Amerika ohne Schminke. Eine Quellensammlung zur Darstellung des amerikanischen Lebens in der Wirklichkeit


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German Pages 452 [474] Year 1857

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Amerika

ohne Schminke.

Bine

Quelfenſammlung zur Darſtellung

asteritamiſchen Lebens in der Wirklichkeit.

9 on Franz Joſef Egenter.

Band I.

Heft i

Sürich . Drud unb Verlag von SH. Behel. 1857

‫‪1.‬‬

‫ن‬

‫اج‬

Erfter Theil.

Ginleitendes Vorivort.

Schreiber Dieſes hatte über fünf Jahre Gelegenheit, die amerikaniſchen Verhältniſſe nicht nur aus eigener Anſchauung, fondern aus eigenem Mitleben kennen zu lernen . &r machte ſich eigene und fremde Erfahrungen zu ſeinen Lehr meiſtern , und erbat fich manchmal nur noch das einzige Glüd vom Schickſal, ihm Zeit und Gelegenheit zu gönnen , all' bag Erfahrene, das er fo theuer mit mannigfachen Leiden gezahlt, ſeinen Mitmenſchen noch zum Beſten verwenden zu dürfen . — Er fab bei Weitem mehr Dunkles , ale Helles, in ben amerifaniſchen Zuſtänden , und eben dieſes Dunkle , bas ſo häufig bloß leicht obenhin berührt , ober gar bei Seite gelaſſen wird , will er hier ſchildern , mit einem Wort, bic amerifaniſde Nachtfeite. Nun weiß er aber, daß es der Leute nicht wenige giebt, die manche Nachrichten über Amerika , fobalb fte zu ber bor . gefaßten Meinung, ganz beſonders zu dem roſenfarbigen Iraum ihrer ſpeziellen Wünſche und Hoffnungen nicht paſ ſen , geradezu für übertrieben , erdichtet, oder gar för baar unmöglich halten .

VI Gben Dieſen weiß er daber auf keine Weiſe beſſer zu bes gegnen, als wenn er vorerſt ſelber ſchweigend ſich ver hält, und ſich einzig darauf beſchränkt, ihnen einen ſeit etlia chen Jahren aus der ganzen amerikaniſchen Preſſe geſammels ten Stoff in jener Urſprünglichkeit vor Augen zu legen, daß er gleichſam als bloßes Rohmaterial bienen fönne, woraus fie dann ſelber die einzelnen Züge Amerifas zuſammenſeßen mögen zu einem Bilde, oder einer beliebigen Reihe von Bil . dern . Er wird ſich dabei höchſtens ein nöthiges Wort ber Anmerkung oder Erklärung zum richtigern Verſtändniß, er: lauben. Nur eine Sammlung bon shatſachen ſoll meine erſte Anſprache ſein ; auch ſchon deswegen , damit id in ihnen zum Voraus einen feſten Grund von Zeugniſſen beſīße, wenn idh einmal ſelber bas Wort ergreife. Aber Soviel ſei mir ſchon jeßt zu behaupten vergönnt :

Weitauß die meiſten Beſchreibungen und Schilderungen Amerikas vor 1848 waren höchft einſeitige , wenn nicht gerade lügenhafte und betrügeriſche Speku lationsidriften , von feilen Federn im Intereſſe ber Mäkler und Seelenverkäufer , ja auf deren bloße Beſtellung fabriziert. Andere tragen wieder mehr oder weniger bas leichtfertige Gewand des erſten beſten Eindrucks, der überraſchenden Neu heit, der zufällig guten Aufnahme da und dort, im ſchnele len Durchreiſen begriffen , und ſchildern beowegen Manches in bezaubernden Farben , die im Fall der Noth auch die kleinſte Probe auf Dauer nicht beſtehen würden . Die ties fen Schattenſeiten waren ihnen unſichtbar , oder find abſichtlich aus dem Gemälde entfernt, oder ſo verſchleiert und verblümelt, daß ſie eher noch reizend als abfchredend wirften .

VII Daß mündliche und briefliche Parabiesſchilderungen ", felbft von ſogen . „,beſten " Freunden, Bekannten und Blutës verwandten , ſich vielfältig bei näherer Unterſuchung als gräßliche Lügen herausgeſtellt haben , zum Schaden und Ruin der Leichtgläubigen , liegt gegenwärtig in nur zu vies len und traurigen Beiſpielen am offenen Tage . „ Nicht Ades iſt Gold , was glänzt " : dieſes alte Sprichwort recht tief zu beherzigen , iſt nirgends ſo ſehr am Plaße , als für Jeden, den es auszuwandern gelüftet nach Amerika , dem allgeſegs neten Land der Freiheit " . Es iſt ſehr viel Glücksſache dabei ; aber im Ganzen ſind doch die Wenigften glückliche Spieler. Anterifa , das ich Euch vorläufig in einzelnen Schauſtücken biete, betrachtet es genau und lerne Jeder daraus , was ihm nöthig unb förberlich erſcheinen mag. -

* Für einen gewiſſen Leſerkreis , namentlich den kritiſchen , will ich Folgendes , zur beſſern Verſtändigung , voraus bes merken : 1)

Der Inhalt des Buches giebt ſich durchaus für

feine vollſtändige Schilderung der amerikaniſchen Zus ftände ; das Buch iſt mit wohlermogener Abſicht ein eins ſeitiges , und ſoll ein einſeitiges fein , ſchon deswegen , weil ſein Hauptzweof iſt : den in Deutſchland durch Hunderts tauſende von Privatbriefen , Broſchüren , Büchern u . ſ ., w. verblendeten Menſchen in auffallender , ja handgreiflicher Weiſe zu zeigen , daß Amerika fein Paradiesgarten , am allermenigſten das Sdílaraffenland iſt, das ſie ſich auss gemalt haben . 8 ſoll zeigen , daß Europa , tro vielen Mangeln, noch immerhin ein menfchliderer Wohnſis ift,

Vill als das „ gepriejene Amerika “ 16. u . ſeitigkeit“

Der Vorwurf der

Gina

trifft mit Recht nur jene Schriften , die ſich den

Anſchein geben , etwas Vollſtändiges und auſeitiges zu lies fern , indem

ſie nur Oberflächliches und Theilweiſes leiſten .

Wer mir einwenden wollte : Es wäre ihm ein Leichtes, aus einem aber etlichen Zeitungs - Jahrgängen Deutſchlands ober eine anderen Landes ein ähnliches Nachtgemälde zuſammenzuſtellen, ſo widerſpreche ich das geradezu, und ganz beſonders in Bezug auf Deutſchland, und zwar aus folgens den Gründen :

a . Die vergleichende Kriminal-Statiſtik rreißt es in Zah len nach, und ſelbſt eingeborne amerifaniſche Schriftſteller der verſchiedenſten Parteien müſſen die Thatſache des verbres cheriſchen Vorrangs zugefteben , wenn ſie gleich dieſelbe durch mannigfache Erklärungegründeleien zu mildern ſuchen. Selbſt im freien Amerika " ſtellt ſich das Verbrecher - Verhältnis bei faſt 5 Millionen Deutſchen in rühmlicher Minderzahl günſtig für den deutſchen Volksfarafter, Gingebornen und anderer Nazionalitäten . der Neu - Yorfer

b.

im Gegenſaß der Faſt jede Nummer

Kriminal- Zeitung " ſtellt dieſes Zeugniß aus.

Das amerifaniſche Verbrecherleben farafteriftert fich

hauptſächlich durch die Maſſenhaftigkeit und beiſpiele loſe Frechheit im Begeben von gerade folchen Verbre chen , die in Europa ( etwa England ausgenommen ) im Ver gleiche ſehr ſelten und zerſtreut erſcheinen , wie z . B. bas Verbrechen der Noth z ucht an 6- und Bjährigen Kindern, die grauenbafte tagtäglidie Geringſch aßung des Menſchen , lebens, und ganz beſonders durd eine Majie von jugends lichen und frühreifen Verbrechern , wie ſie in foldem Grade fein anderes Land der Erde aufzuweiſen hat.

IX Aber zwei Punkte hauptſächlich zeigen die ameris taniſche Schattenſeite in einem blutigen Schmuşdunkel , wie fonft nirgends auf dem fogen . ,, kultivierten " Erdenrunt : Ere ſtens der faft gänzliche Mangel an einer entſchieden öffents lichen Meinung , beren Urtheil in andern Ländern auch der glücklichſte Verbrecher nicht völlig ſtraflos entrinnen kann , wie das in Amerika ſo leicht der Fall iſt, ſobald der Ver brecher von „ Stand“ und „ Geld" , oder als „ſmart “ (feiner Spißbub ) fich ausweiſen kann . Zweitens die unter allem europäiſchen Begriff gewiſſenloſe und få ufliche Fus ftiz, die Freiſprechung und Strafloſigkeit des über führten oder auf der That ergriffenen Verbrechers, die alles Dageweſene und Daſeiende zum Entfeßen überbietet. Unſere Beiſpiele ſollen's zeigen. Angenommen aber , es ließe ſich von Deutſchland beweis ſen , es ſtehe in Bezug auf Verbrechen eben ſo ſchlecht, als in Amerifa , ſo wäre ja damit nur bewieſen , daß Derjenige, der Amerika hierin beffer ſtellen will, als Deutſchland, im Widerſpruch befangen iſt mit ſich ſelber. Denn iſt eß in Deutſchland wie in Amerika gleich ſchlecht, woher ſoll dann ein Vorzug für Amerika entſpringen , nach welcher Logik ? Aber ich ſage: Es dürfte in Deutſchland noch viel ſchlech ter ſein , als es iſt , und dennoch würde ein für beſſer ge haltenes Amerika entweder Einbildung oder Lüge blei ben , den Thatfachen gegenüber. lInſere Beiſpiele ſollen Zeugniß geben dafür. Dem Vorwurf der „ Ginſeitigkeit " erwidere ich einfach : Er ſtebe auf keinem beſſeren Grund , als Derjenige , der einen Nacht- und Sturmbeſchreiber tadeln wollte, daß er keinen ſtils len und heitern Frühling&morgen , oder wenigſtens Beibes neben einander geſchildert; er fönnte ganz mit demſelben Recht

X ben Verfaſſer einer Pathologie zur Rebe ſtellen , warum er ſtatt derſelben nicht lieber eine Fiſiologie geſchrieben ? Die klare Antwort iſt dieſe : Weil mein Hauptzwed eben kein anderer iſt, als juſt die entgegengeieşte Seite jener glänzenden Lügenbeſchreibungen hervorzuheben , die ſo viele Tauſende von Menſchen ſchon in namenloſes Elend ges führt und ins Verderben gelockt haben, und noch täglich vers locken . Ich gebe Nichts als den wahren Schatten zu ben übertriebenſten und erlogenſten Lichtern . Jene beiden obberührten Punkte bilden eine Kluft zwiſden bem europäiſchen und amerikaniſchen Verbrecherſtand , die noch lange nicht ausgefüllt iſt, im Gegentheil ſich noch immer mehr zu erweitern droht. Und was dabei wieder als bedeuten . der Unterſchied und als das allerſchlim in ſte Kranks beitszeiden hervorſticht, iſt der Umſtand , daß man das amerikaniſche Volk in ſeiner Geſammtheit für dieſe moras liſche Fäulniß verantwortlich machen muß. In abſoluten Monarchieen laſſen ſich oft manche geſellſchaftlichen Krant heitserſcheinungen , mit mehr oder weniger Grund , aus dem ſchlimmen Einfluß einzelner Perſönlichkeiten , fehlerhaften Staatseinrichtungen u.ſ. w. erklären , begreifen und auch ents ſchuldigen ; aber in einer Republik, wo das Volk Alles aữein in ſeiner Gewalt hat , iſt das Feſtwachſen und Fortwuchern einer ſo maßloſen ſittlichen Verkommenbeit, die gleichſam eine Sache der Mode geworden iſt, ein ſicheres Simptom der Volfoverdorbenbeit in großen Maſſen , wo der Höchſte ſtehende von dem Niedrigſten ſich nur noch dadurch unters fcheidet, daß Jener mehr Spielraum und Mittel beſigt, ſich in ſeiner beliebigen Willkür Strafloſigkeit zu ſichern, als der Ans dere . Fürwahr ! im Namen der Freibeit “ werden hier Dinge begangen, ſie fönnten in einem alten Raubftaat, im Namen

XI der brutalften Tirannei nicht abſcheulicher begangen und auss geführt werden. 2 ) Die Quellen meiner Sammlung mögen vielleicht Mans chem als nicht ſicher genug erſcheinen. Aber wer wüßte mir für einen ähnlichen Zweck etwa beſſere an die Hand zu ges ben ? Soll ich etwa von dieſem oder jenem Reiſebeſchreiber, von dieſem oder jenem mündlichen Erzähler die Nachrichten borgen , oder nur auf meine eigene Anſchauung und Erfah rung Alles ſtüßen und bauen , was ich dem Publikum mite theilen möchte ? Verdienen ein einzelner Reiſebeſchreiber, Erzähler ober meine eigene Perſon vielleicht mehr Glauben für wahrheitsgetreue Berichte, als eine ganze Reihe von öffentlichen Vertretern der Lages preffe , beren ganzer Les bensberuf und Intereſſe eß iſt, das ganze Volføleben in allen ſeinen Erſcheinungen und Richtungen , in allen Höhen und Liefen , kennen zu lernen und widerzuſpiegeln ? Ich glaube nicht; ja ich würde es geradezu für die unverſchämteſte 3u muthung ans Publikum betrachten , einzelne Privatzeugniſſe in der Glaubwürdigkeit höher ſtellen zu wollen , als daß von einer anſehnlichen Klaſſe von Perſonen , deren hauptſäch liches Geſchäft und deren eigenſte Pflicht es iſt, die öffentlichen Zuſtände eines Volfes, nach möglichem Wiſſen, treu und wahr zu ſchildern, öffentliche Urtheile nach den I hats ſachen zu fällen u . Rein Reiſender , kein Privatbeobachter hat hiefür eine ſo günſtige Stellung, als der im Lande , im Staate ſelbſt wohnende und wirkende Zeitungsſchreiber. Freis lich giebt es der unwillkürlichen und unvermeidlichen Irrthüs mer , ſowie auch der abſichtliden ſog. „ Zeitungslügen " genug, ſo daß es nöthig wird , alle und jede Nachricht nicht ſofort als baare Münze und ohne alle Prüfung anzunehmen. Aber dieſelbe Freiheit und Deffentlichkeit enthält auch die beſte

1

XII

Nichts wird ſo bald und leicht entbedt , ſo ſchnell und gerecht gerichtet, als eine Zeitungs lüge , weil immer ein Blatt das andere forrigiert , weil eben ein ganzes Publikum , und nicht bloß ein Einzelner, nachfra gen, nachſehen, denken , vergleichen , darüber zu Gericht ſißen, für und wider ſprechen und ſichreiben kann .

Heilkraft gegen das Uebel.

Eben dieſe öffentliche Kontrolle iſt es nun , was Rebafzionen und Zeitungsberichten in ihrer Geſammtheit eine größere Glaubwürdigkeit verleiht, als allen andern Pris vatberichten. Ich that alſo wohl daran , wie ich glaube , ja unter allen Umſtänden für meinen nächſten Zwed am beſten , daß ich mich in meiner Sache vorerſt ganz an die öffent lichen , ftadt- und landkundigen Nachrichten hielt. Und daß ich meiſtens auf die rechten Quellen geſtoßen bin , wird die auffallende Uebereinſtimmung der verſchiedenſten Zeituns gen lehren , 0. 5. verſchieden in Sprache und Bildung , im politiſchen Standpunft der Parteien , im Dſten, Weften u . 1.W., und dennoch einig in der willkürlichen oder unwillkürlichen Darſtellung der amerikaniſchen Nachtparthieen . Freilich ſind dieſe ,, Ihatſachen " , die id liefere, nicht laus ter „ gerichtliche Aftenſtücke " , und können es ihrer Natur nach auch nicht ſein, aus dem einfachen Grund , weil nicht alle gerichtlich verhandelt worden ſind. Aber für ihren wirklichen Gehalt in allen Hauptfällen leiſtet die Deffentlichkeit und das unbeſtrittene Publizieren in den verſchiedenſten Blättern die beſte Bürgſchaft. Nur in Parteiſachen " iſt der ameri kaniſchen Preſje ſo leicht nicht zu trauen ; im Uebrigen iſt ſie ſo zuverläßig , als jede andere freie Preſſe, und ganz beſtimmt zuverläßiger, als dermalen die franzöſiſche oder ruſſiſche. Zus dem ſind die meiſten Fälle , die das Polizeigebiet berühren , ten täglichen und amtlichen Polizeiberichten , als der ges

XIII mein daftlichen Quelle entnommen , ſowohl von der angloamerikaniſden als deutſchamerikaniſchen Preſſe. Daß ich mich in meinem Sammlergeſchäft hauptſächlich

an die deutſchanierikaniſchen Blätter gehalten habe, iſt daraus genug erklärlich, weil die angloamerikaniſche Preſſe ſelber den faulen Stoff ber ſozialen und politiſchen Verhältniſſe des eiges nen Volfes nicht ſo oft und ſcharf, mit jener ſittlichen Ents rüſtung und Gründlichkeit, vom acht humanen unb fosmopos litiſchen Standpunkt aus, verarbeitet und dem Volfe vor die Augen ſtellt, wie das im Allgemeinen (zur höchſten Ehre des deutſchen Karakters) die beſſere deutſche Preſſe thut. Die achte Fänfipreſſe nimmt ſich nidyt einmal Zeit , ſich viel um die verbanımten Dötſchmen " zu bekümmern, es ſei denn zur Zeit einer Wahlbewegung, um ihnen zu ſchmeicheln oder ſie zu verleumden ; ja , eriſtierten die deutſchen Organe nicht, ſo würden manche Frebelthaten, an den eingewanderten Deutſchen begangen, ganz ſpurlos und ungerügt an der Deffentlichkeit vorübergehen . Sunt bloß dürren engliſchen Bericht erhalten demnach die Deutſchen durch ihre beſten Blätter auch die fitt lich -vernünftige Reflerion , ben warmen Herzſchlag und den feurigen Chatgeiſt erregend, was ich für einen äußerſt großen Gewinn rechne für das moraliſche Friſchhalten unſeres Vol teß, wo ihm ohvedieß das tagtägliche Laſtergift in ſeiner näch . ften Umgebung ſo gefährlich werden kann . Freilich – zur Schande ſei es geſagt giebt es in Ames rifa auch Deutſche" , die ſich „ rübmen " bamit , ſeit fo und fo vielen Jahren fein deutſches Paper " ( Blatt) in der Hand gehabt zu haben . Aber ſie tragen dafür auch alle Spur ren an ſich von geiftig unb moraliſch berkommenen Zwitter geſchöpfen , nicht deutſch und nicht engliſch , im Grunde bor beiden Seiten verachtet.

XIV 3 ) Was die Form des Buches anlangt, eine bloße Zu ſammenreihung von Begebenheiten, Zuſtänden und Urtheilen , von Anderen mitgetheilt, ſo war fte in Bezug auf den ganzen Plan der Schrift eine nothwendige. Ich durfte die einzelnen Stücke in keiner Hinſicht einer ſolchen Veränderung unterwerfen , die ihre Driginalität beeinträchtigt hätte, ſobald fte eine Art Aftenſtüde bleiben ſollten , Zeugniſſe von vies len und verſchiedenen Autoren . Eben deswegen laß ich fie gewähren frei und frank auch dort, wo ſich vielleicht Wider ſprüche finden, und ihr ſpezielles Urtheil in manchen Dingen ein dem meinigen gerade entgegengeſeßtes fein mag. Sicher hätte die Form eines Romans den Leſer, der lieber Unters haltung, als gründliche Belehrung ſucht, mehr angeſprochen ; aber die Schrift hätte bebeutenb verlieren müffen an wirklid ; geſchichtlichem Werth . Uebrigens, wenn ſie auch ſelber fein Roman iſt, ſo enthält ſte doch den Stoff vielleicht zu Dußen den von Romanen , und ihre Mannigfaltigkeit, troß der Eins fachheit im Plan, wird auch dem unterhaltungsſüchtigſten Les ſer genügen. Es giebt Leute in Amerika , namentlich unter den altern Eingewanderten , manche Preßgrößen “ nicht au & genommen, die es einem ſogenannten „ Grünen " ( Neuling) oder gar einem überſeeifchen „ Fremden " ſehr übel nehmen , über Amerika ein mißgünftiges Urtheil zu fällen , - oft juft dieſelben Menſchen , die uns den Stoff zum gerechten Label tagtäg lich in ganzen Haufen mündlich und ſchriftlich , in Re: den, Briefen und Zeitungen liefern . Jedes Buch , das von Augwärts über Amerika erſcheint, und ſich durch ſtarken Schats tenwurf bemerklich macht; das nicht im Widerſchein der , neus weltlichen Herrlichkeit “ ſtrahlt, und vor der „ amerikaniſchen Großartigkeit" nicht bemüthig und gaffent fich büden fann,

XV wird der ſtrengſten Kritik unterworfen , und gewöhnlich der völligen Unfenntniß " amerikaniſcher Verhältniſſe, ober gar des ,böſen Willens " , der „ Kriecherei vor Deſpotenherrſchaft " U. 26. beſchuldigt. Gegen dieſe Art Leute giebt mir nun eben die gewählte Form des Buches die beſte Sdrußwehr in die Hand. 3ch kann ſie in jedem Augenblick mit ihren eigenen Worten aufs Maul ſchlagen ; ich verweiſe fte bloß auf ihre eigenen Waffen , die ſie mir ſchmieden und leihen muß . ten , natürlich ohne es ſelbſt zu wiſſen und gegen ihren eigenen Wunſch und Willen . Daß ich Dinge erzähle oder vielmehr erzählen laſſe, die nicht friſch und nagelneu von dem Zeitungsmarkt kommen , wird billig bei denkenden Köpfen keinen Anſtoß finden. Alles, was berichtet werben foll, muß natürlich geſchehen ſein, bevor man es berichten kann . So batieren fich die Stücke, die ich gebe, aus den Jahren 1851 bis Sommer 1856, und die Vergleichung dürfte nicht unintereſſant ſein , was und wie in dieſem Zeitlauf in den amerikaniſchen Verhältniſſen ſich verbeſſert oder verſchlimmert habe. Uebrigens gilt wohl der alte Grundfaß als allgemein : Bei einer guten Lehre fommt ef nie darauf an , wie alt ſte ſei, ſondern darauf, daß ſte für gegenwärtige und künftige Fälle in der Anwen dung als wirkſam und nüßlich ſich erweiſen könne. Zum Schluſſe find' ich es hier am Plaße , öffentlich zu bekennen : Ich liebte und ehrte das Amerika eines Was bington , Franklin , Jefferſon 2. 1., bevor ich es aus eigener Anſchauung kennen gelernt; und biefe 8 Ames rifa liebe und fo dieſe heilige lidh theilen ; ich dung, ſeitdem ten hat.

ehre ich noch , und alle ächten Amerikaner, Liebe und Verehrung aufrichtig und thatſäch liebe und ebre eß mit bankbarer Empfin e$ mir in der Noth eine etmath gebos

IV Aber das Amerifa ber Sklaven züchter und Sila venfänger , der know nothings und Fremdenver folger ; das Amerika der hetz- und gewiſſenloſen Krämer , der leichtſinnigften Menſchen mörder von der Welt ; das Amerika der unzähligen religionswüthis gen Seften , ohne alle Religion , und was ſich daran hängt, dieſes Amerika erregt mein natürliches Haarſträuben und innerftes Graufen !

Zúric , im November 1856.

2

AP60 .

f. J. Egenter .

1.

Zur Einwanderung.

Aufklärung über die von Dr. Vionis (Broadway 411 ) projektirte Colo niſation in Virginien .

Neu - York, 29. Juli 1851 . In mehreren hieſigen deutſchen Zeitungen erließ vor eini gen Tagen der Dr. Vionis einen Aufruf an die deutſchen Arbeiter, worin er dieſe auffordert, New - York zu verlaſſen , und ihm nach Virginien zu folgen . Dørt behauptet Hr. V. 100,000 Acer Land zu befißen , von denen er 50,000 zur Gründung einer Colonie der Egalitairs unter ſehr günſtigen Bedingungen abzugeben Willens iſt. Veranlaßt burch obgenannten Aufruf begaben ſich im Laufe ber vorigen Woche mehrere deutſche Arbeiter zu dieſem Herrn Dektor, um die nähern Bedingungen der Aufnahme in die Colonie zu vernehmen , und die Statuten einzuſehn. pr. Vio nis gab zwar einige allgemeine Erläuterungen über fein Pro jeft, erklärte jeboch, bie Statuten noch nicht borlegen zu köns neu , ba biefelben noch nicht ins Deutſche überfeßt feien . Sus gleich lub er zu einer Berſammlung ein , die am Sonntag abgehalten werden ſollte. Fn dieſer Verſammlung ſollten dann bie ins Deutſche übepfeßten Statuten vorgeleſen und zur Uus 1

-

2

terſchrift vorgelegt werden . Hr. V. fand aber nicht für gut, die von ihm verfaßten , ohngefähr 16 Seiten langen Status ten überſeßen zu laſſen, ſondern legte der Verſammlung nur einen , aus höchſtens 20 Zeilen beſtehenden deutſchen Auszug vor, der mit den Worten beginnt : „ Die Brüderlichkeit iſt die Grundlage der Colonie ! " Deutſche ! nie iſt mit den Worten Brüderlichkeit und Gleich heit ſo ſchnöder und niederträchtiger Mißbrauch ge trieben worden als in dieſem Falle ; denn hört, was in den franzöſiſch geſchriebenen Statuten, die ſchon von Einigen unter ſchrieben ſind, und von jedem Eintretenden unterſchrieben wer den müſſen , hört , was in dieſem ſaubern Machwerke ſteht: „ Der Dr. Vionis , als der Mann , der das Wohl der Colonie am beſten zu fördern verſteht, iſt lebensläng = licher Direktor ber colonie der Egalitaire und ſeine Beſchlüſſe können weder durch eine Minorität noch durch eine Majorität der Geſellſchaft umge ſtoßen werben . “ ,,Dieſe unumſchränkte Diktatur des Dr. Vionis ver erbt ſich auf Oeffen allfällige Nachkommen , und kann von ihm während ſeiner Abweſenheit einem Anbern übertragen werden ." Weiter heißt es in dieſen Statuten : Sechs vom Hundert von allen Erzeugniſſen des Bo bens, ſo wie der Gewerbe , müſſen auf ewige Zeit an den Dr. V. und an beffen Nachkommen bezahlt werden. Der Dr. V. fontrollirt natürlich auf's Genaueſte die geſammte Produktion , beſorgt ſelbſt den Verkauf und zieht die 6 pro Cent som Erlöſe ab . “ Deutſche Einwanderer ! Bebenft was Ihr thut, indem Ihr ſolche Statuten unterſchreibt. Oder ſeid Ihr nur darum Eurem Elende entronnen , um Euch hier unter die Z uch truthe eines Jeſuiten zu ſtellen ? Denn wer von Brüberlichkeit ſpricht, und ſich zum Diktator über Egalitairs aufwirft, wer für 300 Dolars, die in 10 Jahren Jurch Raten von 30 Doll .

3 abzuzahlen ſind , einem Einwanderer 500 Acer unfultte virtes Land verkauft, und dieſem Käufer zumuthet, 6 pro Cent von ſeiner Produktion für alle Zeit abzugeben , wer überhaupt Leute zur Unterſchrift von Statuten zu bewegen ſucht, die ſie nicht kennen , wer, wie Hr. Vionis, ſchriftlich erklärt, daß in der Lage der hieſigen Deutſchen alle Mittel , gleich viel welche es ſein mögen, gut ſind , um nur aus New - York wegzukommen - ber iſt ein Jefuit. Daß die Mehrzahl von Denen , die eine ſolche Gelegen heit, wenn ſte nur irgend annehmbar wäre, benußen möchten, das weiß der Hr. Doktor recht wohl. Er läßt ſich alſo für's erſte Jahr, und zwar gleich beim únterſchreiben 30 Dollars geben, damit es dort in Virginien fobald Keinem möglich iſt, wieder wegzugehen ; denn bis Einer , und beſonders wenn er Familie hat , in dieſer Colonie ſo viel baares Gelb erwirbt, als er zur Reiſe hierher bedarf, da fönnen leicht einige Jahre hingehen . Während dieſer Zeit aber muß er ſich's gefallen laſſen , der Sklave des Hrn . V. zu ſein. Da ſo viel ſchwarze Sklaven entlaufen und keine Zufuh ren farbigen Menſchenfleiſches mehr aus dem Süben zu ers warten ſind, ſo ſcheint der Hr. Dr. dieſen köſtlichen Handelés artikel von gebleichter feinerer Sorte aus dem Norden beziehen zu wollen , und ich wette, er würde mit feinen bis in alle Ewigkeit zu beziehenben 6 pOt. reinen Gewinn von der Pros duktion ſeiner weißen Sklaven viel beſſere Geſchäfte machen, ale feine auf farbiges Fleiſch ſpekulirenden Zunftgenoſſen . Der Hr. Mayor von New - Yorf , von dem der Dr. V. vermittelft einer Petition einige 100 Dollars aus der Emis granten - Raffe zur Unterſtüßung ſeines Projektes zu erſchleichen ſucht, wird hoffentlich bie ſaubern Coloniſationspläne durch ſchauen und das für beſſere Zwecke beſtimmte Gelb nicht dazu verwenden, Emigranten unglüdlich zu machen . Ich habe in Gegenwart des Hrn. Vionis die von ihm verfaßten Statuten genau burchleſen und ftebe für die Wahrs heit des Obengeſagten ein. Wenn den deutſchen Einwanbes rern an ihrer Freiheit im Mindeſten gelegen iſt, ſo werde 1*

file nicht in dieſe, ſo ſchlecht unter den Namen Brüderlich teit und & galitaire verſteckte Schlinge gehen . Und nun Sie , Herr Doktor! herunter mit der Maske. Nicht wahr, die 100,000 Ader gehören einer geriffen Con gregation und Sie find nur beauftragt, eine chriftliche Viebe beerbe auf die jest noch oben Weibepläße Weft - Virginiens zu liefern. [ Gez. 3. Standa u .] Neu -Yorker Åbendztg. vom 30. Juli 1851.

Schändliche Handlung des Stadtrathes.

Neu - York , 23. Sept. 1851 . Schon ſeit längerer Zeit ſprach man von dem Bebürf niffe eines neuen Armenleichenacere, ba bas Pottersfield ganz überfüllt ift. Gine Committee des Stadtrathes, welcher dieſe Potterøfieldangelegenheit übertragen war, erftattete am Diens flag Abend einen Bericht, welcher dahin lautete, daß die zehn Ader Lanb auf Warbø Jeland, welche das Houſe of Stefuge kürzlich der Corporation überlaſſen hat, zu dieſem Zwede vers wendet werden ſollen. Fünfzehn Albermänner waren in der Sigung, und alle, mit Ausnahme des Albermanns Relly von der ſechſten Warb , ſtimmten für den Report. Auf Warbs Jsland befindet ſich bekanntlich ein Auswanderer - Zu= fluchtehaus unb Spital. In demſelben wohnen oft 3000 Per fonen , und nun will unſere Humane Stadtregierung neben dem Wohnhauſe dieſer armen Menſchen einen zehn der großen Reichenacker anlegen , durch den die ganze Luft vergiftet wird. Sou bas vielleicht ein Mittel werden , ſich der armen hülfsbedürftigen Einwanderer zu entlebigen ? Soll dieſes Zufluchtshaus zu einem Lobtenhauſe gemacht werden und feber mit der Ueberzeugung in dabſelbe kommen , daß er gleich dort bleibt? Eine ſolche Hand lung kann man nur von der Dummheit und Rüdſichtsloſtgkeit unſeres Stadtrathes gegen das Leben und die Geſundheit Taus ender von Menſchen erwarten , und die Ausführung dieſes

5 Planes würde eine ſtrafbare Unmenſchlichkeit fein . Es wäre febr zu wünſchen , daß die würdigen Stadtväter bieſen Gegen fland noch einmal überlegen , wenn ſte aber darauf beſtehen, wird wohl ber Mayor bie Gnabe baben , fein mayorliches Veto gegen ein folches Menſchenvertilgungsſyſtem außzuſprechen . [ Neu - Yorker Demokrat.]

Ermordung eines deutſchen Einwanderers . New York, 29. Jan. 1852. Wie bereits im geſtrigen Blatte gemeldet, wurde vorgeſtern Morgens ein Deutſcher Na mens Karl Krell im Caftelgarden ermordet gefunden. Die näbern Umſtände über diefen ſchrecklichen Morb ſind folgende: Ein gewiffer Herr Rebmond Roche, wohnhaft Nr. 2 fars riſonſtreet, verließ Morgens 6 Uhr ſeine Wohnung, um der Geſundheit wegen einen Spaziergang zu machen , und fam um breiviertel auf 7 Uhr auf der Batterie an . Als er den äuf Ferſten Weg am Waffer ging, und in die Nähe des Flaggens baumes fam , bemerkte er im Schnee bei einer Bank Blutſpurent, welche ſich gegen einen Baum zu vermehrten , an welchem Plaße nach dem Zertreten des Schnees zu urtheilen, ein Kampf auf Lob und Leben ftattgefunden haben mußte. Die durch bieſen Anblid verurſachte Aufregung des Herrn Roche wurde durch den Umſtand noch vermehrt, als er ein Sacktuch und ein Taſchenmeffer, welches mit Blut bedeckt war, am Boden liegen fah . Er folgte den Blutſpuren, die an das Geländer am Fluffe führten , und als Herr Roche in denſelben binab ſah, bemerkte er die Beine eines Menſchen , der übrige Sheil des Körpers war von Schnee und Eis bedeckt. Herr Roche rief ſogleich Leute herbei und als Officer Colins kam , ents fernte man den Schnee, mit welchem der Lobte zugedeckt war. Er lag auf dem Geſichte und als man ihm umkehrte, zeigte ſich eine fürchterliche Wunde über dem rechten Auge. Die Hirnſdale war ſo zerſchmettert, daß das Gehirn hervorbrang.

6 Man burchſuchte bie - Rleibung des Verſtorbenen, die Taſchen waren alle umgekehrt, was den Beweis gab, daß ein Raub mord verübt worden war. Der Leichnam wurde in das Sta tionshaus der erſten Ward gebracht. Coroner Svis hielt vors geſtern Nachmittag einen Inqueſt über die Leiche und mehrere Zeugen wurden dabei vernommen. Aus den Zeugenverneh mungen geht hervor, daß der Verſtorbene vor ungefähr brei Monaten über See kam und im Hauſe des Henry Heifers heimer, Nr . 17 Rectorſtreet boarbete. Am Montage erhielt er von ſeinen Eltern 40 Doll., um nach Europa zurückreiſen zu können . Er berließ ſein bisheriges Boarbingehaus , und nahm Board im Hauſe des Herrn Graf , Nro. 109 Green = wichſtreet. Am Montag Morgens brachte er ſeinen Koffer dahin und um 10 Uhr beſuchte ihn ein junger Mann . Spa ter kam ein anderer Mann , welcher nach dem Verſtorbenen fragte, und als derſelbe nicht zu Hauſe war, wieder fortging. Nachmittags 1 Uhr kam dieſer Mann wieder in Begleitung eines gewiffen Bernard Bates . Der Verſtorbene, welcher zu Hauſe war, ging mit demſelben in ein anderes Zimmer, wo ſte eine lange Unterrebung mit einanber hatten . Zum lege tenmale wurde der Verſtorbene am Montag Abends geſehen . Er fam ungefähr um 5 Uhr Abends in das Haus des John Walter Nro . i 26 Libertyftreet, klagte über Kopfweb , goß etwas Eſſig auf ſein Sactuch und band eß um den Kopf und ſagte, er wolle jeßt nach Hauſe zum Abendeſſen gehen, und ſich dann zu Bett legen , worauf er auch wirklich fort ging. Bevor ſich die Jury vertagte , wurde Bernard Ba tes , ein Grobſchmieb, auf den Verdacht arretirt, daß er am Morbe betheiligt ſei. Der Deputy Coroner fand Blut an dem Rocke des Arretirten und es dürfte geſchehen , daß die Verüber dieſer gräßlichen That dennoch ane Dageslicht ges [ Neu - Yorker Demokrat.] bracht werden könnten .

Anmerkung . Der Mörber war im Sommer des Jahres 1856 noch nicht entdeckt. Auf dieſe Weiſe wird mancher Frembe bahier weggeräumt , bon bem man gar nichts weiter erfährt, als daß er verſchwunden ift.

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7

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Emigranten auf der Hudſon - River -Eiſenbahn .

Es war im Jahre der Gnabe 1852 , am 29. März Abenbe, aló ſich in New - York an der Ede der Canal- und Weſtſtraße ein Trupp Emigranten verſammelte, um mit der Hudſon R. Railroad nach bem Weften zu gehen und bort zu ſuchen , was ihnen die Empire Cith nicht bot , Arbeit nemlich und daburo Brod und eine Heimat. Als die Stunde zur Abfahrt nahe war , hieß es , die Bahn ſei ruinirt und gehe erſt morgen. Einzelne ließen ſich ihr Geld wieder zurückgeben, die meiſten aber und zumal die Deutſchen behielten ihre Fahrkarten. Den Kleidern nach zu urtheilen, durch welche häufig Sonne, Mond und Sterne ſchienen , waren die irländiſchen Arbeiter nicht reich und die Deutſchen beſaßen wohl der Mehrzahl nach feis nen Cent ; aber alle konnten arbeiten und Arbeitskraft iſt ſo gut ein importirtes Rapital, als das rothe, fuchſige, ſchäbige Gold , dieſel moderne goldene Ralb , das die wahre Gottheit, die Liebe, berbrängt. Am ſchlimmſten daran waren die Deuts Then, bie fein Wort engliſch verſtanden und verlaſſen und in die neue Welt hineingeſchneit, zagten , rathlos wie immer. Der hieſige Deutſche ſorgt für eine kommende Revolution , für ein neugebornes Geſchlecht, er gibt Geld zur Bekehrung der Hottentotten und Samojeden , er errichtet Antithierquäler bereine, aber um ſeine gequälten , verlaſſenen und ſich verges bens nach Rath und Hilfe umſebenden nächſten Mitmenſchen kümmert er ſich nicht. Macht mir nicht weiß , daß es euch Ernſt ſei mit Erlöſung der Deutſchen im alten Vaterlande, ſo lange ihr die Deutſchen im neuen verſäumt und verkom men läßt ; To ihr ben verſchmachten läßt, den ihr ſebt, ? c. , 2 . [Freie Blätter.]

Neues Syſtem , die Arbeiter zu hubeln . Albany , April 1852. Die Arbeiter auf dem Schmelzwerke von Jagger, Treadwell und Perry ſind ausgeſtanden, weil ihre „ Brodherrn “ ſte un

ausfteblich traftirten . Sie ſtellten ihre Arbeit nicht wegen ſchlechter Bezahlung , ſondern wegen Nicht bezahlung ein . Die Herren Jagger, Treadwell und Perry haben die Ehre, die Erfinder einer ganz neuen Arbeiter -Hubelordnung, die Gräber eines tüchtigen Bauſteins zur weißen Sklaverei zu fein. Sie haben nemlich wohlmeiblich beſchloſſen, fortan die Arbeiter nur noch monatlich , anſtatt wie bisher wöchentlich auszubezahlen. Natürlich ſind die Arbeiter mit dieſem neuen Paragraphen unſerer ordentlichen Unordnung nicht einverſtan den und uns will unabweisbar bedünken, ſie haben vollftän big Recht. Ja, ja , dieſe Einrichtung bervollkommnet, und das , Drbnungsſyſtem " iſt bedeutend mehr als irgend einer der bis jept erfundenen Meifenſchläge geeignet , die armen Vögel zu fangen ; und die Arbeiter werben fortan monatweiſe um ihren fauererworbenen Verdienft geprellt werden, anſtatt bisher wö chentlich. Wil man ſie aber nicht betrügen , ſo iſt es doch eine Unverſchämtheit, von dem armen Arbeiter zu verlangen, daß er bem reichen Arbeitgeber einen Monat lang borgen Toul, während der reiche Arbeitgeber dem armen Arbeiter noch nicht einmal den Betrag eines Wochenlohns anborgt, als Vorſchuß 3. B. Ueberdies müßte der arme Arbeiter, der eine zahlreiche Familie hat , beim Grocer, beim Bäder, beim Megger borgen , wenn er nur monatlich bezahlt würde, da bekäme er um ſein gutes Geld geringere Waare als gegen baar. Denn ein Rauf mann, der borgen inuß, verliert oft, und kann nicht anders, ale baß er ben ehrlichen Borger für den unehrlichen mitzabs len läßt. Wollten die Herren Jaggers, Treadwell und Perry ihren Arbeitern den Monatslohn vorausbezahlen, dann möch ten fte ſich immerhin bie Bequemlichkeit der monatlichen A6 rechnung gönnen. Da aber die Arbeiter keine Kapitaliften von der ſilbernen oder papiernen Sorte ſind, ſondern ihr gan jes Kapital in der Tüchtigkeit des Ropfes und der Hand bes ſteht, und gegen dieſes Kapital der Arbeitgeber nothgedrungen ſein klingendes bietet, muß er auf kurzhändige Bezahlung brins gen . So wenig als der Herr “ ſeinem Arbeiter das Recht zugefteht, einen Monatslohn vorauszuverlangen , fann er für

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einen Monatslohn Krebit von ihm verlangen. Dieſe Herren ſind ſehr klug, allein es ift bafür geſorgt , daß die Bäume nicht in den Himmel wachſen . " Dber ſchickte ſich das für ben reichen Mann , was ſich für einen armen Teufel nicht fchickt? Wir hoffen , das Publi fum werbe bie Stellung , welche dieſe Arbeiter einnehmen, bernünftig und billig finden und der erſte Widerſtand ihrer ſeits wird ihnen hoffentlich den zweiten erſparen. [Freie Blätter .]

Die Einwanderer ohne Schuß . Albany , März 1852. Bei Gelegenheit einer eindrings lichen Schilderung über die Schuß- und Wehrloſigkeit der Einmanderer, die zu Land und Waffer die Beute der ehr- und gewiffenloſen Mäkler werben , fagen bie trefflich redigirten „ Freien Blätter “ unter Anderem : „ Dieſer Umſtand follte die Gefeßgebung an die Erlaſſung eines Gefeßes mahnen, welches bie Landflibuſtier und Süßwaſſerpiraten ſtreng zur Rechenſchaft zieht, die ſich an den unfundigen Einwanderer mit den Enter haden des Betruges anklammern und durch ihre unübertreff liche Schuftigkeit einen langen düſtern Schatten auf unſern Staat werfen. Diejenigen , an welche die Emigranten von New - York bieber gewieſen werden , ſollten für jeden Betrug, ber an den unerfahrenen Fremben begangen wird, verantwors lich gemacht und als Mitſchuldige angeſehen werden. Au der Lizenzunfug ſollte aufhören und der Schuß des Gefeßes durch ftrenge und prompte Juſtiz vom tobten Buchſtaben zum Leben geweckt werben. Wie oft werden Lizenzen nicht an offenkuns bige Vagabunden ertheilt, als wollte man dieſe Race fo recht gefliffentlich aufmuntern, die Einwanderer unter dem Schuße der Behörden zu prellen . Soldes Dreiben ſchånbet ben großen Staat New York und macht ihn anrüchig über die ganze civiliſtrte Erbe. Kann

10 man doch den Dieb ſtrafen, der den Schilling ftiehlt, warum wil man den Räuber, der den Fremdling ungeſcheut ſo recht plündert, nicht zur Rechenſchaft ziehen !

Die gehubelten Arbeiter .

Albany , April 1852 . Die Herren Jagger, Treadwell und Perry haben für nöthig gefunden , ſich vor dem Forum ber Deffentlichkeit auf die wiber fte erhobene Anklage wegen Arbeiterbubelung zu vers antworten . Aus ihrer Vertheidigung geht hervor , daß alle Schmelzofenbeſißer in der Gegend ben famoſen Gebrauch haben, dem Arbeiter wöchentlich nur einen Theil ſeines Lohnes aus zuzahlen und den Heft am Ende Dezembers mit ihnen zu verrechnen . So häufen ſich in ihren Händen große Beträge an , von 10,000 Doll. bis 15,000 Doll. jährlich , ſo viel bleiben die Herren ihren Arbeitern ſchuldig und mit dieſem ihren Arbeitern ſchuldigen Gelbe treiben fte Geſchäfte ! Dabei haben ſie den Arbeiter das ganze Jahr im Sad , denn er muß bei ſeinem Gelde bleiben , nach dem Bibelſpruche : Wo euer Schaß iſt, da iſt auch euer Herz. Drücken ſte die Löhne herab, ſo muß ſich der Arbeiter das gefallen laſſen, denn er kann nicht davon laufen , ohne ſein Geld zu riskiren. Aus den eigenen Worten der Jagger, Treadwell und Perry geht deutlich hervor , wie tief ber frebſtge Wucher unſere faulen Man wollte es für Geſchäftsverhältniſſe burchfreſſen hat. demokratiſch finden , daß die Arbeiter bei Jagger, Ireadwell und Perry nicht betrogen werden , wie bei Andern. Das bank ihnen ber Kukuf , daß fte die Arbeiter nicht auch noch um ihr Gelb prellen , nachdem ſte es bis zum Jahress ende im Geſchäfte herumgeſchmiert und die Männer der bars ten Arbeit zu dieſer prefiden Art von Zwangsanlehen ges nöthigt haben. So ein Gentleman " , ber dem Arbeiter noch

11 keinen Dollar gibt, berlangt von ihm, daß er ihm ein Jahr lang anborgen ſoll ! Auch daß der Bericht über monatliche Zahlung in voller Drdnung iſt, gibt die Vertheidigung zu und beklagt ſich zu gleich bitter über Anbeßer, welche ihnen die Arbeiter abwens big machten und ſte jeßt noch verhindern, an ihr Geſchäft zu geben . Fehlgeſchoffen ! Die Arbeiter ſind volftändig im Recht, wenn ſie ſich die Schinderei weder per Scheffel noch per Elle gefallen laſſen, ſondern der Miſere ein für allemal und recht gründlich ein Ende machen . Wenn die Herren Jagger, Tread well und Perry bie Beften ſind unter den Angeklagten , ſo ſind ſie barum noch lange nicht freizuſprechen . Die Gießer hielten in City Hall eine Verſammlung ab, worin ſte bas Verfahren ihrer Brüder von der Eagle- Furuace billigten und verſprachen , von ihrem Wochenlohn zur Unters ftüßung der Arbeitsloſen und ihrer Familien beizutragen. zugleich ſtellten ſie ein Komite zur Empfangnahme und Auß zahlung der Gelber an . Wohlgethan ! Man wehre ſich ſeiner Haut . [Freie Blätter.]

Ein Beitrag zur Geſchichte deutſcher Einwanderer im Armenhauſe.

Albany , 2. September 1852. Wir waren zu einem Bes ſuche im Armenhauſe eingeladen, um uns von dem Befinden deutſcher Einwanderer zu überzeugen . Das Ergebniß unſerer Beobachtungen war ein ganz anderes , alß man wohl von uns hoffte. Wir börten , baß in leßter Woche 20 Deutſche in einen ftinkenden Keller eingeſperrt waren, und in dieſem ſcheußlichen Loche , barin man in Deutſchlanb feine Schweine unterbrine gen würde, umfamen -- , bie Lobten reben nicht.

12 Die Deutſchen müffen effen, was die 3rlänber nicht wol len , und unter ihnen iſt die Sterblichkeit Schrecen erregenb. Der Aſſiſtenzarzt behandelt ſie nicht anders , als mit einem verächtlichen , Dötſch " und beehrte felbft uns mit dieſem Namen . Während unſerer Anweſenheit bolte ſich eine deutſche Frau aus Hunger ein paar Aepfel. Die Folge davon war, daß ihr ber Superintendent dad ſtarke deutſche Leinene Semb unb den Rock am Leibe zerriß und ihr das Kind aus den Armen zerrte und Andern zuwarf. Darauf warf man ſte in ein ab ſdheulich ſtinkendes, fürchterliches Loch ! Auf Dringen des Commiſſioners of Emigration , Herr Nellegan , ließ das Aufſicht führende Weib bie Unglückliche wieber frei. Aber der Superintendent ließ die Verzweifelnde abermals in bas cheußliche Loch ſchmeißen und erklärte ſie für „nårs riſch " — weil ſte ſich aus Hunger zwei Aepfel ftahl !! Wäre bie Frau nicht bei Sinnen, fo würde dieſe Strafe doppelt verfluchungswürdig geweſen ſein , um ſo mehr, als ſte ohne Aufſicht gelaſſen war. So aber fanden wir die Frau höchſt vernünftig und ihr ganzes Verbrechen beſtand barin, daß fte aus Hunger Pepfel aß ! Die Armen ſagen : , ſie möchten lieber ſterben als im Kran kenhauſe ſein !" So werden unſere Deutſchen behandelt. Hat der Superintendent des Armenhauſes bas Recht, eine folche fcheußliche Juſtiz zu üben , eine Juſtiz, die über die eines Haynan geht , der doch die Leute einfach hängen läßt, aber nicht vernünftige Menſchen für närriſch erklärt. Wenn folche Unglüdliche durch eine derartige Behandlung wirklich aus Vernünftigen 1 zu Narren werden , dann darf man ſich nicht wundern . Ift alles Rechtlichkeitsgefühl erſtorben ? Regt ſich nichts mehr in den Serzen für die namenloſen Leiben ber Unter drückten ? Sollten die Inſtitutionen unſerer Republik bazu dienen , um bie Humanität mit Stumpf und Stiel auszurot. ten ? Wehe euch , wenn ihr da nicht hört , wo das Untech zum Himmel ſchreit mit der Macht, der Poſaune von Jericho.

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Die Emigranten müſſen die Koſten , die ſte bem Hoſpi tal berurſachen , doppelt bezahlen , fo baß die Verwaltung hunbert Prozente baran macht, bie Deutſchen müffen ihren Untheil an den Ausgaben für öffentliche Anſtalten bezahlen und wir ſollten nichts zu ſagen haben ? Dann ſchämt euch in die tiefſte Seele , und wenn ihr fagt, ihr feib Republikaner unb thut nichts, dann iſt es eine Lüge ; wenn ihr jagt, ihr ſeid Ohriften und thut nichts, bann ift es eine Lüge; wenn ihr fagt, ihr ſeid Nationaliſten und thut nichts, dann iſt es eine Lüge. Dient ihr der Lüge oder der Wahrheit ? Albany, 2. September 1852.

Friebrich Anbe8. W. 6. & charot. Wir geben borſtehend eine Einſendung der Herren Eck hardt und Andes, betreffend die Mißhandlung der Einwanderer im hieſigen Hoſpitale. Oft leſen wir in Romanen, daß Vernünftige von Jeſuiten (und andern Perſonen, denen fein Mittel zu ſchlecht iſt, um zu ihrem Zwecke zu gelangen ) als Berrückte in ein Marrers Þaus geſperrt wurben und dann ſchauert und die Haut. Um uns daran zu erinnern, daß ſolche Scenen nicht blos roman hafte Erfindungen ſeien , brauchen wir nur in das hieſige Armenbaus zu geben und unſre Deutſchen Gmigranten zu ſehen. Da finden wir die Sache verwirklicht - und noch mehr - währenb reblich denkenbe Männer vor Wuth unb Alers ger die Anftalt in Gile verlaffen , und um felbft Mißhands lungen zu entgeben , wenn ſie nicht Luft haben dieſen Fam mer thatlos mit anzuſehen , hören wir , baß ein Deutſcher, ber ein Amt ſucht, die ganze Anſtalt anf's Schönfte in Dros nung findet !!! Wir erſuchen dieſen Herrn , fich auf unſerer Office einzufinden und die ſchwere Anklage von ſich abzus wälzen , widrigenfalls fein Name in unſern Blättern und anderwärts zu rechter Zeit veröffentlicht werden wirb.

14 Man reißt einer Mutter das kleine Kind von der Bruſt und ſteckt ſte als närriſch in ein icheußliches enges Loch – man handelt ſo, weil ſich die Arme aus Hunger einiger Aepfel bemächtigte! Mütter , fönnt ihr dieſe Barbarei leſen , ohne daß ſich euch das Herz im Leibe umwenbet ? Dann bes Flagt euch nicht, wenn euch einmal die Hand eines civiliſirten Wilden , wie dieſer Superintendent, gleichfalls Das entreißt, euer Rino ! was euch das liebſte auf Erben ift Deutſche, euch geſchieht recht, wenn ſich die Eingebornen und Irländer in alle Aemter theilen und euch als blinde, gefühlloſe Stimmmaſchinen und Steuerzahler benußen ; euch geſchieht recht, wenn ſte euch als ihre Helloten anſehen alles dieß und noch mehr gehört euch , wenn ihr es duldet, während ihr die Macht habt, euch in die rechte Stellung zu bringen , und doch wie achte Sklavenſeelen allenthalben in eue rer Unterwürfigkeit beharrt . Wo ſteht geſchrieben , daß die Zuchtmeiſter und kleinen Tyrannen des Armenhauſes eine derartige Ausnahmegefeßge bung ins Leben rufen dürfen ? Gehören Armenhauß und Ho ſpital nicht zur Republik, und hören dort die Grenzen der Freiſtaaten und des allgemeinen Gefeßeß auf ? 3ft dort ein Sibirien , nein, mehr als Sibirien, ein Boden , auf dem es nicht bloß einzelne Gefangene gibt, ſondern durchaus ket nen Freien ?! Und ftatt der Knute regiert bort die Fauft, bas Narrenhaus und der ſtinkenbe Kerker !!! Und ihr nennt euch Republikaner und Rationaliſten und Chriſten und moraliſtrt und philoſophirt, ihr predigt , ihr turnt, ihr fingt, ihr elektionirt, und wenn folche Gräuel in euerer Mitte borgehen , dann führt ihr euch noch nicht ein mal ? Und da reden ſte noch von „ Revolution " , von einer beffern Zukunft — febt, wie ſte den Grund dazu legen . Wir erzählten in unſerer leßten Nummer eine Geſchichte, wie im Armenhauſe eine deutſche Frau, welche ſich aus Hun ger vom Baume ein paar Aepfel nahm (was man ftehlen nannte ), mißhandelt, für närriſch erklärt und eingeſperrt wurde. Hier ein Seitenſtid :

15 Es mag nun etwa ein Jahr her ſein , daß ein deutſches Mädchen , jung, ſchön und vernünftig , von Jerſey City nach New -York ging, bei der Rückkehr in ein falſches Boot und ſo nach Albany fam ! Verwirrt unb rathlos irrte fte in der fremden Stadt umber, fiel der menſchenfreundlichen Polizei in die Hände, die ſie — ſchlau wie ſte immer iſt - ale Vas gabundin aufgriff, hernach aber ins Armenhaus brachte. Engs liſche Aerzte erklärten ſte, weil ſte nicht engliſch verſtand und über die Mißhandlung empört , nein raſend war, für närriſch, für berrückt! Unſer Berichterſtatter fand die Arme auf Strob liegend, mit einer kaum eine Dard langen Decke verſehen, angeſchloſſen mit einem Bein an der Mauer. Man þatte icon Schritte gethan , um ſie für immer nach dem Irrenhaus in Utica zu bringen ! Als Beweis, daß ſie närriſch ſei, wies man einen Shawl, ben ſie einer von den drei iriſchen Harpyen , welche ſie als Quälerinnen umlagerten , aus Nothwehr zerriſſen hatte. ' Als unſer Berichterſtatter ſte in deutſcher Sprache anre dete, antwortete ſie vernünftig , obwohl in Folge ber ſcheuß lichſten Mißhandlungen aufgeregt. Sie erzählte ihre ganze Leibensgeſchichte und es zeigte ſich , daß fie ftets und immer vernünftig war, und bloß darum, weil ſie deutſchſprach , die Simpel bon Quad - Doktoren , die ſie unterſuchten, ſte des halb für immer im Irrenhauſe zu Utica verſchwinden machen wollten ! Das Frauenzimmer war, wie geſagt, in der Blüthe der Jahre, verſtändig, lebensfriſch , wohlgebildet an Körper und Geiſt und deutſch! Engliſche Schafsköpfe, die ſich den Litel eines Arztes anmaßen und einen ganz ferngeſunben, ihnen an Verſtand überlegenen Menſchen blos deßhalb, weil er nicht eugliſch plappert, wie ſte, für närriſch erklären und in das Narrenhaus ſperren, ſollten für immer — nicht zu den frs ren , aber zu den Verbrechern ins Z uchthaus geſperrt wers ben, dort wäre ihr Plaß. Deutſch ſprechen iſt dieſen privilegirten Giftmiſchern Narrbeit!

16 Hört ihr's, Deutſche - deutſch ſprechen ift den Böſewichs tern Narrbeit! [ Freie Blätter .]

Trauriges Schickſal einer Einwanderer Familie. wheeling , 14. September 1852 . Vor etma brei Wochen kam ein Mann, Namens Chriftian Schellhaſe aus Reichenſachſen , Kreis Eſchwege in Kurheffen, mit ſeiner Familie hier an und bezog , da er Verwandte in hieſtger Stabt hatte , eine Wohnung hinter dem Glashauſe in Dft -Wheeling. Armuth und Entbehrungen auf der Reiſe, befons bers aber der chſel des Clima's und die Lebensweiſe auf dem Schiffe ſcheint den Reim des Todes in dieſe unglückliche Fas milie gelegt zu haben ; eine Art Typhusfteber raffte Eines nach dem Andern hinweg. - Am borleşten Mittwoch kehrte ber Lobeßengel zum Erſtenmale ein - ein zehnjähriger Knabe, Valentin , ſtarb an jenem Eage, troß aller angewandten ärzt lichen Hülfe ; am nächſten Lage ging der Vater auß und faufte Bretter, um ſeinem Liebling ſelbſt einen Sarg zu zims mern ; allein auch ihn erfaßte die Krankheit, und noch in der felben Nacht war er eine Leiche. Den Schmerz der unglüds lichen Frau zu ſchilbern , iſt unſere Feber zu ſchwach - bie betrübte Mutter ſtand verwaiſet mit ihren noch lebenden fechs Kindern . Dies war am Donnerſtag den 26. Auguft- und ſchon am Samſtag den 28. ſtarb aus berſelben Familie ein boffnungsvolles 12jähriges Madchen , Namens Magdalena, dem am nächften Montag, den 30. , noch der älteſte Sohn George in einem Alter von 134/2 Jahren in das Grab folgte, die Mutter mit den vier leßten Kleinen allein zurücflafſend, von denen bas Jüngſte noch ein Säugling ift. Hier hätte man glauben ſollen , der Tod wäre geſättigt - allein des andern Lages erkrankte auch die Mutter - unb ehe noch die Nacht hereinbrach, war ſte eine Leiche ! Geſtern vernahmen wir noch , daß brei ber überlebenben

17 Rinber erkrankten , und wahrſcheinlich berſelben bösartigen Seuche zum Opfer fallen werden, und alle Hoffnung, die man hegt, ſich nur darauf beſdyränkt, daß man ben Säugling wirb retten können. Faffe folches Unglück, wer kann; wir ver . mögen es nicht zu faſſen . Eine ganze Familie, von neun Perſonen , binnen acht Tagen weggerafft: Das iſt das Schrecklichfte, was uns noch je borgekommen . [Virginia Staats- Zeitung.] ( Eingeſandt .) Runners und Permits 1) oder : Urſachen und Wirkungen .

& in emigranten

Schwinbel.

New - Vorf, 9. September 1852 . Grobe Behandlungen und Betrügereien Seitens gewiſſen loſer Runner und Paſſage- Agenten haben ſich fo häufig ereignet und werden ſich ſo oft und ſo lange wiederholen , ſo lange unſere Weiſe Behörde Licenſes ober Konzeſſionen an Runs ner und Agenten vertheilt, ohne gehörige Gefeße zu erlaſſen, welche die Emigranten beſchüßen , nicht wie bisher geſchehen, gleichgültig die Hände in den Schooß zu legen, und nur das rauf zu ſehen , daß das Geld für ſolche Konzeſſionen in ihre Sackel fließt. Würbe indeß die Polizei , bie felten gefunden wird mo man ſie braucht, ein wachſames Auge auf derglei chen Sachen haben , ſo würde trozdem , daß eine Anzahl ge wiſſenloſer Leute die erwähnte Licenz beſigen , mancher Betrug verhütet werden können . Glaube man ja nicht, daß es lediglich die Paſſagebureaus ſind, welche bas Runnerſyſtem befoüßen ; die meiſten , wenn nicht alle, würden mit Vergnügen bereit ſein , nicht unbe deutende Opfer zu bringen, wenn gar keine Runners sc. eris ſtirten , oder von jeßt an abgeſchafft werden könnten . Denn ſelten fließt das den Paſſagieren zu viel abgenommene Geld 1) Anmerk. Runners , Mäkler. Permits , Grlaubnißſcheine, hier nämlich für die Mäkler . 2

18 in bie Taſchen ber Paſſageagenten , ſonbern in bie ber Runner und Mäkler. Wollte indeß eine Compagnie ohne dergleichen Menſchen verſuchen Geſchäfte zu machen , und ſtdy blos auf bie Empfehlung und Mitwirkung von fremben Menſchen vers lafſen , ſo würde fie bald berlaſſen ſein . 3. B. führe ich nur P. A. Löſcher und die Grie-Eiſenbahnfompagnie an. Erfterer verſuchte Jahre lang ohne Runner zu arbeiten ; er hatte wenig Erfolg, indem die deutſche Geſellſchaft nicht, wie fte es hätte thun ſollen, ihn in ſeinem Vorhaben unterſtügte, ſondern in ihren Jahresberichten zweideutig über denſelben urtheilte. Jeßt eben, wo er Runner hält, empfiehlt ſte ihn, wiſſend, daß die Paſſagiere mehr zu bezahlen haben, als an berswo ! Die Grie- Eiſenbahn verſuchte es, ohne Mäkler Geſchäfte zu machen , dabei auf ihre billigen Preiſe und die Unter ftüßung uneigennüpiger Menſchen rechnend, indeß fte ber rechnete ſich, und will die gute Sache nicht unterſtüßen , weil es keinen Verdienſt abwirft. Unter ſolchen Umſtänden kann es Niemand wundern , daß fich Runners gegenſeitig anfeinden , verleumben , ſchimpfen , brohen ; ja ſelbſt Drohungen in Thatlichkeiten ausarten laſſen , wobei denn mancher unſchuldige Emigrant mit zu leiden hat . der Doch nicht allein die Emigranten haben zu leiden , Paſſageagent oder die Eiſenbahnkompagnie, welche ihnen Nichts bezahlen , werden am meiſten mitgenommen. Es iſt gerade ſo wie mit der Locofoco- und Whigpartei: eine möchte der ans dern die Augen auskraßen. Bei Feiner Gelegenheit iſt es aber ſchlimmer , als wenn die Emigranten bermittels Dampfböten zur Stadt gebracht werden ; die Scenen, die dabei vorfallen, ſind zu gemein, um fte zu erzählen . Und jeßt komme ich zu dem Punkte, welchen ich im Eins gange mit den Worten erwähnte : „ daß es nicht lediglich die Paſſagebureaus allein wären , die das Runnerſyſtem unter ſtüßten . " Es ſind die hochangeſehenen Handlungshäuſer, welche er

19 lauben , baß bie Permite zum Auslaben der Panagiere an den Meiſtbietenden verkauft werden ; oder was noch niedriger ift , baß e8 Schiffskapitane gibt , welche ihnen anvertraute Emigranten , des erbärmlichen Gewinnes wegen, einer Heerbe von Wölfen überlaſſen, während eß deren Schuldigkeit wäre, bie Paſſagiere unbeſchabet ans Land zu bringen . Es find Fälle vorgekommen , wo ein Capitän das Permit für 50-100 Doll. verkaufte, während er es einer Compagnie verweigerte, die wegen ihrer niedrigen Preiſe nicht mehr bieten konnte und wollte, als die Paſſagiere frei a uszuladen. Ich könnte Häuſer nennen, deren Antwort auf die Frage, ob man das Permit bekommen könnte, iſt : „ Wie viel geben Sie dafür ? " Und erwidert man ihnen , daß es unmöglich ſei, viel zu geben , weil bie Paſſagiere barunter zu leiden hätten, ſo breht man ſich um, und läßt einen ſtehen. Ich muß eß zur Ehre der deutſchen Häuſer ſagen, daß die meiſten eine edle , lobenswerthe Ausnahme machen . Wenn nun aber, wie es ſo häufig von anderen Häuſern geſchieht, eine Bezahs lung dafür verlangt wird , wofür eigentlich nichts bezahlt werden ſollte , ſo ſteht es nicht zu verwundern , wenn bie Runners und andere ſich wieder bafür am Paſſagier bezahlt zu machen ſuchen. Um alſo bem Gmigranten -Schwindel abhelfen zu können, ſind zwei Wege offen : erſtlich das Geſchäft ohne Runner zu betreiben ; zweitens fein Permit mehr meiſtbietend zu verkaufen. Zum erſteren gehört indeß die Unterſtügung und Auf munterung ſolcher Compagnieen, beren Beſtreben es iſt, dem Emigranten 8 möglich zu machen , auch ohne die Vermitts lung von Mäklern feinen Contrakt abzuſchließen , wie dieſes durch Befanntmachung und Aufſtellung von feften und mäſs ſigen Preiſen geſchieht. Zum legteren gehört das Mitwirken aller Schifférheber und Capitäne, nur ſolchen Paſſage - Bureau's ihre Permite zu geben , die ſich verbindlich machen nie über den feſts gefeßten Preis, ſei es in der Paſſage oder bei der Bagage, 2*

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zu gehen, und die übrigen Agenten und Runner, welche ſich hierzu nicht verpflichten wollen , ganz vom Geſchäfte auszus ſchließen. Daß es bie Capitäne in ihrer Gewalt haben , uns befugte Leute von ihren Fahrzeugen abzuhalten , beweiſt der Umftand, daß ſte ein Bureau, was ihnen eine hübſche Summe für ihre Permite bezahlt hat , wohl zu ſchüßen wiſſen , obs gleich ſte vorgeben, ſte hätten keine Macht dazu . Ich hätte indeß noch einen britten Vorſchlag zu machen, ber zwar in der Ausführung etwas ſchwieriger, der aber ein mal zur Ausführung gebracht, für den Einwanderer von unendlichem Nußen ſein würde. Es iſt der , den früher er wähnten Doc nebft Aufnahmehaus am Ufer des Hudſon A fluffes zu erbauen , denſelben mit einer Mauer zu umgeben ; bezahlte Beamte oder Conſtablers zu Schuß und Ueber wachung von Perſon und Eigenthum anzuſtellen , und die Paſſagiere daſelbft zu landen. Da die beiden Haupt- Eiſen bahnen ihre Depots am Ufer genannten Fluffes haben , ſo würde dem Emigranten das Fortreiſen von hier ſehr erleich tert werden. Aehnliche Anſtalten hat man im Bremerhafen und Jedermann weiß, wie ſegensreiche Folgen e8 gehabt. Um das Kapital für Errichturg einer ſolchen Anſtalt zu ſammen zu bringen (wenn ſolches nicht bereits durch das den Commiſſioners übergebene , Kopf- oder Commutationes geld vorhanden ) erlaube ich mir vorzuſchlagen, daß die Con ſignees ober Schiffsrheber das unrechtmäßig erhaltene Geld für die Permits zu einem gemeinſamen Fond zuſammen ſchießen , was, wie ich fogleich beweiſen werde, ein recht nets tes Sümmchen jährlich ausmachen würde. Nimmt man an , daß jährlich nur 1000 Schiffe ankom men, deren Premits für 25 Doll. verkauft werden , ſo macht dieſes eine Summe von 25,000 Doll. Rechnet man hierzu noch, daß das Ausladen von 30,000 Paſſagieren à 10 Cts. per Kopf noch 3000 Doll. ausmacht , und häufig mehr , ſo kommt die nicht unbedeutende Summe von c. 30,000 Doll. zuſammen. Dieſes Auslaben oder Heraufbringen ſollte nun von Rechtswegen durch die Conſignees ober Capitāne gee

21 ſchehen ; ba es aber von den Paſſage- Büreaus beſorgt wirb, ſo ſtecken bieſe großen Herren , bie Conſignees , bas beſagte Geld in ihre Taſchen . Würden alſo dieſe Herren das er wähnte Gelb auf den Altar ber Nächſtenliebe opfern , ſo bin ich überzeugt , daß auch die Paſſage- Bureaus nicht an Großmuth zurücftehen würden , und ſomit würde binnen Kurs zem für den Einwanderer ein Inſtitut entſtehen , daß die ſee gensreichſten Folgen nach ſich brächte. Wer Dhren hat zu hören, der höre ! [N.- 9 . Abend -Zeitung .]

Die Einwanderung in New York im Jahr 1832 . Ueber die Einwanderung in hieſtgen Hafen während des legten Jahres entnehmen wir dem „ Herald “ folgende interef= fante Angaben : Die Totalſumme aller während des Jahres 1852 in dem Hafen von New-Yorf gelandeten Paſſagiere war 338,556. Kievon waren amerikaniſche Bürger 39,052 ; Einwanderer 299,504 . Von leßteren hat zum erſten Male Deutſchland die größte Zahl geliefert, nämlich 118,126, während Irland, welches früher eine mehr als Doppelte , meiſt breifache Zahl lieferte, diesmal nur 117,537 geſchickt hat. Die gegen frü here Jahre unverhältnißmäßig zahlreiche deutſche Einwanderug erklärt der Verald " theils als ein Reſultat ber herrſchenden Wirren und des politiſchen Druckes, theils daburch , daß viele deutſche Gemeinden ſich ihrer Armen und Bettler entles digt hätten durch Zahlung ihrer Paſſage nach Amerika. Ader dings haben wir nie eine folde ungeheure Zahl von deutſchen Bettlern in New - York geſehen, doch glauben wir faum , baß obige Angabe richtig iſt, oder einen bedeutenden Antheil an rmehrung der deutſchen Einwanderung gehabt haben kann, und möchten deshalb irgend einen Beamten der deuts

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fchen Geſellſchaft, der im Stanbe ift, uns genaueren Aufſchluß darüber zu geben, erſuchen , dies zu thun. Den ungeheuren Zuwachs ber deutſchen Einwanderer in dem vergangenen Jahre können die Leſer am beſten aus fols gender Tabelle entnehmen : Im Jahre 1846 famen hier an Deutſche 52,326 1847 70,735 52,620 1848 1849 55,625 1850 45,768 3 3 s s 1851 70,540 1852 118,126 Dieſe Angaben ſind, mit Ausnahme der vom Jahre 1852, dem leßten Jahresbericht der Deutſchen Geſellſchaft entnommen , welcher die Zahlen der frühern Jahre etwas höher ſtellt, als ber , Herald " , und wahrſcheinlich auch die bes legten Jahres höher ſtellen wird , wäre es auch nur , weil der „ Heralo " ſeinen Bericht vor Schluß des Jahres aufmachte. Wir bebauern, nicht im Stande zu ſein, die deutſche Ein berung früherer Jahre angeben zu können , und würden demjenigen , der uns einen authentiſchen Nachweis darüber liefern fann , ſehr zu Dank berbunden ſein . Angenommen wirklich, daß die Einwanderung früherer Jahre weit geringer geweſen iſt, ſo würde dieſelbe, ſeit dem Beginne der dreißiger Jahre, beſonbers wenn man bedenkt, daß unter der in Bals timore und New Orleans landenden Einwanderung die deutſche die vorherrſchende ift, einen ſeltſamen Commentar zu der offis ziellen Angabe des Cenſus von 1850, in welchem die in Deutſch land geborne Bevölkerung der Vereinigten Staaten nur zu etwas mehr als einer halben Million hingeſtellt iſt, abgeben. [Neu-Yorker Staatsztg. Jan. 53.]

23 Emigranten weſen . Wir hören, daß am legten Mittwoch zwei Emigranten auf ihrem Wege von Scheneftabh nach Utika wegen der großen $ iße in den Kars (Wagen) ſtarben .“ So ſchreibt der „ Utifa Dbſerver ". Sollte es wohl möglich fein , daß ein geſunder Menſch in den Kars vor Hiße fterben kann , da die ſchnelle Bewe gung berfelben Zugluft macht und ſo die Hiße bebeutend ver mindert ? Wir haben noch nie gehört , daß ein Menſch in den gewöhnlichen Paſſagierfars einen ſolchen Lob erlitten hat und auch wohl nicht erleiden wirb ; jedoch jene zwei Menſchen ftarben in den Emigrantenkars. Merke es , Leſer ! bie Emis grantenfars ſind eigentlich nicht zum Aufenthalt für Mens ſchen, ſondern zur Stallung für das Vieh beſtimmt, oder zur Verſendung von Riften und Raften. Und da fann faft von keinem Luftzuge die Nede ſein, denn dieſe Kars haben keine Deffnungen, als die zwei an den Seiten befindlichen Thüren. Natürlich findet nur ein ſehr geringer Luftzug ſtatt, und dies ſer kommt nur Denen zu Gute, welche das Glück haben , in der Nähe der Thüren zu liegen , denn von einem anſtändigen Sißen kann keine Rede ſein. Wehe aber den Unglücklichen, welche, wie Häringe auf einander gepackt, rechts und links von dieſen Thüren liegen müſſen. Dieſe können ſich durch eigene Erfahrung einen Begriff machen von dem Zuſtand der unglüdlichen Sklaven , welche in dem Schifféraum verpackt zu Markte geſchleppt werden . Wir hatten vor kurzer Zeit Gelegenheit, ben Emigrantenzug zu beobachten . Er beſtand aus 19 Kars. Von dieſen waren nur vier alte Paſſagier wagen und die übrigen ſämmtlich Packwagen . In dieſen lagen die Gmigranten wie Waaren aufeinander. Alt und Jung, Männer und Weiber, und wo möglich wegen der Hiße im Zuſtande der Unſchuld , lagerten auf dem Boden wie das Vieh. Ein Geftank kam aus dieſen Kars,, der wahrhaft er ftidend war. — Weßhalb wird dieſes nicht geändert, weßhalb verſchaffen die reichen Eiſenbahn -Rompagnieen den Einwande

24 rern feine beſſern Bequemlichkeiten , ſondern ſepen burch bieſe viehiſche Behandlung Leben und Geſundheit derſelben aufs Spiel ? Aus dem einfachen Grunbe, weil die Einwanderung ſo ſtark iſt, beſondere von Deutſchen , daß die Eiſenbahnge fellſchaften , wollten ſte nur ein wenig für die Bequemlichkeit der Emigranten forgen, eine ganze Menge neuer Paſſagiers wagen anſchaffen müßten. Aber das koſtet Geld, und es wäre body thöricht, wegen der „ Foreigners " ( Ausländer) und bes fondere wegen der Dutchmen " (Spottname der Deutſchen ) große Ausgaben zu machen. Es iſt ja viel vortheilhafter, die Wagen öſtlich mit Ladungen von Dchſen , Schweinen, Spec , čiern u. bergl. zu ſchicken, und dann die leeren Wa gen zur Reiſe nach dem Weſten mit Menſchenfleiſch zu bepaden . Freilich bezahlen die Einwanderer nur ungefähr die Hälfte des gewöhnlichen Preiſes ; jedoch wird dieß dadurch wieder hinlänglich gleichgemacht, daß viel mehr Perſonen in einen Wagen gepackt werden, und dann die Leute noch gehö rig für uebergewicht zahlen müſſen . Neulich paſſirte ein Zug von 34 Emigrantenwagen durch Syracuſe. Welch ' un gebeure Summe Geldes brachte nicht dieſer eine Zug ber Geſellſchaft! Wir hören unſere mitleidigen Leſer ausrufen : „ Das iſt doch eine Schanbe , das muß geändert werden ! " Aber, liebe Leute, ſagen wir, es wird nicht geändert werden , und wenn auch noch ein halbes Dußend Dutchmen " elendiglich ſtirbt; denn umſonſt werdet ihr an das Herz des Amerika ners apelliren. Dieſes Herz iſt nicht wie das anderer Men fohen bon fühlenbem Fleiſche , ſondern es iſt ein Silbers bollar , welcher, wie bei einer Zwiebel, mit mehreren Häus ten überzogen ift. In dieſen Häuten hat aber der Amerikas ner kein Gefühl , wohl aber im Silberbolar. An dieſen Häuten magſt du rupfen und reißen und ſchneiden, ſoviel du wilft ; no matter , he does not care about, but do not touch that Dollar ) oder der Yankee (Jänki) wird falſch und wild. 1) Darum fümmert er fidy nicht, nur darfſt du nach dem Dol : lar nicht greifen .

25 C In dieſer Eigenſchaft des Amerikaners liegt zugleich die Möglichkeit, dieſem Unheil abzuhelfen. Wenn die Angehöri gen jener zwei Geſtorbenen die Eiſenbahngeſellſchaft verklaga ten, baß fie burch ſchlechte Einrichtung die Leute getödtet hätte, ſo wäre das eigentliche Herz, nämlich der Geldbeutel des Ame rikaners, auf ſchmerzliche Weiſe berührt , und er würde für die Zukunft einer ſo unangenehmen Berührung vorbeugen . Aber wer ſoll Schritte thun ? Der mit der Sprache und den Geſeßen des Landes unbekannte Einwanderer ? oder etwa der Amerikaner ſelbſt ? Der Erſtere kann es nicht, und der Leßa tere will es im Allgemeinen nicht. Aber uns Deutſchen , die wir ſchon länger im Lande ſind, kommt es zu , für das Wohl unſerer einwandernden Landsleute zu ſorgen. Aber leider ha ben wir zuviel Selbſtſucht. Wir handeln nach dem Grund ſaß : „ Wenn es mich nicht juckt, ſo brauche ich mich auch nicht zu fraßen ." Schämen wir uns vor dem Amerikaner ! Eine Anzahl von Bürgern in Amſterdam , Montgomery County , haben ber Gefeßgebnng eine Bittſchrift um Abſchaf fung dieſer Uebelſtände eingereicht; aber wir Deutſche haben bis jeßt nichts gethan . Wir ſind feſt überzeugt , daß ein Vereinigtes Wirfen der Deutſchen ſehr bald Abhülfe in dieſer Hinſicht ſchaffen würde. In jeder Stadt , burch welche der Emigrantenzug paſſirt, brauchte ſich nur eine deutſche Geſellſchaft zu gründen, welche durch ein Romite den jedesmaligen Emigrantenzug muſtern ließe und, wenn ſich Mißbräuche fänden , ſogleich feſt und ernſt lich die Abſchaffung derſelben von der Eiſenbahn -Geſellſchaft forderte, und wahrlich , die Direktionen würden das vereinte Verlangen der Deutſchen erfüllen . [Onondaga Demokrat, Juni 53.]

Emigrantenſchiffe. Vor wenigen Tagen theilten wir unſern Leſern eine Liſte der in 3 Tagen im hieſigen Hafen (Neu - York) angelangten

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Au mandererſchiffe und der auf ihnen vorgefommenen Lobes fälle mit. Die Zahlen ſprachen für ſich ſelbſt. Von vier. taufend und einigen hundert Emigranten , die ſich auf jenen Schiffen eingeſchifft hatten , waren bierhundert und darüber geſtorben ... verſteht ſich an Cholera , wie in der Liſte der Quarantaine pflichtduldigft notirt wird. Welch dreckliche Leidensgeſchichte liegt in jenen wenigen, ſo unbedeutend ausſehenden Ziffern. Auf 10 Schiffen erlas gen von 4000 Menſchen , die geſund und friſcher Hoffnungen voll das alte Vaterland verlaſſen hatten, 400 einem geheim nißvollen Ungeheuer, welches die Reihen der Auswanderer in dieſem Jahre bezimirt. Zehn Prozent von der Menſchen fracht“ wurden in den tiefen Schooß des Meeres verſenkt und mit ihnen alle die Klagen und ber Jammer über Noth und Elend, dem man von dieſer Seite hätte begegnen können . Die grauenvolle gelbe Peft, welche während des leßten Som mers in Neu -Orleans wüthete, brauchte faſt vier Monate Zeit bazu , um dasſelbe Sterblichkeisverhältniß zu bewirken, welches auf den Liſten jener Schiffe verzeichnet iſt ! Eine Seuche, für deren fürchterliche Verheerungen man in lang vergangenen Jahrhun derten nach Beiſpielen ſuchen muß, wird in ihrer Verberblichkeit durch die einer Zwiſchended & paſſage in Emigrantenſchiffen um mehr als das Doppelte übertroffen ; denn die durchſchnittliche Zeit , welche die in der leßten Woche angekommenen Morbſchiffe zu ihrer Fahrt gebrauchten, iſt noch nicht die Hälfte der Peſtilenz periode in Neu - Drleans, und gleichwohl war auf ihnen die Proportion der Geſtorbenen zu den Ueberlebenden dieſelbe, wie während dieſer ganzen Periode in Neu - Orleans. Wir laſſen zur Veranſchaulichung noch einmal Ziffern folgen . 68 kamen im Laufe der vorigen Woche an : das Schiff „ Statesman “ von Antwerpen , 25 Todte ; die Barken „ Cäfar “ von Hamburg, 7 Todte ; „ Calhoun " von Liverpool, 54 Todte; „ & mma Field " von Liverpool, 42 ; „ Delarrare “ von Bremen , 15 ; „ Empire " von Havre , 73 ; „ Antarktik“ von Liverpool , 75 ; „ Fidelia “ von Liverpool, 3 ; ,,Rhein " von Hamburg, 40 ; „ Cornelia " von Liverpool, 13 Todte. — Und das iſt noch nicht die ganze

27 Allein auf denjenigen Schiffen , welche in ben beiden Lifte. Sagen , Dienſtag und Mittwoch , in voriger Woche anfamen, waren unterwege 36 Paſſagiere geſtorben . In allen Fällen iſt Cholera als die Urſache des Todes angegeben . Soll man es wirklich glauben , daß dieſe Kranks beit bie Urſache ſei ? — Hat denn in Europa felbft die Chos lera ſo entſeglich arg gewüthet , daß ſie ſich auf faſt alle Schiffe, die aus engliſchen , franzöſiſchen , holländiſchen und däniſchen Hafen ausliefen , erſtreckt haben ſollte ? Wie käme eg benn, daß die engliſchen Zeitungen ſo wenig von dem Vor handenſein dieſer Peft geſagt haben ? Newcaſtle iſt der ein zige Ort, in welchem fte zienlich heftig auftrat; in London zeigte ſte fich nur ſporadiſch ( vereinzelt ), und aus Liverpool wurden die erſten einzelnen Fälle vor einigen Wochen unter einein Datum gemeldet, wo die oben angeführten Schiffe ſchon längſt den Hafen verlaſſen hatten . Wenn man alſo auch annehmen will, daß in Holland, ſowie in Hamburg und Brea men, die Gmigranten den Reim zu der Krankheit noch am feſten Lande erhielten, weil in jener Gegend die Cholera ziem lich heftig ſich zeigte (namentlich in Holland) ; wenn man auch annehmen will, daß die über Havre gekommenen Emigranten ſte von Rotterdam mitbrachten , ſo bliebe immer noch die fürch terliche Sterblichkeit an Bord der Liverpooler Schiffe zu erklären . Und worin wird man die Erklärung ſuchen müſſen ? Was uns betrifft, ſo kann uns ſelbſt die amtliche Todtenliſte auf dem Quarantänebureau nicht davon überzeugen , daß die Cholera , die wirkliche ächte Cholera, jene Hunderte von Opfern gefordert habe. Wir glauben nicht an dieſe „ Cholera “ ter Sdiff& fapitäne und Emigration agenten , wohl aber glauben wir an eine andere Seuche auf den Liverpooler Schiffen , und das iſt der Hunger im Verein mit verpeſteter Luft. Die Klagen über die mangelhafte Verproviantirung auf Liver pooler Schiffen , über die Mißachtung der, hinſichtlich des Raumes im Zwiſchenbeck und der Ventilation, beſtehenden Gelege ſind in dieſem Jahre ſo zahlreich und ſo beſtimmt geworden, daß die öffent liche Meinung hoffentlich bald Maßregeln zur Abſtellung bieſer

28 Scheußlichkeiten erheiſchen wird. Es iſt ſchon dahin gekom men , daß man die Beförderer von Auswanderern mit den Negerhändlern auf eine Stufe ſtellt; doch ſind ſte auf dem beſten Wege, noch unter dieſe hinabzuſteigen. Und warum auch nicht ? Sie verlieren ja nichts daran, wenn ein Theil der lebenden Fracht „ krepirt “. Sind es doch ſo viele Mau ler weniger, die man zu ſtillen bat , unb bas Paſſagegelb fteckt ficher im Sack. So packt man denn die unglücklichen weißen Pariah's in Räume, die ſo eng ſind, daß in den erſten Stun ben die Luft zu tödtlichem Giftſtoff geworden iſt ; man läßt Kranke und Geſunde durcheinander liegen und beide hungern . An ärztliche Pflege iſt nur in feltenen Fällen zu denken, und wo ſte da iſt, da iſt ſte meiſtens noch viel verderblicher, als gänzliche Hülflsloſigkeit; denn das elenbeſte Vieh wird nicht mit ſolcher Robheit behandelt , als franke zwiſchenbeckspaſ fagiere von ihren ſogenannten Schiffs ärzten . Siech und ſchwach kommen endlidh die Ueberlebenden in Amerika an . Noch ehe ſie ſich orientiren können , hat ſie der Wirbel des neuen fremdländiſchen Lebens erfaßt und nach allen Winden bin zerſtreut. Sie wiſſen nicht, bei wem ſte ihre Klagen an bringen ſollen , oder wenn ſte es wiſſen , fehlt es ihnen an Mitteln, ſich verſtändlich zu machen ; an Zeit, um die Dauer der Klage abzuwarten ; oder, wenn ſie beides haben , an Geld, um die flingenden Vertheidigungsgründe der Mörder zu wi berlegen . Mögen ſte'8 anfangen, wie ſie es wollen , ſo ſind ſte verrathen und verkauft. Gollen dieſe die Menſchheit ſchänbenden Greuel noch fer ner ſo währen ? Gibt es denn kein Mittel, um die Eigens thümer und Kapitäne von Emigrantenſchiffen für die Schand thaten, die ſie kalten Blutes und ungeſtraft verüben , verant wortlich zu machen ? — Wir fennen feins, wenigſtens fein wirkjames ; denn die beſten Gefeße helfen Nichts, ſolange Dies jenigen, welchen ſie zu vollſtrecken obliegt, käuflich ſind, und die armen Auswanderer leere Taſchen haben . Eins aber ſollte ſich jeder zur Pflicht machen : nämlich durch alle Mittel, na mentlich durch Briefe an ſeine auswanderungsluſtigen Freunde

29 in der Heimat bahin zu wirken , daß niemals der Weg über Liverpool dem von einem deutſchen Hafen vorgezogen werbe. [ Neu -Horker Abendztg. , 24. Nov. 53.]

Die Schiffe - Cholera , dieſe herrliche Erfindung feelen berkäuferiſcher Emigrantenmäkler und ſdurkiſcher Schiffskapi täne, fängt ſchon wieder an, ſich zu zeigen, nachdem faum die Gaiſon eröffnet iſt. Das Schiff Ionawanda " , welches bor geſtern mit Emigranten von Liverpool in Philadelphia an fam , hatte unterivegs 50 Lodesfälle gehabt , und die gleichs falls von Liverpool in St. John angelangte Barke „ Blanche" fünfunddreißig (35 ). Bei dem ungeheuren Andrang von Gmi granten , der in dieſem Jahre zu erwarten ſteht, wird dieſe Schiffs - holera ohne Zweifel einen fürchterlichen Umfang ans nehmen, und es wird bald dahin gekommen ſein, daß es für eben ſo lebensgefährlich gilt, ſich an Bord eines Emigranten ſchiffes zu wagen , als eine feindliche Batterie erſtürmen zu [Neu - Yorker Abendztg ., April, 1854. ] helfen.

Einwanderer - Beſchwindelung. New - Yorf, Mai 1854. Am Mittwoch wurde auf der Mayore -Office von Charles Bebb folgende Anklage beſchworen : Der Kläger kam am 20. Mai mit ſeiner Familie , zuſammen 6 Perſonen , hier an, begab ſich in ein Emigranten- Boardingshaus, Nr. 76 Rooſe welt St. , und erhielt vom Wirthe eine Karte , worauf die Preiſe des Hauſes verzeichnet ſtanden . Nach dieſer Preisliſte betrugen Koſt und Logis für eine Woche 3 Doll ., für einen Lag 50 Cente, für eine Mahlzeit 25 Cents, für ein Nacht lager 124/2 Cents ( für Gepad keine Ertravergütung) . Dieſe Preiſe ſchienen dem Kläger zu genügen und er nahm mit ſeiner Familie, von 4 erwachſenen Perſonen und 2 Kindern, Logis . Am verfloffenen Sonntag ſtarb ein Glied ſeiner Familie am Schiffsfieber , und Dienſtag ein anderes an der Ruhr.

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Am Mittwoch verlangte Bebb feine Rechnung und fand zu ſeinem Erſtaunen , daß man ihm 181 Doll. und 22 Cents abforderte. (In deutſchem Gelb etwa 293 fl. für kaum fünf Lage Roft und Wohnung !) Da er dieſe nicht bezahlen wollte, ward der Wirth wüthend und ſagte , daß er nun nicht nur das geforderte Geld, ſondern noch 10 Doll. mehr haben wollte. Gr bezahlte es dann und forderte ſein Gepäck, wel ches er jedoch erſt nach Bezahlung von noch weiteren 3 Doll. für Aufbewahrung deſſelben erhielt ; und dann fehlte ihm erſt noch ein Bündel, welches für 25 Doll. Bettzeug uub Klei der enthielt. Der Wirth hieß Wild ; er ward ſogleich arretirt und vor den Aldermann Cly geführt, der des Mayors Stelle ver tritt, welcher nach Washington gereißt iſt. Der Aldermann nahm dem Wirthe die licenz und zwang ibn, dem Geprellten die 184 Dou . 22 Cts. zurückzugeben. Mehrere ähnliche Fälle ſollen in legter Zeit vorgekommen und auf gleiche Weiſe behandelt worden ſein. [Neu-Yorker Staatszeitung .]

Drei Tage und drei Nächte ohne Nahrung. New York, Juni 1854. Die „ Evening Poſt" erzählt : „ Ein jun ges Frauenzimmer kam von Bremen in New- York an und war nicht im Stande, ein Wort Engliſch zu ſprechen . Sie begab ſich mit einem Bekannteu direkt nad Wisconſin, unt ihren dort wohnenden Bruder zu beſuchen und kehrte dann mit einem Freunde, der gut Engliſch ſprach, nach hier zurück. Unterwegs kam in der Confuſion, welche bei dem Wechſel der Eiſenbahnwagen entſtand , der Freund ihr von der Seite und ſie war allein , ohne Geld und Fähigkeit zu ſprechen . Der Condukteur verlangte das Sicket ( Fahrkarte ); ſte ſchüttelte den Kopf und er ließ ſte -- vermuthlich weil ſie hübſch war gewähren. Sie war zu ſtolz, um Nahrung zu betteln, und To lebte ſie ohne dieſelbe die ganze Reiſe entlang , drei Tage

31 und drei Nächte. Nach Verlauf der drei Tage kam ſte in Neu-York an, wo ſte das Fieber bekam und zwei Monate das Beit hüten mußte. “

Job einer bejahrten Einwanderin . New York, 30. Juni 1854. Alida Albert8, eine 75 Jahre alte Deutſche, ftarb geſtern plößlich , als ſie vom Schiffe Nelſon " , mit bem ſte angekommen , ans Land gebracht wurde. Der Co roner Wilhelm hielt Leichenſchau über ſie am Pier 27 North riner. Die Jury gab den Wahrſpruch : „ Geſtorben an Al ter und Erſchöpfung von einer langen Seereiſe. " New- Yorker Demokrat.

Fürchterliche Unthat. Detroit, Jul. 54. Auf dem Steamer „ Weſtern Wörld" iſt von 4 Matroſen ein entſef = liches Verbrechen an einer deutſchen Einwanderin verübt wor den . Wenn das nicht mit einer ſtrengen Strafe geahndet wirb, dann hört Alles auf. Eine ziemlich jugendliche Frau, Namens Wörz aus Sutenhauſen in Würtemberg, wurde An fangs dieſer Woche auf genanntem Schiffe mit ihrer Mutter von 4 Matroſen in die unten gelegene Matroſen-Rajüte ge lockt. Nachdem man Beiden Gtwas zu eſſen gegeben hatte, wußten die Rerle die alte Frau ſchnell wieder hinauf zu ſpes diren , und als die junge Frau , die erſt den Fortgang der alten nach ihrem Weggange merkte, nacheilen wollte, wurde fte von den Unmenſchen ergriffen , aufs Bett geworfen , ihr mit einer wollenen Decke der Mund verſtopft und auf die nieberträchtigſte Weiſe von den 4 Beſtien genothzüchtigt. Eines bon dieſen Individuen iſt verhaftet – die Andern entflohen . Das Gerichtsverfahren iſt eingeleitet. Wie verlautet, fol noch Einer davon in Buffalo arretirt ſein . Die Frau ſoll im Gaſthofe von H. Kieler todkrank darnieder liegen . Wir for dern die engliſh-redenden Deutſchen im Intereſſe der Menſch

32 lichkeit auf, ber Frau im vorkommenden Prozeffe beizuſtehen, damit ſolche Schandthat nicht wieder unter den Tiſch gemors Detroiter Blätter. fen wird.

Schacher mit dem deutſchen Volke . In neueſter Zeit hat ſich ein ganz eigenthümlicher Han del mit dem deutſchen Volke aufgethan. Die anerkannte Ar beitſamkeit der Deutſchen hat ſie als Anſiedler in neuen oder berwilderten Ländern wünſchenswerth gemacht, u. Monarchien wie Republiken bewerben ſich um den Schaß deutſcher ,, Ur beitskräfte" . Defterreich befördert die Einwanderung nach un garn, der Zaar nach dem Himalaya und andern Theilen ſeines weiten Reiches ; Braſtlien, Peru , Bolivia , Venezuela unb ſo gar Meriko ſuchen die Deutſchen . Zur Erreichung dieſes Zieles bedienen die betreffenden Parteien fich folcher Leute, welche einen förmlichen Schacher mit Deutſchen treiben . Es iſt eine natürliche Erſcheinung, daß die Deutſchen als Bewohner einer nördlichen Zone , nur in einer Zone, einem Klima gedeihen , welche mit dem ihres Vaterlaudes einige Aehnlichkeit haben. Wohin ber Deutſche bisher in Ländern ber beißen zone feinen Fuß nur ſeşte, ba ift Untergang und Verderben ihm gefolgt. Wer zählt die Leiden und Klagen, welche von deutſchen Koloniſten in Süd- und Mittelamerika, in Deras und Auſtralien und namentlich in dem holländiſchen Surinam ungehört verballt ſind ? Das Schickſal deutſcher Ros loniſten in dem zuleßt genannten Lande iſt nur wenig be kannt worden ; ſie hatten mit dem größten Elend zu kämpfen und fielen ſchaarenweiſe bem Klima zum Opfer. Rein Leis chenftein bezeichnete ihre leßte Stätte, fogar bie Geſchichte erinnert fich ihrer nicht einmal; denn ſie ſtarben „ unbereint und unbeſungen " . Nur ber Reiſende, welcher jene vermilberten Gegenden beſucht, erfährt von den Ueberbleibfeln der dort wohnenden mähriſchen Brüder das Schidjal feiner Lanbeleute.

33 Nichtsbeſtoweniger finden ſich immer wieder Gegenſtande neuer Opfer. Raum fällt es der Regierung irgend eines Landes ein , deutſche Einwanderer zu importiren , fo finden ftch auch Sandlanger bereit , welche ihre Lanbeleute verſchas chern, die Verhältniſſe des Landes , Klima und dergleichen , mit den ſönften Farben auðmalen und die Vortheile und Annehmlichkeiten aufzählen, welche der Deutſche bort ges nießen könne ; die Schattenſeiten werden natürlich vers fchwiegen. Wo ein nicht zu verheimlichender Gegenſtand hervortritt, wird die Pille möglich fein berzuckert. Wir haben in den legten Jahren oft Gelegenheit gehabt, ben Jammer zu ſchildern , welchem deutſche Einwanderer in verſchiedenen Ländern anbeimfielen. Man erinnere fich an die Peru , an die Erpedition des General deutſchen Sclaven Flores , an die unglüdlichen Kämpfer von Schleswig - Hols ftein in Braſilien , an die Erpedition der Deutſchen nach Sonora u. f. w. Gewöhnlich ſind die bei ſolchen Gelegenheiten dargebotenen Vortheile anfänglich ſehr berlodenb. Man hält gewöhnlich vor Allem als Lockſpeiſe große Strecken Ländereien hin, und die Getäuſchten berechnen nicht, daß Ländereien in einer wilden , uns geſunden und fern von dem Markte ber Civiliſation liegenben Gegend feinen Werth haben . Noch vor kurzem legte uns ein Profeſſor, der das Dosquito -Rönigreich in Central Ames rifa bereidt hatte, bas Manuſcript einer Schrift bor, wonach jene Gegend ein wahres Paradies ſein müßte. Der gute Mann war wirklich zu der Anſicht gelangt, daß Mosquitia eine für die deutſche Auswanderung wünſchenswerthe Gegend fet, und er wird nun ohne Zweifel, ſobald er nach Deutſch land kommt, dieſe Schrift im Druck erſcheinen laſſen , um das deutſche Volk zur Auswanderung bahin aufzufordern. Arme Deutſche, die ihr euch burd ſeine Worte vielleicht bethören laßt : ohne Schuß von irgend einer Regierung ſeid ihr Oes genſtände des Zufalls, wenig mehr als vogelfrei auf frember Erbe, und fallt bald einem ungewohnten Klima zum Opfer! In Berlin und andermärts in Deutſchland eriſtiren Vereine, 3

34 die ſich zur Aufgabe machen , die Deutſchen in recht unwirths bare Gegenden zu verſenden , ja es hat beinahe den Anſchein , als hätten ſte es darauf abgeſehen , ſte recht ſchnell zu bes ſeitigen. In derſelben Richtung wirken bie meiſten , angeblich im Intereſſe der Außwanderer erſcheinenden Blätter in Deutſche land. Da liegt z. B. eben ein Blatt vor uns, welches den Titel führt: Hamburger Zeitung für deutſche Ausmande rung- und Coloniſations-Angelegenheiten ". Ein langer und viel verſprechender Litel , in der Lhat ! Das Blatt enthält Beſprechungen über alle Theile der neuen Welt und weiß von Adem etwas Gutes zu ſagen, nur nicht von den Vereinigten Staaten , zu deren Nachtheil alle angeſtellten Berechnungen ausfallen . Dieſe Zeitung wird ohne Zweifel im Intereſſe Hamburger Rheder und Makler herausgegeben , und irgend ein betheiligtes Haus wird die Cenſur daran beſorgen , wie Hr. Sloman ehebem über die glücklicherweiſe eingegangene „ Hanſa “ die Cenſur ausgeübt haben ſoll . Auffallend iſt , daß deutſche Regierungen dieſen immer wiederkehrenden Betrügereien ſo ruhig zuſehen , da ſich doch ohne Zweifel Mittel auffinden ließen, dieſem Treiben ein Ziel zu ſeßen . Mit feinem andern Volke auf Erden wird der Schas dher in fo großem Maßſtabe getrieben , wie mit dem deutſchen , nd namentlich in der angegebenen Richtung. Die Zertren nung der Deutſchen nach allen Gegenden der befannten Welt nennt man dann die „ Verbreitung des deutſchen Volfes über die Srde. “ [Neu-Yorker Staatsz., Juli 54.]

Grauſame Behandlung von Einwanderern . Berlin ( Weft-Canada ) , 27. Juli 54. Wir ergreifen mit dem größten Unwillen die Feder, um einen Bericht über die grauſame Behandlung zu geben , welcher 250 ſchwediſche Ein wanderer am vorleßten Sonntag auf ihrer Fahrt in den Wa gen der großen Weſtbahn ausgereßt waren . Bin Korreſpondent

35 des „ Daily Patriot “ vom 12. Juli in Toronto, der ſich mein Canadier “ unterzeichnet, ſagte, daß die Cholera unter dieſen armen Leuten wüthete, und daß man wahrſcheinlich deßregen ſie wie Waarenballen auf der Windſorftation unter einander warf, während das Ferryboot die Paſſagiere erſter Klaſſe nach Detroit führte , deſſen Mayor den unglücklichen Leuten die Landung in der Stadt nicht erlauben wollte. Außer vielen andern Bedrückungen, welche dieſe Leute erfuhren , wird uns die baarſträubende Mittheilung gemacht, daß an einem Ans haltspunkt , Baptift - Creef genannt , der Eiſenbahnwagen , in welchem die Einwanderer ſich befanden , von dem übrigen Zuge abgehängt wurde, der ſie bis zu einem fo fernen Punkte ges bracht hatte, und daß. man ſie daſelbſt zweiundzwanzig Stunden lang an dem wüſten Sumpfe, welcher den St. Clair See begrenzt, ſtehen ließ, der Obhut eines Knaben anvertraut, welcher nicht ein Wort ihrer Sprache verſtand, ohne Nahrung und ohne Waſſer, außer dem , was ſie aus den ſtehenden Ges wäſſern des Sumpfes fich holen konnten. Als ſie auf der Platform zu Windſor ſtanden, gab es unter ihnen eine Frau, die eine Fehlgeburt gemacht hatte, eine andere rar in Kins desnöthen, und ein Mann im Sterben, der ſeinen Geift augs, Hauchte, noch ehe er weggetragen wurde. Wahrlich , wenn folche Unmenſchlichkeiten sorgehen , ſo ſollten die Urheber ber ftrengſten Strafe des Gefeßes nicht entgehen. Der Correſpondent dieſes Blatte & verbürgt ſich für die Wahrheit der einzelnen Angaben. [ Deutſcher Canadier.]

Fülfchung von Eiſenbahn - Iidet8. Buffalo , Vorigen Montag fuhr der Afſtſtent Super 29. Juli 54. intendent der Neu - Yorfer Central- Eiſenbahn, Mr. Stockton, von hier nach Boſton , um die Duelle der vielen falſchen Tickets ( Fahrfarten) auszufinden , welche in der legten Zeit 3*

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eingenommen worden waren. Bei ſeiner Ankunft in Boſton wurbe fein Verbacht ſogleich auf M. L. Ray, einen Emis granten-Agenten, gelenkt, und er ließ denſelben gerade in dem Augenblicke berhaften, als er im Begriffe war, nach Springs fielb abzureiſen . In ſeinem Reiſelad waren ungefähr 500 gefälſchte Tickets, und in ſeiner Dffice fand man noch 64 dere ſelben Art in der Geldſpinde. Im Schreibpult fand man auch den Holzſchnitt, nach welchem die Platte ſtereotypirt war . Man forſchte bald den Drucker unb ben Holzſchneiber aus , welche ausſagten , Ray habe am 6. Oktober die Sachen bes ſtellt. Der Gefangene wurde unter 1400 Doll. Bürgſchaft geſtellt. Der Drucker gab an , daß er 600 Lidets für den Ray gebrudt habe. [ Buffalo Demokrat.]

Vor uner hort! - Philadelphia , Augft. 54. Kurzem ſtarb ein Heimathloſed Frauenzimmer , unter dem Nas men Julia Demon bekannt, auf dem Straßenpflaſter in Bafer ftreet, unterhalb der achten Straße, an der Obolera oder einer andern Krankheit. Die Leiche dieſes unglüdlichen Frauens zimmers blieb den ganzen Tag über, am Morgen den Fens genden Sonnenſtrahlen , am Nachmittage dem Regen ausges feßt, auf dem Pflafter liegen , weil der Coroner, troß eifriger Nachfrage, nirgends zu finden war. Und Solches geſchah in der Stadt der „ Bruderliebe " unter einer Stadtbehörde , welche die Uebertretung der puris taniſchen Sonntagsfeier wie ein Criminalverbrechen beſtraft. Daß man im Morgenlande unter Türken und Arabern berendete Thiere auf der Straße liegen läßt, iſt bekannt; Leichen von Menſchen aber ſah ich dort nie auf Straßen lies gen. Die Stelle ſelbſt, wo ein leichnam in der Erde beis gelegt iſt, gilt dem Muhamebaner für einen geweihten Drt, und ſo war es einſt auch bei den heidniſchen Römern. Nun kann es ſein , daß , wenn mit der Zeit etwa muhamedaniſche

37 unb heidniſche Giviliſation in Amerika Wurzel faſſen ſollte, ſo ein Fall auch in Philadelphia nicht mehr vorkommen wird . [Philadelphier Blätter.]

Ein Blid in's Goldland. Californien . Los Angelos, Augftm . 54. Wir ents nehmen einem Privatbriefe folgende Stelle : Unſere Stadt iſt überfüllt mit Leuten , die aus den Minen am Rern - River zurücfommen , und die leider nichts weniger als ihr Glüd dort ge macht. Sie ſchildern bas Elend, welches bort unter den Mis nern herrſcht, als grenzenlos. Ein Mann, der in dem öden gebirgigen Lande 2 Doll. per Tag hat, wird für den Beſizer eine reichen Claims gehalten , und die Lebensmittel haben einen Preis , der an die Zeit des erſten californiſchen Golds reichthums erinnert. Fieber und Krankheiten haben furchtbare Verheerungen angerichtet , und überall an den Straßen ſteht man Kranke liegen im tiefſten Elende, die um einen Tropfen Waſſer betteln , in der brennenden Sonnenhiße ihre Zunge anzufeuchten . Was fümmert ein ſolches Elend bie Spefulanten und Ferry - Eigenthümer , die einer ſchmußigen Spekulation wegen Tauſende ins Elend ftürzen. Die Gebeine der Unglücklichen, die an der Straße bleichen , ſind für Den, beffen Herz für das menſchliche Leiden kein Mitgefühl hat, kein Vorwurf für das Gewiſſen, und der Fluch des Sterben den beunruhigt Den nicht, der nach nichts Anderem jagt, wie nach Gold. [ Neu - Dorker Blätter .]

Schiffskapitäne im Bund mit den Seelenverkäuferu . Neu - York , 16. Augft. 54 . G8 ſoll in neuerer Zeit eine beſondere Praxis der Kapitäne von Emigranten

38 ſchiffen fein , daß fie bei ihrer Anfunft im hieſigen Hafen ihre Paſſagiere nicht ſofort landen , ſondern erſt mit den Nun ners und andern Seelenverkäufern in Unterhandlung treten , indem ſie ihre Paiſagiere jenem Geſindel vermafeln und auf dieje Weiſe oft einige Hundert Dollars verdienen . Ani Sam ftag ſoll abermals ein Schiff mit deutſchen Einwanderern hier angekommen ſein , welches am Montag ſeine Paſſagiere aus dem oben angedeuteten Grunde noch nicht gelandet hatte. Ja, als einer der Paſſagiere an's Land zu gehen wünſchte , uin für ſich und ſeine Familie friſches Waſſer zu holen , wurde er vom Steuermann mißhandelt, und entzog ſicth endlich der Mißhandlung, indem er über Bord ſprang . Er wurde von einein Boote aufgefiſcht und machte dann vor dem Mayor eine Anklage gegen den Steuermann , für deſſen Verhaftung ein Warrant ausgeſtellt wurde. [M.- 9 . BI .]

Empörende Behandlung von Einwanderern . Neu - Yorf, Augſt . 54. — 6S iſt eine bekannte Geſchichte, daß viele Schiffskapitäne die Einwanderer, die ſie bringen , tontraftgemäß den Runnern und prelleriſchen Boarding hauswirthen in die Hände liefern , um ſich auf dieſe Weiſe nebenbei namhafte Summen zu verdienen . Gewöhnlich ſind e $ Deutiche, der engliſchen Sprache nicht mächtig, die auf dieſein Wege geprellt werden . Geſtern wurde ein Mann , Namens Georg Evers, der mit der Barke „ Star“ am Sonn tag von Hamburg hier anlangte , von dem Steuermann des Schiffes auf eine ſo ſheußliche Weiſe mißhandelt, daß er, um weitern Mißhandlungen zu entgeben, über Bord ſprang. Ein Bootsmann holte ihn aus dein Waſſer und ging mit ihm nach der Office des Mayors, wo Svers ſeine Klage vorbrachte. Er hatte von dem Kapitän verlangt, man möge ihn an's Land feßen, damit er friſches Waſſer und Brot für ſein Weib und ſeine Kinder holen fönne. Statt einer Grlaubniß , an's Land zu geben, erhielt er von dem Steuermann eine Tracht

39 Solåge. Das an Bord des Schiffes befindliche Waffer ftant, da man 90 Tage unterwegs geweſen war. Es wurbe Tofort ein Verhaftsbefehl gegen den brutalen Steuermann erlaſſen, und ſeitens der Mayors - Office werden anderweitige dießfalls lige Klagen gegen die Commiſſioners of Emigration anban gig gemacht werden . [ Neu - Vorf. Abendz.]

Todt auf der Straße gefunden . Neu - York , 7. Sept. 54. Ein krankes Frauenzimmer, Namens Jane, wurde geſtern Morgen tobt auf dem Seitenwege in den Five Points gefunden und in's Stationshaus gebracht.

Ein Blick in das Eintvanderer - Beförderungsweſen . ( Mitgetheilt.)

Neu - york , September 1854 . Es iſt in jüngſter Zeit ſehr viel über das an unſern deutſchen Landsleuten bei ihrer Ankunft in Neu- York durch Wirthe und Weiterbeförderer verübte Unrecht geſchrieben und geſprochen worden ; die reſp. Veröffentlichungen in den Zeie tungen waren aber gewöhnlich nur Anfeindungen oder Vers theidigungen gewiſſer Concurrenten, woraus zwar hervorging, daß die Ginwanderer jebenfalls übervortheilt würben , allein eine wahre Aufdeckung dieſes faulen Geſchäfts wird unters laffen ; man ſucht nur zu bemänteln , zu beſchönigen ; den wunden Fleck an der Wurzel anzugreifen und auszurotten , dazu hat der Emigrantenfreund weder den Willen noch die Kraft. In gegenwärtigem Artikel will ich verſuchen , die Mits tel , womit dieſes Geſchäft geführt wird , unparteitſch , leidenſchaftolos zu beſprechen , und wenn der weniger Ginge weihte die ungeheueren Summen, welche zum Einfangen oder

40 Beitreiben der Emigranten verwendet werden , kennt , bann mag er ſich einen Begriff madhen , in welchem Umfang bie Einwanderer bezahlen müſſen . Meine Angriffe gelten alſo nicht einzelnen Perſonen , ſondern der Sache ; das Syſtem , die planmäßige Art und Weiſe der Ausbeutung unſerer deuts fchen Landeleute will ich beſprechen. Unfenntniß der Sprache, Unerfahrenheit, Uebereilung, Leichtgläubigkeit der Emigranten tragen bazu bei, daß dieſelben mit wenig Mühe betrogen wers ben können ; der Umſtand, daß, wenn betrogen, er nicht weiß wo fid Recht verſchaffen , macht Schwindler fühner unb fühner. Die enormen Summen , welche aus den Einwanderern gezogen irerden, erzeugen aber auch eine eben ſo enorme Cons currenz, ja Brodneid und Gewinnſucht läßt in feinem ander ren Geſchäft eine ſolche verächtliche Gemeinheit erblicken, wie es von den Concurrenten der Emigranten Linie zur Schau getragen wird ; da iſt auch kein Mittel zu ſchlecht, den uners fahrenen Fremben anzuziehen. Die Habgier, den Ginnandes rer zuerſt in die Hände zu bekommen, um ihn deſto ſicherer fcheeren zu können , verurſacht aber wiederum ſolche Ausgaben, daß von einer reellen Beförderung gar nicht mehr die Rebe ſein kann . Das Grer bon Runners , welche auf dieſes Ge ſchäft gehalten werben , verſchlingt in Bezug der Einnahme ebenſo große Summen , als die ſtehende Armee eine deut fchen Fürſten . Mehr denn 100,000 Dollars werden jährlich an die Helfershelfer von den verſchiebenen Compags nien verausgabt, welche Summen dieſe wieder aus den Ein wanderern preſſen müſſen . Ich will hier nicht die obgleich beträchtlichen Summen aufführen , welche ſchon in Deutſchland verſchwendet werden, um den Emigranten zum leichtern Eingehen in die hier ge legten Neße einzulullen , ſondern ich will nur von den Un . foften , welche auf den Kafen New-York kommen , ſprechen. Einen Haupt- aber eben ſo foftſpieligen Hebel zum Sichern eines ganzen Emigranten -Schiffes bildet der in der Runner ſprache ſogenannte Permiten catcher . ') Rein Haus , daß 2 ) Grlaubniß -Hålder.

41 irgend welche Geſchäfte bon Bebeutung, machen will, darf dieſe Perſönlichkeit entbehren. R. unb L. , wie w. und M. haben zwei, þ . W. W. einen, und beträgt der Gehalt eines ſolchen per Monat 90, 100 bis 150 Dollars. Der Wirkung8s kreis des Permileo catcher iſt , beſtändig in der untern Bay zu freuzen und zu lauern , ob ſich ein Emigranten -Schiff blicken läßt und hat zu dieſem Zwede eines von den kleinen Dampfbooten im Dienſt, welches per Woche 200 Dollars foftet. Dieſe Dampfboote allein machen für fünf Agenten die runde Summe von 1000 Doll. per Woche, eine rein übers flüſſige Ausgabe, und um ſie zu beden, müſſen auf 1000 Eins wanderer 1 Doll. per Kopf geſchlagen werden. Aehnlich dem Seeräuber, welcher auf Kauffarthei-Schiffe Jago macht, haben die Permiten catcher Emigranten -Schiffe zum Ziele , mit dem Unterſchiede , daß der Pirat , wenn er ein Schiff entert, vom Capitain ein Löſegeld verlangt , der Permiten catcher großmüthig iſt und dem Capitain ein Prämium bietet für die üeberlaſſung ſeiner lebenden Fracht, und iſt er um ſo frei gebiger je werthvoller die Ladung ift. Smarte Capitains ſind nun gewöhnlich auf ſolche Eventualitäten gefaßt und machen zu dieſem Zwecke Auszüge ; das heißt ſte fragen ihre Paſſagiere während der Reiſe aus , wo ſte hinreiſen und machen danach ihre Liſten , um bem Hrn. Catcher zur beſſeren Beurtheilung des Prämiums dienen zu können. Der Preis für die Ueberlaſſung eines ſolchen Schiffes iſt von 100 bis 200, manchmal300 Dollars. Aus welcher Caffe dieſe Sum men fließen, habe ich troß vieler Mühe noch nicht ausfinden fönnen ; ſcharfſinnige und etwas zartfühlende Emigranten bes haupten , es würde beim Wiegen des Gepäcks aus ihren eis genen Kaſſen gepreßt. Während der Unterhandlung kommt das Schiff frieblich in die Quarantaine, und wer das Glück hat, führt die Braut heim , d. 5. wer den höchften Preis bezahlt , erhält das Pers mit , daher Permiten catcher. Permit iſt die Erlaubniß, Paſſagiere und deren Gepäd auszuladen ; baß es aber dieſen Menſchencatchern um etwas Anberes, als das bloße Auslaben

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der Paſſagiere und deren Gepäck zu thun ift, wird bald be greiflich ; denn kaum hat das Schiff Anker geworfen, ſo růdt der in Staaten Island ftationirte Kerntrupp der beſtrenno mirten Runners hervor und beſtürmt die Paſſagiere zu bu dhen : unter buchen verſteht man ganze oder theilweiſe Zah lung zur Reiſe ins Innere zu madjen ; dieſes, den Einwan berern das Geld abzunehmen , noch bevor ſie amerikaniſchen Boden betreten haben, iſt der Brennpunkt, worauf alle Ma növer abzielen : bei einer ſolden Gelegenheit entfaltet ſich das Niederträchtige und Abſcheuliche des Runnerweſens in ſeiner ganzen Glorie ; unter welchen Vorſpiegelungen , mit welchen Kniffen und Ränken die armen Leute überredet werden , ift unglaublic ); helfen keine Verſprechungen , ſo ſind es Dro bungen , ja Gewaltthätigkeiten, die dieſer Auswurf der Menſch heit in Anwendung bringt , um ſein Ziel zu erreichen ; es gibt Fälle , mo die widerſpenſtigen Einwanderer ſo lange auf dem Waſſer gehalten werden , bis ſie bezahlen, ja man iſt ſo unverſchämt, ibnen rundweg zu ſagen : Daß ſie eber ihre Sas chen nicht ans Land geſeßt bekommen , bis ſie zahlen . Kurz , ich frage jeden Agenten , der ſich dieſer Mittel bebient, wie er noch die Frechheit haben kann , von Chre zu ſprechen . Ich frage, wie einer auf reelle Geſchäftsführung Anſpruch zu machen noch die Rühnbeit bat , ber Fighters, Schläger, Romdies von Profeſſion hält und bezahlt, um die unerfah renen Grünen zum Zahlen anzutreiben, oder ſolche, die nicht in ihr Horn ſtoßen , mit brutaler Gewalt anzugreifen ? Abgeſehen von der empörenden Robbeit, womit ein Emis granten -Schiff ausgeladen wird, ſo verurſacht es auch enorme Koſten ; rechne man die fighters , 1) die Ruoners en masse , das Dampfboot 6 Dollars per Stunde. Um alle dieſe Un koſten zu decken, reicht der Verdienſt an den obgleich zu ho hen Preiſen verkauften Tickets nicht aus , und wird deshalb beim Wiegen des Gepäcks um ſo unbarmherziger und ſcho nungsloſer geſchnitten , je ſicherer man alsbann die Leutchen in der Hand hat. Die Gräuel , welche beim Abfahren der 1) Raufer.

43 Emigranten vorfaden, ſind der unerhörteſten Art , namentlich find die Agenten auf der People's Linie ohne alle Controlle ; fle fönnen nehmen, was ſie wollen , und nehmen aber auch, was ſie bekommen ; 2. B. 5 Doll. per 100 Pfund bis Chis cago oder Cincinnati iſt eine alltägliche Sache, ich habe Fälle erlebt, wo für 60 Pfund 4 Dollars bis Cincinnati, 2 Doll. für 70 Pfund bis Buffalo genommen wurden. Die Urſache, warum die meiſten Prellereien beim Wiegen des Gepäcks ungerügt und unbekannt bleiben , iſt der Ums ftand, weil es die ſchlauen Agenten ſo einzurichten wiſſen, daß die Emigranten erſt kurz vor dem Abfahren die Ueber fracht bezahlen , wo das Gepäc immer ſchon eingeladen und keine Zeit mehr zu verlieren iſt, nach der Mayors -Office zu laufen und ſich zu beſchweren ; auf dieſe Weiſe ſind denn die armen Leute, um ihre paar Habjeligkeiten nicht allein dahin fahren zu ſehen , gezwungen , jeder Forderung ſich zu unter werfen . Wer ſich von der Wahrheit dieſer Behauptung über zeugen will, gebe nur eines Abends auf den Doo der Peoples Line, und wenn er noch menſchliches Gefühl in ſeiner Bruſt hat, ſo werden ſich ihm die Haare ſträuben . Doch genug, jeder Tag iſt Zeuge der empörendſten Be trügereien, und immerfort wird dieſes fluchwürdige Syſtem der Erpreſſung von den Verſchiebenen Compagnien geduldet, ja aufrecht erhalten, denn nur dieſe allein verdienen wegen dieſer ſchändlichen Emigranten -Beraubung an den Pranger der Verworfenheit geſtellt zu werden . Als Beweis diene die vor kurzem gehaltene Convention der Direktoren der verſchie denen von Neu - Horf nach dem Weſten führenden Bahnen ; auf dieſer Convention wurde beſchloſſen, daß auf allen Bah nen ein gleicher und feſter Preis für erſte Klaſſe- Paſſagiere und Fracht genommen , und daß alle Runners- und Bettela (soliciting ) Agents abgeſchafft werden ſollen . Nun , wenn dieſe Direktoren in Bezug auf erſte Klaſſe - Paſſagiere und Fracht zu einer Verſtändigung kommen konnten , warum konnten oder wollten ſie nicht auch für Emigranten und des ren Gepäck einen gleich feſten Tarif feftfeßen, und die Runs

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ners und Bettel- Agenten abſchaffen ? Mögen ſie antworten , ob die Urſache eine andere iſt als die , die Emigranten mit Hilfe dieſer Subjecte beffer shaven ) zu fönnen. ( Neu - Yorfer Staat& ztg.)

Zur Warnung. Neu - Vorf , 8. Sept. 54. - Auf der Mayors Office ſind in dieſer Woche wieder unter unzäh ligen kleinern , drei bebeutendere Emigranten - Beſchwindelung8s fälle zur Verhandlung gekommen. Der erſte und ſeiner bes denklichen Natur nach bedeutendſte war eine Klage gegen das Haus F. W. C. Wedekind und einen ſeiner Runner, Namens Nathan. Die Klage war von acht Paſſagieren des Schiffes ,, Donau “ erhoben, es ward jedoch nur ein einziger der Klas ger eiblich vernommen , und aus den Affidavits dieſes Man nes , Namens Chriſtian Steuffert, unb ber Erzählung ber Andern, können wir einen wahren Bericht des ihnen erfahs renen Unrechtes geben. Die Leute waren fdon mit vielen andern ihrer Landsleute von Deutſchland aus mit Empfehs lungskarten an das Haus Riſchmüller und Löſcher gewieſen , und zwei derſelben , Steuffert und noch ein Anberer , eilten deshalb gleich bei ihrer Ankunft hier, ebe noch das Schiff an den Doc angelegt, an's Land und ſicherten ſich für je 14 Doll. und 4 Dolli., der Eine acht, der Andere zwei Billets für ihre Weiterreiſe in's Inland mit der Hudſon River Eifens bahn . 68 wurde ihnen von Riſchmüller und Löſcher à Pers ſon 6 Dou. abgeforbert, den Reſt der Summe follten ſie bei ihrem Abgang von hier erlegen. Steuffert und ſein Begleis ter gingen wieder an Bord der Donau “ zurüd und blieben dort die Nacht. Am Morgen bes nächſten Tages legte ein Dampfboot an bad Schiff an, auf welchem fid) Runner bed srn . F. W. 6. Webefind befanden , welche den Paſſagieren Billets zur Weis

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Scheeren .

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terreiſe ins Land anboten. Auf die Antwort der Paſſagiere, welche an R. und l. gewieſen waren, daß ſte bort ihre Bila lets kaufen wollten, und auch theilweiſe ſchon gekauft hätten, antwortete ihnen Nathan und noch ein anderer Mann , daß N. und L. nichts als Runner wären, und daß ſie (Hr. Nas than unb Conſorten ) beren Vorgeſepte und die Herren der Eiſenbahn wären , auf welche die Sidete lauteten ; baß ſte die ſchon gefauften Billets für volle Zahlung annehmen , außer dem die Paſſagiere für 5 Dol. die Perſon befördern woll ten , und ztrar ben ganzen Weg mit der Eiſenbahn. In der Meinung, daß ſte jeßt mit ben rechten Herren ber Eiſenbahn zu thun haben, kauften die Paſſagiere ihre Billets nach wiederholter Berſicherung, daß fie ganz burd mit der Eiſenbahn ſpebirt würden , welcher Verſicherung ſte um ſo leichter Glauben ſchenkten , da ſte die ihnen gegebenen Billets in großer Capitalſchrift mit dem Wort „ Rail-Road " bezeich netfanden. Die Billet8 waren per F. W. 6. Wedekind gezeichnet und lauteten auf die Peoples Line " . Steuffert gab ſeinen Schein für 14 Dol ., für den er feine Quittung erhielt, zahlte dann 34 Dol . zu und erhielt bas Verſprechen , für die übrigen 8 Doll. nach Milwaukie geſandt zu werden (die Billets waren nur bis Detroit gültig). Später erfuhren die alſo Beſchwindelten, baß ihre Billets nicht für die Hudſon River Rail-Road galten ; ſte wandten fich dann wieder an Nathan , ber ihnen verſprach, fte zur Beſtätigung der Richtigkeit in bas Comptoir der deutſchen Geſellſchaft zu führen , und Steuffert, der noch von ſeinem deutſchen Glauben an deutſche Geſellſchaften nicht geheilt war, erklärte ſich damit zufrieden. Nathan führte die Leute nur in Wedekind's Office, wo die Billets gewechſelt wurden. Da dem Steuffert die Office doch wohl nicht wie der Tems pel der Philantropie erſcheinen mochte, verlangte er den Präs ſidenten der beutſchen Geſellſchaft felbft zu ſehen. Dieſer war jedoch ſelbſtverſtändlich nicht zu Hauſe , und als er am andern Morgen 9 Uhr wieder kam, noch nicht aus den Fes bern. – Endlich fam Steuffert in die wirkliche Dffice der

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46 wirklichen deutſchen Geſellſchaft, wo ihm ber Clerk ben träfts lichen Beſcheid gab, daß er beſdwindelt, daß hier jedoch nicht der Drt ſei, wo man ihm helfen könne. Ein wirklicher Menſchenfreund brachte den Rathloſen ends lich auf die Mayors- Office , wo in Gegenwart des Hrn . Wes Defind, einiger ſeiner Runner , einer Anzahl Reporter , des Mayors, feines Marſdalis , jeiner Glerfs, des Chefe of Pos lice und anderer Notoritäten , nach einer ſehr langen , von Morgens 10 Uhr bis Nachmittags 4 Uhr geführten Unter ſuchung, in welder ein einziges kleineres Affidavit aufgeführt wurde , die Sadie zu Gunſten der beiden Kläger entſchieden ward , die ihre Tidets zuerſt von Riſchmüller und Löſcher gekauft hatten . Hr. Wedekind mußte ihnen ihr Geld zurücf geben und die Klage war erledigt . [Criminal-Zeitung.]

Anklage auf Verführung a . Neu : York , 23. Sept. 54. - Vor einigen Tagen fam ein junges Frauenzimmer in die Mayors - Office und erhob eine Anklage gegen einen hier ſehr bekannten Schiff & fapitán , deſſen Name leider nicht genannt iſt , in einigen Tagen aber genannt werden foll. Das Frauenzimmer wurde zu einem Advokaten gewieſen und dieſer entwarf eine Anklagefchrift, woraus hervorgeht, daß das Mädchen in einem Alter von 16 Jahren in Liverpool in der Office der Conſignes des Schiffes, welches der Kapis tán befehligte , auskehrte , als der Kapitün Gefallen an ihr fand und ſie überredete , mit ihm an Bord zu gehen und ſeine Mātreſſe zu werden . Sie lebte in dieſer Eigenſchaft über ſechs Jahre mit ihm , genden und Häfen , pflegte e$ hätte thun können , bis Vorf verließ, ohne nur im

beſuchte mit ihm verſchiedene Ges ihn , wie nur eine liebende Frau er ſte vor Kurzem hier in Neu Geringſten für ihren zukünftigen

47 Unterhalt zu ſorgen . Später gab er ihr 225 Doll.; als fle aber nach Californien gehen wollte und zum Kapitän ging , um ihr dazu behülflich zu ſein , wurbe ſte von ihm und einem ſeiner Verwandten aufs (dauberhafteſte mißhans delt. Er ſchlug fie mit ganzer Kraft ins linke Auge , warf ſie auf den Boden und hob ſie wieder auf , ſprang auf ſie, trat ſie mit den Füßen , faßte ſie bei der Kehle und drückte ſte , bis ihr das Blut aus Naſe und Mund fam . Sein Verwandter ſtieß ſte ebenfalls mit Füßen und mißhandelte ſie anderweitig. Ihr ganzer Körper wurde mit Wunden bes dedt, und in dieſem Zuſtande, als ſte faſt berußtlos am Bos den lag , warfen ſie ſie auf die Straße und ſchleuderten ihr einen Fluch nach. Gegen den Kapitän und ſeinen Ver wandten iſt ein Verhaft & befehl erlaſſen worden. Wenn das, was in dem Affidavit des Mädchens enthalten , nur zur Hälfte wahr ift, ſo liegt hier einer der ſchauberhafteſten Fälle von Grauſamkeit und Brutalität vor , die eß geben kann . Aber , wir möchten wetten , den Verbrechern geſchieht nicht 8 ſoweit iſt es leider in Neu- Yorf gekommen. [Neu- York. Dem .]

