χρηστικής άψόμεθα πραγματείας, ήτις πρός τε τήν θεωρίαν όνήσει καΐ τήν έίλλην κάθαρσιν τοϋ βίου. ήν δ' έχει ώφέλειαν ή συναγωγή, μάλιστα εϊσονται βσοιπερ τήν άλήθειαν ώδίναντες ηΰξαντό ποτε της έκ θ-εών έπιφανείας τυχόντες άνάπαυσιν λαβείν της άπορίας δια τήν των λεγόντων άξιόπιστον διδασκαλίαν. а С. Cels. IV 36. 3 Euseb von Caesarea, HE VI 19,7 (fr. 39 Harnack). 4 So übersetzt H. Langerbeck a.a.O., S. 74. 6 Cf. Piaton, Symp. 202 sq.
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himmlischen Kraft, der in den vernünftigen und beseelten Körper eingeht, die Seele als seine Basis benutzend, gibt sich eine Stimme, durch den Körper wie durch ein Werkzeug." 1 Die Beschreibung trifft genau die Inspiration, wobei das Verhältnis des inspirierenden Geistes zur Vernunft noch weiter zu klären ist; denn für Piaton ist die Mantik durch den unvernünftigen ένθ-ουσιασμός gekennzeichnet 2 . Aber die Wertschätzung der Orakel, die schon bei Plutarch zu bemerken ist, zwingt dazu, die Irrationalität der Inspiration einzuschränken, da aus den Orakeln der Logos spricht 3 , allerdings in verschlüsselter Weise. Der Vorgang der Inspiration läßt sich bei Porphyrius wegen des Zustandes der Überlieferung nur noch aus dem Verhältnis des Weisen zum Göttlichen erschließen. In seinem Brief an Marcella sagt Porphyrius, daß das Göttliche überall sei. Eine Wohnung findet es aber nur in dem Verstand der Weisen4. Denn entweder sei die Seele von bösen Dämonen bewohnt, die man mit Hilfe der Theurgie vertreiben könne; oder in der geistigen Seele sei das Göttliche eingezogen und gleiche ihr den anderen Seelenteil an und beherrsche ihn 5 . Aber nicht der höchste und transzendente Gott selbst kann in der Seele wohnen, sondern die Vernunft (6 νους). Die Vernunft erkennt das transzendente Göttliche, weil es ihr eingebildet ist®. Die Seele ist, bildlich gesprochen, der Körper der Vernunft, der durch sie seiner schöpferischen Kraft Gestalt in der Tugend verleiht 7 . Die Vernunft ist es nun auch, die der Seele die Erkenntnis Gottes gibt, indem sie das ihr von ihm eingepflanzte Denken wie ein Licht erleuchtet 8 . Überall, wo sich Weisheit findet, ist also die göttliche Vernunft anwesend, weil sie die Ursache der Weisheit ist. Vergleichen wir von hier aus, was Porphyrius über Christus sagt. Im dritten Buch der „Philosophia ex oraculis" habe er behauptet, wie Euseb durch ein Zitat beweist, daß Christus nicht nur im Alten Testament geweissagt werde, sondern auch in den Orakeln, die die griechische Tradition für sich reklamiert. Mit welcher Begründung Porphyrius allerdings die beiden Orakel, die er anführt, auf Christus bezieht, wird nicht deutlich; Euseb läßt ein Stück aus dem Abschnitt weg. Jedenfalls habe das Orakel 1
Wolff a.a.O., S. 160 ( = Euseb, Praep. evang. V 8 , 1 2 ; p. 239,11—13 Mras): πνεύμα γαρ τό κατών καΐ άπόρροια έκ της έπουρανίου δυνάμεως εις όργανικόν σώμα καΐ έμψυχον είσελθοϋσα, βάσει χρωμένη τη ψυχη, διά του σώματος ώς δργάνου φωνήν άποδίδωσιν. 2 8 Tim. 71 е. Cf. Plutarch, D e def. or. 48 (p. 436f.). 4 A d Marcellam 11 (p. 281,13—17): λέγει δέ 6 λόγος πάντη μέν καΐ πάντως παρεϊναι τό θείον, νεών δέ τούτφ παρ' άνθρώποις καθιερώσθαι τήν διάνοιαν μάλιστα του σοφοϋ μόνην, τιμήν τε προσήκουσαν άπονέμεσθαι τω θεω ύπό τοϋ μάλιστα τί>ν θεόν έγνωκότος. 6 Cf. A d Marcellam 21 (p. 287,20—23): δπου δ' αν λήθη παρεισήλθη θεοϋ, τί>ν κακ&ν δαίμονα άνάγκη ένοικεϊν - χώρημα γαρ ή ψυχή, ώσπερ μεμάθηκας, ή θεών ή δαιμόνων. « Cf. A d Marcellam И (p. 281,20) und 26 (p. 291,1 sq). 7 8 Ibid. 16. Ibid. 26 (p. 290,25—291,8).
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auf die Frage, ob Christus ein Gott sei, geantwortet, daß die Seele unsterblich sei und daß die von der Weisheit nicht getrennte Seele wie die Seele aller Gottesfürchtigen in den Himmel eingehe 1 . Christus als einen Gott zu verehren, sei eine Entfernung von der Wahrheit2. Also hat Porphyrius in diesem Werk im Gegensatz zu seiner Schrift gegen die Christen, wo er sich wohl ganz von dem bestimmen läßt, was die Christen einschließlich der Evangelien von Christus behaupteten, die Verbindung Christi mit der göttlichen Vernunft zugegeben. Aber insofern die Individualität Christi, seine Seele, sich mit der Vernunft verbunden hat, ist er nicht mit der göttlichen Vernunft selbst identisch. Porphyrius nennt Christus einen Weisen und müßte ihn folglich auch ενθεος nennen. Das spielt Euseb gegen die Aussagen des Porphyrius in der Schrift „Adversus Christianos" aus, wo Christus ein Betrüger genannt wird. Nach Euseb ist es gerade ein Beweis für die göttliche Kraft (τό ένθ-εον της περί αύτοϋ δυνάμεως) in Christus, daß er einfache und ungebildete Menschen wie die Jünger zu Boten der göttlichen Wahrheit machen konnte 3 . Ob allerdings τό ενθεον της περί αύτοϋ δυνάμεως Christus über die Weisen und die von göttlichem Geist Erleuchteten hinaushebt und seine Verehrung als Gott rechtfertigt, muß fraglich erscheinen. Denn in dem Vergleich der von Porphyrius aufgezeigten göttlichen Sprüche in der Geschichte des Hellenentums mit der Weisheit und den Prophezeiungen des Alten Testaments bezeichnet Euseb die Propheten als ενθ-εοι άνδρες και σοφοΐς ού κατ' ανθρώπων γενομένοις κατ' έπίνοιαν δέ θείου πνεύματος4. Der Erweis der Überlegenheit des Alten Testaments wird ihm leicht gemacht dadurch, daß Porphyrius auch eine Inspiration durch böse Dämonen feststellt; das gab es natürlich bei den Propheten des Alten Testaments nicht, sondern bei ihnen erweist sich die göttliche Herkunft der Inspiration durch die Einstimmigkeit aller Prophetien und durch die Übereinstimmung mit Tugend und Wahrheit5. Blicken wir noch auf Julian, um festzustellen, welche Bedeutung die άνδρες ενθεοι in seiner Bestreitung des Christentums haben. Julian beginnt seine Schrift „Contra Galilaeos" mit einer kurzen Darlegung über den Ursprung der Gotteserkenntnis. In der Inhaltsangabe des ersten Buches schreibt er: „ E s ist wichtig, zuerst kurz zusammenzufassen, woher und auf welche Weise eine Vorstellung von Gott zu uns kommt, danach das bei den Griechen und bei den Hebräern über das Göttliche Gesagte zu vergleichen. . . " e Seine Ausführung dieses ersten Punktes 1 3 4 5 β
2 Wolff a.a.O., S. 181. Wolff a.a.O., S. 180—182. D e m . evang. III 7,5 sq. D e m . evang. V Prooem. 32 (p. 209,6). Ibid. p. 209,4—10. P. 164,6—8 (Neumann): Μικρόν 8έ άναλαβεϊν, δθ-εν ήμΐν ήκει καΐ δπως ίννοια θ-εοϋ,
είτα . . .
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beginnt dann mit dem grundlegenden Gedanken, daß die Gotteserkenntnis nicht durch Lehre vermittelt wird, sondern den Menschen von Natur aus gegeben sei. „Daß die Gotteserkenntnis nicht gelehrt, sondern von Natur den Menschen gehört", dafür sei die bei allen Menschen und Völkern sich findende Sehnsucht nach dem Göttlichen ein erster Beweis „Denn wir alle glauben an ein Göttliches, ohne dessen gelehrt worden zu sein." 2 Eine Vorstellung vom Göttlichen habe also jeder Mensch; die genaue Erkenntnis Gottes sei jedoch nur wenigen vorbehalten und denen sei es nicht leicht, sie weiterzugeben, wie es in Anlehnung an Piaton (Tim. 28 C) heißt. Zu der allgemeinen Sehnsucht des Menschen nach Gott trete als weitere Quelle der Gotteserkenntnis die sichtbare Offenbarung der festen Ordnung und gleichbleibenden Bewegung des Himmels, der Manifestation der Weltseele, und außerdem die Lebendigkeit der jedem Menschen innewohnenden Seele; auch dies ein platonischer Grundsatz 3 . Es ist eindeutig, daß Julian durch seinen Grundgedanken den Exklusivitätsanspruch des Christentums, allein Gotteserkenntnis vermitteln zu können, widerlegen will. Deswegen gipfelt sein Vergleich von Hebräern und Christen mit den Heiden in einem Vergleich dessen, was sich an Göttlichem in den beiden Traditionen vorfindet 4 . Die Wissenschaft, die staatliche Macht und prophetisches Sehertum ist durch göttliche Vorsehung den Griechen gegeben worden, während die Hebräer und Christen dem nichts Vergleichbares an die Seite zu stellen haben. Er macht и. a. darauf aufmerksam, daß der prophetische Geist nur selten von Göttern zu Menschen komme; diese Erfahrung gelte ja auch bei den Hebräern. Aber allen anderen Menschen außer den Hebräern habe Zeus die Theurgie geschenkt, durch die man jederzeit die göttliche Hilfe erlangen könne®. Außerdem sei Asklepius aus der göttlichen Welt zu den Menschen gekommen, und zwar sei er nicht nur in einem Winkel der Erde wie Christus in Palästina in menschlicher Gestalt erschienen, sondern in fast allen Orten der hellenischen Welt®. Im dritten Teil seines ersten Buches stellt er dann dar, daß sich die Christen sowohl von dem Judentum als auch von dem Griechentum getrennt hätten, um einen Weg für sich allein zu gehen 7 . Daraus wird deutlich, daß Julian der christlichen Behauptung, nur von ihnen könne man über Gott belehrt werden, die Universalität der Gotteserkenntnis entgegenstellt. Aber die universale Geschichtstradition, von der Celsus ausging, ist nicht sein 1 P. 1 6 5 , l s q q (Neumann): "Οτι ού διδακτών, άλλά φύσει (τό εΐδέναι θεδν) τοις άνθ-ρώποις ύπάρχει . . . 2 P. 165,4sq (Neumann): άπαντες γάρ άδιδάκτως θεΐόν τι πεπιστεύκαμεν . . . 3 Ρ. 165,6—166,13 (Neumann); cf. Piaton, Leg. 966d—967a. * Cf. Neumann p. 117. 5 6 P. 196,17—197,9 (Neumann). P. 1 9 7 , 1 0 — 2 0 0 , 4 (Neumann). 7 Cf. p. 164,8—19 (Neumann) die Inhaltsangabe Julians.
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Hauptargument. Sondern Julian begründet seinen Universalitätsanspruch, der zugleich die Wahrheit des Göttlichen beweisen soll, in dessen Besitz sich die Hellenen befinden, mit dem Gedanken, die Gotteserkenntnis sei überhaupt nicht von einer bestimmten Lehrtradition abhängig, da jedem Menschen von Natur aus eine Vorstellung vom Göttlichen gegeben sei. Um über diese allgemeine Vorstellung vom Göttlichen zu einer klaren Erkenntnis Gottes vorzudringen, sei man auch nicht auf eine bestimmte Lehrtradition, die in irgendeiner Weise ja immer exklusiv ist, angewiesen, sondern die Seele des Alls und die Seele im Menschen seien die beiden Quellen der Gotteserkenntnis. Allerdings muß Julian zugeben, daß die klare Gotteserkenntnis nicht jedem Menschen zugänglich ist, sondern wenigen vorbehalten bleibt. Seine genauere Begründung dieses platonischen Satzes ist leider nicht überliefert1. Sie läßt sich vielleicht folgendermaßen rekonstruieren: Die wenigen, die eine klare Gotteserkenntnis haben, finden sich auch in der hellenischen Tradition, die Julian wohl für sehr universal hält; und diese Weisen der hellenischen Tradition sind dem einzigen hebräischen Weisen, Mose, auch noch überlegen. Aber soweit aus der Schrift „Contra Galilaeos" erkennbar ist, wird auf die klare Gotteserkenntnis, die in einer nicht erläuterten Weise von Untergöttern gewährt wird, so daß die Universalität des höchsten Gottes, von dem jeder eine Vorstellung hat, gewahrt bleibt, nicht das entscheidende Gewicht gelegt. Denn die Vorstellung vom Göttlichen, die sich aus der Betrachtung der Allseele und der Einzelseele ergibt, ist für Julian schon so viel wie der Inhalt der platonisch-aristotelischen Theologie, die er für Allgemeingut zu halten scheint. Was er darüber hinaus unter klarer Gotteserkenntnis versteht, muß dann schon so etwas wie eine mystische Geheimtradition sein. Deswegen hat die Vorstellung von den άνδρες ενθεοι für ihn keine besondere Bedeutung. Die Theurgie, die schon Porphyrius heranzog, überbrückt die Zufälligkeit göttlicher Inspiration. Cyrill hat sehr wohl bemerkt, daß es auf die Lehrtradition hinsichtlich der Gotteserkenntnis ankommt. Nur so ist jedenfalls zu verstehen, daß er vor der eigentlichen Widerlegung des Julian auf den Altersbeweis zu sprechen kommt und ihn ganz vorführt. Er faßt zusammen, daß Julian den Christen vorwerfe, sich erst von der Mosetradition und dann auch von der hellenischen und dadurch von aller geschichtlichen Tradition getrennt zu haben, um eine Neuerung einzuführen2. Die Abkehr von den Lehren des Mose will Cyrill nicht zugeben; der ausführliche Beweis werde zu gegebener Zeit folgen, hier genüge das Sprichwort: „σοφάς άλλος άπ' άλλου." Damit wird die Tradition von Lehre begründet: Mose 1 P. 165,6 (Neumann) ist eine Lücke. Cf. zu Julians Philosophie A. Neander, Uber den Kaiser Julianus und sein Zeitalter, Gotha 1867, S. 64—73. Jamblichs Lehre wird hier einzusetzen sein. 2 M P G 76, 512C. -
άνθρωπος ένθεος bei Apollinaris
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sage Wahres über Gott; wer also sonst noch weise zu nennen ist, der kann es nur von Mose gelernt haben, vorausgesetzt, daß Mose der älteste Weise ist. Die göttliche Inspiration wird auf diese Weise auf den Begründer der Lehrtradition beschränkt. 4. αν&ρωπος εν&εος bei Apollinaris a) Das Verständnis dieses Begriffs bei Apollinaris Bevor wir uns Apollinaris selbst wieder zuwenden, sollen Philon und Origenes herangezogen werden, um den Sinn des Wortes ενθεος in seiner weittragenden Bedeutung deutlich zu machen. Daß bei Philon ενθεος, ένθους und ένθουσιαν gleichbedeutend sind, braucht kaum bewiesen zu werden, ein Blick in den Index von Leisegang genügt. Ebenso ist klar, daß durch diese Wortgruppe wesentlich das Prophetische, das auf göttlicher Inspiration beruht, beschrieben wird. Aber Philon will die Bedeutung nicht auf die Propheten einschränken, sondern bezeichnet den Weisen überhaupt durch das ένθουσιαν. Zwei Stellen sollen das beleuchten (Heres §§ 68—70 und De opif. mundi 71): Es wird dargelegt, wer der Erbe der himmlischen Güter ist. Nicht das im Bereich des sinnlich Wahrnehmbaren gefangene Denken, sondern ein Denken, das von den Fesseln des Körperlichen befreit ist, was hyperbolisch auch so ausgedrückt werden kann: Ein Denken, das sich selbst verlassen hat1. Alles, was der sichtbaren Welt angehört, muß verlassen werden, aber die Seele muß auch sich selbst verlassen, aus sich heraustreten, ein Vorgang, der nur dem Verhalten eines Korybanten zu vergleichen sei, wenn er vom göttlichen Geist besessen ist. „Denn wenn das Denken vom göttlichen Geist erfüllt ist und nicht mehr in sich selbst ruht, sondern trunken ist von himmlischer Sehnsucht", dann ist es der Erbe der himmlischen Güter2. Philon gibt hier genau die antike Vorstellung des ενθουσιασμός, die ein πάθος der Seele ist, indem er sagt, daß die Seele durch das Verlangen nach dem Himmlischen von sich selbst weggezogen wird 3 . Den gleichen Vorgang beschreibt er in dem Geschehen bei der Schau des Intelligiblen, das den Grund (παράδειγμα) des sinnlich Wahrnehmbaren enthält: Durch die dort aufleuchtende Klarheit wird die Seele „von einer nüchternen Trunkenheit erfaßt und gerät außer sich wie die Korybanten"4. Das Denken wird hinausgeführt über die sichtbare Anschauung durch die Anziehungskraft der reinen Wahrheit und verläßt Cf. heres 68: . . . λογισμός . . .καταλελοιπώς, εΐ οΐόν τε τοϋτο είπεΐν, αύτύς έαυτόν. Heres 70: ένθουσιώσης γάρ καΐ ούκέτ' ούσης έν έαυτφ διανοίας, άλλ'ϊρωτι ούρανίω σεσοβημένης . . . s Cf. Aristoteles, Pol. 1340a 11 und Ps. Aristoteles, MM 1190b 36sq. 4 Opif. 71: μέθη νηφαλίω κατασχεθείς ώσπερ οί κορυβαντιώντες ένθουσι^ . . . 1
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9 Μ Uhlenberg, Apollinaris
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seinen eigenen Grund, insofern es auf die sichtbare Gegenständlichkeit angewiesen ist. Der Vorgang der prophetischen Inspiration dient also zu Veranschaulichung des menschlichen Verhaltens, wenn das menschliche Denken sich vom Irdischen zum Göttlichen, vom Sichtbaren zum Unsichtbaren, dem Intelligiblen, wendet. Genau wie Philon greift auch Origenes auf das Bild der prophetischen Inspiration zurück, um zu zeigen, daß die Gotteserkenntnis von Gott selbst gegeben wird. So sagt er einmal: Niemand erkennt Gott, außer dem, dem es der Sohn offenbart. Daraus folgt für ihn, daß die Gotteserkenntnis „der Seele durch eine göttliche Gnade, nicht ohne göttliches Eingreifen zuteil wird, sondern mit einem gewissen ένθ-ουσιασμός"1. Ebenso heißt es im Johanneskommentar, daß wir Menschen nur von Gott her λογικοί werden, indem der Logos das Irdische in uns auslöscht2. Es dürfte daraus klar sein, daß Jesus, wenn er mit dem Logos identisch ist, nicht ein άνθρωπος ενθ-εος genannt werden kann; denn sonst bliebe unverständlich, warum er allein den Logos offenbart, während die Propheten und aus Gnade Weisen hinter seiner Offenbarung zurückstehen. Es war gefragt worden, welche Vorstellung Apollinaris mit dem Ausdruck άνθρωπος ενθεος verbindet, und zu diesem Zweck war die antichristliche Literatur durchgesehen worden. Wir sind damit dem Hinweis des Apollinaris selbst gefolgt, der behauptet hatte, daß durch die nichtchristliche Gottesvorstellung sich im Christentum eine Christologie ausgebildet habe, die Jesus wegen seiner menschlichen Geburt und seines menschlichen Verhaltens, besonders wegen seines Leidens, im Grunde nur einen göttlich inspirierten Menschen nenne. Welche Gruppe innerhalb des Christentums gemeint ist, wird in fr. 15 gesagt, aber wir wollen vorerst noch bei den Nichtchristen bleiben, weil sie die von Apollinaris gemeinten (häretischen) Christen ja sozusagen verführt haben. Im zweiten Teil seiner Schrift (s. o. S. 77 f.) greift Apollinaris den Gedanken von fr. 14 wieder auf und sagt in dem wörtlich überlieferten Zitat (fr. 49): „Die Griechen und Juden sind offensichtlich Ungläubige, weil sie es ablehnen, zu vernehmen, daß der von einem Weibe Geborene Gott ist." 3 Ihre Zustimmung würde man aber gewinnen, wenn Christus wie Elia ein von Gott inspirierter Mensch genannt würde: „Griechen und Juden würden (sc. die christliche Verkündigung) aber annehmen, wenn wir sagten, daß der Geborene ein von Gott inspirierter Mensch sei wie 1 C. Cels. VII 44 (p. 195, l s q ) : . . . θ-εία τινί χάριτι, οΰκ άθεεί έγγινομένη τη ψυχη άλλα μετά τίνος ένθουσιασμοϋ, άποφαίνεται γινώσκεσθαι τόν &εόν. a Comm. in Jo. 1 2 6 8 (p. 4 7 , 2 7 s q ) : δήλον 3τι καΐ ένθ-έως λογικοί γινόμεθ-α, τά έν ήμΐν άλογα καΐ τήν νεκρότητα άφανίζοντος αύτοϋ, καθ' δ „λόγος" έστί καΐ ,,άνάστασις". 3 J ρ. 168,28—30: "Ελληνες καΐ 'Ιουδαίοι προφανώς άπιστοϋσι, μή καταδεχόμενοι θεόν άκούειν τδν έκ γυναικός τεχθέντα.
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Elia." 1 Gregor von Nyssa fragt natürlich gleich sarkastisch nach, ob die Griechen wohl die Wunder des Elia für wahr hinnehmen würden 2 . Obwohl es auffällt, daß für die Griechen kein gleichwertiges Beispiel wie für die Juden unter Anspielung auf Mk. 8,28 parr. genannt wird, so ist doch klar, daß Apollinaris einen Propheten als Beispiel nennen will und damit den von göttlichem Geist inspirierten Menschen überhaupt. Denn in fr. 70 heißt es ganz eindeutig, daß die unchristliche Alternative zum richtigen Glauben Christus nur als Weisheit kennt, eine Weisheit, die die Vernunft der Menschen erleuchtet. „Diese (die Weisheit) ist das, was sich in allen Menschen findet." Folglich wäre in Jesus nur ein Mensch geboren worden, dem wie anderen Menschen auch die Gnade der Erleuchtung zuteil wurde 3 . Jesus könnte also nur quantitativ, durch ein mehr an Weisheit, unter den Menschen hervorragen, nicht aber qualitativ dadurch, daß sein Wesen Gott ist und er durch sich selbst Gott offenbart. Man kann es fast ein Standardargument des Apollinaris nennen, daß Jesus qualitativ von den anderen Menschen unterschieden ist und deswegen nicht in die prophetische Gattung eingereiht werden darf 4 . So heißt es in seiner Auslegung zu Joh. 9,10—17: Der von seiner Blindheit Geheilte wird von den Leuten bedrängt, das Geschehene zu verheimlichen. „Aber er wich nicht zurück, da er den Herrn durch seine Erfahrung erkannt hatte, sondern in den Grenzen seines Verständnisvermögens gab er ein gutes Zeugnis für ihn ab; er sagte, er sei ein Prophet, wahrscheinlich deswegen, weil er nicht wußte, daß er es aus eigener Kraft getan hatte, da er die Vollmacht der Gottheit nicht erkannte."® Christus ist also kein Prophet, handelt nicht auf Grund der Macht eines ihn inspirierenden Geistes. Oder in einem Brief: „Unser Bekenntnis lautet nicht, daß der Logos Gottes in einen heiligen Menschen eingegangen ist, wie es bei den Propheten geschah", sondern er bekenne die wahrhafte Inkarnation®. In die Form eines Syllogismus gebracht, lautet der Gedanke: „Wenn Gott durch einen Menschen wirkt, so wird dieser Mensch zu einem Prophet 1 Fr. 51 (J p. 169,21—23): έδέξαντο αν "Ελληνες καΐ 'Ιουδαίοι, είπερ άνθρωπον ϊνθεον είναι τόν τεχ&έντα έλέγομεν, ώσπερ Ήλίαν. 2 J ρ. 169,24 sq. 3 J p. 188,23—27 (paraphrasiert J p. 189,15—19): Et μή νους ίνσαρκός έστιν ό κύριος, σοφία αν είη φωτίζουσα νουν ανθρώπου' αυτή δέ τό έν πασιν άνθρώποις. ει δέ ταϋτα, οΰκ ήν επιδημία θεοϋ ή Χρίστου παρουσία, άλλ' άνθρωπου γέννησις. 4 Cf. Cat. in Joh. 11,21 (Reuss Nr. 69). 5 Joh. Cat. 51,7—10 (Reuss): άλλ' ούκ εΐξεν, άτε πείρα τόν κύριον έγνωκώς, άλλ' δσον έδύνατο καταλαβεΐν εύφήμως λέγει περί αΰτοϋ προφήτην είναι φάσκων καΐ τοϋτο είκότως, έπείπερ ούκ Ιδία δυνάμει πεποιηκότα αύτόν ήπίστατο της θεότητος τήν έξουσίαν άγνοών. ' L ρ. 256,3sq: Ήμεΐς όμολογοϋμεν ούκ είς άνθρωπον άγιον έπιδεδημηκέναι τόν τοϋ θεοϋ λόγον δπερ ήν έν προφήταις . . . 9*
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oder Apostel, nicht aber zum Erlöser der Welt. Christus ist aber der Erlöser der Welt. Also entstand Christus nicht dadurch, daß Gott durch einen Menschen wirkte." 1 Die Vorstellung des άνθρωπος ενθεος bei Apollinaris umgreift also alle Nuancen, die in dem vorausgehenden Abschnitt aufgezeigt wurden. Es ist der von Gott Inspirierte, sei es der Prophet, sei es der Weise, der seine Weisheit nicht aus sich selbst hat, und sei es auch die vulgärreligiöse Vorstellung vom Wundertäter, der durch einen ihm innewohnenden Dämon Heilkräfte hat. Immer jedoch ist das Göttliche in einem solchen Menschen als ein anderes, nicht zum Wesen des Menschen Gehörendes, was sich klar von ihm scheiden läßt. Der von seiner Blindheit Geheilte nannte Jesus nach Apollinaris ja deswegen einen Propheten, weil er glaubte, eine fremde Kraft habe durch Jesus gewirkt. Deswegen hat Apollinaris seine Schwierigkeiten, die Stelle in Joh. 17,19: „Ich heilige mich selbst", wie Jesus in dem hohenpriesterlichen Gebet sagt, zu erklären. Obwohl Jesus nicht sagt, daß er seinen Leib heiligt und dadurch ein Werkzeug göttlicher Offenbarung wird, so bleibt doch die Frage, wie er sich selbst heiligen kann; denn dann kann nicht mehr, wie es nötig ist, zwischen Subjekt und Objekt der Heiligung unterschieden werden. „Wenn er als Ganzer heiligt, was ist das Geheiligte? Wenn der Ganze geheiligt wird, was ist das Heiligende?" 2 Seine Antwort ist zunächst ein Rückzug auf die Form der Aussage. Durch die solle sichergestellt werden, daß in Jesus nicht eine fremde, von ihm unterschiedene Kraft die Heiligung seiner Menschlichkeit bewirke, sondern die Einheit der Person gewahrt bleibe. Denn feststeht auf jeden Fall, daß „nicht auf prophetische oder apostolische Weise eins das andere heiligt, wie der Geist die Propheten und Apostel" 3 . Es mögen Schüler gewesen sein, die diesen Gedanken in De unione ausführten, aber der Gedanke selbst stammt von Apollinaris. Vergleichen wir noch eine letzte Stelle, und zwar die Catene zu Joh. 17,18: Jesus sagt, daß er seine Jünger ausschickt, wie auch er selbst vom Vater gesandt wurde. Apollinaris beharrt aber auf dem Unterschied der Sendung von Jesus und von den Jüngern. „Denn sie werden nicht als solche, die von Natur aus Lehrer wären, wie es der Herr ist, geschickt, sondern sie empfingen die Fähigkeit zu lehren und die Weisheit als etwas Zusätzliches, und so geht das Gute durch Nachahmung in die Welt ein." 4 Bei 1 L p. 242,24—27: θεοΰ ένεργήσαντος άνθρώπω αποτελείται προφήτης ήγουν απόστολος, ού σωτήρ κόσμου. Χριστός δέ σωτήρ κόσμου· ούκ δρα θεοϋ ένεργήσαντος άνθρώπω άπετελέσθη Χριστός. 2 De unione § 10 (L p. 189,14sq). 3 L p. 189,18—20: . . . δτι οΰ κατά τόν προφητικών ούδέ κατά τόν άποστολικόν τρόπον άλλος άλλον άγιάζει, καθ-άπερ τό πνεϋμα τούς προφήτας καΐ τούς άποστόλους . . . 4 Joh. Cat. 130,3—6 (Reuss): ούδέ γάρ ώς φύσει διδάσκαλοι πέμπονται καθάπερ 6 κύριός έστιν, άλλά προσλαβόντες τήν διδακτικήν δύναμιν καΐ σοφίαν καΐ οΰτω διά της μιμήσεως τό αγαθόν εις τόν κόσμον χωρεί . . .
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Jesus darf also die göttliche Weisheit nicht von seiner Natur und von seinem Wesen als etwas anderes unterschieden werden, sondern er verkörpert sie in sich selbst. Deswegen ist der Geist nicht etwas anderes als der Mensch Jesus, „sondern der Herr ist in der Natur des Gottmenschen der göttliche Geist" 1 . Die Konsequenz haben wir schon vernommen: Wenn das Göttliche sich durch Jesus mittels der Inspiration offenbarte, dann wäre der Gedanke der Inkarnation Gottes hinfällig 2 . Denn davon war Apollinaris ausgegangen, daß eine auf der Vorstellung des von Gott inspirierten Menschen ruhende Christologie den Gedanken der Inkarnation Gottes aufhebt. Nur wegen ihrer Ablehnung einer Inkarnation Gottes hatten die Nichtchristen Christus unter die Inspirierten eingereiht. Und in der Tat, wir fanden, daß Celsus seine Geschichtsphilosophie gegen die Christen auf die Voraussetzung gründet, daß kein Gott vom Himmel herabkommt. Der wahre Logos ist nur der alte Logos, weil der Logos von Anfang an in der Geschichte anwesend ist durch seine Träger, die άνδρες εν9·εοι und die έθνη ένθεώτατα. Der Logos, der die Wahrheit verbürgt, kann nicht anders in der Welt sein; deswegen ist der alte Logos der wahre Logos, und deswegen haben die Christen unrecht, wenn sie behaupten, ihr Christus sei der Logos schlechthin in Menschengestalt, wie es Celsus bei Justin gelesen haben muß 3 . Aber es ist zu beachten, daß Justin keineswegs sagt, Gott selbst habe sich inkarniert, sondern der Logos inkarnierte sich in Christus. Der Logos konnte Mensch werden, weil er nur durch den Willen des transzendenten Gottes Gott ist, nur der Bote Gottes ist. „Weder Abraham also noch Isaak noch Jakob noch irgendein anderer Mensch hat den Vater und unnennbaren Herrn des Alls überhaupt und insbesondere Christi gesehen, sondern sie haben alle nur den gesehen, der nach dessen Wille auch Gott ist, seinen Sohn und Boten, weil er nach dessen Willen diente, den er auch dazu bestimmt hat, Mensch zu werden durch die Jungfrau. . ." 4 Der Gedanke Justins ist gewiß mehr apologetisch ausgerichtet als in sich selbst durchdacht; aber zum Beweis der Überlegenheit des Christentums über die griechische Tradition behauptet er, daß der ganze Logos ganz Mensch wurde und nicht nur als ein Daimonion oder Pneuma in einem Menschen wirkte, wie es bei Sokrates der Fall war (Apol. II 10). Jedoch lehnt Celsus auch diese Vor1 Ff. 32 (J p. 147,12—15): Kai προϋπάρχει 6 άνθρωπος Χριστός οόχ ώς έτέρου βντος παρ' αύτόν τοϋ πνεύματος, τουτέστι του θεοϋ, άλλ' ώς τοϋ κυρίου έν τη τοϋ θεο άνθρωπου φύσει θείου πνεύματος δντος. 2 Fr. 70 (J p. 188,25—27); s. о. S. 131 Anm. 3. 3 Justin, Apol. II 10,1: Μεγαλειότερα μέν ούν πάσης άνθρωπείου διδασκαλίας φαίνεται τά ήμέτερα δια τό λογικών τό βλον τόν φανέντα δι' ήμδς χριστδν γεγονέναι, καΐ σώμα καΐ λόγον και ψυχήν. 4 Dial. с. Trypho 127,6.
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Stellung ab, daß ein Sohn Gottes ein wirklicher Mensch werden kann 1 . Und das ist genau.die Ansicht der ganzen griechischen Tradition 2 . Es seien nur folgende Belege über die von Nock gesammelten (und in der vorigen Anmerkung angegebenen) hinaus noch genannt: Herodot 2,142: Aus Ägypten bringt Herodot die grundlegende Weisheit mit, daß seit 341 Generationen kein Gott auf Erden in Menschengestalt erschienen sei, und das heißt, niemals vorher und so auch niemals später wird es sich ereignen 3 . Corp. Herrn. X 25: Keiner der himmlischen Götter verläßt den Himmel und steigt auf die Erde herab 4 . Und schließlich Piaton, Symp. 202e/203a: Die Götter verkehren nicht direkt mit den Menschen, sondern durch die Daimones tun sie sich den Menschen kund 5 . Deswegen ist gerade der Weise ein dämonischer Mensch, aber kein göttlicher Mensch; denn die dem Menschen zugängliche Weisheit ist der Eros zur transzendenten Weisheit, so daß die Philosophie ihrem Wesen nach das Bewußtsein von der Unvollkommenheit und Angewiesenheit alles Weltlichen und Menschlichen ist®. Diese radikale Entgötterung der Welt durch die Bestimmung des Dämonischen als eines Zwischenseins, das weder göttlich noch irdisch ist, hat das griechische Denken nicht durchgehalten, sondern hat die Dämonen auch weiterhin göttliche Wesen genannt, auch wenn sie von Gott an sich unterschieden bleiben. Infolgedessen werden ihm die Philosophen schon zu Weisen und zu Menschen, durch die das Göttliche spricht, ohne je zu behaupten, daß das Dämonische sich in einem inkarniert habe. Denn das Körperliche bleibt dem Göttlichen immer fremd, selbst wenn durch die Metempsychose eine Seele, die sich zum Göttlichen verwandelt und gereinigt hat, im Menschen Wohnung nimmt 7 . Wenn man die Inkarnation Gottes in der Lehre des Christen1
Bei Origenes, C. Cels. V 2. Cf. die w o h l repräsentativ zu nennende Stellensammlung bei A. D . N o c k , G n o m o n 33 (1961) S. 585—588, zu denen drei Ausnahmen notiert werden (S. 588f.). 3 οΰτως έν μυρίοισί τε ϊτεσι καΐ χιλίοισι καΐ πρός τριηκοσίοισί τε καΐ τεσσεράκοντα ϊλεγον θεί>ν άνθρωποειδέα γενέσθαι· ού μέν ουδέ πρότερον ούδέ ΰστερον έν τοΐσι ύπολοίποισι Αιγύπτου βασιλεϋσι γενομένοισι ίλεγον ούδέν τοιούτον. 1 ουδείς μέν γάρ των ούρανίων θεών έπΐ γης κατελεύσεται, ούρανοϋ τ6ν δρον καταλιπών, ό δέ άνθρωπος καΐ είς τόν ούρανύν αναβαίνει . . . 6 θεός δέ άνθρώπω ού μείγνυται, άλλα δια τούτου (sc. δαιμονίου) πασά έστιν ή όμιλία καΐ ή διάλεκτος θεοϊς πρός άνθρώπους . . . Cf. zu den drei zuletzt genannten Stellen A. D . N o c k , Conversion, Oxford 1933, S. 222f. und 237. • Cf. Symp. 203 e—204 b; dazu G . K r ü g e r , Einsicht und Leidenschaft, Frankfurt 1948 2 , S. 150—156 und 288f. ' Cf. Plutarch, Moralia 415 C; selbst Corp. Herrn. X I I 1: οδτος δέ 6 νους έν μέν άνθρώποις θεός έστι· δια καί τίνες των άνθρώπων θεοί είσιν, καΐ ή αύτών άνθρωπότης έγγύς έστι της θεότητος durchbricht diesen Gedanken nicht, wie die beiden folgenden Abschnitte (XII 2sq) zeigen. 2
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turns, besonders bei Apollinaris, volkstümlicher Religiosität zuschreiben will, so wird dieser Lehre der gebildete Hellene nur entgegensetzen können, daß in Jesus eine göttliche Seele wohnte, wie es Porphyrius sagt; auf diese Ebene gehört auch der Ausspruch des Libanius über Julian: „Der Körper eines Menschen und die Seele eines Gottes sind auf dem Thron." 1 b) Apollinaris' Kritik an der christologischen Verwendung dieses Begriffs und ihre vorläufige Begründung Die grundsätzliche Auseinandersetzung mit der jüdischen und griechischen, d. h. der nichtchristlichen, Anschauung von Christus ist dem Teil des Buches vorbehalten, auf den wir schon vorgegriffen haben. Soweit man sich auf die Widerlegung durch Gregor von Nyssa verlassen kann, hat Apollinaris nach der Behauptung, daß sich die nichtchristliche Ansicht von Christus in die christliche Lehre selber eingeschlichen habe, diejenigen namhaft gemacht, durch die dieser neue Sündenfall im Christentum verursacht wurde. Gregor faßt den Gedankengang des nächsten Abschnittes 2 kurz zusammen und sagt, daß Apollinaris die Bezeichnung Christi als eines von Gott inspirierten Menschen ablehne; denn sie widerspreche den Aussagen des Neuen Testamentes und sie widerstreite der kirchlichen Tradition. Paul von Samosata, Photin und Marceil seien für diese Verfälschungen verantwortlich: „Denn er (sc. Apollinaris) sagt, daß es im Gegensatz zu den apostolischen Lehren stehe und von den Synoden abweiche, daß Christus ein von Gott inspirierter Mensch genannt werde; Paul und Photin und Marcell hätten mit diesem Unsinn" begonnen." 3 Wer in der Gegenwart dieser Häresie anhänge, wird anscheinend offengelassen. Paul, Photin und Marcell sind es offensichtlich nicht; denn sie haben nach Gregors Wiedergabe damit 'angefangen'. Es wäre allerdings auch möglich, daß Gregor ungerechtfertigterweise von den dreien zusammen sagt, sie hätten ursprünglich diesen Irrtum in die christliche Lehre hereingetragen, und daß Apollinaris Paul von Samosata allein als den Initiator hinstellte; denn abgesehen davon, daß Paul zeitlich gesehen natürlich der Urheber genannt werden müßte, von dem dann Marcell und Photin abhingen, geht aus der Einleitung zu dem Zitat (fr. 16) auch hervor, daß ein einziger in Form eines Dialoges angegriffen wird. Ebenso wird in fr. 24 mitgeteilt, daß Apollinaris aus einem Synodalbeschluß gegen Paul von Samosata zitiert, was auch darauf schließen läßt, daß er diesen als den Initiator widerlegen will. Daraus folgt, daß er 1
Orationes 13,47. J p. 138,10: Ά λ λ α πρός τό έφεξής τοϋ λόγου προέλθ-ωμεν. 3 Ff. 15 (J p. 138,12—16): φησί γάρ τί> όίνθρωπον ένθεον τί>ν Χριστών όνομάζειν έναντίον μέν είναι ταΐς άποστολικαϊς διδασκαλίαις, άλλότριον δέ των συνόδων- Παΰλον δέ καΐ Φωτεινών καΐ Μάρκελλον της τοιαύτης διαστροφής κατάρξαι. 2
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nach dem bekannten Schema vorgegangen ist, eine augenblickliche Lehre dadurch zu diskreditieren, daß sie mit einer schon bekannten Häresie identifiziert wird. Ob und wie Apollinaris nachgewiesen hat, daß sich die Christologie des Marcell und Photin mit derjenigen Pauls deckt, läßt sich nicht ausmachen1. Bevor darüber geurteilt werden kann, mit welchem Recht Apollinaris die Christologie des Paul von Samosata und seiner angeblichen geistigen Schüler Marcell und Photin als Inspirationschristologie, die das Wesen der christlichen Lehre verfehlt, charakterisiert, müssen wir noch genauer zusehen, wie er die Inspirationschristologie darstellt. Wie aus fr. 16 hervorgeht, läßt sich das nur erkennen, wenn man verfolgt, wie Apollinaris seine eigene Christologie aus dem Gegenüber zur Inspirationschristologie entwickelt. Denn in fr. 16 heißt es: „Wie kommst du zu der Aussage, daß der, von dem bezeugt ist, daß er der Mensch ist, der aus dem Himmel herabgekommen ist, ein Mensch von der Erde sei, und daß der, der Gott und Gottessohn genannt wird, ein Sohn des Menschen sei?" 2 Der άνθρωπος εν&εος wird also als ein Mensch gekennzeichnet, der wesentlich irdischer Herkunft ist; ihm wird die ebenfalls in der Schrift bezeugte Bezeichnung „Mensch aus dem Himmel" gegenübergestellt, wobei nur an Joh. 3,13 gedacht sein kann, wie aus Gregors Bemerkung J p. 139,7 hervorgeht. Eine weitere Erläuterung gibt das fr. 17, das die Ablehnung der Bezeichnung Christi als eines Menschen von der Erde begründen soll: „Es ist nicht möglich, daß der aus dem Himmel herabgekommene Mensch ein Mensch von der Erde ist. Mensch ist er jedoch, auch wenn er aus dem Himmel herabkam. Denn der Herr leugnet diese Bezeichnung in den Evangelien nicht." 8 Gregors Bemerkungen zu diesem Zitat sind pure Polemik; immerhin hat er ein Recht dazu zu fragen, wie sich denn mit der Behauptung, daß Christus der Mensch aus dem Himmel sei, vereinbaren lasse, daß Christus auch der Menschensohn ist 4 . Es dürfte sicher sein, daß Apollinaris durch 'Mensch von der Erde' und 'Mensch aus dem Himmel' mehr meint als nur die Herkunftsbezeichnung. In der Zusammenfassung seiner Auslegung zu Joh. 3,13 (fr. 18), welche Gregor nicht referiert hat, fassen wir wenigstens das Ergebnis seiner Gedanken: Aus der Gleichstellung von Joh. 3,13 mit Lk. 1,35 ergibt sich für Apollinaris, daß Christus zugleich Gott und Mensch ist: „Wenn der aus dem Himmel Menschensohn und der vom Weibe Gottessohn, warum ist derselbe nicht Z u der Frage, wen Apollinaris wirklich widerlegen wollte, s. u. S. 217 ff. J p. 1 3 8 , 1 8 — 2 1 : Πώς έρεϊς έκ γης ίνθρωπον τί>ν έξ ούρανοϋ καταβεβηκέναι μαρτυρούμενον άνθ-ρωπον καΐ υίδν άν&ρώπου τόν θεόν καΐ θεοϋ υίόν άναγορευόμενον; 3 J ρ. 1 3 8 , 2 5 — 2 9 : Ούκ ίατι έκ γης άνθρωπος ό έξ ούρανοϋ καταβάς άνθ-ρωπος. άνθρωπος μέντοι, καΐ εΐ έξ οόρανοϋ καταβέβηκεν ού γάρ άρνεΐται τήν τοιαύτη ν προσηγορίαν έν τοις εΰαγγελίοις 6 κύριος. 1 J ρ. 138,30 — 139,1. 1
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Gott und Mensch zugleich?" 1 Aus den beiden Schriftstellen ergibt sich eine eigenartige Zuweisung der Begriffe: Der Sohn des Menschen ist der aus dem Himmel Herabgekommene, und der Sohn Gottes ist der von einem menschlichen Weibe Geborene. Bei Johannes fehlt die Geburtsgeschichte Jesu nicht ohne Grund. Aber Apollinaris meint, daß sich Lukas und Johannes ergänzen und auf die Formel bringen lassen, daß derselbe Gott und Mensch zugleich ist. Gregor von Nyssa stimmt der Formel selbst zu, lehnt aber ihre apollinaristische Auslegung ab: „Ich sage auch, daß jeder, der die rechte Lehre verehrt, glauben muß, derselbe sei Gott und Mensch, aber nicht im Sinne des Vielschreibers." Dann macht er auf die eigenartige Zuweisung der Begriffe Menschensohn und Gottessohn aufmerksam: „Denn weder ist das Göttliche irdisch noch das Himmlische menschlich, wie dieser da glaubt." 2 Gregor stellt, wie es überhaupt seinem Verständnis des Apollinaris entspricht, fest, daß dieser die Menschlichkeit Christi ganz unterdrückt zugunsten seiner Göttlichkeit. Denn für ihn liegt es näher, aus der irdischen Herkunft Christi den Begriff Menschensohn und aus der göttlichen Herkunft den Begriff Gottessohn abzuleiten. Was aber Apollinaris mit dem Begriff 'Menschensohn' meint, läßt sich nicht mehr genau ermitteln. Er setzt jedenfalls nicht den 'Menschen von der Erde' mit dem 'Menschensohn' gleich. Das geht aus mehreren Stellen hervor, z.B. fr. 124: „Die Fleischwerdung ist Erniedrigung. Die Erniedrigung erzeigte den, der sich selbst erniedrigte, nicht als Menschen, sondern als Menschensohn entsprechend seiner Umhüllung, nicht entsprechend einer Verwandlung." Dieser Text ist auf eine ganz andere Frage als die, die uns im Augenblick beschäftigt, ausgerichtet; aber er macht für unseren Zusammenhang doch deutlich, daß Christus nicht wegen seiner irdischen Herkunft der Menschensohn ist. Menschensohn ist mehr als Mensch; denn nur Christus ist Menschensohn. Andererseits bezeichnet doch 'Menschensohn' wesentlich den menschlichen Aspekt des Inkarnierten, wie auch fr. 98 zeigt, wo es heißt: „Wenn er nach der Auferstehung Gott wurde und nicht mehr Mensch ist, wie kann der Menschensohn seine Engel senden und wie 'werden wir den Menschensohn auf den Wolken kommen sehen'?" 3 Der Gottessohn wird zum Menschensohn erst durch die Inkarnation 4 . Menschensohn ist er κατά σάρκα6, aber nur, weil der Sohn Gottes durch Maria Mensch wurde, so daß sich wenigstens die Absicht erkennen läßt, daß nur der Gottessohn der Menschensohn ist. Würde diese Gleich1
J p. 139,21—23: El Si καΐ έξ ούρανοϋ υίδς άνθρώπου καΐ έκ γυναικάς υΐ&ς θεοΰ, πώς ούχ δ αύτός θεός καΐ άνθρωπος; 2 s J ρ. 139,23—27. Cf. Mt. Cat. 84 und 127 (Reuss). ί Cf. KM Ρ § 28 (L p. 177 b 5sq): έτι όμολογοϋμεν τόν υίόν τοϋ θεοϋ υίόν άνθρώπου γεγενήσθαι, ούκ όνόματι άλλ' άληθείη: ... . 5 Ad Jovianum L p. 250,6 sq.
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Setzung aufgehoben, dann könnte man im Sinne des Apollinaris vielleicht sagen, daß der Menschensohn mit dem 'Mensch von der Erde' identisch ist. Denn an einer Stelle aus der Pseudonymen Epistula ad Dionysium findet sich ein Gedanke, den man als Antwort auf die Frage in fr. 18: „Warum ist derselbe nicht Gott und Mensch zugleich?" betrachten kann. Es heißt dort: „Denn es wäre nicht möglich, das Ganze sowohl Menschensohn, der aus dem Himmel herabkam, als auch Gottessohn, der vom Weibe geboren wurde, zu nennen, wenn die Trennung der beiden Naturen anerkannt wird." Es werden dann Folgerungen ausgezogen, die sich aus einer Trennung von göttlicher und menschlicher Natur in Christus ergeben: „Sondern das aus dem Himmel Herabgekommene würde Sohn Gottes und nicht Menschensohn genannt werden, und das vom Weibe Geborene würde Menschensohn und nicht Gottessohn genannt werden." Es folgt noch der für den Zusammenhang mit fr. 18 wichtige Hinweis, daß die Aufhebung der Einheit von Gott und Mensch, die sich Apollinaris aus der verschränkten Zuweisung der Begriffe Menschensohn und Gottessohn ergab, von Paul von Samosata herrühre 1 . Die ganze Trennungs- oder Zwei-Naturen-Christologie wird in der Epistula ad Dionysium Paul von Samosata zugeschrieben; das muß noch ein wenig eingehender dargestellt werden, da Apollinaris in der 'Apodeixis' diese Art von Christologie auch Inspirationschiistologie nennt und sie dadurch wohl noch treffender charakterisiert hat. Im Eingang des Briefes heißt es: „Mit Verwunderung vernehme ich, daß einige zwar den Herrn als den fleischgewordenen Gott bekennen, aber auf die von den Paulinianern fälschlicherweise eingeführte Trennung hereinfallen." Der paulinianische Irrtum wird in dem nächsten Satz näher beschrieben; er beruht darauf, daß Gott und Mensch trotz der Inkarnation noch getrennt werden, obwohl es in der Schrift heißt, daß Gott Mensch wurde; „Denn jene unterwerfen sich Paul von Samosata und behaupten, daß der Mensch aus dem Himmel, den sie als Gott bekennen, von dem Menschen von der Erde unterschieden sei." Dies scheint die apollinaristische Fassung des paulinianischen Gedankens zu sein, an die dann angeschlossen wird, wie er zu dieser Ausdeutung gelangt ist: „Sie sagen nämlich, daß der eine ungeschaffen, der andere geschaffen, der eine ewig, 1 § 4 (L p. 258,4—10): οΰτε γαρ οΐόν τε ήν τί> δλον υΐόν άνθρωπου καλεϊσθαι καταβεβηκότα έξ ούρανοϋ καΐ υίόν θ-εοϋ γεννηθέντα έκ γυναικός, εΐ δύο φύσεων διαίρεσιν έπιδέχεται - άλλά τό μέν καταβεβηκός έξ ούρανοϋ έκαλεΐτο αν υίός θεοΰ καΐ ούχ υιός άνθρώπου, τό δέ γεννηθέν έκ γυναικός έκαλεΐτο αν υίύς άνθρωπου καΐ ούχ υιός θεοϋ' καΐ τοΰτο Ιπεται τη παυλιανικη διαιρέσει. F. Loofs, Leitfaden zum Studium der D o g m e n geschichte, Tübingen 1959®, sagt S. 210 mit Recht, daß v o n Apollinaris her gesehen der Begriff des άνθρωπος ίνθεος der Schwierigkeit ausweichen will, zwei verschiedene Naturen zu einer Person zu vereinigen: „Paul v. Samosata, Photin und, wie Apollinaris meint, auch Marceil haben (jene Unmöglichkeit einsehend) Christus als άνθρωπος Ινθεος gedacht."
άνθ-ρωπος ϊνθεος bei Apollinaris
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der andere erst von gestern, der eine Herrscher, der andere Diener sei.. , " 1 Aus einem Fragment der 'Apodeixis', das in der Doctrina de Dei Verbi aufbewahrt ist (fr. 106), geht klar hervor, aus welchem Grund die ZweiNaturen- und die Inspirationschristologie dasselbe Phänomen beschreiben. Denn ausgehend von der Anschauung, daß Gott und Mensch zwei verschiedene Naturen sind, deren Trennung auch durch die Inkarnation Gottes als Mensch nicht aufgehoben wird, gestaltet sich diese Art von Christologie zu einer Inspirationschristologie; so sieht es wenigstens Apollinaris. Historisch ist der Vorgang umgekehrt zu sehen: Aus der Inspirationschristologie Pauls von Samosata ist die Zwei-NaturenChristologie entstanden. Aber Apollinaris hat wohl nicht unrecht, wenn er als Voraussetzung der Inspirationschristologie den Gedanken hinstellt, daß Gott nicht Mensch werden könne, sondern nur in der Weise der Inspiration von einem Menschen Besitz ergreifen kann. Nur so jedenfalls sei zu erklären, daß die Inkarnation Gottes als Eingehen Gottes in einen gewöhnlichen irdischen Menschen, der erst durch das Wirken Gottes in ihm zum Träger von Gottes Offenbarung wird, gedeutet wird. Das Fragment lautet: „Aber das, was klar gesagt und in aller Welt verkündigt ist, das haben einige nämlich jetzt wieder auf eine neue Weise auszulegen versucht. Ihre gottlose Behauptung geht dahin, daß der zweite Mensch aus dem Himmel, wie es die Apostel überliefert haben, nur ein Mensch von der Erde wie der erste Mensch sei." Auch das ist die apollinaristische Fassung des Gedankens, der er die Begründung auch in seinen eigenen Worten folgen läßt: „Denn sie verwandeln das Menschliche des Logos zu einer Kraft, die im Menschen wirkt." 2 Genauer gesagt müßte es im Sinne des Apollinaris heißen: Sie reduzieren das Menschliche auf eine im Menschen wirkende Kraft; denn es ist sein Gegenargument, daß der Logos nur dann wirklich Mensch geworden ist, wenn er den Menschen, in dem er sich offenbart, nicht nur als eine Kraft durchdringt, die sich wie ein inspirierender Geist als etwas Fremdes von dem Inspirierten selbst trennen läßt. Deswegen kann Christus nicht ein Mensch von der Erde sein wie der erste Adam, an dem dann nachträglich auf die Weise der Inspiration eine Verwandlung vorgenommen wurde. Denn in 1 § 1 ( L p. 2 5 6 , 1 9 — 2 5 7 , 5 ) . H. de Riedmatten will allerdings unterscheiden; zu der ep. ad D i o n y s i u m schreibt e r : "Apollinaire distingue soigneusement les tenants hdrdtiques d'un dualisme du type 'samosatden' et les partisans des deux φύσεις. Ces derniers sont des orthodoxes к qui manque le sens vrai de l'unit6 du Christ, si fortement affirmi en des textes c o m m e J o . 1 , 1 4 ou I Cor. V I I I , 6 . " ( L a christologie S. 2 1 3 f . ) . E r übersieht damit zugunsten seines Versuches, die μία φύσις-Formel zu interpretieren, den Zusammenhang der Argumentation des Apollinaris. 2 L p. 2 3 2 , 1 — 6 : άλλά γάρ τά σαφώς έληλεγμένα καΐ παγκοσμίως έκκηρυγμένα νϋν πάλιν άνανεοϋσ&αί τίνες έπικεχειρήκασι· και τόν έξ ούρανοϋ δεύτερον άν&ρωπον παραδεδομένον ΰπό των άποστόλων έκ γης άνθρωπον είναι οίον τόν πρότερον βλασφημοϋσι, τό άν&ρώπινον τοϋ λόγου είς ένέργειαν τήν έν άνθρώπω μεταβάλλοντες.
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diesem Falle bliebe das Göttliche von dem Inspirierten geschieden, es bliebe eine Kraft, die die Natur des Menschen von der Erde nicht aufhebt, sondern sich ihrer nur als eines Werkzeuges bedient, ohne sich mit dem Körperlichen zu vermischen. Der Mensch Jesus als solcher würde nicht die Offenbarungsfunktion erhalten, die ihm im christlichen Inkarnationsglauben zugesprochen wird. Apollinaris gestaltet seine Widerlegung der Inspirationschristologie als ein Gespräch mit Paul von Samosata, dem er Marcell von Ancyra und Photin als Schüler zuweist. Diese drei dürften ihm aber nur als Typen, die die Kirche schon als Ketzer identifiziert hat, gedient haben 1 . Paul von Samosata gilt im 4. Jahrhundert als der Begründer der Inspirationschristologie. Apollinaris hat sicher keine direkten Zeugnisse über ihn gelesen, sondern beutet nur das, was die Tradition von ihm berichtet, aus 2 . Das Fragment 24 ist dafür bezeichnend (s. u. S. 144). Wieweit Apollinaris Marcell von Ancyra aus dessen eigenen Schriften kannte, wissen wir nicht; es ist möglich, daß er ihn kannte, aber es läßt sich nicht beweisen. Bei Eusebius von Caesarea findet sich ein Zitat aus Marcell, in dem direkt gesagt wird, daß Jesus nur θέσει Gottessohn war 3 . Marcell wendet die Trennung von θεολογία und οικονομία gegen die Arianer an und versucht zu zeigen, daß erst nach der Menschwerdung von einem von Gott unterschiedenen Jesus Christus gesprochen werden dürfe. Alle Stellen, die die Arianer für die Geschöpflichkeit des Logos auswerteten, will Marcell auf die Inkarnation des Logos beziehen4. Eusebius zieht aus der Behauptung Marcells, daß der Logos keine selbständige 1 Cf. zur Zusammenstellung dieser drei Namen im 4. Jahrhundert die Zeugnisse bei G. Bardy, Paul de Samosate, Specilegium Sacrum Lovaniense. Etudes et Documents IV (Louvain 19292) S. 82f. 2 Cf. Ekthesis makrostichos XV (Athanasius, De syn. 26; p. 252,26—30 Opitz): οϋτε μήν £να θεόν μόνον λέγοντες είναι τόν τοϋ κυρίου ήμών Ίησοϋ Χρίστου πατέρα, τόν μόνον άγέννητον, διά τοϋτο άρνούμεθα καΐ τόν Χριστόν θεόν είναι π pi αιώνων, όποιοι είσιν οί άπό Παύλου τοϋ Σαμοσατέως ΰστερον αύτόν μετά τήν ένανθρώπησιν έκ προκοπής τ ε θ ε ο π ο ι ή σ θ α ι λέγοντες τω τήν φύσιν ψιλόν έίνθρωπόν γεγονέναι. Euseb von Caesarea, H E VII 30,11: τόν μέν γαρ υίόν τοϋ θεοϋ ού βούλεται (sc. Paul) συνομολογεΐν έξ ούρανοΰ κατεληλυθέναι — ίνα τι προλαβόντες των μελλόντων γραφήσεσθαι θώμεν, καΐ ού τοϋτο λόγω ψιλω ^ηθήσεται, άλλ' έξ ών έπέμψαμεν ύπομνημάτων δείκνυται πολλαχόθεν, ούχ ήκιστα δέδπου λέγει Ί η σ ο ϋ ν Χριστόν κ ά τ ω θ ε ν — . . . Die kategorische Feststellung von F. Loofs, Paul von Samosata, T U 44 (1924) S. 136: „Jedenfalls ist zweifellos, daß bei dem λέγοντος (sc. fr. 24 des Apollinaris) an das δόγμα συνοδικόν der Synode von 268 gedacht ist", ist m. E. sehr fraglich. 8 Fr. 41 (p. 192,1—3 Klostermann): καΐ διά τοϋτο ούχ υίόν θεοϋ έαυτόν δνομάζει, άλλά πανταχού υίόν άνθρώπου έαυτόν λέγει, ϊνα διά της τοιαύτης όμολογίας θ έ σ ε ι τόν άνθρωπον διά τήν πρός αύτόν κοινωνίαν υίόν θεοϋ γενέσθαι παρασκευάση . . . 4 So besonders Prov. 8,22sq (cf. fr. 9—18 Klostermann) und Kol. 1,15 (cf. fr. 92—95 Klostermann). Cf. H. Dehnhardt, Das Problem der Abhängigkeit des Basilius von Plotin, PTS 3 (1964) S. 45 und A. Weber, ΑΡΧΗ. Ein Beitrag zur Christologie des Eusebius von Caesarea, Rom 1965, S. 132—137.
