Alexander: Tragödie in fünf Aufzügen vom Grafen Gobineau [3. Aufl. (3.–4. Tsd.). Reprint 2020] 9783112377345, 9783112377338


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German Pages 124 [136] Year 1911

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Alexander: Tragödie in fünf Aufzügen vom Grafen Gobineau [3. Aufl. (3.–4. Tsd.). Reprint 2020]
 9783112377345, 9783112377338

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Alexander. Tragödie in fünf Aufzügen vom

Grafen Gobineau. Deutsch von

Ludwig Schemann.

Dritte Auflage (drittes und viertes Taufend).

Straßburg.

Verlag von Karl I. Trübner. 1911.

Alexander. Vom Grafen Gobineau.

Alexander. Tragödie in fünf Aufzügen vom

Grafen Gobineau. Deutsch von

Ludwig Schemann.

Dritte Auflage (drittes und viertes Tausend).

Straßburg. Verlag von Karl I. Trübner. 1911.

Alle Rechte, insbesondere den Bühnen gegenüber, Vorbehalten.

Los- und Llniversttätsbuchdruckerei C. A. Wagner, Freiburg i. Br.

Vorrede zur dritten Auflage. Die zweite Ausgabe des deutschen Alexander ist seit geraumer Zeit vergriffen; aber erst vor kurzem ist es mir möglich geworden, zum dritten Male die Land an den Text dieses meines Lieblings behufs seiner nunmehr wohl endgültigen Gestaltung zu legen. Es scheint mir bei dieser Gelegenheit unerläßlich, ihm nochmals einige Worte zum Geleit mitzugeben. Alexander ist im Vergleich zu den Triumphen der Renaissance weit bescheidener seinen Weg gegangen. 3a, er hat — als einzigstes bisher unter den dichterischen Werken Gobineaus — sich diesen seinen Weg gegen ernstliche und verschiedentliche Widerstände erkämpfen müssen. Am so erfreulicher fällt die Tatsache ins Ge­ wicht, daß er mit großer Stetigkeit immer mehr zu Ehren gekommen, daß die Zahl seiner Freunde fort und fort gewachsen, daß er unter anderm am öftesten übersetzt worden und namentlich in den regsameren und höher­ stehenden Kreisen unserer deutschen Schule, von der anderseits die ersten Befehdungen ausgegangen waren, mit schöner Wärme ausgenommen und gewürdigt worden ist. So konnte es kommen, daß er heute, einschließlich der Schulausgabe, die dem Werke zuteil geworden ist, bereits in 10000 Exemplaren gedruckt in Deutschland vorliegt, die sich zu gleichen Teilen auf die französischen

IV

und auf die deutschen Ausgaben verteilen. Damit dürfte nun wohl sein endgültiger Sieg besiegelt sein, zumal wenn — was für nicht allzuferne Zeit bevorsteht — auch seine Aufnahme in eine oder die andere unserer volkstümlichen Sammlungen erfolgt sein wird. So wenig ihm nun dieser Sieg leicht gefallen ist, so wenig werden ihm auch fernere Kämpfe erspart bleiben; aber diese werden in dem Maße abnehmen oder doch leichter durchzufechten sein, als es den Freunden des Werkes durch klaren Einblick in die Arsachen über­ wundener wie noch fortwirkender Gegnerschaften möglich wird, deren innere Anberechtigung darzutun. Als ein Hauptgrund der so auffallenden anfänglichen Entgleisung des Arteils auch vieler Deutscher — von den Franzosen rede ich hier nicht: in Frankreich sind die Per­ sönlichkeiten, die den Alexander wahrhaft würdigen, noch heute zu zählen — muß unbedingt die Tatsache festgestellt werden, daß Gobineau selbst einmal in einer paradoxen Anwandlung diese seine Iugendtragödie wenig günstig beurteilt hat. Er hat damit gewissermaßen eine Probe auf eigenes Arteil angestellt, die dann sehr viele schlecht genug bestanden haben. Daß sein vielberufenes »trop de conspiration“ dem eigentlichen und unzerstörbaren Werte des Dramas so wenig Eintrag tut, wie der von ihm als „larmoyant" charakterisierte Zug gewisser elegischer Anwandlungen seines Leiden, wird nachgerade von immer mehreren Seiten erkannt und anerkannt. Gobineau hat namentlich mit letzterer Bezeichnung vielmehr nur einen dankens­ werten Warnungswink gegeben, daß jener Zug in der Darstellung eben nicht ins Larmoyante fallen dürfe, da­ mit das Gesamtbild erhabenen Wollens und echter Leroen-