Merkwürdige Schidfale einer Frau. St. Louis , September 54. An einem Tage der legten Woche, zu früher Morgenſtunde, hielt der ärmliche Todtenwagen , ber auf Koſten der Stadt freund- und mitteloſe Verſtorbene nach dem Stadt-Begräbnißplaße befördert, vor einem Hauſe in einer Straße des ſüdlichen Stadttheils. Der Rutſcher des Wagens ſtieg ab, ging in das Haus und erſchien bald darauf wieder an der Thüre, gemeinſchaftlich mit einem ebenſo gleichgültig breinſehenden Manne , einen aus ungehobelten Brettern zuſammengeſchlagenen Sarg tragend. Der Sarg wurde in den Wagen geſchoben , und der Lobtenwagen raf

48 ſelte bald über die menſchenleeren Straßen dem Begräbniß plaße zu. Niemand blidte bem Wagen wehmüthig nach , Niemand ſtand mit bewegtem Herzen am Grabe , als die Erdſchollen polternd auf den Garg fielen. — Und doch barg dieſer Sarg bie Leiche einer Frau , der einſt Hunderte die aufrichtigſten Huldigungen dargebracht, die einſt geehrt, bewundert , beneis det in der Geſellſchaft daſtand, die über Reichthümer zu ver fügen hatte und der noch vor wenigen Jahren , ebe ſie die Ufer dieſes Continentes betrat, ein glückliches und zufriedenes Alter bevorſtand. Die Lodte war Roſa Nefchemi, die Lochter eineê unermeßlich reichen polniſchen Edelmannes. Schon in früheſter Jugend wurde fte an den Hof bed Rais fers von Deſterreich gezogen, wo ſte im Alter von 18 Jah ren einen franzöſiſchen Edelmann beirathete, der ebenfalls ſehr reich war. Roſa Nedjemi verlebte theilweiſe auf den Gütern ihres Gatten, theilweiſe auf Reiſen in Deutſchland, Spanien , Stalien und England lange , glückliche Jahre und gebar brei Söhne, welche die beſte Erziehung erhielten , und auf welche die Eltern mit dem größten Stolz blidten . Da kam die Juli- Revolution in Paris heran. Der Gatte Roſa's betheiligte ſich auf das Thätigfte bei derſelben, und fiel am 28. von drei Kugeln durchbohrt. Sein Name prangt heute noch an der Säule auf dem Baftile - Plage. Von den Söhnen hatte der ältefte, ein beſonders talents voller junger Mann, in Spanien außerordentlich reußirt und war zu jener Zeit Geheimſekretär des Königs Ferdinand. Nach dem Tode des Königs bezog er ein Landhaus in der Nähe von Valencia , wo er, wie man vermuthet, durch die Hand eines Meuchelmörders fiel. Der zweite Sohn , der ſich dem geiſtlichen Stanbe gewids met, war ein beſonderer Günſtling des Papſt Gregor. Auch er ſtarb bald nach jenem Ereigniß. Der dritte Sohn , damals noch fehr jung , blieb bei der Mutter , bie in der Schweiz eine Zuflucht fand, wobin ſie die geretteten Trümmer ihres Vermögens gebracht. Als er

49 16 Jahre alt war , berließ er die Mutter und ging nach Amerifa. In Neu-Orleans fand er bald Beſchäftigung und verdiente viel Geld . Schlechte Geſellſchaft und ſein eigener Hang zur Ausſchweifung brachten ihn aber bald auf 3rre wege , und vor etwa fünf Jahren griff er zum legten und ſeinem Kredit wieder aufzuhelfen, idmablicyſten Mittel , indem er ſeine greije Mutter verlodte, herüber zu kommen. Sie konnte den Bitten ihres einzigen Sohnes nicht wies berſtehen und fau . Es war ihr möglich geweſen, 6000 Doll. baar zuſammenzubringen, die ihr Sohn in kurzer Zeit durch bradite. Vor etwa einem Jahre beendigte er ſeine Carriere in Neu - Orleans, indem er, damals die Stelle eines Deputy Sheriff bekleidend , einen Creolen erſtach. Er entfloh nach Californien , und feine greife Mutter, der Neu - Orleans nas türlich auf das Aeußerſte verhaft geworden, ſuchte St. Louis auf. An einem Lage der leßten Woche, zur frühen Morgenta ſtunbe, führte der ärmliche Stadt- Leichenwagen die Ueberreſte Roja Nejchemi's zur lepten, unbeweinten Rubeftätte. Shuchi is life . ') ( Anzeiger des Weftene.)

Die Arbeiter Detroits . & wird immer fauler und fauler im Staate Danemarf. Die ſocialen Verhältniſſe der Arbeiter nehmen immer mehr und mehr ein europäiſches Gepräge an . Wer weiß , wie lange es hier noch dauern mag , daß man in den Städten des Oftens und Weſtens von Straßenkämpfen hört , welche Kummer und Noth hervorgerufen haben. Die Zeichen der Zeit gewähren fein langes Ziel mehr; die meiſten Hand werksfächer unterliegen ſchon heute dem Druce des Rapitals, und der Arbeiter iſt in den gegenwärtigen theuren Zeiten kaum im Stande, eine zahlreiche Familie zu ſättigen . 1) So iſt das Leben .

50 Die Vermehrung der Arbeitskräfte, die alljährlich von Europa aus in dieſes Land ſtrömen und die ſich größten . theils in den Städten ablagern , gibt den reidhen Arbeitsge bern Gelegenheit, den Lohn zu drücken , die Arbeitsſtunden zu vermehren und die Auszahlung des Arbeitslobnes in einer nieberträchtigen , wudzeriſchen Art und Weiſe zu bewerkſtel. ligen . Hierunter verſtehen wir die Storpa y 8 - und Drs derzahlungen , ') wobei tebe Redlichkeit verſchwunden ift und nur der großartigſte, nackte Betrug þerricht; bann die Abſchlag8z a blungen , wobei der Arbeiter vielleicht im mer die Hälfte bis zwei Drittel ſeines Lohnes gut hat , da mit er gefeſſelt in der Hand ſeines Brotherrn liegt. Will er ihn verlaſſen, ſo berweigert der Geldbroße ihm fein Guts haben, und daſſelbe auf geridytlichem Wege erlangen zu wols len , iſt für den armen Arbeiter nach dem hieſigen Geſekess gange faum möglich. So iſt der arbeitende Mann der Will . für eine gierigen Blutſaugers preisgegeben, und dieſer bere fäumt nicht, ſeinen Arbeitsſchweiß auszuſaugen , ſo oft er nur kann. Aber ſolche Menſden mögen ſich die Wahrheit jener bid. teriſchen Worte einprägen , die heute ben gierigen Gelbphili fter in Europa nächtlich von ſeinem Lager aufſchreden : Das iſt der Fluch der böſen That , Daß fie ftets Böſes muß gebären. Unter ſolchen Umſtänden braucht es uns alſo nicht zu wundern , wenn wir ſchon ſeit geraumer Zeit den Nothruf der Handwerfer Detroit vernehmen und Aufruf über Auf ruf an die Arbeite brüber erfolgt, um eine Vereinigung bem Drucke bes Kapitals gegenüber zu treffen, und ſich deſſen grauſamen Feffeln zu entlebigen . Zuerſt waren es die Schreis ner, welche vor einiger Zeit an ihre Arbeitgeber die Forbes ) Wörtlich : Ladenzahlung, d. 1., wo die Arbeiter ftatt baaren Geldes beim Herrn ſelber oder in beſtimmten Raufläden Waaren und Lebensmittel annehmen müſſen , die fie oft gar nicht, oder in fol cher Menge nicht brauchen , oder viel billiger und beffer um baares Geld kaufen fönnten an andern Drten .

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rung ſtellten , ſte nicht mehr mit Storpay zu bezahlen . Da dieſelben ſich weigerten , eine ſolche Forderung zu unterzeich . nen, fo ftanden die Schreiner aus und ihre ftrenge Einigkeit girang bie Baje (Arbeitgeber) , in die Forderung einzuril. ligen . Aber die gierigen Geldmenſchen , denen ein großer Schnitt durch ihr Betrugsſyſtem gemacht war , ruhten auch nicht; das Kapital vereinigte ſich im Stillen . Man gab den Leuten baares Geld, aber jede Woche nur ſehr wenig, um ſie in der Hand zu haben . Storepay- Zah . lungen wurden alsbald im Einverſtändniß verſchiedener Ars beiter auch ſchon wieder gemacht. Jeßt haben nun die vers einigten Geldbroßen – die Inhaber der Möbelmagazine — nod ein anderes Mittel unternommen , um durch ein Bei ſpiel der Rache ihren ehemaligen Standpunkt wieder zu ges winnen, und für die Zukunft ein abſchreckendes Beiſpiel für die Emancipation der Arbeiter zu geben . Aus allen Werk ftellen werden , da man neue Arbeitskräfte gewonnen , die Rädelsführer der Bewegung verbannt, indem man ihnen die Arbeit auffündigt , und Reiner von ihnen fann in irgend einem andern Möbelſhop der Stadt Arbeit finden . Ginige Möbelſchreiner haben in Folge beffen die Stabt fchon berlaſſen , und andere , denen es an Mitteln dazu ge bricht, geben brotlos umber und fönnen noch nicht einmal ihren guthabenden Arbeitslohn befommen . Die Schreiner müßten bei einem jeben derartigen Fall wieder Alle zuſam men ausſtehen. && ift bieß zivar für Manche ein ſchwieri ges Unternehmen, da keine Raffe vorhanden iſt, die ihnen in einer ſolchen Zeit Unterſtüßung gewährt. Welche Folgen aber daraus entſtehen können , wenn man Arbeiter aus Rache brotlos macht und Familienvater zur Verzweiflung treibt, ha ben wir in Europa erlebt. Wer weiß, welches Loos ſich hier bie geldgierigen Menſchen bereiten können. Die Bäder, die hier für ihre Harte Arbeit einen gerin gen Lohn bekommen , haben ſchon einige Mal verſchiedene vergebliche Anſtrengungen zur Lohnerhöhung gemacht; bege gleichen die Steinbauer und andere Handwerker. 4*

52 Sduhmacher ſind gegenwärtig ausgeſtanden wegen Lohner . höhung ; wir hoffen , daß ſie ihren Zweck erreichen werden. Augenblicklich machen die Schneider große Kraftanſtren gungen , um die Storepay - Zahlungen abzuſchaffen . Dieſelben bilden hier die zahlreichſte Handwerker-Menge, die aus allen Nationalitäten zuſammengeſeßt, und daher auch ihre Vereis nigung die ſchwierigſte ift. Inbeffen entwickeln ſie einen Muth und eine Ausdauer, vermöge welcher ſie wahrſd; einlich alle Hinderniſſe überſteigen und zu ihrem Ziele gelangen werden . Wir wünſchen ihnen den beſten Erfolg ; nur mögen ſie Gis nigkeit und Energie für jeßt und immer niemals außer Acht laſſen . Man ſteht aus Allem , mit welchen Schwierigkeiten die Verbeſſerung der Lage der Arbeiter auf dieſem Wege verbuns den iſt und wie ſchnell, was heute gewonnen , morgen wie der zerronnen iſt. Der Hauptweg, der zur Emancipation der Arbeit führt, iſt der politiſche. Er iſt zwar ein weiter und mühevoller aber auch ein ſicherer. Wir unters laffen bei dieſer Gelegenheit nicht, die Arbeiter zu ermahnen , daß ſie ſich ſtets an den politiſchen Ereigniſſen betheiligen und Alle wie Ein Mann zuſammenſtehen müſſen , um zu jeber Zeit dem dargebotenen politiſchen Fortſchritt zu huls digen.

Arbeiter ! Die „ umerifaniſche Demokratie “ nennt Eure Emancipations - Verſuche Schwärmerei und Schwindelei , wie wir aus einem hieſigen Hunferblatte beweiſen können. Sie nennt die europäiſchen Socialiſten, die in der Revolution für die Rechte der Menſchen gefallen ſind , Idealiſten , die eine Welt über dieſer conſtruiren wollten . Sie ſagt , daß alle. Beſtrebungen zur Erfümpfung des natürlichen Rechte des Menſchen auf nebelhaftem Irug beruben . Sie ruft Euch zu , in der hieſigen bemofratiſchen Partei zu vers bleiben , und die göttliche Drbnung der Dinge zu ertragen, wonach eß reiche und arme, herrſchende und bienende Mens ſchenklaſſen gibt u. 2 .

53 Arbeiter ! hört unb merkt Euch bieß. Gelft eine ſolche Partei — wie die Hunferpartei ) – vom Staatsruder verbannen , und Ihr rückt der Verbeſſerung Eurer Lage um einen bedeutenden Schritt näher. Gedenkt der bevorſtehenden Wahlen und Helft die demo kratiſche Partei ſtürzen ! Euer Wohl erfordert dieß ! [Michigan Volksblatt. Dkt. 54.]

Uebergericht. Ein Reiſender, der auf der Eiſenbahn von Neu - Vorf nach Albany fuyr, ſagte zu ſeinem Begleiter : 3ch trenne mich von Neu - Yorf mit zentnerſchwerem Her zen ! " ,, Still, ftiu !" flüſterte ihm diefer zu : ,,wenn Je mand etwas von der Schwere Deines Herzens erfährt, bann mußt Du am Ende noch 50 Cents für Uebergewicht bre zahlen ."

An die Redaktion der Neu-Yorker Staats - Zeitung . Durch eine Annonce in Ihrem geſtrigen Blatte , in der 2000 Eiſenbahnarbeiter nach dem Staate Florida berlangt werden , fühle ich mich veranlaßt, Folgendes zu veröffentlichen : Im Herbſte 1852 wurden durch mehrere hieftge Intellia genz- Bureaus 10—15,000 Eiſenbahnarbeiter nach dem Staate Flinois verlangt, denen von Chicago aus freie Reiſe nebſt Beföftigung verſprochen wurde. Auf dieſes hin ſchloß ich mich einer Parthie von 125-150 Mann an , die demſelben Bes ftimmungsorte zugingen . Schon in Buffalo fand ſich denn auch ein Agent eines Contractors an der Flinois Central. Rail-Road , Namens Holz , ein , und notirte ſich ſämmtliche Leute, die ihm, ba er ihnen Arbeit verſprach, willig folgten . Von Chicago aus bezahlte er die Paſſage für uns auf einem Canalboote nach Ottoma, ſowie auch für bie Wagen , die uns 1 ) Aemterjäger: und Sclavenhalter- Partei.

54 von bier ungefähr 65 Meilen (engl. ) weiter nach einer Set. tion an der JVinois C. R. R. brachten , an weliher wir arbeis ten ſollten ; allein Nachtquartier und Koft hatten wir ſelbſt zu beſtreiten . Daſelbſt angekommen, mußten wir bei einer ziemlid) ems pfindlichen Kälte fünf Nächte unter freiem Himmel zubrins gen , da ganz und gar feine Vorkehrungen zu unſrer Unters bringung getroffen waren . Auch erfuhren wir bald, daß die frühern Arbeiter oben genannten Contractors dieſen verlaſſen hätten , weil er ihnen ihren rückſtändigen Lohn nicht ausbes zahlt hatte . Ich und mehrere Andere verließen ihn deßhalb nach vierzehntägiger Arbeit ; der übrige Theil bagegen arbeis tete ungefähr 2 Monate daſelbſt, als der Herr plößlich ver. dywand, ohne einen Cent ausbezahlt zu haben . Glüdlichers weiſe brauchte man , obgleich mitten im Winter , nicht lange nad Arbeit zu ſuchen ; aber was hätten wir wohl anfangen ſollen ohne Geld und ohne Obdach , wenn wir nicht in der Nähe Arbeit gefunden hätten ? Neu- Yorf, 19. Ditbr. 1854 . T. $ .

Amerika, wie es iſt ') . Ein Schreiben der europäiſchen und amerikaniſchen demofratiſchen Vereine in Neu - Vorf an die Mitglie . der bes Committees zur Unterſtüßung politiſcher Flüchtlinge in England . Am verwichenen Mittirody hielten folgende Vereine in Neu-York eine Convention : 1 ) Sociale Reform . 2) Demokratiſche Union ( adoptirte Bürger). 3) Freier, demokratiſcher Bund ( Amerikaner, welche 1) Ein ſehr wichtiges Aftenſtück , weil von Erfahrenen aller amerikaniſchen Nationalitäten abgefaßt. (Anmerk. des Herausgebers .)

55 die Ausbreitung der Sclaverei bekämpfen ). 4) Freie Gemeinde ( Deutſche). 5 ) Turnerbund. 6) Cuba Demofratie. 7) Pole niſche Demokratie. 8 ) Univerſale demofratiſche Republifaner . 9) Franzöſiſche Seftion der univerſalen Republikaner. 10) Italieniſche Seftion. 11 ) Arbeiter-Bunb. 12) Amerifaniſcher Arbeiterverein . Die Convention war berufen worden , um die Antwort des Col. Forbes auf ein Schreiben von Victor Hugo u. A. zu vernehmen , womit biefer Herr beauftragt worden war . Dasſelbe lautet: An bie Bürger Victor Hugo , Barbier , Teleki , Piane ciani , Switoslawski , Mitglied des Committees zur Unters ftügung politiſdier Flüchtlinge in England. Bürger ! Shre Aufforderung zur Unterſtüßung politiſcher Flüchtlinge in England iſt dieſer Convention vorgelegt wors ben, welche mit dieſen Duldern auf's Innigſte ſympathiſirt; eine Committee wurde ernannt, um Hilfømittel zu verſchaffen und an Sie zu beförbern. Dieſe Beſtrebung iſt leider nicht mit Erfolg gefrönt und damit eine Befürchtung erfüllt wors ben, welche dieſe Convention über dieſen Fall gebegt hatte, da ihr die Erfahrung zu Theil geworden , daß ſelbſt den drins gendſten Bebürfniſſen folcher politiſchen Grilirten ( barunter manche von hoher Bildung ) , irelche täglich an dieſem Gone tinente landen und unbefannt mit der Sprache ſind , von Seiten der Amerikaner ſo geringe Theilnahme gewidmet wird , daß ſelbſt oft Solche, die ein Sandmerk erlernt , ſich nicht Raths zu erholen wiſſen . Außerdem iſt eß an der Stelle, Sie in Kenntniß zu feßen , daß ſich eine mächtige Organiſation der eingebornen Amerifaner unter dem Namen der „ Inow - Nothing & “ über das ganze Land zu berzireigen beginnt, deren quebrüdlicher Zwed iſt, den Frem . den der Rechte, weldier er ſich gegenwärtig erfreut , zu bes rauben, ohne die Shatſache im Auge zu halten , daß durg Finwanderung allein die Macht und Wohlfahrt dieſes Landes geſchaffen worden , und daß eine der hauptſächlichen Klagen der Revolutionärs von 1776 die war, daß die brittiſche Res

56 gierung die Einwanderung gehemmt, um die Entwidlung der Colonien zu verhindern und den Zuſtand ihrer Armuth und Abhängigkeit zu erhalten . Der heutige „ Neu- Yorker Herald “ bringt einen Leitartis fel über die große Anzahl von Emigranten , welche nach Eur ropa zurücffebren ; e8 erhelt aus demſelben , taf viele Schiffe in dieſem Hafen eine volle Paſſagierliſte beſißen und taß daa ren in demſelben Fahrzeuge zurücfehren , daß fie bieber ge bracht. Dieſe Rücfluth ſchreibt das bemerkte Blatt der Läuſchung zu , welche der Einwanderer über die Gelegens heit und den Zuſtand der Arbeit hier erleidet, der Theuerung ber Notbrendigkeiten des Lebens, im Verhältniß zum Arbeits lohn - und der Mißftimmung, welche die Know - Nothinga Aufregung gegen die Einwanderer hervorgebracht hat. Dieſe Worte mögen Ihnen , die Sie keine praktiſche Kennts niß dieſes Landes beſißen, ſonderbar erſcheinen ; wir auf dies ſer Seite des Atlantic halten es deſhalb für unſere Pflicht, 3hnen die naďte Wahrheit ſo kurz ale möglich vorzules gen, Þamit Diejenigen ihre Schritte wohl beherzigen , welche hieher zu fommen beabſichtigen . Die Frage unterliegt oft der Debatte, ob Perſonen, welche von Europa einwandern, um ihre materielle Lage zu verbeſs fern , in Wirklichkeit einen weiſen Schritt unternehmen ; denn wenn es auch einigen hier glüden mag, verlieren Andere dag Wenige, was ſie mit hierber bringen . -- Der Farmer aber er muß es klas Fann im Weſten Land billig kaufen ren und ſich mit ſeiner Familie wenigſtens ein Jahr erhalten, ehe er die Früchte ſeiner Arbeit erntet , auch muß er in Betracht ziehen , daß, wenn ſich kein Markt in der Nähe ſeiner Farm befindet und die Transportmittel für ſeine überflüſſigen Produfte mangeln, es ihm dyner fallen wird , ſich mit den nöthigen Kleidungsſtüden und dergl. zu verſehen. Wer feis nen Lebengunterhalt in dieſem Lande gewinnen will, muß auch vor Augen halten , daß Diejenigen , welche ihre Lebenszeit hauptſächlich einer geiſtigen Kultur gewidmet und dabei eine līßende Lebensweiſe geführt haben, phyſiſch außer Stande ſind,

57 an Hochſtraßen und Canälen zu arbeiten, welche niedere und erſchöpfende Beſchäftigung oftmals ſchwierig zu bekommen ift, und in den meiſten Theilen Amerika's den Arbeiter dem Fies ber und anderen Krankheiten ausſeßt. Die Annahme, daß jeder Amerifaner ſich behaglich ſeinen Lebensunterhalt verſchaffen kann , beruht auf einer Täus fchung. Thatſache iſt , daß bereits mehr Hände vorhan den ſind, um die Arbeit zu verrichten , als Arbeit zu verrich ten ift. Sehr häufig iſt es deshalb der Fall, daß felbft der eingeborne Hantwerfer , troß ſeiner Bekanntid:aften im Ges werbe, außer Stande iſt, ſich Arbeit zu verſchaffen ; um wie viel ſchwieriger muß alſo der Zuſtand der freundeloſen, polis tiſchen Erilirten ſein , welchen ſelbſt eine Kenntniß der Sprache mangelt. Gin Beiſpiel wird Ihnen dieſes vor Augen bringen . Da vor Kurzem eine Anzahl politiſcher Erilirten ( alles Hanos werker ) von ter päpſtlichen Regierung hierher transportirt worben , und in Folge beffen in die fritiſchſte Lage gerathen waren , faßte dieſe Convention Beſchlüſſe, welche ihre Lage der öffentlichen Betrachtung übergab . Obgleich nun dieſer Aufruf durch die Preſſe weit verbreitet worden ; obgleich bie Spalten beinahe jedes hieſigen Blattes einen Leitartifel zu Gunſten der Leidenden enthielt ; obgleich auf dieſe Weiſe ihre unglückliche Lage Jetem kund gerrorten , bot dennoch fein Amerikaner diefen armen Leuten Beſchäftigung , und Diejenigen , welche zufällig ſolche erhielten, verdanken ihr Glück den Mühen der Miterilirten , welche ſelbſt um jeden Biſſen Brot hart zu kämpfen haben und die Zeit ſchwer er ſparen konnten , für Andere Arbeit zu ſuchen. Sie werden wahrſcheinlich nach der Urſache ſolcher Apa . thie, ſolchen Mangels an Mitgefühl für Andere fragen ? Viele leicht werden Sie die Amerikaner tarum tadeln wollen ? Zies ben Sie jedoch die Ihatſachen in Betracht, ſo werden Sit finden , daß hauptſächlich Umſtände dieſes Reſultat herbeis geführt haben , welche ſich im Laufe der Zeit wahrſcheinlich ändern werden .

58 Die erſten europäiſchen Anſtebler auf dieſem Continente hatten gegen Mangel zu kämpfen, und mußten alle ihre Enero gie anwenden, um nur ihr Leben zu erhalten , fümmerten ſich deßhalb um nichts, was ſie nicht ſelbſt betraf. Ihnen folgten Heerſchaaren von Einwanderern , welche ihr Schickſal in ma . terieller Hinſicht zu verbeſſern traditeten ; beinabe Alle hatten in ihrem alten Heimathlande bittere Entbehrungen erlitten, Wenige ſich der Vorzüge intellectueller Cultur erfreut , deßhalb wandten ſie ihr Streben ausidhließlich der Erwerbung materiellen Reichthums zu , beſſen Mangel ihnen in Europa ſoviel Glend bereitet hatte. Ihre Kinder übertrafen noch das Beiſpiel der Eltern . Aus dieſem Umſtande ſtammt jener Geift des Geloſch ach ere, der ſelbſt den Wucherſinn jener core rupten Länder in Schatten ſtellte, woher die Emigranten gekommen waren . Der engherzige Grundſaß : „ Ieber ſorge für ſich ſelbſt ! " wurbe weit über einen jungfräulichen Boden berpflanzt, worin allein wahre Brüderlichkeit und Phi. lantrophie hätte Wurzel faſſen dürfen . Ein anderer Umſtand vermehrt die Schwierigkeit eines Fremben, ſich Theilnahme zu erwerben , und möge er der Menſch . beit wichtige Dienſte geleiſtet haben , - ed iſt die herrſchende Unwiſſenheit des Volkes in allen Angelegenheiten , die nicht unmittelbar feinen beſondern Handel betreffen . Das iſt eine Sache des Zufals und wird unter günſtigen Umſtänden alls mählig berſchwinden , ba es hauptſächlich der bereits erwähns ten Gelbſucht entſpringt, welche die Jugend , - damit fte frühzeitig Geld macht" ( felbft die Söhne reicher Leute, welche ihren Kindern die beſte Erziehung geben können) , ſos bald ſie nur den erſten amerikaniſchen Elementar , Unterricht, Lefen , Schreiben , Summiren und ein Bifchen amerifaniſche Geſchichte und Geographie gelernt, - als Lehrlinge in irgend ein Geſchäft einſtellt. Daburch wird ein hoher Grab ber Bildung (obgleich es an Gelegenheit zu ſeiner Erlangung nicht gebricht) ſebr vers nachläßigt, der Wiſſensfrete iſt ein enger und die großen Intereſſen und Pflichten dieſes Landes in Bezug auf die übrige

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Welt find wenig verſtanden oder berückſichtigt. Dieſe Uebel vermindern fid) jedoch allmählig, und werben hoffentlich ( ? !) in der Zufunft völlig getilgt werden . Ein anderer Umſtand trägt dazu bei , Theilnahme für Dies jenigen, welche ihrer Beſtrebungen für die Menſchheit willen Verfolgungen erlitten, dieſes natürliche Gefühl einer Menden . bruſt, gar nicht aufkommen zu laſfen : es iſt der überwiegende Einfluß der Geiſtlichkeit in den Vereinigten Staaten ; benn die Prieſter, mögen ſie Papiften , Puritaner ſein , oder einer anderen Seite angehören, ſind in ihrem Wefen conſervativ und deßhalb Allen entgegen, welche die Autorität irgend welcher Art nicht anerkennen . Wenige ehrenwerthe Ausnahmen mös gen gefunden werden, und ihre Zahl ſich langſam vermehren. Ein anderes Hinderniß, welchem die Liberalen in den Ver. Staaten begegnen , iſt der Einfluß der Sclaverei , vor welchem Gößen die Aemterjäger der alten demokratiſchen Par. tei fowohl wie ber Whigs bas Knie beugen - ebenſo die große Maſſe der Geiſtlichen aus Motiven des Conſervatismus ; ebenſo die Kaufleute ihrer füblichen Kundſchaft willen , - und ein großer Theil ber demokratiſchen Partei , welche ſich der Säuſdung hingibt , daß die Macht des Landes baburch ver mehrt würde. Rein liberaler Europäer bei geſunden Sinnen fann von der Sclaverei Sheilnahme zu gewinnen , oder einen Vers trag mit ihr zu ſchließen hoffen. Die ganze Natur der Scla. verei iſt ja der Freiheit ſo ſehr entgegen, wie das Dunkel dem Lichte; ſie muß jedes Streben nach Freiheit und Unabhängigs keit baſſen , fürchten , berleumden , hintergeben und verfolgen . Der Einfluß der Scaperei burchbringt jeden Theil des Lan . des — felbſt folche Staaten , von welchen dieſelbe nominell ausgeſchloſſen iſt. Wäre die Sclaverei nicht , dieſes Land wäre bas progreſſivſte und mächtigfte, was die Welt je geſee Der Kampf zwiſchen Freiheit und Sclaverei hen. in dieſem Lande hat jeßt begonnen . Die ſchlummernden Elea. mente der Zwietracht ſind ſich durch die , unter dem Namen der Nebraskabil bekannten Maßregel zur Ausbreitung der

60 Sclaverei über jene Territorien , von weldien ſie eine frühere Geſepgebung ausgeſchloſſen hatten , in thätiger Dppoſition ges genüber getreten. Jene fleine Section der falfden demos Fratiſchen Pro - Sclaberei - Partei , welche , Junge Amerika “ mißbenannt und angeführt von Senator Stephan A. Douglas iſt, hat dieſe Bill dem Kongreffe vorgeſchlagen, und die corrupten Pro -Sclaverei -Mitglieder der andern Sef. tionen nahmen ſie als Geſeß an, gegen die dringendſten, hefs tigſten Proteſtationen der Volfemaſſen der freien Staaten , deren Unwille durch dieſen Aft auf's Höchſte geſteigert iſt ..... [ Neu - Yorker Herald und mehrere andere engl. und deutſche BI., Oktober 54.]

Zuuahme der Verbrechen in Amerika . Es iſt eine unabweisliche Thatſache, daß die Zahl der in den größeren Städten unſeres Landes ſowohl, wie in den weit entlegenften Regionen desſelben berübten Verbrechen, in furcht barer Weiſe zunimmt. Faſt kein Zeitungsblatt erſcheint, ohne neue Berichte unerhörter Schanbthaten , ja , es gibt Blatter, die einzig und allein von der ausführlichen Erzählung derſel ben leben , was für die Moral unſeres Landes eben kein beſonderes Zeugniß iſt , — die ſehr viele Abonnenten und noch mehr Leſer haben . Geht die Zunahme des Verbrechens in dem Maße fort, wie es augenblicklich der Fall iſt, fo wer: den binnen einigen Jahren die Zeitungen nichts mehr ſein können, als Criminal -Kalender. Tag für Tag leſen wir von brutalen Angriffen auf Leben und Befißtbum , bon Morb und sobifchlag , von Gewalt und Nothzucht. Nehmen wie z. B. nur den Neu - Yorker „ Herald " vom bergangenen Mittwoch . Nicolaus Beehan , ber ruchloſe Mör ber einer ganzen Familie, erhielt fein Toteurtheil in Neu Pork ; im folgte Timothy Reeding , der Mörder bed Seins

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rich King ; dann kam die Sentenz des Jerome B. Ring für Lodtſchlag, verübt an P. G. Bon ; hierauf famen drei Fälle von abſichtlicher Erſchießung, in deren zwei erſten 2 Männer, in dritten eine Frau erſchoſſen worden. Das war das Ges ſchäft eines Tages im Criminal-Gerichte zu Neu -York. Am ſelbigen Tage aber meldete der „ Herald “ einen brutalen An griff auf einen Franzoſen und die Erſtechung eines Emigran. ten von einem Raufbolde , der den Händen der Gerechtigkeit noch obendrein entging . Diebſtahl, Brandſtiftung, Geſegloſiga keit aller Art erzählt dieſelbe Nummer des Blattes als Ereig niß von 24 Stunden in Neu - York. Sollte man es für möglich halten , daß eine Stadt , die ſich einer Polizei-Madyt von 1000 Mann rühmt, ſo viel Vers brechen in einem Tage aufzuzählen hätte ; wäre es nicht viels mehr hinreichende Schandarbeit, wenn eben ſoviel Cannibalen dort zuſammenwohnten , als civiliſirte Menjden bort ihren Geſchäften und Lebenswegen nachgeben ? — Wie iſt es in Philadelphia , wie in Baltimore ? Sind auch hier nicht Vers brechen aller Art an der Tagesordnung , und werden nicht Solche , die dem Geſeke verfallen wären , ſo ſtrenges Recht geübt würde, nicht gar zu häufig wieder auf Leben und Beſiktbum Anderer losgelaſſen ? Die Lüge Dem auf's Haupt, der behaupten will , die große Zahl der Verbrechen werbe von Gingerranderten ausgeübt, von Verbrechern , die die übrige Welt auêgeſtoßen und die in Amerika den Boden neuer Schanbthaten gefunden zu haben glauben . Es iſt nicht ſo , bie Statiſtik beweißt es deutlich , daß Eingeborne die bei weitem größere Zahl der Verbrechen begehen ; daß felbft, verhältniſmäßig genommen, die Ginirans berer bei weitem weniger Suthaus- und Galgenkandidaten liefern , als die Eingebornen. Woher aber fommt dieſe furchtbare Vermehrung der Vers brechen , wober die Kaltblütigkeit, mit welcher ſte begangen werben ? Wober fonımt eß, daß ein Doppelmörber mit Lächeln fein Lodesurtheil vernimmt, als würde ihm eben eine Ehrens bezeigung verfündet , ober ein Freudenfeft bereitet ? 3ft es

02 Noth, Glend und Armuty, die den Menſchen hier zum Mór: der machen, muß er den Dolch ſeinem Nadbar ins Herz ftoßen, um Brot für Weib und Kind zu haben ? D nein ! ein Jeder kann arbeiten, kann verdienen und, wenn er nur mil, ſich als ehrlicher Mann durch's Leben ſchlagen . Iſt Machis ſucht ein National-Charakter des Amerikaners, kann eine Bes leidigung nur mit Blut gerächt werden ? Wir wollen den Amerikaner nicht ſo tief ſtellen , ihm dieſen Zug zuzufdreiben . Aber die Faften ſind da : die Bibel ſteht auf der einen Seite und das Heer von Kirchenmännern , Traftätchen - Augs breitern, Sonntagsſchulhaltern u . f. w ., und der Mord , das üppige, ſchamloſe Verbrechen auf der andern Seite. Hier Gebet, dort Fluch ; hier Segen, dort Mord und Todtſchlag ! Die Nation , ſagt ein großer Pädagoge und Menſchen. fenner, die die wenigſten Verbrecher unter ſich zählt, hat die beſten Schulen . Weiter aber will er damit nidts , als die Wahrheit andeuten , daß die Sittlichkeit einer Nation von den Schulen ausgehen muß und wirklich ausgeht. . Die Jugend muß zur Sitilichkeit erzogen werden , und dann ijt keine Furcht vor Verbrechen in mannlichen Jahren . Auch Europa beweiſt dieß . Spanien und Italien ſind voll von Verbreden ; ihre Schulen ſind erbärmlich . Deutſds land hat die beſten Schulen und auch die wenigſten Ver. brechen . In Preußen fann faſt jeder Menſch leſen und ſchrei ben , und wohl auch noch etwas mehr ; Verbrechen aber, wie ſte in Neu - York vorkommen, ſind dort unerhört. Durch Geo feßmachen , durd, Galgen und Gefängniß kann es audy in Amerika nicht beſſer werden ; burch Schulen aber , die das Samenforn der Zukunft ftreuen , durch gute , wohlgebildete Sdulen kann und wird es beſſer werden . Gott ſei Dank, daß dieß anfängt verſtanden zu werden und man dem Souls weſen die Aufmerkſamkeit zuzuwenden beginnt , bie es in ſo bobem Maße berbient. [ Baltimore Correſpondent. Novbr . 54 ) .

63 Nothfdrei einer unglüdlichen Mutter und Wittwe . Neu - Yorf , 4. Nov. 54. Bis zur Verzweif lung vom Schickſal gepeitſcht , ſtehe ich ohne Freund und Rathgeber in dieſer mächtigen Weltſtadt allein, mit dem hun . gernden Säugling an der Bruſt. Schon lange ſuche ich vers gebens nach Thätigkeit , mir und meinem armen Kinde das Stüdchen Brot zu verbienen ; umſonſt bat ich mit naſſen Augen ; aber nichts konnte die Gidrinde der Herzen durchs brechen . Verlaſſen von Gott und Menſchen erblicke ich nur zwei Wege, den des verlodenden Lafters , wovor mich Gott behüte, ober den bes öffentlichen Mitleibe ; ſo flebe ich benn im Namen des dreieinigen Gottes zu Euch , Ihr edlen Menſchen , um Euer Scherflein. Der Aumachtige wird ſega nend auf ( uch herabblicken . Nur wenig gehört dazu , mich in den Stand zu feßen, mich und mein Kind zu ernähren . Milde Beiträge werden in der Office dieſes Blattes (Neus Morfer Demokrat) entgegengenommen ; in Williamsburg bei A. Rohde, Marſchauftreet Nro. 5 .

Schiffbrüchige Einwanderer. Neu - York , 15 . Nov. 54. Die Paſſagiere des an der Küſte von Long Jsland geſtrandeten Emigrantenſchiffes Vierge Maria " ſind geſtern Abend mit dem von den Conſignees des Schiffe8, Herren Riſchmüller und Löſcher, am vorigen Sonn tag abgeſchickten Lauboote „ Mercury “ hier angelangt. Nach bem Krankheiten und Tod unter ihnen gewüthet und von 159 Paſſagieren 28 auf der Reiſe ftarben und alſo nur 131 übrig blieben , haben die Unglüdlichen Angeſidits des erſehnten Landes durch Schiffbruch noch faſt ihre gänzliche Habe verloren. Gin Theil ihres Gepäckes iſt verloren, ein anderer Theil iſt vers borben ; wenig iſt unbeſchädigt gerettet. Wir erfahren, daß keine anſteckenbe Krankheit während der Reiſe auf dem Schiffe ges herrſcht hat , und die Todesfälle eine Folge gewöhnlicher Krankheiten waren. (! ?) Von der Fracht des Schiffes ift

64 eigenthümlich genug nichts gerettet, als einige Fäſſer Bier. Die geretteten Paſſagiere befinden ſich in einer trau rigen hilfloſen Lage. [ eu - York. Staatsz .]

Die liebesgeſchichte in der 24. Straße . Wir brachten vor einigen Tagen die Mittheilung, daß ein junger Deutſcher verſucht hatte, in dem Hauſe No. 92 Weſt 24. Straße ein Mädchen zu erſdjießen , in welches er verliebt war , und das, wie es ſcheint, ihin die Heirath verſprochen , aber ſein Verſprechen nicht halten wollte. In jener Mittheilung, die wir dem Polizeibericht ents nommen , war keiner der Namen der Betreffenden richtig ans gegeben ; audy war ſie nid) t die Tochter der Familie in dem Hauſe, wo ſie wohnte, ſondern ſie wohnte nur bei derſelben , Der Name des Mädchens iſt Jeanette Niedling aus Mainz ; fie iſt 19 Jahre alt und erſt ſeit einigen Monaten hier ; ſte wohnte bei Hrn . Wendelin Eng, der ihre Familie in Deutſch land fennt. Hr. Eng war zur Zeit nicht zu Hauſe, aber einer von ſeinen Arbeitern (nidyt ſeine Frau) rettete das Mäd . den vor dem Tode. Der unglückliche Verliebte befindet ſich in dem Gefängniß ; er heißt John Ginſel, iſt 21 Jahre alt und ebenfalls ein Mainzer Rinb. [N. - 9. Staat83. ]

Eine ſaubere Intelligence Office. Neu - York, 24. Nov. 54. Seit einigen Tagen erſchien in hieſigen Mor . genblättern die Anzeige , daß 400 Arbeiter geſucht würden, die während des ganzen Winters Beſchäftigung in Rohlen. minen oder an einer Eiſenbahn in Pennſilvanien erhalten könnten , und zwar zu 8 Schilling per Tag ; ferner war be. merkt, daß diejenigen Arbeiter, welche zu dieſer Beſchäftigung Luft hätten , ſich in der Intelligence Office der Herren Ros ſenſtein und Thalheimer , 421 Broadway, melden ſollen. Mehrere Lage lang ſtrömten Hunderte von Irländern und Deutſchen nach der genannten Dffice, wo man ihnen ers

65 klärte, daß, wenn ſie 2 Doll. 50 Cents baar und ihre Reis jefoften bezahlten, ſte nach dem Orte ihrer Beſchäftigung zu Sacfawaren befördert werden könnten . Etwa 150 Perſonen bezahlten die verlangte Summe und wurden auf einem Emigranten - Train der Neu - York Erie Eiſenbahn , bie Perſon zu 1 Dol. 50 Cents, nach dem ges nannten Drte befördert, wo es ſich aber zeigte , daß gar feine der in Ausſicht geſtellten Beſchäftigung vorhanden war. Die Mehrzahl der alſo beſchwindelten Perſonen hatte faum noch einige Schillinge und waren fomit außer Stand , hier : her zurückzufommen und ihre Betrüger zur Rechenſchaft zu ziehen . Einige jedoch , die noch etwas Geld hatten , kehrten bierher zurüf, gingen auf die Schwindler - Office und ber langten ihr Geld zurück , was aber verweigert wurde. Die Geprellten begaben ſich ſodann auf die Mayors Dffice und brachten dort ihre Klage vor , worauf einige Officiers abges chickt wurden , um die Schwindler zu berhaften . geklagten wurden ſodann vor Richter Deborn gebracht, der ſte auf die Anklage wegen Betrug und falſchen Vorſpieges lungen fur weitere Unterſuchung im Gefängniß behalten ließ. [Neu-York. Dem .]

Amerikaniſche Doktorei. St. Louis , 22. Nov. 54 , Geſtern Abend wurbe ein Deutſches , etwa 16jähriges Mädchen nach der Policci - Dffice gebracht, die ohnmächtig vor der Apotheke an der Ecke der 3 . und Market- Straße liegenb gefunden wurde. Das junge Mädchen , welches mit ihren Eltern und fünf kleinen Geſchwiſtern erſt vor Kurzem hier angekommen, wohnt 2 Squares dieffeit von Arſenal. Vor einiger Zeit ftarben beide Eltern, und das Mädchen fab fich genöthigt, Arbeit zu fuchen, um ihre Geſchwifter vom Hungertobe zu retten. Es gelang ihr vorgeſtern , nachdem fte bereits brei vole Lage 5

66 ohne etwas zu eſſen eriſtirt hatte, Beſchäftigung als Wäſche rin zu finden . Geſtern Abend verwundete ſie beim Waſchen ihre Sand durch eine Nadel , die tief in das Fleiſch eindrang. Das unglüdliche Mädchen begab ſich zu einem Doctor , der ſte, ihrer eigenen Ausſage nach, einſchläferte (alſo vermuthlich Chloroforni gab). 418 ſie erwachte , fab fie , daß der Arzt ihre rechte Hand abgeſchnitten hatte. Sie wankte bis zur Eife der 3. und Marfet-Straße, wo ſie ohnmächtig zuſammen ſank. Nach der Policei-Dffice gebracht, wurde ſie baſelbſt noch zwei Mal ohnmächtig. Lieutenant Domlin ſchichte die Unglückliche in einer Kutſche nach ihrer Wohnung zurück. [ Deutſch. Canadier .)

Sie wandern wieder aus.

Neu - York, Nov. 54. In einer der leßtverfloſſenen Wochen ſind allein an 700 aus Europa Eingewanderte wie. der zurüď nach Europa gereiſt. Seit dem erſten Auguſt b. 3. ſollen an 6000 Menſchen wieder zurückgereiſt ſein , welche fich hier in allen Erwartungen getäuſcht ſaben. Cheure Ren ten, theure Leben mittel, niedere Arbeitslöhne und Schwie rigkeit, Arbeit zu finden, ſind natürlich die Haupturſaden des Heimwehes gerveſen . Halten wir uns bie Ibatſache feft ins Auge , daß alle Nacht in Neu - York 20,000 bis 30,000 Menſchen nicht wiſſen , wo ſie ein Dbbach finden ſollen . Rechne man dazu die Behandlung, ber die Einwanderer beim Landen ausgeſeßt ſtnb, wie ſie unbarmherzig von Freund und Feind belogen, beſtohlen und ausgebeutet werden, ja wie fte in ihrer Unfenntniß oft mit Weibern und Löchtern in ---Häuſer verlodt und geplündert, ſchis Diebshöhlen und kanirt und mißhandelt werden . Und wie in ſolchen Fällen die Hilfe der guten europäiſchen Polizeien ſich ſo ſehr noth wendig herausſtellt, aber nirgends zu finden iſt, am wenigſten

67 von Einwanderern gegen etablirte und native (eingeborne) Ausbeuter ; nehmen wir bieß Alles zuſammen, ſo barf es uns nicht wundern, wenn der Einwanderer den Eindruck bekommt, lieber in Rußland , als in folcher Spißbuben - Freiheit leben zu wollen. Der „ Neu - Vorfer Heralb “ 1) ſelbſt argumentirt in ähns licher Weiſe über dieſe, die Menſchenfreunde und Politiker zu ernſtem Nachdenken erregenden Lhatſachen . Sie die Ein: wanderer ) finden am Ende aus , daß fie in Europa oft ebenſo gute Löhne hatten, alb ſte ſich glücklich ſagen müſſen , ießt hier zu finden , und daß die Lebensmittel und Renten (Mieth zinſe) hier viel theurer ſind, das Volk rober, ſchmußiger und demoraliſirter und gefühlofer ift. Sie finden aus, daß ſte draußen oft harten Herrſchaften in den Regierungsbeamten begegneten, daß ſte aber erträglicher ſind, als die Schreckens . herrſchaft der eingebornen Straßenlümmel, auß welchen hier die Polizeien und Beamten refrutirt werden. Gie finden aus , daß man ihnen braußen mit Åbgaben und Renten und Profitchens im Handel die Haut über die Dhren zieht, daß man ihnen aber hier nicht einmal die Ger fühle läßt, welche zum Aufrufe entflammen und zum that= lichen Widerſtand gegen dag Ausbeute - Geſindel anfeuern. Draußen fühlte man doch noch den Schmerz in ber Bruſt und hatte einen Gegenſtand dieſes Schmerzens , in welchem man ſeinen Haß konzentriren konnte. Draußen fand man noch für dieſen Haß Mitfühlenbe, mit welchen man ſich ges genſeitig für Bekämpfung des Elends anfeuern und tröſten konnte . Draußen hatte man noch Hoffnung auf Befferung und Thränen und Sympathie für Mitleidende. Hier aber knicken an den Rohzeiten und an der Freiheit , an dem Egoi &muß und Materialismus der Maſſen nach und nach alle Hoffnungsblüten, welche wir mit der Republik entſprießen fahen . 1) Ein angloamerikaniſches , tm Allgemeinen gegen die Deutſchen niederträchtig gefinntes Blatt. 5*

68 Fol ' der Teufel dieſe Republik ! Hol' der Teufel dieſe Republik !! Hol ber Teufel dieſe Republik !!! Dieß war der Ausruf eines Amerikamüden vor ſeiner Reiſe nach Europa zurück im Jahre 1848. Dieß waren die Schluß worte ſeiner Rede. Und das erſte Mal in dieſer neugebace nen Republik erſcholl auf ſolchen fühnen Ausruf ein Dons nerndes Bravo ! Ja , hole der Teufel eine ſoldze Repu blif ! 3d verachte ſte von Grunb meines Herzens. [Republik der Arbeiter.]

Rüdwanderung nach @uropa . Neuort, 6 . Dez. 54. Die Auswanderung aus den Vereinigten Staaten nach Europa iſt im Laufe dieſes Jahrs bedeutend genug ges worden , daß man ſie nicht mehr überſehen darf. Während der 6 Monate von Mai bis November einſchließlich , haben allein vier Rheder in der Southſtreet 8797 Emigranten von Neu - Vorf nach Europa zurüdbefördert, und die Geſammts zahl der in dieſer Zeit Zurücfgewanderten wird ſid) mindes ſtens auf 12,000 oder 6 Prozent der in dieſer Zeit Anges kommenen belaufen . Eine ſehr beachtenswerthe Erſchei nung, beſonders wenn man erwägt, daß auf 12,000 Zurück . gewanderter mindeſtens 30—40,000 zu reden ſind , die ebenfalls gerne zurückgekehrt ſein würden , wenn ſie noch die Mittel dazu bätten . Somit ſcheint es , als ſei eine entſchiedene Reaktion in der Emigrantenſtrömung eingetreten. In der I hat bietet Amerika je t den Europam üben wenig lodungen. Die Zeiten ſind hier ſo ſchlecht, wenn nicht ſchlechter als auf dem europäiſchen Feſtlande ; keine Arbeit, kein Vere Dienſt , fein Geld. Müſſen doch ſchon die Arbeiter , die Jahrelang im Lande ſind , mit Bangen dem Winter entges genſehen , der ihnen die bitterſte Noth zu bringen verſpricht; um wieviel übler ſind die friſch Eingewanderten daran ! Rech

69 net man nun noch bie Feindſeligkeit gegen Eingewanderte, die ſich jeßt überall ſo breit macht und viele Erwerbequellen berſtopft, die ihnen früher offen ftanden , ſo begreift ntan wohl , daß Viele , ſehr Viele der Herüberfommenden vollauf Urſache haben, den gethanen Schritt aufs Bitterſte zu bereuen. Jeder , der Verwandte oder Befannte in der Heimatb hat, die vielleicht den Wunſch geäußert haben , herüber zu wan . dern , ſollte ſid's zur Pflicht machen , ſte vorerſt aufs Drins gendſte davon abzuhalten . - Denn wie die Ausſichten ſtes ben , kann es ihnen in der Heimath wohl kaum ſchlechter [ N.- 9 . Abztg .] gehen, als eß ihnen hier geben würde.

Schlechte Zeiten . Neu - York , Dez. 54 . Wenn hier die Noten der beſten Häuſer unter Umſtänden mit 4 Prozent per Monat diskone tirt, auf ſichere Fauftpfänder gut und gerne drei Proz. monats lich gezahlt werden und , allen Wuchergefeßen zum Troße , zwei Prozent per Monat als der normale oder wohl gar als der niedrigſte Zinsfuß angeſehen wird , zu welchem Geld zu er langen man ſich noch Glück wünſdien muß, dann hat man wahrlich ein Recht, von ſchlechten Zeiten zu reben und in den bekannten Stoßſeufzer außzubrechen : „ Das iſt die Zeit der ſchweren Noth , das iſt die ſchwere Noth der Zeit ", 26. Sieht man nun noch in den weſtlichen Staaten die Banken , wie unter (dywerem Hagelſchlag die Halmen, zuſammenknicken ; ſieht man , wie jeder Poſtdämpfer neue Hunderttauſende von Metallgeld nach Guropå mitnimmt und die Goldzufuhr von Kalifornien ſich mit jedem Monat verringert ; wie unter dem drückenden Mangel an Geld große Geſchäfte ihre Zahlungen, Fabrikunternehmungen aller Art ihre Arbeit einſtellen müſſen , und doch noch immer ungezählte Tauſende von Emigranten aus Europa herüberſtrömen, deren Arbeitskräfte für den Aus genblick kaum einen Zuwachs für den Nationalreichthum res präſentiren können : ſo möchte es einem wahrlidh bange wers

70 den für die nächſte Zukunft. Denn das eben iſt das Iraus rige , daß vor der Hand noch gar kein Ende der jepigen Finanznoth abzuſehen iſt ; ſo kann man ſich unmöglich bie klar auf der Hand liegende Chatſache verbergen , daß das Ueberſtrömen bes amerikaniſchen Marktes mit importirten Waaren bie Haupturſache der gegenwärtigen Kalamitat ift. Wir wollen immerhin in der Theorie die Vorzüge eines allge meinen Freihandeldſyſteme unangetaſtet laſſen, aber wir föns nen auch nicht an der Thatſache rütteln , daß durc ; Einfüh rung niedriger Eingangszölle, beſonders wenn ſie plößlich nach mehrjähriger Herrſchaft des Schußzouſyſtems Statt fand, der Import ausländiſcher Waaren auf unnatürliche, ungeſunde Weiſe geſteigert wird , zum Nachtheile der Verhältniſſe beg Geldumlaufs im eigenen Lande. Wenn durch die Wirkſam feit eines Zolltarifs innerhalb eines einzigen Jahres eine Summe von 50 Mil. Dollars in Metallgeld aus dem Lande gezogen und der Diskontſaß auf bie furchtbare Höhe getrieben wird , die er jeßt bei uns hat, dann ſollte wohl auch der fanatiſchſte Parteimann einen Augenblid ruhig nachdenken, und ſich die Frage vorlegen , ob nicht vielleicht ein an und für ſich vortreffliches Syſtem bei zu früher Durchführung mehr Schaden als Nußen ſtiftet ; und ob nicht ein Land, das faſt ausſchließlich Roberzeugniſſe auf den Weltmarkt bringt, wie die Verein. Staaten, bei ſeinem Handelsverkehr mit fol. chen Ländern , die ihm Induſtrieerzeugniſſe dafür bieten , immer verlieren muß. Wir würdigen bie Lehre von ben Werthen vollkommen ; wir wollen es gelten Tafſen , daß Gold und Silber Waaren find, und der Mangel daran nicht abſolut eine Verringerung des National -Wohlftandes iſt , wofern nur das Land andere Waaren für ſie eingetauſcht hat. Aber wir wiſſen auch , daß Gold und Silber nicht bloß als Waaren , ſondern auch als Sauſchmittel ihren beſonderen Werth haben, und daß un . ter gewiſſen Umſtänden der Mangel an Lauſchmitteln eine Verringerung des Verkehrs, in weiterer Folge alſo eine Ver. ringerung des allgemeinen Wohlftandes bewirft hat, der burch

ben Mangel an andern Waaren nicht bedingt ift. Wüßten wir dies wirklich noch nicht , ſo würden die feßigen hohen Discontfäße es uns lehren. Jedermann kann jeßt die Erfah rung machen , daß Gold und Silber eine nothwendigere und unentbehrlichere Waare ſind , als engliſche Rattune, franzöft ſche Seibenzeuge oder niederländiſche Luche. Wenn es nicht in Abrede geſtellt werden fann , daß die durch niedrige Eingangszölle gefliſſentlich geſteigerte Einfuhr frember Induſtrie - Erzeugniſſe die jeßige furchtbare Ebbe in den Tauſchmitteln , d. i. im baaren Gelde , bewirkt hat , ſo wird man ſich nicht wundern dürfen , wenn in nächſter Zeit die Frage, wie jene Quelle des Uebels zu verſtopfen fei, eine hervorragende Stelle in der Politik der Vereinigten Staaten einnimmt. Der wirkliche National-Wohlſtand der Vereinig ten Staaten hat lange nicht in dem Maße gelitten , als die brüdenben Geldverhältniſſe vermuthen laſſen möchten . Es fehlt nicht an Werthen , aber an Repräſentation dieſer Werthe, die ſte erſt für den Verkehr und für die weitere Produktion nuße bar macht. Erſt wenn dieſer Mangel Jahre lang anhält, oder gar ſich noch fteigert , wird er eine furchtbare Vermin derung der wirklichen Werthe hervorbringen. [N. -9. Abdztg.]

Der herrſchende Nothſtand . Neu - Vorf , 18. Dez. 54. Der Winter ift ba unb mit thin die hårtefte, bitterſte Noth . Aber es iſt nicht diejenige Noth , die ſelbſt bei einem allgemeinen volkswirthſchaftlichen Wohlſtande noch immer auf die Aermſten der Armen brüdt ; es iſt nicht jene Noth , über welche die gottſeligen Pfaffen von Miſſionsſchulen und dergl . erbauliche Predigten halten und rührenbe Bücher ſchreiben ; kurz es iſt nicht die bon unſern geſellſchaftlichen Zuſtänden unzertrennliche Noth, fons bern eine Calamität, die wie eine Lanbplage , wie Peft ober Cholera bas land berbeert und die jeden Glauben an mos

72 mentane Hülfe zu nichte macht. Jeder weiß es, daß wir uns jeßt in ſchlechten Zeiten " befinden , jeber fühlt den Noths ſtand, ſelbſt derjenige, der am wenigſten darunter leidet. Die Laufende von Arbeitern , die gerade in dieſer Jahreßzeit , wo der Verdienſt ihnen ſo nothwendig iſt, zu feiern gezwungen ſind ; die ftilftehenden Dampfmaſchinen der Fabrifen ; die zahlloſen Waaren -Auktionen ; die leerſtehenden Geſchäftslokale; die Hunderte von rüſtigen, arbeitsfähigen und arbeitsluſtigen Männern , die als Bettler durch die Straßen irren müſſen , weil ihnen der Hungertod ins Angeſicht ftarrt: - alle dieſe und noch ſo viele andere Anzeichen ſprechen deutlicher, als Worte eß vermöchten , über die Zuſtände, in denen wir uns jegt befinden . Jeden Tag treffen aus allen Theilen des Landes Depes ſchen ein, welche die Arbeitseinſtellung neuer großer Fabriken melden ; jeder Tag vermehrt die Schaar der Arbeits- und Broilojen um Tauſente. Wir zweifeln , ob gegenwärtig in Deutſchland ber Arbeiter fich in ſo trüber Lage befindet, als hier in Amerika, wenigſtens hier in den großen Städten des Dſteng. Denn dort hat er in den meiſten Fällen noch eine Art von Rückhalt an dem Gemeinſinn ſtammverwandter Communen , während hier hart hinter dem Erwerbsmangel und der Geldloſigkeit der Hunger fteht. Grmittelungen über die Zahl der gegenwärtig noch in den verſchiedenen Geſchäftszweigen unſerer Stadt beſchäftigten Arbeiter ergeben die erſchreckendſten Reſultate. Wir führen beiſpielsweiſe an : die großen Eiſengießereien und Ma ſchinenfabriken beſchäftigen jet faum mehr als die Hälfte ihrer früheren Arbeiter , und werden in kurzer Friſt felbft dieſe Zahl noch weiter einſchränken . In Brooklyn habın in dieſem Geſchäfte allein 500 Arbeiter ſeit Kurzem ihr Brot berloren ; ebenſo viele arbeiten noch zu herabgeſeşten Preis ſen . – Die großen Buchdruckereien , die Tauſende von Leuten beſchäftigten , haben insgeſammt faſt zwei Drittel derſelben entlaſſen . Von ungefähr 1000 Buchbindern , die vorher bauernde Beſchäftigung für die großen Verlags

73 handlungen hatten , ſind etwa 300 abgelohnt worden . Vers bältniſmäßig am drückendſten iſt die Arbeitsloſigkeit bei Ma us rern , Zimmerleuten , Bauſchreinern u . 2c. Ein großer Bauunternehmer theilt mit, baß in dieſem Geſchäftes zweige augenblicklich faum ein Achtel ſoviel zu thun iſt, ale im vorigen Jahre. Von den 5—7000 Maurern , welche für gewöhnlich in Neu- York Beſchäftigung haben, ſind jeßt nicht viel mehr als 1000 in Arbeit , und auch dieſe meiſtens zu geringeren Lohnſäßen. – Ebenſo ergeht es den Schiffs . zimmerleuten. Bei der gegenwärtigen Handelsfriſis wers den natürlich wenig oder gar keine neuen Schiffe gebraucht, und ſind daher eine Anzahl Bauhöfe hier , ſowie in Brooks lyn , Williamsburg unb Greenpoint gänzlich geſchloſſen . Der Lobn der wenigen Arbeiter , die in dieſem Zweige noch Bes fdäftigung finden , iſt ebenfalls herabgefeßt. In den neun Schiffsbauhöfen in Williamsburg und Greenpoint, wo ſonſt gegen 1000 Arbeiter ihren Unterhalt verdienten, arbeiten Seiler , Blockmacher, gegenwärtig nicht mehr als 237. Segeltuchweber und viele andere leiben ſelbſtverſtändlich durch die Verringerung des Sciffsbaues ſo ſchlimm als die Zims merleute. Von Gipſern ( Pflaſterer) follen im Augenblicke nicht mehr als 200 , 6. . ein Sechstel der gewöhnlichen Zahl, Beſchäftigung haben ; von 1500 Plumbern ungefähr die Hälfte. In den lurusgeſchäften , wie Goldleiſtenfabriken . . , ſind die Arbeiter ſchon längſt auf halbe Arbeitszeit geſeßt, obſchon gerade dieſe Geſchäfte noch einige vorüberge. hende Vortheile von der bevorſtehenden Feſtzeit haben ; allein nach Neujahr wird hier die Noth wahrſcheinlich im Verhälts niffe größer fein , ale in allen übrigen Geſchäften . - In den Gelbgie bereien ſind faſt ſämmtliche Arbeiter auf Halbe Zeit gefegt. Die Schirmfabriken liegen ganz bars nieder. Eine der größten , die früher 300 Leuten Beſchäfti gung gab , hat jeßt nicht mehr als 40. Von Kutmachern baben etwa 30 Beſchäftigung, to früher 100 arbeiteten .

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Wenn inbeſſen in den vorſtehend aufgeführten Gewerben die Arbeiter früher bei guten Löhnen leicht einen Sparpfen nig für den Fall der äußerſten Noth zurückgelegt haben föns nen , ſo iſt das weniger der Fall bei ſolchen Geſchäften , wie daß der Schneider. Es befinden ſich jept faſt die Hälfte der vielen Tauſende von Schneidern in Neu - York außer Bes ſchäftigung, 5—6000 wiſſen vielleicht nicht , wovon ſie in den nächſten Wochen Brot kaufen follen . Wir vernehmen, baß in einer großen Kleiderfabrik, die bisher 1000 Leuten Arbeit gab , dieſe am nächſten Sonnabend ſämmtlich abges lohnt werden ſollen. Eine traurige Weihnachten. Am traurigſten ſieht es mit den gewöhnlichen Handars beitern und Laglöhnern aus. Die Grie -Eiſenbahn hat fürz lich den Lohn ihrer Arbeiter auf 80 Cents per Tag berab . geſeßt. Ein großer Theil hat ſich geweigert, darauf einzus gehen. Die Armen ! Sie werden bald finden, daß die Com. pagnie für jeden Ginzelnen , bem 80 Cents zu wenig ſind, 100 findet, die dieſen kläglichen Lohn mit Freudenthränen annehmen , weil er ihnen Weib und Kind vom Hungertobe retten kann . Mit Recht aber wird auf den ſchreienden Skans dal aufmerkſam gemacht , daß der Präſident der Eiſenbahne Compagnie , tro aller Noth , ſeine 10,000 Doll. Gehalt nach wie vor bezieht , und daß man mit der Sparſamkeit zuerſt bei den armen Arbeitern anfängt , die einen Schilling weniger leicht entbehren können, als jene Broßen einen Thaler. Das Traurigſte iſt , daß , während die Arbeitslöhne und der Verdienſt überall ſinfen ober ganz aufhören , die Preiſe der allernothwendigſten Lebensbedürfniſſe immer mehr ſteis Nicht einmal die Miethe iſt merflich geſunken, troß gen. der Entwerthung des Grundeigenthums. Die Urſache davon iſt wohl in der enorm hohen ſtädtiſchen Steuerumlage für das nächſte Jahr zu ſuchen , die ſich auf nidit weniger als 13 Millionen Doll. beläuft , 0. 5. mehr als das Doppelte von dem Steuerbetrage des Jahres 1852. Der reiche Haugs beſiger, das weiß man fchon von früher her, nimmt für jes

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den Thaler , den er als Abgabe an die Stadtkaſſe zu zahlen hat, mindeſtens drei von dem armen Miethomann. Andererſeits ſind die Getreidepreiſe noch immer faſt ebenſo hoch wie zur Zeit der Theurung , obſchon die Erndte gar nicht ſo ſchlecht ausgefallen iſt, als man anfangs befürchtete. Die Urſache davon iſt die, daß man im Weſten mit den Ver fendungen zu lange zurückgehalten hat, in der Hoffnung hös bere Preiſe zu erzielen. 418 dann das Creditſyſtem in ben weſtlichen Staaten durch Dußende von Banfbrüchen einen ſo heftigen Stoß erlitt , da ſchickte man freilich die Frucht in Maſſen nach den öftlichen Pläßen , aber nun war es zu ſpät: bie Canalſchifffahrt hat bes Winters wegen auf gehört, und Tauſende von mit Frucht beladenen Booten find unterwegs eingefroren. Was nun noch nach hier kommen ſoll, muß auf der Eiſenbahn befördert werden ; und da dies ſer Transport bei weitem theurer iſt, als der zu Waſſer , fo können die Preiſe nicht ſehr ſtark abſchlagen , trozdem daß durch den mit England geſchloffenen Vertrag jeßt das Ges treide von Canada zolfrei nach den Vereinigten Staaten herein kann. Allein nicht die Produzenten im Weſten, ſons dern lediglich die Eiſenbahncompagnien haben den Gewinn davon. So ſoll z . B. die Michigan - Central- und die See ufer- Eiſenbahn (Cleveland- Buffalo ) ſchon auf den ganzen Wins ter im Voraus für alle Güterzüge, die ſie erpediren fönnen , Fracht angenommen haben . Wenn die Compagnien von dies ſen größeren Einnahmen ſo viel als möglich arbeiter be ſchäftigten und dadurch bem Nothftande ſteuerten , möchte es noch angehen. Was foll nun bei dem herrſchenden Nothſtande der Ars beiter beginnen ? Ins Land gehen ? Aber damit wird ihm nur in wenigen Fällen geholfen ſein ; denn anderswo fteht el, namentlich für den Handwerfer, ebenſo fohlimm , wo nicht noch ſchlimmer als in Neu - York. In Newark find Laus ſende von Fabrikarbeitern außer rot, in Pennſilvanien wers den die großen Eiſenmanufakturen binnen Kurzem den größe ten Theil ihrer Arbeiter entlaffen. Aus Buffalo wird gea

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melbet , daß dort in wenigen Sagen allein in ben Eiſen gießereien und Maſchinenfabriken 3—400 Arbeiter abgelohnt wurden . Die großen Schuhfabriken in Maſſaduſetts haben An der Sas kaum ein Viertel ſoviel zu thun , als ſonft. ratoga - und Sackets - Harbor Eiſenbahn ſind die Arbeiten gänzlich eingeſtellt und dadurch 5000 arbeiter auf einmal außer Grwerb gekommen . Eine gelegentliche Notiz aus Wil mington ſagt trocken : „ Heute entließ hier eine einzige Fabrik 100 Arbeiter , eine andere 20 u. f. F." Uus Woodſtock ( Vermont) wird gemeldet: „ Die Firma Taft und Söhne, Fabrikanten eiſerner Werfzeuge, hat ſich genöthigt geſehen , ihre Zahlungen einzuſtellen ; ſie hatten ſeither 75—100 Ars beiter beſchäftigt.“ Wir führen dieſe Notizen lediglich als Beiſpiele von ben Dußenben ähnlicher an , die tagtäglich eins laufen . Ueberall muß man herzlich froh ſein , wenn nur die Arbeiter ihre Beſchäftigung fortbehalten ; daß aber noch neue dazu angenommen werden ſollten , daran iſt nicht zu denken. Alſo ins Innere des Landes zu gehen könnte man, ſelbſt wenn der Koſtenpunkt es dem Arbeiter, der Familie hat, nicht unmöglich machte , dieſem dennoch nicht rathen . Das Geld, was ihn die Reiſe koſten würde, wird er mit mehr Vortheil zu ſeinem nothdürftigen Unterhalt bis zum Eintritt beſſerer Zeit verwenden . Junge unverheirathete Leute dagegen, die für Niemanden als für ſich ſelbſt zu ſorgen haben, ſollten lieber, wenn ſie noch irgend Mittel dazu haben, ins Land gehen und beim erſten beſten Bauer arbeiten, der ihnen dafür Roft und Wohnung gibt , als daß ſie hier in der Stadt die Zahl der Notbleibenden vermehren und die Wirkungen der Wohltās tigkeit beſchränken . Das Einzige , was die Noth wenigſtens etwas weniger drückend machen kann , wäre die Inangriffnahme großer öffents licher Arbeiten . Ein neues Stadthaus an die Stelle des abs gebrannten , neue Markthäuſer, neue Piers und Docks, uc. 2., die ohnehin gebaut werden müſſen , ſollten jest gebaut wers den . Tauſende von Arbeitern könnten daran Beſchäftigung finden . Sobann ſollte die Bundesregierung, die ſo viele Mils

lionen todt im Schaße liegen hat, das Poſtamt und das Ger bäube für die Bundesgeridte, bie doch in den nächſten Jahren errichtet werden müßten , jept bauen laſſen . Die Wohlha benden, die troß aller Geldklemme noch Tauſende jährlich zu berzehren haben, ſollten gerade in jeßiger Zeit fich weniger einſchränken , als fonſt. Freilich damit, daß ſie Hunderte von Thalern für ſeidene Kleiber und Shawl zu Stewart tragen, wird der Noth nicht geſteuert; wohl aber kann es Etwas helfen , wenn ſie durch zahlreiche Beſtellungen bei hieſigen Handwerkern und Fabriken Geld in den Kleinverkehr bringen. Vor allem aber wird e8 doch die Wohltätigkeit fein , womit der Nothſtand bekämpft werden muß. Denn Tauſende ſind ſchon nicht mehr in der Lage , um von einer verhältniſmäßig nur geringen Vermehrung des Geſchäfts berfebres Vortheil zu zieben . Tauſenden fehlt es buchſtäblich an den Mitteln zur Befriedigung der allernothwendigſten Les bensbedürfniſſe : an Brot , zu effen , an Rohlen , zu heizen ; an Betten, zum Schlafen ; an einem Dbdach, um nicht unter freiem Himmel elend zu verfommen. Gegen ſolche Noth muß an die menſchlichen Gefühle appellirt werden , die doch hoffentlich troß allem ,, Buſineß " und troß aller Gelbmacherei noch nicht ganz ertödtet ſind. Es ſind nicht die Allerreichs ften , auf deren Hülfe der Aermſte rechnen darf. Der reiche Palaſtbewohner der 5. Avenue befümmert ſich nicht um die Verhungernden und Erfrierenden, fein einziger Gram iſt, daß die italieniſche Dper Bankerott zu machen droht ; die frieren ben und hungernden Jammergeſtalten, die ſich, wenn er aus der Rutſche ſteigt, bettelnd um ihn brängen , fertigt er mit einem verächtlichen Blicke ab . Das iſt keine Phantafie, das iſt buchſtäbliche Wahrheit , von der ſich Zeber übers zeugen kann , wenn er durch die faſhionablen Quartiere der Stadt geht und es mit anſteht, wie der Bettler aus Noth, den jedes Kind leicht vom Gewerbebettler unterſcheiden kann , von den Thüren gewieſen wird . Nicht bei den reichen Lums pen, ſondern bei bem Mittelſtande, bei denjenigen Leuten, ſelbſt nicht ſo entfernt von der Armutß ſtehen, als daß ihnen

78 Noth ein unbekannter Begriff wäre, werden die Hungernden und Frierenden Hülfe ſuchen müſſen. Und wir denken , da werden ſie auch Hülfe finden . Verſchließe Niemand ſein Herz gegen das Fleben der wirklichen Armuth ! Verlaſſe fich Nies mand darauf, daß die öffentliden Anſtalten ſchon Sorge tras gen werben. Denn es iſt eine unbezweifelte Shatſache , daß dieſe Anſtalten nidt ausreichen , die Nothleidenden aufzuneh men , daß der Privatwohltätigkeit ein großer Spielraum ge laſſen werden muß . Vergeſſe Niemand, wenn ein Hungernder, ein Frierender ihn um Unterſtüßung anſpricht , daß in dieſem Lande der Kataſtrophen, der großen finanziellen Revoluzionen, er felbft nicht ſicher babor iſt, früher ober ſpäter in die Lage der Hülfe ſuchenden zu kommen. Stelle ſich jeder vor , wie es ih m ſein würde, wenn ſein Weib und ſeine Kinder in kalter Kams mer, auf Strob gebettet , frierend und hungernd zuſammens fauerten und er ſelbſt gezwungen wäre, um Unterſtüßung betteln ! Und in der Stimmung , welche eine ſolche zu Vorſtellung bei ihm erweckt, gebe er den Armen ! P.- 9 . Abdztg. ]

Gine Eiſenbahnfahrt im Schnee. Annehmlich Eeiten auf der Canadiſchen Weſtbahn. Es iſt uns ber fols gende Brief aus Detroit, Mich ., zugefommen : „ Aus Detroit einen Brief von mir ! Denken Sie ſich das höchſte Maß uns ſeres Mißgeſchickes , welches uns in Folge der Schneemaffen und ungeſchicter Verwaltung des Eiſenbahnbetriebes am fecha ten Tage nach unſerer Abreiſe von Neu- York erſt bis Detroit gelangen ließ. Schaubert Ihnen nicht die Haut bei dem bloßen Gedanken an die Schneckenfahrt, welche uns am erſten Lage bis Albany), am zweiten bis nach Syracuſe, am dritten Lage tief in der Nacht nach Niagara Falls, am vierten Lage bis London (Weftkanaba) brachte , und dort mußten wir die beiben leßten Lage ftill und ohne genügende Nahrung in den Eiſenbahnwagons campiren ! Schon auf der Neu - Vorf-Gens

79 tral - Railroad hielten wir einige Verzögerungen des regels mäßigen Abganges der Eiſenbahnzüge für unnöthig , hielten es jedoch für nicht räthlidy , bagegen zu remonſtriren , weil wir die Sache für zweifelhaft hielten . Aber die zwei Lage Aufenthalt in London (C. W ), von wo wir erſt heute nach Detroit abfuhren , waren die Folge von böswilliger Faul heit der Conducteure und Ingenieure . An Hotels war nicht zu denken, einige Orogſhops ausgenommen. Das Effen war furchtbar ſchlecht und theuer. Für eine Taſſe Kaffee mit Butterbrot verlangten die Leute 50 Cents , und eine Dame mußte für einen Seller Aufternſuppe einen ganzen Dollar zah len. Dabei hatten wir kein Holz, um in den Wagen einzu heizen, die Rälte nöthigte uns ſogar , Bretter von den Fenzen abzureißen, um nicht in ber ſcharfen Kälte zu erfrieren . Eine wirklich ſchauberhafte Lage. Ich ſchreibe in großer Eile , da ich heute noch nach Chicago weiter will ; entſchuldigen Sie daher bag Unzuſammenhängende meines Briefes. Am fols genden Morgen hielten wir, entrüſtet über das Gebahren der Beamten der Bahn , ein Meeting im Bahnhof - Wartezimmer und faßten die folgenden Beſchlüſſe, welche ich Sie , im Nas men ber Paſſagiere, in 3hr Blatt einzurücken bitte. Beſchloſſen : 1 ) Daß wir die Great Weſtern Railroad auf alle berartige Vorkommenheiten für ungenügend eingerichtet erklären müſſen , indem die Lokomotiven weder mit geeigneten Schneepflügen verſehen waren , noch auch eine hinreichende Anzahl von Arbeitern abgeſandt wurde, um das Hine berniß zu beſeitigen, in Folge beffen die Paſſagiere ihre koſtbare Zeit unnöthiger Weiſe verloren , und von der Beſorgung ihrer Geſchäfte abgehalten wurden.

2) Daß unſerer Anſicht nach die Beamten der Bahn nicht mit der gehörigen Energie verfahren ſind, und uns abs ſichtlich jede Auskunft über den Zuſtanb der Bahn vers weigert haben, wie wir auch die angeblichen Kinderniſſe für bedeutend übertrieben erklären müſſen ; indem der

80 Schnee nur eine Strede von 5 Meilen 3 bis 5 Fuß body lag. ( Folgen 103 Unterſchriften .) Man trieb uns , nachdem wir eben die vorſtehenden Bes fchlüſſe angenommen hatten , aus dem Bahnhofsgebäude fort, und der Mayor der Stadt brohte, die Hauptfrafebler ( die er „ verdammte Yankee Rebellen " zu taufen beliebte) auf acht Lage einſtecken zu laſſen . Einmal waren wenigſtens 500 Paſſagiere da , die vergeblich auf Beförderung warteten. Viele darunter waren arme deutſche Ginwanderer , welche, ohne Mittel, bungern mußten . Dabei verweigerten die Bes amten jede Auskunft, und antworteten auf alle Fragen mit Nichts als brutalen Drohungen. Doch genug von den Schre den der Canada - Partie. Wir ſind ylücklicherweiſe nach 6 langen Tagen wieder auf Vereinigten Staaten - Gebiet . [N. - 9. Abdz. Dez. 54.]

Rüdwanderer. Neu - York , Dez. 54. – Das Schiff ,,Dreadnaught" , welches am Montag von hier nach Liverpool abgeſegelt iſt, hatte 140 Paiſagiere, Engländer und Jrländer, welche wieder in ihre Heimath zurückkehren . – Zwei andere Schiffe, welche dieſer Tage von hier nach England abfahren , werden ebenfalls etwa 200 Engländer und Jrländer in ihre [N.- ». Dem . ] Heimath zurückführen.

Die Noth . Newark , 21. Dez. 54. – Die Mitglie der der Geſellſchaft zu Unterſtüßung der Armen erzählen von ihren Beſuchen in den Wohnungen des Elends mitunter Schauder' erregende Dinge. Ein Herr beſuchte eine arme Wittwe und hörte vor der Thüre Singen und Gelächter, wie man es ſonſt nur in den Häuſern der Glücklichen hört. Dieß überraſchte ihn . Er trat ein und auf ſeine Frage nach der Urſache ihrer Fröhlichkeit erfuhr er , baß fie feit zwei Tagen ohne Nahrung und ohne Feuer war , unb deßa

81 halb mit ihrem Kinde fang, lachte und in der Stube herum lief, um ſich warm zu erhalten. Häufig kommt es vor, daß Familien ihre Möbel und Betten verkaufen, um ſich Lebens [Newarfer Blätter.] mittel anſchaffen zu können .

Von Williamsburg wirb über die herrſchende Noth unter der arbeitenden Klaſſe gemeldet, daß ein ſonſt ſehr ges achteter Mechaniker, der aber ſeit einiger Zeit keine Beſchäfs tigung hat, zu ſeinem Nachbar ging und demſelben ſagte: „Sie müſſen mir Brot geben , oder ich muß ſtehlen ; denn ich kann nicht ſehen, daß meine Kinder verhungern, die ſchon ſeit 24 Stunden keinen Biffen genoffen haben !" Bedarf es noch weiterer Bemerkungen, um Menſchenfreunde aufzufordern , ihren darbenden Brüdern beizuſtehen ? – [N.- ). BI., 22. Dez. 54.]

Die Arbeitsloſigkeit. Newark , 22. Dez. 54. Der „ Udvertiſer “ gibt an , baß ungefähr ein Drittel der fänımtlichen Arbeiter, die für gewöhnlich Beſchäftigung fins den , ganz außer Brot, und die Uebrigen faſt ſämmtlich auf halbe Arbeit geſeßt ſind. Die Geſammtzahl Derjenigen , die gegenwärtig gar nichts zu thun haben, ſchäßt er, einſchließlich der Lehrlinge und Nätherinnen , auf 3000 . [ N.-Y. Abbztg .]

Elend unter Einwanderern. Neu - York , 22. Dez. 54. - A18 am Donnerſtag Abend zwiſchen 9 und 10 Uhr ein Poliziſt der dritten Ward durch Werftreet ging , hörte er unweit der Chamberſtreet-Wherfte ein lantes Schluchzen. Der Poliziſt eilte dem Plaße zu , und es bot ſich ihm ein herz erſchütternder Anblick dar. An einem der großen Pflöde angelehnt, faß ein armes, ſchluchzendes Weib , das mit ftieren 6

82 Blicken vor ſich hinſah, unb in ihren Armen zwei kleine Ges ſchöpfe hielt ihre Kinder, von denen eines anſcheinend dem Lobe nahe war. Die Unglüdliche war zwei Tage vorher mit ihren Kindern am Pier gelandet worden und, ohne Geld und Freunde, wie ſte war, hatte ſie die zwei erſten Nächte in dem Lande, das ſich die Armen jenſeits des Dzeans nie anders als ein „ Paradies " denken, unter freiem Himmel zubrins gen müſſen . Zwei Nächte - bie fälteſten Nächte der Seaſon ( Jahreßzeit). Der Poliziſt beeilte ſich , bie balb berhungerten und erfrors nen Unglücklichen nach dem Stationshauſe zu bringen , mo das franke Kind bald darauf ſtarb. Geſtern benachrichtigte man die Emigrations - Commiſſion von der Eriſtenz dieſer Hülflofen und ſie wurde ſchließlich in eine Anſtalt dieſer Coms miſſion aufgenommen. Der Name der Unglüdlichen iſt Anna Hagen. [ N.- 9. Abbztg .]

Deutſcher jammer. Neu - York , 22. Dez. 54. Die Emigranten Commiffäre haben ihr Lokal nach 81 Antho . nyftreet verlegt. - Geſtern war das Gebäude faſt gänzlich von Auswanderern, der Mehrzahl nach deutſchen , angefüllt, die um Unterſtüßung nachſuchten . Der Schiffbruch des St. Patrick“ hat die Zahl der Külföbedürftigen wieder um meh. rere Hundert verniehrt. Es iſt wabrhaft erſchreckend, wenn man aus den Schiffe berichten erſieht, daß der Strom der Einwanderung immer und immer in gleider Stärke ſich hierber ergießt. Welche Unſumme von Noth und Elend wird die unbemittelten &mi granten hier, - in dem Lanbe ihrer Sebuſucht, in dem er träumten Eldorado betreffen. Von Denen, die ohne alle Mits tel hier anlangen, werden im Laufe des Winters ohne Zwei fel Hunderte buchſtäblich verbungern oder erfrieren. Einzelne Fälle dieſer Art famen foon in frühern Wins tern vor ; um wie viel mehr jeßt , wo ſchon viele Tauſende

83 von Arbeitern , die ſeit Jahren hier ſind und alle Verhält. niffe fennen , am Fungertuche zu sagen gezwungen find ! Leider ſind es in nur zu vielen Fällen lügnerifche oder wenigſtens übertriebene Schilderungen von der in Ame . rika vorzufindenden Glückſeligkeit, welche die Armen in po großen Maſſen berüberlocken . Die Wirkung , welche die jährlich nach Europa gehenden Hunderttauſende von Privatbriefen auf die Auswanderung üben , iſt viel größer, als der Einfluß aller Auswanderungs Zeitungen . Durch dieſelben Mittel, welche das Uebel berbeia geführt haben, muß dasſelbe auch wieder ſoweit als möglich beſeitigt werben. Mache fich es baber Jeber, der Verwandte oder Bekannte in der Heimath hat, zur Pflicht, ihnen ſobald als möglich über den furchtbaren Nothſtand , der zur Zeit hier herrſcht, Nachricht zu geben , ſei es brieflich, ſei es durch Ueberſendung hier erſcheinender Zeitungen , welche bebfallſige Angaben enthalten . Nur ſo läßt ſich vielleicht bie im nächſten Frühjahre zu erwartende émigrationsflut in etwas eindämmen . Die Kriſts, welche die Vereinigten Staaten in dieſem Augenblick durch zumachen haben, iſt ſchlimmer als Cholera oder Peſt, ſchlim . mer ſogar als Krieg, und man darf ſich bei Leibe nicht in den eitlen Wahn einwiegen, daß ſie nur wenige Wochen an . halten werbe. Man denke daran , daß die feßige Calamitat nigt die erſte dieſer Art ift, und babie a m & nbe der 30er Jahre faſt 4 Jahre lang anhielt ! Noch einmal alſo, warne Jeber ſeine Bekannten in Deutſchs land vor der Auswanderung in dieſer Zeit. Wer ohne Mit tel herüber kommt, hat keine andere Ausſtcht, als zu verhun. gern ; wer ein paar hundert Thaler hat, wirb ſte zufeßen müſſen , und dann als armer Mann von vorn anzufangen [N.-Y. Abdztg.] haben.

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Hungero geſtorben . Neu - Yorf , 23. Dez. 54. Der Coroner Ball wurde geſtern in ein Haus in der Pars tition Street ( Straße) gerufen, um Leichenſchau über ein Kind zu halten , welches am Donnerſtag geſtorben war. Die Eltern wohnten in einem Dachzimmer und ihr Leußeres zeigte an, daß ſie weder Feuerung noch Nahrung hatten und ſich in ſchlimmer Lage befanden . Das Kind war in Folge von Kälte und Nahrungsmangel geſtorben . Als die Lage der Familie befannt wurde , brachten die Nachbarn Speiſen und Kohlen für den unmittelbaren Bedarf. „ Wenn das Kind ertrunken 41 ift, deckt man den Brunnen zu . [ N.- )). Staatsztg.]

Gräflicher Tod deutſcher Einwanderer burch Hunger und Kälte. Der Neu -Vorfer Demofrat " ſchreibt unter'm 13. Febr. 1855 , wie folgt: Wir meldeten fürzlich aus Pittsburg, daß dort von einer Einwandererfamilie vier Perſonen an Hunger und Kälte ſtarben , welche dieſe Leute während einer Reiſe von Neu - Vorf nach Pittsburg auszuſtehen hatten . Aus unten ſtehendem Briefe erfahren wir die Einzelheiten und die Urſache dieſes fürchterlichen Vorfalles. An Herrn W. M. Werners fird , in der Office der Commiffionärs of Emigration , Nr. 81 Anthonyftreet, Neu- York.

Geehrter Herr ! Die ſchredlichen Folgen einer empörenden Raub- und Mordthat eines Eurer Mäkler, machten eß mir zur Pflicht, Sie und die Freunde der deutſchen Emigrations - Geſellſchaft in Neu - York zu erſuchen , den Hyänen in Menſchengeſtalt ſchärfer auf die Finger zu ſehen, als bisher, und wenn auch feine Hoffnung vorhanden, durch öffentliche Darſtellungen das

85 Tigergemüth menſchlicher zu machen, ſo kann man doch viels leicht das Thier ſelbſt, wie das der Wildniß, aus ſeiner Höhle vertreiben . Am 19. Dezember 1854 landete die unglückliche Emis gration des franzöſiſchen Schiffes Rochambeau " in Shrer Stadt. Unter den 500 Paffagieren befanden ſich folgenbe fünf Familien , die Alles, was ihnen war, verloren hatten : Georg 4. Freg , Chriſt. Meyer, Georg Baier , Catharina Nied und Johann Edelmann aus oder bei Mosheim im Bae diſchen , die durch Ihre thatige Theilnahme für ihren Antheil – theils von Ihrer Geſellſchaft, theils als Entſchädigung von dem verklagten Kapitán des Schiffes , Bezahlung ihrer Paſſage von Neu - Yorf nach Dayton (Ohio) erhielten , nebſt dem noch für jede Familie eine kleine Summe zur Beſtreis tung ihres Lebensunterhaltes. Folgende Anweiſung , welche die Unglücklichen auf Ihrer Dffice erhielten und die ſte noch inne haben , wird zur Genüge darthun, daß es von Seiten der Emigranten , hinſichts der erhaltenen Gelber , kein Irrs thum ift. „ John Edelmann mit Weib und 4 Kindern ſind zu befördern nach Dayton (Ohio) und mit Lebens mitteln oder , damit ſie ſich welche faufen können, mit 7 Dol. zu verſehen .“ Jede der oben beſagten Familien war mit einer ſolchen Anweiſung verſehen . Anſtatt jedoch die Unglüdlichen auf dem kürzeſten Weg über Cleveland nach Dayton (Ohio) zu ſenden , erhielten ſie durch die Dazriſchenkunft des Mäflers einen Paſſagierſchein nach Pittsburg, und anſtatt Lebensmittel für die Dauer der Reiſe oder Geld zu erhalten , wurden ſte auf das Dampfboot gebracht und dann ſämmtliche Familien ohne einen Cent Geld oder Lebensmittel fortgeſchict. 3n Philadelphia famen fte in der Falten 3anuar - Nacht mit leerem Magen und ſchlotternden Gliedern an ; blieben aber dort ſchüchtern und hülflos ſo lange auf dem Depok, bis burch die Güte deß Agenten der deutſchen Geſellchaft, ſte im Wirthshauſe untergebracht und mit Brot auf die Meiſe

86 nach Pittsburg verſehen waren , wo ſte von Hunger und Kälte erſtarrt endlich anfamen . Einer der Knaben wurde durch die unſäglichen Leiden, die ſie von Neu - Horf nach hier zu dulden hatten , wahns ſinnig . Sieben Perſonen ſtarben furz nach der Ankunft in Folge von Hunger und Rälte ; fünf liegen tödtlich frant darnieder, und die Uebrigen geben mit aufgeſchwollenen Glies dern und ruinirter Geſundheit umber und erzählen zum Schaus der deß fühlenden Menſchen , wie man in Neu - Yorf Männer, Frauen und Kinder langſam durdy deutſche Landsleute und Angeſtellte morbet. Hätten die Unglüdlichen die ihnen von Ihrer Commiſſion zugedachten Gelder erhalten , ſo würden dieſe Menſchen ſich mit einer warmen Mahlzeit erwärmt und Geſundheit und Les ben erhalten haben ; während durch dieſe Raubthat ſieben Menſchen ihr Leben und andere ihre Geſundheit einbüßten. Wenn der unglückliche Schiffbrüchige ſein und ſeiner ges ſchwächten Frau und zitternder Kinder nacktes Leben rettet, würde felbft der Tiger — könnte er deren Zuſtand begreifen großmüthig auf ſeinem Raubzuge ausweichen . - Allein der Menſch, der mit göttlicher Vernunft begabt iſt, handelt ſcheußlicher al& der Bewohner der Wildniß, und am ſcheuß , lichſten wieder der Mäfler Neu - Yorks , denn dieſer raubt zuerſt die Geſundheit und dann da Leben . Beim Beſuche biefer Familie zeigten fte mir Ihre Adreſſe mit der Bitte, an Sie oben gemeldete Shatſache zu ſchreiben , und ba ich keinen beſſern Weg wußte, die Sache in die Defa fentlichkeit zu bringen, ſo übergab ich ſie der Preſſe. Pittsburg, 6. Febr. 1855 . Mit Achtung 3afob Gerwig.

Die Natives der Ver . Staaten und die Einwanderer.

&& ift bekannt, das in Neu - Vorf eine Geſellſchaft belgis icher Einwanderer nun don feit 2 Monaten in den Gefängs

87 niſſen ſchmachtet, bloß aus dem Grunbe , weil ſie arm ſind, weil ſie außer ihren geſunden Gliedern nichts beſißen. Es iſt dies eine Grauſamkeit und Willkür, ganz unſers materiels len Zeitalters würdig, in welchem Armuth anfängt ein Vers brechen zu ſein ; aber im höchſten Grade unwürdig einer freien Republik. Welche Geſinnungen die Behörden in den Ver. Staaten gegen die Einwanderer hegen, geht unter Anderm aus einer Unterhaltung hervor, welche ør. Schmidt, einer der bedeutends ſten Rheder von Neu - Yorf, kürzlich mit dem Mayor über die Bedingungen der Einlaſſung von Emigranten im Hafen von Neu-Vorf hatte , in welcher der Leştere Worte äußerte , die ſich eher für einen aufgeblaſenen Gensd'armen , als für die erfte Magiſtratøperſon einer großen, civiliſirten Stadt ſchicken . Der „ Courier des Etats Unis " 1) theilt barüber Folgen des mit : Auf die Frage , welche Hr. Schmidt ihm ftellte, um zu erfahren, ob ein arbeitstüchtiger Mann, der ſich mit 20 Dot. in der Taſche im Hafen ausſchiffte, unter die neuen (Probis bity) Bedingungen fiele, welche die Armen von den amerika niſchen Geſtaden ausſchlößen, antwortete der Mayor Wood : „ Das hängt von den Bedingungen ab , unter welchen er ans gekommen iſt. Sind ihm die Reiſekoſten bis hierher von irgend einer Regierung beſtritten worden , ſo wird er tros ſeinen 20 Doll. als Armer erklärt und dahin zurüdgeſandt, von wo er gekommen ift. Viel zu viel Arme ſind befons ders von Deutſchland hierher gekommen , und ich erkläre Ihnen hiermit, Hr. Schmidt , ſollte es nothwendig ſein , die Gewalt zu Hülfe zu nehmen , worüber die ſtädtiſche Regierung verfügen kann , um jedes mit Armen befrachtete Schiff, das in dieſem Hafen anlangt , in den Grund zu bohren , ober in Brand zu fteden , fo werbe ich e8 thun ! " Unglückliche, deren einziges Verbrechen es iſt, im Mos mente ihrer Ankunft nicht von ihren Renten leben zu köns 1)

Gin in Neu - York in franz. Sprache erſcheinendes Blatt.

88 nen , zufa mmenſchießen oder verbrennen zu wollen , würde aus dem Munde eines Privatmannes als nichts Andes res erſcheinen , als eine unüberlegte Faſelei eines Dummkopfes, denn die Unmöglichkeit, dieß zu thun , liegt auf der Hand , wenn aber die erſte Magiſtratøperſon von Neus York dieß ſagt, ſo iſt dieß ernſter aufzunehmen, als eine bloße Albernheit. Es iſt dieß mit plumpen Worten die Gefins nung der ganzen Nativepartei der Vereinigten Staa, ten gegen die Einwanderer ausgedrüdt, die in der That lieber alle Fremden in den Grund ſchießen und verbrennen möchte, weil ſie ſteht, daß die Fremden anfingen , ihr über den Ropf zu wachſen u. , 2. — [März 1855.]

Schändliche Mißhandlung von Deutſchen . Der Bericht des Agenten der deutſchen Geſellſchaft zu Chicago , Hr. Heinrich Rompe, bringt eine Reihe von Ent. hüllungen über die Mißhandlungen , welchen die Deutſchen im dortigen Armenhauſe unterworfen ſind, zum Vorſcheine, welche jedem Menſchen die Haut ichaudern machen. Man möchte wirklich fragen : Iſt es möglich, daß ſolche Unthaten an Deut ſchen in einer Stadt verübt werden können, wo das deutſche Element ſo ſtark ift , wie in Chicago ? -Der Bericht bildet ein Rapitel über das große Shema : „ Ginwanderer - Eleno " ,

wie es ſchwerlich noch jemals gefunden wurde. Es wirft ein Ichåndliche 8 licht auf den amerikaniſchen Charak . ter und beſonders auf die Behörde der Stadt Chicago. Und - Dieſe Stadt will man zu einer Hauptſtation der Einwandes rung machen ? Das wäre unter ſolchen Umſtänden gewiß eine ſaubere Ausſicht. Derartige Enthüllungen müſſen eher die Einwanderer von Chicago zurückſchrecken , ſtatt fie dorthin ziehen . Jedenfalls halten wir es für unſere Pflicht, die Deuts iden auf dieſe Umſtände ganz beſonders aufmerkſam zu machen .

89 Im Bericht des Hrn . Kompe befinden ſich folgende Augs ſagen : Gotthilf Hichter ſagt aus : sich entſprang Nachts 2 Uhr aus dem Armenhauſe , in das ich wegen Fieber gegans gén war. Davon geneſen , aber noch ganz ſchwach , verfiel ich in den ärgſten Hunger. Troß meinen Bitten , mir aufs zuhelfen, gewährte man mir nichts , als täglich dreimal una genießbaren Thee und ein ganz kleines Stück trockenes Brot oder zwei Crackers (Waſſerzwieback ). Die Deutſchen werden geſtoßen und getreten , die Irländer nicht. Dieſelben ers halten beſſere Koſt. Denſelben müſſen die Nachtgefchirre von den Deutſchen gereinigt werden, die auch die zahlreichen Gräs ber zu machen und die vielen Leichen , meiſt von Deutſchen, hinein zu tragen haben. Ad dieſes und die Art, die Media zin zu geben, machte mir ſo angſt, daß ich mich möglichſt zus rùchielt. Ich machte einen Fluchtverſuch , wurde aber wieder eingefangen , wie wenn ich nicht den freien Willen gehabt hätte, zu gehen. Zur Strafe ſperrte man mich zu einem an Ketten liegenden Haufen von Verrüdten , mit den Wors ten : „Hier iſt Dein Chicago. “ Die Deutſchen ſollen ſich tobt arbeiten oder an Medizi nen flerben . Dieſe beſtehen in endloſen Abführungen, einers lei, ob der Kranke bereits daran leidet , und im Gegentheil davon geheilt werden müßte . ( Ein anderer Zeuge, Namens Lift, ſpricht bon planmäßigen Ralomel- Vergiftungen .) Ein langſames Abſterben iſt die Folge ; denn zuleßt geht das Blut wie rother Wein von ihren Opfern ab. Der erſte aluffeber machte Miene mich zu ftoßen ; ich drohte ihm aber, weil ich mein Recht kenne — ich bin nämlich fchon ein Jahr im Lande. Da ließ er mich , verlangte aber , daß ich von ſeinem Bitterſalz und Larierpulver nehme, was ich jedoch als Cobesmedizin zurüdwies . Ich bin erſt 26 Jahre alt , und wollte noch nicht auf den Kirchhof. 3ch wäre dahin gekoms men , wenn ich nicht mit Liſt aus der Zelle der Wahnſin nigen nach zwei Tagen entfloben wäre. Olüdlicherweiſe wurde ich nicht wieder eingefangen und mit dem Tode (ober

90 doch an meiner Geſundheit) beſtraft. Am ſchauberhafteſten war mir das Geſchrei wahnſinniger iriſcher Frauenzimmer nach Whiskey (Sdnaps) . Die deutſchen Bauern ließen ſich am meiſten gefallen und erhielten ſchon , wenn ſie nur in die Stube ſpuckten , Hiebe und Fußtritte von den beiden Aufſehern. Während meines Aufenthaltes in jener Wohltätigkeitsanſtalt “ entfloh ein ſchwächlicher , furchtſamer Deutider , den der erſte Aufſeher fortwährend über ſeine Kräfte zur Arbeit angehalten hatte. Dem Armenarzte wollte ich mein frankes Bein zeigen , und ein Anderer zeigte ihm eins , aus deffen Wade ein Stück Fleiſch fiel — bergebens. Wittwe Reidert flagt : Nachdem der County Agent, trog Ihrer motivirten Empfehlung , mich und meine Kinder, von denen eines krank, zurückgewieſen hatte , wurde ich auf meine zweite Empfehlung hin zwei Tage ſpäter in's Armen: Inzwiſchen war mein Frankes Kind baus aufgenommen . Im Armenhaus erkrankte mir bald ein anderes, geſtorben . grauſam mißhandelt. Deſhalb forberte ich unſere Entlaſſung. Dieſe wurde nun verweigert, wie früher die Aufnahme. Am dritten Tage gelang mir Nachts 3 Uhr die Flucht, und zwei Tage nach dieſer ſtarb mein frankes Kind ; durch ein beſon deres Schickſal hat es ſich gefügt, daß mir die Gräber meis nes Mannes und meiner Kinder unbekannt geblieben ſind. Die Gründe meiner Flucht ſind folgende : Ich hatte Bes fehl, von früh Morgens bis ſpät Abends , ohne andere Un. terbrechung als eine ganz kurze während des Eſſens, zu was fchen . Von meinen Kindern war ich getrennt und man hatte mir verboten , zu ihnen zu gehen und ſie zu pflegen, obgleich das Kleinſte, ein Säugling mit blutigem Ausſchlage im Ges ftohte , noch der Bruſt und ſorgſamen Pflege bedurfte , und dieſe anderweit nicht gewährt wurden . Natürliche und mo raliſche Pflicht nöthigten mich zu dem , was reißende Thiere ihren Jungen nicht verſagen. Während ich mein Kind ſäugte und ihm das Blut aus dem Geſichte wurd , erſchien der erfte Auffeber, dem iriſche

91 Frauenzimmer geſagt hatten , ich wolle nicht waſchen , und perlangte barſd , daß ich ſofort zum Waſchzuber zurück gehen ſolle. Darauf ergriff er den Säugling am Arm und warf ihn ins Bett , und dann ſchlenkerte er mein frankes Kind dahinter her. Mich zerrte er am Arme in einen angrenzens den Garten , in welchem Wahnſinnige ihr Weſen treiben, und drohte , während ich und meine Kinder zitterten und weinten , mich zu jenen zu ſperren , wenn ich nicht an der Wäſche bleibe. Nun mußte ich in einem fort bis ſpät Abend waſchen , und durfte nicht nach meinen Kindern fehen. Andern Tags ging'8 ebenſo. Friſche Frauenzimmer drohten mir mit Ans zeigen , ſo oft ich zu meinen Kindern eilte. Meine Kinder fielen ab , ich ebenfalls, zumal ich ſchlecht und dabei nicht einmal ſatt zu eſſen bekam . Morgens erhielt ich ungenieß baren Thee ohne Milch mit trocken Brot ; Mittags Brot mit einem ganz kleinen Stück Fleiſch, hart und übel ries chend; Abends Mild und Griesbrei. Den Thee vermochte ich nicht zu trinken , und als ich mir und meinen Kindern etwas Brot vom Tiſche mitnahm, wurde es mir unter Dros hungen gewaltſam abgenommen . Adolph Hagen deponirt : Ich war wegen hartnäcki gen Augenübels im Armenhauſe. Am Morgen nach meiner Ankunft , um 5 Uhr , befahl mir der erſte Aufſeher barſch, aufzuſtehen . Da ich von einer großen Fußreiſe Bruſt- und Seitenfliche hatte , ſo entſchuldigte ich mich hiermit. Gr nannte mich faul, riß die Decke ab und zerrte mich an den Füßen vor das Bett. Troß meiner fortdauernden Schmerzen wurde ich den ganzen Tag über gezwungen, Gräber zu ma chen und Leichen hinein zu tragen , Stuben zu ſcheuern u. f. w . An dem darauf folgenden Morgen wurbe ich auf dieſelbe Weiſe aus dem Bette gezogen , auch drohte der erſte Aufſes her, indem er einen Stiefel gegen mich ſchwang , mich auf den Kopf zu ſchlagen. Als ich empört zur Wehr aufſprang, unterließ er das Schlagen . Die Nächte über konnte ich we

92 nig ſchlafen ; benn ich hörte bas Jammergeſchrei von Deuts fdien, die mit einem Rantſchu geprügelt wurden. Gines Tages ſah ich den zweiten Aufſeher, dem im leps ten Stadium der Auszehrung liegenden Lifdlermeiſter Klein , aus Dresden , mit der Fauſt in das Geſicht rennen , daß er ftöhnenb im Bette umfanf. Am folgenden Tage prügelte er denſelben fürchterlich mit dem Rantſchu, daß der Unglüdliche Da rief entfeßlich fchrie und zwei Stunden darauf ſtarb. der Aufſeher einfach Einige auf , ein Grab zu machen , und joblte : „ Ein Dutchman iſt zur Hölle gefahren !" In einer einzigen Nacht entflohen drei Deutſche ben furchibaren Miphandlungen einer Wohltätigkeitsanſtalt." Wie viele arme und kranke Deutſche mögen dort durd ; Mißs handlung umgekommen ſein ! Während die Irlänber im Ben liße ibres Geldes belaſſen werden und ſich dafür Bequem lichkeiten aus der Stadt mitbringen laſſen dürfen , nimmt man den Deutſchen den leßten Gent ab . Himmelſchreienb wäre es , wenn gegen die Wohlthätigkeitsanſtalt", weldje ärger iſt als ein Zuchthaus für Verbrecher, nicht eingeſchrit ten würde. Beim Schluſſe feines Berichtes ſagt Herr Rompe : + An der Emigrantenjammer, den ich draußen nicht aufs fuchen konnte, gringte in meine Geſchäftsſtube und der Schats ten , den derſelbe auf die Civiliſation des 19. Jahrhunderts warf, wurde ſelten durch einen Sonnenblic verſcheucht. Das gend ſchritten in dem gewaltigen Einwanderungsſtrom felbft Viele , die eines Kapitals , als Nothanker , nicht entbehrten . Wer dieſes aber nicht und ebenſowenig Freunde befaß , fein Handwerk und ebenſowenig die Landesſprade verſtand , ließ leicht den Kopf hängen. Ginzelne Perſonen , die überdieß nie körperliche Arbeit gethan hatten , und entweder darum oder aus Energie lähmender Hypochondrie, oder wegen förs perlicher Schwäche nicht anbeißen wollten und dabei zuſee bends verkamen , haben mir viel Trübſal verurſacht; indem ich namentlich die , welche mich häufiger beſuchten , pſycholos giſch anzuregen , ſocial zu orientiren , geiſtig zu ermuntern,

93 charaktergemäß zu ermuthigen, ja Einige vor Selbſt in ord zu retten und ſoweit aufzubringen hatte , daß fie in geſchäf tige Thätigkeit übergingen und eine Laufbahn betraten , auf der ſie ſich nüßlich, vielleicht noch ſehr verdient machen kön nen. Zuverſicht lag ich regelmäßig in den Augen rüſtiger junger Paare , bei denen die uneigennüßige Liebe die Vera mittlerin eines ſtarken Strebens und des ſinnreichen Gedan fens zu ſein ſchien , daß die ganze Erbe dem Menſchen gehört. Dieſer Bericht mußte parteifrei gehalten werden . Ich habe deßhalb jede politiſche und confeſſionelle Färbung ver mieden . Die ſociale Grundlage aber , auf welcher unſere von der Humanität gebotene deutſche Geſellſchaft, zum Schuße bülfloſer Einwanderer und zur Hebung unſeres ſo ſehr ges ſchwächten deutſchen Namens errichtet iſt , erheiſchte einige Male wenigſtens die Nennung politiſchen Unweſens, das ja bekanntlich eines der Grundübel unſerer Zuftände darſtellt. Neu- Vorfer und viele andere BI. März 1855.]

Neu-Yorker Gaftfreundſchaft. Allemal, wenn der Mayor Wood pathetiſch werden will, wird er unfreiwillig fomiſch . So pafſirte es ihm in feiner bombaſtiſchen Proklamation über die Heilighaltung des Sonns tag “ : ſo auch in ſeinem neulichen Briefe an Fay über die „ Pauper- & migranten " (ausgewanderte Arme). Darin rühmte derſelbe Mann , der wenige Wochen zuvor faltblütig geſagt hatte, daß unter den Spigbuben und Lumpen , die von Eus ropa herüber fämen , manchmal auch anſtändige und ehrliche Leute ſeien , die große Gaſtfreundſchaft, welche die Stadt Neu- York ben hier anlangenden Einwanderern erweiſe. ,,Um dieſe , aſtfreundſchaft" der Stadt Neu - Yorf rich . tig zu würdigen “ , fagt die Neu - Yorker Abendzeitung, „ muß man ſich daran erinnern, wie innerhalb der leßten 12 Mos nate die Emigranten - Rommiffäre in der Stadt herumgewor fen wurden . Als ihr früheres Lokal im Stadthauſe abges

94 brannt war , ſuchten ſie vergeben nach einem neuen . immer ſte ihr Zelt aufſchlagen wollten , famen die gaft: freundlichen Bürger“ der gaſtfreundlichen Stadt Neu - York gelaufen und erhoben ein furchtbares Geſchrei: man wolle ſte vergiften mit den peftilentialiſchen Ausdünſtungen des „ Emigranten - Geſindels “ ; kein anſtändiger Menſch könne in der Nähe eines Emigranten Bureaus wohnen bleiben , wo ſich das berlumpte Pack" auf der Straße umherdrängen würde, und was dergl. mehr war. Man wendete ſich an die Gerichte , bezeichnete das Emis granten- Bureau als eine „ nuisance “ ( öffentlichen Schaden ); erwirfte Injunctionen ( Befehle) dagegen und jagte die Com miſſäre von einem Winkel in den andern , ſo daß ſie nirs gend Ruhe fanden . – Sodann ging die Commiſſion bas mit um, in Vollziehung eines von der Legislatur erlaſſenen Gefeßes , eine Werfte für die Anlandung der Emigranten auszuwählen . Da ging ſofort derſelbe Speftafel los. Nir. gende wollte man ſte dulden ; überall wurden Beſchwerden und Proteſte erhoben , ſo daß ſchließlich der Commiſſion nichts übrig blieb, als den Pier ( Damm , Landungsplat) einer Eis fenbahngeſellſchaft zu benußen , die ihn in Grwartung des dadurch zu erlangenden Monopols für die Inlandbeförderung bereitwillig hergab . Endlich iſt es der Commiſſion gelungen, ein Lokal, näms lich Caſtle Garden , zu acquiriren . Aber faum iſt dieß be. kannt geworden, ſo. regnet es wieder Proteſte über Proteſte; die tief entrüfteten " Bewohner der erſten Ward reichen Pe. titionen bei den ſtäbtiſchen Behörden ein , jammern über die Entwerthung benachbarten Grundeigenthums, welche die Ans legung eines Emigranten - Depots in Caſtle Garden nach ſich ziehen würde ; machen ſich grauſige Geſchichten über die epis bemiſchen Krankheiten, die ſich in Folge deſſen in dem untern Stadttheile verbreiten würden ; und ſprechen ſogar von Ents weihung eines „ Heiligthums " , denn in Caſtle Garden ſei zu ſeiner Zeit der Vater des Vaterlandes" , Washington bewillkommt worden. Es wird ſofort eine Injunktion gegen

95 die Commiſſion beantragt und von Richter Hoffmann ge währt , und man darf ſich darauf gefaßt machent, binnen Rurzem das Vorhaben der Commiſſion vereitelt zu ſehen.“ [ Buffalo Telegraph . Mai 1855. ]

Pauper : Schnüffelei amerikaniſcher Conſuln in Europa . Neu - York , 9. Juni 55. Der amerikaniſche Conſul zu Genua , ein Herr Herbemont , hat unterm 15. Mai an Fernando J.; ) Selbſtherrſcher von Neu - York , Bericht abs geſtattet, daß eine ſardiniſche Brig , „ Silenzio “ , mit ungefähr 100 Außmanberern an Bord , jegelfertig in jenem Hafen liege, und da , ohne Zweifel “ fich unter dieſen manche „ un. annehmbare Perſönlichkeiten " befinden würden , ſo möchten die Neu- Yorker Behörden auf ihrer Hut ſein . Der Conſul knüpft hieran noch einige alberne Bemerkungen über die Nothwendigkeit, die Einwanderung von Bettlern , Vagas bunden und Verbrechern nach den Vereinigten Staaten zu berhindern, und zeichnet ſich als der ganz ergebenſte Dies ner des Beherrſchers von Neu- York. Die Pauper - Schnüffelei der amerikaniſchen Conſuln in Europa , die von Wood veranlaßt worden iſt , wird nachges rabe abgeſchmackt unb lächerlich. Sie läuft auf die Gümm ften Denunziationen hinaus und gibt zu den gröbſten Schura kereien Veranlaſſung. Der Conſul Herbemont macht ſich nur zum Eſel , indem er vor Auswanderern warnt , über deren Verhältniſſe er nicht die geringſte Kenntniß auch nur zu haben vorgibt , geſchweige denn hat. Alles , worauf ſich ſeine Denunziation baſirt , iſt die Vermuthung , daß unter 100 Auswanderern wohl auch ſolche ſein können , bie man 1) Spottweiſe für den Mayor der Stadt Neu - York , Namens Wood .

96 in Amerika nicht gerne aufnehmen wird. Es iſt das , wie geſagt, nur eine Efelei. Etwas Schlimmeres dagegen war bie Denunziation des Conſuls in Antwerpen ( ber leider ein Deutſcher iſt) gegen das Schiff „, Leopold I. “ Aus den Ans gaben des Kapitäns dieſes Schiffes ergibt ſich , daß der Cons ful ihm eine Abgabe von 20 Cents für jeden Paſſagier hatte erpreſſen wollen, für welchen Preis er ihnen ein gutes Zeugniß ausſtellen würde . Als der Kapitän ſich weigerte , dieſen Tribut zu zahlen , erklärte ihm der Conſul, daß er es bereuen ſolle ; es werde ein Bericht über den „ Leopold I. “ nach Neu - Yorf geſchickt werden , der ihm größere Unannehmlichkeiten bereiten rrürs den, als die Zahlung der geforderten Summe geweſen wäre. Wie man ſich erinnert, waren aber die von jenem ons ſul als Paupers " denunzirten Audwanderer nicht nur teine folche, ſondern ſogar im Verhältniß wohlhabend , denn ſie brachten durchſchnittlich 300 Doll. per Ropf mit. Soviel über die conſulariſchen Denunziationen. Wir wollen hoffen, daß mit den beiben vorſtehenden Fällen die Dummheit ihr Enbe erreicht habe. [N.-Y. Abndz.]

Der Nachlaß der Todten . Gebe man nach dem Bureau der Emigrations Commifiton in Canal Street , und ſebe dort hoch aufeinander an die Wand gereiht, Stiften und Koffer, Säde und Rörbe, gefüllt mit Sachen aller Art. Es iſt der Nachlaß der Todten , es iſt die Habe der armen Einwanderer , deren Körper auf ties fem Meeresgrunde ruben. Dort ftehen ſie, die Ueberreſte Degjenigen , was der lebens frohe, muthige Emigrant aus der Heimath mitnahm. Man beſchaut ſie mit kaltem Auge , denn man fennt nicht die Geſchichte des Elends , die mit ihnen berfettet iſt , man bat nicht die Thränen fließen feben , die vergoffen wurben , als

97 drüben in der fernen Heimath dieſe Kiſten die Habe des Auswanderers bei ſeinem Abſchied empfingen. Sind es doch nur Kiſten und Koffer, nur Säcke und Körbe , enthalten ſie doch nur die Habe eines Emigranten, den Nachlaß eines Todten ! Der Aufſeher empfängt die Sa chen ; er weiß , daß ſie einem Verſtorbenen gehören , denn & r fragt nicht ſonſt würden ſie ihm ja nicht gebracht! wohin noch woher , er läßt ſie ruhig zu den ſchon früher gekommenen Sachen hinſtellen , er fümmert ſich nicht um den Namen des Gigners , denn er iſt ja toðt , und was nüßt Dort ſtehen ſie, Denkmale ihm der Name eines Todten ? der Armen , die auf weitem Meere ihre leßten Seufzer aus hauchten. Doch mit faltem Auge, wie man eine Trödler bude beſchaut, ſieht man auch auf dieſe. Seben wir uns dieſe Ueberbleibjel , dieſe Denkmale etras nåber an. Hier, dieſe große Rifte, ſte trägt die Adreſſe : „ T. R. nach Neu- Vorf. Mit grobem Pinſel, aber mit kräftiger Paſſagiergut." Hand iſt ſie geſchrieben. Ein junger blühender Mann mag dieſe Riſte ſein Eigenthum genannt haben. T. R. ! Wer war er , wo war er her ? Nach Neu- York ! Ja , die fodte Kiſte erreichte ihre Beſtimmung ; aber er ſelbſt ſah nie die Ufer, an die er ſo voller Hoffnung gedacht ; er ſelbſt fand ein Grab im tiefen Meer ! Wie vorſichtig der Arme um ſeine Habe geweſen iſt ! Unzählige Nägel ſind durch den ftarken Deckel getrieben, denn er umſchloß ſein Alleg. Aber die Habſucht der Lebenden ſpottet der Vorſicht der Todten . Der Deckel iſt geöffnet worden ; dort ſteht man noch die Spu ren des Meißels , dort die des Brecheiſenø , deſſen Kraft die Nägel endlich weichen mußten . Das iſt am Bord des Schif fes geſchehen. Der Nachlaß des Tobten wird die Beute des gierigen Schiffavolfe. Schon als T. R. noch lebte, mochten bie Matroſen mit ſcheelen Augen auf die ſorgfältig verſcloſ fene Kiſte geblickt haben ; doch kaum hatte der Tod ſeine Hand erſtarrt, ſo waren auch Meißel und Brecheiſen ſchon in Bereitſchaft , ihr Werf zu verrichten . Armer Sobter ! Gr mochte noch mit ſeinem leßten Athemzug bie Bitte geäußert 7

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haben, daß man ſeine kleine Habe den Anverwandten zu Gute kommen laſſe; aber gerade dieſe Bitte hatte wohl noch die Habſucht der Ueberlebenden erhöht. Und drüben im Vater lande erwartet man Nachrichten von ihm . Man iſt geſpannt auf die Erzählung ſeiner Erlebniſſe während der Ueberfahrt, auf die Beſchreibung ſeiner neuen Heimath ; man wartet und niemals hört man von ihm wie wartet, aber bergebens der . Jene Kiſte nur zeigt, wo er geblieben ; ſie iſt der Nach laß des Lobten . * Suchen wir weiter unter der Habe der Verſtorbenen , die dort ſich vorfindet. Ein Koffer ſteht dort in jenem Winkel und neben ihm zwei Körbe , deren jeder mit ſtarkem Bind faden an die Griffe des Koffers gebunden iſt. „ W. B. aus Braunſchweig, nach Chicago “, iſt in großer fühner Schrift auf den Roffer gemalt , doch die Rörbe tragen nur die Adreſs fen : „ J. B.“ und „ L. B. “ Es müſſen alſo ihrer Drei ges weſen ſein , welche dieſe Habe ihr Eigenthum nannten , Drei doch von ihnen lebt nicht Giner , um ſein Eigenthums recht geltend zu machen. Fragen wir den Aufſeher, wer ſte waren , denen dieſer Koffer und dieſe Körbe gehörten ; er zuckt bie Achſel und wendet ſich gleichgültig ab ; er weiß nicht, wem ſie gehören , woher ſie kommen ; er, der an den Anblick folcher Sachen gewöhnt ift, hat vielleicht die Aufſchrift gar nicht einmal geſehen , wie er auch der Adreſſen der Kiſten und Ballen nicht achtet, denen ſein Auge in jeder Straße begegnet. Aber wie, wenn dieſer Koffer und die an ſeinen Griffen hängenden Körbe Werthvolles enthielten ? Weiß er doch das Gegentheil, hat er doch, als ſie gebracht wurden, durch einen Blick ſich überzeugt , daß der Lebenden ruchloſe Hand ſchon den Nachlaß der Todten geplündert ! Und hätte er eß nicht geſehen , wie leicht könnten wir uns ſelbſt davon überzeugen. Das eiſerne Schloß iſt erbrochen , die Deckel der Körbe ſind gewaltſam aufgeriffen . Die Oier , mit welcher die Ueberles benden den Nachlaß durchſucht, bie Gile, mit welcher ſte ihr

99 ſchändliches Vorhaben ausgeführt, zeigt ſich noch in der Nach, läßigkeit, mit der ſte Roffer und Körbe wieder zugemacyt, als ihre Habſucht befriedigt war. Gin Stück Leinen ſteckt aus jenem Winkel Hervor , viels leicht ein Bettüberzug, auf deſſen beſchmußtem (Ende wir nod) mals die Buchſtaben „ W. B." finden . Neben ihm hat ein Strumpf ſich unter den Deckel geklemmt, und auch er trägt dieſelben Buchſtaben. Es iſt ein Mannsſtrumpf, alſo orar W. B. wohl das Haupt der Familie, deren übriges Eigen thum dem Koffer zur Seite ſteht. Doch heben wir den Deckel dieſer Körbe. Durcheinander geworfen finden wir der Sachen viele, die uns zeigen , daß auch weibliche Weſen W. B. auf ſeiner Reiſe begleiteten, und wir wiſſen auch, daß dieſe, gleid) ihm, jeßt auf tiefem Meeresgrund ſchlummern. Hier iſt Strid- und Näbzeug; eine verroſtete Nabel ſteckt noch in den Halbgeſäumten Ladentudy; ſie ſtect da vielleicht ſeit dem Augenblic , mo die erſten Symptome der Krankheit, welche das geſchäftige Weib hinweggerafft, die jeßt im Tode erſtarrte Hand erzittern machten . Und hier iſt eine Frauens haube. Beſchmußt und halbzerriſſen, wie ſie es iſt von den Händen Derjenigen , welche die Habe der Geſtorbenen ents weihten, ſieht man ihr bennod; an , baß Die, welche einſt fie getragen, noch jung von ihrem grauſen Geſchic ereilt iſt, denn dort ſind noch Bänder und Blumen , mit denen das Alter ſich nicht ſchmückt. Doch rras liegt neben dieſer Haube ? Ein Paar Schuhe nur , doch ſo klein , ſo zierlich, daß ſie wohl eines weitern Blicke würdig ſind. Es find Kinderſchuhe , aus feinem Leber gemacht , und obgleidy noch faſt neu, hat die verbrecheriſche Hand des Diebes ſie dennoch bort gelaſſen , denn für ihn hatten ſie keinen Werth ! Aber die Mutter , welche dieſe winzigen Schuhe dort aufbewahrt, die mit liebender Sorgfalt bie noc) winzigeren Füßchen ihres Lieblings in ſte bineingezwängt, mochte nicht das Licheln der Freude auf ihren Zügen ſich gezeigt haben, als ſie zum Ers ſtenmal dieſe Schuhe ihm anlegte ? Doch ihr Herz, das das mals gepocht, ift jeßt ftille; der Buſen , welcher den Säug 7 *

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ling genährt, ift ießt kalt. Auf hoher See wurde ſte begraben und mit ihr vielleicht das arme kleine Kind, deſſen Schuhe nur zeigen , daß es jemals lebte. „ B. B. " , ſo lautet die Aufſchrift des zweiten Korbes. Er iſt leer, er mochte Sachen enthalten haben, welche die Habſucht des Diebes reizten ; doch nein , ein vierediges Kiſſen befindet ſich am Boden dess felben , es iſt ein Nadelkiſſen, und es umwendend , finden wir auf ihm in Seide geſtickt die Worte : „ Meiner lieben Schwäs gerin “ , und darunter die Buchſtaben, welche der andere Korb als Bezeichnung trägt : „ I. B.“ Und dieſe Stickerei , dieſes Geſchenk an die Schwägerin führt und die ganze Familie vor Augen. Sie beſtand aus ' Mann, Frau und Kind und aus der Schweſter des Mannes. Sie waren glüdlich geweſen , denn ſie hatten einander geliebt. Aber fte waren nicht zufrieden geweſen , und deshalb hatten ſte den Entſchluß gefaßt, die alte Heimath mit einer neuen zu vertauſchen. Sie wollten nach Chicago; vielleicht weilen cort Freunde und Verwandte, die ihrer mit Sehnſucht gebens ken und warten ; aber ſte warten vergebens. Das öde, milde Meer det die Gebeine der Armen , dort , auf tiefem Grunde find fle Vereint, benn ihre Habe finden wir ja unter bem Nadlab ber odten . [ Crim .- 3 ., 9. Juni 54.]

Rathſchläge für Einwanderer und Bemerkungen . (Aus dem legten Jahresbericht der deutſchen Geſellſchaft .) Die Mitglieder werden und erlauben , hier im Hinblid auf die Wirkung, die wir unſerem Berichte in Deutſchland wünſchen , aus alter und neuer Erfahrung Einiges für die Landsleute herzuſeßen, welche wir hier noch zu erwarten has ben, und die zu belebren , von jeher eine ſchwierige Aufgabe für unſere Geſellſchaft geweſen iſt. Ueber das, was in frü hern Berichten oft und ausführlich bebanbelt worden iſt, wol.

101 len wir uns furz faſſen , und Anberem etwas mehr Raum gönnen . 1. Laßt euch nicht durch Vorſpiegelungen von Paſſage. agenten zur Ausranderung verleiten und trauet ſelbſt den glänzenden Berichten von Verwandten und Freunden in Ames rifa nur halb . Reiſ't mo möglich nicht vor dem 1. März und nicht nach dem 1. September von Europa ab ; macht euch auf eine beſchirerliche Reiſe und Harte Arbeit in Ames rifa gefaßt. 2. Verlaßt eure Heimath nur, wenn ihr ſicher ſeib , hier noch Geld genug mit Her zu bringen, um ins Land oder zu Verwandten und Freunden zu fommen . Bringt dieſes Gelb womöglich in amerikaniſchem Gold , ſonſt in engliſcher oder franzöſiſcher Münze mit , und laßt euch fein ſchlechtes Gelb anbängen , wie z . B. Haytiſche Dols lars für 50 Cents, die hier nur 24 Cents werth ſind. Verſprechen eure Verwandte euch Geld bei eurer Ankunft hier, ſo ermahnt ſie, das Verſprechen zu halten, und das Geld zu rediter Zeit unter der Adreſſe der Deutſchen Geſellſchaft zu Neu - York euch zu ſchicken . Habt ihr mehr Geld , als ihr zur Reiſe ins Innere braucht , ſo nehmt einen Wechſel von einem angeſehenen Handlungshauſe auf ein hieſigel; bertrauet weder Gelb noch Wechſel dem Kapitän , Steuermann oder ſonſt Jemand auf dem Schiffe an. Wir bemerken hier , baß die Inhaber von Wechſeln fich hier häufig bei den Bezogenen nicht legitimiren können , was namentlich bei unſeren Banken , von denen einzelne von Gus ropa aus auf fich traſſiren laſſen , ſtreng verlangt wird und wodurch Einwanderer oft in große Verlegenheit gefommen find. Wir empfehlen zur Vermeidung dieſes Hebelſtandes, daß jedem folchen Wechſel ein verſiegelter Avisbrief angehängt wird, der die Unterſchrift des Inhabers enthält , wodurch er ftch legitimiren fann. Wechſel auf deutſche Häuſer hier vers dienen jedoch in dem Fall den Vorzug vor andern .

102 3. Ihr gewinnt nichts , wenn ihr in Deutſchland ſchon einen Rontraft für die Weiterreiſe ins Innere macht ; ihr ſeid aber dabei zweimal bem Betrug ausgeſeßt. Kauft auch kein Land in Amerika, ehe ihr e geſehen habt. 4. Schifft euch nicht von England aus ein : ihr kommt auf den Schiffen mit einer Mehrzahl von Irlandern zuſams men , mit denen ihr euch nicht vertragt , und gegen die ihr ben Kürzeren giebt, da ihr euch dem Kapitän und dem Schiffs volk nicht verſtändlich machen könnt. Es kommt faſt kein Schiff von England mit deutſchen Auswanderern , wo dieſe nicht über ſchlechte und brutale Behandlung flagen . 5. Bezeichnet euer Gepäck deutlich mit eurem Namen und Beſtimmungsort und habt ein ſcharfes Auge darauf beim Ein- und Ausladen am Schiff und auf der Reiſe ins In nere, einmal verloren , findet ihr es nicht leicht wieder. Wir machen hier auf einen lebelſtand aufmerkſam , der die Beachtung deutſcher Behörden in bobem Grabe verdient. Die Auswanderer verſichern nämlich häufig, theils in den Seehäfen , theils ſchon im Inland, ihr Gepäck gegen Seeges fabr. Wenn aber ein Verluft eintritt , und der Verſicherte hier ankommt, ſo findet er hier Niemanden , der zu einer Vergütung des Schadens ermächtigt iſt, und er iſt gezwun gen , um die meiſt kleine Summe zu recouvriren , ſich mit Zeitverluſt und Koſten die nöthigen Papiere zu verſchaffen , und die Vergütung des Schadens burch Bevollmächtigte in Europa zu erlangen , vielleicht ſogar in entblößtem Zuſtande darauf zu warten . && ift einleuchtend, daß der Zweck einer Verſicherung für den Auswanderer nur halb erreicht wird, wenn er nicht hier einen Bevollmächtigten findet, der ihm einen Verluſt zu erſeßen hat. 6. Bei eurer Ankunft hier reht euch wohl vor, wem ihr trauet, an Betrügern iſt hier kein Mangel ; wenn ihr etwas zu verlieren habt , ſo werdet ihr ſchon ehe ihr an das Land ſteiget, oder ſonſt im erſten Wirthshaus Leute finden , die ſich für alte Bekannte , für Freunde euerer Verwandten , für Ugen ten ber beutſchen Geſellſchaft oder gar für den Ronſul cueres

103 Heimathlandeß aufgeben , um euch zu berauben. Wollt ihr ins Land , ſo haltet euch hier deßhalb ſo kurz als möglich auf, und wollt ihr berathen ſein , ſo kommt zuerſt zur Agens tur der deutſchen Geſellſchaft der Stadt Neu - York, die ihr gegenwärtig Greenwich Straße Nr. 79, vom 1. April 0. 3. an aber Canal Straße Nr. 179 findet. Dort werdet ihr unentgelblid Rath erhalten , aber keine Fahrbillets ins 3ns nere ; wird euch Geld für eins oder das andere abgefor dert, ſo feib ihr nicht im rechten Haus. 7. Notirt euch genau den Namen eures Schiffs und Ras pitäns, ſo wie Tag und Jahr eurer Ankunft. Habt auf eure Kinder Acht, ſte ſind in einer großen Stabt nicht leicht wie der zu finden , wenn ſie ſich verlaufen. Muß ein Glied eurer Familie ins Hoſpital, ſo hinterlaßt eure genauen Adreſs ſen bei ber deutſchen Geſellſchaft, um euch wieder zu treffen . 8. Nehmt euere Geſundheit wahr ; nach langer Seereiſe dmedt ein Glas Bier, Dbſt und Gemüſe, aber zuviel das von bringt Manchem den Tod. 9. Habt ihr endlich ein Unterkommen , ſo fügt euch in die amerikaniſchen Verhältniſſe, ſeid fleißig und genügſam , ohne das werdet ihr in der neuen Welt nicht glücklich werden. [ N. - 9 . BI ., April 55. ]

Warum wandern ſo wenig Franzoſen aus ? Wir haben bereits in frühern Nummern die Reſultate ber Ginwanderung vom Jahre 1854 mitgetheilt und der uns gewöhnlichen Anzahl Deutſcher , die im verfloſſenen Jahre ihre Heimath verließen , erwähnt. Vor kaum zwei Jahren überſtieg die Zahl der irländiſchen Emigration bei Weitem die der Deutſchen , während im Jahre 1854 die deutſche Emis gration mehr als zweimal ſo zahlreich als die irländiſche, und beinahe zwanzigmal größer als die franzöſiſche war.