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ύπόστασις ist, genau dieselbe Folgerung wie Apollinaris; denn Apollinaris wirft Marceil vor, er lehre nur einen inspirierten Menschen, nicht aber den inkarnierten Gott. Euseb schreibt: „Wie war er (sc. der Logos) in dem Körper anwesend? Wenn er anstelle der Seele in ihm ist, hat er Eigensein, vom Vater getrennt, lebend und sich gründend auf das angenommene Fleisch. Was hat ihn (sc. Marcell) gehindert, den Sohn Gottes auch vor der Erschaffung der Welt als seiend zu bekennen? Aber er würde vielleicht sagen, daß er nur als Wirksamkeit, nicht als ein für sich seiendes Wesen, im Körper gewesen ist." Dafür beruft sich Euseb auf Marcells Worte: „Denn er sagt, daß er nur als wirkende Kraft im Fleisch war (δραστική ένέργεια), seinem Wesen nach aber mit Gott verbunden blieb, weil er ja als sein Logos ungetrennt von ihm ist." Die Folgerung ist, daß also Christus nicht mehr war als ein Prophet: „Wenn er das sagen würde, soll er uns auf das Folgende antworten: Kam die Kraft des Logos nur auf dieses Fleisch, nicht auch auf die anderen heiligen Menschen Gottes"? 1 Μ. E. hat Euseb recht; denn nur durch „die Kraft seines Handelns" ist Christus von anderen Menschen unterschieden2. Obwohl Marcell oft von dem Fleisch (σάρξ) spricht, das der Logos angenommen habe, sogar sagt, das Fleisch sei das sichtbare Abbild der Gottheit3, meint er den Menschen Jesus. Diesen Menschen Jesus hat der Logos zum neuen Menschen gemacht; dabei betont er ausdrücklich, daß der gefallene Mensch zum neuen Menschen gemacht werde, also ganz im Sinne von Apollinaris' Interpretation, der vom 'Menschen von der Erde' sprach 4 . Damit ist nun noch nicht alles über Marcells Christologie gesagt, vor allem nicht die ekklesiologische Bedeutung der σάρξ des Logos gewürdigt; aber Apollinaris dürfte doch die schwache Stelle in der Lehre Marcells richtig gesehen haben, weil sich die Folgerungen, die Diodor von Tarsus aus diesem Ansatz zog, von ihr her nicht nur nicht ausschließen lassen, sondern geradezu aufdrängen! Denn bei Marcell heißt es: „Und er (sc. Gott) würdigte den durch den Ungehorsam gefallenen Menschen, durch die Jungfrau mit seinem eigenen Logos verbunden zu C. Marc. 1 1 4 (p. 57,8—18). Fr. 61 (Klostermann p. 196,21 sq): έν γάρ έστιν καΐ ταύτόν τω άνθρώπω 6 λόγος, καΐ ούδενΐ χωριζόμενος έτέρω ή μόνγ) τη της πράξεως ένεργεία. Cf. I. Α. Dorner, Entwicklungsgeschichte der Lehre von der Person Christi, Bd. I (Berlin 1851 2 ) S. 880: „Man wird auch dem Euseb nicht können Unrecht geben, wenn er sagt: eine göttliche Kraft habe auch schon vor Christus in vielen Menschen gelebt und sie bewegt; das Neue, was das Christentum bringe, sey die persönliche Einwohnung Gottes." A. Grillmeier, Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 1 8 0 f : "At the same time, he (sc. Euseb) accuses Marcellus of having made Christ into a 'mere man' by having him composed of body and soul, for in this way Christ is not different from the human nature of an ordinary man. By his teaching Marcellus is renewing the heresy of Paul of Samosata." 8 Fr. 92—95 (Klostermann; bes. p. 205,221). 4 Cf. fr. 107—115 (Klostermann). 1
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w e r d e n . " 1 O d e r : „ D e n n deswegen w i r d der, der in das menschliche Fleisch kam, auch herrschen und der v o r h e r v e r f ü h r t e Mensch durch den Logos zum Herrscher gesetzt, der die ganze Herrschaft und M a c h t des Teufels zerstören w i r d . " 2 Marceil hält zwar daran fest, daß es die Herrschaft Jesu Christi sei, die aufgerichtet wird, aber er beschreibt die A u f r i c h t u n g seiner Herrschaft analog der Erlösung des Menschen, so daß sich der G r u n d der Erlösung in der A u s f ü h r u n g des Gedankens nicht v o n der Erlösung der Menschen unterscheiden läßt 3 . Damit w i r d Christus faktisch zum ersten erlösten Menschen. Dies gesehen zu haben, ist die Leistung des Apollinaris 4 . Es w a r festgestellt w o r d e n , daß Apollinaris unter Berufung auf J o h . 3 , 1 3 den v o m Himmel herabgekommenen nicht den Gottessohn, sondern den Menschensohn, und unter Berufung auf Lk. 1 , 3 5 den v o n der J u n g f r a u Geborenen nicht den Menschensohn, sondern den Gottessohn nennt. Er setzt diese beiden Aussagen der Schrift gleich und folgert, daß Christus zugleich G o t t und Mensch ist; denn in beiden Stellen w e r d e die Inkarnation beschrieben. A u f dem Titel Gottessohn liegt in diesem 1 Fr. 107 (Klostermann p. 208,14 sq): και ήξίωσεν τόν πεσόντα δια της παρακοής όίνθρωπον τω έαυτοϋ δια της παρθένου συναφθηναι λόγω . . . 2 Fr. 113 (Klostermann p. 209,8—10): διά τοϋτο γαρ καΐ βασιλεύσει έν τη ανθρωπινή σαρκΐ γενόμενος, βασιλεύς τε καταστάς διά τοϋ λόγου ό άπατηθείς πρότερον άνθρωπος ,,πασαν άρχήν" τοϋ διαβόλου ,,καΐ δύναμιν καΐ έξουσίαν καταργήσει". • Cf. R. Seeberg, DG II S. 98: „Der Gedanke ist dabei immer der alte: indem der Logos den neuen Menschen Jesus oder den anderen Adam mit seinen Kräften durchdringt, heiligt er, verherrlicht und macht unsterblich alle, die an Christus glauben" (zu Marceil). Th. Zahn, Marcellus von Ancyra, Gotha 1867, S. 159, zu dem Wechsel von Mensch und Menschheit für den Inkarnierten bei Marceil: „Diese Färbung haben aber die meisten seiner Aussagen über die menschliche Natur Christi. Gegen Mißverständnis sind sie dadurch gesichert, daß er (sc. Marcell) doch auch wieder ausdrücklich von dem mit dem Logos geeinigten Menschen als einem einzelnen spricht, welcher vorher nicht war, sondern dadurch wurde, daß der Logos herabkam." A. Weber, ARXH. Ein Beitrag zur Christologie des Eusebius von Caesarea, Rom 1965, S. 137: „Nach Marcellus handelt es sich also in der Annahme des Fleisches durch den ewigen Logos um unsere Annahme und unsere Verbindung mit dem heiligen Logos: seine Herrlichkeit ist unsere Herrlichkeit. Zu dieser Einheit mit dem vielgeliebten ewigen Sohn und Kyrios sind wir berufen." J. M. Fondevilla, Ideas cristolögicas de Marcello de Ancyra (Estudios Ecclesiasticos 27 (1953, S. 21—64) versucht zu zeigen, daß Marcell keine samosatenische Christologie hat; er weist darauf hin, daß der Logos Gottes von Maria geboren wurde (S. 34f.), daß der Logos Subjekt des Menschen Jesus ist (S. 48f.) und daß keine nur „dynamische" Einheit gemeint ist (S. 50f.; 54). Aber seine Zusammenfassung stellt fest, daß der mit dem Logos vereinte Mensch, der das Ziel der Erlösung ist, von der Jungfrau Maria geboren wurde (S. 64); allein darauf kommt es in diesem Zusammenhang anl 4 Für Photin verweise ich auf Th. Zahn, Marcellus von Ancyra, Gotha 1867, S. 189—194. Daraus ergibt sich, daß Photin nicht marcellinische, sondern samosatenische Thesen vertritt.
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Zusammenhang gar kein Gewicht; wesentlich ist vielmehr der begrifflich nicht streng gefaßte Ausdruck: 'Mensch aus dem Himmel'. Denn diese Umschreibung des Wesens Christi ist sein vorläufiger Einwand gegen die paulimanische Christologie, deren Eigenart er durch die Vorstellung, daß Christus ein άνθρωπος ένθεος ist, bestimmt sieht. Der 'Mensch aus dem Himmel' ist sozusagen die an der Schrift orientierte Formulierung seines Einwandes. Zu der biblischen Vorstellung des 'Menschen aus dem Himmel' bildet er dann die Gegenvorstellung 'Mensch von der Erde'. Dadurch gewinnt er die Möglichkeit, die Vorstellung vom göttlich inspirierten Menschen auf die gleiche Ebene zu setzen und von der Schrift aus zu widerlegen. Denn schon aus dem thesenartig gerafften Referat über den Beginn der 'Apodeixis' geht hervor, daß Christus bei den Häretikern ein von Gott inspirierter Mensch genannt werde, weil er von einem Weibe geboren wurde und gelitten hat (fr. 14). Von einem Weibe geboren werden und leidensfähig zu sein sind aber die typischen Merkmale eines irdischen Menschen. Wenn Christus deswegen, wie Apollinaris meint, die Göttlichkeit abgesprochen wird, so ist er wesentlich ein irdischer Mensch, ein 'Mensch von der Erde'. Dagegen bezeugt die Schrift, daß Christus der 'Mensch aus dem Himmel' ist. Dies ist die logische Voraussetzung der in fr. 16 mitgeteilten Frage an einen Vertreter der christologischen Tradition Pauls von Samosata: „Wie kommst du zu der Aussage, daß der aus dem Himmel herabgekommene Mensch, wie es die Schrift bezeugt, der 'Mensch von der Erde' ist?" Die biblische Formulierung des Gegensatzes dient dazu, die Unchristlichkeit der Vorstellung von Christus als eines von Gott inspirierten Menschen von der Schrift selbst her zu widerlegen. In ihr wird nämlich Christus als 'Mensch aus dem Himmel' bezeichnet, wobei außer an Joh. 3,13 auch an Joh. 6,38—-42 zu denken ist, nicht aber mit dem dem 'göttlich inspirierten Menschen' parallelen Ausdruck 'Mensch von der Erde'! Übergehen wir zunächst, wie Apollinaris den Ausdruck 'Mensch aus dem Himmel' mit dem Inkarnationsgedanken verbindet, so sehen wir, daß außerdem noch l.Kor. 15,47 als Beweis herangezogen ist (fr. 2 5 ) d i e s e Stelle liegt ja auch schon dem eben zitierten Fragment 16 zugrunde. Durch sie wird die von Apollinaris gemeinte Gegenüberstellung auch in der Formulierung greifbar: Der erste Mensch ist der von der Erde, der zweite der aus dem Himmel. In fr. 15 wird gesagt, daß die Vorstellung von Christus als einem göttlich inspirierten Menschen der Lehre der Schrift widerspreche, aber außerdem auch der kirchlichen Überlieferung. In fr. 24 wird mitgeteilt, wie Apollinaris von der kirchlichen Tradition her gegen Paul von Samosata 1
J p. 143,1·—3: Ti> δή πνεύμα, τουτέστι τόν νοϋν, θεόν έχων ό Χριστός μετά ψυχής καΐ σώματος είκότως άνθρωπος έξ ούρανοϋ λέγεται.
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argumentiert. Aus uns unbekannten Synodalbeschlüssen gegen Paul von Samosata zitiert Apollinaris: Paul habe behauptet, „aus dem Himmel sei der Herr vergöttlicht worden" 1 . M. a. W.: ein 'Mensch von der Erde' wurde aus dem Himmel vergöttlicht, aus ihm wurde ein άνθρωπος Ivθεος. Es ist wohl an die Taufgeschichte gedacht, wo der Geist von dem Menschen Jesus Besitz ergreift. Die Worte Pauls könnten Apollinaris auf den Einfall gebracht haben, dessen Christologie in dem Begriff άνθρωπος ένθεος zusammenzufassen: Der Mensch Jesus wird vergöttlicht in der Weise der Inspiration, weil der göttliche Geist sich aus dem Himmel auf ihn herabläßt. Dieser Vorstellung hält Apollinaris die Worte aus dem nicenischen Bekenntnis entgegen: „Der aus dem Himmel herabkam und Fleisch wurde und Mensch wurde" 2 . Da Apollinaris hierauf zu der Paulusstelle l.Kor. 15,45—48 übergeht, deren Auslegung in den fr. 25— 31 erhalten ist, ist anzunehmen, daß er die Gleichsetzung von άνθρωπος ενθεος, was sich ihm aus den Worten Pauls ergeben haben muß, mit dem άνθρωπος έκ γης auch begründet hat. Einen Nachhall davon finden wir noch in der Bemerkung Gregors zu fr. 25. Hier hatte Apollinaris gesagt, daß Christus den Geist, d. h. die Vernunft, als Gott hat. In seiner Paraphrase setzt Gregor bezeichnenderweise hinzu: in sich selbst: „Dieser sagt, daß der im menschlichen Fleisch inkarnierte Christus in sich selbst den Geist, d. h. die Vernunft, als Gott hat." Durch die Hinzufügung gelingt es ihm, Apollinaris in einen angeblichen Widerspruch zu verwickeln; denn er gebe ja durch seine Worte selbst zu, daß Christus Gott als etwas von ihm Unterschiedenes in sich habe, obwohl er doch behauptet habe, daß die Trennung ein Zeichen der Häresie sei: „Dieses sagt der, der fordert, Christus nicht einen göttlich inspirierten Menschen zu nennen; aber daß Christus Gott in sich selbst hat als etwas von ihm Unterschiedenes — er selbst behauptet es vor allen anderen."3 Man darf vermuten, daß Apollinaris in diesem Zusammenhang eine Begründung für den Zusammenhang von άποτεθεώσθαι τον κύριον, άνθρωπος ένθεος und άνθρωπος έκ γης gegeben hat. Gregor von Nyssa hatte schon in seiner Widerlegung des als fr. 14 wiedergegebenen Gedankens behauptet, daß Apollinaris einzig und allein beabsichtige, die These zu erhärten, das Göttliche sei sterblich. Er weiche 1 J p. 1 4 2 , 2 4 s q : Παύλου τοϋ Σαμωσατέως . . . λέγοντος Έ ξ ούρανοϋ άποτεθεώσθαι τ6ν κύριον. Mit Recht hat F. Loofs, Paul von Samosata, T U 44 (1924) S. 137f. festgestellt, daß Apollinaris die Meinung der Väter über Paul, die sie ablehnen, zitiert. Was Apollinaris aus dem von ihm gemeinten Synodalbrief (es muß nicht Antiochien 268 seinl) als Stütze seiner eigenen Lehre anführte, teilt Gregor nicht mit. 2 J p. 1 4 2 , 2 7 s q : Έ ξ ούρανοϋ καταβάντα καΐ σαρκωθέντα καΐ ένανθρωπήσαντα. έξ ούρανοϋ ist in keiner Überlieferung des Bekenntnisses nachzuweisen. 3 J p. 1 4 3 , 2 0 — 2 4 : φησίν ούτος τόν σαρκωθέντα τη άνθρωπίν/) σαρκΐ Χριστόν έν έαυτφ θεόν τό πνεΰμα, τουτέστι τόν νοΰν, ϊχειν λέγει δέ τοΰτο δ κελεύειν ένθεον όίνθρωπον μή λέγειν τόν Χριστόν, θεόν έχοντα έν έαυτω ώς άλλον έν άλλω.
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von der rechten Lehre ab, weil er bestreite, daß Christus durch seine menschliche Natur das Leiden auf sich genommen habe 1 . Wieweit seine Darstellung über den Sinn der 'Apodeixis' modifiziert und differenziert werden muß, soll hier noch unberücksichtigt bleiben. Wir haben schon gesehen, wie Gregor zu seiner Feststellung dadurch gelangt, daß er aus dem Vorwurf des Apollinaris gegen die Häretiker umgekehrt dessen Meinung erschließt: Wenn Apollinaris den Nichtchristen und Häretikern vorwirft, daß sie es für unmöglich halten, daß Gott Mensch wird und an Leiden teilhat, dann müsse man es für seine Meinung halten, Gott könne Mensch werden und wie ein Mensch leiden. Gregor hat es sicher darauf abgesehen, die Konsequenz der Leidensfähigkeit Gottes in die 'Apodeixis' hineinzulesen; denn wenn das Göttliche nicht mehr Leben, Unsterblichkeit und Ewigkeit war, dann war für ihn der Gottesbegriff überhaupt aufgehoben. Für das Verständnis von Christus bedeutete das, daß seine Verbundenheit mit Gott-Vater, die Nicea als Wesensidentität bestimmt hatte, hinfällig wurde 2 . Aber wie Apollinaris das Leiden und den Tod Christi interpretiert, soll erst später untersucht werden (s. u. S. 204ff.). Stellen wir vorerst einmal zusammen, inwieweit sich Gregor durch die Aussagen des Apollinaris veranlaßt sehen konnte, ihm vorzuwerfen, daß er die Leidensunfähigkeit Gottes für Christus leugnete. Nach fr. 16 beruft sich Apollinaris darauf, daß Christus in der Schrift Menschensohn und Gottessohn genannt wird. Nur der vom Himmel Herabgekommene wird als Menschensohn bezeugt. Deswegen ist Christus nicht der Sohn eines Menschen, nämlich der Sohn der Jungfrau Maria, sondern Menschensohn ist er, weil er der vom Himmel herabgekommene Mensch ist. Maria hat nicht den Menschensohn geboren, sondern den Gottessohn (fr. 17 und 18). Trotzdem ist der vom Himmel Herabgekommene Mensch, aber zugleich ist dieser auch Gott, wie Apollinaris es in fr. 18 in fragender Form sagt. Dafür kann sich Apollinaris außer auf die Gleichsetzung von Joh. 3,13 und Lk. 1,35 auch auf l.Tim. 3,16: „Das Geheimnis ist im Fleisch offenbar geworden" (fr. 20) und auf joh. 1,14: „Der Logos wurde Fleisch" (fr. 21) berufen. Die Erläuterung, wie sich Apollinaris die Gleichsetzung von Gott und Mensch in Christus denkt, ergibt sich aus seiner Anthropologie, die er in den Fragmenten 19—31 begründet und die im nächsten Abschnitt (B) untersucht werden wird. Seinen Grundgedanken, daß er den Menschen Christus mit Gott gleichsetzt, wird er dann nicht mehr verlassen können; denn er ist klar ausgesprochen. In fr. 32 heißt es sogar, daß der Mensch Jesus präexistent ist und zwar so, daß der Mensch Jesus nicht unterschieden ist von Gott 3 . Wie eine solche Aussage gerechtfertigt werden mag, bleibe dahingestellt; nach Gregors 1
J p. 136,18—22; s . o . S. 114f. Cf. Gregors Ausführungen J p. 136,13—138,9. * J p. 147,12—14; s. o. S. 133 Anm. 1. 2
10 Μ Uhlenberg, Apollinaris
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ausdrücklicher Versicherung ist sie jedenfalls ein direktes Zitat, und aus den Worten des Apollinaris geht hervor, daß er den Menschen Jesus mit Gott bis hin zur Wesensidentität gleichsetzt. Gregor liest die Wesensidentität aus dem Zitat heraus, und man wird ihm darin zustimmen müssen, obwohl er es zu unmittelbar polemischen Zwecken tut; er meint nämlich, Apollinaris so ad absurdum führen zu können, weil dadurch die transzendente Gottheit hinsichtlich Christus durch die menschliche Natur bestimmt und eingegrenzt ist 1 . Apollinaris hat die Wesensidentität des Menschen Jesu mit Gott noch nicht direkt ausgesprochen, aber soweit man von den Mitteilungen Gregors über den Fortgang der 'Apodeixis' urteilen kann, ist die Wesensidentität das Ziel seiner Gedanken, auf das er nach und nach zusteuert. Einige Stellen der Schrift legt er in diesem Sinne aus2 und geht dann von dem Schriftbeweis über zu dem Beweis aus der kirchlichen Tradition: Durch die Synode von Nicea sieht er die Wesensidentität Jesu mit Gott festgestellt (fr. 39)3. Das Besondere seines Gedankens liegt darin, daß er das Prädikat „wesensgleich" zum Leitfaden der ganzen Christologie einschließlich der Inkarnation macht. Er gibt für die Wesensidentität des Inkarnierten mit Gott eine Vielzahl von Begründungen, je nachdem, wem gegenüber er sie verteidigen will; aber sie dienen von der 'Apodeixis' her gesehen alle dem einen Zweck, zu zeigen, daß der Mensch Jesus nicht ein von Gott inspirierter Mensch, sondern ganz der inkarnierte Gott ist; denn es wurde oben gezeigt, daß Apollinaris die Zwei-Naturen-Christologie als die notwendige logische Voraussetzung der Inspirationschristologie betrachtet (s. o. S. 138f.). Apollinaris kennzeichnet die Christologie Pauls von Samosata und von dessen geistigen Schülern als Inspirationschristologie durch den Begriff des άνθρωπος ενθεος. Da er zuerst von der Schrift und von der kirchlichen Tradition her zeigen will, daß dieser Begriff unchristlich ist, weil durch ihn der Gedanke einer Inkarnation Gottes geleugnet wird, führt er in Anlehnung an l.Kor. 15,45—47 den άνθρωπος ένθεος auf den άνθρωπος έκ γης zurück und stellt ihm als die richtige Anschauung von Christus den άνθρωπος έξ ούρανοϋ gegenüber. Aus der gleichartigen Bezeugung, daß der 'Mensch aus dem Himmel' Menschensohn und Gottessohn ist, folgert er, daß der inkarnierte Christus Gott und Mensch zugleich ist, d. h. daß der Mensch Jesus mit Gott wesensgleich ist. Eine vorläufige Begründung für diese Behauptung folgt in fr. 19: Gott sei Jesus durch den Geist, der sich inkarnierte, und Mensch durch das Fleisch, 1 J p. 147,20 —148,25 et sqq; cf. J p. 147,28sq: μίαν έποίησε τοϋ θεοϋ τε καΐ άνθρώπου τήν φύσιν . . . a Fr. 33—38; s. ο. S. 76. 3 J p. 157,27 sq: άλλα καΐ τοΰ κατά Νίκαιαν μέμνηται δόγματος, έν ф τί> έμοούσιον ή κοινή των πατέρων έξεφώνησε σύνοδος.
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das Gott „hinzunahm" 1 . Diese Aussage muß als eine erste Erläuterung der Inkarnation verstanden werden. Gott wird in der Weise Mensch, daß sich der Geist inkarniert. Es schließt sich eine Darstellung der allgemeinen Anthropologie an, die beweisen soll, warum man gerade den Geist als Gott zu verstehen hat (fr. 20—23). Das sei als Feststellung hier hingenommen. In fr. 25 faßt Apollinaris dann seinen Gedankengang im Gegenüber zu dem άνθρωπος ενθεος des Paul von Samosata zusammen und erklärt, warum der 'Mensch aus dem Himmel' Gott und nicht nur ein von Gott erleuchteter Mensch ist. Jesus hat den Geist als Gott. Er ist Mensch, weil der Geist zugleich Vernunft ist, denn so wird das Merkmal des Menschseins erfüllt, daß Vernunft mit Seele und Körper ein Wesen bildet. Im Unterschied zu allen anderen Menschen ist Jesus allein der 'Mensch aus dem Himmel'; denn — so muß man folgern — nur er hat den Geist, d. h. die Vernunft als Gott. Schon daraus ergibt sich, daß Geist, Vernunft und Gott gleichgesetzt werden. Die Inkarnation Gottes ist ihrem Sinne nach eine Inkarnation des Geistes oder der Vernunft 2 . Damit ist Apollinaris einen ersten Schritt über den biblischen Ausdruck 'Mensch vom Himmel' hinausgegangen. Der 'Mensch aus dem Himmel' ist seinem Wesen nach Gott, weil er der inkarnierte Geist ist. In den folgenden Partien (fr. 32—47) wird dann dargelegt, wie sich das Fleisch, d. h. Seele und Körper, das Gott zum Zweck der Inkarnation „hinzugenommen" hatte, zu Jesu Wesensbestimmung als Gott verhält. Der direkte Gegenbegriff zu άνθρωπος ενθεος findet sich offenbar in dem ganzen ersten Teil der 'Apodeixis' nicht, sondern er ist erst das Thema des zweiten Teiles 3 . Apollinaris hat also allmählich über den biblischen Ausdruck 'Mensch vom Himmel' zu dem Hauptbegriff seiner eigenen Christologie hingeführt. Der Geist, der mit der Vernunft identisch sein soll, hat sich inkarniert. Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zu dem Begriff θεός ενσαρκος oder νοϋς ένσαρκος, mit dem er die biblische Redeweise ganz hinter sich gelassen hat (fr. 48). So zeigt sich in dem Aufbau der 'Apodeixis' eine eindrucksvolle Steigerung, die den Leser davon überzeugen soll, daß sich der Begriff θεός ενσαρκος aus Schrift und Bekenntnis ableitet. Während der erste Teil der 'Apodeixis' die These begründete, daß eine Christologie, die sich auf der Aussage aufbaut, Jesus sei ein άνθρωπος έ'νθεος, unchristlich und häretisch ist, weil ein göttlich inspi1 J p. 140,3—5: Ά λ λ α θεός μέν τώ πνεύματι τώ σαρκωθέντι, άνθρωπος δέ τη ύπδ τοϋ θεοϋ προσληφθείση σαρκί. 2 Cf. fr. 31 (J p. 146,27 sq): τοϋτον δέ φησιν έξ ούρανοϋ διά τοϋτο καλεΐσθαι, διότι τό πνεϋμα τό ούράνιον έσαρκώθη. 3 Die gelegentliche Verwendung dieses Ausdrucks in J p. 1 5 1 , 1 0 hebt diese Beobachtung m. E. nicht auf; da θεός ίνσαρκος sich m. W. vor Apollinaris nicht nachweisen läßt, kann man annehmen, daß Gregor vor der Niederschrift seiner Widerlegung die 'Apodeixis' zumindest durchgesehen hat. 10*
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rierter Mensch ein 'Mensch von der Erde' ist, dem die apostolische und kirchliche Überlieferung den vom Himmel herabgekommenen Menschen entgegenstellt, so steht der zweite Teil unter dem Leitgedanken, daß allein eine Christologie, die von dem Begriff des θεός ένσαρκος ausgeht, christlich genannt werden darf. Auf diese Weise gelingt es Apollinaris, die unchristliche und die christliche Begründung der Christologie in zwei Begriffen, die auf gleicher Ebene stehen, einander zu konfrontieren, ohne die Basis christlicher Lehre, nämlich Schrift und Tradition, zu übergehen. Er beginnt mit einem Begriff griechisch-philosophischer Konvenienz und entwickelt dann einen eigenen Begriff, der jenem gleichwertig ist. Im ersten Teil legt er dar, daß Schrift und Tradition die Anschauung von Jesus als einem άνθρωπος ενθεος als falsch erweisen, weil Gott sich inkarniert hat und Jesus den Geist, d. h. die Vernunft, als Gott hat; im zweiten Teil faßt er seine Darlegung des ersten Teiles in einem neuen Begriff zusammen und begründet nun aus allgemein einsichtigen Gedanken, daß nur dieser neue Begriff dem Wahrheitsanspruch der christlichen Verkündigung von der heilswirksamen Gottesoffenbarung entspricht. Es ist allerdings festzustellen, daß die Ausführungen des Apollinaris im zweiten Teil seiner Schrift nicht von dem Begriff θεός ενσαρκος aus argumentieren, sondern vielmehr von νους ενσαρκος aus (fr. 69—76). Darf man annehmen, daß er auch diesen Begriffswechsel bewußt entwickelt hat? Μ. E. spricht einiges dafür. In dem zusammenfassenden Referat über den Beginn des zweiten Teils (fr. 48) sagt Gregor, daß Apollinaris den Menschen Jesus, den „fleischlichen Gott", in seiner eigenen Terminologie νοϋς ενσαρκος nenne 1 . Aber es scheint, daß dies eine Vorwegnahme des Begriffs ist, der Gregor aufgefallen ist, weil er der christlichen Tradition nicht geläufig ist; denn in seinen Einwänden zu fr. 48 wiederholt Gregor ihn nicht, sondern spricht sehr betont von ό ενσαρκος αύτοϋ θεός2. In den Fragmenten 50 und 53, die sich sicher enger an den Wortlaut des Originals anschließen als fr. 48, steht dann auch θεός έ'νσαρκος und nicht νοϋς έ'νσαρκος. Und das ergibt auch einen sinnvollen Gedankengang; denn es mußte Apollinaris darauf ankommen, gegenüber der nichtchristlichen Ablehnung des Gedankens, daß Gott sich inkarniert habe, die Göttlichkeit des Menschen Jesus darzulegen (fr. 49—53). Soweit sich erkennen läßt, geht er erst in fr. 54 dazu über, zu zeigen, in welcher Weise von dem Menschen Jesus gesagt werden kann, daß er göttlichen Wesens ist (bis fr. 69). Erst am Ende dieser Darlegung taucht der Begriff νοϋς ενσαρκος auf (fr. 69); denn die Natur des Inkarnierten ist durch den Geist bestimmt (fr. 54), und im Anschluß an die geläufige anthropologische Terminologie sagt er dann, daß Christus 1 2
J p. 166,27sq: . . . σάρκινον βντα θεόν ή, καθώς αύτίις όνομάζει, ένσαρκον νοϋν. J p. 167,11.23sq.
Auseinandersetzung mit der Apollinarisforschung
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Mensch wurde, indem seine Vernunft mit Gott identisch ist. Dabei setzt er voraus, daß die Begriffe Vernunft, Geist und Gott gleichgesetzt werden können. Seine christologische Formel: νους ενσαρκος zeigt sich als die letztgültige Formulierung seiner Gedanken. Deswegen ist sein Gottesgedanke durch den Begriff νους geprägt, zu dem er über den Begriff πνεύμα hinführt. Nach der Meinung des Apollinaris bedeutet der Ubergang von πνεϋμα zu νους nur, daß er aus dem biblisch-christlichen Sprachbereich in den griechisch-philosophischen eintritt; vom Inhalt her gesehen bringt er keinen Fortschritt mit sich.
B. Die Anthropologie des Apollinaris 1. Auseinandersetzung mit der Apollinarisforschung Bisher wurde nur in deskriptiver Weise festgehalten, daß Apollinaris gegen die Vorstellung vom göttlich inspirierten Christus in mehreren Schritten seinen eigenen christologischen Grundbegriff, νους Ινσαρκος, entwickelt; er ging dabei von Schrift und Bekenntnis aus. Aber es ist noch nicht sichtbar geworden, welcher Gedanke ihn geleitet hat. Die Behauptung, daß in der Inspirationschristologie die reale Menschwerdung Gottes geleugnet wird, weil sie von der Unterscheidung der göttlichen und menschlichen Natur ausgeht und bei ihrer Trennung stehenbleibt, ist ja nur eine Aussage, die er der Tradition entnimmt. Aber er überläßt der Tradition nicht die Begründung für seine Behauptung, daß Christus nur als νους ένσαρκος der inkarnierte Gott ist, sondern er legt ihre Wahrheit ausführlich dar: Im ersten Teil vorwiegend auf Schriftstellen sich beziehend, im zweiten von allgemein einsichtigen Argumenten ausgehend. In fr. 19 wird gesagt, wie Jesus Gott und Mensch zugleich ist: Durch den inkarnierten Geist ist er Gott, durch das hinzugenommene Fleisch ist er Mensch. Die beiden Schriftstellen 1. Tim. 3,16 und Joh. 1,14 (fr. 20 und 21) sollen beweisen, daß das Zeugnis der Schrift tatsächlich den Gedanken einer realen Inkarnation Gottes fordert. Gregor von Nyssa stellt fest, daß er diesen Schriftstellen ohne weiteres zustimme. Aber zu dem Johannesvers: Der Logos wurde Fleisch, hatte Apollinaris noch hinzugefugt: hinsichtlich der Einung 1 . Und sich darauf beziehend unterstreicht Gregor, daß auch Apollinaris von der Einung zweier verschiedener Dinge spreche. Dann fährt er fort: „Aber das Fleisch ist nicht seelenlos, sagt er." 2 Das einleitende „Aber" soll den Zusammenhang von Gregors Darstellung begründen und gehört nicht zu einem wörtlichen 1 2
J p. 140,14: Ό λόγος σάρξ έγένετο κατά τήν Ινωσιν. Fr. 22 (J p. 140,17): Άλλ' ούκ «ψύχος, φησίν, ή βάρξ·
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Anthropologie des Apollinaris
Zitat aus Apollinaris. Denn Gregor will zeigen, daß nach einem richtigen Gedanken Apollinaris jetzt wieder Unsinn schreibe. Aber dieser „Unsinn" muß doch in irgendeinem Zusammenhang mit den fr. 19—21 stehen. Es soll nicht konstatiert werden, daß Christus bei seiner Inkarnation einen beseelten Leib als sein Werkzeug gebraucht hat, sondern es soll begründet werden, warum „Fleisch" (σάρξ) seinem Wesen nach beseelt ist. Das fr. 22 fährt nämlich mit einem „Denn" fort: „Denn es ist gesagt, daß es gegen den Geist streitet und gegen das Gesetz der Vernunft zum Kampf antritt." 1 Gemeint ist Rom. 7,23; auch auf Rom. 8,7 hat Apollinaris verwiesen 2 . Nach Gregors Referat (fr. 23 und 24) sieht es so aus, als habe Apollinaris nur die sog. Trichotomie des Menschen beweisen wollen, um durch sie seine Formel, daß Jesus Gott durch den Geist, Mensch durch das hinzugenommene Fleisch sei, zu rechtfertigen, wie er es dann in fr. 25 wiederholt. Aber aus den angezogenen Schriftstellen aus dem Römerbrief geht hervor, daß er mehr beabsichtigt, als nur festzustellen, daß der Mensch aus drei Teilen besteht; denn er gibt gleichzeitig eine Wesensbestimmung des Menschen. Deswegen ist σάρξ nicht beliebig gegen σώμα austauschbar, weil σάρξ den mit einem eigenen Lebensprinzip ausgestatteten Körper meint. In fr. 26 wird das klar: Paulus nennt den ersten Menschen seinem Wesen nach 'Seele' (ψυχή)3, während der zweite Mensch seinem Wesen nach Geist (πνεϋμα) ist 4 . Noch deutlicher wird das in der parallelen Ausführung im zweiten Teil der 'Apodeixis': Die christologische Formel νοϋς ενσαρκος wird nicht nur durch die sog. Trichotomie des Menschen begründet (fr. 72), sondern darüber hinaus vom Wesen des Menschen her (fr. 70—80). Bevor gefragt wird, wie die Argumentation verläuft, soll noch eine weitere Parallele herangezogen werden: In fr. 89 wird die christologische Formel wieder durch die Trichotomie begründet : Weil der Mensch aus Geist, Seele und Leib besteht, ist Christus Mensch, da sich Gott als Geist mit einem beseelten Leib verbunden hat. Aber Apollinaris bleibt bei dieser Feststellung nicht stehen; denn Christus ist der himmlische Mensch, und das heißt nach Paulus, lebendigmachender Geist. Dadurch ist jedoch nicht nur ein Teil des menschlichen Wesens ausgetauscht, so daß an die Stelle der menschlichen Vernunft Gott als Vernunft tritt, sondern der zugrunde liegende Gedanke ist die Wesensunterschiedenheit Jesu von allen anderen Menschen: Sein Geist ist lebenspendender Geist, er ist der himmlische Mensch, während alle anderen Menschen ihrem Wesen nach irdisch sind. „Wenn der himmlische Mensch in allem den irdischen gleich wäre, so daß er auch den Geist in gleicher Weise wie die irdischen hätte, dann wäre er nicht mehr der himmlische 1 J p. 140,18 sq: στρατεύεσθαι γάρ κατά τοϋ πνεύματος είρηται καΐ άντιστρατεύεσθαι τώ νόμω τοϋ νοός. 8 J p. 144,23—25 nach l . K o r . 15,45. ' 2 Cf. J p. 141,3—10. 4 Fr. 27 (J p. 145,13—16) nach l . K o r . 15,48.
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Mensch, sondern nur ein Behältnis des himmlischen Gottes." 1 Zugrunde liegt diesem Gedanken wieder die Gegenüberstellung von νοϋς ενσαρκος und άνθρωπος ενθ-εος. Aber die Entgegensetzung der beiden christologischen Begriffe geschieht jetzt auf dem Hintergrund einer allgemeinen Anthropologie, die schon die Soteriologie im Blick hat. Der geschaffene Mensch ist seinem Wesen nach nur ein Behältnis Gottes, während Jesus der lebenspendende Geist ist. M. a. W. der gewöhnliche Mensch ist nur ein passives Objekt göttlichen Handelns, während der inkarnierte Christus das aktive Subjekt, das Leben gibt, ist. Der Mensch empfängt, was Jesus vermittelt. Die Art und Weise, wie die Menschheit durch Jesus erlöst wird, wird in den fr. 76—80 dargelegt: In platonischer Terminologie heißt es, daß durch Teilhabe an Christus, dem inkarnierten Gott, die Angleichung durch Erkenntnis stattfindet. Die folgenden Kapitel werden den Sinn und die Tragweite des apollinaristischen Gedankens von der Erlösung durch Gotteserkenntnis erläutern. Als Ergebnis der bisherigen Darstellung ist jedenfalls festzuhalten, daß Apollinaris seinen christologischen Grundbegriff (νοϋς έ'νσαρκος) durch eine auf die Soteriologie ausgerichtete. Anthropologie begründet. Dieses vorläufige Resultat widerspricht der Forschung, die den Sinn der apollinaristischen Christologie in der Frage nach der Einheit der Person Christi sieht und meint, Apollinaris habe durch Beantwortung dieser Frage der Inkarnation Gottes eine neue Deutung geben wollen 2 . Der Gegensatz ist allerdings weniger scharf, wenn man bedenkt, daß hier schon vorausgesetzt wird, die Frage nach der Einheit der Person Christi sei eine sinnvolle und notwendige Frage. Je weniger jedoch diese Voraussetzung bei Apollinaris selbst nachgeprüft wird, desto mehr wird die apollinaristische Christologie zu einem abstrakten Moment in einer vorgängig bestimmten Geschichte des christlichen Dogmas, in die sie sich folgerichtig nur als ein zu überwindendes Moment einfügt. Letztlich wird dann unkritisch als Maßstab für den Sinn der Entwicklung des christologischen Dogmas der Gedanke übernommen, den Gregor von Nazianz auf die Formel gebracht hat: Was nicht angenommen ist, ist nicht erlöst 3 . Wäre es aber nicht erstaunlich, wenn, bei vorausgesetzter gleicher soteriologischer Grundlage für die Geschichte des christlichen Dogmas, die Einheit der Person Christi vor Apollinaris nicht als Problem erkannt worden wäre? Es wird sich zeigen, daß Apollinaris gerade diesen soteriologischen Grundsatz: Was nicht angenommen ist, ist nicht erlöst, widerlegen will. Die Frage nach der Einheit der Person Christi ist 1 Fr. 90 (J p. 213,21—25): Et έκ πάντων των ίσων ήμΐν έστι τοις χοΐκοϊς 6 έπουρά«ος όίνθρωπος, ώστε καΐ τό πνεϋμα ίσον ίχειν τοις χοΐκοΐς, ούκ έπουράνιος άλλ' έπουρανίου &εοϋ δοχειον. a Dorner, Loofs, Seeberg, Voisin, Furlani, Richard, Galtier, Ristow, Grillmeier. 3 Ep. ad Cled. I (101) M P G 37, 181C.
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nicht sein Ausgangspunkt, sondern sie ergibt sich ihm erst aus seiner eigenen Soteriologie. Die „orthodoxe" Kirche nahm dann diese von ihm als erstem präzise gestellte Frage nach der Einheit der Person Christi auf und wandte sie auf ihre Soteriologie an. Unter den Darstellungen, die ein soteriologisches Schema für Apollinaris voraussetzen und ihm innerhalb dieses Schemas nachrühmen, als erster die Frage nach der Einheit der Person Christi gestellt zu haben, ist zuerst I. A. Dorner zu nennen. Das Charakteristikum der apollinaristischen Lehre sei das Streben nach der Einheit der gottmenschlichen Person 1 . Ausgehend von dem in Nicea erreichten Ergebnis der dogmengeschichtlichen Lehrentwicklung, daß dem Logos eine gottwesensgleiche Personhaftigkeit zukommt, bemühe sich Apollinaris darum, auch die Personhafügkeit des inkarnierten Logos festzustellen2. Da die Personhaftigkeit des Logos aber in ihrer trinitarischen Zuordnung begründet sei, könne die menschliche Natur nur noch unpersönlich bestimmt werden. Indem Dorner von Hegel den Gedanken übernimmt, daß Erlösung nur als konkrete Offenbarung, d. h. als Konkretion der Idee des Menschseins in einer Person möglich ist, ergibt sich ihm, daß Apollinaris dem Erlösungsgedanken nicht gerecht wird; denn Apollinaris dringe nicht bis zur vollen Konkretion der Idee des Menschseins vor, weil er die Inkarnation nicht bis zur Wesensgleichheit mit den Menschen durchführe 3 . Von einer ganz anderen Voraussetzung ausgehend kommt Dorner also zu dem gleichen Ergebnis wie die Kirchengeschichte: Der Irrtum des Apollinaris besteht in der Ablehnung der vollen Menschheit Christi. G. Voisin versucht nachzuweisen, daß nicht der arianische Χριστός τρεπτός, sondern die Zwei-Naturen-Lehre der Antiochener der eigentliche Angrifffspunkt des Apollinaris war. Infolgedessen sieht er bei Apollinaris nur noch die Frage nach der Einheit des Inkarnierten und bestreitet ausdrücklich, daß soteriologische Gesichtspunkte eine Rolle gespielt hätten 4 . Es sei Apollinaris ausschließlich darum gegangen, die philosophische These, daß nicht zwei eine Einheit ergeben könnten, zu verfechten®. Und indem Apollinaris so die Philosophie vor den Glauben gestellt habe, sei er zu seiner häretischen Leugnung der vollen Menschheit Christi gelangt®. Außerdem wirft ihm Voisin vor, daß er Person und Natur gleichgesetzt habe und insofern, wie Voisin meint, blind für den Glaubenssatz war, der die Einheit Christi als die Einheit von zwei Naturen in einer Person bekennt 7 . 1
Entwicklungsgeschichte der Lehre von der Person Christi, Bd. I (Berlin 18512) S. 975 f. 2 3 S. 987—989. S. 1028—1036. 5 « L'Apollinarisme S. 54—59. S. 289. « S. 376. ' S. 376.
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Ihre konsequenteste Form unter dem Gesichtspunkt der Frage nach der Einheit des Inkarnierten findet die Betrachtung des Apollinaris bei H. Ristow. Er behauptet, das Inkarnationsproblem habe sich für Apollinaris auf ein einfaches „Rechenexempel" reduziert 1 . Zu seinem Irrtum sei er durch die Voraussetzung getrieben worden, daß er in statischen Kategorien dachte2, während der Glaube nicht nach dem Wie der Inkarnation frage 3 . Auf eine neue Grundlage hat M. Richard die Beurteilung des Apollinaris gestellt. Auch er setzt voraus, daß Apollinaris von der Frage nach der Einheit von menschlicher und göttlicher Natur in dem inkarnierten Christus ausgegangen sei. Aber Apollinaris habe nicht einfach eine Natureinheit behauptet, sondern durch die Einführung des Begriffs Hypostase, der die Einheit in neuer Weise charakterisiere, eine Lösung versucht 4 , die er allerdings durch die Aufgabe der vollen menschlichen Natur zu hoch bezahlt habe 5 . An Richard anknüpfend zeigt A. Grillmeier, daß Apollinaris wohl die Personeinheit von göttlicher und menschlicher Natur in Christus anstrebe, aber sie doch statt „akthaft-dynamisch" zu einer „vitalen Natureinheit" reduziere®. Im Prinzip schließt er sich damit dem Urteil von Voisin an, obwohl seine Darstellung differenzierter ist und die Untersuchungen Riedmattens aufnimmt. Die ausdrücklich soteriologische Begründung der apollinaristischen Christologie hat A. von Harnack herausgestellt. Die Einheit der Person werde von Apollinaris gelehrt, weil nur sie dem Erlösungsgedanken der griechisch christlichen Lehre gerecht werde. „Diese (sc. die apollinaristische) Lehre ist, gemessen an den Voraussetzungen und Zielen der griechischen Auffassung vom Christentum als Religion, vollkommen." Denn: „Nur diese vollkommene Einheit der Person verbürgt die Erlösung des Menschengeschlechts zu göttlichem L e b e n . . . " 7 Durch die Menschwerdung des göttlichen Lebens habe sich nämlich die Idee des vergotteten Menschen geschichtlich verwirklicht, so daß das Göttliche sich real und bleibend mit dem Menschlichen verbunden habe 8 . Zwar gehe die apollinaristische Formel von der Einheit der Person Christi von dem philosophischen Gedanken aus, daß sich nicht zwei selbständige Naturen zu 1 Zwei Häretiker der Alten Kirche. Apollinaris von Laodicea und Nestorius, Diss, theol. Berlin 1954 (mschr.) S. 23. 3 8 S. 55 f., 114, 117. S. 125. 1 L'introduction du mot 'Hypostase' dans la th6ologie de l'incarnation, Milanges de Science Religieuse 2 (1945) S. 10. 6 S. 17. β Die theologische und sprachliche Vorbereitung der christologischen Formel von Chalkedon, in: Das Konzil von Chalkedon I (Würzburg 1951; 19623) S. 112— 114. ' DG II S. 330. « DG II S. 47f.; 329.
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einer Einheit verbinden können 1 ; aber diese Formel entspreche vollkommen dem griechischen Erlösungsgedanken, indem sie die menschliche Natur in ihrer Selbständigkeit nicht anerkenne und sie zum bloßen Objekt und Organ, an dem sich die Erlösung als Vergottung vollziehe, degradiere: Die Freiheit des Menschen sei in diesem Schema von vorneherein aufgehoben, und die Erlösung selbst sei ein „physischer Process", wie Harnack es einmal formuliert hat 2 . So ist Harnack m.W. der einzige, der die Lehre des Apollinaris von der unvollständigen menschlichen Natur, die Christus durch seine Inkarnation vergottet hat, als Denkleistung auf dem Hintergrund der griechisch christlichen Soteriologie uneingeschränkt positiv beurteilt. Schon F. Loofs hat dieses positive Urteil nicht mehr anerkannt, weil er feststellte, daß durch die Lehre des Apollinaris ein wesentliches Element der sog. physischen Erlösungslehre 3 aufgehoben werde, indem Christus dem erlösungsbedürftigen Menschen nicht vollkommen wesensgleich werde und folglich auch die Vergottung des menschlichen Wesens nicht verbürge 4 . Auch R. Seeberg behauptet, daß Apollinaris von der Frage nach der Einheit der Person Christi ausgehe. Die Selbständigkeit der menschlichen Natur des Inkarnierten schließe Apollinaris aus zwei Gründen aus: „Einmal weil ein menschliches Geistesleben die Menschheit Christi zu einem besonderen Wesen und dadurch unvereinbar mit dem Logos machen würde; sodann aber, weil die von dem geistigen Leben untrennbare Freiheit eine dauernde und sichere Vereinigung der menschlichen Natur mit der Gottheit als unmöglich erscheinen läßt." 6 Er erkennt zwar die soteriologische Begründung bei Apollinaris an: „Die Menschwerdung Gottes wandelt sich in die Gottwerdung des Menschen. Wie Athanasius für die Gottheit des Logos, so argumentiert Apollinaris für die Gottheit der konkreten Christusgestalt aus der Realität der Erlösung und ihrer Heilsmittel."8 Aber nach Seebergs Darstellung sucht Apollinaris nur danach, die Einheit des Inkarnierten in eine gedanklich faßbare Form zu bringen, indem er den biblischen Gegensatz von Geist und Fleisch durch die aristotelischen Begriffe Form und Stoff interpretiert 7 . Jedoch in 2 D G II S. 166f. D G II S. 326. Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, Tübingen 1959®, erläutert den Begriff „physische Erlösungslehre" folgendermaßen (S. 159 Anm. 3): „D. h. dasjenige Verständnis der Erlösung, dem die Beseitigung der φθορά in der Menschheit durch die in Christus vollzogene Vereinigung der Menschheit mit der Gottheit die Hauptsache ist." 4 s. 212. 6 D G II S. 176. 8 D G II S. 174. 7 D G II S. 174—176. S. 176: „Damit ist der Grundriß der Anschauung des Apollinaris gewonnen. Sie ist hervorgegangen aus einer Kombination der biblischen Begriffe Geist und Fleisch mit der aristotelischen Anschauung von der Form und dem Stoff." Cf. G. Furlani: Die Kombination von biblischer und aristotelischer 1
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diesem Schema allein sei seine Häresie noch nicht zu sehen, sondern erst darin, daß Apollinaris eine Erlösung der menschlichen Natur ohne eine Erlösung des menschlichen Geistes annahm 1 . Deswegen stimmt Seeberg im Grunde der kirchlichen Erlösungsformel, die Gregor von Nazianz gegen Apollinaris prägte, zu; denn es konnte nur Gleiches durch Gleiches erlöst werden 2 . Einen anderen Weg zum Verständnis des Apollinaris gehen Η. M. Gwatkin und С. E. Raven: Beide zeigen, daß der Gegensatz zwischen Fleisch und Geist nicht ausreiche, um die Christologie des Apollinaris zu deuten; sondern der Hintergrund sei der Gegensatz zwischen Gott und Mensch, zwischen sündlos und sündig. Apollinaris hat in dieser Sicht nicht die Einheit der Person Christi durch die Soteriologie begründen wollen, sondern die Einheit der beiden Naturen, die er durch die Leugnung der Annahme einer menschlichen Vernunft erreicht, ergibt sich als Konsequenz aus der Apollinaris eigenen Anthropologie. Deswegen sehen Gwatkin und Raven den Irrtum des Apollinaris nicht in seiner Einheitsformel, sondern in Seinem Verständnis vom Wesen des Menschen. Während Gwatkin ihm vorwirft, die Sünde zum Wesen des Menschen gerechnet zu haben, behauptet Raven, daß Apollinaris die Sündlosigkeit des Inkarnierten fälschlicherweise naturhaft begründet habe 3 . R. A. Norris beschreitet einen Mittelweg, indem er die Form und das Motiv der apollinaristischen Christologie unterscheidet. In besonders engem Anschluß an H. de Riedmatten 4 legt er dar, daß die Form der apollinaristischen Christologie, von dem neuplatonischen Schema der Anthropologie (Dreiteilung in Geist, Seele und Körper) ausgehend, die Einheit der Person Christi gegen die antiochenische Zwei-NaturenChristologie darlegen wolle, wobei der Traduzianismus die wesentliche Voraussetzung für die Darstellung der Einheit abgegeben habe 8 . Erst in seinen späteren Werken habe Apollinaris in apologetischer Absicht über das anthropologische Schema hinaus seine Christologie auch durch soteriologische Argumente zu begründen versucht®. Wenn das richtig Anthropologie, die als Schema der Christologie zugrunde liege, habe zu der häretischen Einheitsformel für die Person des Inkarnierten geführt (Studi apollinaristici II, Rivista di studi filosofici e religiosi IV, 1923, S. 136). 1 D G II S. 185 Anm. 1. * Cf. D G II S. 82. 8 Gwatkin, Studies in Arianism, Cambridge 19002, S. 253. Raven, Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 187 und 270f. 4 Some Neglected Aspects und La christologie. 5 Manhood and Christ, Oxford 1963, S. 87f. ' S. 112: "Up to this point we have failed to consider one of the most distinctive elements in Apollinaris' teaching: the answer which he gives in his later works to the question why it is necessary to exclude a human rational faculty from the Person of the Logos incarnate. In his earlier works no such reason is explicitly supplied. The absence of a human soul in Christ appears there merely as a subsidiary
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sein sollte, dann wäre es irreführend, zwischen Form und Motiv der apollinaristischen Christologie zu unterscheiden, da ja das Motiv erst nachträglich in die Form hineingezeichnet wäre. Aus unserer Analyse des Aufbaus der 'Apodeixis' hatte sich ergeben, daß Apollinaris seinen christologischen Grundbegriff vom θ-εδς άσαρκος, in dem Gott als Vernunft verstanden ist, gegen den Begriff άνθρωπος ένθεος nicht auf Grund eines anthropologischen Schemas und nicht von der Frage nach der Einheit des Inkarnierten geleitet entwickelt, sondern vom Wesen des Menschen im Unterschied zu Gottes Wesen, das sich in Jesus zur Erlösung der Menschen offenbart hat, her. Wie Apollinaris das Wesen Gottes und das Wesen des Menschen bestimmt, wird das Thema der nächsten Kapitel sein. Sodann wird gefragt werden müssen, warum der Mensch auf Gottes Offenbarung angewiesen ist und aus welchem Grund sich Gott als Mensch offenbaren mußte. Es soll also gezeigt werden, welches christliche Interesse Apollinaris daran hatte, seine Christologie auf den Begriff θεος bzw. νους ένσαρκος zu gründen. Erst danach wird in einem weiteren Abschnitt untersucht werden, ob sich von der anthropologischen und soteriologischen Begründung, die Apollinaris für seine Christologie in der 'Apodeixis' gibt, die Frage nach der Einheit des Inkarnierten als Konsequenz ergibt. Aus dem Uberblick über die Apollinarisforschung ergibt sich nämlich, daß er immer so verstanden wurde, daß er sich aus soteriologischem Interesse heraus der Frage nach der Einheit von göttlicher und menschlicher Natur zuwandte; aber die Soteriologie, die Apollinaris voraussetzt, ist eigens darzustellen. Denn an ihrer Wahrheit entscheidet sich gleichzeitig die Frage, ob die Wesensgleichheit des inkarnierten Gottes mit den Menschen eine notwendige Lehre christlicher Theologie ist oder nicht, vorausgesetzt, daß Apollinaris konsequent aus seiner Soteriologie heraus die ihm eigentümliche Form der Einheit von Gott und Mensch in Christus entwickelt. 2. Der Gottesbegriff des Apollinaris
Es war schon festgestellt worden, daß Apollinaris Gott, Geist und Vernunft gleichsetzt1. Außerdem ergab sich aus dem Aufbau der 'Apodeixis5, daß die letztgültige Formulierung seiner Christologie nicht θ-εδς ένσαρκος, sondern νους ενσαρκος lautet. Deswegen kann man hypothetisch davon ausgehen, daß der Gottesbegriff durch νους interpretiert werden soll. In fr. 74 heißt es: „Wenn neben Gott, der Vernunft ist, auch noch consequence of the use of the spirit-flesh model to explain the unity of the Redeemer's Person. In the face of criticism, however, Apollinaris appears to have developed an apologetic for his position: and one based, moreover, on considerations of a predominantly anthoprological nature." 1 S. o. S. 146—149; Belege: fr. 25; 32; 74; cf. 97.
Der Gottesbegriff des Apollinaris
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eine menschliche Vernunft in Christus war, — das Werk der Inkarnation kommt also in ihm nicht zu seinem Ziel." 1 Gregor von Nyssa teilt nur die Voraussetzung und die Schlußfolgerung des Gedankenganges mit, läßt jedoch den verbindenden Mittelteil aus2. Die Gleichsetzung von Gott und Vernunft scheint aber eindeutig zu sein; denn Gregor polemisiert gegen sie, indem er fragt, ob für diese Bestimmung Gottes ein Schriftbeleg beigebracht werden könne 3 . Gottes Wesen wird also als Vernunft bestimmt, wie es das wörtliche Bruchstück ausspricht. Aber der Begriff Vernunft könnte noch mißverstanden werden; deswegen ist die Unterscheidung einer menschlichen Vernunft von der Vernunft, die Gott ist, wichtig. In der Fortsetzung des Fragmentes 74 wird gesagt, daß das Kennzeichen der menschlichen Vernunft die Freiheit zur Selbstbestimmung ist 4 . Aus den beiden folgenden Fragmenten (75 und 76) geht hervor, daß das Wesen Gottes als Vernunft negativ von der menschlichen Vernunft her unterschieden wird. So heißt es in fr. 75, daß der menschlichen Vernunft nur durch Übung ein Besitz zuwachse; da sich aber für Christus dieses Merkmal nicht feststellen lasse, könne ihm auch keine menschliche Vernunft zugesprochen werden 5 . Was damit gemeint ist, erhellt fr. 57, in dem gesagt wird, daß Christus im Unterschied zu allen anderen Menschen Weisheit besitzt, ohne sie durch Lernen erworben zu haben®. Eine weitere negative Abgrenzung erfahren wir durch fr. 76: Das Werk der Erlösung konnte sich nur durch eine Vernunft vollziehen, die die Gegenstände ihrer Erkenntnis als einen unverlierbaren Besitz hat und nicht wie die menschliche Vernunft wegen der Schwachheit ihrer Erkenntnis wandelbar ist. Die göttliche Vernunft ist also unwandelbar (νους άτρεπτος)'. In einem Brief des Apollinaris an seinen Schüler Julian, aus dem die Doctrina de Dei Verbi drei Bruchstücke, wohl durch die Vermittlung Polemons 8 , aufbewahrt hat, wird die Unterscheidung zwischen göttlicher und menschlicher Vernunft ausführlich begründet. Hier wird auch deutlich, daß Apollinaris das Wesen der göttlichen Vernunft nicht nur durch die negative Abgrenzung gegenüber der menschlichen Vernunft bestimmt. Um zu beweisen, daß in dem inkarnierten Christus nicht eine menschliche Vernunft neben der göttlichen Vernunft einen Platz haben konnte, legt er das Wesen von Vernunft überhaupt dar und begründet dann den 1 J p. 192,9—12: El μετά τοϋ θεοϋ, νοϋ 8ντος, καΐ άν&ρώπινος ήν έν Χριστώ νοϋς — ουκ άρα έπιτελεΐται τό της σαρκώσεως ίργον. 2 Siehe ο. S. 82. 3 1 J ρ. 191,31—192,4. αύτοκίνητος. 5 J ρ. 192,25—28: Et τι πλέον έτερος έτέρου κομίζεται, τοϋτο δι' άσκησιν γίνεται· ουδεμία δέ άσκησις έν Χριστφ· ούκ όίρα νοϋς έστιν άνθρώπινος. β J ρ. 175,9: Τίς άδίδακτος σοφός; 7 J ρ. 195,19—21: έδεΐτο δέ άτρέπτου νοϋ μή υποπίπτοντας αύτη (σαρκί) διά έπιστημοσύνης άσθένειαν, άλλά συναρμόζοντος αύτήν άβιάστως έαυτφ. 8 Cf. Lietzmann S. 115 und 145.