große, das er in seinem Alexander hingestellt hat, un­ geschmälert zur Wirkung komme. Lat also das begeisterte Echo, das sein Leld in so vielen — namentlich jugendlichen — deutschen Lerzen erweckt, ihn selbst Lügen gestraft und seine Bedenken siegreich übertönt, so ist von andern Kreisen, insbesondere denen der deutschen Bühne, leider zu sagen, daß jenem dort vorerst noch ungleich schwieriger zu bewältigende Gegenströmungen sich entgegenstellen. Nachdem vor Jahren gehässige Angriffe auf das Werk dies, wenn auch nicht zu Fall gebracht, doch zu dem üblichen Achtungs­ erfolg verurteilt halten, der schon für so manche Bühnen­ schöpfung nur eine mildere Form solchen Falles bedeutet hat, lassen die noch völlig ungeklärten, in jedem Falle aber noch sehr ungünstigen Verhältnisse und Stimmungen des heutigen Bühnenlebens fürs erste auch ein Wieder­ aufleben in jenen Regionen zum mindesten noch als sehr schwierig erscheinen. Wenn es auch an Zeichen dafür nicht mehr fehlt, daß die schlimmste Zeit der Lerrschaft des Naturalismus überstanden, daß man sich wieder nach idealeren Darbietungen zu sehnen beginnt, so hat sich doch gerade am Beispiele des Alexander einmal wieder recht deutlich gezeigt, wie stark die meisten unserer Theater­ leiter von der ersteren Richtung unbewußt und unwill­ kürlich umstrickt sind'; und, was fast noch schlimmer, wenn es auch gelänge, von dem Geist, von den Stoffen des 1 Einzelne mir zugekommene derartige Kundgebungen der zeitgenössischen Dramaturgie, auf die ich hier nur kurz Hinweisen will, mögen einstweilen bei den Akten weiterruhen. Sie werden nach Jahren, wenn der heute schon beginnende Umschwung voll­ endet sein wird, noch ein weit größeres Interesse, wenn auch mehr als Kuriosa, besitzen.

— VI — Naturalismus sich mehr und mehr freizumachen, so hat doch dessen Stil die gesamte Bühnenkunst unserer Tage (einschließlich der klassischen) dermaßen überwuchert, daß die Schöpfungen der edleren Gattungen unter der mas­ siven Art des Spielens und Sprechens, wie er dort da­ heim (richtiger unter dem völligen Anvermögen, Werke des höheren Stiles überhaupt noch diesem entsprechend zu spielen und vor allem zu sprechen), aufs schwerste zu leiden haben und daß unsere besten Bühnenleiter bei ihren vereinzelt noch dem klassischen Drama zugewandten Bemühungen fast wie von ihren Leeren verlassene Feld­ herrn dastehen. And doch ist es einzig hier, wo wir mit unseren Loffnungen einsetzen können. Es will doch etwas be­ sagen, wenn diese Besten ausdrücklich erklären, daß unser Alexander zu den Werken gehöre, die jener ihrer höchsten Bemühungen würdig seien und daß sein Schicksal mit dem des Zukunftsgebildes einer deutschen Festbühne un­ auflöslich verknüpft sei. Inmitten aller noch so trostlos stimmenden Verworrenheit der heutigen Geschäfts- und Abonnementsbühne kam eine tiefe Ruhe über mich, als mir einst der Meister, welcher Gobineau überhaupt die Bühne erobert hat, in einem festlichen Augenblicke ver­ sicherte, auch dem Alexander werde noch seine Stunde schlagen; und als mir ein anderer — der Schöpfer und langjährige Leiter der Münchener Shakespeare-Bühne — schrieb: „Wäre unser gegenwärtiges Theater nicht so weit davon ab, was es eigentlich sein sollte, so müßten die Schauspieler mit gierigen Länden nach den Rollen Ale­ xanders und Roxanes greifen."' 1 Man vergleiche auch desselben Meisters (Savits) ausge­ zeichnete, wie für die am Alexander gemachten Erfahrungen ge-