104 Wer dieſe Zahlen allein betrachten wollte, ohne auf den Charakter der verſchiedenen Nationen und deren politiſche Zuſtände näher einzugehen , würde , wie der Neu - Yorfer Herald “ von vorgeſtern, verſucht ſein , Frankreich für ein wah. res politiſches und induſtrielles Eldorado , und die Franzoſen für ein äußerſt genügſames Volk zu halten . Bei einer Population von nahe an vierzig Millionen Seelen und den immer fortdauernden Refruten - Aushebungen , welche die franzöſiſche Jugend bezimiren , wanderten im Jahre 1854 nur 13,000 Franzoſen aus. Was iſt die Urſache hies von ? Der Wohlſtand des Landes, die Zufriedenheit mit den beſtehenden politiſchen und ſozialen Verhältniſſen etwa ? Nein , die wahre Urſache liegt in dem Nationalcharakter des Frans zoſen , der ihn feſter an ſeine Scholle hält , als irgend ein anderes Volf. Der Franzoſe iſt genügſam , ſolange er inner. halb der Grenzen feines Landes weilt ; aber Niemand, ſelbſt ber Engländer nicht, findet im Auslanbe ſoviel an Allem , was er ſieht und erfährt, zu kritteln, als der Franzoſe. La belle France iſt das erſte und leßte Wort der Franzoſen in Der Fremde, und nichts iſt ſo gut , nichts ſo praktiſch , als was er an den Heimathlichen Ufern der Seine und der Rhone findet, und keine Nationalität berſchmilzt ſich ſo ſchwer mit einer andern , als die franzöftiche 2., 3 . [N.-Y. BI., April 55. ]

Selbſtmorde. Neu - Dort , 2. Juni 55. Gin etwa 35 Jahre alter Deutſcher, Namens Friedrich Schmidt, jagte ſich in der Mittwoch Nacht in Nr. 537, 5. Straße , eine Kugel durch den Kopf. Bei bem Inqueft, den Coroner Wilhelm geftern hielt, flellte flith heraus, daß der Verſtorbene ſeit einiger Zeit mit einer Frau , die ihrer Beſchäftigung nach eine Amme war , in dem Hauſe gelebt hatte. Man glaubte Anfangs,

105 Schmidt und die Frau feien berheirathet ; doch ſpäter ftellte fich heraus, daß dies nicht der Fall war. Man erfuhr, daß Schmidt fie heirathen wollte, jedoch abgewieſen ward , weil er nicht, wie ſie, Katholik war. Schmidt brohte ihr, daß er ſich tödten werde , wenn ſte fortfahre ſich zu weigern. Sie blieb unerſchütterlich und am Mittwoch führte der Unglück liche feine Drohung aus. Man fand ihn todt im Hofe lies gen , ein Piſtol an ſeiner Seite. Das Verdikt lautete den Umſtänden entſprechend. Geſtern ward der Coroner O'Donnell nach Nr. 348 Wa terſtr. gerufen, um einen Inqueſt über die Leiche einer jungen Deutſden , Namens Pauline Rabe , abzuhalten , die ſich mit Arſenik vergiftet hatte. Die Verſtorbene war , wie aus dem bei der Coronerðunterſuchung abgegebenen Zeugniß hers vorgeht, ein armes, doch gebildetes und anſtändiges Frauen zimmer, und erſt kürzlich hier angefommen. Die Vefanns ten , die ſie hier zu treffen hoffte , waren nicht auszufinden , und ſo ſtand die Arme, ohne Freunde und Subſiſtenzmittel, allein in dieſem fremden Lande. Dazu fam nod ) , daß ihr in ihrer Jugend durch einen Unfal die rechte Hand verſtüm melt worden war , ſo daß ſie nicht jede Art von Arbeit, felbft angenommen , ſie hätte ſogleich welche bekommen , an nehmen konnte. Fu dieſer hülfloſen Lage wandte ſie ſich an Frau Holz , mit der ſte oberflächlich bekannt war. Dieſe nahm ſie für einige Tage in ihr Haus. Doch die Arme fühlte ſich ſo unglücklich , daß ſie endlich ihrem Leben durch Vergiftung ein Ende machte. Die Verſtorbene war 19 Jahre alt . Sie war ein ſehr hübſches und wie ſchon bemerkt, ge bildetes Mädchen , das ein beſſeres loos verdient hätte. Die Jury gab einen den Umſtänden entſprechenden Wahrſpruch ab. [ N.-Y. BI.] Ukas der Geſeßgebung von Maſſachuſetts gegen die Eingewanderten . Kein Eingewanderter zu einem Amt wählbar ! Rein Eins wanderer zum Stimmen berechtigt! Arme Ginwanderer

106 nach Europa zurückgewieſen , Thränen für die Neger und falte Herzloſigkeit gegen die Weißen ! Die Maſſachuſetts Nidotswiſſer- Gefeßgebung hat kurz vor ihrer Vertagung ihren Werken noch die Krone aufgefeßt. Dieſe ſaubere Geſellſchaft, deren Zierbe der berüchtigte Joſeph Hiß war, hat nämlich einen Zuſaß zu der Conſtitution paſ ſirt, der wörtlich alſo lautet : ,,Keine Perſon fout bei Wahlen , die in dieſem Staate gehalten werden , zu ſtimmen berechtigt oder zu einem Amte darin wählbar ſein, die nicht innerhalb der Jurisdiction der Vereinigten Staaten Amerika '& geboren oder das Kind eines amerikaniſchen Bürgers ift, welches in der zeitweiligen Abs weſenheit ſeiner Eltern im Ausland geboren . Perſonen von fremder Geburt , die pflichtgemäß und geſeßlich vor der Ans nahme dieſes Amendements naturaliſtrt worden , dürfen in dieſem Staate ſtimmen . " Der urſprüngliche Antrag lautete , daß ein 21jähriger Aufenthalt zum Stimmen und zur Wählbarkeit zu einem Amte erforderlich ſein ſolle. Dieſer Vorſchlag war aber den Maſſachuſettſer Nichtswiſſer- Gefeßgebern nicht ſtark genug, er wurde verworfen und die obige „ Verbeſſerung “ an ſeiner Stelle angenommen . Bei den Verhandlungen über dieſen Gegenſtand wurden wahrhaft ſchauerlide" Geſinnungen aus. geſprochen . Ein Senator Namens Wright war für einen Beſchluß , der jedem im Auslande Geborenen , ohne Aus nahme, das Stimmen verbiete. Selbſt die Kinder von Auß. ländern , wenn ſie hier geboren feien , meint dieſer weiſe Herr, ſaugen die ausländiſchen Grundfäße mit der Muttermilch ein ! Und dieſe Grundfäße können bei Ausländern in ihrem gans zen Leben nicht ausgerottet werden . ( Nach der Logik dieſes Menſchen ſollten von Rechtowegen auch diejenigen eingebors nen Amerikaner geächtet werden , die an der Bruſt einer auss ländiſchen Amme großgezogen wurden .) – Ein anderer Ses nator, der ſich Hall nennt , meinte , das Geburtörecht ſei ein Prinzip , welches nach und nach die Emanzipation der Welt berbeiführen werde, und Maſſachuſetts müffe damit den Ans

107 fang machen ! Man ſteht hieraus, daß Maſſachuſetts volls fommen berechtigt iſt, auf den Namen „ Klein Rußland " Anſpruch zu machen ; es fehlt bloß noch die Knute ! [ Indiana Freie Preiſe, 13. Juni 55.]

Hungertoo. Die Brig ,, Chat&worth ", die von Para nach Neu - York zurüdkehrte, berichtet , daß auf dem von Oporto nach Para beſtimmten Einwandererfchiffe Defenſor " , während einer nur 30tägigen Fahrt , von 300 Ginwanderern 47 in Folge von Hunger und schlechter Behandlung geſtors ben ſind. [ Buffalo Telegr., Juni 55.]

Die Liebestreue über dem Meere. Wir empfehlen folgende wenige Zeilen , die den Betref fenten wirklich in Wenigem ſehr viel ſagen können , als einen Wink für weibliche Auswanderer. Oft und in mehreren Blättern iſt Aehnliches zu leſen , wie Folgendes : Auffallend ſind die vielen Fälle von unehelichen Geburten und Schwängerungen , die hauptſächlich von Solchen, die erſt kurze Zeit im Lande ſind, bei den Polizei gerichten vorgebracht werden . 68 vergeht ſelten ein Tag, wo nicht einer oder mehrere ſolcher Fälle zur Kenntniß des Gerichts fommen , das bei Golden , die noch keine fünf Jahre im Lande wohnen, erſt eine ſchriftliche Requifttion der Coms miſſioners of Emigration abwarten muß , ehe es die Klage annehmen kann). [BI. b . Febr. 55.] 1) Was helfen aber auch die angenommenen Klagen den armen Betrogenen ? Der Betrüger flüchtet ſich gewöhnlich noch bei Zeiten in einen andern Sto und die Getäuſchte mit grem „ Liebespfand" fißt dann doppelt hilflos auf fremder Erde , wo der Hauptſat des „Chriſtenthums" ſo praktiſch ausgedeutet wird, daß Jeder ſids felber helfen ſoll .

108 Empörende Schandthat. Aus Michigan City wird ein abſcheulidhjes Verbrechen gemeldet. Am Donnerſtag Abend traf dort auf der Eiſens bahu ein junges ſchottiſches Mädchen , die Braut eines Locos motivführers, ein und fiel dem Runner eines von einer ges wiſſen Childs gehaltenen Bordells in die Hände. Sie frug dieſen arglos, ob er ihren Bräutigam nicht kenne, und erhielt die Antvort, daß derſelbe auf der Bahn beſchäftigt ſei, aber am Abend zu der Childs kommen irerde , wo er logire und ſte ihn ſicher treffen würde. An dieſer ganzen Geſchichte war natürlich kein wahres Wort. Das Mädchen aber glaubte daran und ging mit in das Haus. Hier ward ſie von der Child & freundlich aufgenommen und zu Tiſche genöthigt, wobei ſie, nichts Schlimmes vermuthend , ein ihr von der Wirthin angebotenes Glas Wein tranf. Zehn Minuten ſpäs ter verſant ſie in einen todtenähnlichen Schlaf. Als ſie wies ber erwachte, lag fie auf einem Geuboben , geſchändet, ihrer Börſe und Schmuckſachen beraubt und ſo geſchwächt, daß ſte vorerſt gar nicht aufzuſtehen vermochte. Endlich ſchleppte ſte ſich fort nach einem benachbarten Hauſe und erzählte dort, was vorgefallen war. Es wurden ſofort die erforderlichen Sdritte gethan und Verhaftsbefehle gegen die Verbrecher er wirkt, von denen indeffen nur noch der Ehemann der Bors dellwirthin am Orte war , da die Andern ſich über Nacht geflüchtet hatten . Ilm nicht auch noch Childs entfommen zu Laffen, daarten ſich die Bürger zuſammen und brangen in das Haus ein . Childs flüchtete ſich in eine Dachkammer, wo er feine Verfolger mit Mefferſtichen zurüchielt, ſtieß ein Fach aus der Wand, ſprang in den Hofraum herab und entfam. Die Bürger demolirten in ihrer Wuth das Gebäude und die Mobilien, aber die Verbrecher ſelbſt ſind fort. [ Chicago Free Preß, Juni 55.]

109 Der Ochſe iſt todt, es lebe der Ochie.

Cincinnati , 1855. Zuerſt wurden die Emigranten in Neu -Yorf ohne die Enigranten -Commiffäre beſchiffen, jeßt geſchieht ihnen dasſelbe mit . Sie verlieren ihre Effet. ten, ohne daß ſte die Wahl hätten, darüber frei zu verfügen : ein miſerabler Eingriff in die perſönliche Freiheit ! Wenn man dem Schinder entgeht und dem Teufel zuläuft, hat man nichts gewonnen. Die kleinen Diebe hängt man, die großen läßt man laufen . Wir fagen nicht, daß die Emigranten -Gommiſſäre Schelnie feien, aber wir ſagen , daß man ſte laufen laſſe. Mephiſto kennt die edlen Herren wie ſeine Hoſentaſche, und hat das Nöthige prophezeit. Da hat man ihn verlacht. (& r aber lachte, als ein Freund von Sprichwörtern, ins Fäuſtchen und dachte : „ Lach' Du nur , wer zuleßt lacht, lacht am beſten . “ Den armen Emigranten jedoch wird das Lachen bald ver gehen . Gegen die kleinen Spißbuben hatten ſie beim Mayor von Neu - Vorf Schuß , gegen die großen ſchüßt ſie keine Macht, keine irdiſche, keine überirdiſche und keine unterirdis fche. Heulen und Zähneflappern und infernaliſde Düſterbeit fteht vor der Thüre , und der Stank wirb haarſträubend ſein . [Mephiſtopheles, eine Wochenſdrift für Sinn und Unſinn .]

Anmerk. Es wurde nämlich verſucht, die Einwanderer durch ſog. Emigranten -Commiſſäre beſchüßen zu laſſen ; aber die Klagen nahmen kein Ende.

Einwanderer : Leiden . Wer ten eines gegraben vor den

im Buche der Geſchichte blättert und dort die Iha . Nero, eines Borgia, mit feurigen Schriftzügen eins findet, beffen Herz wird unwillkürlich zurückbeben Schandthaten barbariſcher Zeiten . Wenn derſelbe

110 nun vielleicht in demſelben Augenblicke Zeuge ſein fönnte von den Gräuelſcenen , die in ſeiner unmittelbaren Nähe paſs ſiren , ſo würde er ſich gewiß eher in jene Zeiten zurückges führt glauben , als inmitten der Geſittung des 19ten Jahr hunderts. Zeuge einer ſolchen Scene war ich vor vierzehn Tagen, und theile ſie Ihnen hier , der Wahrheit getreu , mit : Ich ſtand auf einem Jllinoisboote, welches von Peoria aufwärts geben ſollte , den Namen habe ich unglücklicherweiſe nicht gemerkt, und drückte eben dem ſcheidenden Freunde die Hand, um auf lange Abſchied von ihm zu nehmen , als ein ſich immer mehr näherndes Weinen und Klagetöne an mein Ohr brangen und unſere beiderſeitige Aufmerkſamkeit feſſelten . Plößlich brang aus dem Maſchinenraume ein balbes

Dußend Matroſen , welche in ihrer Mitte auf einem ſchmugi gen Strohſache eine alte Frau mehr ſchleppten als trugen , hervor , und hinterher zogen unter berzzerreißendem Gejams mer die Angebörigen . Die Frau war in dem verpeſteten, überfüllten Zwiſchendecke am Morgen erfranft , und ſollte nun auf Befehl des unmenſchlichen Capitäns , dem Tode nabe vom Schiffe geſchleppt und den brennenden Sonnens ftrahlen ausgeſeßt werden . Und ſo geſchah es. Jahre, viele , lange Jahre mochten an dem ergrauten Haupte vorüber gegangen ſein . Des Säuglings Bruſt war wieder zur Mutter geworden . Da zogen die Kinder nach dieſem gelobten Lande ", und im Herbſte ihres Lebens wollte ſie ſich nicht von Allem trennen , was ihr theuer war. Als ſie nun bald dem gewünſchten Ziele nabe , als beis nahe das Ende ihrer Mühſeligkeiten erreicht war da wird das erkrankte Weib von rohen Fäuſten erfaßt , ſchußlos im Angeſichte des blauen Himmels , Tauſende von Meilen ents fernt von der Heimath , am Ufer des Fluſſes ihrem Schid fale Preis gegeben . Hier nun liegt ſie, aufwärts gerichteten Auges , unter dem Wimmern ihrer Enkel , deren treue Hü terin ſte war , und fleht nun um Hülfe zu jenem Gotte , in Mit brechendem beffen Wegen ſte ihre Kinder erzog !

111

Blide ſcheint ſie ihn zum Zeugen der vollbracyten Schand that aufzurufen . Aus der Betäubung, worin mich dieſe Scene verſekt hatte, wecfte mich die Stimme des Capitäns : Was macht ihr für Lärmen um ein altes Weib , alle alten Leute müſſen einmal dran . “ [ St. Louis Volkeblatt. Sommer, 55. ]

II .

Unfälle zu Land und Waſſer.

Schreckliche Dampfboot : Exploſion ! 35 Perſonen getödtet und verwundet ! Evansville (Indiana) , 22. Sept. Geſtern erplobirs ten beide Refſel auf dem Dampfſchiffe „ James Jackſon ", als daſſelbe ſoeben im Begriffe war , Schawneetown in Jllinois zu verlaſſen. Eine ſchreckliche, herzzerreißende Scene ereig nete ſich. Fünf und dreißig Perſonen wurden getödtet und verwundet. Das Geſchrei der Verwundeten und Sterbenden war ſchrecklich über alle Maßen . Getödtet wurden augens blicklich Philipp Rance von Louiſiana, Capitän Holmes von Natchez, Capitän Walker von Arkanſas, Sol. Warren (Nes ger) von Louisville , Iſaac G. Green von Teras , Auſtin Johnſon von Neu - Orleans, Richter Judas, Colemann (Nes ger), Dr. W. Wood von Georgetown in Kentucky), ſowie zehn andere Perſonen , deren Namen man nicht erfahren konnte. Ein Frauenzimmer , welches zu Schawneetown an Bord des Steamers ging, wurde getödtet, während ihre Freunde von ihrer Heimath aus ſte noch ſehen konnten . Der Ingenieur ſoul gleich nach der Exploſion über Bord geſprun .

112 gen , und ſobald er das Ufer erreicht hatte , in die Wälder entflohen ſein . Das Dampfichiff „ Cumberland Valley" war zur Zeit des Unglüceß nicht weit vom „ Jadſon “ entfernt , fehrte ſogleich um , und die Leute an Bord deſſelben leiſteten alle Sie nahmen die Verwundeten auf das mögliche Hülfe. Schiff, worauf der „ Jackſon " an das Ufer getaut wurde. Das erplodirte Schiff wurde von dem vordern bis zum hins tern Theile der Cajüte gänzlich zertrümmert. Mehrere Ver wundete und Verbrühte ſind ſeither geſtorben , und andere befinden ſich noch in einem äußerſt gefährlichen Zuſtande . [N. - 9 . Demokrat, 25. Sept. 51. ]

Brand des Dampfſchiffes , Amazon " .

Sonntag, den 4. Jan. 52 . Die , Amazon " war ein febr ſchöne8, neues Dampfſchiff von der Weſtindien Poft- Dampfpafet- Compagnie. Wie bes fannt , hatte dasſelbe Southampton am Freitag Nachmittag, den 2. Januar 1852 verlaſſen und war am Samſtag Nachts bei den Scilly Inſeln und beiläufig 110 Meilen weſtſüdweſt lich geſteuert. Ungefähr 20 Minuten vor 1 Uhr Sonntag Morgens tönte der Feuerlärm . In wenigen Minuten dran gen die Flammen durch die vordern und hintern Gangwege und verbreiteten ſich wie der Blit längs dem Verdec. ES ging gerade ein halber Sturm aus Südweſt. Die Alarm glode wurde augenblicklich geläutet, und Schiffsvolk und Paſ ſagiere welche noch nicht vom Dampfe erſtict waren ſtürzten auf das Verded. Kapitän Symons rannte in Hemd und Unterhofe babin . Anfange machte man den Verſuch , die Flammen zu löſchen, bas Umſich greifen ded raſenden Eles mentes war jedoch zu ſchnell und tropte aller menſchlichen Anſtrengung. Den Maſchinenraum hatte bereits das Feuer ergriffen, und der Schlauch fonnte nicht in Wirkung gebracht werden . Das ganze Irauerſpiel dauerte nur zwanzig Minuten.

113 Sobald die Offiziere überzeugt waren , daß das Feuer die Oberhand hatte, ſo verwendeten ſte alle ihre Bemühungen , die Boote frei zu bringen . Es befanden ſich viele Boote und unter denſelben drei Lebensboote auf dem Schiffe, und wenn dieſelben mit Sicherheit in das Mieer hätten gelaſſen werden können , ſo rrürden ſie alle Perſonen in ſich gefaßt haben ; dies mar jedoch nicht möglich . In der Mitte der allgemein herrſchenden Verwirrung und des milben Schredens unter den Paſſagieren , bei einer tobenden See und einem wüthen ben Sturme, hörte alle Ordnung und gemeinſchaftliches Hana deln auf. Es ſcheint, daß man große Sdywierigkeiten bei dem Ausfeßen der Boote fand , und daß die Zeit ſehr kurz Was auch immer die Urſache geweſen ſein mag war. nur ein einziges Lebensboot wurde brauchbar gemacht. Um 1 übr, gerade 20 Minuten nachdem das Feuer auße gebrochen war, entfernten ſich drei Boote von dem brennens den Sdiffe. Eines derſelben war jedoch nid )t ſeetauglich . und die in demſelben befindlichen Perſonen wurden in ein anderes gebracht ; dieſes war eins von Greens Lebensbooten, und durch die darin befindlichen Perſonen erhielt man die Nachricht von dem Untergang der „ Amazon " . Von dem Schickſale des andern Boote8 wurde erſt ſpäter etwas befannt. Bald nach 1 lihr erplodirte das Pulvermagazin , und um halb 5 Uhr fah man keine Spur von dem Schiffe mehr. A18 die Amazon " von Southampton abſegelte, befanden ſich 161 Perſonen auf derſelben , nämlich 110 als Beman nung des Schiffes, 1 Admiralitäts Agent und 50 Paſſagiere. Von dieſer ganzen Anzahl find gegenwärtig nur 46 gerettet, wovon 21 von der Brigg Maresden auf hoher See in dem Lebensboote angetroffen und nach Plymouth gebracht, und 25 von dem niederländiſden Schiffe Gertrude nach Breft geführt wurden. Capitän Symons war ein wegen ſeiner Runft, ſeine Muthes und ſeiner Entſchloffenheit bekannter Seemann. Er iſt derſelbe engliſche Offizier, welcher bei dem vor einigen Monaten ſtattgefundenen Aufſtande zu Chagres, bei welchem die Eingeborenen fämmtliche Amerikaner zu er 8

114 morben brohten , viele amerikaniſche Reiſende in Schuß ge nommen und dieſelben ſicher auf den Cherokee gebracht hatte. Die Scene auf dem Verbed des Schiffes, als die Flams men überall hervorbrachen, war wirklich gräßlich. Als das Feuer den hintern Companion - Weg ergriff, ftürzten zwei gänzlich in Flammen gebullte Frauenzimmer herauf und fies len auf das Verdeck. Eine große Dame, die man für Mrs. Mc Clarer hält , flehte, nur für ihr Kind zu ſorgen , wähs rend ſie ſelbſt auf dem brennenden Schiffe blieb. Der Quar tiermeiſter Duneford brachte ein Frauenzimmer in ein Boot ; ſie war aber ſo von Sinnen , daß ſie wieder aus demſelben herausſtieg, und obwohl mehrere Herren mit Gewalt ſie wies der in das Boot bringen wollten, ſo beſtand ſie doch darauf, am Bord des Schiffes zu bleiben. Als die Boote von dem brennenden Schiffe wegfuhren , fab man mehrere Perſonen auf dem Verdede knieen , und Gott um Gnade anrufen, wäha rend andere beinahe ganz nackt und ſchreiend hin und her rannten . Kapitän Symons hatte befohlen , daß Niemand in die Boote gehen dürfe, und dieſer Befehl wurde befolgt, bis die Leute die Flammen aus allen Seiten hervorbredien faben . Zum legten Male wurde der Kapitän am Steuerrade geſes hen , als er ſoeben befahl, das Schiff vor den Wind zu bringen . Seine legten Worte waren : „ Gs iſt alles mit ihm (dem Schiffe) vorbei “ . Henry Roberts, der erſte Lieu tenant, nur mit dem Hemde bekleidet, ſtand dem Kapitän am Steuerruder bei ; man ſah ihn noch durch den Companions Weg nach dem Hauptdecke gehen und dort wird er vermuth lich zu Grunde gegangen ſein. Der dritte Offizier Louis Lewis, der vierte Offizier Gordricke, zwei Midſhipmen, deren Lagerſtellen ſid) an der Portſeite des Hauptverdeckes befans den, find bermuthlidh dort erſtidt, ſowie der Hauptingenieur Angos und der Ingenieur Aden in ihren Maſchinenräumen erſtickt ſein müſſen , da man ſie 10 Minuten vor dem Auss bruche des Feuers dort noch geſehen hatte, und ba bas Feuer borwärts Orang, ſte keinen Ausweg mehr haben konnten.

115 Ein junger Seemann , Namens Vinzent , betrug fich bei dieſer Gelegenheit mit einem außerordentlichen Heldenmuthe. Er leitete das kleine Boot, welches , wie oben geſagt , nicht waſſerdicht war , und brachte es nicht nur glücklich an das Lebensboot , ſondern übernahm das Commando dieſes legtes ren, und that alles Mögliche , um den Muth der Paſſagiere und des Schiffsvolfes in dieſer ſchredlichen Nacht aufrecht zu erhalten. Er hat an die Direktoren der Compagnie einen Bericht über dieſes gräßliche Unglück erſtattet. Das Mailboot , ſchreibt er in demſelben , ſælug , nachdem es kaum in das Waſſer gelaſſen wurde , um und 25 Perſonen , welche ſich bereits in demſelben befanden , ertranfen . Die Pinnace rurde , bevor die in demſelben befindlichen Perſonen ſie von dem Schiffe aushängen konnten , über die Wellen gezogen , die Leute" aus derſelben geſchwemmt und das Boot blieb am Schiff & buge hängen . Der zweite Kutter wurde zufälliger Weiſe nur auf einer Seite ausgehängt , und alle in demſele ben befindlichen Perſonen , zwei ausgenommen , ertranken . Sechszehn Männern gelang es endlich, auf der Starbordſeite das Lebensboot in das Waſſer zu laſſen und von dem Schiffe frei zu machen . Sie gebrauchten alle möglichen Anftrens gungen , um die im Waſſer liegenden Perſonen zu retten, wurden aber ſo ſchnell fortgeriſſen , daß ihre Mühe umſonſt war. Beinahe um die nämliche Zeit ließen ich , der Ober ftewart, zwei Paſſagiere und zwei Matroſen , das Dingyboot in das Waſſer , beſtiegen eß und wurden eine halbe Stunde ſpäter von dem Lebensboote aufgefangen , welches das kleine Boot in das Tau nahm. Der Sturm und die Wellen er. hoben ſich, bas kleine Boot wurde umgeſtürzt, unb ba baffelbe uns nahe war, ſo mußten wir daſſelbe gehen laſſen und das Lebensboot gegen den Winb halten. Ungefähr 4 Uhr Mor. gens begann es ſehr ſtark zu regnen, der Wind ſprang nach Norden um und die See ließ nach. Ich legte das Boot um und hielt es vor dem Winde. Um 5 Uhr erplodirten die Magazine des brennenden Schiffe und eine halbe Stundt

116 ſpäter gingen die Trichter über die Seite und bald darauf verſank das ganze Schiff. Hierauf wendeten wir das Boot vor den Wind und dachten die franzöſiſche Küſte erreichen zu können , welde , wie wir vermutheten , die nachfte war. Vinzente Schifférock wurde auf ein Ruder geſteckt und bila dete das Segel , mit den Stiefeln ſchöpften fte das Waſſer aus dem Boote. So fuhren ſie fort, bis ſie von dem Maregs ben aufgefangen wurden . Gemäß eines im „ Morning Chronicle " enthaltenen Brie fe8, batirt Breſt, 5. Januar , fing das niederländiſche Schiff Gertruda “, Kapitän Fundeler , 25 Perſonen von dem Ver unglückten Dampfſchiff Amazon in zwei Booten auf. Das erfte Boot traf er am Sonntag Abends halb 7 Uhr , und das andere um 7 Uhr am folgenden Morgen. Dieſe Leute boten einen bedauerungswürdigen Anblick. Unter denſelben befinden ſich zwei Frauenzimmer und ein Kind , und von ihren Leiden kann man ſich aus dem Umftande einen Begriff machen , daß ſie beinahe von allen Kleidern entblößt , 48 Stunden lang dem Winde und der firengſten Kälte ausges feßt waren . In Breſt fanden die Schiffbrüchigen die gaſte freundſchaftlichſte Aufnahme und augenblickliche Hülfe. Eine der Frauen , Namens Eleonora Ropper Mc Clinnon, iſt im Geſichte ſehr ſchwer verbrannt , jedoch nicht tödtlich . Von bem Beginne des Feuerlärms an, bis zu der Zeit als ſie das Schiff verließ , hielt ſte beſtändig ihren 18 Monate alten Knaben in den Armen, und während Viele zu Grunde gins gen, wurden ſie beide gerettet. Ihr Gemahl hatte ſich gleich falle an Bord befunden und ſte hofft noch beſtändig, daß er auf einem andern Boote gerettet worden ſei; ihre Leidengs genoſſen jedoch glauben feſt, daß er bei dem Auffliegen des Pulvermagazins getödtet wurde. [N.- ). Dem. 29. Januar 52.]

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Dreifig Perſonen ertrunken . Memphis , am 26. Jänner 52. Das Dampfſchiff De Witt Clinton ſtieß auf ſeiner Fahrt von Neu-Orleans nach Pittsburg ungefähr acht Meilen oberhalb Memphis auf einen Snag (verſunkenen Baumftamm ) und fant binnen zwei Mis nuten in eine Waſſertiefe von 21/2 Faden . Bei 30 Perſo nen ertranfen , einſchließlich aller Feuerleute, mit Ausnahme eines Einzigen . Bücher und Papiere wurden gerettet. Das Boot und Ladung gänzlich verloren. [N.-9. Dem .]

Sweihundert und vierunddreißig Menſchen erſtickt. Das Schiff „ Futlay Salam " fuhr am 3. Dezember 51 von Madras (Dſtindien ) mit einer Ladung chineſiſcher Kulis, 234 an der Zahl , nach der Inſel Mauritius ab . Während eines heftigen Sturmes, der ſich unterwegs erhob, ſperrte man ſte in bas enge Zwiſchendeck ein , wo ſie fämmtlich bis auf ben letten Mann erftidten. [N. -9. Abdztg. . 7. Mai 52.]

Der Schiff & brand des Henry Clay " .

Freitag den 28. Juli, 52. Wir liefern heute einen Nachtrag zu bem Unglücksfalle, der in Folge jenes verbrecheriſchen Leichtſinns fich ereignete, für den es bis jeßt kein Gefeß und keine Strafe gegea ben hat ). Wie wir vermutbeten , ſo iſt es geſcheben : das Unglück hat einen weit größern Umfang , all man ans fånglich zuzugeben geneigt ſchien. Wir laſſen zuerſt die Nas 1) GB iſt das Wettfahren der Dampfſchiffe gemeint, die dann durch Ueberheizung erplodiren, und wobei ſchon Hunderte von Mens ſchenleben zu Grunde gegangen find.

118

men ber aufgefunbenen Sobten , deren Zahl fich mit den Nicht identificirten bereits auf etliche 50 erſtreckt, folgen : Garab Denniſon und Mary Gooper von Wincheſter County ; George R. Marcher , 345 Broadway , Neu - York ; Johanna B. Sanford, 17 Jahre alt, Frau Hanford, Mutter der Voris gen , 215 Weſt 20ſte Straße , N. - Y.; Frau Mary Ann Dgben und ihr Säugling , 69 Perry Str. , N. - M .; Mathew Gronell, 13 Monate alt , 150 Hudſonſtr., Albany ; John Hofter , 214 Wooſterſtr ., N. - .; Margaret Chatillon , 184 Cherryſtr ., N. - Y.; George Thielmann , Bruber der Vorigen , Poughkeepſte ; Katharina Chatillon , 13 Jahre alt , Rind der Obigen ; Helena Chatillon , 14 Jahre alt, bitto ; Iſaak D. Sands, Stantonftr., N. - Y.; R. A. Sands , 9 Monate alt , deſſen Gohn ; Charlotte Johnſon (Farbige) , Poughkeepſte; Beffte Williams ( Farbige), Mutter der Vorigen ; Jane Murray, Frau von Adam Murray, Chicago ; ihr Söhnlein John , 1 Jahr alt ; Chriſtopher Benj. Bowring ( Farbiger), 15 3. alt, Diener an Bord des Schiffes ; Frau Iſaak Mc Daniels , von Rutland ; Miß Julia Hoy , Newburg, N.- . Nicht identificirte Leichen : Eine anſcheinend deutſche Frau im mittleren Alter , mit braunem Haar und vorſtehenden Zähnen ; ein 15-16jäbrie ges Mädchen ; eine alte, anſcheinend deutſche Frau , mit in's Graue ſpielendem Haar ; eine Frau mit lichtbraunem , in's Graue ſpielenbem Haar, Dhrs und Fingerringen ; eine deutſche Frau mit dunkelbraunem Haar, Golbohrringen , in ihren Las ſchen eine Karte von Denelan's Hotel in Albany ; ein irläns difdher funger Mann , 20 bis 22 3ahre alt, in feiner Taſche eine Adreſſe an James Domabies, 60 Leight Straße , Neus York ; ein Mann , muthmaßlich S. Schonmaker von Jorbans bille , in feinen Sachen Wechſel und Gelb ; ein deutſcher Arbeiter, in ſeinen Taſchen eine Karte an einen Juwelier in Rivington Straße , N. - 9 .; ein großer , fablfopfiger, alter Mann mit einem Taſchentuch , in das der Name 3. 3. Spend eingeſchrieben.

1:19 68 follen außer ben angeführten noch andere Leichen , und namentlich welche am gegenüberliegenden Ufer (des Hubſons ſtroms) aufgefunden worden ſein, über die noch keine nähern Angaben einliefen ; wir glauben die Zahl der Verunglücten nicht übertrieben zu haben , wenn wir ſte auf mindeſtens 100 angaben . - Vermißt wird außer den ſchon angeführten Per ſonen : die Miß M. L. Hawthorne , Schweſter des Poeten Nathaniel Hawthorne. Es haben ſich außerbem die Angehörigen vieler auf dem Boote befindlichen Perſonen an den Unglücksort begeben, um Nachforſchungen nach ihren Freunden anzuſtellen. Es ſcheint auch nicht der Schatten eines Zweifels darůs ber obzuwalten , baß bie Jagd zwiſchen der „ Armenia " und bem Henry Clay “ das Unglück herbeiführte. Die Boiler ( Dampfkeſſel) der „ Armenia " waren zu einer Zeit faft glü hend , ſo daß ſte die Jagd einſtellen und Dampf auslaſſen mußte. Der „ Henry Clay “ war vor der Kataſtrophe ſchon einmal in Feuer, das von einem Paſſagier entdeckt und ges löſcht wurde. Harz , Pech und I beer wurden zum Ein he iz en gebraucht. Eine Colliſion zwiſchen den beis den Booten war ſo oft befürchtet, daß man die Schußbretter aughing. Die Feuerleute famen aufs Deck, um die Jagd mit anzuſehen ; kurz vor dem Ausbruche del Feuero ſab ein Reis ſender Niemanden im Heizraume. Selbft der Umſtand, daß man das brennende Boot gerade mit der Spiße and Ufer laufen ließ , anſtatt mit der Längen ſeite, führte den Verluſt von vielen Menſchenleben herbei, da durch dieſes Verſehen das Hintertheil des Bootes im tiefen Waſſer fich befand.

Die Indignation 8 - Verſammlung. Geſtern Vormittag 11 uhr wurde eine Verſammlung der Ueberlebenden vom „ Henry Clay “ im Aſtorhaus (der Stadt Neu-York) abgehalten. Es waren gegen hundert Perſonen anweſend ; die berrſchenbe Aufregung war groß ; der Verluft

120 von Weibern , Schweſtern, Kindern, Freunden , und die eigene, nur mit knapper Noth bewerkſtelligte Rettung erhielten die Anweſenden noch immer in fieberiſcher Aufregung. Thränen , fdwere Seufzer, laute Klagen , Flüche und Verwünſdungen wechſelten miteinander in den verſchiedenen Gruppen ab. Als die Verhandlungen begannen , ſah man Viele der Anweſenben gerraltſam nach Faſſung und Ruhe ringen. Der Vorſißer hielt eine kurze Anſprache; er gratulirte ben Uebers lebenben ; er beklagte die Opfer und brückte Denen ſein Beis leið aus, welche den Tob eines Angehörigen beweinten ; er ging danv über auf den Verbrecheriſchen Leichtlinn 16. 1) Mehrere Vermißte wurden noch nicht aufgefun den. Bei jeder neu aufgefundenen Leiche entſteht eine unbes ſchreibliche Aufregung; Alle drängen ſich zitternd herbei, bis der Körper erfannt iſt. Während des geſtrigen Tages wur den nicht weniger als 30 leichname gefunden. Es ſind des ren jeßt im Ganzen 53 ; viele Leichen vermuthet man noch im Waſſer und in den Trümmern des Bootes. Die Todten, welche bis jeßt erkannt wurden, betragen 37, die unerkannten 10, die vermißten 11. Dieſe Angaben ums faffen natürlich bloß jene Perſonen , nach denen bis daher eine Nachfrage ſtattgefunden hat. [N.- ». Abdz. vom 30. Juli 52.] 1) Hier iſt leider eine kleine Lücke in meinem Original, aufmei ner Herreiſe durch dieſelbe Rohheit entſtanden, die auf den verſchie denen Mauthen Schriften und Bücher durchwühlt, namentlich dann , wenn man ſie nicht ſelber überwachen kann , und wobei Bes ſchädigungen und auch Verluſte nichts Seltenes find. Doch ſind die Beſchlüſſe der „ amerikaniſchen Indignations- Verſammlungen" ſo ziem lich gleich in der Faſſung , wie in der Ausführung. Es wird mit furch tbaren Klagen , unterſuchungen u . f. w . gedroht, und am Ende geſchieht Nichts , oder gerade das Gegentheil von der beabſichtigten, eremplariſchen Züchtigung. Der oder die Verbrecher werden entweder „ freigeſprochen “ , oder die Sache wird durch Advou fatenkünfte ſolange vor den Gerichten herumgezerrt und verſchleppt, bis fie endlich ganz einſchläft , und alles öffentliche Intereſſe daran erloſchen, oder das Alte durch neue Schauſpiele und Tragödien in Schatten geſtellt iſt.

121 Nachträglich zum Henry Clay " . Das total unbrauchbare Wrack des „ Henry Clay " wurde, nachdem es durch Biſchop’s Maſchine vollends gehoben wors den war, mit Ketten an ein Schleppboot befeſtigt und nach Neu - York gebracht. Es wurden in den untern Schiffsräus men feine weitern Leichen aufgefunden . Die Geſammtzahl der erfannten Todten beläuft ſich nunmehr auf 81 ; vermißt werben noch 11 Perſonen , d . 1. foreit die bis jegt einges laufenen Nachfragen ſich erſtrecken. Nach dem vorliegenden Verdikt der Jury muß es auffal. len , daß der Coroner bie Verhaftung und die Verlegung der fchuldig befundenen Beamten in Anklageſtand nicht angee ordnet hat. Es iſt eine neue und abweichende Methode von der üblichen Praris der Jury. Wenn es den Privatperſo nen vorbehalten iſt, den Prozeß gegen die Frevler einzuleiten, riskiren ſie zu ihren bereits gehabten Verluſten auch obens drein die gewiß nicht unbeträchtlichen Koſten , welche mit einem folchen Monſterprozeffe verknüpft ſind. Der Staat iſt in der Verfolgung verbrecheriſcher Indis viduen oder ſolcher Perſonen, die im Verdachte eines begans genen Verbrechend fteben, ſonſt nichts weniger als zurüchal. tend, und in dieſem Falle eines offenbaren Tootſolago überläßt er den Betroffenen, ſich Recht und Gerechtigkeit zu berſchaffen ? Das begreife , wer fann ! Nach des Herald " Angaben belaufen fich die aufgefun denen Lobten auf 75. Die Nachſuchung nach Tobten hat aufgehört; die Flut hat ohne Zweifel einen großen Theil der Leichen entführt, beren man niemals habhaft werden wird. Nach den Quejagen verſchiebener Paſſagiere des Henry Clay " muß die Zahl der Ungekommenen ungleich größer fein ; die Reiſenben ſagen übereinſtimmend: Das Waſſer war rund um das Hintertheil des Schiffe fcrrarz voll von Männern, Frauen und Kindern ; zur Rettung dieſer Menſchenmenge waren bagegen nur einige Fähige Schwimmer tätig , das Wafſer mindeſtens 20 Fuß tief."

122 Man ziebe ſich den Schluß hieraus . Wir hören nach träglich, daß der Coroner keine Verhaftsbefehle gegen bie Uebelthäter habe ausfertigen laſſen , weil er die geſamm ten Unterſuchungsaften und das Verbift ber Geldwornen dem Diſtriktsanwalt von Wincheſter County übergeben habe. Unter den bei der Rettung von Menſchenleben thätigen Perſonen ſoll ſich namentlich auch ein junger Advokat, 3. G. Schoonmafer aus Babylon , Long Island , ausgezeichnet haben . [N. 9. 466z., 5. Augſt. 52.]

Grploſtou des Dampfbootes Dr. Franklin Nr. ll. St. Louis , 26. Aug. 52. Die Beamten dieſes unglücks lidhen Bootes fagen aus, daß zur Zeit, als der „ Whirlwino “ im Schlepptau St. Genevieve verließ, 29 Perſonen , Dedpaſ ſagiere und zur Bemannung Gehörige, begraben und 10 bis 15 noch vermißt wurden . Wie früher beridytet wurde , fand die Exploſion Sonn abend Nacht 11 Uhr , 3 Minuten oberhalb St. Genevieve ftatt. Das Boot fing nach dem Unfall ſogleich Feuer, welches jedoch bald gelöſcht wurde. Man kann die Erploſion feiner andern Urſache zuſchreiben , als dem Mangel an Waſſer , der für den Ingenieur vielleicht durch die Menge von Schlamm , der in den Steffeln war , unbemerkbar blieb. Nach dem Zerplaßen der Refſel waren alle nabe befindlichen Gegenſtände mit dickem Schlamm überbeckt. Der Badbord fefſel trieb die vordere und hintere Klappe heraus. Herr Mc Murtry, der Hauptingenieur und ſein Aſſiſtent wurden zus erſt getödtet. Von den Rajüten - Paſſagieren wurden einige burch Verbrühen leicht verwundet. Man fürchtet, daß zwei oder drei über Bord ſprangen und ertranfen . Der Dämpfer , Hermann " ſchleppte eine Stunde nach dem Unfall das Boot nady St. Genevieve. Auf dem Deck wurden 10 Leichen ges funden ; 4 andere zog man aus dem Fluſſe und alle verwuns deten Perſonen farben ebenfalls. Unter 17 ber Getödteten,

123 deren Namen man bio jeßt erfuhr, find 2 Deutfche: Mare garethe Schweimer und ihr Sohn Karl. Die ganze Ana zahl der Paſſagiere, die während der Zeit des Unfalles an Bord waren , iſt 67 in der · Stajüte und 25 im Deck. Von denſelben fanden 35 bis 40 ihren Tod durch einen jener ſchredlichen Unfälle, an denen unſere weftlichen Gewäſſer fo [St. Louis BI .] reich ſind.

Exploſion des Dämpfer8 „ Reindeer i. Samſtag, den 4. Sept. 52 . Noch hat ſich das Publikum nicht von dem Schreden erholt, den der Brand des , Henry Clay " und das durch die Colliſion mit dem Propeller Ogdensburgh " berurſachte Sinken des Dämpfers „ Atlantic" auf dem Grieſee mit dem diefe Unglücefälle begleitenden großen Lebensverluft erweckt; noch ſind die Opfer des ruchloren Leichtſinns , der von Habgier geſtachelt mit dem Leben von Hunderten ſpielt, nicht geſühnt durch die geſegliche Beftrafung der Urheber, ſo haben wir ſchon wieder von einer Erploſion zu berichten , welche bereits 28 Menſchen das Leben gefoftet hat und noch mehreren das Leben koſten wird. Am Sonnabend Morgen verließ der Dämpfer „Reindeer “ , Capitän 6. W. Farnham , feine Wherfte in Neu - York, um nach Albany und den dazwiſchen gelegenen Landung8= pläßen zu gehen . Um 1/4 nach 1 Uhr Mittags , gerade als er den Landungsplaß zu ' Briſtol nahe bei Saugerties in Ul. ſter County verließ , erplodirte der Dampfkeſſel, zerſplitterte das Holzwerk , ſchlug einen Theil der Decke der Kajüte ein und ſtürzte den gewaltigen Rauchſchlot auf das Deck nieder . Die Erploſton war furchtbar und erregte einen ſolchen Schre. den unter den Paſſagieren , daß es aller Anſtrengungen der Offiziere unb Mannſchaft beburfte, ben größeren Theil davon abzuhalten , über Bord zu ſpringen. Zwei oder drei ſtürzten fich wirklich in Waffer, murben aber noch gerettet .

124 Auf dem Deck wurden nicht viele Menſchen beſchädigt, aber in der Rajüte deſto mehr und das in fchrecklicher Weiſe. Als die Erploſion erfolgte, faßen in der Kajüte etwa 50 bis 60 Paſſagiere zu Tiſche, und durch die nffenen Thüren ſtrömte der flebend beiße Dampf mit der Sdynelligkeit des Bliges ein , und verbrühte die meiſten von ihnen ſo wie die aufwarten den Diener in ſchrecklicher Weiſe. Als der Dampf ſich etwas verzogen hatte , wurden die lInglüdlichen von den furchtbarften Qualen gepeinigt gefunden . Von Geſicht, Händen und Bruſt war ihnen die Haut abgelöſt und drei von ihnen wurden tobt hervorgezogen ; brei andere verſchieben einen Augenblick darauf und ihr Loos war noch ein beneidenswerthes zu nens nen im Vergleich zu denen , welche unter den ſchrecklichſten Martern ihr Leben eine Zeit lang hinſdhleppen mußten , um nach den entſeglichſten Schmerzen dennoch erliegen zu müſſen . Am 5. waren bereits 28 Perſonen todt und von mehreren andern der Verunglückten ließ ſich vorausſehen, daß ſte bald ihren Schmerzen erliegen würden . Die in der Nähe des Landungsplages wohnenben Leute, ſowie die Mannſchaft des Dämpfers thaten alle Mögliche, um die Leiden der Verunglückten zu erleichtern . Blankets ( Decken ), Del, Wolle u . wurden herbeigefdafft und die Leis denden in das Weldenhaus gebracht, wo ſie von den Nach barn und herbeigeeilten Aerzten nach Kräften gepflegt und ihre Schmerzen ſo viel als thunlich gelindert wurden . Das Weldenhaus bot einen ſchrecklichen Anblicf ; faft in jedem Zimmer lagen zwei, drei Verwundete, und ihr erſchütterndes Schmerzgeſchrel mar Meilen weit hörbar. Aus einer vor der Coroners Jury producirten Lifte des Capitäns geht hervor , baß zur Zeit der Grploſion ſich 169 Paffagiere an Bord befanden , bazu die Bemannung des Däm. pfers , welche 33 Mann zählte. Geſtorben ſind bis geſtern Abend 28 , und ſchirer verbrüht liegen in dem Weldenhaus 16 , von benen manche bei dieſer Zeit wohl fdon ausgelitten haben . Einige leicht Verleßte ſind mit der Eiſenbahn weis

125 tergereist nach Albany. Von Deutſchen finden wir in der Liſte der Geſtorbenen folgende Namen : Peter Fauch , Aufwärter, Jakob Stoch , desgleichen, und ein deutſcher Aufwärter, dejen Name nicht bekannt iſt ; John O. Rumfeldt , im Dänijden Conſulat in Neu - Dorf be ſchäftigt; unter den ſchwer Verbrühten Henry C. Hedf, von Süd -Broodlyn . Als Urſache des Unglücksfalles wird ein Fehler im Eiſen der Kefſel angegeben . Es iſt ermiefen , daß kein anderer Dämpfer zu gleicher Zeit mit dem Reindeer " hinauf fuhr, und wenn man den beſchwornen Ausſagen der Offiziere des Bootes , unterſtüßt durch die Meinung ber bis dahin bers nommenen Paſſagiere, Glauben ſchenken darf, ſo hat ſich der „ Reindeer " auch auf kein Wettrennen mit dem nach Albany gehenden Eiſenbahnzuge eingelaſſen. Demungeachtet hat uns das Verdict der Jury , vor welcher alsbald die Unterſuchung über die Urſachen des Todesfalls einiger der Verunglückten geführt wurde , nicht wenig überraſcht. Diefelbe erklärte nämlich, daß die Perſonen , über deren Körper Leichenſchau gehalten wurde, ihren Tod durch Erſtickung oder Verbrühung an Bord des von Neu- York nach Albany gebenden Dämpfers Reindeer " gefunden haben , in Folge der Erploſton ber Dampfröhren , welche den Vordertheil der Dampffeſfel mit der Engine verbinden ; und die Jury ſagt ferner , daß der Unglücksfall keiner Nachläßigkeit oder Sorgloſigkeit von Sei ten der Offiziere des Bootes zuzuſchreiben und daß das Ver brühen und Erſtiden dieſer Perſonen , weldies ihren Tod herbeiführte, eine Folge dieſer Erploſion war. Bei zwei ſpäter gehaltenen Inqueft's über bie Leichen nachträglich Verſchies dener wurde ein faft gleichlaufendes Verdict abgegeben . Die Unterſuchungen vor dem Coroner des County Ulſter, Samuel Merclain, ſcheint inbeffen ſehr oberflächlich ges führt worden zu ſein . Bei dem erſten Inqueſt wurden nur wenige und direkt betheiligte Zeugen aufgerufen , nämlich Charles W. Farnham , der Kapitän , John Howlett, der Ingenieur, und Joel Nicolet, ein Porter an Bord des Reins

126 deer , und auf bieſe gewiß ſehr einſeitigen Ausſagen hin gab die Jury das oben erwähnte Verdict. Bei einem ſpäteren Inqueſt am Sonntag trat nur ein weiterer Zeuge auf , ein Herr James R. McFarland aus Virginien , der ſich als Paſſa gier auf dem Reindeer befand und ſeine Meinung dahin aus ſprach , daß der Dämpfer fein Wettrennen gegen den Eiſen bahnzug gehalten habe. Die Annahme, daß die Grploſion durch einen Defect in bem Eiſen der Verbindungsröhren verurſacht ſei, ftüßt ſich alſo auf die Ausſagen der beiden am meiſten betheiligten Perſonen , des Kapitáns und Ingenieurs , welche behaupten und zugleich verſidern, daß der Druck des Dampfes zur Zeit der Erploſion nur 30 Pfund auf den Duabratzoll betragen habe , während das Certifikat des Inſpektors 45 Pfund auf ben Soll erlaube . Von einer Zuziehung unbetheiligter prat tiſcher Ingenieure oder Maſchinenbauer war keine Nede , die Jury ging zwar an Bord und unterſuchte die erplodirten Sheile des Seſſels, aber es wird nicht geſagt, ob unter dies ſen Männern , die alle Bewohner von Ulfter County ſind, auch Sachkundige waren . Das Auffallende bei dieſen Grploſionen iſt, daß ſte ge wöhnlich vorkommen , wenn der Dämpfer eben einen Lan. dungeplaß verläßt, wie es auch bei dem Reindeer “ der Fau war. Die Urſache hiervon iſt leicht erklärlich : während die Maſchine im Gange ift, erſchöpft ſich der Dampf bei jeder Umwälzung, dagegen vermehrt er ſich am Landungsplaß, wo die Maſchine ftil ſteht und dies um ſo mehr, als die Pumpe, welche durch die Maſchine in Gang geſeßt wird, kein friſches Waſſer in den Reffel führt. Der Dampf entwickelt ſich alſo fort und fort , während zugleich das Waſſer abnimmt , und die Gefahr iſt am höchſten , wenn bei dem erſten Streich der Maſchine das falte Waffer das inzwiſchen glühend roth ges wordene Eiſen des Keſſels berührt. Es iſt daher durchaus nothwendig, einen genügenden Vorrath Waſſer im Keſſel zu haben und beim Anhalten der Maſchine Dampf abzulaſſen .

127 Capitán Farnham erklärt in ſeiner Autjage, et ſei nicht gebräuchlich Dampf abzulaſſen , aber die Drenthüren würden geöffnet, um die Hiße zu vermindern , und dies ſei bei der Landung in Briſtol gethan worden . Wenn es geſchah , ſo zeigt der unbeilvolle Erfolg das Ungenügende einer ſolchen Maßregel. Die Wahrbeit iſt, daß die Offiziere unſerer Däms pfer durch die häufigen Unglücksfälle nicht eher gewißigt werden, als bis ſie ſehen, daß das Geſetz unerbittlich iſt und eine jebe Sorgloſigkeit, durch welche das Leben der Bürger gefährdet, mit unnachſichtiger Strenge beſtraft wird. Wir können uns deshalb mit einer ſolchen Oberflächlichen unterſuchung nicht zufrieden geſtellt erflären und hoffen , daß die allgemeine Stimme des Volfs und der Preffe die betreffenden Behörden bazu zwingen wird , eine forgfältigere Prüfung aller Umſtände mit Zuziehung von Sachverſtändi gen und anderen als intereſſirten Zeugen vorzunehmen. [N. - 9. Augem . 3tg .]

Nachtrag zum Brand des „ Reindeer ". Ueber den Brand des Reindeer lief geſtern nod folgende telegraphiſche Depeſche von Saugerties ein : „ Ich beſuchte heute früh das Drac des Reindeer, das faſt gänzlich unter Waj ſer liegt und von dem nur noch einiges verfohlte Holzwerk zu ſehen iſt. Es liegt jeßt ungefähr eine halbe Meile von ber Briftol -Lanbung, nabe ben Flate. Der Stern des Boos teß liegt in 30 Fuß Waſſer, der Bug in 13 Fuß. Er wird bort vom Schaft gehalten , der über die Seite des Bootes gefallen iſt, und mit dem einen (Ende im Sande liegt, wäh. rend das andere noch an der Maſchinerie feſthält. Die leß. tere, bie 20-30,000 Doll. werth iſt, ſoll geborgen werben ; am Boote ſelbſt iſt natürlich gar Nichts mehr zu retten. Es befanden ſich , als das Feuer ausbrach , 15 Perſonen , meift zum Boote gebörig, an Borb . Capitän Farnham und Herr Williamſon, Sohn eines der Eigenthümer des Bootes,

128 ſchliefen in der untern Cajüte ; er ſprang aus dem Bett, ers griff ſeine Kleider , lief nach den berſchiedenen Theilen des Bootes, wo die Mannſchaft ſchlief, und weckte dieſelbe. Dann kam er an Deck und fand den obern Theil des Bootes be reits mit Rauch angefüllt; es gelang ihm , in feine Office zu kommen ; aber während er den verſchloſſenen Schubfaften öffnen wollte, in dem Gelb , Bücher und Papiere enthalten waren , kam der Feuermann herbeigeſprungen , und rief ihm zu : wenn er ſein Leben retten wolle, müſſe er nun ans Ufer. Das Boot war bereits ganz in Rauch und Flammen gehüllt, und nur mit großer Schwierigkeit bermochten der Kapitän und Steuermann ſich zu retten . — Der Urſprung des Bran des ift bis jeßt noch Geheimniß. Einige Matrazen und Betten, die für die Verwundeten gebraucht waren , befanden ſich an Deck in der Nähe des Seitenburchgange8 , und hier wurde das Feuer zuerſt entdeckt. Man vermuthet , daß ein Funke von einem vorüberfahrenden Boote oder vielleicht un vorſigtig abgeſtrichene Cigarrenaſche das leicht entzündliche Material in Brand geſeßt habe. Zwei Wächter waren die ganze Nacht in Dienſt geweſen , doch entbeten ſie das Feuer erſt, als es bereits zu ſpät zum Löſchen war. [N. Y. Abbz . , i 3. Sept. 52.]

Eiſenbahnunfall in Morriſtana . Neu - Vorf , 4. Jan. 53 . Der Emigranten - Frachtzug von Albany , welcher Morris ſtana um 51/4 Uhr Morgens am Samſtag erreicht haben ſollte, hatte ſich bedeutend verſpätet, und während er von dem Haupts geleid in das Geleis ber Port Morris - Zweigbahn abſchwenkte, kurz nach 6 uhr , fam auch der Port Cheſter - Affommoda tionszug heran und rannte , da der Ingenieur bie Signals lampe wegen des dichten Nebele nicht erblickte, in den Frachts zug hinein. Der Bremſer des Frachtzugs wurde auf der Stelle

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getödtet und der Ingenieur des Port Cheſter-Zuges ſo ſchwer derleßt, daß er geſtorben ſein ſoll , während er nach Mott faven gebracht wurde. Auch viele andere Perſonen ſollen gefährlich, wenn nicht tödtlich verlegt worden ſein. Die Lofo inotive des Port Cheſter - Zuges wurde durch den Zuſammens ſtoß vollſtändig zertrümmert und ebenſo eine leere Paſſagiere Karre und eine Fracht- Karre des Emigranten -Zuges. In der leşteren Karre war eine große Quantität Brandy , der vere ſchüttet wurde und durch das Feuer der Lokomotive in Brand gefegt die Karren anſteckte , ſo daß die Sprißen von Morris ſiana zu Hilfe gerufen werden mußten, bie endlich den Brand löſchten . Nach einem anderen Bericht wäre der Zuſammenſtoß gleid nach 6 uhr auf der Harlem - Bahn nahe bei Melroſe vorges kommen , und zwar zwiſchen einem Frachtzug der Harlem Bahn und einem Paſſagier- Zug der Nem- aven Eiſenbahn. Herr Ming , der Conducteur des Frachtzuges wurde augen blicflidy getödtet , und James Searn , ein Bremſer derfelben Suges ſo ſchwer verleßt , daß er bald nachher in dem Nem . York Hoſpital, wobin er gebracht worden war, verſchied. Un dem Unfall ſoll abermals die falſche Lage der Verbins dungsſchienen Schuld geweſen ſein. Coroner Hilton hielt geſtern in dem Stadthoſpital Enqueft über die Leiche des Bremſers James Hearn , der fein Leben bei dem Unfall in Morriſana verlor. Wir geben den Ins halt der Zeugenausſagen. John 6. Campbell, eingeſchworen , fagt, er iſt Mardhinift und in Dienſten der Neu - Haven Eiſenbahn -Comp. als 31 genieur ; war auf dem Portcheſter - Zug am Samſtag, gingen dort ab um 51/2 Uhr; hielt an bei Williams' Bridge , wo die Neu -Haven' Karren in die Harlem - Bahn einfahren. Die Neu - Haven Karren halten an jenem Plaße an , wenn ſie Paſſagiere haben, welche da abſteigen, was bie&mal der Fall war. Zeuge's Zug muß hier etwa 7 Minuten nach 6 Uhr ankommen ; weiß die genaue Zeit nicht anzugeben , wann er g

130 bei Williams ' Bridge anhielt ; der Morgen war nebelig ; ſab ein roshes Licht und ließ die Lokomotive rückwärts gehen ; denkt, das Licht war in der Mitte der Bahn ; ließ die Mas ſchine pfeifen ; das Licht follte weiter zurück geveſen fein , ſo daß er Zeit gehabt hätte, den Zug anzuhalten ; fah fein grü nes Licht an Williams ' Bridge ; würde es geſehen haben, wäre eine da geweſen ; wurde bewußtlos niedergeworfen und blieb bewußtlos bis zum Sonnabend Mittag ; war die Nacht vorher auf einem Ball und ging nicht fohlafen ; war nicht betrunken und fühlte mobl . Herr Sloat , der Superintendent der Bahn , erklärte der Jury die Regulationen der Bahn und daß die Neu - Haven Comp. dieſen Regulationen der Harlem Bahn unterworfen ſei, wenn ihre Karren auf deren Bahn paſſiren . 38. M’Ray, eingeſchworen , war Schienenſchließer an Wils liams' Bridge und weiß gewiß , daß das Signal für Gefahr aufgezogen war. Die Jury gab darauf das Verdikt , „ daß Jeames Hearn zu ſeinem Tod kam durch eine Colliſion auf der Harlem Eiſenbahn bei Morriſana , indem ein Zug von Portchefter in ſeinen Zug hineinrannte, und die Jury findet, daß der Ingenieur John Campbell ſich einer ſtrafbaren Nach läßigkeit ſchuldig machte , indem er nicht auf das ausges ſtellte Signal der Harlem Bahn achtete .“ Der Verſtorbene war ein Irländer von 39 Jahren und wohnte in Nro. 85 Weſt 18. St., wo er eine Familie in bürftigen Umſtänden hinterläßt. Er war erſt ſeit 10 Lagen [N.-Y. ,Staatsztg .] auf der Bahn beſchäftigt.

Der iutergang der

William

und Mary '.

Sübliche Blätter bringen und Einzelheiten über die Rettung ber Paſſagiere des von dem Capitán Stinſon und ſeinen Leuten auf ſo ſchmähliche Weiſe im Stich gelaſſenen Schiffes , William

131 und Mary" . Aus Adem ergibt ſich, daß der Schurke, wels der fein Leben mit dem von faſt 200 hülfloſen Menſchen erkaufen wollte , die Gefahr, in welcher das Fahrzeug fich befand, weit übertrieben hat und daß die Lage deſſelben noch keineêregs eine ganz hoffnungéloſe war. Nach den Verſiches rungen des Capitäns jenes Rüſtenſchooners, welcher die Paſs ſagiere rettete, hätte mit dem Winde , welcher zur Zeit des Unglücksfalls webete, das Schiff binnen vier Stunden an die Küſte gebracht und alle Paſſagiere ans Land geſeßt wers den fönnen. Die Ausſage des Capitäns Stinſon , daß bas Schiff, furz nachdem er es verlaſſen, verfanf, iſt eine Lüge , mit welcher er das Schmachvolle ſeines Benehmens bemäns teln wollte. Noch 2 Lage , nachdem es geſcheitert war, fand man es 20 Meilen von dem Drte des Unglücks ent fernt auf den Wellen umhertreibend , und wenn die Paſſa giere nicht von dem Schooner aufgenommen wären , hätten ſte es durch fortgefektes Pumpen noch weit länger flott er. halten fönnen . In einem auf der Inſel Bahama erſcheinenben Blatte finden wir folgende Angaben : Am 2. Mai Abends 81/2 Uhr fließ die „William und Mary " auf ein 9 Fuß unter der Wafſerfläche befindliches Riff. Um 6 Uhr am Morgen des Dritten verließen der Capitän mit beiden Steuerleuten , ein Theil der Mannſchaft und wenige Paſſagiere in zwei Booten das Schiff. Zwei Paſſagiere ertranfen , als ſie in eines der Boote zu ſpringen verſuchten . 3 mei Matroſen , Wil . liam Ward und Samuel Harris , weigerten fich , die Paſſagiere in ihrer bülfioren Lage zu ver . laffen . Ghre ihren Namen ! – Sie fappten die Anker: kette und ſuchten bas Soiff nach der Küſte zu ſteuern , aber da ihnen die Paſſagiere nur wenig Helfen fonnten , gelang bieg nicht. Sie ſprechen es als ihre feſte Ueberzeugung aus, daß, wenn die Mannſchaft an Bord geblieben wäre, ſich das Schiff mit großer Leichtigkeit hätte an die Rüſte treiben laſs ſen . Da ſich nun nichts weiter machen ließ, ſo ließen ſte das Schiff in der Richtung nach ND . treiben und ſorgten für g*

132 die gebörige und regelmäßige Beſeßung der Pumpen . Im Laufe des Tages zimmerten ſie aus Raaen, Balfen , Planken 2. Flöße zuſammen, ſeßten dieſe am folgenden Morgen aufs Waſſer und nahmen ſie ins Tau, da ſte das Schiff nur erſt in der höchſten Noth verlaſſen wollten . Noch 24 ſchreckliche qualvolle Stunden hatten die Paſſagiere an Bord auszuhal ten ; da am 5. Mai Morgens erſchien die erſehnte Hülfe in dem Schooner „ Oracle “ , der ſofort Udes daran ſegte, die Unglücklichen in Sicherheit zu bringen . Zuerſt wurden die Frauen und Kinder aufgenommen und ans Land gefahren . Dann kehrte der Schooner zurück und holte die Uebrigen ... im leßten Augenblice. Denn als die beiden legten Paſſa giere fich noch an Bord befanden, verſank das Schiff und ſte mußten mit einem verzweifelten Sprunge in das Boot ſpringen . [N.-Y. Abdz. v. 4. Juni 53.]

Eiſenbahnunfälle des Jahres 1833 bis Mitte Auguſt. 68 famen im Laufe dieſes Jahres auf amerikaniſchen Gis fenbahnen Unfälle bor : im Januar Februar März April Mai Suni Fuli bis 12. Auguft

12 6 14 4 8 5 11 5

65

dabei getöbtet

25 6 24 25 54 6 8 29 177

verwundet

40 11 62 54 49 19 22 26

283

Nota bene : Hierbei iſt kein einziger derjenigen Unfälle mitgerechnet, welche zum Theil durch eigenes Verſchulden oder Unvorſichtigkeit der Berunglückten herbeigeführt wurden . Rechnet man die fämmtlichen Ueberfahrenen hinzu , ro bürfte

133 die Zahl der Getöbteten mindeſtens auf 300 fteigen . Die auf geführten Fälle ſind nur diejenigen, für welche auf die reſp. Bahnverwaltungen direkt die Verantwortung fällt. Und was iſt jenen fürchterlichen Zahlen gegenüber von den Ge feßgebungen geſchehen ? Nichts , gar nichts. Denn das einzige Ergebniß , das neue Eiſenbahngeſeß in Connecticut, iſt faſt weniger als Nichts , nämlich eher eine Beſchränkung als eine Erweiterung des Schußes, welcher vorher ben Paſ ſagieren zu Sheil warb. Und noch ein Unfall. Auf der Baltimore und Dhios Eiſenbahn lief geſtern Mittag bei Cameron ( 27 Meilen öſtlich von Wheeling ) ein Paſſagierzug aus dem Geleiſe und brei Wagen , in welchen ſich über hundert Perſonen befanden, wurden umgeworfen . Merkwürdiger- und glücicherweiſe fam Niemand zu Tode und nur dreißig bis vierzig Paſſagiere ere hielten Duetſchungen . [N.- 9 . Abb . v. 13. Augſt. 53.]

Untergang des Auswandererſchiffes „ Powhattan “ , Samſtag den 15. April 1854. Die Beſorgniß , daß das an der Küſte von New - Jerſen untergegangene Emigrantenſchiff der „ Humboldt “ von Ham burg geweſen ſei, iſt durch die geftern erfolgte glückliche An kunft des leßteren widerlegt, - das untergegangene Schiff iſt der „ Pombattan " . Es liegen und ausführliche Nachrichs ten über die grauenvolle Kataſtrophe vor, durch welche 230 Menſchen ihr Leben verloren . Am Samſtag Abend rannte der „ Pomhattan ", nachdem er mit eingerefften Segeln vier Stunden lang von dem Sturme in der Nähe der Küſte umhergetrieben war, feſt auf eine der vielen Sandbänke, faum einige hundert Schritt vom Strande, von wo aus der Wracmeiſter Jennings mit ſeinen Leuten den ganzen Verlauf des Unglüce anſah. Die ganze Nacht hindurch und den Sonntag bis Nachmittag 4 Uhr faß das

134 Schiff feft und während jebe anbrauſende Woge eß mit jos fortiger Vernichtung betrohte , ſab man die unglüdlichen Paſſagiere ſich an Maften , Sparren, Raaen u . anklammern, in furchtbarer Verzireiflung um Hülfe rufend, die ihnen nicht werden konnte. Die Brandung ging ſo hoch, daß jedes Boot im erſten Augenblid umſchlagen mußte. Der Lebensrettungs Apparat war nicht zur Hand. Zwar ſchickte Jennings Boten danach aus, allein von dieſen fielen während der Nacht einige vor Erſchöpfung um , und als ſie endlich ſpät am Sonntag ankamen , war alles vorüber. Zwiſchen 4 und 5 Uhr Nachmittags zertrümmerte eine mächtige Sturzſee die Bollwerke des Schiffes und in demſels ben Augenblicke wurden 50 - 100 Menſchen, die ſich daran angeklammert gehabt, ins Wogengrab heruntergeriffen. Der Capitän des Schiffes, Meyers, rief durch das Sprachrohr dem Wracmeiſter zu : „ Um Gottes willen , retten Sie dieſe Un. glücklichen !" Allein es war nicht möglich . Die meiſten waren ſchon durch den Schlag der Wellen getödtet worden und Reis ner von Aden kam mehr lebend an den Strand . Nun fing das Sdiiff völlig auseinander zu brechen an . Jede Woge riß rreitere Stücke davon ab und die Leichen über Bord. Gegen 7 Uhr ſtürzten die Maften nieder und faft in demſelben Dios mente brach der Rumpf auseinander und verſanf, ſo daß nicht eine Spur davon über Waſſer blieb. Ein gellender, entjeks licher Lodesſdirci entrang ſich der Bruſt der Ertrinkenden ; dann folgte die Stille des Grabes. Einen Augenblick zeigte ſich um die Stelle, wo das Sdriff geweſen , ein dunkles Gjes wimmel von Köpfen, Armen und Körfern , dann verſanken ſte und die Brandung ſpülte, eine nad) der andern , die Leis dhen an den Strand . Gin einziger Mann ſcheint noch leben . big ans Ufer gefommen zu ſein ; man fand ihn am andern Morgen etira 50 Fuß vom Strande in einer Stellung, die anzeigte , baß er bis dorthin gefrochen , aber während der Nacht erfroren ſei. Ein todtes Kind hatte er feſt in ſeine Arnie geklammert. Nicht eine einzige menſchliche Seele irard gerettet.

135 Die Leichen wurden zum Theil 20 bis 30 Meilen weiter füblich bie nach der Abſecombucht geſpült. Bis zum Abs gang der leßten Nadhrichten waren ihrer Alles in Alem 120 gefunden. Die meiſten waren gräßlich zermalmt und ents ſtellt; manche ganz nadt. Faſt alle ſcheinen dem äußeren Anſehen nach deutſche Emigranten zu ſein . Bevor man fie begrub, wurden alle Kennzeichen , die zu ihrer Jbentifizirung dienen können , ſorgfältig geſammelt. Viele Kiſten mit Emi grantengepäck, Bücher mit hineingeſchriebenen Namen , Briefs jQhaften 2c ., wurden an den Strand geworfen. Wir führen die folgenden deutſchen Namen auf, die ſich darin fanden und die ohne Zweifel ben Paſſagieren gehörten . Die Orthographie mag dabei etwas mangelhaft fein . Carl N. Kirchner; Jacob Friedrich soll von Sdireine; Johann Müller ; Jakob Ackermann ; Sebaſtian Kulbach von Berlichingen ; Jakob Burkhard von Gondelsheim ; Philipp Schmidt; Paul Schuler ; Karoline Tocejner (über Havre nach Philadelphia) ; Boſt's Söhne ; Marie Grieshaber ; Chriſtoph Beck , 28 Jahre alt , aus Gondelsheim in Baden ; Jakob Klein ; Heinrich Kanz ; Johanna Seiter ; Chriſtoph Werner ; Wilhelmine Schneider, geboren in Groß- Coltmar, Würtems berg 4. Januar 1832 ; Chriſtoph Bauer von Kleinbottwann , Würtemberg , geb. ben 3. Juni 1827 ; Johanna Schröder (mit 5 Kindern ); S. Liff (dieſer Name war auf einer Geld fage gezeichnet, die der Todte umhatte). Ferner wurden gefunden ein Brief von David Kornar ( Körner ?) in Affolterbach in Würtemberg an Herrn Buk (?) in Neu - York ; eine Abreffe an Georg Eberle , 117 Ham mondſtr ., Neu - York ; ein Koffer mit dem Namen von Georg Mig und einigen franzöſtſchen Worten ; endlich ein Buch mit den Namen verſchiedener Paſſagiere und Angabe ihres Alters, wie folgt : Chriſtoph Zuber (geb. 1794 ), Friederike Bauer ( 1799 ), Charlotte Weber ( 1804), Marie Weber ( 1801 ) , Zak. Bauer ( 1805 ), Georg Weber ( 1811 ), Gottfr, Wauer (1829), 30

136 jef Bauer ( 1833) , hriſtine Bauer ( 1836 ) , Weber ( 1808 ) , 6. Bauer ( 1842) und Wilhelmine Schneider ( 1832). Am Dienſtag wurden einige 30 von den Todten auf dem Friedhofe des Dorfes Manbawkin beerdigt, nachdem alle Ers kennungszeichen notirt waren . Das Gleiche iſt zu Abſecom mit den dort ans Land geſpülten Leichen geſchehen . [9. - 9. Abdz. v. 21. April 54.]

Weitere Berichte über das unglück des ..Powhattan " . Mannabawfint , Ocean County), Neu- Jerſey, 21. April. Niemals vorher hat an dieſer Rüfte ein fo grauenvoller Schiffbruch ſtattgefunden , wie der des Powhattan. Es iſt bas erſte Mal , daß ein Schiff hier ſcheiterte , von dem auch nicht eine einzige lebende Seele gerettet wurde. Doch wuns dert man ſich nicht über die fürchterliche Größe der Salamis tät , wenn man alle ſte begleitenden Umſtände in Grwägung Erftlich war der von Hagel und Schnee begleitete zieht. Sturm der heftigſte Norbofter, der ſeit vielen Jahren an dies fer Küſte erlebt worden iſt und kein Schiff, wenn nicht von Giſen gebaut , konnte der Gewalt der Sturzwellen widerſte ben , benn manchmal erhoben ſich die Wogen ber Brandung bis zur Höhe von 150 Fuß und man konnte von dem Dorfe Barnegat aus, 6. h. 10 Meilen von dem Wrad, die Wellen über den Maftſpißen zuſammenſdlagen feben. Zweitens war bie Kälte außerordentlid ), ſo daß die ins Meer geſchleuderten Paſſagiere zum größten Theile gleich erſtarrt fein müſſen . Wäre es wärmer geweſen , fo würden wenigſtens einige les bend von der Brandung an den Strand geworfen ſein . Das Sdrimmen hätte unter sichen Umſtänden nichts nügen kön : nen , und in der That mürtte friner von allen an Roro Be findlichen auch nur den Verſuch , ſich auf dieſe Weiſe z !! retten . Drittera befand ſich der Lebensrettungsapparat ; namentlich auf der Mörfer, mit dem man hätte Stricke nach tem Trad werfen fönnen , in bom Stationshauſe, ungefähr

137 6 Meilen von dem Orte , wo der Powhattan ſtranbete; unb da die Heftigkeit des Unwettere die Herbeiſchaffung dieſer Apparate verhinderte , ſo konnte den auf dem Wrad Befinds lichen nicht die geringſte Hülfe geleiſtet werden. -- Der Drt, wo das Schiff zu Grunde ging, liegt etwa in der Mitte von Long Beach , zwiſchen dem Barnegat Inlet und dem &gg Harbor. Zwiſchen dem Ufer und dieſem Strande iſt eine geräumige Bucht von unbedeutender Tiefe, außer in dem fdmalen Fahrwaſſer. Long Beach ( die lange Düne) iſt uns gefähr 20 Meilen lang und von 300 bis 1500 Fuß breit; die Höhe 10 bis 25 Fuß über dem Meeresſpiegel. 8 ift nicht die geringſte Spur von Vegetation auf der Düne , die nur aus einem großen Sandhaufen beſteht und keine anderen Bewohner hat, als zwei bis drei Männer, die dort von der Regierung poſtirt ſind, um Schiffbrüchigen Hülfe zu leiſten . Es iſt ein Jammer , daß an dieſer als gefährlich bekannten Stelle ſo wenig Vorkehrungen zur Rettung getroffen waren. Wäre nur ein Mörſer und ein Paar Taue zur Hand gerre ſen , ſo iſt nicht der geringſte Zweifel vorhanden , daß wo nicht alle , doch der bei weitem größte Theil von den am Bord des Wracks befindlichen Perſonen gerettet worden wäs ren, da hierzu volle 24 Stunden Zeit waren . Von Barnegat liegen ebenfalls weitere Nachrichten bor. Der Anblick , welchen dort der Strand nach dem Uns glüce bot, wird als ein gräßlicher geſchildert. Zu einer Zeit war der Strand ganz mit Leichnamen eingefaßt. Jm Gans zen ſind bis jeßt ungefähr 140 Leichen angeſpült worden . Die Frauen und Kinder hatten meiſtens ihre Nachtkleider an. Manche von den Körpern maren fo zermalmt und verſtüm melt , daß ſich ihr Signalement gar nicht mehr aufnehmen ließ. Der Steuermann und ein Matroſe lagen dicht nebens einander, beiden war der Schäbel zerſchmettert. Ein junges etra 20jähriges und noch im Tote ſchönes Frauenzimmer ſchien ihrer Kleidung nach zu den wohlhabenden Ständen in Deutſchland zu gehören. Sie trug an der Hand zwei gol bene Ringe mit den Buchfiaben P. S. u . , B. S. 1854 "

! 138 Gin Bericht aus Egg Harbor fagt, daß dort ein Deut ſcher noch lebendig gefunden worden ſei; da er aber in dywerem Fieber barnieberliege und phantaſtere, ſo habe man Manche von ihm noch keine Angaben erlangen können. von den Leichen wurden noch 12 Meilen unterhalb Abſecom gefunden . Alle Papiere , die ſich an den Todten vorfanden , waren in deutſcher Sprache und ſind ſorgfältig aufbewahrt worden . Die Gräber wurden nummerirt und in einer beſondern Liſte zu jeder Nummer alle Erkennungszeichen notirt , die man an der Leiche gefunden hatte. Die Kiſten , Roffer und ſon. ftige Effekten , bie an den Strand geworfen wurden , ſind ge fammelt worden ; ſte ſollen demnächſt nach Neu - York geſchafft, verkauft und aus dem Erlöſe die Begräbnißkoſten für die Verunglücten beſtritten werben . Der „ Powhattan " war ein fchon 16 Jahre altes , fehr morſches Schiff Möglicherweiſe würde ein neueres und fes fteres Schiff den Sturm überbauert haben .

Bemerkungen über den intergang des ., Powhattan " . Mehrere Blätter ſuchen bon der Vereinigten Staaten Regierung und von den Strandbewohnern am Long Beach Schulb und Verantwortlich feit in Hinſicht des Verluftes von 300 Menſchenleben abzuwälzen und dagegen die Mannſchaft des Schiffes eines Mangels an Vorſicht und der Unterlaſſung der erforderlichen Sondirungen mittelft des Senfbleies anzus klagen . Das heißt man eine burď und durch faule Sache vertheidigen . Zu welchem Zwecke verwendet die Vereinigten Staaten Regierung 20,000 Doll. für die Anſchaffung von Rettungs apparaten und die Errichtung von Stationshäuſern an jener gefährlichen Küfte, wenn ſie nicht zugleich dafür Sorge tras gen wollte, baß audı beftändig die erforderliche Zahl zur

139 Anwendung und Bedienung der Rettungeapparate geeigneter Leute der Rüfte entlang ftationirt feien ? Kaum ein halbes Dußend von Regierungsbienſtleuten befinden ſich bortſelbſt und dieſe ſcheinen offenbar nicht einmal auf ihren Poften zu ſein , denn ſonſt würde es nicht vom Nachmittag bis zum nächſten Morgen Zeit nehmen , ben Apparat aus einer nur 6 Meilen betragenden Entfernung herbeizuſchaffen . An einer andern Stelle jener von den Schiffern ſo ſehr und mit Recht gefürchteten Küſte ſcheinen die Rettungsapparate eben nur ins Stationshaus gelegt rorben zu ſein , während man die Benußung derſelben , d. i. die Rettung von bedrohten Mens ſchenleben , ganz und gar vom guten Willen der Strandbes wohner abhängen ließ. Denn bald in den Händen dieſes, bald in denen jenes Bewohners des Strandes befand ſich der Schlüſſel zu einem der Stationehäuſer, den Berichten zufolge. Die Barmherzigkeit und Menſchenfreundlichkeit jener Klaſſe, welche man die „ Wreckers “ nennt, ſind jedoch befanntermaßen ſo zweifelhaft und zweideutig, daß ihnen in die Hände fallen , ziemlich gleichbedeutend mit ausgezogen und beraubt werden ift. Wehe den Schiffbrüchigen , beren einzige Rettung von dem Erbarmen dieſer ,,land -sharks“ abhängt ! Man fage was man will über die einſtige Großmuth und Aufopfe rungsfähigkeit dieſer „ Wrecers “ und wie nur der Undanf, mit dem ihnen Schiffseigner u . gelohnt, ihren Eifer erkaltet babe ſie waren und ſind zur Stunde noch , mit wenigen Ausnahmen , eine Bande von Piraten , welche Beute aus menſchlichem Unglück zu machen ſuchen . Und dann dieſer von mehreren Seiten geprieſene Capitän Jennings , er iſt mir ein ſauberer Menſchenfreund. Bums melt ftundenlang vor dem Wrad bes Powhattan " herun , ſd waßt mit Capitan Meyers , fagt ihm , daß er nicht8 thun könne , ſchickt dann nach den Rettungsapparaten und wartet geduldig bis zum andern Lage, wo der Lob dem entſeßlichen Jammer ein Ende gemacht! Hat dieſer Maſter Jennings auch nur einen Verſuch zur Rettung gemacht ? Muß er nicht wiffen, wie es mit der Lüftenberacung und der Bedienung

140 der Rettungsapparate beſtellt iſt, und hätte er ſte darum nicht in längſtens 3 Stunden zur Stelle ſchaffen fönnen ? Fünf. zehn Stunden liegt ihm ein Schiff in größter Noth vor der Naſe und der edle Held Jennings weiß es nicht anzuſtellen, auch nur eine einzige Menſchenſeele zu retten ! Die Verein. Staaten Regierung dagegen ſollte ſich vor den Augen der ganzen Welt, die mit Vorwurf und Verachs tung auf ſie gerichtet ſind, verfrieden, ob ihrer jammerlichen Küſten - Einrichtungen zur Rettung von gefährdeten Schiffern . Wird auch dieſe Lektion nichts fruchten und beſſern ? Was ſagt der Congreß zu dieſer luftigen Mordgeſchichte ? [Philadelphia Demokrat.]

Verbeſſertes Verzeichniß der mit dem Powhattau nns tergegangenen Würtemberger .

Dem , Staatsanzeiger für Würtemberg " vom 26. Mai entnehmen wir die folgende genau forrigirte Liſte der aus Würtemberg gebürtigen Paſſagiere des Powhattan . Die heute vor 8 Tagen von uns gebrachte Lifte enthielt , da ſie einem unforreften engliſchen Berichte entnommen war, vielfache Uns richtigkeiten, die in Folgendem erledigt werden : Joſ. Stadelmaier von Horn, 28 Jahre alt ; Viktoria Dol. der von Hohenſtadt, 30 J.; Felir Wader von Unterböbin. gen, 18 J.; Hartm. Volfh von Oberndorf , 24 J.; J. G. Mück von Rutisheim ; Sebaſtian Lieſch von Reihthal ; Joh. Maile von Hüblen ; Cresc. Samid ; Joh . Günther von Möhs ringen, 48 3 .; 6. D. Ziegler von Dagersheim, 43 ; Marg. Günther von da, 10 ; Joh. D. Günther von da, 10 ; Rath. M. Wanner von da, 24 ; Syb . Karol. Ade von Großbotts war, 26 ; W. Schneider von da, 22 ; 6. C. Schneider von da, 29 ; Chrift. Schneider von da, 29 ; Chriſt. Fr. Schneider von da, 1 ; C. M. Dauble von da, 28 ; Johann Dauble von ba, 39 ; Chrift. Dauble bon da, 30 ; Joh . Gottl. Dauble von

141 da , 1/2 ; Ch. Bauer von Kleinbottwar, 27 ; Ant. Eitele von Stetten, 19 ; Joh. Anton Eitele von da , 22 ; Bonif. Roth von da , 23.; Joh . Roth von da , 28 ; Xav. Bäuerle von Lontbal, 27 ; Franziska Dörflinger von Biſſingen , 23 ; M. Anna Dörflinger von da, 30 ; M. Bunk von Stetten , 24 ; M. Merfle von da , 22 ; Alb. Fiſcher von Ulm , 23 ; Guſt. Fiſcher von da , 21 ; Jul. Eitel von da, 20 ; Albertine Wies land von da, 20 ; Ph. Häge von Langenau, 19 ; J. G. Haff ner von da, 19 ; Cresc. Heiſch von Lonthal , 24 ; Veronika Bäuerle von da, 24 ; Maria Merkle von da, 18 ; Joh. Häge von Langenau , 30 ; Walb. Bauder von da, 24 ; Joh . Baus der von da , 19 ; M. Erhardt von da , 32 ; J. P. Anſpach von Ulm, 24 ; G. Jof. Anſpach von da, 19 ; Magd . Anſpach bon ba, 17 ; Seb . Ehmann von Berlichingen , 34 ; H. 6h mann von da, 16 ; A. Ehmann von da, 14 ; Andr. Berg dolt von da, 27 ; J. F. Reibachin ? von da , 28 ; F. Maria Bühl von Grlenbach , 28 ; Magd. Böhringer von da , 39 ; Karl Böhringer von da , 10 ; Aug. Böhringer von da , 9 ; Sophie Böhringer von da , 8 ; Felir Böhringer von ba, 39 ; Felir Böhringer von da , 3 ; Marie Böhringer von da , 6 ; Shereſta Böhringer von ba , 344 3 .; 4. Böttigbeimer von Berlichingen , 23; C. Mittel von da , 18 ; I. Martin von Heilbronn , 20 ; 60. Stråhle von Großbottwar, 25 ; Johann Blatter von Abſtadt, 24 ; Fr. Abe von Großbottwar , 9 ; Fr. Stikel von Stuttgart, 35 ; C. F. Jörger von 3Uingen, 21 ; Fr. Knoblauch von Stuttgart , 17 ; Louiſe Maier von da, 40 ; Eliſe Fleckhammer von da , 24 ; Louiſe Maier von da, 15 ; Wilhelmine Maier von da, 9 ; Sophie Maier von da , 5 ; W. Zimmermann von da , 23 ; Steph. Laub von Daugendorf, 23 ; Ant. Haberboſch von da , 19 ; Bened. Rettig von da , 28 ; Magnus Hettig von da, 27 ; Jakob Helz von da, 28 ; Juftine Knaup von Langen -Enslingen , 24 ; Sophie Knaup von da, 25 ; Joh. G. Kaiſer von Schnittlingen , 18 ; Joſ. Herder von Bechingen , 26 ; Louiſe Stapf von Stutto gart, 24 ; Karl Münch von Grüningen , 19 ; Florian Rieger von Ober-Marchthal, 20 ; Leop. Funnal von da , 18 ; Georg

142 Glar bon Stuttgart , 24 ; Ludm . Friß von Bechingen , 26 ; E. Kaußernann von Neuſtadt, 21 ; Kath . Deyhle von Stutts gart, 18 ; Karl Frank von Biberach , 27 ; Að. Hengel von Markgröningen , 17 ; Gottl. Schmid von Holzgerlingen, 24 ; Gottl. Harigel von Stuttgart, 36 ; Joh. Rercher von Cann ftadt, 54 ; Eva Kercher von da, 54 ; Johanne Rath . Rercher von da , 17 ; Pauline Maier von da, 14 ; Georg Haas von Weilheim, 24.; Marg. Bader von da, 24 ; Karl Bauer von Göppingen , 41 ; Heinrich Bauer von da ; Magdalene Kleber von Schuſſenried, 45 . [ N.- ) . Abdz . bom 10. Juni, 54 .

Schlußliſte der mit dem Powhattan verunglückten Emi: granten '). Wir ſind endlich im Stande , unſern Leſern die Namen ber Paffagiere des Schiffes Powhattan, welches am 15. Ape ril am Strande von Nem - Jerſey ſcheiterte, mitzutheilen. Die Agenten des Schiffes, Charles C. Duncan und Comp., Nr. 52 Southſtreet, erhielten dieſe Liſte mit dem Dampfer Afta. Sie wurbe am Samſtag in der Tribüne zuerſt veröffentlicht. Aus der Liſte erſteht man nun , daß ſich 311 Paſſagiere auf dem Schiffe befanden. Rechnet man hiezu den Kapitän, die Steuerleute und die Matroſen , zuſammen 15 Mann , ſo zeigt ſich , daß bei dieſem fürchterlichen Schiffbruche 326 Men ſchenleben verloren gingen , fobin um einhundert mehr , als man früher vermuthete. Aus Baden : Eliſabeth 33 , Auguft 10 , Caroline 8, Abolph 6 unb Friebrid Gutter, 4 Jahre alt ; ſämmtlich von 1) Weil die Liften einander ergänzen, und alle zuſammengleich ſam als ein großer Kirchhof von deutſchen Unglücklichen erſcheinen, ſo dürfte ihre ſchriftliche Aufbewahrung ſicher nicht ohne Intereſſe fein für manchen Leſer , ganz beſonders aber für die nähern oder Fernern Verwandten und Befarinten .

143

Hupfingen. Anton Dubs 27 , aus Waghurſt. Franziska Jorger 20 , aus Obermeyer. Heinrich Seiler 25 ; Wilibald Ernſt 26 ; Caſlan Walther 25 ; Silveſter Landes 27; Xaver Den 21 ; Anton Vogel 18 ; Leonhardt Drah 20 ; Matheus Weiß 28 ; Genofeva 21 und Barbara Oreiberweiß 20 3. 'alt ; fämmtlich aus Sinsheim . Marie Grieshaber 20, aus Steinach. Felir Wunſch 21 , aus Forbach . Georg Seiffert 18 , aus Schnellwiegen . Alois 35 und Friedrich Walther 25 , auß Winden. Ignaz Reimbolb 18 ; Malvina Falf 20 , aus Lau fen . Georg 18 und Joſeph Maier 17 ; Leonhardt Weiland 21 , aus Diersburg. Wilhelm Müller 27 und Jacques Thos mag 18, aus Wintengen. Benedikt Wehrle 24, aus Dittes . hauſen . Joh . Joſeph 21 und Jakob Ackermann 21 ; Frieb rich Klacher 21 ; Friedrich Tadel 17 ; Marie Zimmer 23 ; Chriſtine 23 und Auguſtine Haq8 2 ; Cyprian Memlinger 30 ; Marie ' Steiger 20 ; Jakob Webrle 15 ; Chriſtine Weldi 50 ; Cathrine Kaltenbach 21 ; Chriſtian Kaltenbach 9 M.; fämmtlich aus Schmieheim . Philippine Frid 36 ; Catharine Laubengaier 34 ; Heinrich 25 , Marie 21 und Regina Sofins ger 18; Eliſabeth 8 und Eliſabeth Runwetſch 28 ; alle aus Dabingen . Chriſtoph Marlock 18 ; Jakob Hemmerle 20 ; Ferdinand 21 ano Jonas Feſer 20 ; Johannes Roßler 26 ; Jakob 17 un Lorenz Morlock 16 ; alle aus Rinflingen. Wilhelm Gobner 22 und Daniel Gilleg 17 , aus Groß- Vis laro. Johann 34 unt Katharine Hauſſer 34 , aus Binaſche. Egidie 7 und Anna Marie Rieſter 11 M. , aus Bundenthal. Friedrich 48 , Gottlieb 42 , Margaretha 22 , Friedrich 19 , Johann Georg 15, Andreas 12 , Carl Ķeinrich 10, Gottliebe 4 , Gottlieb 8 und Johannes ( 11 M.) 3ou, aus Schmies heim. Friedrich Effig 19, aus Benzingen . Friederike Schneger 23, aus Horrheim . Johannes Burger 17 , aus Hoffengen . Carl 48 und Margaretha Kirchner 10 ; Friederike Gottlieb 8 ; Gottlieb Seemüüer 22 ; ſämmtlich aus 3Uingen . Jakob 50, Eva Catharine 45, 3. Peter 10, Regine Catharine 19 , Carl Jakob 10 , Roſine 9 , Jakob Friedrich 5 und Gottlieb Conrad 3, Schwabn , ſämmtlich aus Enzingen. Chr. Schaf

1

144 fer 24 ; Johann 26 und Barbara Pfeiffer 30 ; Chriſtoph Hec 28 ; Jakob Burkhard 26 und Jobann Harbemann 19 , fämmtlich aus Gondelsheim . Johann Weingart 24 ; Caros ine 20 und Vespaſianus Seidht 59 ; Johann Peter Luiß 16, aus Dhlbronn. Carl 34 , Jakobine 27 , Jakob 7 und Gas tharina ( 6 Mon.) Eckſtein ; Catharine Hauſer 50 , auß Bis nagel.. Johannes 32 , Chriſtina 25 und 3ohann Chriſtian ( 11 M.) Sautter, aus Maulbronn . Aus Preußen ( Hechingen ): Juſtine Kramer 33, von Hechingen . Sobaun 48 , Wilhelm 36 , Margareth 20 , 3a kob 5, Johann 4, Paul 3, Maria 6 Mon., Jakob 41, Pe ter 24, Gertrud 28 , Catharina 5 , Maria 3 , und Barbara Maurer 9 Mon. alt. Johann 69 , Maria 24 , Anna 23 , und Johann Schröder 27. Johann 35 , Margareth 20, und Caroline Boſt 3 9. Jakob 20, und Peter Moßner 17, ſämmtlich von Jlingen . Georg 48, Dorothea 44, Heinrich 19 , Dorothea 3 , und Georg Herter 7. von Guttingen . Jos ſeph Bririus 19 . Aus Würtemberg : Xaver Müller 31 ; Seb. Lads mayer 24 ; aus Ravensburg. Jakob Reich 42 , Hochdorf. - Gottfried Ott 25 , Atattrach. - Chriſtian Woſſner 24; Chriſtian Geiger 19, aus Marſchalkenzimmern. - Johanna 33 , Carl 8 , Wilhelm 7 , Pauline 4 , und Johanna Wolff 11 M.; Martin und Catharina Roſenberger 28 und 26 ; Friedrid) Sommer 25 ; alle von Großgartac). Martin Hiftle 31 , von Gaiábad). - Carl Roſenberger 16 ; Johann 33 , Caroline 32 , Chriſtine 6 , Friederike 3 , und Pauline Müller 9 M.; von Bodingen . - Caroline Wagner 20 ; Johann 26 , Carl 20 , Chriſtine Rubenkamp 23 ; Wilhelm Schweickert 20 , aus Ehrenſteinsfeld. Viktorine Nolderer 30 , von Aalan . Hart Folf 38, von Obendorf. Georg Mac 28 , Rutesheim . Sebaſtian Leiſdı 28 , Reithal. Johann Neuß 23 ; Martin Rody 23 , von Troſſingen . 3. Baptiſt Chiringer 45 , Altbrunc. - Joſeph Stabelmann 31 ; Felir Wasfer, Gmünd. Philipp Schmidt 28 ; Sos phia Poß 31, Davonhabt. Johannes Maib 28, Gablen.

1

Das ganze Werf , Amerika ohne Schminke " erſcheint in Heften

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10 Bogen , à Fr. 1 das Heft , umb wird

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Inhalt des Buches : 1. Zur Einwanderung. 11. Unfälle zu Land und Waſſer. Hi. Sur Lafter- und Verbrechergeſchichte. Polizei. Sur amerikaniſchen Religion . Geſellſchaftliche Zuſtände. Anterikaniſche Suftiz. Stagtliches. IX . Lemperenzgefes. X. Knownothings ( Partei ber Fremben bafler ).

IV. V. VI . VII. VIII.

XI . Eigenheiten . XII . Deutſche in Amerika. XIII . Indianer XIV . Sklaveret. XV. Anzeigen- und Geſuchsmuſter.

Amerika

ohne Schminke.

Quellenfammlung zur Darſtellung des

amerikaniſcher Lebens in der Wirklichkeit.

Won franz Joſef genter:

SantLeft U.

Süridy. Drud und Berlag von 6. Besel . 1857 .

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145 Creſcenzia Sdymibt 23, Wichelhauſen . Johann Günther 48 , Mebevingen . Cath. Doroth . Ziegler 43 , Joh . Günther 10 , Friederich Günther 10, Catharine Wanner 24 , von Degers heim. Johann Adam 27 , Jeannette 20 , Friedrich Strable 9 ; Sibille Adler 29 ; Wilhelm 22 , Conrad 29 , Chriſtian 29 , unb Frieberike Schneider 10 M. Conrab 28 , Joban nes 39, Chriſtine 30 , und Johannes Daub 4 M .; Große bottwar. Maria Bank 24 ; Michael Birkle 21 ; Antonie Citele 19 ; Anton Schmidt 22 ; Bonifacius 23 , und Johans nes Roth 28 , von Stetten ; Francisca 23 , und Marianna Deiflinger 30 , von Biſſingen. Crescenzia Heiſch 24 ; Vero nika Bäuerle 24 ; Xaverle Bäuerle 27 ; von Lohnthal. Phi lipp Hage 19, Georg Hafner, Maria Merkle 18 , Johannes Şage 30, Walburga Banda 24 , Johannes Bander 19 , Ma theus Ehrhardt 32 ; von Langenau . - Peter Job . Anſpach 24, Marg. Frieberife (Anſpach ?) 17 ; Albrecht 23, und Gu ftap Fiſcher 21 ; Julius Sitel 20 , Albertine Weiland , 20 ; von Ulm . Amalia Bartigheimer 52 ; Caroline Wettel 18 ; Andreas Bergbol 26 ; Ehrmann 28, Selene 16 , unb Anas ftaſia Sebaſtian 14 ; Joſeph Keilbach 27 ; von Berlichingen. Joſeph Martin Buhl 18 , Felir 30, Magdalena 39, Carl 10, Auguſt 9, Sophia 7, Maria 9 , Felir 2 , und Thereſe Beh . ringer 9 M .; aus Erlenbach. Friederike Martin 20 , Heil bronn. Leonhard Schaffer 18, Joh . Friedrich Habmann , 20 ; aus Geihingen . Wilhelm Schneider 19, Georg Ludw . Schub macher 19 , Jakob Braitling 18 ; aus Laihingen . Jakob Friedrich 30, unb Catharine Gußmann 19 , Cath . Friederife Grundler 18 ; aus Otteldheimn. Johannes Nothanker 24, von Dittlenheim (wohl in Baiern ?). Aus Frankreich ( Elſaß ): Ernſt, Jean, 18 , aus Bein heim. Lhormers , Jakob, 20 ; Ferdinand , Magdalene, 17 ; Salzmann , Jean , 24 ; Neuhauſer , Pierre , 20, aus Lande weiler. Sreman , Laurent, 33 ; Meß, George, 18, aus Forſt heim. Ropp , Joſeph, 45 ; Stourmann, Charlotte, 21 ; Did, Eliſabeth , 19 ; Jean Francois 45 ; Maria 45 , Jean 18,

10

146 Maria 16, Anna 14 , Margareth 12 , Thereſe 9 , Louis 8 , Anna 6 und Conſtanze Nera 11 M., aus Dittlenheim . Au8 Baiern : Louis Gaſt, 32 ; Barth , Lorenz, 32 ; Baul 32 Marie Anne 33 , Jean Baptiſte 9, Caroline 9 9 . und Barbara Sculer 11 M .; Soweizer , Catharine , 32 ; Sdnf, Philippine 17 ; Jobann 38 , Marianne 42 , Eliſabeth 17, Johannes 14 , Michel 10, Magdalene 9 , Jakob 8 , Mas theis 7 , Gcorg 9 3. , und Ratharina Frank, 10 M., jämmts lich von Steinfeld. Adam 44, Friedrich 19, und Jakob Becker 44 3 .; Deblem , Jakob 23 ; Grund , Heinrich , 38 ; Reinbeis mer, Samuel 21; Fuhmann, Louis 21 ; Heider, Jean, 21 ; aus Dittlenheim . Glaſer, Thomas 26 ; Appolonia 24 und Catharina Diehl 21 3 .; aus Obelsheim . Pierro 32 , Catha rina 29 , Eliſabeth 39, Magdalena 8 I. und Pierre Rieſter 4 M.; Chriftian 39 , Catharina 40 , Barbara 20 3. und Franz Moudart 9 M .; Balthaſar 97 , Eliſabeth 99 und Maria Reiner 17 J.; Scheub , Joh . Fr. 48 I., aus Buns denthal. Bauer, Leonhardt 20 ; Geſſer, Anna, 23 ; Grieß, Adelheid 28 ; aus Landau. Á u $ effen : Joſeph Beuter von Großpriſing. [Neu - Dorfer Demokrat. ]

Der untergang des .,BIack Hawk " ,

Oftermontag , den 17. April 54 .

Scheufliche Behandlung der Paſſagiere . in Paſſagier des verunglückten Emigrantenſdiffes Blad Hawf " ſdreibt von Blomfield , Staat News Jerſey , an die „ Tribune“ : Ich war Paſſagier auf dem „Black Hawk " , zur Zeit der unten beſdıriebenen Kataſtrophe, und ich muß jagen,

147 daß ich noch nie eine ſolche berzzerreißende Szene geſehen babe. Der „ Blad awk" war ein ſchönes amerikaniſches Klipperſchiff und hatte erſt eine Reiſe über den Ozean gemacht. Es fuhr am 4. April mit nahe an 900 Paſſagieren von Liverpool ab . Wir hatten eine angenehme Fahrt bis zum 17. , als ſich ein Sturm erhob. Als derſelbe den ganzen Tag über gewüthet hatte , hörte ich einige der Matroſen die Ves merkung machen , daß wir zu viel Segel auf und dieſelben ſchon längſt hätten eingezogen werden ſollen . Dieſes brachte die Paſſagiere in Schrecken. Hr. Hammond fagte, der Kapia tän ſei ein Pinſel ; die Segel hätten ſchon längſt follen eine gezogen werden und jede Seele an Bord würde zum Teufel ſein, ehe der Morgen graue. Ich ſchöpfte aus dieſer Bemer « kung den Verdacht, daß ein Untergang ſicher ſei. Um dieſe Zeit wurde der Fodmaſt umgeriſſen und der Kapitän gab endlich den Befehl, die Segel einzuziehen, aber es wollte ſich kein Matroſe mehr finden , dieſes zu wagen. Die Matroſen waren dabei, Riſten aufzubrecen , um Schnapps zu ſuchen; mehrere von ihnen waren ſchon viehiſch betrunken . Der erſte Steuermann ſagte, das Schiff werbe noch vor dem Morgen untergeben . Eine Stunde ſpäter hörten wir ein fürchterliches Geraſſel. Der Vordermaſt fiel, riß den Dedel der Hauptluce mit fort und zerſdimetterte brei unſerer Boote. Das Waſſer ſtrömte jeßt durch das zerriſſene Verdeck in den Schiffsraum und die nun folgende Szene iſt nicht zu beſchreto ben. Ich begegnete dem Schiffsarzt, welcher ſagte, daß wir Alle durch die Stupidität des Kapitäns umkommen inüßten . Unſere Paſſagiere beſtanden aus Deutſchen , Engländern und friſchen . Die Deutſchen waren nicht bazu zu bringen, das Waſſer auspumpen zu helfen. Um 12 uhr ftel der Mit telmaft und die Szene wurbe fchrecklich. Kinder warfen ſich in die Urme ihrer Eltern , Weiber in die der Männer und die Meiſten gaben ſich den mildeſten Ausbrüchen der Vers zweiflung hin . In dieſem Zuſtande verbrachten wir mehrere Lage. Erſt um 4 Uhr am Dienſtag kam ber Rapitän aus ſeiner Kajüte . Am Mittwoch ſaben wir zu unſerer größten 10 *

148 Freude ein Schiff, die „ Caroline Pool “ , aber unſer Kapitän war zu obftinat, es anzuſprechen, bis die Paſſagiere ſtürmiſch verlangten , daß die Nothflagge aufgezogen werde , was benn auch geſchah. Das Fahrzeug war ſchon vorbei , kehrte aber wieder zurück, und wir kamen ſämmtlich am Mittwoch mit Außnahme von zweien oder breien an Bord dieſes und noch eines andern rettenben Schiffes. Ich fam an Bord des Dirigo " , wo wir großen Ents bebrungen ausgelegt waren. Eine Zeit lang erhielten wir nur einen Biscuit per Tag mit einem halben Pint Waffer. Dabei mußten wir den ganzen Tag arbeiten , nämlich Guß eiſen vorwärts und rüdwärts rollen, waren den ganzen Tag auf dem Verbeck aller Art Wetter ausgefeßt; fünfzehn bis zwan zig bluteten oft zugleich von der erfahrenen Mißhandlung des Steuermannes ( von dem „ Black Hawf “ ) , der uns mit den gefährlichſten Waffen ſchlug und einige beinahe zu Tode mars terte. Einige wurden zum Amuſement des Kapitäns und Steuermanns ins Meer getaucht , bis ſte beinahe ertrunken waren ; einer wurde nackt ausgezogen , ſdhwarz angeſtrichen, mit einem Lichte gebrannt, u . ſ. w . , auf einen andern goß man Waſſer und fcheuerte ihn. Er ſtarb am Lage darauf. Sch felbft wurde wie alle Andern grauſam mißhandelt und mit einem Inſtrumente von Meſſing, irelches der Steuermann bei ſich führte und womit er, wie er fagte , zwanzig Bäuche in wenigen Minuten aufichlißen kann, niedergeſchlagen. Der Kapitän Young hieß alles dieſes gut , und obgleich er es uns verhältnißmäßig komfortabler hätte machen können, ohne Infonvenienz für ſich und ſeine Paſſagiere, machte er uns unglüdlich,ließ die Männer peitſchen, die Frauen entkleiden u . f. w. Wir landeten um Sonntag den 23. in New -Yorf, ohne Geld und ohne Kleider. Zur Verhaftung des Steuer manns wurden zwar Berhaftsbefehle ausgeſchrieben , aber er hatte das Schiff don berlaſſen , bevor ſie ausgeführt wurden. ( Vielleicht auch war er noch an Bord und man verhaftete ibn doch nicht. Eine 20sDollar 8 - Bill reicht gewohns lid bin , einen Deputy - Marſchall zu beftechen .).

149 30 glaube, der Kapitän wurde arretirt, aber ich habe nichts Näheres barüber erfahren können , da id ) nicht ohne Geld in New- York bleiben konnte. " Das iſt ungeführ ein Bild davon , wie die Paſſagiere auf den Emigrantenſchiffen von Liverpool hierher meiſtens behan delt werden. Schon ſeit Jahren ſind die Auswanderungelus ftigen drüben vor Liverpool gewarnt worden, und doch laſſen fich immer noch welche durch betrügeriſche Agenten berleiten , ſich dort einzuſchiffen. Auf den Bremer Schiffen iſt es oft auch nicht zum Beſten und der Kapitän foñol wie die Mannſchaft ſind meiſtens rohe, brutale Menſchen , die felten dazu beitra gen , die unangenehme Lage der Paſſagiere zu verbeſſern ; aber die Rapitäne ſind wenigſtens tüchtige Seeleute unb man fährt mit ihnen ſicher , und dann haben die Bremer Schiffe die öffentliche Meinung in Deutſchland zu fürchten , was bei ben engliſchen und amerikaniſchen nicht der Fall ift. (N.-». Iribune.]

Großes Feuer. Neu - York , 26. April 54. Geſtern Abend um 8 Uhr brach in der großen Kleiders handlung von W. Jennings, 231 Broadway, Feuer aus, aus einer bis feßt nicht aufgeklärten Urſache. Dbſchon bas Alarm zeichen früh gegeben wurde , fo ftand doch ſchon , ehe die Feuerleute ankamen, das ganze Gebäude in Flammen . Troß aller Anſtrengungen , die gemacht wurden , brannte das Ge bäude nieder. Die Feuerleute, welche ſaben , daß das Haus Nro. 233 in Gefahr war , berließen ben hintern Sheil des brennenden Gebäudes , der von Jennings als Verkaufsraum benußt wurde . - Um neun Uhr , als man die Haupts ſache vorüber glaubte, ſtürzte plößlich die Hintermauer mit einem furchtbaren Gefrac zuſammen und begrub eine ganze

150 Der Einſturz ber Anzahl Feuerleute unter den Ruinen. Mauer wurde durch eine ſchwere Safe in einem der oberen Stociperke verurſacht, welches in ſeinem Fall das ganze Ges bäude erſchütterte. Diejenigen , die verſchüttet wurden , ſtan den unten an der Mauer, außerhalb und innerhalb des Ges bäudes . Alles, was þanbe hatte, machte ſich ſogleich daran, die Verſchütteten herauszugraben ; während man aber die ein geſtürzte Hinterwand wegräumte, ſtürzte eine Seitenwand ein und begrub Diejenigen , welche die begrabenen Opfer befreien Bis gegen Morgen wurden folgende Leute berauss gebracht und ins City Hoſpital transportirt : Matthew Killigan, von der Spriße Nro . 21 , leicht vers brannt ; Hug Hart , Spriße 21 , leicht gequetſcht; Edward Gilleſpie, Spriße 21 , arg verbrannt und mehrere Rippen gebrochen ; Patrick Phenes, Spriße 21 , ſehr ernſtlich verlegt, wird nicht lange leben ; Patrick Waters, Spriße 21 , Schens kel gebrochen ; W. Norand, Spriße 21 , ſtark verbrannt, Wies deraufkommen zweifelhaft ; John Newmann, Spriße 21 , leicht verbrannt ; D. McKay, Spriße 21 , arg verleßt, wird ſchwer lich aufkommen ; Charles Kraß , Hafen- und Leiter - Comp. Nro. 11 , ſtark verlegt , aber nicht tödtlich ; Rob . Brewſter, Spriße 6 , leicht verlegt ; Patrick Gorman , Spriße 15 , im Geſicht leicht beſchädigt; Hugh Gallagher , Schlauch - Comp. Nro . 25 , die Safe ftel auf ſeinen Arm und brach ihn an zwei Stellen , ſeine Lage war eine Zeit lang fehr gefährlich, da die Safe ihn gänzlich zu erbrücken drohte ; endlich wurde dieſe durch ein Hebinſtrument weggebracht und Gallagher fortgeſchafft. 3. Reyſer , Schlauch -Co. 8 , wurde todt bers vorgezogen ; Charles Daily , Spriße 20 , leicht an Geſicht und Händen verleşt; James McNulty , Spriße 20 , wurde Lebendig herausgeholt , ftarb aber nach wenigen Minuten ; John Atkinſon, Schlauch- Comp., ein Bein gebrochen , durch Feine Feuerkappe vom Tod gerettet ; ein Balfen fiel auf fei nen Kopf, aber die Kappe brach die Wucht des Falles. Dons nelly , Spiße 42 , wurde lebendig um 1 uhr Herausgezogen und ſprach mit ſeinen Befreiern , er ift nicht viel beſchädigt;

151 Peter Curran , Spriße 40 , nicht bedeutend verlegt; ebenſo I. Shanlevy, Spriße 15 ; John Lewiß und Fleming, Sprite 21 , ſind arg verleßt ; Michael Hunt, Spriße 9 , hat furcht bare Contuſionen am Kopf ; Nyan, Spriße 21 , todt herauss gezogen ; Wm . McNeary und James For , Schlauch- Co. 6 , bedeutend verleşt ; ein Mann , deſſen Hut das Zeiden „ Nro . 15 F. S.“ trug, wurde todt hervorgezogen. Heute früh halb 3 Uhr ſprach man mit einem Sohn des Coroners D'Donnell, der ſich einige Fuß tief unter den Ruinen befin . bet ; er iſt noch ziemlich fräſtig und ſagte, daß 6 Mann todt neben ihm lägen. Da Feuer in ſeiner Nähe iſt, müſſen die Leute von Zeit zu Zeit Waſſer nach ihm ſprigen. Noch mehe rere liegen unter den Ruinen , nach denen man eifrig gräbt. Der Verluft beträgt zuſammen etwa 75,000 Doll ., wo. von auf Jennings Laden, der gänzlich zerſtört iſt, etwa Dole lar 40,000 unb auf das nebenanſtehende American Hotel 10,000 Doll. kommen. Die Verſicherungen beden vermuth . lich den ganzen Schaben . Der ganze Menſchenverluſt inuß der niederträchtigen Bauart des Hauſes zugeſchrieben werben, daß nach den „ Prinzipien der Wohlfeilheit " gebaut war. [N. - 9. Abend -3tg .)

Coroners - Unterſuchung wegen des Broadway:Feuers .

Neu - York , 29. April 54 . Da das Neu -York Hoſpital aus verſchiebenen Gründen für die Abhaltung des Inqueſtes ungeeignet war , ſo wurde Der ein Raum im Aſtor-Haus zu dieſem Zwrecke benüßt. Coroner feßte zuerſt die Jury in Kenntniß , daß der unbes kannte Leichnam , den man am Donnerſtag nicht identifiziren konnte , der des Henry Chriſtmann war , der mit einer der Feuer -Compagnien zu laufen pflegte. Lopbar Mills, einer der Truſtees des Feuer- Departemente, wohnhaft in Madiſonft. Nro . 207 war der erſte Zeuge, der

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vernomiuen wurde.

Er war auf das Alarmzeichen

zum

Feuer geeilt ; als er ankam (etwa 8 Uhr) ſchlug das Feuer bereits aus einem Fenſter des oberen Stockes. Im Gebäude brannte die Treppe zwiſchen dem 2ten und 3ten Stockwerke. Die Sprißen-Comp . Nro 21 löſchte hier, ſo daß das Feuer nicht weiter berabdrang , dann ging der Zeuge in das Hins tergebäube – eine Verlängerung des 2ten Stocwerkes bed Vordergebäudes . Durch das Dachfenſter (Skylight ) des Hins terbaues ſah er die Flamine aus dem oberen Stocke des Şauptgebäudes ſchlagen. Durch dieſes Dachfenſter wurde eine Leiter geſtoßen, auf welcher man auf das Dach gelangte, von dem aus man die Flammen von dein Nebengebäude ferne zu halten ſuchte. Während Zeuge die Leiter hinabſtieg, um die Schläuche heraufbringen zu helfen , ſtürzte plößlich die Hin . terwand des Hauptgebäudes ein und ſchlug die Hälfte bed Hinterbaues zufammen . Zenge ſtürzte mit hinunter , wurde durch einen herabfallenden Balken, der feine Feuerfappe wege idhlug, etwas gequetſcht, gelangte aber glücklich auf den Broads way . Hier theilte er dem Polizeichef und Andern mit, daß eine Anzahl Leute verſchüttet wären. Er ging darauf nach Murrayſtr. holte ſich eine andere Feuerfappe und hörte, ale er wiederkam , daß noch ein weiterer Theil des Hauſes ein. geſtürzt ſei. Der Zeuge gibt als Urſache des Unglücks die wahrhaft nieberträchtige Bauart des Hauſes an . Um einen großen Laden zu bekommen, war die hintere Wand im erſten und zweiten Stock herausgenommen , und der obere Theil des Hauſes durch eiſerne Balken geſtüßt, die auf den dünnen Seitenmauern (4 " bic) ruheten ; einige Balfen gingen in die Hauptmauer des nördlich gelegenen Hauſes, aber der größere Theil hatte nicht die nöthige Unterlage. Das zweite Unglüd entſtand dadurch, daß ein Theil der Hintermauer nach innen fiel und die Laft vermehrte. Das Vordergebäude war ſo miſerabel gebaut , wie der Zeuge es ſonſt nirgends ſah. Die Giſenbalken - Unterſtüßung hält derſelbe für äußerſt ge fährlich ; er wundert ſich, daß das Haus nicht viel früher Wenn das Haus innerhalb ber leß don cingeſtürzt iſt.

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ten 5 Jahre gebaut worden wäre, und die Feuer - Inſpektoren bätten die Bau -Unternehmer und Eigenthümer angezeigt , ſo würden die legteren zu 500 Doll. Strafe, und jeden Tag weiter, wenn die Unſicherheit nicht gehoben worden wäre, zu Zine weiteren 50 Doll. Strafe verurtheilt worden ſein . Mauer fällt , nach unſerer Erfahrung , bei ſolchen Gelegen heiten nicht eher , als bis das Feuer vier Stunden gebrannt bat . Der Brand wåre vermuthlich gelöſcht worden , wenn das Gebäude nicht eingeſtürzt wäre. Der nächſte Zeuge war Jof. L. Miller. Er gibt an, daß das Haus urſprünglich ein Wohnhaus geweſen und daß nach Her mannigfache Veränderungen mit ihm vorgenommen wor. den ſeien. Das Gebäude war vor 1841 gebaut. Einige Balken hatten einen feſten Halt in den Mauern der anſtoßen den Häuſer, andere hatten keinen ſolchen Unterſtüßungspunkt. Der Hauptfehler bei dem Gebäude war , daß es ſpäter zu andern Zwecken benußt wurbe, als wofür es gebaut worden , und daß dadurch vielfache Aenderungen nöthig geworden ſeien . Die Ausſagen des erſten Zeugen werden vorgeleſen, und Miller erklärt ſich im Ganzen damit einverſtanden ; nament lich über die Gefahr, daß die eiſernen Stüßbalken ohne die nöthigen Haltpunkte waren . So lange das Gebäude als Wohnhaus oder Hotel diente , war gerade keine Gefahr zu zum Lao konnte es in ſeiner Bauart nicht befürchten , dienen, namentlich ſeitbem , uin Raum zu gewinnen, ein Theil ber Sintermauer herausgenommen war. Die Front und Hins terwand war nicht feſt mit den Seitenwänden verbunden . Im Kreuzberhör gab der Zeuge an , daß er in weniger als einer Stunde der Jury eine Menge ähnlicher ſchlecht gebau ter Häuſer zeigen könne, die alle aus Wohnhäuſern in Waa rengebäube umgewandelt worden wären . Die Feuer -Warben hätten oft dem Gemeinderath Anzeige gemacht, der hätte ſich aber wenig darum bekümmert. Mit den gegenwärtigen Feuer- Gefeßen könne man nicht an dergleichen Häuſer, man tüffe ſie als öffentliche Nuiſance " anpacen ac . Coroner Hilton wollte noch mehrere Zeugen vernehmen ,

154 dieſe waren aber weggegangen, um dem Begräbniß des juns gen O'Donnell beizuwohnen . Aus Reſpekt für den Coroner D'Donnell, der ſeinen Sohn bei dem Unglück verloren , wurde [ Neu - Yorker Blätter.) Vertagung beſchloſſen . * )

Furchtbarer Schiffbruch . In der Nacht vom 28. April 1854 ſtieß die Bremer Barke „ Favorite “ mit 280 deutſchen Ginwanderern mit der amerikaniſchen Barfe Hesper " zuſammen . Die erſtere ſank augenblicklich. Nur der Kapitän, Steuermann und die Mas trojen retteten ſich an Bord des „ Hesper " , die Paſſagiere ertranfen ſämmtlid . [ Buffalo Demokrat.]

Schiffsunglück vom 15. bis 21. Mai des Jahres 1854. Das Neu - Yorker Journal of Commerce vom 27. Juni enthält ein Verzeichniß der vom 15. bis 21. Mai auf der See geſcheiterten Schiffe. Es ergibt ſich daraus, daß die Zahl derſelben nicht weniger als 201 beträgt. Wohl noch kein Frühjahr war für die Schifffahrt ſo ungünſtig, wie das ges genwärtige .

Schiffbruch über Schiffbruch . Dieſes Jahr ſcheint ungewöhnlich reich an großen Seee unfällen werden zu wollen . Der Powbattan " mit faſt 300 Menſchen, die „City) of Glasgow “ mit 400, die Bremer Barke „ Favorit “ mit 180 , ſind ein Raub der Wellen geworden . *) Elf Menſchenleben gingen dabei verloren , und die ganze Un terſuchung hatte das gewöhnliche Ende fie verrauchte.

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Die Paſſagiere des „ Wincheſter “ retteten nur wie durch ein Wunder ihr nacktes Leben . Das am 4. April von Liverpool mit 558 Perſonen an Bord abgeſegelte Auswandererſchiff „ Black Hawk" hat nun das Siticfal des „Wincheſter“ getheilt. Es wurde am 17. April von einem Drkan überfallen , der es zu einem kompletten Wrad machte, ſo daß es nur mit der größten Anſtrengung flott erhalten werben fonnte. Am 19 . kam die Barfe , Dirigo " in Sicht und nahm einige hundert Paſſagiere an Bord ; am Freitag früh erſchien das Schiff „ Garrituck" (von Antwerpen nach Norfolk) und nahm den größten Theil der übrigen , die beiden engliſchen Barfen ,, Cas roline " und „ Good Intent" den Reſt. Nur ein einziger Mann , der ſich zu haſtig in ein Boot drängte und dabei über 17. o. Bord fiel, kam um's Leben . Der „ Carrituck “ langte an der Quarantäne von Neu -York an . Von den Paffagies ren des „ Black Hawk" , welche er mitgebracht hat, ſind 198 Engländer und 3rländer und 158 Deutſche.

[Neu- Y . BI.v. Juni 54 ..]

Trauerſpiel auf einem Dampfſchiffe. Auf der „ Yankee Blade“, welche am 4. Mai 0. 3. in San Francisco von Panama ankam , ereignete ſich eine der Scenen , die leider in dem Lande , wo Eigennuß alle Bande auflöst, wo die Sucht nach raſchem und leichtem Gewinn den Menſchen bis zum Wahnſinn verblendet, und Treue und Glau ben zum Spielwerk macht, ſo häufig find. Ein Mann , Na mens Alvary , faßte in Neu - York eine Neigung zu einer gewiſſen Suſanna Ruffel , einem Mädchen von zweideuti gem Rufe, und beſchloß, mit ihr nach Californien zu gehen. Er kaufte ihr ein Billet für einen Plaß im Zwiſchendeck, und arbeitete für ſeine Ueberfahrt. Beibe chifften ſich ein und gaben ſich auf dem Schiffe für Geſchwifter aus. Die Dirne wußte ſich jedoch bald

156 angenehm zu machen , und von den gefälligen Offizieren ein Bett in der zweiten Kajüte zu verſchaffen . Sie wußte ſich dadurch immer mehr und mehr von dem Unglücklichen zurüd. zuziehen , deſſen Unglück ſie verſchuldet, und ſuchte auf alle mögliche Weiſe ſich an Andere anzuklammern , um ſo , ftatt auf dem Wege der Treue und Arbeitſamkeit, mit bem Gegens ftande ihrer Wahl ſich eine Stellung zu fchern, auf anderem Wege fich eine der trügeriſchen Stellungen zu verſchaffen , die leiber der Habſucht der Frauen fich hier zu öffnen ſcheinen , aber ftets zum Verderben führen . Es iſt die alte Geſchichte. Der arme Narr nahm es ſich jedoch zu Herzen , wenn er von ſeinem elenden Lager aus die Dame mit den Kajütenpaſſas gieren ſcherzen fab. -Das Schiff war 10 Tage unterwegs, als am 13. April, Abends 8 Uhr, die Paſſagiere plößlich durch das Hülfegeſchrei einer weiblichen Stimme aufgeſchredt wurden . Suſanna Ruf ſel rannte nach dem Hinterbeck mit dem Rufe : „ Mein Brus der hat mich umgebracht !" Auf dem Hinterbeck fiel ſie zus Noch einige ſammen und war in fünf Minuten eine Leiche. Minuten vor dieſem Auftritte des Entfeßens hatte ſie in der Kajüte in lebhafter Unterhaltung mit einem der Rajütenpaſ ſagiere geſeſſen. Alvary rief fie herauf und machte ihr Vors würfe , baß ſie ihn verlaſſen. Sie lachte ihn aus, daß er ſo ein Narr geweſen und ihren Verſicherungen Glauben geſchenkt. Darauf zog Alvary ein Boniemeſſer mit einer 10 Zou lans gen Klinge , und verſeßte ihr zwei Stiche in die Bruft, von denen einer am Rücken wieder herausbrang . - Er verſuchte darauf ſich ſelbſt zu erſchießen – das Piſtol verſagte zweis mal. Er zog ein Rafirmeſſer und verſeßte ſich eine tiefe Žale. wunde. Darauf ſtürzte er vorwärts , wo die Leiche der Er. mordeten lag, und brängte die Paſſagiere zurück, die ſich um dieſelbe verſammelt hatten. „Zurück, Ihr Herren, “ rief er, ich habe die That gethan ." Er warf ſich auf den Leichnam und bebedte beſſen falte Wange mit Küffen . Ich liebte bies jes Mädchen ," ſchrie er in balbem Wahnſinn, aber 3hr, Ihr Herren Kajütenpaſſagiere, Jbr ħabt die That gethan , Ihr

157 babt fte berführt, ſich von mir zu trennen , Ihr habt dem Armen , der nichts mehr auf der ganzen Welt beſaß, ſein ein ziges Gut genommen. " — Die Szene war herzbrechend. Allen ftanden die Thränen in den Augen. Auf dem Boden die Leiche des karakterloſen Geſchöpfes , vor ihr der Unglückliche, dem das Blut ſtroniveiſe aus ſeiner Galerunde floß, unb bers ſen &nde man mit jedem Augenblick erwartete, und der ſters bend noch in allen Ausbrücken die Liebe zu dem Weſen bes theuerte, bas ihn aus Leichtſinn und Habſucht berlaſſen . Er ftarb jedoch nicht. Es gelang, die blutenden Gefäſſe zu verbinden, und als das Schiff nach Rio Janeiro kam, hatte der Unglückliche fich ſchon wieder ſoweit erholt, baß ber ames rikaniſche Konſul das erſte Verbör bornehmen konnte. Nach Ankunft des Schiffes in dem Hafen von San Francisco wurde ber Verbrecher ben Behörben übergeben . Die Jury ſprach ihn in dem über ihn verhängten Pro zeffe frei. [ California BI., Juli 1854.)