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Unterschied zwischen den beiden Arten von Vernunft. Er schreibt: „Die, die lehren, daß in Christus zwei Arten von Vernunft sind, ich meine die göttliche und die menschliche, tun so, als ob sie in einen Felsblock mit dem Finger Buchstaben eingravieren könnten." (fr. 150) Jede Vernunft, sei es nun die göttliche oder sei es die menschliche, besitzt die Freiheit zur Selbstbestimmung. Freiheit zur Selbstbestimmung heißt, durch die eigene Natur in Wollen und Streben bestimmt sein. Wenn also menschliche und göttliche Vernunft unterschieden werden müssen, so deswegen, weil jede von ihnen ein anderes Wesen hat 1 . Daraus ergibt sich, daß die menschliche Vernunft kein Teil der göttlichen, das in seiner Vollkommenheit mit ihr, der göttlichen Vernunft, identisch wäre, sein kann; denn die Natur oder das Wesen beider ist so verschieden, daß sie nicht in einem Subjekt nebeneinander existieren können, weil sie sich gegenseitig aufheben würden. Die Worte des Apollinaris lauten: „Denn wenn jede Vernunft ihrer selbst mächtig ist, weil sie von dem ihrem Wesen eigenen Streben bewegt wird, ist es unmöglich, daß in ein und demselben Subjekt zweie, deren Streben einander entgegengesetzt ist, miteinander existieren; denn jede (sc. Vernunft) führt den Willen ihrer Natur gemäß — sie ist ja ein Selbstbeweger — aus." 2 Daß die Formulierung dieses Gedankens mit der klassisch griechischen Auffassung vom Wesen der Vernunft übereinstimmt, sei vorerst nur am Rande vermerkt (cf. Anaxagoras В 12). Sehen wir noch zu, wie Apollinaris das Wesen der göttlichen und menschlichen Vernunft bestimmt, nachdem er ihre Natur unterschieden hat. Die Fähigkeit der Vernunft, sich gemäß ihrer Natur selbst zu bestimmen, griechisch das Sein als αύτοκίνητον, kann er auch für die göttliche Vernunft nicht bestreiten und also hieraus keinen Gegensatz begründen; denn die 'Selbstbewegung' gehört zum Wesen von Vernunft überhaupt. Trotzdem geht er von hier aus, um die Eigenart der göttlichen Vernunft gegenüber der menschlichen zu erweisen. Wir hatten schon in den Fragmenten der 'Apodeixis' gesehen, daß die göttliche Vernunft unwandelbar (ατρεπτος) ist, während der menschlichen Vernunft das Wandelbare anhaftet. Für die Unwandelbarkeit bildet Apollinaris einen neuen Begriff: Selbstbewegung in Übereinstimmung mit sich selbst (ταυτοκίνητος)3. Der traditionelle Gedanke von der Unwandelbarkeit Gottes dient als Begründung dafür, daß Gott die Vernunft ist, die sich frei für sich selbst entscheidet. Des1 Cf. Origenes, Comm. in Jo. XIII 25, worauf A. v. Harnack DG I S. 676 Anm. 3 hinweist. 2 Fr. 150: δακτύλω γλύφουσι πέτραν ot δυό νόας έπί Χρίστου δογματίζοντες θεϊόν φημι καΐ άνθρώπινον. εί γάρ πας νοϋς αύτοκράτωρ έστί ίδικω θελήματι κατά φύσιν κινούμενος, άδύνατόν έστιν έν ένΐ καΐ τω αύτω ύποκειμένφ δύο τούς τάναντία θέλοντας άλλήλοις συνυπάρχειν έκατέρου τ& θεληθέν έαυτω καθ' όρμήν αύτοκίνητον ένεργοϋντος. 3 Fr. 151: ούδέ τοϋτο συνιδεΐν ήδυνήθησαν καίτοι πασιν δν καταφανές, δτι 6 μέν θειος νοϋς αύτοκίνητός έστι καΐ ταυτοκίνητος, άτρεπτος γάρ . . .
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wegen ist ταυτοκίνητος nicht nur ein Äquivalent zu άτρεπτος, sondern führt über das άτρεπτον hinaus. Dadurch wird die Möglichkeit gewonnen, die Vorstellung vom freien Willen auf Gott zu übertragen, ohne doch Gottes Wesen als Willkür mißzuverstehen. 3. Das Wesen des Menschen a) Das Verhältnis des Menschen
Gott
Wir haben gesehen, daß Apollinaris das Wesen Gottes als Vernunft nicht nur in negativer Abgrenzung gegen die menschliche Vernunft bestimmt. Trotzdem finden sich nur in der Gegenüberstellung von Gott und Mensch Aussagen über Gott; wegen der fragmentarischen Uberlieferung läßt sich nicht entscheiden, ob Apollinaris grundsätzlich den Gottesbegriff aus dem Unterschied zum Menschen entwickelt; in den vorliegenden Fragmenten geht es immer um die Frage, inwiefern sich der inkarnierte Gott, Christus, vom Menschen allgemein unterscheidet. Mit dieser Feststellung müssen wir uns begnügen. Die menschliche Vernunft ist, wie fr. 151 zeigt, ebenso wie die göttliche Vernunft frei, sich selbst zu bestimmen. Im Unterschied zur göttlichen Vernunft ist sie aber nicht unwandelbar, sondern wandelbar (τρεπτός). Die Wandelbarkeit gehört zur Natur der menschlichen Vernunft. Denn in fr. 150 ist von der Natur jeder Vernunft gesagt, daß sie sich „durch den ihrer Natur eigentümlichen Willen" bewegt, d. h. entsprechend ihrer Natur sich formt 1 . Noch deutlicher: „Jede Vernunft verwirklicht das ihr eigene Willensobjekt entsprechend dem ihr innewohnenden Streben, das frei ist zur Selbstbestimmung." 2 Wenn die Wandelbarkeit der menschlichen Vernunft in ihrer Natur begründet ist, andererseits aber ihre Veränderlichkeit mit ihrer Freiheit zur Selbstbestimmung identisch ist, so ist ihre Freiheit als absolute Offenheit zu interpretieren. Denn ihr Handeln gemäß den ihr von Natur aus eigenen Zielen hebt ihre Wandelbarkeit nicht auf, begründet sie ja vielmehr, weil die Objekte kein Sein haben. Folglich setzt das eigene Wesen der menschlichen Vernunft keine Objekte, die sie aus der Veränderlichkeit herausführen und ihr eine beständige Gestalt geben würden. Diese Interpretation von fr. 150 und 151 wird durch alle anderen Aussagen über den Charakter der menschlichen Vernunft bestätigt. In fr. 75 heißt es, daß die menschliche Vernunft durch Übung etwas hinzugewinnen kann. Dadurch, daß bei Christus keine Vervollkommnung durch Übung zu beobachten ist, soll bewiesen werden, daß er nicht an dem Wesen der menschlichen Vernunft teilhat. „Wenn der eine mehr als der andere er1 L p. 2 4 7 , 2 3 s q : εί γάρ πας νους αύτοκράτωρ έστί ίδικώ θελήματι κατά φύσιν κινούμενος . . . Cf. zum Sinn v o n τρεπτός Nemesius, D e natura hominis cap. 41. 2 L p. 2 4 7 , 2 6 s q : . . . έκατέρου τό θεληθέν έαυτω κα·9·' όρμήν αύτοκίνητον ένεργοϋντος.
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reicht, so geschieht dies durch Übung. Bei Christus ist keine Übung. Also ist keine menschliche Vernunft (in ihm)." 1 Daraus geht zumindest hervor, daß die menschliche Vernunft frei ist, sich zu formen. Sie kann über ihre natürliche Ausstattung hinaus etwas hinzuerwerben. Demgegenüber ist die göttliche Vernunft schon durch ihre eigene Natur vollkommen geformt; sie ist, wie es in fr. 151 hieß, durch sich selbst bestimmt (ταυτοκίνητος). Von dieser Grundlage aus stellt Apollinaris den Unterschied des Inkarnierten zu den Menschen heraus; er fragt: „Wer ist weise, ohne gelehrt worden zu sein?" 2 und in ähnlichem Sinne: „Wer wirkt Göttliches in eigener Vollmacht?" 3 Gregor von Nyssa dagegen ist der Meinung, daß Jesus so, wie er von einem Kinde zu einem Manne heranwuchs, auch die vollkommene Weisheit allmählich durch Übung erlangte 4 . Christus, den er von Jesus unterscheidet, ist natürlich Gottes Weisheit seinem Wesen nach (cf. l.Kor. 1,24.30), also keine durch Lehre vermittelte Weisheit, weil Gottes Weisheit. Der mit Christus vereinigte Mensch Jesus dagegen erwirbt wie jeder andere Mensch auch die Weisheit durch Lehre und Übung, wofür sich Gregor auf Lk. 2,52 beruft. Während Apollinaris durch seine Frage: „Wer ist weise, ohne gelehrt worden zu sein?" beweisen will, daß der inkarnierte Christus qualitativ von allen anderen Menschen unterschieden ist und infolgedessen keine menschliche Vernunft hat, die erst durch Lehre und Übung zu Weisheit gelangt, bemüht sich Gregor um den gegenteiligen Beweis. Erinnern wir uns aber, daß Julian als Hauptargument gegen den Wahrheitsanspruch des Christentums die jedem Menschen angeborene Gotteserkenntnis, die zwar als angeborene Anlage noch unvollkommen ist, aber doch zur Selbstformung für die Masse ausreicht, vorbringt 5 , so sehen wir, daß Apollinaris nicht zu Unrecht die nichtchristliche Vorstellung von dem inkarnierten Christus als Inspirationschristologie kennzeichnet. Die durch den Inkarnierten vermittelte Gotteserkenntnis gründet sich deswegen auf Jesus Christus und nur auf ihn allein, weil er der einzige ist, der nicht auch wieder von durch Lehre übermittelter Weisheit abhängig ist. Der exklusive Wahrheitsanspruch des Christentums wäre nach der Ansicht des Apollinaris aufgehoben, wenn es außer Christus noch andere Menschen gäbe, die wie er weise wären, ohne belehrt worden zu sein. Was die Inspiration der Propheten von dem Weisheitsbesitz des Inkarnierten unterscheidet, wird noch zu erörtern sein (s. u. S. 185if.). Gregor von Nyssa berief sich bei seinem Einwand gegen Apollinaris auf Lk. 2,52; für Apollinaris spricht dagegen außer Mt. 13,54 sq et par. 1
J p. 192,25—28; s. o. S. 157 Anm. 5. Cf. Cat. in Joh. 10,14—15 (Reuss Nr. 60) und Cat. in Joh. 15,9—10 (Reuss Nr. 114,10sqq). 2 Fr. 57; zu den Schriftbelegen s. o. S. 68f. 3 Fr. 58; zu den Schriftbelegen s. o. S. 68f. 4 5 Zu fr. 57, J p. 175,10—17. Siehe o. S. 127f.
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vor allem Joh. 7,15 sq; außerdem führt er Joh. 7,28 sq an, wie aus den Catenen zum Johannesevangelium hervorgeht. Zu den Versen: „Jesus lehrte also laut im Tempel und sagte: 'Ihr kennt mich und wißt, woher ich bin. Ich bin nicht von mir selbst gekommen, sondern der mich gesandt hat und den ihr nicht kennt, der ist wahrhaftig; ich kenne ihn, weil ich von ihm bin und er mich gesandt h a t ' e r k l ä r t er, daß Jesus eine doppelte Angabe über sich selbst mache, nämlich daß er bekanntermaßen der Sohn der Maria sei und daß darüber hinaus seine Herkunft unbekannt sei, weil er von Gott komme. Es ist die gleiche doppelte Aussage, die in der 'Apodeixis' so formuliert wurde, daß der Sohn des Menschen der Gottessohn ist, also der Sohn der Maria seinem Wesen nach der 'Mensch aus dem Himmel' sei. Dann heißt es hinsichtlich des absoluten Wahrheitsanspruches Jesu, daß Jesus sich auf seine göttliche Sendung berufe, damit er nicht als ein selbstüberheblicher Autodidakt erscheine. Gott, der ihn gesandt habe, sei den Juden allerdings unbekannt, weil sie die Erkenntnis Gottes verloren hätten. Jesus aber kenne Gott, weil er, wie es in Joh. 7,29 steht, „von Gott sei". Das wird dadurch begründet, daß das, was man von Natur aus besitzt, zugleich das Bekannteste sei. Die Catene zu Joh. 7,28 lautet wörtlich: „Der Herr führt zwei Meinungen über sich selbst an, daß ihnen (sc. den Juden) nämlich seine Herkunft bekannt sei, weil Maria seine Mutter sei, zugleich habe er aber auch ein unbekanntes Moment in sich, weil er aus Gott sei und aus Gott gekommen sei. Deswegen sei er nicht ein Lehrer aus überheblicher Selbstanmaßung, sondern weil Gott der Vater ihn gesandt habe, komme er, um zu lehren. Der ihn gesandt habe, werde von ihnen nicht erkannt, weil sie sich von der wahren Gotteserkenntnis durch ihr Verhalten ganz weit entfernt hätten. Offensichtlich kenne er selbst aber den Vater deswegen, weil er von ihm her sei. Denn der eigene Naturbesitz ist der bekannteste." 1 Es besteht also kein Widerspruch zu fr. 57 der 'Apodeixis': „Wer ist weise, ohne gelehrt worden zu sein?"; denn Jesus ist kein Autodidakt, sondern seine Gotteserkenntnis ist durch seine göttliche Herkunft begründet, d. h. durch seine Natur; seine Weisheit oder Gotteserkenntnis entspringt aus seinem Wesen. Das geht direkt aus dem Catenen-Fragment Nr. 46 zu Joh. 8,38 („Ich sage das, was ich bei dem Vater gesehen habe") hervor. Denn in seiner Erläuterung zu diesem Vers schreibt Apollinaris, daß Jesus nicht das Schauen mit irdischen Augen meine, sondern daß er auf Grund seiner Natur das Wesen 1 Reuss N f . 3 6 : Εισάγει τάς περί έαυτοϋ δύο δόξας 6 κύριος, καΐ γινώσκεσ&αι μέν «ύτοϊς όπόθεν έστίν, διότι μήτηρ αύτοϋ ή Μαρία, ϊχειν δέ άμα καΐ τό όίγνωστον, δτι έστί τε καΐ έλήλυ&εν έκ θεοϋ, διό μή αύθ-άδη τινά καΐ αύτοχειροτόνητον είναι διδάσκαλον έαυτόν, άλλα θεοϋ τοϋ πατρός άπεσταλκότος ήκειν έπΐ τήν διδασκαλίαν, τόν δέ άποστείλαντα αύτόν έκείνοις μέν ού γινώσκεσθαι, δτι θ-εοΰ γνώσεως άληθ-ινής άπεΐχον ώς πορρωτάτω δσον καΐ τη γνώμη καΐ ταΐς πράξεσιν άφεστήκασιν αύτοϋ. εΐκότως δέ έαυτόν γινώσκειν τόν πατέρα, δτι καί έστι παρ' αύτοϋ' γνωστότατον γάρ τό οίκειότατον.
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des Vaters kenne; ihm ist also die Gotteserkenntnis angeboren 1 . Denen, die die Gotteserkenntnis nicht haben, ist das Böse nicht angeboren, sondern es wohnt nur in ihnen 2 . Für die menschliche Vernunft wird dadurch die grundsätzliche Offenheit im Sinne von Unbestimmtheit bestätigt; denn von Natur aus ist sie weder durch Gott bestimmt noch durch das Böse, weil Gott, der die Natur des Menschen geschaffen hat, sonst der Urheber des Bösen wäre. So heißt es in einer Catene zu Rom. 11,8, daß Gott das Böse nicht bewirkt, sondern in Übereinstimmung mit dem Sprachgebrauch der christlichen Gnosis3 wird gesagt, daß die Abwesenheit Gottes den Raum für den Einzug der bösen Geister freigibt; wo der Geist Gottes nicht Erkenntnis schafft, ist die Unkenntnis Gottes und damit das Böse anwesend4. Daraus ergibt sich, daß die Offenheit der menschlichen Vernunft kein Zustand, sondern nur eine hypothetische Wesensbestimmung ist; denn faktisch ist die menschliche Vernunft immer schon bestimmt, durch Gott als das Gute, oder durch das Böse; aber für diese Bestimmung ist sie selbst verantwortlich, weil sie durch ihre Natur nicht festgelegt ist. Infolgedessen ist es kein Fehler der Schöpfung, daß die Gotteserkenntnis dem Menschen nicht als Naturausstattung gegeben wurde; denn die grundsätzliche Unbestimmtheit ist die Offenheit für Gott. Wo nämlich das Fehlen der Bestimmtheit durch das Gute empfunden wird, da wird die Erfüllung gesucht. Unmöglich gemacht wird die Bestimmung durch Gott nur dort, wo die Erfüllung in dem, was Gott entgegengesetzt ist, erstrebt wird. Denn dann ist die menschliche Vernunft durch das Böse bestimmt und vergeht mit dem, wodurch sie sich gestaltet hat 5 . Trotzdem sind nicht alle Menschen von Natur aus gleich, wie Cat. in Mt. 19,10—12 (Reuss Nr. 95) zeigt. Apollinaris kommentiert das Logion Jesu: „Nicht alle können dieses Wort fassen, sondern nur die, denen es gegeben ist" (Mt. 19,11). Natürliche Gnadengaben werden genannt, den Menschen unterschiedlich angeborene Anlagen. Aber das bezieht sich nicht auf die allgemeine hypothetische Offenheit der menschlichen Ver1 Reuss Nf. 46, l s q : Έωρακέναι καΐ παρά τω πατρί λέγων ούκ όφθαλμών τίνα δρασιν έδήλωσεν, άλλά γνώσιν φυσικήν . . . Cf. Cat. in Joh. 16,14 (Reuss Nr. 120). 2 Reuss Nr. 46,2—4: έπεί και. έκείνους φάσκων έωρακέναι παρά τω πατρί αυτών ούκ δψει δήπου·9·εν έωρακέναι λέγει, άλλά τη ένοικούση πονηρή ταϊς τοϋ πονηρού βουλαϊς οικείους καθίστασθαι. 3 Cf. Valentinus bei Clemens, Strom. II 114,2—6. 4 Staab p. 72,33—73,3: ή δέ απουσία τοϋ διανοίγοντος πνεύματος τω πνεύματι της καταφορας καί άναισθησίας χώραν δέδωκεν, έπιτείνοντι τάς άγνωσίας άεΐ καί τάς σκοτώσεις· θεάς γαρ ούκ ένεργεϊ τό κακόν, δτι έκ στόματος κυρίου ούκ έξελεύσεται τα κακά καί τδ άγαθόν, άλλ' ό της θείας δυνάμεως έρημος οίκος άνεϊται τοις πονηροΐς πνεύμασιν εις κατοίκησιν . . . 6 Mt.-Cat. 96,1—3 (Reuss): Μόνη κακία καί διαφθορά της δημιουργίας άποκωλύει προσελθεϊν τω δημιουργώ, τό δέ της φρονήσεως ενδεές ού κωλυτικόν της προσόδου· πλήρωσιν γάρ έπιζητεΐ, ταύτη δέ ή πρόσοδος χαρίζεται.
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nunft zur freien Selbstgestaltung, um sich durch Gott als das Gute bestimmen zu lassen, sondern betrifft nur die konkrete Gestaltung in dieser oder jener Tugend, d. h. Tüchtigkeit. Das Wesentliche besteht darin, daß die natürliche Ausstattung des Menschen zwar unvollkommen, weil noch unbestimmt, und nur eine Anlage ist, daß aber die naturgemäßen Gegebenheiten nicht unveränderlich und unkorrigierbar sind. Der Mensch ist also als Geschöpf nicht festgelegt auf die geschöpfliche Vergänglichkeit, sondern seine Unvollkommenheit ist die Freiheit zur Selbstbestimmung, die Apollinaris in diesem Fragment eindeutig positiv versteht 1 . Die Wandelbarkeit und Veränderlichkeit der menschlichen Vernunft ist ein Vorzug des Menschen gegenüber den anderen Geschöpfen; denn dadurch ist ihr die Möglichkeit gegeben, ihre Anlagen durch Übung zum Guten zu vervollkommnen oder unzureichende Tauglichkeit zu überwinden 2 . Die Freiheit der Selbstgestaltung hat der Mensch also nicht deswegen, damit er für sein Handeln verantwortlich gemacht werden kann, wie z.B. Tatian in Ubereinstimmung mit der aristotelischen Argumentation gegen den stoischen Schicksalsglauben sagt 3 , sondern, weil er das Gute nicht von Natur aus besitzt, was allein für Gott gilt, ist ihm die Freiheit gegeben, über seinen geschöpflichen Zustand der Unbestimmtheit hinauszukommen 4 . Im Grunde schließt sich Apollinaris damit der christlich gnostischen Lehre vom Psychiker an, wie sie Langerbeck herausgearbeitet hat 5 . Halten wir dieser Darstellung der menschlichen Vernunft noch einmal die Bestimmung der göttlichen Vernunft gegenüber, deren Inkarnation Christus ist. In seiner Auslegung zu Joh. 14,12 legt Apollinaris dar, daß Christus wesensmäßig mit Gott-Vater verbunden ist®. Demgegenüber sind die Jünger nicht wesensmäßig mit Gott ver1
R. A. Nortis, Manhood and Christ, Oxford 1963, interpretiert einseitig, wenn er die Freiheit des Menschen „constitutional weakness" nennt (S. 116 u. 118). 2 Mt.-Cat. 95 a 12—26 (Reuss): τό δέ οίς δέδοται χαρισμάτων φυσικών έστι δηλωτικόν, δπερ äv τις καΐ φύσεως έπιτηδειότητα λέγοι καΐ τήν άπό γεννήσεως εύφυίαν εις τό της σωφροσύνης κατόρθωμα· είσΐ γάρ τίνες καΐ έκ φύσεως διαφοραΐ πρός έκάστην άρετήν, των μέν μάλλον, των δέ ήττον πρός αυτήν πεφυκότων. εί καΐ δτι μάλιστα μή έντελή τά φυσικά, μηδ' άν άμετακίνητα καΐ ακατόρθωτα παντελώς, άλλα καΐ τό έπιτήδειον είς άγαθόν ασκήσει τελειοϋται καΐ τό μή έπιτήδειον άγώνι πολλω θεραπεύεται. 3 Oratio ad Graecos 7 (p. 7,11—18 Schwartz): 6 μέν οδν λόγος πρό της τών άνθρώπων κατασκευής αγγέλων δημιουργός γίνεται, τό δέ έκάτερον της ποιήσεως είδος αύτεξούσιον γέγονε τάγαθοϋ φύσιν μή έχον, δ (ουκ έστι) πλήν παρά θεω, τη δέ ελευθερία της προαιρέσεως υπό τών άνθρώπων έκτελειούμενον, δ π ω ς ό μέν φαϋλος δικαίως κολάζηται δι' αύτόν γεγονώς μοχθηρός, ό δέ δίκαιος χάριν τών ανδραγαθημάτων άξίως έπαινήται κατά τό αύτεξούσιον του θεοϋ μή παραβάς τό βούλημα. 4 Diese Intention liegt auch dem Gedanken Tatians zugrunde. 6 Die Anthropologie der alexandrinischen Gnosis, in: Aufsätze zur Gnosis, hrsg. v o n H. Dörries (Abh. d. Akad. d. Wiss. in Göttingen, Phil.-Hist. Kl. III 69, Göttingen 1967) S. 65—73. 8 Cat. in Joh. 14,12 (Reuss Nr. 101). 11·
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bunden, sondern nur durch Gnade. Das Verhältnis der im Wesen begründeten zu der aus Gnade verliehenen Verbundenheit mit Gott wird in den platonischen Kategorien Urbild und Abbild erläutert: Die gnadenhafte Einheit ist das Abbild der naturhaften Einheit; die gnadenhafte Einheit besteht in der Nachahmung, wofür man auch Verähnlichung sagen kann, der naturhaften 1 . Apollinaris schreibt nämlich: „Während er (sc. Christus) gerade noch seine naturhafte Einheit mit dem Vater erläuterte, wendet er sich nun auch der Einheit mit den Aposteln, die auf seiner Gnade beruht, zu; denn sie ist ihr Abbild, und die gnadenhafte Einheit besteht in der Nachahmung der naturhaften." 2 Die Begründung dieses Unterschiedes sieht Apollinaris in der verschiedenen Ursache ihrer Entstehung: „Denn diese (sc. die gnadenhafte Einheit) entsteht durch Glauben, die andere aber nicht durch Glauben, sondern durch eine dem Wesen inhärierende Kraft." 3 Daß dem Glauben in diesem Gedankengang eine dem Wesen innewohnende Erkenntnis (γνώσις φυσική cf. S. 162 Anm. 1) gegenübersteht, sei hier vorwegnehmend schon angedeutet; in dem übernächsten Abschnitt с wird das näher begründet werden. Es ergibt sich, daß der Unterschied zwischen göttlicher und menschlicher Vernunft, deren beider Wesen die Freiheit zur Selbstbestimmung ist, durch die Begriffe ταυτοκίνητος und τρεπτός definiert ist. Von dieser Unterscheidung her lassen sich alle Aussagen über die beiden Arten der Vernunft verstehen: Gott wählt von Ewigkeit her sich selbst, wenn man einmal so sagen darf, seine Freiheit wäre zu beschreiben als das Bei-sichselbst-Sein des Geistes; dagegen ist es das Wesen der menschlichen Vernunft, wandelbar zu sein. Letzteres ist aber keine Schwäche der menschlichen Natur, sondern die positive Möglichkeit, über die geschöpfliche Disposition hinauszugelangen und Gottähnlichkeit zu erwerben. Die grundsätzliche Offenheit der menschlichen Vernunft, sich selbst über die natürlichen Anlagen hinaus zu gestalten, ist deswegen kein Mangel, weil man nicht sinnvoll fragen kann, warum Gott den Menschen nicht als Gott geschaffen hat; denn dies wäre im Sinne des Apollinaris die einzige Alternative: Gott ist von Ewigkeit her durch sich selbst bestimmt, während der Mensch sich in hypothetischer Freiheit vorfindet, um sich selbst zu gestalten, indem er sich entweder auf Gott ausrichtet oder auf das, was Gott entgegengesetzt ist. Oder weiter interpretiert: Die menschliche Vernunft ist Potentialität. Genauso argumentiert Athanasius in Or. с. Ar. III 17—25; s. u. S. 210. Joh.-Cat. 1 0 1 , 1 — 3 (Reuss): "Αρτι μέν τήν φυσικήν ένότητα έαυτοϋ πρ6ς τόν πατέρα διεξήει, έπιφέρει δέ έφεξής καΐ τήν κατά χάριν έαυτοϋ πρός τούς άποστόλους Ινωσιν τοϋτο γάρ όμοίωμα έκείνου καΐ μίμησις τοΰ κατά φύσιν τό κατά χάριν 3 1 0 1 , 3 s q : καΐ γάρ διά πίστεως τοϋτο γίνεται, έκεϊνο δέ ούχΐ δια πίστεως, άλλά κατά δύναμιν φυσικήν. 1
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b) Der Mensch als „Seek" Es wurde im vorigen Abschnitt von der menschlichen Vernunft und dem menschlichen Wesen ohne Unterschied gesprochen. Diese Gleichsetzung bedarf der Begründung und Differenzierung. Es ist bekannt, daß Apollinaris beim Menschen drei Teile unterscheidet: Vernunft, Seele und Körper (s. o. S. 75f.). Aber erst durch die Zuordnung dieser drei Teile läßt sich eine Aussage über das Wesen des Menschen gewinnen. Dazu ist auszugehen von den fr. 69—72 der 'Apodeixis'. Dort heißt es nämlich, daß der Mensch zwar aus drei Teilen besteht, aber sein Wesen ist die Einheit der drei Teile, die Apollinaris durch den Ausdruck νοΰς ένσαρκος beschreibt. Fragen wir behutsam nach dem Sinn dieses Ausdrucks. Apollinaris will zeigen, wie die Inkarnation Gottes verstanden werden muß: Der Gott wesensgleiche Christus ist nur dann wirklich Mensch geworden, wenn er wie ein Mensch νοϋς ένσαρκος wurde 1 . Da sein Gott gleiches Wesen schon als göttliche Vernunft bestimmt wurde, wird sein Menschsein dadurch ausgemacht, daß er sich mit der σάρξ verbunden hat und zwar in Analogie zu der Verbindung der menschlichen Vernunft mit der σάρξ. Für die Definition des Menschen als νοϋς ενσαρκος beruft sich Apollinaris auf den Apostel Paulus: „Deswegen (sc. weil Gott als νοϋς έν σαρκί) war er auch Mensch; denn Mensch heißt nach Paulus νοΰς ένσαρκος."2 Gregor von Nyssa stellt dazu die Frage, welche Paulusstelle denn dafür in Anspruch genommen werden könnte3. Es kommen nur zwei Stellen des Paulus in Betracht, nämlich l.Kor. 15,45—48, aber auch Rom. 7,23. Denn in dem folgenden fr. 73 unterscheidet Apollinaris zwischen dem irdischen und dem himmlischen Menschen 4 ; diese Unterscheidung findet sich bei Paulus l.Kor. 15,48. Wie Apollinaris behaupten kann, daß seine Definition des Menschen aus Paulus abgleitet sei, das geht aus dem oben dargestellten (s. o. S. 75) Gedankengang der 'Apodeixis' hervor: der himmlische Mensch ist πνεϋμα έν σαρκί. An dieser Stelle im Zusammenhang von fr. 69—73 ist er schon von πνεϋμα zu νοϋς übergegangen und kann den irdischen und den himmlischen Menschen in der Formel νοΰς ένσαρκος zusammenfassen, da er zwei Arten von νοΰς unterscheidet. Daraus ergibt sich, daß das Adjektiv ενσαρκος im Grunde neutral ist und keine Wertung ausdrückt: durch ένσαρκος wird also das Erscheinungsbild des Menschen bezeichnet, ένσαρκος kann aber nicht nur ενσώματος heißen, ein Wort, das sich bei Apollinaris nicht findet ; denn der Mensch besteht ja aus drei Teilen, so daß neben dem νοΰς Seele und Körper 1 Ff. 69 (J p. 186,21—23): ού γάρ Äv έν όμοιώματι άνθρωπου γεγονώς εϊη, ει μή τυγχάνοι καθάπερ άνθρωπος νοϋς ένσαρκος ών. 2 Fr. 72 (J p. 190,26sq): Δια τοΰτο καΐ άνθρωπος ή ν άνθρωπος γάρ νοϋς έν σαρκί κατά τδν Παΰλον. * J ρ. 191,1—3. 4 Mit Müller J ρ. 191,8 sq muß hinter έπουράνιος ein Komma gesetzt werden.
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durch ένσαρκος gemeint sind. Das wird direkt durch das fr. 22 bestätigt, in dem es heißt, das σάρξ nicht nur als Körper verstanden werden darf, sondern als beseelter Körper 1 . Die Dreiteilung der menschlichen Natur kann also auch zu einer Zweiteilung reduziert werden: πνεύμα oder νοϋς + σάρξ2. Wenn aber Seele und Körper in dieser Weise als σάρξ zusammengefaßt werden können, so muß zwischen ihnen eine enge Verbindung bestehen, die dem νοϋς oder πνεύμα gegenübersteht, aber erst mit ihm zusammen das Wesen des Menschen ausmacht. Denn der Mensch ist ja νοϋς έν σαρκί (fr. 72). Sehen wir zunächst, wie Apollinaris die Verbindung von Seele und Körper versteht. In den Fragmenten aus einer Schrift gegen Diodor, aller Wahrscheinlichkeit nach den Tarsenser, die durch Theodoret aufbewahrt sind, heißt es, daß im Menschen eine Einheit von Seele und Körper da ist, daß aber trotz der Einheit die Charakteristika von Seele und Körper nicht aufgehoben werden: „Wenn der Mensch sowohl eine Seele als auch einen Körper hat, so bestehen doch beide weiter, obwohl sie eine Einheit bilden." 3 Sie vermischen sich nicht so, daß ihre Unterschiedenheit vermischt würde. Die Einheit ist nicht so vorzustellen, daß sich die Seele in den Körper verwandele oder der Körper in die Seele4. Der Körper ist deswegen mit der Seele verbunden, weil die Seele durch ihn allein sichtbar wird; die Seele tritt erst durch den Körper in Erscheinung®. Darauf ist die Seele angewiesen. Denn wenn sie im Tode — die Seele selbst ist unsterblich· — vom Körper getrennt wird, dann verarmt sie. Apollinaris kommt darauf zu sprechen, um den Unterschied zwischen der Vereinigung des Logos mit dem Körper und derjenigen der menschlichen Seele mit dem Körper zu erklären: Der Logos gewinnt für sich selbst nichts durch die Inkarnation, da er seine Gottgleichheit nicht aufgibt; ebenso verliert er nichts im Tode, da Trennung vom Körper seine Vollkommenheit nicht aufhebt. Die menschliche Seele dagegen hört mit der Trennung vom Körper nicht auf zu existieren, aber ohne den Körper ist sie „arm", wie Apollinaris sagt 7 . Deswegen geht die Auferstehung nicht so J p. 140,17: Άλλ' ούκ άψυχος, φησίν, ή σάρξ. Cf. außerhalb der 'Apodeixis': Anakephalaiosis 16 (L p. 244,2—5) und Synodalbekenntnis L p. 263,1—4. 3 Fr. 129 (L p. 239,2—4):εί άνθρωπος καΐ ψυχήν έχει καΐ σώμα, κα!. μένει ταΰτα έν ένότητι 6ντα' πολλφ μάλλον 6 Χριστός θεότητα έχων μετά σώματος έχει έκάτερα διαμένοντα καΐ μή συγχεόμενα. 1 Cf. fr. 135 (L p. 240,5—8). 5 Fr. 134 (L p. 239,27—30): εΐ μηδέ ή ψυχής π pi ς σώμα κρδσις καίτοι έξ άρχής κατά συμφυίαν οδσα δρατήν αύτήν διά τό σώμα ποιεί μηδέ είς τά άλλα του σώματος Ιδιώματα μεταβάλλει, ώστε καΐ τέμνεσθαι καΐ έλαττοϋσθαι· • Cf. Cat. in Lev. 17,11 (Devreesse p. 135). 7 Fr. 138 (L p. 240,23—29): τοϋτο γαρ τό άληθές, δτι ή πρδς τί> σώμα συνάφεια ού κατά περιγραφήν τοΰ λόγου, ώστε μηδέν έχειν πλέον της σωματώσεως· διό καΐ έν τω θανάτφ μένει άθανασία περί αύτόν. εί γάρ ύπέρ τήν σύνθεσίν έστι ταύτην, καΐ ύπέρ την 1
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vor sich, daß die Seelen aus den Gräbern hervorkommen, sondern die Seelen, die sich im Hades befinden1, werden mit einem neuen Körper verbunden8. Den gleichen Gedanken finden wir übrigens bei Tatian, Oratio ad Graecos 15, p. 16,6—10 (Schwartz), wo durch die Vermittlung von Justin Gedanken der alexandrinischen Gnosis weiterentwickelt werden: „Die Seele der Menschen ist nun mehrgestaltig und nicht eingestaltig. Denn sie ist zusammengesetzt, damit sie durch den Körper in Erscheinung treten kann; denn weder tritt sie ohne den Körper in Erscheinung, noch wird der Körper ohne die Seele auferweckt."3 In seiner Interpretation von Mt. 22,23—33 4 erläutert Apollinaris, was er mit der „Verarmung" der Seele meint, wenn sie durch den Tod vom Körper getrennt ist. Die Ansicht der Saddukäer, daß es keine Auferstehung des Leibes gebe, werde von Jesus widerlegt. Auferstehung heiße vielmehr, daß die Seele des Toten wieder einen Leib erhalte. Was für einen Leib, sagt Apollinaris nicht; aber da von einer Metempsychose bei ihm nicht die Rede ist, wird man annehmen dürfen, daß es ein Auferstehungsleib ist. Die Seele begründet also die Identität zwischen dem Verstorbenen und dem, der auferweckt wird. Insofern hat die Unsterblichkeit der Seele einen neuen Sinn erhalten: sie ist nicht unsterbliches Leben im Sinne von ewigem Leben. Die Seele, so wird die Kontinuität begründet, löst sich in der Zeit zwischen dem irdischen Tod und der Auferstehung nicht auf; sondern sie existiert weiter. Ihr Zustand wird als der der Untätigkeit (άπραξία) angegeben. Denn Leben hat sie nur mit dem Körper zusammen. Die Tätigkeit, die ihr Leben ausmacht, ist auf den Körper ausgerichtet, so daß sie ohne den Körper daran gehindert ist, sich zu betätigen, und nur in einem Zwischenzustand zwischen Sein und Nichtsein existiert, in negativer Potentialität. Apollinaris läßt noch als weitere Begründung den Gedanken folgen, daß der Mensch eine Einheit aus Seele und Körper sei, ohne diese Einheit näher zu definieren. Es kommt ihm in diesem Zusammenhang ja nur darauf an, daß der Mensch nicht Seele allein ist und daß umgekehrt die Seele ohne den Körper nicht menschliches Leben ist. Infolgedessen müssen Seele und Körper für ein Leben des Menschen nach dem Tode wieder zu einer Einheit zusammengefügt werden. Der Text des Catenen-Fragmentes lautet: Die Gnostiker bezögen Mt. 22, διάλυσιν διάλυσις δέ ό θάνατος· ούτε γάρ τη συνθέσει περιελήφθη· ή γάρ άν δ κόσμος κεκένωτο· ουτε έν τη διαλύσει τό έκ της διάλυσις ένδεές είχεν, ώσπερ ή ψυχή. T o d als T r e n n u n g v o n Seele und K ö r p e r cf. J o h . - C a t . 85 (Reuss). 1 Cf. Cat. in l . R e g . 1 8 , l l s q q (Devreesse p. 154). 2 Cf. fr. 139 ( L p. 2 4 0 , 3 1 — 2 4 1 , 2 ) . 3 ψυχή μέν οδν ή των άνθρώπων πολυμερής έστι καΐ ού μονομερής- συνθετή γάρ έστιν ώς είναι φανεράν αύτήν δια σώματος· ουτε γάρ αν αυτή φανείη ποτέ χωρίς σώματος οδτε άνίσταται (ή) σαρξ χωρίς ψυχής. Z u πολυμερής und μονομερής cf. Isidor bei Clemens, S t r o m . I I 1 1 3 , 4 . 1 Mt.-Cat. 113 (Reuss).
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23—33 zu Unrecht auf die Seelen. „Bei den Saddukäern ging der Streit nicht um die Seelen, sondern um die Körper, so daß sich darauf auch die Antwort bezieht. Es wird gesagt, daß der Tote in dem Augenblick aufersteht, wenn die Seele mit dem Körper zusammenkommt, weil die Seele in der Zwischenzeit nicht zugrunde geht, sondern handlungsunfähig ist und nicht die Eigentümlichkeiten ihres Lebens, die mit dem Körper zusammenhängen, besitzt. Denn beide in einer Art Einheit sind der Mensch, und seine Lebendigkeit ist darauf angewiesen, daß beide Teile zu dem Leben aus dem Tode wieder zusammengesetzt werden." 1 Greifen wir hier ausnahmsweise auf eine Catene zu den Psalmen zurück, nämlich zu Ps. 118,50 (LXX), auf die Riedmatten aufmerksam gemacht hat 2 . Dort sagt Apollinaris, daß der einzige Trost für Leiden in dieser Welt die Hoffnung auf das wahre Leben sei. Dafür beruft er sich auf l.Kor. 15,19: „Wenn wir nur in diesem Leben auf Christus hoffen, dann sind wir die elendesten aller Menschen." Das wahre Leben, auf das die Christen über den Tod hinaus hoffen, ist nach Apollinaris eine „Wiederbelebung" (άναζώωσις). Die Weiterexistenz der Seele auch über den Tod hinaus ist nämlich kein wahres Leben, da die Seele für sich allein genommen kein wahres Leben hat. Der Grund dafür ist, daß die Seele nicht mit dem Menschen gleichgesetzt werden darf: „Das zukünftige Leben ist Wiederbelebung, insofern wir erfahren, daß die Seele für sich seiend kein wahres Leben ist, da die Seele nicht Mensch ist." Dann kehrt er die Begründung wieder um und argumentiert von der in der Schrift behaupteten Wiederbelebung her, daß die Seele für sich nicht im wahren Sinne leben könne: „Denn wenn sie (sc. die Seele) in dem Leben aus sich selbst das Wahre hätte, bedürfte der Tote nicht der Wiederbelebung, um zu leben." Vielmehr sage Christus, daß die Toten, insofern sie leben, durch Gott leben, woraus hervorgehe, daß sie nur durch die Kraft Gottes, die lebendig macht, Leben hätten. Folglich kann die Hoffnung auf das zukünftige Leben nur Hoffnung auf die Auferstehung der Toten sein. Denn die Seele hat niemals Leben ohne den Körper gehabt und wird es also auch nicht ohne den Körper haben, da Gott sie als Lebenshauch in den Körper einblies8. 1 113,4—10: ού δήπου Σαδδουκαίοις περί ψυχών ήν ή άντιλογία, άλλά περί σωμάτων, ώστε περί τούτων ή άπόκρισις. λέγεται δέ τότε άνίστασθαι 6 νεκρός, δτε μετά σώματος ή ψυχή, ούχ ώς έν τω μεταξύ της ψυχής διαλελυμένης, άλλ' ως άπράκτου ούσης και τά της ζωής (δια 8σα μετά σώματος ούκ έχούσης· §ν γάρ τι τό συναμφότερόν έστιν άνθρωπος καΐ ή ζωή κοινή καΐ έκατέρων δει πρός τό τήν έκ θανάτου ζωήν πάλιν συστήναι. 2 La christologie S. 225 Anm. 1. Überliefert in Typ III und XI; ich gebe den Text in der nächsten Anmerkung nach meiner eigenen Rekonstruktion auf Grund der Handschriften. In MPG 12, 1597B findet sich dieser Text als 'Origenes' von Corderius übernommen; aber Corderius hat die schlechteste Überlieferung benutzt. 8 Μόνον, φησίν, ίκανόν ήμας έν ταϊς κακώσεσι παραμυθεΐσθαι τό ζωής άληθινής ϊχειν έπαγγελίαν τοΰθ' ήμϊν έπιτέλεσον ,,εΐ γάρ έν τή ζωή ταύτη μόνον έν Χριστώ
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Als vorläufiges Ergebnis wird man formulieren dürfen, daß die Seele nur Leben hat in der Belebung des Körpers, weil die ihr innewohnende Kraft auf die Beseelung des Körpers ausgerichtet ist und nur ένέργεια ist, wenn sie sie ausübt. Der Mensch ist das Zusammen von Körper und Seele. Daß der Körper für sich allein genommen nicht Mensch ist, bedarf gar keiner Erörterung; aber gegen die griechische Tradition, unter deren Einfluß auch die Gnostiker Valentinus und Marcion standen, wie es in Mt.-Cat. Nr. 113 (Reuss) hieß, wird ausführlich dargelegt, daß auch die Seele nicht für sich allein der Mensch ist, sondern die dem Körper einwohnende Seele, die allein eine lebendige Seele genannt werden kann. Von hier ist es auch zu verstehen, daß Apollinaris den Gedanken des Paulus aufgreift, der irdische Mensch werde seinem Wesen nach Seele genannt: „Auch Paulus nennt den ersten Adam eine Seele, die mit dem Körper zusammen ist"; so der referierende Satz Gregors von Nyssa 1 . Gregor meint, daß diese Schriftstelle, auf die sich Apollinaris stütze, eher gegen ihn als für ihn spreche. Denn er fragt, ob Apollinaris dem Menschen etwa eine Seele, wie sie die Tiere besitzen, zuschreiben wolle2. Denn, wie Gregor in seiner Widerlegung des fr. 22 3 darlegt, ist der Mensch zwar, in Übereinstimmung mit der Meinung des Apollinaris, σάρξ έμψυχος, aber seine Seele sei im Unterschied zu der Seele der Tiere eine vernünftige Seele4. Wieweit dieser Einwand Apollinaris trifft, kann an dem referierenden Satz des fr. 26, der eben zitiert wurde, nicht festgestellt werden; dazu muß fr. 28 herangezogen werden, das den Gedanken des Apollinaris im Wortlaut wiedergibt: „Entsprechend nennt auch Paulus den ersten Adam Seele; Seele bezeichnet das Ganze, selbst wenn Adam (nur) im Hinblick auf den Empfang des Geistes Seele genannt wird, da Seele mit einem Körper und nicht ohne ihn ist." 5 Seele ist also das ήλπικότες έσμέν, έλεεινότεροι πάντων άνθρώπων έσμέν", 8τι καΐ κακούμε&α νυν καΐ ούκ έπ' έλπίδι μελλούσης ζωής. ζωή δέ ή μέλλουσά έστιν άναζώωσις, καθδ τήν ψυχήν ιδία ζην ουδέ άληθη ζωήν είναι μανθάνομεν είπερ ούκ άνθρωπος ή ψυχή. εί γάρ έν τή καθ·' έαυτήν ζωη τό άληθές είχε, τοϋ ζην ούκ άν άναζωώσεως δ τεθνηκώς έδεΐτο. διό καΐ δ κύριος τούς τεθνεώτας θεω ζην είπεν ώς οδπω τδ ζην έχοντας πλήν βσον έν δυνάμει θεού τοϋ ζωοποιήσαντος· καΐ άπολωλέναι φησίν αύτούς εί μή της άναστάσεως τύχοιεν, λέγων άναστήσειν αύτούς ϊνα μή τδ έν έξ αύτών άπώληται. καΐ δ Παΰλος δμοίως φησίν· ΕΙ μή έστιν άνάστασις νεκρών, άρα καΐ οί κοιμηθέντες έν Χριστώ άπώλοντο. ού γάρ άσώματον άπ' άρχής ζωήν έδωκεν δ θεδς τη ψυχή άλλ' εύθύς τήν έν σώματι, εις τδ σώμα τήν πνοήν της ζωής έμφυσήσας: — 1 Fr. 26 (J p. 144,23—25): φησί γάρ δτι καΐ δ Παϋλος τδν πρώτον 'Αδάμ ψυχήν καλεί μετά σώματος οδσαν. 2 J ρ. 144,25—27. 8 J ρ. 140,17: Άλλ' ούκ άψυχος ή σάρξ. * J ρ. 140,23—27. 5 J ρ. 146,7—11: Καθδ καΐ τδν πρότερον 'Αδάμ δ Παΰλος ψυχήν καλεί μετά σώματος οδσαν καΐ ούκ άνευ σώματος, τω δέ δλω τήν έπωνυμίαν διδοϋσαν, καν έφ' έαυτης καΐ αύτή κατά σύλληψιν τοϋ πνεύματος καλήται ψυχή.
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Wesen des Menschen, wie Apollinaris im Anschluß an Paulus (l.Kor. 15,45) sagt, und diese Wesensbestimmung des Menschen wird auch nicht dadurch aufgehoben, daß mit der Seele dem Körper der Geist eingeblasen wurde. Verschieben wir die Frage, was es bedeutet, daß die Seele, deren Bestimmung die Belebung des Körpers ist, den Geist empfängt; das soll das Thema des nächsten Kapitels sein. Zuerst muß noch zusammengestellt werden, was Apollinaris unter beseeltem Körper versteht. Dafür ist die Aussage in fr. 22 wichtig; denn dort wird begründet, warum die σάρξ, die die Inkarnation Gottes ermöglicht, nicht unbeseelt ist. Apollinaris beruft sich dafür auf Rom. 7,23 und sagt: „Aber das Fleisch ist nicht unbeseelt; denn es steht geschrieben, daß das Fleisch gegen den Geist streitet und sich gegen das Gesetz der Vernunft auflehnt." 1 Außerdem hat er wohl auf Rom. 8,7 verwiesen2. Daraus geht hervor, daß die σάρξ, oder der beseelte Körper, mit eigenen Kräften erfüllt ist, die dem Geist, d. h. der Vernunft, entgegengesetzt sind. Gregor von Nyssa zählt in seiner Widerlegung alle Triebe auf (πά&η), die der Mensch mit den Tieren gemeinsam hat, um zu zeigen, daß ein beseelter Körper noch keinen Menschen ausmacht, weil nur die mit Vernunft begabte Seele den Menschen im Unterschied zum Tier konstituiert 3 . In der Tat hat Gregor darin recht, daß mit der Beseelung des Körpers die Affekte (πάθη) von Apollinaris gemeint sind. Denn wie er am Schluß der 'Apodeixis' schreibt, besteht die Ähnlichkeit des Inkarnierten mit den Menschen darin, daß er wie sie Affekte hat 4 . Es ist für Apollinaris geradezu der Beweis, daß Christus ein Mensch war, weil er wie die Menschen Affekte hat, bis hin zur Furcht vor dem Tode, wie es in der Catene zu Joh. 12,27 sq heißt 6 . Im Unterschied aber zu allen anderen Menschen ergreifen die Affekte Christus nicht gegen seinen Willen 8 ; darauf wird noch einzugehen sein (s. u. S. 206ff.). Denn der Mensch erleidet durch die Gestaltung nach den Affekten den Tod; sein Tod ist eine notwendige Folge der von den Affekten aufgenommenen Objekte7. Christus dagegen nimmt den Tod aus eigenem Entschluß auf sich; ihm ist es möglich, sich willentlich dem Tod zu übergeben 8 , während für alle anderen Menschen das Sterben ein Zwang ist, durch die Affekte verursacht 9 . Folglich kann in der KMP sogar J p. 1 4 0 , 1 7 — 1 9 ; s. o. S. 149 Anm. 2 und S. 150 Anm. 1. 3 J p. 140,28 — 141,3. Cf. J p. 141,7sq. 1 Fr. 103 (J p. 232,5sq): "Εδει καθ-' ομοιότητα των ανθρώπων τά πάθη κινη&ηναι. 6 Joh.-Cat. 83 (Reuss); cf. A d Jovianum L p. 2 5 1 , 1 5 — 1 7 und Anakephalaiosis 29 (L p. 245,30—246,13). β Fr. 102 (J p. 231,22—25); cf. Joh.-Cat. 6 1 , 1 5 s q (Reuss). 7 Cf. Cat. in Joh. 8,21 (Reuss Nr. 41): Τοις ούδέν άπολαύσασι της παρουσίας αύτοϋ τόν άνιαρ&ν βλε&ρον άπειλεϊ και μάλα είκότως · οί γαρ έκ του ίατροΰ παρόντος μόνην ϊασιν μη δεξάμενοι τοις πάθεσι έναποθνησκουσιν. 8 Joh.-Cat. 83 (Reuss) ist nach fr. 61 zu interpretieren. » Cf. fr. 102. 1
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formuliert werden, daß die Erlösungstat Christi darin besteht, τό παθητικών της σαρκός aufzuheben 1 . Denn nach der Catene zu Mt. 5,6 sind es die Affekte, die den Menschen daran hindern, gerecht zu werden, weil sie sich auf τά κατά σάρκα ηδέα ausrichten. Das Gegenteil ist das Streben nach dem wahrhaft Guten. „Selig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten; denn sie sollen satt werden." Apollinaris versteht die Seligpreisung so, daß durch die Sehnsucht nach dem Schönen, das platonisch gesprochen das Göttliche ist, der Mensch von dem Verhaftetsein des 'Fleisches' den Lüsten gegenüber erlöst wird. Wer sich nämlich nach der Gerechtigkeit sehnt, der hat ein Objekt für sein Streben gefunden, für das es keinen Überdruß (κόρος) gibt. Apollinaris spielt hier auf die Metapher des Origenes an, daß der Sündenfall durch einen Überdruß der Gottesschau und der Liebe zu Gott hervorgerufen sei (De princ. II 8,3); das durch Christi Inkarnation vermittelte Gute ruft dagegen keinen Überdruß hervor, sondern eine stetige Intensivierung des Strebens nach dem Besitz dieses Objektes 2 . Daraus ergibt sich, daß die Affekte durch die Erlösungstat Christi nicht einfach aufgehoben werden; sondern, wie die Seele zu einem wahrhaften Leben des Körpers bedarf, so auch der Mensch der Affekte. Ohne die Affekte lebt die Seele nicht, sondern durch sie belebt sie den Körper und darin besteht ihr Leben, ihre ενέργεια, wie es oben gesagt wurde. Der Unterschied zum sündigen Menschen besteht darin, daß die Affekte anders ausgerichtet sind. с) Notwendigkeit und Bedeutung der Gotteserkenntnis
Da Apollinaris gesagt hat, daß der Mensch durch die Affekte den Tod erleidet, andererseits aber die Affekte das Leben der Seele ausmachen, ist zu fragen, wie die Affekte zum Tod führen. Denn daraus muß sich ergeben, wie umgekehrt die Seele zum Leben geführt wird. Das Verhältnis der menschlichen Affekte zum Leben ist offensichtlich nicht eindeutig. Setzen wir voraus, daß das Tier allein durch die Affekte lebt, durch seinen Trieb zur Sättigung vorm Verhungern bewahrt wird etc., so sind die Affekte des Menschen auf dieser Ebene noch nicht von denen des Tieres unterschieden; ein Leben nach diesen Affekten führt für das einzelne Tier 1
§ 2 (L p. 168,11); es ist die Affektverfallenheit des Menschen gemeint. Cat. in Mt. 5,6 (Reuss Nr. 11): Παρά τω Λουκά μνημονεύονται μακαριζόμενοι άπλώς ,,οί πεινώντες", νϋν δέ ό Ματθαίος διορίζει τούς έκόντας καΐ δια τόν τοϋ καλοϋ των πόθον κατά σάρκα ήδέων άπεχομένους. όμοίως οδν άμφοτέρων άκουσόμεθα. 6 τήν δικαιοσύνην τοϋ θεοΰ ποθήσας εδρε τό άλη-9-ώς όρεκτόν, οδ τήν έπιθυμίαν οΰχ ένΐ τρόπο) κατά τήν δρεξιν ένεργουμένφ έπλήρωσεν ού γάρ μόνον ώς βρώσιν τήν τοϋ δικαίου μετουσίαν έπόθησεν· ήμιτελής γάρ ήν, νϋν δέ καΐ πότιμον τό άγαθόν τοϋτο έποίησεν, Ινα τό ϊν-9-ερμόν τε καΐ διακαές της έπιθυμίας τό πάθος της δίψης ένδείξηται. 6 τοιοΰτός φησιν έμπλησθήσεται. ή δέ πλησμονή ούκ άποστροφήν, άλλ' έπίτασιν ποιεί της όρέξεως. Z u m κόρος-Gedanken bei Origenes cf. Ε. v o n Ivanka, Hellenisches und Christliches im frühbyzantinischen Geistesleben, Wien 1948, S. 20 f. 2
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wie für den einzelnen Menschen zum Tode 1 , wobei es für die unvernünftigen Lebewesen genügt, daß die Art erhalten bleibt. Als hypothetische Erklärung dafür sei davon ausgegangen, daß der Mensch, wenn er sich durch die Affekte an das Vergängliche bindet, durch das Vergängliche geformt wird und mit ihm vergeht. Denn das Gericht Gottes über den Menschen ist nicht ein nachträgliches Urteil über sein Handeln, für das Gott dann eine Strafe festsetzt, sondern das durch die Affekte des 'Fleisches' bestimmte Handeln birgt die Strafe schon in sich. Es wird also behauptet, daß Apollinaris diesen platonischen Gedanken voraussetzt, der imTheaitetos so formuliert ist: „ZweiVorbilder, о Freund, liegen im Sein bereit, das göttliche der größten Glückseligkeit und das ungöttliche des größten Elends. Aber sie (sc. die Menschen) sehen nicht, daß es sich so verhält, und werden aus Torheit und höchstem Unverstand wegen der ungerechten Werke dem letzteren unvermerkt immer ähnlicher, dem ersteren aber immer unähnlicher. Dafür leiden sie also Strafe, indem sie ein Leben leben dem angemessen, dem sie sich angeglichen haben." 2 Durch Athanasius scheint dieser Gedanke dem Apollinaris vermittelt worden zu sein (dazu s. u. S. 193). Der Beweis dafür, daß Apollinaris den von Piaton in Theait. 176 sq dargelegten Zusammenhang von Erkenntnis und Glückseligkeit einerseits und von Nichtwissen und Elend andererseits voraussetzt, ergibt sich aus der Interpretation von fr. 76 der 'Apodeixis'. Der inkarnierte Christus besaß keine menschliche Vernunft, so argumentiert Apollinaris, wenn durch ihn die Menschheit erlöst wurde; denn „es bedurfte einer unwandelbaren Vernunft, die nicht wegen der Schwachheit der Erkenntnis ihm (sc. dem Fleisch, σάρξ) anheimfällt, sondern es sich gewaltlos angleicht" 3 . Die göttliche Vernunft hat also eine so kräftige Erkenntnis in sich, daß sie sich dem Fleisch nicht unterwirft, sondern es sich ähnlich macht. Umgekehrt muß also die menschliche Vernunft ohne eine solche Erkenntnis sein, so daß sie vom Fleisch unterjocht wird. Setzen wir Piatons Ausführungen in Theait. 176sq als Interpretationshilfe voraus, so ergibt sich ein logischer Zusammenhang: Die Erkenntnis, daß das Gerechte allein das Göttliche ist, 1
Cf. Cat. in Ps. 4 8 , 1 3 (abgedruckt bei Riedmatten, La christologie S. 223; überliefert in Typ III): Τί> δέ τοϋ θανάτου πάθος, φησίν, ού γενομένω τω άνθρώπω συνήπτο, άλλ' έξ άτιμίας έπισυμβέβηκεν, 8τι τη πρΑς άθανασίαν αύξήσει τετιτη μένος ούκ ήσθετο μείζον ίχων της φύσεως τό έκ τιμής άγαθόν δθεν άποπεσών της τοϋ θεού δμοιώσεως της έν άθανασία, κτήνεσιν έμοιοΰται κατά τ6ν θάνατον. 2 Theait. 176e 3 — 177a 3: Παραδειγμάτων, ώ φίλε, έν τω βντι έστώτων, τοϋ μέν θείου εύδαιμονεστάτου, τοϋ δέ άθέου άθλιωτάτου, ούχ [όρώντες δτι ούτως έχει, ύπδ ήλιθιότητός τε καΐ της έσχάτης άνοιας λανθάνουσι τω μέν όμοιούμενοι διά τάς άδικους πράξεις, τ φ δέ άνομοιούμενοι. οδ δή τίνουσι δίκην ζώντες τόν εικότα βίον ώ όμοιοΰνται. Cf. Apollinaris, Cat. in Joh. 12,40 (Reuss Nr. 87) und о. S. 162 A n m . 4. 8 J p. 195,19—21: έδεΐτο δέ άτρέπτου νοΰ μή ύποπίπτοντος αύτη διά έπιστημοσύνης άσθένειαν, άλλά συναρμόζοντος αύτήν άβιάστως έαυτω.