VII

And fast mehr noch als diese (und viele andere) Rufe nach der Bühne muß es zur Hoffnung stimmen, wenn wir nun sehen, wie die Schauspieler sich in Wirk­ lichkeit verhalten, wie sie nämlich tatsächlich das getan haben, was Savits von ihnen begehrte, und daß nur die Intendanten, beraten von ihren Dramaturgen, ihrem Ver­ langen nicht gewillfahrt haben. Von mehreren Heldendarstellern weiß ich dies; bei einem, dem begeistertsten von allen, Carl Bender, habe ich es selbst erlebt. Er ist leider darüber hingestorben, ohne seinen brennenden Wunsch, den Alexander darzu­ stellen, verwirklicht zu haben; und ehe nicht ein ernstlicher Wandel in unserem Bühnenleben sich vollzogen hat, dürften auch jüngere Berufsgenossen kaum glücklicher hierin sein. Wie die Dinge heute liegen, kann ja auch der edelst­ gesinnte Bühnenleiter nicht wagen, den Antrieben seines höheren Ich folgend etwa einen Alexander mit dem ihm zukommenden kühnen Griff und freien Entschlusse in den Vordergrund zu rücken, abhängig wie er ist von Mächten wie Publikum, Kritik und Presse, die im Durchschnitt und in ihrer heutigen Zusammensetzung einer Ausnahme­ gestalt wie Gobineau, wenigstens in ihrer Eigenschaft als Bühnenanwärter, gleich fremd, gleich heterogen- gegen­ überstehen. Aber zum Glück gibt es, wie gesagt, auch Gegen­ erscheinungen. Gobineaus Ruhm wächst zusehends, stetig und sicher; auch in unserer Bühnenwelt hat er sich im schriebenen Worte über die Poesie auf dem Theater, über „das Theatralische der poetischen Rede und des gesprochenen Wortes" in seiner Schrift „Von der Absicht des Dramas", München 1908, S. 143/44.

VIII stillen treueste Freunde gewonnen und unentreißbar zu eigen gemacht. Sie erstreben durchweg ein Löheres; sie werden auch Alexander zu finden und am rechten Ort das Rechte für ihn zu tun wissen. And wenn dieser, um hier ein früher von mir gesprochenes Wort zu wieder­ holen, im Jahre 1903 zu Weimar zweifellos einen Ehren­ erfolg davongetragen hat, so werden fich hoffentlich eines Tages auch Männer an leitender Stelle dessen erinnern, daß damals die Ehre doch wohl nicht ausschließlich auf feiten Gobineaus war. So können wir ruhig warten und weiterhin zusehen, bis das eigene Ehrgefühl dies jenen Männern derart zum Bewußtsein bringt, daß sie auch die Darstellung des Alexander als eine schöne Pflicht freudig aufgreifen. Inzwischen bin ich bemüht gewesen, für den deutschen Text nochmals alles Denkbare zu tun, damit die hohen Schönheiten der Dichtung bei jederlei Verwertung des­ selben möglichst voll zur Geltung kommen. Freiburg, 18. April 1911.