Schon wieder Unglüd auf der „ Great Weſtern Bahn “ . Es war am 6. Juli 0. 9. (54) in der Nähe der Stadt Thorold, daß Pferde auf die Babn geriethen , und über eines derſelben ſtürzte ein &migrantenwagen, in dieſen fuhr ein an berer und die Zerſtörung war entfeßlich . Sieben Menſchen , deutſche Landsleute , die ermübet eingeſchlafen waren , haben dabei ſogleich ihr Leben verloren ; fecho Andere ſind ftark verwundet, daß gar feine Hoffnung iſt für ihre Rettung . Fahrläßigkeit von Seite des Ronduktörs ſoll auch hier wieber, wie in den meiſten Fällen , die Schuld tragen . Wenn das ſo fort geht , fo wirb Jeber wohlthun , bevor er ſich einer Eiſenbahn anvertraut , ſein Teftament zu machen . Sonft waren es hauptſächlich die Fänki's , bei denen bas Menſchenleben im Preie unter Stocfifcunb Baumwolle

158 ftand, und nun follen ſie hierin gar nod Ronkurrenten an den Kanadiern erhalten ?! [Neu- Hamburger Beobachter.]

Fürchterliches Eiſenbahn : Unglück . Eines der beklagenswertheſten Greigniſſe, welches den Tod von 30 Menſchen und die Verſtümmlung und Verwundung einer weit größern Zahl zur Folge hatte , fand vorgeſtern Nadmittags auf der Baltimore und Susquehanna (Eiſens bahn, halbwegs zwiſchen Ryder's Grotte " und dem Relas Hauſe " ſtatt. Um 25 Minuten nach 4 Uhr ging nämlich der regu . laire Zug, aus 5 großen Paffagierfarren mit etwa 200 Pers fonen beſtehend, von der Calvert-Station, unter Aufſicht des Conduktors Wm. D. Scott, nach „ Ryder's - Grotte“ ab, wo ſich etwa 5000 Menſchen zur Feier des 4. Juli verſammelt hatten . Die Rarren eilten in mäßiger Schnelligkeit ihrem Bes ftiminungs -Orte zu , liefen bei dem „ Relay -Hauſe " auf das Ausmündungs -Schienenwerk der Green Spring -Branch, hielo ten eine Zeitlang an, bis der Erpreß -Karrenzug, welcher um 12 Uhr in Baltimore fällig , aber unterwegs aufgehalten worden war , fo wie ein anderer Zug von 16 Karren , mit heimkehrenden Erkurſioniſten angefüllt, pafſirt hatten , und feten ſodann die Reiſe fort. Aber kaum waren ſie eine Meile weit gefahren , als ſie an einer Biegung des Weges mit einen aus 14 Wagen beſtehenden Train , welcher von einer hinten angehängten Lokomotive fortgeſchoben wurde, mit voller Gewalt und unter furchtbarem Krachen zufammen ſtießen. Die Lokomotive des erſtern und die Vorder-Karren des leşteren Zuges wurden in Stücke zerſchmettert, während das Webklagen der Sterbenden und das herzzerreißende Ble

159 frei der Verwundeten die Luft füüte und eine ſchauberhafte Scene darbot. Kaum erreichte die Nachricht von dem Unglüdsfalle une ſere Stadt , als Tauſende von Perſonen nach dem Susques hanna Depot eilten , um mit ängſtlicher Beſorgniß zu erfaha ren , ob nicht der Eine oder Andere von ihren Verwandten und Freunden, welche ſich an der Grkurſion betheiligt hatten , unter die Zahl der Unglüdliden gehöre . Die Beamten der Calvert- Station fandten augenblicklich mehrere Wagen mit einigen Aerzten nach der Stätte des Vorfalles ab, wo die größte Beſtürzung herrſchte . Das Unglück ereignete ſich 20 Minuten nach 5 Uhr und um 7 Uhr wurde die lekte Leiche aus den Ruinen der zers ſchmetterten Karren , deren Anzahl ſich auf 6 belief, gezogen . Man legte die Todten , Sterbenden und Verwundeten auf das Gras neben der Bahn . Legtere flebten beſtändig nach Waſs ſer, welches eine Anzahl von Perſonen ihnen zu reichen ſich beſtrebte. Die Leichen der Getödteten wurden zulegt in einen bes ſondern Wagen getragen und Nachts um 12 Uhr mit den geretteten und verwundeten Paſſagieren nach der Stadt ge bracht. Das Schauſpiel auf dem Calvert- Depot war höchſt erſchütternd. Bäter und Mütter , Brüber und Schweſtern drängten ſich herzu und fragten mit bebendem Herzen nach ihren Angehörigen. Je nachdem ein Mitglied derſelben ent weder als um's Leben gekommen , verſtümmelt oder dem Ver derben entronnen befunden wurde , hörte man die jammers vollſten Klagen oder laute Freubengeſchrei ertönen . Die Coroners Stevens und Goldſmith beſichtigten die Leidyen , aber die Jury verſchob das Verdift. Wir theilen hier die Anzahl der Getödteten und Vers wundeten mit: Getödtete . David Murray, 17 bis 18 Jahre alt, Sohn des Maſchiniſten Wilhelm Murray, Nr. 95 , Enſorſtraße, wohnhaft.

160 Henry Meynolds, in der Eaſtern Avenue wohnhaft. Benjamin Merryman, Gepäckmeiſter der Bahn. Lemvis Corcoran von Waſhington . Julius Counſellor, Nr. 132 Pearl Straße wohnhaft. Charles Boyd , in Forreſt -Straße wohnhaft. James Boyb , in Eagerſtraße wohnhaft. Michael McCormick, Ecke von Richmonds und Kowardſtraße wohnhaft. Thomas Dorfey , in der Fayettſtraße wohnhaft. Henry Clay Jeffries, ein Knabe von 10 Jahren . Frau Robertſon, Wittwe, in der Poppleton- nahe Lerington : Straße wohnhaft. William Boyd, Tiſchler. N. Summers , ein 12jähriger Knabe. Fräulein Robinſon , in der Weſt - Saratogaſtraße wohnhaft. Charles Bregel, in Yorf-Avenue wohnhaft. Joſeph Kröger , Confectioner, in Gayſtraße wohnhaft. W. G. Brecket, James Ray, Mich. McGrand, Rhods, Fres berid De Domes, George Bregel, Patrid Liernan , Ros bert Preſton , Frau Gregg und Sohn , Phil. Margaw , David Murray, George Duffield, Charles Bregel, John Wife.

Verwundete. W. Iſaacs, das Schlüſſelbein zerbrochen und am Schenkel ſchwer beſchädigt. Matthew Crowen , bon Deras, Baltimore County , an Ropf und Schulter ſchwer verlegt. Henry Tanghlaugh, von Alerandria, Va . , ein Bein zerbro dhen und innerlich beſchädigt. Michael Kreis , ein Bein zerbrochen . Michael Cochran, ftark gequetſcht. 3. R. Billups, ein Bein zerbrochen u . am Kopf geſchunden. 3. Louis Wampler, Bein zerbrochen . Henry Bregel, ein Bein zerbrochen und ſtark gequetſcht. Joſeph T. Morris, am Schenkel ſchwer verleßt.

161

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Joſeph Bell, einen Arm zerbrochen und ſtark verbrübt. James Reynolds, ein Bein zerbrochen und an der Bruſt be fädigt . Patric Fißgerald, ſtark gequetſcht und verwundet. Hr. Parſons von der Waſhington - Fabrif, beide Beine zers malmt. þr. Roſe, do . Samuel Sommers, ein Bein zerbrochen. Edward O'Neale, am Sdienfel und Kopje verwundet. Jiaac Johnſon, beide Beine gerquetſdt . Thomas D'Neale, den Schenkel zerſd mettert. Wm . Steinhagen, beide Beine zerbrochen . John McNeier, bas Bein zerſchmettert und die Fußzehe ab . gequetſcht. Jakob A. Ruthroff, am Schenkel ſtark verlegt. John Scott , Condukteur , das redite Bein und den linken Knöchel zerbrochen . Franklin S. Billups, einen Knöchel zerbrochen. Benjamin F. Billups, beide Beine ſtark gequetſcht. Daniel Wolfe, ein Bein zerbrochen. John Haſſon, an Bruſt und Schenfel verleßt. James Saigee, dywer gequetſcht. Der Säugling einer irländiſchen Frau verbrübt. Joſeph Richtenberger, ichwer verwundet. John Holmeab, mehrere Rippen zerbrochen . I. Lee, ben einen Fuß zerſchmettert. Madiſon Jeffries, Conſtäbler, ein Bein zerquetſcht. Charles Hamilton, im Rücken beſchädigt. John Bohn, ein Bein zerquetſcht. Thomas Henry), ein Bein und beide Arme zerbrochen . John Flaberty, beibe Beine zerbrochen. John C. Reylonds, an beiden Füßen zugerichtet. Georg Cafjarð, mehrere Finger zerbrücft. Wm . Eslin , das Naſenbein zerbrochen . Edmard Hatton, ein Bein gebrochen . Oliver Carlton, an Schulter und Ellbogen verwundet. 11

162 3obn D. 3anes, den Arm zerbrochen . Henry Roſe, das Bein zerſchmettert. Mehrere andere Perſonen erhielten leichtere Verwundungen . Die Direktoren der Baltimore- und Susquehanna -Giſens bahn - Compagnie hielten geſtern Morgen eine Verſammlung, worin ſie beſchloſſen, daß der Sekretär den Transport - Aufs feber und Maſchinenmeiſter um Einſendung eines vollſtändis gen Berichtes der Colliſion auffordern ſollte. Verdikt der Jury. - Die Geſchwornen , welche die Urſache des Todes der unglücklichen Opfer zu ermitteln hat ten, verſammelten ſich geſtern Nachmittag und legten , nach Abhörung mehrerer Zeugen , das traurige Ereigniß dem Di rektorium der Compagnie, welches ausdrücklichere Befehle zu geben , und dem Condukteur Wm . Scott, welcher die empfans genen Vorſchriften zu befolgen verfehlte , zur Laſt und ems pfahl der Grand Jury, bie Giſenbahn - Geſellſchaft wegen des Lebensverluſtes und der Gliederverſtümmelung der Paſſagiere in Anklageſtand zu ſeßen . [ Baltimore Correſp., 6. Juli 54.]

Dampfboot-Gyplofton . Aus Dfhkoſt ( 3linois) , 7. Aug. 54 , wird geſchrieben : „ Als heute um halb 12 Uhr das Steamboot „ Barlow " eben vom Pier abgeſtoßen war, um ſeine gewöhnliche Route nach dem Wolf-River zu beginnen, erplodirte der eine Dampfkeſſel und ſchleuderte den vorderen und oberen Theil des Schiffes nach allen Nidytungen. Zwei Feuerleute ( Deutſche, Friedrich Guhr und Balthaſar Geiger) , wovon einer ins Waſſer ges ſchleudert wurde und ertrank, und der andere auf dem Schiffe ſchrecklich verbrüht ward, ſowie ein Paſſagier, welcher bis jeßt noch nicht im River gefunden werden konnte , ſind die bei diefer fihrecklichen Kataſtrophe gefallenen Dpfer. Der Steuer

163 mann machte eine kleine Luftfahrt und fiel unverſehrt auf ein anderes Schiff. Einer der Feuerleute hinterläßt eine Frau mit unmündigen Kindern. [Phönir.]

Dampfboot-Wettreuner .

St. Louis , Augſt. 54 . Das Ende des Dampfboot - Wettrennen zwiſchen dem Polar Star " und ber New Lucy " auf ihrer Fahrt nach St. Joſeph , auf welches ſo viele Wetten gemacht wurben, beſteht darin, daß auf beiden Booten die Dampfkeſſel zerſpran gen . Die Zeit, wo der Common Senſe und die Humanität der amerikaniſchen Schiffskapitáne den Grad erreicht hat, wo ſie endlich die Heilloſigkeit ſolcher Wettrennen einſehen und vor der geiviſſenloſen Preiêgebung von Menſchenleben durch dieſelben zurückſchrecen , ſcheint noch in nebelgrauer Ferne zu liegen . Schmach folchen Leuten , und noch größere Schmach allen denen , die ſie durch Wetten von bedeutenden Geldſummen zu ihrem heilloſen Frevel aufſtacheln. [St. L. Chronik.]

Der Untergang des Schiffes Townsend von Boſtou . Die Valparaiſo- Zeitungen, welche mit dem Dampfer , & m pire City " hier anlangten , melden , baß Capt. Woodfon und 11 Mann von dem auf offener See verbrannten Schiffe „ Townsend “ auf der peruaniſchen Barke „,Andes " von Juan Fernandez einliefen . Die Leute befanden ſich im Zuſtande äußerſter Entblößung, wurden aber vom amerikaniſchen Con ful, Gouverneur Woob , mit allem Nothwendigen verſorgt, bis ſich eine Gelegenheit gibt, fie nach Hauſe befördern zu laſſen. Das Schiff Townsend fuhr am 23. Februar 1854 von Boſton ab, pafſirte am 28. Lage den Aequator und erreichte 11 *

164 in 62 Tagen das Cap Horn , wurde aber hier von einem 6tägigen Sturm überfallen und hatte dann noch 20 Tage lang , bis zum 13. Mai , ſchlechtes Wetter und Sturm aus Südweſt und Südoſt. An dieſem Tage entdeckte man , daß im Schiffsraum Feuer war. Sogleid, wurden Löcher in das Verdeck geſchlagen und eine Menge Waſſer hineingelaſſen ; aber vergebend. Es zeigte ſich bald , daß das Schiff im mitts leren Theil und bis zum unteren Deck in Feuer und nicht mehr zu retten war. Um 1 Uhr Morgens ließ der Kapitän die fünf Boote ausjegen . Die See ging fehr hoch und ein Boot wurde fogteich umgeſtoßen und ſank. Die vier andern konnten nur durch beſtändiges Ausſchöpfen flott erhalten wer den . Hierauf nahm die Bemannung einige Leben mittel an Borb . Um fünf Uhr Morgens war das Saiff ganz in Flam men gehüllt und die Boote ſtießen von demſelben ab . So befanden ſich nun 24 Mann in vier offenen, fdlechs ten Booten auf dem weiten Dzean , 580 Meilen von dem nächſten Lande entfernt. Am 18. Mai Abends 9 Uhr ging ein Boot zu Grunde, in welchem ſich fünf Matroſen und ein Paſſagier , Namens A. A. Hall, befanden. Am 23. Mai Morgens 3 Uhr , ſtürzte ein anderes Boot , in welchem der zweite Steuermann und vier Matroſen ſaßen , um , alle gin = gen zu Grunde. Am 24. Mai Nadımittage ſchlug das Boot des Capitäns um, und der Steward Charles Naton ertrank. Die übrigen Perſonen wurden in das Boot des Steuermanns aufgenommen, von dem man nun , um es auf dem Waſſer zu halten , alle Lebensmittel über Bord werfen mußte. Die nächſte Nacht herrſchte ein ſo ſtarker Sturm , daß ſich die Wellen über dem Boote brachen . Am 26. Mai Mittags er reichte das Boot die öde Inſel Maſſafuera. Hier landeten die Schiffbrüchigen und machten ein Feuer. Sie waren, nachs dem ſie bereits 10 Tage und 6 Stunden auf offenem Boote zugebracht hatten , ganz erſchöpft und ihre Hände und Füße geſchwollen. Die einzigen eßbaren Dinge , die ſie auf der Inſel fanden , waren einige Krabben und Dodblätter. Um dem ſicheren Hungerštobe hier nicht anheimzufallen , verließen

165 ſie am 29. Mai wieder die Inſel. Das Wetter war neblich, die Leute ſo erſchöpft, und das Boot ſo ledig, daß der Rapi tän am Morgen bes 31. Mai beſchloſſen hatte , daſſelbe in den Grund zu bohren , um einem noch längern Leiden zu ents gehen . Bald darauf hellte ſich aber das Wetter auf, und ſie erblickten die Inſel Juan Fernandez , wo ſie von dem Be fehlshaber der Garniſon äußerſt gütig aufgenommen wurden . Sie hatten 660 Meilen in einem offenen Boote auf ſtürmis ſcher See zurücgelegt ! [ Neu - Yorfer B. v . 12. Augft. 54.]

Bitter, aber wahr. Für ben Grabſtein eines durch einen Eiſenbahnwagen ge tödteten Mannes ſchlägt ein engliſcher Schriftſteller folgende Grabſchrift vor : Hier ruben die Gebeine (denn das Fleiſch wurde herung tergeriſſen ) eines unbekannten Mannes , der , weil er blind, taub und lahm war , ben üblichen Eiſenbahn - Signalen nicht gehorchte und für ſeine Halsſtarrigkeit überfahren wurde. Der Ingenieur hielt ſofort bie Diaſchine an , ſobald er den Kör. per in Stüde zerſchnitten hatte, und legte dieſen mit ausges zeichneter Humanität in einer nahen Holzhütte nieder, wo alle möglichen Wiederbelebungsverſuche - leider umſonſt! – an geſtellt wurden ; der Lebensfunken war entflohen. Für dieſe Humanität überreic ; te bie Compagnie dem Ingenieur und dem Bahnwärter ein Tafelſervice. Nun geht hin unb thut beg gleichen !" Wenn für Seben, der durch die Unvorſichtigkeit der Inges nieure , durch ſchlechte Bauten der Bahnſtrecken , ſein Leben verliert, ein Grabſtein geſegt werden ſollte, fürchten wir, daß die Arbeiter und Steine nicht dazu ausreichen würden . Rein Land der Welt wäre dann ſo reich an Grabſteinen , wie Amerika. [ California Demokrat, Augft. 54.]

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Ein Tobtenichiff . Baltimore , 21. Aug. 54. Capitän Olodwether vom Schiff þindoo, bas vor einigen Tagen von Bremen hier einlief, bes richtete folgende intereſſante Thatſache. Am vierzigſten Tage ſeiner Reiſe entdeckte er bei ſehr klarem Wetter in einer bes trächtlichen Entfernung ein Boot, das ganz leer zu ſein ſchien . Der Kapitän ließ ſein Schiff auf daſſelbe zuſteuern und fand, daß es vier menſchliche Skelette enthielt. Nicht die geringſte Spur von Fleiſch war mehr an den Knochen zu ſehen . Das Boot war großentheils mit Waſſer gefüllt und hatte ſich dem Ausſehen nach ſchon ſehr lange Zeit auf der See befunden . Außer den Skeletten und einer beträchtlichen Anzahl von Fiſchen war nichts in dem Boote zu ſehen , als einige Feßen von Kleidungsſtücken, die aber ſchon ſo weit verfault waren , daß fich aus ihnen fein Schluß auf den Stand der Leichen ziehen ließ. Darüber kann jedoch kein Zweifel ſein , daß bas Boot einem Schiffe angehörte , bas bor längerer Zeit unterging , und die vier Unglücklichen , deren Ueberreſte inan fand, in dem Boote Hungers ſtarben. Der Capitän ließ das Boot auf den Hindoo ziehen , auf dem es noch zu ſehen iſt. Die Ueberreſte der Leichen wurden nach der Ankunft des Hindoo im hieſigen Safen anftändig beerdigt. [ Baltimore Weder .]

Untergang des Dampfers , Arctic , Mittwoch , den 27. Septb . 1854. Ueber dreihundert Menſchen umgekommen . & B iſt unſere ſchmerzliche Pflicht, einen der furchtbarſten Unglüdsfälle zu melden , welcher ſich femals zur See ereignet hat und insbeſondere die Stadt Neu- York ſehr hart betrifft. A18 der „ Arctic “ , der bekanntlich einer der ſchnellſten und fefteften Dampfer der Collins -Linie war, nicht zu der erwar

167 teten Zeit in unſern Hafen einlief , und als der Dampfer „ Canada " die Nachridit brachte, daß der „ Arctic “ an ſeinem feſtgeſeßten Tage (20. Sept. ) den Hafen von Liverpool ver laſſen habe, da waren die Vermuthungen und Befürchtungen wegen dieſer Verzögerung mancherlei; doch hatte im Allges meinen , ja felbft unter Denen , deren Angehörige fid) auf dem „ Arctic " befanden , die Meinung ſich Geltung verſchafft, daß der Machinerie des Dampfers ein Unfal widerfahren und derſelbe genöthigt worden ſei, mit Segelu feine Fahrt fortzuſeßen oder nach Europa zurückzukehren. Ja bei der Renntniß von der Stärke des Schiffes und der Geſchicklichs feit , Erfahrenheit und Vorſicht ſeiner Offiziere, hegte man Hoffnungen für deffen Rettung , ſelbſt wenn in 8 bis 10 La . gen nod feine Nachrichten von dem vermißten Dampfer in unſerer Stadt eingelaufen wären . Schneller und ſchrecklicher als man ſich dachte, löfte ſich bas. Räthfel. Der nachſtehende Bericht eines der Geretteten, des Herrn George H. Burns, welcher ſich als Meſſenger für Adams und Co's . Erpreß auf dem Dampfer befand , ent hält eine ergreifende Schilderung des ſchrecklichen Vorfalles, welcher wahrſcheinlich mehr als 300 menſchliche Weſen dem Untergang weihte , und die innigften Verhältniſſe des Lebens in ſo vielen Fällen zerrif !

Bericht des Herrn Burn 8 . Das Dampfſchiff , Arctic" , mit 226 Paſſagieren , ohne die Kinder, mit einer Bemannung von 175 Perſonen, einer werthvollen Ladung und bedeutenden Poſt ift verloren. Von den mehr als 400 Seelen , welche am 20. Sept. Liverpool verließen , voll Hoffnung , Frohſinn und Geſundheit, Viele von einer Vergnügungsreiſe in Europa zurückehrend , weiß man nur, daß 32 gerettet wurden, und ſicherlich können nicht mehr als 100 bem Waſſergrabe entgangen ſein . Außerdem iſt ein anderer großer mit 200 menſchlichen Weſen befrachteter Dampfer, wahrſcheinlich von einem abu

168 Folgendes ſtnb einige lichen Soidjale betroffen worden . nähere Angaben über das ſchreckliche Unglüd : Am Mittwoch den 27. Septb . , präcis um 12 uhr Mits tags , während eines ſtarken Nebels , geriethen wir mit einem 21/2 maſtigen eiſernen Schraubendampfer zuſammen , welcher einen ſchwarzen Rumpf, einen lachsfarbigen Boben, ein blei farbiges Hintertheil und ſchwarze Rauchfänge hatte. Der ſelbe fuhr oftwärts und hatte alle Segel aufgeſpannt, bei ftarfem und günſtigem Winde . Die Schnelligkeit des , Arctic " betrug damals etwa 13 Knoten oder Knöpfe in der Stunde. Der Stoß fam uns leicht vor , aber der dem andern Fahr zeug zugefügte Schaden war furchtbar. Capt . Luce ließ ales bald die Boote des Quarterdeds ausſeßen , und der erſte Steuermann, der Hochbootsmann und 3 Matroſen eilten dem Propeller zu Hülfe ; ebe jedoch andere Boote abfuhren , fam Gegenbefehl. Der , Arctic " umkreiste zweimal das Wrack, während welcher Zeit ich mehr als 200 Paſſagiere auf dem Wetterbeck zuſammengebrängt ſah. Grft um dieſe Zeit bemerkte man , daß auch unſer Schiff Schaden gelitten habe und baß das Waſſer an unſerm Vors dertheil hereinſtrömte. A18 der erſte Steuermann mit ſeinem Boote von dem Wrack zurückkehrte, um Bericht abzuſtatten, war der Capitän nicht im Stande , ihn auf das Schiff zu nehmen , ſondern er ſteuerte Nord -Nord -Weſt, in der Hoffs nung , das Land zu gewinnen . Wir befanden uns am vorhergehenden Lage um 12 uhr unter dem 48° 39 ' nördl. Breite und 45° 27' weſtl. Länge. Von der Zeit dieſer Beobachtung bis zum Augenblick der Coliſton hatten wir ungefähr 310 Meilen zurückgelegt und befanden uns vermuthlich 40 Meilen vom Cap Race ents fernt. An den Pumpen wurde eifrig gearbeitet und eine Ankerkette wurde über Bord geworfen ; aber troß aller An ſtrengungen wurden die Feuer durdy das Waſſer ausgelöſcht, und die Maſchinen ſtanden ſtill. Vier der fünf andern Ret tungsboote , ielche man unit Proviant wohl verſehen glaubt, und welche die ingenieurs, Matroſen , menige Paſſagiere und

169 alle Difiziere , mit Ausnahme des Capitäns und dritten Steuermanns enthielten , verließen das Schiff frühs zeitig . Die meiſten Paſſagiere arbeiteten an den Pumpen . Einige feuerten Nothſchüſſe ab, und andere warfen unter der Anleitung des Sapitäns Luce und des dritten Steuermanns Dorian , Spieren in das Waſſer , um daraus eine Flöße zu bilden. Um dieſe legtere Arbeit zu erleichtern , wurde das ſechſte und legte Boot ausgeſeßt, Dorian , ein oder zwei Heizer, drei Paſſagiere und ich waren eifrig beſchäftigt, Waſſerfaſſer und Lehnbänke an die große Raa, an zwei Braamſegel- Raaen und an niehrere kleine Spieren zu binden ; der Capitän nebſt mehren Paſſagieren ſchüßten die Arbeit , indem ſie den Ans brang der Menge zurücfhielten -- als plößlich ein paniſcher Schrecken alle an Vord befindlichen Perſonen ergriff, ein all gemeiner Sturin erfolgte, und Paſſagiere und Heizer ſich köpf lings über die Bruſtwehren auf die Flöße ſtürzten . In einem Augenblick war unſer kleines Boot mit Perſonen gefüllt und in drobender Gefahr des Untergange. In dieſer Bebrängniß befahl Dorian, das Seil, welches uns an den Dampfer hielt, durchzubauen , und mit unſern Händen und Aerten ruderten wir von der Seite der Flöße hinweg. Der Steuermann , welcher während der ganzen Zeit große Geiſtesgegenwart bes hauptete und mit heroiſcher Energie arbeitete, rief auß : „ Um Gotteswillen, Capitän, machen Sie die Flöße frei, damit wir daran arbeiten können ; ich verlaffe das Schiff nicht, ſo lange noch ein Stück davon auf dem Waſſer fchwimmt.“ Doch die See ſtand bereits mit den Cajütenfenſtern gleich. În weniger als drei Minuten nach jenen Worten fank das Hintertheil die ſchäumenden Wellen ſchlugen über dem wirren Knäuel menſchlicher Weſen zuſammen . Viele wur ben gegen die Rauchfänge geſchmettert. Ich hörte einen wils ben Schrei (ber noch immer in meinen Dhren gelt) unb fab den „ Arctic “ mit ſeiner gegen den Tod ringenden Menſchen mafſe raſch in den Wogen verſchwinden. Viele klammerten ſich noch an die unvollendete Flöße ; aber leider konnten wir

170 ihnen feine Hülfe leiſten. Unſre eigne Lage war nicht min der mißlich , und ſo grauſam es ſchien , ſo waren wir doch genöthigt , ſie ihrem Schickſal zu überlaſſen . Der Himmel verhüte , daß ich jemals wieder ein ſolches Schauſpiel erlebe. Doch nahmen wir noch zwei Männer in unſer Boot auf, und überließen und ohne Ruder und Ruderpflöcke, ohne Speiſe und Trank den Wellen ; wir entgingen mit Mühe ben Bruchſtücken des Wrackes , und begegneten den Leichen vieler Frauenzimmer. Wir fiſchten einen ſchwimmenden Kür biß und Krautkopf auf , um uns vor ſchnellem Verhungern zu retten ; wir banden einen Spieren an den Vordertheil unſres Bootes, um es gegen den Wind und die Wellen ſteuern zu fönnen, und trieben ſo die Nacht auf dem Meere herum . Die Nacht war falt und neblig , fo baß wir zuſammengepreßt, burchnäßt und halbnackt furchtbar litten . Grſt am andern Tage ( 28. Sept.) um 5 Uhr Nachmit tags erſpähten wir ein Fahrzeug , und minkten mit einem Schnupftuch, um uns bemerkbar zu machen . Dies gelang ung. Mit den rohen Rubern, die wir uns während des Tas ges angefertigt hatten, um das Land zu gewinnen , ſteuerten wir nach dem Schiffe zu. Auf unſrem Wege dahin kamen wir an dem Reſte der Flöße vorbei, und fanden darauf einen Mann, der noch ſcheinbar am Leben war. Das rettende Fahrzeug war die Barke „ Şuron " , von St. Andrews, N. B. , Capt. A. Wall, auf der Fahrt nach Quebec begriffen . Als unſre Leute ſicher an Bord gebracht waren , fehrte der hochherzige Dorian mit einigen Matroſen des „ Huron " nach der Flöße zurück und rettete den armen Mann, der ſich ſeit 26 Stunden an den Spieren angeklam mert batte . Er erzählte , baß er nach dem Untergang des Dampfſchiffes 72 Männer und 4 Frauenzimmer auf der Flöße zählte; allein um 8172 Uhr Abends war er allein noch am Leben . Morgens lagen zwei Leichen neben ihm , von Fiſchen ſtarf zernagt , und zu der Zeit als er unſer Boot erblickte, ſtand er im Pegriff, ſich in die See fallen zu laſſen , um ſeiner Tode @qual ein Ende zu machen .

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171 Durch den menſchenfreundlichen Gapitän des Huron " und Hr. W. Cameron , Sohn des Schiffseigenthümers, wur den wir ſehr gut verpflegt; unſre Wunden wurden verbunden und Nahrung und Kleidung wurden uns im Ueberfluß ver abreicht. Während der Nacht des 28. Sept. hing Capitän Wal Extra - Lichter auf, ſchoß Raketen ab und ließ fortwäh rend ein Horn blaſen , in der Hoffnung , mit den übrigen Booten zuſammenzutreffen . Aber ſeine Bemühungen waren fruchtlos. Am Abend des 29. Sept. ſprach er das Schiff „ Lebanon " , Capitän Story, nach Neu- York beſtimmt, durch welchen 18 unſrer Leute dem „,Huron " abgenommen und gut behandelt wurden . Das Lootſenboot Chriſtian Berg , Nr. 46 , auf welches wir von dem „ Lebanon “ gebracht wurden , führte uns nach Neu-York. Wenn der Dampfer, mit welchem die Colliſion ſtattfand, wie ich Grund zu vermuthen habe, die Charity von Montreal nach Liverpool beſtimmt, war, ſo wird derſelbe , da er mit wafſerdichten und luftleeren Fächern verſehen iſt, trog der Bes ſchädigung ſeines Vorbertheile , flott geblieben ſein . Der Ums ſtand , daß ein Boot von jenem Tampfer abging , welches durch die Bewegung unſerer Schaufelrüder umgeſtürzt wurde, ift ein ſchlimmes Zeichen für die Schwimmfähigkeit jenes Dampfer8 ; doch erblickte Capt. Wal am Morgen des 28 . Sept. ein fonderbar ausſehendes Fahrzeug weit leewärts, aber er war nicht im Stande zu ſagen , ob es ein Dampfer oder Segelſchiff war ; es mag das Wrac des Propellers geweſen ſein .

* In der Paſſagierliſte des „ Arctic “ befinden ſich folgende deutſche und deutſchklingende Namen : Herr E. Buſch ; Hr. be Mager ; Sr. Scherbler ; Hr. 6. Petrie und Frau ; Hr. 3. B. fogg ( vielleicht Högg ? ) ; Hr. C. G. Springer; Sr. Eggerts ; Hr. Hirſch, nebſt Frau und Dienſtmädchen ; Hr. Hilger und Freund; Hr. Schmidt; þr. I. Fryer (Freier ?) ; Hr. I. Schuſter , nebſt Frau und zwei Töchtern ; Br. Winterborn ; $r. 6. Gulner ( Rellner ober.

172 Kölner ?) ; $r. 6. Heilbronner ; Hr. Mayer ; þr. Chriſtians und Freund ; Hr. Wibory ( Wieborg ? ) und Freund ; Herr Mayer ; $ r. Geiger "nebſt Frau ; Hr . Fuß und Freund ; Fr. Frank ; F. Rhine (vielleicht Frau Reich ?) ; Hr. Culman . [ N.-Y. Blätter. ]

Wir veröffentlichen über das erſchütternde Unglück des ,, Arctic" noch einen weiteren Artikel , der N.- 9 . Abendzeitg. entnommen , der uns zugleich einen Einblick in die Urſachen der Kataſtrophe gewährt, und die moraliſchen Momente mit einer ausgezeichneten Kraft und Wärme fürs Auge wie für das Herz des Leſers herausgehoben hat. Die Abendzeitung ſchreibt:

Der Untergang des „ Arctic “ . Niemals ſeit der Anwendung des Dampfes auf die Schifs fahrt iſt eine ſo grauenvolle Kataſtrophe borgekommen , wie diejenige, welche in dieſen Tagen Trauer und Beſtürzung über unſer Gemeinweſen verbreitete. Es ſind bei einigen andern Kataſtrophen vielleicht ſchon inehr Menſchenleben verloren ge gangen , als bei dieſer, doch die beſondern Umſtände waren bann meiſtens von der Art, um den graſſen Gindruck von der Calamität einigermaßen zu lindern . Der „Präſident “ und die „ City of Glasgow " ſind mit Hunderten von Menſchen verſchollen ; allein ihr Untergang erfolgte auf offener See ; kein lebendiger Zeuge hat Etwas davon geſehen und die Phan taſte, wenn ſie ſich die legten Augenblicke jener Kataſtrophen vorſtellt, bringt unwillkürlich ſo viele Lichtſeiten und mildernde Reflere in dem Bilde an , daß es mehr eine ſtille Wehmuth als einen jäben, frampfhaften Schmerz hervorruft , wie die gräßlichen Einzelheiten , die uns über das Verſinken des Arc tic gemeldet werden. Der Birkenhead , der an der afri faniſchen Küſte mit einem ganzen Regimente engliſcher Sol taten unterging, naom vielleidyt mebr menid lidse Weſen mit

173 in die Tiefe, als der Arctic. Allein was wir darüber hören, erwedt mehr die Gefühle der Bewunderung über den Herois mus, womit jene Hunderte dem Tode ins Geſicht ſaben, als die des Jammers über ihren Untergang . So intenſiv war der Lobesmuth und das Pflichtgefühl jener Soldaten , daß alle Frauen und Kinder, die ſich an Bord des Schiffes befunden hatten, in die Boote gerettet werden konnten , ohne daß nur ein Einziger von den Hunderten , die ihren Untergang vor Augen ſaben , dem thieriſchen Selbſterhaltungstriebe Macht über die Gebote der Ehre eingeräumt hätte. Sie ſtarben wie Helden auf ihren Poſten , treu der Ehre und ihrer Pflicht. Welch einen Gegenſaß dazu bildet der Untergang bes Arcs tic ! Welch eine Unſumme der viehiſchſten Rohheit, der em pörendſten Verworfenheit , der elendeſten Feigheit und der verächtlidhſten Schwäche weiſt dieſe Kataſtrophe auf! Und wie bereinzelt zeigen ſich darunter die wenigen Beiſpiele von Obels finn , Selbſtaufopferung und Pflichttreue. – Kann es ein zugleidh edelbafteres und empörenderes Schauſpiel geben, als die feige , ſchmachvolle Flucht der Offiziere, Piatroſen und Ingenieure von dem verſinkenden Schiffe ? In den ſcheupe lidſten Orgien des Auswurfes der Menſchheit kann nicht fo viel Beſtialität zu Tage kommen , als in den vier Stunden, welche zwiſchen dein Zuſammenſtoße der beiden Dampfſchiffe und dem Verſinken des Arctic lagen . Sie , die mit dem Schiffe ſelbſt, mit der Führung der Voote, mit der Herrichs tung von Rettungsmitteln vertraut waren ; ſie, deren vereinte Anſtrengungen vollauf hingereicht haben würden , um jebe menſchliche Seele an Bord des Schiffes in Sicherheit zu brin gen , flüchteten ſich zu einer Zeit, wo die Gefahr verhältniß mäßig noch gering war und ſchnitten den unglüdlichen Para fagieren jeden Weg zur Rettung ab . Die Leben von einigen Dußenden der elendeſten Geſchöpfe, die je den Namen der Menſchheit ſchändeten , mußten mit mehr als 200 Menſchen leben erkauft werden . Mit Ermortung ſogar bebrobten Gi nige der Verthierteſten die Unglücklichen , welche Rettung bei ihnen ſuchten . Wahrlidy, ſo lange man überhaupt den Job

als einzige Sühne für vorſäßliche Vernichtung von Mens fchenleben gelten läßt, ſo lange baben jene Elenben ben Gal gen zehnfach verdient. Aber die Entrüſtung findet noch andere Gegenſtande bei dieſer traurigen Veranlaſſung . Alle Achtung vor dem Muthe, womit der Capitän Luce in den Tod ging ! Aber wir können nicht die Ueberzeugung unterdrücken , daß ber Capitän nur ſeine eigene , faſt verbrecheriſche Unvorſichtigkeit und eine Schwäche zu fühnen ſuchte, die in einer Stellung, wie er ſte bekleidete , faſt ſo ſtrafbar wie ein Verbrechen iſt. Ja , wir glauben , daß außer ſeinem Pflichtgefühle den Capitän noch eine andere Grwägung dazu beſtimmte , die ihm von ſeinen Leuten gebotenen Mittel zur Hettung zu verſchmähen : das Bewußtſein , daß, wenn er lebendig davonkäme, die öffentliche Meinung ein unnachſichtliches Verbammungsurtheil über ihn ausſprechen würde. Man bedenke nur einen Augenblick die furchtbare Schuld , die auf ihm laftete und die ſelbſt durch die Bewunderung der Art feines Lodes nicht beſeitigt werden kann . Während eines Nebels , der ſo dicht war , daß man vom Quarterbeck aus den Bug des Schiffes nicht ſehen konnte, ließ er es mit der höchſtmöglichen Geſchwindigkeit von 13 Meilen in der Stunde fahren ! Und dies geſchah ohne An wendung der nöthigen Vorſichtsmaßregeln, ohne daß eine Glocke geläutet , ein Horn geblafen oder die Dampfpfeife geöffnet worben wäre ! Es geſchah auf der Neufundlandsbank, dieſem Schreden aller Schiffe, wo es im Vergleich zur offenen See beſtändig von Fahrzeugen wimmelt, wo der Gapitän der elen beſten Fiſcherbarke nur mit einer an Aengſtlichkeit ſtreifenden Vorſicht zu fahren wagt ! Es geſchah, nachdem durch die Bes obachtungen von Tags zuvor ermittelt worden war, daß man fich am Mittwoch in unmittelbarer Nähe der Küſte , unfern jenem Cap Race befinden würde , an dem ſchon einmal ein Collinsſchiff nur wie durch ein Wunder der Zertrümmerung entging ! És geſchah aus dem frivolen Beweggrunde, um einige Stunden raſcher die Fahrt zu machen, als die Arabia ! Ja , wir glauben eß als unzweifelhaft gelten laſſen zu dürfen, dag

175 es dem Capt. Luce nur um eine jener furchtbaren Hezjagden zu thun war , die in den legten Jahren , beſonders ſeit dem die Arabia ihre Fahrten begann, Alle , die genöthigt waren , ein Dzeandampfſchiff zu beſteigen , mit Angſt und Entfeßen erfüllen mußten. Um des lächerlichen Verdienſtes willen , bei der Ueberfahrt über den Dzean einige Stunden gewonnen zu haben , wird die koſtbarſte Menſchenfracht frepelhafter Weiſe dem Untergange preisgegeben . Doch noch eine andere Bemerkung in Bezug auf den Capitän des „ Arctic" drängt ſich uns auf. Dies iſt der abſolute Mangel an Disziplin und Autorität auf ſeinem Schiffe. Während der ganzen Kataſtrophe ſtand rapitän Luce ſeinen Leuten wie ein armſeliger machtloſer Schulbube gegenüber : jede Spur von Geborſam war verſchwunden und ſeine Befehle, wenn er deren gab , blieben gänzlich un beachtet. Man fage nicht, daß unter foldhen Umſtänden die ſtrengſte Disziplin nicht Stand halten könne. Der Untergang des „ Birkenhead“ liefert den Beweis dafür, daß ſie es wohl kann. Die Soldaten, welche mit dem ,, Birkenhead “ verſan ken , waren gewiß zum bei weitem größten Theile ebenfalls Iriſche; dennoch hielten ſte bis zum leßten ſchrecklichen Aus genblicke Stand . Die Disziplin war es , die dies bewirkte . Doch Capt. Luce muß ein jämmerlicher Befehlshaber geweſen ſein, da er nicht einmal ſeine Offiziere im Zaume hatte, ge ſchweige denn die Matroſen . Hätte er von je ſtrenge Zuct und Autorität erhalten , hätte er mit ſeinen Offizieren ſich den Untergeordneten entſchloſſen entgegengeſtellt und die erſten , die feine Befehle mißachteten , niedergeſchoſſen , wie es ſchon in zahlloſen Fällen Schiffsführer thaten , die nicht ein paar hundert Paſſagiere hinter fich hatten , ſo würde unzweifelhaft in den 4 Stunden der Bau eines Floſſes zu Stande gekoms men ſein , auf dem Ade, Ade ſich an das nahe Land hätten retten können . Außer dem Offizier Dorian hielt nur ein einziger von der Sdriffébedienung Disziplin ; es war der junge Mann , Stuart Dobbin , der die Nothſdüſſe abzufeuern hatte . &r blieb während der ganzen Zeit auf ſeinem Poften , und

176 noch im leßten Augenblid, als das Schiff in die Tiefe ſanf, feuerte er den legten Schuß ab. Der Gapitän Luce hat ſeine Schuld mit ſeinem und dem'les ben ſeines Sohnes bezahlt, darum wird die nachſichtige Welt ihr Verbammungsurtheil zurückhalten ; aber dieſe Nachlidyt darf nicht bis zur Abläugnung der Schuld getrieben werden . lind wenn man andererſeits für Herrn Collins furchtbaren Verluſt die tiefſte Theilnahme bezeigen wird , ſo darf man boch audy die Shatſache nidyt verſchweigen, die ſich jeßt heraus geſtellt hat, daß die fämmtliden 6 Rettungsboote des , Arcs tic" nur für 220 Menſchen Plas boten , daß alſo für den Fall einer plößlichen Kataſtrophe von den 425 Seelen , die ſich an Bord des Schiffes befanden , von vornherein 205 dem Untergange geweiht waren .

Der Intergang des ,, Arctic " . (Nachträge.) Capitán Luce , Befehlshaber des Dämpfer8 , Arctic" gea rettet. Aus Quebeck wird unterm 14. des Monats Oks tober 1854 gemeldet, daß die Barke „ Cambria " den Befehls baber bes verunglückten Dämpfer8 , Arctic " nebſt 7 ober 8 Paffagieren und 5 Mann von der Schiffsmannſchaft auf See von einem Floß aufgenommen und nach Quebeck gebracht hat.

Capitän luce kam geſtern Abend von Montreal hier an . Seine Reiſe glich einem Triumphzuge . Auf dem Bahnhofe in Trop hatten ſich wohl an 5000 Menſdien verſammelt, um ihn zu ſehen. Auf allen Stationen ward er mit Jubelrufen begrüßt. In Yonkers, ſeinem Wohnorte, hatte ſich ein Dops pelfpalier von Bürgern gebildet, durch welches er geben und Aden die Hand reichen mußte. Es begleiteten ihn die beiden Männer , mit welchen er zuſammen 46 Stunden auf dem Radfaſten zugebracht hatte ; der eine dayon war George Al len , der andere ein junger Deutſcher, Namens Ferd. Reyn .

Der legtere war +8 geweſen, der den einen der franzoſen von dem Boote der Veſta, das unter die Staufelräder des „ Arcs tic " gerieth , gerettet hatte ; der nämliche Franzoſe iar eß, den das Sdjiff Cambria zuerſt im Waſſer auffiſchte und der den Capitän dieſes Schiffe aufforderte , noch nach anderen Schiffbrüchigen zu ſuchen . Auf dieſe Weiſe wurde Keyn durch benſelben Mann gerettet , der ihm ſein Leben verdankte. Capt. Luce kann nicht genug den Muth des jungen Inc genieurs Stuart Holland loben, der bis zum leßten Au genblicke, wo das Schiff in die Liefe fank, auf ſeinem Poften blieb und die Nothſchüſſe abfeuerte. Er erzählt ferner, daß der junge Herzog v. Grammont, als er nach dem legten Boote (unter Dorian) ſprang , von ben arin befindlichen Matroſen wieder hinausgeſtoßen worden ſei (mit vollem Rechte, denn bekanntlich ſollte dieſes Boot vor: erſt beim Bau des Floſſes behilflich ſein , und wenn es zur Nettung von Paſſagieren dienen ſollte, ſo hatten die Frauen und Kinder den Vorrang) . Eine Menge Paſſagiere, fagt Capt . Luce ferner , ſuchten ſich auf den Waſſerfäſſern zu retten, von denen ſie je 2 und 2 zuſammenbanden . Allein in den meiſten Fällen ging die Verbindung los und ſo wurden die Fäſſer, die ſich jest im Waſſer umherrollten, nuglog. Ich ſah ſedis verſchiedene Per ſonen auf 2 ſolche Fäſſer klimmen und den Verſuch machen, ſich oben zu erhalten . Eine Zeit lang ging es, aber ſchließe lich verſanken ſie in die Liefe. -- Schhalte es für leicht möglich und gar nicht unwahrſcheinlich, daß wir noch von der Rettung Anderer hören werden . Um dieſe Sahreszeit geben die meiſten Schiffe , die ſich in dieſer Gegend finden , nach Europa, und ich ſebe keinen Grund, warum nicht eben ſowohl wie ich und meine Gefährten noch manche Andere aufgefiſcht ſein ſollten . Nur diejenigen , die etwa noch während des am Samflag eintretenden Sturmes auf der See umbertrieben, müſſen rettungslos verloren geweſen ſein . Die in den Boda ten dürften dieſen Sturm leicht überſtanden haben . Das Stüc Wrack , auf welchem Capt . Luce ſiek rettete, 12

178 war nicht das ganze Nabgehäuſe, ſondern nur ein Stüd ba von, etwa 12 Fuß im Geviert. Während der ganzen Zeit, welche er und die andern darauf zubrachten, war ein kleines' gefochtes Huhn, das Herr Aden noch zuleßt vom Liſche ges nommen hatte, bas einzige Nahrungsmittel. Am furchtbarſten von Aden foul Ferdinand Reyn gelitten haben . Dieſer hatte etwas Zwieback in der Taſche, das aber vom Seewaſſer durch näßt war, und da er eß aß, nur feinen Durft vermehrte. Um das Uebel noch ärger zu machen , trank er von dem falzigen Seewaſſer. Seine Leiden waren über alle Beſchreibung groß. Zweimal ſprang er von dem zerbrechlichen Fahrzeug ab, um lieber zu ſterben, als dieſe Qualen noch länger auszuhalten, und jedesmal ward er von den Anderen zurückgezogen . Eins mal rigte er ſich eine Ader am Arme auf , und ſaugte das Blut, um ſeinen Durſt zu ſtillen . Eine Viertelſtunde, nach dem Keyn zum zweitenmale am Selbſtmord verhindert war, fam bie , Gambria " in Sicht. Während Luce dem edlen Doria n das beſte Zeugniß ausſtellt, ſpricht er ſich mit Entrüſtung über Baalham aus, dem er ausdrücklich befohlen habe, mit dem Boote dicht hinter dem Schiffe zu bleiben, um Paſſagiere aufzunehmen , und der ſich fofort feige davon machte. Luce verſichert, daß das kleinſte Boot , in welchem der Ingenieur das Schiff verließ , mehr Perſonen mit vollkommener Sidierheit hätte faſſen können, als in dem größten Boote davon fuhren . 1i Ferbinand Reyn iſt aus Sondershauſen gebürtig , etwa 20 Jahre alt, und reifte als Paſſagier in Geſellſchaft des Cas pitäns Chriſtianſen , der ein Schiff in Baltimore liegen hat. Als er nach dem Verſinken des „ Arctic “ wieder an die Obers fläche kam , ergriff er eine vorbeiſitwimmende Thüre, ließ ſte aber wieder fahren, um ſich an eine Schiffskifte zu klammern, und gelangte endlich von dieſer auf das Nabgehäuſe. Es wur den für ihn in Quebec 65 Doll. geſammelt und auf der Reiſe hierher noch mehr . Herr George Allen will ihn in ſeiner Fabrik (Novelty Works ) beſchäftigen . [N.-». Abdztg.)

179 Ueber Verantwortlichkeit der Schiffsmannſchaft vor dem Geſet. Das feige Benehmen der Mannſchaft des ,, Arctic " gibt noch immer Stoff zu langen Erörterungen in den Tagesblät tern, beſonders Neu - Yorks. Der „ Neu - Vorf Demokrat " bringt uns einen nach der Evening Poſt" , „ Erpreß " uc . zuſammengeſtellten Artikel, dem wir folgende Stellen entneb men : „ Einige Blätter , wie die „ Evening Poſt " und der „ Portland Advertiſer“ , ſtellen die Behauptung auf , daß die Matroſen für die Bezahlung , die fte erhalten , ihre Dienſte und nicht ihr Leben hergeben , und daß ſie eben ſo gut das Recht beſißen, ihrem Naturinſtinkte für die Erhaltung ihres Lebens zu folgen, wie die Paſſagiere. Der ,, Erpreß“ beant wortet dieſe Frage treffend in folgender Weiſe : Daß kein geſchriebener Contract vorhanden iſt, daß das Schiffsvolk bei dem Schiffe bleiben fou, iſt ganz wahr, aber es gibt ein ungeſchriebenes Gewiſſen in jedem menſch lichen Herzen , einen Contract der Obre , der Pflidt und des Seelenadel8. Für moraliſche und geſellſchaftliche Lebens pflichten iſt nirgends ein geſchriebener Contract vorhanden , und dennoch werden ſte unter aller civiliſirten, und ſelbſt mehr oder weniger barbariſden Menſchen verſtanden . Was iſt der Contract eines Schiffsvolkes ? Vielleicht das Schiff im erſten Augenblicke der Gefahr zu berlaſſen , den Paſſagieren das einzige Mittel zur Rettung zu ſtehlen und mit den Booten zu deſer tiren — aber gerade dies iſt es , was der größte Theil der Bemannung deß , Arctic" that. Der Contract des Matroſen lautet, daß er in guter Zeit und in der Gefahr ſeinem Befehlg haber und deſſen Subordinirten treuen Gehorſom leiſten, daß er, wenn nothwendig, felbft mit äußerſter Gefahr ſeines Lebens die Maftſpiße beſteigen und jeder andern Gefahr ſich ausſeßen will, die ihm in der befohlenen Erfüllung ſeines Dienſtes entgegentritt. Wenn er ſich einſchifft, ſo fennt er alle Gefah ren, die mit feinem Dienſte verbunden ſind , und es iſt ſein Contract, ohne Zögern, ohne Weigern , jeden ibm ertheilten 12 *

180 Befehl auốzuführen . Er weiß auch, daß , wenn Gehorſam nicht das allgemeine Schiffsgeſetz wäre, es keine Sicherheit für irgend eine Perſon an Bord gäbe . Die inſubordination eines Matroſen iſt Verbrechen und wird durch Geſet mit Aufruhr bezeichnet. Das Geſet hält dieſe Inſubordination für ein ſo großes Verbrechen , daß es dem Capitän Macht und Prärogative verleiht, wie am Lande kein Menſch über den andern hat. Ja es gibt ihm ſogar die Macht, unter geriffen Umſtänden ohne Richter und Geſchworene einein Matroſen das Leben zu nehmen. [N.-Y. Erpreß, Sept. 54.]

Schritte zur Kriminal-Unterſuchung gegen die Mann : ſchaft des ,, Arctic “ . Neu - York , 29. Novbr . 54 . Geſtern hielten die Mitglieder des juriſtiſchen Inſtitutes eine Verſammlung unter dem Vorſiße von Joſeph Blunt, um einleitende Schritte zur Anſtellung einer Criminalunterſuchung gegen die Mannſchaft des Arctic zu thun. Der Vorfißenbe erwähnte , daß , wie er erfahren habe , das Quarter - Boot, morin 23 Paſſagiere (meiſtens Frauen ) Plaß genommen bats ten , abſichtlich von den Matroſen umgekippt wurde. Dieſe Angabe ſei ſdion hinreichend, um eine Cri minalunterſuchung zu begründen . Allein außerdem beftehe ein Bundeggeſeb von 1820 , wornadh Febermann , der die Rettung eines Andern von einem Wrack verhindert, ſich eines Verbrediens ſchuldig macht , daß mit zehnjähriger Gefängniß ftrafe zu ahnden iſt. Sehr herbe Bemerkungen wurden über die Affecurabeure gemacht, bie, wie ſich bei der New Era Kataſtrophe zeigte, alle möglichen Vorkehrungen zur Bergung von Planken , Maſten , Segeln und Tauen , aber feine einzige zur Rettung von Menſchen getroffen baben und treffen wollten. Schließlich mard ein aus den

181 Herren Hiram Ketchum , H. 6. von Vorft unb Joſeph Blunt beſtehendes Komite ernannt, um ſich mit dem Bunde8 - Diftriftss Anwalt in Vernehmen zu ſeßen und ihn zur Erhebung einer Criminalanklage gegen die ſchurkiſchen Schiffemannſchaften, reſp . Capitäne, zu beſtimmen . - Wie wir vernehmen , iſt der Diftrifts - Anwalt bereits ſeit einigen Jagen damit befdäf tigt, der Grand Jury eine Menge von Ihatſachen vorzulegen , die zur Begründung einer Anklage dienen können . Wir woll ten hoffen, daß nicht bloß die Mörder der reichen Arctica Paſſagiere, ſondern auch die der armen & migranten auf der „ New - Cra “ zu geſeßlicher Verantwortung gezogen werden *). [ N.- ». A603 .]

Untergang des Dampfſchiffes Yankee Blade ", Sonntag den 8. Oktober 54 . Der North Star " traf geſtern Abend mit der Califor niſchen Poft vom 15. Oktober in Neu-York ein . Er bringt Nachrichten von ungewöhnlicher Widhtigkeit. Das Dampfſchiff „ Yankee Blabe “ (von der unabhängigen Linie) ſegelte am 31. September 4 Uhr Nachmittags mit 800 Paſſagieren und 153,000 Doll. in Gold von San Francisco ab. Erſt 24 Stunden war es unterwegs , als es während eines dichten Nebels auf einem Felſenriff unweit Point Ar. quille, 15 Meilen oberhalb Point Concepcion, fcheiterte. Dab Vorbertheil lief 60 Fuß weit auf den Felſen auf und lag dort feſt , während das Hintertheil binnen 25 Minuten bie zum Promenadenbeck verſank. Nun entſtand eine Verwirrung unter ben Paſſagieren . Kaum zehn Minuten , nachdem bas Schiff aufgelaufen war, verließ der Rapitän mit 6 Mann in einem Boot das Schiff, *) Soviel ich erfahren konnte, iſt, wie gewöhnlich , am Ende Nichts geſchehen. Den Mördern wurde auch nicht ein Haar gefrúmmt.

182 .

angeblid , um an der 3/4 Meile entfernten Küſte einen Lan dungsplaß zu ſuchen , in Wirklichkeit aber ſeine Haut in Sicher heit zu bringen . Denn als in einem Einſchnitt des 200 Fuß boben aus ſteilen Felfen beſtehenden Ufers ein Lanbungsplaß gefunden war, da blieb der Capitän am Ufer, und ſchickte nur ſeinen Sohn nach dem Wrack zurück, um für die Ginſchiffung der Paſſagiere zu forgen. Vor Dunkelwerden wurden noch etwa 7-8 Boote voll gelandet. Ein Paſſagier erklärt : „ Sobald der Kapitän das Schiff verlaſſen hatte , war Alles in entſeglicher Verwirrung und feine fünf Minuten bergingen , als ſchon die Höllenbunde ans Werk gingen. Im Nu hatte ſich eine Räuberbande organi ſirt, welche die Kajüte zu plündern begann. Sie waren mit Piſtolen unb Dolchen bewaffnet, erbradjen in aller Ruhe Koffer, Reiſetaſchen u . 1. w . und bemächtigten ſich des Inhalte. Im Zwiſchenbeck wirthſchafteten ſie auf dieſe Weiſe die ganze Nacht, und Niemand wagte, ihrem Beginnen Ginhalt zu thun . Einmal hörte man unten das Gefchrei : ,Mord ! Hülfe ! " aber Niemand getraute ſich binab . Ein Paſſagier hatte einen fürchterlichen Meſſerſtich am Hinterkopfe von einem Banditen erhalten , der ihm mit Gewalt die Uhr abriß. Die Räuber bemächtigten ſich eines der Boote und forderten hohe Abgaben von den Paiſagieren , die barin gerettet werben wollten. Ebenſo verkauften ſie am Ufer die wollenen Decken, Lebensmittel u.ſ. w. , die fie geſtoblen hatten, zu ungebeuren Preiſen ." A18 die Nacht anbrach , trat eine ſauberhafte Szene ein . Obwohl kein ſtarker Wind wehte , ging doch die See hoch und die Schiffsmannſchaft fühlte keine Luſt mehr , hin und her zu fahren . Der Dampfer rollte ſtark. Beim Einbruch der Nacht fank das Hintertheil des Schiffes tiefer und der Bug hob ſich, wodurch die vordere Steerage (Schiffsraum ) in die Höhe kam . Als eß ganz finſter war , begann eine Bande von 25 Mann dort zu plündern. Ungefähr 800 Perſonen drängten ſich auf dem Verdeck zuſammen, das in einem Winkel von ungefähr 28 Grab auf recht ſtand. Sie zitterten vor Froſt und erwarteten jeden

183 Augenblick, daß das Schiff auseinander geben werde . Wäh. rend der Nacht plünderten die Räuber auch auf dem Verbed, ſchlugen Perſonen zu Boden und zwangen ſie mit der Piſtole auf der Bruſt, ihr Gelb herzugeben . Einen Mann wollten jie fogar über Bord werfen. Als der Tag anbrach, begaben ſich einige Perſonen in die Steerage hinab, und faben Blutſpuren. Wenn aber ein Morb begangen worden war, ſo mußte der Leichnam in den untern Raum geworfen , oder auf andere Weiſe entfernt worden ſein. Der Boden in der Steerage (1. Stieridfch) war mit Klei bern, zerſchnittenen Carpetſäcken und reichen chineftfchen Shawls bedeckt, welche die Goldgräber aus Californien mitnahmen , um ihren Freunden Präſente damit zu machen. Am Morgen begann wieder die Ausſchiffung der Paſſas giere. Der dritte Steuermann und der Purſer ( Zahlmeiſter) waren die einzigen Schiffs offiziere , die an Bord geblieben waren. Die Paſſagiere ſprachen ſich äußerſt lobend über das Benehmen des Steuermanns aus, der feſt erklärt hatte, nicht eher das Schiff zu verlaſſen, als bis der lebte Mann gerettet ſei. Kapitän Randall ( ſo heißt der ſaubere) kam am Mor gen in einem Boote an das Schiff, 'verſicherte die Paſſagiere, daß keine Gefahr vorhanden ſei, und fuhr dann wieder zurüd. Während der Nacht waren eine Anzahl von Leichen ans Ufer geſpült worden , darunter eine Frau mit ihrem Kinde im Arme. Manche Paſſagiere hatten ſich während der Nacht vor den Gräueln auf dem Wrack durch Schwimmen ans Ufer zu retten verſucht, waren aber faſt alle ertrunken . Glüdlicher meiſe erſchien um 8 Uhr Vormittags der Dampfer , Goliah " , der 600 von den Paffagieren der „ Yankee Blade “ aufnahm und nach San Diego brachte, wohin er beſtimmt war. Den jenigen, die am Ufer bleiben mußten , wurden Zelte , warme Decken, Lebensmittel 2c. geſchickt, um ſich damit ſolange hin zuhalten, bis fte abgeholt werben könnten . Wäre nicht der ,,Goliab" erſchienen , fo 'würden Hunderte von Paſſagieren umgekommen fein ; benn bie 'wenigen Boote bätten den ganzen Sag über faum ein Viertel der auf dem

184 Wrac Beñndlichen ang Ufer bringen können ; und in der folgenden Nacht ſchon brach das Wrack in Trümmer ausein ander. Umgekommen ſind während der Schredensnacht vom 1. zum 2. ungefahr 30–50 Perſonen , deren Namen nur zum kleinſten Theil ermittelt werden fonnten . Andere Be richte geben die Zahl höher an . Die Gefammtzahl der an Bord der „ Dankee Blade " befindlich geweſenen Perſonen war 934 (wovon 812 Paſſagiere). Das ganze Unglück iſt ledig lich auf Rechnung des Kapitän Ranball zu regen , der eine ebenſo große Dummheit als Feigheit an den Tag legte. Während das Schiff kaum 3/4 Meile von der Küſte war, batte er es 10 Meilen davon entfernt geglaubt. Kurz vor dem Aufrennen machte ihn ein Paſſagier darauf aufmerkſam , daß die Küſte in Sicht fei; allein Randal lachte darüber und wollte es nicht ſehen . Seine niederträchtige Flucht von dem Wrack ftem pelt ihn zu einem der gemeinſten Schufte, dem jemals die Leitung eines Paſſagierſchiffe anvertraut war . Im Vergleich zu dieſem Randall iſt der Kapitän luce vom „ Arctic “ ein Heros. [ Califor. u . N.-Y. BI. vom Dkt. u. Nov. 54.]

Gräuelthaten auf der „ Yankee Blade" , St. Francisko , Oktober 54 . Was wir ferner über dieſen unglüdſeligen Schiffbruds hören, giebt nur weitere Ausführung zu den grauenhaften Gin zelnheiten , die wir bereits berichteten . Das Schiff fuhr etwa um 3 Uhr auf. Die meiſten Paſſagiere waren zu dieſer Zeit unten. Der Stoß war ſo fanft , daß man Anfangs glaubte, das Schiff ſei auf eine Sandbank aufgefahren. Die Paſſa giere ſtürzten aufs Verbeck und ſaben die Felfen dicht vor ſich. Die Pumpen wurden ſogleich in Thätigkeit geſegt, allein das Waffer ſtürzte mit ſolcher Madht herein, daß man jeden Ber

185 ſuch bald aufgab. Nur der Vorſicht des erſten Ingenieurd, der ſogleich die Feuer löſchte und den Dampf herausließ, vers danft man es , daß das Schiff nicht von gleich entſeglichen Scenen wie auf der „ Independence“ heimgeſucht wurde. Der „ Southerner “ war der „ Yankee Blade“ nicht weit von Point Aguello begegnet, und da deſſen Capitän den unſinnigen Cours bemerfte , ben bie , Yankee Blabe " ſteuerte, fo benachrichtigte er den Sapitän der „ Goliah" beim Vorüberfahren von der vermutbeten Gefahr, und dieſem Umſtande allein iſt das rechts zeitige Erſcheinen der „ Goliah “ zu verdanken. Die Boote wurden herabgelaſſen, waren aber ſchon , ehe ſie das Waſſer berührten , mit Herren und Damen überfüllt, der hintere Strick brach in Folge davon , und alle ſtürzten in's Waſſer. Drei Menſchen ertranfen hier, die Uebrigen wurden mittelft Stricen wieber auf das Schiff gezogen . Dies Greigniß ſteigerte bie Verwirrung an Borb bis zum höchſten Grade. Die Paſſa giere drängten ſich in das halb gefüllte Boot und ſtießen ab. Zwei von den Booten ſtrandeten, und von den darin befinde lichen Frauen ertranken fedhszehn. In dem andern Boote waren Männer. Von dieſen ertranfen mehrere, während die Uebrigen ſich an das Boot anklammerten und ſo das Ufer erreichten . Das Boot des Capitäns, welches nach einem weiter oben gelegenen ſicheren Punkte fuhr , landete glücklich ; das vierte Boot gleichfalls. Die Gig des Capitäns , mit 21 Rafa ſagieren , warb abwärts getrieben und landete 21 Meilen weiter unten . So blieben nur noch zwei Boote zur Rettung der Schiffbrüchigen übrig . Capitän Ansley , der als Paſſagier mit auf dem Schiffe. fuhr, machte eine halbe Stunde vor dem Ereigniß den Capitän Randall barauf aufmerkſam , ob das, was man ſebe, nicht Land ſei. Randall verneinte dies , und meinte, ſie ſeien noch 20 Meilen vom Lande entfernt. Gleich darauf fuhr das Schiff auf. 418 am erſten Abenbe die leßten Boote für dieſe Nacht abfuhren, wurden viele Paſſagiere beis naße wahnſinnig vor Angſt. Sie brängten ſich in Haufen hinein, viele ſprangen über Bord und klammerten ſich an die Boote an , bis fte ermüber ihren Halt loeließen und in die

186 Liefe ſanfen. Manche ſprangen in Verzweiflung über Bord und ſuchten an die Küſte zu ſchwimmen . Mehrere ertranken in dieſer Weiſe, wie überhaupt faſt Alle, die zu Grunde gin gen , am erſten Tage ertranken . Die Zahl der Todten zu berechnen iſt unmöglich. Die Vermuthungen ſchwanken zwis fchen 30 und 150. Nach den meiſten Schäßungen betragen ſie gegen 50 . Wir kommen nun zu den empörendſten Auftritten, die dieſen Schiffbruch zu einem Ereigniſſe machen, welches als ein Unerhörtes daſteht. Er war eine ganze Bande von notoriſchen Sulterſtreichern und Hallunken aus San Franciệco an Bord, die noch durch einen Theil der Feuerleute und Matroſen ver ſtärkt wurde. Kaum ſaß das Schiff feſt und der Capitän hatte das Schiff verlaffen, als fte , bis an die Zähne bewaffnet, hervorbrachen und zu plündern begannen . Sie zogen Meſſer und Revolver, und brobten Allen den Tob , bie ſich ihnen zu widerſeßen wagten oder nur zu ihrem eigenen Gepäcke geben wollten . Sie bradhen in die Gajüten und plünderten alle Mantelſace . Unterdeffen war das Waſſer höher geſtiegen und trieb in das obere Zwiſchendeck. Nacht war unterdeſſen heran gebrochen und deckte mit ihrem dunkeln Mantel die Gräuel, die dort verübt wurden. Der Liquor-Vorrath wurde getrunken und nun begannen unter dem Einfluſſe der Trunkenheit und der Raubſucht Scenen , die an Abſcheulichkeit Alles übertreffen, was bis feßt unter den wildeſten Seeräubern vorgekommen. Wer ihnen in den Weg trat , wurde niedergeſchlagen , oder nach ihm geſchoffen . Eine Wache wurde an die Treppe ges ftellt, um jeden abzuhalten , herabzukommen , und die , welche eß mit Gewalt verſuchen wollten , wurden mit Meſſern und Flaſchen furchtbar zuigerichtet und ausgeplündert. Einen Mann fah man aus dem Zwiſchendeck hervorſtürzen , blutend aus vielen Kopfivunden. Um 7 Uhr hörte man den Ruf : „Mör der ! " aus der Cajüte, aber Niemand wagte ſich hinab, Hülfe zu bringen . Man ſah, wie die Schurken eine Decke über den Kopf eines Unglücklichen warfen und ihn in eine finſtere Eike drängten , wo er vermutlich ermordet wurde . Einen Andern

187 ergriffen ſie, plünderten ihn aus, brachten ihm mehrere Wun den bei und ſtellten eine Wache zu ihm . Unterdeſſen wurden ſie jedoch zu betrunken, und ſo gelang es dem Unglücklichen, dem gewiſſen Tode zu entgehen . Um Mitternacht wurden 3 Sohüffe abgefeuert. Die Lichter wurden ſogleich ausgelöſcht, das Geſchrei: „ Mörder ! " wurde gehört , und gleich darauf fielen mehr als 30 Schüſſe. Welche Dpfer in bieſem Augen blice fielen, vermag Niemand zu ermitteln , die Nacht hatte mit ihrem dunkeln Schleier die Mörber und ihre Dpfer bedect . Zu einer andern Zeit hörte man einen jungen Mann jäm merlich um Hülfe ſchreien , er rief einem ſeiner Freunde bei Namen , allein wer wollte ſich in dieſe Mörberhöhle hinab wagen ? Auf dem Verdecke ſelbſt hatten die Paſſagiere ſich mit gezogenen Piſtolen gegen die Angriffe der Räuber zu ver theidigen. Endlich brach der Tag an. Nun erſt wagten ſich Einige ins Zwiſchenbed . Blutſpuren waren überall , die Lei chen waren in die See geworfen. Der Boden war bedeckt mit zerſchnittenen Mantelſäcken. Reiche chineſiſche Shawls, Geſchenfe, beſtimmt für die Lieben in der Heimath, lagen auf dem Boden umber , überall Spuren der entſeglichen Scenen der verfloſſenen Nacht, wo eine Bande von Räubern den ganzen Raum inne gehabt, während 800 Menſchen , zitternd vor Sälte, auf dem offenen Verdeck hinbringen mußten . Die meiſten Paſſagiere ſind der Anſicht, daß der Verluſt des Schiffes ledig lich durch die Schulterſtreicher von San Francisco veranlaßt worden , von denen ein Theil als Paſſagiere, ein anderer als Arbeiter mitgegangen . Am andern Lage bemächtigten ſich bieſe entmenſchten Ungeheuer eines der Boote und verlangten von Jedem, der einſteigen wollte, ungeheure Summen. Ein armed unglückliches Weib näherte ſich mit gerungenen Händen und bat, man möge ihr Kind in eins der Boote nehmen, ſie ſei bereits au & geplündert und könne nichts mehr geben . Sie wurde mit wildem Fluchen zurückgeſtoßen. Dies erregte den Unwillen vieler Paſſagiere, welche mit gezogenen Piſtolen end lich den Geſeßen der Menſchlichkeit Achtung verſchafften. Um Ufer wiederholten ſich dieſe entfeßlichen Scenen . Die Bande

188 hatte ſich in den Beſitz der Lebensmittel gelegt, und jeder Biffen Brod mußte erkauft werden. Man zog die Leute aus und zwang ſie hohnlachend , ihre eigenen Kleider wieder zu kaufen , um in der bitteren Kälte ihre Blöße bedecken zu können. Man hatte Zelte für die Damen errichtet. Dieſe wurden ver trieben und die Schurken feierten in denſelben ihre Drgien . Den Frauen riß man die Decken weg und ließ ihnen nichts als die Büſche am Ufer, um ſich zu bedecken . Am Ufer ſab man die Leiche eines Mannes liegen . Seine Taſchen waren aufgeſchnitten uud geplündert, ſowie die Leiche eines anderen, ' an der noch der geöffnete Geldgurt zu ſehen war. Eine An zahl Paſſagiere ſeßte, ehe ſie Santa Barbara erreichte, eine Bittſdrift an den dortigen Befehlshaber auf , worin ſte an zeigten, daß eine Bande von 60 Mann Mordthaten und Plün. derung an den Paſſagieren und dem Schiff verübt, und worin ſte ihn aufforderten , ſogleid Truppen nach dem Wrac zu ſenben , um die Schurken zu berbaften . Die Schilderungen in dieſem Aftenſtücke ftellen die verübten Gräuel in noch viel ſchauberhafterem Licht dar , als wir oben gethan . An der Küſte fano man reide Goldſpecimens zerſtreut, und ein Paſ jagier zog einen Ring von der Leiche des Hrn. Perkins von Placerville, um ihn beffen Angehörigen zu ſenden . Neue Yorker Wechſel auf große Summen lagen ein Spiel des Win des im Sande. Der Hauptzweck des Bubenſtückes wurde nicht erreicht. Das Schiff ſanf , ehe die Sdurken an die Goldſendung gelangen konnten. Dieſe iſt übrigens verſichert, ſo daß Page, Bacon u. Comp. an dieſer Summe nur 5000 Doll. verlieren . Während die Paſſagiere ben Capitän aufs Heftigfte anklagen, defſen Anweſenheit auf dem Schiffe alle obigen Scenen hätte verhüten können , loben fie alle bas Verhalten des britten Steuermanns , der aushielt bis zum legten Mann. Ebenſo wird das Benehmen des Herrn Putnam von Downieville gerühmt. Leşterer iſt ber Anſicht, daß mehr Menſchenleben verloren gingen , als man vermuthet, und meint, daß gegen 200 Perſonen zu Grunde gingen . Man fchäßt die Zahl der

189 Paſſagiere auf der „ Yankee Blade“ auf 812, der Mannſchaft auf 122. Andere fagen , daß 1200 Paffagiere an Bord ges weſen . Zu einem beſtimmten Reſultate kann man nicht kom men . Auf dem Goliah " ſelbſt famen noch drei Selbſtmorde. vor . Zwei hatten ihren Grund in der Verzweiflung wegen bes Berluftes von Familie und Vermögen. Der dritte betraf einen der Räuber, der die Folgen ſeiner geſeßloſen Handlun gen fürchtete und ebenfalls ſeinem Leben ein Ende machte. Die Unglücklichen ſprangen über Bord und ertranken . Ein reicher Spanier , Namens Muertes , der Paſſagier auf dem Goliah war, gab alle ſeine reiche Garderobe, ſogar den Rock, den er auf dem Leibe trug , her, um die Unglücklichen und Nackten zu kleiden . Als der Goliah von San Diego zurücks kehrte, trieb das Oberbeck 400 Yard von dem Wrack im Meere, das Bugſpriet war nicht mehr ſichtbar, ebenſowenig die Ka mine und Maſten . Der Stern , der auf dem Felſen feſtſaß, wurbe heftig hin und her gezerrt von dem geſunkenen Sheil, mit dem er noch zuſammenbielt. Kurz , das ganze Schiff war in Stücke gegangen. Außer dem Brother Jonathan ", den Herr Garriſon fogleich mit der größten Bereitwilligkeit zur Verfügung ſtellte, um nach San Diego zu gehen , ift bas Schleppfoot , Carolina " geſtern Morgen bereits nach dem Wrack abgegangen . [California Demokrat.)

Glück und Unglück. Richmond (Virginia) , 5. Dkt. 54. Nabe Lynchburg ereignete ſich geſtern ein ſchrecklicher Unfall auf der Eiſenbahn. Gerade als ſich ein Zug der Brücke näherte , entdeckte man , babi fte für durchgehende Fahrzeuge geöffnet war . Die Lofos motive ſtürzte darüber und drei Perſonen , fäinmtlich Arbeiter des Zugs, verloren das Leben . Die Paſſagiere erlitten keine Verlegung.

190 Furchtbare Sterblichkeit auf Emigrantenſchiffen . New - York, 14. Oktbr. 54. Auf dem Schiffe ,,Har veſt Queen " , welches am 9. Oft. von Liverpool hier anfam , ftarben während der Reiſe 74 Paſſagiere an der Cholera ; und auf dem franzöſiſchen Schiff Piscatere", welches am Dons nerſtag von Havre bier anfam , ftarben während der Neiſe 50 Perſonen an berſelben Krankheit. [ N.-Y. Blätter . ]

Furchtbares unglück auf der Great Weſtern Eiſen : bahn ,

am Donnerſtag, den 26. Dktober 1854. 54 Menſchen getödtet. Es wird nachgerade ein Gedanke deß Grauſens, wenn ſich irgend Jemand aus dein Kreiſe ſeiner Bekannten oder Familie begibt , um einen Eiſenbahnwagen zu beſteigen . Er dürfte ebenſowohl darauf benken in allem Ernſt, wie Einer, der mor gen in eine Entſcheidungsſchlacht ziehen muß, fein förmliches Teſtament zu machen, unb Abſchied zu nehmen auf leichtmögs liches Nimmer -Wiederſehen. Wir laſſen hier in einem neuen Unglüdsfall, befſen leicht ſinnige, oder vielmehr gewiſſenloſe Veranlaſſung zu grell in die Augen fällt, die Chatſachen ſelber ſprechen. Gibt es irgend eine Angelegenheit der bringendſten Noth für die Geſeßgebung wie für die Gerichtsbehörben, ſo iſt es, nach der ſchnellen Anhäufung von ſo gräßlich blutigen Eiſen bahn - Geſchichten , die Dbſorge für Schuß- und Strafges feße , und deren ftrengſte Ueberwachung und Ausführung gegen diejenigen Korporationen oder Perſonen, denen nachE gewiefen iſt , daß fie leichtſinniger oder pflichtvergeſſener Weiſe, Gefund beit und Leben ihrer Mitmenſen preis gegeben haben .

191 Es iſt ein allgemeiner Nothidhrei des Volfes, deifen Ges ſchäft eß mit ſich bringt , Geſundheit und Leben den Eiſen bahnen anzuvertrauen, daß im gegenwärtigen Fall die allers ftrengſte Unterſuchung fofort ſtattfinde, und Mittel und Wege geſchafft werden ſollen , ähnliches Unglück zu verhüten und die Schuldigen ohne Nachricht als Kriminalverbrecher zur Strafe zu ziehen . Wenn der Lobtſchläger ober Mörber eines Einzelnen mit feinem eigenen Leben einzuſtehen hat, warum ſoll der leidt ſinnige oder verbrecheriſche Wholeſale -Mörber, der ſeine Mit menſchen zu Dußenden oder Hunderten auf einmal abmebelt, leichteren Raufs bayon kommen ? Wir hoffen, daß ſich mit unſerer Stimme die ganze Volks ftimme babin vereinigt, daß ſte beſſere Garantieen von der Gefeßgebung und namentlich von den betreffenden Behörden des Eiſenbahnweſens felber forbert, als es bisher ber Fall geweſen . Die Detroit Iribune" berichtet über dieſen ſchrecklichen Unfall Folgendes : Durch die Güte des Herrn W. D. Ruggs les ſind wir im Stande, einen ziemlich ausführlichen Bericht über einen der ſchrecklichſten Unglüdsfälle zu geben , wie ſte ſich je auf den Eiſenbahnen Amerikas ereignet haben ; derſelbe ſagt: „ Geſtern Nachmittag , einige Minuten nach 2 Uhr, ver ließen wir Niagara Falls ; der Zug beſtand aus 3 Paſſagier wagen 1ſter und 3 Paſſagierwagen 2ter Klaſſe, einem Erpreß und einem Bagagewagen . Nachdem wir Hamilton verlaſſen, wurden wir zwiſchen Hamilton und London , ungefähr um Mitternacht, burch einen Frachtzug, beſſen Lokomotive aus dem Geleiſe gefommen war , aufgehalten. Nachdem wir vielleicht eine Stunde gehalten hatten , fuhren wir weiter und erreich ten London ungefähr 6 Stunden ſpäter als zur beſtimmten Zeit. Ungefähr 3 Meilen weſtlich von London berftete der 39 linderkopf unſerer Maſchine, roburch mir wieber um beinabe 2 Stunden aufgehalten wurden. Wir gingen nach London zurück, nahmen eine neue Maſchine und legten unſere Reiſe

192 ungefähr um 1 Uhr Nachts nact Windſor fort. Ungefähr 13 Meilen weſtlich von Ghatam , an den Baptift Greek Flats, ſtießen wir , bei einer Schnelligkeit von 20 Meilen in der Stunbe, mit einem öſtlich gebenden , aus 15 Karren beſtehens den Grāvelzuge ( Kiesfubr) zuſammen , der von einer Lokos motive geſchoben wurde. Unſere Lokomotive Der Zuſammenſtoß war furchtbar. wurde vollſtändig von der Bahn rechte über den Abhang geworfen , ebenſo ter Grpreßwagen ; der erſte Paſſagierwagen zweiter Klaſſe wurde budyſtäblich zerſplittert, der zweite wurde ebenfalls zertrümmert und auch der dritte entging der Zerſtö rung nicht, ja ſogar der vordere Theil des vierten Wagens wurde eingeſtoßen . Die Paſſagiere in den hinterſten Wagen kamen größtentheile unbeſchädigt oder mit leichten Quetſchun gen bavon . Faſt fämmtlide Paſſagiere ber zweiten Klaſſe wurden entweder getödtet oder verwundet. Einige derſelben wurden förmlich zermalmt , andern waren Köpfe und Körper furchtbar zerquetſcht und Glieder vom Leibe geriſſen. Das Schreien und Stöhnen der Verwundeten war ſchrecklich. Der Kondukteur und die nicht beſchädigten Paſſagiere thaten Alles in ihrer Macht, um den Leidenden Erleichterung zu verſchaf fen ; deffenungeachtet gingen doch mehr als 4 Stunden Zeit darauf hin, bis man Ade aus den Trümmern des Bahnzuges herausgezogen hatte. Ganze Haufen von Todten und Ver wundeten lagen unter den Ruinen. Gin armer Kerl war halb aus dem Erpreßwagen heraus geriſſen , ſeine Beine hingen nach außen, 15 Fuß vom Boden. Eine der ſonderbarſten Grfoheinungen bei dem Unglücksfall war die , daß ſämmtliche Grävelkarren zerſchmettert waren , und ſich einer auf den andern aufgethürmt hatte, Tender und Maſchine waren zerſchlagen. Der Condukteur des Grävel zuges befand ſich auf dem hinterſten Karren mit ſeinem Sig nallidt, ihm zur Seite ein Negerknabe. Der Condukteur rettete ſich durch einen Sprung ; der Neger wurde getödtet. Zur Zeit des Zuſammenſtoßes herrſchte ein dichter Nebel , ſo daß e unmöglich mar, ein Licht zu ſeben . Auf wem die

193 ulb biefer dreiflichen Kataſtroppe luftet, iſt noch unbe fannt, nur ſo viel ſteht feſt, daß die Bahn mit der größteu Nadıläſjigkeit verwaltet wird. Der Condukteur des Grig velzugeg ſagt aus, daß er von dem Aufſeher der Grävelgrube Drdre erhalten habe, mit dem Zuge abzugehen. Auch muß ich noch bemerken , daß jid) zur Zeit des 3u ſammenſtoßes im dritten und vierten Wagen kein Licht befand, 68 war eine totale Finſterniß , denn die Stücke Talglicht, welche man aufgeſteckt hatte , waren durch den Stoß ausge. gangen . Die Getödteten , größtentheils Ginwanderer, lagen rings umber, es wird fdywer halten, ihre Namen aus. findig zu machen. Ungefähr 50 ſind getödtet, und von den Verifundeten, deren Zahl über 40 beträgt, müſſen viele ſterben . Eine Frau lag unter einem Haufen von Trümmern und es dauerte länger als 4 Stunden , ehe man ſie hervorziehen konnte ; îte muß ſterben. Wir befanden uns zur Zeit des Zuſammen . ftoßes 32 Meilen von Detroit und 13 Meilen von Chatham, die Gegend ringsum war ein großer Sumpf und feine ärzte liche Hilfe zur Hand . Der dichte Nebel und das furchtbare Schreien der Verwundeten nach Hilfe und Waſſer machte die Szene zu einer der dyredlichſten , die man ſich denfen fann. Es wurde Alles gethan , was menſchliche Kräfte unter den obwaltenden Umſtänden zu thun vermochten , jedoch brauchte man fünf Stunden , um all den Unglüdlichen nur in einigem Maße Hilfe zu leiſten. Von einer aus 7 Perſonen beſtehen . den Geſellſchaft waren 6 getödtet. Sr. Soms von Detroit , der ſich als Paſſagier auf dem Suge befand, ſagt aus , daß dem Ingenieur de Suges feine Schuld beizumeffen ſei, indem derſelbe alle Vorſichtsmaßre geln getroffen und ſtets von einer Station zur andern telec graphirt , auch die begegnenden Züge auf den Stationen abgewartet habe und paſſiren ließ ; ſeiner Meinung nach ſei die Schuld einzig und allein denjenigen Perſonen zuzuſchreis ben , unter deren Leitung der Gräpelzug ſtand , ober dem Wächter, der angeſtellt war, um Nachricht zu geben , wann der leßte Zug paffirt fei ; diefer aber war, wie es ſcheint, auf 13

194 feinein Poften eingeſchlafen , ober bat ben 3ngenieur jalſat ulterrichtet.' Warum ſich der Grävelzug zu einer ſolchen Zeit unteriregs befand, darüber müſſen diejenigen Auskunft geben , unter deren Aufſicht er ſtand und welche die Schuld tragen , daß ſo viele Menſchenleben verloren gingen . Als Hr. Toms den Schauplag des Unglücks verließ , zählte man an Todten 26 Männer , 11 Frauen und 11 Kinder ; an Verwundeten 21 Männer und 20 Frauen und Kinder, von denen ungefähr die Hälfte ſo lower verlegt war, daß man an ihrer Rettung zweifelt. Bei ſeinem Abgange befanden ſich noch 15 Perſos nen unter den Ruinen begraben . Unter den Verunglücten bemerfen wir folgende deutſche Namen : Georg Heſter, ſchwer verwundet; Charlotte M. Seip ebenfalls ; Karl Kohol dito ; Thomas M. Boshardt von . Pennſylvanien , ſchwer verwundet; ebenſo Georg und Ratha rine Bochardt ; Glife Boshardt und Thomas Bosbarot leicht verwundet. Freitag , 27. Ditbr., 11 Uhr Vormittags. - Es ſind ungefähr 50 Todte und 35 Verwundete. Mehre ganze Fas milien ſind getödtet, von denen man weder Namen noch Wohn ort ausfindig machen kann . Es geſchieht Adeg , um die Leiden der Verwundeten zu lindern . Von Chatham ſind Aerzte an gefommen. Der Contufteur G. V. Nutter thut für die Un glüdlichen Alles, was in ſeiner Dacht ſteht. Vier ſind bereits an den erhaltenen Wunden geſtorben, ſo daß die Geſammtzahl der Getöteten 54 beträgt. - Welch eine gräßliche Megelei! [Neu - Hamb . Beob . 3. Novbr. 54.]

Nachtrag zur Kataſtrophe auf der kanadiſchen Weſtbahu .

1. Ueber den gräßlichen Unfall , der ſich am vorigen Don. nerſtag bei Chatham in Kanada ereignete , hat Thomas Meagher , als Augenzeuge, in Detroiter Blättern einen

193 Bericht veröffentlicht, der voll der haarſtraubenbften Einzelna heiten iſt. Wir entnehmen daraus eine Schilderung der Szene, die ſich Herrn Meagher darbot, als er ſich aus dem nur wes mig beſchädigten Paſſagierwagen, in welchem er geſeffen, elle porgearbeitet hatte . „ Die Lokomotive und der Lender des Paſſagierzuges la . gen unterſt zu oberſt und gänzlich zertrümmert am Fuße des 20 Fuß hohen Eiſenbahnwalles, zum Theil im Sumpfe bes graben. Das Feuer war erloſchen und die heiße Aſche qualmte in dem naſſen Graſe. Der erſte Packwagen war ganz unbea ſchädigt, der zweite bagegen in den vorberſten Paſſagierwagen 2ter Klaſſe getrieben und bildete mit dieſem eine ungebeure Maſſe von Trümmerſtücken , Holzwerk , zerbrochenem Giſen , Knochen , Hirn , zermalmtem Fleiſd ), zerriſſenen Kleidern 2., die in einer Weiſe durcheinander lagen , als wären ſie von einer Pulvererploſion zuſammengeworfen . Der hinterſte Wa gen 2ter Klaſſe war bis zu ſeiner halben Länge auf das Dach des dahinterſtehenden Wagens 1ter Klaſſe geſtoßen und hatte den vorberen Eheil besſelben eingedrückt. Auf beiden Seiten des Walles unterhalb der Wagen las gen die Verwundeten und Sterbenden, von denen einige Durch den Stoß jelbſt gewaltſam aus dem Wrack geſchleudert, an. dere mit zerbrochenen Gliedinaßen herausgekrochen waren , während die ganz Hülfloſen von den unverlegt gebliebenen Paſſagieren herausgetragen wurden . Unter der hintern Plata form des erſten Pafſagierwagens 1. Klaſſe ſah ich den erſten Leichnam ; es war der eines dreijährigen Kindes. Der Ropf deſſelben war furchtbar geſchwollen ; ein 7 Zoll langer, dicker Holzſplitter war dein armen Kinde hinter dem rechten Ohr in den Kopf gedrungen und bei der Naſe wieder hervorge kommen . Einer alten, grauhaarigen Dame, die ich den Wall hinuntertragen half , war an beiden Beinen unterhalb des iees das Fleiſch 7 bis 8 Zoll lang bis auf die Knodien weggeriffen . Einem großen, kräftigen Meger waren beide Beine abgebrochen , ſo daß die Knochen aus den Beinkleidern hers vorragten ; das ganze Geſicht diefe & Mannes war mit rreißem 13 *

196

Schaum bebedt, ben ihn die furætbaren Sdhmerzen bervors getrieben hatten. Er war ein Bremſer von dem Sandzuge geweſen . Ein anderer Bremſer von dieſem Zuge lag tobt auf einem Kieshaufen ; ſein Kopf war mit einer ſdireren Ramme in den Kies geſtampft ; fein linkes Bein mar buch . ſtäblich vom Leib geriſſen und hing, mit der Sohle zuuberſt, zwiſchen zwei Wagen eingeklemmt herab . Die in Fegen herabs hängenden Sehnen und Fleiſchſtücke, dazu das aus den zerriſ ſenen Atern ausſtrömende Blut bot einen entießlichen Ans blick dar. Aus dem Vorberſten Fenfter des zur Hälfte zermalmten Wagens ragten die Schultern eines muskulöſen Mannes hers vor , dem der Kopf wie von einer Guillotine abgeſchnitten war. U18 der Condukteur und andere rich durch den vors derſten Wagen 1. Klaſſe einen Weg nach dem Wrac gebahnt batten , fanden ſie einige 20 Leichen von Männern , Frauen und Kindern, mit den Trümmern des Wagens feſt aufeinander Die beim Sturme auf eine Batterie Niederfartätſchten gefeilt. können keinen fürchterlicheren Anblick darbieten , als dieſer war. GS fanden ſich 2 oder 3 Schichten von Leichnamen, die ſo dicht auf einander gequetſdyt waren, als wären ſie unter einer ſchwe ren eiſernen Preiſe zermalmt morten . Blut floß verhältniß . mäßig wenig aus den Wunden, aber den meiſten der Todten waren die Zungen aus dem Hulſe und die Augen aus den Goblen getrieben , als ob ſie erbroſſelt wären . Namentlich unter den Kindern hatte der Tod furchtbare Erndte gehalten. Viele von ihnen waren auf dem Flecke getödtet, einige in den Armen der Mütter, und diejenigen, weldhe noch lebten, waren - faft alle gräßlich verſtümmelt. Vielen von ihnen mußte ein [ Deutſcher Republikaner. ] . Bein abgenommen werden ,

II. Ueber breißig Perſonen , welche bei der dyredlichen Ratas prophe auf der Great Weſtern Eiſenbahn berſtümmelt wur

197 ben, liegen gegenwärtig in City Hall zu Chatham , welches zum Hospital verwandelt worden iſt, und werden von den barm berzigen Schweſtern von Hamilton verpflegt. Eine der Ver wundeten iſt eine Einwanderin , die noch unfähig iſt zu ſprechen . Bei ihr im Bette liegt ihr 4jähriges Kind , deſſen beibe Beine abgenommen ſind , das einzige, was der Mutter von einer Familie von Gemahl und fünf Kindern geblieben [Kanad. BI. , Dezbr. 54.]

Schlag auf Schlag. Gin andere Eiſenbahnunglüd . In der Nacht vom Donnerſtag auf Freitag in der legten Woche fand auf der Lafe Schore Eiſenbahn , in der Nähe von Lolebo, ein furchts barer Zuſammenſtoß von zwei Eiſenbahnzügen ſtatt, wobei 20 Menſchen getöbtet und eine noch größere Anzahl vermun . det wurden . Unglüd auf der Galena Eiſenbahn . Auf der Gas lena Eiſenbahn ftieß in leßter Woche ein Frachtzug mit einem Grāvelzug zuſammen , wobei 7 Mann ſo ſchwer vermunbet wurben , daß man an ihrem Auffommen zweifelt. [Neu- Hamb. Beob., 3. Nov. 54.]

Strandung der New

Era , eines Emigrantenſchiffes ,

Dontag, den 13. Nov. 1854 . Bundert und fünfzig Paſſagiere ertrunken !

1.

D Reuport, den 13. Noobr. 68 iſt abermals unſere traurige Aufgabe, ben Untergang eines Emigrantenſchiffes an der amerifaniſchen Rüfte und der Berluſt von 150 Menſchenleben anzuzeigen .

198 Sine telegraphiſche Depeſche von Long Brand , News Jerſey , brachte geſtern Nadmittag die Nachricht, daß das amerikaniſche Schiff „ New - Gra " , mit 160 Paſſagieren , von Bremen nach New - Hork beſtimmt und an C. C. Duncan conſignirt, in der Sonntagnacht während eines dichten Nebels an der Küſte von New - Jerſey auf den Strand gelaufen ſei. Der Stoß fam ſo plößlich und die Nacht war ſo dunkel, daß die Paſſagiere im Zwiſchenbeck weber Zeit noch Gelegenheit hatten , zu entfliehen. Das Fahrzeug war ſoweit vom Ufer, daß man eß fchwierig fand , eine Leine an Bord zu werfen . Viele der Paſſagiere ertranfen und da das Fahrzeug raſch in Stücke ging , wurden ihre Leichen ans Ufer getrieben . Andere retteten ſich durch Sdwimmen auf Brettern u. 1. w. an das L'and. Die Szene war herzzerreißenb. Unter den Paſſagieren waren viele Frauen und Kinder. Die „ New Gra “ war ein neues Schiff von 800 Tonnen. Es war in Bath, im Staate Maine, gebaut und machte die erſte Rüdreiſe nach den Verein . Staaten . Sobald hier die Nachricht cintraf, wurden ſogleich Zugdampfboote zur Rettung abgeſchickt , die aber leider zu ſpät famen , da Diejenigen , welche ſich nicht ſelbſt retten konnten , bald ein Opfer del Meeres wurden . Das Schiff war am 28. September bon Breinerhaven abgeſegelt. Deal Bead) , 13. November, 1 uhr Nachmittage. Das Schiff liegt der Breitfeite nach dem Meere zu . Der Kapitän Henry und einige 20 Paſſagiere ſind gerettet, und e8 werben Anſtrengungen gemacht, noch mehr zu retten . Sieben Uhr Abends. Das Schiff iſt in derſelben Lage , wie früher berichtet. Die See geht berghoch gegen dasſelbe an , und es iſt daher unmöglich , mit Booten eine Hilfe zu bringen . Die See ſtürzte über das Wrack und vor Dämmerung jahen wir es mit wohl 200 menſchlichen Weſen bebedt. 75 beiläufig wurden bereits über Bord geſchwernu , und nach der gegenwärtigen Lage der Dinge zu urtheilen , wird ell noch viele treffen, ehe Gulfe fommt .

199 Ade Rugeln der Station wurden über das Schiff geſchoſs fen , ohne daß es möglich geweſen wäre, eine Leine an Borb zu bringen , mit einer einzigen Ausnayme, wo es gelang , eine Leine über das Schiff zu ſchleudern . Ein Life Boat wurde ſogleich ausgeſebt . Capt. Henry mit 8 andern ſprang in das Boat, welches dreimal umgeſtürzt wurde. Allein die Leinę gab nach und es erübrigte nidits anderes, als nach einer andern Station zu ſchicken , um mehrere Kugeln berbeizuſchaffen und eine andere Leine über das Schiff zu wers Gogleich wurde für dieſen Zived nach der nächſten Life Boat Station geſendet. Das Schiff iſt ein vollſtändiges Wrad und es iſt feine Hoffnung, etwas zu retten . Sollte die See die Nacht über ſo hoch gehen , ſo bleibt wenig Möglichkeit, auch nur einige von den an Bord befinde lichen Paſſagieren zu retten , und es iſt wahrſcheinlich , daß jede Seele darauf vor Tagesanbruch über Bord gewaſchen ift. Alle Paſſagiere find Deutſche und Holländer , unb ba fein Einziger von uns ihre Sprache verſteht, ſo iſt es uns nidht möglich, von den Gelandeten Erkundigungen über die Lage der Dinge am Bord des Schiffes einzuziehen . Capt. Henry iſt ſehr thätig und trifft alle möglichen Anſtalten zur Hettung ſeiner Paſſagiere. Eine noch ſpätere Depeſche ſagt, daß das Schiff ausein . anbergebe und um 8 Uhr beinabe gleich der See war, welche ſich über dasſelbe brach , und es wurde für unmöglich gehalten, baß fich die Paſſagiere länger auf demſelben erhalten können . Gine zweite Leine wurde über das Schiff geworfen , allein Paſſagiere und Mannſchaft ſchienen zu erſchöpft zu ſein , um dies zu benußen , und als der leßte Botſchafter den Ort des Unglücks verließ, war die Meinung allgemein, daß das Schiff raſch in Stücke gebe und keine Seele gerettet werde. [ Mehrere N.-D. BI.]

200 Schiffbrnch der „ Net :Era " . JI .

( Bericht, an Bord des DampfſchiffeB „ Achilleg" geſchrieben .) Nabe bei Long Brand , 13. Novb. , 3 Uhr Nachmit. D. 6. Oraig , E89. – Wie ich bieſen Morgen per Telegraph berſprach , gebe ich Ihnen die Einzelnheiten bon dem furchtbaren Schiffbruch an Long Branch . Ich erhielt die Nachricht von dem Schiffbruch der News Gra per Telegraph dieſen Morgen um 8 Uhr unb theilte dies relbe ſogleich dem Capt. Reynolds von dem „ Achilles" mit, " ber zur Zeit vor Sandy Hook lag . Während ich auf Ante wort von W. N. Jones wartete, ob er ſogleich ſich nach dem Wrack ober nach der Stadt begeben ſollte um die Wrad Schoonerß zu holen , kam eine Botſchaft von Hrn. Morris, zu Long Branch , daß das geſtrandete Schiff 360 Paſſa. giere an Bord habe und fchnell in Stüde zerſchlage. Capt. R. entſchloß fich, in Folge dieſer Nachricht, fich fogleich nach dem Plaße zu begeben, wo das Wrad lag, um denen , welche ſchon dort waren , retten zu helfen. Wir fuhren um 91/2 Uhr im bichten Nebel und während ein füdlicher Wind wehete, der uns heftige Vogen entgegentrieb , von Sandy Hook ab. Der Nebel nahm indeß an Dichtigkeit ſo zu , daß wir Ge genſtände in feiner weitern Entfernung unterſcheiden konnten , als das Schiff lang war , ſo daß wir das Ufer nicht ſehen konnten und auch nicht wußten wie weit wir uns wagen durfa ten . Nichtsdeftoweniger ſteuerten wir vorwärts, bis wir nur eine kurze Strede von dem Orte geweſen ſein müſſen , wo das Wrad lag , da wir aber nichts fehen konnten , hielten wir eine Weile ſtill und wandten uns dann wieder nordmärts. U18 wir den Highlands gegenüber waren, klärte ſich der Nebel plößlich auf , ſo daß wir mit Beſtimmtheit das Land feben fonnten und wir ſteuerten daher abermals in ſüdlicher Niche

201 "tung nach dem Wrad zu. Um 3 Uhr faben wir daſſelbe in der Ferne ; es lag mit der Breitfeite dem Strande zu und der vorbere Theil war ſüdwärts gerichtet. Die Segel waren ftraff zuſammengezogen . Als wir nabe kamen , fanden wir, daß es von Waſſer war und die Wogen übers Verbed ſchlugen . Mehrere Stücke des Wracks waren ſchon an uns vorbei geſchwommen und eine halbe Meile weiter ſaben wir die Leiche eines Kindes, ungefähr 4 ober 5 Jahre alt, und gleich darauf die eines Mannes ohne Kleidung und andere mit Kleidung, 4 oder 5 Leichen im Ganzen. Als wir das Wrad erreichten , ftellte ſich unſern Augen ein ſchreckliches Schauſpiel bar. Die Segelftangen und der obere Theil des Schiffes waren mit menſchlichen Weſen angefüllt , welche ſich dicht aneinander drängten und an den Stricken feſthielten, während das Schiff von jeder wiederkehrenden Welle überſpült wurde und die Paſſagiere durchnäßte und dem Erſticken nahe brachte ; der Hülferuf der Unglücklichen war herzzerreißenb. Während ath Ufer einige hundert Perſonen verſammelt waren , welche augens ſcheinlich berathſchlagten , auf welche Weiſe fte den Unglück . lichen Beiſtand leiſten könnten , faßen andere unthätig auf den Booten , welche die were Brandung ſicher zerſtört haben würde , wenn ſie vom Ufer abgeſtoßen worden wären. Wir ſaben mehrere Boote am Ufer , welche allem Anſcheine nad wohl für den Zweck geeignet waren , und mehrere Männer zogen ein Rettungsboot nach dem Ufer , wo ſie es liegen ließen und fein weiterer Verſuch wurde gemacht, dass felbe in die See geben zu laſſen . Wir faben keine Leinen von dem Schiffe nach dem Ufer und keine Rettungsfarren . Da die Boote des Schiffes am Strande lagen , ſo vers muiheten wir, daß die Offiziere und Mannſchaft in denſelben gelandet ſeien. Die Ebbe war nun ziemlich tief, der Sturm legte ſich und wir machten uns Hoffnung, daß die Boote bom Ufer hinabgelaſſen werden könnten . Wir felbft fonnten nichts thun ; dieſer Steamer, der ausbrüdlich beſtimmt ift, geſtrandeten Schiffen Hülfe zu leiſten , hat keine Rettung8= boote an Bord , ſondern nur zwei Fléine Jollen , von denek

202 eine fich kaum ſelbſt flott erhalten hätte ; Fein Sparren , feine Leine, kein Life Preſerverund kein Stück Kork. Ilm 41/2 Uhr batte ſich der Sturm gelegt , ſo daß jeder Paſagier' hätte gerettet werden können , wenn Boote an Bord geweſen wären. Wir hofften noch immer , daß die Boote am Ufer flott gemacht werden könnten ; wir läuteten unſere Glocke, um die Unglücklichen aufzumuntern , und baten jene am Ufer , die Boote hinabzulaffen . Als ſich unſer Dampfboot berregte, ſchrieen die Schiffbrüchigen, fürchtend , daß wir fte verlaſſen würden ; andere läuteten die Swiffegloce. Wir waren nahe genug , um zu ſehen , wie Weiber mit der einen Hand ihre Kinder umfaßten , während ſie mit der andern ſich an Trüms mer anklammerten . Gine oder zwei hatten kaum ein Hemd an . Auf dem Vorkaſtell ſtand einige Augenblicke eine Gruppe, die ſich an Stricken hielt , aber eine ſtarke Woge ſchwemmte ſie weg . Capt. Reynolds rief denen am Ufer zweimal zu, die Boote auszuſeßen , da die See ruhig genug ſchien , dies zu wagen . Als wir ſahen , daß wir nichts ausrichten fonnten und die Boote bei Sonnenuntergang wieder and Land gezos gen wurden, machten wir uns auf, um Rettungsboote herbei zuſchaffen und ſignaliſirten dem Wrack, daß wir ſogleich zu rückfebren würden . Mittlerweile langte der „ Leviathan " an der andern Seite des Wracks an , aber gleich uns ohne Boote. Auf unſerem Wege begegneten wir dem Heftor " , der einen Schooner im Schlepptau hatte und fogleich mit uns zurücf kehrte. Als wir wieder am Wrack anlangten , ſagte Capt. Bowne , daß er zmar Boote , aber nicht zwei Mann an Borð habe , die ein Ruder führen könnten , und fragte , ob einer von uns mit ihm ins Boot gehen wolle. Ich antwor tete : hier iſt einer, und Herr Hasking that daſſelbe. Capt. Reynolds ſagte dann zum Capt. Bowne, daß er Männer bekommen könnte , ſein Lebensboot zu bemannen, wenn er dem „ Umilles " entlang kommen wollte. Wir mach ten darauf Vorbereitungen, mit dem Capt. Bowne zuſammen, zukommen , aber zu unſerm Erſtaunen lenkte er von uns ab dem Griffe zul. und ließ für den Artvilles." Wort zurück,

203 zur Stadt zurückzukehren. Auf dieje Weiſe wurde ein großes und mächtiges Boot mit genug Accomodation für die gerets teten Paiſagiere, zur Stadt zurückgeſchickt, und der „ Hektor " , ein unverbältnißmäßig langſames und unpaſſendes Boot, zus rückbehalten . Um 81/7 Uhr , als wir das Wrack verließen , irehte ein friſcher Wind aus Weſten , und man glaubte, die Brandung werde bald abnehmen , aber im Kampfe mit der Dunkelheit und mit wenigen Leuten wird es unmöglich ſein , die Paſſa und noch viele derſelben müſſen unver giere zu retten meiblich umkommen in der fürchterlidien Dunkelbeit, die ſie feßt umſchließt. [Elias Smith , von der News Yacht der Affociateb Preß .]

Schiffbruch der „New Era " .

III. Berichte vom 14. November. Der Telegraph brachte geſtern Nachmittag um 2 Uhr die Nachricht von Deal Branch , Nerr - Jerſey , aus der unmittel baren Nähe des Schauplaßes von dem Untergange des Ein wandererſchiffes „ New Era " , daß der Capitän , die Offiziere und Mannſchaft des Schiffes , mit Ausnahme des Stuart, ſämmtlich gerettet, von 400 Paſſagieren aber nur 102 gerettet ſeien . Dieſer Umſtand, ſo wie das von dem Hrn . Smith, von der News Dadt der Aſſociated Preß , Erwähnte , laſſen und befürchten , daß die wirkliche Urſache des Unterganges wohl noch nidyt bekannt iſt, und ſobald die geretteten Paſſa giere hier angekommen ſein werden , Dinge and Licht kommen dürften , die inehr als gerechten Tadel verdienen . Doch wir mollen nicht vorſonell uirtheilen , fondern die olftändigen Berichte abrarten .

204 Elwood Walter, Sefretår des Board of Unberrriter , ers hielt geſtern Morgen um 10 Uhr folgende Depeſche : Deal Bead , 14. Nov. Die Wrad- Boote bordeten dieſen Morgen das Schiff „Nemo Era " und alle Paſſagiere, die ſich noch an Board befinden, werden in 3 bis 4 Stunden gerettet ſein . In der legten Macht ſind eine Menge Leichen and Ufer getrieben worden . Hr. Morriß und ſeine Leute haben fünf Leichen in der Nähe der Telegraph -Office aufgefidt. Das Schiff iſt heute Mors gen faſt ganz aufgebrochen. Seine Maſte ſtehen noch und die Paſſagiere klammern ſich an die Lafelage. 130 Paſſar giere (nad) einer ſpätern Depeſche wären im Ganzen nur 102 gerettet worden ) ſind dieſen Morgen vom Schiffe ans Land gebracht worden . Am Ufer hat man bis jeßt 50 Leichen aufgeleſen. Es ſind zwei Zugboote bier, aber ſie fönnen noch keine Hülfe Tetſten wegen der ſtarfen Brandung . Nachmittag 8 2 uhr. Der Kapitän Fountain bon einein der Zugboote' , der um 91/2 Uhr dieſen Morgen von Deal Beach abgegangen , iſt hier angekommen . Das Schiff lag noch wie vorher, voller Waſſer, die Maſten aufrecht und über dem Verbed brachen ſich die Wogen. Die Geretteten wurden von dem Brandungsboote aufgenommen und an das Land gebracht. Eine große Zahl Leichen war in der Lacfelage feſtgebunden. Die Unglückliden hatten ſich mit Lauen befes ſtigt und ſind vor Hunger, Kälte und Erſchöpfung umgefonts men. Gin Leightdooner lag nicht weit vom Wrad bor Unfer. Das Ulfer bot einige Meilen weit einen ſchredlichen Ans blick dar durch die Anzahl der Leichen, welche das Meer von ſich gerrorfen , und bie bon ben Strandbewohnern fobald wie möglich begraben wurden .

ņ uhr Abende. Um 4 Uhr heute Morgen hätte fich tad Meer hinreichend gelagert , um Brandungeboote tragen zu fönnen , und um 4119 Úhr gingen die Boote des Hrn . War Dell zum Wrac. Megen 9 Uhr faren 135 Perſonen ſicher

205 gelandet, trog der ſchwer rollenden Brandung, und während fich die Wogen faſt beſtändig über dem Schiffe braden . Nachdem alle Lebenden vom Wrack genommen worden waren , ſuchte man an Bord nach den Todten . 12 Leichen

ſind bereits ans Land gebracht und wir erfahren , daß fich wenigſtens noch 20 bis 30 an Bord befinden . Viele derjel. ben ſind auf die ſchauderhafteſte Weiſe verwundet und ver ſtümmelt. Wir waren nicht im Stande, die Namen der Verunglüc ten zu erlangen. Die meiſten der Geretteten wurden heute Nachmittag nach Rob Bank befördert und werden auf dein Steamer „ Alice" 6. Þrice Mittwoch gegen 6 oder 7 Uhr Abends die Stadt erreichen , vielleicht auch eher , wenn die & bbe ſie nicht aufhält. Mehrere der Frauenzimmer ſind fo fehr erſchöpſt, daß ed unmöglich iſt, ſte gegenwärtig weiter zu ſchaffen ; doch trägt man gute Sorge für ſie. Capt. Henry iſt, ſeitdem er geſtern Morgen die Rüſte er: reichte, unaufhörlich beſchäftigt geweſen und hat keine Gelex genheit gehabt, einen Bericht über den ſchrecklichen Unglüts faủ zur Veröffentlichung abzufaſſen. Wir erfahren jedoch von ihm , daß er am 28. September mit mehr als 400 Seelen an Bord der „ New Gra " , von Bremerhaven abfuhr, und daß 39 Perſonen auf der Fahrt ſtarben. Die Geſammtzahl aller hier Gelandeten iſt 155. Mehre derſelben ſind ſeitdem geſtorben , und wahrſcheinlich werden noch Andere an den Folgen der gräßlichen Duldniſſe während der legten 36 Stunden ſterben . Das Schiff Hat fich in den Strand geſenkt und ſein Ded iſt jeßt faſt gleich mit dem Meere. Seine Segelſtangen ſtehen noch, doch der Rumpf iſt vielfältig gebrochen , und das Fabra jeug geht ganz verloren . Schreiben vom Sandy Hoof Telegraph.Dperateur. 3n 3hrem Blatte von heute Morgen bemerke ich einen Artikel mit der Unterſchrift E. Smith von der Yacht der

206 affociirten Preſſe, der von mir einige Worte als Erläuterung zu forbern ſeint. Ohngefähr gegen 7 Uhr geſtern Morgen ſtrandete das Schiff „ New Era " an Deal Beach. Gegen 8 Uhr erhielt ich eine telegraphiſche Depeſche von Hrn. W. Warbeu, gerichtet an Srn. W. R. Jones , Präſident der Underirriters, die ihm meldete, daß die Paſſagiere an Bord auf einen Steamer war ten würden, der von der Stadt fommen möchte, um ſie auf zunehmen . Dieſe Depeiche ſchickte ich nach Hrn . Jenes' Woh nung in der Stadt, und an den Agenten Capt. Bowne, dodo war keiner derſelben zu Hauſe. Bald nachher ſah ich Capt. Bowne in meiner Office, wohin er um Nachweiſung kam, und nachdem ich mit ihm geſprochen , ließ er den Steamer Hector ſo ſchnell als möglich bereit machen , und ſobald ich Herrn Jones in ſeiner Dffice traf, telegraphirte er augenblicklich an den Steamer , Achilles " , der gerade, wie man glauben durſte, bei Sandy Hoof war , daß er unverzüglich zu dem Brad gehen jolle; und als Hr. Jones hörte, daß ſich der Steamer „ Leviathan “ ebenfalls beim Hook befände, ſchrieb er eine teles graphijde Depeſche mit ähnlichen Inftruftionen an ihn , wozu er die Unterſchriften ſeiner theilweiſen Beſißer Spofford, Wi leſton u . Co. und Duncan u. Co. , der Conſignenten der „ New Gra “ , erhielt . Die Depeſche beorderte ben , Leviathan ", uns verzüglich das Wrack nachzuſuchen. Ich beförderte beide Depeſchen ungezögert. Da ſich die beiden Steamer gerade außerhalb des Hoof befanden, ſo konnten ſie mit weiter nichts verſeben werden , als was ſie an Bord hatten. Ich erfahre , daß keiner dieſer Steamers den Underwriters gehört, und daß dieſe für ſie einen beſtimmten Preis per Stunde bezahlen, wie Andere, welche diefe Fahrzeuge beſchäftigen . W. D. Lewis.

207 echiffbruch der „ Netp : Era " . IV.

Neu - Vort , 17. Novb. 54 . Wenn der Untergang des Dampfers , Arctic “ , deſſen Schres densſcenen erſt einige Wochen hinter uns liegen , einen Ruf der Klage und des Unwillens in der ganzen Union hervor riefen , ſo können die Berichte von der Strandung des mit 400 deutſden Einwanderern beladenen Schiffes einen nicht minder peinlichen Einbrud bervorgerufen haben . Die „New -Gra " war ein neues ſchönes Schiff, und die Paſſagiere hatten alle Urſache , im leßten Hafen der Heimath mit den Hoffnungen für ihre Zukunft den Hinterbliebenen ein Lebewohl zurückzurufen . Die Rheder hatten für hinreichen , ben und guten Proviant geſorgt, der, wenn gehörig zubereitet, die Paſſagiere geſund und wohl erhalten hätte . Aber kaum ſind die Wanderer nach dem fernen Weſten auf hoher See, als ihre Rationen winzig klein , die Le bensmittel faſt gar nicht zubereitet werden und viele in Folge des Hungers erfranken . Die Mannſchaft beſteht aus zuſam mengeworfenem Geſindel aller Nationen. Offiziere und Mann ichaft mißhandeln die hungernden und ohnehin muth loſen Paſſagiere wo und wie ſie nur können , und wer unter die Hände des Schiffsarztes gekommen , der leider nicht mehr lebt, um ſeine Schandthaten bereuen zu können , der iſt ein Rind des fichern Todes. Was ſagen die Leſer z. B. zu fol gender Gpiſode aus dem Schifféleben : „ Bei dem Einſturze der Paſſagierküche wurbe einem jun gen Frauenzimmer ein Bein abgeſchlagen. Dhne die geringa ften gewöhnlichen Mittel eines Chirurgen zu ergreifen , um band er einfach das Bein mit einem Iuche und verordnete faltes Waſſer darüber zu gießen . Fuß und Bein ſchwoll zu einer ungeheuern Dice" an und ſpäter trat der Brand ein . Nun jchritt er zu einer Operation oder vielmehr Amputation ,

208 Cin Paſſagier mußte den Fuß des halbtobten - Madchend halten , und der Herr Doftor ergriff eine große Holzſäge und fing an , das Bein der unglücklichen Dulderin oberhalb des Knies abzuſägen. Der Aſſiſtent entſprang vor Schrecken, und ein anderer Paſſagier brachte dem kunſtfertigen Operateur eine kleinere Säge ( Fuchsſchwanz), mit welcher er nach einer bei. nabe halbſtündigen Arbeit das Bein endlich abſchnitt – in demſelben Augenblice war das Mädchen todt. " Das Schiff bekommt einen Leck und die Paſſagiere müſſen 13 Tage lang , Tag und Nacht an den Pumpen ſtehen, wah rend die roben Matroſen faullenzen und über die gequälten Paſſagiere ſich beluſtigen . Alle zwei Tage bekamen bei dieſer Arbeit die Armen nur einmal etwas Warmes zu eſſen. Obs gleich ſie manchen Freund und Anverwandten in die blaue Liefe geſandt , ſo beginnt doch der Muth der Paſſagiere fich wieder zu beleben , wie ſie der erſehnten Küſte fich naheten ; denn mit dem erſten Schritte auf den Boden der neuen Welt werden gewöhnlich alle Leiden Der Vergangenheit begraben und vergeſſen. Der Nordriver iſt gleichſam der Letheſtrom , in den Glückliche und Unglüdliche ihr Leib verſenken . Das Vorgefallene erſcheint ihnen diesſeits des Ozeans meiſtens nur noch als ein widerlicher Traum. Am legten Montag Morgen um 4 Uhr webte eine flarfe Brieſe aus Südoſten . Es war die Zeit der Morgenwache. Der zweite Steuermann hatte das Kommando des Verbeds." Die meiſten Paſſagiere lagen in den Kojen. Es herrſchte wenig oder gar kein Nebel und das Fahrzeug war in der Näbe einer Rüſte, wo das Sonbiren allein faſt hinreicht, in den finſterſten Winternächten genau die Lage des Schiffes an zugeben. Der Capitän fchläft in der Sajüte, angeblich glau bend, er befinde ſich an der Küſte von Long Island , da er feit Freitag nicht nachgefeben hatte , wo er war. Der die Wache habenbe Offizier befand ſich im Zwiſchenbed . Was jeßt geſchah , weiß der Leſer zum Theil und Manches wird wohl für immer unenthüllt bleiben ; denn das Meer gibt wohl ſeine Lobten , nicht aber ſeine Geheimniſſe wieder.

209 ein wenig por 6 Uhr hörte der Kapitän oon Peiner Kajüte aus, wie der erſte Steuermann die Wache fragte , was es ſei, das dort ſo hell ausſehe. " Bevor die Antwort fam , war der Kapitän aufs Verdeck getreten , und in demſelben Augen : blick erſmoll der Unglücksruf „ Brander ! " den Schlummernden im Zwiſchendeck ans Dhr. Viele eilen aufs Verdeck , aber der Steuermann treibt ſie in den Schiffsraum zurüc, indem er zu ihnen ſagt, man babe Anker geworfen und es ſei feine Gefahr vorhanden , um deſto ungeſtörter ſeine Rettung vors bereiten zu können . Als einige Paſſagiere wieder aufs Vers deck kamen, faben ſie, wie die Steuerleute die Boote lodbans den , um ſich und die Matroſen zu retten , und dieſe ſowohl wie der Kapitän ergriffen die erſte beſte Gelegenheit , ſich zu retten , und riießen die Paſſagiere, weldie in die Boote nachs ſpringen wollten , grauſam in die Brandung zurück. dieſe Weiſe hatte am Mittag das Schiff keinen Befehlshaber mehr und nicht eine Seele war an Bord , die das Geringſte vom Seemannsweſen verſtand. Bei den gräßlichen Nachts ſcenen , welche nun folgten , wollen wir nidit verweilen . Von 427 Menſchen, die in Bremerhaven ſich einſchifften , haben 143 lebendig das Land erreicht 284 hatte das Meer verfofungen ! Wir können und wollen die gräßliche Annahme der über lebenden Paſſagiere, daß die Offiziere das Schiff mit Fleiß auf den Strand gefahren und ſie mit Mann und Mau & båtten umfom men laſſen wollen , nicht theilen ; denn die Verbrechen des Kapitäns und der ganzen Mannſchaft ſind ohnehin ſchwarz nie die Nacht. Sie haben die Paſſagiere mißhandelt und ſie verhungern laſſen . - Der Rapitän batte für die Klagen kein Ohr ; ſie haben ſie am hellen Morgen auf den Strand geführt , ſie dort feige ver laſſen und nichts für ihre Rettung gethan. Das Loos des Seemanns iſt ein hartes Loos , aber wer mit Schiff und Paſ fagieren nicht aushalten kann bie ans Ende, der ſoll die Erde pflügen, nicht das Meer. Wir können den Wunſch Vieler nur gerecht finden , daß die ganze Schiffømannſchaft 14

210 an der Küſte von Long Branch au Galgen aufgehängt wer den möchte, die höher denn Hainan's , zur Warnung für pflichtvergeſſene Seeleute. Und nun zu der praktiſchen Lehre der Sache. Zahlreiche Erfatzrungen , ſelbſt Beneiſe vor unſern Gerichtshöfen Haben in neueſter Zeit gezeigt , daß die amerifanijden Schiffe im Allgemeinen (ebrenvolle Ausnahmen gibt es auch hier) von rohen, unmenſchlichen und feigen Kapitänen kommandirt wers ben und mit dem ſchlechteſten Geſintel aller Nationen , na mentlich aber mit Irländern , bemannt ſind und leider iſt gegen dieſe Klaſſe von Menſchen vor unſern Gerichtshöfen , wie die Erfahrung gelehrt hat, keine Gerecytigkeit zu erlangen . Gegen Bremer Kapitäne hört man verhältniſmäßig felten Klage, jedenfalls ſind ſie erfahrene Seeleute, halten Zucht und Ords meiſtens nung unter ihren Matroſen, ſind vorſidytig und auch menſdlid ) , weil ſie intelligent ſind und eine Schule ge noſſen haben, die das robe Element des Meeres ſo ſchnell nicht verwiſcht. Den Soluß bieraus giebe jeber Beier dieſer Zeilen ſelbſt. Wer in Deutſchland ſie zu Geſicht bekommt, beachte ſie, mer hier einen Freund oder Bruder erwartet, verſäume nicht, ſie ihm hinaus zu ſchicken. Bremen aber baue mehr Schiffe. Zum Schluſſe erſuchen wir den Präſidenten der deutſchen Geſellſchaft, Hrn . Wittbaue , unb bic Commiſſioners of Emis gration, die einmal aufgenommene Sache nicht wieder fallen zu laſſen . Es liegt im Intereſſe der amerikaniſchen Marine, daß die Schuldigen eremplariſch beſtraft werden . Die Ehre der anterifaniſchen Gerichtshöfe ſteht auf dem Spiel. [ N.-Y. Staatsztg. ]

Weiteres über den Untergang der „ New Era " . Wir haben über dieſes chauderhafte Unglück noch Meh reres nachzutragen . Das Wrack war den legten Nachrichten zufolge am Bertrümmern und die Wracers retteten einiges

211 Material, welches geſtern Abend hier anlangte. Vom Capt. Henry iſt ein Bericht erſchienen , in dem wir nichts Neues finden, nicht einmal einen Verſuch , ſich von den gegen ihn rhobenen Anklagen zu reinigen . Seiner Angabe zufolge waren folgende Perſonen auf dem Schiffe : 374 Zwiſchendeckspaſſagiere . 6 Paſſagiere zweiter Kajüte 4 erſter 12 Köche . 29 Mannſchaft

Zuſammen Starben auf der Reiſe

425 40

Gerettet

385 155

Grtrunken

230 * )

Gin großer Sheil der Paſſagiere waren intelligente Leute, und manche derſelben hatten Mittel genug, um die Reiſe nach ihrem Beſtimmungsorte im Weſten fortzuſeßen. Der Name des deutſchen Schiffszimmermannes, der ſich durch ſein ſchlech te Betragen gegen die Paſſagiere qušzeichnete, iſt jobann Fiſcher , der des deutſchen Matroſen Chriſtian Somiot. Wir finden in der Matroſenliſte nod zwei deutſche Namen, doch wird uns verſichert, daß ſich weiter fein Deutſcher unter ihnen befand. Von den über Bord geriſſenen Frauenzimmern kam nur eines lebendig an den Strand: Louiſe Heyer aus Preußiſch Minben . Sie iſt auch die einzige von den weiblichen Paſſagieren , die am Montag gerettet wurden ; ſte war diejenige , welche auf einem Stück Holz in faſt nadtein Zuftande ans Land trieb. 3hr Bruder wohnt in Wisfonſin und heißt Friedrich Wilhelm Heger ; ſie hat ſeine Adreſſe verloren . Ein anderes Frauenzimmer Jobanna meir denreich erzählt: *)

Gegen 300 gingen zu Grund .

14 *

1

212 Fräb um 5 oder 6 Uhr, während die Paſſagiere in den Cofen um mich her feſt ſchliefen, erwadyten wir plößlich von einem beftigen Stoße und fühlten , wie das Schiff aufidylug. Wir kleideten und geſchwind an , blieben aber ruhig unten, während einige von den Männern hinaufgingen , um nachzu . ſehen, was es gäbe . Als ſie zurückfamen , ſuchten ſie unſre Angſt zu beſdwichtigen ; allein bald drang zu unſerm Ents jeßen das Waſſer herein und zwar ſo raſo) , daß mandie in ihren Cojen ertranken , ehe ſie ſich nur ermuntern konnten . Nun ſtürzten wir auf das Deck, wo wir uns ſo gut es ging in der Kajüte oder im Vordercaſtell zu bergen ſuchten . Ich ging nach dem leßtern . Die Männer fletterten meiſtens in die Maſten und Ranen , Andere in das Bugſpriet. Zwei bis drei Stunden lang hielten wir uns, obſchon bis auf die Haut burchnäßt, gegen den Anbrang ber wüthenben Wellen . Das Geländer und ein Theil des Vordercaftells wurden in dieſer Zeit weggerijen : um 9 Uhr begann das leştere, in dem ich und etwa 20 Andere Zuflucht genommen hatten , auseinander zu brechen und ich mußte mit meiner armen Mutter hinaus. Die Wellen fuhren beſtändig über uns weg und trotz aller meiner Anſtrengungen ward meine Mutter zwei oder dreimal davon zu Boden geſchleudert , während wir nach der Tafelage zu gelangen ſuchten . Endlid blieb ſie erſchöpft auf dem Bo ben liegen , und ehe ich ihr Hülfe leiſten konnte, riß eine mächtige Sturzwelle ſie über Bord . Ich ſah ſie niemals wieber . Unter furchtbaren Anſtrengungen gelangte ich nach dem Plaße , wo für gewöhnlid; die Koblen aufgeſpeichert lagen und fand da meinen Bruder mit ſeiner Frau und ſeinen Kin bern. Eine . Welle, die mich niederwarf, hatte mir alle meine Kleider bis aufs Hemd vom Leibe geriſſen. Ich ſaß ſtundens lang bei meinem Bruder , während das Waffer über uns hinwegfuhr. Jeden Augenblic hielten wir für den legten unſeres Lebens . Etwa 2 Stunden nach Mittag ward das Kind meines Bruders weggeriſſen , bald darauf wurden zirei Männer in unſerer Nähe von den Wellen mehr erſchlagen als ertränkt. Zu mehreren Malen ſah ich in den Zwiſchen

213 räumen zwiſchen den einzelnen Sturziellen Männer von der Tafelage herabſpringen mit dem verzweifelten Geſchrei : „ Meine Frau ! Mein Kind ! " Oft faben wir um das Schiff berum ganze Gaufen von Leichen durch die Wogen emporgeworfen , da die Grtrinkenden ſich in der leyten Noth feſt an einander geflammert und ſo ihren Tod gefunden hatten. Wir ſelbjt konnten uns nicht vom Plaße rühren , aus Furcht, im Hugene blicke weggeſchwemmt zu werden . So konnten wir auch nichts von den am Strande gemachten Anſtalten zu unſerer Rettung ſeben. Die ganze Nacht brachten wir in fürchterlicher Todega angſt unter Weinen und Beten zu . Am andern Morgen erft erſchien die Hülfe u . Jobanna Heidenreich hat zwei Brüber und eine Schweſter in Neu - Yorf. Der Berichterſtatter ber „ Tribüne" , ber am Dienſtag Nach . mittag das Wrack beſuchte, ſchildert den Anblick, der ſich ihm bot, wie folgt : „ Das Vorderfaſtell war zertrümmert und in dem Dache der Hinterfajüte war ein großes Locy, durch welches Alles war vom Ded weggen die Wellen hineinſchlugen . ſchwemmt. - Von den Geländern ſtand noch das Rahmene werk und dazwiſchen bervor ftacen bie Leichen von Männern, Frauen 'und Kindern , faſt alle nackt oder in dünnen Nacht kleidern . Aber der fürchterlichſte Anblick war gerade vor uns. Da ſaben wir an der Seitenwand der Cajüte etwa 20 Leich: name, alle ſteif und falt in den furchtbarſten Stellungen gee Häuft liegen , zermalmt, zerquetſdit, mit herausgeriſſenen Augen, feſt verbiffenen Zähnen und dem Ausdruck der entfeßlidften Todesqualen in den erſtarrten Zügen : Greiſe, junge eben erſt gereifte Mädchen, Säuglinge und Männer lagen hier in der falten Umarmung des Lodes neben und aufeinander. Das Blut in den Adern trat ſchwarz unter der Haut hervor, die Hande waren noch im Todeschmerze feft wie eiſerne Zangen zuſammengeframpft. Es war ein ſchrecklicheres Schauſpiel, als die Phantaſie des Menſchen erſinnen fann . " linter den Umgekommenen befand fich ein Mann Namens Karl Ludwig Ferdinand Grünberg, aus Berlin , an deſſen leichnam ſich ein Papier mit der Abreiſe : Dietrich Scburiann ,

214 care of Mr. Siebert Ungemac , corner of 64th Street and 8th Avenue , vorfand. In dem Hauſe des Hrn . Allen , nahe am Strande, liegt Amalia Daug aus Preußen . Vor etwa einem Jahre hatte fie gegen den Wunſch ihrer Eltern geheirathet und ſuchte jeßt eine Heimath in den Ver. Staaten. Sie wurde am Dienſtag Morgen gerettet ; fie war hochſchwanger und gebar 2 Stunden nach ihrer Rettung einen Sohn . Den Gemahl hat das Meer berſchlungen . Man fann anmöglich an die fammerſcenen beſchreiben , deren die auf dem Wrack und am Ufer Augenzeugen waren . Eltern weinten um den Verluft ihrer Kinder, junge Mädchen fuchten ihre Bekannte und Verwandte , Kinder ihre Eltern. Am Mittwoch Morgen fab man einen Greis unter den auf dem Strande zerſtreuten Leichen nach ſeinen Kindern ſuchen, in der Hoffnung, in jeder verſtümmelten Geſtalt einen Sohn oder eine Tochter zu erkennen , von denen er gehofft hatte, daß ſte ihn glücklich machen würden in feinen alten Tagen. Sein Suchen war vergebeng ; — gebückten Hauptes und mit thränenfeuchten Augen ſchlid er von dannen , um ſeiner be tagten Lebenøgefährtin die betrübende Kunde zu bringen, daß fein Suchen vergebens geweſen und ein freundloſes Daſeir ihre alten Tage beſchließen wird. . Der geſtern mitgetheilten Liſte derjenigen, von denen man beftimmt weiß, daß ſie verloren ind , haben wir noch hinzu zufügen : Greecencia Scheue, Qunigunde Scheu 8 , Unna Scheus, Schweſtern , von Connenéreuth bei Baireuth ; dieſelben haben Brüder die in Rocheſter, N.). , leben, zu denen ſie ſich be geben sollten . Berr Lampe , Lirohler aud Neu- York , mit 2 Schweſtern .