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ist die Voraussetzung für die Tüchtigkeit eines Menschen und für seine Glückseligkeit. „Gott ist niemals und auf keine Weise ungerecht, sondern in höchstem Maße gerecht, und es ist ihm nichts ähnlicher, als wer von uns wieder so gerecht wie möglich wird. Und hieran mißt sich die wahre Trefflichkeit eines Mannes, und seine Nichtigkeit und Unmannhaftigkeit. Denn die Erkenntnis dieses Sachverhaltes ist Weisheit und wahre Tugend, ihre Unkenntnis aber offenbare Torheit und Schlechtigkeit." 1 Mit den Worten des Apollinaris würde man so sagen müssen: Der menschlichen Vernunft fehlt die Erkenntnis des wahren Guten; deswegen läßt sie sich vom 'Fleisch' verführen und gerät in das Todesverhängnis. Die Aufgabe der menschlichen Vernunft wäre aber, das 'Fleisch' zu führen, statt sich von ihm führen zu lassen; denn in dem vorausgehenden Satz des fr. 76 heißt es: „Also wird das menschliche Geschlecht nicht durch die Annahme einer Vernunft und eines ganzen Menschen errettet, sondern durch die Hinzunahme des Fleisches, das von Natur aus einer Führung bedarf." 2 Verstehen wir unter 'Fleisch' den durch Affekte beseelten Körper, so muß man folgern, daß die Seele den Körper zwar beseelt, aber selbst einen Führer braucht. Im Unterschied zum Tier ist also der menschlichen Seele nicht die Natur als Führer der Affekte eingepflanzt, zumindest nicht als unwandelbarer Führer. Die Einschränkung ergibt sich aus der Catene zu Rom. 2,14: Während die Juden das Gesetz als Maßstab hatten, hatten die anderen Völker die Natur als Ersatz für das Gesetz. „Wenn auch das Hören des Gesetzes, sagt er (sc. der Apostel Paulus), den Völkern fehlt, aber wenn sie gemäß der natürlichen Vernunft den Willen des Gesetzes erfüllen, haben sie die Natur als Gesetz."3 Aber auch durch die Natur wird die Freiheit zur Selbstbestimmung, die das Wesen der Vernunft ist, nicht aufgehoben, so daß die menschliche Vernunft auch dann noch wandelbar bleibt, wenn sie die Natur als ihr Gesetz ansieht. Denn während die Tiere durch die Natur in ihren Affekten festgelegt sind, muß der Mensch seine Affekte erst formen, wofür er sich nach der Natur richten könnte. Aber die Erkenntnis, die die Natur für die Führung der Affekte vermittelt, ist kein sicheres Wissen, das sich in jedem Fall gegenüber der Eigenmächtigkeit der Affekte des Menschen behaupten und durchsetzen könnte. Denn es gilt ja von der menschlichen Vernunft allgemein, daß ihr Wissen schwach ist. In diesem Zusammenhang enthüllt der paulinische Satz, daß der beseelte Körper (die σάρξ) gegen den Geist oder die Vernunft streitet, seinen tieferen Sinn (fr. 22, s. o. S. 150 Anm. 1). Die Affekte des Menschen sind von Natur aus nicht auf die Konformität mit der Vernunft festgelegt. Indem sie aber auf die Ausrichtung durch die Vernunft angelegf sind — τγ) σαρκΐ φυσικόν έστι τ£> ήγεμονεύεσ&αι (fr. 1 8
2 J p. 195,16—19. 1 7 6 b 8 — с 5. P. 60,19—21 (Staab); cf. auch zu Rom. 7,8 (p. 6 5 , 1 3 — 1 9 Staab).
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76) — kann nicht ihre Natur der Vernunft entgegengesetzt sein. Denn zunächst ist zu beachten, daß die Natur des Menschen allgemein nicht durch sich selbst dem Bösen verfiel, sondern nur insofern sie „krank" wurde 1 . In gleicher Weise wird das Tun des Bösen als eine „Schwäche" bezeichnet 2 . Ganz ausdrücklich wird in der Catene zu Joh. 3,19 erklärt, daß die Menschen nicht von Natur aus schlecht sind. Jesus sagt bei Johannes: „Darin besteht das Gericht, daß das Licht in die Welt kam und die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht; denn ihre Werke waren böse." Apollinaris argumentiert von dem Gedanken aus, daß ein Gerichtsurteil einen Schuldigen voraussetzt; folglich ist nicht die Natur des Menschen als solche die Ursache für seine Abwendung von Gott, sondern sein Wille, das Böse zu tun. „Unentschuldbar sind also diejenigen, die die Finsternis mehr lieben als das Licht; denn nicht aus Unkenntnis vertrauen sie nicht auf Christus, sondern weil sie das Schlechte, das die Lehre Christi nicht zuläßt, tun wollen." Dann dehnt er seinen Gedanken auch noch auf Joh. 12,39: „Sie konnten nicht glauben" aus und legt dar, daß nicht die Natur oder eine fremde Gewalt den Menschen vergewaltigt, sondern sein eigener freier Wille: „Wenn wir also hören: 'Sie konnten nicht glauben', sollen wir nicht meinen, die Kraft der Natur oder die Macht irgendeines anderen sei es, sondern der freie Wille verdingt sich selbst den Affekten und will nicht von der schlechten Gewohnheit ablassen." Im Gegensatz zur platonischen Lehre ist der Wille also nicht an das Gute gebunden. „Denn sie erkennen zwar das Licht, kommen aber nicht zu ihm, damit das Urteil über die, die sagen, Gott zu kennen, ihn aber durch ihre Werke verleugnen, nicht aufgehoben wird." 3 Fassen wir zusammen, so ergibt sich, daß die Affekte des Menschen nicht durch die Natur unabänderlich geregelt sind, sondern daß ihnen die Möglichkeit zu Verselbständigung gegenüber der Vernunft innewohnt. Von Natur aus sind sie angelegt auf die Steuerung durch die Vernunft, aber wo die menschliche Vernunft zu schwach ist, unterwerfen sie sich die menschliche Vernunft und verleiten sie dazu, ihre Befriedigung im Vergänglichen zu suchen. Der Grund für diese Selbstgestaltung des Menschen durch die Richtung, die die Affekte anstreben, ist die Schwachheit 1
Cat. in Joh. 9,7 (Reuss Nr. 50,6). Cat. in Mt. 19,23—26 (Reuss Nr. 98,6). 3 Joh.-Cat. 14 (Reuss): 'Αναπολόγητοι είσιν οί άγαπήσαντες τό σκότος ύπέρ τδ φώς· ού γαρ δι' άγνοιαν ού πιστεύουσι τω Χριστώ, άλλα δια τό θέλειν φαϋλα πράσσειν, ίίπερ ή Χρίστου διδασκαλία ού παραδέχεται, δταν οδν άκούσωμεν, δτι ,,ούκ ήδύναντο πιστεύειν", μή φύσεως έννοήσωμεν δύναμιν ή άλλου τινός έπικράτειαν, άλλα τόν αΰτοδέσποτον λογισμόν τόν καταδουλώσαντα έαυτόν τοις πάθεσι τοις άσέμνοις καΐ μή θέλοντα της κάκιστης άποστηναι συνήθειας' ούτοι γαρ έπιγινώσκουσι μέν τό φως, ούκ έρχονται δέ πρός αυτό, ίνα μή έλεγχ&η ή ύπόκρισις αυτών των λεγόντων είδέναι ·&εόν, ίίργοις δέ αύτόν άρνουμένων. Mt.-Cat. 115 (Reuss) fehlt leider die Ausführung. Zur Verantwortlichkeit des Menschen cf. die Texte bei Riedmatten, La christologie S. 211. 2
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der Erkenntnis der menschlichen Vernunft (cf. fr. 76 der 'Apodeixis'). Das entspricht genau dem Gedanken Piatons in Theait. 176c: Die Erkenntnis, daß Gott allein das Gerechte ist, bringt die Tüchtigkeit (άρετή) mit sich und verbürgt die Glückseligkeit des Menschen, während das Ungöttliche ins Elend führt. Auf fr. 76 angewandt: Wenn die Erkenntnis Gottes wegen des scheinbaren Gutes, das die Affekte in ihrem Streben nach Befriedigung durch das Vergängliche vorgaukeln, verachtet wird, gestaltet sich der Mensch durch das Vergängliche und verfällt ihm. Der Grund für die Schwachheit der Erkenntnis der menschlichen Vernunft ist darin zu sehen, daß dem Menschen die Gotteserkenntnis nicht als Naturbesitz gegeben ist; er muß sie erst durch Lernen (άσκησις, cf. fr. 75, o. S. 157) erwerben. Und zwar muß die menschliche Vernunft zu einer Erkenntnis gelangen, die sie befähigt, die Affekte zu leiten und zu zügeln. Von Natur aus hat nur die göttliche Vernunft, deren Inkarnation Jesus ist, die erforderliche vollkommene Erkenntnis; die Menschen müssen sie von ihm lernen 1 . Denn Tüchtigkeit (άρετή) gewinnt die Seele erst, wenn sie durch die Affekte den Körper beseelt, indem sie ihnen die Richtung gibt, die die Gotteserkenntnis weist. Deswegen heißt die heilbringende Erkenntnis ή κατ' άρετήν έπίγνωσις; denn die Gestaltung auf Grund der Gotteserkenntnis ist άρετή. Es ist noch zu fragen, wie sich Seele und menschliche Vernunft zueinander verhalten. Auszugehen ist davon, daß einerseits das 'Fleisch', d. h. der beseelte Körper, der Führung durch die auf Gotteserkenntnis sich gründende Vernunft bedarf (fr. 76), andererseits der irdische Mensch auch nach dem Empfang des Geistes Seele genannt wird (fr. 28). Zwischen diesen beiden Aussagen muß ein Ausgleich in der Weise gefunden werden, daß der Empfang des Geistes nicht mit dem Empfang der Vernunft gleichgesetzt wird; denn die Erlösung durch Christus wird dem Menschen durch seine Vernunft vermittelt (fr. 80), während der Geist den sündigen Menschen verlassen hat 2 . Also kann man im Sinne des Apollinaris nicht sagen, daß durch die Sünde der Mensch nicht mehr νους ενσαρκος wäre (cf. fr. 72) und der Mensch durch die Sünde seine Vernunft verloren hätte, sondern durch die Sünde ist die menschliche Vernunft den Affekten Untertan geworden, aus eigenem Entschluß. Wenn sie sich nach dem Willen der Affekte 3 gestaltet, dann hat sie ihre hypothetische Offenheit aufgegeben. Durch die Erkenntnis Gottes in Christus gewinnt sie ihre Freiheit zurück, so daß, wenn sie die Gestaltung nach Gott ablehnt, bei der Begegnung mit der christlichen Lehre ein zweiter Sündenfall stattfindet (cf. Joh.-Cat. Nr. 14; s. o. S. 174 Anm. 3). Die Vernunft hat der Mensch durch die Sünde nicht eingebüßt, obwohl ihre Freiheit dann 1 2 3
Cf. Joh.-Cat. 60,1—5 (Reuss). Cf. Joh.-Cat. 153,6sq (Reuss) und o. S. 162 Anm. 4. Cf. fr. 151 (L p. 248,1—5) und fr. 150 (L p. 247,24—27; s. o. S. 159 Anm. 2).
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aufgehoben ist, da sie sich durch Fremdes gestaltete, nämlich durch die Affekte, über die sie herrschen sollte. Gregor von Nyssa behauptet nun aber, daß Apollinaris — durch den paulinischen Gedanken von Rom. 7,23 und 8,7 (Fleisch gegen Geist) veranlaßt — dem Menschen die Vernunft wegen der Sünde abspreche, und legt gegen Apollinaris dar, daß gerade aus Rom. 8,7 hervorgehe, daß die Sünde auf einer willentlichen Entscheidung der menschlichen Vernunft beruhe (J p. 141,3—22). Andererseits jedoch will er auch in dem Inkarnierten eine menschliche Vernunft annehmen, denn Christus sei ganz Mensch geworden, ohne Sünde, die Sünde sei aber nicht mit der menschlichen Vernunft identisch1; folglich sei es ein Irrtum, wenn Apollinaris Jesu wegen seiner Sündlosigkeit eine himmlische Vernunft statt einer menschlichen zuspreche. Damit aber gibt Gregor nicht den Gedankengang des Apollinaris wieder; denn Gregor schreibt weiter in der Widerlegung zu fr. 28 (Paulus nennt den irdischen Menschen Seele): „Denn wenn Adam, weil er sündigt, Seele genannt wird, wird der mit Gott verbundene Mensch, weil 'er eine Sünde nicht beging noch Falschheit in seinem Munde gefunden wurde' (Jes. 53,9), als Ganzer Geist genannt." (J p. 146,18—21) In dieser Weise könnte man den Gedankengang des Apollinaris wohl verstehen, aber Gregor behauptet, daß Apollinaris nicht so argumentiere: „Aber dies meint er nicht" (J p. 146,21 sq). Das gehe daraus hervor, daß Apollinaris den ersten Adam einen irdischen nenne: „Denn er sagt, dieser sei irdisch, von der Erde, weil der aus Erde geformte Körper beseelt wurde." (J p. 146,22sq = fr. 30.) Daran schließt Gregor die polemische Frage an, ob Adam keine Vernunft erhalten habe; denn Apollinaris nenne ja die Vernunft Geist, und rede nur davon, daß Adam ein beseelter Körper sei, vergesse jedoch die Einblasung des Geistes. Und so fragt er Apollinaris: „Also wurde die Vernunft, die er Geist nennt, dem Geschöpf Adam nicht mitgegeben? Worin besteht nun die Ähnlichkeit mit Gott? Welches ist der Ausfluß aus der göttlichen Einblasung, wenn nicht die Vernunft dafür gehalten wird?" (J p. 146, 23—27) Gregor will also den Menschen wegen seiner Vernunftbegabung, die als Geist von Gott eingeblasen wurde, göttlich nennen; trotz der Sünde hat nach Gregor der Mensch die Göttlichkeit, seine Vernunftbegabung, nicht verloren. Aber er setzt zu Unrecht voraus, daß auch Apollinaris die Einblasung des Geistes mit der Verleihung der Vernunftbegabung an den Menschen gleichsetzen müsse. Für Apollinaris ist aber der Mensch als beseelter Körper schon vernunftbegabt, jedoch noch nicht vernünftig. Denn die Ähnlichkeit des Menschen mit Gott, seine Gottebenbildlichkeit, sieht Apollinaris darin, daß die menschliche Vernunft den Geist Gottes in der Gotteserkenntnis aufnimmt. Der Geist jedoch — 1
J p. 145,28 — 146,2.
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nicht die Vernunft als Vernunftbegabung — und damit die Gottebenbildlichkeit des Menschen entweicht, wenn er sich nach den Affekten gestaltet; wir haben das mehrfach gesehen 1 . Nur bei Jesus sind Vernunft und Geist identisch. Gehen wir zum Schluß noch auf den Traduzianismus, den H. de Riedmatten in den Mittelpunkt der Apollinarisinterpretation gestellt hat, ein 2 . Grundsätzlich ist festzustellen, daß die relevanten Ezechielcatenen von der zukünftigen Auferstehung sprechen 8 . Die in ihnen enthaltenen Hinweise auf die Erschaffung des Menschen und auf die Erhaltung des Menschengeschlechtes sind nur als Beispiele für die Einheit von Seele und Körper anzusehen. Wie die Auferstehung eine neue Zusammenführung von Seele und Körper ist, wobei der Seele das Objekt der Erkenntnis mitgegeben wird, so war auch schon bei der Erschaffung des Menschen der „Geist des Lebens" nicht als etwas für sich, sondern als an den Körper gebunden dem Menschen gegeben 4 . Leben hat der Mensch also als eine Seele in einem Körper. Die Weitergabe des Lebensprinzipes, des animalischen Lebens, unterscheidet den Menschen nicht vom Tier; sie geschieht durch die Zeugung 6 . Aber wahres Leben, das die Hoffnung auf Auferstehung begründet, wird nicht auf diese Weise vermittelt, sondern durch den Geist, von dem in den Ezechielinterpretationen nur im Hinblick auf die Auferstehung gesprochen wird®. Für Riedmatten ist der Traduzianismus deswegen wichtig, weil auf seinem Hintergrund die Jungfrauengeburt eine theologische Bedeutung erhält 7 . Der Haupttext ist 'De unione' 12 und 13. In ihm wird die Schriftstelle Joh. 10,36 („Den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat, von dem sagt ihr: 'Du lästerst Gott', weil ich gesagt habe, ich sei der Sohn Gottes") interpretiert. Dazu fragt Apollinaris: „Welche Heiligung meint er hier, wenn nicht die Heiligung des Fleisches durch die Gottheit?" 8 Daran schließt Apollinaris eine Begründung an, aus der in der Apollinarisforschung auf eine dichotomische Periode geschlossen wird: 1
Cf. außer S. 175 Anm. 2 auch Cat. in Ps. 134,15 (überliefert in Typ XI): θείον γάρ τό άμοίωμα τοϋ θεοϋ, διό καΐ άνθρωπος είκών 6 θειος, ούχ ό της θεότητος έστηρημένος. 2 Some Neglected Aspects S. 240—245 und La christologie passim. 3 Die Schau des Zukünftigen ist der Inhalt der prophetischen Rede; cf. Cat. in Ez. 37,3—4 (p. 90a 5—12 Mai). Zu der Zuverlässigkeit der Texte beachte o. S. 105 Anm. 61 1 Cat. in Ez. 37,5 (p. 90a 13—20 Mai). 6 Cf. den Text bei Riedmatten, La christologie S. 228 Anm. 1. β Cf. G. Furlani; s. o. S. 19 Anm. 3. Nach S. 143 (Studi apollinaristici II) interpretierte Apollinaris so den Aristoteles. Aber m. E. ist Furlanis Feststellung eines Kreationismus hinsichtlich der Vernunft eine ungerechtfertigte Übertragung aus der Auferstehungsvision in den Ezechielcatenen auf die Schaffung des Menschen. 7 Some neglected Aspects S. 240—245. 8 L p. 190,16sq. 12 Mühlenberg, Apollinaris
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Anthropologie des Apollinaris
„Denn so lebte der Körper durch die Heiligung der Gottheit und nicht auf Grund (κατασκευή) einer menschlichen Seele." 1 Das Verständnis des Textes hängt an der Bedeutung von κατασκευή. Da der ganze Zusammenhang zeigen will, daß in Jesus die Scheidung des Heiligenden und des Geheiligten nicht die Trennung in zwei Naturen begründet, wird im nächsten Satz der Gedanke der Einheit ausgesprochen 2 . In § 13 sagt Apollinaris, daß Jesus an anderer Stelle die gemeinte Heiligung durch Gott-Vater mit der Jungfrauengeburt gleichsetze, wofür Apollinaris sich auf Joh. 18,37 („Denn dazu bin ich geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeuge") beruft 3 . Dies begründet er durch den Unterschied von Jesu Geburt zu der gewöhnlichen menschlichen Geburt. „Denn aus dem Willen des Fleisches und aus dem Willen des Mannes wird der empfangenden Mutter die lebenspendende Kraft vermittelt." 4 Jesu Geburt dagegen beruhe auf der „Überschattung" der Jungfrau Maria durch den Geist, so daß „nicht der Same das göttliche Leben schafft, sondern die Kraft des göttlichen Geistes die göttliche Empfängnis in der Jungfrau bewirkt und ihr das göttliche Kind schenkt" 6 . Daß hier die Übermittlung der Seele ex traduce für die gewöhnlichen Menschen gemeint ist, unterliegt keinem Zweifel6. Aber was heißt in diesem Zusammenhang Seele? Lebensprinzip, sicher; aber nur insofern ist sie Sitz der Affekte, als sie Vernunft ist, deren Gestaltung noch offen ist 7 . Eine solche Seele hat Jesus nicht, weil er „göttliches Leben" in sich hat, d. h. sein Wesen ist nicht wie das der Menschen die Offenheit zur Gestaltung, sondern ist von Anbeginn durch Gott gestaltetes Leben. Nur deswegen kann überhaupt von Heiligung gesprochen werden; denn geheiligt wird „das Fleisch" (σάρξ), nicht ein Körper wie ein Stück Materie; Heiligung ist Gestaltung der Affekte nach Gott, so daß der Körper als έμψυχος zu verstehen ist. Das ganz formale Lebensprinzip, das sozusagen animalisches Leben vermittelt, denkt Apollinaris aber nicht getrennt von Vernunft; aus diesem Grund kann er auf die Zeugung Jesu durch den Geist verweisen. Daraus folgt, daß der Satz: „Der Körper lebte durch die Heiligung der Gottheit und nicht auf Grund einer menschlichen Seele" nicht meint, daß Jesus affektlos im Sinne von empfindungslos war, sondern daß seine Affekte durch die Gottheit geformt waren. Der analoge Ausdruck zu: ούκ ανθρωπινής ψυχής κατασκευή εζησεν lautet: τέλειος δέ θ-εία τελειότητι και ούκ άνθρωπίνη8. 2 ι L ρ. 190,17—19. L ρ. 190,19—191,1. 3 4 L p . 191,1 sq. L ρ. 191,4—7. 6 L p. 191,7—12. 6 Cf. Nemesius über Apollinaris (bei Lietzmann als fr. 170). 7 G. L. Prestige, Fathers and Heretics, London 1948, weist S. I l l Anm. 1 mit Recht darauf hin, daß sich 'Seele' in diesem Zusammenhang nicht von 'Vernunft' unterscheide. Cf. auch Apollinaris an Basilius, ep. 362 (s. o. S. 41), daß Adam seine Ιδιότης weitergibt. β Ep. ad Confessores L p. 256,14sq.
Das Wesen des Menschen
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Die menschliche Seele erwirbt Vollkommenheit erst durch eine von der Gotteserkenntnis vermittelte Teilhabe an Gott; Jesus ist dagegen wesenhaft göttliche Vernunft und hat deswegen die Vollkommenheit schon in sich, κατασκευή wäre also mit „Struktur" zu übersetzen. Wenn wir abschließend feststellen wollen, wie Apollinaris Vernunft und Seele einander zuordnet, so muß nach dem Sinn der sog. Trichotomie gefragt werden. Schon G. Furlani hatte daran erinnert, daß der Ausdruck Trichotomie, in dem G. Voisin im Anschluß an Nemesius (Text als fr. 169 bei Lietzmann) den Schlüssel zum Verständnis der apollinaristischen Anthropologie fand, sehr ungenau ist, da sich bei Apollinaris nebeneinander die aristotelische Psychologie (νοϋς — ψυχή — σώμα) und die biblische Anthropologie (πνεύμα — σάρξ) fänden, die Apollinaris unreflektiert miteinander verbinde 1 . Aber Furlanis Behauptung, daß Apollinaris σώμα und σάρξ gleichsetze, läßt sich nicht aufrechterhalten 2 . A u f die Einheit von Seele und Körper ist folglich die Aussage anzuwenden, daß die σάρξ nicht Selbstbeweger, sondern έτεροκίνητος ist 3 ; denn die Affekte sind auf die Führung durch die menschliche Vernunft angewiesen. Aber die menschliche Vernunft ist nicht ein dritter Teil des menschlichen Wesens, auch wenn es in dem wörtlichen fr. 89 heißt: „Wenn also der Mensch aus dreierlei zusammengesetzt ist, ist auch der Herr ein Mensch; denn auch der Herr besteht aus dreierlei, aus Geist, Seele und Körper, aber der himmlische Mensch ist auch lebendigmachender Geist." Wie das zu verstehen ist, wird aus fr. 90 deutlich: Der Geist Christi sei den irdischen Menschen nicht gleich, da er himmlischer Geist sei, während der menschliche Geist nur ein Aufnahmegefäß des himmlischen Geistes sei 4 . Streng genommen ist also im Menschen als einem irdischen kein Geist, sondern nur die Möglichkeit, Gottes Geist zu empfangen, was für den gottebenbildüchen Menschen und für den erlösten Menschen Wirklichkeit ist. Also ist der beseelte Körper als solcher nicht vernünftig, da die σάρξ ausdrücklich nicht αυτεξούσιος genannt wird 6 . Jedoch muß die menschliche Vernunft, also die Fähigkeit des Menschen, durch Gotteserkenntnis den Geist zu empfangen und dadurch die Kraft zu gewinnen, die Affekte zu leiten, der Seele zugehören; eine vernünftige Seele kann aber Apollinaris nach allem, was gesagt worden ist, dem Menschen nicht 1 Studi apollinaristici II, Rivista trimestrale di studi filosofici e religiosi IV (1923) S. 136. 2 A.a.O., S. 136. Die einzige Stelle dafür steht in De unione § 5 (L p. 187,9—14); aber hier wird gerade der Zusammenhang von σώμα und ψυχή dargelegt. 3 Cf. fr. 74 und 107. 4 J p. 2 1 3 , 2 1 — 2 5 : Et έκ πάντων των ίσων ήμΐν έστι τοις χοΐκοϊς ό έπουράνιος άνθρωπος, ώστε καΐ τί> πνεϋμα ϊσον £χειν τοις χοϊκοΐς, ούκ έπουράνιος άλλ' έπουρανίου θ-εοϋ δοχεΐον. 6 Cf. fr. 87 (J p. 207,6 sq): Ποιήσει μή αύτεξουσίους τούς άγγέλους καΐ τούς άνθρώπους ώς ούδέ ή σάρξ αυτεξούσιος.
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Die Soteriologie des Apollinaris
zuerkennen, da die Vernunft als Wirklichkeit kein natürlicher Besitz des Menschen ist, sondern eine Gnadengabe, die der Mensch faktisch, insofern er Sünder ist und sich den Affekten unterworfen hat, verloren hat. Wir müssen uns mit der Aussage begnügen, daß die menschliche Seele im Unterschied zu der tierischen darauf angelegt ist, durch den Geist Gottes gestaltet zu werden; insofern ist die menschliche Vernunft von der Seele zu unterscheiden als ihre Gestaltungskraft, die sie nicht aus sich selbst hat 1 .
C. Die Soteriologie des Apollinaris 1. Das Wesen des νόμος und das Wirken des πνεύμα
Die wichtigsten Aussagen des Apollinaris über seine Soteriologie finden sich in den Fragmenten 76 und 80 der 'Apodeixis', wie aus ihrem Aufbau hervorgeht (s. o. S. 89). Der Text lautet: „Also wird das menschliche Geschlecht nicht errettet durch die Annahme einer Vernunft und eines ganzen Menschen, sondern durch die Hinzunahme von 'Fleisch', das von Natur aus auf das Geführtwerden angelegt ist. Es bedurfte einer unwandelbaren Vernunft, die ihm (sc. dem 'Fleisch') nicht wegen einer zu schwachen Erkenntnis anheimfällt, sondern es sich gewaltlos angleicht, teilgebend an der reinen Tugend allem der Vernunft Unterworfenen (d. h. allen Vernunftwesen) und allen, die auf vernünftige Weise Christus ähnlich und nicht auf fleischliche Weise ihm unähnlich werden." 2 Nicht nur der Inhalt, sondern auch die sprachliche Form ist deutlich von dem platonischen Gedanken in Theait. 176sq geprägt (s. o. S. 175), einer 1
Cf. den Bericht des Epiphanius über Vitalis und seine Freunde in Pan. 77, 2 3 , 5 — 2 4 , 2 : Die apollinaristischen Gesprächspartner hielten den νοϋς für eine ύπόστασις. Μ. Richard (L'introduction du mot 'Hypostase' dans la th6ologie de l'incarnation, Mdlanges de Science Religieuse 2, 1945, S. 10) gibt ihre Argumentation so wieder: "L'homme est une hypostase en vertu de son νοϋς principe de vie. Son äme animale (ψυχή) et son corps sont hypostasids (ένυπόστατοι) par et dans се νοϋς." Dadurch werden unsere Überlegungen bestätigt; denn aus der Auffassung des Epiphanius wird der apollinaristische νοΰς-Begriff als sein Gegensatz deutlich: Epiphanius hält den νοΰς für eine „faculti intellectuelle (νόημα)" (Richard S. 9) und für eine κίνησις της ήμών πάσης ύποστάσεως (Pan. 77,24,2; p. 437,6 Holl), νοΰς ist für Epiphanius also eine dem Menschen innewohnende Fähigkeit; für Apollinaris dagegen ist es der Ausdruck für die Gestaltung des Menschen. 2 J p. 195,15—21; 199,5—7. 14sq: Ούκ &ρα σφζεται τί> άνθρώπινον γένος δι' άναλήψεως νοϋ καΐ δλου άνθρώπου, άλλά δια προσλήψεως σαρκός, ή φυσικών μέν τό ήγεμονεύεσθαι· έδεΐτο δέ άτρέπτου νοϋ μή ύποπίπτοντος αύτη δια έπιστημοσύνης άσθένειαν, άλλά συναρμόζοντος αύτήν άβιάστως έαυτω, μεταδιδόντος της καθαρδς άρετης παντί τω ύποχειρίω νοϋ καΐ πασι τοις νοερώς έμοιουμένοις Χριστώ καΐ μή σαρκικώς άνομοιουμένοις.
D a s W e s e n des νόμος und das W i r k e n des πνεύμα
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Stelle, auf die sich die christliche Theologie alexandrinischer Prägung immer wieder bezogen hat. In unserem Zusammenhang kommt es besonders darauf an, daß der Gegensatz von νοερώς und σαρκικώς richtig gedeutet wird. Nach Piaton — und so ist er auch in der Tradition verstanden worden — gründet sich die Angleichung an Gott auf Erkenntnis, während der gegenteilige Prozeß ein Ausdruck für Nicht-Wissen und Nicht-Erkennen ist. Auf Apollinaris angewandt würde dann νοερώς der Erkenntnis entsprechen, σαρκικώς dem Zustand des Nicht-Wissens. Daß σαρκικώς nicht einfach der Zustand des Nicht-Erkennens ist, geht aus der Funktion des Gesetzes bei Apollinaris hervor. Während bei Piaton und bei Aristoteles das Gesetz die fehlende Erkenntnis ersetzen soll und ihm die Funktion zugewiesen wird, mit Erfolg die Formung des Menschen durchzusetzen, wo die Einsicht und die Erkenntnis nicht herrschen oder sich gegenüber den Affekten als zu schwach erweisen (s. u. S. 244 ), geht Apollinaris davon aus, daß das Gesetz die Angleichung an Gott nicht zu bewirken vermag, sondern dies vollbringt nur eine durch den göttlichen Geist vermittelte Erkenntnis. Gewiß folgt Apollinaris in der Entgegensetzung von Gesetz und Geist paulinischen Gedanken, die für die christliche Tradition verbindlich waren; aber seine Argumente für die Wirkungslosigkeit des Gesetzes angesichts der Sünde stehen gleichzeitig platonisch-aristotelischem Philosophieren nahe. Wie Apollinaris das Gesetz und seine Funktion für die Formung des Menschen beurteilt, geht aus seiner Interpretation von Rom. 7,7 hervor, die in der Catenenüberlieferung aufbewahrt ist 1 . Er beginnt mit der Feststellung, daß es so scheinen könnte, als ob das Gesetz und die Worte Jesu sich in keiner Weise unterschieden: Durch das Gesetz wie durch die Worte Jesu werde das Schlechte und das Gute erkennbar gemacht, durch beide die Erkenntnis von Gut und Böse vermittelt2. Aber dieser Schein trüge, der Unterschied sei sehr groß: „Das Gesetz nämlich besteht allein in Worten und vermittelt keine Kraft zur Gerechtigkeit, sondern überläßt alles der Ausführung durch die Hörer." 3 Christus dagegen bewirke durch die Gabe des Geistes auch die Gestaltung der Gerechtigkeit im Menschen4. Das Ziel von Gesetz und Evangelium, um es der Tradition entsprechend zu formulieren, ist dasselbe: Der Mensch soll zur Gerechtigkeit geführt werden. Aber das Gesetz erreicht nicht das, was es beabsichtigt. Im Anschluß an die Worte des Paulus sagt Apollinaris: „Die Erkenntnis der Sünde richtete sich eher gegen uns, als daß sie uns nützt." 5 Denn „das Gesetz erstrebt die Selbstgestaltung des Menschen zur Ge2 P. 6 3 , 2 0 — 2 4 . Staab p. 6 3 , 2 0 — 6 5 , 1 2 . P . 6 3 , 2 4 — 2 7 : τδ γάρ διάφορον μέγα καΐ πολύ τό μεταξύ, νόμου μέν έν £ήμασι μόνοις κειμένου καΐ μηδεμίαν είς διακιοσύνην δύναμιν ένδιδόντος, άλλ' έπΐ τη πράξει των άκουόντων τό σύμπαν καταλείποντος . . . 4 Ρ . 6 3 , 2 7 — 6 4 , 2 ; s. u . S . 1 8 3 A n m . 3 u. 4 . 5 P. 64,3. 1
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rechtigkeit", während der Geist den Menschen gestaltet1. Das Gesetz macht also das Böse als Schlechtes und das Gute als Schönes (καλόν) sichtbar und vermittelt auf diese Weise dem Menschen die für die Selbstgestaltung vorausgesetzte Erkenntnis von dem, wonach er sich ausrichten soll. Aber das Gesetz bleibt bei dem Imperativ stehen und überläßt die Durchführung dem Menschen selbst, da seine Vernunft frei ist 2 . Faktisch jedoch kommt es nicht dazu, daß der Mensch dem befehlenden Gesetz entsprechend handelt. Der Grund dafür wird in der Catene zu Joh. 4, 13—16 (Reuss Nr. 17) angegeben, wo irdisches und himmlisches Wasser auf den Unterschied von Gesetz und Geist zurückgeführt werden. Die Gabe des Geistes stehe der Lehre des Gesetzes gegenüber. „Denn das Gesetz belehrte durch Lernen von Geschriebenem, dessen der Mensch wegen des Vergessens immer bedarf, der Geist aber begründet Weisheit, die beständig da ist." 3 Apollinaris hält das Vergessen für die Ursache der Wirkungslosigkeit des Gesetzes4. Gerade weil das Gesetz die Ausführung dem Handeln des Menschen überlassen muß, vermag es den Menschen zur Gestaltung dessen, was es als gut und erstrebenswert aufzeigt, nicht zu veranlassen; denn das Vergessen schiebt sich zwischen die Erkenntnis und das Handeln, so daß die durchs Gesetz vermittelte Erkenntnis wieder nichtig wird. Die Erkenntnis, die die Selbstbestimmung des Menschen voraussetzt, müßte aber so stark sein, daß sie von dem Vergessen nicht überholt wird; sie müßte zu einer Haltung werden, in der sie als Gestaltung schon vollzogen ist, sonst wird die Beherrschung der Affekte nicht erreicht. Sein Verständnis vom Sinn des Gesetzes faßt Apollinaris in der Catene zu Mt. 11,10—13 folgendermaßen zusammen: „Mit Gewalt ereignet sich die Himmelsherrschaft, an denen sie sich ereignet, sagt er (sc. Jesus), weil Gewalt notwendig ist, um die körperliche Natur zu beherrschen und mit dem Geist zu verbinden, nämlich der Welt zu sterben und Gott zu leben, was das Gesetz und die Propheten nicht zuwege brachten." 6 Nach der Meinung des Aristoteles sollte das Gesetz den Menschen mit Gewalt zu einer Haltung zwingen, die der Gerechtigkeit entsprach, indem die Furcht vor der Strafe direkt auf die Affekte wirkte (s. u. S. 243). Apollinaris vermag die Einheit von Befehl und Strafe nicht zu sehen; denn das Gesetz bedeutet für ihn im biblischen Sinne die Erkenntnis von Gut und 1 P. 6 4 , 7 s q : ό μέν τήν Ιδίαν των άνθρώπων κατόρθωσιν εις δικαιοσύνην ζητών, τί> δέ την παρ' έαυτοϋ χορηγούν. 2 Cf. Mt.-Cat. 97 (Reuss). 3 Joh.-Cat. 17,6—8 (Reuss) :ό μέν γάρ ήν διά γραμμάτων μαθήσεως, ών άεΐ διά τήν λήθην ό άνθρωπος δεΐται, πνεύμα δέ σοφίας, ή παραγένοιτο διηνεκώς, τήν χορηγίαν έπιδίδωσιν. 4 Cf. zum Phänomen des Vergessens Piaton, Resp. 621 a, b. 6 Mt.-Cat. 6 0 , 6 — 9 (Reuss): ßiqc δέ τήν βασιλείαν των ούρανών παραγίνεσθαί φησιν οίς παραγίνεται, διότι βίας δει πρ&ς τό κρατησαι φύσεως σωματικής καΐ πνεύμα« συγκρα&ηναι, κόσμω μέν άποθανόντας, ζώντας δέ τω θεω, δπερ οδπω νόμος έχει καΐ προφήται.
Das Wesen des νόμος und das Wirken des πνεύμα
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Böse in der Form des Befehles, während die Strafe ein endgültiger Akt ist, der die Haltung des Menschen besiegelt1. Dabei ist aber vorausgesetzt, daß die Furcht vor der Strafe keineswegs zur Formung des Menschen nach der im Gesetz geforderten Gerechtigkeit führen muß, wie Aristoteles lehrt; der Grund für dieses andersartige Urteil über das Gesetz wird bei Athanasius deutlich (s. u. S. 194), weil er eine Verkehrung der Furcht in Betracht zieht. Das Wirken des Geistes beschreibt Apollinaris im Gegensatz zur Wirkungslosigkeit des Gesetzes: „Der Herr kam durch die Erfüllung des Gesetzes herein (zu Joh. 10,8—10), indem er selbst auf eine gewisse Weise das Gesetz ist. Denn in dem lebendigen und wahren Logos ist auch das Gesetzliche enthalten. Er führte die ihm Nachfolgenden auf eine Weide und zu lebendigmachender Nahrung, weil er sie durch die Kraft des Geistes, die Leben wirkt, nährt, so daß sie der gesetzlichen Mahnungen nicht mehr bedürfen, sondern durch die vernunftgemäßen Lehren geführt werden. Denn 'das Gesetz', sagt er, 'hat er durch die Lehre zerstört'. Und das Gesetz, das nicht Leben bewirken kann, wurde gegeben, die Lehre Christi aber gibt Leben in Ewigkeit. . ." 2 Das Wirken des Geistes ist also gegenüber dem Gesetz dadurch ausgezeichnet, daß es Leben wirkt. Während das Gesetz „alles dem Handeln der Hörer überläßt, bewirkt unser Herr Jesus Christus in der Gabe des Geistes die Rettung der ihm Ergebenen ganz" 3 . Verglichen mit der Absicht des Gesetzes, durch die Erkenntnis von Gut und Böse das Handeln des Menschen auf das Gute auszurichten, hieße das, daß der Geist eine Erkenntnis vermittelt, die unmittelbar zum Handeln führt. Daß dies gemeint ist, geht aus der Fortsetzung des eben zitierten Textes hervor: „ . . . und wie er uns am Anfang erschaffen hat, wandelt er die Glaubenden auch um und versetzt uns in den Zustand, die Gotteserkenntnis empfangen und uns auf sie ausrichten zu können." Apollinaris beschreibt, wie das geschieht: „. . . indem er die Worte zur Ermahnung verwendet, durch die er uns für den gestaltenden Geist aufnahmefähig macht, aber das unsrige nicht uns selbst überläßt." 4 Daraus folgt, daß der Geist die Gestaltung nicht einer erst zu fällenden Willensentscheidung des Menschen anheimstellt, sondern sie als von sich gewirkte mit sich führt®. Denn der Geist hat die Kraft, die 1
Cf. Cat. in Rom. 7,7 (Staab p. 64,9—11). Cat. in Joh. 10,8—10 (Reuss Nr. 58,1—7). 3 Staab p. 63,27—29: . . . τοϋ 8έ κυρίου ήμών Ίησοϋ Χρίστου, τί> μέν σύμπαν έν τη δόσει τοϋ πνεύματος τήν των ύφ' έαυτών σωτηρίαν έργαζομένου . . . 4 Staab ρ. 63,29—64,2: καΐ οιονεί δημιουργοϋντος ήμας έξ άρχής καΐ μεταπλάττοντος καΐ ρυθμίζοντος έν τω τήν θείαν έπίνοιαν ύποδέχεσ&αι τούς πιστεύοντας και πρός αύτήν οίκειοϋσ&αι, λόγοις δέ εις παραίνεσιν κεχρημένου δι' ών έπιτηδείους ήμας κατασκευάζει τω μορφοϋντι καΐ διατιθ-έντι πνεύματι, ούχ ήμϊν αΰτοΐς τά καθ-' ήμας έπιτρέψας. 6 Staab p. 64,7sq; s. ο. S. 182 Anm. 1. 2
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Die Soteriologie des Apollinaris
Gestaltung zu erwirken 1 . Aber obwohl der Apostel sage, daß Gott Wollen und Vollbringen des Menschen beherrsche (cf. Phil. 2,13), so hebe er doch dadurch die Freiheit des Menschen zur Selbstgestaltung nicht auf; denn er selbst sei es, der die Gottesgnade in sich gestalte: „. . . nicht unseren freien Willen aufhebend, sondern die aus Gott kommende Kraft in die Tugend überführend." 2 Die Gotteskraft, d. h. der Geist, vermittelt dem Menschen also die Selbstgestaltung in der Gerechtigkeit. Es tritt nicht Gott an die Stelle des Menschen, sondern das Selbst des Menschen wird durch den Geist befähigt, sich zu formen. Indem es sich zur Tugend gestaltet, erlangt das Selbst des Menschen seine Eigentlichkeit, d. h. seine Bestimmung wird Wirklichkeit. Gerade weil das Selbst des Menschen nicht aufgehoben wird, kann Apollinaris in diesem Zusammenhang auf die Weissagung von Jer. 38,33sq eingehen: Von Jeremia werde der neue Bund als die Gabe eines neuen Herzens verheißen 3 ; denn der neue Bund zeichne sich dadurch aus, daß die Wirklichkeit des Geistes in die Herzen komme 4 , was so zu verstehen ist, daß der Mensch durch den Geist Gottes zu sich selbst kommt. Ebenso verweist Apollinaris auf Ez. 36,26, wo ein neues Herz und ein neuer Geist verheißen werden, durch die der Wille Gottes sich in den Menschen verwirkliche 6 . Das alles dient Apollinaris zur Erläuterung des Eingangssatzes vom Römerbrief, in dem Christus die Gerechtigkeit Gottes genannt wird. Denn der neue Geist bringe nicht nur die Erkenntnis der Sünde und das Gericht über sie, sondern hebe die Sünde auf, weil er nicht eine menschliche Gerechtigkeit setze, sondern die göttliche Gerechtigkeit offenbare.6 Versuchen wir, uns diese Aussage verständlich zu machen, indem wir sie mit Piaton, Theait. 176 sq vergleichen. Wie Piaton, verwendet Apollinaris άρετή und δικαιοσύνη als identische Begriffe. Ebenso stellt er, wie Piaton, die göttliche Gerechtigkeit der menschlichen gegenüber. Insofern die menschliche Gerechtigkeit nach der Lehre des Apollinaris immer schon unter dem Gericht steht, ist sie als eine ungöttliche Gerechtigkeit gekennzeichnet. Es ist im Sinne Piatons, auch wenn Piaton das Gott Entgegengesetzte ein υπόδειγμα nennt, daß die menschliche Gerechtigkeit kein wahres Sein besitzt. Die menschliche Gerechtigkeit steht zwischen Sein und Nichtsein, sie ist der Zustand der άπραξία der Seele, der im Tod manifest wird; denn die menschliche Gerechtigkeit ist nicht Leben schaffend7. Piaton legt das Gutsein Gottes als Gerechtigkeit aus, 1 Staab p. 64,11 sq: τί> δέ πνεϋμα δύναμιν έχον εις τήν των πεπιστευκότων διόρθωσιν . . . 2 Staab p. 64,22sq: . . . ούχΐ τό αΰτεξούσιον ήμών περικόπτων, άλλα τήν παρά θεοϋ δύναμιν εις άρετήν έξηγούμενος. Nach der Konstruktion des Satzes ist der Apostel Subjekt. 3 Staab p. 64,34—42. 4 Staab p. 64,42—65,1. 5 Staab p. 65,4—6. 7 Cf. Staab p. 58,23sq. « Staab p. 65,6—12.
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weil das Gute niemandem das Sein neidet (cf. Tim. 29 e) und deswegen jedem das Seine zukommen läßt; aber er führt den Gedanken nicht durch, wie die individuelle Seele durch die Ausrichtung auf Gott zu ihrer eigenen άρετή gelangt. Deswegen ist der Staat als Ganzes die Verwirklichung der Gerechtigkeit, so daß die Wirklichkeit des Guten vom einzelnen her gesehen abstrakt bleibt. Dadurch, daß bei Apollinaris die menschliche Vernunft αύτοκίνητος, aber in dieser Bestimmung zugleich τρεπτός ist, wird sie als δύναμις im aristotelischen Sinne verstanden, nämlich als Potentialität, da der Grund ihres Seins nicht in ihr selbst liegt. Ihre ένέργεια erreicht sie erst in der durch den Geist gestalteten Individualität, wenn sie über die Affekte herrschend einen Körper belebt. Ohne den Geist, der die Potentialität der menschlichen Vernunft in die Wirklichkeit überführt, verfällt sie den Affekten und wird dadurch festgelegte Potentialität, deren Schein des Seins durch den Tod aufgehoben wird. Wie wir gesehen haben, fehlte dem Gesetz die Kraft, die Herrschaft der menschlichen Vernunft über die Affekte zu bewirken (s. o. S. 182). Ebensowenig hat der Geist, der den Propheten gegeben wurde, diese Kraft. Denn die durch den Geist gewirkte Weisheit ist im alten und im neuen Bund nicht dieselbe. „Weise sind die, die eine geistliche Weisheit, von der Paulus spricht (cf. Kol. 1,9), haben, und Schriftgelehrte die, die das Alte neu auslegen, so daß die Bezeichnungen auch auf die einstigen Propheten, Weisen und Schriftgelehrten zutreffen, aber ihrem Inhalt nach nicht identisch sind; denn die Prophetie, Weisheit und Schriftgelehrsamkeit beziehen sich nicht auf das gleiche", schreibt Apollinaris in seinem Kommentar zu Mt. 23,34 1 . Hier jedoch schicke Jesus in göttlicher Vollmacht Propheten, Weise und Schriftgelehrte 2 . In der Catene zu Joh. 7,39—44 (Reuss Nr. 37) legt Apollinaris ausführlich dar, warum der Geist, der die Propheten des alten Bundes inspirierte, von dem Geist, den die an Christus Glaubenden haben, unterschieden werden muß. Der Unterschied wird dadurch begründet, daß durch Christi Erlösungstat die Heiligung der Menschheit vollzogen ist, während sie in der alttestamentüchen Prophetie nur angekündigt wurde. So heißt es gleich im ersten Satz des Catenenfragmentes: „Wie er (sc. Christus) die Gemeinschaft des Fleisches mit uns auf sich nahm, so wollte er den Menschen die wirkliche Heiligung des Geistes nicht gewähren, bevor der Logos sich inkarnierte und den menschlichen Weg des Lebens ging und unsere Schmach in die göttliche Herrlichkeit verwandelte." Auf die Art und Weise solcher Umwandlung wird an dieser Stelle nicht reflektiert, sondern nur darauf, daß Umwandlung und Geist zusammengehören, mehr, daß in der Umwandlung der Geist schon da ist: „Denn wo Gott die Menschheit in Christus schon aufnahmefähig gemacht hat, schenkt er den 1 a
Cat. in Mt. 23,24 (Reuss Nr. 118,1—5). Reuss Nr. 118,5—8.
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ihm durch die Annahme Eigenen den Geist, und (sc. in ihnen) ist der Geist also gegenwärtig." Die Gegenwart des Geistes bleibt ein Geschenk Gottes, das durch Christus vermittelt wird: „Und er (sc. der Geist) ist aus ihm (sc. Christus)." Danach folgt der Beweis für die Voraussetzung dieses Gedankenganges, daß nämlich die vollzogene Umwandlung des Menschen mit der Gegenwart des Geistes identisch ist; in den Erlösten ist der Geist vorhanden: „Denn daß die Schrift die durch den Geist geschehene Heiligung Geist nennt, wird in der Apostelgeschichte deutlich, wo Paulus eine Frage stellt. Die, die gefragt werden: 'Habt ihr den heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet?' sagten: 'Wir haben nicht davon gehört, daß es einen heiligen Geist gibt'; sie meinten, daß sie nicht gehört hätten, daß den Menschen eine Heiligung des Geistes gegeben wurde, weil in der heiligen Schrift nur wiederholt gesagt wird, es gebe einen Geist Gottes." Es wird also zwischen Geist und heiligem Geist unterschieden und gleichzeitig wird gesagt, daß die Heiligung durch den Geist die Gegenwart des Geistes bedeutet; daraus folgt, daß der heilige Geist der in den Gläubigen gegenwärtige Geist ist, während der Geist, dem das Prädikat heilig nicht zukommt, nicht vorhandener Geist ist. Der Geist ohne das Prädikat heilig steht deswegen, analog dem Gesetz, als der, dem die ενέργεια fehlt; er gehört wie das Gesetz zum alten Bund. Das erläutert Apollinaris, indem er die alttestamentlichen Propheten und Christus vergleicht: „Wundern wir uns also nicht, daß das Geschenk der Auferstehung ein Eigentum des Herrn genannt wird, auch wenn der Geist einst durch die Propheten wirkte." Der Unterschied zwischen prophetischem und heiligem Geist liegt in der Heiligung, die den Geist zu einem heiligen Geist macht. „Denn eines ist die Wirksamkeit des prophetischen Geistes, ein anderes die Heiligung und Erneuerung, die die irdisch Geborenen als Söhne Gottes aufzeigt." Diese Aussage gilt selbst für den prophetischen Geist, der zuweilen unter den Gläubigen wirkt: „Der Heiligung, die die Sohnschaft Gottes verleiht, folgt auch oft die Prophetie, wenn sie nötig ist; aber der Prophetie wohnt die Wiedergeburt nicht inne, weil er (sc. der prophetische Geist) noch nicht heiliger Geist ist." Da die Prophetie ein Geschehen nur für die Zukunft ankündigt, fehlt ihr die Erfüllung; indem Heiligung nur geweissagt wird, steht sie als Wirklichkeit noch aus, und insofern ist der Geist, durch den Weissagung geschieht, noch nicht heiliger Geist. Apollinaris reflektiert nun noch darüber, wie sich Geist und heiliger Geist zueinander verhalten, da ja irgendeine Form der Identität zwischen ihnen bestehen muß, insofern beide von Gott kommen. Der Unterschied liege in der Wirksamkeit, nicht in der Hypostase des Geistes. Apollinaris interpretiert den Satz Joh. 7,39, wo gesagt wird: „Denn der Geist war noch nicht, da Jesus noch nicht verherrlicht war" (ουπω γάρ ήν πνεύμα, δτι Ίησοϋς ούδέπω έδοξάσθη). Zu erklären ist das οΰπω ήν πνεύμα: „Er
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(sc. Johannes) bezieht dies nicht auf die Hypostase, sondern auf die Wirksamkeit; denn der Geist wirkte noch nicht in den Jüngern. Da er also nicht über die Hypostase des Geistes sagte, sie sei noch nicht — sie existierte ja schon —, so sagte er es über die Gnade, die über die Apostel kommen wird und durch sie auf die übrigen (sc. Menschen). Denn er (sc. der heilige Geist) war noch nicht, weil die Gnade wegen der Schlechtigkeit der Empfänger meist eine Verringerung erfuhr." 1 Damit berührt Apollinaris die Trinitätslehre. Übersetzen wir ΰπόστασις als Person — der Wesensgrund eines für sich Seienden, der nicht vergeht 2 •—, so ergibt sich, daß die trinitarische Person des Geistes schon ist, auch wenn ihr noch die ένέργεια fehlt. In anderer Begrifflichkeit, die das Gemeinte deutlicher macht: Das Wesen ist schon vor seiner Erscheinung, die Erscheinung gehört aber zum Wesen hinzu, da sie die ένέργεια des Wesens ist. Wenn die ένέργεια jedoch auf die Seite der Erscheinung gehört, dann verwirklicht sich das Wesen auch erst in seiner Erscheinung, ένέργεια bedeutet ja Wirksamkeit als Vollzug. Der Gedanke einer „Wiederbringung aller" (άποκατάστασις πάντων) wird dadurch unabweislich; denn die ύπόστασις des Geistes ist ohne ihre ένέργεια nicht zu denken 3 . Zur weiteren Erläuterung müssen wir auf die Pseudonymen Schriften des Apollinaris zurückgreifen. Das Wirken des Geistes als der dritten trinitarischen Person wird von Apollinaris durchweg in der Heiligung gesehen 4 . In § 4 der KM Ρ erklärt er die Trinität ganz in Übereinstimmung mit der Catene zu Joh. 7,39—44. Hier heißt es nämlich, daß Gott nur durch den Sohn erkannt wird, weil der Sohn die Weisheit Gottes ist. Der Sohn als Weisheit Gottes ist die Gotteserkenntnis, weil Christus als Weisheit Gottes selbst Gott ist. Der Mensch kann Gott aus der Schöpfung oder aus der heiligen Schrift nur durch die Weisheit Gottes, die Christus ist, erkennen. „Es ist aber unmöglich, zum Sohn zu kommen ohne den Geist." (L p. 169,7sq) Das begründet Apollinaris so: „Denn der Geist ist Leben und heilige Gestaltung von allem, und indem Gott diesen durch den Sohn sendet, macht er sich die Schöpfung ähnlich." 6 Lassen wir die 1 Reuss Nr. 37,17—23: ούκ έπΐ τήν ύπόστασιν άναφέρει, άλλ' έπΐ την ένέργειαν ούδέπω γαρ ένήργει έν τοις μαθηταΐς, έπείπερ ούκ αν περί της υποστάσεως του πνεύματος είπεν, δτι οΰπω ήν, (άλλά δηλονότι ήν), περί δέ της χάριτος της έπΐ τούς άποστόλους μελλούσης ίίρχεσθαι καΐ δι' έκείνων έπΐ τούς λοιπούς, έκεϊνο γαρ οΰπω ήν, έπείπερ έν τοις δεχομένοις καΐ τό χάρισμα λαμβάνει καΐ τήν μείωσιν δέχεται πολλάκις δια τήν των λαμβανόντων αύτοκακίαν. 2 Cf. Cat. in N u m . 9 , 1 2 (Devreesse p. 139): Τοΰ μή καθίκεσθαι της Χρίστου υποστάσεως τόν θάνατον στάσις γάρ ύπόστασις τό όστοϋν κατά τό 6νομα. 3 Cf. Cat. in Εζ. 3 7 , 5 — 6 (p. 90a 20—25 Mai): Die Vision beschreibt die zukünftige Auferstehung als άποκατάστασις. 4 Cf. K M P L p . 1 6 9 , 8 . 1 1 . 1 3 s q ; 170,4—7; 176,22; 180,17sq. 2 7 s q ; 181,18—20. 5 L p. 169,8—10: προσελθεϊν δέ άδύνατον τω υίω χωρίς τοΰ πνεύματος· τό πνεύμα γάρ καΐ ή ζωή καΐ ή άγια μόρφωσις των δλων καΐ τοϋτο έκπέμπων ό θεός δι' υίοΰ τήν κτίσιν όμοιοι πρός έαυτόν.