L. Schema«».

Aus der Vorrede zur ersten Auflage. Über Entstehung und Schicksale wie über Wesen und Wert unserer Tragödie habe ich in der französischen Aus­ gabe derselben (2. Auflage, Straßburg, Trübner 1902) das Nötige gesagt und kann daher, um mich nicht in manchem hier zu wiederholen, einfach dorthin verweisen... Diese meine Verdeutschung habe ich mir nicht etwa

nur als literarisches Produkt vorgestellt, sondern gleich vom ersten Augenblicke an auch die deutsche Bühne sehr ernstlich dafür ins Auge gefaßt. Ich würde es um dieser selbst willen beklagen, wenn inmitten des reichen Lebens, das unser Theater neuerdings entfaltet, alles das von Geisteskraft, Lerzensglut und Seelengröße, was Gobineau in dieses sein stolzes Iugendwerk hineingelegt hat, dort keine Leimstätte finden sollte. Aber es ist das wohl auch kaum zu fürchten. Leben­ dig genug legt das Drama selbst fast in jedem seiner Worte Zeugnis dafür ab, daß hier ein Großer redet, und wenn sich nur die rechten Darsteller für dessen dich­ terische Absichten finden, so erscheinen seinem stammenden Idealismus und Leroismus die schönsten Wirkungen so

gut wie gesichert. Lierüber also wäre kaum erst noch ein Wort zu ver­ lieren. Was aber wollen vollends solchen Gaben des Genius gegenüber die Schwächen des Werkes besagen? Die

Schwächen



ich

könnte

ebensogut

sagen

die

X Schwäche, denn mit jenem einen, das Gobineau selbst in späteren Jahren mit den Worten „il y a trop de conspiration“ treffend bezeichnet hat, ist im Grunde alles gesagt. Indem er dies eine Motiv intensiv und extensiv zu stark und zu einseitig verwertet, hat er sich sein tra­ gisches Gebiet unzweifelhaft sehr verengert. Nur die Blindheit des Fanatismus könnte dieses, aber auch nur die Blindheit des Äbelwollens das andere verkennen, daß

er auf dem also verengerten Gebiete nun echte tragische Größe in Fülle entfaltet hat. Wohl hat Gobineau nur einen Ausschnitt aus einem Riesenbilde gegeben, aber es ist der, der Alexanders Seele voll umschließt und aus dem sein Leldenauge, je weniger es von äußerer Um­ gebung zu überschauen hat, um so Heller uns entgegen­ glüht und -leuchtet. Die ganze Einseitigkeit, aber auch die ganze Großheit der Jugend atmet aus diesem Werke. In späteren Jahren würde Gobineau zweifellos sich etwas objektiver gegeben, er würde vor allem das Ganze motivisch reicher gegliedert, nicht so auf einen Ton gestimmt haben. Die Staffage hätte alsdann zweifellos gewonnen, die Gestalten, insbesondere die Hauptfigur, dagegen sehr wahrscheinlich verloren, während jetzt, wie gerade die lebendige Aufführung lehren dürfte, der Monotonie der dramatischen Hauptmotive mehr als ausgleichend die meisterhafte Ausmalung der Äauptgestalten gegen­ übersteht. Ganz gewiß hat Gobineau im Alexander manches mehr al fresco gemalt. Es fehlen hie und da die feineren Einzelzüge, die Nuancierungen und Übergänge *, ein 1 So hätte man die Feldherrn mehr abgestuft gewünscht. Zwischen Lephästion und dem Äaupttrupp der Verschwörer bildet nur allenfalls Nearch den so erwünschten Übergang.