215 Das Wrack und ſeine Lehren . Neu - Vorf 1, 15. Nov. Die heutigen Blätter enthalten einen von Hrn . W. A. Lewis , vom Sandy Hoof Telegraph unterzeichneten Artikel, morin er verſucht, von den Underwriters dieſer Stadt den Tadel abzuwehren , rregen Mangel an Booten und andern paſſenden lebensrettenden Apparaten an Bord der Dampfs ſchiffe , die von ihnen zum Retten bei Wracks an unſerer Küſte benugt werden und über welchen Mangel ich in meinem Briefe vom Montag klagte. Es iſt eine undankbare Aufgabe, in einer ſo ſchrecklichen Calamität wie die , vor welcher das ganze Publikum noch ſchreckend zaudert, und die an beiden Seiten des Ozeans ſo viele Herzen mit Trauer und Troſtloſigkeit erfüllt, gegen 3e manden als Ankläger aufzutreten . Fern von mir ſei die Auf gabe der Anſchuldigung . Die beſchwörenden Rufe, das Ausftrecken der Hände jener bülfloſen ſterbenden Menge von Männern, Frauen und Kins die dern, die ich in dem Tackelwerk der „ New - Gra “ rah verſtümmelten und kalten Leichen , welche auf dem Verbeck zers die blutenden Herzen ſtreut lagen und den Strand bedeckten rn n n eſte , die umſonſt die kurze von Männer , Brüber und Schw en cken hbli ttet Geliebten zu ſuchen, die , um durc Liſte der Gere Alle fchreien wie das Blut die auf ewig verloren ſtad der Unſchuld aus dem Ozean und vom Lande gegen Diejenigen wer ſie auch ſein mögen durch deren Nachläßigkeit fte ihr Leben berloren haben . Es ift mabr, keine menſchliche Macht hätte einen großen Theil Derer, die zuerſt vom Dec des verunglückten Schiffe8 geſchleudert wurden , retten können, aber es iſt eben ſo mabr, und keine Beweggründe des Intereſſes follen mich abhalten; die Erflärung zu wiederholen, daß jebe Seele, die lebend an Bord blieb, nachdem der „ Achilles " das Wrac erreichyte, hätte gerettet werden können, wenn nur ein einziges gutes Strands boot an Bord des Steamers geweſen wäre ! Idi appellire

216 pertrauengvoll an den Capitán , Steuermann und Ingenieur, ſowie auch an die Matroſen und Feuerleute , dieſe Wahrheit zu beſtätigen oder zu läugnen. Die unendlichen Leiden , welche Denen zu Theil wurden, die in der dunkeln Nacht vom Montag durchnäßt und erfroren ſich an dem wanfenden Wrack feſts Flammerten die Todten , welche am Morgen im Tafelwerk hingen , und Diejenigen , welche verſtümmelt auf dem Verbed lagen oder ins Meer geſpült worden , alle dieſe hätten gerettet werden können mit einem einzigen Boote an Bord des „Achils les " oder des „Leviathan " , welche zu dem Wrack geſchickt wurden . Ach, für welchen Zwed wurden ſie geſandt ? „ Das ſieht ſchliinm aus , " ſagte Capitän Reynolds zum Capt. des „, Achilles“ . „ Ja, “ war die Antwort , „ und bas Schlimmſte iſt, daß wir nichts thun können . “ Warum nicht ? Keiner der Steamer hatte ein Boot , welches ſich nur auf einen Augenblick in der Brandung hätte halten , vielweniger menſchliche Weſen führen können . Es iſt wahr, da ſie außers halb Sandy Hoof lagen, als die Nachricht von dem Unglück die Stadt erreichte, konnten ſie mit nichts Weiterem verſorgt werden , als was ſie hatten, und ſie hatten Nichts. Aber wie ſtand es mit dem „ Grcelſior “ , der unter der Anordnung des Capt. Bowne, Agenten des Board of Underwriters, erpreß bei der Stadt zu dem Zweck ausgerüſtet wurde , ben Schiffs brüchigen zu Hülfe zu eilen . Capt. Bowne ſprach für ſich felbſt, als inmitten der Dunfelheit der Nacht er den ,, Achillega anrief und die erſtaunliche Mittheilung machte , daß er nicht zwei Männer an Bord habe , die einen Stabn res gieren könnten . " Er hatte ein Strandboot, eine Dampfs pumpe und einen Ingenieur, fie in Bewegung zu feßen , aber nicht zwei Menſchen, die ein Boot in Bewegung feßen konnten, um Leben zu retten . Troßdem erklärte er es für möglich, Das Wract zu borden und die Paſſagiere herunter zu holen , und rief den „ Achillega um Hülfe an . Da rraren orei Tau boote , ein großer Wrad - Schooner und endlich ein paſſendes Boot , aber nicht eine Seele hinuntergeſchickt worden , deren Pflicht ee gerrefert wäre , ſie zıl bemannen ! War der „ Ercelo

217 fior " geſchidt worben , bie Paffagiere ober bie Segel und das Lafelwerk zu retten ? In der Frage liegt die Antwort und ſie wird charakteriſirt durch den falten Handelston von Capt . B's . Brief an die Underwriters, worin von 28 Zeilen gerade fed Zeilen den Paſſagieren und ihrer ſchredlichen Lage ges widmet ſind. 3d rerbe mit dem „ Grcelſior" hier bleiben, um Segel , Tafelwerk und alles , was ſonſt möglich iſt, zu retten ,' und zwar - ſagt Capt. Vowne. Eine würdige Aufgabe eine ſolche, wozu Gie abgeſchickt wurden ; bleiben Sie bei Ihrem Leiſten, Capitän, aber laſſen Sie in Zukunft Niemanden Vers wünſdungen häufen auf die Häupter der ruchlofen Strands klepper, welche in nächtlicher Finſterniß die Todten ihrer Kleis der berauben , um ihre eigenen Seeräuber-Cadaver zu ermär men : Dieſe haben gute Beiſpiele von Hoher Autorität vor Augen . Perſönlich halten wir Capt. B. für eben ſo begierig wie irgend Jemand ſonſt, Menſchenleben zu retten wir wollen nichts weiter ſagen , als daß er eben nicht zu jenem Zwecke, d. H. zur Lebensrettung, außgeſchickt wurde, und hierin liegt Das Mißverſtändniß , woran das Publikum leidet , wann es im „ Erpreß " angegeben findet, daß das Schleppboot (Tug) alles zum Werke Nöthige an Bord hatte ; jenes Blatt hätte hinzufügen ſollen : ,nämlich zur Rettung der Segel , des Tafelwerkes und alles Derſen , was ſonſt zu retten möglich war . " Es ſcheint ſich als Wahrheit heraußzuſtellen , daß das große Board der Aſſekuranz -Compagnien der großen Handels Metropole dieſes großen Landes nicht die Spur eines eigenen Dampfers hat , welcher mit den angemeſſenen Vorkehrungen für die Rettung von Eigenthum ober Leben (Eigenthum kommt natürlich zuerſt) verſehen iſt, ſondern daß jenes Board von Privat-Unternehmern ein Dampfboot miethet und nady der Stunde bezahlt, wenn zufällig ein folches Dampfboot in der Nähe ift aber daß jeneg Board weder Boste noch Leute zu deren Bemannung hat .

218 Gine Wiederholung diefer entfeßlidien Schiffbrüdye iſt während der jeßt eingetretenen ſtürmiſchen Jahreszeit mit faſt moraliſcher Gewißheit zu erwarten . Sind die Bewohner dieſer großen und reichen Stadt zufrieben, die genauen Swilderungen davon zu leſen , und ihre fruchtloſen Rlagelieber darüber hinter dem warmen Ofen auszuſtöhnen ? Die „ New Gra " enthielt über 400 Seelen ; jede derſelben zahlte bei der Einſchiffung Einen Dollar an die Commiſſio ners of Gmigration in Neu - York drei Viertheile der Paſſagiere bezahlten jenes Geld für das traurige Privileg, an unſerer Küſte zu ertrinken . Für 400 Dollar würde man vier erprobte Rettungsboote mit Stanton's Patent-Kautſchuk Floßen gefauft haben, womit man hunderte werthvoller Mens fdenleben hätte retten können , und aller Sommer , der auf ihr plöblidies und elendes Ende folgte, wäre verhütet worden . Haben ſie zu jenem Zirece etwas übrig ? Wenn nicht, und wenn 300 weitere Menſchenleben während der nächſten Woche oder des nächſten Monats geopfert werden , auf wen ſoll dann [Glias Schmith , pin Vorwurf fallen ? von der Nens - Yacht“ . ]

Folgender Brief, welcher geſtern Nachmittags hier einlief, enthält noch manches Intereſſante: Long Branch , 16. Nov. , 3 Uhr Nachmittage. Herrn R. A. Witthaus , Neu- York. Wertheſter Herr !

Ihre telegraphiſche Depeſche empfing ich um 4 Uhr und beantwortete ſie gleich); Ihren Brief empfing ich um 9 Uhr geſtern Abend. Sämmtlidie geretteten Paſſagiere befinden ſich jeßt in Neu - York , mit Ausnahme einer Frau , die gleich nach ihrer Ankunft eine zu frühe Niederkunft zu überſtehen hatte , und einem Manne, deſſen Bein gebrochen iſt. Erſtere befindet ſich in Deal Bead ), 500 Schritt Weges von dem

219 Praße, wo die traurige Kataſtrophe ſich zutrug , in einer Privatwohnung und erhält ärztliche Hülfe und ſorgfältige Pflege; fobald der Doktor ausſagt, daß ſie fähig iſt abzu reiſen , werde ich ſie ſicher nach Neu - York hinliefern . Ihr Name iſt Emilie Danz . Ihr Mann und Kind iſt todt. Ihr Bruder, Theodor Kemmerer , wohnt Nro . 395 Market Str. in Philadelphia, Pa . Leşterer iſt in Eatontorrn, Monmouth Co. , N. 3. Ein Arzt hat ihn hingebracht. Man hat alle nur erdenkliche Sorgfalt auf ihn verwendet. Ich werde mögs lichſt bald ihn beſuchen ; fein Name iſt mir noch unbekannt. Je trauriger der ſtattgehabte Vorfall iſt, deſto größer iſt aber auch die Menſchenliebe der in der Umgegend wohnenden Leute geweſen. Eine Liſte der Geretteten kann ich nicht liefern , da ich vorgeſtern Abend von Readbank hinwegeilte , um möglichſt bald die Kranken und das Dampfſchiff zu ſenden , da , wie ich hoffte, noc) zu retten war. Den Capt. Bowne, der von den Underwriters hergeſandt war, bat ich, fämmtliche Paſſa giere direkt in die Office im Park zu ſenden , wohin zu ge hen ich auch den Paffagieren empfahl und zu welchem Zwede ich mitgebrachte Karten bertheilte. Geſtern Morgen reiften die Kranken unter der Dbhut des genannten Capitäns ab. Wagen mit Springfebern brachten ſte auf das Boot, welches fie in Neu - Yorf landete. Alle waren genugſam hergeſtellt, um die Reiſe nach Neu - York antreten zu können , wie mir der Augenſchein zeigte und ber fich dort befindenbe Doktor ausſagte. Den Capitän Bowne habe ich als einen Ehrens mann kennen gelernt, der mit Energie und Einſicht ein vor trefflichel, Mitleid fühlendes Herz verbindet. 3hm verbanken die armen Leute ſehr viel. In Ermangelung einer Lifte mit den Namen der Leichen , topire ich eine Skizze der Angabe des Coroners Jordan Woo len &&q . , von der ich hier eine Nummer anführe, und zwar eine ber bouftändigften : , Nr. 45. Female . Blue calico dress , underclothids marked L. N. Brown hair . Small in stalure . Age 16

220 years. Very badly disfigured . Found on her persou one golden ear ring , 3 (wo-gilders , 3 ten - Thalers in gold , 3 gold dollars american , 3 half dollars american . " *) Um die Namen der Leichen zu erfahren, habe ich den Ins telligenteren der Paſſagiere ſämmtliche noch nicht beerdigte Leidien geſtern Morgen gezeigt. Reiner wurde erkannt. Der Sand hat bei faſt Alen nicht nur die Augen ausgefreſſen, ſondern auch die Lippen, Obren , Brüfte u . f. w . weggebeizt und ſte meiſt ganz unfenntlich gemacht. Ich hoffe, daß die bei einigen Paſſagieren gefundenen Papiere mehr Licht in die Sache bringen werden . Samuel Rotſchild , Fried . Deubel, jobanna Riecks und H. Grünberg aus Berlin , ſind die einzigen Namen von Leichen , die ich Ihnen bis jegt anzu geben im Stande bin . S. N. hat einen Couſin H. Rot ſchild in Savannah. F. D. hatte einen Wechſel von Dol. 241. 40, datirt Brement, 15. Sept. 1854, auf G. 7. Bechtel in Neu - York ausgeſtellt, an ſids. J. R. hatte zwei Wechſel, 140 Doll. u . 60 Doll. , batirt 13. Sept. 1854, auf Meyer und Stucken in Neu - York auê geſtellt von Lehmann, Drpen heimer u . Gomp. in Braunſchweig . Sämmtliche brei Wechſel befinden ſich gegenwärtig in den Händen des Coroners , der auch ſämmtliche Werthſachen , bie an den Leichen gefunden wurden , inne hat. Ich werde mit ihm darüber ſprechen und erfahren , ob er die Sachen ben migranten - Commiſſioners ſenden will, oder wie es damit gevalten wird . Die Mannſdaft glaubt , daß man die Kiſten und noch im Zwiſchendeck befindlichen Leute morgen wirb herausnehmen können : ich werde deghalb hier bleiben , um dieſelben ſofort nach Neu - York zu den Emigranten - Commiſſioners zu ſenden .

* ) „ Nro. 45. Weiblich. Blaues Rattunkleid, das Hemd ge zeichnet mit L. N. Braunes Haar. Klein von Statur. Alter 16 Jahre . Sehr entſtellt. Man fand an ihrer Perſon einen goldenen Ohrring , 3 Zwei- Guldenſtice, 3 Zehu - Dollarſtücke in Golt , 3 amerikaniſche (Helstellar , 3 amerifaniſche Halb : dollar . “

221 Särge unb Begräbnißpläße ſind , wie ſie vorſchreiben , nummerirt. Der Coroner geht mit einer ziemlichen Genauig feit zu Werke. In aller Frübe geſtern Morgen begab ich mich von hier nach Deal Branch , um die Kranken in Augenſchein zu nehmen. Ich fand ſie bis auf die Kindbetterin alle fähig zu reiſen , und ſandte ſie, es waren circa 18 unter Begleitung des Ca pitän Brown ab ; von dort begab ich mich an die Küſte und ließ mich an das cirka 300 Yard von derſelben entfernte Schiff ſchaffen . Es liegt einem kleinen , auf den meiſten Karten verzeichneten , durch Ausbrechen der See gebildeten Landſee gegenüber, Namens Great Pond . Es liegt in derſelben Richa tung mit der Küſte, mit der Lee - Seite nach der offenen See hin , auf weldie Seite es auch geſunken iſt, und ragt in der Mitte cirka 4 Fuß über das Waſſer heraus und iſt ganz mit Waſſer angefüllt. Da die See ziemlich hoch ging, beſchränkte man ſich darauf, die Seile und Segel der Maſten zu retten . Nachdem ich mich überzeugt hatte , daß an dem Tage nichts mehr an Bord des Schiffes gethan werden könne , ging ich mit dem Coroner , um dem Durchſuchen der Leichen beizu wohnen und wenn möglich, die Namen der Unglücklichen zu erfahren zu ſuchen , was mir aber leider in nur ſehr wenigen Fällen gelang, die bis jeßt gefüllten Särge ſind bis zu No. 119 nummerirt und etwa 30 Leidyen ſind noch aufgefunden worden . Bei dieſen Geſchäfte überraſchte uns der Abend. In Long Branch wieder angelangt , fing ich die Copie des Coroner Statements an , und jeßt iſt es faſt 4 Uhr Morgens. Ich habe die Copie bis No. 56. Noch einige Minuten und der Stagetreiber fährt ab . Entſchuldigen Sie, daß ich dieſen Brief nicht in Engliſch ſchrieb. Es ſind 24 Stunden um , daß mich ununterbrochen eine äußerſt traurige und angreifende Arbeit beſchäftigt, was mich äußerſt abgeſpannt hatte. Id muß mich zu Bette Ves geben, um für einige Stunden Schlaf zu genießen. Seien Sie überzeugt, daß ich alle meine Kräfte anſtrengen werde, meine leider ſo ſehr traurige Pflic;t zu erfüllen , und

222 genehmigen Sie inzwiſchen die Verſicherung meiner aufrichs tigſten Hochachtung. Grgebenſt zeichnet Ihr Wm . M. Wermersfirc .

Wir geben nachſtehend einen Abdruck des in der vors geſtrigen Sißung des Verwaltungsratbes der deutſchen Geſell. ichellſchaft erwähnten Bremer Gefeßes, welches auf den Fall der New - Gra “ angerendet wird und zu beſſen Erfüllung Herr O. F. Bechtel, der Conſignee der Paſſagiere, fofort bereit war : „ Verordnung des Bremer Senats , die Beförderung von Schiffs-Paſſagieren betreffend. (Am 7./14 . Juni 1854.) S. 42. Der Schiffs -Erpedient hat der Inſpektion nachzuweiſen , daß für den Fall eines dem Schiffe auf der Fahrt vom Aus gangsplaße bis zur erfolgten Landung am Beſtimmungsorte etwa zuiſtoßenden Ereigniſſes, durch welches daſſelbe an der Fortſegung der Reiſe etwa verhindert oder die Reiſe unter: brodien werden ſollte, das Paſſagegeld ſämmtlicher , forrohl der Cajüts - als der übrigen Paſſagiere , und außerdem für jeden derſelben eine auf zwanzig Thaler, bei allen Reiſen nach einer Gegend über Gap Horn oder Cap der guten Hoffnung hinaus auf dreißig Thaler , und bei Reiſen , auf denen der Aequator zweimal paſjirt wird, auf vierzig Thaler ſich belaus fende Summe zur Verwendung ſtehe. Dieſe dient dazu, um zunächſt die etwaigen Koſten der Rettung der Paſſagiere und ihrer Effekten , die Koſten ihres einſtweiligen Unterhalts, ferner die zu ihrer Weiterbeförderung nöthigen Paſſagegelder und deren Verſicherung , ſowie diejenige der Verwendungsgelder zu beſtreiten, dann aber aud ) den Bremiſchen Behörden für alle wegen der Paſſagiere gemadyten Auslagen Erfaß und Sicher: beit zu leiſten , und endlich den Paſſagieren erweislidie Ver lufte ſoweit thunlich nad; Verhältniß zu erſegen ." [N. - . Staatsztg.]

223

Beſchreibung der beim Intergang der ,Net Gra" auf gefundenen Leichen . Bis Freitag Abend wurden zu Long Branch 142 Leichen beerdigt. Wir überſeßen aus dem New - Yorf Herald eine Beſchreibung dieſer Leiden , wie ſie ben Akten bed Coronero entnommen ſind. 1. Ein Knäblein , ungefähr 1 Jahr alt , war mit einem rothen Calico - Rocke bekleidet und hatte als Kopfbedeckung eine geſtridte Rappe. 2. Gin ungefähr 10 Monate alter Knabe , bekleidet mit einem rothen Calico -Rocke und einer rothen Haube. 3. Ein Frauenzimmer in Nachtkleidern , ungefähr 25 Jahre alt, von kleiner Statur , idwarze Saare und ſchwarze Augen. 4. Ein 18 Jahre alte Frauenzimmer , trug ein blaues wollenes Kleid , mit den Buchſtaben E. M. S. gezeichnet, blaue Augen und dunkle Haare , von ziemlich großer Statur. 5. Ein Frauenzimmer, 25 Jahre alt, ganz nackt , ziema lich klein . 6. Ein Frauenzimmer in Nachtkleidern , ungefähr 15 Jahre alt, ſchwarze Augen und braune Haare . 7. Ein Frauenzimmer, anſcheinlich 20 Jahre alt , groß, trug ein blaues Kleid und Unterkleider mit A. S. gezeichnet, Bronce Ringe in den Ohren , belle Haare . 8. Ein Mann, mit gewürfelten baumwollenen Hoſen und Weſte bekleidet, zwiſchen 25 und 30 Jahre alt, belles Haar, Schnurr- und Badenbart, 5 Fuß 9 Zoll groß . 9. Ein Mann , 5 Fuß 10 Zoll groß , ſchwarzes Haar und ſtarken Backenbart, bekleidet mit einem Hemd, gewürfelten Caſimirhoſen und einer ſchwarzen kurzen Jacke, gezeichnet A. C. Starb ſogleich, nachdem er ang Ufer gekommen war. 10. Ein Mann , ungefähr 30 Jahre alt , trug einface Hoſen , graue kurze Jacke und ein baumwollenes Hemd, hatte rothes Haar und Backenbart, war ungefähr 5 Fuß 6 Zoll groß. An ſeiner Perſon fand man eine ſilberne Uhr , eine

224 Börſe mit Dol. 5. 05 , einen Roſenkranz , einen Laden ſpiegel, eine zweite Börſe mit einem Solüſſel und 3 deutſchen Kupfermünzen. 11. Ein ungefähr 18 Jahre altes Mädden , mittlerer Größe, blauen Augen und braunem Haar , trug ein blaues Wollenfleið und Unterkleider . In ihrer Taſche war ein großes Taſchenmeſſer. 12. Ein Frauenzimmer, ungefähr 25 Jahre alt , irug ein Ginghamkleid und Interröcke, mit M. R. gezeichnet, hatte blaue Augen und braunes Haar und war von mittlerer Größe. 13. Eine Frau , ungefähr 50 Jahre alt , hatte blaue Augen und ſchwarzes Haar , trug ein Baumwollenes Kleid und Unterröcke. 14. Ein Knabe, ungefähr 15 Jahre alt, trug gewürfelte baumwollene Hoſen, einen Sadrock und Stiefeln , hatte ſchwar zes Haar und graue Augen . Man fand bei ihm 18 Cents , ein Meſſer, einen Schlüſſel, brei Fünffrankenſtüde, ein ame rikaniſch 20 Dollars- und zwei 5 Dollars -Goldſtüde. 15. Ein Mann, ganz nackt, gut proportionirt , groß, ma ger, idywarzes Haar. 16. Ein junger Menſch , ungefähr 18 Jahre alt , mit dunklen Augen und ſchwarzem Haar , klein , hatte 2 Paar gewürfelte baumwollene Beinkleider, einen hellblauen Rock und Stiefel an . Man fand bei ihm ein großes rothes Taſden buch mit mehreren Briefen und Karten 2c. , woraus man ſchließt, daß der Name des Verſtorbenen Samuel Rothſchild war. 17. Ein Mann , beiläufig 28 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zoll groß, trug blaue baumwollene Hoſen, einen eben ſolchen Roof, hatte blaue Augen und dunkle Haare. 18. Ein 45 fahre alter Mann , 5 Fuß 10 Zoll groß, mit grauen Augen und dunklem Haar , bekleidet mit blauen Satinethoſen . In einem Gürtel, den er am Leibe trug , fans den ſich 24 Frankſtücke, 4 amerik. 20 - Dollarſtücke, 2 Fünf. franken und ein Thaler. 19. Gin Mann, ungefähr 45 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zoll

225 groß, lichte Augen, ſtarze Haare , trug eine Wefte von blau . wollenem Sammt, geſtridte Unterhoſen und dünne Stiefel. 20. Eine Frau, ungefähr 35 Jahre alt, mageres Geſicht, dunkle Haare , die Augen waren ihr aus dem Kopfe, rothes Calicofleid, wollene Unterröcke . 21. Ein Mann, ungefähr 22 Jahre alt, dwarzes Haar, baumwollene Unterhoſen , blauen Ueberrock, Satinetrock, blau . tuchene Weſte, Cravatte und ein Hemd mit C. Q. gezeichnet. Größe 5 Fuß 6 Zoll. 22. Ein Mann, ungefähr 25 Jahre alt und 5 Fuß 8 Zoll groß, blaue Augen , blondis Haar, Schnurr- und Vackens bart , trug Caſimirhojen mit ſchwarzen Streifen an beiden Seiten, ſchwarzen Tucirock, ein leinenes und ein Flanellhemd, und ein geſtrictes Hemd und eine Helle bunte Weſte. 23. Gine Frau, ungefähr 38 Jahre alt, in Nachtkleidern , dunkle Haare, von mittlerer Größe. Die Augen waren ihr aus dem Kopfe. 24. Eine Frau von ungefähr 35 Jahren , ſchwarzes Haar, bie Augen waren aus dem Kopfe , trug ein blaugewürfeltes Kleið und Unterröce. čine Börſe mit Geld wurde bei ihr gefunden . 25 . Ein Frauenzimmer , 20 Jahre alt , von mittelmäe figer Größe, blondes Baar, feine Augen mehr, trug ein Ging . Þamkleid und hatte goldene Dhrringe. 26. Ein ungefähr 18 Monate alter Knabe, hatte lichtes Gaar. 27. Ein 14 Jahre alter Knabe, hatte lichtes Haar, beo kleidet mit gewürfelten Satinethoſen und baumwollenem vod. 28. Ein Mann , 5 Fuß 10 Zoll groß, ungefähr 40 Jahre alt, lichtes Haar und Schnurrbart, bie Augen aus dem Ropfe, trug eine dunkle Hoſe, zwei Röcke und eine graue Weſte. 29. Ein beiläufig 30 Jahre alter Mann, dwarzes Haar, Augen verloren, trug gewürfelte Hoſen , ſchwarze Weſte und baumwollenes Hemd. Man fand eine filberne Uhr bei itu. 30. Gin Mann , 40 Jahre alt , 5 Fuß 7 Zoll groß , 15

226 braune Saare, ſtarfen Sūnurrbart, die Augen verloren , trug leberne Hoſen , blaue Weſte, grauen Rocf. 31. Ein Frauenzimmer , ungefähr 20 Jahre alt , bon kleiner Statur, dunkle Haare , die Augen verloren , trug ein gewürfeltes Baumwolkleid und Unterfleider. Hatte in den Dhren filberne Ringe. 32. Ein 18 Jahre alter junger Menſch , mit ſchwarzen Haaren. 33. Ein Frauenzimmer , ungefähr 30 Jahre alt , große Statur , ſchwarze Haare , die Augen verloren . Wahrſchein licher Name M. E. Weſt. 34. Ein Frauenzimmer , ungefähr 25 Jahre alt , groß, ſchwarze Haare , die Augen verloren , hatte ein blaues Cali cofleib an und in den Dhren golone Ringe . 35. Ein Mann, 5 Fuß 10 Zoll groß , beiläufig 35 J. alt, dunkle Haare, Caſimirhoſen . 36. Ein Mann , ungefähr 40 Jahre alt, ſechs Fuß groß , blonde Haare, Bacfenbart und Sdnurrbart. 37. Ein Mann , beiläufig 25 Jahre alt, 5 Fuß groß, tunkle Haare . 38. Ein Junge , ungefähr 15 Jahre alt , ſehr entſtellt. 39. Gin 20 Jahre alter Mann, ſehr ſtark zerfreſſen, ſein Hemd mit I. K. bezeicnet. 40. Ein Mann, ungefähr 30 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zou groß, blonde Haare, Backen- und Schnurrbart, der Leichnam ſehr entſtellt. Trug ſchwarze Hoſen, grauen Caſimirrock, blaue Weſte. Das Hemd mit L. G. bezeichnet. 41. Ein Mann , ungefähr 25 Jahre alt, blonde Haare und Bacfenbart, 5 Fuß gros. 42. Ein Mann, beiläufig 20 Jahre alt, braune8 Haar, der Leidynam war entſtellt. 43. Ein Frauenzimmer , war ſehr entſtellt. Man hielt ſie für 40 Jahre alt. Hatte eine Medaille um den Hals . 44. Ein Mann , beiläufig 30 Jahre alt , 5 Fuß groß, braune Haare . 45.

Ein ungefähr 16 Jahre altes Mädchen , klein, braune

227 Haare , die Unterkleider waren mit L. N. gezeichnet.

Man

jand bei ihr einen goldnen Ohrring , 2 Doppelgulden , drei 10 - Thalerſtücke, 3 Gold - Dollar unb 3 halbe Dollar. 46. Ein Mann , mit lidhten Haaren , ungefähr 26 3abre alt, ſoll ein ſchottiſcher Matroſe geweſen ſein. 47. Ein Mann, beiläufig 22 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zoll groß, blonde Haare, die Augen verloren . 48. Ein Mann , ungefähr 25 Jahre alt, 5 Fuß 10 zou groß , blonde Haare und ſtarken Backen und Schnurrbart. An einem Fingerring , den der Verſtorbene trug , befanden ſich die Buchſtaben F. L. 49. in Mann , ungefähr 22 Jahre alt , fdwarze Haare und Schnurrbart, einen Goldring am dritten Finger der rech ten Hand , mit den Buchſtaben E. B. , eine ſilberne Uhr. 50. Ein ungefähr 19 Jahre altes Mädchen , von mittlerer Größe. Satte einen filbernen Fingerring mit den Budiftas ben L. L. 51. Ein Sunge, 18 Jahre alt , 5 Fuß 2 Zou groß, pon weißer Complerion , blaue Augen , helle Haare . Hatte einen Gürtel mit 10 Goldſtücken und einer Ubr , gezeichnet H. S. 52. Gin Mann , ungefähr 35 Jahre alt, 5 Fuß 9 Zou groß , eine Narbe an den Lippen . Hatte eine Uhr , einen Gürtel mit 19 Goldſtücken , eine Börſe mit 5 Goldſtücken , 1 Fünffrankenſtück, einen Roſenkranz. Am Hemde waren die Buchſtaben G. K. 53. Ein Junge von ungefähr 16 Jahren , belle Haare, das Hemd mit F. S. gezeichnet. Man fand bei ihm 10 Thaler. 54. Ein Mann , beiläufig 25 Jahre alt, helle Haare und rothen Schnurrbart. Bei ihm fand man ein Taſchenbuch mit einem 5. Dollarſtück, 1 Silber- und 3 Kupfermünzen, 1 ſpas nijcten Goldbolar . Das Hemid war mit A. H. gezeichnet. 55. Ein ungefähr 18 Jahre eine Börſe mit einein Thaler . 56. Ein Mann, beiläufig 30 Baden und Schnurrbart, Größe 57. Ein Mädchen, ungefähr

altes Mädchen .

Sie hatte

Jahre alt, dyrarze Baare , 5 Fuß 6 Zou . 18 3abre alt, fleine Sta . 15 *

228 tur, blonde Haare. Die Unterkleider waren unit ben Buc ſtaben E. H. bezeichnet. 58. Ein Frauenzimmer , ungefähr 25 Jahre alt , mit braunem Haare. War ganz nact. 59. Gine Frau mit blonden Haaren , beiläufig 40 Jahre alt, von mittlerer Größe . Sie hatte eine Börſe mit 4 Guls den , 5 Francs und einen Golddollar. An der Chemiſette waren die Buchſtaben : T. H. K. A. 1. 8. S. I.

1

60. Ein Mann, beiläufig 20 Jahre alt, 5 Fuß 6 308 groß, braunes Haar. Die Buchſtaben J. W. waren in ſeinem Dembe eingezeichnet. 61. Çin Mann, ungefähr 30 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zoll groß, dunkles Haar , er hatte einen Gürtel mit 145 Dollar in amerikaniſchem Golde, 2 Goldſtücken und 10 Gulden . 62. Ein Mann , ungefähr 35 Jahre alt , helles Haar, Hatte ungefähr 30 Dollar bei ſich. 63. Ein 17jähriges Mädchen mit braunem Haare. In ihren Unterfleidern war der Name „ W. Lampe " gezeichnet. 64. Gin 17 Jahre altes Mädchen mit blonden Haaren . In ihren Nachtkleidern die Buchſtaben L. N. 65. Ein Mann , ungefähr 25 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zoll groß, blondes Haar, dünnen Backenbart und Schnurrbart. 66. Ein Mann , beiläufig 50 Jahre alt, 5 Fuß 10 Zoll groß, graue Haare, Baden- und Schnurrbart. 67. Gin Knabe von ungefähr 16 Jahren , ſehr entſtellt. 68. Ein Frauenzimmer , Namens Anna Reichel. 69. Ein ungefähr ſtebenzehnjähriges Mädchen mit braunen Dagren . 70. Ein Frauenzimmer, Namen : Eliſabeth Heidel . 71. Ein Mädchen , beiläufig 17 Jahre alt, von mittlerer Größe , mit dwarzen Haaren . 72. Ein Mann, mit blondem Badens und Schnurrbart. Dian fand bei ihm eine kleine Summe Seld . 78. Ein Frauenzimmer, ungefähr 25 Fabre alt , ſchwarz jes Baar.

229 + 74. Ein Mann, ungefähr 35 Jahre alt , blonde Haare, Ropf beinahe kabl. Gine Uhr wurde bei ihm gefunden. 75. Ein Mann, nahe an 50 Jahre alt, ſchwarzes Haar und Backenbart. 76. Eine Frau , ungefähr 35 Jahre alt , mit ſchwarzen Haaren . Sehr entſtelt. 77. Ein Knabe, ungefähr 16 Jahre alt , lichte Haare. 78. Gin Mann , Namens I. Henry Harris. 79. Gin Knabe, 16 Jahre alt, mit blonden Haaren . 80. Sin Knabe, 14 Jahre alt. Das Hemd mit H. L. , gezeichnet. 81. Gin Frauenzimmer, ungefähr 25 Jahre alt ; blonde Haare. 82. Ein Mann, ungefähr 35 Jahre alt ; Kopf theilweiſe kahl; blonde Haare und rothen Backenbart; Größe ſechs Fuß. An ſeinem Hemde die Buchſtaben L. S. gemerkt. 83. Ein Mann, 5 Fuß 10 Zoll groß ; mit lichten Haaren . 84. Ein Frauenzimmer , beiläufig 20 Jahre alt ; mit lichten Haaren . Ihre Chemiſette war mit den Buchſtaben R. S.J. gemerkt. Man fand bei ihr ungefähr 20 Dollars. 85. Ein Mann , 6 Fuß groß, anſcheinlicy 50 Jahre alt, blonde Haare , der Kopf theilweiſe kabl , grauen Badenbart. 86. Ein Frauenzimmer, febr entſtellt. 87. Ein Frauenzimmer, zur Unkenntlichkeit entſtelt. 88. Ein Frauenzimmer, ebenſo entſtellt. 89. Ein Mann , ungefähr 40 Jabre alt ; 5 Fuß 10 Zoll groß ; ſchwarzes Haar , Backen- und Schnurrbart. In dem Femde der Buchſtabe R. gemerft. 90. Ein Mann, ungefähr 21 Jahre alt ; 5 Fuß 3 Zoll groß ; ſchwarzes Saar. Im Hembe die Buchſtaben T. S. gemerkt. 91. Ein Frauenzimmer ; ganz entſtellt. 92. Ein Junge, ungefähr 18 Jahre alt ; 5 Fuß 5 Zoll groß ; belle Saare. 93. Eine ungefähr 30 Jahre alte Frau ; lichte Baare ; fehr meiße Hautfarbe . Das Hemd mit M. K. bezeichnet,

-

230

94. Ein Frauenzimmer , ungefähr 23 Jahre alt ; die Buchſtaben T. M. an ihren Unterfleidern . 95. Ein Mann , mit ſchwarzen Saaren, beiläufig 21 Jahre alt ; Größe 5 Fuß 9 Zoll. 96. Gin Mann , ungefähr 20 Jahre alt ; an ſeinem Hembe die Buchſtaben T.M.S. 97. Ein Mann, beiläufig 40 Jahre alt , 5 Fuß 8 Zoll groß , ſchwarzes Haar, das Hemd mit M. K. bezeichnet. Hatte ungefähr 25 Dod. bei ſich . 98. Gin Mädchen , beiläufig 18 Jahre alt ; rothe Haare. 99. Gin Frauenzimmer, fehr entſtellt. 100. Ein Frauenzimmer, anſcheinlich 18 Jahre alt ; hatte eine feine Linonchemiſette mit den Budiftaben G. G. 101. Ein Frauenzimmer, ungefähr 28 Jahre alt , bunto les Haar. 102. Ein Mann , beiläufig 22 Jahre alt , 6 Fuß groß ; blonde Haare , rothen Baden- unb Sdnurrbart; bas Hemd mit W. N. bezeichnet . 103. Ein Frauenzimmer, anſcheinlich 20 Jahre alt, tunfle Haare. Am Hemd die Buchſtaben H. F. 104. Ein Mädchen, ungefähr 17 Jahre alt. 105. Ein Mädchen , anſcheinlich 17 Jahre alt , braune Haare. 106. Ein ſtarker Mann , 6 Fuß 2 Zolu groß , braunes Haar. 107. Ein fünfjähriges Mädchen mit blauem ( ! ) Kaar . 108. Ein neunjähriges Mädchen mit hellem Haar. 109. Gine nabe an 50 Jahre alte Frau mit ſchwarzem Haar. 110. Ein Mann init langem blonbem Haar , Schnurrs und Badfenbart. Gr war ungefähr 20 Jahre alt und 6 Fuß 2 Zoll groß . In ſeiner Taſche fand ſich eine Börſe mit 27 Doll. 50. & r batte einen goldenen Ring , auf welchem die Worte „ 5. März 1852 " eingravirt rraren , und einen andern Ring mit Verzierungen und einem blauen Steine . 111. Sin Mann, ungefähr 21 Jahre alt, 5 Fiiß 8 Zoll groß.

+

231 112. Gin Mann , beiläufig 24 Jahre alt , Größe 5 Fuß 9 Zoll. 113. Ein Mann, ſeine Unterkleider waren mit H. B. ge zeichnet . 114. Ein Mann, ungefähr 22 Jahre alt, 5 Fuß 9 Zoll groß , das Hemd mit 0. M. gezeichnet. An ſeiner Perſon fand man 7 Doll. 50 . 115. Eine Frau, beiläufig 35 Jahre alt, mit lichtem Haar. 116. in Mann , ungefähr 36 Jahre alt , 6 Fuß groß . 117. Eine Frau, anſcheinlich 45 Jahre alt, blondes Haar. 118. Eine Frau , ungefähr 50 Jahre alt , mit blonden Haaren . 119. Ein ungefähr 14jährige Mädchen , war ſehr entſtellt. 120. Ein Frguenzimmer , beiläufig 25 Jahre alt , bon großer Statur. 121. Ein Frauenzimmer, an 20 Jahre alt, groß und ſehr weiße Hautfarbe. 122. Ein ungefähr 16 Jahre altes Mädchen , dunkle Com plerion . 123. Eine Frau, an 50 Jahre alt, etwas bräunliche Ges ſidótsfarbe und ſdmarzes Haar. 3hr Leinenhemd war mit ben Buchſtaben L. 2. gezeichnet. 124. Ein ungefähr 18 Jahre altes Mädchen mit dunklen Haaren . 125. Ein ungefähr 25 Jahr alter Mann , 5 Fuß 8 Zoll groß , idywarzen Schnurr- und Bacfenbart. Am Hemde die Buchſtaben E. W. 126. Ein Mann mit ſchwarzen Haaren . An den Klei dern die Buchſtaben S. G. 127. Eine ungefähr 55 Jahre alte Frau , mit blonden Haaren . 128. Ein Knabe , anſcheinlich 16 Jahre alt, mit ſchwar zen Haaren . In ſeinen Unterkleidern die Buchſtaben A. F. 129. Ein 16jähriges Mädchen . An den Kleidern fanden ſich die Buchſtaben 6. 6 . 130. Ein junger Menſch zwiſchen 18 und 20 Jahren .

232 An ſeiner Perſon fand man Briefe , eine ſilberne Uhr und 300 Doll. in Gold . 131. Ein Frauenzimmer mit dunklen Haaren , die Buch ſtaben M. B. F. an ihrer Kleidung . 132. Ein Mann, ungefähr 25 Jahre alt ; bunkles Haar und ungefähr 5 Fuß 10 Zoll groß. 133. Ein ungefähr 18 Monate altes Knäbchen . 134. Ein 3 Jahre alter Knabe, helles Haar. 135. Gine Frau mit ſehr weißer Hautfarbe unb blondem Haar. An den Unterfleidern die Buchſtaben G. P. Alter ungefähr 30 Jahre . 136. &in Frauenzimmer , ungefähr 25 Jahre alt , mit dunklen Haaren . 137. Ein Frauenzimmer, ungefähr 22 Jahre alt , mit ſchwarzen Haaren . 138. Ein Frauenzimmer , ungefähr 20 Jahre alt , mit dunklen Haaren . 139. Gin 9jähriges Mädchen mit braunen Haaren. 140. Ein Mann, ungefähr 25 Jahre alt, 5 Fuß 9 Zou groß ; blonde Haare und Schnurrbart. Am Hemde die Buchs ſtaben A. D. 141. Ein Frauenzimmer, ungefähr 20 Jahre alt , Tehr ents ſtellt. An der Chemiſette die Buchſtaben F. B. , und an einem Fingerringe, den die Verſtorbene trug, die Buchſtaben T. B. 142. Sin ungefähr 10 Jahre alter Knabe. Dieſes iſt die Liſte der bis Freitag Abend begrabenen Leichen . Zwiſchen 30 und 40 Leichen lagen noch in der Nähe des Hrn . Weſt zu Long Branch und wurden wahrſcheins lich am Samſtag Morgens begraben . G8 feblen jedoch die weitern Nadzrichten . Bis jeßt hat das Meer 180 von den Opfern des ſchrecklichen Unglücks vom 13. November ausges worfen und es werden ſobin noch ungefähr 70 Leichen ver mißt. Ohne Zweifel wurden gleich nach dem Stranden des Soiffes viele Leute im Zwiſchendecke ertränft; da die Wels len bis jeßt aber nur ein Stück des Schiffes weggeriſſen haben , ſo iſt es wahrſcheinlich, daß noch einige Wochen lang

233 hier und da Leichname an das Ufer geſchwemmt werden Erinnerungszeichen an die ſchreckliche Kataſtrophe. [N. -4. Demokrat v. 20. u. 21. Nov. 54. ]

Paſſagierliſte

des geſtrandeten Auswandererſchiffes „ New Era “ .

Wir geben nachſtehend eine korrekte Paffagierliſte des vor mehreren Wochen an der Rüfte von New- Serſes geſtranbeten Auswandererſchiffes „ New Era “, die wir der Gefälligkeit des Hrn . Bechtel, Conſignees der Paſſagiere, berbanken . Die Oe retteten ſind mit * bezeichnet; die übrigen ſind tobt. Namen . Alter. Wohnort . Gewerbe . * Frieb. Aug. Steinecker 26 Berka Schuhmacher. 20 Polier Auguſte Wagner Landmann. 19 Amelit Ernſt Becker do. 34 Auguſte Schwabtfeger 52 bo . Jobannes Steinbicker Landmann . bo. beſſen Frau Louiſe 49 Tochter Dorothea 23 do . do . 15 Gobn Karl bo . 12 Ferdinand 6 do. Tochter Auguſte Landmani . Bobenfelbe 21 * Friedr. Götte 17 Suhl Auguſt Scharfenberg 26 * Martin Stein do . Schloſſer. Siſchler. 30 Negersdorf Joh. Gottfr. Schmied Schuhmacher. 21 Hengreuth Joh . Balth . Brückner Landmann . * Joh . Mich . Schellenberger 32 Ratſcher Anna Marg . Lehmuth 22 Wirthshauſen . Margaretha Schmidt 21 do . Maurer. Peter Paul Ruck 38 Gölz 48 Adendorf Catharine Fleiſchhacker do. 19 Dorothea 15 do . Henriette 32 Holzbauſen Landmann . * Heinrich Georg 16

234 Namen .

Alter . 21 Friedr . Richter Louiſe Sheuerkauf 50 36 Louis Seyfahrt 26 Albert Herfe 26 Fr. Markgraf * Job . Müller 17 Jobs . Reidel 52 52 deſſen Frau Eliſe Sohn Johann 26 Heinrich 17 Tochter Eliſabeth 21 * Simon Rahlhofer 28 * Heinrich Georg 29 Henriette Fey 26 Anna 19 • Daniel Stahl 58 * beſſen Frau Gliſabeth 57 33 Henriette Hoffmann 30 Dorothea Bertram 5 deren Sohn Georg Fr. Wm . Schlöſſer 38 24 Carl Weltersbad) 33 Wilhelm Otto Wilhelm Röſter 24 30 deſſen Frau Auguſte 36 Heinrich Köhler Sarl Met 26 22 Louiſe Nuß 20 * Marianne Schäfer 16 Catharine Winter 24 Roſine Scramin 29 * Georg Schmidt Conrad Albero 27 32 Meta Hinke Supbie Curbes 18

Wohnort Erfurt do . Altenburg do . do . Holzhauſen Dreſſeldorf do . to . du . 00 . do . Lüßeln Holzhauſen do . do . do . Wilabeneſt Danabrück do . Schlingen so . Sebejel Schönebeck 00 . Wadholz Wardenburg Zeulenroda Nasdorf do . Gloiſen Baſſern Arenſen Bremborf Depſtedt

Gewerbe . Sattler .

Sduhmacher.

Kaufmann . Steinhauer .

Landmann .

Landmann.

Weber.

Glaſer. Schneider .

Landmann . Soloſſer.

Tiſchler. Drechsler.

235

Alter . Wohnort. Namen . Gewerbe . * Peter Bauer 26 Weſterbramm Lantmann . Bökeln 19 * Johann Geerfen 18 Werder Dietr. Steinberg bo. 29 Heinr. Overbeck Job . Warnfen 2. Lebe Joh. Heinr. Reibel 24 Kaubitz * Chriſt. Happel 20 Wildungen Sdlachter. * Cornelius Jacoby 24 Arnborn Landmann . Heinr. Henne 25 Giſſelberg * Heinr. Sac . Wicfeffer 17 do . Kohl 19 Neukirchen 20 Gberfrige * Meyer * Gottlieb Krüger 25 Kaşmirzewo Müller. 28 Berka * Chriſtian Knabe Bäcker. * Albert Müller 21 Seega * Auguſt Löſſer 29 Sondershauſen Schneider. * Ginil 23 00 . Landmann . 36 Wm . Günzerobt Meßger. 00 . do . do. 34 Fried . 17 Verfa * Auguſt Werther Siſchler. Markus Kafka Chemiker. 27 Collerby 21 Prag Morit Bunzel Kaufmann . Handarbeiter . 42 Gßleben Wilhelm Werner Auguſt Biſchof Siſchler. 18 Heldungen Sto. Frieb . 18 00 . Oto . Louis do . 15 Landmann . * Fried . Simon Fiebler do . 19 Meßger. Ferd . Scharffe 00 . 16 Kaufmann . Richard Schwabe 27 Werinelskirchen Apotheker. deſſen Frau Magdal. 32 00 . Wm . Hildebrandt 55 Hildesheim Landmann . . Rolsto rf 25 Sattler. Ernſt Wülfing 23 Coburg Caroline Sutjahr Schneiber. Gomuno do . oto . 18 28 Sclgte * 3jaaf Löwenberg Kaufmann . 16 *

236

Namen . Sheodor Danz beſlen Frau milie Maria Haaſe Adam Leinhos Heinr. Kohlhaus Anna Barb. Nicolaus *Heinr. Neuhaus * Gottfr. Hermann * Carl Sdulte Julius Naumann * Joſeph Nordheimer * Joh . Meitinger Daniel Stredker Joh . Heinr. Sarjes * Fried . Recke Joſeph Göttid * Johann Baaß Carl Lampe Wilhelmine Lampe Wilhelmine Kaufmann Marie Wefterfeld Crescencia Schneider Johann Lauter

* Marie Neumayer Anton Bergtold * Lorenz Schille Ulrich Pröbftel * Herm . Heinr. Bolte * Lübece Lafta Job . Laue * Heinr. Meyer * Fr. Grnft Zacher Joh . Georg Schuhmann beſſen Frau Marie Beffen Tochter Anna

Ulter . 25 23 39 30 34 24 20 21 27 29

Wohnort .

Gewerbe.

Sondershauſen Soloffer. do. Eiſenach Pferbødorf Landmann. Siſchler. do . Mühla Båder. Leunep Weimar Siſchler . Weber. Berber Magdeburg Particulier Kaufmann . 19 Birberg 32 Fürſtfeldbuſch Landmann. 30. Ronneberg Färber. Landmann. 31 Eßendorf 30 do. 33 Sien Schneiber. 24 Meppen Tiſchler. 30 New - York 20 Wagenfeld do. 19 bo. 25 24 Schwenningen 37 Diamantſtein Landmann. 34 Burgrain 39 Unterpeißberg Bergmann . 30 Forft 44 uffing Landmann . 25 Brockhauſen do . 23 0o. 16 37 Landsberg 33 Alach 34 Troſchenreuth Sdyneider. 33 oo. 8112 do .

237 Namen . Alter . Wohnort . Peter Korniann 43 Truſchenreuth do . deſſen Frau Barbara 48 Sohn Johann 18 do . Georg do. 14 do . 12 Auguſt 00. Bernhard 4 * Fried. Weber bo. 36 Ruprecht 40 bo. beffen Frau Anna 27 do. Tochter Eliſab. 6 bo. Anna do . 3 Säugl. Johann 3/4 do. do. * Joh . Georg Popp 23 * Conrad Geyer 24 Negelbuch. Margarethe Förſter 24 ligens Andreas Speckner 28 Ranzenthal.. Eliſabeth Maß 26 Vernhof . Georg Krauß 32 Frohnlohe Anna Eckert 22 Ernſtfeld . Friedrich Lauenberg 33 Filehne. do. 23 beſſen Frau Anna 3 Sohn Grnft do. 3 Dscar do. 2 * Albert Hiller do. 30 do. 27 beffen Frau Henriette Sohn Carl 2112 do. Säugling Hugo do. 2/3 25 Minden * Heinrich Brüggemann Robert Schwarz 25 Goldberg do. beſſen Frau Henriette 31 do. 1 Säugling unter Gertrube Schäfer 24 Nieberftoll 18 Hof * Ludwig Had 20 Weidmann . * Auguftin Schad Heinrich Schmied 31 Pfordt

Gewerbe . Meßger

Bergmann . Landmann.

Weber. Landmann. Landmann .

Landmann. Uhrmacher.

Schiffer.

Sigarrenm .

Schneider .

Landmann .

238

Namen . Catharine Schmied Chriſtine Hübn Margarethe Sippel * Albertus Schaub Martin Kullmann Gatbar. Julius Orüneberg Joſeph Schreiner * Hermann Vogler Otto Lebmann Peter Devienne Marie Conrad. Stübich Roelf Jac . Meyer Johann Klieſen Anna M. Enzenberger Margarethe Flohr Marg. Barb . Stumpf * Heinrich Schleidharb Fried . Frente Johann Schleider Kunigunde Soleider Georg Schleicher * Georg Gerhardt * Ferd . Brecheimer * Caſpar Baberich * Thereſe Wölfl Heinrich Müller Fanny Ved Marie Oto . Roſa Oto. * Georg Wagner * Leonhard Dorn Job . 28. Sängenfelden Margarethe Kaiſer Georg Wurſt

Alter. Wohnort. 25 Pfordt

25 22 19 28 15

35 24 21 54 28 22 47 21 23 24 27 19 40 27 4 36 18 28 19 30 22 22 24 30 28 30 25 25

Gewerbe .

Heßdorf do . Landmann . Hof Buchenrod or . Landmann . Berlin Dorndorf Müller. Somiebebauſen Raufmann . Gfart & berge Böttcher. Schneider. Mainz Visquart do . Landmann . Cöln Schneider. Untermichelberg Heroldsberg Mkt. Erlbach Doba Landmann. Relbra Tiſoler. Alßenfendorf Landmann. do . do . Stetten Müller. Frankfurt Brauer . Theologe. Hamm Freirottenbach Bückeburg Ziegler. Peſchen 00 . 0u . Prezielt Schneider. do . Lanoniann . lInterzaumbach Walsdorf Steppach Landmann .

1 239

Namen .

Alter .

* Georg Striegel 26 * Herm . Hammeridymied 29 * Heinr. Hammerſd midt 28 Louiſe Loges 21 * Job . und Gliſab. Süfer 17 19 24 * friebrich Sdmidt * Marie Kreuz 22 22 Wilhelm Wagner 20 Margar. Reichenbach 22 Maria Knoblauch 22 Joſeph Biſchoff * Nic. Martin 32 28 Marg . Martin 5 Vincenz Martin 30 * Georg Að. Völker * Melchior de 28 Gliſe Maus 20 Marie Maus -16 Sylveſter Mac 26 Chriſtoph Gretemann, ge nannt Schmalenſtrob 50 24 Chriſtine Gretemann 24 dto . Cathar . dto . Conrad 13 Oto. Johannes 10 Heinrich oto. 11/12 Arnold Dſtenfelder 31 Anna Oto . 40 Joh . Georg Ludwig 22 Lawine Gebhardt 17 Barbara Lorenz 32 Paul Haufel 31. 20 liſabeth Ghrenhard 28 Oto . Charlotte

Wohnort.

Gewerbe .

Bräuning& hof Landmann. Stellmacher . Sende Dſterwiebe Schmied . Hannover

Ahlersbad ; Steina do. 00 . do . oo . Münchau . Schundra do . bo. Lütter Oberzell Nieberzell do . Weiberg

Landmann. Schuhmacher. Landmann.

Landmann. Brauer.

Schuſter. Müller.

Landinann .

Bornholte do . 0o . do. do . do . 00. Landmann . do. Langenſalza . Brauer. Göppmansbubl oo . Kaufelberg Gerber . Ibersheim do .

240

Alter . Wohnort . Namen . Heinrich Eberhard 21 Münchebagen 0o. * Heinrich Weſemann 49 15 Homburg Wilhelm Menhardt Sophie Zorn 18 Schlüchtern bo. 19 Eliſe Hildebrand 22 do. Glije Zipf 00 . 20 Jette Zipf do. Jette Lodich Doroth . Müller 20 Weiperz do. 22 Thereſe Mack 24 Braunſchweig * Wilhelm Oſten Johann Ricks 32 Vechelde do . 30 Concordia Ricks Theodor Ricks 21/2 do. Conradine Rids 1/2 0o. 34 Panten * Leopold Frankenſtein 31 do. Abelheid dto. Oto. do . 7 Ignas Werk Otto Schlüter Johannes Roth 17 Wottges * Auguſt Nagel Würzburg Bieber Aug. Riemenſchneiber Homburg • Carl Paulſtid * Guſtav Gutenbeil 52 Lippehne 30 Robenburg * Jakob F. Engelmann Conrab Grotegut 21 Hohenhauſen 20 Altenhagen * Heinr. Oberheide 16 bo . Oto. * Wilh . 22 Nordheim Wilh . Marienhagen * Wilhelm Müller 20 Kirchhosbach Abolph Jul. Winter 29 Brachyftedt 44 Popenhagen * Gerhard Webling nebſt Frau u. Kindern Hanneburg Sophie Böhne und Rind 20 Boffel Friedr . Flintge

Gewerbe . Tiſchler. Landmann. bo .

Siſchler.

Landmann .

Landmann . Schneider.

Sduſter. Meßger. Landmann .

Schuſter. Landmann . Schloſſer. Weber.

Landmann .

241

Alter . Namen , 19 Beinrich Sdefe Dietrich Gbler8 u . Fam. 26 * Caroline Reinfe * Paul Schicker 30 deſſen Frau Crescencia 40 15 Sohn Sunigunde Sdheld Friederife Romert + David Neuße deſſen Frau u. Kinder * Samuel Rothſchild 18 * Johannes Stange 20 22 Eliſe Fen Anna Cath . Lembaca 19 37 * Johannes Scheele 26 Friedr. Walth 59 * Job . Nic. Fiebig * Joh . Georg Fuchs 26 27 * Wilhelmine Schurr 18 Wilhelm Schurr Gottlieb Mök 17 31 * Johann Höfer 40 * Johann Georg Volz Valentin Brand 24 16 Johannes Wöller

* Joh. Heinr . Gernbardt * Gath. Klußmann * Eliſi Dehnbardt Juſtus oto. * Joh . Georg Egger8 Heinr. Heinzel u . Fam . * Heinrich Ranne Roſine Anthe Marie Rumpf Friedr. Ludvig Menger

19 24

25 16 19 20

Wohnort . Scale Wenden Lippehne

Sewerbe . Landmann

Groppenheim Bäder. 00. do . Kanererenth Großpoela Landmann. Dberweißen do . Raufmann. Zirrenberg Carlshafen Cig.- Macher Kirchlosbach do . Weber. Hofgeisinar Heloburg Sdufter. do. Dberſulmenling Landmann . Plübershauſen do . Gerber. Meßger . do . Ridersdorf Landmann . Schäfer. Aldingen Sduſter. Beenbauſen Grśrode Müller. Nentershauſen Grørode do . do . Neuenrode Kleinglabenbach Landmann . Coesfeld Schmied. Bromskirchen do. Schneider. 00.

242

Namen . * Adam Streckebein Heinrich Fleck * Rart Klöſer * Theodor Klöſer Eliſabeth Bonne * Johann Stetfowit * Anton oto. * Johann Scha3 Matth . Ziminermann Slara Stemmner Fidel Kinderle Roſa Lauber Anna Zwanziger Marg . Oto . Carline Ficker Theodor dto . *Wilhelm Leimfubler Friedr. Deubel deffen Frau u . Kind Chriſt. Reid Liſette dto . Eliſabeth Kaiſer Elifabeth Kolb Johanna Srimpert Wilhelm Schrön deſſen Frau u . Säugl. * Joh. Adam Volkmer Georg Adam Krauß Heinrich Wildhaus Bernharb Wifdybaus * Andreas Schnapp Jakob Fuchs Marie Kampe Chriſtine Zimmermann * N. Gottl. Buchholz

Alter . 21 17 21 17 24 25 23 15 24 19 27 24 53 20 24 19 24 47 26 22 27 46 20 27 18 20 48 26 34 25 29 28

Wohnort .

Gewerbe .

Bromskirchen Weber Ringebauſen Landmann Sdufter Iutenau do . Uttenreuth Tagewit Schneider Sdufter ou . Schreffendorf Deconom Weiler do . Blumenfeld Deconom Beuren Mainſtodheim 00 . Löningen Landmann do. Haßbergen Somied Soweina Landmann do . Sdneider do . do . Immeleroda do . Landmann Neuſtadt Salmannéhauſen Söpfer Malges do. Cincinnati Münſter Burfleim Linz Hofgeismar Hombreſſen Erfurt.

Landmann

Schneider Klempner

Zimmermann

243 Namen .

Alter . 22 25 23 19 17 18

* Henriette Leopold * Anton Daum * Friedrid, Ahl Heinrich Ahl Chriſt. Fr. Kleine Carl Duiffe * Friş Heidenreich u . Fam . * Edmund Helmſen

Wohuort . Gahla Herborn Marbuty do . Gifhorſt Minden 00 . bo . Gifhorſt Schale do . 0o . 00. Gronheim

Gewerbe .

Tiſchler Schmieb Schuſter Landmann Cigarrenm.

24 * Louiſe Heuer Philipp Soefe u . Fam. Landmann 21 * Gerhard Klinge 22 * Gerhard Sdulte 20 Louis Tariche 22 Schneider & manuel Siegluſt Zuſammen dreihundert zwei und achtzig Perſonen , nämlich 358 Erwachſene. 16 Kinder von 1 bis 10 Jahren . 8 Säuglinge . 382 Perſonen . Lüdering8. Bremen , 30. November 1854 . Das Schiff wurde am 15. Septbr. von Bremen erpebirt und ſegelte am 28. Septbr. von Bremerhafen nach Neu - Jork ab . Die Gajüten - Paſſagiere find bon dem Capitän felbft an . [N. - 9 . Staatez. v. 30. Dezb . 54.] genommen worden .

Schauberhafte Statiſtik. Bei Gelegenheit einer über den Untergang des , Arctic " kürzlich gehaltenen Rebe wies H. Henry Ward Beecher aus zuverläſſigen Quellen nach , daß innerhalb der leßten zwölf Monate mehr als viertaufend amerikaniſche Schiffe, mit Einſchluß derer auf den Binnen- Seen und Flüſſen, bers loren gegangen ſeien . Seit 1850 betrug die Zahl ſämmt 17 *

1

244

licher auf der Erde zu Grunde gegangenen Schiffe durchſchnitt lich jährlich 3000. Die Summen , welche die Marine-Vers ſicherungs -Compagnien in New York während des leßten Mo. nats ausbezahlten, betrugen zwölf Millionen Dollars. Die Verluſte zu Land auf Eiſenbahnen und anderer Weiſe berechneten fich auf achtzehn Millionen , baber die Vers luſte zu Waſſer und zu land ' auf dreißig Millionen Dollars. Wie viele Menſchenleben mogen wohl im fegten Jahre bei dieſen furchtbar vielen Unglücksfällen verloren gegangen ſein ! Doch dieſe rechnet der Arnerifaner nicht ! Menſchen Foſten , inſofern es keine Sklaven ſind, ihm nichts, aber Schiffe und Waaren haben Werth . [Wechſelbl., Nov. 54. ]

Die Opfer des Meeres. Seit den legten 12 Monaten ſind die Schiffe : City of Olasgow, Taylor, Staffordſhire, Birkenhead, San Franzisko, Powhattan , Arctic, New Era , Victoria, Yanfee Blade u . f.w. zu Grunde gegangen und damit über 4000 Menſchen . Es waren fämmtlich prächtige Schiffe, bei deren Bau Alles auf die innere Eleganz und gar nichte für die Sicherheit der Paſs [Wechſelbl., Dez. 54.) fagiere verwendet worden war.

Statiſtiſche Notízeu .

Eiſenbahnsinfälle , die fich im Jahre 1854 auf amerikaniſchen Bahnen zugetragen . Dabei getödtet . Unfälle. Verwundet. 12 20 25 Im Januar 11 37 Februar 19 99 März 13 18

245 Unfälle. Dabei getödtet. Verwundet. 5 37 April 13 9 Mai 42 5 16 Suni 13 34 11 66 44 Juli 23 25 Auguſt 27 September 9 51 8 Oktober 16 12 41 29 95 November 21 11 37 Dezember 14 589 168 Total 193 In dieſer Ueberſicht iſt kein Unfall erwähnt, bei dem keine Gben fo Menſchenleben verloren oder beſchädigt wurden . wenig ſind unter den Zahlen der Getödteten “ oder Verrun deten Jene begriffen, welche durch Herabſpringen von den im Gange befindlichen Bahnzügen, durch Hinaufflimmen auf ſelbe oder durch Ueberfahren während, ſie auf dem Geleiſe waren, ihren od fanden . Gegen das Jahr 1853 haben die Unfälle fehr zugenoms men , und zwar um nicht weniger als 55 . Die Zahl der dabei Getödteten iſt indeß um 48 geringer, als im Jahre 1853 . 3m

Verluſt von Leben und Eigenthüm bei Feuersbrün: ſten im Jahre 1854 .

3m Januar Februar März April Mai Juni Juli

Feuerss brünſte. 8 10 11 11 4 1 7

Dabei umgekommen . 14 19 23 31 9 1 16

Werth bes zerſtörten Eigenthums. Doll. 2,252,000 1,668,000 1,221,000 1,916,000 393,000 895,000 3,270,000

246 Feuers brünfte . 3m Auguft 5 September 6 Oktober 4 November 3 Dezember 8 Total 83

Dabei umgekommen. 12 13 12 9 12

171

Werth Des zerſtörten Eigenthumb. Doll. 4,412,000 708,000 1,040,000 937,000 1,866,000 Doll. 20,578,000

Mordthaten uud Hinrichtungen in den Vereinigten Staaten im Jahre 1854. Morbe. Hinridt. Alabama 17 2 Arkanſas 6 2 California 64 15 Connecticut 1 Delaware 1 Florida 39 Georgia Süinois 3 26 Indiana 13 Jowa 4 46 Rentudy 6 Louiſiana 47 14 Maine 4 Maryland 15 1 Raffadulett6 19 ng Midjigan

Morbe . þinricht. Miffiiſippi 32 5 Miſſouri 33 4 Neu - Hampſhire 3 3 Neut - Jerſey 7 Neu -Yorf 74 Nord - Carolina 8 5 5 43 Dhio 4 28 Pennſylvania Rhode 38land 1 Süd Carolina · 12 8 Tenneſſee 26 Teras 50 Vermont 1 Virginia 45 6 1 8 Wisconſin Iotal

682

84

infälle auf Dämpfern in den Vereinigten Staaten im Jahre 1854 . Im Jahre 1854 fanden 48 Unfälle auf unſern Sees und Flußdämpfern ſtatt, wobei 587 Perſonen und Leben famen ,

247 und 225 Zahl der Im Jahr Perſonen

mehr oder minder gefährlich verlegt wurden . Die Unfälle iſt gegen das Jabr 1853 bedeutend geſtiegen . 1853 fanden nur 31 Unfälle ſtatt, bei welchen 319 getödtet und 158 verwundet wurden .

Blutige Zahlen . Cincinnati, 21. Sept. 55. Aus einer im Druck ber findlichen ſtatiſtiſchen Runddau über das Dampfſchifffahrtes weſen in den Verein . Staaten entnimmt die hieſige „ Gazette" die Angabe, daß feit der Einführung der Dampfſchiffe auf ben weſtlichen Flüſſen dort nicht weniger als 39,6 72, ſage mit Worten : neununddreißig Laufend fech hundert und zweiundſiebzig Menſchen bei Dampf boot - Unfällen umgekommen , 381 Dampfboote ſammt las dungen zu Grunde gegangen und 70 ſchwer beſchädigt ſind. Der geſammte Verluſt an Eigenthum durch dieſe Unfälle wird in derſelben Statiſtik auf 67 Millionen Dollars angegeben . [ Cincinn. Gazette. ]

Das Schiff „ New : Era " . Neu - Vorf , 21. Jan. 1856. Das vor mehr als einem Jahre an der Deal - Düne geſtrandete Einwanderer - Sdrift ,, New - Gra “ liegt nur noch 7 Fuß unter Waſſer. Während des leßten Sturmes brach ein Theil des Kaftens und zwei Leichen wurden am vorigen Sonntag an den Strand geſpült. Es ſind die Leichen zweier Frauen, die eine ein Mädchen, die andere allem Anſcheine nach eine ältere Frau. Die Leichen ſind nahezu nackt, aber noch gut erhalten ; nur die Lippen fehlen ihnen . Die ältliche Leiche trug eine brei Mal um den Hals geſchlungene Kette von ſchwarzen Glaøperlen . Coroner Wolley hielt einen Inqueſt und ließ die Leichen dann beſtatten. Strümpfe, Stöcke und andere Waaren ſind von der „ New . Gra " ebenfalls an den Strand geſpült worden . [ N.- 9 . Abendtg .]

248

kurzer kronologiſcher Ueberblid der Gauptſächlichſten Unfälle und unglücklichen Ereigniſſe in den Vereinigten Staaten, im Jahre 1854 . Im Jenner. 4. Jenner . Scheitern des Schiffe Staffordſhire, Senator Douglas bringt wobei 163 Perſonen ertranken . ſeine verfluchte Nebraskabill" vors Haus. 5. Ginſturz eines großen Hauſes in Dayton , Ohio. Drei Perſonen getödtet, viele ſchwer verwundet. 7. Verheerendes Feuer in Portland . Das Verein . Staaten Zollhaus und zahlreiche werthvolle Gebäude zerſtört. Vom gleichen Datum die Nachricht über den Unfall des Dämpfers San Francisco " . 8. Metropolitan - hall und Lafarge - Hotel in Neu - York durch Feuer zerſtört. 9. Erdbeben in San Francisco. 14. Das Liverpooler Paketſchiff „ Continent" verliert auf feiner Fahrt nach Neu - York 54 Paſſagiere durch die ſogen . Schiffs - Cholera . 15. Ajdbrooks großes Schlachthaus in St. Louis durch Feuer zerſtört. 16. Zwei Hamburger Paketſchiffe verlieren an der ſogen . ,,Schiffs- Cholera " , das eine 41 , das andere 20 Paſſagiere. 18. Eiſenbahn - Rebellion in Grie. Raſende Weiber vers brennen die Brücke über den Harbor Creek. 19. Die Gebäude der ſog. „ Neuen City-Hall“ in Neus York durch Feuer zerſtört. 20. Ein raſender Drkan zerſtört die Orte Brandon und Mont Vernon , Ohio. 21. Verbeerende Feuer in Rocheſter , Staat Neur York . 23. Senator Caß erniedrigt ſich zum Schußredner des Schinders von Ugo Baſſi. – Ubermals Douglas und ſeine Schand bill . - Erdbeben in Gidsboro, Dhio. -- Drkan

249 auf dem Dbiofluß und Zerſtörung von 55 Roblenſchiffen , Ein fünffach ſchwarzer Tag , dieſer 23. Jenner , ein raben ſchwarzer Montag . 26. Einſturz des eiſernen Daches der großen Eiſengießerei in Yonkers. Mehrere Menſchen getödtet und viele ſchwer verrundet. 27. Ungeheure Theurung . Für das Buſchel Weizen mere den Doll. 2. 50 bezahlt, der höchſte Preis, der je im Hans del bezahlt wurde . Das Faß Mehl foſtet im Großhandel Doll. 9. 50 . 28. Die Patronenfabrik in Ravenswoob , N. - 3., fliegt Wieder 2 verheerende in die Luft und tödtet 20 Arbeiter. Der Dämpfer „ Georgia " Feuersbrünfte in Neu - York. verbrennt auf dem Portchartraine - See, und 40 Menſchenles ben gehen dabei zu Grunde . 29. Verbeerende Feuersbrunſt in Worceſter, Maſſachuſetts. @robeben in Mancheſter, Kentucky. februar. 2. Bei St. Louis 3 Dampfichiffe gänzlich zerſtört burd

den Eisgang auf dem Miſſiſſippi, und zahlreiche Schiffe bes ſchädigt. 4. Verheerende Feuersbrunft in New - Orleans - 6 Däms pfer verbrannt und 30 Menſchenleben verloren . 23. Erdbeben in Maſſachuſetts. 27. Einſturz der Gallerie im Opernhaus zu New -Orleans. März. 3. Der Senat paſjirt die Nebraskabil " . 5. Verheerendes Feuer in der Spruce Street Neu -Yorke . 7. Grdbeben in Lerington, Kentucky. 9. Die Neu - Yorker Legislatur paſſirt ein wahnſinnige Temperenz-Geſek. 13. Erploſion de Dämpfers , Reindeer" auf dem Min fiffippi. 20. Grbbeben zu Macon, Georgia . 22. Die Neu-Yorker Affembly paſſirt bas tolle Tempe renz- Gefeß. 18

250 April 8. rploſion des Dämpfers „ Gazelle" im Dregon - Gebiete . 15. Das Auswanderer - Schiff Powhattan " geht an der Küſte von New - Jerſey mit über 300 Menſchen , meiſtens Deutſchen , zu Grunde . 23. Verheerendes Feuer zu Warrenſon , Georgia . 25. Abermals verheerendes Feuer , Nr. 231 Broadway, Neu- Yorf, wobei 11 Feuerleute ihr Leben verlieren . 27. Der caloriſche Dämpfer „ Ericſon “ im Northriver ges ſunken . - Furchtbarer Sturm in Neu- York und Umgegenb. Ma i . 3. Das Schiff „ Wincheſter“ von einem Sturm entma ftet und mit Waſſer gefüllt. Die Paſſagiere werden gerettet. 7. Einſturz der Gallerie der katholiſchen Kirche zu Erie, Pennſilvanien . 22. Die „ Nebraskabill" geht mit 113 gegen 100 Stim men im Repräſentanten - Hauſe durch ! 25. Die Nebraskabill des Hauſes paſſirt im Ver. Staaten Senat. 26. Aufruhr in Boſton wegen Ausführung des Sklavens fang - Gefeßes. 31. Auffliegen breier Pulverwagen in Wilmington , Des lamare. Juni. 4. Aufruhr in Brooklyn , N.- ). Juli . 4. Schreckliches Unglück auf der Susquehanna- Eiſenbahn bei Baltimore, 28 Menſchen getödtet. 13. Bombardement von Greytown durch die Kriegsſchaluppe „ Chane". Eine präſidentlidie, Pierce'ſche Schandthat. Auguft. 7. Anfang des 3tägigen Aufruhrs in St. Louis. 20. Zwanzig Einwanderer von den Snake - Indianern in Dregon gemordet . 27. Schredlicher Lornado in Louisville, Kentucky. Huns berte von Häuſern umgeriffen und 25 Menſchen getödtet.

251 September. 6. Aufruhr ber amerikaniſchen Proteſtanten und iriſchen Katholiken in Newarf , New Jerſey. 8. Entſeglicher Drkan in Charleſton, Savannah und Ume gegend . Schaden von mehreren Millionen. Dazu die vera beerende Peſt des gelben Fiebers . 11. Schrecklicher Aufruhr zwiſchen Eingebornen und fra ländern in New Orleans. 16. Gin furchtbarer Orkan zerſtört die Stadt Matagorda und viele Plantagen in Teras . 21. Die Cholera wüthet in Pittsburg, Pennſilv ., und for dert an Einem Tage 109 Opfer. 27. Untergang be8 , Arctic" . Von 480 Menſchen nur 87 gerettet . Oftober.

1. Untergang der „ Yankee Blade " . Gegen 50 Perſos nen ertrunkeir . 8. Der Dämpfer „Colling “ verbrennt auf dem Grieſee, besgleichen der Dämpfer Princeß " auf dem Miffiſſippi, unb 46 Menſchen kommen dabei ums Leben . 26. Schreckliche Kataſtrophe auf der Oroßen Weſt - Gi ſenbahn " in Kanada. . 54 Menſchen getödtet und viele vers vundet. November 2. Unglück auf der Rock Island Eiſenbahn. 12 Todte und 24 Verwundete. 7. Aufruhr zwiſdhen der Polizei und 3rländern in Wils liamsburg . 2 Lodte und 7 Verwundete. 9. Ein zweiter Aufruhr in Williamsburg. 1 Mann getödtet . 13. Schiffbruch des Einwandererſchiffes New - Gra “ bei Long Branch. Von 410 Paſſagieren gegen 300. Leichen, meiſtens Deutſche . — Wahlſteg der Knownothings (Frem= denbaſſer) in Maſſachuſetts. 22. Kolliſion auf der Harlem Eiſenbahn in der 57. Straße , Neu -York, 20 Menſden ſchwer verirundet . 18 *

252 24. Kolliſion der Kanada “ uit dem Dämpfer „ Ocean " bei Boſton . 3 Perſonen getödtet und viele verwundet. 29. Grſte Wahl in Kanſas. Der Sklavenhalterfreund Whitfield wird von bewaffneten Banditen aus Miſſouri zum Kongreß - Delegaten gewablt. Dezember . Der „ des 11. Grdbeben in den Neu - Englandſtaaten . mokratiſche “ Senator Ada'm ß von Miſſiſſippi verlangt eine Aenderung der Naturaliſationsgeſeße im Sinne der Fremdens verfolger . 20. Feuersbrunſt in den City Aſſembly Rooms Neu-Yorke. Ein Feuermann getödtet und ein Polizeimann ſchwer ver wundet. *

Jeßt denke man ſich zu dieſen Zahlen noch den täglichen Klein- und Stillkrieg des Loffer- und Raudielebens, zu Land und zu Waſſer, wo nicht der zehnte Theil der Vergeben und Verbrechen zur þolizeilichen Anzeige kommt ; die Handthies rungen mit Gift, Meſſer, Dolch , Piſtole, Bricfftein , Fauſt und nüttel; Raub- und Mordanfälle, Verführungen, Noths zucht, Preisborereien , Feuermanns- Schlachten , beſoffene Mas troſen -Metten, Bordell- und Bluthochzeiten u. ſ. w .; Feuer: legen und nächtliche Erſäufungen, Lug , Betrug und Prellerei in allen denklichen Materien und Weiſen ; dazu , das unzäh lige Sektengeſchmeiß, das geldhungrige Krämergeſindel ; Rau fer, Diebe und Mörder , in Amt und Anſeben „ polizeilidier Schußwächter “, mit dem Galgenvolk der amerikaniſchen Ad vokaten und Juſtizpfaffen Hand in Hand ; am Ende nody Sklavenhalter und Sklavenmärkte, Sklavenfänger und Blut hundegeſchichten : dann iſt man ungefähr im Stand, ſich einen Begriff zu machen von dem „amerikaniſchen Freiheits -Para dice " in ſeiner nadten Natürlichkeit!

233

III .

Zur Laſter- und Verbrechergeſchichte.

Neu : Yorker Verbrecherliſte ,

am 1. September 1851 . Heute werden die meiſten Criminalcourten *) ges öffnet. Es befinden ſich gegenwärtig 71 Arreſtanten in den Lombs (Name eines Neu - Yorker Gefängniſſes) , weldie bei den Criminalverhören zu erſcheinen haben , nämlich 8 Zeugen, 24 Angeklagte wegen bedeutenden Diebſtahls, 8 wegen Mors des, 4 wegen Fälſchung, 4 wegen falſcher Vorwände, 4 wegen Einbruces , 2 wegen Unterſchlagung , 3 wegen Verlaſſung , 2 wegen ungebührlicher Bloßſtellung ihrer Perſon , 2 wegen Mordverſuches , 2 wegen Einbruchverſuches , 2 wegen Riot ( Aufruhr ), 2 wegen geringen Diebſtahls , 1 wegen Führung eines Shlungſdotes ( Bleiſchlinge ), 1 wegen Nothzuchtver ſuches, 1 wegen Haltung eines unordentlichen Haufes , 1 me [N.-Y. Demokrat.] gen Thierquälerei .

Poſtdiebe. Neu - Vorf , 1. Septbr. 51 .

Die beiden Herren Fuller , welche wegen Unter ſchlagung von Briefen , die auf ihre City - Grpreß gegeben worden waren, arretirt wurden, befinden ſich noch im Arreſte. Der Superintendent der Briefträger, Marcellus & e18 , nahm vorgeſtern die bei Fuller gefundenen Briefe auf der Jefferſon Marft Polizeicourt in Empfang, um ſie den Perſonen , an welche ſie adreſſirt waren , zuzuſtellen. Der Supecintendent * ) Criminal-Gerichtshöfe.

254 wird mit dem Diftrifts- Attorny ( Anwalt) alle Mittel ergrei fen , um dieſe beiden Betrüger zur Strafe zu bringen . Meh rere Perſonen haben bereits unter den auf dem Polizeigerichte liegenden Erpreßfachen Briefe gefunden , welche ſie ſchon vor mehreren Wochen in die Briefboren gelegt hatten , und An dere haben wegen Unterſchlagung von Geldern und anderer dieſer Erpreß übergebenen wichtigen Gegenſtände Klagen vor gebracht. Die Polizei hat bereits alle Boren von Adams Erpreß, welche die beiden Fuller in der Stadt errichtet hatten, abgenommen . [ N.- ». Demokrat. ]

Giftniors . Neu - Vorf , 19. Septh . 51. Am Dienſtag Abend halb ſechs Uhr ſtarb eine deutſdie Frau , Namens Eliſa Knecht, 29 Jahre alt , wohnhaft Nro. 204 in der ſiebenten Straße. Die Verſtorbene hatte ſich vor neun Monaten verehelid; t, ihr Mann ſie jedoch nach 4 Wochen verlaſſen . Am leßten Samss tag kam er wieder zu ihr und blieb in ihrer Wohnung über Nacht. Das Nämlide that er am nächſten Tage. Am Sonntag Nachts 11 Uhr wurde die Frau plöglich krank und bekam Krämpfe , welche bis zu ihrem Tode an dauerten . Dr. Rupprecht verſchrieb ihr Medizin gegen Cons vulſionen , die aber nichts half. Nach ihrem Tode fecirte er den Körper und fand , baß der Magen vollſtändig entzündet war. Dieſes, ſowie andere borgefundene Symptome bewieſen, daß die Verſtorbene Gift erhalten hatte, was auch der Doktor vor der Coroners Jury * ) beſtätigte . Nach kurzer Erwägung fällte die Jury bas Verdict, die Verſtorbene fei burch corros ſives Gift geſtorben , welches ihr von einer der Jury unbe kannten Perſon oder Perſonen beigebracht worden ſei. Unge achtet dieſes Verdictes hat die Behörde noch keine Maßres geln zur Ergreifung des muthmaßliden Mörders ergriffen. [ W.- ) . Temokrat.] *) Schwurgericht einer gerichtlichen Leichenſchau .

255

Ein 16jähriger Nothzüchter . Neu - Vorf, 28. Dktb . 51. Officer Burnham bon ber fünften Wardpolizei arretirte am Samſtage einen 16jährigen Knaben , Namens Henry Murray, ber ein 10jähriges Mädchen, Namens Bridget Hanna , deren Eltern im Hauſe Nro . 41 Anthonyſtreet wohnen , genothzüchtigt hatte. Die Schandthat fiel in einem Hintergebäude auf der Rückſeite des Schulhaus ſes in Duaneſtreet vor. Der Thäter wurde unter 500 Doll. Bürgſchaft geſtellt, und da er dieſelbe nicht aufbringen konnte, in die Tombs (ein Gefängniß ) gebracht. [N.-Y. Dem .)

Mord im Gerichtsſaal. Pardeville (Staat Wisconſin ), Septr. 52. Gin ges wiffer Leahey , bekannt im Lande als Lecturer *) gegen den Katholicismus und Urſache verſchiedener Mobs , bekam Vers dacht auf einen Irländer Manly), daß dieſer feiner Frau mehr nabe komme, als die Freundſchaft geſtattet, und verfolgte ihn gerichtlich , ohne doch ihn überführen zu können . Vor ein paar Tagen ſtanden ſie wieder vor der Court und Manly wurde wieder entlaſſen. Da zog der wüthende Leahey ſeinen Revolver, ſchoß ſeinen Feind auf der Stelle nieder und ver wundete durch einen zweiten Schuß den Squire Morton leicht am Arme. Der Gerichtshof war gedrängt vol, an Entkom = men nicht zu denken, und ſo ſikt Leabey jeßt unter Anklage auf Mord . [Milwaukee BI . ]

Großartiger Betrug . Philabelphia , 7. Sept. 52 . Am Sonnabend wurde ein gewiſſer 3. B. Hitchcod auf Berufung auf die Habeas Corpus Afte berhört, der angeklagt

* ) Borleſer.

256 ift , in Verbindung mit Andern ein großartiges Schwindel geſchäft betrieben zu haben . Sie machten den Leuten weiß, daß ſie berechtigt ſeien , Mitglieder in eine Geſellſchaft auf zunehmen , die ſie „ Mechanic's Union Aſſociation“ nannten und in deren Namen ſie verſprachen , den Mitgliedern gegen einen jährlichen Beitrag wöchentlich eine Unterſtügung zu ver abreichen , im Falle fie krank werden ſollten . Es hat ſich jeßt herausgeſtellt, daß ſie auf dieſe Weiſe über 100,000 Dola lar zuſammengebracht haben und jeßt ſich weigern , über dieſe Gelder Rechenſchaft abzulegen . [ Philadelphia Dem .]

Kriminalſtatiſtik New Yorke vom Jahre 1852 . In der Court of Dyer and Terminer wurden während des vergangenen Jahres 4 Perſonen des Mordes fchuldig ge angeklagt , wurden funben , 4 andere , deſſelben Verbrechen freigeſprochen und 3 wurden des Todtſchlags im dritten Grade fduldig befunden. In der Court of General- Seſſions wur den 401 Perſonen verſchiebener Verbrechen ſchuldig befunden und 100 freigeſprochen. Von den erſteren wurden 175 durch freiwilliges Geſtändniß ihrer Schuld überführt . In der Court of Special- Seſſions wurden 2452 ſchuldig und 265 unſchul In der Penitentiary auf Blackwell's Island dig befunden. wurden während des Jahres 4365 , barunter 2348 Frauen, eingeſperrt ; am 1. Januar 1853 blieben darin noch 1041 . [N.-Y. Staatsz.]

Gräfliche Ermordung zweier Kinder. Die Annalen des Verbrechens melden nur wenige Fälle, bie ſich an teufliſcher Scheußlichkeit mit der Greuelthat ver gleichen laſſen, die wir heute unſern Leſern mitzutheilen ha ben . Dieſer Mord wurde in Washington Townſhip , Bergen

257 Count :), N. I. , verübt und die Opfer waren ein junge Mädchen von 11 und ein Knabe von 9 Jahren , die Kinder eines Mans neb, Namens P. O'Brien . Aus der Angabe des Vaters geht Hervor , daß ein entfernter Verwandter von ihm , Namens Rating , ein Mann von etwa 55 Jahren , vor einigen Mo naten ſeine Wohnung bei ihm nahm und bald nachher ihm 150 Doll. zum Beſten ſeiner Kinder übergab . Vor einigen Wochen ging Kating den Vater um die Hand ſeiner Tochter an , die ihm dieſer auch nach einigen Zögern zuſagte. Dice ſcheint offenbar ein Kniff D'Briens geweſen zu ſein, um das ihm anvertraute Geld nicht herausgeben zu müſſen , da er ſchwerlich je die Abſtet hatte , eine ſo unna türliche Verbindung zuriſchen einem Manne von 55 Jahren und einem Mädchen von 11 zu geſtatten. Sating gab ſich inzwiſchen zufrieden und ichiert mit der Familie auf dem beſten Fuß zu ſtehen. Am leßten Donnerſtag mußte die Frau O'Brien , die Mutter der beiden Kinder , nach Neu - York , wo ſie bis zum Neujahr morgen blieb . Am Freitag verließ auch der Vater das Haus, um einige Arbeit zu thun bei einem Far mer, der etwa eine Meile von ſeinem Hauſe wohnte. Wäh . rend ſeiner Abweſenheit ſchånbete Rating tas junge Mädchen und mordete dann ſie und ihren Bruder. Als D'Brien nach Hauſe fam , fand er den leichnam feiner Tochter in Blute ſchwimmend und den Kopf faſt ganz abgetrennt. Der Körper des Knaben wurde von Wunden bedeckt und grüßlid, entſtelt in einem etia 100 Yarts entfernten Buſchwerf gefunden. Goroner Demareſt bielt Leidyendant und die Juriy erklärte in ihrem Verdiet, daß ſie von Kating todt geſchlagen wordent frien . Der Mörder iſt noch nicyt verhaftet . [ N.-Y. Staatsz . vom 4. Jail . 53.] Verbrecherleben . 4118 cinem Werfe des Zuchthausdirektors zu Singing, Staat Neu - Yorf. Die öffentliden " Mäddyn find außerordentlich genäſáig . 3d babe piele gefannt, denen nidots über Kuchen , Zuckerwerf 19

258 x . dgl. ging. Alles, was dieſe Frauenzimmer ſich erwerben, geben ſie fogleich wieder für Leckereien ober geſchmackloſen Sie wiſſen nichts von Sparſamkeit und leben Puß aus. nur von einem Tage zum andern, ohne daran zu denken , daß die meiſten von ihnen im ſpäten Alter ein höchſt trauriges Loos erwartet. Im Durchſchnitt brauchen ſolche Mädchen des Lage fünf bis zehn Soillinge, aber gewiß wird felten mehr wie ein Schilling von ihnen für die nothwendigſten Lebens . bedürfniſſe veripandt. Oft geben ſich dieſe Unglücklichen für ein gutes Eſſen oder für ein Geſchenk an Zuckerwerf preis. Die meiſten haben einen wahren Abſcheu por den Sparfaſſen und ſelbſt der Aufenthalt in den Hospitälern, zu dem ſie oft in Folge widerlicher Krankheiten gezwungen werden , kann ſie nicht dazu bringen , den einmal betretenen Weg zu verlaſſen . Dieje Geſchöpfe, die Schande ihres Geſchlechts, ſind zu leichta finnig , als daß fie baran dachten, wohin ſie ihre Lebensweiſe führen muß. Trotz aller dieſer Fehler find fie indeß oft guts müthig und namentlich gegen Arme, die ihre Hülfe anſprechen , außerordentlich wohlthätig . Wenn ſie im Gefängniß ſind, behalten Leckereien noch den nämlichen Reiz für ſie wie früs her, und trotz aller Aufſicht iſt es nicht möglich zu verhins dern , daß ihnen Gefährtinnen , die ſie beſuchen , Bonbons u. f. w . zuſtecken , wie man etwa Kindern etwas zu naſchen mitbringt . Die Coquetterie gibt oft die größte Veranlaſſung dazu , daß ſich ſolche Frauenzimmer zur Proſtitution verleiten laj fen , und mehr als einmal iſt ein Shawl, ein ſeidenes Kleid, ein Hut mit Blumen der Lohn Dafür geweſen , daß eine Uns glückliche fich preibgegeben hat . In der Regel geben ſie wenig auf Wäſche und andere nügliche Kleidungsſtücke; nur was glänzt und Aufſehen erregt, gefällt ihren ; darum tragen ſte faſt immer überaus große Sdymudſachen von falſchem Golde, nachgemachte Edelſteine und Kleider von ſchreienden Farben. Oft beſigen ſie mehr als ein halbes Dußend Kleider und nur zwei Hemiden, zwei Paar Strümpfe und ein einziges Paar Scube . Das Waſchen threr Kleider und ihrer Spißen iſt

239 ihre wichtigſte Arbeit , und ſte geben iloi bamit Vormittags in dem nämlichen Zimmer ab, in welchem ſie gewöhnlich nach 2 Uhr ihre Liebhaber empfangen. Zuweilen haben ſte kein Brod , aber Kuchen und ſtarke Liqueurs haben ſie beſtändig zur Hand. Sie leben außerdem gewöhnlich nur von geſals zenen Fleiſchwaaren, von Obſt oder ſchlechtein Salat, weil ſie zu träge oder zu wenig ſparſam ſind , ſich ſelbſt etiras zu fodhen . Die Frauenzimıner , welche ſich in Proſtitutionshäuſern und Gefängniſſen befinden , ſind in einem ſolchen Orade ver ſchlagen, beucòleriſch und lügenhart , daß ich unter hundert kaum zwei angetroffen habe , die mir aufrichtige Geſtändniſfe machten . Oft klagten ſie auf eine boshafte Weiſe andere Gefangene an , um mich zu hintergehen und mir die Ent dedung der Wahrheit zu erſchweren . Wenn ein Weib nichts mehr von Beſcheidenheit, von Scham und von Ehre weiß, iſt es ſehr ſchwer , ſie wieder auf den richtigen Weg zurück . zuführen. Bei allen Laſtern , welche den Proſtituirten eigen ſind, ſind ſie doch oft einer grenzenloſen, uneigennügigen Aufopfes rung fähig , die , wenn ſie nicht in der Regel einen unwür . digen , verächtlichen Urſprung hätte , faft auf ein gutes Herz ſchließen laſſen könnte. Wenn ein öffentlidies Mädchen einen Liebhaber bat , ben ſie wirklich liebt " , und dieſer zu lang . jähriger Gefängnißſtrafe verurtheilt wird, ſo nimmt während ſeiner Abweſenheit ihre Liebe nur noch mehr zu , und zärt liche Briefe, ſowie Geldunterſtüßungen , die ſie ihm ſchickt, geben den Bew.is dafür. Oft ſind ſoldie Frauenzimmer zu mir gekommen und haben mich gebeten , mich für die Ber. brecher zu verwenden , oder mir Geld für dieſelben gebracht. Sie waren bei ſolchen Gelegenheiten wirklich ſparſam geme. fen , hatten ſich keine Näſchereien gefauſt, um nur ihren guten Freunden im Gefängniſje Gelb ſchicken zu fönnen . Sie wuß . ten to rührend zu bitten und bezeugten einen ſo aufrichtigen Schmerz über die Trennung von ihren Geliebten , daß ich juweilen baran zweifelte , ob ich wirklich Frauenzimmer bor 19 *

260 mir hätte , die auf die tiefſte Stufe der Grniedrigung berab geſunfen waren . Wie man ſieht, kann bei dieſen Geſchöpferi eine Leidenſchaft die andere bekämpfen oder ſchwächen . Das iſt die Aufgabe der Direktoren der Gefängniſſe , dieſen Um ſtand mit Berückſichtigung der verſchiedenartigſten Charaktere zu benußen , um ihren Ermahnungen Erfolg zu verſchaffen . Wie überall in der Welt, iſt auch hier dem Heilmittel neben dem Uebel eine Stelle angewieſen . Ein öffentliches Mädchen , Sophie , hatte ſich , um ihren Liebhaber , einen entlaſſenen Sträfling, zu retten, zu fünfjähriger Einſperrung verurtheilen laffen. Vorher hatte ſie ihm das Verſprechen abgenommen, ihr während dieſer Zeit treu zu bleiben , und hatte mit den Worten Abſchied von ihm genommen : „ So wahr ich Sophie heiße, id ermorde dich , wenn ich wieder loskomme und er fahre , daß du dein Wort nicht gehalten haſt. Wehe der, welcher es einfallen ſollte, meine Stelle in deinem Herzen einnehmen zu wollen . " Ein anderes Mädchen , Roſe C. , liebte leidenſchaftlich einen gewiſſen Franz D. , der wegen ver ſchiedener Verbrechen zu lebenslänglicher Zwangsarbeit ver : urtheilt wurde. Kaum war er im Zuchthaus, ſo verließ ſie das Proſtitutionshaus, in dem ſie bisher geweſen, vermiethete lich als Köchin und betrug rich während der 15 Jahre , die D. im Gefängniß blieb, auf eine tadelloſe Weiſe. Jeden Mo nat ſchickte ſie ihm regelmäßig 2 Dollars und legte eben ſo viel in die Sparkaſſe ein , um eine Mitgift bei ihrer Verhei rathung zu haben , die, wie ſie ſagte, ſtattfinden ſollte, wenn ſte Feine Begnadigung ausgewirkt haben würde. Der Stråf ling feinerſeits führte fich ſo gut auf, daß die Direktoren ihm gewogen wurden und er nach 15 Jahren die Freiheit wieder erhielt. Ich trug gern das Meinige dazu bei , um die Hei rath dieſer beiden Leute zu Stande zu bringen , die ſich zu Trou nieberließen und ganz zufrieden leben. [ Vom Jahr 1853.]

261 Ein Schiffskapitän als Mörder. Neu - York, 4. Juni 53. Vereinigte Staate it Circuit Court. *) Der Prozeß über den Mord an Bord des Paketſchiffs „ Roscius “ wurde fortgeſeßt. Der vor den Schranken ſtes henbe Angeklagte iſt Capitän Malone ). Der Courtſaal war voll von Zuhörern . Der öffentliche Ankläger rief William Donnelly zum Zeugniß ; er kam in Belfaſt an Bord des „ Moscius “, ſah , wie der Mate ( Steuermann ) den Emanuel ſchlug und ihn unter dem Rufe : Du Hurenfobn " , verfolgte ; der Capitan ſchimpfte mit. Er ſah den Geſchlagenen ſpäter mit verbuns denem Kopfe im Bette und hörte ihn über ftarfe Ropfidhmer. zen in Folge der Hiebe Flagen . Um 5 Uhr hieß der Cas pitän den Dr. Vonnet und johnſon den Mann auf das Deut rufen und fluchte, da er ſich weigerte . Als er endlich heraufs kam , ſchlug er ihn mit einem Sperrnagel über den Kopf. Gine Sturzwelle warf alle Vier um , und der Capitän ſagte zum Zeugen : Donnelly, Du fabeft, wie mid ) ber Hurenſohn über Bord werfen wollte ? " Aug Furcht bejahte dieſes der Zeuge ; es war aber nicht rrahr. Der Capitän ſchlug den Emanuel noch immer , ſowohl als er am Boden lag , als auch während er an den Maſtbaum angebunden war. Zeuge ſegte ihm aus Erbarmen ſeine Müße auf das blutende Haupt, ſah ihn fpäter tobt im Rabhauſer Der dritte Mate (Steuermann) und zwei Jungen nähten ihn in ein Segeltuch. - Zeuge lief weg , weil der Mann ſo ſchrecklich entſtellt ausfah. Vier Matroſen warfen ihn ohne Planke oder Gebet über Bord . Nie fah Zeuge einen Mann 10 begraben . Bei der Landung fragte der Capitän den Zeugen beimlid ) , ob er ihn vor Gericht ziehen wollte , was Zeuge , ſehr bez greiflich , um ſeiner eigenen Sicherheit willen , Herneinte ; auch * ) Vereinigte Staaten Bezirksgerichthef.

262 er hat eine Narbe von einem Schlag mit einem Sperrnagel am Kopf. Dieſer Capitän iſt wohl die rohefte Bellie , welche je in Menſchengeſtalt bor Gericht ftand. [9. - 9. Abendz.]

Diebſtahl auf der Poſt. Neu - Vort , 9. Novb. 53 . Nachdem fchon ſeit mehreren Monaten auf der hieſigen Poſt Briefe und Packete mit Geld und Geldegwerth vielfach ſpurlos verſchwunden und man zu der Ueberzeugung gekoms men war , daß ſich unter der Poſtbedienung der Spitbube befinden müſſe, ſtellte der Agent Holbroof in aller Stille ſeine Beobachtungen an , und dieſe führten vorgeſtern zu der Ents deckung des Diebes in der Perſon des Nacht- Clerks Patrick Rua n . Man verhaftete ihn und fand bei ihm faſt 200 Doll. in Banknoten, welche aus einem in Middletown auf die Poſt gegebenen Briefe geſtohlen waren und die ' man an gewiſſen Abzeichen erkannte. Der Gauner geſtand auch ſeine Sdulb fofort ein und erbot ſich zur Herausgabe des geſtohlenen Gels bes , das er irgendwo in Süd - Brooklyn verſteckt hatte und Da alſo bleiben die Gels das ſich auf 4,300 Doll. belief. der , die man der Poſt anvertraut ! Man paſſe wohl auf! Wir felbft haben ſchon bittere Erfahrungen mit Werths fendungen gemacht und ſo wahrſcheinlich aud ) manche von unſeren Leſern . [N.-Y. Abendz .] Der Martha Washington Fall. *) Richter Adams von Helena (Arkanſas) verneinte am vers wichenen Montag das Geſuch , die Verhafteten gegen einen ) Die Verbrecher hatten nämlich zum Schein das Schiff „ Martha Washington “ mit werthvollen Waaren Befrachtet, dieſe hoch verſichert, das Schiff dann in Brand geſtedt, um die Verfiche: rungsſumme zu gewinnert, wobei 17 Perſonen ume Leben famen.

263 ,, Writ of habeas corpus" * ) freizulufſen unb feßte die Ors öffnung ihres Prozeſſes auf den vierten Montag im nächſten Mai feft. Bis dahin werden die Gefangenen in ſtrengem Ges wahrſam gebalten . Die Promenade im Jailhofe iſt ihnen nicht mehr geſtattet, auch durften ſie nicht mehr, wie früber, ibre Mahlzeiten vom Hotel beziehen. Ihr Haftzimmer von 12 Fuß im Geviert iſt mit Builereiſen verrabrt, die Wände von einer doppelten Lage bebauener Baumſtämme. Die Bowohner von Helena, gleich als hätte jeder ein pere ſönlides Intereſſe bei dem Falle, halten 098 madſanıfte Auge auf die Jail und an einen Fluc;tverſuch der Gefangenen iſt daher nicht zu denken . Während des Verhörs am Samſtag lächelte Kiſjane über eine Bemerkung des Staatsanwalte8 3. Palmer. Dieſer bemerkte eß und wandte ſich mit folgenden Worten an ihn : , Ein Verbrecher wie Sie , würde mit dem Stricke um ben Hals lachen - halten Sie jedoch vor Augen , daß Sie jeßt nicht in Dhio ſondern in Arkanſas in Philips County find ; wir werden Ihnen jeßt den Prozeß machen und Sie hängen . Lachen Sie nur friegt Sie der Satan beim Genicke, werden Sie nicht lachen .“ Auf dieſe barſchen Worte hin wurde Kiſſane leichenblaß und lädelte nidyt mehr. An ſeiner Statt wollte jeßt Cole lachen , aber Palmer's Bemer. fung tilgte feinen Humor eben fo ſchnell .' Die Worte des Staatsanwaltes wurden von den Anwee ſenden mit dem hödyſten Beifalle vernommen , was die herr. ſchende Stimmung der Bewohner über die Gefangenen ben zeichnet. Bei dem Habeas Corpus Geſuch ſprachen ſieben Anwälte für die Angeklagten . Dafür erhielten ſie 3,500 Dol. Als die Abendglocke am Donnerſtage die Neger nach Hauſe rief, hielten die Bürger von Helena ſie für den Alarm ruf der Jail, daß die Gefangenen ausreißen wollten. Ueber ein ſolches Signal bat ſich der Zailer nämlich mit den Büre * ) Necht , innerhalb 24 Stunden verhört und gegen Bürgſchaft freigelaſſen zu werden .

264 fern verſtändigt , im Falle ein Verſud ) zur Befreiung der Gefangenen unternommen werden ſollte. Wenige Minuten , nachdemn der legte Ton verhallt, erſchienen auch ſchon Guns derte von wilden Geſtalten mit Büchſen , Aerten , Prügeln und Fenzriegel ben affnet, damit ihre Bereitwilligkeit zur Uns terſtüßung des Geſeķes zeigenb. [ Cincinnati Republikaner vom 1. April 1854. ]

Eine mörberiſche Furie . St. Louid , 6. April 54 . Kaum hat ſich der Unwille des Publifums über die von Wilſon C. Bafer an Wm . Hoffmann *) verübte Schant that etwas gelegt , als die Bewohner unſerer Stadt wegen einer neuen Gewaltſamkeit gegen denſelben wiederum in Yuf regung gerathen. Bafers Frau, die vor einem Monat Hoff mann in ihr Cabinet gelockt und auf ihn gefchoffen hatte, worauf dieſer von Baker und Spießgefeller verft ümmelt wurde , begegnete geſtern in der 6. Straße bem Opfer ibres früheren Wuthausbruchs ; ohne daß Hoffmann die geringſte Veranlaſſung gab , zog das Weib eine Viſtole und richtete dieſelbe auf ihn . Hoffmann floh in einen nahen Laden und unter dem Rufe : „ rettet mich " eilte er hinter den Counter und ſuchte ſich da zu verbergen . Das Weib folgte ihm , lehnte ſich über den Counter und ſchoß dem wehrloſen Mann eine Kugel in den Rücken . Sie hatte beide Läufe abgedrückt, aber nur der eine war losgegangen ; darauf ſeşte ſie ſich auf einen nahen Stuhl und ließ fich cin Glas Waſſer reichen . Etura 20 Damen waren in dem Laden , als dieſer Schurfenſtreich gedah . Ein Serr , ber hinzu fam , fragte fie, ob Hoffmann fte neuerdings beleidigt habe, worauf ſie mit Nein antwortete ; ſie habe ſich blog gerädyt, weil Hoffmann ſie vor die Oeffent * ) Hoffmann jutt früher mit dem Weibe žll thun gehabt haber uud tann ihrer ſatt geworden ſein .

205 lichkeit gebracht und beſchimpft habe . Die herbeigerufenen Aerzte fanden , daß die Kugel zwiſchen der 5. und 6. Kippe eingedrungen war und ibren Weg nach dem Magen genome men hatte ; die Wunde iſt verinuthlich tödtlid ). Das Weib wurde nach dem Gefängniß und Hoffmann nach dem Sdures ſternboſpital gebracht. Vorher noch war Richter Johnſtone erſchienen und hatte ſeine Ausſagen zu Protokoll genommen . Hoffmann erzählte den Verlauf der Geſchichte und ſchlof: Ich mache dieſe Angabe nach der Mittheilung meiner Aerzte, daß ich an den Folgen dieſer Wunde ſterben werde . Dem , Anz. 0. Weſtens “ entnehmen wir folgende weitere Angaben : Gegen 7 Uhr Abends fühlte Hoffmann plößlich die Kue gel unter ſeiner Bauchhaut. Sogleich wurden die Doktoren Baumgarten , Pope und Alleyne herbeigerufen , die kurz vor 8 Uhr die Kugel herausſchnitten . Dieſelbe batte den Weg um die Rippen genommen und war , ohne Verleßung des Bauchfells, zwiſchen die langen Baudymuskeln und die Bauch: haut gedrungen, wo ſie in der fetten Subſtanz 4 Zoll unters halb des Nabels ungemein feſt faß. Die Kugel war durch den Anprall an den Rippen platt gedrückt. Abgeſeben von der Gefahr, die aus Verlegungen entſtehen kann, die der Schuß urſprünglich veranlaßt, ſteht eine Bauch fellentzündung zu befürchten , die ſicherer Lob ift. Bafer , welcher der allgemeinen Verachtung auszuweichen für gut befunden , hat ſeine Bürgſchaft aufgegeben und ſich mit ſeiner Frau einſperren laſſen , um ſo unter dem Schube des Staates zu ſtehen . In der ganzen Stadt herrſchte geſtern große Aufregung, und Abends verſammelten ſich einige Hundert Perſonen vor dem Gefängniß. Ein Angriff auf daſſelbe wurde Anfangs. befürchtet, doch fielen keine beſondern Störungen vor. Später. Von 300 bis 400 Menſchen jammelten fidj gegen 10 Uhr vor dem Gefängniſſe. Capitän Couzins von der Polizei , der an der zur Vorhalle des Gefängniſſes füha renden Thüre ſtand, erhielt einen Sdylag von einem Mannen

206 ber ihn taumeln machte. Mehrere Wachtleute feuerten fobann ihre Revolver in die Luft ab und die Menge ſtob auseinander. [ Anzeiger tes Weſtene . ]

Gräulicher Mord. Lewisburg, Pa . , 12. April 54. Giner der brutalſten Morde, welche wohl je berichtet worden ſind , ward am Freis tag den 10. d . eine halbe Meile unterhalb Milton verübt. Am Nachmittage des Tages ſay man zwei junge Irländerins nen , von denen die jüngſte ſehr hübſch geweſen ſein ſoll, durch Milton geven ; ſie kamen , wie ſie ſagten , von einer Station der Sunburg und Erie Railroad und beabſichtigten eine Niederlaſſung an der Gattaviſſa - Eiſenbahn zu beſuchen. Am Samſtag Morgen ward der Körper der jüngern der beis den Frauen , ſchrecklich verwundet und theilweiſe verbrannt, neben einem verloſchenen Feuer am Wege gefunden . Die Wun . den an ihrem Körper und die Zeichen im Sande um den Feuerplat laſſen vermuthen, taf die Unglückliche erſt enteyrt und dann balb erſ () lagen ins Feuer georfen wurde , wohl mit der Abſicht, den Gegenſtand der Schuld durch Verbren . nen zu entfernen. Die Thäter , die man für an der Eiſen : bahn arbeitende 3rländer hält, ſind wahrſcheinlich geſtört und die Mißhandelte iſt mit ihrer letzten Kraft aus dem Feuer auf den Weg gekrochen , um dort zu ſterben . Das teufliſche Verbrechen war innerhalb Sicht von mehrern Farmbäuſern begangen, verſchiedene Leute ſaben am Abend das Feuer, doch hatten ſie natürlich keine Ahnung davon, zu welch ſchändlichem Zweck es beſtimmt war . Neben der Leiche fand man eine Sdachtel Pillen , welche Tags vorher von einem Irländer in Milton gekauft worden war . Ain Sonnabend find mehrere Perſonen auf Verdacht, an dem Morde betheiligt zu ſein , verbaftet worden , doch des Menſchen , der die Pillenſchachtel verloren þat, iſt man noch nicht hahhaft geworden . [99). Griminal-Zeitung. I

267 Gelberpreſſung . Eaſton ( Pennſ.) , April 54. - Hier begann geſtern früh unter großer Aufregung des Publikums der Kriminals prozeß gegen Stevenſon , Parker und Andere, die ange klagt ſind, ſich miteinander verſchioren zu haben , um von einein alten wohlhabenden Bürger , Namens Benjamin Green , Geld zu erpreſſen. Die Einzelheiten dieſes Vergehens ſollen ſehr pikant ſein , da ſich die Vetheiligten alle in den höhes ren Schichten der Geſellſchaft" bewegten . [N. - 9. Abendz.)

Hoffmann's Tod . In St. Louis iſt am 13. April 1854 W. D. Hoffa mann an den Folgen der ihm von der Frau Bafer beis gebrachten Stufwunde geſtorben . Das Weib ſteht jeßt als vorſäßliche Mörderin da . Es iſt zu hoffen , daß ſie der härteſten Strafe des Gefeßes verfallen werde. Deutſches Blut Bekanntlid) möchte ſonſt zu wohlfeil im Markte werden . ward vor einiger Zeit von einem St. Louiſer Richter das Leben eines deutſchen Mädchens zu nicht mehr als 500 Dol lars tarirt *). [N. - 9. Abendz . ]

Furchtbare Grauſamkeit. Baltimore , April 54 . Vor einiger Zeit brach in dem öſtlichen Theile der Stadt Feuer aus und als die Feuerleute in das brennende Haus *) Der Fall iſt kurz folgender: Eine Heerde Raufbolde in St. Louis drang mit Gewalt in einen deutſchen Tanzſaal, und Einer der Bande ſchoß unter die Verſammlung und tödtete ein völlig ſchuld loſes, junges deutſches Mädchen , wofür er als „,Strafe" bloß 500 Dollars zu erlegen hatte .

268 eindrangen, fanden ſie auf dem Speicher eine junge Dame aus gebunden , welche die Spuren einer furchtbaren Mifbandlung an ſich trug. Sie ſoll mehrere Wochen lang in dieſer Lage geweſen und mit der dürftigſten Nahrung verſehen worden ſein. Dieſe Behandlung erfuhr das Mädden von ſeiner Mutter ; weßhalb ? iſt bis jeßt unbekannt. Sobald es ſeiner Feſſeln entledigt war, eilte es zu einem Onkel von väterlicher Seite und blieb bei ihm die Zeit ber. Auch fand man in dem Hauſe eine farbige Dienſtmagd, weldie die ſchrecklichſte Behandlung von Seiten derſelben Frau zu erdulden hatte. Ihr Nücken , Geſicht und andere Körpertheile waren ſdyrecklicy verſtümmelt und eine Kontuſion am Kopf wird ſich vermuth lich als Schädelbruch herausſtellen . Sie wurde in ein Krans kenbaus gebradyt und der ſie bebandelnde Arzt erklärte , es wären ihm nie Spuren einer ſolchen barbariſdien Handlung vorgekommen . Der Vater Deo jungen Mäddens, der ſeines Geſchäftes wegen oft längere Zeit von Haus abweſend ſein muß, roll gar nichts von der Geſchichte wiſſen , eben ſo wenig ſeine Verwandten. Die Familie ſtand bisher in hobem Ans ſehen und Wenige hätten eine ſolche Enthüllung erwartet. Wohl aber ſollen es Einige von der „ Hödyſten Autorität“ in der Stadt gewußt haben , doch ſind noch keine Schritte ges ſchehen, die zu einer Aufklärung geführt hätten. Erſt wenn der Vater des mißhandelten Mäddené zurückkommt, foul bic Sache ernſtlich betrieben werden . [N. - 9 . Abendz . ]

Ein Bild aus dem

„blutigen Gruude“ . *)

In der Nähe von Lawrenceburg, Anderſon County, SH. , rurde am 18. Mai ( 1854) Frau McBrayer, Gemahlin des 38. McVrayer , Eſq . , auf fürchterlidie Weiſe ermordet. Nachts 11 Uhr, nachdem Herr und Frau McBrayer ſich zur Nube begeben , kam ein Mann mit einer Urt in der Hand * ) So scheißen , iregen der vielen Mornthaten , die da worfalten .

269 in das Zimmer, nayte ſich dem Bette und fuhr mit der Hand der Frau über das Geſicht, wahrſcheinlich um ſich zu übers zeugen , daß ſie die Perſon fei, die er ſuchte. Die Frau er wachte dadurch und der Mörder begann mit der Art auf ſie logzuſchlagen . Er traf ſie auf die Bruſt und die Arme , und hieb ihr mit einigen Streichen einen Schenkel gänzlich ab . Hr. Brayer, welcher indeſſen gleichfalls erwachte, ſtredte einen Aru aus , um ſeine Frau zu beſchüßen , erhielt aber einen Artſchlag , der ihm die Hand ſpaltete. Der Mörber, in der Meinung , er habe die Frau getödtet , begann nun auf Oes rathewohl mit ſeinem Mordinſtrumente über das Bett zu ſchlagen , in der Abſicht, das kleinſte Kind zu tööten . Da er es nicht fand , ging er zu einem Ruhebette , wo ein anderes Kind lag , und führte einen Schlag nach deſſen Ropfe , traf es jedoch nur ein wenig an den Hals . Dann ging er fort und ließ die blutige Art an der Thüre liegen. Frau Mcs Brayer hatte noch Leben genug , um zu erzählen , wer die fürchterliche That verübt hatte, da ſte ihn ſelbſt in dem Duns kel des Zimmers erkannt hatte. Der Mörder wurde ſogleid, feſtgenommen es war ihr Stieffo bn . [ N.- » . Demokrat.]

Kindermord . Louisville , 21. Mai 54. Vorgeſtern Morgens ſaben zwei Knaben , welche an den Ufern der Beargraß , nabe am Fuß der Schelby Straße, Schafe weibeten , ſich zwei Frauen der Creek nähern, ein Loch graben und eine Kiſte hinein ver ſenken. Von Neugierde angetrieben , gingen die Knaben ſo balb ſich die Frauen entfernt hatten , an Ort und Stelle, gru ben die Kiſte aus , öffneten ſie und fanden darin die Leichen zweier Kinder. Beide waren faum geboren und von verſchie benem Geldilecht. Das Mädchen war vollkommen ausgebil det, der Anabe aber erſt von 6 Monaten . Man ſchickte nady Marſdall White , welcher die leiden beſichtigte ; der Goroner

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Green fam. Nach gehaltener Leichenſchau erließ die Jury ein init obigen Angaben übereinſtimmendes Verdikt auf Kindsinorb . Die Leidhen wurden auf den Friedhof des Arbeitshauſes be graben . Von den unmenſchlichen Eltern der Kinder hat man keine Spur. [Louisville Anzeiger .]

Entſeßliche Gräuelthat. Boſton , 22. Mai 54. Am Samſtag Abend ſtellten ſich brei Männer in der Werkſtätte des Hrn . Pollard in Chara lestown ein , überfielen ihn, ſchlugen ihn nieder, knebelten ihm den Mund und raubten ihm 600 Dollars. Dann häuften die Unmenſchen Späne und ſonſtige Brennmaterialien über ihn, zündeten dieſelben an und verließen das Haus. Die Flammen loderten aus der Thüre und verriethen das Feuer. Der unglückliche Mann iſt zwar gerettet, aber ſchwer verbrannt. [ Boſton B.]

Großer Riot in Memphis, Tenneſſee. Dreiundzwanzig

Deutſche

im Gefängni .

Am 23. Mai , Abends 9 Uhr , wurde Johann Vogt , einer der älteſten und wohlhabendſten deutſchen Bürger von Memphis , auf eine beiſpiellos gemeine Weiſe gemeuchelmors det. Die näheren Umſtände ſind folgende : Vogt ſaß an der Seite ſeiner Frau auf einem Stuhle , etwa 6 Fuß von der Thüre entfernt, als ein Amerikaner, Gale Carter , die Thüre öffnete, und ohne ein Wort zu ſagen , die zwei geladenen Läufe feiner Doppelflinte auf Vogt losbrücte. Der eine Schuß traf das Bein , der andere die linke Seite und das Herz . Vogt ſtarb wenige Minuten nachher. Der Mörder wurde augens blicklich von den Officers Cunnigham , Kane und Foy gepackt und auf das Wachthaus gebracht. Derſelbe iſt etwa 5 Fuß 6 Zoll groß und von rauher Geſichtsbildung. Nächſten Mor

271 gen wurde der Gefangene in die Jail abgeliefert und von Richter Roſe alebann in der Grchange Building verhört. Der Mörder geſtand die That ein und erklärte ſich ſelbſt für ſchul dig . Nichter Noſe überband denſelben bis zur nädyſten Cris minal- Court und Sheriff Gilmore, welcher gleich dem Gefans genen einen Mob befürchtete, brachte Carter in ein geheimes Verſtecf. Wenn es wahr iſt , daß der Mörder hier mit Baumwolle zugedeckt und ohne Eiſen und ohne irgend eine Beiradung gelaſjen wurde , ſo ſind wir der Meinung , daß ber Sheriff wenigſtens leichtſinnig gebanbelt hat. Hätte der Mörder einen oder mehrere Freunde gebabt , ſo wäre es ein Leichtes für dieſelben geweſen , dieſen mit anderen Kleidern zu verſehen , von den Beamten und der Maſſe unbemerkt in ein anderes Verſteck zu bringen und ihm ſo ein offenes Loch zu machen . Mittlerweile zeigte es ſich , daß der Sheriff und der Ges fangene in Befürchtung eines Mobs Recht hatten . Gegen 12 Uhr Mittags verſammelte ſich eine bedeutende Maſſe vor dein Courtplaße in der Grchange Building. Die Irommeln wirs belten Ourd, die Straßen , Hin- und Herrennende brachten neue Nachrichten , oft der widerſprechendſten Art , über den Gefangenen und Hunderte von Menſchen bildeten aus allen Gaſſen neue Zuzüge zu der anſchwellenden Verſammlung . Dieſe Stimmung wurde immer bedenklicher , die Aufregung größer und das Courthaus, in dem man den Gefangenen glaubte, bis zum Dache hinauf unterſucht. Der Sheriff, der unterdeſſen ſeinen Gefangenen über die Vordächer der Erchange Building gebracht hatte und das tobende Geſchrei der gereiz ten Menge: „ Hängt ihn !" „ Stürmt die fail ! 2.c.“ tauſend Mal vernommen , ſuchte das Volk zu beruhigen , indem der Gefangene in ſicherer Verwahrung gehalten und ſicher gehängt werden ſolle, ſobald das Geſet dieſes Urtheil ausſpreche. Die Anſpradje des Sheriffs hatte eben ſo wenig Einfluß, wie die des Mayors und anderer Redner zur Beſchwichtigung der aufgeregten Maſſe. Nun wurde eine Committee von zwölf Mitgliedern ernannt,

272 welde die Bewachung des Verbrechers übernehmen ſollte, aber nach langem Hin- und Herreden geſchah nichts, als daß Hr . Rattınann, Redakteur der Stimme des Volke, ein paar Reden þielt. Das Volk war indeſſen überzeugt, daß ſich der Mör der in der Erchange Building, einem aus zwölf aneinander ſtoßenden Häuſern beſtehenden Gebäude , befinde, und begann daſſelbe zu durchſuchen . Während man aber auf einer Seite ſuchte , führte der Sheriff unter Begleitung bewaffneter Pos lizeimannſchaft denſelben in die Calabooſe ab. Als die Menge ſich in ihrem Suchen getäuſcht fand, zog ſte vor das Ge fängniß , welches die Polizei umſtellt hielt. Hier kam es zu einem bedeutenden Wortwechſel, die Polizei wollte Hrn . Katt mann feſtnehmen , was aber durch die Dazwiſchenkunft des Mayors verhindert wurde . Nach dieſen Vorgängen zerſtreute ſich die Maſſe und wäb rend der Leichenzug des ermordeten Vogt um die Ecke bog , erſchien der Sheriff mit dem Mörder Carter in einem Buggy, umgeben von einigen berittenen und bewaffneten Polizeibeamten , und brachte denſelben nad dem etwa neun Meilen von Mems phis entfernten Countyſis Raleigh in die Jail. Die Aufre gung hatte ihren öffentlichen Charakter verloren, aber im Ge beimen glühte das Feuer des Gefühls für Recht. Der Mob " , wie die engliſchen Blätter es nennen , hatte nunmehr ſein Augenmerk nach der County Jail in Raleigh gerichtet und wie uns berichtet wird , brachen in derſelben Nadit, etia um 2 Uhr Morgens, einige 30 Bewaffnete , meiſt Deutſche, dahin auf. Sheriff Gilmore, der um 11 Uhr von der Eskortirung des Gefangenen zurückgekehrt war , wurde von dieſer neuen Wendung der Dinge in Kenntniß gefeßt und ritt mit ſech bewaffneten Polizeibeamten um halb 4 Uhr nach Raleigh ab , um die County Jail vor jedem gewaltſamen An griff zu ſchüßen. Die Bevölkerung war in der größten Span nung auf das Zuſammentreffen der beiden Parteien und ängſt lich harrte man zuverläſſigen Nachrichten entgegen . Um 8 Ubyr börte man endlich, daß der „ Mob " mißlungen und nicht weniger als 24 der Betheiligten arretirt und in die Jail ge

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fteckt worden ſeien, nachdem man ihnen die Waffen , beftehend in Meffern und Flinten , abgenommen. So weit lauten bis jeßt die Berichte. Wir ſehen mit Spannung weitern Nachrichten entgegen. [ N.-Y. Staatez . vom 5. Juni 54.]

Begünſtigung von Verbrecherit. Neu - Yorf , Suni 54 . Der Capitän Carpenter von der 5. Ward hat fich in einem Bericht an den Polizei-Chef beklagt, daß Huren, welche wegen Sfanbal auf der Straße und wegen allgemein anſtößia gen Betragens überhaupt nach Blackwellş Jeland verurtheilt worden und dahin abgeführt waren, wieder entlaſſen worden feien. Der Capitän gibt zu verſtehen , daß dieſe Vagabun dinnen Freunde haben , die einigen Einfluß beſigen . Er ſcheint ſie zu fennen , es iſt daher ſchabe, daß er ſie nicht nennt. *) PN .- 9 . Staatéztg .]

Sittliche Zuſtände in Neu - Orleans . Das , Delta " entwirft folgende klägliche Schilderung von der öffentlichen Moral in Neu - Orleans : ,, Obgleich in Neu - Orleans durchſchnittlich auf jebemal 12 Stunden ein Mord kommt, ſo iſt doch feßt die Verurs theilung des Frank Smith wegen Grmorbung ſeiner Frau erſt die zweite Verurtheilung ohne Qualifikation erſt ſeit 8 Jahren ! Es liegt irgendwo ein Fehler, und er ſollte vere beſſert werden . So viele Morde, Affaſſinationen, Fechtereien , *) Dieſer Fall, daß lüderliche Dirnen, Diebe, Mörder, gefährliche Menſchen aller Art, oft in den höchſten Kreijen “ , ja unter den Beamten und Richtern ſelber ihre befreienden Be ſchüßer finden, wo Unſchuld und Rechtſchaffenheit ganz vera Taffen ſteht, iſt hier zu fand eine faſt tägliche Erſcheinung. 20

274 Grtränkungen und vertrunfen gefunden “ ſollten bad Bemas Hen anregen , ſie zu hindern. So wie es jeßt ſteht, wird hier nie Jemand des Mordes ſchuldig gefunden , und die man der Menſchentöðtung überführt, ſchidt man bloß auf gewiſſe Jahre nach Baton Rouge. Wir hoffen, daß dein Uebel ab. geholfen werde, haben aber keinen Grund , anzunehmen , daß eß geſchehen wird. In Neu - Orleans kann man keine Jury zuſammenbringen , die Jemanden des Mordes ſchuldig findet, wenn ſie es zu umgehen vermag. Die allgemeine Anſcht iſt: „ Jeder forge für ſich felbſt ." [ Delta . Juni 54. ]

Menſchenfreſſerei: Prozes . 3n Neu - Orleans ward bor kurzem vor dem Trimis nalgerichte ein Prozeß wegen Menſchenfreſſerei verhandelt. Der Angeklagte, Sullivan , gerieth im März , während er ſich eines leichten Vergebens wegen im Gefängniſſe befand , mit einem anderen Gefangenen, Namens Fannin , in Streit, übers fiel ihn barauf im Schlafe , biß ihm ein Ohr ab , zernagte ihm die Bruſt mit den Zähnen auf ſcheußliche Weiſe , vera ſuchte ihm einen Finger abzubeißen und ein Auge aus der Köhle zu drücken . Das abgebiſſene Dor iſt in Spiritus auf. bewahrt und wurde ale corpus delicti vorgezeigt. [Wechſelbl. v . Juni 54. ]

Mothzucht. Bet retna (Louiſtana ) beging vor einigen Tagen ein Neger an einem noch ganz jungen weißen Mädchen Nothzucht unter den empörendſten Umſtänden. Was das Verbrechen beſonders ſcheußlich macht, iſt , daß es vor ben Augen ber Mutter und zwei anderen Damen begangen wurde, mit wels chen ſich das Mädchen auf einem Spaziergange im Walde befand. Die Frauen , welche den Neger abzuhalten ſuchten, wurden durch ein langes Meſſer , das dieſer auf ſte züdte,

373 zurudgeſcheucht. Der Verbrecher iſt feſtgenommen und flebt der Todesſtrafe entgegen . [Wechſelbl. 0. Juni 54.]

Scheuflicher Word . In der Nähe von Quebec, Canada, wurde vorige Woche rin entſeglicher Mord begangen , über den bas ,, Chronicle " berichtet : „ Das unglüdliche Dpfer war ein junges Mädchen von 11 Jahren, Namens Camre Lemay. Die Unterſuchung ihrer Peiche erwies, daß ſie zuerſt geſchändet und dann durch einen Hieb auf den Ropf getödtet worden , worauf der teufliſche Thäter ihren Leib aufrißte. Obgleich Verdacht auf einem in der Nähe wohnenden Individuum ruht, ſo bedauern wir doch zu hören , daß bis jeßt noch keine verläßliche Spur von dem · Thäter entdeckt worden iſt. Der Spruch der Surs lautete : Mord durch eine oder mehre unbekannte Perſonen ." Vom Juni 54.1

Schrecklicher Word anf Long Island . In der Freitag Nacht um 12 uhr wurden zwei Dienft . mädchen , die bei Herrn Fames Widham zu Gutchoque , tot Southoldtown , Long Island, bienten , durch das Geſchrei bon irgend Jemanden im Hauſe aufgeweckt und hörten wiederholte Schläge , als wenn man Jemanden auf den Kopf ſchlüge. Sie hörten ferner die Frau Wickham außrufen : „ Nicholas, tödte ihn nicht , töbte ihn nicht !" Die Mädchen, welche ver mutheten , daß Hr. Wickham gemordet werde , fliegen durch ein Dachfenſter , flohen zum nächſten Nachbar und machten Lärm . Man ging dann nach Wickham's Hauſe und fand dort eine ſchreckliche Scene . Hr. Wickham , früher Kaufmann in Neu - York , und jeßt ein reicher Farmer , lag in ſeinem Blute, ſein Kopf war faſt buchſtäblich in Stücke zerhackt und augenſcheinlich in den legten Uthemzügen . Frau Widham 20 .