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Frage, wie der Geist die Schöpfung heiligt, offen; das νοερώς des fr. 80 (s. o. S. 181) bedarf ja noch der Erklärung. Gott wird durch Christus erkannt, die Erkenntnis Christi wird durch den Geist bewirkt, wobei Gott den Geist durch Christus sendet. Der Geist ist also mit Christus zusammengedacht; seine Wirklichkeit setzt die Inkarnation (einschließlich Kreuz und Auferstehung) voraus; denn erst nach der Erscheinung des Inkarnierten wird der Geist zum heiligen Geist. In der KMP § 35 wird dies so ausgedrückt: „Einer ist Gott, der Vater, nur Gottheit; Gott ist auch der Sohn, das wahre Ebenbild der einzigen und alleinigen Gottheit, hinsichtlich der Zeugung und der Natur, die er aus dem Vater hat; ein Herr ist der Sohn, ebenso auch der Geist, der die Herrschaft des Sohnes in der geheiligten Schöpfung verbreitet." 1 Bekenntnisartig formuliert: Der Sohn schickt den heiligen Geist2; anders gesagt: Die durch Christus vollzogene Erlösung wird erst durch den heiligen Geist allgemein, d. h. sie wird durch den Geist in dieser Welt erscheinende Wirklichkeit. Denn Christi Erlösungstat besteht in der Heiligung des 'Fleisches', indem er die göttliche Herrlichkeit, d. h. die Gottesherrschaft, in diese Welt hineinträgt; das geschieht dadurch, daß er an seinem Geist, durch den die (gläubigen) Menschen gestaltet werden, teilgibt 3 . Die vollzogene Heiligung, d. h. die Gestaltung nach Gott, ist mit der Gegenwart des Geistes identisch; zugleich ist die Gegenwart des Geistes auch die Gegenwart Christi, da Christus seinem Wesen nach πνεύμα ζωοποιοΰν ist (s. o. S. 150). Durch den Geist gibt Christus das weiter, was er selbst „durch Heiligung erworben" hat4. Zusammenfassend und vorwegnehmend kann man also sagen, daß durch den Geist die Heiligung des 'Fleisches' in der Person Jesu allgemeine Gestaltung der Menschen nach Gott wird. 2. Die christologische Voraussetzung der Soteriologie: Warum mußte Gott Mensch werden? a) Der christologische Ansatz des Athanasius in 'Contra gentes' und 'De incarnatione'. In den Fragmenten 76 und 80 wird die Christologie des Apollinaris soteriologisch begründet. Wenn wir die christologische These des Apollinaris vom inkarnierten Christus ohne menschliche Vernunft verstehen wollen, die in diesen Fragmenten ausgesprochen wird, so müssen wir die in ihnen vorausgesetzte Soteriologie erklären können. Zwei Aussagen werden in diesem Text gemacht: Einerseits wird das Erlösungswerk Christi für sich betrachtet, und andererseits wird die Erlösung der Menschen in ihrem Vollzug beleuchtet. Die erste Aussage ist die Voraus1 3
2 De unione § 9 (L p. 189,8sq). L p. 180,25—181,1· 4 Reuss Nr. 127,1 sq. Cf. Cat. in Joh. 1 7 , 1 0 (Reuss Nr. 127).
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setzung für die zweite. Aus der Darstellung über das Wirken des Geistes ist die Zusammengehörigkeit beider Aussagen deutlich geworden; denn durch den Geist als seinen Geist bewirkt Christus die Erlösung der einzelnen Menschen, die er durch seine Inkarnation, sein Leiden, Sterben und Auferstehen begründet hat. Der Geist macht aus der abstrakten Allgemeinheit der Erlösung der Menschheit die konkrete Allgemeinheit. Da das Wirken des Geistes im Gegensatz zum Wesen des Gesetzes steht, indem der heilige Geist als der Geist Christi eine Erkenntnis des Guten vermittelt, bei der die Gestaltung des Menschen schon mitgedacht ist, so darf davon ausgegangen werden, daß das νοερώς des fr. 80 eben diese durch den Geist vermittelte wirksame Erkenntnis meint. Von hier aus gesehen ist das Erlösungswerk Christi als die Begründung solcher Erkenntnis zu verstehen, so daß der Gedanke: Nicht Annahme einer Vernunft und eines ganzen Menschen, sondern Hinzunahme des 'Fleisches' von der Begründung solcher Erkenntnis her zu denken ist. Das bedeutet, daß der Schlüssel zum Verständnis der Eigenart der apollinaristischen Christologie in seiner Soteriologie zu sehen ist: Die Christologie stellt dar, wie eine Erkenntnis, die den Menschen umgestaltet, begründet wird. Es wird allgemein zugestanden, daß Apollinaris die soteriologischen Voraussetzungen der alexandrinischen Theologie, insbesondere des Athanasius, teilt 1 . Deswegen wird Athanasius zu dem Maßstab erhoben, an dem Apollinaris zu messen ist. Folgen wir dieser Einordnung des Apollinaris par hypothese und sehen wir zu, ob die anerkanntermaßen an der Soteriologie ausgerichtete Christologie des Athanasius einen Zugang zum Verständnis des Apollinaris weist. Deswegen wenden wir uns zunächst Athanasius selbst zu. A. von Harnack hat am konsequentesten die Einheit der Entwicklung, die von Athanasius zu Apollinaris führt, behauptet. Apollinaris ist für ihn der Vollender der auf die Erlösung angelegten Christologie des Athanasius. Uber die Lehre des Apollinaris urteilt er: „Diese Lehre ist, gemessen an den Voraussetzungen und Zielen der griechischen Auffassung vom Christentum als Religion, vollkommen." Er begründet sein Lob damit, daß Apollinaris die Christologie ganz auf den Erlösungsgedanken aufgebaut habe: „Nur diese vollkommene Einheit der Person (sc. Christi) verbürgt die Erlösung des Menschengeschlechts zu göttlichem Leben.. ." 2 Die von Apollinaris vorausgesetzte Erlösungslehre nennt Harnack „physisch", weil sie die Menschheit zum bloßen Objekt der Erlösung mache 3 . 1 Cf. I. A. Dorner, Entwicklungsgeschichte der Lehre von der Person Christi, Bd. I (Berlin 1851 2 ) S. 1 0 7 3 f . ; G. Voisin, L'Apollinarisme S. 59 und 316; Η. M. Gwatkin, Studies in Arianism, Cambridge 1900 2 , S. 2 5 1 ; С. E. Raven, Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 177; ebenfalls die Dogmengeschichten von A. v. Harnack, R. Seeberg und F. Loofs. 2 D G II S. 330. 8 Cf. D G II S. 44—48.
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Die Vergottung der Menschheit unter Aufhebung der menschlichen Subjektivität sei ihr Ziel. R. Seeberg1 wendet sich gegen das überschwängliche Lob Harnacks für Apollinaris, das ja nur relativ gemeint ist, da Harnack den Erlösungsgedanken der griechisch-christlichen Theologie für einen Abfall vom genuinen Christentum hält. Seeberg meint, daß Athanasius mit Recht nicht nur auf die vollständige Gottheit, sondern auch auf die vollständige Menschheit der Person Christi wert lege, da die Erlösung der Menschheit nicht „physisch" zu denken sei, sondern durch die reale Menschwerdung Gottes ein „organischer Zusammenhang" zwischen dem Menschen Jesus und der Menschheit begründet wäre, weil nur eine geschichtliche Person eine geschichtliche Wirkung haben könne2. Er versucht also, den von der „Orthodoxie" gegen Apollinaris geltend gemachten Grundsatz: „Was nicht angenommen ist, ist nicht geheilt" im Sinne der liberalen Theologie zu interpretieren. Den bisher erfolgreichsten Versuch, die Vorstellung zu widerlegen, daß die Inkarnationslehre des Athanasius von einer „physischen" Erlösungslehre getragen sei, hat m. E. A. van Haarlem gemacht3. Er zeigt (Kap. I), daß das Urteil von A. Ritsehl und von Harnack, die griechisch-christliche Erlösungslehre sei „physisch" und nicht „ethisch", von dem Gegensatz zwischen Erlösung und Versöhnung abhängt. Erlösung und Versöhnung seien jedoch keine Begriffe, die einander ausschließen müßten, wie es vor allem E. Brunner in seiner Kritik an der liberalen Theologie gezeigt habe. Nach der von Brunner übernommenen Klärung des Versöhnungsbegriffs legt er in sehr ausführlicher Interpretation des Athanasius dar, daß in dessen Inkarnationslehre der Begriff der Erlösung auch die Versöhnung umfaßt4. Zu diesem Ergebnis kommt v. Haarlem, weil er, ältere Arbeiten (vor allem L. Bouyer) aufgreifend, nachweist, daß der Logos sich nach Athanasius' Lehre in einem vollständigen und individuellen Menschen inkarniert hat. Aber jetzt wird die Frage brennend, wie dann zu verstehen ist, daß durch das Erscheinen Christi, durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung, die Erlösung geschehen ist. Denn die abgeschlossene Allgemeinheit der Erlösung durch das Christusgeschehen hatte ja Harnack veranlaßt, die athanasianische Erlösungslehre als „physisch" zu charakterisieren. Und dieses Moment ist zweifellos richtig von Harnack beobachtet worden, nur mag zweifelhaft bleiben, ob man es „physisch" nennen muß. A. v. Haarlem antwortet, daß Christus der Repräsentant der Menschheit sei. Im Gegensatz zu Dorners Interpretation sei dieser Begriff jedoch von Athanasius nicht im platonischen Sinne gemeint, sondern biblisch zu verstehen6. Aber diese Entgegensetzung von platonisch und 1 3 4
2 Cf. D G II S. 82. Cf. D G II S. 185 Anm. 1. Incarnatie en verlossing bij Athanasius, Wageningen 1961. 6 Cf. S. 82f. Kap. IV 3, bes. S. 192.
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biblisch wird nicht begründet. Denn v. Haarlem begnügt sich damit, die biblische Form der Rede bei Athanasius aufzuzeigen, ohne seinen Verstehenshorizont kritisch zu untersuchen. Zwar sage Athanasius, daß die Erlösung dadurch geschehen sei, daß Christus, weil er uns Menschen gleich war, die Menschheit mit Gott verbunden habe. „Verleer dan aan het Platonisme moet men hier denken aan het bijbels getuigenis. Jezus Christus is de representant der mensheid. Hij is het hoofd der verloste mensheid, zoals Adam de schuldig geworden mensheid vertegenwoordigt." Zu denken sei an 2.Kor. 5,15 und l.Kor. 15,21 sqq. „In dit licht moet wat in het voorafgaande hoofdstuk gezegd is over de Zoon Gods, die door het geüjksoortige met allen verbonden was en die daarom allen met onvergankelijkheid heeft bekleed, worden verstaan." 1 Platonische Reminiszenzen könnten den biblischen Hintergrund als Verstehenshorizont nicht aufheben. Nicht mechanisch seien die Menschen mit Unsterblichkeit bekleidet worden. „Men кап wel zeggen, dat door de incarnatie in principe aan het menselijk geslacht de onvergankelijkheid is teruggeschonken. Maar dat is iets anders dan te teggen, dat de verlossing zieh automatisch voltrekt, op de wijze van een 'Naturprozess'." 2 Er meint also, daß die Menschheit „im Prinzip" die Unsterblichkeit zurückerhalten habe, und begründet das dadurch, daß die Verkündigung der christlichen Kirche die ganze Welt erfülle 3 . „Die Verkündigung schafft neue Menschen. Daran ist nichts Physisches oder Mechanisches. Es sind ethische Kategorien. Dasselbe gilt von der Gotteserkenntnis, die durch die Inkarnation erneuert oder hergestellt wird. Jesus Christus, der Sohn Gottes, vermittelt uns die Erkenntnis des Vaters. Auch das ist ein ethisches Moment." Denn: „Die Erlösung wird uns durch die Verkündigung und den Glauben zuteil." 4 Damit hat v. Haarlem m. E. den richtigen Weg eingeschlagen, indem er die Erneuerung der Gotteserkenntnis als das alleinige Ziel der Inkarnation des Logos herausstellt und so über Camelot hinausführt 5 . In einem Abschnitt über die Auferstehungslehre von 'De incarnatione' zeigt v. Haarlem endgültig, daß die Gotteserkenntnis das zentrale Thema bei Athanasius ist. Er schreibt: „Nach diesen Ausführungen im Anfang von Kap. 30 (sc. von 'De incarnatione') hat die Auferstehung Christi lediglich eine demonstrative Bedeutung. Die Auferstehung bringt nichts Neues zustande. Sie überzeugt uns nur davon, daß die Macht der Ver1
2 S. 82. S. 83. S. 83 unter Berufung auf De inc. 48. 4 S. 83 in eigener Übersetzung. Cf. L. Bouyer, L'Incarnation et l'Eglise-Corps du Christ dans la thdologie de s. Athanase, Paris 1943, S. 37f. und 41. 5 Cf. S. 84; P. Th. Camelot, Athanase d'Alexandrie, Contre les paiens et sur l'incarnation du Verbe, traduction et notes, Sources Chritiennes 18 (Paris 1947) sprach S. 90 vom dreifachen Ziel der Inkarnation nach dem Verständnis des Athanasius. 3
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gängüchkeit durch das Opfer Christi gebrochen ist." 1 Diese Zusammenfassung ist deswegen nur zum Teil richtig, weil zwei Fragen nicht scharf genug gesehen wurden: 1. Wie verhalten sich die Gotteserkenntnis, die durch das Christusgeschehen hergestellt wurde, und die Verkündigung zueinander? 2. Kann man die „demonstrative Bedeutung" der Auferstehung auf das Konto des Apologeten Athanasius abschieben, mit dem der Christ Athanasius nicht wesentlich verbunden ist? 2 Wenn die auf Erneuerung und Begründung der Gotteserkenntnis gerichtete Funktion der Inkarnation nur durch die Art und Absicht der Frühschrift 'De incarnatione' bestimmt ist, dann kann man sie mit v. Haarlem als formales Problem aus der theologischen Betrachtung ausschließen. Aber schon Harnack hat gezeigt, daß „göttliches Leben" in der alexandrinischen Theologie mit der „ewigen Anschauung Gottes" identisch ist3. Deswegen hängt das Verständnis des Athanasius an der Beantwortung der Frage, wie die Anschauung oder Erkenntnis Gottes Unsterblichkeit bewirken kann. 'Contra gentes', das Athanasius in 'De incarnatione' voraussetzt 4 , beginnt mit der fundamentalen Behauptung: „Die Schlechtigkeit war nicht von Anfang an." Athanasius begründet diesen Gedanken nicht durch eine Spekulation, sondern durch die gegenwärtige christliche Erfahrung: „Denn sie ist auch jetzt nicht in den Heiligen und ist bei ihnen überhaupt nicht existent." 6 Folglich ist die Schlechtigkeit eine Erfindung der Menschen. Die Folgerung ist von den Voraussetzungen der klassischen Philosophie her durchaus schlüssig. Denn was jetzt nicht ist, ist auch nicht von Anfang an, d. h. ist nicht von Ewigkeit her. Ihm kommt das Sein im eigentlichen Sinne nicht zu, da es in der Zeit erst entstanden ist. Dieser Gedankengang, der das bedingte Sein der Schlechtigkeit aufzeigen soll, kann deswegen nicht auch auf das, was im Raum der Kirche erfahren wird, angewandt werden, weil die im Bereich der Kirche erfahrene Wirklichkeit als das Gute erfahren wird und gleichzeitig das Übel als Verkehrung des Guten verstehbar macht. Das Gute aber ist mit Gott identisch, wenn der GottesbegrifF überhaupt sinnvoll sein soll. Was die Menschen taten, indem sie die Schlechtigkeit erfanden, illustriert Athanasius an dem heidnischen Götzenkult: Das Nichtseiende wird für Seiendes gehalten®. Erst jetzt beginnt Athanasius mit der theologischen Reflexion, die die Erfahrung deuten und bewußt machen soll, indem er die Wirklichkeit von Gott her erklärt. Gott schuf den Menschen auf Grund seines Gutseins — cf. Piaton, Tim. 29 e: Das Gute neidet niemandem das 1 8 6
S. 95 in eigener Ubersetzung. Cf. DG II S. 45. Cap. 2 (MPG25, 5 С).
2 So S. 96. * Cf. De inc. 1,3. « 5 С 5—8.
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Sein — und setzte die Teilhabe an seiner Ewigkeit als die Bestimmung des Menschen. Durch die Erkenntnis des Seienden, also die Erkenntnis Gottes, sollte der Mensch die Erfüllung seiner Bestimmung haben, sorglos und glücklich, weil unsterblich, lebend 1 . Ob Athanasius meint, daß der erste Mensch, Adam, tatsächlich in der Erfüllung seiner Bestimmung lebte, läßt sich nur indirekt feststellen. In 'De incarnatione' behauptet er, die Erkenntnis Gottes aus dem Rückschluß von der Schöpfung auf ihren Schöpfer sei immer schon zu schwach gewesen, um den Menschen vor dem Verlust dieser Erkenntnis zu bewahren (s. u. S. 195). Den Sündenfall beschreibt Athanasius als ein irrationales Faktum, indem er sagt: „Da die Menschen das Bessere verachteten und die Schau von diesem (sc. dem Seienden) leid waren, suchten sie das, was ihnen näher war." 2 Diese mythische Metapher deutet er dann konkret: „Näher aber war ihnen der Körper und seine Empfindungen." Der Körper und seine Empfindungen sind aber nicht dualistisch gemeint als das, was Gott feindlich gegenübersteht, wie aus dem nächsten Satz hervorgeht: „Weil sie ihr Erkenntnisvermögen von dem Intelligiblen abwandten, begannen sie sich selbst zu betrachten" Athanasius bringt also den Körper und seine Empfindungen in eine Beziehung zu dem Selbst des Menschen: „Indem sie sich selbst erkennend betrachteten, wurden sie des Körpers und der anderen sinnlich wahrnehmbaren Dinge gewahr, und wie sie sich über sich selbst täuschten, verfielen sie der Begierde nach sich selbst, sich selbst der Schau auf das Göttliche vorziehend." 3 Der Körper und seine Empfindungen werden im Wechsel mit dem Selbst des Menschen gebraucht, allerdings einem Selbst, das sich über sein Wesen getäuscht hat (ώς έν ιδίοις άπατώμενοι). Denn dadurch, daß die Schau Gottes verachtet wurde, gewannen die Empfindungen des Körpers sofort Macht über das Selbst (ψυχή) des Menschen, so daß die Gotteserkenntnis als Kraft, den Menschen zu gestalten, verlorenging 4 . Der Mensch verlor sich an die einzelnen Empfindungen, die Affekte, in deren Befriedigung er die Erfüllung seiner Bestimmung fälschlicherweise suchte 5 . Und dieses Streben wurde schließlich zu einer festen Haltung (εξις), einem Zustand, der den Menschen bestimmte®. Wäre die von Gott gesetzte Bestimmung des Menschen von Adam verwirklicht worden, indem sie zu seiner εξις geworden wäre, dann hätte sie auch nicht verlorengehen können; aus dieser Umkehrung muß man m. E. schließen, daß sie eine noch zu verwirklichende Bestimmung geblieben ist! 1
2 Cf. 5C 8 — D 7. Cap. 3 (8C 1—3). Cap. 3 (8C3—10). Cf. L. Bouyer, a.a.O., S. 39: "Le bonheur de l'homme ne peut se trouver s'il devient la fin de son action, car l'etre de l'homme n'a pas de valeur эёрагё de l'etre de Dieu, ä dire vrai dans cette sdparation il n'est exactement rien." 5 * Cap. 3 (8 С 10—15). Cap. 3 (9A 5—8). · Cap. 3 (9A 8—10). 8
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Müblenberg, Apollinaris
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Der Zustand des Menschen, der die Erfüllung seiner Bestimmung in sich selbst statt in Gott sucht, ist nicht die erstrebte Glückseligkeit, da das einzelne, dessen er habhaft zu werden strebt, dem Vergehen unterliegt. Der Zustand des sündigen Menschen ist deswegen in Wahrheit die Angst (φόβος), weil er das Vergehen dessen, wonach er sich gestalten will, fürchten muß 1 . Im Tode, der Trennung vom Körper, wird dieser Zustand des φόβος besiegelt und erhält Endgültigkeit, so daß die Seele ewige Strafe erleidet, weil das Selbst des Menschen bei der Trennung vom Körper seine Existenz nicht verliert. Der Abfall von Gott wurde möglich, weil sich der Mensch in der Abwendung von Gott seiner selbst als eines noch ungestalteten Wesens bewußt wurde 2 . Die Affekte, deren er dabei gewahr wird, erheischen Gestaltung; da, wie Athanasius sagt, es das Naheliegendste war, suchten sie selbst nach ihrer Befriedigung. Das Gute, auf das der Mensch angelegt ist, wird also statt in Gott im Menschen selbst erstrebt, und damit hebt der Mensch das Nicht-Seiende zum Seienden, was in Wirklichkeit eine Täuschung ist; denn Sein hat das Selbst des Menschen nur durch die Teilhabe an Gott, nicht aber aus sich selbst. Das Schlechte wird also nicht als Schlechtes begehrt, sondern deswegen, weil ihm der Schein des Guten verliehen wird. „Und indem sie (sc. die Seele) ihre Freiheit zur Selbstgestaltung erkennt, sieht sie, daß sie die Glieder des Körpers in zweifacher Weise benutzen kann: in Richtung auf das Seiende und auf das Nicht-Seiende." 3 Der Mensch verkennt seine Angewiesenheit auf Gott, indem er das Naheliegende, d. h. sich selbst, zum Urbild der Gestaltung seiner selbst macht und so das für sich Nicht-Seiende zum Sein erhebt. In der Gestaltung nach dem Guten hätten die Affekte eine Betätigung gefunden, die durch den Tod nicht zunichte gemacht wird, da der Mensch das Gute als Seinsgrund seines Selbst in sich aufgenommen hätte. Athanasius beschreibt im einzelnen, wie die Seelenkräfte zu ihrer Entfaltung kommen, wenn sie durch das Gute geformt sind, und wie sie in unerfülltem Befriedigungsdrang auf immer Neues verfallen, wenn sie sich verselbständigen und über den Menschen herrschen 4 . Dämonen werden als Ersatzgötter erfunden, die das Vergängliche sichern sollen, so daß schließlich die ganze Welt dämonisiert war und nicht mehr als Schöpfung Gottes erkannt wurde 6 . Nur wenn der Bannkreis des Todesverhängnisses, die φθορά, aufgehoben wird, kann die Gotteserkenntnis, die dem Menschen die Gestaltung durch das Gute ermöglicht, wieder hergestellt werden 6 . 1
2 Cap. 3 (9 A 10—15). Cf. cap. 4. 4 Cap. 4 (9С 8—11). Cf. cap. 4 (9C 15) bis cap. 5. 5 Cf. De inc. cap. 11. Ich schließe die Inkarnationslehre an die vorherige Darstellung in der Form an, wie sie sich cap. l l s q q findet, nach dem Neueinsatz des Athanasius. • De inc. 13,8. 3
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Ein Mensch konnte die Gotteserkenntnis gegenüber der Dämonisierung der Welt nicht neu begründen, da er als Mensch immer schon sich von Gott abgewandt hatte und dem Trug der Gestaltung aus sich selbst verfallen war 1 . Außerdem war die Schöpfung als Hinweis auf Gott als ihren Schöpfer nicht geeignet, die Gotteserkenntnis zu erneuern; denn sie war ja als ursprüngliche Vermittlung der Gotteserkenntnis gesetzt, hatte aber den Abfall des Menschen von Gott nicht verhindern können 2 . Deswegen mußte Gott — Athanasius geht über zu dem göttlichen Logos, ohne das näher zu begründen — sich in neuer Weise den Menschen offenbaren. Athanasius gebraucht hier ein Bild, das sich direkt auf die ersten Kapitel von 'Contra gentes' bezieht: Die Menschen blickten nach unten statt nach oben; also mußte sich Gott dort, wohin der Mensch blickt, offenbaren, das ist in einem einzelnen Körper. Denn das Nicht-Sein des Körpers mußte als Nicht-Sein manifest werden, insofern er nur von Gott sein Sein erhalten kann. Aus der Schöpfung konnte Gott nur erkannt werden, wenn man das Ganze der Schöpfung erfaßte und aus der Harmonie des Ganzen auf Gott als den Ordner und Begründer Schloß. Das Ganze war jedoch aus dem Blick gekommen, weil die Menschen ihren Körper, ein einzelnes für sich Seiendes, schon für das Sein hielten. Wenn also offenbar wurde, daß der einzelne menschliche Körper nur aus Gott Sein haben kann, dann konnte das Sein, das der Mensch seinem Selbst zusprach, als Schein entlarvt und zugleich die Angewiesenheit auf Gott erkannt werden. Die Abhängigkeit aller einzelnen Dinge dieser Welt war vor der Menschwerdung Gottes nur auf indirekte Weise erfaßbar, nämlich insofern gesehen wurde, wie das einzelne sich in den Kosmos einfügte und durch den ihm zugewiesenen Ort eine sinnvolle Funktion hatte. Darüber hinaus ist der Mensch von der übrigen Schöpfung unterschieden, daß er an Gottes Ewigkeit teilhaben sollte, und folglich seine Bestimmung sich auch nur in der Teilhabe an Gott erfüllt. Verfehlt er diese Bestimmung, dann steht er äußerlich gesehen auf der Stufe des Tieres, in Wirklichkeit aber noch darunter, weil er sich seiner Todesverfallenheit bewußt ist3. Durch die Inkarnation kam der göttliche Logos konkret in einen einzelnen Körper, den menschlichen, weil die Dämonisierung der Welt von der Täuschung über die menschliche Bestimmung ihren Ausgang genommen hatte, und so erschien in dem Menschen Jesus die menschliche Bestimmung als eine erfüllte 4 . Durch die Werke des vom Logos ange1
D e ine. 14,3. 3 D e inc. 14,5—7. Cf. D e inc. 6,1. 4 D e inc. 1 4 , 7 s q : Πώς οδν άν έγεγόνει τοϋτο; ϊσως &ν τις είποι βτι έξδν ήν διά των αυτών, ώστε πάλιν διά τών της κτίσεως έργων τά περί αύτοϋ δεΐξαι. άλλ' ούκ ήν άσφαλές 2τι τοϋτο. ούχΐ γε· παρεΐδον γάρ τοϋτο πρότερον οί άνθρωποι, καΐ ούκέτι μέν άνω, κάτω δέ τούς οφθαλμούς έσχήκασιν. "Οθεν είκότως άνθρώπους θέλων ώφελησαι, ώς άνθρωπος έπιδημεΐ, λαμβάνων έαυτω σώμα δμοιον έκείνοις, και έκ τών κάτω — λέγω δή διά τών 2
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nommenen Körpers, der als beseelter, weil die Affekte ihm inhärieren, und zugleich als Mensch gedacht ist, weil der Körper des von der Gotteserkenntnis entleerten Menschen das Selbst des Menschen ist, insofern er für sich scheinbar ein Seiendes ist 1 , wird durch den Vergleich mit dem Vorfindüchen erkannt, daß hier in Jesus das Gute anwesend ist und also in ihm Gott ist 2 . Der Tod Jesu am Kreuz bedeutet in diesem Zusammenhang die bloße Voraussetzung für die Auferstehung, auch wenn Athanasius in biblischer Terminologie davon spricht, daß Jesus stellvertretend für die Menschen das Gesetz, das für die Sünde den Tod forderte, erfüllte 3 . Denn abgeschafft ist das Todesverhängnis erst durch die Auferstehung 4 . Die Auferstehung ist der Beweis dafür, daß in diesem Körper, d. h. Menschen, eine Kraft wirkt, die über das Todesverhängnis hinaus ist, so daß sichtbar wird, daß in der Gestaltung durch diese Kraft die wahre Erfüllung erreicht wird (όμοίωσις)8. b) Apollinaris als Schüler des Athanasius Der Zugang zu den christologischen Voraussetzungen der Soteriologie des Apollinaris wird am besten durch eine kritische Besprechung des Buches von R. A. Norris, Manhood and Christ, Oxford 1963, gewonnen. Norris' Thema ist eine Darstellung der Christologie Theodor von Mopsuestia. Ihre Eigenart erklärt er aus einer neuen Fassung der Anthropologie, neu gegenüber der spätantiken Philosophie und neu gegenüber Apollinaris von Laodicea, in dem Theodor seinen eigentlichen Gegner sah. In dem Abschnitt über Apollinaris zeigt er also, daß auch bei ihm die Prämissen seiner Christologie in seiner Anthropologie zu suchen sind und τοϋ σώματος έργων — ίνα ot μή θελήσαντες αύτδν γνώναι έκ της εις τά δλα προνοίας καΐ ήγεμονίας αύτοϋ, καν έκ των δι' αύτοϋ τοϋ σώματος έργων γνώσωνται τόν έν τω σώματι τοϋ &εοϋ Λόγου, καΐ δι' αύτοϋ τ6ν Πατέρα. 1 So ist ш. Ε. die Frage zu lösen, ob Jesus eine menschliche Seele hatte. 2 3 Cf. De inc. 15. Cf. De inc. 8 u. 9. * Cf. De inc. 8,4. 6 Cf. auch C. Ar. II 691 L. Bouyer, L'Incarnation et l'Eglise-Corps du Christ dans la thiologie de s. Athanase, Paris 1943, bringt gegen den Gedanken, daß die Erkenntnis das Ziel der Inkarnation sei, zwei Einwände vor: 1. "Cependant deux remarques s'impose: La ргегшёге est que cette connaissance n'estpas en elle-meme le but de l'incarnation, mais une dtape vers се but, ou, si l'on pr6fere, un dldment de sa rialisation" (S. 86). 2. "En second lieu, l'image divine, quoique subsistant dans le monde sous nous yeux, ne nous у dtait plus accessible dfcs lors qu'elle n'6tait plus aussi en nous; il faut done en conclure que l'incarnation du Verbe nous la rend accessible en J6sus en la rendant au moins potentiellement prdsente en nous memes" (S. 86 f.). Daraus folgert er, daß wir Menschen in der Menschheit Christi irgendwie miteingeschlossen sein müssen (S. 87—90). Wenn aber Erkenntnis im platonischen Sinne verstanden wird, so daß der Gotteserkenntnis das Handeln innewohnt, entfallen diese Einwände gegen De inc. 14.
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zwar in dem Sinne, daß die christologischen Formeln von den anthropologischen Formeln abhängig seien. Diese Methode führt bei Norris dazu, daß er zwar die Parallelität von Christi (des Inkarnierten) Natur und der menschlichen Natur aufzeigen kann, aber die Bedeutung des menschgewordenen Logos für die Menschheit mißversteht. Zu der Behauptung, daß Christus, nach der Lehre des Apollinaris, keinen menschlichen Willen haben könne, schreibt er: "Finally, and most significantly, Apollinaris argues from the moral relation between flesh and spirit in human nature, in order to demonstrate that the redemption of mankind in Christ could only have taken place by means of the replacement of human by divine Spirit in the Incarnation." (S. 115) Mit Recht fährt er fort: "Here we enter into the sphere of soteriology." Vor allem aus fr. 76, dessen Erklärung das Ziel unserer Darstellung ist (s. o. S. 180), will er seinen Gedanken belegen, daß der Grund für Apollinaris' Leugnung einer menschlichen Vernunft für die Person des inkarnierten Christus in seiner Anthropologie zu finden sei1. Denn die menschliche Vernunft sei unfähig gewesen, die Affekte unter ihre Kontrolle zu bringen (S. 115f.). Aber nicht nur unfähig: "On the contrary, it is itself, through its constitutional weakness, rendered subject to the passions of the flesh which it ought to govern." (S. 116) Die christologische Konsequenz, die sich daraus ergibt, ist die Behauptung, daß Christus statt einer menschlichen und geschaffenen Vernunft die göttliche Vernunft in sich hatte. "Hence the job of redemption, of sanctifying the flesh by bringing it into natural obedience to spirit, must be accomplished by the work of the divine Logos himself, who is exempt from that weakness and mutability which renders the human soul powerless in its conflict with the carnal passions." (S. 116) Die anthropologischen Voraussetzungen der Christologie, also der Zusammenhang zwischen Sünde, Freiheit und Erlösung, werden von Norris noch weiter präzisiert. Der hinreichende Grund für die Sünde seien die Affekte des Körpers, die notwendige Ursache dagegen die Wandelbarkeit der menschlichen Vernunft. Da die Wandelbarkeit der menschlichen Vernunft eine ihrer Natur innewohnende Schwachheit sei, sei die Sünde, obwohl ein Akt des freien Willens, ein naturbedingtes Faktum. "It remains nevertheless that the essential condition of this sin in man is an involuntary weakness: the indetermination of his rational nature which stems from his constitution as a creature." (S. 116) Wir haben aber gesehen, daß der Mensch darin einen Vorzug vor der übrigen Schöpfung besitzt, daß er noch unbestimmt ist, weil er allein die Möglichkeit hat, über den Status eines vergänglichen Geschöpfes hinauszugelangen, wenn er sich durch das Gute gestaltet. Deswegen ist es falsch, wenn Norris sagt, daß die menschliche Vernunft an sich niemals die Ursache 1
Außerdem verweist er auf fr. 22 und Anakephalaiosis lOsq; 29.
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der Sünde sei 1 ; vielmehr ginge die Sünde von denAffekten aus 2 . Aber die Sünde entsteht ja nur, wenn der Mensch sich nicht durch das Gute gestaltet; dann ergreifen die Affekte Besitz von ihm. Warum das geschieht, das ist nicht eine Folge seiner Natur, sondern ein irrationales Faktum, das der Ausgangspunkt der Betrachtung ist. Die christologische Konsequenz faßt Norris, gemäß seiner Interpretation, so zusammen: "It is for this reason that the redemption requires the incarnation of a Spirit which is righteous simply in virtue of its natural constitution, φύσει δίκαιος3; why, for Apollinaris, the fundamental and all-important difference between Christ and ordinary men lies in the fact that his is a rationality 'which is incapable of being overcome by psychic and carnal affections (παθήματα)'." 4 Das ist eine Paraphrase von fr. 76. Eine solche Position führt Norris auf den Dualismus zurück, den Apollinaris zwischen dem geistigen und dem materiellen Element in der Konstitution des Menschen behaupte. Und dabei verwickle sich Apollinaris in den Widerspruch, daß er einerseits das 'Fleisch' als passiv und gehorsam, weil es Gottes Schöpfung sei, darstelle, andererseits als die Ursache der Sünde (S. 117). Die gleiche Unausgeglichenheit begegne, wenn man seine Lehre von der menschlichen Freiheit betrachte: Einesteils strebe die menschliche Vernunft von Natur aus nach dem Guten, andererseits bestehe ihre Freiheit in der Veränderlichkeit, so daß aus Schwachheit, sich von dem natürlichen Streben nach dem Guten führen zu lassen, sie den Affekten folge (S. 118). Deswegen sei es nicht folgerichtig, ein Zusammenwirken zwischen Gott und Mensch aüszuschließen (S. 119). Zu diesem Schluß kann Norris nur kommen, weil er das natürliche Streben der menschlichen Vernunft nach dem Guten mit dem Streben nach Gott identifiziert und sogar meint, daß die menschliche Vernunft wegen dieses Strebens im Grunde von Gott und göttlich sei. "By its very nature, the human spirit is drawn towards conformity with the divine purposes: it is, after all, in a special sense, 'from God'." (S. 118) Wie wir schon gesehen haben, ist das Streben nach dem Guten insofern noch kein Streben nach Gott, als dabei die Erkenntnis vorausgesetzt wird, daß das Gute mit Gott allein identisch ist; eben diese Erkenntnis ist dem Menschen aber durch das Vergessen verlorengegangen, so daß er das Gute am falschen Ort sucht, in der Befriedigung der Affekte durch sich selbst. Schließlich versucht Norris die Brüchigkeit der apollinaristischen Anthropologie, die seine Christologie rechtfertigen soll, an seiner Lehre von der Gnade aufzuweisen. Die Gnade „führe" nur den Menschen (S. 119f.); in Wirklichkeit verschaffe sich der Mensch seine 1
"The spirit is never, in and of itself, the source of the impulse to sin" (S. 116). "Rather, it is brought to consent, through ignorance and through its constitutional variability, to the promptings and urgencies of the flesh" (S. 116f.). 3 Verweis auf Anakephalaiosis 25. 4 S. 117 (Verweis auf KMP § 30). 2
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Erlösung selbst: "By its own powers and inclinations it brings itself into accord with the character of divine Spirit." (S. 120) Denn Apollinaris sage in fr. 74: "It 'assimilates itself' to the divine νοϋς." Nun kann Norris aber nicht übersehen, daß die Aktion der menschlichen Vernunft, sich selbst zu heiligen, von der Erlösung durch Christus abhängt. "To be sure, this self-assimilation of the human soul to the Logos does not and cannot take place apart from the sanctification of the flesh through participation in the divinized flesh of the Logos." (S. 119) Unter Berufung auf fr. 80 faßt er die Erlösungslehre des Apollinaris so zusammen: "The link between the Savior and the spirits of the redeemed is the voluntary action of the free human will, freed from the enslaving power of a rebellious flesh, and thus made capable of moving and acting in accordance with its own nature and heavenly origin". (S. 120) Deswegen vertrete Apollinaris also im Grunde eine pelagianische Gnadenlehre, weil der göttliche Ursprung der menschlichen Seele „am Ende triumphiere" (S. 121). Die Erlösung wäre demnach einerseits ein „physikalisch-chemischer Prozeß" im Sinne Harnacks, andererseits eine freie Tat des Menschen. Denn wie soll man sonst Norris verstehen, wenn er sagt, daß durch die Unterwerfung der Affekte des Körpers, den Christus bei seiner Inkarnation angenommen hat, die menschliche Vernunft allgemein von der „versklavenden Macht" der Affekte befreit ist 1 ? Hier liegt die von Harnack so pointiert aufgezeigte Crux: Soll man die Erlösungslehre des Apollinaris und damit die von ihr als notwendig vorausgesetzte Christologie verstehen — und verstehen heißt, in ihr eine sinnvolle Wahrheit sehen —, dann muß geklärt werden, wie durch die Überwindung der Affekte in dem von Christus angenommenen Körper auch die anderen Menschen von der Herrschaft der Affekte befreit sind! Wenn man voraussetzen darf, daß die athanasianische Christologie und Erlösungslehre in ihren Grundzügen den Hintergrund der Lehre des Apollinaris abgibt, dann wäre die Vermittlung der Gotteserkenntnis das Thema, von dem Apollinaris ausgeht; die Inkarnation Christi als die Vermittlung der Gotteserkenntnis verstanden würde all die Schwierigkeiten lösen, die Norris als Inkonsequenzen bei Apollinaris aufzeigt. Erstens wäre dann der Körper mit seinen Affekten nicht die Ursache der Sünde, sondern der Irrtum des Menschen über das, was das Gute ist. Zweitens wäre die menschliche Vernunft nicht wegen ihres natürlichen Strebens nach dem Guten schon göttlich, sondern erst durch die Erkenntnis dessen, was das wahrhaft Gute ist, und die daraus folgende Ausrichtung auf Gott würde ihr teilgeben an der ewigen Glückseligkeit Gottes. Und drittens würde verständlich, wie durch den einen wahren Menschen Jesus alle anderen Menschen erlöst sind, weil durch 1
Riedmatten, auf den Norris hier verweist, setzt an diese Stelle die Eucharistie als Vermittlung; s. o. S. 23.
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ihn eine Erkenntnis Gottes als des Guten vermittelt wird, die die Kraft hat, den Menschen umzugestalten. Das Fragment 76 unterscheidet zwischen άνάληψις und πρόσληψις. Die Erlösung der Menschheit könne nicht durch die Annahme (άνάληψις) einer Vernunft und eines ganzen Menschen, sondern nur durch die Hinzunahme (πρόσληψις) eines beseelten Körpers (σάρξ) geschehen. Diese Unterscheidung ist ungewöhnlich; sie findet sich in der ganzen Tradition nicht. Und Gregor von Nyssa macht darauf aufmerksam, daß sie sowohl dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch dem der Bibel widerspreche 1 . Wie Apollinaris hat auch sein Schüler Vitalis in seinem Gespräch mit Epiphanius auf der Unterscheidung von άναλαμβάνειν und λαμβάνειν bebestanden; Epiphanius führt noch andere Stellen als Gregor an, die die Gleichheit beider Verben in der Bibel bezeugen 2 . Wichtig ist, daß Vitalis nach dem Bericht des Epiphanius sich auf Ps. 146,6 (άναλαμβάνων πραεΐς ό κύριος) berufen hat. Aber der Sinn der Trennung von άναλαμβάνειν und προσλαμβάνειν wird erst aus dem Leontiustext der KMP §§ 27—31 deutlich3. Im Gegensatz zur pseudepigraphischen Überlieferung des Textes hält sich der Leontiustext daran, daß die beiden Verben nicht den gleichen Sachverhalt bezeichnen4. Gottes Sohn ist wahrhaft Mensch geworden, προσλαβόντα σάρκα έκ Μαρίας παρθένου6. Das entspricht dem betonten Sprachgebrauch in fr. 76. In § 30 lesen wir: „. . . deswegen legen wir ein Bekenntnis des eben dargestellten Glaubens ab, indem wir dem unchristlichen Widerspruch und seiner schön klingenden Redensart: 'Der, der einen ganzen Menschen annahm, war Gott' ausmerzen."® Apollinaris begründet die Unchristlichkeit dieser „schönen Redensart" damit, daß er auf die Sündhaftigkeit jedes Menschen hinweist: „Während ein ganzer Mensch nach der Schrift in diesem Leben von der Sünde nicht rein ist. . Dann verläßt er den biblischen Sprachgebrauch und führt in seinen eigenen Begriffen aus, warum jeder Mensch sündhaft ist: „. . . während er seine eigenen Willenskräfte nicht mit dem göttlichen Willen in Einklang bringen kann und deswegen nicht frei ist vom Todesverhängnis, hat Gott, sich mit einem menschlichen beseelten Körper verbindend, einen reinen Willen, da er eine Vernunft ist, die den seelischen und fleischlichen Affekten nicht unterworfen ist und den beseelten Körper und seine Affekte göttlich und sündlos leitet, nicht nur dem Tode nicht unterlegen, sondern 1 J p. 193,11—25 mit Verweis auf Ps. 72,24 und 77,70, wo die beiden Verben προσλαμβάνειν und άναλαμβάνειν, obwohl im gleichen Sinne gemeint, wechseln. Η. M. Diepen geht in seinen Darstellungen des 'Assumptus Homo' auf diese Unterscheidung des Apollinaris nicht ein. 2 Pan. 77,19: Ps. 77,70; Acta 1,2.lOsq. 3 Siehe o. S. 101 ff. zur Überlieferung. * KMP § 28: Der Leontiustext läßt ήν άνέλαβεν (L p. 177,9) aus. 6 § 28 (L p. 177b 7). « L p. 178b 7—10.
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den Tod auflösend." 1 άναλαμβάνειν δλον άνθρωπον darf also von der Inkarnation nicht gesagt werden, sondern bezeichnet einen ganz anderen Sachverhalt, nämlich die Annahme der einzelnen Menschen durch Gott auf Grund der Erlösung. „Wir sagen, daß ein ganzer von Gott zu seiner Errettung Angenommener jeder von uns ist, insofern wir geheiligt sind und die Ähnlichkeit mit dem himmlischen Menschen empfangen haben und vergöttlicht sind zur Ähnlichkeit mit unserem Herrn Jesus Christus." 2 Das Inkarnationsgeschehen wird also von der Erlösung der einzelnen Menschen geschieden, so daß der inkarnierte Christus nicht der erste erlöste Mensch ist 3 . Denn wenn Christus der erste erlöste Mensch wäre, dann würde sich die unmögliche Konsequenz ergeben, daß neben dem Gottessohn noch ein Mensch in der göttlichen Trinität gedacht werden müßte, weil der die Erlösung Bewirkende, also der erste erlöste Mensch, als Gott gedacht werden müßte. „ U n d der unkörperliche, der im Fleisch geoffenbart ist, ist der wahrhaftige Eine, vollkommen durch die wahre und göttliche Vollkommenheit; nicht zwei Naturen, die jede für sich vollkommen ist, weil es gottlos ist, zwei Söhne zu behaupten und eine Vierheit anzubeten, nämlich Gott, den Sohn Gottes, den Menschensohn und den heiligen Geist, und weil es gottlos ist, einen Menschen vor dem heiligen Geist zu verehren. Deswegen verurteilen wir die Gottlosen, die einen Menschen in die göttliche Trinität mit Gott und dem Sohn vor dem heiligen Geist setzen." 4 In den Fragmenten 81, 82 und 91 der 'Apodeixis' werden die gleichen Folgerungen gezogen. Versuchen wir von hier aus die Fragmente ΊΑ—96 der 'Apodeixis' zu verstehen. In fr. 74 gibt Gregor von Nyssa nur die Voraussetzung und die Schlußfolgerung eines syllogistisch formulierten Gedankens wieder, während er den begründenden Mittelteil ausläßt (s. o. S. 82): „Wenn mit Gott, der Vernunft ist, in Christus auch eine menschliche Vernunft ist — . " Dies ist die Voraussetzung, deren Schlußfolgerung lautet: „Also wird in ihm das Werk der Inkarnation nicht durchgeführt." 6 Die vermittelnde Begründung kann aus dem zitierten Leontiustext ergänzt werden: In einem Menschen kommen göttlicher und menschlicher Wille niemals zu einem Einklang, sondern widerstreiten einander immer, so daß ein Mensch, sofern eine menschliche Vernunft in ihm ist, niemals aus dem Bannkreis des Todes hinausgelangt, weil sein menschlicher Wille dem göttlichen entgegengesetzt bleibt (cf. fr. 150). Die menschliche Vernunft 8 L р. 1 7 9 Ы 1 — 1 5 . L p . 1 7 8 Ы 0 — 179b 4. I. A. Dorner, Entwicklungsgeschichte Bd. I (Berlin 1851 2 ) S. 987 hat aus dem Gegensatz der apollinaristischen Christologie gegen den arianischen Χριστές τρεπτός geschlossen, daß Apollinaris es ablehnen wolle, Jesus zum Urbild der Erlösung des Menschen zu machen. 4 L p . 179b 4—11. 6 J p. 192,9—12; s. o. S. 157 Anm. 1. 1 8
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ist von Natur aus τρεπτός (cf. Gregor J p. 194,28—30!!); wie wir aus fr. 151 gesehen haben, meint τρεπτός nicht: von Natur aus sündig, aber faktisch unterliegt die menschliche Vernunft immer den Affekten. Apollinaris sagt ja: έν τη παρούση ζωη (s. ο. S. 201 Anm. 1) und nicht φύσει sei die menschliche Vernunft den Affekten und damit dem Tode unterworfen; es ist also eine Feststellung, daß die Möglichkeit der Gestaltung durch Gott nicht Wirklichkeit wird; der Grund dafür ist irrational 1 . Über sein vorfindliches Dasein, der vollzogenen Gestaltung nach den Affekten, die im Grunde keine Gestaltung ist, da ihre Seinsweise das Nicht-Sein ist, kommt der Mensch nach der Lehre des Apollinaris nicht hinaus, so daß er nie die άρετή erreicht, die ein Sein über den Tod hinaus gewährt. Insofern ist ein Mensch nicht fähig, den Tod aufzulösen, was noch mehr ist als nur dem Tode entnommen zu sein, da das Todesverhängnis durchbrochen werden muß (cf. L p. 179b 4; s. o. S. 201). Dieser Gedanke liegt dem Satz in fr. 74 zugrunde: „Also wird das Werk der Inkarnation nicht in ihr (sc. einer menschlichen Vernunft) vollendet." Daraus folgert Apollinaris weiter: „Wenn das Werk der Inkarnation nicht in der freien und ungezwungenen Vernunft vollendet wird, wird das Werk, das die Auflösung der Sünde ist, in dem fremdgesteuerten und von der göttlichen Vernunft geleiteten Fleisch vollendet." 2 Mit den Worten des Leontiustextes: Die göttliche Vernunft bleibt den Affekten überlegen und gestaltet sie nach sich selbst; dadurch ist der beseelte Körper des Inkarnierten dem Tod nicht mehr unterwofen. So heißt es auch in fr. 76: Die göttliche Vernunft gleicht sich das Fleisch gewaltlos an und verleiht ihm nach fr. 80 Tüchtigkeit. Es bleibt allerdings die Frage, inwiefern die Sünde und das Todesverhängnis auf diese Weise allgemein überwunden sind. Apollinaris sagt nur: „Die freie Vernunft in uns hat an der Auflösung (sc. der Sünde) teil, insofern sie sich selbst Christus angleicht." 3 Bevor das erklärt wird, muß darauf eingegangen werden, warum die Auflösung der Sünde nicht durch eine menschliche Vernunft geschehen kann. Die menschliche Vernunft sei αύτοκίνητος und deswegen μή άναγκαστός. In dem fehlenden Mittelstück von fr. 76 muß die Möglichkeit ausgeschieden worden sein, daß die menschliche Vernunft durch Gewalt zur Gestaltung nach Gott, die ihre Erlösung ist, gebracht wird. In fr. 87 wird dieser Gedanke in einem ver1 Gegen С. E. Raven, Apollinarianism, Cambridge 1923, S. 270f. und Η. M. Gwatkin, Studies in Arianism, Cambridge 1900 2 , S. 253; beide finden bei Apollinaris eine naturhafte Sündhaftigkeit des Menschen gelehrt. 2 J p. 192,11—16: ούκ άρα έπιτελεΐται έν αύτω τύ της σαρκώσεως έργον, εί δέ μή έπιτελεΐται τό της σαρκώσεως έργον έν τω αύτοκινήτω καΐ μή άναγκαστω vot, έν τη έτεροκινήτω καί ύπί> τοϋ θείου νοϋ ένεργουμένη σαρκΐ τελείται τό έργον, δ έστι λύσις αμαρτίας. 3 J ρ. 192,16—18: μεταλαμβάνει δέ της λύσεως 6 έν ήμϊν αύτοκίνητος νους, καθ' 8«ιον οικείοι έαυτών Χριστώ.
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änderten Zusammenhang noch einmal wiederholt. Es geht dort um die Einzigartigkeit der Einheit von göttlicher Vernunft und dem hinzugenommenen beseelten Körper, die das Wesen des Inkarnierten ausmacht. Der Text lautet: „Wenn jemand meint, daß ein Mensch über alle Menschen und Engel hinaus mit Gott vereint sei, setzt er die Engel und Menschen als unfrei, wie auch der beseelte Körper (für sich) unfrei ist. Es ist aber die Unfreiheit die Vernichtung des mit Freiheit ausgestatteten Lebewesens. Die Natur wird jedoch von dem, der sie gemacht hat, nicht vernichtet. Folglich wird nicht ein Mensch mit Gott vereint." 1 Die Meinung, daß durch einen von Gott angenommenen Menschen die Aufhebung des Todes bewirkt werden könnte, führt also zu dem absurden Gedanken, daß der Schöpfer das, was er geschaffen hat, wieder vernichten würde; denn er hat den Menschen geschaffen als ein Wesen, dessen Vernunft frei ist zur Selbstgestaltung. Wenn die Konsequenz vom Menschen her ausgezogen wird, heißt das, daß die menschliche Vernunft nur so erlöst wird, daß sie an sich selbst die Erfüllung erfährt. Eine Ausnahme läßt Apollinaris auch für den nicht zu, der die Erlösung begründet, d. h. für den Menschen Jesus. Es ist aber daran festzuhalten, daß ein Mensch die Erlösung nicht erwirken kann, so daß der Gedanke, daß eine Ausnahme auch für den Menschen Jesus unzulässig ist, nun umgekehrt die Weise, wie Christus Mensch ist, bestimmt: Christus ist göttliche Vernunft in einem beseelten Körper (fr. 88—92). „Der Mensch kann die Welt nicht erlösen, da er Mensch bleibt und dem Todesverhängnis der Menschen unterworfen ist." 2 Das ist der gleiche Gedanke, den wir im Leontiustext fanden, und dieser Gedanke fand sich auch bei Athanasius, De inc. 14,3sq (s. o. S. 195). Die eine Voraussetzung für den Gedanken einer Erlösung ist damit formuliert; die andere Voraussetzung lautet: „Wir werden auch nicht erlöst von Gott, es sei denn, er vermischt sich mit uns." 3 Eine Begründung dafür ist von Gregor ausgelassen oder von Apollinaris nicht ausgesprochen worden; wir wollen versuchen, sie zu rekonstruieren. Sehen wir zu, was sich aus Athanasius in dieser Hinsicht gewinnen läßt. Athanasius, die Erlösung von Gott her betrachtend, stellt den Widerstreit von Güte und Gerechtigkeit in Gott dar: Gottes Güte läßt nicht zu, daß die Menschheit ihre Bestimmung verfehlend dem Todesverhängnis anheimfällt; Gottes Gerechtigkeit dagegen verlangt, daß dem Gesetz Genüge geleistet wird, indem auf die Sünde der Tod folgt. Deswegen nimmt der Logos Gottes einen Körper als Werkzeug, um diesen Körper sterben zu lassen und dadurch zugleich das Todesgesetz zu überwinden, 1
J p. 206,29—31 und 207,6—11. Fr. 93 (J p. 217,9—12): Ού δύναται σφζειν τόν κόσμον ό άνθρωπος άνθρωπος μένων καΐ τη κοινή των άνθρώπων φθορά υποκείμενος. 3 J ρ. 217,17sq: άλλ' ούδέ υπό μή έπιμιχθέντος ήμϊν σωζόμεθα. 2
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weil es der Körper des Logos ist und der unsterbliche Logos in ihm wohnt 1 . Aber das ist nur die eine Seite der Begründung: „Die erste Ursache der Menschwerdung des Heilandes ist also diese. Vernünftigerweise könnte man sein freundliches Kommen zu uns auch aus folgenden Uberlegungen erklären." 2 Es folgen die Ausführungen, die oben S. 195 f. skizziert wurden, in denen die Menschwerdung des Logos vom Menschen her begründet wird: Dort, wo das Todesverhängnis sich auswirkt, wird es überwunden, um den zu offenbaren, der Macht über es hat und deswegen im Gegensatz zu den erfundenen Göttern des Menschen wahrhaft Gott ist. Nun könnte man versuchen, den Sinn der Aussagen des Apollinaris über die Stellvertretung Christi, der an unserer Stelle den Tod der Sünde starb 3 , im Sinne der ersten Begründung des Athanasius für die Inkarnation des Logos zu deuten 4 . Dazu würde es passen, was Apollinaris über die Freiwilligkeit des Todes Christi, den er aus Liebe zum Vater auf sich nahm, sagt 6 . Selbst wenn es richtig sein sollte, daß Apollinaris den Tod Christi als Opfertod versteht, damit dem Gesetz und Gottes Gerechtigkeit genüge getan wird®, so wäre damit doch nur die eine Seite der Begründung genannt. Wichtiger ist die andere Seite, wie sie es auch für Athanasius ist; denn für sie gibt es explizite Belege. In der KMP § 12 heißt es scheinbar traditionell: „Der Herr der Herrlichkeit erschien nämlich in menschlicher Gestalt, nahm die menschliche Seinsweise auf Erden an, erfüllte durch sein Handeln das Gesetz für die Menschen, löste durch das Leiden das Leiden auf, hob den Tod durch den Tod auf und verbreitete durch die Auferstehung das Leben." 7 Vergleichen wir diese Aussage mit der Cat. in Mt. 18,25 (Reuss Nr. 90): Dem reichen Jüngling befiehlt Jesus, alle seine Habe zu verschenken. Dazu erklärt Apollinaris, daß dies Wort Jesu nur gleichnishaft zu verstehen sei: „Denn bei menschlichem Besitz ist dies möglich, aber bei dem Gericht durch Christus würde die Weggabe des verkauften Besitzes und der eigenen Habe nicht geschehen können. Sondern gemeint ist die Lösung von allem, was jemand an Schönem und Freudevollem hat, und die Weggabe durch Leiden; Aufhebung geschieht durch das Gegensätzliche. Also lösen die Mühen die Freuden auf. Deswegen hat der Heiland für uns gelitten, da er die Sünden der Welt aufheben wollte." 8 Auch dieser Gedanke bedarf noch weiterer Erklärung, die in der Cat. in Ps. 37,4 zu finden ist; denn 1
a De inc. 6—10. De inc. 10,6. Cf. L p. 263,8: δ έκ της αμαρτίας θάνατος. 4 Cf. KMP § 32 (L p. 180,8); Ad Jovianum L p. 252,3. Б Cf. fr. 61 (J p. 177,6): ΟύδεΙς κατ έξουσίαν απέθανε καΐ άνέστη. Cat. in Rom. 8,33—34 (Staab p. 66,9—20); Joh.-Cat. 60; 109 und 139 (Reuss). 6 Cf. Mt.-Cat. 113 (Reuss). 7 8 L p. 171,12—16. Mt.-Cat. 90,2—8 (Reuss). 8
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es muß ja daran festgehalten werden, daß Leiden und Tod Christi nicht erst in einem zweiten zusätzlichen Akt die wahre Tüchtigkeit (άρετή) ist, die das Leben und das Gute und das den Menschen wahrhaft Erfüllende ist, während Leiden an sich noch keine Glückseligkeit in sich trägt. Apollinaris deutet Ps. 37 auf Christus und sagt zu Vers 4: „Sein (sc. Christi) Leiden vergleicht er (sc. der Psalmist) einem Körper, der ganz und gar in Übel und Elend ist, wie auch bei Jesaja (1,6): 'Von der Fußsohle bis zum Haupte ist nichts Gesundes an ihm, sondern Wunde und Strieme und frische Beule.' Das sind also die Zeichen des Gerichts und des Zorns, die Sünden aber der Grund für den Zorn, so daß er (sc. Christus) die Leiden der Sünden sichtbar macht. Und entsprechend müssen die Seelen wie auch die Körper aus der Unwissenheit zur Erkenntnis gebracht werden." 1 Leiden und Tod Christi machen also sichtbar, wohin die Sünde führt und was ihre Konsequenz ist, nämlich Leiden und Tod; dem sündigen Menschen ist diese Konsequenz, die seinem Tun innewohnt, verborgen durch den Schein der Erfüllung, den ihm die Befriedigung seiner Affekte aus sich selbst vorspiegelt. Gleichzeitig enthüllt Christus aber die wahre Tüchtigkeit, weil nur durch die in ihm anwesende Gottheit die Affekte und der Tod überwunden sind. Der Körper Christi wird damit zum Offenbarungswerkzeug2 in doppelter Hinsicht: Gestaltet durch die göttliche Vernunft offenbart er Gott, und dem Leiden und dem Tod als den Folgen der Sünde sich ausliefernd zeigt er das Schein-Sein des den Affekten unterworfenen Menschen, aber auch wieder so, daß er schon über den Schein hinaus Sein hat. Folglich ist das Schein-Sein nicht für sich im Leiden und Sterben Christi manifest, sondern nur in der Uberwindung und als Aufdeckung des Nicht-Seins durch das Sein, d. h. in der Auferstehung. Denn Gott kann sich, nachdem das Todesverhängnis für den Menschen Wirklichkeit geworden ist bzw. der Mensch sich immer schon dem Tode verhaftet vorfindet, nur als Gott offenbaren, indem er sich als der, der das Reich des Todes beherrscht, offenbart. In fr. 93 hieß es: „Aber wir werden nicht von Gott erlöst, es sei denn, er vermischt sich mit uns." Diese Vermischung sei geschehen, als Gott 'Fleisch' wurde; denn im Johannesevangelium heiße es, daß er unter den Menschen wohnte, als er 'Fleisch' wurde 3 . Deswegen werde das Reich des Todes nur dann zerstört, wenn Gott als Mensch stirbt und aufersteht4. 1 Cat. in Ps. 37,4 (überliefert in den Typen III, X V und XVI): Σώματι διόλου κακουμένω παραβάλλει τό πολύπονον καΐ πολυπαθ-ές αύτοϋ, οίον καΐ παρά τω Ήσαία τό" Ά π ό ποδών έως κεφαλής ούκ ίστιν έν αύτω άλοκληρία, άλλά τραύμα καΐ μώλωψ καΐ πληγή φλεγμαίνουσα. απειλής καΐ δργής οδν είναι ταϋτα σημεία, της 8' όργης πρόφασιν τάς άμαρτίας, ώστε είς αϊσθησιν όίγει των αμαρτιών τά παθήματα, καΐ κατά τοϋτο ωφελεί τάς ψυχάς &σκερ καΐ τά σώματα έξ άναισ&ησίας είς αϊσθησιν άγόμενα: — 2 Cf. fr. 6 (L p. 205,18—25) und fr. 117. 3 J p. 217,21—24. 4 J p. 218,4—8.