XI

Fehler, der dadurch um so störender wirken könnte, weil die angedeutete Monotonie gerade die des Schlechten ist. Indessen ist er doch mindestens nur zum Teil organisch. Zum andern Teile kann ihm leicht durch stilistische Ab­ glättungen und diskrete Wiedergabe abgeholfen werden'. Vor allem aber wird in Gobineaus Sinne immer darauf zu sehen sein, daß die eigentlichen Lauptgestalten — außer Alexander selber Roxane, die Äeldin der Liebe als Eifer­ sucht, Lephästion, der Selb der Freundschaft, Perdikkas, der Großmeister der Verschwörerränke —, die der Dichter, wiewohl er auch ihre Charaktere im Grunde alle stark auf einen Zug gestellt, dabei doch so wunderbar lebensvoll zu individualisieren verstanden hat, voll zur Geltung kommen. Betreffs Alexanders muß zunächst davor gewarnt werden, daß man nicht etwa auch in der Schilderung des Schwankens seiner Stimmungen seinen Feldherrn gegen­ über, wie auch in deren starker, säst exzentrischer Steige­ rung und Färbung, jugendliche Unreife finden wolle. Dies ist vielmehr bewußte Schilderung des Genies, das ja so gern Menschen und Dinge zugleich vergrößernd und in jähem Wechsel fich vor Augen führt, und bald als belebende, erleuchtende, erwärmende Sonne, bald als furchtbarer Vulkan auf sie einwirkt. Übrigens befindet

fich gerade hier Gobineau im Einklänge mit der geschicht­ lichen Tatsache der so exzessiv veranlagten Individualität Alexanders. Er kann sich nicht genug darin tun, den 1 So müssen z. B. in der Schlußszene, wenn diese nicht alle Würde verlieren soll, die Feldherrn durchweg gedämpft, halblaut reden, bis zu dem Augenblicke, wo Leonnatus mit erhobener Stimme die welthistorische Frage an Alexander stellt: wem er seine Krone vermache.

XII

ungeheuren moralischen wie geistigen Abstand des Genies vom Talente darzustellen, und nur aus ihm ist der Kon­ trast von Alexanders herben Verurteilungen in düsteren,

und von seinen Annäherungs-

und Emporziehungsver­

suchen in gehobeneren Momenten zu erklären. Am schroff­ sten tritt dieser Kontrast in seiner letzten Anrede (im

zweiten Auftritt des letzten Aufzuges) und in dem darauf­ folgenden Monologe hervor, mag man nun in ersterer nur ein kurzes sanguinisches Aufflackern in seiner pessi­ mistischen Amdüsterung sehen wollen, oder annehmen, er

habe in den Blicken der Feldherrn gelesen, daß er selbst in einem solchen Augenblicke von ihnen nicht verstanden worden. Gewiß wird es manchem in die Seele schneiden,

daß Gobineau den welthistorischen Moment von Ale­ xanders Ende in seiner tragischen Bitterkeit gar so grell hingestellt und beleuchtet hat; im ganzen ist es aber doch so gewesen: das Große, im höchsten Sinne genommen, verschwindet damit aus diesem Teile der Welt, aus dieser

Epoche der Geschichte, und nur allenfalls noch manches Tüchtige vermochte sich in eine neue hinüberzuretten, das jedoch unser Dichter bei dem erschütternden Abschieds­ blicke, den er von einsamer Löhe in die Niederungen wirft, übersehen mußte. Bei einer solchen Liebeleere und

Verödung, solch einem Sieg der Kleinen würde uns freilich gar zu hoffnungslos ums Lerz werden, wenn nicht der Genius im Gewände echten Gottesgnadentums in Gobineaus wunderbarer Darstellung Alexanders allein

schon mit solcher Leuchtkraft begabt wäre, daß es in seiner Atmosphäre nimmer dunkel werden kann, auch wenn er

unterliegt und untergeht. Der Sonnenglanz von Ale­ xanders Gestalt muß selbst bis in die Todesszene hinüber­

leuchten, die Seelengröße, die aus seinem letzten Mono-



XIII —

loge spricht, diese gleich einem Sonnenuntergange nach­ vergolden. Nur noch ein Wort über Roxane. Soll diese Ge­ stalt richtiger Auffassung und Darstellung begegnen, so darf keinen Augenblick vergessen werden, daß auch sie in allem und jedem einen Zug von Größe offenbart. Dank ihm begreift außer Lephästion einzig sie den König, aus ihm erst gewinnt auch ihr furchtbarer Kampf zwischen Liebe und Eifersucht seine wahre tragische Vertiefung.