276 war todt, die Hirnſchale war ihr eingeſdilagen und das Ges hirn war auf den Boden und an die Wände geſprißt. Ein Negerfnabe, 15 Jahre alt, der bei der Familie wohnte, war ebenfalls ſo geſchlagen und geſchnitten worden , daß er nicht mit dem Leben davon kommen kann und auch nicht ſprechen kann, alſo nicht im Stande iſt, über den Vorſal etwas mit zutheilen . Die That muß mit einer Art , wie man ſie zum Spalten von Fenzen gebraucht, ausgeführt worden ſein . In Folge des Geſdireis der Frau Wickham , welches von den Dienſtmädchen gehört wurde , iſt der Mörder ein Irländer, Namens Nicholas Dane , der bei Hrn . Wickham arbeitete, aber am vorigen Mittwody entlaſſen wurde . Aber bis am Samſtag Nachmittag hatte man noch keine Spur von ihm gefunden . Man glaubt , daß er ſich habe für ſeine Entlaſ ſung rädien und die ganze Familie ermorden wollen . Vor einiger Zeit wollte er eines der Dienſtmädchen heirathen, und als dieſes ihm den Korb gab, ſchwor er Radhe. Es iſt nichts • aus dem Hauſe mitgenommen , was die Meinung zu beſtárfen ſcheint, daß nicht ein Gelüſt nady Beute die teufliſche That veranlaßt hat. Man fand die Art mit Haaren und Blut befleckt in der Nähe des Hauſes. Die von den Dienſtmädchen aufgeweckten Perſonen waren Joſeph Corwin , Wn . Betts und Dr. Carpenter, die ſogleich nad dem Hauſe gingen, aber der Mörder war bereits entflohen und hatte ſeinen Hut zurüds gelaſſen , der als Nicholas Dane gehörend erkannt worden iſt. Blutſpuren wurden noch außer dem Hauſe gefunden . 68 ſcheint, daß der Irländer nach ſeiner Entlaſſung am Mitt woch um das Haus berum lungerte und dem Mädchen , Ellen, drohte , weil ſie ihn nicht beirathen wolle ; er idrieb ihre Weigerung dem Rathe ibrer Herrſchaft zu . Am Freitag Morgen verließ er das Haus , nahin ſeinen Koffer und ging nach Greenport. Dort ließ er ben Koffer und iſt vermuth lich zurückgekehrt, um Ade im Hauſe ſeines früheren Arbeits geber zu ermorden , was ihm auch gelungen wäre , wenn nicht die Mädchen das Geſchrei gehört und ſich aus dem Staube gemacht hätten . Der vermuthliche Mörder ift 28 Jahre alt.

277 Der Richter Deborn war zu Ravenswood, Long Føland, als die Nachricht von dieſer ſcheußlichen Mordthat hier an langte. Als er hier ankain, fandte er die Poliziſten Dawling und Lord nach Patchoque , mit der Inſtruktion , alle ihre Geſchidlichkeit anzuwenden , den Mörder zu finden und den dortigen Lokal - Behörden in jeder Hinſicht zur Verhaftung des Ingeheuers behülflich zu ſein . [N.-Y. Staatstg. 0. Juni 54. ]

Das geheimniſvolle Billet. Gin proteſtantiſcher Geiſtlicher aus der Umgegend von Aberdeen , beſtieg am erſten Sonntag im März bie Kanzel. Nachdem er ſein Gebet verrichtet, ſchlägt er die Bibel auf und bemerft ein zuſammengefaltetes Billet, welches er für eine der üblichen , vom Küſter hineingelegten Publikationen hält. Er beginnt mit lauter Stimme zu leſen , unterbricht ſich aber plöglich, während er die Geſichtsfarbe wechſelt , und fordert in einem unſichern und verwirrten Tone, der die ganze Zuc Hörerſchaft frappirt, bie Gläubigen zum Gebet auf. Beim Hinausgehen aus der Kirche dringt man vergebens in ihn, von dem Gegenſtande ſeiner lebhaften Aufregung Kunde fu ' geben ; er bankt ſeinen Pfarrkindern für das Intereſſe, bas ſte ihn bezeugen , zieht ſich aber, ohne ihnen weiter Rede zu ſtehen , zurück, und eilt in ſeine Pfarrwohnung . Jenes Billet, das ſeine Seele fo ſehr in Anſpruch nahm , lautete alſo : „Geſtern , Sonnabend, Abends 10 Uhr, wurde ich auf der Rückkehr nach Aberdeen, in geringer Entfernung von dem Dorfe, von dem Küſter und dem Schulmeiſter überfallen , ermordet und ausgeplündert. Sie haben meinen Leichnam in den See geworfen . Betet für Jeremias Brus." Dies ſer Brus war ein Handelsmann aus Aberdeen , der von dem Paſtor ſehr wohl gekannt war, und gewöhnlich bei dem Kü fter, der zugleich Schenkwirth war , logirte . Nachdem der Geiſtliche geſpeift und eine Zeitlang nachs

278 gedacht hatte , nimmt er feine Bibel , begibt fich mit berſelbert zum Friedensrichter , und vertraut ihm ſein Abenteuer an . Dieſer faltet das Blatt auseinander, um zu leſen, findet aber keine Spur Geſchriebenes barin , und gewinnt die Ueberzeu gung , der beſtürzte Paſtor müßte auf der Kanzel Viſionen gehabt haben . Als dieſer jedoch ſich von ſeiner Ueberraſchung erholt hatte, erwiedert er , daß ein ſtarker Geiſt freilich auf ſolche Mittheilungen nichts zu geben brauche, daß ein Frie lidten verabſäume, wenn densrichter jedoch die heiligſten er davon nicht Notiz nehme. Man kommt überein , Still fchweigen zu beobachten und nach Aberdeen zu ſchicken . Brus, welcher dort am Sonnabend erwartet wurde, war noch nicht wieder erſchienen ; man ſuchte ihn überall, wo man bermuthete, daß er ſich aufhalten könne, kehrte aber ohne Grfolg zurück. Der Friedensrichter entſcheidet ſich dafür, eine gerichtlide Nadforſchung bei dem Schulmeiſter und Küſter zu halten und ſte abgeſondert zu vernemen. Die Nachforſchung lieferte fein Reſultat. Das Verhör ebenſowenig Plößlich kommen Fiſcher in's Dorf und ſchleppen den leichnam von Jeremias Brus mit ſich , den ſie im See gec funden, und welcher am Ropf Spuren von Schlägen trägt ; doch dieſe Entdeckung diente nur dazu, den Tod des Unglück. lichen zu beſtätigen, nicht aber ſeine Mörder zu enthüllen. Indeß beinerkt man , daß in feiner linken , krampfhaft ge ſchloſſenen Hand ein Knopf zurückgeblieben iſt; man findet zugleich, daß an dem Rock des Schulmeiſters ein Knopf fehlt und daß die übrigen mit dem , welchen man in der Hand des Gemorbeten gefunden , übereinſtimmen. Jener, ſchon durch die Geſchichte des Billets erſchüttert, wird beim Anblik eines Gegenſtandes, welcher ihn auf ſo unerwartete Weiſe ſeines Verbrechens überführt, im höchſten Grade verwirrt, und ger ſteht ein, daß der Mord von ihm gemeinſchaftlich mit dem Küſter verübt worden ſei . Wollt ihr ießt wiffen, auf welche Weiſe bas gebeimniß volle Billet in die Bibel der Geiftlichen gelegt wurde ? Der

279 Diener des Paftord , ein Tebr verſtändiger Burſche , berſen Furchtſamkeit, verbunden mit der Angſt , ſich zu kompromit . tiren , berjenigen der furchtſamen Leute unſrer Tage glic ), erklärte die Umſtände, welche allerdings für jeden Andern , alb für ihn , unerklärlid waren . An demſelben Abend, als der Meuchelmord verübt wor. den , war er heimlich aus dem Pfarrhauſe gegangen , um ſich nach einer Meierei zu begeben , welche in einiger Entfernung von der Stadt und der Landſtraße lag , und wo ihn ein jun . ges Mädchen aus dem Dorfe erwartete. Unterwegs war er Zeuge der Mordthat geweſen, hatte die beiden Schuldigen ers kannt, ſich aber berſteckt gehalten , ohne den Muth zu haben , dem Schlachtopfer zu Hülfe zu eilen. — Nach Hauſe zurück. gefehrt, verlebte er eine ſehr unruhige Nacht ; ſein Gewiſſen verbot ihm , ein ſolches Verbrechen zu verſchweigen ; die Furcht, ſich den Mörbern gegenüber zu kompromittiren, hielt ihn ab, ſie zu denunziren ; vielleicht fürchtete er auch, daß die Feiga heit , welche er bei dieſer Gelegenheit bewieſen , offenkundig würde ; endlich möchte er auch wohl das junge Mädden , beſo fen ſchöne Augen ihn zur Meierei angezogen , nicht in übeln Nuf bringen . Nach einigem Zaubern entſchloß er ſich endlich , bad Bil Iet zu ſchreiben , und legt es in die Bibel ſeines Herrn ; aber kaum war dieſer zur Kirche fortgegangen , als eß ihn reut, ſo weit gegangen zu ſein : ſeine Schrift konnte erkannt werden , man konnte ihn vor Gericht fordern , und was mußte er alsdann von dem Küſter und Schulmeiſter fürchten , wenn es ihm , als alleinigen Zeugen nicht gelang , ihr Verbrechen zu beweiſen ? Dieſe neuen Gedanken bewegen ihn, ſein Bil. let zurückzuziehen ; es genügt ihm , daß eg geleſen worden , und während der Geiſtliche an der Tafel ſißt, legt er ein Stüd unbeſchriebenes Papier an die Stelle deſſen , worauf er die Denunziation geſchrieben hat . Erſt, nachdein beide Verbrecher vollſtändig überführt wa . ren , gelang es, tas Ochelinniß aufzuklären . [ Schuylkidi Demokrat v . Juni 54.]

280 Eine Morskifte . Cincinnati, 27. Juni 54. Geſtern Abend wurbe in das Marine Hoſpital, an der Ecke von Longworthſtreet und Weſtern Row , eine Kiſte gefchickt und im Zimmer des Ste wards (Verwalters) , Hr. J. H. Alliſon , aufgeſtellt. Gegen 10 Uhr öffneten der Stewarð und deſſen Frau, die ſich allein in dem Zimmer befanden, die Kiſte, welche plötzlich mit furcht barer Gewalt explodirte. Frau Aliſon verlor beide Arme und wurde am Schädel ftark verleşt ; ihr Mann wurde gräß lich verſtümmelt. Die Möbel, Fenſter, Decke u . ſ. w . wur den buchſtäblich gertrümmert. Allem Anſcheine nach enthielt die Kiſte eine Bombe von ungefähr ſechs Zoll im Durcha meſſer. Von dem Urheber dieſer hölliſden That hat man [N. -9. Abendztg.] Bie jest noch keine Spur gefunden .

Doppelmord durch eine Höllenmaſchine. Cincinnati , 28. Juni 54. Am Montag Abend etwas nach 10 Uhr wurde die Bevölkerung im weſtlichen Theile der Stadt in große Aufregung und Schreck verſeßt durch die Nachricht, daß Hr. Alliſon , der Steward des Marine -Hoſpi tals, und ſeine Frau durch eine Höllenmaſchine getödtet wor den ſeien. Die folgenden näheren Angaben über dieſes ſchreckliche Greigniß , weldies durch teufliſdie Bosheit veranlaßt worden iſt, ſind aus zuverläſſiger Quelle : Gegen 9 Uhr am genannten Abend gingen zwei Knaben, Reed und Sommers, jeder ungefähr 14 Jahre alt, die Plum St. entlang, als ſie an der Perry St. , einer kleinen Straße zwiſchen der fünften und rechften , von einem Manne ange rebet wurden , welcher fragte , ob ſie nicht etwas verbienen wollten ? Sommers entgegnete mit Nein , Reed indeß war willens, dem Fremden gegen Bezahlung einen Dienft zu leiſten. & r ging daher mit dieſem . Sie gingen die Plum St. ent lang biß zur Longworth. Hier ſagte der Fremde zu dem

281 Anaben , daß er das Käſiohen , welches er ihm einhändigte, nach dem Marine - Hoſpital , ſüdweſtliche Ede von Weſterns Row unb Longworth St. , tragen und darin abgeben ſolle. Er müſſe daſſelbe aber ja redt in Acht nehmen , damit ihm kein Schaden geſchehe. Der Knabe begab ſich nach dem be zeichneten Hauſe , aber anſtatt in die Office des Hoſpitals, ging er in den Store des Hrn . Stockton im untern Stock und gab da das Käſtchen ab . Der Clerk beſichtigte das Räſtchen und fand daran eine Karte befeſtigt, welche folgende Adreſſe trug : ,, I. H. Aliſon , Marine -Hoſpital, Ecke von Weſtern - Row und Longworth St." Demzufolge gab er in der Office des Hoſpitals das Käſtchen ab, wo ſich die Doktoren Cummings und Baker jun . befan den und ſagten, daß Alliſon zufällig nicht anweſend ſei, ſte würden aber gleich bei ſeiner Rückkehr das Käſtdien ihm übergeben . So geſchah es denn audy. Hr . Adiſon nahm das Räſtchen auf ſein Zimmer , und wenige Minuten darauf erfolgte ein furdytbarer Krach und eine Grid ütterung, als follte das ganze Gebäude in Trümmer zuſammenſtürzen . Dr. Bafer , welcher ſich in einem anſtoßenden Zimmer befand, eilte gleid , herzu und fand Hrn . Alliſon in der Nähe bes Fenſters in den Knien liegen, die Kleider waren in Feuer gerathen. Er wurde bald des Feuers Meiſter und fand dann aus, daß Hrn . Alliſon die Gingeweide aus dem Leibe hingen und derſelbe auch noch ſonſtige ſtarke Verlekungen erhalten habe. „ Um Gotteswillen , Aliſon ,“ fragte der Doftor, „ wie iſt das geſtheben ? " ,, Gine Höllenmaſchine, dieſe Bor, Dofa tor,“ entgegnete ber tödtlich Verwundete. In demſelben Au genblicke ließ ſid, aus einem der anſtoßenden Zimmer das Weberufen der Frau Adiſon bernehmen . Der Doftor eilte ſogleich dorthin , und fand die Frau in der größten Gefahr in der Nähe des Bettes liegen, da auch ihre Kleider in Feuer gerathen waren und das Fleiſch aus einem Theil des Ge ſichtes weggeriſſen war . Der rechte Arm war gebrochen und ſchrecklich zerſchmettert. Der Doktor riß der Unglücklichen

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die brennenden Kleider ab und ſchaffte ſie in den untern Theil des Gebäudeg. Mittlerweile war noch Hülfe herbeigeeilt und auch Hr. Alliſon wurde aus dem ſchrecklich zugerichteten Zim mer entfernt. Dem Feuer war bald Einhalt gethan . Das Zimmer , in welchem die Erploſion der Höllenmaſchine er. folgte ( 12 Fuß lang und 10 Fuß breit) , iſt arg zugerichtet. Eine der innern Wände iſt ganz auf den Gang hinausge ſchoben und die Decke an mehreren Stellen beſchädigt. Die Fenſter dieſes und der anſtoßenden Zimmer ſind zerbrochen und die Möbeln ganz durcheinander geworfen . Nad) zweiſtündigen furchtbaren Schmerzen war Hr. Adi fon eine Leide . Frau Alliſon ſtarb geſtern Nachmittag gegen 4 Uhr. Man ſagt, Hr. Alliſon habe kurz vor ſeinem Tode fich dahin ausgeſprochen, daß er vermutue, wer ihm den Tod an gethan habe. Seine Beſchreibung der Perſon ſtimmt durchs aus damit überein , wie der Knabe , welcher ſeitdem arretirt worden iſt, den Fremden beſdireibt. Das Käſtdien , nach den vorgefundenen Fragmenten zu urtheilen , war aus ſchwarzem Wallmufbolz gearbeitet, ungefähr 15 Zoll lang, 6 breit und 4 tief und enthielt ein metallenes Gefäß, welches mit Pulver angefüllt war . Seit einigen Monaten erhielt Hr. Alliſon wiederholt von unbefannter Seite her in ähnlichen Käſtchen Geſchenke zugeſchickt. Dieſis legtere fam ohne Zweifel von derſelben Quelle. Dieſem Umtande iſt es zuzuſchreiben , daß in Hr. Adifon fein Verbacht aufſtieg , als ihm das Räſtchen überreicht wurde. Noch geſtern den ganzen Vormittag über herrſchte in der Näbe der Unglücksſtätte die größte Aufregung. Es wird nichts unterlaſſen werden, den Thäter auszufin den und zur verdienten Strafe zu ziehen . Wir erfahren, baß bereits der Verfertiger dieſer Höllen . maidine ausgefunden worden iſt , ebenſo wo das Pulver zu derſelben gefauft wurde. Marſchall Ruffin und Capitän Hoke machen die größten Anftrengungen , um den Böſewicht auf

283 Antig zu machen , und es iſt alle Hoffnung vorhanden , das jie ſeiner habhaft werden . Die Maſchine war ſo eingericitet, daß der Drüder , der an derſelben angebracht war , durch das Deffnen einſchlagen und die Grploſion herbeiführen mußte. Der Coroner hielt geſtern Vormittag über den Leidynami des Mannes und Nachmittag über den ber Frau Leichenſchau, und die Jury gab ein entſprechendes Verdift . [Volfsfreund .]

Ein ingeheuer. James Branch , ein wohlhabender Bürger von Tremble Co., Ky . , erſchoß ſeinen eigenen Sohn mit einer Büchſe, weil er in einem häuslichen Streite die Partei ſeiner Mutter ge nommen hatte . Nach der Begehung der That legte ſich der Vater gleichgültig zu Bette, und als man ihm am nächſten Inge jagte, daß der Sohn nod ; lebe, drückte er ſein Bedauern aus , weil er ihm nicht gleich mit dem Meſſer den Garaus geinacht habe. [ N. - 9. Dem . v . 30. Juni 54. ]

Zu den Geheimniſſen von New York . Zu der modernen Zeit - Tragödie, daß Perſonen durch nabe Verwandte , die nach deren Vermögen u . f. w . lüſtern ſind, in's Irrenhaus geſteckt werden , iſt neulid , audy in New -York ein nicht unintereſſanter Beitrag geliefert worden . Der „ N. Y. Atlas " referirt den Fall, der allerdings nichtswürdig und vers brecheriſch genug iſt, mit einer ſo unſchuldigen und ſtaunens den Entrüſtung, als ob er das Einzige wäre , was wir an Schufterei und Verrath in dem „kirchenreichen , ſonntagsſe ligen New - Yorf " wahrzunehmen und mit moral - philoſophis idyer Indignation zu traktiren båtten . Der hiſtoriſche Vers lauf der Sache iſt nach dem genannten Blatt folgender:

284 I lomas Dunlap iſt ſeit Jahren alø reicher Blumen und Gewächshändler ( Floriſt) in N. 9. bekannt und immer 311 den „ reſpektablen “ Bürgern der Stadt gezählt worden . Mit ſeinen Brüdern befand er ſid ) längere Zeit in Uneinig keit über die Theilung des väterlichen Nachlaſſes , und wie aud, das Verhältniß gelegen haben mag, zu einer verſöhnlichen Erledigung deſſelben ſcheint es nicht gekommen zu ſein . Da , am 22. v . M., erſchien Dunlap, in Begleitung zweier Advokaten , eines Arztes und mehrerer angeſehenen Vürger, vor der Suprem Court, wo die Richter Noſevelt und Clerke präſidiren, und klagte über die widerredytliche und unbegrün dete Einſperrung ſeiner in das Blumenthaler Irrenhaus, zu = gleich die Vitte um ſeine gerichtsſeitig zu dekretirende Frei laſſung damit verbindend. Der Arzt , ein Dr. Blankman, erklärte , daß er Dunlap zum erſten Male am 8. V. M. in bem beſagten Irrenhauſe geſehen und geſprochen und ihn gleid) als bei vollem Verſtande erkannt habe. Wiederholte Beſuche batten ihm ſeitdem immer denſelben normalen Zuſtand in dem Gefangenen gezeigt und er ſei gänzlich überzeugt, daß derſelbe als ein Mann von geſunder Vernunft betract)tet werden müſſe, der wahrſcheinlich nie Veranlaſſung zu ſeiner Einſrerrung in ein Irrenbaus gegeben habe . Er präſentirte außerdem mehrere Gutachten von namhafa ten Aerzten, die daſſelbe beſagten . Gleidfalls waren die bei ben Advokaten , Edmond Blanfion und Fletcher Park, außer ben perſönlichen Zeugen, die ſie ſiſirten, in dem Beſi man nigfader Affidavits von angeſebenen Bürgern zur Beglaubi gung der ununterbrochenen geiſtigen Geſundheit Dunlaps. Dieſer ſelbſt ſtellt die ihm widerfahrene Gewaltthat wie folgt dar : „ Id wohne in N. Y. 35 Jahre ; ſeit 16 Jahren beo treibe ich das Geſchäft eines Floriſten. In der Unterſuchung gegen den des Mordes angeklagten De Corn ſaß ich in der Jury mit. Gs bedurfte einer Sigung von 3 Tagen und 3 Nächten , wir ung über das Urtheil zu einigen vermoch ten , und ich zog mir bei der Gelegenheit eine Erkältung zu , die balt barnach in cinc rheumatiſche Entzündung überging ,

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an ber ich 4 Monate barnieberlag . Eben geneſen und im Stande, bas Haus wieder zu verlaſſen , befand id ) mich in einem Miethſtalle, um für einen Geſdhäftsweg nach der unte ren Stadt einen Wagen zu nehmen , als mein Bruder, James Dunlap, und ein gewiſſer S. Corwin daſelbſt zu mir traten und mich zur Theilnahme an einer Spazierfahrt aufforderten . Mein Bruder hatte ſich , was id ) bemerken muß , während meiner Krankheit nicht bei mir ſehen laſſen. Ich hatte ans fänglich keine Luſt zu der Ausfahrt und ſchüßte meinen bes ſagten Geſchäftsweg vor; ſte drangen jedoch in mich, meinten, es ſei meiner Geſundheit zuträglich und kurz, ich entſchloß mich , mitzufahren . Wir nahmen bas bereits von mir beſtellte Fuhrwerk und mochten bis zu dem Hauſe des S. Corwin gekommen ſein , als man mich bat, noch einen Vierten, einen Herrn Van Cott, in den Wagen mit aufzunehmen , da der ſelbe meinen Begleitern befreundet und ebenfalls - in ſchwachen Geſundheitsumſtänden ſei. Ich hatte nichts dagegen , erfuhr aber ſpäter, daß dieſer ſogenannte Freund ein Polizeioffiziant geweſen . Vor Wiley's Hotel hielten ſie ſpäter wieder , um zu einem Trunk dort einzugehen ; auch das ließ ich zu, ohne indeß felbft mitzutrinken und auf die in dem Schenkzimmer mit Anderen getroffene Vereinbarung einzugehen , daß nach Zone's Hotel zu einer Zecherei gefahren werde. (Wahrſchein lid, beabſichtigte man , das Opfer der Intrigue betrunken zu machen .) Sie ſchlugen mir darauf vor , den Garten des Blu menthaler Irrenhauſes zu beſuchen , welcher früher unter meio ner Direktion geſtanden hatte , und ich konſentirte unter der Bedingung , daß wir uns bort nicht zu lange aufhielten . In dem Garten angekommen, wurde ich nach einigen Gäns gen durch denſelben zu einer Anſicht der Kellerräume unter dem Irrenhauſe ſelbſt eingeladen und ich folgte in dieſelben ohne Argwohn. Plößlich aber wurde hinter mir eine Thüre geſchloſſen und ich befand mich , von meiner Begleitung ge trennt, unter den Händen von 5 bis 6 ſtarken Männern, die ſogleich mich packten , banden und in eine ode, dumpfige Zelle ſchleppten , die nur mit einer Art Lager und einem ſchmalen

१२6 Drett, zum Aufstellen von Gegenſtanden , verſehen war . Ter Fußboden dieſes Raumes ſtand 6 Zoll unter Waſſer, es winie melte in demſelben von Ungeziefer und die Luft war ſo un ein und trüffend , daß ich nur durch das Einſchlagen einer Fenſterſcheibe mid, vor dem Grſticken bewahren konnte. Gleich wohl mußte ich mit gefeſſelten Gliedmaſſen drei Tage und drei Nächte in dieſer Höhle zubringen, was bei meiner noch ſchwa chen Geſundheit, nachdem id faum von einer rheumatiſchen Inflammation geneſen war, gewiß das Gefährlichſte gebeißen werden muß, dem man mich ausſegen konnte . Nach dieſer Zeit wurde ich in ein beſſeres Quartier gebracht, wo mon mir 14 Tage darauf Notiz von einer meine geiſtigen Zu ſtände betreffenden Unterſuchung gab , bei welcher ich jedoch fonderbarer Weiſe ſelbſt nicyt zugegen war, ſondern hartnädig im engſten Verſchluß gehalten wurde. Zum Schluß ſeiner Darſtellung gibt Dunlap an , daß er mit ſeinen Brüdern wegen der Theilung des väterlichen Gr bee in fortwährender Spannung geblieben ſei und daß die gegen ihn beobachtete Handlungsweiſe, deren eigentlicher Urs beber ſein Bruber, James Dunlap , fein dürfe, aus ganz anbe ren Motiven herrühre, als aus denen der Sorge und Theil nahme für ſeine Geſundheit und fein Wohlergeben . Für die Gegenpartei war der Advokat Nelſon erſchienen. Derſelbe proteſtirte gegen jede gerichtliche Freilaſſung Dunlap und verſpracy, Zeugniſſe über deſjen wirklichen Wahnſinn zu liefern . Das Gericht fand jedoch keinen Grund , auf dieſen Proteft einzugeben und ſtellte Dunlap den Beſuch ſeiner Hare lemer Pflanzungen frei, die nach glaublicher Verſicherung besſelben durch ſeine plößliche Einkerkerung einen Schaden von wenigſtens 10-12,000 Doll. erlitten haben müßten . Aus den weitern Verhandlungen geht hervor, daß Dun lap unverheirathet und ein ſehr vermögender Mann iſt. Sein Beſib, Grundwerth , Krebitverhältniſſe und Geſchäftsbeziehun gen zuſammengerechnet, dürfte ſich auf 100,000 Dollars beo Laufen . Noch unmittelbar vor der gegen ihn ausgeübten Gewaltthat ftand er in beſonderen Vertrauensbezügen zu bem

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Cr- Major Singdland und andern vermögenden Perſonen und difponirte in dieſer Beziehung über fontraftliches Eigenthum zu ſehr hohem Werth . Ein äußerſt zweideutiges Licht wird durch dieſe ganze Ges ſchichte auf das Blumenthaler Irrenhaus geworfen , wo nicht allein unſchuldige Perſonen ganz ohne die erforderlichen Vor ſichtsmaßregeln gegen Widfür und Mißbrauch ſcheinen einge ſteckt werden zu können , ſondern wo man dieſelben auch auf eine fo grauſame und rückſichtsloſe Weiſe behandelt, daß ſelbſt unter vorauszuſeßendem Wahnſinn die Menſchlichkeit ſich ges gen ein ſolches Verfahren empören und es geradezu als Ver brechen bezeichnen muß. 3ft es denn möglich !" ruft der Atlas " auß, „ baß man den erſten beſten Menſchen von der Straße aufgreifen und ihn auf eigne Verantwortung als ver rückt in das Blumenthaler Irrenhaus abliefern fann ?! Und wird dort der Wahnſinn als Verbrechen betrachtet, dem man durch Qual und Lortur den Job bereiten darf ?! Wir les ben der Ueberzeugung, baß der Fall bes Herrn Dunlap An laß geben wirb, die Verwaltung jenes Inſtitutes einer geſep . lichen Unterſuchung zu unterwerfen , da es jedenfalls prakti fcher wäre , die Unglücklichen, welche ihren Verſtand verlieren , gleich zu hängen , als ſte durch koſtſpielige Irrenhäuſer zu Tode zu martern ! " Gine & nbentſcheidung iſt in dieſer Sache noch nicht ers folgt , und leider dürfen wir , auch wenn die größte Schuld ihr zu Grunde läge , auf ein durchgreifendes Gericht nicht allzu lebhafte Hoffnung hegen . Wir leben in einer Zeit, wo man das innere Verbrechen durch äußere Schonung zu verhüllen ſucht. Intereſſant iſt es noch, biefen Fall , weldier in der neuern Geſellſchaftsgeſchichte keineswegs allein ſteht, mit ähnlichen Erſcheinungen früherer Zeiten zu vergleichen . Damals ſteckte man Perſonen oft gewaltſam als Srre ein , wenn ſie durch Ideen , die ihrer Zeit etwas vorausgeeilt was ren , das Vorurtheil gegen ſich erregten ; jeßt ſind die Ideen frei, und ſelbſt die unſinnigſten geben ſelten Anlaß , ihren Sräger ins Narrenhaus zu verweiſen ; um ſo gefährlicher iſt

288 aver der Beſts materiellen Reichthums für die perſönliche Sicherheit; denn eben die Ideenfreiheit iſt Urſache, daß man nichts Närriſches darin ſteht, einen Anderen als Narren eins ſtecken zu laſſen , um ſich ſtatt feiner des von ihm beſeſſenen Reichthums zu erfreuen . [N. - 9. Beobachter vom 9. Juli 54.]

Das Verbrechen des Dr. Hamilton , eine8 presbyterianiſchen Geiſtlichen zu ' Mobile , in Alabama Es ſcheint eine Zeit zu ſein , daß die Geiſtlichen wie faule Aepfel von den Bäumen fallen und daß der Mangel ſittlicher Begründung , welchen die Religion gerade in ihnen , ihren offiziellen Vertretern , bat , mit ſchneidender Schärfe unb Uebere zeuglichkeit an den Sag tritt . Kaum beſchäftigt ber Fall eines Kröger die Deffentlichkeit, ſo wird ein zweiter ruchbar, ber noch empörenber auffallen muß. Die katholiſche Pries ſterſchaft hat durch die unnatürliche Baſis, worauf die Kirche ſelbft ſie ſtellt, gewiſſermaßen das Monopol auf Unzucht ges wonnen ; was will man aber ſagen , wenn ſelbſt ein prote ſtantiſcher Pfaffe, unter glücklichen Familienverhältniſſen und bei der angeſebenſten bürgerlichen Stellung, 20 bis 30 Jahre hindurch mit einer Heuchelei und Verſtecktheit ohne Gleichen der unnatürlidiſten Wolluft gefröhnt hat ? – Eine ſolche Enthüllung fehlte noch , um die gegen das Pfaffenthum zeu genden Indizien vollſtändig zu machen und daſſelbe auch des legten Anſpruches auf jenes bevorzugte Anſehen zu berauben, bas deſſen Frechheit noch ſo gerne in Anſpruch nimmt, und das Dummheit und geiſtige Unmündigkeit noch immer ſo be reitwillig gewähren . GS iſt der Dr. Hamilton , erſter Prebiger an der pres . byterianiſchen Kirche der Government - Straße zu Mobile , in Alabama, beſſen Verbrechen jest bie Deffentlichkeit mit ge rechter Entrüftung erfüllt. Blutfchande und Sodomis

289 terei treten gegen ihn auf. Eine Correſpondenz des , Albany Atlas " aus Mobile vom 22. vorigen M. beſpricht den Fall folgendermaßen : ,, Das Verbrechen des Dr. Hamilton iſt im Vergleich mit ſeiner Stellung, ſeiner Intelligenz und dem Anſehen, daß er bis dahin in der Geſellſchaft zu erringen und zu behaupten wußte, ſo ſchwarz , daß es faum dem Gehirn eines Mannes begreiflich werden will. Leſen ſte das 19. Capitel der Ges neſis (die Geſchichte von Lot und ſeinen Töchtern ) und den 27. Vers des erſten Capitels an die Römer, um zu wiſſen , warum es ſich handelt. Die Schuld , welche ſich mit eins zelnen Intervallen über eine lange Reihe von Jahren erſtreckt, fteht bereits burd Selbſtbekenntniß feſt, indem ein leßter Vorfall hierſelbſt die Urſache zur Aufbedung bed ganzen Gräuele werden ſollte. Diejenigen , weldte mit der Situation des Dr. Hamilton nicht näher bekannt ſind , können ſich unmöglich vorſtellen , von welcher Höhe derſelbe hinabgeſtürzt iſt. Seit 20 Jahren war er Hauptpaſtor ber hieſigen Government-Straßen- Kirche und hatte eine Gemeinde , wie ſie nur irgend ein Prediger in den Vereinigten Staaten wünſchen kann . Die Kirche groß und impoſant , das Auditorium , zum größten Theil aus ben gebildetſten und reichſten Familien ber Stadt beſtehend , ſo zahlreich , daß die Kirchenſiße dem Uns berlangen nicht genügten . Seber Wunſch des Herrn Paſtor Befehl für dieſe Gläubigen ; ſeine Einnahme bis zur wirfs lichen Unbeſchränktheit immens. Die Amtswohnung in einer Vorſtadt belegen und mit ftädtiſchem Comfort ländlichen Reiz verbintenb. Prächtige Gärten und Aecker Der höchſten Kultur ihre Umgebung. Das Gebäude felbft ein Muſter von Eleganz und Styl ; in dems ſelben jebe Ausſtattung des Reichthums und des edelſten Ges nuffeß . Ein Cabinet von Mineralien, Muſcheln , Inſekten und überhaupt Thieren , daran ber gelehrtefte Phififer feine Bes friedigung haben mußte ; eine Bibliothef, deren äußerſter Vers vollſtändigung nie Geldmangel entgegenſtand. 21

290 A18 Hamilton vor einigen Jahren ſein Werk über die Einheit der Menſchenracen unter dem Titel : , Ein Freund von Moſes " publizirte , gab ihm ſeine Gemeinde ein ganzes Jahr frei, um Egypten und das heilige Land zu bereiſen und ſich wie eine alte Dame den Ausdruck gebrauchte zu überzeugen , daß alles wahr ſei, was er geſchrieben. Außers dem wurden ihm noch beſondere Summen zur Verfügung ge ftellt, damit er ſeine Reiſe nach dem weiteſten Begriff von Forſchung und Beobachtung vollenden könne . Seiner Fa milie blieb für das Jahr die ungeſchmälerte Einnahme, intem die Gemeinde einen Stellvertreter im Amte aus einer Pri patcollekte beſoldete. Seit ungefähr einem Jahr iſt er von dieſer Reiſe zurück und ſein Bud „ Reminiscenzen aus Egyp ten und dem Morgenland " war feiner Vollendung nabe, als die Entdeckung eintrat, welche zu ſeiner endlichen Strafe und Vernichtung führen ſollte. Sie können nach dem Vorausge ſchickten nun einigermaßen über den Einbruck urtheilen, welchen die Sache machen mußte , und ſich den Wandel vorſtellen, den Hamilton in öffentlicher Meinung und Stellung erlitt; geſtern noch als der Gleichberechtigte berühmter Männer, als der Freund eines Lepſius , Bunſen und Humboldt geſchäßt, heute der gemeinſte, ehrlojeſte Verbrecher. Hamilton rrar ſtets ein Mann von ertravaganten Mas nieren, und was man ſich in der Stille von ſeinen Verbrechen erzählte , das wurde auf anderer Seite um ſo entſchiedener mit der Beſonderheit und Originalität ſeines ganzen Weſeng widerlegt, und man entblödete ſich nicht, von einer Größe und Würde zu ſprechen, die über die Begriffe und Moral gewöhns licher Sterblichen hinausragten. In der That lag in ſeiner Grſcheinung etwas Imponirendes, der Eindruck von Intelis genz war unverkennbar. Auch zeichnete ihn Arbeitſamkeit, Drdnung und Energie aus . & r fteht im 60. Lebensjahr, ſeine Frau iſt etwas älter, drei Söhne, die ihm noch leben, ſind ſämmtlich verheirathet und anfehnlich geſtellt. Er ſcheint überhaupt viel von einem pſycologiſchen Räths fel an ſich zu haben, was auch aus dem Umſtand hervorgeht,

291 daß er felbft ſein entſcheidender Ankläger wurde und gewiffer. maßen fein Schickſal beſtimmte. Es berging nämlich längere Zeit, ehe man den Gerüchten Glauben und eigentliche Auf merkſamkeit ſchenkte ; dann, als es nicht länger zu vermeiden war , begab ſich ein aus der Gemeinde erwähltes Committe zu Hamilton in's Haus und legte ihm ſelbſt den Fall zur Grflärung vor. Da rief er mit einer Stimme , deren tiefe Qual ſich nicht verkennen ließ : „ Sculdig bin ich ! ſchuldig vor Gott und Menſchen ! Vernichtet, wie ich in dieſem Mo ment daſtebe, bedeckt mit Sünde und Schande, wie ich es bin , foll doch keine Lüge über meine Lippen geben. Welch ein Thor, der ich gereſen bin ſchuldig - ſchulbig ! bas iſt mein Befenntniß ! " Es bleibt gewiß, daß dieſe Wendung der Sache bas uns geheuerſte Staunen erregen mußte. Reiner erwartete ſie, und es war ein allgemeines Gefühl, daß wenn Dr. Hamilton ſeine Stellung benußt , das Gerücht als eine nicht würbige Erfins dung abgewieſen und ſich auf ſeine Unſchuld berufen hätte : fein Anſehen hinreichend geweſen wäre , um auch die Klarſte Evidenz der gegen ihn erhobenen Beſchuldigung noch aus dem Felde zu ſchlagen . Schwerlich würde auch nur ein einziges Mitglied ſeiner Gemeinde Anſland genommen haben, zn ihm zu ſchwören und mit Gut und Gewiſſen für ihn einzuſtehen . Er hätte eine Schaar fanatiſcher Anbeter um ſich gewonnen, bereit, lieber ſelbſt ein Märtyrthum zu erleiden , als ihn fallen zu laſſen . So aber brach er ſich ſelbſt jede Brücke ab und das Verderben ging nunmehr feinen vollen Gang . Balo lag ſein Leben in allen ſchwarzen Nachtſchatten vor dem richten den Blick der Deffentlichkeit und auch die fernſte Vergangen: beit that ihre finſtern Geheimniſſe auf. Der Dr. Hamilton iſt in dem nördlichen Theil der Union geboren , und zu einer frühern Periode auch in dem Staate Neu - York angeſtellt geweſen . Ueble Gerüchte über ſein Irels ben tauchten bald auf und entfernten die Beſſeren ſeiner 0a maligen Umgebung von ihm. 3ndeß wußte er durch die frece Scheinheiligkeit ſeiner äußern Haltung den Skandal zu ver 21 *

292 meiden . Später ftedelte er nach Kentuch über, wo nur ſeine Entfernung nach Alabama ihn der Ahndung für die frevel Haften Unzuchtigkeiten entzog , welche dort gegen ihn laut wurden . Sn dem leşteren Staat trieb er es denn bis zu dem tragiſchen Ueberſchlag des gegenwärtigen Augenblicke. heißt es noch „ Es würde Keiner ſeiner vielen Verehrer ihn dieſer über ſchließlich in der Mobile Correſpondenz alles ſchmubigen Unzucht je fähig gebalten baben , denn fein ganzes Verhalten zeichnete ſich durch eine gewiſſe offene Strenge und, wie es ſchien , charaktervolle Entferntheit von all jenen Lüfternheiten aus, welche man ſonſt wohl an geiſtlichen Au toritäten mit Bezug auf das ſchöne Geſchlecht gewohnt ift. Es ließ ſich in der That nicht mit ihm jener „ fromme Gift fdleim einer phyſiid brünftigen Heberredung“ für ein , an . bächtiges " Sdweſternobr zuſammenbenken und ein üppiger Weiberbuſen ſchien niemals der Altar geweſen zu ſein, worauf er ben evangeliſchen Segen niebergelegt hatte. Im Gegens theil , die Decenz, welche er öffentlich zu behaupten wußte, war ein Gegenſtand allgemeiner Bemerkung und entwaffnete felbft feine Gegner , welche bie Gerüchte über ſeine geheimen Sünden wohl im Gedächtniß trugen. “ Dieß die Relation , welche die engliſch -amerikaniſchen Blät ter über den empörenden Vorfall geben. Man ſieht , mit wwelder Delifatriſe fie zu Werfe geben und wie ſie nur ans deutungsweiſe die bodenloſe Verdorbenbeit eines geiſtlichen feudilers zu enthüllen wagen . Man erfährt nicht, was ſein eigentliches Schickſal werben und ob die Ahndung bürgerlicher Gefeße ihn mit Strenge treffen wird. Wahrſcheinlich ge ſchiebt dieß nicht, ſondern man baut tem „ Feinde der Moral und Sitte“ eine goldene Brücke des Rückzuges und er wird en ber Stille aus Alabama verſchwinden . Damit aber ſei die heilfame Machwirkung feines Ber : brechens nicht im Volke verſchwunden, eines Verbrechens, das um fo eindringlicher gemahnen muß , als wubl felten ein Miend mehr Anlaß und Möglichkeit gehabt hat, fich zu mes raliſchem Bewußtſein und dem entſprechender Chatfraft anf

293 gerichtet zu fühlen. Schwarz wie die Nacht erſcheint eine Schuld, die auch durch nichts in der Stellung und den geia ſtigen Fähigkeiten des Elenden , der ſie übte , Entſchuldigung findet. Gin Beiſpiel dieſer Art iſt unbedingt ein Gericht für den ganzen Stand und zeigt uns , daß nichts lächerlicher iſt als eine Repräſentation und Vermittlung der religiöſen Wahr heiten burd) einen profeſſionellen Stand. Religibre Wahr heiten haben nur ihre Beglaubigung in den Herzen der Mens fchen unmittelbar, und ihre Vertreter und Prediger ſind allein die guten Gebanken und Handlungen, die Zeber nach eigenem freiem Bermögen begt und übt . [ L. Alberti, im Beobachter vom 9. Juli 54.)

Scheuflicher Mord . In der Nähe von Quebec , Canada , wurde vorige Woche ( Juli 1854) ein entſeglicher Mord begangen , über den das Chronicle " berichtet : „ Das unglückliche Opfer war ein junges Mädchen von 11 Jahren, Namens Camere Lema 5. Die Unterſuchung ihrer Leiche erwies , daß ſie zuerſt geſchändet und dann durch einen Hieb auf den Kopf getödtet worden , worauf der teufs liſche Thäter ihren Leib aufſchligte. Obgleich Verdacht auf einem in der Nähe wohnenden Individuum ruht, ſo bedallern wir doch zu hören, daß bis jeßt noch keine verläßliche Spur von dem Thäter entdeckt worden iſt. Der Spruch der Sur * lautet : Mord durch eine oder mehrere unbekannte Perſonen ."

Wieder ein Nothzuchtsfall. Cincinnati , Juli 54. -- Die deutſche Bevölferung Ein rinnati's ſteht in neuerer Zeit leider nicht zurück, die Pofala fpalten der engliſchen Blätter mit Scandals und Schmach

294

geſchichten zu verſehen . Geſtern Nachmittag wurde die dritte Nothzuchtsklage im Verlaufe bon wenigen Tagen verhandelt. Ein alter Mann , Namens F. H. Sattle , war von Fries bensrichter Röwecamp angeklagt, gegen ein 7jähriges Töchters dhen des Hrn . Johann Drofte an Weſtern How zwiſchen Eve. rett und Wabe Gewalt gebraucht zu haben . Das Zeugniß erwies nur, daß er das Kind gefüßt und ſich pöbelhafte Freis heiten gegen dasſelbe erlaubt hatte. Der Squire entließ den Angeklagten , ohne die Zeugen der Vertheidigung zu bernehs men, da das Zeugniß die Beſchuldigung nicht unterſtüßte. [Cincinn . Bl.]

Empörende inmenſchlichkeit. Der „ Mount Joy Herald meldet, baß am Samſtag vor acht Tagen der Ingenieur der Lokomotive eines Wagenzugs zwiſchen Highſpire und Harrisburg etwas auf der Eiſenbahn liegen fah. Er hielt die Lokomotive einige Schritte von dem Gegenſtand an , und als er denſelben unterſuchte , was war ſein und der Paſſagiere Erſtaunen ? Zwei liebliche ſchwarz einen Knaben baarige und gut gekleidete Zwillingskinder dort in ihrer Unſchuld ſchlafend zu fins und ein Mädchen den ! Wie ſie dahin famen , iſt unbekannt; aber die Vers muthung entſteht natürlich , daß fie von ihrer Rabenmutter bafelbſt ausgelegt wurben, in der Abſicht, ihrem Daſein ein Ende zu machen . Ein in den Karren befindlicher Herr wurde für die unſchuldigen Kinder intereſſirt und nahm ſte nada Sauſe, um ſie aufzuerzieben . ( Vom Juli 1854. ]

Vielweiberei. Bofton , 14. Juli 1854. Dreen D'Brien , ein Orele von mehr als 80 Jahren, der ſich faum mehr auf den Beis nen zu halten vermag, wurde heute Morgen in der Municipal

295 Court wegen Vielweiberei zu 3jährigem Staatêgefängniß ver . urtheilt. Caroline White, ſeine Mitſchuldige, im Verhältniſſe zu D'Briens Alter noch ein ganz junges Frauenzimmer , wurde zu 15 Monaten Zuchthaus verurtheilt . [ Boſton BI.]

Niederträchtig. Buffalo , 19. Juli 1854. Als der neue Dämpfer „ Wes ftern World " ſich in vergangener Woche Detroit näherte und ſämmtliche Offiziere auf dem obern Deck beſchäftigt waren, locten drei Jrländer, Feuerleute auf dem Dämpfer , eine arme Deutſche Frau in den unterſten Raum unter dem Vorwande, ſte bätten einige zerriſſene Kleidungsſtücke , welche die Frau ihnen gegen Bezahlung ausbeſſern möchte. Die Frau war arm , nur knapp hatte das wenige Geld zur Beſtreitung der Ueberfahrtskoſten für ihre Familie gereicht, und ſo folgte ſte denn den ſchändlichen Kerlen willig in der Hoffnung , einige Cents verdienen zu fönnen. Kaum hatte ſie jedoch den finſtern Raum, welcher nur zur Aufbewahrung von Retten und altem Eiſen benußt wird , arglos betreten , als die Schurken die Thüre zuwarfen und ſich auf ſie ſtürzten. Während der Eine ihr ein Tuch über das Geſicht warf und ſte am Schreien verhinderte, und der zweite ihr die Füße feſt hielt , nothzüch tigte ſie der Dritte auf die empörendſte Weiſe. Nachdem ſte ihre Unthat vollendet hatten , warfen die Kerle die geſchans dete Frau aus dem Raume und ſtießen die furchtbarſten Dros hungen gegen ſie aus, wenn ſie ſich unterſtehen würde, irgend Jemanden Anzeige von dem „ Spaß “ zu machen , welchen fte mit ihr vorgenommen hätten . Als der Kapitän von dem ſcheußlichen Vorfall Kenntniß erhielt, gab er ſeinem erſten Steuermann ſofort Befehl, ſämmts lidhc Deckarbeiter zuſammenzurufen und den betreffenben leu.

296

ten zum Herausfinden der Verbrecher vorzuführen ; ſolcheg geſchah jedoch ohne Erfolg. Alsbann erging derſelbe Befehl an den erſten Ingenieur, und fand ſich auch einer derſelben unter deſſen Leuten , welcher ſofort ergriffen und bei Ankunft in Detroit der Polizei überliefert wurde. Noch zwei andere der Verbrecher entwiſchten , ſind jedoch gehörig bekannt und wird es nur wenige Tage anſtehen , bis dieſelben dein Gericht überliefert ſind , denn Capitain Stannarb bat ſofort folche Mittel ergriffen , daß ſie gewiß nicht ihrer Strafe entgehen können . [ Buffalo Telegraph .]

unmenſchlich . Evansville , 20. Juli 1854. Das „ Journal“ enthielt geſtern Folgendes : Gine Beſtie in Menſchengeſtalt, welche nahe der Ode ber erſten und Sycamoreſtraße wohnt, verließ das Haus frühzei tig am Montag Morgen , und ging mit Gewehr und Hund auf die Jagd in die Wälder, baheim im verſchloſſenen Hauſe Frau und Kind zurüdlaſſend, beide gefährlich frank , ohne irgend welche Speiſe und Trank im Bereich ihrer Macht. Der unmenſchliche Wicht blieb den ganzen Tag hinweg big faſt 12 ilhr Nachts. Um 10 Uhr Abends wurden einige Nachbarn durch das Stöhnen der Frau und das Søreien des Kindes allarmirt, hörten Rufe nacky Nahrung , Waſſer u. f. w . Die Thüren wurden erbrochen und ein ſchrecklicher Anblick zeigte ſich. Die Frau war in den leßten Todesfräms pfen , als unmittelbare Folge der Vernadyläßigung und Ento behrung . Sie ftarb etwa eine Stunde , nachdem man ihren Hülfloſen Zuſtand enttedt. Das etwa 11 /zjährige Kind wurde von den Nachbarn in Pflege genommen und zeigte ſchmerz bafte Symptome von Krankheit, Hunger und der niederträch : tigſten und brutalften Vernachläßigung . Der Sduft von Vater febrte zurück, ehe ſein Weib noch geſtorben war, fannte

297 aber keine Entſchuldigung für ſeine unverzeihliche Abweſenheit und die Zurüdlaffung ſeiner Familie in folch hülfloſer Lage. Das Volk ſollte den Prozeß diefes Schurfen in ſeine eigene Hand nehmen , wenn es das Geſeß nicht thun fann. So weit bas ,, Journal“, deſſen Angaben , wie wir hören , im Weſentlichen richtig ſind. Dank ihm , daß es feinen Les fern verſchwiegen , daß dieſer Unmenich ein Deutſcher ift. Das „ Journal “ hat dadurch der deutſchen Bevölkerung eine öffentliche Schmach erſpart. Wir hatten über die Affaire bisher geſchwiegen , weil wir glaubten , ſie werde Gegenſtand gerichtlider Unterſuchung werben . [ Reform .]

Verſorgung im Armenhaus. Buffalo , 21. Juli 1854. In Folge verſchiedener Gro rüchte, die ſich über die außerordentliche Anzahl von Todesa fällen an der Cholera im hieſigen Armenhauſe verbreitet hat ten , unternahm eine Delegation von Aerzten und Bürgern heute eine Viſitation desſelben . Sie fanden dieſe Anſtalt und beren Verwaltung in einem ſchauberhaften Zuſtande . Binnen 24 Stunden waren fünfzehn Wahnſinnige und ſieben Andere an der Cholera geſtorben , und vier Bewohner waren dem Tode nahe. Das Haus war ſo ſchmußig, und mit ſo ſchlech . ter Luft erfült , daß ſich Niemand hineinwagen wollte. Bet genauerer Erfündigung fand man aus, daß die Armen ſehr fohlechte loft und auch deren nicht genug erhalten hats ten , um ihren Hunger zu ſtillen . Ihre Koſt beſtand regels mäßig aus folgenden Speiſen : Zum Frühſtück erhielten ſte ein Stück Brod von fünf Quadratzoll, Gerſtenkaffee und ein Stüdchen Salzfleiſch , zum Mittagsmahl Brob und Salzfleiſch und zum Abendeifen Brod und Thee. Außer der Cholera wüthete der Scorbut unter den arnien Kranken . Von den Kindern follen viele vor Hunger geſtorben ſein . Dieſe Enthüllungen erzeugten eine ungeheure Aufregung unter den Bürgern. [ Buffalo Demokrat. ]

298 Gin düftere & Familienbild . Buffalo , 21. Juli 1854. Vorgeſtern herrſchte große Aufregung in der South Diviſion- und Pineſtraße in Folge eines Gerüchtes, daß in erſterer Straße eine Frau unter vers bächtigen Umſtänden geſtorben ſei. Das Nähere iſt , ſoweit wir es erfahren konnten , Folgendes : Seit mehreren Jahren ift eine Frau unter dem Vorwande, ſie ſei wahnſinnig, von therr Tochter und deren Mann im obern Theile des Hauſes singeſperrt geweſen. Wenige wußten von bein traurigen Looſe der unglücklichen Gefangenen , und Niemanden wurde es ges fattet, ſte zu beſuchen . Vorgeſtern Morgen bemerkten die Nachbarn , daß das Dienſtmädchen einen ſchwarzen Trauerflor an den Thürfnopf band, welcher aber ſpäter auf geheimniß volle Weiſe wieder entfernt wurde. Da das Haus ſeit läns gerer Zeit mit mißtrauiſchen Augen angeſehen wurde , ſo mußte dieſer feltſame Vorfall bald eine ungewöhnliche Auf regung hervorrufen , welche immer ſtärker wurde und einen bedenklichen Gharafter annahm . Die Bewohner des Hauſes wurden laut beſchuldigt, die unglückliche Frau, welche bei vols lem Verſtande jei, umgebracht zu haben oder durch Vernach lüßigung an ihrem Tode ſchuld zu ſein und man war ernſtlich geſonnen , in bas verſd loſſene Haus zu bringen , als zur ges legenen Zeit der Polizei - Chef , Capt. Bagnall, mit Coroner Morſe erſchien und genaue Unterſuchung des Vorfalles vers ſprach. Sie fanden die Frau, welche in der That wahnſinnig war, zwar lebend, boch in einem ichrecklichen, verwahrlosten und ſchmußigen Zuſtande vor. Es iſt empörend , daß eine Tochter die Mutter, und noch dazu die ihrer Sinne beraubte; leibende Mutter fo fürchterlich vernachläßigen und dem ents feßlichften Glend preisgeben konnte. Abgemagert zu einem Skelett und einer Leiche ähnlich fauerte die unglückliche Mut. ter in zerlumpten Kleidern, die nothdürftig ihre Blöße bedecke ten , in einen Winkel bes Zimmers auf einem ſchmußigen, halbverfaulten Lager, und eine bumpfe erſtickenbe Luft beraubte ben Gintretenden faſt des Atheme . Wir erfahren, daß Capt.

299 Bagna die Frau nach dem Armenhauſe ſchicken will . Sollte aber die unnatürliche Tochter nicht ihres grauſamen Verbres chens wegen in Unterſuchung genommen werden müſſen ? 3ft das Kind, weldjes ſeine Mutter der Noth , dem Wahnſina preisgab und ſte ſyſtematiſch zu Tode martert , nicht ſtrafbas rer, als der Mörder, der mit einem raſchen Stoß dem Leben ſeines Opfers ein Ende macht? Wir werden nicht verfehlen, uns genau nach dem Vorfalle zu erkundigen und den Verlauf desſelben mit Intereſſe zu verfolgen . [ Buffalo Telegraph.]

Ein barbariſcher Vater. Baltimore , 25. Juli 1854 . Der an der nordweſtlichen Stadtgrenze gelegene Theil von Baulimore County war geſtern die Scene einer großen Auf regrng, indem ſich das Gerücht verbreitete, daß ein gerriſſer Mabtin Coughlin ſeine 111 /2jährige Tochter auf eine ſo bareariſde Weiſe mißhandelt habe, daß dieſelbe an den erhals tenn Verlegungen bald nachher ſtarb. Es erhellt, daß dem Doktor Brailey , welcher am Sonntage dem Landlige des Co. lonel John S. Gittings , an der Liberty Road , 3 Meilen von Baltimore, einen profeſſionellen Beſuch abſtattete, dieſe Nachricht zuerſt zu Dhren kam. Derſelbe verfügte ſich au genblidlich nach dem Hauſe eines Hrn . Wm . Kelly unb fand dort das arme Mädchen , Namens Mary Coughlin , unter heftigen Nervenkrämpfen mit dem Tode ringend, der balb ihren Leiden ein Ende machte. Bei der vorgenommenen poft mortem éramination wurde geronnenes Blut zwiſchen ihrem Schädel und Gehirn entdeckt, während ſie zugleich auf dem Rücken und den Schultern 16 oder 17 breite und ſchwarze Wundmale trug. Der barbariſche Vater geftand kaltherzig ein , daß er ſeine Lochter berb mit einem zoudiden Stode

300 gezüdtigt habe, weil ſie ungehorſam geweſen und aus dem Dienfte ibres Beſchäftigers, des Hrn . Þarvey, weggelaufen ſei. Friebensrichter Poole nahm geſtern Morgen um 8 Uhr die Leichenſchau vor und die Jury gab das Verdikt : Durch die Hände ihres Vaters ums Leben gekommen . Der Mörder fist bereits im Gefängniß. [ Baltimore Weder.)

Menſchenverkauf.

Cincinnati , 29. Suli 1956. Vor ungefähr 6 Jahren verkaufte eine Frau mit Namen Shaw , die in Alerandria , 20 Meilen von hier, lebt, einen Negerknaben , Namens Lato , an einen Hrn . Bell unter der Bedingung , baß derſelbe im Jabre 1859 freigegeben werden follte . Mr. Bel verſprach ſogar beim Verkauf, er wolle ihn im Jahre 1856 für frei erklären , im Falle er ſich gut bes tragen ſollte. Mr. Bell hielt auch ſein Verſprechen und gab ihm die Papiere, die ihn für frei erklärten. Der Knabe ging nach Cincinnati, um ſich Arbeit zu ſuchen, da er aber nicht den erwünſchten Erfolg hatte , ſo kehrte er nach Alerandria zurück, um bafelbft Arbeit zu ſuchen. Am Donnerſtag wurde er von ſeinem alten Herrn getroffen , der ihn auch ſogleich in ſeine Dienſte nahm , um eine Heerbe Vieh nach Lerington zu treiben . Als Mr. Bell in Lexington mit Lato anfam , verkaufte er fein Vieh und hierauf auch Lato für die Summe pon 900 Doll. an einen Sklavenhändler , der ihn ſogleich nach Neu - Orleans verjühiffte. Dieſe Thatſachen verurſachten in Alerandria nidit geringe Aufregung , und man dachte ſchon baran , die Ihäter zu lynchen, ein Vorſag, der bis jeßt noch nicht ausgeführt worden iſt. Lato hat eine Schweſter, die in hieſtger Stadt bei einem Hrn . Shaw , dem Sohn der Frau, bie ihn Bell auf Seit verkaufte, dient. Dieſer Herr ift enta

301 fohloffen , alle Mittel und Wege anzuwenden, um die Freibeit des Knaben wieder zu erlangen . Er hat ſogleich nach Em pfang der erſten Nachricht hiervon einen Agenten nadı Lerings ton abgeſchickt, um zu erforſchen , ob alle angegebenen Shat fachen der Wahrheit gemäß ſind, und um zu ſehen , was man für ihn thun könne, bevor er nach dem Süden verſchifft ſei. Die familie iſt entſchloſſen, ihn wieder efrei zu machen , und ben Chåter der gerechten Strafe zu überantworten. [Cincinn . Volfsblatt .]

Amerikaniſche Senatoren Muſter . Der „ California Demokrat “ ſchreibt im Auguſt 1854 : „ Die Raufbolde wieder oben ! Nachdem der Stier Borland *) eben erft wieder ein Stück Geſchichte vor den Augen der ames rikaniſchen Welt abgeſpielt, kommt ordnungsmäßig jeßt unſer alter Freund, der Scorpion Foot , ſenatorlichen Angecenfens gleich Borland an die Reibe. Die Lorbeeren Borlande ließen ihn, ſcheint es , nicht mehr ſchlafen . Eingebent feiner glors reichen Piſtolenattade auf „ Old Bullion " , raffte er in ſeiner neuen kaliforniſchen Heimath , dem Staate recht nach ſeinem Herzen , ſeine alte Rraft zuſammen und als während eines Prozeſſes, in dem er als Advokat engagirt war, der Diſtrikt Attorney Fege etras ſagte, das ihm nidyt gefiel, zog er ſein Bowiemeſſer und machte bie verzweifeltſten Anſtrengungen, ſeinem Gegner Angeſichts des Richters und des Publikums ans Leben zu kommen . Glücklicher Weiſe wurde das wilde Thier gebändigt, und wenn die Californier nicht furzen Pros zeß mit ihm machen , wie es unſtreitig am beſten wäre, were

*) Ein Prachteremplar von „ amerikaniſchem Senator“ , mordfüchs tiger Raufbolo und beſonders berüchtigt als Urheber der Zer: förung von Grey Town ( San Juan ).

302 ben fte doch hoffentlich vernünftig genug ſein , ein Eiſen zu legen. Warum läßt man wüthenden Hunden keine Wahl, als an Ketten zu liegen und Maulkörbe zu tragen oder Gift zu freſſen , wenn man ſolche Rowdyſenatoren nicht tobtſchlas gen will ?

Kindomord. Neu - York, Auguſt 54 . Beute Morgen vernahm die Frau des Eiſenhåndlers Gar leh, deſſen Wohnung an Broadway), zwiſchen der 3. und 4 . Straße, das Gewimmer eines Kindes aus der Tiefe des Privy (Abtritts) . Sie rief einem Deutſen, Namens Heinrich Brün nif , zu , daß irgend ein Ungeheuer einen Säugling in die Senfgrube geſchleudert. Brünnik eilte mit Leitern herbei, ftieg in die 16 Fuß tiefe Grube hinab und fand ein neuges bornes , geſundes Mädchen unverleßt auf der Oberfläche deg Unrathes auf dem Rücken liegen . Der wackere Mann be förderte das unglückliche Wefen raſch zum Lichte. Der Verdacht, die mörderijdhe Ibat berübt zu haben , ruht auf einem deutſchen Dienſtmädchen, welches man für die Mutter des Kindes hält. [ N.- ». Blätter.]

Nothzucht. Columbus, Auguſt 54 . Am 4. 0. M. Abends zwiſchen 6 und 7 Uhr wurde bei Goodale's Parf ein kleines Mädchen , 12 Jahre alt, von einem etira 6 Fuß hohen Manne , angeblich einem Friſden , anges fallen, niedergeworfen und um die Nothzucht mit dem Kinde möglich zu machen , auf eine empörende, lebensgefährliche Weiſe mißhandelt. Das Kind war ſo verleßt , daß 8 feine Wohnung nicht nürde haben erreichen können , wenn nicht zwei zufällig hinzugefommene Vänner fich deſſelben anges

303

nominen hätten . Die Aufregung über dieſe That in der Nachbarſchaft war ſo groß, daß der Thäter, wäre man ſeiner ſofort Habhaft geworden , ſchwerlich hätte zur gefegmäßigen Bis jeßt kennt man Beftrafung gebracht werden können. denſelben noch nicht. [ Wechſelblatt.]

Betrug . Columbus , Auguſt 54 . Nach einer im hieſigen Journal" gegebenen Nachricht enthalten faſt ſämmtliche Mehlfäſſer nicht das gehörige Ge wicht. In der Regel fehlen 4 bis 14 Pft. , was bei den jebigen hoben Preiſen des Meble allerbings von großer Ers heblichkeit iſt. Das „ Journal" verſpricht, wenn in dieſer Beziehung vom City Council *) nichts gethan wird, um dieſe Betrügerei zu kontrolliren , die Namen aller Firmas zu vers öffentliiten , die auf dieſe Weiſe ſich zu bereidern ſuchen. Wir werden nicht verfehlen, die ebenfalls zu thun. [ Columb. BI.]

Mord. Shafta in Californien. Am 3. Auguſt 1854 ward ein Mann , Namens Wm. Fidle , bei Bald Hills ermordet und die Leiche in einem Heubaufen verbrannt. Von dem Thäter hat man keine Spur, doch zeigen ſich an dem halbverfohlten Schädel die Spuren, daß der Murð mittelft einer Art vollbracht worden . [ California BI. ]

*) Stadtrath.

304 Raubmord . Cincinnati , 3. Auguſt 54 . Der ,,Columbus Statesman " vom Montag erzählt, daß am borigen Freitag Abend , als der Bellefontaine - Zug von Creſtline zurückkam , der Ingenieur einen Mann auf der Bahn liegen fah , ber trop aller gegebenen Warnungszeichen fich nicht von der Stelle bewegte. Man war mit dem beſten Willen nicht im Stande , den Zug früh genug anzuhalten, und er ging über den Unglücklichen hinweg. Als man ihn aufhob war er noch nicht todt , aber auf ſchreckliche Weiſe zugerichtet. An der nächſten Station wurden die Wunden berbunden und der Leibende in gute Pflege gegeben . Bei der Unterſuchung fand der Arzt aus , daß der Leidende mehrere Verlegungen an ſich trug , welche ihm vor der Kataſtrophe beigebracht waren ; auch war es auffallend, daß wenig oder faſt gar kein Blut mehr aus dieſen Wunden floß. Ferner wurde ermittelt, daß der Mann noch am Tage die Summe von ungefähr 300 Doll. bei ſich trug und jeßt kein Cent mehr in ſeinen Taſchen vorgefunden werden konnte. Man hält ſich daher überzeugt, daß er Schurken in die Hände ge. fallen , welche ihn ſeines Geldes beraubten und dann ſchwer Vermundet auf die Bahn legten , um ſo mit weniger Gefahr ihn aus dem Wege zu ſchaffen . 2 AP 60 Niederträchtig . Pittsburg , Auguſt 54 . Am Samſtag Abend kam ein junges Weib mit einem Kind auf dem Arm in Mayor Volz's Office und nahm ſeine Külfe in Anſpruch. Sie erzählte unter Ihränen , daß ſie ſich vor vier Jahren mit Ralph Hutchinſon verheirathet und bis vor Kurzem bei ihren Eltern in Phönixville gewohnt habe , wo ihr Mann als Rohlengräber beſchäftigt war . In ber leßten Zeit begann ſte zu argwöhnen, daß zwiſchen ihrem

0411

10ust. 6.46 /

Amerika

ohne Schminke.

Gine

Quellenſammlung zur Darſtellung

bes

amerikaniſchen Lebens in der Wirklichkeit.

Bon Franz Joſef Egenter .

Band I.

eft III .

Zürich

b 4-6

Druck und Verlag von Ch . Bebel. 1857 .

3

305 Manne und ihrer Mutter ein unerlaubtes Verhältniß be. ſtebe, und der Verdacht wurde zur Gewißheit , da beide mit einander entliefen . Bald ſchrieb ihr Mann von Temperances ville aus, bat ſie um Verzeihung und betheuerte, daß er nichts mehr mit ihrer Mutter zu thun babe. Sie kam in gutem Glauben , merfte aber balb, daß ſie abermals betrogen ſei und klagte dann vor einem Friedensrichter; die Betreffenden aber machten ſich am Samſtag Morgen davon und ließen die arme Frau mit 2 Kindern , wovon eines noch ein Säugling , in der bitterſten Noth zurück. Der Mayor verſprach, fein Mög lichftes zu thun , um ber fchåndlid Betrogenen zu belfen . Wir ſind gerade kein Freund von Prügeln ; einen Schuft, wie dieſen , könnten wir jedoch mit der größten Gemüthsruhe [ Freiheitsfreund.] von der Welt burchpeitſchen ſehen .

Gräuel über Gräuel. Brooklyn , 4. Auguſt 54. Ermordung eines Kindes . von ſeinem Vater, ein zweites Kind verſtümmelt ! der Mutter den Hala abgeſchnitten ! Vorgeſtern Abend wurde in dem Hauſe No. 403 Atlantic St. , Süd - Brooklyn, ein Mord be gangen , ber an Sdeußlichkeit faſt ohne Gleichen iſt in den Annalen der Verbrechen. Das unglückliche Opfer war der Sohn eines Individuums, Namens N. T. Iuder , ſeit eini ger Zeit Rebafteur des „ Brooklyn Daily Freeman " , uno früher Baptiften - Prebiger , und der Mörder war ſein eigener Vater. Das arme Rind, erſt vier Jahre alt, war ein alerliebſter Knabe , und der Liebling ſeiner Mutter. Tucker war mit ſeiner jegigen Frau ſeit fünf Jahren verheirathet , und war früher mit einer andern Frau verheirathet, mit der er vier Kinder zeugte , die jeßt bei den Eltern ſeiner gegenwärtigen Frau auf dem Lande ſich befinden . In der erſten Zeit ihrer gegenwärtigen Ehe fiel zwiſchen den Beiben nichts Unangea 22

306 nehmes vor , aber nach und nach entſtanden Familienzmifte, welche in den leßten beiden Jahren ſo arg wurden , daß fte ihn zu Drohungen der teufliſdiften Art veranlaßten . Vors geſtern Nachmittag verließ Tucker bie Office gegen 5 Uhr, um ftoh, wie gewöhnlich, nach Hauſe zu begeben . Unterwegs begegnete er einigen Freunden, mit denen er in mehre Wirthøs häuſer eingekehrt ſein fou , und er fam daher ſpäter als ges wöhnlich zu Hauſe. Er fand ſeine Frau mit dem Abendeſſen auf ihn warten . Beim Abendeſſen kam es zu einem ſehr unfreundlichen Geſpräch . Lucer tabelte feine Frau und bes ſchuldigte ſie, daß ſie ihre Verrandten gegen ihn aufbeße u. f. w.; ſte ſchwieg natürlich auch nicht, das eine Wort gab das andere , bis der Wortſtreit endlich ſehr bitter wurde. Tucker brach ab und forderte ſeine Frau auf, einen Spazier gang mit ihm zu machen , um die friſdie Luft zu genießen. Die Frau weigerte ſich Anfangs , gab aber zuleßt nach , ba ſte glaubte, es werde zu ihrer Beruhigung dienen. Nachdem ſte eine Weile mit einander gegangen , zog Lucfer einen Revolver und ſagte, daß er Rache haben wolle , weil Seder im Haufe gegen ihn fei. Die Frau läugnete das leştere und erſuchte ihn , ſolches nicht mehr zu ſagen , worauf er ant wortete : Wenn Du das noch einmal ſagſt, ſo werde ich Dein Gehirn ausblaſen .“ Die Frau behauptet, ſie habe bar auf geſagt: „ Blaſe es aus " , und ſei fortgegangen. Als ſie zu Hauſe ankam , war Tucker ſchon dort. Der Zank ging noch einmal los und Lucker machte ihr Vorwürfe, daß fie auf der Straße von ihm gegangen ſei. Beide gingen die Treppe hinauf und Lucker chwor, daß er Radhe nehmen werde. 218 er in das Bettzimmer im dritten Stockwerk kam, wo ſein Kind im Schlafe lag , eilte er an eine Schublade, nahm eine kleine Flaſche mit Brandy daraus und warf ſie zum Fenſter hinaus , kam darauf zu ſeiner Frau zurück und fragte fie: „ Nun , willſt Du mich jeßt beſdrüßen, Frances ? " Sie antwortete ja. Er ging dann an einen Koffer und nahm ein Raſiermeſſer heraus, lief zu dem ſchlafenden Kinde und ſchnitt demſelben in den Bale , beinabe von einem Dhr

307 zum andern , ſo daß der Kopf faſt vom Rumpfe getrennt ipar . A18 die erſchrecte Mutter diefes ſab , ſprang fie ans Fenſter und ſdyrie : Mörber !" als Lucer auf ſie zuſprang, ſte erfaßte und auch ihr eine tiefe Wunde im Nacken beis brachte. Wäre das Meſſer nicht abgerutſcht, würde auch fle tödtlich verwundet worden ſein. Tucker ſchlug ſie dann mit bem Schafte des Hevolvers dreimal ins Geſicht. In dieſem foredlichen Augenblicke fam ein zweites Kind , ein kleines Mädchen von 6 Jahren , ins Zimmer. Der raſende Mörder ftel auch über daſſelbe her, ſchnitt mit dem Raſiermeſſer ihm über Geſicht und Hände , und verſuchte es zu tödten . Die Mutter fämpfte verzweiflungsvoll und in dieſein Falle erfolg Mr. 3a8 . Denyſe , der Gigenthümer des Hauſes, war unten und als er das Gefdrei hörte, ſprang er in Begleitung von zwei jungen Leuten, Namens Myers und Henderſon, die Treppe hinauf. Als er an das Zimmer fam , wo das Nachts ftud aufgzführt wurde , fand er die Shüre verſchloſſen , und als er drinnen den Ruf : „ Mord ! Mord !" hörte , ſchlug er bie Thüre ein und ſah dort das entſegliche Schauſpiel. Auf dem Boden lag in einer großen Blutlache bie berſtümmelte Leiche des fleinen Knaben . Der Mörder ſtand aufrecht, ſein Auge glühete und er umfaßte frampfbaft den Nacen ſeines Weibes. Das Blut floß aus den Wunden , die er ihr ſchon beis gebracht hatte, und beinabe erſchöpft lag ſie da , der Gegens ſtand eines gräßlichen Anblicks. Der junge Mann ſprang augenblicklich auf den Mörder zu und ſchlug ihn zu Boden, bevor dieſer ſein blutige Werf vollbracht hatte. Man riß ihm das Meſſer aus der Hand und rief nach der Polizei. 418 die That bekannt wurde , herrſchte draußen die größte Senſation und Hunderte von Perſonen umringten das Haus. Die Polizei brachte ihn ins Stationshaus der dritten Ward. Er gleicht einem Wahnſinnigen , der ſeiner Schreckensthat ſich erfriut. Die Frau rar den Abend dem Tode nabe , hatte ſich aber geſtern Morgen unter der Behandlung eines ges ſchickten Arztes wieder etwas erholt. 22 *

308

Geſtern Morgen wurde eine Coroners - Unterſuchung in der Sache begonnen , die Montag Morgen in der City Hall Die Frau erzählte einem Reporter , daß fortgeſeßt wird . Tucker in den legten drei Nächten mit einer geladenen Piſtole auf ihrem Bette gefeſſen und gedroht habe, Sie zu erſchießen . Lucer mar früher Baptiftenprediger , und es iſt noch nicht lange her, daß er noch predigte . Vor fedis fab ren war er Clerk im Staatsſenate in Albany, und aller Wahr ſcheinlichkeit nach jeßt ein politiſcher Lump. Redakteur bed genannten Blattes war er erſt ſeit einigen Wochen . Er ſoll in leßter Zeit von Zeit zu Zeit geiſteøverwirrt geweſen ſein ; aud) iſt kaum denkbar, daß ein Menſch bei Ver ftanbe einer ſolchen Schreckenstbat fähig ſein ſollte. [N.- » . Abendz.]

Sohnesmörder. New - Albano, 3owa , 9. Augft . 54 . Gin abſcheulicher Morb wurde am legten Freitag Morgen gegen 9 Uhr von einem Vater an ſeinem eigenen Sohne ungefähr 3 Meilen unterhalb unſerer Stadt verübt. Adolph Schwanacer , ein alter Greis , verbot ſeinem Sohne Garl , 28 Jahre alt, in Zukunft nicht wieder unter ſein Dach zu kommen , im Fall er nicht dafür gezüchtigt werden wolle. Un dem genannten Abend übertrat jedoch der Sohn das ftrenge Gebot des Vaters ; er beſuchte das elterliche Haus und ließ nie wieder aufs ſich auf einem Stuhle nieder, von dem er ſtehen ſollte. Raum hatte er ſich niedergeſett , als der Vater mit einem (darfgelabenten zweiläufigen Gewehre in das Zimmer trat . Er ſtellte ſich vor ſeinen Sohn, hielt ihm die beiben Flintenläufe auf die Bruſt und feuerte ab. Carl, der Sohn , machte , wahrſcheinlich nicht an die Grauſamkeit des Vaters glaubenb , keinen Verſuch , den Kugeln eine andere Richtung zu geben, welches ihm ſehr leicht geweſen ſein würde .

309 Nachdem er die Kugeln empfangen , lehnte er ſtd) rückwärts in die Stubllehne und ſtarb. Am Samſtag Morgen kam Adolph Schwanacker in die Stadt und überlieferte ſich ſelbſt dem Gerichte. Eine Jury wurde alsbald zuſammenberufen, um die Sache genau zu uns terſuchen . Die Geſchworenen hielten vor Coroner Liner eine Unter ſuchung über den Leichnam des Carl Schwanacker von News Albany Townſhip , Floyd County, Ind . , und fanden , nad Entgegennahme von Beweiſen ungefähr bie oben angezeigten Umſtände, ſowie auch, daß Adolph Schwanacker des Dorbes [N.-Y. Abendz .] ſchuldig lei .

Vatermörder . Etwa 5 Meilen von Athens, Ohio , nahm John Erp 8 faltblütig ein Gewehr und ſchoß es auf ſeinen Vater , der augenbliclich verſchied. Sie hatten Streit mit einander wes gen irgend einer Häuslichen Angelegenheit . [N. - 9 . Staatsz. 5. 10. Augſt. 54.]

Verführung , Abortion . Mordverſnch . Neu - York , 11. Augſt. 54 . Dieſer und ähnliche Litel, welche ſeit einiger Zeit ſo oft an der Spiße von Zeitungsberichten ſtehen, zeigt den Inhalt folgender Geſchichte an . Ein junger Barkeeper (Rellner) in einem Salon in Weſt Broadway wurde geſtern vom Rapi tän Carpenter verhaftet, weil er angeklagt iſt, ein 18 Jahre altes Mädchen , Namens Mary Morris , verführt, dann eine Abortion an ihr erzielt und dann verſucht zu haben , ſie mit Laudanum zu vergiften . Es ſcheint, daß er vor etwa drei Monaten in dem Hauſe ihrer Mutter in der Thompſon Street

310 mit dem Mädchen bekannt wurde und ſte berführte. Neulich brachte er fte in ein öffentliches Haus in Weft Broatwab, wo mittelft Arzneien eine Abortion erzielt wurde . Während ſte barnach ſich auf der Beſſerung befand, fou er ſte auf bie brutalſte Weiſe mißhandelt haben , und ihre blauen und ges ſchwollenen Augen und ihr aufgeſchwollenes Geſicht beuteten an , daß ihre Ausſage wahr ift. Sie behauptet ferner , daß er mehrmals gedrohthabe, ſie zu tödten , und daß er geſagt habe, im Falle irgend einer Schwierigkeit nachher fönne er hinreichend Zeugen finden , die ihn von der Anklage frei ma chen würden. Am Mittwoch verſchaffte er ſich eine Unze Laubanum und gebot ihr, es niederzuſchlucken. Sie that e8, und war bald bewußtlog. In dieſem Zuſtande wurbe fte ins Hospital gebracht, wo es dem Dr. hapin gelang , bas Gift aus dem Magen zu entfernen. Nachdem ſte wieder zum Bewußtſein gebracht wors ben , erzählte ſte bie obigen Umſtände. 3hr Affidavit wird wahrſcheinlich heute gemacht werden und bis bahin enthalten wir uns, den Namen des Angeklagten, der vorläufig im Stas tionshauſe aufgehoben ift, zu veröffentlichen. [N.-). Staat83.]

Entdeckter Mord. Eine ſchreckliche Morbthat , die in St. Joſeph's County im Staate Michigan verübt wurde, ift foeben ang Tageslicht gefommen . Ein Hr. Thomas Eſtabrook, der früher in der Nähe von Buffalo gewohnt hatte, ging im Dezember nach St. Joſeph County, wo er ſich mit einer jungen Dame vers mählen wollte . Er war Willens, ſich in demſelben County, wo ſeine Braut wohnte, anzuſiedeln, und hatte zu dem Zwecke ein Landgut gekauft. &r erreichte mit der Eiſenbahn die Station , welche der Wohnung der Braut am nächſten und ungefähr 10 Meilen davon entfernt war. Hier nahm er einen Mann als Wegweiſer an, der ihn nach einem näher geleges

311 nen Wirthshauſe bringen ſollte, und wo ſeine Koffer in Vera wahrung gegeben wurden. Man denke ſich die Angſt ſeiner Freunde, Lage und Wochen verſtrichen , die Roffer kamen an , aber von dem Bräutigam erfährt man nichts. Man erkun digte fich , forſchte überall nach , aber jede Spur ſchien von dem genannten Wirthshauſe an verloren zu ſein , welches er in Begleitung zweier Männer verlaſſen hatte. Die troſtloſe Braut ſchrieb an den Bruder des Vermißa ten , der auch ſogleich ſich auf den Weg machte. Zufällig ſtieg der Bruder bei derſelben Station aus und wurde von bemſelben Wegweiſer nach dem Wirthehauſe geführt, wo alle frühern Angaben beſtätigt wurden , und wo auch eine Beſchrei bung der beiden Begleiter bes Hrn . Eſtabroof ihm gegeben wurde. Das war aber auch Alles . Kürzlich wurde ein Mann wegen Diebſtahls ins Gefängs niß von St. Joſeph County geführt. Der Gefangene ſchien ſehr unruhig zu fein und ſprach und fragte viel. Unwill. kürlich fiel auch ſeine Frage auf Eſtabrook's Schickſal. Der Scheriff gab ſeinen Fragen nach), weil er ſogleich vermuthete, daß etwas dort zu erfahren ſei, und beſprach ſich im Vers lauf mehrerer - Tage öfters mit ihm , bis er endlich geradezu die Erklärung ihm abforberte, ob er an dem Morbe Eftabrook's betheiligt ſei. Der Gefangene gab dies zu , und ſagte , daß er eher keine Ruhe habe, bis alles ans Licht gebracht ſei. Hr. Eſtabrook fei mit jenen beiden Männern des Wegs gekommen , als der Gefangene ihnen wie zufällig mit drei andern Perſonen in einem Wagen begegnete. Da auf Be fragen ſte alle beffelben Weges ziehen wollten , wurde die erſte Geſellſchaft eingeladen, den Wagen zu beſteigen . Kaum dreißig Ruthen weit gefahren, wurde Eſtabrook niedergeſchlagen , ers mordet, und um alles, was er bei ſich hatte, beraubt. Der Gefangene erhielt die Stiefeln , ein Anderer nahm den Roc u . Der Gefangene läugnet , an dem Morde weiter betheiligt zu fein , als daß er Zeuge deſſelben war und den ihm ausges worfenen Theil der Beute (800 Doll. und die Stiefeln ) ana

312 fa er fei jogar burch ſchreckliche Drohungen der nahm. Uebrigen nur dazu vermocht worden . Man fand den anges gebenen Plaß, wo der Grmordete verſcharrt worden, mit Hilfe des Gefangenen ſogleich aus . Auch die Namen der Mörber wurden gegeben und zwei berſelben bereits berhaftet. [ Volksfreund vom Auguſt 54. ]

Unnatürliche Eltern . Im Stationshauſe des dritten Diſtriktes wurde geſtern Nachmittag angemeldet, daß in Nr. 10 Degram Place in den leßten beiden Tagen drei Kinder geſtorben und nicht begraben feien . Die Eltern hatten die Leiden liegen laſſen , waren in einer Kutſche davon gefahren und hatten es andern Bewoh nern des Hauſes überlaſſen , ihre Kinder zu begraben . [ N.-Y. Staatsz. vom 11. Augſt. 54.]

Nothzuchtsverſuch . Neu - York , 14. Augft. 54 . Am Samſtag erſchien ein deutſchen Frauenzimmer Namens Catharina Hemp vor Richter Clark auf der Jefferſon Markt Polizei Court und gab an , daß ſie ſich erſt fünf Wochen in Amerifa befinde und bei Dr. Keller , welcher einen Druga ſtore in der 7. Avenue hält, im Dienſte war. Am bergans genen Donnerſtag habe ſie derſelbe durch Chloroform , das er ihr am Kopfe und am Geſichte umherrieb , theilweiſe beſins nungslos gemacht, ſie dann auf ein Vett geworfen und Noth zucht an ihr zu verüben geſucht. Sie habe ihm Widerſtand geleiſtet und geſchrien , und auf ihr Geſchrei ſei eine deutſche Frau , Namens Maria März , ihr zum Beiſtande herbeigefom men . Dieſe Frau bezeugt, daß , als ſie kam , Catharina auf bem Bette lag, ihre Kleider aufgehoben waren und auch der

313 Doktor entblößt war. Die Hände des Doktors bluteten , da jte, wie Zeugin glaubt, von dem Mädchen ſtark zerkraßt wor den waren . Richter Clark ließ ſogleich einen Verhaft&befehl ausfertigen und ſtellte ihn dem Officer Kearney von der 2. Diftriftspolizei zu. Der Doktor iſt bis jegt noch nicht arre tirt. [N.- » . Demokrat.]

Tödtung an Bord des Schiffes „ Yorkſhire “. Neu - York , 17. Augſt. 54 . Der Coroner Wilhelm bielt geſtern Leidenſchau im Neu Yorker Hospitale über Nicholas Rod , einen Matroſen vom Schiffe Dorfſhire, beſſen Tod wir geſtern meldeten und bes merkten, daß derſelbe durch die grauſame Behandlung Seitens des Kapitáns und der Offiziere jenes Schiffes veranlaßt wors den . Das bier folgende Zeugniß zeigt einen Grad von Bar barei , der auf den Schiffen nicht ſelten ſein ſoll , nur mit dem Unterſchiede, daß er nicht immer ans Licht kommt. Andrew Watſon, einer der Matroſen des Schiffes, ſagte aus, daß der Verſtorbene anfänglich auf der Reiſe von Liver pool Bootsmann war, aber bald bis zum Vorderdeck degras dirt wurde . Am Sonntag darauf, als dieſes geſchehen , ſah Zeuge, wie Mr. Cline , erſter Steuermann , ihn mit einem Hand ſpeiken zweimal über den Rücken ſchlug , ſo daß das Meſſer des Verſtorbenen in der Scheide zerbrach . Dieſer rief aus : ,,Um Gotteswillen , tödtet mich nicht ! " worauf der Steuer mann antwortete : „ Du deutſcher Hurenſohn , ich werde dich über Bord ſtoßen " , und ihm ſogleid, noch einige Hiebe mit ſeinem Handſpeiken ertheilte . Nachdem Zeuge fah , wie der Verſtorbene mehremal niedergeſchlagen wurde, Flagte er die ganze Reiſe hindurd) , daß er krank ſei. Nicht@ beſtoweniger mußte er arbeiten . - Id babe geſehen , daß der Kapitäns Marſbau den Verſtorbenen mit einem Meſſer ins Geſicht

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flach, ihn bei den Haaren faßte , ſeinen Kopf nieberzog, und dann ſeinen eigenen Kopf gegen den ſeinigen ftieß. Die habe ich zwei bis dreimal den Tag, aber nicht alle Tage gefehen . Zeuge fan ferner, wie Lancaſter , britter Steuermann , ihn oft niederſchlug, zuweilen mit der Fauſt fo, baß der Getrofs fene im Geſicht blutete. Er ſah ferner, wie der erſte Steuers mann ihn niederſchlug , und dann auf ihn ſprang und trat. Noch am Tage vor Ankunft des Schiffes ſah Zeuge den 3 . Steuermann ihn ſchlagen und ſtoßen . Als der Verſtorbene an Borb fam, war er ein geſunder Menſch, nachdein er aber ſo mißhandelt worden , klagte er über Schmerzen im Kopf und Leibe. Ihos . Creighton ſagt : Ein oder zwei Tage, nachdem wir von Liverpool abgefahren , fab ich, wie der dritte Steuers mann und der Bootsmann den Verſtorbenen bei den Haaren über die Hälfte des Schiffes ſchleppten , biß er ſein Geſicht nicht mehr ſehen konnte, ſo war es mit Blut bedeckt. Zehn Lage nachher ſah ich den dritten Steuermann ihn mit der Fauft ins Geſicht ſchlagen und hörte den Verftorbenen um Onade rufen . Die ganze Mannſchaft wurde ſehr hart behans delt, und einer von ihnen, der geſchlagen worden , wurde von den Wellen über Bord geriſſen. Der Verſtorbene war kein ſehr ſtarfer Mann , aber er war in guter Geſundheit, als er an Burb fam . Ich habe während der Reiſe , meiſtens zur Nachtzeit, oft das Geſchrei: „ Mord !" gehört. Ich bin ſeit 12 Jahren Matroſe, aber noch nie auf einem Schiff ſo ſchlecht behandelt worden . Das Schiff war 6 Wochen auf der Reiſe. Ich habe auch den dritten Steuermann und den Bootsmann den Verſtorbenen ſtoßen ſehen. Er war ein guter Matroſe, und die einzige Urſache, weshalb ſte ihn ſchlugen , war , fos weit ich weiß, weil er ein Deutſcher war . Herrmann Rubl von 299 Pearl St. , der Paſſagier war, bezeugt: er ſah, wie ein Menſch, welcher, wie er glaubt, der Verſtorbene war, von dem 1. Steuermann mit einem ſchives ren Stück Holz auf den Kopf geſchlagen wurde . Er ſah den

315 Kapitän ihn nicht ſchlagen. Den 3. Steuermann ſah er men nigſtens 30mal ihn ſchlagen , ſo daß ihm Blut aus Naſe unb Dhren kam. Vier Matroſen wurden vom 1. und 3. Steuer mann öfter geſchlagen , aber keiner ſo , wie der Verſtorbene. - Einige andere Zeugen , die verhört wurden , beſtätigten obige Ausſagen , worauf der Fall der Jury übergeben wurde, die folgenden Wahrſpruch that: „ Daß Nicholas Rock zu Lobe kam durch grauſame und inbumane Bebandlung an Bord des Schiffes Yorkſhire auf deſſen Fahrt von Liverpool hierher, und daß er ſolche Behandlung erfahren von Wm . Cline , erftem Steuermann , Wm . Lancaſter, drittem Steuermann, die dabei unterſtüßt wurden von Wilfoe , dem Bootsmann, und Charles A. Marſhall , Kapitän. Nach Verleſung dies les Wahrſpruches wurde der Kapitän Marſhall , der einzige von den Angeklagten, der anweſend war , in die Tombs ges bracht, wo er abzuwarten haben wird, was die Grand Jury in der Sache thun wird. Gegen die übrigen Angeklagten wurden Verhaftsbefehle erlaffen, aber bis dahin iſt noch keiner von ihnen gefunden worden , und man fürchtet, daß fie fort feien, da ſte am Tage, an dem das Schiff cinlief , ihre Löhnung erhielten und ſeit bem nicht wieder geſehen worden ſind. 8 Matroſen wurden als Zeugen zurückbehalten. Die Eigenthümer des Schiffes ſind : E. H. Marſhall u. E., 38 Burling Slip. Es gehört zur Black Ball - Linie und liegt am Fuße der Beekman St, im Eaſt River. Der Verſtorbene war , wie erwähnt, ein Deutſcher, 30 Jahre alt. [N. - 9 . Staatsz . ]

Muttermord . Utica , Staat Neu - York, 21. Augft. 54 . Als vor einigen Tagen einer der Nachbarn der Mrs. Setron zu ihrem Hauſe kam und nach ihr fragte, antwortete einer ihrer Söhne, daß die Mutter geſtorben ſei. Die Frau

316 wurde darauf von den Söhnen begraben . Ihr ſchneller Lob verurſachte verſchiedenes Gerede in der Nachbarſchaft, weßhalb Coroner Lower aufgefordert wurde, die Sache zu unterſuchen. Die Kinder wollten gar nicht ſagen , wo ſie die Mutter hins begraben hätten , und jedes derſelben gab einen andern Plag an. Das Grab wurde endlich gefunden , der Leichnam her ausgenommen und am Samſtag ein Inqueſt gehalten . Das bei fand man , daß die Frau mit einem Prügel oder einem Hacmeſſer einen Schlag über den Hintertheil bel Kopfes erhalten hatte, welcher eine tiefe Wunde erzeugte. Nach Ver nehmung der Aerzte und anderer Perſonen brachte die Jury bas Verbift, daß ber Tod durch Gewaltthat erfolgt ſei. Drei Söhne der Verſtorbenen wurden am Samſtag auf den Vers dacht arretirt, ihre Mutter ermordet zu haben. [ N.-Y. Demokrat.]

Ein geſtohlenes Rind. Newark, 24. Augſt. 54 . Der „ Newark Mercury “ von geſtern ſchreibt: Vor etwa zwei Jahren wurde ein achtjährige Mädchen ſeinen Eltern in Neu - York geſtohlen, und alle Mübe der legtern , es wies der zu erlangen , bewies ſich als fruchtlog. Vor Kurzem jedoch wurde der Verdacht laut, daß das Mädchen von Pers fonen in hieſiger Stadt geſtoblen worden , die es als ihr eigenes Kind auferzogen. Die Mutter fam baber geſtern in Begleitung eines Freundes hierher , und fing an , die Verlo rene aufzuſuchen. Nachdem das Haus ausgefunden , wo das Mädchen ſich befinden ſollte , ging die Mutter ſelbſt hin und klopfte an die Thüre , die von ihrer eigenen Tochter geöffnet wurde . Zwiſchen beiden zeigte ſich ein augenblickliches Ers kennen . Die Frau des Hauſes behauptete , das Mädchen ſei bas ihrige und drohte Jedem , der es ihr nehmen würde , mit ſummariſcher Rache. Aber die Mutter ließ ſich durch Dro

317 bungen nicht einſchüchtern , ſondern bauend auf ihr gutes Recht, faßte ſie die Tochter am Arm , eilte mit ihr nach dem Walfer St. Depot , ſprang in einen Eiſenbahn - Wagen und war in einer Minute außerhalb dem Bereiche der Einholung. Der Mann und die Frau , bei denen das Mädchen war, ha ben bis dahin für ordentliche Leute gegolten ; er iſt Vormann in einer großen Fabrik in der Stadt. Beide ſollen wüthend fein über die Entdeckung ihrer ſchlechten That. Das Mäda chen aber war hoch erfreut, ſeine Mutter wiedergefunden zu haben . Ein ſchmachvolles Verbrechen . Der „Philadelphia Pennſylvanian " vom 18. Juli 1854 erzählt einen Fall, welcher, in Verbindung mit vielen andern , zeigt, daß in unſern großen Städten eine Anzahl von Mens fchen lebt, die an Brutalität, Rohheit und Unmoralität eine Schande für die Menſchheit und eine bittere Satire auf un ſere ſo ſehr gerühmte Bildung , Humanität und Geſittung ſind. Ein ſchmachvolles Verbrechen wurde am Sonntag in der 19. Ward begangen . Eine arme Frau , Namens Margaret Cammeron , welche foeben das Armenbaus verlaſſen und ſich auf dem Wege nach ihren in Richmondſtraße wohnenden Freunden befand, fegte ſich in dem Bravriersgehölze, rückwärts von Hart. Lane, zum Ausruhen nieber . Dort wurde ſie von 18 jungen Männern, nachdem dieſe ihr mit Gewalt Brannt wein eingegoffen , genothzüchtigt. Dieſe Scurken bielten die Unglückliche bort bis 6 Uhr Nachmittags, als die Kunde von dem Vorgange den Polizeilieutenant Sommers erreichte, det mit mehreren Beamten und einer Anzahl Bürger zu ibrer Befreiung ſich an Ort und Stelle verfügte, denen es gelang, die ganze Rotte nach einem kurzen Gefecht zu verhaften. Die Frau ſchien in einem fterbenden Zuſtande, ſte lebte nachher jedoch wieder auf und wurde nach Richmondſtraße' gebracht.

318 Die Gefangenen , im Alter von 17-30 Jahren , wurden vor Aldermann Tegert gebracht und jeder unter 600 Doll. einer böheren Court überbunden. Wir möchten hierbei aufrufen , wie iſt es möglich , daß Menſchen , die ſich eines der infamſten Verbrechens ſchuldig gemacht haben , auf eine ſo geringe Bürgſchaft hin in Freis heit gelegt werden konnten, während ihr Dpfer auf den Job barnieder liegt , und jeder dieſer Schurfen den Galgen vers diente. Aber wahrſcheinlich waren die ruchloſen Verbrecher Native 8 aug ben ſogenannten beſſeren Klaſſen , während das arme Weib eine Irländerin war. In der Quäferſtadt wird ein Wirth, welcher am Sonntag ein Glas Liqueur vers Fauft, unter 100 Doll . Bürgſchaft geſtellt, und mit der gans zen Macht der Gelege verfolgt, während ſolche Verbrecher mit der Stellung einer geringen Strob - Bürgichaft davon. kommen . [Beob. a . Dhio .]

Merikaniſche Räuber . Gs liegt gegenwärtig im Neus Vorf Hoſpital ein Mann, Namens David Callaban , deffen Wohnſit ſich in Mcs Henry County befindet, an mehreren gefährlichen Wunden darnieder , welche ' er auf dem Rüdwege von Californien in einem Kampfe mit drei merikaniſchen Wegelagerern erhielt. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Californien fühlte Callahan , baß feine Geſundheit erſchüttert, und faßte den ents ſdhluß , zu feiner im Staat 3linois wohnenden Familie zus rückzukehren . 218 er Panama erreicht hatte, miethete er ſich ein Maulthier, um ihn und ſein Geld (ungefähr 400 Doll. in Gold) nach Chagres zu bringen. Er reifte ab in Geſells ſchaft von 15 andern Perſonen , er blieb indeſſen bald eine Meile zurück , baſein Maulthier gerade nicht das rüſtigſte und ſchnellſte war. Während er allein feine Reiſe fortſeşte, börte er auf einmal einen Pfiff und im nächſten Augenblid fab er drei merikaniſche Räuber mit gezogenen Säbeln auf

319 ſich zuſtürzen. Callahan , unberraffnet wie er war , wußte nicht was er thun ſollte ; bald aber ermannte er und entſchied fich , den Räubern Widerſtand zu leiſten und um ſein Leben zu kämpfen . - Der anſcheinend Stärkſte des Räuberfleeblats tes begann den Angriff auf Callahan , indem er mit ſeiner Waffe nach ihm ſchlug und ihn am linken Arm verwundete. Der Zweite kam dann heran und holte zu einem furchtbaren Schlage aus ; Callahan entging jedoch demſelben durch eine geſchickte Wendung und verfekte bem Räuber einen Fauftſchlag unter das Kinn , daß er rücwärts zu Boden ſtürzte und im Fallen den Säbel verlor. Callahan bemächtigte ſich ſofort der Waffe und machte durch einen guten Hieb den am Bos den liegenden Räuber fürs Erſte kampfunfähig. Die zwei andern Räuber ſtürmten nun mit großer Wuth auf Callahan ein, um ihren Kameraden zu retten und Calla han wo möglich zu vernichten . Das Grſtere gelang ihnen, nicht aber das Leştere. - Callahan wehrte ſich mit ſeiner Waffe ſo verzweifelt, daß fich die Räuber mit ihrem Rames raden zurückzogen und Kriegsrath hielten. Nad ) einer Weile erneuerten ſie den Angriff mit furchtbarer Heftigkeit : Callas han , ſchon von Blut überſtrömt, glaubte fein leßte Stündchen gekommen ; die Säbelhiebe der Räuber fielen gleich Regen auf ihn nieder . Er raffte eben ſeine legten Kräfte zuſammen , um den Widerſtand fortzuſeßen , als auf einmal die Räuber von ihm abließen und ſich ins Didicht zurückzogen, natürlidier Weije, nicht ohne Calaban's Geld und ſonſtiges werthvollies Eigenthum mit ſich zu nehmen . Callahan , vom Blutverluſt erſchöpft, ſchlug den Rückweg nach Panama ein . Er begegs nete einem Teraner , welcher ſofort ſeine zahlreichen , jedoch nicht lebensgefährlichen Wunden verband. Mit dieſem reşte Callahan , nachdem er ſich ein wenig erholt hatte, feinen Weg fort und gelangte glüclich nac Chagres. Hier erfuhr er, daß die ganze Reiſegeſellſchaft, hinter welcher er zurückgeblies ben, von Räubern beraubt worden war. Zwei von der Oes ſellſchaft verloren ſogar bei der Affaire das Leben . Callahan

}

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fchiffte ſich dann nach Neu -York ein , und hier angekommen , ließ er ſich in das Neu - Vorf Hoſpital bringen , ba feine noch immer ſchmerzenden Wunden und die ſelbſtverſtändliche Schwäche des Körpers ihm nicht erlaubten , die Reiſe nach fainvie ſogleich fortzuſeßen . [ Neue Aug. Ztg . vom Auguſt 54.]

Ein überhand nehmendes Verbrechen . Neu - York , 8. Sept. 54 . Der Septembertermin der Court of General Seſſion ward am lebten Montag eröffnet. Der Calender enthält 119 Fälle, unter dieſen ſind 47 Fälle wegen Verkaufs von geiſtigen Ge trănken ohne Licenz , 8 wegen Diebſtahls, 3 wegen Einbruchs, 3 wegen Bigamie , 3 uregen Haltung eines unorbentlichen Hauſes, 8 wegen Betrugs , 15 megen Angriffs (einfachen und erſchwerten), 1 wegen Nothzucht, 3 wegen Aufruhrs , 1 wes gen Verführung, 4 wegen Gemeinſdädlichkeit, 1 wegen Hebs lerei, 9 wegen Fälſchung, 4 wegen Erpreſſung, 4 wegen Libell, 2 wegen Straßenraubes . Bei Herzählung dieſer langen , ſchrecklichen Liſte müſſen wir eines Verbrechens erwähnen , welches in leßter Zeit ſehr überhand genommen hat , welches mehr denn irgend ein an deres von der zunehmenden Demoraliſirung ſpricht, und deſſen Unterbrückung fd amlos verſäumt ift. Wir meinen das Verbrechen der Nothzucht. Innerhalb der legten drei Monate ſind zehn bis zwölf - wir erinnern nicht genau Fälle der Art zur Eramination gekommen, und Gott weiß, wie viele gleich von dem Richter unterdrückt wurden , und von allen dieſen Fällen , bei welchen allen die größte Wahrſcheinlichkeit für den Kläger obwaltete , iſt ein einziger durch die Grand - Jury paſſirt. Kein Wunder, baß bei folcher Räuflich feit oder Strafloſigkeit ober Geſefverachtung, jedenfalls lingerechtigkeit, dies viehiſche

321 Verbrechen um ſich greift! - Innerhalb 8 Lagen ſind wie. der fünf Fälle der gemeinſten Art zur Beſprechung ges kommen , und was wird aus dieſen Fällen werden ? ES wird wie gewöhnlich eine Eramination vor dem Friedensrich ter gehalten — iſt Geld bei dem Angeklagten, oder auch nur Gelbe 8 werth , ſo halten die Polizeiſchinber reiche Ernte, der Richter wird „begreiflich“ oder blind gemacht und der Fall endet in der ehrenhaften Entlaſſung " der Schuldigen und der Beſchimpfung der Maltraitirten . Wir haben unter unſern Friedensrittern recht ehrenwerthe Männer, doch wir haben auch unter ihnen Männer, denen wir mit ruhigem Gewiſſen die Prädikate ehrvergeſſen , berjoffen , cors rupt und unwiſſend beilegen können , und was anderes als Schlimmes iſt bei unſern iesigen Wahlverhältniffen von ſolchen Männern zu erwarten ? Wir wollen hier die fünf Fälle dieſer Woche kurz an führen und ſpäter auf ſie wieder zurückkommen . Am Donnerſtag ward ein Mann , Namens Alerander Bell , auf die Klage verhaftet , die achtjährige Tochter der Frau Howard , 2011 , Dit 23. Str. gefchändet und mit einer ſchlimmen Krankheit behaftet zu haben . Ridster Glart ließ ihn vorläufig einſperren. Am felben Tage ward Peter Kemp verhaftet auf eine Klage des Nothzuchtverſuchs an dem zehnjährigen Kinde Sophie C. Dettering im Hauſe ihrer Eltern , Nr . 30 New St. Richter Stuart ließ ihn vorläufig beiſtecken . Am Sonnabend ward James Shield 8 arretirt auf die Klage , einen Nothzuchtsverſuch an der zwölfjährigen Catha rine Gaffney begangen zu haben . Das Mädchen hatte in dem Zimmer ihrer Mutter, Nr. 229 Oſt 17. Str. , auf dem Fußboden geſchlafen. Die Mutter war abweſend, als Shields eintrat und das Verbrechen verſuchte, doch durch die auf das Gedrei des Mädchens hinzueilenden Nachbarn baran verhin dert ward . Richter Clark hielt Shields vorläufig in Arreſt. Am Donnerſtag brachte ein achtzehnjähriges Mädchen, Eliza Flyn , eine Nothzuchtsklage gegen John 69an , Nro . 23

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64 Cherry Str ., vor. Richter Bogart ließ ihn vorläufig. beifteckert . Spät am Freitag Abend hörte ein noch nicht eingeſchla fener Poliziſt, Namens Fargo , in der Avenue S. den Hülfe ruf einer Frau , eilte in der Riditung , von woher der Ruf erſchallte, fort , und fand in einem ſchmalen Hausgang einen Mann , Namens Peter Huffing, in dem Akt, einem Mäd chen Gewalt anzuthun. Das Mädchen gab ihren Namen als Anna M. Ring an und ſagte , Huſſing und noch ein Andes rer habe ſie gepackt, in den Gang geſchleppt, und dann ſei der Andere fortgegangen und Huſſing habe ſte niedergeworfen und verſucht, ſie zu ſchänden. Richter Welſh ließ das Vieh vorläufig ins Gefängniß bringen . [ N.- 9. Criminal - 3tg.]

Ein Ehemann vom Ehebrecher erſchoſſen . Maripoſa ( Californien) . bezeichnet bas A soft note of aa pistol pistol *) *) bezeichnet das ,, Chronicle " den Schall einer Piſtole, durch die ein Merikaner einen Amerikaner, Namens Hofman, niederſchoß . Hofman war mit einer Merika nerin verheirathet , die jedoch mit genanntem Merikaner in vertrautem Umgang ſtand. Hofman überraſchte beide und wurde von dem Ehebrecher niedergeſchoſſen . Die soft note of a pistol repte die Leute in Verwunderung , berichtet das Das iſt Californier Latein , ſo ein Biſtölchen „ Chronicle ". Das iſt nur ein zarter Mollton , während 72Pfünder als Forte gelten dürfen . [N.- 9 . Demokr. v. Sept. 54. ]

Sohnesmord . Der „ Rowan (N. 6.) Whig " erzählt folgende, faft uns glaubliche Brutalität : „ Wir erfahren , daß vorige Woche in Cabarnes County ein Mann, Namens Holbrook8 , feinen eigenen Sohn ers *) Gin ſanfter Piſtolenton .

323 hing . Holbrooke hatte ben Sohn nach einem Nachbarhauſe geſchickt, um etwas zu eſſen herbeizuſchaffen. Der Sohn kehrte ohne Nahrungsmittel zurück. Sein Vater ſchickte ihn noch mals ab und drohte , daß wenn er wieder nichts bringe , er ihn aufhängen werbe. Der Sohn fehrte wirklich ohne Le bensmittel zurück , worauf ihn der Vater zu einein Baume führte und ihn erhing . Der Mörder iſt verhaftet .“ [ Vom Septbr. 54. ]

Nothzucht und Diebſtahl. Neu - York , 11. Septbr. 54 . Drei Schurken , Namens James Haugherty , Thos. Daley und Wm . Orford , wurden am Samſtag verhaftet, weil ſie ein Frauenzimmer, Namens Mary Farrel, in der 1 . Avenue unweit 25 St. , am Samſtag Morgen zwiſchen 12 und 1 Uhr in eine Alley ( Gäßchen ) geſchleppt, nach einans der geſchändet, und ihr die Dhrringe geraubt hatten , welche man im Beſit der Unmenſchen fand. Sie wurden beigeſteckt. [N ... Staatsz. ]

Brutale Schandthat. Cincinnati , 29. Sept. 54 . Geſtern Morgen um 1 Uhr wurde die Aufmerkſamkeit der Polizeilieutenants von der Pearl St. Station auf ein banges eftöhne geleitet , welches aus einem Bretterhofe in der Nähe der Ecke von Weſtern Row und Columbiaftreet ſchou. A18 ſte zwiſchen die Bretterſtöße brangen , entdecten ſte ein junges Mädchen, deſſen Arme mit einem Schnupftuche auf den Rücken gebunden waren . Seine Kleider waren zer

riffen, ſein Geſicht mit Blut bebedt . Das unglückliche Kind ſchien beſinnungel08. Die Polizeibeamten brachten ſie nach dem Stationshauſe, wo ſie nach Anwendung der gewöhnlichen Belebungsmittel ſo weit erſtarkte, daß ſie ihre Lage erklären 23 *

324 konnte. 3hr Name iſt Margaretha Stearns ; ſte ift 17 Jahre alt. Die Arme war von ihrer Mutter , die um 11 Uhr plößlich erkrankte , nach der Apotheke geſandt worden , uu Medizin zu holen. Als ſie an dem Bretterhofe vorbei fam, be regnete ihr eine Kotte von acht bis zehn Schurfen , die ſich auf ſte ſtürzten , ſte knebelten, ihr die Arme auf den Rücken banden und ſie zwiſchen die Holzſtöße ſchleppten , wo ſie eine teufliſche Schandthat an ihr verübten . Die Böſewichte ließen ſte in ibrem beſinnungsloſen Zuſtande liegen und eilten davon. Das unglückliche Mädchen iſt entſeßlich zugerichtet und wird für längere Zeit einer ärztlichen Behandlung unterworfen bleiben . Keine Spur von den Beſtien , welche die Schand that verübt, iſt bis jeßt entdeckt worden. [Cincinn . BI. ]

Morð und Hinrichtung . St. Louis , Dktbr. 54 . Die Hinrichtung Urbans wurde geſtern in Folge des geſeblichen Urtheilsſprudes vollzogen . Die That, für welche er die Todesſtrafe erleiden mußte, eine der gräßlichſten, welche je verübt, nämlich der mit Vorbedadyt volbrachte Mord ſei nes Freundes und Wohlthäters . Beide , Boiſſeau und Urban, fuhren nämlich zuſammen in einem Wagen , um ſich nach der Stadt zu begeben ; Boiſſeau im Zuſtande der. Trunkenheit, alø Urban dem Genannten mit einem kleinen Beile die Hirn ſchale zerſchlug. - Nachdem Boiſſeau getödtet, warf Urban ſein Opfer vom Wagen , nahm ein Hufeiſen , ſchlug daſſelbe mit einem Hammer dem Gemordeten ins Geſicht, lief nach einem Arzte, bei welchem er vorgab , die Pferde des Wagens ſeien durchgegangen, Boiſſeau wäre dabei vom Wagen gefallen und durch, eine Verlegung, durch die Hufe eines Pferdes hervor gebracht, zu ſeinem Tode gekommen. 218 der Arzt, begleitet von einigen Nachbarn , am Plage anfam , fanden ſie den Gemordeten leblos am Boden liegen . Eine ſchnelle Leichenſchau wurde gehalten und der Ausſpruch

325 der Geſchwornen lautete dahin , daß der Verftorbene an den Wunden ſtarb , welche derſelbe von den Hufen eines ſeiner Pferde empfing . Er wurde in großer Eile , wie er .war , in einen rohen Bretterkaſten gelegt und ſo begraben. – Kurze Seit darauf famen Umſtände an den Tag , welche die Sache berbåchtig erſcheinen ließen , beſonders da ſich herausſtellte, daß Urban mit der Wittwe des Gemordeten in Korreſpondenz ftand, durch welche ſich ergab, daß Urban der Wittwe Boiſs feaus empfohlen hatte , ihr Eigenthum ſo ſchnell als mög lich zu verkaufen , mit ihm ( Urban ) an einem gewiſſen Plaße zuſammenzutreffen , im Falle die Sache ans Licht fommen werde. Auf dies hin wurde Urban plößlich verhaftet, der Kör per des Gemordeten ausgegraben und einer nochmaligen Un terſuchung der Aerzte unterworfen , und fand ſich bei derſel ben , daß fünf Wunden am Kopfe von der Schneide und zwei andere Wunden von dem Rücken eines Beiles herrührten . Es ſtellte ſich ferner heraus , daß die Wunde mit dem Hufeiſen dem Verſtorbenen erſt nach deſſen Lode beigebracht worden war, als ſchon die Cirkulation des Blutes gehemmt und ſich dieſelbe dadurch von den init dem Beile beigebrach ten Wunden unterſchied. Bei der gerichtlichen Unterſuchung ftellten ſich die Beweiſe gegen den Angeklagten ſo klar und deutlich heraus, daß die Geſchwornen nicht das mindeſte Bes benken trugen, mit voller Ueberzeugung das Schulbig " augs zuſprechen. - Vorgeſtern zwiſchen 11 unb 12 Uhr wurbe der gerichtliche Ausſpruch im Beiſein weniger Zuſchauer im ofe bed Gefängniffes volſtredt. Eine große Menge Perſonen hatten ſich vor dem Gefäng= niſſe eingefunden , um der Hinrichtung des Mörders beizu. wohnen . Da ihnen der Einlaß in den Hof nicht geſtattet wurde, wurden die Maſſen unwillig, warfen Steine über die Mauer und wurden 2 Militärperſonen im Innern des Hofeo burch Steine niedergeſchlagen und arg verlegt. Iroßbem ging die Hinrichtung vor ſich. Der Delinquent ſah in Folge feie ner langen Haft ſehr abgezehrt, bleich und wild aus. Nach

326 dem er drei Stunden gehangen , wurde er vom Galgen here abgenommen und ſeinen Freunden zur Beerdigung übergeben, Seit 23 Jahren hat in St. Clair County keine Hinrichtung ftattgefunden. [Anzeiger des Weſtene.] ,

Zunahme von Verbrechen . Cincinnati, Dkt. 54 . Auch hier fiel leßter Zeit, in einer Lumber- Yarb , Mor gens um 2 uhr , ein fredliches Verbrechen , deſſen Namen niederzuſchreiben wir Anſtand nehmen , an einem 17jährigen Mädchen vor. Die ſchurkiſchen Thäter fonnten bis jeßt nicht ausgemittelt werden. Wenn es aber mit verbrecheriſchen Vorfällen ſo fortgebt, dann gewinnen am Ende bie amerikaniſchen Zeitungen ſämmt lich das Anſehen von Kriminalblättern . Und welch' ein Licht muß bieſes auf die Ziviliſationsſtufe , auf den ſittlichen Zuſtand des Volkes verbreiten ? Daß nur wenigſtens Hoff: nung fürs Beſſerwerden vorhanden wäre ! Leßtereß iſt aber nicht der Fall und in ſo lange nicht, als keine beſſeren Maß regeln für die Erziehung, insbeſondere für religiöſe Bildung der Jugend in Sdulen getroffen werben . Früber waren die gewöhnlichen ſchlimmen Rubrifen in Zeitungen : Eiſenbahn- Unglück , Dampfſchiff - Er plofion , Mord u . , neuerer Zeit ſcheint es , daß zu dies ſen noch eine andere böſe Rubrik es zur Ständigkeit bringen wolle, nämlich die Poftberaubung. In gegenwärtiger Blattnummer wäre dieſe Aufſchrift felbſt dreimal nöthig , wie aus nachfolgenden drei verbrecheriſden Vorgängen erhellt. Der Poſtmeiſter in Holliſton, Maſſ. , und fein Clerk ſind am leßten Dienſtage auf die Anklage verhaftet worden , Briefe an dritte Perſonen erbrodien zu haben . Der Poſtmeiſter in Keesville, N.-Y. , iſt wegen derſelben Beſchuldigung unter 10,000 Doll. Bürgſchaft geſtellt worden . Er befindet ſich im Gefängniß. & r iſt überführt worden,

327 daß er eine Bill aus einem Briefe genommen und verausgabt hat, den man ihm als Falle geſtellt hatte. Dr. 3. 6. Patterſon iſt der Anklage , die Briefpoſt be raubt zu haben , von dem in Naſhville, Tenn . , tagenden B. St. Gerichtshof ſchuldig befunden worden . [ Cincinn. Bl. ]

Ein Mord vor ſechs Jahren . Eine Buffalo Zeitung (dyreibt: Wohl nur wenige unſerer Leſer werden ſich des räthſel haften Verſchwindeng eines Norwegers erinnern , welches vor fechs Jahren in den hieſigen engliſchen Zeitungen beſprochen , und auf die Wahrſcheinlichkeit eines Naubmordes aufmerkſam gemacht wurde. Die Sache verhielt ſich damalswie folgt : , In der unmittelbaren Nähe der dem Afa Hampton zugehörenden Farm in Eaſt Hamburg wohnte vor 6 Jahren ein ziemlich bejahrter Norweger, der ſich durch Taglöhnerar beit kümmerlich ſein Leben friſtete und wegen ſeines abſtoßen den, wilden Charakters von den Nachbarn gemieden und ge fürchtet wurde. Um ſo mehr fiel es Allen auſ , als ſich eines Tages ein Fremder , deſſen Kleidung und behagliches Aeußere auf Wohlſtand ſchließen ließ , nach der Wohnung des Norwegers fragte und dieſelbe nicht wieder verließ. Man machte ſich damals verſchiedene Vorſtellungen über den Cha rakter und die Abſichten des Fremden . Einige vermutheten einen Anverwandten des Norwegers, von welchem dieſer häufig geſprochen hatte , und den er angeblich ſchon lang mit einer bedeutenden Summe erwartete . Andere hielten ihn für einen früheren Spießgeſellen des Norwegers , mit dem er manches Verbrechen au &geführt habe und der ſich jetzt nach den Um ftånden feines früheren Kameraden erkundigen wolle. Dieſe und andere Gerüchte wurden noch ſpät am Abend weiter ver breitet, und Alle waren darin einig , daß der Beſuch des Frem den bei dem gefürchteten Norweger etwas ganz Beſonderes. 34

328 bedeuten habe. Mehrere Tage waren vergangen , und Nies mand hatte den Freinden bie Gegend verlaſſen geſehen . Der Norweger ging nach wie vor ſeinen Geſchäften nach und war mißtrauiſcher und unzugänglider als je, und als ſich endlich ein Irländer den Muth nahm , fich nach dem Verbleib des Fremden zu erkundigen , hatte der Norweger ihm einen ſo ſchrecklichen, brohenden Blick zugeworfen , daß Niemand mehr dieſen Gegenſtand zu berühren wagte. Wenige Wochen ſpäter perkaufte der Norweger ſeine ärmliche Hütte und deren In halt und zog nach Weſten , wo er ſich eine große und gut eingerichtete Farm kaufte . Daß er das Geld nicht auf rechts lichem Wege erlangt haben konnte, wußten Ade, die ihn ſeit Jahren kannten, und mehr als eine Stimme ließ ſich damals vernehmen , die ihn erſt leiſe, dann laut und immer lauter Des Morbes anklagte. Inbeſſen der Beſchuldigte war in einem andern Staate , Niemand trat klagend gegen ihn auf , Nies mand fonnte Beweiſe ſchaffen, und die erſte Aufregung legte ſich um ſo ſchneller , als der arme Fremde feine Verwandte und Befannte gehabt zu haben ſcheint, die Nachforſchungen und Unterſuchungen hätten anſtellen können . Sechs Jahre ſind ſeitdem vergangen, die früher von dem Norweger bewohnte Hütte iſt längſt verfallen und hat einer andern Plaß machen müſſen . Wenige nur erinnern ſich noch des alten unheimlichen Nachbars und jener dunklen Begeben Am legten Montag aber fand man die deutlichſten Beweiſe, daß die damaligen Gerüchte über den Tod des Frem den nur zu gegründet waren und derſelbe das Opfer eines faltblütigen, grauſamen Raubmorbes geweſen iſt. Binige Ars beiter fanden nämlich in einem dichten Geſträuch , unter Schutt und Erbe vergraben , das vollſtändige Skelet eines Mannes , deffen Geſtalt mit der des Fremden gleich war. Der Rod des Fremden zeichnete ſich durch eine Menge großer Meſſing knöpfe aus , wie ſie die wohlhabenden norwegiſchen Bauern zu tragen pflegen , und eine Menge dieſer Knöpfe fand man bei dem Skelet vor. Auch die großen ſchweren Holzſchuhe mit einer Menge Nägel beſchlagen , über weldie die Arbeiter

329 damals viel gelacht hatten, und die ſte jeßt wieder erkannten, ließen keinen Zweifel, daß es die Leiche des por fechs Jahren Ermordeten und Beraubten war. Der Schädel war an meh reren Stellen durch Arthiebe geſpalten und der rechte Arm mehrfach zerhauen, ſo daß man auf eine lange und verzweis felte Gegenmehr ſchließen kann . Der Mörder hat ſich , wie wir hören , ſchon ſeit mehreren Jahren wieder von der im Weſten angefauften Farm entfernt und iſt ſeit der Zeit fpurs 1o8 verſchwunden . [ N.- ) . Demokrat v. Dkt. 54.]

Eine gräßliche Tragödie. Greene , Chanango County, N.-Y. , 5. Okt. 54 . peute Nachmittag war dieſe Town der Schauplaß einco von den fürchterlichſten Vorfällen, welche in leßter Zeit uns fern Staat entehrt haben . Die Umſtände ſind folgende : Das pib D. Davis , welcher vor einiger Zeit aus Californien zurückgekehrt war , hatte mit ſeiner Frau Streit , in Folge deſſen ſich die Eheleute trennten . Am Tage vor dem Morde begab ſich Davis nach dem Haufe ſeines Schwagers und blieb bei ihm über Nacht. Geſtern Nachmittags fam Davis und ſein Schwager Benjamin D. Hotcfiß , welcher in der Nähe eine Farm beſißt und bei dem Davis Frau wohnte , zuſam men. Sie unterhielten ſich freundſchaftlich, und als fotchfiß fich umfehrte, um nach Hauſe zu gehen , erſuchte ihn Davis, ſeiner (Davis) Frau zu ſagen , ſie möchte Abends zu ihm kommen. Hotchfiß ſagte , er wolle dieſes thun und ging fort. Davis folgte ihm und ſobald erſterer ſich um die Ecke des Hauſes wendete, zog er einen Revolver und feuerte auf Hotchkiß. Die Rugel drang in den Rücken hinein und bei der Bruſt wieder heraus, Hotchkiß ſtürzte tobt zu Boden . Der Mörder lief bann den Hügel hinauf , auf welchem Hotchkif's Haus ſteht, und ſchwor, er wolle ſeine Frau ermorden. Hr . Gills more folgte ihm nach, ungeachtet Davis drohte, er werbe ihn niederſchießen, ſobald er noch einen Schritt weiter gehe. Gill,

330 more ſchrie den beiden Frauen zu, die Hausthüre zu ſchließen. Die Frauen, die das Schreien hörten , aber nicht verſtanden , öffneten die Thüre und Davis ſchoß fugleich auf Frau Hotch kiß , verfehlte ſie aber. Sie ſchloß nun ſchnell die Thüre. Davis lief aber um das Haus herum , traf ſeine Frau an der Hinterthüre und feuerte ſogleich auf ſie. Die Kugel drang in der Nähe des Nabels in den Leib. Die Frau war nicht augenblicklich todt , ſondern ſtarb erſt Abends . Davis ging dann einige Schritte zurück , fegte die Mündung des Revol vers an ſeine rechte Bruſt , drückte los und ſtürzte todt zu Boden . Die Waffe, mit welcher dieſe drei Morde verübt wurden, war ein gewöhnlicher Colt's Revolver . Die fürchterliche That hat eine ungeheure Aufregung in der ganzen Gegend verurſacht. Hr. Hotchfiß war einer der liebenswürdigſten Männer in dem County, und feine Frau, ſowie Frau Davis , allgemein ihres ausgezeichneten Charakters wegen geſchägt. Der Mörder hat ohne Zweifel einen wohl durchbachten Plan befolgt. Er hatte ſich einen Piſtolengürtel umgeſchnallt, und der Revolver, von dem nod ; ein Lauf ge laden war , war neu geputt. Die Getödteten befanden ſich Alle in einem Alter von ungefähr vierzig Jahren. [ N.- ). Demokrat. ]

Grauſenhafter Mord. Baltimore, 5. Oktbr. 54, 8 Uhr Abends . Gin Deutſcher, Namens Knolls , in Baltimore County, ermordete am Montag Abend ſeine Frau auf eine ſchreckliche Weiſe. Er nahm ein Beil , hackte das Fleiſch vom Körper und that die Stücke in einen Kübel , worauf das Ungeheuer entfloh. Er hat fünf Kinder. [ Abendz .]

331

Entſetliche Anklage. Cincinnati , Dktbr. 54 . Ein Kaufmann , Namens Langtree , der an der Main ftraße in Cincinnati einen Store hält, iſt neulich eine entſefa lichen Verbrechens beſchuldigt eingezogen worden . Die Depo ſition auf dem Verhaftsbefehl lautet ungefähr : Beſagter Langtree lud des Rlägers Frau ein , mit ihm das Grab Teto nes eben verſtorbenen Kindes zu beſuchen . Die Frau war die Pflegerin des Kindes während ſeiner Krankheit und ſtimmte ein, im Glauben , daß Frau Langtree ſie begleiten würde. Dieſelbe ging jedoch nicht; Hr. Langtree geleitete die Frau nach einem einſamen Drte des Kirchhofes, knebelte ihren Mund, band ihre Arne und fd ändete hierauf ihre Perſon. Solche Greuelthat am Grabe eines Kindes -- die Phan taſte ſchaubert vor folcher Verworfen beit einer menſchlichen Geele. [Cincinn . Republifaner. ]

Ein großartiger Fälſcher und Betrüger. Kalifornien . Am 7. Oktbr. 1854 gerieth San Fran ciếco in die größte Aufregung, in Folge des Gerüchtes, daß þenry Meigge , ein früheres Mitglied des Rathes der Al bermánner , und einer der größten Holzhändler im Staate, im Betrage von 800,000 Doll. fallirt habe. Außerdem hieß es , er habe mehre Fälſdjungen begangen , und ſich in der glänzend ausgeſtatteten Barfe , American " nebſt ſeiner Familie und ſeinem Bruder John C. Meiggs , welcher kürzlich von ben Know - Nothinge zum Comptroller erwählt wurde , mit bedeutenden ergaunerten Schäßen nach irgend einem Hafen am ftillen Meere auf den Weg gemacht. Einige Tage lang herrſchte die größte Aufregung in der Stadt , namentlich ebe ber Bes trag der Fälſdungen ermittelt war. Seitdem wurde die Sache ziemlich gründlich unterſucht, und folgendes wurde als der ungefähre Betrag bed durch die Meiggs - Operationen verurſachten Berluſtes betrachtet:

332 Belauf des Bankerotte8 Gefälſchte Comptrollers Warrants Gefälſchte Scheine der California Lumbers Comp.. Fälſchungen auf verſchiedene Firmas

800,000 Dou . 500,000 300,000 60,000 1,660,000 Dou .

Außer den obigen ſind, wie man glaubt , 300,000 bis 400,000 Dollars der gefälſchten Comptrollers - Warrants in New- Yorf hypothefirt worden. [N.- 9 . Staatsz.]