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In fr. 95 faßt Apollinaris seinen Gedanken noch einmal zusammen: „Der Tod eines Menschen vernichtet nicht den Tod, und nur der steht vom Tode auf, der vorher stirbt." 1 Aus den beiden Voraussetzungen, daß einerseits ein Mensch als Mensch dem Tod immer schon unterworfen ist und ihn deswegen nicht aufheben kann, andererseits der Tod aber nur dadurch überwunden wird, daß er als Tod vernichtet wird, — aus diesen beiden Voraussetzungen folgt, daß Gott sich zur Ausführung der Erlösung einen beseelten Körper als Werkzeug hinzunahm (πρόσληψις σαρκός). So jedenfalls lautet die Folgerung in fr. 74 und 76. Gregor von Nyssa aber will Apollinaris so verstehen, daß er sage, Gott selbst sterbe 2 . Das aber hat Apollinaris nirgends behauptet, sondern nach seiner Lehre ist es der beseelte Leib Christi, der stirbt. Allerdings betont Apollinaris, daß der beseelte Leib Christi nicht irgendein beliebiger Leib war. Zwar ist der beseelte Körper Christi dem menschlichen Körper wesensgleich3, aber dadurch, daß der von Christus als Werkzeug hinzugenommene beseelte Leib durch die göttliche Vernunft, die mit der Gottheit identisch ist, geführt wird, ist der Leib Christi ein geheiligter Leib. Denn nur die absolute Einheit der göttlichen Vernunft mit dem beseelten Körper ermöglicht es, daß dieser Körper als durch Gott gestalteter Körper nicht dem Gesetz des Todes unterliegt und über den Tod hinaus Leben in sich hat 4 . Deswegen ist auch der Leib Christi mit seiner Gottheit zusammen anzubeten, weil die göttliche Vernunft sich mit dem beseelten Leib so vereint hat, daß sie „eine Person und ein Lebenwesen" bilden. Б Versuchen wir, von dem gewonnenen Ergebnis aus noch den Sinn der Ausführungen des Apollinaris zu verstehen, der den Fragmenten 96—104 zugrundeliegt. Ab fr. 96 wendet sich Apollinaris einer innerkirchlichen 1
J p. 219,1—3. Fr. 95 (J p. 219,3—6): Dies ist Gregors Folgerung, wie aus J p. 219,7—10 hervorgeht. Wie fr. 163 aus einem Brief an den Comes Terentius zeigt, mißverstanden auch andere als Gregor den Apollinaris in dieser Weise. 3 Ich nenne alle relevanten Stellen: De unione § 8 (L p. 188,9—18); Sylogismoi fr. 112 (L p. 233,32—234,10); 116 (L p. 235,8—17); Contra Diodorum fr. 126 (L p. 238,9—12); Ep. ad Serapion fr. 159 (L p. 254,3sq); 161 (L p. 254,19—26); Ep ad Terentium fr. 162 (L p. 255,1—9); 163 (L p. 255,11—14); Ep. ad Dion. В fr. 164 (L p. 262,11—16); Synodalbekenntnis L p. 262,28sq; 263,10—14. 4 Cf. fr. 153 (L p. 248,18—27) und Ep. ad Serapion (fr. 161). Weiter: Cat. in Ps. 87,6 (überliefert in Typ XI und II): 'Επιμένων τοις της όμοιώσεως ρήμασι λέγει δτι Ώς οί άνηρημένοι καΐ έν τω τάφω γέγονα. — οΐ τοΰτο πάσχουσιν δτι της σης έχωρίσ•9-ησαν δυνάμεως της ζωοποιού, δήλον γαρ δτι τοΰτο ούκ ήν έπ' αύτοϋ" της γαρ τοϋ θεοϋ δυνάμεως πλήρες ήν τό τοϋ Χρίστου σώμα καΐ μετά θάνατον, ταύτη τοι καΐ αίμα καΐ ΰδωρ έξ αύτοϋ προεχείτο δπερ άπό νεκρών σωμάτων ούδέν τών τοιούτων πρόεισιν: — 6 Cf. fr. 85 und 84 + 86. Athanasius hat über die Art der Einheit des Logos mit seinem Inkarnationsleib nicht reflektiert; cf. De inc. 8,3 und u. S. 225. 2
Die christologische Voraussetzung der Soteriologie
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Tradition zu und zeigt die Inkonsequenzen ihrer Christologie auf; Gregor von Nyssa fühlt sich direkt angegriffen, so daß er sich zum Sprecher und Verteidiger dieser Tradition macht. Apollinaris behaupte, „daß von uns gesagt werde, der Christus sei er nicht von Anfang an, so daß der Logos Gott sei" 1 . Christus ist für Apollinaris der inkarnierte Gott; Apollinaris wendet sich hier gegen die Trennungschristologie, die in der Vorstellung vom άνθρωπος έ'νθεος vorausgesetzt ist. Denn an späterer Stelle referiert Gregor den gleichen Gedanken des Apollinaris mit den Worten: „Da sie meinen, daß wir sagen, der Mensch habe gelitten, nicht Gott. . . " 2 So ähnlich Gregors eigene Christologie3 derjenigen des Apollinaris auch sein mag — Gregor ist erst durch Apollinaris gezwungen worden, seine eigenen christologischen Gedanken zu explizieren —, sie unterscheidet sich in dem entscheidenden Punkt von Apollinaris, daß Gregor immer einen von einer vernünftigen Seele belebten Körper voraussetzt, der von der göttlichen Kraft gestaltet sei4. Folglich ist es ein ganzer Mensch, der leidet und stirbt; daß Jesus außerdem noch die Gottheit und zwar nur als Kraft innewohnt, gerade dagegen wendet sich Apollinaris6. Denn nach seiner Lehre wird Gott nur auf die Weise ganz Mensch, daß er als göttliche Vernunft einen beseelten Körper gestaltet, aber nicht noch via menschlicher Vernunft®. Infolgedessen ist Christus von Anfang seiner Erscheinung auf Erden an Gott und nicht erst nach seiner Auferstehung7, allerdings so, daß das Offenbarungswerkzeug, der beseelte Körper, seit der Auferstehung zu ihm als Gott hinzugedacht wird8. Der inkarnierte Gott empfindet also auch Affekte. Apollinaris sagt: „Der Heiland erlitt Hunger, Durst, Müdigkeit, Angst und Trauer." 9 Gregor folgert daraus, daß Gott es war, der nach der Meinung des Apollinaris „litt", da ja die Einheit der Person im Vorhergehenden ( = fr. 67) gelehrt werde10. Aber das folgende Fragment (fr. 102), das sich direkt anschließt, zeigt, wie Apollinaris das „Erleiden" Christi verstanden wissen will: „Er erleidet das Unerwartete des Leidens nicht durch den Zwang einer gegen seinen Willen gerichteten Natur wie der Mensch, sondern in Ubereinstimmung mit seiner Natur." 11 Gregors Kommentar zu diesen Worten des Apollinaris ist von Polemik erfüllt; er will keinen Unterschied 2 Fr. 96 (J p. 2 1 3 , l l s q ) . Fr. 96 (J p. 219,14—16). 4 Cf. bes. J p. 223,14—224,5. Cf. J p. 216,16—227,9. 5 Cf. J p. 225,24—226,6. « Cf. fr. 97 (J p. 227,10—12). ' Fr. 98 (J p. 228,18—24); dagegen Gregor von Nyssa J p. 222,26—223,10 unter ausdrücklicher Berufung auf 2. Kor. 5,161 8 Fr. 99 und 100; fr. 99 bleibt unklar. 9 Fr. 101 (J p. 231,18sq). Ich folge der Abgrenzung von Lietzmann. 10 J p. 231,19—22. 11 J p. 231,23—25 (ich folge Lietzmanns Abtrennung): πάσχει τό άπαράδεκτον πάθους ούκ άνάγκη φύσεως άβουλήτου, καθάπερ άνθρωπος, άλλ' ακολουθία φύσεως. 1
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Die Soteriologie des Apollinaris
zwischen ανάγκη φύσεως und ακολουθία φύσεως anerkennen1. Aber der Unterschied ist sprachlich durchaus gerechtfertigt; in der stoischen Ethik ist άκολουθία φύσεως ζην ein geläufiger Begriff 2 . In der christlichen Tradition, die die Stoa von Piaton her deutete, meint Natur in diesem Fall nicht das Vorfindliche, sondern die dem Menschen gesetzte Natur als seine Bestimmung 3 . Das fügt sich in unsere Interpretation des Apollinaris gut ein: Der inkarnierte Gott lebt „in Übereinstimmung mit seiner Natur", weil die Affekte ganz der göttlichen Vernunft unterworfen und durch sie gestaltet sind 4 . Das, was der gewöhnliche Mensch erleidet, ist dagegen dem Eigenwillen der Affekte entsprungen. In dem folgenden Fragment heißt es von Christus: „Seine Affekte mußten in der Gleichheit mit dem Menschen erregt werden." 6 Weil Christus wie ein Mensch leben wollte, deswegen erlitt er auch die menschlichen Affekte, aber nicht wie die Menschen, sondern durch die göttliche Vernunft gesteuert, während die menschliche Vernunft sich ihnen unterworfen hat. Während Gregor sagt, daß Christus nach seiner Auferstehung ganz Gott ist, weil der menschliche Körper, den er annahm, „nicht in seinen Eigenheiten erhalten bleibt" ( J p. 222,28sq), ist nach der Lehre des Apollinaris Christus folgerichtig auch nach seiner Auffahrt in den Himmel mit seinem Körper, d. h. mit dem Auferstehungsleib, zusammenzudenken (fr. 104; J p. 232,16—18). Der gleiche Gedanke begegnete schon in fr. 98; es ist aber nicht ersichtlich, aus welchem Grund Apollinaris auf ihn am Schluß seines Buches noch einmal zurückkommt. Wir fassen zusammen: Die christologische Voraussetzung für die Erlösung des Menschen wird von Apollinaris so gedacht, daß Gott sich einen beseelten Körper als Werkzeug nimmt, und ihn nach sich selbst gestaltet. Das diesen Körper gestaltende Prinzip ist die göttliche Vernunft, d. h. Gott selbst; Gott offenbart sich also „im Gleichbild des Menschen" (cf. die Überschrift der "Apodeixis') und offenbart so die Bestimmung des Menschen, d. h. die wahre Tüchtigkeit, die über den Tod hinaus Sein hat. Die menschliche Bestimmung als verwirklichte ist in dem Inkarnierten mit seiner Natur identisch und insofern unvermittelt, während sie in den Menschen nur gnadenhaft da sein kann (cf. Cat. in Joh. 14,12; Nr. 101, s. u. S. 209f.). Deswegen ist der Inkarnierte Gott, obwohl er die menschliche Bestimmung enthüllt; er bringt in der Uberwindung von dem, was den Menschen von Gott trennt, und dort, wo Gott nur noch in der Negation Gott ist, nämlich dem Tode als dem Nicht-Sein, Gottes Wesen zur ErJ p. 231,25—232,4. Cf. Philon von Alexandrien, plant. 49; außerdem migrat. 128. 8 Cf. Clemens Alex., Strom. V 95,1 (p. 388,20—22). 4 Cf. Cat. in Joh. 10,28—33 (Reuss Nr. 61,15sq): έπΐ τούτοις άτάραχος 6 κύριος άτε δή ϊχων αύτί>ς έξουσίαν τοϋ παθεϊν ούκ άλλως δυνάμενος, εί μή αύτός βούλοιτο. 6 Fr. 103 (J p. 232,5 sq). 1
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Jesus Christus als Grund der Gotteserkenntnis (νοΰς ϊνσαρκος)
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scheinung. Dadurch begründet er eine Erkenntnis, die den Menschen umgestaltet, weil Gott nun als das Gute, das die Verkehrung ins Nicht-Sein aufgehoben hat, sichtbar geworden ist. In dieser Weise war Gott vor der Inkarnation nicht offenbar. 3. Jesus Christus als Grund der Gotteserkenntnis (νονς ενσαρκος) Die Christologie des Athanasius, wie er sie in 'De incarnatione' darstellt, ist auf den Gedanken gegründet, daß durch die vollständige Anwesenheit des Logos in einem einzigen Körper die Indirektheit der Gotteserkenntnis aus dem Rückschluß von der Schöpfung auf ihren Schöpfer überboten werden soll. Dadurch, daß der Logos in einen einzelnen Körper ganz eingeht, ist er dort konkret gegenwärtig und in der Überwindung des Todesverhängnisses als der wahre Gott sichtbar. Apollinaris berührt — wenigstens in den erhaltenen Fragmenten — im Zusammenhang der Christologie die Möglichkeit der Gotteserkenntnis aus der Schöpfung nicht. Infolgedessen ist die Begründung der die λήθη überwindenden Gotteserkenntnis durch den inkarnierten Gott nicht gegen die Indirektheit der Erkenntnis Gottes aus der Schöpfung entwickelt, sondern es hat den Anschein, als ob Apollinaris die Gotteserkenntnis überhaupt erst durch den inkarnierten Gott ermöglicht denkt. Wir haben ja gesehen, daß dem Gesetz und dem prophetischen Geist grundsätzlich die ένέργεια fehlt: Es bleibt bei der Forderung bzw. Ankündigung, die Gotteserkenntnis in die Wirklichkeit umzusetzen; weil aber ihre Wirklichkeit noch nicht erschienen ist, kann die durch Gesetz und Propheten gesetzte Gotteserkenntnis durch das Vergessen wieder aufgehoben werden. Die Erkenntnis nämlich, der das Handeln innewohnt, ist an die in Erscheinung getretene Wirklichkeit ihres Objektes gebunden. In der Catene zu Joh. 14,12 (Reuss Nr. 101) wird der Unterschied Christi zu den Jüngern erklärt. Während Christus, der Inkarnierte, durch eine „natürliche Einheit" mit dem Vater verbunden sei, sei die Einheit von Christus mit seinen Jüngern nur eine solche der Gnade zu nennen1. Im Hintergrund steht die traditionelle Entgegensetzung von φύσει / θέσει, die in der christlichen Tradition im Hinblick auf das Verhältnis der erlösten Menschen zu Gott als Natur und Gnade interpretiert wird 2 . Apollinaris sagt also, daß die Einheit der Jünger mit Christus eine gnadenhafte, d. h. gesetzte Einheit ist, die den Jüngern nicht als Natur inhäriert. Diese Aussage begründet er allgemein: „Denn dies (sc. die Einheit der 1 101,1 sq: "Αρτι μέν τήν φυσικήν ένότητα έαυτοϋ πρδς τ&ν πατέρα διεξήει, έπιφέρει δέ έφεξής καΐ τήν κατά χάριν έαυτοϋ πρός τούς αποστόλους ίνωσιν. Die Verbundenheit Jesu mit den Jüngern ist nicht von Jesus her, sondern von den Jüngern her reflektiert. 2 Cf. Clemens Alex., Strom. 1177,4 (p. 153,16—21).
14 Mühlenberg, Apollinaris
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Die Soteriologie des Apollinaris
Jünger mit Christus) ist ein Abbild jener (sc. der Einheit Christi mit seinem Vater), und das Gnadenhafte ist eine Nachahmung des Naturhaften." 1 Zunächst meint Apollinaris, daß es die Einheit Jesu mit seinen Jüngern nur gibt, weil es die Einheit Jesu mit Gott Vater gibt. Der Gedanke ist insofern platonisch, als analog die Möglichkeit von Tugend die Ideen voraussetzt. Athanasius widerlegt mit Hilfe dieser platonischen Grundanschauung die arianische Auslegung von Joh. 17,11.20—23, Joh. 10,30 und Joh. 14, 10.282. Die Einheit von Gott Logos und Gott Vater sei nach den Arianern abgeleitet aus der Einheit der Menschen untereinander und ihr aus diesem Grunde ähnlich (C. Ar. III cap. 17). Dagegen setzt Athanasius voraus, daß alles Gute im Bereich des Menschlichen nur als Nachahmung verstanden werden könne, weil der Mensch, aus dem Nicht-Sein geschaffen, erst aus Gott Sein hat, folglich nur in der Verähnlichung mit Gott. Die Einheit von Gott Logos und Gott Vater ist deswegen die Begründung dafür, daß es unter den Menschen überhaupt Einheit gibt. Christus sage nämlich, auf sich und den Vater hinweisend: „'Damit sie eins seien wie auch wir' (Joh. 17,22). Unteilbar ist die Einheit in uns. So wie sie (sc. die Jünger bzw. Menschen) von uns die unteilbare Einheit durch Lernen erfahren, so sollen sie auch untereinander Ubereinstimmung bewahren" (365B). Die Begründung dafür lautet formal wie bei Apollinaris: „Die Nachahmung wird am sichersten aus dem Naturhaften ergriffen, wie gesagt worden ist. Denn da dies bleibt, verändert es sich niemals, der Zustand der Menschen aber ist ein veränderlicher. Der Mensch kann aber, auf das von Natur aus Unveränderliche blickend, das Schlechte meiden und sich durch das Gute gestalten." 3 Weil die Einheit dem Menschen nicht innewohnt, bedarf der Mensch zu ihrer Erlangung eines Vorbildes, dem die Einheit als Natur inhäriert und das deswegen Objekt einer Erkenntnis sein kann. Dieses Vorbild ist die Einheit von Gott Logos und Gott Vater: „Denn von Natur wohnt ihm (sc. dem Logos) diese (sc. die Einheit mit dem Vater) inne. Wir aber haben nicht das Naturhafte und bedürfen deshalb des Urbildes und Vorbildes . . ." 4 Umgekehrt beweist dann die vollzogene Einheit der Gemeinde Christi, daß Christus, der Gott Logos, der mit dem Vater eins ist, in einem Körper erschienen ist und die Einheit sichtbar gemacht hat 6 . Gegen die Arianer heißt das, daß wir Christus ähnlich sind und nicht er uns. Im Unterschied zu Athanasius reflektiert Apollinaris in dem Catenenfragment nicht auf die Einheit der Menschen untereinander, sondern auf die Einheit des Menschen mit dem göttlichen Christus. Was in Christus 1
101,2 sq: τοϋτο γάρ όμοίωμα έκείνου καΐ μίμησις τοϋ κατά φύσιν τό κατά χάριν. 8 Or. с. Ar. III 17—25. MPG 26, 365B 10 —С 1. 8 * III 23 (372 В 1—3). Cf. 372 В 5sqq! 2
Jesus Christus als Grund der Gotteserkenntnis (νοϋς ένσαρκος)
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Natur ist, wird vom Menschen erst durch den Glauben an ihn erlangt 1 , wobei Glaube die christliche Erkenntnis meint. Folglich sind alle Handlungen der ihm durch Glauben verbundenen Menschen eigentlich Christi Handlungen, insofern sie durch ihn begründet sind 2 . Denn was Christus von Natur aus ist, das ist beim Menschen die Ursache von Gestaltung; — die Ausrichtung an den Affekten ist keine Gestaltung, weil das NichtSein keine Gestalt hat. Wie Athanasius behauptet Apollinaris also, daß τό κατά φύσιν allein Erkenntnis (so ist πίστις verstanden, weil es eine abgeleitete Erkenntnis ist) ermöglicht. Es fragt sich, welcher φύσις-Begriff hier vorausgesetzt ist. In der parmenideisch-platonischen Tradition kann nur Seiendes erkannt werden, weil es sich nicht verändert, während das Sich-Wandelnde als solches nicht Gegenstand von Erkenntnis ist. Dies vorausgeschickt, wenden wir uns der Catene zu Joh. 14,5—6 (Reuss Nr. 100) zu. Die in diesem Fragment gegebene Antwort auf die Frage nach dem Sinn der Christologie steht m. E. einzig in der Theologiegeschichte der Alten Kirche da. Zu den Worten des Johannesevangeliums: „Thomas sagt zu ihm: 'Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst. Wie sollen wir den Weg wissen?' Sagt Jesus zu ihm: 'Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich'", schreibt Apollinaris: „Er nennt sich selbst die Wahrheit wegen der vollständigen Identität mit der vollkommenen Tugend, Leben wegen der sich selbst genügenden und ewigen Existenz; die tugendhaft gelebt haben und ewiges Leben besitzen, die gehen nach seinen enthüllenden Worten zu Gott, und das sei der Weg. Von sich hat er gesagt, daß er zugleich beides sei: der, der gehe, und der, der der Weg sei; einerseits gehend im Hinblick auf die Lebensführung auf Erden, wo er die ganze Tugend erfüllte und das Leben gleichsam als Siegeskranz herbeibrachte, andererseits der Weg seiend, insofern er selbst die lebendige Tugend und das ewige Leben ist. Infolgedessen verbindet sein Gehen und sein Handeln nicht hinsichtlich der unkörperlichen Gottheit mit dem Vater, sondern sein Gehen und Handeln sind Natur und Wesen. Durch die Inkarnation nahm er die irdische Verwirklichung und Durchführung des Guten hinzu, wodurch er allen den Weg zu Gott auch als den Weg zu seinem eigenen Gottsein zeigt." 3 1
2 Joh.-Cat. 101,3sq (Reuss). Cf. Joh.-Cat. 101,5—7 (Reuss). Reuss Nr. 100 (mit den Zeilenzahlen v o n Reuss): Άλήθειαν μέν έαυτόν λέγει (διά) τό τέλειον καΐ άκριβές της άρετης, 2 ζωήν δέ (διά) τό διαρκές καΐ αίώνιον της ύπάρξεως, τούς δέ έν άρετη βεβιω- 3 κότας καΐ ζωής αιωνίου τυγχάνοντας τούτους δηλοϊ πορευομένους πρός θεόν 4 καΐ ταύτην είναι τήν όδόν. έαυτόν δέ άμα καΐ πορευόμενον εϊρηκεν και. όδόν 6 δντα, πορευόμενον μέν κατά τήν έπΐ γης πολιτείαν, έν ή πασαν έπλήρωσεν * άρετήν καΐ τήν ζωήν έπήγαγεν ώπερεί στέφανον τη πολιτεία, όδόν δέ 6ντα 7 καθότι αύτός ή ζώσα άρετή καΐ ή αιώνιος ζωή ώστε ού κατά τήν άσώματον 8 θεότητα πορεία τις αύτοΰ καΐ πραξίς έστί πρός τόν πατέρα συνάπτουσα, 8 άλλά φύσις αΰτη καΐ ουσία, προσεί3
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Die Soteriologie des Apollinaris
An dem Unterschied zu der Erklärung des Origenes zu Joh. 14,6 wird das Besondere dieses Fragmentes deutlich werden. Origenes lehrt, daß die Bezeichnungen Christi von seiner ένέργεια her zu verstehen sind; zwar spielt auch bei Origenes die Bedeutung von ενέργεια = Wirklichkeit eine Rolle, weil Christus ουσιώδης die Wahrheit, das Leben etc. ist 1 , aber der Grundgedanke ist ένέργεια als Wirksamkeit 2 . Denn die Namen Christi sind die Bezeichnungen für das, was er in uns Menschen bewirkt, und insofern sollen sie den Gedanken des Grundes und der Ursache formulieren. Deswegen ist auch für Origenes Christus erst die Wahrheit, das Leben etc. durch seine Inkarnation 3 , aber seinem Wesen nach ist er es einerseits schon vorher, da der Grund nur als immer seiend gedacht werden kann, andererseits wird er es doch erst dadurch, daß er Wahrheit, Leben etc. unter den Menschen schafft: Das bleibt unausgeglichen. Apollinaris dagegen konzentriert seine Auslegung ganz auf den Inkarnierten. Deswegen wird es für ihn zu einem Problem, wie von Christus gesagt werden kann, daß er den Weg, der er ist, selbst geht! Die Wirksamkeit Christi ist nicht sein Ausgangspunkt, weil er die Wirksamkeit von Christus trennt und ganz mit der Person des heiligen Geistes identifiziert; die Zusammengehörigkeit des Inkarnierten mit seiner Wirksamkeit ist bei Apollinaris in der Trinitätslehre gedacht. Der Weg ist der Inkarnierte nur dadurch, daß er ihn selbst geht! Infolgedessen wird zuerst begründet, was Christus in sich selbst ist, und erst daraus seine Wirksamkeit abgeleitet, während Origenes aus der Wirksamkeit auf ihren Grund Schloß. Christus ging den Weg, d. h. er inkarnierte sich und brachte in dieser Welt die vollkommene Tugend, der das Leben innewohnt, zur Erscheinung. Deswegen ist er auch der Weg für andere, so daß aus dem, was er für sich selbst ist, auch das erkannt wird, was er für andere ist, nämlich ή ζώσα αρετή als Grund von άρετή überhaupt (cf. ταύτην είναι την όδόν Zeile 4). Das, worauf es Apollinaris ankommt, drückt er in der zusammenfassenden Folgerung aus: ώστε — ούσία. άρετή und αιώνιος ζωή ist Christus nicht als der Transzendente: ού κατά την άσώματον θ-εότητα πορεία τις αύτοΰ και πραξίς έστι προς τον πατέρα συνάπτουσα, sondern er ist es deswegen, weil die Transzendenz in die Immanenz eingegangen ist. Daraus schließt Apollinaris, daß die im Inkarnierten sich manifestierende Tüchtigkeit auch φύσις und ουσία ist. Also nicht weil Christus der transzendent bleibende Grund für Tugend im Bereich des Menschen sein soll, ist seine Tugend ούσιώδης und somit göttlich, sondern weil er als Mensch die Tugend verkörpert. Dabei spielt es gewiß eine entscheidende Rolle, daß ληφεν δέ δια σαρκώσεως καΐ τάς ίπϊ γης 10 ένεργείας τε καΐ πράξεις άγαθάς, δι' ών πασιν έπΐ θεών καθηγεΐται καΐ πρός 11 τήν ιδίαν θεότητα. ι Comm. in Jo. VI 6 (p. 114,17—115,24). 2 Cf. außer der vorherigen Anmerkung auch Comm. in J o . I 37 (p. 47,15—49,2). 3 Ibid. p. 48,14—16.
Jesus Christus als Grund der Gotteserkenntnis (νους άσαρκος)
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Apollinaris nicht wie Origenes — und Athanasius — die Göttlichkeit der zweiten trinitarischen Person begründen und verteidigen mußte, sondern das ομοούσιος des Nicenums voraussetzen konnte. Er führt den athanasianischen Gedanken weiter, daß der Logos in ein σώμα eingehen mußte, um eine überzeugende Erkenntnis seiner selbst zu vermitteln, άρετή ist also nicht nur eine transzendente Setzung, deren Verwirklichung als Erscheinung dem freien Willen des Menschen überlassen bleibt, sondern φύσις und ούσία, weil sie in Erscheinung getreten ist 1 . Insofern geht Apollinaris über den platonischen Gedanken, daß menschliche Tugend die Ideen voraussetzt, hinaus; denn die Idee ist als Idee erschienen und nicht nur in vielfältigen Abbildern, wenn man analog so einmal sagen darf. Die Frage: Warum mußte Gott Mensch werden? hat durch Apollinaris eine vorläufig — geschichtlich gesehen — endgültige Antwort erfahren; denn sowohl von Gott her als auch vom Menschen ist sie durchreflektiert, φύσις und ούσία ist das Gute, das gleich Gott ist, weil es erschienen ist, so daß einerseits zu Gottes Wesen die Erscheinung hinzugedacht werden muß und andererseits dem Menschen Gottes Wesen als die Erfüllung seiner Bestimmung geoffenbart ist. φύσις und ούσία ist das Verwirklichte in dieser Welt; denn „durch die Inkarnation nahm er die irdische Verwirklichung und Durchführung des Guten hinzu". Gott ist Christus immer schon, sonst hätte er Gott gar nicht offenbaren können; aber die Ähnlichkeit mit den Menschen gewann er erst durch die Inkarnation hinzu. So sagt Apollinaris in fr. 42 der 'Apodeixis': „Sieh, derselbe Jesus Christus ist es, dessen Indentität mit dem Vater präexistent ist, dessen Ähnlichkeit mit den Menschen erst (später) hinzutrat." 2 Daraus schließt er nach der ausdrücklichen Angabe Gregors: „ U n d woraus geht klarer hervor, daß es nicht zwei Verschiedene sind, ein vollkommener Gott mit einem vollständigen Menschen?" 3 Der Gedanke von der präexistenten Identität mit Gott-Vater und der erst hinzugekommenen Ähnlichkeit mit den Menschen soll begründen, warum die Inkarnation nicht die Annahme eines Menschen ist 4 . Gott durch den Geist, Mensch durch den beseelten Körper, in dem der göttliche Geist als Vernunft ist (fr. 43). Nach den Ausführungen zu der Johannescatene können wir die Gedankenfolge des Apollinaris so zusammenfassen: Gott offenbart sein Wesen, indem er im Bereich des Irdischen das Gute verwirklicht, so daß sein Wesen konkrete Erscheinung wird. Deswegen ist die Formel des Apollinaris: νους έν σαρκί nicht in Analogie zu einer trichotomischen Anthropologie gebildet, sondern ganz von dem Gedanken aus, wie Gott sich als das Gute für den Menschen (άρετή) offenbaren muß. Zwar heißt es in fr. 97: „Wie konnte Gott Mensch werden, ohne sein Gottsein auf1 2 3
Cf. Cat. in Joh. 11,35 (Reuss Nr. 73). Fr. 42 (J p. 162,1—12). 1 Fr. 42 (J p. 162,17—19). Cf. J p. 162,21—24.
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Die Soteriologie des Apollinaris
zugeben, wenn nicht als Vernunft im Menschen?" 1 Aber in dem Zusammenhang, den wir herausgearbeitet haben, gesehen, liegt der Akzent darauf, daß Gott als die άρετή, die das Sein des Menschen begründet, sich offenbaren wollte: νους έν σαρκί ist das Sein Gottes (φύσις und ούσία), das die Uberwindung des Nicht-Seins erscheinen läßt. Dadurch wird dem Menschen eine Erkenntnis zugänglich, die er zwar der Möglichkeit nach schon besaß, deren Wirklichkeit aber nur eine geforderte und angekündigte (Gesetz und Propheten) war. Durch die Inkarnation, indem Gott νοϋς ένσαρκος wurde, findet der Mensch das Sein in seinem Bereich vor und wird nach der Lehre des Apollinaris so von ihm überzeugt, daß er es auch in sich selbst verwirklicht 2 . Wir haben damit die Erklärung von fr. 80: „. . . (Christi Körper) teilgebend an der reinen Tugend jedem Vernunftwesen und allen, die sich durch die Vernunft an Christus angleichen und ihm nicht auf fleischliche Weise unähnlich werden." Man kann es im Sinne des Apollinaris nicht anders sagen: Es ist die pure Unvernunft, die einzige ούσία in dieser Welt, die Christus als ζώσα άρετή ist, zu übersehen. Dadurch daß Gott sich als νοϋς ένσαρκος offenbarte, ist Erkenntnis Gottes erst möglich geworden, weil die Frage nach der Wahrheit des in Christus erschienenen Gottes gelöst ist: Er ist φύσις und ούσία, und alles andere ist Verkehrung ins Nicht-Sein. Die Einleitung zur 'Apodeixis' hat also noch einen anderen Hintergrund als nur Polemik: Der Glaube der Eva wurde άνεξετάστως genannt (fr. 13; s. o. S. 112). Durch Maria Magdalena wird er aufgehoben, weil sie den Auferstandenen sieht (cf. Joh. 20,1—18): „Denn durch eine Frau mußte das Gute erkannt und verkündet werden, so daß die schlechte Erkenntnis, die durch eine Frau entstand, durch die gute Erkenntnis, die einer Frau zuteil wurde, vernichtet wird." 3 Der Auferstandene erscheint J p. 227,10—12. Cf. I. A. Dorner zu fr. 117 (Entwicklungsgeschichte der Lehre von der Person Christi, Bd. I, Berlin 1851 2 , S. 999): „Vielmehr müsse das Menschliche in Christus so bestimmt werden, daß es durch sich selbst hinweise auf das Göttliche als seine Ergänzung, nicht aber als ein Vollkommenes stehe neben einem Vollkommenen. Darum genüge nur die Bestimmung, welche das Göttliche auffasse als das Aktive, das Menschliche als das vom hegemonischen göttlichen Prinzip Bewegte und nicht sich selbst Bewegende. So meinte er, begreife sich, daß erst beide zusammen die Eine Person ausmachen. Denn das Bewegte setzt ja durch sich selbst ein Bewegendes voraus: und wiederum das bewegende Göttliche bliebe, rein in sich beschlossen, lebloses Prinzip, wenn es nicht als bewegendes Prinzip in einem Bewegten sich erwiese, wie auch ohne dieses der Logos kein Organ hätte, wodurch er sich selbst darstellen könnte. Bewegendes und Bewegtes sind Correlatbegriffe; es ist kein Bewegendes denkbar ohne ein Bewegtes, noch umgekehrt, und so sind, in dieser Beziehung als innerlich zusammengehörig Gottheit und Menschheit in Christus zusammengeschlossen zur Wirklichkeit und Einheit des gottmenschlichen Lebens." » Cat. in Joh. 20,1—18 (Reuss Nr. 148,13—15). 1
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Die Lehre vom νοϋς ένσαρκος
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sichtbar, so daß die έξέτασις durch das Sehen schon erfolgt ist. Deswegen kann man in noch auszuführendem Sinne sagen, daß die Christologie bei Apollinaris an die Stelle der antiken Lehre von Erkenntnis tritt, die immer als Gotteserkenntnis, weil Erkenntnis der Wahrheit für den Menschen, gedacht ist. 4. Die Lehre vom νους ενσαρκος als ursprünglicher Bestandteil der apollinaristischen Christologie Wie aus der Einleitung und dem ersten Teil der 'Apodeixis' hervorgeht, ist es die Absicht des Apollinaris, die Person Jesu als die Inkarnation Gottes zu verstehen; die Begründung dafür gibt er zuerst von der Bibel her, dann aber im zweiten Teil allgemein als Antwort auf die Frage, warum Gott sich inkarnierte. Er will nämlich zeigen, daß die Auffassung von der Person Jesu als einem inspirierten Menschen nicht nur der Bibel widerstreitet, sondern die Eigenart des Christentums gegenüber Judentum und Griechentum überhaupt zunichtemacht, weil das Christentum auf der Überwindung des Todesverhängnisses durch den inkarnierten Gott beruht. In der 'Apodeixis' werden als Urheber der zu widerlegenden Meinung Paul von Samosata, Marcell von Ancyra und Photin von Smyrna genannt (fr. 15). Von ihnen hatte sich die Kirche schon zu Lebzeiten des Athanasius getrennt, und es bleibt unklar, welche zeitgenössischen Theologen Apollinaris angreift, zu deren Verteidiger sich Gregor von Nyssa macht 1 . Gregor von Nyssa wird man sicherlich nicht mit einer von Paul von Samosata ausgehenden Tradition in Verbindung bringen dürfen. Wen meint also Apollinaris? Durch die Monographie von G. Voisin ist klargestellt worden, daß Apollinaris seine Christologie nicht gegen den arianischen Χρίστος τρεπτός2 entwickelt hat, sondern gegen die sog. Antiochener, deren geistiger Führer Diodor von Tarsus war 3 . Diese Einordnung leuchtet auch historisch gesehen ein, wenn man bedenkt, daß Apollinaris in Antiochien die Gründung einer eigenen Gemeinde innerhalb der Meletiusanhängerschaft gegen den Widerstand Diodors durchsetzte (s. o. S. 49). Da Gregor von Nyssa wie sein Bruder Basilius an Meletius festhielt, wird wenigstens teilweise einsichtig, aus welchem Grund sich' Gregor gegen Apollinaris wandte und die Sache der Angegriffenen zu seiner eigenen machte; denn außer in der Trinitätslehre, die auch Apollinaris teilte, müssen sie sich auch in den Grundzügen der Christologie gegen Apollinaris einig gewesen sein. Wie nämlich A. Grillmeier zeigt, ist Diodor kein Doppelgänger von 1
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Cf. das „wir" bei Gregor in den folgenden referierenden Wiedergaben: fr. 52; 54; 55; 63; 67; 82; 94; 96. Cf. Athanasius, C. Ar. I 5 (MPG 26, 21B/C). L'Apollinarisme, S. 54.
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Die Soteriologie des Apollinaris
Theodor von Mopsuestia oder gar ein früher Nestorianer 1 . Allerdings sieht erst Gregor von Nyssa die ganze Tragweite der Lehre des Apollinaris, die uns in den Fragmenten der 'Apodeixis5 in ihrer ausgeprägtesten Gestalt entgegentritt. Wir wollen untersuchen, wie weit die Christologie, die vom νους ενσαρκος als dem inkarnierten Gott ausgeht, auch in dem Werk des Apollinaris gegen Diodor, das uns durch Auszüge von Timotheus und Theodoret erhalten ist (s. o. S. 93), vorausgesetzt ist. Das Ergebnis der Untersuchungen Grillmeiers zur Christologie Diodors ist die Feststellung, daß Diodor keinen Anstoß an der unvollkommenen Menschheit der Person des Inkarnierten bei Apollinaris nimmt 2 . Also hat Apollinaris seine Christologie entweder noch nicht zu dieser Klarheit vorgetrieben, oder Diodor sieht die Abweichung von der christlichen Tradition allein in den Konsequenzen der Einheit der Person Christi, die Apollinaris gegen die Trennungschristologie lehrt. Grillmeiers Ergebnis leuchtet ein, wenn man bedenkt, daß auch Basilius den Apollinaris nicht wegen seiner Leugnung einer menschlichen Vernunft des Inkarnierten anklagt 3 , obwohl diese Lehre schon vor der Abfassung der entsprechenden Basiliusbriefe bekannt ist, wie das Zeugnis des Epiphanius beweist. In den Fragmenten 140—146 wirft Apollinaris Diodor vor, daß er die Einheit Gottes mit dem beseelten Körper, den er bei der Inkarnation annahm, bestreite. Apollinaris referiert die Begründung Diodors für seine Ablehnung: „Die Eigentümlichkeiten Gottes und die Eigentümlichkeiten des Fleisches bleiben nicht mehr bestehen, wenn die Vereinigung stattfindet." 4 Diodor versteht die „absolute Einigung" (ή άκρα ενωσις) also als eine Verwandlung der Gottheit in das Körperhafte, wogegen sich Apollinaris verwahrt (fr. 142); alle Exzerpte Theodorets aus dieser Schrift (fr. 121—139) bezeugen, daß Apollinaris gegen Diodor beweisen will, die „absolute Einheit" bedeute keine Verwandlung Gottes. Als Beispiele führt Apollinaris Arten von Mischungen an, wie die von Wein und Wasser, von deren Eigenschaften immer etwas erhalten bleibt, was sich nicht vermischt und deswegen auch nicht verwandelt 6 . Ein anderes Beispiel: Auch erhitztes Eisen wirke wie Feuer, ohne doch aufzuhören, Eisen zu sein®. Das wichtigste Beispiel ist aber die Einheit des Menschen aus Leib und Seele, deren Eigentümlichkeiten dadurch nicht aufgehoben werden, daß die Seele immer eines Leibes bedarf (fr. 129; 132—135; 138 und 139). 1
Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 263—270. Cf. bes. S. 264. 3 K. Holl, Amphilochius in seinem Verhältnis zu den großen Kappadoziern, Tübingen/Leipzig 1904, weist S. 155 darauf hin, daß Basilius „die Kernlehre des Apollinaris wenigstens kannte". Beleg dafür sei In s. Christi gen. (MPG 31, 1473C). 4 Fr. 140 (L p. 241,9—11). 6 6 Cf. fr. 127 (L p. 238,14—16). Cf. fr. 128 (L p. 238,26—28). 2
Die Lehre v o m νοϋς ένσαρκος
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Ebenso finde bei der Inkarnation keine Verwandlung Gottes in den Körper statt. „Wenn auch die Vermischung der Seele mit dem Körper, obwohl von Natur aus auf ihn angelegt, sie durch den Körper sichtbar macht und doch nicht in die übrigen Eigentümlichkeiten des Körpers verwandelt, so daß sie zerteilt und verringert würde, um wieviel mehr wird Gott, der von Natur aus nicht auf den Körper angelegt ist, unverwandelt mit dem Körper vereint. Und wenn der Körper des Menschen in seiner eigenen Natur bleibt, auch im Zustand der Beseelung, dann verwandelte die Vermischung den Körper auch bei Christus nicht, so daß er nicht mehr Körper wäre." 1 Deswegen kann Apollinaris einerseits sagen, daß der mit Christus vereinigte Körper wegen der Einigung ungeschaffen und vorzeitig ist (fr. 143)2, andererseits, daß er ewig bleibt (fr. 136; cf. fr. 104). Diese Aussagen wollen mehr ausdrücken als nur den Gedanken, daß der Körper, den Christus bei der Inkarnation als Werkzeug benutzte (cf. fr. 121), von der göttlichen Kraft wie eine Materie (ΰλη) gestaltet wurde; denn der Körper Christi hat durch die Einigung mit Gott das Lebendigmachen gewonnen (cf. fr. 116). Zusammenfassend sagt Apollinaris: „Wenn der Logos wegen der Einigung Fleisch genannt wird, so folgt daraus, daß auch das Fleisch wegen der Einigung Logos zu nennen ist. Wie der Logos, so ist auch es ungeschaffen, nicht weil es nicht geschaffen wäre, sondern weil es aus der Einigung als Logos offenbart wurde." 3 Diodor dagegen will den Körper oder Jesus — er unterscheidet hier nicht eindeutig — durch Gnade angenommen sein lassen 4 ; durch Gnade sei der von Maria Geborene auch Sohn Gottes, während der Logos es von Natur aus sei 6 . Deswegen ist die Zeugung des Sohnes und die Geburt Jesu als des Tempels für den Logos zu unterscheiden®. Was Apollinaris gegen Diodors Lehren einwendet, findet sich alles in der 'Apodeixis' wieder. Es seien kurz die wichtigsten Parallelen genannt: Fr. 1 3 4 (L p. 2 3 9 , 2 7 — 2 4 0 , 3 ) . Wegen dieser Aussage wurde Apollinaris vorgeworfen, er lehre, Christus habe einen Leib aus dem Himmel. Apollinaris antwortet: Nur wegen der Einigung ist der Leib Christi göttlich, ohne daß seine Substanz verwandelt wird. Cf. fr. 77 und 78, zu denen in fr. 84 und 85 die A n t w o r t gegeben wird. Die Unterscheidung v o n κρασις und σύν&εσις bei den Stoikern (Cf. H. Dörrie, Prophyrius' „Symmikta Zetemata", Zetemata 20, 1959, S. 26—28) ist bei Apollinaris nicht zu finden. 3 Fr. 1 4 5 (L p. 2 4 2 , 1 4 — 1 7 ) : εί 6 λόγος σάρξ ώνόμασται δια τήν 2νωσιν, ίπετα,ι καΐ τήν σάρκα λόγον ένομάζεσθαι δια τήν £νωσιν ώ ς δ έ λόγος οΰτω καΐ άκτιστος, ούχ 8τι μή ϊ κ τ ι σ τ α ι , άλλ 1 Άτι λόγος έκ της ένώσεως άπεφάνθη. 4 Cf. fr. 1 4 1 (L p. 2 4 1 , 1 5 — 1 7 ) . 5 Cf. Diodor, C. Syn. Nr. 2 7 ; 2 9 — 3 1 (Brifere). • Cf. fr. 1 4 2 ; weiterhin Diodor, C. Syn. Nr. 22 und 28 (Briere). Z u fr. 1 4 2 cf. Η. de Riedmatten, Some Neglected Aspects S. 2 4 0 f . : W e n n Jesus dieselbe Natur wie wir Menschen hat, ist die Jungfrauengeburt überflüssig. 1
2
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fr. 81: Man dürfe nicht den Inkarnierten Sohn Gottes von Natur aus und Sohn Gottes aus Gnade nennen. fr. 32—34: Der Inkarnierte ist vorzeitlich, obwohl er erst bei der Inkarnation, die ein Ereignis in der Zeit ist, den Leib zu seinem Werkzeug machte (cf. fr. 42). Aus dem Werk gegen Diodor ergänzt lautet die Begründung: Wegen der absoluten Einigung ist der Leib des Inkarnierten ungeschaffen und vor Abraham (fr. 143). Ebenso in der 'Apodeixis' fr. 84—86. Und schließlich ist die Begründung für die Formel νους ένσαρκος die Unwandelbarkeit Gottes: Er wurde Vernunft im Fleisch, weil dies die einzig mögliche Art von Inkarnation sei, die die Gottheit Gottes nicht aufhebe (fr. 97). Wird dagegen der von Maria Geborene zum Tempel Gottes, so ist er nur ein inspirierter Mensch, wie viele andere Menschen es auch sein können (fr. 83, cf. Diodor Nr. 36 Abramowski). Es ist für das Verständnis des Apollinaris wichtig, ob fr. 97 auch der Schlüssel für das Werk gegen Diodor ist; denn davon hängt ab, ob Apollinaris aus der Suche nach einer Formel für die Einheit der Person des Inkarnierten auf Christus als νους ενσαρκος kam und dann dafür auch eine soteriologische Begründung gab 1 , so daß die Einheit der Anbetung ein frühes Argument gegen Diodor wäre (cf. fr. 119 und 120) — oder ob Apollinaris den Fehler in Diodors Christologie nur deswegen entdeckte, weil der Inkarnierte aus soteriologischen Gründen ein Wesen (μία ούσία fr. 117) sein mußte. Die historischen Anhaltspunkte machen das letztere wahrscheinlich. Die Fragmente Diodors können, soweit ich sehe, überhaupt nicht datiert werden. Contra Synousiastes — wenn es mit der von Впёге nach de Lagarde edierten und übersetzten Schrift identisch ist — kann nicht allzu spät angesetzt werden, weil es die Lehre des Apollinaris noch als verhältnismäßig neu voraussetzt; andererseits grenzt es Apollinaris schon gegen die Synousiasten ab, die seine Lehre vergröberten (cf. Nr. 26; s. o. S. 101). Es fragt sich also, wann die Synousiasten aufgekommen sind. Immerhin ist auch schon der Brief des Athanasius an Epiktet gegen synousiastische Konsequenzen gerichtet, denen sogar Serapion sehr nahe stand, wie der Brief des Apollinaris an ihn zeigt (fr. 159—161). Dadurch wäre das Jahr 373 der Terminus ante quem. Gegen synousiastische Mißdeutungen seiner Lehre wendet sich Apollinaris auch in dem Brief an Terentius, der wahrscheinlich spätestens 376 geschrieben wurde (fr. 162sq, s. o. S. 54). Daneben steht als weiteres datierbares Zeugnis der Brief des Apollinaris an die Exilierten in Diocaesarea, in dem die Einheit des Inkarnierten schon von der Formel νους ενσαρκος aus gedacht wird. Dieser Brief gehört vermutlich ins Jahr 376 (s. o. S. 55). Hinzu kommt noch der 1
So Nortis; s. o. S. 155.
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Vermittlungsversuch des Epiphanius, der ebenfalls spätestens 376 anzusetzen ist (s. o. S. 51); zu dieser Zeit vertritt Vitalis schon die Lehre vom νους ένσαρκος. Hiermit sind die datierbaren Zeugnisse erschöpft; aus ihnen könnte man schließen, daß die Lehre vom νους ένσαρκος erst nachträglich die Behauptung der Einheit der Person des Inkarnierten erläutern sollte. Aber dieser Folgerung steht der Brief des Athanasius an Epiktet entgegen. Athanasius referiert aus dem Aide de memoire des Epiktet über neue Lehren, die nach des Athanasius eigenem Zeugnis nicht aus arianischen Kreisen, in denen er sonst den Nährboden jeglicher Häresie sieht, stammen (§§1 und 2) 1 . Die wiedergegebenen Thesen berühren sich ganz eindeutig mit der Auseinandersetzung des Apollinaris mit Diodor, wie ein kurzer Überblick zeigt: Die Frage, ob der Körper Christi mit der Gottheit wesensgleich sei: MPG 26,1052 С 9 sq; cf. fr. 126 ob die Gottheit sich in den Körper verwandelt habe: 1052С 10—1053А 1; cf. fr. 121—125; 127—129; 134—135; 140; 142 ob der Inkarnierte φύσει oder θέσει einen Körper hatte: 1053А 1—3; cf. fr. 141 ob die Gottheit dem Körper wesensgleich geworden sei: 1053A3—6; cf. fr. 134; 138 ob der Logos selbst ans Kreuz genagelt sei: 1053А 6—8; cf. fr. 136—139 ob der Körper des Inkarnierten aus Gottes Wesen sei: 1053А 8—11; cf. fr. 143 ob der Körper des Inkarnierten als Viertes in die Trinität aufzunehmen sei: 1053A 11—В 2; cf. KMP §31 (beachte, daß Diodor aus §28 zitiert; s. o. S. 101) ob der Körper des Inkarnierten ewig geworden sei: 1053В 2—6; cf. fr. 143; 145 ob der Logos seinem Wesen nach Gottes Sohn sei, der von Maria Geborene nur gnadenhaft: 1053В 6—10; cf. fr. 143 und 144; KMP §§28 und 31 ob der Inkarnierte Gott sei: 1053B 11—14; cf. fr. 143; 125; 136; 137 Dann folgt eine Frage, die die Unterscheidung von άνθρωπος ίνθεος und θεός ένσαρκος impliziert, nämlich ob Gottes Geist auf Christus wie auf einen Propheten oder heiligen Menschen gekommen sei: 1053В 14— С 5; cf. KMP §§30 und 31. 1 Cf. A. Stülcken, Athanasiana. Litterar- und dogmengeschichtliche Untersuchungen, T U 19,4 (1899), S. 68—70 enthält sich eines Urteils über die von Athanasius angesprochenen Gegner; immerhin ist er sicher, daß Apollinaris nicht gemeint sei: „Immerhin mögen solche wirren Lehren wenigstens ihr plötzliches Auflodern einer Einwirkung von apollinaristischer Seite verdanken . . ." (S. 69).
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Daraus ergab sich aus der Sicht des Apollinaris die Trennung von Logos und Christus: 1053C5—7; cf. KMP §§28—31. Folglich hat Apollinaris schon von seiner Christologie, der Lehre vom νους ενσαρκος, her die Konsequenzen, die aus der Behauptung eines angenommenen Menschen, nämlich des von Maria geborenen Jesus, ergaben, erkannt. Wir haben ja gesehen, daß sich fr. 76 und der Leontiustext der KMP (§§27—31) decken (s. o. S. 200f.). Und gerade die Gedanken des Leontiustextes der KMP kennt Diodor schon in Contra Synousiastes: Eine unwandelbare Vernunft, die nicht gnadenhaft in dem Inkarnierten ist, muß als Gott in ihm sein, weil ein Mensch eine unwandelbare Vernunft nicht hat! Das Datum der 'Apodeixis' ist unbekannt; der Versuch von Dräseke, in der 'Apodeixis' das Werk zu sehen, das den Bruch mit der Kirche verursacht habe, läßt sich nicht halten, weil Apollinaris schon vor dem Bruch mit der Kirche Christus als die Inkarnation der göttlichen Vernunft, neben der keine menschliche Vernunft in ihm sein konnte, lehrte; dafür steht neben dem Brief des Apollinaris an die Confessoren das Hypomnema des Epiktet an Athanasius als ein früher Beweis, wie wir eben gezeigt haben. Nur wurde weder von Athanasius noch von Diodor noch von Basilius gesehen, daß die Leugnung einer menschlichen Vernunft der Angelpunkt der apollinaristischen Lehre war. Es ist deswegen verständlich, daß in dem Buch gegen Diodor dieser Kernsatz keine entscheidende Rolle spielt, weil in ihm die άκρα ενωσις gegen Mißdeutungen verteidigt werden sollte. Ob eine ausführliche Begründung von dem Begriff νους ενσαρκος aus gefehlt hat, läßt sich mit dem argumentum e silentio nicht belegen; denn die Exzerpte Theodorets wollen nur die drei Punkte: άτρεπτον, άσύγχυτον, απαθές herausstellen, wobei sicherlich sorgfältig vermieden wurde, auf die für Apollinaris charakteristische und von der Kirche schon verworfene Lehre einzugehen: Apollinaris wurde in den drei Punkten ja als Vorbild hingestellt! Warum allerdings Timotheus das Argument vom νους ένσαρκος für die Art der Einheit der Person des Inkarnierten ausgelassen haben sollte, läßt sich schwer sagen. Wie die Fragmente 153—156 zeigen, kennt er dies Argument und weiß es gegen die zu wenden, die ihn angreifen. Aber das Argument schimmert noch durch: am deutlichsten in fr. 128 und 126 ( = 146). fr. 128 soll nach Theodoret das „unvermischt" erläutern. Wie Feuer und Eisen sich vermischen, so auch Gott und der Körper Christi in dem Inkarnierten. Erhitztes Eisen wirke wie Feuer und bleibe doch Eisen; ebenso vermittle der Leib Christi Leben, ohne doch aufzuhören, Leib zu sein1. Die einzig für Apollinaris einleuchtende Erklärung ist die, daß Gott als Vernunft ihm wahrhaftes Leben gibt. In fr. 126 wird 1
Cf. fr. 128 (L p. 238,28—30).
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gesagt, daß die Menschen den Tieren hinsichtlich des vernunftlosen Körpers wesensgleich seien, wesensungleich aber hinsichtlich der Vernunftbegabung. So sei auch Christus den Menschen wesensgleich hinsichtlich des beseelten Leibes, „wesensverschieden aber, insofern er Logos und Gott ist" 1 . Es liegt nichts näher, als dies im Sinne der 'Apodeixis' zu verstehen, daß nämlich Christus einen den Menschen gleichen beseelten Körper hatte, aber dadurch, daß die göttliche Vernunft ihn statt einer menschlichen gestaltete, sich von ihnen unterschied (cf. fr. 90; s. o. S. 150 f.). In fr. 127 weist Apollinaris darauf hin, daß in Mischungen die Eigenschaften der Elemente nicht aufgehoben werden2. Bei Christus liege aber keine Mischung von Körpern vor, sondern eine ενέργεια gestalte einen Körper. Diese Art von Mischung sei dadurch ausgezeichnet, daß auf selten der ένέργεια ein unvermischbarer „Rest" übrigbleibe, damit die ένέργεια ihre Eigentümlichkeit durchhalte, entweder rein für sich oder als das den Körper Gestaltende3. Die Anwendung soll den Sinn des Gedankens erläutern: Das Fasten Christi in dem Versuchungsbericht. „Wie es bei dem Fasten des Herrn geschah: Insofern einerseits die Gottheit als das Bedürfnislose beigemischt war, wurde der Affekt des Hungers aufgehoben, indem andererseits die Gottheit dem Bedürfnis nicht das Bedürfnislose entgegensetzte, wurde der Hunger empfunden, damit der Teufel vernichtet würde." 4 Beide Teile der Mischung behalten ihre Eigentümlichkeiten, obwohl sie nur zusammen eine Einheit, ein Wesen, sind. Damit soll gegen Diodor gezeigt werden, daß die Einigung nicht die Verwandlung der Geeinten bedeutet6. Aber es geht nicht um einen abstrakten Einheitsgedanken, sondern um die Deutung des Inkarnierten in soteriologischer Sicht6. Nur weil Gott sich inkarnierte, konnten in dem Inkarnierten Affekte entstehen. Gleichzeitig aber verhindert die in dem Inkarnationsleib anwesende Gottheit, daß den Affekten nachgegeben wird. Dadurch wird die Versuchung des Teufels abgewiesen. Aber Apollinaris meint darüber hinaus, daß der Teufel dadurch vernichtet werde. Das läßt sich in Übereinstimmung mit den Ausführungen in Kapitel 2b (s. o. S. 205) gut so verstehen, daß das Sein, welches die Befriedigung der Affekte gewährt, als Schein-Sein und Nicht-Sein entlarvt wird, weil Christus Leben hat, ohne den Affekten nachzugeben. Denn nur άκολου&ία φύσεως und nicht άνάγκη φύσεως άβουλήτου wirken sich die Affekte in Christus aus (s. o. zu fr. 101—103 S. 207f.). Das wird auch in fr. 125 gesagt: „Das 1
3
L p. 238,9—12.
L p. 238,16—19.
2
Cf. Athanasius, C. Ar. III 32—35.
4 L p. 2 3 8 , 1 9 — 2 3 : κα&ά γέγονεν έπΐ της νηστείας τοϋ κυρίου έπιμιγνυμένης μέν της θεότητος κατά τό άπροσδεές ή πείνα έκωλύετο, ούκ άντιθείσης δέ τη ένδεια τό άπροσδεές ή πείνα έγένετο πρδς τήν τοϋ διαβόλου κατάλυσιν. 6 Cf. fr. 129 und 140. · Cf. fr. 1431
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Leiden für die Sünde und der Fluch gingen vorüber und wurden in Affektlosigkeit und Segen verwandelt. Das Fleisch (sc. Christi) aber verging nicht und wird nicht vergehen und wird auch nicht ins Unkörperliche verwandelt." 1 Gerade durch den letzten Zusatz unterstreicht Apollinaris, daß die Affekte nicht überhaupt beseitigt werden — das würde ja einer Verwandlung ins Unkörperliche gleichkommen —, sondern die Affekte verlieren ihren Reiz, das Sein durch ihre Befriedigung vorzuspiegeln, weil sie von der göttlichen Vernunft gesteuert werden. Auch die Fragmente 117—120 aus einem anderen Buch gegen Diodor sind in dem Zusammenhang zu verstehen, der für die Interpretation der 'Apodeixis' erarbeitet wurde, fr. 117: Gott nahm das Fleisch als Werkzeug und verwirklichte in ihm sein Wesen in dieser Welt. Weil es nur eine ενέργεια in Christus gibt, nämlich die göttliche Vernunft, wie man wohl sagen muß, ist Christus auch ein einziges Wesen 2 . Ein Wesen heißt aber: νους Ινσαρκος, weil der Ausdruck μία ούσία κατά σύν&εσιν θ-εοϋ πρός σώμα άν&ρώπινον nicht anders gedeutet werden kann 3 . Für μία ούσία kann auch μία ΰπόστασις oder £v πρόσωτον stehen; denn durch die Inkarnation wird Gott zur ούσία in der Person Jesu Christi, einer ούσία in dieser Welt, deswegen auch ύπόστασις und πρόσωτον4. Es ergibt sich also, daß Apollinaris schon in der Aufdeckung der Gefahren, die die Christologie des Diodor in sich birgt, seine Lehre vom νοϋς ένσαρκος als θεος έ'νσαρκος voraussetzt und zwar schon vor 373, wie der Brief des Athanasius an Epiktet beweist. Für die Abfassungszeit der 'Apodeixis' läßt sich jedoch kein sicherer Anhaltspunkt gewinnen; aber es ist sehr wahrscheinlich, daß die 'Apodeixis' gegen Diodor gerichtet ist. Die wiederholte direkte Anrede in der 'Apodeixis' (bes. fr. 52) kann nur Diodor meinen, wenn man e silentio traditionis folgern darf. Denn Diodor war der einzige, der in den Jahren 360—380 christologische Schriften geschrieben haben kann. Außerdem würde verständlich, warum sich Gregor von Nyssa hinter dessen Lehre stellt, die er freilich nur modifiziert vertritt; er stand ja in enger Beziehung zu der Meletiusgemeinde in Antiochien. Wenn wir versuchen, die apollinaristische Christologie noch weiter zurückzuverfolgen, so sind das Bekenntnis für Jovian (s. o. S. 98) und die Synode von 362 in Alexandrien zu berücksichtigen. Das Schreiben an Jovian ist eine Erläuterung des christologischen Teiles des Glaubensbekenntnisses mit Schriftbelegen. Diese Akzentsetzung entspricht dem Brief des Apollinaris an die Confessoren in Diocaesarea. Der Schwerpunkt liegt auf der Frage nach der Zuordnung des Leibes, den Gott bei der Inkarnation annahm. Gottessohn hinsichtlich des Geistes, Menschensohn 1 3 1
2 Cf. L p. 235,24—236,18. Cf. L p. 238,5—7. Cf. fr. 119 (L p. 236,22—27). Cf. KM Ρ § 28 (L p. 177b 8sq). Zu ύπόστασις s. o. S. 187.
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hinsichtlich des Fleisches ist der Inkarnierte, in beider Hinsicht ein Sohn Gottes von Natur aus und nicht hinsichtlich des Fleisches ein Sohn Gottes aus Gnade 1 . Der letzte Gedanke wird wie in fr. 83 der "Apodeixis' begründet: Gnadenhaft sind Menschen Gottes Söhne, während Christus auch als Inkarnierter Gott wesensgleich ist 2 . Weil Gott sich inkarnierte, konnte er die menschlichen Affekte auf sich nehmen; weil Gott unverändert blieb, hob er das Todesverhängnis, in das die Affekte den Menschen bringen, auf (§ 2). Die Akzente werden ähnlich wie in den Werken gegen Diodor und in der 'Apodeixis' gesetzt: a) Das Fleisch wird nicht als Fleisch aufgehoben, sondern als Fleisch des Logos erhöht 3 ; b) die Gottheit verwandelt sich nicht ins Fleisch, da der Gott Logos κατά σάρκα und nicht κατά τήν θεότητα gelitten hat 4 ; c) aus Gnade werden wir Menschen zu Söhnen Gottes und nicht Christus, der es von Natur aus ist 5 , so daß Christus der eine Sohn Gottes von Natur aus ist; d) wichtig ist die Erwähnung, daß es einige gibt, die meinen, das Fleisch käme aus dem Himmel®. Apollinaris verwahrt sich also schon 363 gegen all die Vorwürfe, die ihm später gemacht werden. Außerdem wendet er sich direkt gegen die Lehre von dem aus Gnaden angenommenen Sohn Gottes, den Maria geboren hat, die uns als Diodors Lehre überliefert ist. Nur vermutungsweise kann man behaupten, daß hinter den einzelnen Gedanken das System, wie es in der 'Apodeixis' sichtbar wird, steht. Immerhin ist der Ausdruck: μία φύσις τοϋ θεοϋ λόγου σεσαρκωμένη (L ρ. 251,1 sq) schon so ausgeprägt apollinaristisch, daß man kaum umhin kann, an den νοϋς ενσαρκος als θεός ενσαρκος zu denken. Wie sollte sonst eine Natur zustande kommen? Die Auslegung des Synodalschreibens von Alexandrien 362, das die Meletius- und die Paulinusgemeinde in Antiochien zur Vereinigung bewegen sollte, ist umstritten. 14 Jahre später, nämlich 376, streiten sich Paulinus und der Apollinarisschüler Vitalis um die Interpretation des christologischen Abschnittes des Tomus ad Antiochenos (§ 7), wie das Synodalschreiben in der Überlieferung genannt wird. Paulinus behauptet gegen Vitalis, daß Christus, nach den Worten des Schreibens, eine menschliche Vernunft angenommen habe, Vitalis bestreitet es 7 . Dabei 1
2 § 1. § 1 (L p. 2 5 1 , 4 - 8 ) . 4 » Cf. L p. 252,11—13. § 3 (L p. 253,8sq). 5 § 3 (L p. 253,3—5). « § 3 (L p. 253,7 sq). 7 Cf. Epiphanius, Pan. 77,23sq: Das Synodalschreiben ist die Grundlage für das Streitgespräch! Cf. auch das Glaubensbekenntnis des Vitalis (fr. 172 bei Lietz-
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ist gewiß, daß Vitalis nicht den Boden des Synodalschreibens verlassen will, weil sich Apollinaris, sein Lehrer und Protektor, zur gleichen Zeit in seinem Brief an die Confessoren in Diocaesarea auf die entscheidenden Worte beruft: er zitiert aus §7 des Tomus (MPG 26,804B 11—14.15— С 4 = L p. 256,7—14). Die Frage ist, mit welchem Recht Apollinaris das Dokument in seinem Sinne interpretiert 1 . Noch Lietzmann sieht in dem Text der Synode einen Kompromiß, der, obwohl gegen Apollinaris gerichtet, doch so formuliert war, daß die Abgesandten des Apollinaris zustimmen konnten (s. o. S. 60). Zunächst ist es wichtig, daß ein Fortschritt in dem Verständnis des Tomus dadurch erreicht wurde, daß Grillmeier den Wortlaut von Athanasius selbst und nicht von der späteren antiapollinaristischen Polemik her deutet. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß nichts über eine vernünftige menschliche Seele in dem Inkarnierten ausgesagt werde, sondern daß nur das Objekt der Erlösung durch den Logos namhaft gemacht werde, wobei die traditionelle Form des soteriologischen Argumentes: „Was nicht angenommen ist, ist nicht geheilt", von Athanasius nicht gemeint sei!2 Daraus schließt Grillmeier mit Recht, daß die Seele Christi kein „theologischer Faktor" in der Christologie des Athanasius gewesen ist3. Aber ein „physischer Faktor" sei die Seele bei Athanasius höchstwahrscheinlich gewesen, da die Ubersetzung von σώμα άψυχον = 'ein Körper ohne Leben' nicht das athanasianische, sondern das apollinaristische Verständnis wiedergebe 4 . Das sei daraus ersichtlich, daß Apollinaris ausdrücklich eine menschliche Vernunft in Christus leugne (L p. 256,5—7). Daran schließe Apollinaris typischerweise den Gedanken an: τέλειος δέ θ-εία. τελειότητι καί ουκ άν&ρωπίνγ) (L ρ. 256, 14sq). Grillmeier: "This is where Athanasius leaves his company." 6 mann), dessen Echtheit F. Diekamp nachgewiesen hat (Das Glaubensbekenntnis des apollinaristischen Bischofs Vitalis v o n Antiochien, Tübinger Theologische Quartalschrift 86, 1904, S. 497—511). 1 D e n Vorschlag v o n R. Wekenborg (Apollinaristic Interpolations in the 'Tomus ad Antiochenos' of 362, Studia Patristica III = T U 78, 1961, S. 324—330), in dem Synodalschreiben, wie es uns vorliegt, eine apollinaristische Interpolation anzunehmen, hat A. Grillmeier schon überzeugend abgelehnt (Christ in Christian Tradition, N e w York, 1965, S. 207—210). 2 A. a.O., S. 211: " N o t e that in our form of this argument only the object to be redeemed is mentioned, that is man and 'his' soul. Moreover — in contrast to the formula of Origen and of Gregory—nothing is yet said about the being o f Christ himself, nothing, at least, that is relevant to this soteriological argument. The way in which the redemption of the whole man, soul and body, does not derive here from the taking of a soul by the L o g o s but simply from the L o g o s as the cause of the redeeming work is, however, a typical feature of the Logos-sarx christology. 'The salvation of soul and body were worked out in the Logos himself. This reference to the L o g o s 'himself is significant, and is an essential distinction between our argument and the other form which has been mentioned." 3 4 8 S. 211. S. 213f. S. 216.
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Das dürfte jedoch nicht zutreffen, wie auch die Ubersetzung von άψυχος = "lifeless" das apollinaristische Verständnis nicht trifft. Denn animalisches Leben und wahres Leben in Glückseligkeit sind zu unterscheiden. Wahres Leben hat die Seele auch nach Athanasius nur, wenn sie „vernünftig" (λογικός) ist und in der Erkenntnis Gottes steht1. Ihre κίνησις dagegen behält sie auch in der Verkehrung 2 . Wenn man also den Apollinaristext übersetzt: „Vollkommen durch (Grillmeier „in" S. 216) göttliche und nicht menschliche Vollkommenheit", so ergibt sich, daß die Meinung des Athanasius von Apollinaris durchaus getroffen wurde; denn nur durch den Logos hat der Leib Christi das wahre Leben in sich, das die Erlösung der Menschen begründet. Aber Athanasius hat sich keine Gedanken darüber gemacht, wie der Logos im Leib des Inkarnierten ist. Es ist jedoch nur ein kleiner Schritt, wenn auch ein theologiegeschichtlich bedeutsamer, zu erklären, daß die Inkarnation durch die göttliche Vernunft und nicht durch die menschliche Vernunft vollkommen war, weil der Inkarnierte nicht wie die Menschen nur aus Teilhabe mit Vernunft begabt ist, sondern von Natur aus, da er der Logos selbst ist. Als einen besonderen Punkt führt Athanasius in dem Tomus an, daß „der Heiland nicht einen seelenlosen, empfindungslosen und vernunftlosen Leib hatte" (804B 11 sq). Daß der Leib des Inkarnierten nicht vernunftlos sein konnte, wird begründet dadurch, daß der Logos selbst Mensch wurde 3 . Es fehlt noch die Erklärung der zweiten Hälfte des Satzes, die Apollinaris übrigens ausläßt: „. . . und durch den Logos selbst geschah nicht die Rettung des Körpers allein, sondern auch die der Seele." 4 Mit Grillmeier ist sicher daran festzuhalten, daß das Objekt der Erlösung nicht mit dem Inkarnierten selbst identisch ist, so daß nicht gesagt wird, der beseelte Inkarnationsleib sei erlöst worden. Sondern durch den Logos wurde nicht nur die Erlösung des menschlichen Körpers, sondern auch die der menschlichen Seele begründet. Die vorausgehende Aussage, daß der Inkarnierte keinen vernunftlosen Körper hatte, ist dadurch bewiesen, daß es der Logos selbst war, der sich in diesem Leib inkarnierte, und daß deswegen dieser Körper Vernunft hatte. Im Sinne von 'De incarnatione' müßte man den Nachsatz so interpretieren: Eine Erlösung des Körpers allein ist gar nicht beabsichtigt, da der Mensch, die Seele des Menschen, erlöst werden muß; sie ist ja die Ursache der Schlechtigkeit®. Wird die Seele wieder „vernünftig", so ist dadurch auch der Körper des Menschen, Siehe o. S. 193. Zu De unione 13 s. o. S. 178f. Cf. C. gent. 4. 8 804b 11—13: Ούδέ γάρ οΐόν τε ήν, τοϋ Κυρίου δι' ή μας ανθρώπου γενομένου, άνόητον είναι τό σώμα αύτοϋ. 4 804Β 13sq: ούδέ σώματος μόνου, άλλά καΐ ψυχής έν αύτω τω Λέγω σωτηρία γέγονεν. 6 Cf. С. Gent. 2—5; bes. MPG 25, 5 В 9! 1
2
15 Muhlenberg, Apollinaris
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den die Seele gestalten soll, statt sich von seinen Affekten bestimmen zu lassen, errettet. Und die Seele soll dadurch wieder „vernünftig" werden, daß ihr neu die Erkenntnis des Logos in dem Körper Christi zugänglich gemacht wird. Insofern kommt alles darauf an, daß der Logos selbst in dem Körper Christi ist, weil er allein die Erkenntnis seiner selbst erneuern kann (s. o. S. 195 f.). Für den ersten Teil des christologischen Abschnittes im Tomus ( § 7 ; 804A11—В 10) ist es wichtig zu wissen, welche sich streitenden Parteien Athanasius voraussetzt. Es ist sicher, daß die Paulinus- und die Meletiusgemeinde miteinander zerfallen sind, beide suchen aber die Gemeinschaft mit Athanasius. Es bleibt, vor allem wegen der unsicheren Überlieferung des Mignetextes, unklar, ob die von den Arianern Abgefallenen eine eigene Gruppe bilden 1 . Der Streit um die Unterscheidung von drei Hypostasen in Gottes Wesen (§ § 5 und 6) läßt sich von dem Jahrzehnt später her als Streit zwischen der Paulinus- und der Meletiusgemeinde verstehen: Dann wäre es so, daß die Meletiusanhänger von Paulinus angeklagt werden 2 und umgekehrt die Paulinianer des Sabellianismus verdächtig sind, weil sie nicht zwischen ούσία und ύπόστασις unterscheiden. Nun werden in § 7 auch zwei Parteien genannt: „Aber da auch einige über die Inkarnation des Heilandes untereinander uneins waren, befragten wir beide Gruppen, und was die einen bekannten, gestanden auch die anderen zu." 3 Was folgt, ist gegen samosatenische Tendenzen gerichtet, und es fragt sich, was sie mit den Verhältnissen in Antiochien zu tun haben. Es sind im ganzen drei Punkte, die genannt werden: 1. Christus hat den Logos nicht wie die Propheten; 2. Christus hat keinen vernunftlosen Leib; 3. der Sohn Gottes ist vor und nach Abraham derselbe, d. h. der Inkarnierte ist der Gottessohn. Diese Thesen unterscheiden sich von der traditionellen Polemik gegen Marcell von Ancyra (cf. z.B. die Ekthesis von Sirmium 3514). Die Kirche sah in Marcells Paul von Samosata zugeschriebener Lehre nur die Bestreitung der „orthodoxen" Trinitätslehre, ohne die Inkarnationslehre für sich zu reflektieren. In dem Tomus ad Antiochenos dagegen wird vom Inkarnationsgedanken selbst ausgegangen. Versucht man die drei Punkte über die Christologie zu einem systematischen Konzept zusammenzufassen, so ist es die Lehre des Apollinaris: Nämlich 1
Cf. § 1 (796В 3sq); § 3 (797 С l s q . Der Text ist hier nicht ganz sicher). Das bezeugt der Kampf des Basilius um die Anerkennung des Meletius gegen Paulinus zur Genüge. 3 804A И — В 1. 4 Cf. Athanasius, De syn. 27,3: Anathema IX und XV. 2
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1. Gott selbst wurde Fleisch, und der Logos ging nicht in den von Maria Geborenen wie in einen Propheten ein (νοϋς bzw. θεος Ινσαρκος)1; 2. durch den inkarnierten Logos wurde die Menschheit erlöst; „denn sie bekannten auch dies: Der Heiland hatte keinen seelenlosen, empfindungslosen und vernunftlosen Leib" 2 . Es wurde schon gezeigt, daß Athanasius diesen Satz schreiben konnte; aber die Wortwahl entspricht nicht dem uns bekannten Stil des Athanasius. Als Äquivalent zu άψυχον wäre άλογον zu erwarten 3 ; άνόητον wird in diesem Sinne niemals von ihm gebraucht. Es sei wenigstens als Frage hingestellt, ob man an diesem Punkt einen Einfluß des Apollinaris annehmen muß. Denn auch die folgende Gegenüberstellung von Gottessohn und Menschensohn ist für Apollinaris typischer als für Athanasius. Aus letzterem wird 3. gefolgert, daß derselbe Sohn Gottes vor Abraham auch der nach Abraham war 4 . Das ist nicht in der traditionellen Weise gegen Marceil gesagt, weil der Akzent nicht darauf liegt, daß der Sohn Gottes schon vor Abraham war; sondern es soll, wie die Fortsetzung zeigt, dadurch festgestellt werden, daß der Inkarnierte, der nach Abraham, der Sohn Gottes ist, der, ohne die Identität mit sich selbst zu verlieren, Menschensohn wurde. Auch dies ist ein ausgesprochenes Anliegen des Apollinaris (s. o. S. 218). In C. Ar. Or. III 26—58 will Athanasius gegen die Arianer — Namen werden nicht genannt — zeigen, daß aus dem menschlichen Verhalten des Inkarnierten kein Argument gegen die Wesensgleichheit des Logos mit Gott gezogen werden kann 6 . Aus diesem Grunde legt Athanasius ausführlich dar, daß der Logos bei der Inkarnation sich einen einzigen Leib als Werkzeug nahm, so daß es sein Leib wurde, und daß wegen dieses seines Leibes die Eigentümlichkeiten des Leibes auch vom Logos ausgesagt werden 6 . Die Frage, ob der Gottessohn und der Menschensohn je ein anderer sind, wird dabei nicht berührt, weil es nur darum geht, ob das typisch menschliche Verhalten des Inkarnierten das Gottsein des Logos aufhebt. Trotzdem geht Athanasius auf die Einheit der Person des Inkarnierten ein, weil er ja die von ihm und den Arianern vorausgesetzte Einheit verteidigen muß, ohne dem Logos wegen seines menschlichen Verhaltens als Inkarniertem die Gottgleichheit zu nehmen. Die Einheit ergibt sich aus dem Ziel der Inkarnationslehre: Durch den Leib als Werkzeug soll der Logos, der in diesem einzigen Leib ganz ist, erkannt 1 804 В 1—4. Das könnte identisch sein mit dem Gedanken des Euseb in C. Marc. II 4 (p. 57,26—29), wenn nicht Euseb die Einschränkung machte: p. 57,8—10. 2 804 В 10—12. 3 Cf. G. Müller, Lexicon Athanasianum zu άψυχος. * 804С 3sq. Anders Euseb, De eccl. theol. II 21 (p. 130,3—18). s Cf. § 27 (381В 1 4 — С 2). « § 31 (389A 8 — В 8).
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werden 1 . Es ist daher verständlich, daß Athanasius die These von der Identität des Gottessohnes und des Menschensohnes im Tomus zu seiner eigenen machen konnte, aber gegen die Arianer, die er als seine einzigen Gegner sah, hatte er keinen Anlaß, die Identität als Problem zu erkennen. Seltsam erscheint allerdings, daß Athanasius in diesem Zusammenhang auch die Meinung erwähnt, die Menschwerdung Christi geschehe nach der Art der Inspiration der Propheten, indem der Logos einen Menschen heiligte (§ 30). Athanasius will zeigen, daß die ganze heilige Schrift in zweifacher Weise vom Logos spreche, nämlich vom ewigen und vom inkarnierten (§ 29). Die alttestamentlichen Weissagungen solle man lernen, und aus dem Evangelium solle man erfahren, daß der Herr Mensch wurde 2 . Dann zitiert er Joh. 1,14 und schließt daran die Bemerkung an: „Er wurde Mensch und kam nicht in einen Menschen" (388A 13 sq). Das müsse man wissen, damit man nicht wie die Gottlosen glaube, daß der Logos in Jesus wie auch in einem Propheten erschienen sei3. Ganz vage umschreibt Athanasius die Urheber dieser Meinung: „Niemals sollen die Gottlosen, die auf diesen Gedanken verfielen, andere verführen und meinen, daß . . ." 4 Die Widerlegung beschränkt sich auf den Hinweis, daß die Juden, die doch die Schriftworte: 'Und das Wort Gottes geschah zu den Propheten', kannten, über Jesus nicht erstaunt gewesen wären, wenn er nur den Anspruch eines Propheten erhoben hätte. In § 31 leitet Athanasius schnell wieder darauf zurück, daß erst von dem inkarnierten Logos gesagt werde, daß er litt, und erklärt, wie dies zu verstehen sei. § 30 ist eine eingeschobene Nebenbemerkung, in der Athanasius klarstellt, daß er den von Arianern gestellten Fragen nicht ausweicht; denn wenn der Logos auf Jesus wie auf einen Propheten gekommen wäre, könnte man nicht sagen, der Logos sei Mensch geworden und der menschgewordene Logos habe gelitten. Diese beiden Aussagen müssen aber vom Logos gemacht werden, sonst gibt es keine Erlösung 6 . Genau diesen Sinn hat auch der erste Punkt im Tomus ad Antiochenos § 7, dessen Ausführung sich nicht von § 30 der Oratio III c. Arianos unterscheidet. R. Wekenborg hat behauptet, daß der ganze christologische Abschnitt des Tomus, also § 7, eine apollinaristische Interpolation sei®. A. Grillmeier hat m. E. überzeugend nachgewiesen, daß dies unmöglich ist'. 1
§ 35 (397В 6—15); cf. § 31 (389B 4 —С 5). 3 § 30 (388А 8—11). 388A 14—В 5. 388 А 15—В 1. Die Uberlieferung ist nicht ganz eindeutig I s 4 Das ist der Inhalt von § 31. Siehe o. S. 224 Anm. 1. ' Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 208f.; seine Argumente sind: 1. Die Mönche des Apollinaris waren anwesend und stimmten zu, auch wenn sie nicht in der Unterschriftenliste erscheinen; denn die Anwesenheitsliste ist vollständig, dagegen konnten nur die eigenhändig unterschreiben, die noch nicht ab2 4
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Aber die Beobachtung Wekenborgs, daß der Abschnitt apollinaristisch gefärbt ist, deckt sich mit unseren eigenen Überlegungen. Der Text des Tomus sagt, daß Athanasius keine eigenen Gedanken vorbringt. Die Anwesenden waren unter sich uneins: „Die einen legten das Bekenntnis ab", daß der Logos auf Jesus nicht wie auf einen Propheten kam, „und die anderen stimmten zu" 1 . Die Zustimmung der „anderen" ist das Werk des Athanasius, der ihren Inhalt auch formuliert hat. Wenn wir die „anderen", die schließlich nach Befragen durch Athanasius zustimmen, mit den Paulinianern identifizieren, so bleiben als die, die den Punkt 1 des Bekenntnisses festgehalten wissen wollen, von den uns bekannten profilierten Gruppen der Anwesenden nur die Mönche des Apollinaris übrig. Das ist umso wahrscheinlicher, als Apollinaris vermutlich durch Vitalis schon einen Einfluß in Antiochien hatte und seine Mönche die einzigen sein können, die die Interessen der Meletianergemeinde auf der Synode vertraten. Weiterhin läßt sich auch das ώμολόγουν (804A 10) von Punkt 2 auf die Mönche des Apollinaris beziehen, da dieser Punkt dem Interesse des Apollinaris entspringt, wie durch die Epistula ad Confessores bewiesen wird 2 . Es fällt auf, daß der Punkt 3 nicht besonders abgetrennt ist, sondern sich unmittelbar an Punkt 2 anschließt; dieser Zusammenhang entspricht ganz der Lehre des Apollinaris! In Punkt 3 sind m. E. Glieder der Meletianergemeinde wie Diodor und Flavian, von denen sich die Apollinaristen in Antiochien ein Jahrzehnt später offiziell trennten, angesprochen. Das heißt aber, daß der Gegensatz schon 362 bestand, vorausgesetzt, daß unsere Annahme richtig ist. Unsere Hypothese stützt sich darauf, daß zu Punkt 3 keine besondere Zustimmung von Paulinus verlangt wurde (cf. § 11). Aus der letzten Beobachtung muß man folgern, daß Punkt 2 gegen Paulinus gerichtet war; denn Punkt 2 muß Paulinus unterschreiben, wie auch Punkt 1 3 . Die Forderung, Punkt 2 zu unterschreiben, erscheint von Apollinaris her gesehen als berechtigt, da nach der Christologie des Eustathius von Antiochien, die wahrscheinlich auch für Paulinus vorausgereist waren, als Athanasius das Schriftstück abfaßte (S. 208 Anm. 2). 2. Die Annahme einer Interpolation hat überhaupt keinen Anhalt an der Überlieferung des Textes (S. 209; bes. Anm. 3). 1 Siehe o. S. 226 Anm. 3. a Ich trenne mich mit Galtier, Wekenborg und Grillmeier damit von der traditionellen Auffassung, daß Punkt 2 gegen Apollinaris gerichtet sei. P. Galtier (S. Athanase et l'äme humaine du Christ, Gregorianum 36, 1955) macht mit Recht darauf aufmerksam (S. 567), daß die antiapollinaristische Interpretation des Punktes 2 erst von Euseb von Vercelli in seinem Subscriptum (808 C) hereingebracht werde: Christus habe alles, was der 'alte Mensch' ist, angenommen. 8 E. Schwartz nimmt an, daß den Überbringern des Synodalschreibens die Formel, die Paulinus unterschreiben sollte, mitgegeben wurde (Ges. Sehr. IV S. 48 f.).
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zusetzen ist, der angenommene Leib Christi schon als vernunftbegabt gedacht wird. Dagegen fehlt dem „alten Menschen", nach der Lehre des Apollinaris, der hier Athanasius folgt, die Vernunft, weil er von Gott abfiel; erst durch den Logos kommt die Vernunft wieder in einen Körper, nämlich den Inkarnationsleib. Dadurch wird die Gotteserkenntnis überhaupt erst wieder ermöglicht, durch die der Mensch wieder „vernünftig" wird. Wir fassen zusammen: Nimmt man die apollinaristische Lehre als den gemeinsamen Hintergrund der drei Punkte, so läßt sich verstehen, warum gerade diese drei Punkte zusammenstehen und den Inhalt der Christologie formulieren. Athanasius ist nicht ihr direkter Urheber, wie der Text des Tomus ausdrücklich bezeugt. Für Apollinaris ergibt sich daraus, daß seine Lehre schon 362 ausgeprägt war; sie richtete sich gegen die Paulinianer und gegen Diodor als Glied der Meletiusgemeinde. Beide sind vom Ansatzpunkt des Apollinaris her gesehen dem gleichen Irrtum verfallen, weil sie die Inkarnation Gottes nur als Inspiration denken. Bei den Paulinianern ist die Trennung von Gott und Mensch die verdeckte Voraussetzung, bei Diodor aber der ausgesprochene Grund für die Unterscheidung von Gottessohn und Menschensohn 1 . 5. Bemerkungen über den Zusammenhang von Trinitätslehre und Christologie
Apollinaris hat in dem einen Buch gegen Diodor nach dem Zeugnis des Timotheus 2 am Anfang die Trinitätslehre behandelt; davon ist leider nichts erhalten. Was hier gestanden hat, läßt sich aber aus dem Leontiustext der KMP ( = §§27—31) und der Schrift Diodors 'Contra Synousiastes' erschließen: Es ist die Behauptung, daß die Trinität nicht zu einer Quaternität erweitert werden darf, wie es bei Diodor faktisch geschehe. Der Inkarnierte ist vielmehr mit seinem auferweckten Leib auch nach der Himmelfahrt die zweite trinitarische Person. Wäre die zweite trinitarische Person, der Sohn Gottes, nicht mit dem Auferweckten identisch, 1 Die Lehre des Apollinaris läßt sich m. E. nicht weiter zurückverfolgen. Ein Zusammenhang mit der arianischen Lehre vom 'seelenlosen' Christus ist nicht festzustellen (zum 'seelenlosen Christus' bei den Arianern cf. A. Grillmeier, Christ in Christian Tradition, S. 187—189 und 220f.). Für Arius ist die Seele Christi kein Problem, wie W. P. Haugaard, Arius: Twice a Heretic?, Church History 29, 1960, S. 251—263 m. E. überzeugend nachgewiesen hat. Die Bedeutung der Christologie in den arianischen Kreisen ist noch vollkommen unklar. Grillmeier (a.a.O., S. 189— 192) ist ein erster Ansatzpunkt zum Verständnis. — Von den Formeln für die Einheit der Person Christi wird man m. E. zu keinem überzeugenden Ergebnis kommen; denn Apollinaris denkt die Inkarnation Gottes als inkarnierte Vernunft, während die arianische Christologie vermutlich in einem Zusammenhang mit der origenistischen Theologie steht, so daß der Logos als himmlische Seele gedacht ist (cf. A. v. Harnack D G I S. 687 Anm. 3). 2 Cf. die Einleitung zu fr. 140 (L p. 241,3—5).
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wo wäre auch noch der Menschensohn, der aus Gnade Gottes Sohn ist, als vierte Person in der Trinität zu denken. So argumentiert Apollinaris. Es fragt sich nun, aus welchem Grund Diodor den Sohn Gottes von Natur und den Sohn Gottes aus Gnade überhaupt unterscheiden will. Er beabsichtigt jedenfalls nicht, zwei Söhne Gottes zu lehren, wie es ihm von Apollinaris vorgeworfen wird: "Nous ne disons done pas deux (fils) d'un seul Pere; mais (nous disons) que Dieu le Verbe est un seul fils de Dieu par nature, et que celui qui (est) de Marie est par nature (fils) de David et par grace (Fils) de Dieu. Accordons encore ceci: Les deux sont un fils, et laissons en parole се qui est impossible." 1 Dem Begriff der Gnade entspricht die οικονομία Gottes, wie fr. 23 derselben Schrift zeigt: "Quand nous agitons la question de l'economie du salut, que Dieu aussi soit appele homme, non pas parce qu'il s'est fait cela, mais parce qu'il a pris cela et que l'homme (soit appele) Dieu . . ." a Das Gemeinte wird noch deutlicher in einem Fragment, das bei Leontius von Byzanz, Adv. incorrupticolas et Nestorianos, aufbewahrt ist; dort heißt es am Schluß: „Wenn nicht das Todesurteil gegen uns als Trug Raum gewonnen hätte, welche Notwendigkeit bestände dann für diese Heilsordnung des Kreuzes, welche Notwendigkeit für die Inkarnation? Nahm er nicht unsretwegen Fleisch an?" 3 Diodor unterscheidet also zwischen dem ewigen Gottessohn und dem Inkarnierten, weil die Inkarnation ohne die Sünde nicht stattgefunden hätte. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die Begründung der Unterscheidung von Gnade (οικονομία) und Natur (θεολογία) bei Athanasius suchen 4 . Der Aufbau von 'De incarnatione' wird damit begründet, daß die Ursache der Menschwerdung Gottes die Menschen selbst sind, nicht jedoch Gottes Natur. Athanasius schreibt: „Denn wir sind der Grund der Menschwerdung, und wegen unserer Erlösung erbarmte sich Gott, Mensch zu werden und in einem Körper zu erscheinen." 6 Deswegen muß vor der eigentlichen Inkarnationslehre der ursprüngliche Schöpfer1
C. Syn. fr. 30 (Brifere S. 271). Cf. fr. 31 (Впёге S. 271): "C'est par grace que l'homme qui (est) de Marie est fils, et c'est par nature que Dieu le Verbe (est Fils). Cela appartient к la grace et non & la nature; et ceci appartient ä la nature, et non pas 4 la grace. II n'y a pas deux fils." F. A. Sullivan, The Christology of Theodore of Mopsuestia, Analecta Gregoriana 82 (1956) faßt die Verteidigung Diodors gegen den Vorwurf, er lehre zwei Söhne, so zusammen: "His reply, in fact, is simply to deny that he teaches either two Sons of David or two natural Sons of God" (S. 194). 3 Впёге S. 268. 3 εί μή άπάτη προκεχωρηκέναι καΐ ή άπόφασις τοΰ θανάτου καθ·' ήμών, τίς χρεία ήν της οικονομίας ταύτης τοΰ σταυροϋ, τίς χρεία της ένσωματώσεως; ού δι' ήμδς ίλαβεν σάρκα; (Nach Mai bei R. Abramowski, Der theologische Nachlaß des Diodor von Tarsus, ZNW 42 [1949, S. 55 als fr. 41b]). 4 Cf. G. Müller, Lexicon Athanasianum οικονομία 3 b β. 5 De inc. 4,3.
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wille Gottes und der Abfall des Menschen von Gott dargestellt werden. Gottes Güte, den zur Teilhabe an seiner Ewigkeit bestimmten Menschen nicht dem durch die Sünde verursachten Todesverhängnis zu überlassen, veranlaßte seine Menschwerdung, damit die Gotteserkenntnis, die die Teilhabe vermittelt, neu begründet werde. Athanasius bezieht diesen Grund für die Menschwerdung Gottes aber nur auf das Faktum der Inkarnation selbst; deswegen lehnt er auch als ganz unchristlich den Satz ab, daß der Logos nur θέσει in einem Körper war 1 . Die Menschwerdung wäre dann nicht wirklich 2 . Diodor setzt die athanasianische Unterscheidung von θεολογία und οικονομία voraus, aber er geht über Athanasius hinaus, indem er sagt, der von Maria Geborene sei Gottes Sohn aus Gnade, weil er der Tempel des Sohnes Gottes von Natur wurde 3 . Damit überträgt er die athanasianische Begründung für die Inkarnation auf den Inkarnierten selbst. Durch eine göttliche Anordnung und durch göttliches Eingreifen wurde Jesus von der Jungfrau Maria geboren; diesen von Maria Geborenen machte Gott aus Gnade zu seinem Tempel, so daß dieser Mensch aus Gnade Gottes Sohn wird 4 . Noch deutlicher sagt es Diodor in seiner Erläuterung zu Gal. 4,4sq: Nicht seinen Sohn von Ewigkeit her schickte Gott zur Erlösung der Menschen, sondern den von Maria geborenen Menschen setzte er aus Gnade zu seinem Sohn ein und machte ihn zum Erlöser, indem der Gott Logos wie in einem Tempel in ihm wohnte 6 . Theodor von Mopsuestia brauchte nur noch zu betonen, daß Maria einen Menschen, wie wir es sind, mit Leib, Seele und Vernunft, geboren hat, um den vollen Gegensatz zu Apollinaris herauszustellen. Die Leugnung des TheotokosTitels für Maria war eine richtige Folgerung aus der Lehre Diodors. Athanasius begründet die Inkarnation aus der göttlichen Gnade, aber er sieht sie nicht in zwei Akten: Der Jungfrauengeburt und der Verleihung 1
Ep. ad Epict. § 2 (1053A 1—3). Ibid. § 7 (1061A 8 — В 2). 3 С. Syn. fr. 27 (Briire S. 270): "Si quelqu'un veut d'une manifere abusive nommer aussi le Fils de Dieu, Dieu le Verbe, fils de David, qu'il le nomme ä cause du temple de Dieu le Verbe, lequel (temple est) de David I Et celui qui (est) de la semence de David, qu'il l'appelle Fils de Dieu par gräce et non pas par nature." 4 С. Syn. fr. 3 (Briire S. 260): "D'autre part, се n'est pas par un don que NotreSeigneur est supdrieur ä David, tout en 6tant son fils, je veux dire selon la chair; mais c'est lorsqu'il est devenu le Temple de Dieu le Verbe et qu'il a έίέ formi sans commerce charnel, non pas d'aprds la loi de la nature, mais par une disposition de la puissance divine, qu'il est le Seigneur de David." 5 C. Syn. fr. 12 (Brifere S. 263): "Paul, en effet, ne demanda pas non plus que Dieu le Verbe, lorsqu'il se fait chair et qu'il est formd, soit le petit enfant (ηέ) de Marie. Mais il dit que l'homme qui est ηέ de Marie a έίέ envoyi pour notre salut; car ce n'est pas pour qu'il naisse que Dieu a envoyd son propre Fils; mais, celui qui est ηέ, il l'a envoyd pour le salut. Pour Paul, il est question de celui qui est ηέ de Marie." Cf. fr. 20 (Briire S. 267) und Apollinaris, Mt.-Cat. 73 (Reuss). 2
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der Gottessohnschaft an den von Maria geborenen Menschen, sondern die Jungfrauengeburt ist schon die ganze Inkarnation 1 , so daß der Logos φύσει einen Körper hatte, obwohl der Grund seiner Inkarnation ein Gnadenakt ist 2 . Für Apollinaris ist die athanasianische Begründung der Inkarnation vorauszusetzen, obwohl Apollinaris auf dieses Problem nirgends ausdrücklich eingeht. Als Beweis sei hier die Catene zu Ps. 101,14 genannt 3 . Daß Apollinaris Maria Gottesgebärerin nannte, darf aus den pseudepigraphischen Schriften geschlossen werden 4 . Es ergibt sich auch aus dem fr. 142 6 , sowie aus fr. 18 (dazu s. o. S. 137). Der Titel dürfte in seiner dezidierten theologischen Bedeutung von ihm herrühren, weil er von ihm gegen Diodor seinen ausgeprägten Sinn bekommen hat. Grillmeier hat behauptet, daß in der These von der einen Natur des Inkarnierten das Verhältnis Gottes zur Welt in unzulässiger Weise bestimmt werde; Gottes Transzendenz werde aufgehoben, wenn Gott eine natürliche Verbindung mit einem Körper einginge*. Die Einheit von Gott und Mensch nicht in einer Personeinheit, sondern in einer „physischen" Einheit zu suchen, sei ein Fehler gewesen 7 . Aber wir haben gesehen, daß Cf. De inc. 8,3. Dieser von Athanasius nicht weiter explizierte Gedanke ermöglichte die „antiochenische" und die apollinaristische Interpretation des Athanasius. 8 Cat. in Ps. 101,14 (überliefert in Typ III, X I ; III nur in Ausschnitten; Patmos, S. Jean 215 anonym): Ποιεί τδν καιρδν ή των θεοϋ δούλων ικεσία, καί δ τοϋ θεοϋ οίκτος ούκ δλλη τις αιτία οϊα περί χρόνων είμαρμένων έν "Ελλησι πέπλασται· ούτος δέ έστι περί οΰ αύτδς διά Ήσαίου φησίν Καιρώ δεκτφ έπήκουσά σου. τοϋτο δέ καί δ Παϋλος πεπληρώσθαι τδν καιρόν έπιδημήσαντος τοϋ σωτηρος γράφει φάσκων Ιδού νΰν καιρδς ευπρόσδεκτος, καιρίως γάρ καί ή τοϋ σωτηρος κάθοδος γέγονεν έπιλάμψαντος έπΐ συντελείς των αιώνων, έπεί γάρ άραι τήν άμαρτίαν τοϋ κόσμου έλήλυθεν ό σωτήρ, ούκ έδει δέ τδν τηλικοϋτον ύπέρ όλίγων αμαρτωλών έλθεΐν καί παθεϊν. δτε δέ ένέστηκεν ό χρόνος καθ' δν είρηται· Πάντες ήμαρτον καί ύστεροΰνται της δόξης τοϋ θεού, ούκ i n δντος έπΐ γης δικαίου συνιέντος τε καί έκζητοΰντος τδν θεόν, έλήλυθεν 6 ύπέρ πάντων αύτών χάριτι θεοϋ ύπέρ παντός γευόμενος θανάτου, ^ηθείη 8' αν καί ταϋτα τοϋ των άνθρώπων γένους εις κακίαν τραπέντος, έδει τδν προνοούμενον της σωτηρίας αύτών θεδν κωλΰσαι τήν κακίαν. καί δή τοϋτο διά μηχανημάτων πολλών γεγένηται· άποσταλέντων πατριαρχών των δυναμένων τη έαυτών πολιτεία ώφελήσαι τδν τών άνθρώπων βίον, άπειπόντος δέ τήν κακίαν καί νόμου τοϋ διά Μωυσέως δοθέντος, αύτοί μέν κατεφρόνουν τοϋ δεδοκότος θεοϋ, προφητών τε καί άγγέλων έπιφανείας έπιπεμπομένων αύτοΐς δ δέ θεδς ούκ έπαύετο της αύτών προμηθουμένος σωτηρίας, καί δμως ούδέν μάλλον έγίνετο ή είς αϋξησιν κακίας έπετρίβοντο. έπεί ούν παν φάρμακον καί βοήθημα διά τών όμογενών προσαγόμενον αύτοϊς ήτόνησε πρδς τάς άνιάτους νόσους αύτών, μετά πάντ' έκεϊνα είκότως δ σωτήρ έλήλυθε πασαν νόσον καί πασαν μαλακίαν θεραπεύων ώς καί τήν νεκρότητα αύτών καί τδν θάνατον άνελεΐν. διά ταύτην οδν τήν άλήθειαν έν τοις Αύγούστου χρόνοις έπέλαμψεν δ σωτήρ· τότε τοϋ καιροϋ πεπληρωμένου καθδ καταλλήλως έγίνετο τά της σωτηρίας τών άνθρώπων. 1
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* L ρ. 195,15; 196,22; 198,22; 251,9. Cf. auch fr. 11 und 12. 1 L p. 241,19—23. • Christ in Christian Tradition, New York 1965, S. 176 und 221. ' Cf. a.a.O., S. 232.
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„ein Wesen" die einzig sinnvolle Formel für eine Christologie ist, die von der Frage nach der Gotteserkenntnis ausgeht (s. o. S. 211 ff.). Denn die zweite trinitarische Person ist der offenbare Gott; deswegen ist sein Wesen Gott, weil Gott sich nur durch sich selbst offenbaren kann, und die Offenbarung Gottes kann nicht von Gott selbst getrennt werden. Apollinaris drückt diesen Gedanken folgendermaßen aus: „Denn sein (sc. Christi) Wesen ist hinsichtlich der Unsichtbarkeit die Gottheit, hinsichtlich der Sichtbarkeit (Offenbartheit) das Fleisch. Es wird also die Inkarnation unseres Herrn Jesus Christus weder von der göttlichen Trinität unterschieden noch von ihr getrennt." 1 Es ist nun noch genauer nach der Gestalt der Trinitätslehre des Apollinaris zu fragen. Er kennt die Formel, die als kappadokische Tradition gilt. Wir sehen ihn in der KMP § 19 (L p. 173,23sq) den Ausdruck μία θ-εότης — τρία πρόσωπα gegen den Vorwurf des Tritheismus verteidigen 2 . Für πρόσωπον konnte er auch ΰπόστασις setzen; das geht aus demLeontiustext der KMP §§27—31 hervor, wodurch die eben genannte Stelle im pseudepigraphischen Teil als echt bestätigt wird. Und zwar will er in § 28 (Leontiustext) zeigen, daß der inkarnierte Gottessohn eine ύπόστασις und ein πρόσωπον ist 3 , mit dem Ziel, einer Vierheit in Gott zu begegnen (§ 31). Der inkarnierte Gottessohn wird also als eine Person der Trinität gedacht 4 . Die Trinität selbst versteht er als eine Wesenheit, die er auch Gottheit nennt 8 . Die eine Gottheit stellt sich in drei Personen dar, weil jede Person der Gottheit ein Eigenes hat (s. Anm. 4). Die Gottheit selbst, die alle drei Wesen zu einem Wesen verbindet, wird mit Gott-Vater identifiziert: KMP §15: θεότης δέ πατρός ίδιον (L p. 172,16). Daraus folgert Apollinaris, daß die Einheit der drei Personen nur gedacht werden kann, wenn auch dem Sohn und dem Geist die Eigenheit des Vaters als Gottheit innewohnt: „Sobald die Gottheit der drei eine genannt wird, bezeugt man, daß die Eigentümlichkeit des Vaters auch im Sohn und im Geist ist." 6 1 De fide et inc. § 7 ( L p . 199,18—21): ούσία γάρ αύτοϋ κατά μέν τό άόρατον ή θεότης, κατά δέ τδ όρατδν ή σάρξ. ο0τε οδν ήλλοτρίωται οδτε μεμέρισται της θείας τριάδος ή σάρκωσις τοϋ κυρίου ήμών Ίησοϋ Χρίστου. 2 Cf. KMP § 1 (L p. 167,19) und § 14 (L p. 172,3sq). G. Furlani, Studi apollinaristici I, Rivista trimestrale di studi filosofici e religiosi II (1921), S. 266f., meint die kappadokische Formel sei zwar von Apollinaris intendiert, aber nicht ausgesprochen. 3 KMP § 28 (L p. 177b 8sq). Dafür ist die μία φύσις eine Voraussetzung; cf. § 3 1 (L p. 179 b 6). 1 Cf. auch Mt.-Cat. 9,6sq (Reuss). Furlani (a.a.O., S. 261) dürfte nicht recht haben, wenn er behauptet, Apollinaris unterscheide zwischen ύπόστασις und πρόσωπον. Zu ΰπόστασις cf. KMP § 15 (L p. 172,lOsq): πρόσωπον μέν έκάστου τό είναι αύτδ καΐ ύφεστάναι δηλοΐ . . . 6 μία θεότης. ΚΜΡ § 10 (L ρ. 170,27): μίαν ούσίαν ήτοι θεότητα. Cf. § 14 (L ρ. 172, 3sq); § 15 (L ρ. 172,14) u. Ö. • L ρ. 172,17 sq.
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Die Trinität besteht also darin, daß Sohn und Geist in einer Wesenseinheit mit dem Vater verbunden sind 1 . Deswegen heißt es vom Sohn, daß er das Wesen des Vaters hat 2 . Gott-Vater und Gottheit sind identisch 3 ; die Person des Vaters ist dadurch als Eigenheit konstituiert, daß er die άρχή des Gottseins, das auch auf den Sohn und den Geist übergeht, ist (KMP § 18). Wie der Brief des Apollinaris an Basilius zeigt (Basilius ep. 362), versteht Apollinaris άρχή als ύπόθ-εσις, als Grund des Wesens, so daß das Gottsein nicht als ein übergeordnetes Genus oder als eine zugrunde liegende Hyle mißdeutet werden kann 4 ; sonst wäre ja der Vater nicht als wesensgleiche Person zu begreifen. Der Sohn Gottes wird als εϊκών und γέννημα bezeichnet5. Damit ist aber nur seine Beziehung zu Gott-Vater angegeben; die Eigentümlichkeit des Sohnes wird δημιουργεϊν und κυριεύειν genannt®, während die Eigentümlichkeit des Geistes das άγιάζειν7 ist. Den Sinn dieser Unterscheidung 8 erläutert Apollinaris nur an einer Stelle, indem er sich auf biblische Redeweise beruft: Man müsse unterscheiden können zwischen dem Sendenden und dem Gesandten; denn Gott-Vater sendet den Sohn und der Sohn den Geist. „Eine Person könnte nicht sich selbst senden." Als Begründung dafür gibt er an, daß sich ja nicht der Vater inkarniert habe®. Die Dreiheit der Personen der Gottheit ist gut begründet: Der Vater als Grund der Gottheit, der Sohn als Schöpfer und Herrscher und der heilige Geist als der, der die Herrschaft des Sohnes in der Heiligung durchführt (s. o. S. 187). Damit sind alle Momente des Gottseins erfaßt. Wir haben schon gesehen, daß der heilige Geist die Gegenwart Christi nach seiner Himmelfahrt ist. Solange Christus als Inkarnierter auf der Erde war, konnte man ihn sehen und hören, nach seiner Himmelfahrt bedarf es einer Erkenntnis, die auch ohne Sehen und Hören des Inkarnierten selbst die Gotteserkenntnis vermittelt 10 . Der Geist ist die unkörperliche Gegen1
Cf. L p. 1 7 2 , 1 5 s q : ή πρός τόν πατέρα φυσική υίοϋ τε καΐ πνεύματος ένότης. Cf. fr. 110 (L p. 233,16) und fr. 143 (L p. 241,30). 3 Cf. K M P § 17 (L p. 173,6sq): ώστε γνωριζέσθω μέν ή ύπόστασις τοϋ πατρός τη τοϋ θεοΰ προσηγορία . . . 4 Siehe ο. S. 41 Anm. 1. 6 Cf. K M P § 17 (L p. 173,2); § 18 (L p. 173,17). β Cf. K M P § 17 (L p. 173, lOsq) und § 18; außerdem § 16 (L p. 172,19); D e unione § 4 (L p. 186,18). Das wird durch Cat. in Ps. 141,3 (überliefert in Typ XI) bestätigt: καλή μέν οδν καΐ ή της δυάδος ένότης έπΐ τοιούτου τιθεϊσα τόν κύριον καΐ τόν θεόν. γνωριστικώτερα δέ τοις τά τέλεια μεμαθηκόσιν ή της δυάδος έν τη ένότητι κατάληψις, ήν δ Παϋλος παρίστησιν, £να μέν θεόν, Ινα δέ κύριον έξηγούμενος, οδς καΐ δύο 8ντας ένοΐ τόν θεόν μέν κυρίω, κύριον δέ έν θεφ νοεϊσθαι· καθό τά της θείας καΐ κυριευτικής ούσίας έν ταυτότητι θεωρείται, έκ πατρός μέν είς υίόν όρμηθέντα κατά τό θεϊκών, έξ υίοϋ δέ είς θεόν άναγόμενα κατά τό κυριευτικόν: — ' Cf. K M P § 5 (L p. 169,14); § 8 u. Ö. 8 Cf. K M P § 26 (L p. 176,14sq). » K M P § 24 (L p. 175,23—26). 10 Cf. Cat. in Joh. 17,9—13 (Reuss Nr. 126,1—7); außerdem fr. 53 und 104 der 'Apodeixis'. 2
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Die Soteriologie des Apollinaris
wart des offenbaren Gottes, der Christus ist. Wegen der unkörperlichen Gegenwart wird auch in Joh. 14,16sq, wie Apollinaris erklärt, gesagt, daß der Geist vom Vater gesandt wird 1 , wobei wohl nach anderen Stellen zu ergänzen wäre, daß der Vater ihn durch den Sohn sendet. Er ist nicht eine sinnlich wahrnehmbare Größe in den Menschen, sondern die Gemeinde weiß ihn als die wirkende Ursache ihrer Heiligung, so wie man eine Kunst oder Fertigkeit besitzt, die nicht als körperliche Größe erkennbar ist. Die Ursache der Gestaltung des Christen nach Gott kann dem Mitmenschen verborgen sein2. Die trinitarischen Personen sind also Seinsweisen Gottes, aber im Unterschied zu dem dogmengeschichtlich feststellbaren Modalismus als ewig gedacht 3 . Apollinaris behauptet, daß die Person des Geistes ewig ist, wenn auch seine ένέργεια erst nach der zeitlichen Inkarnation des Sohnes da ist 4 . Ebenso behauptet er die Ewigkeit des Sohnes Gottes, der der Mensch aus dem Himmel ist, dies aber erst in der zeitlichen Inkarnation 5 . Wie ist die Präexistenz von Sohn und Geist, die Apollinaris ausdrücklich gegen die Arianer und die Leugner der Gottheit des Geistes bekennt®, zu verstehen? Vom Geist heißt es, seine ύπόστασις sei ewig, seine ένέργεια, die im άγιάζειν besteht, aber erst nach der Inkarnation. Analog heißt es vom Inkarnierten: Er gewährt Anteil an der göttlichen Natur, insofern er Herrschaftsvollmacht hat und die göttlichen Willensbeschlüsse verwirklicht 7 . Er hat also die Herrschaftsvollmacht erst in Wirklichkeit, indem er sie als der, der den Tod überwunden hat, ausübt. Uber den sündigen Menschen übte er sie nur in der Negativität aus, insofern er dem Schein-Sein im Todesverhängnis auch den Schein nimmt. Das drückt Apollinaris so aus: „(So) erwirbt uns der Herr als sein Eigentum nicht als solche, die sich außerhalb seiner Schöpfung befinden, da er auch 'in sein Eigentum kam' (Joh. 1,11) und von Natur alles sein Eigentum ist, sondern als solche, die wegen der Sünde aus seiner Heiligkeit gefallen sind." 8 In seine Heiligkeit kehren die Menschen durch Angleichung an den θεός έ'νσαρκος zurück®, was mit der Gegenwart des heiligen Geistes identisch ist. Wir kommen dem hier gestellten Problem näher, wenn wir uns nach der Interpretation des Gedankens, daß der Sohn Gottes nicht erst bei seiner Erhöhung verherrlicht wurde, sondern eine ewige Herrlichkeit hat, umsehen. Apollinaris sagt nämlich zu Joh. 17,10 („Alles, was mein ist, ist ι Cat. in Joh. 14,16—17 (Reuss Nr. 104). Joh.-Cat. 104,7—11 (Reuss). 3 Cf. M. Jugie, Quelques tdmoignages grecs nouveaux ou peu connus sur la doctrine catholique de la procession du Saint-Esprit, Echos d'Orient 39 (1936) S. 261: "La mission temporelle est fondde sur la procession 6ternelle et la suppose." 6 * Siehe o. S. 187 zu Joh.-Cat. 37 (Reuss). Cf. fr. 32. « Cf. KMP § 27 (L p. 177b 2sq). ' Cf. Joh.-Cat. 103,3—7 (Reuss). 8 Joh.-Cat. 61,5—8 (Reuss). · Cf. Joh.-Cat. 61,8sq (Reuss). .
a
Uber den Zusammenhang von Trinitätslehre und Christologie
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dein, und das Deinige ist mein, und ich werde durch sie verherrlicht"), daß die Menschen durch die Heiligung in seinen Herrschaftsbereich zurückgelangen, was heißt, daß sie den Geist Christi empfangen 1 . Daß wir den Geist (νοϋς) Christi haben 2 , ist also so zu verstehen, daß der heilige Geist als der Geist Christi uns prägt. Es bleibt noch zu erklären, inwiefern Christus dadurch verherrlicht wird, obwohl er doch als Gottessohn eine ewige Herrlichkeit besitzt (cf. fr. 47). Apollinaris greift deswegen auf den Vorsatz: „Das Deinige ist mein" zurück. Damit seien die himmlischen Geschöpfe gemeint, die sich von Anfang an in Heiligung befinden und deren Heiligung durch den Sohn vermittelt ist. Auf göttliche Weise übt der Sohn also schon immer seine Herrschaftsvollmacht aus; neu hinzu kommt, daß er sie auch in dieser unserer Welt ausübt 3 . In einer unkörperlichen Wirklichkeit ist deswegen die ενέργεια der drei militärischen Personen begründet, genauer gesagt: Der Sohn ist die ενέργεια des Vaters, indem der Vater durch den Sohn den Geist zur Heiligung und Gestaltung nach sich selbst bestimmt 4 . Die Gottheit wird als Dreiheit gedacht, weil die Momente ihrer Wirklichkeit unterschieden werden. In der körperlichen Schöpfung, d. h. dieser unserer Welt, ist die Wirklichkeit Gottes durch die Freiheit, die der Mensch durch die Sünde ins Negative wandte, nur eine Möglichkeit, die nicht verwirklicht ist. Gesetz und Propheten lassen die Gestaltung nach Gott als dem Guten für den Menschen als geforderte und angekündigte Setzung stehen; ihre Wirklichkeit tritt erst mit der Inkarnation ein, durch die die Gottesherrschaft auf die Erde ausgedehnt wird (cf. Anm. 3). Indem Gott als Trinität, die den inkarnierten Gottessohn und den heiligen Geist einschließt, gedacht wird, wird er von Apollinaris als Gott dieser Welt gedacht, weil er als das Gute in ihr gegenwärtig ist. — Die Idee des Guten bei Piaton hingegen gibt sich mit dieser Welt gar nicht ab; sie bleibt deswegen in unverbindlicher Transzendenz, deren Ferne als Not empfunden, aber nicht überwunden wirdl 1 s 8
Cf. Joh.-Cat. 127,1 sq (Reuss). Cf. fr. 155 (L p. 249,4sq) und Epiphanius, Pan. 77, 31,1 sq. 4 Joh.-Cat. 127,2—12! Cf. KMP § 4 (L p. 169,8—10).
SCHLUSSBETRACHTUNG
Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes Apollinaris denkt den offenbaren Gott als die inkarnierte Vernunft (νους ένσαρκος). Diese Bestimmung setzt die von Piaton und Aristoteles begründete Tradition des Philosophierens voraus; denn sie ist als die überzeugendste Antwort auf die von Piaton und Aristoteles gestellte Frage nach der Möglichkeit der Gotteserkenntnis zu verstehen. Der Beweis für diese These müßte durch eine Geschichte des Problems der Gotteserkenntnis bis auf Apollinaris erbracht werden. Dazu wären Vorstudien notwendig, die der Verfasser hier nicht vorlegen kann. Deswegen soll nur in einigen Hinweisen gezeigt werden, inwieweit Apollinaris faktisch das von Piaton gestellte Problem voraussetzt, während der historische Beweis, inwieweit er sich dessen auch bewußt gewesen ist, eine noch zu erfüllende Aufgabe bleibt. Der Nachweis könnte in jedem Fall nur indirekt sein, da sich aus den Fragmenten des Apollinaris nichts Direktes über sein Verhältnis zur Tradition entnehmen läßt. Es ist nur sicher, daß er sich Athanasius verpflichtet weiß; aber das bedeutet ja nur eine Verschiebung des Beweises auf Athanasius. Die Behauptung, daß die inkarnierte Vernunft als der offenbare Gott in der Person Jesu das von Piaton zur Kernfrage des Philosophierens erhobene Problem der Möglichkeit der Gotteserkenntnis löst, bleibt folglich eine Hypothese; aber dadurch, daß diese Hypothese es ermöglicht, die Christologie des Apollinaris sinnvoll zu deuten, gewinnt sie einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit; denn nur sie läßt verständlich werden, warum Apollinaris auf der Einheit der Person des Inkarnierten als einer Wesenseinheit besteht. Apollinaris setzt voraus, daß Gottes Wesen Vernunft (νους) ist; das leitet er aus der Bibel ab, wo es heißt, daß Gott Geist sei1. Es bedarf keines Beweises, daß diese Gottesbestimmung nur im Zusammenhang mit der aristotelischen Tradition verstanden werden kann; denn einerseits findet sie sich nicht in der christlichen Tradition, andererseits ist sie nicht davon abhängig, daß in Jesus die Vernunft als das Göttliche im trichotomischen Sinne verstanden wird 2 . Nun ist aber Gott als der trinitarische gedacht. Christus ist Gott als der, der durch den heiligen Geist herrscht; Christus ist die Seinsweise Gottes als des Herrschenden. Die Herrschaft 1
Siehe o. S. 147.
a
Siehe o. S. 150 u. 213.
Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
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übt er durch den Geist aus 1 . In diese Vorstellung von der göttlichen Trinität ist die Gottesbestimmung als Vernunft einzutragen. Wenn Geist und Vernunft gleichgesetzt werden, so ergibt sich, daß Gottes Herrschaft in der Herrschaft der Vernunft besteht2. Das Wirken des Geistes beschreibt Apollinaris als „heiligen" (άγιάζειν) 3 ; heiligen heißt aber „gestalten", „Gott ähnlich machen" 4 . M. a. W.: Gott herrscht über die Schöpfung, indem die Vernunft die gestaltende Kraft ist. Das könnte nur dann als ein unchristlicher Gedanke gelten, wenn die Vernunft nicht als das Göttliche, das das Gute in sich selbst hat, verstanden würde; deswegen hat der Mensch ja auch nur dann Vernunft, wenn er nach Gott gestaltet ist, weil er nur in Gott die Erfüllung seiner Bestimmung findet. In die sichtbare Schöpfung, abgesehen vom Menschen, ist die Vernunft als Naturgesetz (νόμος) eingegangen 5 ; das entspricht der griechischen Tradition, in der die Harmonie und Ordnung der Welt diese zu einem ζωον Ιμψυχον εννουν machen®. Indem die Schöpfung dieser Ordnung als ihrem Gesetz folgt, folgt sie der Vernunft, weil die Vernunft die Verwirklichung des Guten als des gesetzten Zieles ist. Soweit befindet sich Apollinaris noch in Ubereinstimmung mit der klassischen Philosophie; er unterscheidet sich aber von ihr, weil er aus dem GottesbegrifF das ableitet, was die klassische Philosophie als Voraussetzung des Denkens forderte. Dieser Unterschied im Ansatz führt zu einer der klassischen Philosophie völlig fremden Frage, die christlich formuliert so lautet: Warum ist die Inkarnation Gottes notwendig? 7 Aus dem Ansatz des Apollinaris ergibt sich notwendig, daß nach Gottes Herrschaft über die Welt, die die Welt des Menschen ist, gefragt werden mußte; denn wenn Gott sich nicht auch über die Menschen als Herr erwiese, wäre er nicht der Gott dieser Welt! Gottes Gottsein, das sich in seiner Herrschaft manifestiert, wäre eingeschränkt, wenn seine Geschöpfe außerhalb dieser Herrschaft blieben8. Diesen Gedanken, den Athanasius zuerst formuliert hat 9 , muß man für Apollinaris voraussetzen. Er führt deswegen zu einer völlig neuen Ausgestaltung der klassischen Philosophie, weil er Gottes Gottsein von seiner gegenwärtigen Herrschaft abhängig macht und Gott nicht bloß als vorauszusetzende K M P § 17sq; s. o. S. 188 u. 235. βασιλεία τοϋ θεού = ένέργεια πνεύματος Cat. in Mt. 12,28 (Reuss Nr. 72,2sq). 3 Siehe o. S. 186. 4 Cf. Cat. in Rom. 5,1—6 (Staab p. 62,21—25) und K M P § 4 (L p. 169,8—10). 6 Cf. Cat. in Rom. 1 , 1 6 — 1 7 (Staab p. 59,4sq) und Cat. in Joh. 12,50 (Reuss Nr. 90). 6 Cf. Piaton, Tim. 30 b. ' Cf. Cat. in Rom. 1 , 1 6 — 1 7 (Staab p. 5 8 , 2 7 — 5 9 , 2 ) : Aufriß des Römerbriefes nach dem Verständnis des Apollinaris. 8 Cf. Cat. in Joh. 10,28—33 (Reuss Nr. 61); s. o. S. 236. 8 Cf. De inc. 6,8—9. 1
2
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Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
Ursache für einen Zustand des Menschen, in dem er ευδαίμων sein könnte, denkt. Daraus folgt, daß weder die Bestimmung des Menschen eine bloße Setzung sein noch die Herrschaft Gottes sich nur in der Negativität des Todesverhängnisses auswirken kann. Es würde damit nicht nur in Frage gestellt, daß Gott das Gute ist 1 , sondern die Herrschaft der Affekte wäre die einzige Erfahrung, die der Mensch hat. Daß die Frage nach der Anwesenheit Gottes in der immanenten Sphäre menschlichen Handelns an die Tradition der klassischen Philosophie herangetragen werden darf, soll an Alexander von Aphrodisias gezeigt werden. In der Aporie II 21 erwägt Alexander, der Aristoteliker des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts, ob die Vorsehung zufällig oder wesenhaft zu Gott gehöre. Wäre die Vorsehung nur zufällig, so wäre sie als Vorsehung aufgehoben; denn Vorsehung und Vorherwissen der Wirkung sind identisch. Wenn etwas jedoch zufällig geschieht, also ohne Vorherwissen der Wirkung, wäre es richtiger, von τύχη zu sprechen als von Vorsehung2. Vorausgesetzt, daß es Vorsehung gibt, ist es unerläßüch, sie nicht als zufällig zu Gott gehörend zu bezeichnen. Aber die Vorsehung kann auch nicht im Wesen Gottes begründet sein, da das Wohlergehen der Menschen nicht zu Gott hinzugehört. Anders bei einem Herrscher und seinen Untergebenen, die gegenseitig aufeinander angewiesen sind; die Wirksamkeit des Herrschers zielt auf das Wohlergehen der Untergebenen, und seine Verwirklichung vollendet auch das Sein des Herrschers3. Auf Gott übertragen wäre dieser Gedanke unsinnig; denn die Wirksamkeit der Menschen kann Gott nichts einbringen, während der Herrscher direkt von der Anerkennung durch die Beherrschten abhängig ist 4 . Das begründet Alexander außerdem noch logisch, indem er in aristotelischer Weise darlegt, daß das Ziel der Wirksamkeit das Wesen bestimmt, d. h. daß das Wesen sein Ziel in sich selbst haben muß, um ein vollkommenes Wesen zu sein5. Gehörte die Vorsehung wesenhaft zu Gott, so würde Gottes Wesen erst in der Wirksamkeit um der Menschen willen seine Vollendung finden6. Aber schon die einfache Beobachtung, daß vieles in der Welt geschieht, was gegen Gott gerichtet ist, widerlegt diese Möglichkeit 7 . Eine eigene Lösung gibt Alexander nicht, sondern er beruft sich darauf, daß das Problem neu sei und noch nicht genügend durchdacht; ihm genügt die Widerlegung der Stoa 8 . Nach Alexander wird die mögliche Vernunft durch Lehre und Sitte in den Zustand des habituellen Besitzes versetzt9. Die Lehre — oder für die a P. 66,33—67,5 (Bruns). Cf. Athanasius, De inc. 6,10. 4 P. 68,32—35. P. 68,27—32. 6 P. 69,24—26. 8 P . 69,28—31. 7 P. 70,lsq. 8 P. 70,24 sqq. Hier dürfte m. E. ein deutlicher Bezug auf die christliche Gnosis sichtbar werden. 8 Cf. De anima p. 81,22—83,2 et sqq. 1
8
Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
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praktische Vernunft die Sitte — enthält in sich schon die Wirklichkeit, zu der sie verhilft; deswegen hat sie solche Kraft in der Form der Ursache. Würde die Anwendung des Erlernten unmittelbar auf seinen Erwerb folgen, so wäre die Lehre auch unmittelbare Ursache der Wirklichkeit selbst1. Die Frage ist jedoch, woher die Lehre die Wirklichkeit hat! Um auf das hier sichtbar werdende Problem zu antworten, greife ich auf die Schrift „Über die Vorsehung als Schicksalsmacht" (De fato) zurück. Den stärksten Beweis dafür, daß Vorsehung und Natur — ihre Gleichsetzung wäre Schicksalsmacht (ειμαρμένη) — nicht identisch sind, sieht Alexander in der Tatsache, daß die Menschen keineswegs durch das Göttliche geprägt sind, sondern daß sogar die „meisten" keine Tugend besitzen2. Alexander sieht die logische Folge seiner Feststellung, wenn er umgekehrt argumentiert: Wäre der Zustand des Menschen durch seine Natur ( = Wesen) bedingt, so könnte es keine Vorsehung geben, da die Natur des Menschen dann die erbärmlichste aller Naturen genannt werden müßte; denn die meisten Menschen sind schlecht3. An dieser Wendung des Gedankens zeigt sich, daß nicht alle Menschen schlecht sein dürften; denn in diesem Falle müßte man schließen, daß die Menschen von Natur aus schlecht sind. Als Grundsatz gilt nämlich, daß das, was immer oder in den meisten Fällen zutrifft, ein Kennzeichen der Natur ist 4 . Es müßte also zumindest eine Ausnahme geben, die so überzeugend ist, daß die Möglichkeit, Denken und Tugend durch Lernen zu erwerben, durch sie begründet würde. Den Menschen ist die Entwicklung zur Vernunft, der theoretischen wie der praktischen, nicht angeboren; „denn wir sehen, daß nicht alle, auch nicht die meisten — das ist ein Kennzeichen der Dinge, die von Natur aus geschehen — Tugend besitzen, sondern wir müssen uns damit begnügen, irgendwo einen einzigen zu erwischen, der durch Übung und Lernen die Überlegenheit der menschlichen Natur über die übrigen Lebewesen zeigt, indem er aus eigener Kraft das, was unserer Natur fehlt, aber notwendig zu ihr gehört, hinzuerworben hat" 5 . Jedoch zeigt Alexander kein weiteres Interesse an diesen Ausnahmen; er ist so fest davon überzeugt, daß es Schlechtigkeit und Tugend mit Tadel und Lob gibt — ein ständiges Argument bei ihm, aber auch bei Aristoteles — und daß der Mensch die Fähigkeit, frei zu handeln, besitzt, daß ihn die Wirklichkeit der Welt nicht erschüttern kann. Die Natur tut nichts umsonst, das ist seine Begründung®. Gibt es also eine Fähigkeit als Anlage, was allerdings nur die von ihm vernachlässigten Ausnahmen bestätigen könnten, so muß auch ihre Ausbildung möglich sein; konkreter: gibt es die Fähigkeit des βουλεύεσ&αι, so kann es die Vorsehung nicht als Schicksalsmacht geben. Wäre Alexander jedoch konsequent gewesen und hätte 1 8 6
Cf. Aporie II 1 (p. 82,16—20). P. 199,14—22. P. 198,20—23.
16 Μ Uhlenberg, Apollinaris
P. 198,8—20. P . 198,19sq. « Cf. p. 178,11 sqq.
2
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sich gefragt (das wäre nur ein kleiner logischer Schritt gewesen), was es bedeutet, daß die meisten Menschen oder fast alle schlecht sind, so hätte er nach der Ursache dieser Tatsache im Bereich der Natur des Menschen suchen müssen, da die Häufigkeit der Fälle eine naturhafte Ursache hat. Was hätte die Überzeugung, daß die Natur des Menschen nicht zum Schlechten neigt, obwohl fast nur diese Haltung zu beobachten ist, eigentlich erschüttern können? Wo nimmt die Lehre die Wirklichkeit her, die den Menschen zu seiner Eudaimonia bringen soll? Gegenüber der Stoa kann Alexander argumentieren, daß die meisten Menschen schlecht sind und daß dies nicht auf die Natur des Menschen zurückgeführt werden muß; denn mit der Stoa teilt er die Auffassung, daß die Natur des Menschen gut ist, wenn bei ihm auch nur als Möglichkeit zum Guten, um das Schlechte von der Vorsehung unterscheiden zu können. Er selbst verlegt das Gute und Göttliche in die Transzendenz; da er mit der Stoa nicht über das Dasein des Guten und Göttlichen zu streiten brauchte, wurde er nicht gezwungen, nach der Wirklichkeit des Göttlichen in der Welt des Menschen zu fragen. Für Apollinaris erweist sich Gott in der Person des Inkarnierten als Herrscher über die Affekte. Nach der Auffassung der ganzen griechischen Tradition ist die Vernunft die Herrscherin über die Affekte; denn sie setzt den Affekten das Gute als Ziel, das eine Erfüllung über die Vergänglichkeit hinaus gewährt. Apollinaris macht sich diesen Gedanken zu eigen, wenn er sagt: „Dem Fleisch ist das Beherrschtwerden von Natur aus gesetzt."1 Der Mensch würde die Erfüllung seiner Bestimmung erreichen, wenn dieser Zustand einträte, weil die Affekte, insofern sie herrschen, den Menschen an die Vergänglichkeit ketten. Der Mensch wäre deswegen erlöst und hätte Vernunft, wenn diese Vernunft unwandelbar wäre und nicht wegen der Schwachheit ihres Wissens dem Fleisch anheimfiele2. Alles hängt also von der Erkenntnis ab, die die Vernunft konstituiert. Die klassische Philosophie sieht in der Paideia das Mittel, den Menschen zu der Erkenntnis, die sich nicht von den Affekten täuschen läßt, sondern stark genug ist, über die Affekte zu herrschen, hinzuführen. An Piaton anknüpfend, der durch die musische Erziehung das Streben nach dem wahren Guten im Menschen erwecken wollte, entfaltet Aristoteles seinen ethischen Entwurf. Er will das Phänomen des handelnden Menschen gedanklich anschaulich machen, indem er es auf den Vorsatz zurückführt 3 ; der Vorsatz, der eine Handlung auslöst, ist für Aristoteles geeignet, die Handlung in einem gedanklichen Prozeß darzustellen. Das, was eine Handlung ist, kann nur in dem Begriff des Vorsatzes offenbar werden, weil 1
2 Fr. 76 (J p. 195,18sq). Fr. 76 (J p. 195,19—21). Ich setze die Interpretation der aristotelischen Ethik von D. J. Allan voraus (s. Literaturverzeichnis). 8
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nämlich in ihm enthalten ist, was jemand tut und warum er es tut 1 . Der Vorsatz setzt das Ziel voraus, auf das sich die Denktätigkeit und das (irrationale) Streben des Menschen beziehen. Deswegen vereinigt der Vorsatz Denktätigkeit und Streben in sich; er umgreift die Denktätigkeit, etwas zu einer Ursache in Beziehung zu setzen, und das Streben nach dieser Ursache, das aus ihrer Erkenntnis folgen soll2. Während Aristoteles am Schluß der „Eudemischen Ethik" das Phänomen einzuordnen sucht, daß es Handlungen gibt, die ohne den Vorsatz das Gute verwirklichen, erwägt er in der „Nikomachischen Ethik" die Möglichkeiten, auf die Ausrichtung des irrationalen Strebens Einfluß zu nehmen. Die Mehrzahl der Menschen — Ausnahmen müssen Aristoteles wie auch Piaton bestehen lassen, da sie sonst vergeblich nach einem Gesetzgeber Ausschau halten würden— strebt nach einem solchen Gut, das ihnen als angenehm erscheint, und überdecken so die natürliche Anlage, das 'Häßliche' zu meiden; sie lassen sich von ihrem Streben nach dem Angenehmen treiben, ohne das Streben auf seine Wahrheit zu prüfen. Das wahre Gute und Angenehme kennen sie nicht, da sie es nie empfunden haben und deswegen auch nicht nach ihm begehren. Deswegen fruchtet es nichts, wenn man ihnen durch Lehre das wahre Gut vor Augen stellte, da sie sich in ihren vermeintlichen Freuden wohlfühlen. Piatons Weg, ihnen zu zeigen, daß ihre Freude auch mit Unlust vermengt ist (cf. Philebos), lehnt Aristoteles ab, weil dieser Weg sich schon an die Vernunft des Menschen wendet. Er sieht als einzige effektive Möglichkeit nur den Ausweg, die Unlust vor dem scheinbaren Guten künstlich durch die Strafe hervorzurufen 3 . Denn „unter keinen Umständen richtet argumentierende Rede bei allen etwas aus" (EN 1179 b 23 sq), höchstens bei wenigen Ausnahmen, die von der Natur auf unerklärliche Weise dazu befähigt sind 4 . Deswegen faßt er konkret den Menschen, der seinen Affekten immer schon folgt, ins Auge, genau die Situation der christlichen Theologie, die den Menschen nur als Sünder kennt. Die Eigenständigkeit des irrationalen Seelenteiles, das vom Vorstellungsvermögen abhängige Streben, kann nicht durch ein höheres Seelenvermögen, also die Denkseele, gebrochen werden, sondern nur durch Gewalt. Durch Gewalt muß dieser Seelenteil zum rechten Verhalten gegenüber den Affekten gebracht werden, so daß er schließlich aus Gewohnheit sein Streben auf das von Natur aus Gute richtet 5 . Wenn die „natürliche Tüchtigkeit" erreicht ist, kann sie durch die überlegte Wahl vervollkommnet und überhöht werden, da nun die Überlegung im Hinblick auf das Ziel erstens einen Gegenstand hat, der von Natur aus gut ist und deshalb Handeln als Tüchtigkeit ermöglicht, und zweitens die Überlegung dem Streben ein unmittelbar zum Handeln führendes Ziel gibt, 1 8 1
16»
EE 1226a 11—13. Cf. EN 1179 b 10—16. Cf. EN 1179b 7—9.
a
Cf. EE 1226b 10—12.19sq.
6
Cf. EN 1179b 24—29.
244
Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
dem das Streben dann auch folgt. Die Aussicht auf Erfolg, die Haltung der „natürlichen Tüchtigkeit" zu bewirken, ist dann am größten, wenn sich eine gegenteilige Gewohnheit noch am wenigsten eingestellt hat, also beim Menschen in seiner Jugend. Der Versuch, den Menschen darauf auszurichten, das von Natur aus Angenehme zu suchen und sein Gegenteil zu meiden, knüpft nun an das Streben an und setzt voraus, daß das Fliehen vor Unlust niemals pervertiert werden kann. Die Furcht, Unlust bringend par excellence, wird als Furcht vor in Gesetzen angedrohten Strafen angesprochen. Das Gesetz hat nach Aristoteles somit allein die Kraft, den von seinen Affekten getriebenen Menschen umzuwandeln, weil es immittelbar auf die Affekte einwirkt; das Gesetz ist also die Form der Vernunft, die die Affekte bezwingen kann 1 . Die christliche Theologie geht jedoch davon aus, daß auch das Gesetz nicht fähig ist, den Menschen umzuwandeln; ihre Begründung wäre im Vergleich mit dem aristotelischen Entwurf zu untersuchen, was hier nicht geschehen kann. Abgesehen von dem Problem, das Meiden des Schlechten durch Gesetzesstrafen künstlich anzusprechen, ergibt sich auch die Frage, wie das Gute, das das Erstrebenswerte sein soll, in die Vorstellung des Menschen gebracht werden kann, wo es sich doch als Gutes nur im Zusammenhang mit dem wahren Intelligiblen, d. h. Gott, erkennen läßt. Zwar ist der Zusammenhang mit dem wahren Guten nach der klassischen Philosophie keine Setzung des Denkens, sondern wohnt den Dingen inne, aber er ist nicht so offenbar, daß er der sinnlichen Wahrnehmung, von der der Mensch immer ausgeht, zugänglich wäre; denn dadurch, daß die Wahrheit in den sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen nur eine abbild- und schattenhafte Wahrheit ist, ist auch die Uberzeugungskraft der Wahrheit so erheblich eingeschränkt, daß das Streben der Affekte sich ebenso auf sie wie auf scheinbares Gut richten kann. Genau das scheint Apollinaris zu meinen, wenn er von der Schwachheit des Wissens der menschlichen Vernunft, die den Affekten immer unterliegt, spricht. Dabei setzt er wie Aristoteles in der „Nikomachischen Ethik" voraus, daß die Affekte sich immer von dem Angenehmen anziehen lassen, wobei das nächstliegende Angenehme in keinem Falle das wahre Gute ist. Athanasius setzt in seiner Christologie an dieser Stelle ein, wenn er sagt, daß der Logos, der Vermittler der Gotteserkenntnis, in einen Körper eingegangen sei. Dadurch werde der Logos unmittelbar als Gott sichtbar, weil er diesen seinen Körper zur Unvergänglichkeit gestalte. Das Bestehen auf der Einheit der Person Christi ist von diesem Gedanken her gefordert! Apollinaris geht noch über Athanasius hinaus, weil er den Inkarnierten als inkarnierte Vernunft denkt. Denn es soll in der Person Christi nicht 1
Cf. EN 1180a 21—24.
Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
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nur der Schöpfer der Welt (der Logos) sichtbar werden, sondern Gott als Herr überhaupt. Weil Gott das Fleisch sich gleichmacht, d. h. weil er sich als Herr über die Affekte erweist, offenbart er sich als Herr über die von den Affekten beherrschte Welt des Menschen. Er wird inkarnierte Vernunft, die in sich selbst das Gute ist, so daß das Gute als wirkende Ursache nicht eine zu erschließende Voraussetzung, deren Sein nur transzendent ist, bleibt. Durch die Inkarnation in einen menschlichen Körper wird Gott φύσις und ούσία, so daß in der Person Jesu die Wahrheit unmittelbar in dieser Welt ist. Deswegen hat die in Jesus offenbare Wahrheit die Überzeugungskraft, die die Affekte des Menschen überwindet; denn in seinem Körper ist das Gute für den Menschen Gestalt geworden, so daß es wirkende Ursache in dieser Welt sein kann. Zwei Grundgedanken in der klassischen Philosophie, die eng miteinander verknüpft sind, finden somit in der Christologie des Apollinaris eine m. E. überzeugende Lösung: Einmal, daß nach Piaton wie nach Aristoteles nur das Intelligible ursächliche Wirkung hat; zum andern, daß Aristoteles analog zu Piatons Ideen nur das είδος qua είδος Ursache sein läßt, so daß es im Hinblick auf das Bewegte und auf das menschliche Handeln als Telos noch nicht verwirklicht, sondern ein erst zu Verwirklichendes ist. Alexander von Aphrodisias interpretiert Aristoteles deswegen richtig, wenn er den νοϋς ποιητικός als im Zustande der Wirklichkeit, was nur Gott zukommt, voraussetzt. Die Wirklichkeit kann aber nicht nur transzendent sein, sondern muß dem Menschen zugänglich sein, sonst gäbe es keine Möglichkeit für das Wirken des ursächlich Intelligiblen auf den Menschen. Alexander setzt deswegen Lehre und Gewohnheit als das, in dem das Intelligible schon Wirklichkeit hat. Gerade dieser Gedanke wird von einem Philon und einem Clemens von Alexandrien heftig kritisiert: Philon zeigt, daß die Lehre selbst auf einer Einwirkung des höchsten Intelligiblen, also auf einer Offenbarung Gottes, beruhen muß; Clemens zeigt, daß die Gewohnheit nur den Zustand der Gottesferne repräsentiert und nicht mit der Wirklichkeit des Intelligiblen in eins gesetzt werden kann. Beide ziehen damit nur Folgerungen aus den Grundsätzen der klassischen Philosophie selbst. Aber erfüllen sie die Forderungen, die sie sich selbst stellen? Philon setzt für sein Denken die geschichtliche Realität der Patriarchen voraus 1 ; Apollinaris dagegen stuft die Patriarchen als τύποι ein, denen in Christus die Wahrheit gegenübersteht2. Damit wendet er sich noch nicht einmal gegen Philon selbst, sondern stimmt mit ihm überein; denn Philon würde von den Patriarchen nicht behaupten: „teilgebend an der reinenVer1 Cf. Abrah. 3—6; weiterhin ist zu vergleichen: conf. 147sq; det. 162; congr. 39—43. 208 sq. 3 Cat. in Rom. 5 , 1 — 6 (Staab p. 62,19sq); cf. Cat. in Ps. 1 0 1 , 1 4 (s. o. S. 233 Anm. 3)
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Gotteserkenntnis durch die Inkarnation Gottes
nunft allem der Vernunft Unterworfenen" x, obwohl er zum Beispiel von Joseph sagen kann, er sei „die Vernunft in einem Körper", die in der Tugend lebe und über die Affekte herrsche, statt daß die Affekte über sie herrschen 2 . Deswegen gibt auch Moses den Geist an die Siebzig (Num. 11,25) nicht als sein Eigentum weiter, sondern als das Göttliche in sich, das dann als Göttliches wirkt 3 . Die Interpretation des Apollinaris zur gleichen Stelle ist durchaus philonisch zu nennen: „Das steht nicht in der Macht des Moses. Denn wir können an dem Wirken, das unser Eigentum ist, teilgeben; was aber auf uns wirkt, können wir nicht weitergeben." 4 Was hat der Christ nach Apollinaris Philon voraus, da dieser Gedanke wegen seiner Begründung auch für ihn gelten muß? Darauf gibt die Catene in Joh. 17,18 eine Antwort; ihr Text lautet: „Hier besteht eine große Ungleichheit. Denn, wie er (sc. Jesus) sagt, sendet er die Jünger so, wie er vom Vater gesandt wird. Das Kommen aus dem Himmel zur Erde und die Aussendung der Jünger auf der Erde stehen aber nicht auf der gleichen Rangstufe. Denn sie werden nicht als solche, die von Natur aus Lehrer sind, wie es der Herr ist, gesandt, sondern nachdem sie lehrbare Kraft und Weisheit zu ihrer Natur hinzuempfangen haben; so breitet sich das Gute durch Nachahmung in der Welt aus, und das aus dem Himmel vom Vater Gesandte kommt durch die von ihm (sc. Jesus) ausgesandten Jünger zu allen." 5 Dadurch, daß Jesus das Gute als νοϋς Ινσαρκος selbst ist, wird das Gute lehrbar und nachahmbar; denn Lehre und Nachahmung setzen immer das von Natur aus Seiende voraus 6 . Die Kritik des Apollinaris an Philon würde also lauten, daß Moses nicht von Natur aus Lehrer ist, weil der Inhalt seiner Lehre ein von seinem Sein unterschiedener ist. Jesus als die inkarnierte Vernunft dagegen ist die wahre Tugend als φύσις und ουσία7 in dieser Welt und macht auf diese Weise das Gute überhaupt erst lehrbar; denn er entkleidet es seiner reinen Transzendenz, so daß es immanent wird. Die Lehre und die Wirklichkeit der christlichen Gemeinde sind nur eine andere Form der immanenten Gegenwart, nämlich Jesu Gegenwart als heiligender Geist oder als gestaltende Vernunft, was für Apollinaris dasselbe ist. Das Gute ist also in die Lehre eingegangen und ist in der Lehre wirkende Ursache 8 . Das muß als Interpretation des 1
Fr. 80. Heres 256: είκότως καΐ 'Ιακώβ τεθαύμακεν, εί πρί>ς άρετήν καΐ άρχει τοϋ σώματος, άλλ' ούκ άρχεται 8 Cf. gigant. 24—27. 1 Cat. in Num. 11,25 (Devreesse p. 139). 5 Reuss Nr. 130. « Cf. Cat. in Joh. 10,14—15 (Reuss Nr. 60,4sq); ' Cf. Cat. in Joh. 14,5—6 (Reuss Nr. 100); s. o. 8 Cf. Cat. in Joh. 6,29 (Reuss Nr. 26,1—3). 2
ίτι έν σώματι νοϋς, Ιωσήφ, ζη πρός αότοϋ.
s. o. S. 175 u. 210. S. 211 f.
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fr. 80 der 'Apodeixis' gelten, wo es heißt: „ . . . und gibt an der reinen Vernunft allem der Vernunft Unterworfenem teil." Indem Apollinaris die platonische — eigentlich sokratische — Frage nach der Lehrbarkeit der Tugend beantwortet, löst er das Problem, wie der Mensch Vernunft gewinnt, was die Erfüllung seiner Bestimmung ist. Aristoteles hat gegen die Vermittlung der Tugend durch Lehre eingewendet, daß der immer schon von den Affekten bestimmte Mensch durch Belehrung nicht umgewandelt werden kann; nur die von der Natur bevorzugten Ausnahmen, die schon nach dem wahren Guten streben und das Schlechte, weil es schlecht ist, meiden, können von Belehrung Nutzen haben1. Die Macht, die Aristoteles den Affekten zuschreibt, kann durchaus mit der christlichen Anschauung von der Sünde auf eine Stufe gestellt werden. Das einzige Mittel, die Haltung des Menschen umzuändern, sei die Furcht vor der Strafe, die in Gesetzen anzudrohen sei. Clemens von Alexandrien weist mit Recht daraufhin, daß dabei noch der Glaube vorauszusetzen ist, daß die angedrohte Strafe auch eintritt 2 ; diese Kritik gilt allerdings nur, wenn Gesetze universales Recht sein müssen und nicht an den Rahmen eines Staates gebunden sein dürfen. Weil aber die christliche Lehre, wie Apollinaris sie versteht, sich nicht auf ein transzendentes Gutes, das nur dem schon Erzogenen als erstrebenswertes Gut erkennbar ist, gründet, sondern eine φύσις und ουσία dieser Welt zum Inhalt hat, ist hier die Uberzeugungskraft, die Aristoteles der Lehre bestritt, vorhanden. Das setzt auch Clemens von Alexandrien voraus, wenn er entgegen dem Einspruch des Aristoteles, ein λόγος άποτρέπων könne nicht von der Gewohnheit lösen, seinem Logos protreptikos die Kraft zuschreibt, von der Sitte zu befreien und den Willen zum Guten, das im Christentum anwesend sei, zu erwecken8. Aber er gründet sein Philosophieren nicht darauf, daß Jesus der inkarnierte Gott als das in dieser Welt verwirklichte Gute ist; sonst müßte die σάρξ Jesu das Erkenntnismittel seines Gottseins sein, weil es ihr innewohnt4. Und zwar nicht als Verhüllung der Herrlichkeit Gottes, die der Mensch direkt zu schauen zu schwach ist, sondern als die Offenbarung Gottes, die Offenbarung der Bestimmung des Menschen ist und die Herrschaft Gottes in dieser Welt begründet. Erst Athanasius machte den Körper, in den sich der Gott Logos inkarnierte, zum ausschließlichen Erkenntnisgrund Gottes, und erst von Apollinaris wurde die Frage nach der Einheit der Person des Inkarnierten gestellt. Apollinaris bestimmte diese Einheit als Wesenseinheit, weil einerseits nur in Gott selbst der Mensch die Erfüllung seiner Bestimmung findet, andererseits nur Gott selbst der Grund der Erlösung sein kann und nicht ein aus Gnaden angenommener Mensch. Es ist kein die Theologie aufa 1 E N 1179 a 33— b 29. Cf. Strom. II 30,3 sq. 8 Cf. Aristoteles, E N 1179 b 23—28! 1 Cf. Strom. VI 132,4; dazu T. Ph. Camelot, Foi et Gnose, Paris 1945, S. 80—82.
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lösender Rationalismus 1 , sondern gut begründet, daß der Inkarnierte keine menschliche Vernunft hatte, wie es in dieser Klarheit nur Apollinaris gesehen hat, denn weil Vernunft das Haben des Guten ist und weil in Jesus offenbar wird, was das Gute ist, darf es nicht von ihm selbst, seinem Wesen, unterschieden gedacht werden. Daran, meine ich, müßte jede Christologie festhalten; sonst ist das Gute für den Menschen nicht in dieser Welt offenbar und kann auch in der Verkündigung nicht gegenwärtig werden. Der Gedanke, daß Gottes Gottsein durch die vollkommene Offenbartheit in Jesus aufgehoben werde, hat immer wieder auf das geheimnisvolle Paradox der Einheit aus zwei Naturen, wie es in Chalcedon formuliert wurde, zurückgreifen lassen. Als das, was Gott für uns Menschen ist, ist er allerdings in Jesus offenbar zu denken; was er in sich selbst ist, bleibt verborgen, und damit bleibt Gott-Vater soweit verborgen, wie er nicht in Jesus offenbar ist. Apollinaris nahm aus diesem Grunde noch eine himmlische Welt an; das können wir heute so nicht sagen, sondern wir müssen nach einer neuen Form der Aussage suchen. Damit ergibt sich m. E. als Aufgabe einer Christologie, die unbegreifliche Absolutheit Gottes als Grund der offenbaren Gottheit Jesu zu denken. 1
Diese These vertreten H. A. Wolfson, Philosophical Implications of Arianism and Apollinarianism, Dumbarton Oaks Papers XII (1958) S. 3—28 und A. Adam, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, Gütersloh 1965, S. 318f.
Stellenregister Altes Testament Num. 11,25 Ps.37 72,24; 77,70; 146,6 Prov. 8,22 sq. Eccl. 5,1 Zach. 13,7 Is. 53,9 Ier. 38,33 sq. Ez. 36,26 Dan. 3,86
246 204f. 200 140 85 76 176 184 184 84
Neues Testament Mt. 4,11 5,6 11,10-13 11,19 13,54 sq. 18,25 19,10-12 21,23 22,23-33 23,34 24,30sq. 26,39 Mc. 8,28 Lc. 1,35 2,52 Joh. 1,11 1.14 1.15 3,13 3,19 4,13-16 4,23 5,17 5.27 6,38-42 7,15 sq. 7.28 sq.
84 171 182 80 69, 160 204 162 69 167 f. 185 86 80 131 66, 69, 74, 136, 142, 145 160 236 66, 75, 139, 145, 149, 228 76 66, 74, 136, 142 f., 145 174 182 84 79 69 143 69, 161 161
7,39-44 8,38 8,58 9,10-17 10,8-10 10,18 10,30 10,36 12,24 12,27 sq. 12,39 14,5-6 14,10.28 14,12 14,16sq. 17,10 17,11.20-23 17,18 17,19 20,1-18 Acta 1,2.10 sq. Rom. 1,9 2,14 7,7 7,23 8,7 l.Cor. 1,24.30 2,15; 3,1 3,3 5,1 8,6 15,19 15,26 15,44 15,45-48 2. Cor. 5,16 Gal. 4,4 sq. Eph. 1,7 Phil. 2,5-11 2,13
185-187 161 76 131 183 79 86, 210 177 80 170 174 211 f. 210 209 236 236f. 210 132, 246 132 214 200 84 173 181 75, 150, 165, 170, 176 75, 84, 150, 170, 176 160 84 75 84 76, 139 168 85 84 75,143f., 146,150,165, 170 80 f., 207 232 76 68, 76f. 184
Stellenregister
250 Col.
1,9 1,15 1,17 l.Thess. 5,23 l.Tim. 3,16
Hebr.
1,1
Alexander Apbrodisiensis de An. (p. 81,22sqq.Bruns) Quaest. II 1 II 21 Fat. (p. 178,11 sqq.; 198,8-199,22 Bruns) Anastasius Sinaita monoph.
185 140 76 84 66, 75, 145, 149 76 240 241 240 241 97
Anaxagoras, В 12
Apollinarius Laodicenus KMP (L p. 167-184) §1 §2 §4 § 5; 8 § 10
§§ 11 sq. §§ 14-17 §§ 17 sq. § 18
§19 §§ 20-24 § 24; 26 §§ 27-43 §§ 27-31
§27 §28 §30 § 32 §33 §35 § 37 De unione (L p. 185-193) §2 §4 §5 §8
§9
158 94 f. 234 170 f. 187, 237, 239 187, 235 234 102 f. 234f. 239 42, 235 234 103 235 103 93, 95, 100-104, 200-202, 219-222, 234 187, 236 137 198 204 187 102f., 187 f. 187 104,108,111 94, 104 235 179 94, 206 188
§ 10 §§ 12 sq. § 13 fid. inc. (L p. 193-203) § 5 sq. §7 De fide fr. 1 (De unione) fr. 2 (De inc.) fr. 3sq. fr. 6 (In trad, renunc. et fidei) fr. 9 Enc. Mariae fr. 11 sq. Apodeixis1 fr. 13-107
132 177-179 225 104f. 233 234 92, 102f. 96f. 92 205
93-95 233 64-70, 73, 86-90 inscriptio (J p. 132,27sq.) l l l f . fr. 13 (J p. 135,12-17) 65, 73, 112, 214 65, 74, 77f., fr. 14 (J p. 135,17-24) 113-115,130, 143 f. 65, 74, 130, fr. 15 (J p. 138,12-16) 135, 143, 215 66-74, 135f., fr. 16 (J p. 138,18-21) 143, 145 66, 74, 136, fr. 17 (J p. 138,25-29) 145 fr. 18 (J p. 139,21-23) 66, 74, 136-138,145, 233 145 fr. 19-31 66f„ 74f., fr. 19 ( J p. 140,3-5) 146f., 149 f. fr. 20-23 147 fr. 20 sq. (J p. 140,12-14) 66, 75, 145, 149 f. fr. 22 (J p. 140,17-19) 66, 75, 149f., 166, 169 f., 173, 197 fr. 23 (J p. 142,5-9) 75,150 fr. 24 (J p. 142,19-143,1) 67, 75, 135, 140, 143f., 150 fr. 25-31 144 65, 75, 143f., fr. 25 (J p. 143,1-3) 147, 150, 156 75 fr. 26-31 67, 150, 169 fr. 26 (J p. 144,23-25) 67, 150 fr. 27 ( J P· 145,13-16) 67,169,175 f. fr. 28 (J p. 146,7-11)
1 Die beigefügten Seitenzahlen dienen nur dem Zweck einet Konkotdanz zu Lietzmanns Ausgabe.
Stellenregister fr. 29 (J p. fr. 30 (J p. fr. 31 (J p. fr. 32 sqq. fr. 32 (J p.
146,14sq.) 146,22sq.) 146,27sq.)
67 176 147 77, 147, 218 147,12-15) 65, 76, 133, 145, 156, 236 fr. 33-39 76, 146 fr. 38 (J p. 155,18-25) 65 fr. 40 sq. (J p. 158,9-17) 76 fr. 41 67 fr. 42 (J p. 162,10-19) 67, 77, 213, 218 fr. 43-47 77 fr. 43 (J p. 163,8-15; 164,13-19) 213 fr. 44-47 68 fr. 47 (J p. 166,12-14) 237 fr. 48-65 81 fr. 48 (J p. 166,17-167,1) 68, 74, 77f., 147 f. fr. 49 (J p. 168,28-30) 65, 78, 130 fr. 50 (J p. 169,5-8) 78 f., 148 fr. 51 (J p. 169,21-23) 68, 78 f., 82, 130f. fr. 52 (J p. 170,16-19) 68, 79, 113, 215, 222 fr. 53 (J p. 171,24-172,3) 78f., 148,235 fr. 54 (J p. 172,16-18) 78, 148, 215 fr. 55-69 81 fr. 55 (J p. 174,10-12) 79, 215 fr. 56-58 (J p. 174,30; 175,9.18) 68 f., 79 157, 160f. fr. 57 fr. 58 160 fr. 59-61 79 69 fr. 59 (J p. 176,4sq.) 65 fr. 60 (J p. 176,10-13) 69, 80, 170, fr. 61 (J p. 177,6) 204 fr. 62 (J p. 177,23 sqq.) 80 fr. 63-69 80 f. fr. 63 (J p. 179,8sq. 14-17) 65, 69, 215 fr. 64 (J p. 183,4-9) 71 fr. 67 (J p. 185,1-6) 83, 207, 215 fr. 69 sqq. 148, 165f. fr. 69 (J p. 186,21-23) 69, 82 150 fr. 70-80 fr. 70 (J p. 187,16sq.; 188,23-27; 189,15-19) 65, 81 f., 131, 133 fr. 71 (J p. 190,3sq.l3-16) 69, 82
251
65, 82, 150, 175 69, 82 fr. 73 (J p. 191,8 sq.) 82, 201 fr. 74 sqq. 65, 156f., fr. 74 (J p. 192,9-18) 179,199-202, 206 fr. 75 (J p. 192,25-28) 69, 157, 159, 175 151 fr. 76-80 fr. 76 (J p. 195,16-21) 65, 69, 83, 157,172-176, 180, 188, 197-202,206, 220, 242 fr. 77-79 83 fr. 77sq. (J p. 196,12sqq.) 217 fr. 79 (J p. 197,29 sq.) 69 fr. 80 (J 199,5-7.14sq.) 65, 69, 83, 175, 180, 188 f., 199, 202, 214, 246f. fr. 81 (J p. 199,18-20) 69, 83, 201, 218 fr. 82 (J p. 201,25 sqq.) 83 f., 201,215 fr. 83 (J p. 202,14-16) 69, 84, 218, 223 fr. 84-86 (J p. 204,1 sqq.) 70, 84, 206, 217f. fr. 87 (J p. 206,29-31; 207,6-11) 65, 70, 84, 179, 202f. fr. 88-92 203 fr. 88 (J p. 209,1 sqq.; 212,22 sqq.) 84 fr. 89 sq. 179 fr. 89 (J p. 209,12-15; 213,7-15) 70, 84f., 150 fr. 90 (J p. 213,21-25) 70,150f., 221 fr. 91-93 70, 84f. fr. 91 (J p. 214,19-21) 201, 203, 205 fr. 94 (J p. 218,11-14) 70, 85, 215 fr. 95 (J p. 219,1-6) 70, 85, 206 fr. 96-104 206-208 fr. 96 (J p. 219,14-16; 223,11 sq.) 85, 215 fr. 97 (J p. 227,10-12) 70, 86, 156, 213 f., 218 fr. 98 (J p. 228,18-24) 70, 86, 137 fr. 99 (J p. 230,31-231,6) 86 fr. 100 (J p. 231,7-9) 70, 86
fr. 72 (J p. 190,26sq.)
252 fr.101-104 fr. 102 sq. fr. 104 (J p. 232,16-18) fr. 106sq. fr. 106 fr. 107 In epiphaneian fr. 108sq.
Stellenregister
70, 86, 221 170 70, 235 70, 82 139 179 96 fr. 1 1 0 235 Syllogismoi fr. 112; 116 206 Logos syllogistikos fr. 117-120 222 fr. 117 95-97, 205, 214, 218 fr. 119sq. 218 In Diodorum fr. 121-139 93, 216 f. fr. 121-125 219 fr. 124 137 fr. 126 92, 206, 219221 fr. 127-129 219-221 fr. 129 166 fr. 134 sq. 166, 219 fr. 136-139 219 fr. 138 sq. 166f. fr. 140-146 93, 216-221 fr. 140 230 fr. 142 233 fr. 143 235 fr. 146 92 Anakephalaiosis (L p. 242-246) 102f. §1 131 f. §§ 10sq. 197 166 § 16 198 §25 §29 170, 197 Ep. ad Julianum fr. 150sq. 157-160,175, 201 f. 220 Logoi fr. 153-156 206 fr. 153 237 fr. 155 112 fr. 156 Ep. ad Jovianum § 1-3 (L p. 251 sqq.) 223 §1 137, 233 §2 170, 204 Ep. ad Serapionem fr. 159-161 61 f., 109, 206, 218 Ep. ad Terentium fr. 162sq. 54, 62, 206, 218
Ep. ad Confessores (L p. 255 sq.) §1
§2
Ep. ad Dionysium A (L p. 256 sqq.) §1 §4 § 10 Ep. ad Dionysium В fr. 164 Confessio Synodi (L p. 262sq.)
55, 93, 109, 222-224 112 61, 131, 178 108, 111 94, 138f. 138 94 206
112,166,204, 206 (Nemesius) fr. 169 18, 179 fr.170 178 Cat. in Lev. 17,11 (Devreesse) 166 Cat. in Num. 9,12 187 11,25 246 167 Cat. in I Reg. 18,11 sqq. 177 Cat. in Ez. 37,3-4 (Mai) 177 37,5 187 37,5 sq. Mt.-Cat. Nr. 9,6 sq. (Reuss) 234 171 11 182 60 239 72,2 sq. 232 73 137 84 204 90 162 f. 95 162 96,1-3 113 167-169, 204 115 174 118 185 127 137 174f. Joh.-Cat. Nr. 14 (Reuss) 182 17 113 25 26 113, 246 28 23 36 161 37 185-187, 236 41 170 46 161 f. 50.6 174 51,7-10 131 54.7 112 58 183
Stcllentcgistcf 160,175,204, 246 170,208,236, 61 239 69 131 213 73 170 83 85 167 172 87 90 239 182 97 98,6 174 211-213, 246 100 113, 163f., 101 208-211 103,3-7 236 104 236 109 204 160 114,10sqq. 120 162 235 126,1-7 127 188, 237 130 132, 246 139 204 214 148,13-15 153,6 sq. 175 ι. l,16sq. (Staab) 184, 239 2,14 173 5,1-6 239, 245 7,7 181-184 7,8 173 8,33 sq. 204 162 11,8 Ungedruckte Texte Cat. in Ps. 37,4 205 48,13 172 87,6 206 101.14 233, 245 118,50 168 134.15 177 141,3 235 92 Cat. inHebf. 1,13 60
Aristoteles EE 1226all-13; 1226b10-20 EN 1179аЗЗ-Ь29 1179Ь7-29 1180 а 21-24 Pol. 1340all MM 1190b36sq.
243 247 243 244 129 129
Athanasius Alexandrinus C. gent. 2-5 De inc. 1,3 4,3 6-10 6,8-10 8,3 11-15 14,3 sq. Or. с. Ar. I 5 II 69 ΙΠ 17-25 26-58 32-35 (IV 31) Ep. ad Adelphium § 8 Ep. ad Epictetum Tomus ad Antiochenos (Dial, de S.Trinitate) V
253 192-194, 225 192 231 195f., 204 239f. 206, 233 194-196 203 215 196 164, 210 227f. 221 112 101 62f., 219,232 46, 51, 60f., 222-230 93
Basilius Caesariensis Cappadociae Ep. 4 32 99 27, 29 28, 44f. 120 122 45 125 36 27-29,35-37, 129 41 f., 44-47, 50 130 30 32,35-37,42, 131 45 48 156,3 202 47 47-54 214-216 34-37,43,45, 223 49 32f., 35, 37, 224 42, 45 226 33-37, 42f., 45, 49 244 29-33, 36f., 43, 47f., 50, 55, 97 250 29 251 49 258 50-53, 59, 90 261 51 263 46,48, 51, 56, 97 265 47, 51
254 (361-364) (362 Apoll, ad Bas.) In s. Christi gen., (MPG 31,1473 C)
Stellenregister 37-44 178, 235 216
Celsus Pbilosophus Alethes Logos fr. 114 120f. 16; 18 120 50 121 IV 121 IV14 118 V2 121, 134 VI 10 118, 120 f. 45 121 80 120f. VII41 118, 120 45 119 f. 58 118 Chronicon pascbale cf. Philostorgius (Ps.) Chrysostomus, Joannes De anathema (MPG 48,943-952) 59 Clemens Alexandrinus Stromata II 30,3 sq. 1177,4 V 95,1 VI 132,4
247 209 208 247
Codex Tbeodosianus XVI 5,6 5,12 5,14sq.
57 58 59
Confessio Eudoxii (Hahn § 191)
61
Corpus Hermeticum X 25; X I I 1 - 3
134
Cyrillus Alexandrinus apol. orient. (ACO 11,7 p. 40,28-30) Ер. ad Succensum (ACO 11,6 p. 152,24-26) Or. ad Augustas de fide (ACO 11,5 p. 58,20sq.) C. Julianum (MPG 76,512 Q
17 17 101 128
Damasus Per Fidei
filium
47, 49, 51, 53 57
Diodorus Tarsensis C. Synous. 3 (Briire) 12; 20 22 23 26 27 28-31 30sq. fr. 36 (Abramowski) 41b (Abramowski)
232 232 217 231 101, 218 217, 232 217 231 218 231
Doctrina Partum
96
Ekthesis makrostichos (Äthan., De syn. 26)
140
Ekthesis Sirmium 351 (Äthan., De syn. 27,3)
226
Epiphanius Constantiensis Ancoratus 33,3 sqq. 119,3-12 Panarion 77,19 77,20 77,23 sq. 77,31,1 sq.
60 95, 104 200 47, 50f., 53 61, 97, 110, 180, 223 237
Eusebius Caesariensis C. Marcellum II 4 Dem. evang. III 7,5 sq. Praep. evang. 12,4 V Prooem.32 Eccl. theol. Π 21
141, 227 126 114 126 227
Facundus Hermianae Pro def. tr. cap. (MPL67.613AB; 618C-619B)
55 f.
Gregorius Na^tan^enus De vita sua 609-619 Ер. 101 102 125; 152; 202
46 58, 151 50, 53, 58, 60 58
Stellenregister Gregorius Nyssenus C. Eun. I 59sqq.
Ill
Ref. conf. Eun. § 172-181
90
Ad Theophilum (Opera ΠΙ1) Antirrheticus (Opera III 1) p. 132,15-135,7 132,26sq. 135,9-12 135,17sq. 135,24-31 135,29-31 136,13-138,9 136,13-26 136,18-22 138, lOsq. 138,30 138,30-139,1 139,7 139,19-21 139,23-26 140,13-17 140,13 140,22-141,22 140,22 140,28-141,3.7sq. 141,3-10 141,23-28; 142,21 sq. 143,1 143,3-22 143,20-24 143,22-24 143,25 sqq. 144,21 sqq. 144,25-27 145,28-146,2 146,6 sq. 146,18-27 147,16 147,20-148,25 148,4sq. 148,26sq. 151,10 151,21 155,17sq. 155,25-27 158,13sq. 158,32-159,3; 162,5 162,6-9 162,16 sq.
90 f. 71 f., 91 lllf. 65 65, 71 65, 74 114, 116 65 145 114f. 72, 145 65, 71, 135 66 136 74, 136 66, 74 71, 137 71 75 68 66 170 150 75 65 176 144 65, 116f. 71 75 169 176 67 176 65 146 76 71, 76 147 71 76 65 67 77 67 65
165,14-23 68 166,17 sqq. 77 f. 167,11.23 sq. 148 168,26-28 65 169,24sq. 131 170,15 sq. 78 f. 174,7-10.28 sq. 79 175,10-17 160 176,1-4 71, 79 176,9 sq. 65 177,5 79 177,23-26 80 177,26 71 177,26-30; 178,17-19 80 179,13 sq. 65 183,4sqq. 71 183,9-14 80 183,22-29 81 187,1-3 69 187,14-16; 189,28-190,3 82 188,22sq. 65 190,3sq. 13-16 69 190,24-26 82 190,28-191,1 65 191,1-3 165 191,7 82 191,7sq. 69 191,31-192,4 157 192,4-9.18-22 65 192,8sq. 71, 82 192,24sq. 82 193,6-8. lOsq. 65, 83 193,11-25 200 194,28-30 202 195,14-16 65 199,4sq. 12.17sq. 65, 83 202,14; 203,30; 204,29sq.; 205,19; 206,27; 209,3-10.18-25; 210,2-6.9sq. 84 207,4sq. 65 216,9; 217,9 85 216,16-217,9 207 218,32sq. 71, 85 219,7-10 206 219,10-14 85 207 f. 222,26-224,5 227,10 86 228,18 71, 86 70 f., 86 230,31-231,3 231,15-17 70 f. 231,19-22 207 232,14sq. 71, 86
256
Stdkntegister
233,4-9 233,11 Ер. III Heredotus Historicus Historiae II 142 Hieronymus Apol. adv. Ruf. II 20 sq. Ep. 15 16
84,3 Isidorus Gnosticus apud Clem. Alex., Str. II 113,4 Julianus Imperator Contra Galilaeos p. 117 (Neumann) 164,6-8 164,8-19 165,1-166,13 165,6 196,17-200,4
70, 86 71 90 134 57 47 f., 55 47 56
167
127
126
127 127 128 127
Justinianus Imperator C. monoph.
96
Justinus Martyr II Apol. 10,1 Dial. 127,6
133 133
Leontius By^antinus Adv. fraud. Apoll. (MPG 86,2 1969 B) 1976A
93-95, 104 54
Liborius Sopbista Orat. 13,47
135
Marcellus Ancyranus fr. 9-18; 41 (Klostermann) 61 92-95 107-115 Maximus Confessor Tom. spirit. (MPG 91,169 C/D)
140 141 140f. 141 f.
96
Nemesius Emesenus De nat. hom. 41
159
Nestorius Constant. Liber Heraclidis (ρ. 148 sq. Bedjan)
17
Origenes Comm. in Jo. I 37 268 VI 6 XIII25 Deprinc. 118,3 C. CelsumIV36 IV 38; VI 80; VII41 VII42 44
212 130 212 158 171 117,124 117 119 130
Philo Judaeus Abrah. 3-6 conf. 147 sq. congr. 39—43 ; 208 sq. det. 162 gigant. 24-27 heres 68-70 256 migrat. 128 opif. 71 156-165 plant. 49 Quaest. in Gen. I 33
245 245 245 245 246 129 246 208 129 113 208 113
Philostorgius HE (p. 230,14-22 Bidez)
45
Philoxenus Ep. ad Mon. Sen. (CSCO 232 p. 9,9 sq.) Tract, de Trin. et Inc. (CSCO 10 p. 46,15-19)
17 17
Photius Bibl. 229 (255a31-bl0)
42
Plato Leg. 966d-967a Resp. 508e-509b 621 ab
127 119 182
257
Stellenregister Symp. 202-204 Theaet. 176sq. Tim. 28c 29 e 30 b 71e Ер. VII341 с 342ab
124, 134 172f., 175, 180f., 184 118f., 127 185, 192 239 125 121 118
Plutarchus De def. or. 10 (415 С) 48
134 125
Polemon Apoll. fr. 174 (Lietzmann)
109
Socrates Scholasticus HE Π 46
110
So^omenus Salaminus HE VI 25,1 sq.
45
Tatianus or. 7 15
163 167
Tbeodoretus Cyrrhensis Haer. fab. IV 8 Eranistes HE V 3,9 4,1 9,11 sq. 19 10 11 38^2
42 91 f. 57 46, 57 57 56 53 59
Porphyrius Adv. Christ, fr. 1 (Euseb., ΡΕ I 2,l^l·) fr.39 (Euseb., HEVI19,7) Philos. ex orac. p. 109 sq. (Wolff) 160 180-182 Ad Marc. 11; 16; 21; 26
124 125 126 125
Valentinas Gnosticus apud Gem. Alex., Str. II 114,2-6
162
Rufinus HE Π 20
19, 97, 110
Vitalis Apoll. fr. 172 (Lietzmann)
223
122f. 122, 124
Vakntinus Apoll. p. 287,12sqq. (Lietzmann) 62
EKKEHARD
MÜHLENBERG
Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa Gregors Kritik am Gottesbegriff der klassischen Metaphysik. (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte, Band 16) 1966. 215 Seiten, hart. 28,— DM „Teil I behandelt das Wesen des Unendlichen bei Plato, Aristoteles, Philo, im Mittelplatonismus und in der alexandrinischen Theologie. Kernstück der Arbeit ist der im Teil II unternommene Versuch, Trinitätstheologie, philosophische Theologie und .Mystik' bei Gregor als Einheit zu begreifen... Der klare und gut lesbare Stil der Arbeit und die nicht zuletzt durch die Aneignung logischer Modelle erreichte Folgerichtigkeit der Gedankenführung machen es dem Leser leicht, sowohl die aktuellen Züge in Gregors Denken, als auch den Ort zu erkennen, den der Verfasser ihm in der Geschichte der Gotteslehre zuweist." Theologische Literatur^eitung
H A N S VON C A M P E N H A U S E N
Die Idee des Martyriums in der alten Kirche. 2., durchges. und ergänzte Auflage 1964. 196 Seiten, kart. 14,80 DM „Diese Untersuchung überzeugt durch die Übersichtlichkeit ihres Aufbaus, die Fülle der ausgewerteten Quellen aus den ersten Jahrhunderten der Kirche, die Genauigkeit ihrer Belege für jede wichtige Aussage, die einleuchtende Einordnung aller referierten Ansichten in den Zusammenhang der jeweiligen theologischen Gesamtkonzeption ihrer Vertreter und den ständigen Vergleich aller genannten Entwicklungsstadien mit dem Martyriumsbegriff des neuen Testaments." Die Zeichen der Zeit
HERMANN
DÖRRIES
Wort und Stunde Band 1: Gesammelte Studien zur Kirchengeschichte des vierten Jahrhunderts. 1966. 422 Seiten, Leinen 34,— DM (ein zweiter und dritter Teil mit Studien zum Mittelalter und zu Luther und seinem Erbe erscheinen 1969). I N H A L T : Konstantinische Wende und Glaubensfreiheit/Konstantin und die Häretiker/Basilius und das Dogma vom Heiligen Geist/Die Vita Antonii als Geschichtsquelle/ Die Beichte im alten Mönchtum/Die Bibel im ältesten Mönchtum/Mönchtum und Arbeit/Eine altkirchliche Weihnachtspredigt/Urteil und Verurteilung. Kirche und Messalianer: Zum Umgang der alten Kirche mit Häretikern/Diadochus und Symeon. Das Verhältnis der kephalaia gnostika zum Messalianismus. VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN UND ZÜRICH
FORSCHUNGEN
ZUR
KIRCHEN-
UND
DOGMENGESCHICHTE
Band 7: W E R N E R KRUSCHE, Das Wirken des Heiligen Geistes nach Calvin. 1957. 255 Seiten, Leinen 26,— DM Band 8: B E R N H A R D LOHSE, Ratio und Fides. Eine Untersuchung über die ratio in der Theologie Luthers. 1957. 141 Seiten, brosch. 13,50 DM Band 9: MARTIN ELZE, Tatian und seine Theologie. 1960. 137 S., brosch. 14,80 DM Band 10: D A V I D L Ö F G R E N , Die Theologie der Schöpfung bei Luther. 1960. 335 Seiten, brosch. 27,— DM, Leinen 30,— DM Band 11: H E L L M U T LIEBERG, Amt und Ordination bei Luther und Melanchthon. 1963. 394 Seiten, brosch. 28,— DM Band 12: B E R N H A R D LOHSE, Mönchtum und Reformation. Luthers Auseinandersetzung mit dem Mönchsideal im Mittelalter. 1962.379 Seiten, brosch. 34,— DM Band 13: O L E MODALSLI, Das Gericht nach den Werken. Ein Beitrag zu Luthers Lehre vom Gesetz. 1963. 241 Seiten, brosch. 25,— DM Band 14: G Ü N T H E R M E T Z G E R , Gelebter Glaube. Die Formierung reformatorischen Denkens in Luthers erster Psalmenvorlesung, dargestellt am Begriff des Affekts. 1964. 233 Seiten, brosch. 28,— DM Band 15: ADOLF-MARTIN RITTER, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol. Studien zur Geschichte und Theologie des II. ökumenischen Konzils von Konstantinopel 381. 1965. 316 Seiten, brosch. 36,— DM Band 16: E K K E H A R D MUHLENBERG, Die Unendlichkeit Gottes bei Gregor von Nyssa. Gregors Kritik am Gottesbegriff der klassischen Metaphysik. 1966. 216 Seiten, brosch. 28,— DM Band 17: K J E L L О V E NILSSON, Simul. Das Miteinander von Göttlichem und Menschlichem in Luthers Theologie. 1966. 457 Seiten, brosch. 48,— DM Band 18: FRIEDRICH BEISSER, Ciaritas scripturae bei Martin Luther. 1966. 199 Seiten, brosch. 22,— DM Band 19: HANS-MARTIN BARTH, Der Teufel und Jesus Christus in der Theologie Martin Luthers. 1967. 222 Seiten, brosch. 29,80 DM Band 21: H E L M U T ROSCHER, Papst Innozenz III. und die Kteuzzüge. Etwa 340 Seiten, brosch. etwa 38,— DM
1969.
Band 22: W E R N E R A F F E L D T : Die weltliche Gewalt in der Paulus-Exegese. Römer 13, 1—7 in den Römerbriefkommentaren der lateinischen Kirche bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. 1969. Etwa 320Seiten, brosch. etwa 40,— DM Band 23: E K K E H A R D MUHLENBERG, Apollinaris von Laodicea.
VANDENHOECK
& RUPRECHT IN G Ö T T I N G E N
UND
ZÜRICH