Ein Californier Schwindler. Die Geſchichte der Schwindeleien in Amerika , ſo umfang reich ſie auch iſt, wurde in San Francisco mit einem Blatte vermehrt , das derſelben einen ganz eigenen Glanz berleiht, da in dieſem Blatte eine Perſon auftritt, deren Thaten in dieſem Fache bisher noch unübertroffen daſtehen. Dieſe Pers ſon iſt Henry Meigg8 , früher Alderman zu Williamos burg im Staate Neu - Yorf, und ſeit 1849 ein wohlbekannter Geſchäftsmann zu San Francisco und Mitglied des dortigen Stadtrathee. Er war in politiſcher, wie in geſchäftlicher Bes ziehung einer der populärſten Männer in San Francisco ; batte ſehr viel zur Beförderung der Kunſt gethan und auf ſeine Koſten die ſchöne Muſikhalle gebaut. Gr war bereits zum Mayorsfandidaten vorgeſchlagen , und wäre auch wahrs ſcheinlich zu dieſem Amte gewählt worden. So groß war das Vertrauen zu ihm , daß ſelbſt bedeutende Gerüchte, er habe als Stadtrathsmitglied ſich in allerlei unehrliche Ges ſchäfte eingelafſen , nicht den leiſeften Verdacht gegen ihn zu erregen im Stande waren . Am Freitag, den 13. Oktober 54, Nachmittage, verbreis tete ſich zu San Francisco die Runde, daß Meiggs mit einer Sdulbenmaſſe von 800,000 Dou . fallirt habe. Am Sams tag Morgen ſagte man, bab Meiggs und ſeine Familie , fos

333 wie ſein Bruder John 6. Meiggs, erwählter Stabtcomptroller, nirgends zu finden ſeien , und Nachmittags erfuhr man mit Beſtimmtheit, daß die ganze Geſellſchaft am Mittwoch Nachts in der Barke „ American “ abgeſegelt war. Meiggs hatte große Summen entlehnt, und als Sicherheit hierfür Warrants des Stadtcomptrollers hergegeben. Unter den Gläubigern entſtand nun der Verdacht, daß dieſe War rants gefälſcht ſeien , und dieſer Verdacht fand ſich auch bald beſtätigt. Die Firma Adams und Comp. allein hatte um 40,000 Dou . ſolche gefälſchte Papiere erhalten . Nun ents ftand eine ungeheure Aufregung. Jeder , der einen ſolchen Warrant hatte , lief auf die Collektors -Office. Alle Broker und Banker unterſuchten und prüften die Papiere, die ſie von Meiggs befommen hatten , und bis am Abend hatte man ſchon die Gewißheit, daß Meig. 8 um eine Million Dol lars falſche Comptroller - Warrants gemacht, um 300,000 Doll. falſche Aktien von der Californier-Lumber- Compagny, deren Präſident er war , ausgegeben hatte und ſeine eigenen Geſchäftsſchulden ſich auf 800,000 Doll beliefen . Ueberdies ſoll er auch falſche Countyſchuldicheine gemacht haben . Der Betrag derſelben iſt aber noch nid ) t bekannt. Meiggs verfuhr bet feiner Operation auf folgende Weiſe. Gr borgte Geld und verpfändete die City - Warrants. Mit den falden Aktien der Lumber - Compagny verfuhr er auf gleiche Weiſe; ba dieſelben jedoch ſehr nieder ſtanden , ſo be. kam er meiſtens nur auf 1 Doll. Papier 20 Cents Darlehen . &r ſorgte dann dafür, daß ſeine Warrants in die Hände von großen Geſchäftsleuten und andern reichen Perſonen kamen, weil er wußte, daß dieſelben dieſe Papiere nicht auf die Börſe bringen werden . Die Warrants beſtanden in 500 Doll. und 1000 Doll. Summen und die Unterſchriften des Mayor Gar riſon und Comptroller Harris waren ſo gut nachgemacht, baß dieſe Beamten ſelbſt ſte nicht für gefälſcht erkannten . Eine gefährlichere Handlung war das Fabriciren von No ten der Firma Wm . Neeley Thomſon und Comp. Meigg8 ſoll um 40,000 Dol. ſoldşer Noten in Umlauf geſeßt Gaben. Als

334 fein Haus durchſucht wurde, fand ſich noch eine Anzahl fals fcher Warrants. Dieſer großartige Schwindel hat eine äußerſt verberbliche Wirkung auf die Geſchäfte in San Francisco geäußert. Das Zutrauen unter Geſchäftsleuten iſt geſchwächt und viele ſind dadurch zahlungsunfähig geworden. In der Woche vor ſeiner Flucht war Meiggs äußerft thätig , ſeine Papiere zu Geld zu machen , und man glaubt, daß er 400,000 Doll. in Gold mitgenommen hat. ſpricht ſehr viel darüber, nach welchem Hafen wohl die Barke American " ſegeln werde . Das Wahrſcheinlichſte iſt , daß ſie nach einer der Südſee Inſeln oder einem kleinen Hafen Aftens ober Guropas fährt. Meiggs kaufte am Montag vor ſeiner Flucht die Barke American " von Abernethy, Clark und Comp. , und richtete ſte äußerſt elegant ein . Als der Capitán des Schiffes, Nas mens Cozzens , über die Beſtimmung der Fahrt gefragt wurde, antwortete er , einige Spieler hätten das Fahrzeug gekauft und wollten auf demſelben eine Luftfahrt um die Inſeln des Pacific machen . Am Dienſtag Nachmittag fuhr Meiggs mit ſeiner Familie vorgeblich nach San Matro. Als er ungefähr drei Meilen von der Stadt entfernt war, wendete er ſich der Bay zu und fuhr in einem Boote an die Barfe , American " . Am Mittwoch Nachts wurde dieſelbe aus dem Hafen geſchleppt und ſteuerte dann ſüdweſtlich. Da Windſtille eingetreten war, ſah man ſie noch am Freitag Abend von Point Lobos aus . Am Samſtag war ſie außer Sidt , aber der Wind war ſowach. Abends wollte man einen Ver. Staaten Surveying - Dampfer zur Verfolgung der Barke abordnen. Die Abfahrt deſſelben wurde aber durch einen Unfal verhindert. An Bord der Barke befindet ſich Meiggs , ſeine Frau, drei Kinder und ein Bruder ; ferner ſein Neffe E. D. Doyle und Victor Seeman, welcher wahrſcheinlich ein Mitſchuldiger an allen dieſen Betrügereien war. Derſelbe iſt, wie die beis ben Meiggs, zu Catskil , Staat Neu - York, geboren , war meh , rere 3ahre hindurch Schiff & fapitän und zog vor ungefähr

335 zwölf Jahren nad Wiskonſin , wo er Buchdrucker wurde und eine Zeitung herausgab. Die Bemannung der Barfe beſteht aus Capt . Cozjens, einem erſten und zweiten Steuermann, einem Koche und reche Matroſen . [PN.- » . Demofrat v. 13. Okibr. 54.]

Ein lachender Mörder vor Gericht. Brooklyn , 26. Oftbr. 54 . Unſere Leſer werden ſich noch der furchtbaren Mordthat erinnern , welde vorigen Sommer bei dem Dorfe Guichague yorfiel, indem die Eheleute Wick bam und ein in ihren Dien ſten ſtehender Negerfnabe von einem Jrländer ermordet wur den . Der Prozeß gegen den Mörder begann vorgeſtern Nachmittag in der Court of Dyer and Terminer zu Riverhead . Der General- Anwalt Hoffmann von Alban ſtand auf Seiten des Staates , da der Diſtrikt - Anwalt des Ortes ein Bruder del Grmordeten war. Dienſtag Morgen trat der Gerichtshof um 8 Uhr zuſammen und vorgeſtern Abend wurde der Ans geklagte ſchuldig befunden . Als der Gefangene in den Ge richtsſaal gebracht wurde , lachte und ſprach er und zeigte überhaupt bas Benehmen eines ſo verhärteten Charakter, wie man es bri Menſchen ſeines Alters faſt niemals ſucht. Der Richter ſagte zu ihm , er ſei des Mordes ſchuldig befun ben worben , was er dazu ſage ? Der Gefangene ſtand auf und ſprach : ich ſage, ich bin nicht ſchuldig ; ich habe es nicht gethan ; ich will Niemanden verrathen ; ich will lieber gehängt werden. John Scott und James McCoundon wiſſen Alles. Der Richter ſprach darauf das Todesurtheil aus , während welcher Zeit der Gefangene wie ein Dämon ihm ins Geſicht blickte. Als der Richter geendet hatte , rief der Gefangene aus : „ Ich danke Ihnen , Sir, ich werde in einer Woche todt ſein und Ihnen mein Haar laſſen zu einer Perrücke , dann wird meine Seele über die Shrige triumphiren . " [ N.- 9). Staatsz.]

336 Ein niederträchtiger Bankerottierer . Cincinnati , 29. Dktbr . 54 . In voriger Woche brach hier einer der niederträchtigſten Bankerotte aus. Der Banfier P. B. Mancheſter , Beſiger der ſogenannten Peoples Bank, mit welcher eine Sparkaſſe verbunden war, ſtellte plöblich ſeine Zahlungen ein und Hun derte von armen Arbeitern , Wittwe n und Waiſen ſahen ſich mit einem Schlage um ihre Nothpfennige , die ſte bei ihm niedergelegt , betrogen. Wie Schuyler * ) hatte Mancheſter zu den Geldmagnaten gehört. Bis zum Augens blick feines ſchåndlichen Bankerotte galt er allgemein für einen ber reichſten Bürger der Stadt. Das Haus, welches er bes wohnte, foſtete nicht weniger als 25,000 Doll . Die innern Einrichtungen ſowie ſeine Lebensweiſe, ſtanden im Verhältniß zu der äußern Pracht ſeines Hauſes. Sein Streben ging nur dahin , reich zu werden , und ſo ſpekulirte er mit den ihm anvertrauten Geldern wild darauf los . Erſt vor einigen Mo naten kaufte er für 50,000 Doll. Eiſenbahnaktien , an denen er bald darauf ſchwere Verluſte erlitt . Troßdem nahm er immer noch ruhig die Erſparniſſe der Armen , Wittwen und Waiſen an, ja noch am ſelben Morgen , als er ſeine Bank fchloß und keinen rothen Cent mehr ausbezahlte , nahm er noch von einem Handwerker eine Depoſite von 500 Doll. an. Als er in Folge der gegen ihn ſteigenden Aufregung ſich hier nicht mehr ſicher wähnte , verließ er berkleidet heimlich die Stabt. Allein durch die Bemühungen eines der Betrogenen ward er bald eingefangen, ſammt dem geſtohlenen Gelde, das

*) Ein weiland ſehr ,, frommer Mann “ in Neu -Yorf, Kirchenfreund und Kirchenunterſtüger, der ſtreng auf der Heiligung des Sonn tags " hielt , daß Wirthshaus und Theater geſchloſſen ſeien, der arme Mann „ bete “, ſtatt einen Schoppen trinfe 2e . Gr ſelber als „ Eiſenbahnkönig “ trieb aber das ſonn- und werktägliche Geſchäft des Stehlens; nur gab er ſich nicht mit Kleinig: feiten ab , ſondern ſtahl gleich ein paar Millionen Doll. und flüdytete damit.

337 er mitgenommen , zurückgebracht und zur Inventariſtrung ſei nes Vermögens geſchritten . Heute fand nun eine Verſammlung der Gläubiger Statt und wurde ihnen angezeigt, daß ſie für ihre Forderungen mit fünf, ſage und ſchreibe mit fünf Prozent abgefunden werben ſollen . Ein ſo ſchändlicher Diebſtahl denn der Aus druck Schwindel oder Betrug wäre dafür zu ſchwach uno unter ſolchen Umſtänden begangen , ſteht felbft in Amerika wohl ziemlich vereinzelt ba . [N.-Y. Abenb3 . ]

Jugendliche Verdorbenheit. Pittsbury, November 54 . Geſtern wurden durch die Mayorspolizei zwei Knaben ver Haftet, von denen der älteſte nicht über 12 Jahre alt , unter ber Anklage, aus dem Store von Wyfrant und Robinſon an Smithfieldſtraße ein Paar Stiefel entwendet und um einen Spottpreis verkauft zu haben . Die Knaben läugneten den Diebſtahl nicht ; aber da ſte ſchon mehr als einmal in ähn licher Lage waren , ſo zeigten ſie durchaus feine Furcht vor dem Gefängniß, ſondern befanden ſich bafelbft offenbar fo wohl wie zu Hauſe. Wenn die Pietiften , anſtatt Hemden für die nacten Pa tagonier zu nähen oder mit großen Koſten Miſſionäre nach den Südſeeinſeln zu ſchicken , um den armen Teufeln von In dianern die Köpfe mit bogmatiſchem Unſinn zu verwirren , ſich in ihrer Nähe umſeben , wenn die chriſtlichen Sekten, anſtatt Millionen in marmorne Kirchen zu begraben und Hum bugger zu mäſten , für eine tüchtige Erziehung der Jugend ſorgen wollten , ſo hätten wir wohl ſchwerlich ſo viele Ver brecher in der Geſellſchaft. Welch eine abſcheuliche Geſell ſchaftsmoral, die Kinder verwildern zu laſſen, und die erwach fenen Verbrecher mit der Bibel in der Hand an den Galgen zu hängen , ober zeitlebens im Gefängniſſe zu begraben ! ( Pittsb. Freiheitsfreunb .) 24

338 Eine Bande von Raubmördern in Canada. Im Townſchip Walpole, County Haldimand , trieben ſich ſeit einigen Wochen 5 verdächtig ausſehende Kerle umher. Am vorleşten Mittwoch beraubten ſie einen Herrn Graham , der an der Poſtſtraße nach Walpole wohnt , um 12 Dou. und drohten , daß ſie ihn ermorden würden, wenn er ſie ver folgte , wobei ſte einen Revolver und einen Dold) zeigten. Hierauf gingen ſie die Straße weiter hinunter bis zum Store bes Hrn . Husband . Kaum waren ſie eingetreten , als einer der Bande den Hrn . Husband beim Kopfhaar packte und ihn über das Coun ter (Ladentiſch) zog , während ein Anderer aus der Geldlade L. 20 *) heraußnahm , worauf ſie ſich aus dem Staube mach ten und ihren Weg auf derſelben Straße fortſeşten bis zum Hauſe des Hrn . William Downs , wo ſie 6 Doll. in Geld und einige Quittungen für Weizen raubten. Von hier kamen ſte zum Store des Hrn. Nelles , der aber bereits geſchloſſen war, ungefähr 81/2 Uhr Abende . Sie klopften an die Thüre und begehrten Einlaß. Hr. Nelles öffnete die Thüre , und einer der Räuber verlangte von ihm , daß er ſein Geld Her ausgeben ſolle, deſſen er fidh aber weigerte , worauf ein An derer auf ihn feuerte und ihn auf der Stelle erſchoß. Hierauf plünderten ſie das Haus, fanden aber kein Geld oder ſonſtige Sachen von Werth , mit Ausnahme einer goldenen Uhr, die ſte mitnahmen und ſich dann auf und davon machten , indem fite bemerkten , daß Frau Nelles aus dem Fenſter geſprungen und in der Nachbarſchaft Lärm machte. Jeßt begaben ſte ſich nach Cayuga , wo ſte von Herrn Gibſon einen Wagen mietheten , der ſie nach der Eiſenbahnſtation brachte und ſte baſelbſt zurückließ. Es hatte ſich eine bedeutende Anzahl von Männern geſammelt, um die Mörder zu verfolgen. Einige derſelben ſind verſchiedenen , in Cayuga wohnenden Perſonen bekannt, und man zweifelt nicht , ihrer habhaft zu werden. Die Namen von Dreien aus der Bande ſind wahrſcheinlich

*) 20 Pfund gleich 80 Dollar.

339 Patterſon und -- Lownſend. Von George Morriſon , den Freunden des Hrn . Nelles ſind 100 Doll. Belohnung für die Ergreifung eines ober mehrer Mitglieber dieſer Bande ausgefeßt, und eine fernere Summe foll für die Ergreifung des eigentlichen Mörders gezahlt werden , wenn derſelbe ale ſolcher berurtheilt wird. ** * Nachtrag. - Ein gewiſſer Garret Patterſon wurbe

am vorlegten Samſtag in St. Catharines verhaftet, auf den Verdacht hin, daß er derjenige Patterſon ſei, der beim Morde des Hrn . Nelles betheiligt war ; da aber bei der Eramination der Verdacht nicht beſtätigt wurde und mehre Perſonen in der Stabt ſich bereit erklärten zu ſchwören , daß dieſer Patterſon zur Zeit, als der Mord verübt wurde, ſich in St. Catharines in der Methodiſten Kirche befunden habe , ſo wurde er ents laſſen, aber ſofort wieder auf drei gegen ihn von Haldimano aus erlaſſene Verhaftsbefehle arretirt und nach Haldimand abs Lownſend foll in Déwego berhaftet fein . geführt. [ Neu - Hamburger Beobachter v. 3 , Nov. 54.)

Bankdieb. Die Marinebank von Savannah bietet 1000 Doll. Bez lohnung auf Ergreifung des Samuel D. Scovill , eines ihrer Beamten , der am 20. Oktober mit 100,000 Dollars Geldern der Bank von Macon durchging. [N.- ». Staatsz. vom Novbr. 54. ]

Eine Schurkerei und blutige Szene. Cincinnati , 3. Novbr. 54 . Eine traurige Begebenheit und wahrſcheinlicher Morb trug ſich am vorigen Donnerſtag Abend in der Nähe von Déborne an der Eiſenbahn zwiſchen Dayton und Springfield zu, wore 24 *

340 über wir das Folgende erfuhren . Vor ungefähr drei Jahren begab ſich ein in bortiger Gegend wohnender Farmer , Na mens Ridett , nach Californien , und ließ ſeine Familie zurück. Im vorigen April kam ein Mann , Namens W. I. Gaylord , zu der Frau Rickett und theilte ihr mit, daß er direkt von Californien komme, wo ihr Mann an einem chro niſchen Uebel geſtorben ſei, und er zeigte ſelbſt folche Trauer über den Tod ſeines angeblichen Freundes und eine ſo große Theilnahme für die trauernde Wittwe, daß er das Vertrauen der argloſen Frau gewann . Er wiederholte ſeine Beſuche bei ihr ſehr häufig, bis ſie ihn einlud, bei ihr zu wohnen . Gay lord lehnte diefes freundliche Anerbieten Anfangs mit anſchei nender Gleichgültigkeit ab , und nahm es zuleßt unter der Bes bingung an, daß ſie ihn heirathe . Ein ſolcher unerwarteter Antrag mußte natürlich erſt in Ueberlegung gezogen werden , und es wurde eine Bedenkzeit erbeten. Unterdeſſen entnahm Gaylord ſämmtliche an Frau Rickett gerichtete Briefe aus der Poft Office , unter andern einen von ihrem Manne , worin dieſer fagte, daß er erſt nach drei weiteren Jahren zurückfeh · ren werbe , aber jedoch die größte Sehnſucht bege, ſeine Frau wieder zu ſehen. Dieſen vernichtete er und begab ſich zu der Wittwe, welche denn auch, ſintemal der Wittwenſtand ein ſehr trauriger und ſchwer zu ertragender iſt, dem alten Freunde ihres Ehemannes ihr Jawort gab . Nach landesüblicher Weiſe wurbe die Heirath raſch vollzogen , unb Gaylord kam baburch in den Beſtz einer auf mehrere Tauſend Dollars geſchäkten Farm . Rurz darauf ſchlug er ſeiner Frau vor, die Farm zu verkaufen , um mit ihm nach Kanſas zu ziehen . Dieſe wil ligte ein , und ſo wurde der Nachlaß des verſtorbenen Rickett in den Zeitungen zum Verkauf ausgeboten. Nun begab es ſich, daß eine derſelben nach Californien gerieth , wo der Ver ftorbene daraus bie ganze ſaubere Geſchichte erfuhr. Wie ſich von ſelbſt verſteht, gerieth er in einen großen Zorn und er beſchloß, lich an beiden thätlich zu rächen . Er eilte ſo raſch wie möglich in ſeine Heimath, und begab ſich mit einem Re volver und Boniemeſſer bewaffnet an jenem Abend um 10

341 Uhr nach ſeinem Hauſe. Er klopfte an die Thüre , welche ihm nach längerem Warten von ſeiner Frau geöffnet wurde, und die beim Wiedererkennen ihres Mannes mit einem Aus rufe des Schreckens beſinnungslos zu Boden ſank. Gaylord trat darauf aus einem anſtoßenden Zimmer , worauf Rickett ihn bei der Gurgel faßte und ihm das Meſſer in die Seite ftieß. Hiermit nicht zufrieden , verwundete er die unglückliche Frau am Halſe und an den Schultern und begab ſich fort. Nachdem die Frau wieder zu ſich gekommen war , feßte ſte ihre Nachbarn von dem Vorfall in Kenntniß , welche gleich Nachforſchungen nach Rickett anſtellten , ohne eine Spur von ihm zu entdecken . Gaylords Wunde ſol tödtlich ſein , und Niemand leugnet, daß der Sdurke fein Schickſal wohl ver dient habe . [ N.-Y. Demokrat.]

Poſtdieb ertappt. Neu - York , 24. Novbr. 54 . Seit mehreren Wochen machte man auf der hieſigen Poſt office die Entdeckung, daß von Zeit zu Zeit Geldpachete un terſchlagen wurden, ohne daß man dem Thäter auf die Spur kam . Zulegt ftel der Verdacht auf einen der Nacht - Clerks, James Fibgibbons . Mr. Holbrook , der General- Agent der Poſt Office , welder zuerſt Verdacht gegen Fißgibbons ſchöpfte, wachte ſeit mehreren Nächten in der Poſt und zwar ſo, daß er von Fibgibbons unbemerkt, dieſen doch beobachten konnte. In der Nacht vom Mittwoch auf den Donnerſtag wachte Holbrook abermals und ſah nun geſtern Morgen ge gen 3 Ubr, daß Figgibbons zwei Pacete mit Geld , welche in Newark (New - Jerſey ) auf die Poſt gegeben waren, und von welchen jedes 300 bis 400 Dollars enthielt, erbrach und das Geld einſteckte. Holbrook behielt den Dieb fortwährend im Auge, bis derſelbe des Morgens um 5 Uhr die Poſtoffice verließ, um nach þaus zu geben . Kaum hatte Fibgibbons die Poſtoffice verlaffen und war in Libertyſtreet gekommen, ale ibn Mr. Holbrook in Begleitung des Mr. Brown , des

342 Chefe der Nacht - Clerks, einbolte und nach der Poſtoffice zu rücbrachte, wo man das geſtohlene Geld in ſeinen Taſchen . fand. James Figgibbons hat 600 Dollars Beſoldung und eine Frau und drei Kinder. Obgleich das zwar eine geringe Beſoldung iſt, ſo kennen wir doch Leute genug , die noch we niger haben und doch leben, ohne zu ſtehlen . Figgibbons wurde verhaftet und dem Ver. St. Marſchau [N. - 9 . Demokrat.] zum Verhör übergeben .

Mord und Selbſtmord . Buffalo , 27. Noobr. 54 . Ein entſeglicher Morb und Selbſtmord fand hier geſtern Abend im Armenhauſe ſtatt. Herr C. S. Rathbone , einer der Beamten der Anſtalt, berichtet darüber folgendermaßen : Pat. Kane, ein Jrländer und ehemaliger Soldat im meri kaniſchen Kriege , fam im vorigen Herbſt mit ſeiner Frau und einem vierjährigen Kinde ins Arinenbaus . Kane hatte nur einen Arm, da er den andern durch zu frühes Entladen einer Kanone verloren . Es ſcheint, er war eiferſüchtig auf ſeine Frau. Geſtern Abend um 6 Uhr ging er in ihr Zimmer und rief ſte. Sie kam ſogleich bereitwillig zu ihm . Rane faßte ſie, zog ein Raſirieſſer und brachte ihr einen Scynitt an der Reble bei, der eine der Hauptarterien traf. Sie ent rang ſich ihm und ſtürzte mit dem Schrei : „ O Gott, o Gott ! " die Treppe hinunter. Er folgte ihr und ereilte ſie, nachdem ſte durch drei Zimmer des Erdgeſchoſſes gerannt war ; hier fiel ſte zu Boden , entweder in Folge des Blutverluſtes oder eines Schlages von Kane's mächtiger Fauſt. Der Lärm rief die Hausbewohner herbei . Hr. Rothbone erſchien faum zwei Minuten nach der That, wo er die Frau todt und den bru talen Mörder blutend an ihrer S ſiken fand : auch er hatte ſich ſchon in grauenbafter Weiſe in die Reble geſchnitten .

343 Das Raſtrmeſſer in der Hand haltend, ſchnitt er ſich wieber holt und küßte dann ſein todtes Weib . Man verſuchte, ihm das Mordinſtrument zu entreißen , wüthend aber ſchwang er dasſelbe um ſein Haupt und ſchreckte baburch die ſich Nähern den . Endlich ſchlug es ihm der Beamte mit einem Stock aus der Hand. Kane ſelbſt ſtarb 3/4 Stunden nach dieſer ſchrecklichen I hat. Frau Kane wird als ein gutherziges, bes ſcheidenes und anſpruchsloſes Weſen geſchildert, die zur Zeit als Kranfenwärterin agirte. [ N. - 9 . Staatsz. ]

Schauderthaten . Baltimore , 28. Novbr . 54 . Wir berichteten vor einigen Monaten , daß eine Frau Knobel in Baltimore County, etwa 6 Meilen von der Stadt an der Philadelphia Landſtraße ermordet worden ſei, daß man den Leichnam der Ermordeten, in Stüdezerſchnitten , in einem großen Zuber gefunden habe, der mit einem dicen Stein bes ſchwert geweſen , das Ganze zugedeckt mit einem Brette. Die fer Mord erregte damals große Aufregung und der Verdacht, daß der Gatte der Frau Knobel der Mörder ſei, war um po allgemeiner , als ſich dieſer gleich nach entdeckter That eilig von ſeiner Frau entfernt und dort alles in höchſter Unord nung zurückgelaſſen hatte. Vergeblich bemühte man ſich ſeit her , des Flüchtigen habhaft zu werden. Der Gouverneur ſeşte einen Preis von 300 Dollars auf ſeine Ergreifung, aber umſonſt. So ſtanden die Dinge, als geſtern Morgen bie Knobel' ſche Farm der Schauplatz einer andern Schauderthat wurde . Geſtern in aller Frühe nämlid , wurde dem Richter Franken berger gemeldet, daß man in der Scheune Knobels einen toda ten Mann aufgehängt gefunden habe . Er eilte zur Stelle und entdeckte alsbald in dem Gehängten den flüchtigen Kno bel ſelbſt. GB ſchien, als ſei der Mörder von außen in den

344 zweiten Stock eines Heuſchobers hinaufgeklettert, und habe ſich vort auf einem Weizenſtrohhaufen die Kehle mit fammt der Luftröhre durchſchnitten mittelft eines neuen Raſtrmeſſers, deſ ſen Klinge ſo an den Stiel feſtgebunden war , daß ſie nicht rutſdhen konnte Von da war der Selbſtmörder etwa fecha Schritte weiter gegangen und hatte ſich an einem Stück deſs ſelben Bindfadene , womit er das Meſſer feſtgebunden , am Halfe aufgehängt. Er hatte einen funkelneuen Anzug an und war friſch raſirt. Nach Fußſpuren zu ſchließen, die man am Grabe der Ermordeten , die in der Nähe der Farm begra ben worden war, vorfand, hatte er erſt das Grab ſeiner Frau beſucht, ehe er ſid; ſelbſt an den Kragen ging . Auf ſeiner Perſon fand man einen deutſchen Brief, wo rin er ſich zum Morde ſeiner Frau bekennt und den Grund beffelben der Eiferſucht zuſchreibt. Gin Streit entſtand einft zwiſchen ihm und ſeiner Frau , wobei Leştere ſagte : ,, GS wäre beſſer , du brächteſt mich um , und dann dich ſelbſt.“ Auf dieſe Worte ging er in den Hof, nahm eine Art, ſchlug die Frau in den Nacken und tödtete ſie. Nachdem er ſie einige Stunden hatte liegen laſſen, warf er ſie, in Stücke geſchnitten , in ein Faß u. ſ. w. Nächſten Morgen eilte er früh nach Baltimore und ging mit dem 9 Uhr Zug nach Weſten. Hier, bei Cleveland, arbeitete er mit einigen hundert Andern an der Ciſenbahn. Unter den Arbeitern war Giner , der ihn kannte und der ihn oft durch ſeine Neugierde in Angſt ver ſepte. Legten Samſtag Abend kam er mit dem weſtlichen Zug hierher zurück, um ſich , wie er in ſeinem Briefe ſagt, bem Galgen zu überliefern, und eilte ſofort nach ſeiner Farm und man weiß den Reft. &r hinterläßt drei Kinder, einen Knaben von 14 , einen andern von vier Jahren und einen Säugling. Berbikt: Selbſtmord. [ Baltimoer Wecker.]

345 Frecher Naub in einem Eiſenbahnwagen . Der in Auguſta (Georg . ) erſcheinende ,, Conſtitutionaliſt" vom 9. Dezember 1854 erzählt : Geſtern Abend befand ſichy Dberſt Berrien von Rome mit einem Theil ſeiner Familie auf dem von Berzelia hierher beſtimmten Eiſenbahnzuge. Seine Tochter und ſein Sohn ſaßen ihm gegenüber, doch war die zwiſchen beiben Sißen befindliche Lampe erloſden . Wäh rend der Nacht ſeßte ſich ein Fremder neben Hrn. Berrien , unterhielt fid) eine kurze Zeit mit ihm und wußte ihm auf geſchickte Weiſe Chloroform beizubringen , der ihm das Bes wußtſein nahm . Dann ſchnitt der freche Räuber gemüthlich die Knöpfe von Berriens Ueberrod ab, und zog aus der Bruſt taſche ein Päckchen Banknoten im Betrage von 5160 Doll. Nicht damit zufrieden , holte er aus der Hoſentaſche des Bes täubten noch eine Brieftafel mit 1000 Doll. Hätte er ge wußt, daß ſich in der andern Hoſentaſche ein Päckchen Banf noten im Betrage von 2000 Dollars befand, würde er fie fich gleichfalls zu Gemüthe gezogen haben . Biß geſtern Abend litt Herr Berrien nod) an den Folgen ber Ginathmung des Chloroforms.

Hinrichtuugen in Kalifornien . Wir haben über Szenen zu berichten , ſchreibt der „ Ca= lifornier Demokrat" , welche bei der leßten Hinrichtung zweier Verbrecher am 3. Dezember 1854 in Coloma vorfielen, welche Seben , der noch Gefühl für menſchliche Leiben und menſch liches Elend im Buſen trägt , mit Sớmerz erfüllen müſſen ; welche in weiten Kreiſen die Ueberzeugung verbreiten müſſen, daß noch Manches in unſerer Criminalpflege zu ändern iſt, und daß noch manche Ueberreſte mittelalterlicher Barbarei bei unſerm Strafverfahren auszurotten ſind, die nicht allein über die Grenzen des Rechtes weit hinausgeben , welches der Staat ſelbſt über den Mörder hat, ſondern auch der öffentlichen Mo

346 ral Hobn ſprechen ; in ihren Folgen verderblich ſind , die menſchliche Geſellſchaft felbft mehr verlegen, als die That des Mörders ſelbſt , der dieſen Gefeßen zum Opfer fällt. Wir wollen hier die Frage wegen Rechtmäßigkeit der Lobesſtrafe nicht anregen . Wir ſind prinzipiell gegen dieſelbe, erkennen aber gern den Ginwurf an, daß die neue Geſellſchaft in Ca lifornien , aus ſo verſchiedenen Elementen zuſammengeſeßt, eine Art von Kriegszuſtand darſtellt, in welchem die Todesſtrafe nicht zu umgehen iſt, wenn ſte auch , leider! ſelten die wahren großen Verbrecher ereilt , ſondern meiſt arme Teufel trifft. Der Staat nehme dann das Leben, weldes ihm verfallen ift; aber hiermit ſind wir an der äußerſten Grenze des Rechtes angelangt, welches ſelbſt der eifrigſte Vertheidiger der Lodeg ſtrafe ihm einräumt. Aber er martere den Unglücklichen nicht. Man hüllt ſich mit phariſäiſchem Augenverdrehen in das Ge wand der Bibel , welche verbietet , Blut zu vergießen ; aus chriſtlichem Erbarmen vermeidet man den raſchen , blutigen , ſchmerzloſen Tob, und martert den Unglüdlichen unblutig zu Lobe ; man wählt eine Art des Tobes , welche den Unglück lichen nicht allein meiſt erſt nach Minuten langen frampf haften Zuckungen dem Tode überliefert, ſondern aud; ſo un ſicher iſt, daß oft, wie in dieſem Falle, der Strick bricht, der Unglückliche , verwundet , blutig, mit zeriſſenen Halsmuskeln, ſich in Schmerzen auf dem Boden krümmt , von dem ihn ſeine Henker dann aufraffen , um den ganzen entſeßlichen Kampf noch einmal durchzukämpfen . Man ſchleppt das blu tige Opfer von Neuem auf's Schaffot; ift es bewußtlos, bringt man es durch alle möglichen Mittel wieder zum Be wußtſein , damit es ja bei vollem Verſtande ſeinem Tode entgegen gebe . Am Morgen der Hinrichtung wird der Vers urtheilte von Sunderten von Neugierigen beſucht, Jeder be fühlt, betaſtet die innerſten Regungen eines im Todeskampfe zuckenden Herzens , fragt ihn aus um ſeine Verbrechen , ob ihm bange ſei u . Nachdem man ihn ſo von früb Morgens an gequält, öffnen ſich endlich gegen 11 Uhr die Pforten des Gefängniſſes, wo Tauſende von Neugierigen ihn erwarten .

347 Lange Reihen von Wagen ſchließen ſich an den Trauerzug, und ſo ſchleppt man den Armen eine halbe Meile weit nach dem Plaße der Hinrichtung. Jeder Blick auf das Meer von Röpfen , bas um ihn umherwogt, erfüllt feine Seele mit Bits terkeit, denn er zeigt ihm , daß er zu einem Schauſpiele ber empörendſten Art benußt wird ; er ſteht die Leute um den beſten Plaß ſich ſtreiten , hört robe Wige in ſeiner Umgebung, Gelächter und Scherze begleiten ihn auf ſeinem Todeswege, und - die Todesſtrafe , ſtatt von Begehung neuer Verbrechen abzuſchrecken , trägt nur dazu bei , der Robheit des Volkes neue Nahrung zu geben , aus dem Blute des Verbrechers ſprießt eine neue blutige Saat. Von den beiden Mördern , die am 3. Dezember zu Co loma gehängt wurden , war der Name des einen James Lo gall , der des andern William Lipſey . Man hat den Galgen an einem Hügel errichtet, um ja dem Publikum den Anblick zu erleidytern . Logan hatte einen Mann im Streite um einen Claim erſchoſſen . Er zeigte Muth bis zu ſeinem Ende. In ſeiner Anrede an das Volk behauptete er bis zuleßt, daß die That lediglich ein Akt der Selbſtvertheidigung geweſen, falſche Zeus genausſage habe ſeine Verurtheilung herbeigeführt. Er deu tete auf das Bild des gekreuzigten Heilandes auf der Bibel , die er in der Hand trug , und behauptete, er ſterbe unſchuldig , wie jener . Lipſey) war ein junger Mann aus guter Familie, den Irunk raſch in die Arme des Verbrechens geworfen . Er zit terte am ganzen Körper. Schon ſeit acht Tagen hatte er nichts genoſſen und ſah aus wie eine Leiche. Nachdem das Schauſpiel der Rede zu Ende war , fiel bie verhängnißvolle Klappe unter dem Gebete des Geiſtlichen , welches mitten in einer ſolchen Umgebung, mitten unter dem fannibaliſchen Ge lächter eines gefühlloſen Haufens wie Gottesläſterung flang, ein Hohn auf die Religion , wie der übrige Aft ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Beide Verbrecher fielen herab , aber

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durch ein , Accident" , welchem unmöglich war , zuvorzukoms men, wie die Blätter ganz gemüthlich ſagen , und wie ſie bei Eiſenbahn- und Dampfboot-Unglücken ſchon oft geſagt, brad der Strick bei beiden und beide fielen auf den Boden . Auf bie Zuſchauer hatte die Sache weiter keinen Einfluß, als daß ſte plößlich von ihren bequemen Sißen auf die Füße ſprangen . Logan riß feine Kappe herab , um zu ſehen , ob Lipſeyy auch heruntergefallen , ſprang auf ſeine Füße, die man ungebunden gelaſſen , um dem Volf das Schauſpiel der Convulſionen -nicht zu verkümmern , und ſtieg die verhängnißvolle Stiege zum zweiten Male hinan . Lipſety mußte hinaufgeſchleppt werden . Gott weiß es, murmelte er in herzbrechenden Tönen , ich bin kein Mörder von Herzen. Man wollte ihn erſt wieder ſich erholen laſſen, er aber bat, man möge der Qual dod; endlich ein Ende machen , da ſein Bewußtſein ihn verlaſſe. Das wirkte . Einen beſinnungsloſen Verbrecher zu hängen , hätte dem Schauſpiel Eintrag gethan . Logan verlangte die Zeit zu wiſſen. Man ſchob die Treppe zurück und zeigte ihm die Uhr. Ah, es feblen noch 20 Minuten an Zwei! murmelte er ; um 2 Uhr hätte ich dem Geſeke nach meine Freiheit verlangen fönnen . Das waren ſeine lebten Worte , ehe die Treppe fiel. Wir fragen Jeden , iſt eine ſolche Hinrichtung die Auß führung eines einfachen Todesurtheiles oder eine Lortur, fo ſchlimm, als die in den Zeiten des Mittelalters ? Man nehme dem Tod wenigſtens die Schrecken einer ſolchen Marter , die ben Unglücklichen durch eine achttägige Folterqual hindurch führt. Hat doch noch erſt voriges Jahr ein Henker in den Staaten ſein grauenvolles Amt verrichtet mit einer Maske vor dem Geſichte, gekleidet oder vielmehr maskirt als eine Geſtalt, wie das Volk gewöhnlich den Teufel darzuſtellen pflegt.

349 Ein ſkandalöſer Prozeß . Newark , 20. Dezember 54 . Gegenwärtig wird vor der Court ein Prozeß verhandelt, der ungebeures Aufſehen erregt , auch zu den ſchmußigften Prozeſſen gehört, die je vor einem Gerichtstribunal zur Vor lage gekommen ſind. Die Parteien ſind ein junger Mann und eine junge Dame, beide Amerikaner. Die leştere flagte auf 10,000 Doll. Schadenerſatz wegen Verführung, der Er ſtere auf Schadenerſaß wegen ſyphilitiſcher Anſteckung. Die Verhandlung iſt öffentlich, und der Gerichtsjaal iſt nicht im Stande, die Neugierigen alle zu faſſen. TN . - 9 . Demofrat.]

Ein ſchanderhafter Mord . Der „ Delaware State Reporter “ vom 25. Mai 1855 enthält einen ausführlichen Bericht über eine der größten Greuelthaten , die je verübt wurden. Ein Neger yon notoriſch ſchlechtem Charakter , Namens Georg Parfer , der ins Gefängniß geſperrt worden, war ents ſprungen, hatte ſich betrunken , ſich ein Gewehr verſchafft, war dann die Gegend auf und ab geſtrichen , Jedem , der ihm in den Wurf kam , Tod und Verderben drohend. Er verſuchte verſchiedene Perſonen zu erſchießen , verfehlte aber das Ziel, ward darauf von Mehreren verfolgt und flüchtete fid in fein Haus , nachdem er noch in aller Eile die Mobilien eines Nadybarn mit der Art zertrümmert hatte . Dies fand unge fähr 3 Meilen von Dover ſtatt. In ſeinem Hauſe angelangt , wo hinein zugleich 8 – 10 Mann brangen , ergriff er zwei ſeiner Kinder , wovon das eine 2 , das andere 4 Jahre alt, ſtellte ſich in ihre Mitte unb hielt ſein Gewehr dor ſich, Jeben, der ihn zu beläftigen ſuchen würde , mit Erſchießung bedrohend . In dieſer Stellung ſchnitt er ſeinen beiben Rin

350 dem die Reble von einem Ohr zum andern durch. Dann ſteckte er das Haus in Brand , ſchleuderte die Kinder in die Flammen und trat gleich darauf ſeinen Verfolgern , die ſich derzeit in Schußweite vom Hauſe befanden, gegenüber. Dieſe fchoffen, um fich ſeiner zu verſichern, nicht weniger als dreis mal auf ihn ; der lebte Schuß traf ihn ins Geſicht, zerriß ſeine Unterlippe und ſchlug ihm zwei bis drei Zähne aus. Seine Stirne gerade über dem linken Auge war arg zerſchmettert, und das ganze Geſicht mit Hagel gefüllt und mehr oder we niger verleßt. Als der leßte Schuß gefallen war , ſtürzte ſich Parfer wütbend auf den glücklichen Schüßen, Nameng Cole, und beide begannen mit einander zu ringen. Die Freunde Cole's eilten hinzu und es gelang ihnen nach vieler Mühe , das Scheuſal auf den Boden zu werfen und zu knebeln. În dieſein Augenblicke erſchienen der Deputy Scheriff Cooper und der Conſtabler Arthurs , und legten ihn in dimeres Giſen . Alles dies trug ſich vor 7 lihr Morgens zu. Parfer ward dann auf einen Karren gelegt und nach Dover gebracht, wo ſein Wuthgebrüll faſt die ganze Bevölkerung auf die Beine brachte. Es foftete der Polizei große Mühe , ihn in die Gefäng nißzelle zu bringen ; es ward dies nur dadurch ermöglicht, daß man ihm einen Strick um den Hals legte , und ihn ſo mit den Füßen nach Dben die Treppe hinab in den Kerker zog . Sein Widerſtand war ſo furchtbar, daß mehrere Poli zeibeamte porſchlugen, das Scheuſal auf der Stelle zu lynchen, und ſich feine weitere Mühe mit ihm zu machen . Parker iſt 6 Fuß hoch, wiegt 200 Pfund , iſt ſehr muskulös und ſo zähe wie eine Raße. Ehe er die beiden Kinder umbrachte, machte er auch einen verzweifelten Verſuch, ſeiner Frau und dem dritten Kinde das Leben zu nehmen ; ſte entkam aber mit dem Rinde auf dem Arm aus dem Hauſe.

351 Ein Neger lebendig verbrannt. Bei Gaſton , Sumter County , Staat Mifitilippi, wurde am 25. Mai 55 ein Neger, der dort einige Wochen vorher ein weißes Mädchen zu ſchånden verſucht unb , ba ihm bies nicht gelungen war, ſte ermordet hatte, von den Bürgern auf einem Scheiterhaufen, an demſelben Orte, wo das Verbredhjen begangen war , bei langſamem Feuer lebendig vers brannt ! Ein in der Nähe , im Drte Linden erſcheinendes Blatt , das den Namen Jefferſon's an ſeiner Spike trägt, ſchildert die ſcheußliche Unthat , die es natürlich vollkommen billigt, mit einer Wolluft , die dem Henkerøknechte eines Alba Ehre machen würde. Es verweilt mit wahrhaft kannibaliſcher Befriedigung bei der Beſchreibung der züngelnden Flammen, die den ſchwarzen Leib des Negers umſpielten , malt mit dias boliſcher Genauigkeit die gräßlicy verzerrten Geſichtszüge des Gemarterten , die faft einem Grinſen geglichen hätten , was bei den Umſtehenden große Heiterfeit hervorrief ; dann ichils dert es das gräßliche Tobesgeſchrei des Verbrennenden , den Geftank von verbranntem Fleiſche, der die Henfer aus der Nähe des Scheiterhaufens vertrieb , während das Geſchrei des Negers noch immer ertönte, und endlich den Anblick, welchen der zu Roble verwandelte Leichnam deſſelben darbot. Das Ganze ſchließt mit ſalbungsreichen moraliſchen Betrachtungen über die Gerechtigkeit der an dem Verbrecher verübten Wider Alles bas geſchah im Wonnemond des Jahres vergeltung. [ Buffalo Telegraph .] 1855 im Lande der Freiheit “ .

Mord eines Lehrers . Aus Pontotoc im Staate Mifflflippi wird das folgende Seitenſtück zu der Ermordung des Lehrers Butler in Louis ville burch den berüchtigten Mathew Ward , gemeldet. Ein Hr. Brown , Prinzipal der dortigen , Akademie" , hatte einen ſeiner Schüler, Wray mit Namen , gezüchtigt. Der Bruder

352 des Knaben erging ſich darauf in heftigen Drobungen gegen den Lehrer, von denen dieſer keine Notiz nahm . Am Mon tag den 11. Juni lauerte Wray , der Bruber des Knaben , dem Hrn . Brown auf, als derſelbe von der Schule nach ſeiner Wohnung ging und ſtürzte ſich über ihn. Es erfolgte eine Balgerei und die in der Nähe Stehenden glaubten, daß einige Beulen oder blaue Augen das ganze Ergebniß ſein würden, als ſie auf einmal Brown , mit der Hand nach ſeinem Unter leib faſſend zur Seite taumeln und nach wenigen Schritten todt zu Boden fallen faben . Man benierfte erſt jeßt , daß während des Ringens Wray dein Hrn. Brown zwei Stiche mit einem großen Bowiemeſſer in den Leib verfekt hatte. Der Mörder wurde augenblicklich verhaftet. Brown war ein allgemein geachteter Mann , er hinterläßt eine junge Frau, mit welcher er erſt ſeit wenigen Monaten verheirathet war. [ Buffalo Telegraph v. Juni 55. ]

Schurfiſch . St. Louis , 16. Juni 55 . Ein junger Mann , Namens Shal , kam vor einiger Zeit vom Oſten hier an , mit der Abſicht, nach Ranſas zu über ſtedeln. Da ihm indeſſen die Mittel ausgegangen waren und er hier keine Arbeit finden konnte , ließ er ſich bei der Ver. Staaten Armee anwerben . Er machte balb barauf ſeinem Vater darüber Mittheilung und dieſer wendete ſich an einen hieſigen Advokaten , deſſen Namen wir leider noch nicht ken nen , und beauftragte denſelben , die Freilaſſung ſeines Sohnes , óer noch minderjährig iſt, zu bewirken . Dem Vriefe waren 15 Dollars als Gebühren beigefügt. Der Abvokat ließ eine Habeas -Corpus -Akte ausſtellen , vermittelft welcher der junge Shal vor ben Law -Commiſſioner gebracht werben ſollte, ſchrieb aber zuvor an denſelben und bat ihn, in die Stadt zu kom men . Mit einem Urlaubſchein , für die Dauer von 24 Stun

353 den ausgeſtellt, fam der junge Mann auch wirklich zu dem Advokaten, der ihm noch weitere 10 Dol. abverlangte. Shal ſagte, er habe kein Geld und der Advokat ſuchte ihn zu übers reben , länger von den Jefferſon - Barracks wegzubleiben, als er Erlaubniß hätte , ſic; ſodann von einem Freund als Des ferteur wieder dorthin bringen zu laſſen und von den 30 Dollars, die für Einfangung eines Deſerteurs ausbezahlt wer den , die verlangten 10 Doll. herzugeben . Der junge Mann weigerte ſich dieſes zu thun, aber der Advokat hielt ihn unter allerlei Vorwänden dennoch über die Stunde auf, in welcher ſein Urlaub abgelaufen war, und ſchickte ihn ſodann wirklich als Deſerteur den Barracks , während zu ungefähr derſelben Zeit ein Beamter mit der Habeas Corpus Akte auf dem Wege dorthin war. Ehe der Beamte aber dort ankam, war Shal bereits auf einen Dämpfer gebracht und nach Leavenworth abgeſchickt. Dort wird ihm vor einem Kriegsgericht der Pro zeß als Deſerteur gemacht und , da die Offiziere wiſſen , daß er minderjährig iſt, folgender Strafe unterworfen werden : Sein Kopf wird geſchoren , der Buchſtabe D auf die Hüfte gebrannt , dem Rücken werden 50 Peitſchenhiebe aufgemeſſen und der unglückliche blutende Mann ſodann aus dein Lager getrommelt. Wir hoffen bald im Stande zu ſein , ben Na men des fauberen Advokaten zu veröffentlichen. [Anzeiger des Weſtens .]

Ein lebendiges Kind als Schweinefutter . Cincinnati , 30. Juni 55 . In dem Bahnzuge , der am Mittwoch nach Columbus abging , faß eine Frlänberin, welche ein in einen Shawl ges wickeltes Kind auf ihrem Schooße liegen hatte. An einem Stationsplaße zwiſchen Camden und Milforb ftieg ſie aus und kehrte etwa fünf Minuten ſpäter ohne Kind in den Wa gen zurück. Das Betragen der Frau und die Abweſenheit 25

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des Kindes erregten die Aufmerkſamkeit der Paſſagiere ; auf geeignete Anfrage nach dem Kinde gab die Frau eine auß weichende Antwort und ſuchte ſich überhaupt von den Leuten möglichſt fern zu halten . Der Zug wurde deßhalb nicht nur angehalten , ſondern auch nach obiger Station gebracht, die Paſſagiere ftiegen aus und eine Unterſuchung ergab, daß die Frau das Kind einer Heerde Schweine vorgeworfen hatte, welche das Kind bereits bis auf die Knochen verzehrt hatten. Die unmenſchliche Mutter wurde ſogleich verhaftet , man glaubt jedoch , daß ſie wahnſinnig iſt. [ Volksfreund .]

Schändliche Kuppelei . Buffalo , Juli 55 . Die Polizei verhaftete vorgeſtern Abend in einem übel berůdytigten Tanzhauſe in Flyſtr. mehrere Nymphen und unter dieſen ein junges Mädchen von 15 Jahren. Als ſie geſtern vor Richter Bidwell verhört wurden , gab dieſes junge Mädden ihren Namen als Bridget Callahan an und fügte hinzu , daß ſie vorgeſtern mit einem Kanalboote und in Begleitung einer Frau , welche auf dem Boote angeſtellt iſt, aus Nodheſter angekommen war . Dieſe Frau hatte ſie in Hocefter einges laden, mit ihr nach Buffalo zu fahren , und ihr verſprochen , ſte nach wenigen Lagen wieder nach Hauſe zurückzubringen. Hier angekommen hatte die Frau bas unerfahrene Mädchen ſofort nach jenem Hauſe geführt, aus welchem ſie glücklicher weiſe nach wenigen Stunden Aufenthalt durch die Polizei gerettet wurde. Sie verſprach ſofort wieder zu ihrer Mutter in Rocheſter zurückkehren zu wollen und wurde auf dieſes Verſprechen von Richter Bidwell entlaffen. [ Buff. Teleg . ]

Die Schandthat in Fort McHenry . Ueber den Morb des Schweizer Loup erfahren wir aus dein Baltimore „ Wecker“ folgendes Nähere :

355 Louis Loup , ſeit 10 Jahren Soldat in der Ver. Staa ten Armee und gegenwärtig in Fort McHenry , betrant ſich vorgeſtern Abend und erregte dadurch den Zorn ſeines Ser geanten fo febr, daß ihn dieſer nieberſchlug und ſehr graus fam mißhandelte. Er warf ihn dann ins Wachthaus unter die anderen Gefangenen , wo er ihn abermals aufs Unbarms herzigſte ſchlug , ſo daß eine große Blutlache da zurüchlieb, mo Loup gelegen hatte . Geſtern Morgen 1 Uhr ließ darauf Morow , denn dies ſes iſt der Name des Sergeanten , den Loup , welcher einen wahrhaft ſchauerlichen Anblick darbot und nicht ſtehen konnte, an den Flaggenſtab binden . Als des armen Loup Hände in die Höhe gebunden wur den , (drie er aufs Kläglichſte und in einer herzzerreißenden Weiſe: „ O Sergeant ! Sergeant ! Morow ! Morom ! laßt mich berunter !" aber ſein Jammern half ihm nichts . Die Wuth des rauſamen Sergeanten ließ ſich nicht beſänftigen. Er nahm einen Holzblock und ſteckte ihm denſelben in den Mund , um ihn zum Schweigen zu bringen. Der arme Soldat blieb ſo geknebelt und aufgefnüpft bis 3 Uhr Mor eine Leiche. gens ; als er heruntergenommen wurde, war er Loup war ein welſcher Schweizer von Herkunft und hatte und im Florida - und Merikaniſchen Kriege treu gedient bitter , bitter grämt es das Herz , zu vernehmen , daß er fo ſterben mußte . Nachídrift . - So eben hören wir, daß der Sergeant Morow verhaftet worden iſt. Er wird morgen ſchwören, daß er nur auf Befehl des Lieutenants Griffith gehandelt habe und daß dieſer ihm dann Geld angeboten habe, um zu deſer tiren . Der Squire ſagte einem Herrn unſerer Bekanntſchaft, er habe den Leichnam Loups geſehen, derſelbe ſei ſchwarz wie ein Neger , und es ſei ſeine Ueberzeugung, daß Loup bon Morom erwürgt worden ſei. Der Lieut. Griffith , welcher geſtern früh verhaftet werden ſollte, war nicht zu finden, und der Squire glaubte , derſelbe habe ſich nach Waſhington be geben . [ Wecker v. Juli 55.] 25 *

356 Granſenvoller Raubmord . Columbus , 24. Juli 55 . Das „ State Journal“ meldet : David Young , der In haber des notoriſchen El Dorado Hauſes wurde geſtern unter Anklage des Mordes verhaftet und unter Bürgſchaft geſtellt, um ſich vor dem Common Pleas Gerichte zu verantworten. Ein Weib, Namens Mary Eagle, ſagte aus, daß ſie im vo rigen Auguſt bei Young logirte . Damals ſabte Young mit zwei andern Männern, Namens Jocelyn und Read , die Treppe herauffommen und einen Fremden , der dort über nacitete, aus dem Bette ſchleifen. Die Drei ſchleppten den Unglücklichen die Treppe hinunter in das Hinterzimmer des Bars . Jocelyn hielt ſeinen Kopf zurück , während Young ihm die Keble durchſchnitt. Das Weib hörte das Sprudeln des Blutes . Sie erzäblte , baß Young ſpäter mit ihr über den Mord geſprochen und bekannt habe , daß er ihn verübt , um ſich in Beſiß von 180 Doll ., einer goldenen Uhr und Kette zu ſeßen , welche der Fremde bei ſich führte. Jocelyn iſt eben: falls verhaftet worden und ſieht ſeinem Verhöre entgegen .

Verſuchter Sohnesmord und vollführter Vatermord . Petersburg , Staat Virginien , 31. Juli 55 . In Dimwiddie ereignete ſich am vorigen Sonnabend ein fchauberhafter Vorfall. Ein Farmer, Namens T uder ID nes , hatte Tags zuvor einen Neger mit einer Fuhre Hafer nach Petersburg geſchickt und da derſelbe nicht zurückkam, ſo ward der Alte ärgerlich und ſchalt auf ſeinen Sohn Ben jamin . Wenn dieſer , meinte er , mitgefahren ſei , wie ihm geheißen worden , ſo würde der Neger ſchon wieder da ſein. Der Sohn giebt eine unverſchämte Antwort , die den Alten fo erbittert, daß er ſeine Sagoflinte ergreift und auf den Sohn anlegt. Eben als er losdrückt, ſchlägt die Mutter das Ges

357 wehr bei Seite und der Schuß geht durchs Fenfter. Als die Frau zum Hauſe hinaußläuft , um Hülfe zu holen , hört ſte hinter ſich einen Krach und als ſie ſich umblicft, ſieht ſie zu ihrem Entfeßen , daß der Sohn den Vater todt zu Boden geſchmettert hat. Er ward verhaftet und unter Kaution entlaſſen !! [ Buffalo Telegraph .]

Abfchenlich . Auburn , N. - 9 . , 9. Auguſt 55 . Unſere Stabt befindet ſich in nicht geringer Aufregung wegen eines ſchändlichen Verbrechens, das hier vor einiger Zeit von zwei Aerzten Namens Hamilton und Sands ford verübt, aber erſt jeßt an den Tag gekommen iſt, und es hätte heute wenig gefehlt, daß die Angeklagten vom Volke aus dem Gefängniſſe geholt und geluncht wurden . Das Vers brechen beſteht darin , daß die Aerzte einem jungen ſchönen Mädchen , Laura yan Hoofer , einen betäubenden Schlaf wahr trunf eingaben, ſte dann über Nacht behielten und nothzüchtigten. Das ſcheinlich zu wiederholten Malen Mädchen war auf die Office von Sanford gegangen , um eine Operation an ihrem Arme vornehmen zu laſſen . Alles Uebrige ergiebt ſich aus ihrer Zeugenausſage, beren weſentlichen In halt wir hier folgen laſſen : 11Als ich mich (am Nachmittag des 29. Juli) auf das Sopha niederſeşte , hatte ich meinen Hut auf und meinen weißen Crepeſbawl um . Als ich wieder zur Beſinnung kam , befand ich mich im Hinterzimmer auf einem Bett, es war da zwiſchen 7 und 8 Uhr Morgens ( 30. Juli) , ich fand mich allein ; fühlte heftige Sdymerzen , ſo daß ich kaum gehen konnte , hatte keine Kleidungsſtücke an , als mein Hemd und das war vorn heruntergeriſſen, meine Unterkleider lagen auf einem Stuhl vor dem Bett ; ich zog ſte an und wollte zur Shüre hinaus , fanb ſte aber verſchloſſen : ſeşte mich ans Fens fter, bis Sanford herein kam . Er frug mid ), wie ich fühle;

358 ich ſagte ihm , daß ich große Schmerzen hätte ; 'nach einigen andern Bemerkungen ſagte er : „ wenn ich meinen Eltern er zählte , wo ich die Nacht über geweſen ſei , würde er mich umbringen ; ich ſolle meiner Mutter ſagen , daß ich bei Mad. Young geſchlafen habe. “ Darauf antwortete ich , daß ſich dann meine Mutter dort erkundigen würde 2. Als ich mich angekleidet batte , bieß er mich warten , bis er nachgeſehen habe, ob jemand auf der Straße ſei; als dies nicht der Fall war, ließ er mich zur Thür hinaus. Ich empfand ſo heftige Schmerzen, daß ich nur mit größter Mühe ſchreiten konnte zc .“ Die Angeklagten itßen , wie angegeben , im Gefängniſſe. Am Freitag ſoll ein weiteres Verhör vorgenommen werden . [ Abendztg.]

Ein weiterer Bericht über den verſuchten Sohnes . und vollführten Vatermorð. In voriger Woche wurde Tucker Jones, der ungefähr acht Meilen vom Dimwibbie Courthaus (im Staat Ohio ) wohnte, von ſeinem eigenen Sohne ermordet. Die Veranlaſſung zu dieſer ſchauberhaften That war folgende: Jones batte Lago vorher einen Negerfnaben mit einer Ladung nach Petersburg geſchidt. Da der Knabe nicht zurückgekehrt war , und der alte Mann beßhalb in banger Beſorgniß ichwebte, machte er ſeinem Sohne Benjamin Vorwürfe und ſagte, daß er Schulb an des Knaben Ausbleiben ſei , denn wenn er ihn begleitet hätte, wie er (der Vater) ihm befohlen, würde derſelbe wieder ba fein . Der Sohn gab hierauf dem Vater ſolche grobe Antwort, daß Leßterer eine Flinte ergriff, um den ungera thenen Sohn niederzuſchießen , allein die Mutter vereitelte dies fen Schuß , indem ſie mit ibrer Hand dem Gewehre eine andere Richtung gab , ſo baß die Labung in ein anſtoßendes Fenſter fuhr. Während nun die Mutter aus dem Hauſe eilte, um Hülfe zu rufen, hörte ſte hinter ſich ein Geräuſch und als ſte ſich umblidte , fab ſte ihren Gatten leblog auf der

359 Hausflur liegen , gemordet von der Hand ſeines eigenen Sob Der Vatermörder wurde verhaftet, aber gegen Bürg nes . ſchaft entlaſſen , worauf er ſich flû di tete. [Abendztg. v . Auguft 55.).

Schauerlicher Mord . D8wego, 30. Auguſt 55 . Geſtern Nacht wurde in North Sterling , ungefähr 9, Meilen von Déwego, ein fürchterlicher Mord verübt. Ein Mann , Namens Fißgerald , wurde nebſt ſeinem Weibe ermordet und ichrecklich verſtümmelt im Bette auſge funden . Ihr kleiner Sohn , der in demſelben Zimmer ſchlief, Lebte noch, aber ſtarb bald darauf. Es iſt leider kaum zu zweifeln , daß der eigene Sohn der Grmorbeten , Namens John , die grauſige That vouführte. Er war vor Kurzem wegen Pferdediebſtahl verhaftet geweſen und batte gedroht, ſeinen Vater zu tödten . Geſtern hatte er mit ſeiner Mutter Streit. Er wurde verhaftet und erklärte , der Morb ſei von einem Neger verübt worden . Ein anderer Sohn der Ermordeten , welcher in einem an deren Theile des Hauſes ſchlief, wurde durch den Hülferuf des Knaben aufgeweckt und machte Lärm. Als er in, das Schlafzimmer ſeiner Eltern eilte , fand er John in demſelben mit Blut bedeckt und die Eltern und den jüngeren Bruder ermordet. Buffalo Telegraph .]

Vater:, Mutter : und Brudermord . Wir theilten vor einigen Tagen eine telegraphiſche Nach richt aus D& wego, N.-»., über die Ermordung des Ehepaare Fißgerald und ihres jüngſten Sohnes durch den zweiten Sohn John Fißgerald mit. Die Dswego , Times " berichtet folgende náhere Zuftände dieſes ideußlichen Verbrechens :

360 Die Familie Fingerald wohnt ungefähr 20 Meilen von dieſer Stadt und anderthalb Meilen von der Poftftation Ster ling . Sie beſtand aus Mark und Mary Fißgerald und ihren Söhnen Patrick, John und James , 22 , 18 und 14 Jahre alt. John war vor einigen Wochen wegen Pferbediebſtahls zu Auburn im Unterſuchungsgefängniß und wurde erſt kürz lich in Freiheit geſeßt, indem ſein Vater für ibn 100 Dou. bezahlte, die er von einem Nachbar geborgt hatte. Am 27. Mai wurde ein Sohn Fißgeralds begraben . Bei dieſer Ges legenheit weigerte ſich John, an dem Leichenbegängniſfe ſeines Bruders Theil zu nehmen , machte ſich über die religiöſen Ceremonien luſtig (die Eltern ſind nämlich Katholiken) und ſagte, er würde das Kreuz vom Sarge ichießen, wenn er eine Flinte hätte . Sein Vater war darüber ſehr ungehalten und ſtellte ihn zur Rebe. Seit jener Zeit zeigte John einen un auslöſchlichen Haß gegen ſeine Eltern und zeigte ſich in ſei nem Betragen gegen dieſelben immer feindſeliger. Schon vor einer Woche machte er nach ſeiner eigenen Ausſage den Ver ſuch , ſie mit Strychnin zu vergiften ; woran dieſer Verſuch ſcheiterte, konnte man bis jeßt nicht ausfinden . Am Mittwoch Abend ſtritt er ſich mit ſeiner Mutter und zog ſich unter allerlei Drohungen in die Küche zurück, wo er ſich auf den nackten Boden ſchlafen legte. Die Eltern und der jüngſte Sohn ſchliefen im Zimmer des Erdgeſchoſſes und Patrick, der älteſte Sohn , in einem Anbaue, der durch die Rüche bom erwähnten Zimmer getrennt iſt. Um drei Uhr hörte Patrick ein dumpfes Geräuſch und bald darauf die webklagende Stimme ſeines jüngſten Bruders. &r ſtand ſogleid auf und eilte nach dem Schlafzimmer ſeiner In der Küche ſah er john aus dem Zimmer tre Eltern . ten, der ihm ſagte, daß „ ein Mann da drinnen Unheil an richte“ . Da Patrick die Zimmerthüre von Innen verſchloſſen fant, ſo hielt er ſogleich ſeinen Bruder für den Schuldigen, er die Leichen erblickte, und lief zu einem Nachbar Na mens D'Neil, um Hülfe herbeizubolen. A18 er mit D'Neil ins Haus zurückkehrte , traf er John

361 auf der Straße, der ihm ſagte , er wolle die beiden Neger verfolgen , die eben aus dem Hauſe dem Walde zugelaufen wären . Patrick holte dann noch einige Nachbarn und Dr. Prondfit herbei , ber jedoch keine Hülfe mehr zu leiſten im Stande war. Im 9 Uhr erſchien Friedensrichter Lilford, der John ver haften und in Eiſen legen ließ , worauf er den Coronerg Inqueſt begann . Der Hauptzeuge war Patrick, der die oben berichteten Beſtände mit dem Beifügen erzählte , John habe ſchon öfter gedroht, ſeinen Vater zu ermorden , wenn er mit ibm Streit hatte . Dr. Bronbfit theilte der Jury das Ergeb niß der Leichenſchau mit. Nach der Beendigung der Unter ſuchung ließ der Coroner den Gefangenen rufen , der dann freiwillig das Geſtändniß ablegte, daß er Vater, Mutter und ſeinen Bruder James um 3 Uhr mit einer Art ermordet babe . Als Beweggrund gab er an, daß er ſeit dem Leichen begängniß ſeines dritten Bruders ſchlecht behandelt worden ſei. Auf dieſe Frage, ob noch eine andere Perſon ſeine Ab ficht gekannt habe , ſagte er Ja , weigerte ſich aber, dieſe Per ſon zu nennen . [ Buffalo Demokrat v . Septbr. 55.]

Ein weiblicher Teufel. Neu - Drlean , 7. September 55 . Die ,, Crescent City " ſchreibt : In dem Boardinghauſe der Mrs. Brown an der Gcfe der Canal und Bourbon Str., wohnte ein altes Frauenzimmer, Namens Sheldon , die an der Schwindſucht leidend, arm und verlaſſen war, uni ndlich auch von der Wirthin, der ſte bereits eine beträchtliche Summe ſchuldete, aufgefordert wurde , ihr Haus zu verlaſſen . Das geſchah legten Montag. Das alte Frauenzimmer gerieth über dieſe Aufforderung in Wuth und ſchwor ihrer Wirthin Rache. Am Abend deſſelben Tages ließ ſie von ihrer Krankenwär rin, einer Frländerin , eine Quantität Camphene holen und ſchüttete denſelben in eine Höblung des Fußbodens . A18 fie

362 darauf die etwas über 3 Jahre alte Tochter der Mrs. Brown im Vorzimmer hörte, rief ſie ihr zu : Mars, fomm berein, ich habe Ruchen für dich .“ Mary kam ganz arglos herbei getrippelt, worauf die alte Here ben Camphene mit einem Lidt anzündete, Mary ergriff und in die Flamme warf. Als darauf das kleine Mädchen, ganz in Flammen eingehüllt, mit ihrem Schmerzenſchrei das Haus erfüllte, nahm ſie daſſelbe, warf es in das Vorderzimmer und wankte dann ihrem Bette zu. Zeugen dieſes furchtbaren Aftes waren das Dienſtmädchen, die erſchreckt ſofort die Flucht ergriff, und ein kleiner Wai ſenknabe von 7 Jahren, Namens Georg , der ſich im Vor zimmer aufhielt und die Geiſtesgegenwart hatte , die kleine Mary auf dem Boden herumzurollen und die Flammen zu erſticken. Das kleine Mädchen litt furchtbar, bis es Dienſtag Nachmittag ſtarb ; Mittwoch früh fand die Beerdingung ftatt. Mrs. Brown hatte bei der heftigen Gemüthserſchütterung , die ihr durch dieſe entſeßliche That beigebracht wurde, ganz vergeſſen , den Coroner zu rufen. Die alte Here hatte ſich ſofort nach Begehung der teufliſchen That in ein anderes Boardinghaus tragen laſſen. Ihre Krankheit iſt ſo weit vors gerückt, daß eine gerichtliche Verfolgung faſt unmöglich iſt, und wohl der Tod die Arbeit übernehmen wird , ſie in we nigen Tagen von der Erde zu entfernen .

Wahrſcheinlicher Mord im St. Nicholashotel. New York , 17. Septbr. 55 . Am Samſtag Abend , zwiſchen 7 und 8 Uhr, ereignete fich in dem „ faſhionableſten " Hotel der Metropolis, dem St. Nidolashotel , ein Seitenſtück zu der Affaire , beren Opfer Colonel Loring geworden iſt. Capitän Wright , der früs her in Teras wohnte, wollte einen Hrn . R. S. Dean yon Baltimore mit einem Ochſenziemer ſchlagen – eine Beſchim pfung, welcher Dean mit zwei Dolchſtichen zuvorkam , an pel

363 chen Capt. Wright wahrſcheinlich ſterben wirb . Man erfährt über die Veranlaſſung zu der blutigen Affaire, welche nur wenige Minuten gedauert, folgendes Nähere : Capt . Wright trat in vorigen Jahre mit Dean in Ge ſchäftsverbindung , und Beide fauften von der Firina Rickets und Whitney), Baltimore , den Dämpfer „ Jeweiß " . Capitän Wright war der Erfinder eines neu konſtruirten Schaufelra des , auf welches er ein Patent bekommen hatte und welches er an ſeinem Dampfboot in Anwendung brachte. Nachdem bie Jeweg " mehrere Fahrten zwiſchen New Orleans gemacht hatte, ſtrandete fie – dies geſchah im verfloſſenen Oktober – bei Sandy Hook und ward dergeſtalt beſdädigt, daß man ſich ihrer ſeitdem nicht wieder bedient hat. Infolge dieſes Unfalls und über andere Geſchäftsangelegenheiten fam es zwiſchen Wright und Dean zu einem vollſtändigen Brudy. Wright beſchuldigte Dean , daß dieſer ſeine Zahlungen nicht prompt gemacht babe, während Dean die Beſchuldigung verbreitete, daß der Capitän ein werthvolles Silberſervice von dem Däm pfer heimlich weggenommen habe . Als der Capitän von dies fer Beſchuldigung hörte, forderte er Dean auf , entweder für das, was er geſagt, Beweiſe beizubringen , oder aber es öffent lich zurückzunehmen. Dean ſagte, er habe die Beſchuldigung von einer dritten Perſon vernommen ; der Capitän beſtand barauf, daß Dean den Urheber des Gerüchtes nenne ein Verlangen, dem Dean nicht entſprach. Am verfloſſenen Samſtag Abend trafen ſte in dem Schenk zimmer des St. Nicholas Hotels auf eine zwiſchen Beiden vorher ſtattgefundene Verabredung hin zuſammen . Beide wa ren von Freunden begleitet. Wright unterhielt ſich eine Weile anſcheinend in freundſchaftlicher Weiſe mit Dean ; endlich aber forderte er ibn auf ſeine ehrenrübrigen Angaben auf der Stelle öffentlich zurückzunehmen, und drohte , ihn im Weige rungsfall zu züchtigen . Dean weigerte fich , dem Verlangen Wrights zu entſprechen . Darüber entrüſtet, ſprang der Ca pitän auf ibn zu und ſchwang einen Dchſenziemer, doch noch ehe der Schlag gefallen war, wurde Wright von einem Freunde

364 Deans , Namens Montgomery , von hinten gepackt unb fefts gehalten . In demſelben Augenblicke zog Dean ein langes Dolchmeſſer , ſtieß es bem Capitän mit Bligesſchnelle in die Seite und dann in den Unterleib ; dann holte er aus , ſeinem Gegner einen dritten Stich zu verſeken, doch mittler weile hatte ſich der Polizeilieutenant Stage , der zufällig im Hotel anweſend und auf den Lärm in das Schenkzimmer ge eilt war , von hinten herbeigeſchlichen und , den Wüthenden an beiden Armen faſſend, verhinderte er ihn an weitern Ges waltthätigkeiten. Während Dean von dem Polizeibeamten beim Arm gepackt und zurückgeriſſen wurde, verwundete er ſich ſelber an der Seite , jeboch nicht gefährlic ). Die ganze Affaire hatte wenige Augenblicke gewährt und Alles folgte ſo ſchnell auf einander, daß nur wenige von den zahlreichen im Schenfzimmer anweſenden Gäſten Etwas ge wahr wurden . Nachdem die Affaire bekannt wurde, entſtand im Hotel eine ungeheure Aufregung. Wright ging mit feftem Schritte noch eine Weile im Zimmer auf und ab ; doch das Blut ſtrömte ſo reichlich aus ſeinen Wunden , daß er bald ſchwankte und ſeinen Freunden in die Arme fiel, welche ihn ſodann auf ſein Zimmer brachten . Dean und Montgomery wurden verhaftet, nadı ihren Zimmern gebracht und dort be wacht. Die inzwiſchen herbeigerufenen Aerzte erklärten Wrights Wunden für tödtlich. Der Capitän hörte dies mit Gleich muth an , ſpracy rubig und mit Fefter Stimme während der folgenden Nacht über den Vorfall und machte über die Ur fache des Streites umfaſſende Angaben . Verfloſſene Nacht um 12 uhr lebte er noch , doch war fein Zuſtand bereits ein folcher, daß die Aerzte alle Hoffnung , ihn zu retten , aufges ben . Wright war früher Marineoffizier und zeichnete ſich in dem merikaniſchen Kriege aus . Gr ift 35 Jahre alt und hat eine Frau, aber keine Kinder . [Abendz .]

365 Ein ſcheußliches Verbrechen aus Geldſucht. Richmond , Virg . ,

16. Oktbr. 55 .

Vorigen Freitag febrte ein dem Herrn Jeſſe Williams hierſelbſt gehörender Nieger, Namens Bayliß , der ſeit eini gen Tagen vermißt wurde , in großer Aufregung zu ſeinem Herrn zurüd und berichtete den folgenden ſchrecklichen Vors gang : Er und ein Sklave Namens Garter waren von einem weißen Mann beredet worden , ſich durch ihn nach einem freien Staat ſchaffen zu laſſen , wofür jeder ihm 73 Dull. zahlen ſollte. Am Dienſtag Abend trafen ſie mit ihm nach vor gängiger Verabredung an der Ecke der 12. und Bankſtreet zuſammen und wurden nach einem großen Gebäude in Main ſtreet geführt, wo der „ Befreier“ ein Zimmer für ſie in Be reitſchaft geſegt batte . Am Lage , wo der Weiße, deſſen Name, wie ſich ſpäter ergab , Francis Aubourine war , ſid, ents fernte , ſchloß er die beiden Reger ſorgfältig ein . Carter hätte ihm bereits den bedungenen Lohn ausbezahlt, Bayliß erſt wenige Thaler. Am Donnerſtag Abend flagte Carter, daß er ſich unwohl fühle und bat Aubourine, ibm etras Arznei zu holen . Aubourine ging weg und kam mit einer Mirtur wieder, die er dem Kranken eingab. Faſt unmittelbar darauf verfiel dieſer in Zuckungen und ſtarb. Aubourine befahl jeßt dem Bayliß , daß er ihm helfe , den Leichnam nach dem Keller zu ſchaffen. Dort nahm der Mörder ein großes Meß germeſſer und zerſchnitt den todten Körper auf ſchreckliche Weiſe . Tags darauf holte er Hace und Spaten und ließ von Bayliß im Keller ein Loch graben , worin er den vers ſtümmelten Leichnam verſcharrte. Bayliß , außer ſich vor Angſt über alles dies , fragte ihn , weßwegen er Carter um gebracht habe ? Aubourine antwortete ganz gleidımüthig , er habe ihn nicht recht leiden können , aber was ihn ( Bayliß) betreffe, ſo wolle er ihm wohl und werde ihm im Norden eine ſchöne Stelle verſchaffen. Das befriedigte dieſen freilich nicht und da am folgenden Abend ſein Wächter beim Aus geben zufällig den Schlüſſel ſtecken ließ, ſo fdlich er ſich in

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366 bag untere (zweite) Stocwerk hinab, ſprang aus dem Fenſter auf die Straße und eilte zu ſeinem Herrn. Der machte ungeſäumt Anzeige bei der Polizei und meh rere handfeſte Offizianten begaben ſich mit Bayliſ nad; dem von ihm bezeichneten Hauſe, wo ſte Alles ſo fanden , wie er es beſchrieben . Sie gingen in den Keller hinab , wo ſie einen mit Blut befleckten Spaten fanden ; damit grüben ſie nach und fanden bald den abgeſchnittenen Arm eines Mulatten . Jeßt überzeugt, daß Alles ſich ſo verhalte, wie Bayliß geſagt, lauerten ſie dem Mörder auf. Spät Abends ſah man ihn in den Hausgang eintreten . Die Wächter bolten erſt einige Verſtärkung berbei , inzwiſden aber mochte Aubourine Wind bekommen haben und hatte ſich verſteckt. Nach einigem Suchen fand man ihn in einem Kohlenſchuppen auf dem anſtoßenden Grundſtück . Als die Poliziſten eindrangen , drückte er auf den Vor derſten ein Piſtol ab , zum Glück aber verſagte das Zünds hütchen. Die Poliziſten fielen jeßt über ihn her , entriſſen ihm das Piſtol und ein großes Meſſer, das er in der Hand batte . Während des Ringens blies er aus ſeinem Munde dem Poliziſten Gil ein feines ſcharfes Pulver ins Geſicht, das , wie ſich ſpäter herausſtellte , Strychnin , eines der tödts lichſten Gifte war. Man bemächtigte ſich ſeiner und brachte ihn nach dem Stationshauſe. Unterwegs geſtand die Gr: morbung Carters ein . Im Gefängniſſe angelangt, verfiel er bald in Zuckungen und war, ehe noch ärztliche Hülfe berbei geholt werden konnte, eine Leiche. Er hatte , wie ſpäter die Section ergab , eine bedeutende Doſis Strydhnin genommen . Aubourine war ein Holzbildhauer ſeines Gewerbes , und erſt vor wenigen Wochen von Neu - Yorf hier angekommen . Sonſt weiß man gar nichts Näheres über ihn . Zu dem ſcheuflichen Verbrechen, das er beging, ſcheint er keinen weis teren Beweggrund gehabt zu haben , als bas Verlangen, ſich in den Beſig des Goldes ſeiner Opfer zu feßen. [ Buffalo Telegraph .]

367 Ein Bankier erſchoſien . Milwaufie, 17. Oftbr. 55 . Geſtern Nachmittag wurde der Banfier Hermann Adams, Theilhaber der wohlbekannten Firma Papendick u . Co. , durch einen deutſchen Zimmerinann, Namens Johann Feiner , er ſchoſſen . Es iſt die alte Geſchichte, die in Californien öfters vorgekommen iſt. Feiner hatte ſeine ſauer mit harter Arbeit erſparten Sparpfennige ( 147 Dod . ) auf der Bank von Adams und Papendick deponirt , dieſe fallirte, und Feiner , der ſein Geld wieder verlangte, ſollte als rober ungeſchliffener Menſch, der Nichts vom business ( Geſchäft) verſtehe, per Polizei zur Thüre bin ausgeworfen werden . Gr drohte, Denženigen, ber die Polizei holen wolle , niederzuſchießen ; Adams fehrte ſich nicht daran , ging nach der Thüre zu und Feiner that, wie er gedroht. Darauf ließ er ſich ruhig verhaften. Heute trat eine Coronersjury zuſammen und erkannte Feiner des vorſäßlichen Mordes für ſchuldig. Daß ihm , dem armen Arbeiter, ſeine paar Sparpfennige, deren er jept, wo er nur 2 Doll. per Woche verdiente , zu Grhaltung ſeiner Familie bedurfte, zu Waſſer gemacht waren , daß ließ man natürlich nicht als Provokation gelten . [ Buffalo Telegraph . ]

Aus dem

vornehmen Yankeeleben .

Buffalo , Jenner 56 . Der heutige „ Expreß " theilt mit den gebräulichen Aus brüchen der Entrüſtung folgende tragiſche Begebenheit aus dem faſhionabeln Yankeeleben mit : „ Vor einiger Zeit heirathete die Tochter eines unſerer achtbarſtea Bürger einen Mann, weldien man für ſehr „ re ſpekta bel " bielt. Das Ehepaar zog nach einer fernen Stadt und kehrte leßtes Frühjahr zu einem Beſuche bei den Eltern der Frau zurück. Legtere hatte eine jüngere Schweſter , ein ſchönes Mädchen von 17 Jahren , für welches im Gemahl

368 ibrer Schweſter eine leidenſchaftliche Neigung entbrannte . Leß terer ſchlug feinen Eltern und Frau vor, eine Reiſe nach den Fällen und Canada zu machen . Da bie jüngere Lochter kränklich war , ſollte dieſe allein zurückbleiben . Als Alles zur Abreiſe fertig war, fiel es dem Schwiegerſohn ein , daß er noch etwas in der Stadt zu beſorgen habe ; er bat ſeine Sdwiegereltern und Frau idon abzufahren , er wolle bald nachfolgen . Nach Abreiſe der Familie ging der Verführer in das Zimmer ſeiner Franken Schwägerin , überhäufte dieſelbe mit ,,brüderlichen " Liebloſungen und gab ihr ſtatt der verſchries benen Medicin eine Quantität Morphine ein. Als das bes täubende Medicament ſeine Wirkung äußerte, vollbrachte der Böſewicht die beabſichtigte Schanbthat . Später reiſte derſelbe wieder ab und jegt hat das unglück liche Mädchen in Folge jener Schandthat ein Kind zur Welt geboren .“

Luſtige Vorbereitung zum Galgen . In Lafayette , Indiana, wurden am vorigen Montag bie Raubmörder Rice und Driskill , die am 24. Mai 1855 den deutſchen Farmer Fährenbach umgebracht hatten , und Stocking, der am 8. Januar v . I. einen gewiſſen John Roſe ermorbete, burc den Strang hingerichtet. Um 12 uhr nahmen ſie ihr Armeſündermahl zu ſich. Darauf wuſchen ſie ſich und kleideten ſich an . Sie hätten ihre Toilette nicht mit größerer Sorgfalt und Kaltblütigkeit machen können , wenn ſie zu einem Balle gegangen wären . Driskill rief während des Waſchens Jemanden durchs Fenſter zu : er puķe ſich eben ſauber und die Sadye könne bald los gehn . Als Rice fein Hemd anzog , bemerkte er, daß ein Knopf daran Fehle. Driskill ſagte ihin, er ſolle einen neuen annä hen . Nice entgegnete, es ſei dazu keine Zeit mehr. „ Warum denn nicht ?" war die Antwort Driskills, wir haben ja noch

369 eine ganze Stunde vor uns. " Dann macht er ſeinem Genoj ſen Complimente: „ Sterl “, ſagte er , „ Du Febft verbammt nobel aus, wie geleckt!" Stoding ſprach nichts, legte aber in ſeinem Benehmen ebenfalls große Ruhe und Gelaſſenheit an den Tag . Ehe er zum Galgen ging , verſchenkte er noch ſeine Kleidungsſtücke und ſonſtige Effekten an andere Gefans gene. Auf dem Gang zum Schaffot ſchüttelte Rice noch mehreren ihm bekannten Zuſdauern, beren nur einige breißig zugelaſſen waren , die Hände mit einem munteren How do you do, gentlemen ?" * ) Auf dem Schaffot angelangt, erklärte Stoding noch ein mal in feierlichem Lone und unter eiblicher Betheuerung, baß er ben ihm zur Laſt gelegten Morb nicht begangen habe und nur durch die Ausſagen meineidiger Zeugen ins Unglück ge bracht ſei. Nice leugnete zwar nicht , daß er bei der Ers morbung Fährenbach's zugegen geweſen ſei , behauptete aber, daß ſeine Genoſſen den Mord verübt hätten und er keinen Antheil daran gehabt habe. Dristill beſtätigte bas . Ade Drei ſtarben leicht. Stocking und Driskid brachen im Fall das Genid und Rice war nach wenigen ſchwachen Zuckungen todt. Rice war ein Gerber, 27 Jahre alt ; Driskiu, 23 Jahre alt , war aus Harrieburg in Pennſylvanien gebürtig und Stoding, 50 Jahre alt, aus New - York. [ Buff. Dem . v . 14. Jenner 56. ]

Zwei Scheuſale . Gine ſchreckliche Gewaltthat wurde in Sibneg , Shelby County , O. , verübt. Zwei Schurken , Namens Alerander Conſelbor und John Rupert begaben ſich leßten Freitag in das Haus der Wittwe Hinkle , die mit ihren Töchtern, bon denen die jüngfte zwölf oder vierzehn Jahre alt iſt, allein barin wohnte. Nachdem ſte die Frau und die älteſte Lochter

*) Wie befinden Sie fich , meine Herren ? 26

370 gewaltſam entebrt hatten , machten ſie ſich auch über die jüngſte her, und gebrauchten ein Meſſer, um ihre teufliſche That zu vollbringen . Die Mutter, um ihr Kind zu retten, ſuchte es gegen die Teufel in Menſchengeſtalt zu ſchüßen , allein ſie wurde niedergeſchlagen und ſo ſcheußlich mißhandelt, daß man an ihrem Aufkommen zweifelt. Nach bollbrachter That Dem Gerichtsdiener Sfiller entfernten ſich die Scheufale. von Shelby gelang es, Rupert in Piqua in Verhaft zu neh men , und Herr Broadwell fing Conſelbor auf ſeinem Weg nach Cincinnati auf. Conſeldor geſtand ſogleich ſein Ver brechen . [N. - 9. Staatsztg v . 4. Auguſt 56.]

Ein paar Züge aus dem Alltäglichen des Neu-Yorker Stadtlebens . Eine Iragödie . Frau Catharine Schwarz , welche am Montag der verfloſſenen Woche von ihrem Manne ſchred lich verwundet ward, ſtarb am Dienſtag im Neu- York -Hoſpi tal an ihren Verlegungen . Der Mann hatte geglaubt , daß ſeine Frau mit einem benachbarten Grocer vertrauten Umgang habe. Nachbem er ſeine Frau zu Boden geſtreckt hatte, eilte er hinweg . Mehrere Lage ſpäter fand man ſeine Leiche im Waſſer; er hatte ſich, vermuthlich in dem Glauben, er habe ſeine Frau auf der Stelle getödtet, ertränkt. Die Grmordete war in Deutſchland geboren und 35 Jahre alt. Selbſtmordverſuch . John 6. Livingſton , bon Columbia Co. , N.-Y. , wo ſeine Familie wohnt, ſprang Mon tag Nachts am Fuße der 54. Str. in den Hudſon . Zwei Männer , die ihn hatten ins Waſſer ſpringen feben , eilten ſofort in einem Boote zur Rettung des Unglücklichen herbei und es gelang ihnen, den Mann aus dem Waſſer zu ziehen, trofdem fich derſelbe zur Wehre ſeşte und ſich nicht retten laffen wollte. Auf dem Stationshauſe angekommen, erklärte

371 er, daß er bei der nächften Gelegenheit wiederholt ins Waſſer ſpringen werde, da er das Leben nicht länger ertragen könne. Räuberiſche Nymphen . Ein Landmann , Th. Fars rell mit Namen , der in Nr. 116 Mulberryſtr. logirt, wurde Montag Nachte, während er eine Lour durch die Five Points machte, von einer der in dieſer flaſítſchen Gegend herumſchwär menden Nymphen angerebet. Kaum war ſie wenige Schritte an ſeiner Seite gegangen , ſo riß ſte plößlich ihrem Begleiter die Halebinde ab und lief davon . Farell verfolgte ſte und es gelang ihm , die Dirne einzuholen , als dieſelbe ſich eben in ein ſchmußig und verdächtig ausſehendes Gebäude flüchten wollte. Die Nymphe ſcrie um Hülfe und ſofort ftürzten drei andere Frauenzimmer aus dem Hauſe. Farrell wurde angefallen, niedergeſchlagen und ſchließlich um 100 Doll. in Banknoten beraubt. Dann ließen die Dirnen ihn laufen . Der „ geſchlagene Mann " wandte ſich nun an die Polizei und beranlaßte die Verhaftung von drei der räuberiſchen Dirnen . Dieſelben gaben Kate und Sarah McNulty und Anna Hart als ihre Namen an. Richter Conoll beſtimmte das Trio zur Kriminalunterſuchung. Morbangriff. An der Ecke der 7. Avenue unb 27. Straße hatte am Montag Abend eine blutige Rauferei Statt, in welcher ein Mann , Namens Rebden , von einem iriſchen Hanbarbeiter , Namens George Foot , durch einen Schlag mit einem dicken Knüppel an dem Hirnſchädel dergeftalt vers leßt ward, daß die Aerzte keine Hoffnung haben, ihn zu rets ten . Der Thäter machte einen Verſuch zu entfliehen , wurde

jedoch nach einer langen Heßiago endlich eingeholt und ins Rebben befindet fich im New - Vorfer Gefängniß gebracht. Hoſpital. General - Aſſiſen u. ſ. w . , u . ſ. w. [ Abendzu vom 6. Augft. 56.]

26 *

372

IV .

Polizei .

Republikaniſche Humanität, Neu - York , 13. April 52 . Unfeftritten muß in einer wahrbaft demokratiſchen Repu : blik der oberſte Grundſaß Humanität ſein. In europäi fchen Ländern übt die Polizei maßloſe Brutalitäten gegen Diejenigen aus , welche ihr , mit Recht oder Unrecht, in die Hände fallen. Db dieſes aber in Amerika ſo ſein darf oder fo ſein ſollte, iſt eine Frage, welche wir durch die öffentliche Preffe gerne abgehandelt haben möchten . — Beiſpiele erläu tern die Sache am beſten . Vor etwa 4 Wochen ſeßte ſich ein betrunkener Jrländer in der Bowery vor einem Hauſe nieder. Er war beſtimmt kein erklärter Temperenzler , da er ſich in betrunkenem Zu ftande befand, aber mit dieſem und der ganzen Welt ſo im Frieden lebte, daß er ganz vergnügt zu ſingen anfing. Nur Kopf und Beine veriveigerten ihren regelmäßigen Dienſt. Nebſt vielen Zuſchauern , die ſich über die Zufriedenheit des Mannes freuten , fand ſich auch ein Polizeimann ein, welcher mit Andern verſuchte , dieſen wankenden Menſchen , da es ziemlich kalt war, fortzuſchaffen . Nicht nur ſeine Un = fähigkeit zum Gehen fühlend , ſondern auch entſchloſſen, ſeiner Luft zu genügen, war er nicht leicht in die Höhe zu bringen . Da gebrauchte der Mann der Gewalt ein Mittel , das mir ießt noch die Haut ſchaubern macht. Er pacte am hinteren Cheil des Kopfes ein Bündel Haare und riß e mit ſolcher Gewalt heraus, daß der Betrunkene in die Höhe fuhr , aber auch wie ein Kind vor Schmerz anfing zu weinen . Nachdem dieſes Mittel etwa zehnmal wiederholt und der ganze Umkreis mit Haaren bebeckt war, blieb der Gequälte ruhig in ſeinen Schmerzen fißen .

-373 Ale weiteren Folgerungen überlaffen wir jedem Pernünf tigen Leſer. Vor einigen Tagen ſah ich einem ganz ähnlichen Auftritt in der 9. Avenue zu , woſelbft ebenfalls auf eine ſolche brus tale Weiſe mit einem Betrunkenen uingegangen wurde. Mehrere ſolche Heldenthaten , welche aber offenbare Ge walt- oder Unthaten ſind, fönnten mitgetheilt werden ; wir wollen aber vorerft abwarten , ob nicht ein Semperenzbelt ber Anſicht iſt, daß dieſen Wein- und Brandy -Abgöttereien ganz redit geſchebe. [ N. - 9 . Abendz.]

Die Polizei und die Rowdies. ) Philadelphia , 7. September 52 . Die vergangene Samſtag Nacht und der Sonntag wurde von den Feuerleuten auf ihre nun ſchon ſeit Jahren praktis zirte Weiſe gefeiert. Falſcher und wirklicher Feuerlärm , Raus fereien, Geprügel mit allen Arten von Waffen und Geſchoſſen wechſelten mit einander ab, bis endlich die Sache ein glüd liches oder unglüdliches Ende nahm ; ein glüdliches, weil der beſtändige und unausftebliche Lärm aufhörte, - ein unglüds liches , weil ſich ein Polizeidiener genöthigt fab , einen der Rädeløjührer der Rowbies auf dem Flece tobtzuſchießen. Die Bermantown Road war diesmal der hauptſächliche Schauplaß auf dem ſich die Feindſeligen Feuerleute berumtums melten . Nachdem die Marſchals - Polizei gerade eine Schlä gerei zwiſchen den Mitgliedern der Northern Liberty Sprißen Company und der Independence Schlauch -Company unterbrüdt und die Rädelöführer in Gewahrſam genommen hatte, brach ein neuer Zwiſt der Lafayette- und der United States -Com pany aus , wobei auch Piſtolen gefeuert und einer der Streiter in den Oberarm geſchoſſen wurde. Gleich banad geriethen * ) Raufer von Profeffion, die auch den Dieb , Räuber und Mör: der gewöhnlich in fich vereinigen.

374 die Mitglieber der Hibernia - Hoſe und die Anhänger der Globe Company in der Germantown Road in Streit. Die Polis zeibeamten Vannemann und Hartmann , welche ſich in der Nähe befanden , ſtürzten fogleich in den ſtreitenden Kaufen und verhafteten vier der Rädelsführer , wovon jedoch zwei entfamen . Vannemann führte ſeinen Gefangenen nach dem Gewahrſam und Hartmann wollte ihm folgen , als er von einem Schwarme Raufbolden umringt wurde, die es verſuch ten , den Gefangenen in Freiheit zu feßen . Hartmann wehrte ſich, ſo gut er konnte. Anfangs mit ſeiner Reule um ſich fchlagend und mit Leibeskräften ſie warnend, ihm aus dem Wege zu geben ; als ſie aber immer ſtärker auf ihn einoran gen , zog er ſeine Piſtolen . Den erſten Schuß feuerte er abſichtlich in die Luft; als aber die Bande ſich dadurch nicht ſchrecen ließ , ſchoß er einen der Hauptangreifer, einen fr länder, Namens Coſtello , durch die Bruft , woran derſelbe augenblicklich ſtarb. - Hartmann überlieferte ſid) ſofort den Behörden und Coroner Goldſmith hielt eine Leidenſchau ; die nähern Umſtände werden bei der gerichtlichen Unterſuchung zur Sprache kommen. [ Philadelphia Demokrat.

Halbjährlicher Bericht des Neu : Yorker Polizeichefs ,

vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1854 . Der Mayor überſchickte geſtern dem Board of Aldermen den halbjährlichen Bericht des Polizeichefs, dem wir folgende ftatiſtiſche Angaben entnehmen . Es wurden vom 1. Jan. bis zum 30. Juni im Ganzen 25,110 Perſonen verhaftet, alſo 2,487 mehr als in den vor bergegangenen fechs Monaten . Folgendes ift bie tabellariſche Ueberſicht der verſchiebenen Verbrechen :

375

Brandſtiftung Mordverſuch Angriff und Schlägerei Angriff auf die Polizei . Nothzuchtverſuch Diebſtahlverſuch Einbruchverſuch Vernachläſſigung der Familie Einbruch Bigamie Somängerung Unordentliches Betragen Veruntreuung Widerſeßlichkeit und Entſpringen Fälſchung Betrug Fighten auf der Straße Großer Diebſtahl Ausgeben falſchen Geldes Spielen Irrſinn Betrunkenheit Betrunkenheit und unordentliches Betragen Unanſtändigkeit Beleidigung von Frauen Halten unorbentlicher Häuſer Verſchiedenartige Vergeben Mord . Falſche Vorſpiegelung Kleiner Diebſtahl . Saſchendiebſtahl Nothzucht Naub im 1. Grabe Fehlerei Verkauf von Liquor ohne Lizenz

Reg . Pol . Ref. C. 11 1 94 12 1569 1397 4 72 12 91 16 16 66 119 96 19 3 hanya 14 34 2465 195 18 18 2 18 23 12 32 5 25 576 174 398 38 25 86 18 264 6515 23 3240 62 24 2 25 10 50 21 171 712 44 4 31 30 158 1922 120 48 11 5 19 9 40 47 2 105

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Verbăchtiges Leben

anz Hebertreten ber Corporations -Drbonn -

Reg . Pol . Ref. C. 37 772 1672 442 1035

21 125 3985 Jotal : 25,110 . Während der leßten 6 Monate wurden in den Stations häuſern der verſchiedenen Warbe 24,472 Perſonen mit Quar : tieren verſehen , 1794 verlorene Kinder wurden ihren El tern zurückgebracht und 38 Perſonen wurden durch die Polizei vom Ertrinken gerettet. Während der legten 3 Monate wur den 9125 mit Quartieren verſehen ; davon waren 5500 Per ſonen männlichen und 3425 weiblichen Geſchlechts ; 2956 waren verheirathet und 6169 unverheirathet ; 1789 waren in den Verein . Staaten, 5107 in Irland, 269 in Schottland, 716 in England , 52 in Frankreich , 1010 in Deutſchland und 810 in diverſen Ländern geboren . Der Polizeichef fügt ſeinem Bericht den Report mehrerer Capitáne verſchiedener Wards bei , worin ſte ich über die dhlechte Einrichtung der reſp . Stationshäuſer beſchweren . Ferner liegen dem Berichte des Polizeichefe die Reporte der Stationshaus- Aerzte , der Doktoren Hardenbrook , Jones und McDonell bei, von denen der leştere in ſeinem Berichte auf den lebelſtand aufmerkſam macht, daß ſich in keinem der Stationshäuſer Arzeneien oder mediz . Inſtrumente befinden. Mr. Jones erklärt, daß manche der Stationshäuſer ſich in einem der Geſundheit der Polizeibeamten geradezu nadytheis ligen Zuſtande befänden. Die Polizeimacht beſtand bis zum 1. Juli aus 1102 Mann, nämlich 22 Capitäns, 44 Lieutenants, 88 Sergean ten und 953 Poliziſten .

377 Die Polizei Rowdies . Neu - Yorf, Augft. 54. Zu dem neulichen Angriff der iriſchen Rowdies auf die deutſchen Turner hatten die leßteren nicht die geringſte Ver anlaſſung gegeben . Nichtsbeſtoweniger enthielten die am näch ften Morgen von den engliſchen Zeitungen publizirten Be richte , die ſich jebenfalls auf polizeiliche Mitteilungen ſtüßten , die Behauptung , daß die Turner durch ungeziemendes Betragen den Streit veranlaßt hätten . Was ſoll man von einer Polizei benfen , die erft ihre Pflicht, friedliche Bürger gegen Anfälle von Loafers zu ſchüßen , ganz vernachl å f ſigt , und dann noch die Angegriffenen durch ihre Berichte verläumdet . Der hieſige Turnverein ſollte keinesfalls die Ans gelegenheit ruhen laſſen und energiſch auf Beſtrafung der ſchuldigen Polizeimannſchaften bringen. Es ift hohe Zeit, daß die Polizeimannſchaft ſelbſt von den Rowdies , die ſich noch darunter befinden , geſäubert werde. [N. - 9. Jlluftr. Zeitg.]

Straßenranb in Nep : York am bellen Tage. Neu - York, 31. Augſt. 54 . Dr. Boyd , ein bejahrter Mann, wurde am Dienſtag in Mercerſtreet, zwiſchen Prince- und Houſtonſtreet, von einem Manne angeſprochen , den der Doktor erft für einen alten Bekannten oder ehemaligen Patienten hielt. Beide ſprachen erſt von Geldangelegenheiten , und der Fremde fragte dann den Doktor, ob er kein Geld bei ſich führe, worauf der Dof tor bemerkte , er habe in der Regel einiges Geld bei ſich. Der Fremde griff zugleich bei ſeiner Frage mit einer Hand dem Doftor in die Hoſentaſche, zog demſelben ſein Pocketbuch mit 25 Dou. heraus, nahm ihm noch eine goldene Uhr und Kette im Werth von 150 Doll. aus der Taſche und entlief

378 nach Princeftreet und die Princeftreet hinauf nach dem Broad way, wo er dem Doktor, der ihm möglichſt ſchnell zu folgen ſuchte, aus den Augen kam. Kein Polizei - officer ließ ſich feben . [N.-» . Abendz .]

Der Bericht des Polizeichefe . Neus Vorf, Septbr. 54 . Nicht wegen unſeres beſchränkten Raumes , ſondern viels mehr um unſern Leſern die Lektüre einer langweiligen Rri minalſtatiſtik zu erſparen , unterlaſſen wir es , ben halbjährlichen Bericht des Polizeichefs zu veröffentlichen. & r enthält übers dies nichts Neues , denn die Zunahme von Verbrechen iſt Jedem , der in New -York wohnt, nur zu ſehr bekannt, wenn auch nicht gerade in dem Maße , wie ſie während der legten ſechs Monate zugenommen haben. Der Chef ift vielleicht der einzige Mann in dieſer Muſterſtadt, der daran zweifelt , daß mit jedem Jahre eine tiefere moraliſche Verſunkenheit in ihr ſich entwidelt. Er ſchreibt die Zunahme der Inbaftiruns gen der größeren Thätigkeit unſerer Polizei zu , meint aber, daß die Bewohner New - Yorfs nicht weniger tugenbhaft ſind, als ſte eg früher waren . Soweit es die Polizei betrifft, klingt dieſes Argument allerdings recht gut, wenn auch nicht ſehr beſcheiden aus dem Munde ihres Chefs , doch es ſagt auch zugleich, daß die früheren Klagen über die Unthätig keit der Polizei nur zu begründet waren . Herr Marſhall ſcheint auch zu vergeſſen, daß ſeine Mannſchaft einen Zuwache von faſt 20 Prozent erhalten hat , was die vermehrten In haftirungen mehr als hinreichend ausgleicht, ſelbſt wenn die Mitglieder des Departements noch träger geweſen wären , als zuvor. . Der Verſuch des Chefs , ſeinen Leuten etwas Weih rau zu ftreuen , iſt daher ein verfehlter. Auch glauben wir nicht, daß er durch denſelben ſeine Popularität erhöhen wird . Obgleich es nicht zu leugnen iſt, daß bedeutende Verbeſſerun

379 gen im Polizeiweſen eingetreten ſind, ſo bleibt doch noch uns endlich viel zu thun übrig, bevor ein Selbſtlob in den Dhren des Publikums angenehm klingt. An Anerkennung wird es ben Sicherheitsbeamten nicht fehlen , wenn ſie ſich derſelben werth zeigen , bis jeßt iſt aber noch wenig Veranlaſſung dazu vorhanden . Als einen Beleg zur Sittengeſchichte unſerer Stadt wol len wir noch hinzufügen , baß unter den Inhaftirungen 46 für begangenen Mord, 107 für mörderiſchen Anfall, 21 für verübte Nothzuch und 115 für Falſchmünzereien ſich befinden . Einigen Notizen nach , die wir ſelbſt über die Kriminaliſtif Nem Vorfe machten , famen während des Zeitraumes von ſechs Monaten ſechs undfünfzig Menſchen auf ges waltſame Weiſe u m's Leben , ohne daß eine Arre tirung der Thåter ſtattfand . Zuſammen alſo haben wir 102 gewaltſame Tödtungen, was im Vergleich zu frü beren Jahren eine Zunahme dieſes größten aller Verbrechen eine gar ſchla von reſp . 60 und 53 Prozent ausmacht gende Antwort auf die bonigſüßen Worte des Chefs in Be treff des guten Betragens der Romdieklaſſen. [N.- ». Criminal- 3tg. ]

Polizei- Zuſtände in Cincinnati . Sincinnati , September 54 . In verwichener Nacht bedeutete eine deutſche Frau ihrem Manne , daß ſte ſich ihrer Niederkunft nahe fühlte . In der Angſt und Freude ſeines väterlichen Herzens lief der treue Gatte ohne Hut und Schuhe ſpornſtreichs davon und jagte wie ein Blutrenner nach der Office ſeines Arztes. In Mit ten des Laufes fand er ſich plöglich von den ehernen Fäuſten der Polizeibeamten Fixpatrick unb Daviſon feſtgehalten , die ihn für einen Dieb hielten . Da er kein Engliſch ſprach, ſchleppten ihn die Beiden, ſeine deutſchen Proteſtationen nicht

380 achtend, nach dem Wachthauſe und ſchleuderten ihn in eine Belle. Die unglückliche Frau fam unterdeſſen einſam nieber und war der ſchrecklichen Ungewißheit über das Schickſal ihres Gatten preibgegeben . Erſt heute Morgen um 11 Uhr klarte ſich die Sache vor Richter Spooner auf und der Märtyrer febrte zu der Seite ſeines jammeraden Weibes zurück. [Cincinnati BI.

Sängerfreiheit in Philadelphia . Philadelphia , 21. Novbr. 54 . A18 der hieſige , Sängerbund " , einer unſerer Vereine, deſſen Leiſtungen ſowohl als deſſen ſchöne Stimmmittel überall die bereitwilligſte Anerkennung finden , wo ſie gehört werden fönnen , am vergangenen Samſtag Abend , ungefähr 10 big 15 Minuten nach 11 Uhr in der Nähe der Germantown Road und 4. Straße eine Serenade bringen wollte und ein Lied bereits begonnen batte , kam der Polizei- Lieutenant Levy herbeigeſprungen und ſchrie die Sänger an , auf der Stelle mit ihrem „ Dchſengebrüll" aufzuhören , und als die Sänger ſich dieſem Bullen nicht fügten , jondern weiter ſangen , da ſchwang der „,tapfere Lieutenant“ ſeine Raſſel und mehr als 20 ſeiner untergebenen Poliziſten ftürzten herbei und trieben die Sänger mit der Drohung augenblicklicher Verbaftung auß einander . So weit iſt es alſo hier ſoon gekommen , daß dem Deutſchen das Recht verweigert wird, ruhig und in beſter Ordnung ſeine herrlichen Lieber zu ſingen -- während nächtlich die ſchmetternde, geräuſchvolle Muſik von Blechinſtrumenten in Serenaden von den Häuſern der honetten Ariſtokratie und Bureaukratie zu hören iſt, ja während die Glieder derſelben Polizei und ihre politiſchen Know Nothing8 -Genoſſen einen Mord-Spektakel vor dem Hauſe Sr. Ghren des Stadtpaſcha's Conrad , kurz nach deffen Erwählung, erhoben, um ſeine Sym pathie für ſich zu erwecken und ſich eine Stelle an der großen

381 Krippe zu ſichern , welche das Volf gutmüthig für die lun gernden Aemterjäger füüt. [ Freie Preiſe.]

Polizei - Zuſtände in Philadelphia . Philadelphia , 22. Novbr . 54 . Der Know - Nothing Mayor Conrad hatte bei ſeinem Umtsantritte alle im Auslande gebornen Poliziſten aus dem Dienſte entlaſſen und ihre Stellen mit eingebornen Amerika nern befeßt. Er verſprach den Philadelphianern eine unge heure Verbeſſerung von dieſer Nativpolizei ; bisher iſt aber gerabe das Gegentheil eingetroffen. Noch nie trieben zu Phi ladelphia Mörber , Räuber und Diebe ſo ungeſtraft ihr Unweſen wie jeßt. Der „ Philadelphia Demokrat “ gibt eine ganz eigenthümliche Urſache hievon an , welche bie Schlech tigkeit der „ eingebornen Bürgerpolizei“ in voller Größe zeigt. Die ungewöhnliche Zunahme der Einbrüche und Diebſtähle in den leßten zwei Monaten , ſchreibt dieſes Blatt, welche die vermehrte Polizei weber zu hemmen , noch die Verwegenen Verbrecher zur Strafe zu bringen , im Stande geweſen iſt, hat gerechtes Befremden überall in der Gemeinde erregt. In der That, es iſt eine auffallenbe Erſcheinung, daß freche Ges waltthätigkeiten in ſolcher Anzahl (über 50 in etwa 6 Wochen ) mit Erfolg und ungeahndet bei dem Heere von Poliziſten, das dem Mayor zur Verfügung ſteht, haben ausgeführt wer den können , und die Annahme , baß eine große Anzahl der vom Mayor außerleſenen Officers entweder nachläſſig und pflichtvergeſſen oder unfähig iſt, die ihnen anvertrauten Pflich ten zu erfüllen , erſcheint vollkommen begründet. Vielleicht liegt die Löſung des Geheimniſjes in Folgenbem . Einer der Poliziſten hať ſelbſt geäußert , daß nach früheren Regulatios nen es üblich war, daß die Officers für die Verhaftung von Räubern und Dieben von den bei deren Arretirung bethei ligten Perſonen Ertra - Vergütungen erhielten, während diefelben unter den gegenwärtigen Verordnungen der Dienft

382 Entſegung unterworfen ſind, wenn ſte Beſtechungen oder Acci dentien und Handgeld annehmen . Anftatt nun, ohne Ertras Bezahlung , die nächtliche Ruhe zu opfern und mit Gefahr verknüpfte Jagd auf Räuber und Diebe zu machen , zieben ſte es vor , nach Hauſe zu gehen oder in den Stationshäuſern zu liegen . Vorbem , ſagt man , war ein Beweggrund vor handen , den Schlaf zu opfern , jeßt aber nicht mehr , daher rührt die Unthätigkeit dieſer pflichtvergeſſenen, trägen Subjekte. Wenn die Poliziſten bedrohet würden , daß ſie ihre Stellen verlieren, wenn Einbrüche und Diebſtähle in ihren Bezirken unentdeckt bleiben, ſo würde dies vielleicht ein Sporn für fte ſein und ihre Wachſamkeit aufftacheln. Diejenigen , welche ihre Pflichten, für die ſie reichlich bezahlt werden, nicht ohne Értra-Emolumente verrichten mögen , ſind durchaus unfähig, mit irgend einem Amte betraut zu werden . [N.-» . Dem.]

„ Mary Smith" . Cincinnati , 24. Novbr. 54 . Was foftet die Mary Smith der Demokratie ?! Der „ Enquirer “ bringt heute eine nette Enthüllung , die einen Beitrag zur Erklärung der Art und Weiſe liefer , wie die erhobenen enormen Steuern verwendet zu werden p legen. Im Polizeiberichte brillirt ſeit einigen Jahren nebin den Namen der „ Nanch Haggerty , Eliſabeth Smith “ und Cons ſorten , faſt einen Tag über den andern der Name „ Mary Smith " in der Mitte der Vagabundinnen . Jede mann muß der ſeltſame Umſtand auffallen , daß es unter der Keh richt der menſchlichen Geſellſchaft ſo viele Dirnen Namens gibt , und zugleich muß man eine erſchreckentfbee von der furchtbaren Anzahl dieſer Auswürflinge erhalt . thüls Wohl, wir wollen unſern Leſern das Geheimniß len , da allen ſteuerpflichtigen Bürgern feine ke tniße nahme nothwendig .

383 Die Mary Smith " , welche am Dienſtag für 10 Lage nach dem Vagabunden- Salon geſandt wurde und wahrſchein lich morgen wiederum im Protokollbuch der Polizei figuriren wird, iſt eine und dieſelbe Perſon. Es mag dieſes ſeltſam ſcheinen , aber iſt deßhalb doch nicht weniger wahr. Bebn Fälle gegen einen wird dieſe „ Mary " jedesmal, wenn ſie eine Nacht im Brummkaſten zugebracht, am nächſten Tage entwes der von der Jail Committee, dem Schließer oder einer andern Autorität entlaſſen , und hundert gegen einen wird die „ Mary " am Abend wieder viehiſch betrunken angetroffen , aufs Neue arretirt, eingezwingert und geht nochmal die Farce eines Vers hörs und Urtheilsſpruchs durch. Daraus erklärt ſich die ſcheins, bare Multiplizität der „ Mary Smith " und anderer gleichen Namens , welche jedesmal für vjehn Tage " eingeſteckt werden . Während dieſer Bericht manches Gemüth der Furcht ents laften mag, baß unſere Polizei jeben Tag mit einer entfes lichen Anzahl friſcher Vagabunden überwältigt wird , brängt ſich dabei dem Steuerzahler, und wer außer dieſen Vagabuns den iſt (direkt oder indirekt) kein ſolcher, ein erheblicher Um ftand in Bezug auf die Unterhaltskoſten auf , welche der Stadt durch dieſe zerlumpten Stromer aufgebürdet werden . Jebe Verurtheilung einer ſolchen Perſon koſtet der Stadt ungefähr bier Dollar 8. Der Schließer bes Gefängniſſes allein er hält davon zwei Dollars, einen wenn er hinter der Gefange nen zuſchließt, und einen , wenn er bei ihrer Entlaſſung wie der aufſchließt. Alſo zum Erempel die Mary Smith wird drei Male per Woche vom Richter Spooner nach der Jail gefandt, ſo erwächſt der Stadt daraus eine wöchentliche Steuer für die Mary jedes Mal 4 Doll. von 12 Dollars ; dieſes beträgt im Jahre 624 Doll. und iſt ein Dußend fol chen Gelichters vorhanden , dann haben unſere Bürger jährs lich das nette Sümmchen von 7288 Dollars zu zahlen. Es mag dieſes einen wunderſamen Zuſtand der Dinge verrathen, aber dieſe Wunder ſind einmal wahr. Als Urſache für die ftete Loslaſſung dieſes loſen Geſindele nach ein- bis zweitäs

384 giger Gincarcerirung wird angegeben , daß der Cubifumfang des Vagabundenkaſtens eine faſt tägliche Ausklärung noth wendig mache, um die friſchen Ankömmlinge unterbringen zu fönnen . Mag das ſo ſein ; in der Zwiſchenzeit iſt dieſes ein ſehr profitabler Zuſtand der Dinge für gewiſſe Parthien, unb ein febr unerquidlicher für die Klaſſe des Volkes, das durch dieſe offiziellen Aderläſſe geſchwächt wird . Und die Polizeibeamten haben dabei alle Hände voll mit der mehr als müßigen Arbeit zu thun, das kaum befreite Geſindel wieder zu arretiren , und mit einer vermehrten Ausgabe von 25 Cents nach dem Wacht haufe einzuholen . Wäre unſern Bürgern der ertravagante Preis bekannt, den fte der Polizei für feben Vagabunden zu zahlen haben , ohne Zweifel, fte hätten dem Stabtrathe foon lange die tauben Ohren verbonnert, und die nöthige Reforin erwirft.

Enthüllungen der Neu - Yorker Polizeitirthſchaft.

Kaum hat die von der Geſeßgebung ernannte Unters ſuchungskommiſſion an die Peſtbeule der hieſigen Criminal juſtiz gerührt , als auch ſofort die ſtinkende Materie daraus herausquillt. In den erſten zwei Sigungen hat fte eine Menge intereſſanter Details ermittelt, die einen tiefen Einblick in die ſcheußliche Wirthſchaft der Polizeigerichtshöfe gewähren . Da erfährt man, daß die Poliziſten mit den Schindern (skinners *) durchweg unter einer Decke ſpielen ; daß Gefangene, bie ſich nicht gutwillig ihr Geld abnehmen laſſen , faſt niemale darauf rechnen können , Recht zu erlangen ; daß die Strobbürgſchaften eine ftebenbe Einrichtung ſind ; baß Leute , die keine 1000 Thaler im Vermögen haben, oft Bürgſchaften bis zu 50,000 Dollars übernehmen ; daß verfallene Bürgſchaften faſt niemals

*) Eigentlich „ Fellhändler“, eine kaufliche Advokatenrace für alle möglichen Schurkereien , zur Befreiung von Dieben , Mördern u .

335 eingetrieben werden ; daß die Poliziſten ſich regelmäßige A62 gaben von Borbellwirthen, Spielhäuſern uc. zahlen laſſen und ihnen dafür Durch die Finger ſeben ; baß , wenn ein Gefange ner ſich weigert, den ihm vom Poliziſten empfohlenen Soins der zum Vertheidiger zu nehmen und einen andern Advokaten verlangt , dieſer nicht zu ihm gelaſſen wird ; daß , wenn zu : weilen eine Razzia auf Freudenmädchen oder dergl. gemacht wird, es meiſtens nur geſchieht, damit die Sdinber ſie aus beuteln " fönnen ; dies und vieles Andere erfährt man aus den vor der Commiſſion abgelegten Zeugenausſagen . Das wichtigſte aber iſt die Ihatſache, daß die Richter ſelbſt mit allen dieſen Sdwindeleien und Schurkereien vollſtändig be kannt ſind und dem Unweſen ruhig mit zuſehen , ja wohl ſelbſt mit einen Antheil an der Beute erhalten. Der Mayor ſelbſt bezeugt, daß in vielen Fällen der Richter mit dem Skin ner unter einer Decke ſteckt , und ſeine Entſcheidung in der Vorunterſuchung mit Rückſicht auf die von dieſem getroffenen Arrangements einrichtet. PN.-Y. Abendztg . 1855.]

Polizeiliche Brutalität. Neu - Vork, 5. Auguſt 56 . Geſtern wurde ein betrunkenes Frauenzimmer von einem der Polizeirichter ins Gefängniß geſchickt. Die Unglückliche leiſtete, als ſie hinweggeführt werden ſollte, einen, freilich nur ſchwachen Widerſtand. Da pacte ſie der Poliziſt, dem ſte übergeben war, bei den Haaren, ſchleifte ſte aus dem Gerichts lokal und die Treppe hinunter und ſchlug ihr ſchließlich mit folcher Gewalt auf den Kopf, daß das Blut hervorſtromte. Der Gefängnißwärter ſah ſich, als er die Gefangene in Em pfang nahu , in einem Nu über und über mit Blut bedeckt --- to ſtark blutete die Unglückliche. Der brutale Poliziſt konnte nur mit Mühe davon abgehalten werden , daß er das unglückliche Geſchöpf noch länger mißhandelte . Die Polizeis kommiſjäre werden hoffentlich von dieſem empörenden Vor fade Notiz nebmen ( ? !). [N.-Y. Abendztg .] 27

386 V.

Amerikaniſche Juſtiz.

Der Aldermann *), wie er nicht ſein ſollte.

Philadelphia , 17. Septbr. 52 . Wie verkehrt die Juftiz zuweilen gehandhabt wird , zeigt kein Fall beſſer, als einer der jüngſt vor die Grand Jury fam . Ein armes Dienſtmädchen hatte ſeinen Plag verlaſſen müſſen und quartierte ſich einſtweilen in einem Roftbauſe ein ; als eß daſſelbe wieder verlaſſen wollte, hatte es- aber kein Geld zum Bezahlen , und die Wirthin behielt ihm baber die mits gebrachten Kleidungsſtücke inne. Das Mädchen ging zu einem Aldermann, um wieder zu feinen Kleidern zu kommen , und biefer, ftatt ihm guten Rath zu geben , fertigte gegen die Wir thin einen Verhaftungabefehl wegen Diebſtahls aus. Dieſe ſtellte nun Bürgſchaft , daß ſie ſich vor Gericht ftellen werbe, um ſich zu pertheidigen , und da das Mädchen ihrerſeits feine Bürgſchaft beibringen konnte, daß ſte vor Ges richt erſcheinen werde, um Zeugniß in der Sache abzulegen, wurde ſte bom Alder in ann nun in & Gefängniß ges ftedt. Nachdem ſte erſt ihre Kleider burch ihre Armuth verloren, büßte ſie nun auch noch ihre Freiheit dadurch ein, baß fie um Gerechtigkeit nadhſuchte. Als ſie endlich ſechs Wochen im Gefängniſſe geſeſſen und der Fall der Grand Jury vorgelegt wurde, legten die Mitglieder, von Mitleiden gerührt, das Geld zuſammen , welches ſie der Wirthin duldete , und entließen ſte. Schabe, daß man den Aldermann nicht des halb einſtecken kann ! er hätte wahrlid) verbient , die Süßig keiten eines Gefängniffes einmal zu koften . [ Philad. Dem .] .]

*) Rathsherr , Friedensrichter.

-

387 Der Richterſtand und der Stadtrath . Neu York , 7. Jenner 53 . Wie unſere Leſer aus der Anſprache des Richters Beebe an die Grand Jury fehen können , hat der Mangel an Ach tung, welche der Stadtrath gegen das Mandat der Superior Court an Tag gelegt hat , den geſammten Richterſtand in Harniſch geſeßt, und die Richter donnern jeßt mit einer früs her faum bemerkten Entrüſtung gegen die in den Wahlen Herrſchende Corruption , und die nur allzu 'gebräuchliche Anwerbung von Raufbolden und Vaga bunden , wo durch die Aemterjäger allerdings weniger die Wahl als viel mehr ihre Nomination durchzuſeßen pflegen. Richter Beebe vergißt in feiner moraliſchen Entrüſtung freilich, daß unſere Richter und manche andern Juſtiz - Beamten eben ſo wohl von dem Volk gewählt werden , als die Herren des Stadt rathe, und daß die Mittel, welche ſie in Anwendung bringen, ihre Nomination durchzuſeßen , eine leicht erkenntliche Wahl verwandtſchaft mit den von Stadtraths- Candidaten gebrauchten zeigen . Demungeachtet wird es uns aufrichtige Freude ges währen, wenn der obfchwebende Streit zwiſchen beiden hohen Gewalten — gemäß eines alten und trivialen, aber auch ſehr wahren Sprichworts - dazu führen ſollte, daß dem reblichen Bürger ſein Recht zu Theil werben , und dem die ſchändlichſte Willkür und jede Art von moraliſcher Corruption begünſti genben Unfug der Anwerbung feiler Banben, zur Unterdrückung und Beherrſchung des wahren Volkswillens, Schranken geſeßt werden ſollten . Wahrſcheinlich weil der Richter nur bem gebaften Stadtrath Gin's verſeßen wollte, vergißt er eins der bedeutendſten Uebel, welche dieſem Unfug entſpringen , zu er wähnen, nämlich die Ermuthigung und Unterſtüßung des Rowdy geiſte 8 , die in der That ſchon ſo weit geht, baß die Behörden ſelbſt nur Sklaven der Loafers banden ſind, denen ſie ihre Erwählung verdanken . * ) Aus *) Das iſt ein unwillkürliches Bekenntniß einer Zeitung, die ſonſt gewohnt iſt , alles „ Amerikaniſche “ nur von der Glanz 27 * ſeite zu ſehen.

388 dem gleichen Grund , daß wir nämlich glauben , der Hichter habe nur dem Stadtrath Ein's verſeken , vielleicht auch ihn einſchüchtern wollen, fürchten wir auch, daß ſeine Bemühun gen für die Aufrechthaltung der Wahlfreiheit und unter : drückung ungeſeßlicher Mittel zur Sicherung von Nomina tionen wenig Erfolg haben werben, zumal da felbjt bei dem ernſtlichſten Willen das Gericht und die Grand Jury kaum im Stande ſein dürften , dem gerügteu Unfug zu ſteuern . Dazu bedarf es einer Feften und allgemeinen Entſchloſſenbeit ber Bürger ſelbſt. [N.-Y. Staatszt .)

Amerikaniſche Gerechtigkeit. indianopolis , Sept. 53. – Das „ Indiana Volfs blatt" ſchreibt Folgendes von hier : Zwei Bilder , man betrachte das eine und das andere ! In der Waſhington Straße , nahe bei der Pennſylvania Straße, hat ein Mann Namens McGinnes einen Kleiderladen. Ein zehnjähriges Kind kommt herein , um Zwirn zu faufen , und der verthierte Schuft benußte die Gelegenheit, um ſeinen beſtialiſchen Gelüſten durch einen ſchamloſen Angriff auf das Mädchen Befriedigung zu verſchaffen . Der Mann wird vor den Mayor geführt und dieſer ſtraft ihn um 25 Doll. und die Koſten , als ob er blos eine Stadtordonnanz verlegt habe. Hätte er ihn zur Unterſuchung berwieſen , McGinnes märe eines halbjährlichen Quartiers im Zuchthauſe und einer Geld ftrafe im Belaufe von Hunderten von Dollars ſicher geweſen . Jeßt iſt ſein Laden geſchloſſen und er ſelber wohl über alle Berge . Und nun das andere Bild ! Gin Groceriſt verkauft auf das ſchriftliche Zeugniß eines Arztes eine halbe Galone Schnapps. Er wird arretirt , vor den Mayor geſohleppt und zu 75 Doll. Strafe verurtheilt. Er war ein Deutſcher , und verſtand weder die Anklage vollkommen, noch konnte er ſich vertheidigen . Er will jemanden holen , dem er ſich ver

389 ftändlich machen kann , und ihm wird die höhniſche Antwort, gegen 2000 Doll. Bürgſchaft wollte man ihn entlaffen. 3ft bas die Gerechtigkeit des Mayors ? Man vergleiche die beiden Bilder und urtheile.

Der Wardſche Mordprozeß. 1.

Selten hat in Kentucky ein Kriminalfall fo allgemeine Aufmerkſamkeit, um nicht zu fagen Aufregung bervorgerufen , alá ber am vorigen Dienſtag zu Eliſabethtown begonnene Mordprozeß gegen Mathew Ward. Das Verbrechen , we gen Deſſen er vor der Jury fteht, theilten wir ſeiner Zeit ausführlich mit. Gin jüngerer Bruber des Angeklagten war in der Schule von dem Profeſſor Butler gezüchtigt worden . Gr lief nach Hauſe, klagte es dem Bruder ; dieſer ging ſofort in einen Laden , wo er ſich zwei Piſtolen kaufte und mit Ku geln laden ließ. Er ging dann in das Schulzimmer , ſeşte unter den gemeinſten Schmähungen den Lehrer zur Rebe, ließ dieſen gar Nichts zu ſeiner Entſchuldigung anführen, ſondern ſchoß ihn mitten durch die Bruſt. Hier liegt alſo ein ſo porfäßlicher, wohlüberlegter Mord vor , wie er nur jemals vorgekommen iſt, und in der That war auch die öffent liche Meinung ſo darüber im Klaren , daß das Gericht ſich veranlaßt ſah, die Unterſuchung vom Schauplaße des Vers brechens , Louisville , weg nach Eliſabethtown zu verlegen , unter dem Vorgeben, daß ſich in Louisville keine unpartheii dhe Fury würde zuſammen bringen laſſen . Was die Betheiligung an dieſem Kriminalfalle ſo allges mein macht, iſt der Umſtand, daß der Mörder zu den reich ſten Krautjunfern von Kentucky gehört , die ähnlich den Bojaren in Rußland es nicht im Mindeſten für eine Sünde halten , einen armen Teufel, und wäre er auch , wie Butler, ein Mann, der feine unbedeutende Stelle in der Wif

390 ſenſchaft und Literatur einnimmt , in einer allergnädigſten Laune nieberzuſchießen . Die Warbs ſollen Millionäre ſein. Die hohe Ariſtokratie ſympathiſirt aufs Entſchiebenſte mit dem Mörder und ſeßt Kopf und Kragen daran , um ihm durchzuhelfen. Der frühere Fillmore’ſche Generalftaatsanwalt, Crittenden , hat ſich ſogar zu ſeiner ewigen Schande er boten , ben Mörber unentgeltlich zu vertheidigen. Dies iſt darauf berechnet, die öffentliche Meinung zu Gunſten des Ver brechers zu gewinnen , ba , wie ein dortiges Blatt frech bemerkt, , Crittenden ſeinen guten Namen nicht um eines ſchlechten So wird alſo hier der Mannes willen riskiren würde. " dünkelhafte Hochmuth und die Schurkerei der Gelbariſtokratie ein frevelhaftes Spiel mit der Gerechtigkeit treiben . Der vorſigende Richter hat bereits einen glänzenden Beweis ſeiner ſchamloſen Parteilichkeit gegeben , indem er den Zeitungen die Veröffentlichung der Belaſtungszeugniſſe berbot, - eine Ge waltmaßregel, zu welcher er gar nicht befugt iſt. Eine ähn liche Verfügung, die zu Cincinnati der Richter im Martha Waſhington - Prozeſſe traf, wurde von den dortigen Zeitungen nicht beachtet. Wenn indeſſen auch die Kentuckyer Blätter über die Niederträchtigkeit ſchweigen , ſo haben doch die Zei tungen in Dhio ihre Rorreſpondenten, in deren Briefen man fortlaufend Nachrichten über den Gang des Prozeſſes erhält. Belaſtungszeugen ſind Schüler aus Butlers Klaſſe. Was nur immer von Seiten der Vertheidigung geſchehen kann, um dieſelben einzuſchüchtern, bas gedieht ; bis jept inbeſſen ohne Erfolg. Der Thatbeſtand des Morbes fteht ſo feſt, daß ſich Nichts daran erſchüttern läßt. In einigen Tagen muß ſich's zeigen, ob Kentucky ein An Hängſel an Rußland, oder einer der Verein . Staaten iſt. [N.-Y. Abendz. v . 24. April 54.]

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Der Ward'ſche Mordprozeß . IJ . Das Unerhörte iſt geſchehen ! Vorgeſtern wurbe Mias thew Ward , der vorſäglichen Ermordung des Schullehrers Butler überführt, zu Eliſabethtown ( Kentucky ) von der Jury freigeſprochen. Eine ſo empörende, nieberträchtige Schand that , wie dieſe, iſt wohl ſelbſt in den Annalen der ameri faniſchen Gerechtigkeitspflege noch nicht vorgekommen. Jeder von den 12 Geſchworenen , welche den Mörder Ward freiges , ſprochen, verbiente als Mitſchuldiger an dem Morde gehängt zu werden. Ja, wenn es eine doppelte Todesſtrafe gäbe, ſo bätten dieſe Geſchworenen ſte verdient. Denn ſie haben die beftialiſche Frechheit gehabt , den Grundlag zu proklamiren , daß für einen ſklavenzüchteriſchen Junker keine Gefeße in der Welt eriſtiren , daß er einen Menſchen , der nicht zur bevors zugten Zunferklaſſe gehört, wie ein Stück Vieh niederſchießen darf , ohne daß ein Hahn darnach fräht. Wie im vorigen Jahrhundert der Markgraf Karl Friedrich von Anſpach ſeinen Waſenmeiſter faltblütig zu Boben ſchoß, weil er das zur Füts terung der Aderdurchlauchtigſten Jagdhunde beſtimmte Brob ſeinen verhungernden Kindern gegeben hatte; wie im 15 . Jahrhundert ein franzöſiſcher Ebelmann auf der Jagd einem ihm begegnenden Bauer den Leib aufſchnitt und ſeine Füße hineinſtreckte, um ſich zu wärmen ; wie der Großfürſt Con ftantin vor noch nicht dreißig Jahren vom Fenſter ſeines Pa laftes aus ein Paar Dachdecker von einer gegenüberſtehenden Kirche herabſchoß, nur um ſeinen Gäſten zu zeigen , wie gut er zielen könne: fo darf auch in der zweiten Hälfte des 19 . Jahrhunderts in Kentucky, in einem Theile der großen Mu flerrepublik, ein Junker den erſten beſten braven Mann wie einen Hund niederſchießen , und ift ficher, von 12 meineibigen Scurken freigeſprochen zu werden . — Und im Angeſichte ſolcher greuelvoller Shatſachen wagt es ein ehemaliger Gou verneur von Virginien , in Congreſſe der Verein . Staaten mit bubenhafter Frechheit zu ſagen : Das Inſtitut der Skla

392 verei veredelt die weiße Race. Ja wohl „ veredelt “ es ſie — zu rufitſchen „ Gbelleuten ", zu kehlabſchneidenben Räus berhauptleuten, die man im Mittelalter Ritter nannte , zu Cannibalen - Cazifen ! Den Thatbeſtand des von Math. Ward begangenen Mor: des haben wir vor mehreren Tagen bereits mitgetheilt. Ein jüngerer Bruder Ward's war wegen eines Verſtoßes gegen die Schuldisciplin von dem Prof. Butler zurechtgewieſen , und da er über einer abſichtlichen Unwahrheit ertappt wurde, Lüge ner genannt worden . Er läuft ſofort nach Hauſe und flagt es feinem Bruder. Dieſer geht mit ihm in einen Gewehr laden , kauft ſich einen Revolver, den er laden und ſchußfertig machen läßt und geht mit ſeinem Bruder in die Schule. Hier ſtellt er unter den pöbelhafteſten Schimpfworten den Lehrer zur Rede ; dieſer bittet ihn ruhig , mit in ein Nebenzimmer Nicht nö zu treten, damit er ihm dort die Sache erkläre . thig “ ! fonaubt Warb ; ,,Sie ſind ein Sourke, ein Lügner, eine Memme . " Butler zuckte zuſammen über dieſe ſchänd lichen Inſulte ; in dem Augenblic ſeßt ihm Warb die Piſtole, die er während der ganzen Zeit in der Hand getragen , auf die Bruſt und drückt ab. Mit dem Rufe : „ Mein armes Weib ! mein armes Kind !" fält Butler zu Boden . Nach wenigen Stunden hatte er geendet. Und wie war es nun einer Jury möglich , auch nur den entfernteſten Schein einer Entſduldigung für einen ſo ſcheußs lichen Mord zu finden ? - Sie machte den Mitſchuldigen des Angeklagten zu ſeinem Entlaſtung 6 zeugen ! Der Bruder Ward's bezeugte und Geſchwor mit einem Meineide, daß Butler auf die Schimpfreden des Angeklagten hin ſeinen Arm erhoben habe ; ſpäter ſogar: daß Butler einen Schlag nach Ward geführt , dieſer alſo den Mord im Zuſtande der Nothwehr begangen habe. Von den 30 oder 40 Schü lern , die das Ganze mit angeſehen , wußte kein einziger etwas davon , daß Butler nur die Miene gemacht habe, ſich an Ward zu vergreifen ; hingegen bezeugen ſie alle , daß der jüngere Ward mit einem gezüdten Dolche neben ſeinem

393 Bruder ſtand, um ihm bei dem Morbe zu helfen . Troß alles bem und alledem wurde der Meineid des Mörders zu Guns ften eines Mörbers als hinlängliche Entlaſtung angenommen unb Math . Warb freigeſprochen , weil er nun einmal freige ſprochen werden ſollte. Es verſteht ſich von felbſt , daß von allen 12 Geſchwo renen ſich kein Einziger über den wahren Sachverhalt täuſchte. Nein, ſie wußten recht wohl, baß hier ein vorſäßlicher Morb vorlag , und eben dieſen Mord wollten ſie unter allen Um ſtänden entſchuldigen. Denn die Wards ſind ja reich ; ſte gehören der „ Greine der Geſellſchaft“ an ; wie würde es ihre Freunde und Befannte chokirt haben , wenn einer von ihnen als armer Sünder am Galgen geendet hätte ! Der Grmors bete war ja nur ein armer Teufel, der im Schweiße ſeines Angeſichts ſich das bittere Schulmeiſterbrod verdiente , und was wiegen die Thränen ſeines unglücklichen Weibes , ſeines verwaisten Kindes gegen die „ zarten Empfindungen “ der vor nehmen Welt ? - Die Freiſprechung des Mörbers war ſomit yon vornherein eine abgekartete Sache. Durch dieſes Verdict iſt in Kentucky der Mord , wenn er von „ Hochſtehenden “ gegen arme Teufel verübt wird, geſeßlich gemacht. Was bleibt da den „ armen Teufeln “ übrig , als ihrerſeits zur Blutrade , zum Dolde des Meuchelmörbers Wer wollte einen Stein auf den Sohn But zu greifen ? lers werfen , wenn er dereinſt den Ward und ſeine Helfers belfer ermordete ? Zu den Helfershelfern Ward's gehöre auch der whiggiſche Präſidentſchaftsfandidat für 1856 , John Grits tenden , der ſich aus freien Stücken erbot, den Mörder ſeis ner verdienten Strafe zu entziehen . [ N.- 9 . Abendztg. v . 29. April 54.

Ein auswärtiges Urtheil über den Ward'ſchen Prozeß . Der Wardiche Prozeß hat in Europa das höchſte Inters eſſe erregt und einen Eindruck von amerikaniſchein Leben und

394 amerikaniſcher Suſtiz erweckt, der die gute Meinung , welche man bisher jenſeits des Waſſers von unſerer jungen Republik hatte, bebeutend beeinträchtigt. - Der Pariſer Korreſpondent der ,, Daily Limes " , ber ſonſt wahrlich nicht ſehr geneigt iſt, es anzuerkennen , wenn Amerika in einem ungünſtigen Lichte daſteht, ſchreibt darüber unter'm 18. Mai wie folgt: Der Mord des Mathew Ward und ſein Prozeß iſt eine ſcheußliche Geſchichte. Da habe ich nun einen weiteren Grund, um der Durchſeßung des ſchwarzen Fracks als Amts tracht amerikaniſcher Geſandter in Europa zu opponiren . Dieſe Neuerung ſollte eine Lehre für die Diplomaten Europa's fein. Allein ich glaube, wir ſollen uns doch erſt offen und ehrlich die Frage beantworten , ob wir in allen Stücken in der Lage ſind, dem alten Europa gute Lehren zu ertheilen . Denn es ſteht doch gar zu ſeltſam aus , wenn ein Volf ſich zum Schulmeiſter anderer aufwirft, das noch ſo viele ſchwache Seiten und ſo viele Irrthümer abzubüßen hat , wie wir . Gin Volf, das mit ſolchen Prätenſionen auftritt, ſollte keine Mathew Ward's hervorbringen und keine ſolche Fury's aufzuweiſen haben, wie diejenige, die den Meuchelmörder freis ſprach. In feinem Theile Frankreichs gibt es einen Ariſtos kraten , der für eine ſeinem Sohne ertheilte Züchtigung den Schulmeiſter todtſchießen würde und ich ſtehe dafür, daß im ganzen Kaiſerreidhe fein Herzog iſt, der Einfluß genug haben würde, um ſeinen Nacken der Guillotine abzukaufen , wenn er eine ſo empörende Schindthat begangen hätte. Wenn die Ariſtofratie in den Vereinigten Staaten ſich bereits bis zu ſolchem Punkte entwickelt hat , dann erlaube ich mir , Herrn Marcy den guten Rath zu geben, daß er uns einen Geſand ten ſchickt, der eben dieſe ,, Bildungsſtufe" vertritt , anſtatt einen Vertreter ſogenannter , republikaniſcher Einfachheit“. Sende er uns dann einen beglaubigten Geſandten, der in den Tuilerieen mit einem Revolver in der Taſche und einem Bos wiemeſſer im Gürtel paradirt. Ein Menſd in der einfachen ſchwarzen Kleidung eines anſtändigen Mannes fann wahrlich nicht als Symbol eines Volkes gelten, aus welchem ſich durch

395 die gewöhnliche, ordnungsmäßige Wahlmethode eine ſo ruch loſe , gottfträfliche Jury bilben ließ , wie jene , welche ben Meuchelmörber Warb freiſpracy." [N. - 9 . Abendz . Dom Juni 54. ]

Der Gang der Gerechtigkeit . Es werden Verbrechen begangen, deren Schwere mehr als Das Mitleid, welches den durch dieſelben Betroffenen geſchenkt wird, die Behörden zu außergewöhnlichen Anſtrengungen an treibt, der Thäter habhaft zu werden . Doch auch dieſe Schwere iſt hier , im praftiſchen Amerika , ein ſehr relativer Begriff. Sie richtet ſich weniger nach der moraliſchen Verſunkenheit, die der Verbrecher an den Tag gelegt , nach der teufliſchen Berechnung, mit welcher er die That volbracht und die Fol gen zu vereiteln geſucht, oder nach den haarſträubenden Ums ftänden, unter welchen er das Verbrechen ausgeführt, ſondern bielmehr nach der ſozialen Stellung des unter der Hand des Verbrecher & gefallenen Opfer . Eine Begründung zu dieſer Behauptung liefern uns die von den Behörden für die Fabhaftwerbung eines Mörbers gebotenen Belohnungen. So z . B. finden wir eine Belohnung von 250 Doll. für die Inhaftirung eines Menſchen ausgelegt, der ſeinen Schlafkameraben , einen Arbeiter, auf die grauſamſte Weiſe um's Leben brachte, um ihn zu berauben, während am folgenden Tage ſchon der Mayor 1000 Doll. für die Arre tirung eines Unbekannten bot, der einen einflußreichen Kauf mann durch den Schlagriemen zu Boden fällte, und ihm ſeine Börſe nahm . Für die Haftnahme des Mörders der Fas milie Alliſon , der nach üonatlanger Vorbereitung durch eine Höllenmaſchine die Ungldlichen einem jähen To be über lieferte, bieten die weiſen Behörden von Cincinnati eine Be lohnung von 300 Dol. aus , denn Alliſon bekleidete nur eine untergeordnete Stellung. Der Verluſt ſeines Lebens und des

396 ſeiner Frau ſchien von geringerer Wichtigkeit, und das Ver breden mog minder ſchwer in der Wagſdale der Gerechtig feit , als die verſuchte Nothzucht der Frau eines Seeoffiziers in Baltimore, welche die Behörden zu dem Ausgebot eines Gratials von 500 Dou. für die Abfaſſung des Nothzüchters anſpornte. Dieſe Sumnien ſprechen für ſich felbft. Sie zei gen eine merkantiliſche Berechnung des Werthes eines Menſchenlebens , die nur in den Sklavenſtaaten ein Parallel findet, mit dem Unterſchied jedoch, daß dort der Werth eines Menſchen nach ſeinen phyſiſchen Eigenſchaften geſchäßt wird . Vei einem ſolchen Maßſtab dürfte man daher annehmen , daß es ſchwere Verbrechen gibt , die in den Augen der Be hörden gar keine Bedeutung haben . Wie in Alabama das Leben eines verkrüppelten Sklaven werthlos iſt, ſo müßte auch das Leben eines Menſchen hier ohne Werth ſein, wenn ſeine ſoziale Stellung eine der beſcheidenſten, oder er ſelbſt gänzlich unbekannt iſt. Dieſe Annahme beſtätigt ſich auch hin und wieder. Erſt vor einigen Tagen hat ſie ſich bewahrheitet. Gin Deutſcher Matroſe wurde von dem Steuermann des Pas ketſchiffes „ Siddons " in einer Weiſe gemordet , die den Thäter als eines der grauſamſten Ungeheuer ſtempelt. Nachdem der Unglückliche auf's Aergſte mißhandelt, befahl ihm der Steuer mann , die Seite des Schiffes zu ſchrappen , und da er durch jeine Vermundungen außer Stand geſeßt wurde, den Dienſt ſchnell zu verrichten , ſo löſte der Mörder mit eigener Hand die den Matroſen haltenden Stricke und ertränkte ihni . „ Laßt ihn zur Hölle. fahren “, rief das menſdliche Ungeheuer den Leuten zu , die den Ertrinkenden zu retten ſuchten ; dann aber, der Folgen eingebenf, die ſeine That nadı fich ziehen mußten , entfloh er, und entfam den Händen ſeiner Verfolger. Die That, wie wir ſie beſchrieben , iſt eine der grauſam ften , die jemals vollbracht worden . Aber das Dpfer war nur ein armer , deutſcher Matrofe , deſſen Name ſelbſt nicht einmal erforſcht werden konnte. Der Mayor hörte von dem Mord, aber warum eines deutſchen Matroſen wegen , der

397 boch wahrſcheinlid, früher oder ſpäter einmal ertrunken wäre, eine große Proklamation erlaſſen und ſich einer kleinen Mübe unterziehen ? So verfließen mehrere Lage und ſchon iſt der Matroſe faſt vergeſſen , als zuverläßige Nachrichten eingeben, daß der Mörder nach England abgegangen iſt, und dort ſicher ergriffen werden würde, wenn man einen Poliziſten mit näch ftem Dampfboot zu ſeiner Haftnahme nachſchicte. Dody wes halb alle dieſe Umſtände ? Der Ermordete lebte und ſtarb doch nur als Matroſe, als deutſcher Matroſe , und obgleich jeßt die That geahndet werden kann , ſo ift ſein Tod doch wahrlich nicht von der Bedeutung, um einen amerikaniſchen Steuermann deshalb Unruhe zu bereiten und die Koſten ſeie ner Verhaftnahme der Stadt aufzubürden . Doch halt, eß fällt dem weiſen Mayor ein, daß Bürger deutſcher Herkunft ein beſonderes Intereſſe an der richtigen Handhabung der Ge rechtigkeit in dieſem Falle haben könnten , und er erbietet ſich , einen Sicherheitsbeamten nach England geben zu laſſen , um den Schuldigen zurückzubringen , vorausgeſeßt, daß fie - die Koſten tragen wollen. Hoffentlich werden ſie ſich aber weis gern . Das Verbrechen iſt nicht gegen das Deutſchthum begangen ; es iſt eine der empörendften Hebertretungen der Landesgeſeße, welche der Eingeborne wie der Adoptivbürger gleich ſtark verbammen muß. Sol der Gang der Gerechtig keit gehemmt werden , weil der Gemordete ein Matroſe und Ausländer ift, fo mag es ſo ſein ; es iſt beffer, als ſie um Geld zu erkaufen . Eine Zahlung der Koſten durch Adoptiv bürger deutſcher Herkunft würde eine volgültige Anerkennung der Shatſache fein , daß ſie nicht, wie die Eingebornen , gleiche Anſprüche auf den Schuß der Gefeße machen können , und es bedarf nur ſolcher, um das deutſche Element ganz mit Füßen yetreten zn fehen. Es iſt ein Ausweg da , der ihnen offen ſteht. Die wenigen deutſchen Mitglieder des Stadtraths fön nen nur dieſer Körperſchaft die Sache vorlegen, und es kann ihnen nicht fehlen , die Appropriation der zur Reiſe noth wendigen Gelder zu erzielen . Sie werden dadurch nicht allein

398 ihrer Pflicht als Menſchen und Beamte genügen , ſondern auch den Mayor und ſeine Geſinnungsgenoſſen beſchämen . EN.- ». Criminal- Zeitung vom 7. Juli 54.]

Amerikaniſche Juſtiz. Man wundert ſich allenthalb über die Zunahme ſchänds licher Verbrechen und gewaltthätiger Verlegungen des Geleges ; allein hat denn das nicht ſeine natürlichen Gründe ! Geld ift in Amerika die große Macht, die alle Herzen bezaubert, die Jury beſticht und häufig die Richter verblendet ! Wer Geld beſikt , hat die Kunſt eigen , die ſchwärzeſten Schand tbaten weiß zu waſchen, Kerferthüren zu öffnen und über die foloſſalſten Verbrechen den Nebel der Vergeſſenheit zu ber breiten . Das Lafter im glänzenden Gewande gebt ungeftraft im öffentlichen Leben umher und triumphirt über die Un duld, und der geſchwungene Arm der Gerechtigkeit erlahmt gegenüber der Macht des Goldes. Beweiſe hierüber liefert die Criminaliſtik aller Staaten . Der Waroprozeß in Rentucky iſt noch Allen in lebhafter Erinnerung , und die In dignation über die feile gottvergeſſene Jury und die gedun genen Zeugen iſt noch nicht erloſchen . Aber was hilft der allgemeine Racheſchrei ? Der Mörder iſt freigeſprochen und die Zeit wird den glühenden Haß im Volksherzen fühlen, wie ſie auch lindernden Balſam in die Seele von Butlers Gattin träufelt. Bald tritt die Familie Ward wieder mit derſelben Arroganz auf wie früher , ſte iſt ja reich und das Leben bietet ein neues Trauerſpiel, das die Aufmerkſamkeit des Volkes anders wohin lenkt. In Dhio haben wir Fälle , die wenn möglich noch in furchtbarerer Größe uns entgegenftarren. Dort werden die Mordbrenner Kifiane und Konſorten für 15 Men ſchenleben verantwortlich gemacht, von Gericht zu Gericht ges ſchleppt, und troß aller überführenden Beweiſe fann ſie das

399 Geſeß doch nicht erreichen . Es ſind die nämlichen Verbrecher, die jeßt in Arkanſas vor dem Gerichtshof ſtehen , wir wollen ſehen, welches Reſultat dort der Prozeß haben wirb . Ein beftialiſcher Kerl, ein alter Wüſtling und Wütherich, überfällt in Cincinnati ſeine eigene Tochter , unb nur mit verzweifelter Anſtrengung gelingt es ihr, der Schändung zu entgehen. Das Zeugniß von drei Zeugen iſt überführend, und das Ungeheuer wird unter einige Dollars Bürgſchaft geſtellt, um den Frieden zu halten .“ Zmei unſittliche aber hübſche Damen fteblen für biele hunbert Thaler Gold- und Silberwaaren . Sie werden er tappt und die geſtohlenen Gegenſtände in ihren Zimmern gefunden , und die galanten Weiber werden von dem ſybari tiſchen Richter um fünf Thaler " beſtraft. Ein gewiſſenloſer Polizeibüttel läßt das Volf im Namen Bedini's morden ; einem Poliziſten iſt durch direktes Zeugniß nachgewieſen , daß er einen Menſchen niebergeſchoſſen ; ſeine Entlaſtungszeugen können nicht das Mindeſte nachwei ſen , und doch hilft alles nichts , bas Geſeß kann ihn nicht erreichen . Vor einem Jahre ſtand vor dem Verein . Staaten Ge richtshof in Neu-York eines der größten Scheufale bes Mor des angeklagt, das je die Welt geſehen ; keine Hyäne hätte ihr Opfer ſo mißhandelt , kein Tiger es ſo gemordet , wie dieſer Verbrecher es gethan . Sein Mord war noch viel ſcheußlicher, als der des jungen Ward. Aber der Mörder war ein Schiffs kapitän, * ) er gehörte zu der Klaſſe, die in dieſem Lande ge wiffer Maßen privilegirt iſt. Für Geld faufte man falde Zeugen , mit Geld beſtach man die Jury , mit, Gott weiß was, entlockte man dem Richter eine günſtige Darſtellung der Sachlage, und das Sdeuſal wurde wieder auf die menſdliche Geſellſchaft losgelaſſen . Ein reicher Wodlüftling , Schadford , entführte vor einigen Jahren in Philadelphia eine blutjunge ſchöne Tochter,

*) Siehe „Ein Schiffskapitän als Mörder “ in „Laſter- und Ver: brechergeſchichte“ , Seite 261 .

400 er ließ ihr im Laufe der Zeit durch das Höllenwei b Ma da me Reſtell fünfmal den Reim eines menſch lichen Lebens vernichten . Endlich klagt die Verführte und auf den Tod Mißhandelte, die ermordeten Weſen ſchrieen in ihrem Mutterherzen um Vergeltung , und die bürgerliche Geſellſchaft ſtaunte Wochen lang über die menſchliche Ver worfenheit und ſchwarzen Verbrechen , die in dieſem Prozeſſe enthüût worden . Weder das Unweib Reftell noch Schackford haben Beweiſe, ſich von der Schuld zu reinigen , das Schwert der Gerechtigkeit ichien auf ihre Häupter zu fallen ; plößlich aber ſchlüpfen die Verbrecher unter demſelben weg und ver fchwinden. — Und ſo wird das Schwert der Gerechtigkeit in dieſem wie in tauſend andern Fällen gemächlich in der Luft herumgeſchwungen , bis der Schuldige in guter Sicher heit iſt. Was nüßt es, ſich über die Zunahme der Verbrechen zu beklagen , wenn folche himmelſchreiende Verlegungen der Ge rechtigkeit ſtattfinden ? Es bietet ſich eine Mapſe ſola chen Stoffes , daß man Bände damit anfüllen könnte. Wenn das Geleg und die Civiljuſtiz nicht Hum bug ſein ſoll , ſo muß er Sebermanns Pflidt und Aufgabe ſein , auf genaue Handhabung und Beobachtung der Gerech tigkeit zu bringen . Die bürgerliche Geſellſchaft muß ſich ges gen das Privilegium des Verbrechens mit eiſerner Conſequenz emporraffen , wenn es ſte nicht vollſtändig zerfleifchen und an den Rand des Abgrundes bringen ſoll. Pittsb. Freibeitsfreund v . Juli 54. ]

Deffentliche Sicherheit in Kalifornient .

Man rechnet allda burdydnittlich einen gewaltſamen Todesfall auf einen Tag . Das macht in vier Jahren 1200. Nehmen wir an , daß darunter nur 1/4 Morde ſind , macht 300 Morde . Von allen den Mördern , die dieſelben verüben,

401 ift bis jept erft Giner beftraft und hingerichtet worden , weil er freund- und mitellos war. Deßhalb ward er gehängt ; blieb aber bis zum legten Athem babet, er habe ſeinen Gegs ner nur aus Nothwehr ermordet , weil dieſer ihn habe bes rauben wollen . Alſo der einzige Beſtrafte in dieſem Ozean von Ver brechen war wahrſcheinlich unſchuldig. Faſt alle Die, welche wegen Mordes verhaftet waren , hat man gegen verhältniß mäßig geringe Sicherheit auf freiem Fuß gelaſſen , und in den meiſten Fällen flüchtete der Verbrecher und ließ ſeine ,,Security " im Stich. Das ſpricht mehr als ganze Bände . ( Neu - Vorfer u. andere BI. v . 54. ]

Neu : Yorker Beamten Zuſtände. Neu - York , 15. Juli 54 . Faſt kein Tag vergeht , wo wir nicht über Brutalis täten , Rauvanfälle in den Straßen der Stadt und Mißhandlung der friedlichſten Bürger durch Rowdys und Loafers zu berichten haben . Wir haben ſchon oft darauf aufmerkſam gemacht, daß wir dieſe Mißſtände nur der Nach laßigkeit unſerer, ben Loafern befreundeten Polizeis und anderen Beamten zu verdanken haben. Ein kräf tiges und rechtzeitiges Einſchreiten der Polizei, unnachſichtliche Verhaftung der Schuldigen und ſtrenge Beſtrafung derſelben von Seiten der Gerichte würde ſchon längft dem Uebel ge ſteuert haben. So aber läßt ſich die Polizei oft gar nicht feben , und wenn ſie erſcheint, dann verhaftet fte oft den Angegriffenen und Beraubten und läßt den ober die Angreifer laufen ; verhaftet ſie aber ſelbſt auch einmal einen ſchuldigen Rowdy , ſo darf man ſicher ſein , daß unter zehn ſolcher verhafteten Rowdys kaum einer von unſern Gerichten gebührend beſtraft wird. 28

402 Als eine Beſtätigung dieſer von uns ſchon oft ausge ſprochenen Anſicht, finden wir in der geſtrigen Tribune einen Brief, in welchem ein Herr D. C. ſæreibt, daß er im Broad way zugeſehen, wie ein betrunkener Rowdy einen Mann ing Geſicht ſchlug und auf die brutalfte Weiſe mißhandelte. Ein Dfficer ftand dabei und nahm feine Notiz dayon , bis er, erſt von vielen Bürgern aufgefordert, nothgedrungen einſchritt. Indeß war der Angreifer entlaufen und wurde erſt an der Jerſey City Ferry eingeholt und auf die Tombs gebradit. Dort beſchworen drei Zeugen vor dem hochweiſen Richter das Der Ridier ſchrieb Geſchebene, und was war der Erfolg ? den Namen des Angreifers auf und ſagte demſelben dann , er förne geben und wenn er ( Der ſaubere Richter) die Sache unterſuchen würde , dann würde er ihn rufen laſſen. Iſt das die Gerechtigkeit geübt ?! Doch man muß wiſſen , daß der verhaftet geweſene Loafer einen bedeutenden Einfluß (mit den Fäuften ?) bei den Wahl-Polls ausübt, woraus man ſich die ihm gewordene rückſichtsvolle Behandlung von Seiten der Polizei ſowohl als des Richters erklären kann. Das, Volk von Neu - Yorf , ſind Deine Beamten , und was von dieſen zu erwarten iſt, kann ſich jeder ſelbſt ſagen ! Die Polizei der 16. Ward beklagt ſich , daß täglich in den Straßen dieſer Ward toðte Pferde und andere todte Thiere gefunden werden, und der Geſundheitszuſtand dadurch benach theiligt wird. Die Behörden ſollen nothwendig die nöthige Abbülfe treffen. Klage gegen den Gorporation - Anwalt. Die Herren Louis N. Oluver und Dr. Ingraham baben ſchon por einiger Zeit bei dem Board der Aldermen eine Klage wegen ſchlechter Amtsführung gegen den Corporations - An walt Mr. John B. Harkins eingereicht. In Folge dieſer Anklage wurde eine Committee, beſtehend aus den Aldermen Blunt, Lord und Kelli), ernannt, die die Anklage unterſuchen und dem Board der Aldermen Bericht erſtatten ſollte. Dieſe Committee verſammelte ſich am Donnerſtag in dem Zimmer Nr. 8 in City Hall. Mr. Glover brachte ſeine Klagen vor,

403 indem er ſagte, er habe Urſache, zu glauben , daß ſich Mr. Harfine , der Corporations - Anwalt, verſchiedene ungefeßliche Amtshandlungen habe zu Schulden kommen laſſen. Mr. Blunt fragte hierauf Dr. Ingraham : ,, Wiffen Sie und haben Sie Urſache , zu glauben , daß ſich der Corpora tions - Anwalt Mr. Harkins während ſeiner Amtsführung ſchlechter und gefeßwidriger Handlungen ſchuldig gemacht hat? " Dr. Sngrabam bejahte dieſe Frage und führte dann bers ſchiedene ungeſebliche Handlungen an , deren ſich der Corpo rations - Anwalt ſchuldig gemacht haben ſoll . linter dieſen Anklagen befanden ſich folgende : daß der Corporations - Anwalt Gelder, welche der Stadt gehörten , an Perſonen für Dienſte und Geſchäfte bezahlte , die er ſelbſt oder lein Clerf hätte verrichten ſollen ; daß er falſche Berichte an den Stadtrath gemacht; daß er verſchiedene Prozeſſe geſchlichtet und die dafür bes zablten Gelder , welche der Stadt gehörten , in den eigenen Sac geſteckt habe ; daß er durch verſchiedene Fälſchungen und ſchlechte Ge= ' ſchäftsführung das Schaamt betrogen ; daß er Mr. Folwell ſo mit Prozeſſen verfolgt , daß der jelbe genöthigt geweſen ſei, die Stadt zu verlaffen ; daß er verſchiedene Berichte mit ſeiner eigenen Feber ge fälſcht, und daß überhaupt alle ſeine Berichte gefälſcht geweſen ſeien u . Der Corporations - Anwalt verlangte dann, daß die gegen ibn vorgebrachten Klagen näher begründet werden möchten , damit er ſich dagegen bertheidigen fönne . Mr. Glover fagte, er würde ſeine Anklagen näher begrün den , ſei aber im Augenblick nicht dazu vorbereitet. Mr. Harfins bemerkte dann , er würde die richtige Ver auggabung eines jeden Dollars nadyweifen , welcher von ftabs tiſchem Gelde durch ſeine Hand gegangen ſei, und zugleich nachweiſen , wie andere Perſonen mit den ſtädtiſchen Geldern verfahren . (Hier fagen ſich die Spigbuben wieder einmal gegenſeitig die Wabrbeit !) 28 *

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Mr. Glover ſagte hierauf , dieſer Nachweis würde dann nur ein Verzeichniß der der Stadt gehörenden Dollars ſein, die in bie Taſche des Corporations = ' Anwalte gefloſſen ſeien. Nachdem noch einige Scharmüßel zwiſchen beiden Parteien ftattgefunden hatten , vertagte ſich die Committee bis auf den [N.-». Demofrat .) folgenden Tag .

Auch im Repräſentantenhaus dieſelbe „ heilige " Ge rechtigkeit .

Die Committee, welche ernannt war, um die an der Min neſotalandbill verübte Fälſchung zu unterſuchen , erſtattete Be richt und, wie man ſich im Voraus denken konnte, ſpricht ſte alle Betheiligten von aller Schuld frei. Die ganze Sache habe auf einem unvorſäglichen Irrthume ( !!! ) berubet. In zwiſden ergibt ſich doch aus dem Berichte, daß Forney der eigentliche Urheber der Fälſchung war . Er hat ſich der Com mittee gegenüber damit entſchuldigt, daß er die Unterſchiebung des Wortes „ und " ſtatt ,, ober “ für unweſentlich gehalten habe !! Und auf dieſe Entſchuldigung hin ſpricht ihn die Committee von allem Tabel frei ! Gleichzeitig bemerkt pie, daß derartige Fälſchungen in beiden Häuſern des Congreſſes etwas ganz Gewöhnliches ſeien . Die Minorität der Com mittee ( Campbell und Simmons) will die Sadie nicht ſo leicht genommen wiſſen und wünſcht, daß die Unterſuchung bis zum nächſten Zuſammentritt des Congreſſes fortgeſept werde , um allen dieſen Spißbübereien auf den Grund zu kommen . Hierauf ging das Haus nicht ein , ſondern entließ die Committee und paſſirie dann die ganze Minneſotalandbill mit 105 gegen 59 Stimmen . Hunt ftellte den dringlichen Antrag , baß Forney wegen der begangenen Fälſchung ſeines Amtes als Sekretär des Allein ſo ernſtlich Repräſentantenhauſes enthoben werde . wollte das Haus eine einfache kleine Spißbüberei nicht neh men ; es würde ja ſonſt das ganze Geſchäft verderben ! und verwarf den Antrag init 154 gegen 18 Stimmen .

405 Die anderen beiden zur Unterſuchung von Betrügereien und Beſtechungen ernannten Committeen berichteten ebenfalls „ all right" *) und baß alle, die man wegen Schurkereien in Berdacht gebabt, ..perfect gentlemen" ** ) ſeten . [ Abendztg. v. Augſt. 54.]

Was koſtet ein Worbangriff ? Zu Savannah, Georgia, wollte ein Mann , Namens Chap man , im Rauſche in das Barzimmer eines Hotels reiten. Der Wirth , welcher fein Gaſtzimmer weber zu einer Reits ſcule noch zu einem Stalle machen laſſen wollte, remonſtrirte dagegen , worauf Chapman ein Piſtol 30g und es auf den Wirth abfeuerte, ohne ihn jedoch zu treffen. Er wurde hiers auf verhaftet und in das Wachthaus gebracht, entfloh aber durch ein Fenſter. Er wurde jedoch wieder verhaftet und für ſeinen Morbangriff um 75 Dol . geſtraft. Echt ſüblich ! Wedſelbl. vom Aug. 54.]

Reiche Verbrecher parbonnirt . Allentaun , 9. Augſt. 54. Ladenour, ber reiche Verbrecher von Gafton , der nebft ſeinen Gdwindel - Geſellen bei der Green - Verſchwörung im Caunty -Gefängniß faß, iſt durch Gouverneur Bigler parbons nirt worden, und ſeiner Haft und Geldbuße von 2500 Doll. entlaffen . Bemerkungen hierzu ſind unnöthig . [ Lecha Patriot ]

*) Alles recht. Vollkommene Ehrenmänner .

406 Gerechtigkeit in Kentuky). Louisville , 10. Aug. 54 . Es gibt nod Gerechtigkeit und einen Galgen in Ren tudy . Zur Beruhigung aller Derer , welche ourd die leßten Vor: fälle in unſerm alten ritterlichen Kentucky , zu dem Glauben bewogen wurden, daß die Gerechtigkeit Ferſengeld gegeben und ſich in irgend einer glüdlichen Zone , nur nicht in Kentucky, niebergelaſſen habe, bat fie ſich auf einmal recht laut gebrüſtet, ihr blankes Sdwert gezeigt , um gleichzeitig zu beweiſen , daß fte in Kentucky auch jemanden noch hängen laſſen fönne, und dieſes Grempel ſoll heute zwiſchen eilf und ein Uhr Mittag, alſo am hellen lichten Tage, und nicht im Verborgenen , ſon dern ſchön im Freien , an der Ecke von Preſton und Kentucky Str. , zur Erbauung aller Scauluſtigen , welche Woblgefallen an dem haarſträubenden Trauerſpiel finden, erekutirt werden . Das Opfer, welches zur Wiederherſtellung der verlorenen Gerechtigkeit, mit dem Stricke um den Hals in die Grigkeit ſpebirt werden ſoll, ift freilich kein Homard , fein Ward , kein reicher Mörder ( denn die- reichen Verbrecher entreißt bis auf die beutige Stunde der Allmächtige, in Amerika Geld Es iſt auch genannt, den ſchwachen Händen der Göttin . ) kein gebildeter Mann , der ſein Thun und laſſen wohl erwä gen fönnte , ſondern bloß ein im rohen Naturzuſtande beran gewachſener Negerillave , Henry Simons, welcher einen , Herrn Þ. Hahns zugehörigen Sklaven mordete . Wer wird jekt nody ſagen , daß es in Kentucky feine Gerechtigkeit mehr Beobachter am Dbio . gibt ?

Advokatenkünſte . Ein magerer Vergleich iſt beſier als ein Fetter Prozeß !" Dieſes alte deutſche Sprichwort haben die Leute in P19

407 mouth wahrſcheinlich nicht gefannt, oder ſie ſind den Rechts . gelehrten , oder beſſer geſagt, Recyteverdrebern, zugethan . Hr. P. Brown und die Town ( Stadt) of Plymouth in Vermont haben einen langen Prozeß wegen eines Grundſtückes , das ungefähr 40 Doll . werth iſt, mit einander geführt. Der Prozeß wurde fürzlid) zu Gunſten des Hrn. Brown entſchie den . Die Koſten dieſes belaufen ſich auf ungefähr 3000 Dvd . [ Wechſelbl. vom Sept. 54.]

Gräuelthat des Geſebes .. St. Louis , Mißouri, 16. Sept. 54 . Der Anzeiger des Weſtens" vom 16. Sept. direibt : „ Vorgeſtern früb 10 Uhr ſtarb in der hieſigen Jail eine deut ſche Frau , Namens Anna M. Jules, in Folge einer Früh geburt, welche durch Gemüthszerrüttung und Schrecken her beigeführt wurde. Dieſelbe war ſeit dem 6. September ver haftet und zu 30 Tagen Gefängniſſtrafe verurtheilt, weil ſie geſtohlene Sachen, welche ſie von ihrem Sohne, John Jules , erhielt, verborgen hatte. Zwei oder drei Tage vor ihrem Tobe wurde die Frau frank und verſdied vorgeſtern, drei Stunden nađudem ſie einen Knaben geboren . Wir erblicen in dieſem Falle abermals einen šujt izmord, denn eine Frau unter ſolchen Umſtänden , wie im vorliegenden Falle, zur Strafe dreißig Tage in ſolch eine ſcheufliche Gefängnißzelle, als die war, wo dieſelbe nach ihrem Tode gefunden wurde, einzuſpers ren , zeigt wahrlich kein menſdliches Gefühl und verſtößt ges ' gen alle Achtung, die man in dieſem Lande dem weiblichen Geldledte zollt. Wir wünſchen , daß energiſche Maßregeln getroffen werden , dem gräßlichen limſtande abzuhelfen, der ſich in Bezug auf ſolche Fälle, wie auch auf die Einferkerung von Zeugen hier eingeſchlidyen . Das menſchliche Gefühl wird bei Erwähnung von Gräuelthaten dieſer Art auf das Bitterſte Gine Mutter , angeſchuldigt, von ihrem Sohne geſtoblene Sachen verborgen zu baben , wird in das Gefäng

408 niß geworfen . Wer noch nicht die icheußlichen Zellen dieſes Gefängniffes geſehen , fann den ganzen Schrecken der Lage der armen Frau nicht begreifen . Da gibt es für arme Leute nichts als kable Wände und eine Buffalohaut. Die bemit telten Mörber , Diebe und Hallunken , Frau Baker , Jacſon 1. freilich haben ihre bequemen Betten , Silde, Stühle, in der That Alles, was ein Gefängniß nur gewäh ren fann ; aber eine Mutter , die von ihrem Sohn geſtońs lene Sachen verborgen , eine Frau, welche der Entbindung nahe ift, fte wird auf die ſchäbige Buffalobaut, in die feuchte Zelle geworfen. Die Gefängnißſpeiſe iſt gut genug für ſte - ſte iſt ja nur ein armes Weib ſte hat keine Freunde ! Und die Frau ſtirbt , nachdem ſte im Gefängnifie einem Rinde das Leben gegeben . Und am Morgen leſen zwanzigtauſend Bürger von St. Louis in den Zeitungen dies fen Vorfall, und unter den zwanzigtauſend finden ſich nicht bundert , die dieſe Schmach, die Allen , Allen zugefügt ift, mit ſolchem Unwillen aufnehmen , der ſie zum Handeln bewegen könnte. Die arme Frau iſt tobt - unſere Geſeße ſind unverbeſ ſerlich . Rube iſt die erſte Bürgerpflicht, – Juſtizmorbe in Amerika (einer Republik) ſind nicht der Berückſichtigung werth ."

Entdeckungen im Neu - Yorker Staatsgefängniß zu Sing Sing.

Neu - York , Septbr. 54 . Wie man hört, ſind Warrants ( Vollmachten ) zur Ver baftung des General Munfon , Lodwood , Staatsges fängniß -Agenten, bes 6. 6. Childs jun . , Clerk, und noch eines andern Beamten des Gefängniffes erlaſſen . Die von ber leßten Gefeßgebung zur Unterſuchung der Aintsführung im Staatsgefängniffe beauftragten Commiffäre ſollen auf Sachen geſtoßen ſein , welche die Verhaftung der beſagten

409 Beamten wegen Meine ideß und Betruges rechtfertigt. Die Commiſſäre ſind noch fortwährend mit der Unterſuchung beſchäftigt, und man ſagt , daß ein Grab von Corruption zum Vorſchein kommen wird , wovon das Publikum ſich gar feinen Begriff machen kann . Schon vor drei Monaten hatten die Commiſjäre die Unterſudjung begonnen. A18 ſte aber dem Schluſſe nahe war , wurden die Akten geſtohlen . Die Diebe kann man ſich aus den vorliegenden Umſtänden wohl einbilden . [N.-) . Demokrat.]

Ein empörendes Beiſpiel von Nätiv : Juſtiz. Deutſche Bürger ! hütet euch vor der Erwählung von Know Nothings zu Richtern und Staats- Anwälten ! Vor dem Griminalgerichte zu Covington , im Staate Rens tudy, ſtand in voriger Woche ein Deutſcher, Namens Fort mann , angeklagt , einen jungen Samuel Eaſton ermorbet zu haben . Die Umſtände waren folgende : Fortmann ſteht unter der Thüre ſeiner Grocery und ſieht dem Knaben Hermann Croß zu, welcher auf dem Seitenwege über die Springſchnur hüpft. Samuel Eaſton kömmt mit einigen Schulgefährten an dem Jungen vorüber, bleibt ſtehen und fordert Hermann , welcher ſein Springen unterbrochen hatte , auf , das Spiel fortzuſeßen . Da fällt ſein Blick auf Fortmann und er ruft ihm zu : „ Wein ſeht Ihr da zu, he?" „ Dir “ , lautete die Antwort. Ihr ſeid ein verdammter Dutch man !" ruft jeßt der freche Junge. Fortmann giebt ihm für den „Dutchman " roher Weiſe einen „ verdammten Hundeſohn " zurück. Darauf hin fchleudert Samuel Gaſton dem Fortmann einen furzen , dicken Stoc an den Kopf. Mit einer ſchweren Wunde am Auge fährt Fortmann betäubt zurück, eilt aber gleich darauf dem Knaben nach , wirft ihn mit Gewalt zur Erbe und eilt nach ſeiner Grocery zurück. Der Knabe fiel, als er von Fortmann zur Erbe geworfen wurde, zufällig an

410 einen Rinnſtein und erhielt einen Schädelbruc , wodurch der Tod veranlaßt wurde. Der Diſtrikts Attorney erhebt eine Anklage auf vorſäßlichen Mord und ſucht zu beweiſen , daß Fortmann den Knaben durch Fußtritte getödtet habe . . Dieſer Beweis mißlang, aber dennoch wurde Fortmann des Todt ſchlages für ſchuldig erfannt und erhielt von dem Geridyte den höchſten Strafgrad , nämlich zehnjäbrige Zuct bausftrafe . Kein Menſd) hatte ein ſoldes Verdift und vielweniger ein ſoldies Urtheil erwartet , denn es war ja nachgewieſen , daß der Tod des Knaben nicht das Reſultat überlegter Boss heit , ſondern eines unglücklichen Zufalles , veranlaßt durch den aufbrauſenden Zurn eines von einem böſen Jungen ge ſchlagenen Mannes, war. Allgemein hielt man dafür, Fort mann werde höchſtens zu einjähriger Pönitentiary verurtheilt werden . Das unverhoffte IIrtheil iſt, wie die Cincinnati deutſchen Zeitungen verſichern , gänzlich dem Blutdurſte und dem Fremdenhafle des Diſtrikts Attorney, und der durch ſeine nätiviſtiſchen Reden aufgereizten Jury zuzuſchreiben. Wäre Fortmann, ſchreibt der deutſche Republikaner, ein Amerikaner und der erſchlagene Knabe ein Deutſcher geweſen , wir ſind überzeugt, die Geſchworenen würden nicht mebr als einjährige Zuchthausſtrafe gegen ihn verbängt baben. Der Cincinnati Volksfreund ſchreibt über dieje Nativiſten Juftiz in gerechter Entrüſtung : Mathias Ward , der reiche Gingeborne , der einen der verdienftlichſten Lehrer Amerikas mit falter, vorbedachter Ueber legung ermordete, weil er ſeinen nidytsnukigen Bruder einen Lügner geſcholten , ward von den Geſchwornen einſtimmig freigeſprocent. Fortmann , der arnie deutſche Arbeiter, der einen übermüthigen amerikaniſchen Buben , der ibn ourd böbniſd nätiviſtiſche Bemerkungen zur Wuth reizte und dann mit einem Stuce ins Auge warf, güchtigen wollte, entgeht mit Noth dem Lynchgeridyte des nätiviſtiſchen Pöbele und wird auf zehn Jahre von Allem , was ihm theuer, getrennt und in einen dumpferi Kerfer unter Räuber und Mörder ge

411 worfen . Wir ſagen , Fortmann habe den Buben nur züchtigen wollen ; denn aus dem Zeugenbeweis geht deutlich hervor , baß die Behauptung, er habe denſelben mit Nägel beſchlages nen Schuhen auf den Schädel und ſo todt getreten , minde ſtens ein Jrrthum war , und daß nur angenommen irerden fann, der Knabe babe ſich durch ſeinen Sturz auf den Gajiens fteinen den Schädel zerſchmettert .“ „ Der reide Mörder Ward ward zur Aburtheilung in ein anderes County gebracht, weil , wie es hieß , die Menge in Louisville gegen ihn aufgeregt war. Die Menge in Gos vington war noch aufgeregter , aber es fiel Niemanden ein , den Prozeß in ein anderes County zu verlegen , denn Fort mann war ja nur ein „ Dutchman " . Im Gegentheil To wie der Louisviller Staatsanwalt die mit Recht entrüſteten Louisviller Bürger „ Bluthunde " nannte, weil der Gegenſtand der Entrüſtung ein Mitglied einer ariſtokratiſchen amerika niſchen Familie war, ſo entflammte der Staatsanwalt in Co vington die Geſchwornen noch zum Haſſe gegen den Ange klagten , weil er nur ein , Deutſcher “ war . Er ſagte nämlich : „ Der Gefangene iſt unter der tyranniſchen Politik einer euros päiſchen Regierung geboren. Er kam in dieſes Land der Freiheit und des Gefeßes, und unternimmt, an Stärke ein Herkules , an Blutgier ein Tiger , ein Werk der Zerſtörung gegen den Frieden der Gemeinde; wenn die Geſchornen ihn nicht am Halſe aufhängen , ihn unter dem Vorwande eines geſeßlichen Schnißers entkommen laſſen, dann wird er ſeiner Mordluft gegen unſchuldige Hülfloſe Kinder freien Lauf und ſie unter ſeinen Fußtritten ihr Leben austauchen laſſen ." Merket es wohl: Der Staatsanwalt nannte die Louis viller „ Bluthunde" , weil ſie gegen einen reichen amerika , niſchen Mörder aufgebracht waren ; der Staatsanwalt in Covington dagegen forderte die Geſchwornen auf, Bluthunde zu ſein und Fortmann aufhängen zu laſſen , weil er ale „, Deutſcher" ſich an einem „ Amerikaner“ vergriff. Die Ge ſchwornen von Hardin County ſpradien den reichen amerika niſchen Mörder völlig frei, und die Geſchwornen in Covington

412 gaben dem armen Deutſchen zehn Jahre ! In dem einen Falle, wo man Todesſtrafe erwartet hätte , tritt eine Frei ſprechung ein , und in dem andern , wo eine einjährige Ge fängnißftrafe der Gerechtigkeit vollkommen Genüge gethan haben würde , verhängt man das höchſte Maß des Todt ſchlags, obgleich drei Zeugen befunden , daß Fortmann den Knaben , als er auf den Boden geſtürzt, nicht mehr angerührt habe. Beide Fälle geben in entgegengeſeßter Richtung ein trauriges Zeugniß für die Gerechtigkeitsliebe in Kentucky .“ Wir würden aber auch in Neu- York ſolche traurige Beis ſpiele der Gerechtigkeitsliebe ſehen , ſobald es den Know -No things gelänge, ſich der Criminal- Gerichtshöfe zu bemeiſtern . Fortmann's Unglück giebt einen gräßlichen Beleg von Näs tiviſten -Gerechtigkeit gegen einen Deutſchen . Deutſche Bürger, laßt Euch dieſen zur Warnung dienen und wendet das Möglichſte auf, die Erwählung von Know-Nothings zu Rich tern oder Staatsanwälten zu verhindern !! TN . - 9. Dem . 1. Oft . 54. ]

Strafe eines Mörders in Texas .

Die New - Orleans Baltimore, 13. Novbr. 54 . Zeitungen vom leßten Dienſtag ſind angefommen . Sie ent halten Nachrichten aus Galveſton bis zum 5. November, dar unter auch folgende : Morgan , der den Herausgeber bes „ Telegraph ”, Hrn . Parſons, erſchoß, wurde vor Gericht ge ftellt, ſchuldig gefunden und zu 1 Cent Geldſtrafe verurtheilt, ſage: zu einem Cent Geldſtrafe verurtheilt ! [ Baltim . BI . ]

413 Amerikaniſche Beamte und Aemterſucher . In Verbindung mit ſeinem Bruder Henry Meiggs *) fälſchte 3. O. Meiggs , neuerdings erwählter Reform Controller in San Francisco, für nicht weniger als 500,000 Dollars Werth Controllers - Anweiſungen. Eine niedliche Sippſchaft repräſentiren allgemach die amerikaniſchen Bes amten ! Die N.- 9 . Abendzeitung macht in Bezug auf dieſes Thema die folgenden Mittheiluugen : Aus Alabam a melden dortige Blätter, daß der „ Acht bare " James Abercrombie , Congreßmitglieb von jenem Staate, kürzlich in Florida einen Menſchen um's Leben brachte . Die nähern Umſtände ſind nicht angegeben, indeffen ergibt ſich, daß Abercrombie in Folge der Vorunterſuchung entlaſſen wurde . Dieſer Repräſentant iſt ein würbige8 Seitenſtück zu unſern nördlichen Aemterinhabern und Amtskandidaten . ---Am Samſtag beging hier in New - York ein Kandidat für Alderman einen Mord ; Tags zuvor war in Brooklyn ein Alderman wegen Mordverſuchs eingezogen worden . Ein Councilman aus der 6. Ward , R. , flüchtete ſid, vor einigen Monaten bei Nacht und Nebel aus der Stadt , weil er in bringenbem Verdachte ſtand , Sheilnehmer an einem Morbe zu fein . Dem Bürgermeiſters-Kandidaten Woob fuchte man nachzuweiſen, daß er vor einigen Jahren Fälſchungen und Betrügereien aller Art begangen habe , und gegen den andern Kandidaten , Barker, mard noch geſtern die Anſchul bigung erhoben , daß er vor neun Jahren ſeinen wohlverſtdyer ten Schnittwaarenladen in Catharinenſtr . in Brand geſtedt habe , um die fette Verſicherungsſumme zu erſchnappen . Saus bere Genoſſenſchaft das ! Wenn es noch einige Jahrzehnte ſo fortgeht, wird es dahin kommen , daß ,, Beamter “ ein ärgereg Schimpfwort wird, als Loafer oder Rowdy. [N.-Y. Abendz . vom 15. Movbr. 54. ] *) Wir kennen den Namen ſchon aus der „laſter- und Verbrecher geſchichte" .

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Freiſprechung eines Mördere . Vor einiger Zeit wurde zu Convington , Kentucky , ein gewiſſer Dr. Thompſon , unter der Anklage vor Gericht geſtellt, ein Mädchen , Namens ha rr , welches er geſchwäns gert hatte , mit Strichnyn vergiftet zu haben. Obgleich die Unterſucyung überzeugende Beweisgründe zu Lage förs derte, daß Thompſon wirklich der Mörder war , erklärte ihn doch die Jury für nicht ſchuldig. Die erbitterte Bevölke rung verbrannte Thompſon und jeine Jury im Bildniſſe. Ein ähnlicher Prozeß fand an mehreren anderen Orten ſtatt. Thompſon begab ſich zu ſeinem Vater, deſſen Anweſen unge jähr zwei Meilen von Fincaſtle liegt. Kaum erfuhren die Bürger dieſes Drtes, daß er dort war , jo ließen ſie ihm ver bieten, in ihr Town zu fommen . Auch die Bürger von Co vington hielten eine Verſammlung, in welcher ſie durch Be chlüſſe Thompſon verboten , jemals wieder ihr Town zu betreten , und zugleich einen Boten an ihn abſchickten, um ihn von dieſem Beidluſe in Kenntniß zu legen. - Das heißt, moraliſch gelyncht. Möchte es auch den ſchurfiſchen Geſchwores nen ſo ergeben , vielleicht würden dann dieſe Freiſprechungen à la Ward, Jacion und Thompſon aufhören. P.-Y. Demofrat vom 25. Dezbr . 54.]

Die öffentliche Moral . Ein Hauptgrundpfeiler der Republik iſt die öffentliche Moral ; darunter verſtehen wir ſtrenge Beobachtung der Vorſchriften des Rechteg und der Gerechtigkeit auf der einen, und ſtrenge und eiferſüchtige Wachſamkeit des Volkes auf der andern Seite, daß das Recht unparteilich geübt und die Ver waltung ehrlich geführt werde. Bei einein Volke , das die foloſſalſten öffentlichen Betrügereien mit Gleichgültigkeit ans flebt und den Betrüger eigentlich -- ale ſmarten Burſchen , noch mit einer gewiſſen Ehrfurcht betrachtet ; ein Volf,

415 bei dem jeder religiöſe und andere Qumbug im Stande iſt, Millionen zuſammen zu bringen, und nebenbei ſich die unſin nigſten Ruſſengefeße aufhalſen läßt ; ein Volf , bei dem der Grundſaß ſo unverbolen ausgeübt wird, wie hier : „ Die kleinen Diebe hängt man , die großen läßt man laufen " ; ein Volk , ſagen wir , das dieſe und andere böſe öffentlichen „ Nuiſances " ( Schäden ) ruhig das Staatsleben verpeſten läßt, bei einem ohne den geringſten Schritt zur Abhülfe zu thun , ſolchen Volke iſt die öffentliche „ Moral" bereits ſo gut wie todt . Eines der koſtbarſten Kleinode eines freien Volfes iſt das Hecht des Bürgers , durc; Geſchworne gerichtet zu werden ; nicht der ſtarre Buchſtabe des Geſekes allein , jondern der Vürger, der mit mir lebt und wirkt , der gleich mir fühlt und denft, der demgemäß die innern Beweggründe meiner Handlung beſſer würdigen und berechnen kann , als der ein zelne , oft außerhalb der Sphäre des Angeklagten lebende Richter; der Bürger oder das Volk ſol über meine Schuld Allein dieſes Privilegium des oder Unſchuld entſcheiden . Bürgers fann nur dann ein Kleinod genannt werden , wenn unter dem Volke das eriſtirt, was wir oben öffentliche Mo ral nannten , nämlich ſtrenger Sinn für Recht und Gerech tigkeit . Leider können wir aber auch in dieſer wichtigen Le bensfrage feine erfreulichen Anzeidien finden . Unſere Leſer erinnern ſich, daß Jahr aus Jahr ein Fälle in den Blättern berichtet werden , wo nur eine Stimme der Verbanmung bie Geſchwornen traf. Louisville ſelbſt hat ſeinen Fall aufzul weiſen . Die jüngſten Erlebniſſe übertreffen alles , was in dieſer Beziehung nur denkbar iſt. Jn Cincinnati fteht ſo eben D. Arriſon vor Gericht, unter der gräßlichen Anflage, den Dr. Adiſon und deffen Frau im Spital zu Cincinnati aus Wir Rache mit einer Höllenmaſchine getödtet zu haben . fürchten , für Arriſon ift keine Rettung möglich . Jeder , der den Hergang fennt und die bisherigen Verhandlungen ver folgt bat, muß an beffen Schuld glauben . Je größer jeboch

416 die Sculd, um ſo ſorgfältiger und gründlicher muß die Un terſuchung geführt werben ; die Annalen der Criminalrechts pflege weiſen Fälle auf, wo die Schuld ſcheinbar noch offen kundiger auf dem Angeklagten laſtete, und nach der gewiſſen hafteſten und ſorgfältigſten Prüfung dennoch ein Unſchuldiger beſtraft wurde. Einer der Hrn. Geſchwornen nun , welche in dem Arri ſon'ſchen Falle ſigen , war von der hohen Wichtigkeit ſeines Amtes ſo durchbrungen ; der Gedanke , daß er hier ſige , um über das Leben oder den Tod eines ſeiner Mitmenſchen zu entſcheiden, beſeelte ihn in ſo hobem Grabe , daß er, als die Vertheidigung einen Belaſtungszeugen etwas ſcharf ins Kreuz verhör nahm ( crossexamined ) , plößlich gähnend ausrief : , Wir haben jeßt genug von dieſem langweiligen Zeug ge hört !" Es entſtand unter dem Publikum ein wenig „ Erci: tement“, dann ging die Sache fort und der edle Geſchworne gähnte weiter . Ein anderer , nod) ſchåndlicherer Fall ereignete ſich vor wenigen Tagen in St. Louis . Dort hatten zwei Bekannte (die Namen ſind uns für den Augenblic nid)t gegenwärtig) einen kleinen Streit mit einander , föhnten ſich aber gleidy darauf wieder aus . Einen oder einige Tage darauf holte der eine derſelben ſeinen wiederverſöhnten Kameraden zu einer Spazierfahrt ab , fuhr mit ihm außerhalb und ftreckte ihn ba burch mehrere Piſtolenſchüſſe todt nieber. Die Sache fam vor Gericht, und der Thäter wurde freigeſprochen . So weit ließe ſich mit Grund noch nichts ſagen , da wir den Sach verhalt nicht genau kennen . Allein das Schönſte fömmt nun ; nachdem das frei ſprechende Urtheil gefällt war, nahm der Freigeſprochene ſämmt liche Gedwornen mit in bie Zelle, in welcher er geſeſſen war, ließ auftragen , was Rüche und Keller liefern mochten, und die Mehrheit der Geſchwornen ſprachen ſo reichlich zu, daß ſie die Zelle betrunken verließen ! Wir fügen ſolchen Thatſachen keinen Commentar bei . Es iſt von großen Männerni Vieles geſagt und geſchrieben

417 worden gegen die Fähigkeiten des Volkes, ſich ſelbſt zu regie ren ; der große Göthe fonnte nie daran glauben , und unſer Waſhington hatte ſeinen quälenden Zweifel darüber. Der berühmte Kriminaliſt Feuerbach ſchrieb ein tief burchdachtes Büchlein , worin er barzuthun ſuchte , daß das Geſchwornens Inſtitut eine Gefahr für die Gerechtigkeit ſei; – hoffen wir, daß dieſe junge Republik nicht allzuſchnell der traurige Bez leg für jene Zweifel und Befürchtungen werde. Montesquieu ſagt irgendwo : Monarchien werden burch Gefeß und Gewalt zuſammen gehalten ; Republiken aber eins zig und allein durch die Tugend ihrer Bürger ! Möchten bas die ftolzen Herren Amerifaner nicht vergeſſen . [ Louisville Anzeiger v . Dezbr. 54.]

Gerechtigkeit in St. Louis . Man wird ſich erinnern , daß vorigen Sommer in St. Louis ein Deutſcher , Namens W. D. Hoffmann , von einer Mary Baker , *) deren angeblichem Mann und eini gen Morbgefellen auf& ſchauberhafteſte mißbandelt wurde und in Folge deſſen nach unſäglichen Leiben ſeinen Lob fano. Die Mary Baker wurde vor Gericht geſtellt und iſt ſoeben freigeſprochen worden . [ Wechſelbl. vom Dezbr . 54. ]

Amerikaniſche Gerechtigkeit. Man ſoll ſid, über Nichts wundern “ , hieß es ſchon in der grauen Vorzeit , aber dennoch würden wir uns gewaltig wundern , wenn in dieſem Lande ein reicher, einflußreicher Verbrecher ſchuldig befunden und die geſebliche Strafe erleis ben würde . Es liegt ſchon wieder ein Fall vor , wo ein Doktor Thompſon, der auf eine klare Weiſe der Grmor dung der Miß Pharr überführt war , in der Alleghany *) Siehe den Fall in „Laſter - und Verbrechergeſchichte“, S. 264. 29

418 Die Zeitungen von County Court freigeſprochen wurde. Virginien ſprechen ſich über dieſe Freiſprechung mit der größ ten Entrüſtung aus. So ſagt der „ Petersburg, Va. , Intel ligencer " : Sie läßt auf die bürgerliche Geſellſchaft einen Mens chen los, welcher burd ſo farfe Beweiſe, als der Staat in einem Falle der Art vorbringen fonnte , eines Doppelmordes unter den beidwerlichſten Umſtänden überführt war. Ein junges, achtbares und vertrauendes Frauenzimmer wurde zus erſt durch die ſchändliche Weiſe, wie er ihre Zuneigung miß brauchte, um ihren Ruf und ihre Ehre gebracht, und als die Folgen ſeiner Schandthat ſich offenbar zeigten, daß die Ents deckung nicht länger ausbleiben konnte, auf eine geheime Weiſe burd Gift aus dem Wege geſchafft, und zwar ſo, wie er nach reiflicher Ueberlegung glaubte , daß dadurch am beſten der Verdacht abgelenkt und der Lob herbeigeführt wurde. So unwiderſprechlich iſt durch Zeugen bie Schulb Shompſon'8 bewieſen, daß er hätte dem Galgen überliefert werden müſſen , welcher durch ſeine Freiſprechung um ſein Recht fam. " [Cincinn. Volkeblatt vom Jenner 55.]

Wie man in Amerika einen Giftmiſcher auf freien Fuß zu ſeßen verſteht. Aus Chicago wird berichtet, der Banfier George Green , welcher der Vergiftung ſeiner Frau für ſchuldig erfannt wurde, aber durch die Freundlichkeit des Richters eine neue Unterſuchung erhielt, fol fogar durch einen Habeass Corpus -Befehl der Supreme Court des Staates Illinois ge gen Bürgſchaft in Freiheit geſeßt werden . Seine Vertheidiger behaupten , daß ſeine Gefangenhaltung ungeſeßlich ſei , weil keine Anklageafte vorhanden iſt. Bekanntlich wurde das In dictment (Anklage) der leßten Grand Jury), auf welches Green verhaftet und prozeſſirt wurde, geſtohlen ! Kann man jeßt noch denken , daß bei der amerikaniſchen Juftiz etmas unmöglid ift ? [ Hamb. Beob. 6. W. vom 2. Febr. 55. ]

419 Schönheiten des amerikaniſchen Gerichtsweſens.

In der Court of Common Pleas zu Cambridge, Mafi., kam fürzlich ein Fall zur Entſcheidung, der die ruhmreichen Ungewißheiten unſeres Geſepganges ſammt ſeiner Koftſpielig keit hinreichend illuminirt. Im Frühling 1849 verkaufte Luttle von Acton an Brown yon Concord eine Kuh für 50 Dollars. Bald darauf fand Brown , daß die Kuh eine trocene Zige habe und wollte darum Tuttle 121/2 Doll. an der Rech nung abziehen , den Reſt aber bezahlen. Luttle weigerte ſich, irgend einen Abzug zu bewilligen , und die Sache kam zur Klage. Der Fall wurde zu Luttle's Gunſten entſchieden , der Gegner jedoch appellirte, und die Sache kam abermals an die Common Pleas Court zurück , woſelbft ſte bis zur borigen Woche auf dem Verzeichniß ſtehen blieb, und dann zu Guns ften Brown's entſchieben wurde . Die Koſten betragen nicht weniger als achthundert Dollars. Und die Moral ? Advos faten machen theures Kubfleiſch. [ Lindenmüller vom Febr. 55.]

Ein Nätiv *) als Richter von Deutſchen . Neus Vorf , Suni 55 . Der New - Yorfer , Daily Newf " wird ein ſaftiges Pröbchen von der Art und Weiſe mitgetheilt , wie der näti viftiſche Stadtriciter Stuart in ſeiner amtlichen Eigenſchaft Deutſchen mitſpielt. Am Freitag ſtanden vor dem Aſſiſen gerichte zwei Deutſche, ein Mann und ein Knabe, des Dieb ftable angeklagt. Jener ſprach etwas engliſch, dieſer gar nicht. Es wurde ihnen die Anklageſchrift nicht vorgeleſen, obſchon Bundes- und Staatsverfaſſung auch dies vorſchreiben ; e8 wurde ihnen nicht mitgetheilt, daß ſie das Recht hätten, ein *) „ Eingeborner“, ein Mitglied der ſogenannten Fremdenhafſer Partei. Wir werden ſie noch näher kennen lernen . 29 *

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zelne Geſchworene zu verwerfen . Der Prozeß war von einer Žury geführt, die für einen anderen Prozeß eingeſchworen war , und der Richter Stuart ließ dieß zu . Der Staatsan walt fragte die Angeklagten , was ſie darauf zu ſagen hätten . Sie erklärten, daß ſie unſchuldig ſeien . Darauf ward , ohne daß Zeugen verhört worden wären , die Sache den Geſchwornen übergeben ; dieſe erklärten die Angeklagten ſchula dig , und Stuart verurtheilte ſie zu zwei Jahren Zuchthaus !! Die „ Daily News “ bemerkt hierzu : „ Wenn das die richtige Ausübung der Geſeße in dieſem Lande iſt, wo die Conſtitu tion die perſönliche Freiheit beſchüßen ſoll , ſo laßt uns we nigſtens nicht mehr auf den Halsabſchneider von Frankreich ſchimpfen , der bemjenigen , der ihn zu ermorden verſuchte, den fähigſten Advokaten des Kaiſerreichs zum Vertheidiger beſtellte .“

Ein galanter Gouverneur. Gouverneur Clarf hat die wegen Grmorbung ihres Mans nes zum Tode verurtheilte Mrs. Robinſon , zur lebens länglichen Gefängnißhaft in Sing Sing Begnadigt. Sehr galant ! [ Buffalo Telegraph vom Juli 55.]

Gefeßliche Falle für die Unſchuld .

Chicago , Augſt. 55 . Der „ Demokrat “ erzählt : Eine achtbare iriſche Dame rannte geſtern wie beſeſſen durch die Straßen , um nach ihrer Tochter zu ſuchen, die, wie ſte gehört hatte, in dem Zimmer eines unſerer Hotels durch einen Milwaukier feſtgehalten wurde, der diefelbe ihrer Unſchuld zu berauben ſuchte. Auch gelang es ihr wirklich, ihr Kind zu befreien. Aber als die Mutter

421 bag Måbchen nach Hauſe zu nehmen gebachte , ichwor der Verführer , nahm einen Warrant ( Verhaftøbefehl) gegen dasſelbe wegen ihm abhanden gekommener 10 Doll. heraus und fand einen gefälligen Conſtable, der das Kind der Muts ter wieder abjagte und es dem Kläger wieder zurücklieferte, der dann entweder mit ſeiner ſchönen Beute nach Milwaukee, ober in irgend einem der unzähligen andern Hotels verſchwanb. So werden eine Maſſe der ſcheußlichſten Unthaten unter Schade nur , daß der dem Schilde deß Geſeßes verübt . Name des bortrefflichen Knownothing Conſtablers, ber einen ſo ſcharmanten Beitreiber abgab, nicht genannt wird. [ Illinois Staatsz.]

Demokratie in Louiſiana . In Alerandria wurde vor einigen Tagen ein zehnjät, riger Negerknabe , wegen der Tödtung eines Geiſtlichen gehängt. Am Tag zuvor fanden ſich einige Herren bei ihm ein , und trafen ihn beim Marbleſpiel. Als ihm dieſe mit theilten , daß er am nächſten Morgen gehängt werden würde, meinte er blödſinniger Weiſe , „ Das ſei ibmfoon oft geſche ben . “ Auf dem Schaffot angekommen , bat er um Erlaubniß, beten zu dürfen , was ihm gewährt wurde. Un ter dem bittern Weinen des Knaben knüpfte ihn der Sche rif auf. Und dieſe Barbarei , ein als Vieh erzogene & Rino auf geſeglichem Wege zu Tode zu würgen , geſchah in der aufgeklärten demofratiſchen Republik Amerika ! [ Wechſelbl. vom Septbr. 55.]

422 Wieder ein Stücklein amerikaniſcher Juſtiz . Buffalo , 24. Oktbr. 55 . Als vorgeſtern Morgen ein junger Deutſcher , Namens John Römer , nach dem Niagara Falls Depot ging , ſtahl ihm ein frecher Kerl , der erſt kürzlich wegen Diebſtahl aus dem Arbeitshaus entlaſſen war, mit Blißeßſchnelle 11 Dol. und ein Daguerreotyp aus der Taſche und entfloh mit ſeiner Beute. Römer machte Lärm und rief nach der Watch, welche den Dieb verhaftete und ihn nach dem Watchhauſe brachte. Das Geld und das Bild wurde noch bei ihm gefunden , und er wurde zum weiteren Verhör vor der Grand Jury ins Ge fängniß geſchickt. Römer konnte feine Bürgſchaft für ſein Erſcheinen als Zeuge ſtellen , und wurde baber zur Sicherheit gleichfalls hinter Schloß und Riegel eingeſperrt. Hat man in ſeinem Leben ein ſo widerſinniges Rechtsverfahren geſehen ? Römer iſt beſtohlen , der Dieb räumt ſein Ver brechen ein und iſt gefangen , und der Beſtohlene wird wie ein Verbrecher eingeſperrt, und wird Wochen lang figen müſſen , um als Zeuge dienen zu können !! Hätte Römer eine Ahnung von dieſer amerikaniſchen Gerechtigkeitspflege gehabt, wir ſind überzeugt, er würde ſich gehütet haben , den Dieb anzuflagen. [ Buff. Telegraph .]

Die Freiſprechung des Richters Stuart. * ) Neu - York , 24. Novbr. 55 . Der Stadtrichter Stuart , deſſen Prozeß in den legten Sagen vor unſerem höchſten Gerichtshof verhandelt wurde, ift freigeſprod en worden. r ftand angeklagt , einem berüchtigten Dieb, der ſo viele Namen hatte, daß man nicht *) Derſelbe Stuart , von dem wir kurz vorher eine Probe mit getheilt , wie er ſein „ heiliges“ Richteramt verwaltete gegen zwei Deutſche.

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wußte, wie er eigentlich hieß, die Entlaſſung aus dem Staats gefängniſſe verſchafft zu haben , und zwar für Geld und an derweitige Geſchenke. Bei dem Verhör in der Sache ſtellte ſich heraus , daß der Richter ſich nicht immer in der anſtän bigſten Geſellſchaft bewegte , daß er es nicht verſchmähte, mit Perſonen auf vertrautem Fuße zu leben, deren Geſchäft darin beſteht, dem Lafter zu fröhnen, daß er von dem angeblichen Weibe des erwähnten Diebes 500 Doll. genommen , um da für ihrem Manne die Freiheit zu verſchaffen. Alles dies wurde von einem Frauenzimmer, Namens Conolls), bezeugt und durch andere Zeugen beſtätigt. Und doch wurde er von der Jury freigeſprochen ! Das Urtheil fam nicht unerwartet. Richter Stuart iſt ein Nativ und ein Temperenzler und wurde durch Zu ſammenwirken der Knownothing - und der Temperenz- Partei vor einem Jahre zum Stadtrichter erwählt. Man fagt, 6 von den Geſchworenen ſeien Knownothings und die 6 andern Lemperenzler geweſen . Wenngleich wir nun nicht behaupten wollen , daß dieſer Umſtand auf das Urtheil der Geſchworenen Einfluß gehabt habe, ſo ſteht die Sache doch etwas verdäch tig aus, wenn ſie ſich ſo verhält, wie uns angedeutet worden ift. Ein anderer Umſtand , der zur Freiſprechung Stuart: vielleicht das Seine beigetragen hat, iſt der , daß er mit den Schattenſeiten unſerer Juſtizverwaltung zu genau befannt iſt, und durch ſeine Freunde vielleicht dafür geſorgt haben würde, daß er Collegen erhielte , wenn er zum Staatsgefängniß verurtheilt worden wäre . Stuart jou in der That geäußert haben , daß , „ wenn man ihn verurtheile , er ein Feuer an ſchüren wolle , welches die ganze Stadt in Flammen ſeßen werde. “ Nach all dem zu urtheilen , was bei dem ſo eben beens deten Prozeſſe ans Tageslicht gekommen iſt, ſdheint die Ver waltung der Gerechtigkeit in der Stadt Neu - York ſich in fehr unſichern Händen zu befinden . Das iſt ein beklas gengwerther Umſtand, gegen den Abhilfe geſucht werden muß . Schon ſpricht man ernſtlich davon, die Erwählung von Rich

424 tern durch das Volk als ein verkehrtes Syſtem zu betrachten , dieſe Beſtimmung aus der Konſtitution außmerzen und die Anſtellung von Richtern in andere Hände geben zu wollen . Dieſes Zugeſtändniß, welches jeßt von vielen Seiten gemacht wird , iſt freilich ein Armuthszeugniß für die Weisheit des Volfs ; aber unter den obwaltenden Verhältniſſen , bei den Schwierigkeiten, mit denen das Volk bei Wahlen zu kämpfen hat, wo es namentlich fehr ſchwer iſt, den Charakter der zu wählenden Perſon genau fennen zu lernen , erſcheint dieſes Urtheil weniger hart , und iſt es wohl das Beſte, unter zwei Uebeln das kleinſte zu wählen . Die Geſchwornen haben den Richter Stuart erſucht, ſein Amt nieberzulegen , und es wird hoffentlich dafür geſorgt wers den, daß er nicht ſo leicht wieder Verſuchungen der Art wird ausgeſeßt werden , wie diejenigen geweſen zu ſein ſcheinen , benen er anſcheinend erlegen iſt. Stuart iſt , wie geſagt, Knownothing und Temperenzler, womit wir freilich nicht ges ſagt haben wollen, daß keine Perſönlichkeit einer andern Par tei ſich ähnliche Amtßvergehen könne zu Schulden kommen laſſen Aber es iſt immerhin bezeichnend für den Wahrſpruch dieſer Leute : ,, Amerikaner ſollen Amerika regieren !" [N.- ). Staatsztg .]

Ein neuer Beweis von amerikaniſcher Juſtiz. Mabijon , 26. Novbr. 55 . Unſere Leſer werden ſich wahrſcheinlidi noch des Vor falles erinnern , daß auf der La Croſſe Eiſenbahn einigemar die Schienen aufgeriffen und Baumſtämme über die Bahn gelegt wurden , um die Bahnzüge aus dem Geleiſe zu werfen. Zwei der Verbrecher wurden damals auf der That ertappt. Nun ſchreibt der in Madiſon erſcheinende „ Wisconſin De mokrat “ vom 26. November : „ Die Unterſuchung gegen die Brüder Davolt , welche

425 bei dem Aufbrechen und Blodiren ertappt wurden , kam in der vorigen Woche in der hieſigen Circuit- Court bor. Kein Bereis konnte unumſtößlicher geführt werden, als der, welchen die Ankläger gegen die Gefangenen durch die glaubwür bigften Zeugen feſtgeſtellt haben . Der Polizei - Direktor Beck von Milwaukie, der Poliziſt Smith bon Chicago, unſer braver Unter -Sheriff John Welch ſagten mit der größten Beſtimmtheit aus , daß ſie die Angeklagten während des Begebens dieſes nicht genug zu be ſtrafenden Verbrechens überwachten und ſie nachher berbaf teten . Dies von Ehrenmännern und ſtets dienftfertigen Bes amten gegebene Zeugniß wurde von andern Zeugen und durch die ſprechendſten Umſtände verſtärft. Die Sachwalter der Ankläger thaten ihre Pflicht, der Richter gab eine nicht mißzuverſtehende Lehre an die Geſchwos renen ; dennoch konnten ſich dieſe nicht einigen , — ſte ſtanden acht für ſchuldig und vier für Entlaſſung . Das erinnert an Ratcliff , Anna Wheeler, McDonald , Jonesville und Werts bend , es gibt einen ſchauderhaften Beitrag zur Criminal geſchichte von Wisconſin .“

Die niederen Schichten in Neu - York.

Neu - York , 15. Dezember 55 . Die Enthüllungen , welche der Bakers * ) Prozeß über eine gewiſſe Klaſſe gebracht hat , veranlaſſen die „ New - Yorf Times " zu folgenden Betrachtungen : „ Wir wußten es alle ſchon, daß es der Schurken , Tau genichtſe und Verbrecher genug unter uns gibt, aber Wenige nur glaubten an die Griftenz dieſer förmlichen organis ſirten Verbred erbanden von Profeſſion . Seßt ſind ſie auf der Zeugenbank erſchienen, einer nach dem andern , *) Gin Gauner, der einen andern ermordete .

426 und haben ſich über ihre Genoſſen , Geſchäfte und Schickſale ausführlich ausgeſprochen und gezeigt , daß es wirklich eine Klaſſe gibt, bei der Betrügen, Spielen , lieberfallen und Raus fen eben ſo gewerbsmäßig betrieben wird, wie anderwärts die ehrliche Arbeit. Dieſe Leute ſind Händelſucher, Fechter ( fighters ) und Bo rer, und einer unter ihnen hat uns geſagt, daß zwiſchen den beiden Leşteren ein großer Unterſchied beſteht. Faſt alle ſind durch ſcheufliche Narben gezeichnet. Dem einen iſt die Naſe gebrochen, dem andern ein Ohr abgeriſſen, Kugel- und Meſſernarben bedecken ihren Körper . Sie ver : ſtehen das Betrügen eben ſo gut , wie das Stechen , und leben von dem Schwindel, den ſie an jungen Leuten begehen, die in ihre Klauen fallen . Das Gaslicht iſt ihre Sonne und der Dunſt der Ausſchweifung die Athmoſphäre , die ſie athmen. Ihre Hände ſind mit Blut befleckt und ihre Taſchen mit dem Gold der Unerfahrenen gefüllt: Auch betreiben ſte das Geſchäft der Kuppler und Verführer ; ſie werden von den Proſtitutionshäuſern aufs Land oder in die Stadt geſendet , um unter Denen , die einfachen Herzens ſind , die Opfer der Schande und Unzucht zu rekrutiren. Sie kennen die Handwerksvortheile der Verbrecher aller Länder ; die Handgriffe der Californiſchen Spieler , die Kniffe der Londoner Diebe, die Kunſt der Pariſer Verbrecher , ſich ben Nachſtellungen der Polizei zu entziehen , und den ameri kaniſchen Gebrauch des Meſſers und der Piſtole. Kurz , ſte tragen den Stempel der profeſſionellen Diebe und gehören zu dem großen Verbrecher bund, der überall eri ftirt, wo engliſch geſprochen wird . Das ſind die Leute, welche die Grundlage der Neu - Yorker Geſellſchaft bilden. Ihre Griſtenz iſt kaum befannt und tritt nur zu Tag, wenn ſie durch irgend eine ſchreckliche Tragödie, wie die in Stanwir Hall, enthüllt wird . Und doch ſind ſte der Polizei wohl bekannt . Dieſelbe kennt ihre Lagerpläge, ihre Händel und die Verbrechen , deren ſte verdächtig ſind .

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Unſere Politiker können Euch den Namen eines jeden Chefs dieſer Banden nennen . Tauſende und abertau fende von Dollars ſind aus den Händen unſerer reichen Parteichefs in die dieſer Banditen ge glitten . Viele Jahre lang haben dieſe Schurken auf Rech vielleicht re nung ehrgeiziger Politiker und ehrbarer ligiöſer Kaufleute gelebt , bie , ohne zu überlegen und um ihren Parteikandidaten durchzuſeßen , ihr Gelb hingaben . " *) Die Times findet mit Recht die Urſache dieſer Macht der Schlechten in der Faulheit der Guten. „ Wenn ſich," ſagt ſie, ,, der moraliſche Theil unſerer Ge meinde nur erheben und für eine kurze Zeit die Zügel der Regierung in die Hand nehmen, wenn ſie die Schurken aus dem Amt jagen , wenn ſie ehrliche Leute an die Stelle ge wiſſer Polizeiagenten , welche die Mitſchuldigen und Helfershelfer jener Scurfen ſind , anſtellen, ja wenn fte nur die Hand erheben wollte , dann würden wir feben , wie wenig wirkliche Macht dieſe Klaſſe zügelloſer Taugenichtfe eigentlich beſißt ." ** Um dieſe heilſame Revolution herbeizuführen , appellirt die Times an die Preſſe und die Kanzel, dieſe beiden großen Erhalter der Geſellſchaft. Vergeblicher Apell ! Dieſe ſ. g . ehrlichen Leute werden nach wie vor die Zeitungen lefen , die Predigten anhören, ihre Parteifteuer zahlen und die Drahtzieher unb Sdur: ken gewähren laſſen . Denn ſie ſind zu reich, dieſe Leute, und darum zu bequem , zu feig und zu vornehm, um den Kampf mit den Gaunern in die Hand zu nehmen . So lange es noch ſo leicht iſt, in Amerika Geld zu machen, wird ſich alle Welt auf Geldmachen legen in der einen oder der andern *) Dies iſt nur zu wahr . Um die Wahl des Präſidenten Pierce durchzuſeßen, gab Mr. Belmont , der keineswegs ſehr religiös iſt, 20,000 Doll . (Anm . d . Abendz .) **) Wohl gemerkt ! Das iſt ein offenes Bekenntniß über ameri kaniſche Zuſtände von einem der angeſehenften angloames rikaniſchen Blätter ſelbſt.

428 Weiſe, und ſo lang ift an eine gründliche Reform der pos litiſchen und ſozialen Moral nicht zu denken. Andere Staa : ten waren arm in ihrer Jugend und hatten nur ihre Tugend zum Erbtheil, Amerika iſt zu ſchnell reich geworden , ehe es noch volljährig war und das ift ſein Verderben ! [N.- ). Abendz . ]

Amerikaniſche Criminaljuſtiz . Die Schwurgerichte, ſagt man , ſollen dem Rechtsgefühle des Volkes Ausdruck geben . Iſt dem wirklich ſo, dann ift es mit dem Rechtsgefühle des amerikaniſchen Vol: kes jämmerlich beſtellt, und man möchte ſich eber in einer Räuberberberge, als in einem Lande zu befinden glauben, daß einen ſo großen Stolz auf ſeine Geſittung “ zur Schau trägt. Im Zeitraum weniger Wochen ſind in unſerer Stadt ſechs Mordprozeffe verhandelt worden . Einen einzigen aus genommen, ſtand in allen übrigen die Thatſache des Mordes und die Identität des Mörders mit dem Angeklagten durch deſſen eigenes Geſtändniß feſt , und dennoch war in feinem Falle ein berurtheilender Wahrſpruch zu erzielen ! – Das Hechtsgefühl" amerikaniſcher Geſchworner kann nicht dazu gebracht werden, den Mord ftrafbar zu finden. Wenn von den Greuelthaten die Rede iſt, die faſt täglich in Californien vorkommen ; wenn man hört, daß dort in einem Jahre die Zahl der Morde 4--500 , die der Hinrichtungen nur 5 betrug , ſo wird gewöhnlich gleich als Entſchuldigung hinzugefügt, daß Californien noch ein „ neues Land " ſei, und daß man es mit derartigen Scheußlid;keiten jo genau nicht nehmen dürfe. — Aber welcher Unterſchied befteht denn zwis fchen Californien und den älteren Staaten ? Vor einigen Tagen theilten wir eine einmonatliche Mordchronik von New Orleans mit, auß der ſich ergab, daß in dieſer Stadt binnen vier Wochen beinahe ein halbes hundert Morde , Mordvers fuche und ſonſtige Verbrechen gegen bie Perſon vorgekommen

429 waren. Dabei hat die Stadt noch nicht ein Viertel ſo viel Ginwohner , als Californien . Seben wir in unſere unmit telbare Näbe, nach Baltimore , Philabelphia ober New York, To finden wir da ebenfalls eine unglaubliche Summe von Verbrechen und , was noch ſchlimmer iſt , wir bemerken , daß die Strafloſtgkeit ſelbſt für die empörenoſten Verbrechen faſt eine unbedingte iſt, daß ſich das „ Volk “ zum Mitſchuldigen der Verbrecher macht und daß die Geſchwornen durch frei ſprechende Urtheile oder durch Verbinderung jedes Urtheile ſpruchs direkt zur Begehung von Verbrechen ermuntern . Wir ſehen, wie , wenn doch ausnahmgweiſe einmal eine Verur theilung ſtattgefunden hat , der oberſte Beamte des Staates fich ins Mittel legt , um die Vollziehung des Spruchs zu verhindern . Wir ſehen, wie das Scheufal Tuder , der Weib und Kinder ſchlachtet, durch ,böhere Vermittlung “ in ein Irrenhaus gebracht wird , aus dem man ihn nach wenigen Wochen entlaufen läßt , wir feben den Frauenmörder Fyler auf gleiche Weiſe in Sicherheit bringen ; wir ſehen die Gift miſcherin Henriette Robinson , die Cavanagh und Gor : man dem Galgen entriſſen ; wir ſehen , wie ein Bader und ein Sprague ftraflos bleiben ; furz wir ſehen gewerb 8 mäßigen Meineid auf der Gefdmornen bank, vers brecheriſches Mitgefühl für Verbrecher unter den booften Staatsbeamten , und endlich bemerken wir mit Entrü ftung, daß ſelbſt die offenkundigſten Verbrechenbeweiſe mei neidigen Geſchwornen für gar nichts gelten , wenn der Ver brecher ein eingeborner Amerikaner iſt, und ſein Opfer ein Fremder . Wird auf ſolche Zuſtände mit demjenigen einbringlichen Ernſte hingewieſen , den die Sache erhetſcht, ſo ſind auch hier die Lobredner Amerikas raſch mit der wohlfeilen Ausrede zur Hand, daß die große Jugend des Landes Vieles entſchuldige, was anderswo unſtatthaft ſein würde . Sie meinen , daß in einem Lande , welches fich eben erft aus dem Roheſten und Gröbſten heraus entwickeln müſſe , fauftrechtliche Zuſtände, ähnlich denen im Mittelalter , nichts Unnatürliches und Un

430 Doch dabei wird erſtlich vergeſſen , daß erwartetes ſeien . Amerika fich keinesweys ohne alle Vorausſeßungen gleichſam aus freier Hand entwickelt, ſondern daß es auf den Schultern Europa'8 ſteht, daß ihm, wie alle wiſſenſchaftlichen , ſo auch alle ſittlichen Errungenſchaften der europäiſchen Cultur ſchon als Anknüpfungs- und Ausgangspunkte gegeben ſind , und daß hier nicht erſt eine neue Art von Cultur zu ſchaffen, ſondern eine bereits vorhandene Gultur nur auf beſondere äußerliche Verhältniſſe anzuwenden iſt. Zweitens vergißt man auch, daß im Mittelalter zwar Gewaltthaten gegen Perſonen und Eigenthum häufig waren, aber auch den Schuldigen die ſtrengſten Strafen ereilten und da, wo ſich bei den Behörden zu große Milde und Läſſigkeit zeigte , das Rechtsgefühl des Volkes die heimlichen Vehmgerichte ins Leben rief. Hier in Amerika dagegen kommt ein ſolches Rechtsgefühl nur ſehr felten zum Vorſchein. Da, wo bei den Gerichten nicht geradezu eine direkte Mitſchuld vorliegt, tritt eine erbärmliche, krankhafte Sentimentalität an ihre Stelle, die denſelben Erfolg hat. Raum hat das Opfer eines Mordes verröchelt, ſo wendet ſich die Theilnahme von demſelben ab, und dem Mörder zu. Dem Mörder gelten die rührenden Beſchreibungen , mit denen die Zeitungen den Geſchmack und das Gefühl der Maſſe verderben ; für den Mörder fließen die Thränen zarter Modebämchen ; über ſein Befinden werden umfangreiche Bülletins beröffentlicht, und um ſein ewiges Seelenheil bemüht ſich eine ganze Schaar ſchwarzrödiger Heuchler und Schelme. Je näher der Tag des Prozeſſes rüdt, deſto mehr eble und vortreffliche Eigenſchaften entdeckt man an dem Mörder .... vorausgeſeßt, daß er ein einge borner Amerikaner iſt , wie Suder unb Riſſane , Syler und Sprague. Da bemerkt man an ihm ein edles , nur durch traurige Jugenberlebniſſe, bittere Erfahrungen oder böſe Geſellſchaft auf Abwege geleitetes Gemüth. Man berechs net , wie ſegensreich und erſprießlich dieſer Treffliche hätte wirken können ; man flennt und greint über das harte Loos, das ihn betroffen . Dann geht man einen Schritt weiter.

431 Nachdem man ſich eingeredet , daß der Verbrecher eigentlich ein eremplariſcher Tugendheld ſei, findet man es unglaublich, daß er bei ruhiger Ueberlegung und vollem Beſit ſeiner Gei fteskräfte ein Verbrechen begangen haben folle. Nun werben allerlei Entſchuldigungsgründe vorgeſucht: er muß entweder betrunfen , ober leidenſchaftlich erregt geweſen ſein ; ſein Dpfer, heißt es , reizte ihn zur Gewaltthat, an die er ſonſt nicht im Traume gedacht haben würde. Und wenn alle dieſe Ent ſchuldigungen nicht zureichen wollen, wenn das Opfer z . B. ein Säugling oder ein von Noth und Rummer abgehärmtes Weib war, ſo entdeckt man endlich , daß der arme Inculpat den Mord nur in momentaner Geiſtegabweſenheit beging. Dabei iſt es gleichgültig, ob er unmittelbar vor oder nach der That vollkommen bei Verſtande und Beſinnung war ; man nimmt in dieſem Falle an , daß die Geifteszerrüttung urplößlich , wie ein Blikſchlag ober Schlagfluß , eintrat unb nachdem ber tödtliche Streich geführt war , eben ſo ſchnell wieber ſchwand. Jeßt iſt das Wort gefunden , womit man dem Galgen feine Beute entreißt. Die Geſchworenen , voll von dem durch die larmoyanten Darſtellungen öffentlicher Blät ter erzeugten Eindruc , treten ſchon gar nicht mehr mit der Idee zuſammen, ſich ein Urtheil nach dem durch das Zeugen verhör ermittelten Thatbeſtand zu bilden , ſondern nur um den Angeklagten unter allen Umſtänden entweder ganz uns ſchuldig oder doch nur eines ganz geringen Vergebens ſchuldig zu finden . Gleichviel, ob ſich aus dem Verhöre mildernde Umſtände ergeben oder nicht, der Angeklagte muß unſchuldig fein . Und laſſen ſich gar keine Entlaſtungs beweiſe beibringen, ſo entnimmt man ſie aus den weißen Haaren des „ greiſen Vaters “ oder aus den Thränen der „ gebeugten Gattin. “ Zu den empörendften Fällen der im Vorſtehenden bezeich neten Art gehört der Mordprozeß gegen Sprague , der am Samſtag damit eridete, daß die Jury entlaſſen werden mußte, weil ſie ſich nicht darüber einigen konnte, ob der Angeklagte des Todtſchlags im dritten oder vierten Grade ſchuldig ſei, d. h . ob er zwei Jahre oder zwei Wochen eingeſperrt

432 werden ſollte. Man kann mit voller Beſtimmtheit behaup ten, daß in ganz Europa , von Archangel bis Neapel , von Gibraltar bis Peru kein Gericht zu finden iſt, das in dieſem Falle den Inculpaten nicht des Mordes ſchuldig befunden haben würde. Die Umſtände, unter denen Sprague die Frau Fertig tödtete, enthielten nicht den allergeringſten Milde rungsgrund . Sprague mochte die Fertig's nicht leiden, weil ſte damned Dutchmen (verdammte Deutſche) waren . Eines Abends ſind die beiden Eheleute auf dem Hofe und gerathen dort ihres Hundeswegen mit zwei Jrländern , die im Erdgeſchoſie wohnen , in Wortwedſel , aus bem ſich eine Schlägerei entſpinnt. Sprague ſteht diee von ſeinem Fenſter und ermuntert die friſchen , daß ſie die Dutchmen gehörig verbauen ſollen . Als dieſe nach ihrer Wohnung binaufgeben , tritt Sprague ihnen oben auf der Treppe entgegen und fängt Skandal mit ihnen an ; Frau Fertig gibt ihm derb heraus ; Sprague ruft ſeiner Maitreſſe zu : ,,Gib mir einmal das Piſtol her !" So bald er es erhalten , ſeßt er es der Frau Fertig auf die Bruſt und ſchießt ab. So der Sachverbalt. Die Beiſchläferin des Mörders wird Anfangs als Mitſchuldige verhaftet, ſpäter aber als Entlaſtungêzeugin zugelaſſen ( !! ) und beſchwört nun natürlich alles was nöthig iſt , um ihren Galan un fdulbig erſcheinen zu laſſen . Sie behauptet , daß die Fertig einen Schlag auf Sprague geführt und dadurch (! ) das Pi ftol , das er zufällig (!) auf ſie gerichtet hielt , ſich entladen habe. Die Darſtellung der Sache, die einzige dem Ange klagten günſtige, eine Darſtellung, die von einer urſprünglich Mitangeklagten ausgeht , wird von den weichmüthigen Ge ſchworenen ſofort aufgegriffen und - der Erfolg liegt vor. Die Fertig aber es bedarf dies wohl kaum einer aus brüdlichen Hervorhebung — iſt eine Deutſche, Sprague ein ädter Amerikaner " ! – Vor einigen Jahren ward in St. Louis ein junges deutſches Mädchen einem Balle von einem amerikaniſchen Schurken todtgeſchoſſen ,

und das

433 Gericht verurtheilte den Mörder zu - 500 Doll. Geldbuße . In dem Fertig'ſchen Prozeſſe haben wir ein Seitenſtück dazu. Was dieſe und zahlloſe ähnliche Fälle beweiſen , ift dies : daß die moraliſche Verſunkenheit und Corruption, welche Verbrechen gegen Leben und Eigenthum erzeugt, in Amerika nicht in demſelben Grabe eine anomale Erſcheinung iſt, wie in Europa, daß vielmehr der durchſchnittliche fittliche Gehalt der Volfégeſammtheit zu wenig über dem Niveau jener vers brechenerzeugenden Corruption ſteht , als daß ſich ein ſcharf ausgeprägtes Rechtsbewußtſein im Gegenſaß zu derſelben bil den könnte. Und das iſt die Moral davon. In einem Lande, wo ber mit Pfiffigkeit übertünchte Betrug und der ſchlauc Diebſtahl als smartness ” gefeiert wird, wo Raub und Mord, wenn man ihm eine politiſches Mäntelchen umhängt , für Heroismus gilt (ſtebe Walker u. ) , ba darf man nicht jenen feſten Gerechtigkeitsſinn erwarten, von welchem die Wirkſam . keit der Volkøgerichte abhängt . [ N.- 9 . Abendz . vom Jenner 56.]

Der Doppelmörber Arriſon und das Gefeß . Das Geſeß iſt heilig in dieſem Lande — ſo hören wir täglich aus dem Munbe bieler gefeßliebender Bürger, die keis nen höhern Spruch kennen , als Gehorſam bem Gefeße !" Das Geſet iſt heilig in dieſem Lande iſt der amerikanis ſche Wahrſpruch ; wir bebauern , hier unten einen traurigen Beleg gegen dieſen Spruch abermals berichten zu müſſen . Unſere Leſer kennen den gräßlichen Mordfall von Dr. Arris fon von Cincinnati , der den Spitaldoktor Aliſon und deſs ſen Weib mit einer Höllenmaſchine ermordete und deßhalb bereits zum Tode verurtheilt war. Es wurde ihm ein neuer Irial (Verhör) bewilligt und acht Geſchworne erklärten ſich für , und 4 gegen den Angeklagten. Um unſern Leſern einen Begriff zu geben, wie man hier im Lande des Gefeßes " Gerechtigkeit handhabt und Ge : 30

434 ſchworne zuſammenbringt, kopiren wir aus dem Cincinnati „ Volksfreund " einen Theil von deſſen Bericht, der alſo lautet: !!Hichter Parker : Meine Herren von der Jury ! Die Nadzricht, daß Sie ſich auf keinen Ausſpruch vereinigen kön nen , überraſcht mich nicht im Geringſten , denn Sie hatten ſich kaum in Ihr Berathungszimmer zurückgezogen , als ich ſolche Beweiſe erhalten hatte , welche ein derartiges Reſultat erwarten ließen. Es iſt mehr als räthſelhaft, daß Jurors ( Geldworne)! welche einen Gid babin ablegten , daß ſie den vorliegenden Fall nach ihrem beſten Wiffen und Gewiſſen beurtheilen und in Uebereinſtimmung mit den Ausſagen der eingeſchwornen Zeugen ihren Ausſpruch geben werden , zögern fonnten, einen folchen Ausſpruch abzugeben . Die Zeugenausſagen waren ſo poſitiv und miteinander übereinſtimmend, die Schuld des Verhafteten ſo klar bewie fen , daß man mit Recht hätte erwarten können, daß ſich die Jurors in der erſten Stunde auf einen Ausſpruch hätten ver einigen ſollen . Einer der Jurors, welcher ſeinen Eid als Juror verlegte und ſich als eines Gentleman höchſt unwürdig zeigte, hat auch ſeinen Gid noch dadurch verlebt, daß er eine rſchriftliche" Correſpondenz mit dem Advokaten des Angeklag ten unterhielt, welche Correſpondenz ſich gegenwärtig in mei nem Beſige befindet . ( Der Rider öffnete ſein Taſchenbuch und zeigte ein mit Bleiſtift geſchriebenes Stückchen Papier.) Damit aber das Publikum keinen Verdacht auf diejenigen Jurorê werfe, welche ihre Pfliitt als ſolche und als Gentles leute gethan haben, ſo bemerke ich hiermit, daß es „ Spen cer Cooper" iſt, von welchem ich geſprochen habe.“ Cooper erhob ſich , um einige Bemerkungen in Betreff feiner Correſpondenz zu machen ; der Richter erſuchte ihn jes boch, ſich zu ſeben mit dem Bemerfen , daß die ganze Affaire der Grand - Jury zur Unterſudung übergeben werden würde. „ Da ich (fuhr der Richter fort) keinen Grund einſebe, warum ich die Jury noch länger beiſammen laſſen ſollte, ſo will ich ſie hiermit entlaſſen haben .“

435 Und ſo endigte das zweite Verbör von William Arri ſon , dem Doppelmörber. Zum nähern Verſtändniß iſt hier beizufügen , daß dieſer Spencer Cooper von Sycamore Townſhip ein genauer Freund von Arriſon iſt , --- baß er ſdon längere Zeit für dieſen Verbrecher wirkt, und daß er kaum eine Woche vor der Ver handlung ſich öffentlich dahin ausſprach , ſein Möglichſtes für und Jeder wird ſicher die Befreiung desſelben zu thun , lich beſtärkt werden in der Achtung vor „ amerikaniſcher Ges ſebebliebe“ , und in dem Werthe, den die ſo berühmten , ames rikaniſchen Chriſten " auf die Gerechtigkeit legen . Secten um Gerechtigkeit zu finden, be gibt es in Maſſe , aber Wer ſind die „ Ge darf es der Laterne eineß Diogenes. feßloſen" , Mr. Journal" ? *) [ Louisville Anzeiger vom Jenner 56.]

Eine weitere Gerechtigkeitsprobe. Newark , New - Jerſey, 16. Jenner 56 . McKinney , der den deutſchen Wirth Conrad Bauer falten Blutes durch einen Meſferſtich tödtete , weil dieſer ihin den Eintritt in ſeinen Tanzſaal verweigerte, da er kein Bil let gelöſt, wurde von der Jury deß einfachen „ Todtſchlags " ſchuldig befunden . Die „ Newarfer Zeitung “ bemerkt über dieſen Spruch :

*) Dieſe Fage iſt vom „ Louisviller Anzeiger“ an den Redaktör des gleichfalls in Louisvilleerſcheinenden „ Journal“ gerichtet, das als Organ der „ Fremdenhafſer“ den Eingewanderten alle erdenklichen Laſter und Verbrechen angedichtet , die „ Gingebornen “ dagegen ( die Nativs oder Know nothings) mit allen Tugenden, beſonders mit Ge feßes- und Gerechtigkeitsliebe “ u . ſ. w . ausgeſtattet hatte, und das zur Zeit, als eben von dieſen „ Ging bornen “ die weltbefannteu Gräuel verübt wurden an den „ Eingewanderten “. Wir werden dieſe Partei der „ Fremdenhaſſea“ noch näher kennen lernen. 30 *

436 „ Wir müſſen geſtehen , daß das Verbift, welches bie Jury in dem Prozeſſe gegen McKinney wegen Ermordung Conrad Bauer'8 gefällt hat , uns aufs Höchſte überraſcht und e m pört hat. Wohl haben wir es für möglich gehalten , daß die Jury ſich nicht würde einigen , oder daß ſie ein Verdikt auf Mord zweiten Grades würde fällen können ; aber ein Verbift auf Tobtſchlag haben wir uns wahrlich nicht träumen laſſen . Ein ſolches Verdikt iſt urſerer feſten Ueberzeugung nach kein Akt der Juſtiz, ſondern ein Akt der Politik , eine Verherrlichung des ſogenannten „ ächten Amerikanerthums " , das heißt, des niderträchtigſten Rowdiethum 8 mit Bowiemeſſer und Revolver, und eine ich machvolle Vera höhnung der eingewanderten Bürger . &in folches Verdit iſt ein Schandfleck für die Stadt mark ! Hätte Conrad Bauer unter denſelben Umſtänden den John McKinney ermordet , eine „ erleuchtete “ Jury dieſes „ freien " Landes würde ihn ohne Barmherzigkeit zum Strick verur theilt haben. “

Tugendhaftigkeit und Conſequenz. Louisville , 6. März 56 . Unſere ehrenwerthe Gefeßgebung hat in beiden Häuſern das Regel - und Billardſpiel verboten . Wir ftaunen über das hohe und fittliche Gefühl unſerer Hrn. Gefeßgeber; ſte dekretiren ſich zum Beſten des Landes 4 Doll. Diäten per Tag ; wir möchten gerne wiſſen, wieviel von dieſem Volks gelde auf Billards und Regelbahnen ausgegeben wurde . Aber geſeßt den Fall, e8 ſpiele feiner dieſer Herren Billard oder Regelſpiel, -- was fönnten uns nicht die großartigen Reſtaurants in Frankfort über andere Spiele berichten ? Billard- und Regelſpiel ſind die nobelſten Spiele , bei denen ein Mann ſich Erholung ſuchen fann ; ſte ſind eine wohltha = tige körperliche Uebung, erfordern Berechnung und ftärken den auf dem Stuhle verkrümmten Körper. Laſter und Vers

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437 brechen werden mit Nachſicht und Schonung behandelt , uns ſchuldige und ſogar nüßliche Erholungen werden ſogar von Gefeßeswegen verboten - göttliches Land ! Doch die ganze Geſchichte hat auch ihre ſpaßige Seite; wer ſollte wohl glauben , daß wir durch dieſes neue Geſeß wieder deutſch werden ? Bekanntlich hat man in unſerm alten Vaterlande blos 9 Kegel auf der Bahn ; dieſe wurden auch hier in Amerika eingeführt, aber ähnliche Geſeke brach ten am Ende die Sitte in Gang , die ſogenannten ten pin " ( Bahnen mit 10 Regeln) einzuführen, und ſomit war Ades wieder gut. Die Gefeßgebung hat, wie der Bericht wenig ftens lautet, die len pin ” Adevs verboten ; da hier bekannt lich der Wortlaut des Geſeßes entſcheidend iſt, ſteht kein Hinderniß im Wege , das ächt-deutſche, die Geſundheit för dernde bide pin " Regelſpiel wieder einzuführen ; iſt auch viel vernünftiger und erfordert mehr Kunft. – Die ganze Gefdichte iſt übrigens ein neuer Beleg für die Großartigkeit der Anſichten , mit welchen unſere Herren Gefeßgeber „ bes baftet " ſind . Dem Schaßmeiſter werden 500 Dol . bewilligt für was, kann kein Menſch ſagen ; - bem gewöhnlichen Bürger jedoch verbietet man die unſchuldigſte und dabei ges wir leben ja in einem doch ſtill ſundeſte Erholung ; model country" (Muſterſtaat), und damit Baſta ! [ Louisville Anzeiger.)

Das amerikaniſche Gerechtigkeitsmati. Der Richter Crawford, der den u . Brooks *) für ſeis nen Mordverſuch auf Sumner zu 300 Doll. Geldbuße ver urtheilte und in Sachen des Mörders Herbert die Jury

* ) Brocko und Herbert, beide Kongreßrepräſentanten , höchſte Würdenträger des Landes, die vorausſichtlich auch die höchſte Bildung und Intelligenz des Volles repräſentiren ſollten .

438 dahin inftruirte, daß dieſe den Angeklagten freiſprechen mußte , hat vorgeſtern einen armen Mann , der einen andern ge prügelt hatte , zu einjähriger Gefängnißſtrafe berurtheilt! So viel über die Gerechtigkeit in der Bun deshauptſtadt. Brooks hat ſich nur ſchwer entſchließen können , dem „ Leben voller Wonne“ , das er an den White Sulphur Springs in Virginien führte , zu entſagen , um von Neuem ſeinen Siß im Repräſentantenhauſe einzunehmen. Während er dort unter der Creme der ſüdlichen Ariſtokratie war, galt er für den „ Löwen " des Tages und mußte ſich Hunderten von Badegäſten vorſtellen laſſen . Als er bei der Abreiſe ſeine Gaſthofsrechnung verlangte , ward ihm erwidert , daß bereits von den Gäſten Alles in Richtigkeit gebracht ſei, daß vor der Thüre eine elegante Equipage für ihn und eine Reihe von Kutſchen warte , um ihm das Geleite zu geben . Die Frauensperſonen ſchwenkten ihin noch lange ihre Taſchentücher nach, und konnten ſich gar nicht ſatt feben an dem „ ritter lichen “ Vertreter des „ ritterlichen" Süd- Carolina. Und dieſer Ritter " iſt derſelbe feige Lump, der ſich vor dem Duell mit Burlingame unter die ſchüßenden Fittige der Polizei ver frochen hat ! [N.-Y. Abendz. v. 2. Auguſt 56.]

Aus der Muſterrepublik . Ein Fall, der ein trauriges Licht auf unſer Gerichtsver fahren wirft, wird in Folgendem aus Rocheſter gemeldet : „ Vor zwei oder drei Monaten wurden auf die Klagen einer Mrs. Corner , baß brei Männer Nothzucht an ihr began gen, die Thäter, in Brodport wohnhaft, verhaftet und unter Bürgſchaft geſtellt, welche ſie leiſteten und frei von der Gourt gingen . Die Anklägerin aber , eine arme unbekannte Frau, mit einem Kinde, wurde verhaftet und im Gefängniſſe behalten , um als Zeugin aufzutreten . Ihr Mann , welcher

439 ſich ſeit der Zeit, wo ſie im Gefängniſſe iſt, dem Trunfe ers geben hat , wurde vor einigen Tagen als Herumſtreicher vor Richter Moore gebracht, der ihn jedoch entließ. [N.-Y. Staatsz . vom Aug. 56.]

Bild aus dem „ ritterlichen Süden “ . Philadelphia , 5. Augſt. 56 . Am Sonntag Nachmittag ſpielte in dein Badeorte Cape May ein Seitenſtück zu der Herbert'ſchen Morbgeſchichte * ). Im Mount Vernon Hotel faßen mehrere „ Iunker “ aus dem Süden und zechten Wein. Gin Kellner , Namens Joſua Gibbs , der als ein ſehr höflicher und beſdheidener junger Mann bekannt war, ging durch das Zimmer, als es plöblid einem der jungen Herren einfiel , ihm ein Glas an den Kopf zu werfen . Gibos bemerkte : „ das ſei nicht das Benehmen eines Gentleman “ und entfernte ſidy aus dem Zimmer. Aber einer der Zecher, der Sohn eines „ höchſt achtbaren“ Bürgers von Waſhington , ſtürzte ihm mit einer Piſtole und einem Dolch meſſer nach , holte ihn unten an der Treppe ein und ſtieß ihm Den Dolch in den Rücen . Eine vorgenommene ärztliche Unterſuchung ergab , daß die Wunde, wenn auch ſehr ſchmerzhaft, doch nicht lebensgefährlich) war. Und was geſchah nun weiter ? Wurde etwa der junge Mörder verhaftet ? Gott bewahre. Sein höchſt achtbarer" Vater ſprach ſein tiefes Bedauern über den Vorfall aus und erbot ſich , den Verwundeten auf ſeine Koſten kuriren zu laſ ſen . Das war. Alles . [ Abendz. vom 6. Augſt. 56.]

Juſtiz in Waſhington . Wenn wir noch einmal den Namen des demokratiſchen Meuchelmörders Herbert erwähnen , ſo geſchieht es nicht, *) Wir werden ſie gleich kennen lernen im Paradeſaal der ame: rikaniſchen Staatsmänner.

440 um wiederholt den Charakter dieſes Menſchen zu beleuchten, oder auf die ſchmachvolle Shatſache aufmerkſam zu machen , daß ſämmtliche Demokraten im Congreffe fich weigerten, den von ihm begangenen Mord zu mißbilligen , ſondern lediglich, um einen amerikaniſchen Rechtsgrundſaß zu erwähnen , zu deſſen Aufſtellung Herbert die Veranlaſſung geworden iſt. Zwei verſchiedene Juries, vor denen der Herbert'ſche Pro zeß verhandelt warb, wurden von dem Criminalrichter Grams foro babin inſtruirt: Wenn der Angeklagte in dem Augenblicke, wo er die Shat beging , fürchten konnte , daß der Verſtorbene fich thätlich an ihm vergreifen (ihm , bodily harm " zufügen ) wollte, ſo handelte er im Zuſtande der Nothwehr und iſt nicht ftraffällig, gleich viel ob er ſelbſt die erſte Verans laſſung zu dem Streit gegeben hat , oder nicht." Das iſt einfach, klar und deutlich. Es iſt die Rechts fertigung all' und jeder Art von Mordtbaten. Nach europäiſchem Rechte und nach der geſunden Vernunft, wird derjenige , der in einem von ihm ſelbſt berbeis geführten Conflikte einen Menſchen ums Leben bringt, als vorſäßlicher Mörder betrachtet und kann ſich nicht damit entſchuldigen , daß er in Nothwehr gehandelt habe ; -- allein nach dem vom demokratiſchen Richter Crawford eigens für demokratiſche Congreſmitglieder erfundenen Strafrechte, iſt das anders. Nehmen wir einen beliebigen Fall, der dieſe neue Rechtse Ein Dieb bricht in mein Haus ein ; er theorie erläutert. dringt in mein Zimmer , findet mich aber wachend und ſieht eine Piſtole auf meinem Tiſche liegen. Was iſt natürlicher, als daß er „ fürchtet“, ich könnte mich „thätlich an ihm ver greifen ? " Dieſe Furcht reicht nach Crawfords Lehre voll kommen zu feiner Rechtfertigung aus , wenn der Herr Dieb mich ohne Umſtände todtſchießt. Er würde dann dicht ſtraſs

441 fällig ſein, gleichviel ob er ſelbſt die erſte Veranlaſſung zu bem Vorfalle gegeben, ober nicht." Und nicht allein bad ; ſondern er würbe fogar der Strafe für den Einbruch entgeben. Denn nach Crawforbe Lehre ſchließt das größere Vebrechen das kleinere mit in ſic ), und wenn jenes nicht ſtraffällig , ſo iſt es dieſe auch nicht. Wäre dem anders , ſo hätte doch Crawford die Jury mindes fteng bahin inftruiren müſſen , daß Herbert wenigſtens des thätlichen Angriffe (assault and battery ) (duldig war, indem er ſich an dem Kellner Keating vergriff. Aber er ſagte nichts dergleichen . Die Rechtfertigung Herberts wegen des an Keating begangenen Morbee, war zugleich die Rechtfertis gung der Veranlaſſung dazu , die von Herbert ausgegangen war. Fürwahr, eine bequemere Theorie für Mörder und Ban diten läßt ſich nicht erſinnen . Denn geht man weiter, ſo findet darnach jeder Raubmord ſeine Rechtfertigung. Gin

Herr Straßenräuber fällt mich z. B. mit dem Rufe: „ Geld oder 100 " ! an ; ich greife nach der Taſche, um das Geld herauszuholen , der Herr Räuber aber fürchtet , daß ich eine Waffe hervorlangen und mich „ thätlid) an ihm vergreifen " will ; in ſeiner „ Nothwehr" ſticht er mich nieber und ſtellt fich dann vor Richter Crawford, der natürlich nichts Eiliges res zu thun hat, als den armen Mann , der ſich in eine ſo traurige Nothwendigkeit verſeßt fah, mit Glanz freizu ſprechen . Denn man merke : Es iſt nach der neuen Lehre nichts weiter , als Furcht erforderlich , um einen Morb zu recht fertigen . Wer ſich vor Jemandem, den er beleidigt hat, fürch immer vorausgeſett tet , darf ihn ungeſtraft toðtſchießen : natürlich, daß er ein in der Sklavenfrage geſunder " Demos Erat iſt. - Hiernach war es eine außerordentliche Langmuth von Broofs , daß er Sumner nicht tootſchoß. Denn wie er ſelbſt eingeſtanden hat, hatte er einige Furcht vor Sum = ner, weil dieſer bei weitem größer und ſtärfer war , als er. Auch erklärte er, baß er Sumner todtgeſchoſſen haben würde ,

442 Aber ſo • zartfühlend wenn dieſer ſich widerſeßt hätte. brauchte er gar nicht zu ſein . Wenn er nur fürchtete , daß Sumner ſich widerſeßen könne , war er vollkommen befugt, So lautet das nig ihn „ aus Nothwehr “ todtzuſchießen . gerdemokratiſche Rechtsprinzip , erfunden und proklamirt von Crawforb. [N.- ) . Abendz . vom 5. Augſt. 56. ]

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AP 60

Juhalt des erſten Theiles.

Ginleitendes Vorwort I. Zur Einwanderung Aufklärung über die von Dr. Vionis projektirte Koloniſation in Virginien

Seite. V 1

Schändliche Handlung des Stadtrathes Ermordung eines deutſchen Einwanderers . Emigranten auf der Hudſon - River- Eiſenbahn Neues Syſtem , die Arbeiter zu hudeln Die Einwanderer ohne Schuß Die gehudelten Arbeiter Ein Beitrag zur Geſchichte deutſcher Einwanderer im Armenhauſe Trauriges Schickſal einer Einwanderer- Familie Runners und Permits 2c . Die Einwanderung in Neu -York im Jahre 1852 Emigrantenweſen Emigrantenſchiffe Die Schiffs -Cholera Einwanderer - Beſchwindelung Drei Tage und drei Nächte ohne Nahrung Tod einer bejahrten Einwanderin Fürchterliche Unthat Schacher mit dem deutſchen Volfe

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Grauſame Behandlung von Einwanderern Fälſchung von Gtſenbahn - Tickets Unerhört Ein Blick ins Goldland Schiffskapitäne im Bund mit den Seelenverkäufern Empörende Behandlung von Einwanderern Todt auf der Straße gefunden Ein Blick in das Ginwanderer -Beförderungsweſen Zur Warnung Anflage auf Verführung Merfwürdige Schickſale einer Frau Die Arbeiter Detroits Uebergewicht An die Redaktion der Neu- Yorker Staatszeitung Amerika , wie es iſt Zunahme der Verbrechen in Amerika Nothſchrei einer unglücklichen Mutter und Wittwe Schiffbrüchige Einwanderer Die Liebesgeſchichte in der 24. Straße Gine ſaubere Intelligence Office Amerikaniſche Doktorei Sie wandern wieder aus Nückwanderung nach Europa Schlechte Zeiten Der herrſchende Nothſtand Eine Eiſenbahnfahrt im Schnee Rückwanderer Die Noth Die Arbeitsloſigkeit Elend unter Einwanderern Deutſcher Jammer Hungers geſtorben Gräßlicher Tod deutſcher Einwanderer durch Hunger und Kälte Die Nätives der Ver. Staaten und die Einwanderer Schändliche Mißhandlung von Deutſchen Neu - Yorker Gaſtfreundſchaft

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Pauper-Schnüffelei amerikaniſcher Conſuln in Europa . Der Nachlaß der Todten Rathſchläge für Einwanderer und Bemerkungen . Warum wandern ſo wenig Franzoſen aus ? Selbſtmorde Ukas der Geſeßgebung von Maſſachuſetts gegen die Ginge: 105 wanderten 107 Hungertod 107 Die Liebestreue über dem Meere 108 Empörende Schandthat 109 Der Ochſe iſt todt u . 109 Einwanderer-Leiden 111 11. Unfälle zu Land und Waſſer 111 Schreckliche Dampfboot - Grploſion 112 Brand des Dampfſchiffes „ Amazon “ 117 Dreißig Perſonen ertrunken 117 234 Menſchen erſtickt 117 Der Schiffbrand des „ Henry Clay “ 122 Erploſion des Dampfbootes Dr. Franklin No. II. 123 Exploſion des Dämpfers „ Reindeer " . 128 Eiſenbahnunfall in Morriſiana 130 Der Untergang der „ William und Mary " 132 Eiſenbahnunfälle des Jahres 1853 bis Mitte Auguſt 133 Untergang des Auswandererſchiffes „ Powhattan " Verbeſſertes Verzeichniß der mit dem „ Powhattan “ unter: 140 gegangenen Würtemberger Schlußliſte der mit dem „ Powhattan “ verunglückten Emigranten 142 146 Der Untergang des „Black Hawk“ 149 Großes Feuer 151 Coroners Unterſuchung wegen des Broadway- Feuers 154 Furchtbarer Schiffbruch Schiffsunglück vom 15. bis 21. Mai des Jahres 1854 154 154 Schiffbruch über Schiffbruch 155 Trauerſpiel auf einem Dampfſchiffe Schon wieder Unglück auf der „ Great Weſtern Bahn “ 157 158 Fürchterliches Eiſenbahn -Unglück

446 Seite 162 Dampfboot-Erploſion 163 Dampfboot -Wettrennen 163 Der Untergang des Schiffes „ Townsend“ von Boſton 165 Bitter, aber wahr 166 Gin Todtenſchiff . 166 Untergang des Dampfers „ Arctic" Weber Verantwortlichkeit der Schiffsmannſchaft vor dem Geſetz 179 Schritte zur Kriminal -Unterſuchung gegen die Mannſchaft des 180 „ Arctic " 181 Untergang des Dampfſchiffes „ Yankee Blade“ 184 Gräuelthaten auf der „ Yankee Blade“ 189 Glück und Unglück 190 Furchtbare Sterblichkeit auf Emigrantenſchiffen 190 Furchtbares Unglück auf der Great Weſtern Eiſenbahn 197 Schlag auf Schlag 197 Strandung der New-&ra , eines Emigrantenſchiffes Das Wrack und ſeine Lehren 215 Beſchreibung der beim Untergang der „ New -Gra “ aufgefun denen Leichen Paſſagierlifte des geſtrandeten Auswandererſchiffes ,,New Gra " Schauderhafte Statiſtik Die Opfer des Meeres Eiſenbahn-Unfälle des Jahres 1854 Verluſt von Leben und Eigenthum bei Feuersbrünſten i. J. 1854 Mordthaten und Hinrichtungen in den Ver . Staaten i . I. 1854 Unfälle auf Dämpfern in den Ver. Staaten im Jahr 1854 . Blutige Zahlen Das Schiff „ New - Gra “ Kurzer kronologiſcher Ueberblick der hauptſächlichſten Unfälle und unglücklichen Ereigniſſe in den Ver. Staaten im Jahr 1854 . III. Sur Laſter- und Verbredergeſchichte Neu -Yorker Verbrecherliſte u . Poſtdiebe Giftmord Gin 16jähriger Nothzüchter

223 233 243 244 244 245 246 246 247 247

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447

Mord im Gerichtsſaal Großartiger Betrug Kriminalſtatiſtik New-Yorks vom Jahr 1852 Gräßliche Ermordung zweier Kinder . Verbrecherleben . Gin Schiffskapitän als Mörder Diebſtahl auf der Poſt Die Martha Washington Fall Gine mörderiſche Furie Gräulicher Mord Gelderpreſſuug Hoffmann's Tod . Furchtbare Grauſamkeit ein Bild aus dem „ blutigen Grunde" Kindermord Gntſekliche Gräuelthat Großer Riot in Memphis . Begünſtigung von Verbrechern Sittliche Zuſtände in Neu-Orleans Menſchenfrefieret- Prozeß Nothzucht Scheußlicher Mord Schrecklicher Mord auf Long Island Das geheimnißvolle Billet Sine Mordkiſte Doppelmord durch eine Höllenmaſchine Sin Ungeheuer Zu den Geheimnifſen von Neu - York Das Verbrechen des Dr. Hamilton , eines Geiſtlichen Scheußlicher Mord Wieder ein Nothzuchtsfall Empörende linmenſchlichkeit Vielweiberei Niederträchtig Unmenſchlich Verſorgung im Armenhaus .

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Ein düſteres Familienbild Ein barbariſcher Vater Menſchenverkauf Amerikaniſche Senatoren -Muſter Rindomord Nothzucht Betrug Mord Raubmord Niederträchtig Gräuel über Gräuel Sohnesmörder Vatermörder Verführung , Abortion, Mordverſuch Entdeckter Mord . Unnatürliche Eltern Nothzuchtsverſuch Tödtung an Bord des Schiffes „Yorkſhire" Muttermord Ein geſtohlenes Kind Ein ſchmachvolles Verbrechen Merikaniſche Räuber Ein überhand nehmendes Verbrechen Ein Ehemann vom Ehebrecher erſchoſſen Sohnesmord Nothzucht und Diebſtahl Brutale Schandthat Morð und Hinrichtung Zunahme von Verbrechen Ein Morð vor ſechs Jahren Gine gräßliche Tragödie Grauſenhafter Mord Entfeßliche Anklage Ein großartiger Fälſcher und Betrüger Gin Californier Schwindler Ein lachender Mörder vor Gericht

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Gin niederträchtiger Bankerottierer Jugendliche Verborbenheit . Gine Bande von Raubmördern in Kanada Banfdieb Gine Schurkerei und blutige Szene Poſtdieb ertappt . Morð und Selbſtmorb Sdauberthaten . Frecher Raub in einem Eiſenbahnwagen . Hinrichtungen in Kalifornien Ein flandalöſer Prozeß Gin ſchauberhafter Mord Ein Neger lebendig berbrannt Mord eines Lehrers Sdurfifdy Gin lebendiges Kind als Sdweinefutter Schåndliche Suppelei Die Sdjandthat im Fort McHenry Grauſenvoller Raubmord Verſuchter Wohne&morb und vollführter Vatermorð Abſcheulich Ein gtveiter Bericht über ben verſuchten Gobnes . und voil : führten Vatermord Sdauerlicher Mord Vaters, Mutter : uno Brubermoro . Gin weiblicher Leufel l inlicher olachote Nid St. im Mord Wahrſdje Ein ſcheußliches Verbrechen aus Gelbſucht. Gin Bankier erſchoffen Aus dem vornehmen Vanfeeleben Luftige Vorbereitung zum Galgen Zwei Scheuſals . Ein paar Büge aus dem alltäglichen des 8.- 9). Stadtleden's IV . Polizei Hepublifaniſdie Humanitat . Die Polizei und die Xowodes

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Halbjährlicher Bericht bes Neu - Yorfer Polizeichefs Die Polizei-Rowdies Straßenraub in Neu - York am hellen Lage Der Bericht des Polizeichefs Polizei-Zuſtande in Cincinnati . Sängerfreiheit in Philadelphia Polizei- Zuſtande in Philadelphia ,,Mary Smith Enthüllungen der Neu - Yorker Polizeimirthſchaft Polizeiliche Brutalität V. Amerikaniſche Juftiz Der Aldermann, wie er nicht ſein ſollte Der Richterſtand und der Stadtrath Amerikaniſche Gereditigkeit Der Warb'iche Prozeß Ein auswärtiges Urtheil über ben Ward'ichen Prozes Der Gang der Gerechtigkeit Amerikaniſche Juftiz Deffentliche Sicherheit in Kalifornien Neu - Dorfer Beamten Buftånde Auch im Repräſentantenhaus dieſelbe heilige Gerechtigkeit Was foftet ein Mordangriff ? Reiche Verbrecher pardonnirt Gerechtigkeit in Kentucky Advokatenfünfte Gräuelthat des Geſeges Entbeđungen im Neu-Vorker Staatsgefängniß Sing - Sing Gin empörendes Beiſpiel von Nätin- Juſtiz Strafe eines Mörders in Jeras Amerikaniſche Beamte und Aemterſucher Freiſprechung eines Mörders Die öffentliche Moral Gerechtigkeit in St. Louis Amerikaniſche Gerechtigkeit Wie man in Amerita einen Giftmiſder auf freien Fuß zu feber verfteht

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Schönheiten bes amertfaniſdhen Gerichtewefend Ein Nåtiv als Richter von Deutſchen Ein galanter Gouverneur Gefeßliche Falle für die Unſchuld Demokratie in Louiſiana Wieder ein Stüdlein amerikaniſcher Juftiz Die Freiſprechung des Richters Stuart Ein neuer Beweis von amerikaniſcher Juſtiz Die niederen Schichten in Neu-York . Amerikaniſche Criminaljuftiz Der Doppelmörber Arriſon und das Geſek Eine weitere Gerechtigkeitsprobe Lugendhaftigkeit und Stonſequenz Das amerikaniſche Gerechtigkeitsmaß Aus der Muſterrepublik Bild aus dem „ ritterlichen Süden " Juſtiz in Waſhington

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Man beliebe folgende finnentſtellende Drucfehler zu verbeffern : Seite 4 , legte Zeile lies : Tauſender, ſtatt Lauenber. 5 , von Unten 3 . ihn , ft. ihm . 2. 10, perfiden , ft. prefiden . . $ 6. 11 , Eagle- Furnace , ft. -Furuace. . 2. 12, Unredt, ft. Unrech . 22 , . 5 12. Ginwanderung, fl. Einderung. 31 , Oben 9 . . Northriver, ft. Northriner. 5 2. 43, Line, ft . Linie . . . 45, Unten 5 Bhilanthropie,ft. Philantropie. 13 . Such , ft. Shuch . 49 , 58 , . Oben 18. Philanthropie, ftatt Philans trophie. 64. Von hier an iſt eine Verſtellung in der Reihenfolge der Artikel unterlaufen . Sie ſollen hd anreihen, wie folgt: Die Liebesgeſchichte in der 24. Straße. Amerikaniſche Doktorei. Sie wanbern wieder aus. 31 *

452 eine faudere Intelligenz.Dffice. Müdwanderung nadi Europa u. 1. w . Seite 65, von Oben 16. Zeile ltes : 67, Unten 6. 90, , Dben 3. > Unten 12. 93, $ 131 , & Oben 16.

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Officers, flatt Officiers. Nonheiten, ſt . Nohzeiten. Whisky, ſt. Whiskey. Sonntags, ft. Sonntag . aufgenommen worden wären , ſtatt aufgenommen wären. burcbftreiche merſt“ vor dem Wörts & lein feit ". 5.2 . AP 60 ,,kann“ nach o . Worte ,, kommen " . 10. Ties : Clark, ftatt Clerfe. 11 . affiftirten , ft. fiſtirten . 14. Baltimore, ft. Baulimore. 16. Martin, ft. Mabtin. 1. Baltimorer , jt. Baltimoer. 12. der Barraks, ſt. ben . . 9. Morrow, ft. Moroto . ſtreiche nach gehandelt“ das habe “ 9. und ſese ein Komma. 5. ltes : mitgefahren wäre , ſtatt ſei. 45. Sandford, ft. Sanford. 13. Gin zweiter Bericht, ſtatt weiterer. 8. and Ende der Zeile : uns endlich. 15 . Beerdigung. 1. Deerbingung. 13. 1 das, ft. daß . 9. $ arret, it. $ arel. 18. Ann , ft. Anna . 3. 3. April, ſt. 13 . $ 4. abgefeuert, it. gefeuert. . 13. reße nach „ verläumdet“ ein ! 6. lies : vor, ftatt von. 8. Philadelphiern , ſtatt Phila belphianern. 9 7. Kaile, ft. Klaffe; die, ft. das . 5. monatlanger, ſt. ionatlanger. 10 . fege: Niſſouri, ft. Mißouri . 15 . Atmoſphäre, ít. Athmoſphäre. 1. nidit, ft. dicht. 8. der, ft. die.