Vorrede zur zweiten Auflage. Fast schneller, als ich ursprünglich hatte erhoffen können, ist mir die Genugtuung geworden, der AlexanderTragödie, insbesondere auch an Stellen, auf die ich den Lauptwert für sie legen mußte, die Würdigung echten Verständnisses entgegengebracht zu sehen. Auf den höheren Schulen Deutschlands hat das Drama, nachdem es in einer ganzen Reihe von Gymnasien als Lektüre eingeführt und warm aufgenommen worden war, jetzt festen Fuß als solche gefaßt, und zugleich haben die Weimarer Aufführungen im Mai dieses Jahres seine Bühnenfähigkeit unzweifelhaft dargetan. Sind auch im Augenblick die Strömungen unseres theatralischen Lebens einem Werke von so schlichter Klassizität und von so durch­ aus innerlichem Werte nicht eben die günstigsten, so darf man um so fester darauf vertrauen, daß der „Alexander" bei der unausbleiblichen, nach der Meinung vieler schon heute sich ankündigenden Gegenbewegung der idealeren Richtung seine gebührende Rolle spielen werde. Inzwischen belehren mich vorerst die erfreulichsten Stimmen aus dem literarischen Publikum, daß immer mehrere in diesem Iugendwerke Gobineaus ein echtbürtiges Kind seines Genius und einen nicht unwürdigen Vorläufer seiner „Renaissance" begrüßen. Ein Wort noch über die neue Fassung meiner Über-

XV setzung, die ich in dieser zweiten Ausgabe dem Publikum vorlege. Die Beurteilungen, welche meine Verdeutschung des

Alexander seinerzeit gefunden, waren ziemlich weit aus­ einandergegangen.

Zwar ist mir das eine, was mir von

Äause aus die Hauptsache schien, daß sie nämlich im Geiste des Originales gehalten sei, wohl von niemanden, der überhaupt dem letzteren nahegekommen war, abgesprochen

worden; dagegen sind manche Äärten der Form, nament­ lich in den ersten Akten, mit Recht auch von wohlwollender Seite gerügt und ist deren Abstellung insbesondere auch

im Interesse der Bühnenwirkung des Stückes als wünschens­

wert bezeichnet worden.

Ich habe daher diesmal meine

ganze Kraft und Sorgfalt nach dieser Seite, auf die

glattere und fließendere Gestaltung der Form, konzentriert und hoffe, daß mir diese insoweit gelungen sein wird, als die ganz außerordentliche Schwierigkeit einer Über­

tragung aus dem Alexandriner es überhaupt zuläßt und als ich meinem Grundbestreben, dessen schwerfällige Eleganz nach Möglichkeit durch deutsche Kraft und Kernigkeit zu ersetzen, nichts zu vergeben brauchte.

Freiburg, 3. Dezember 1903.

L. Schema««.

Alexander.

Gobineau, Alexander.

3. Aufl.

1

Personen. Alexander, König der Mazedonier. Königin Roxane, seine Gemahlin. Äephästion Perdikkas Philolas Klilus Mazedonische Feldherrn. Anligonus Leonnatus Menidas Rearchus, Admiral. Eumenes, Alexanders Geheimschreiber. Oxyartes | Persische Satrapen. Phrataphernes / ' v Anaxarchus, Wahrsager. Mazedonische, griechische, persische, indische rc. Krieger. Satrapen, Feldherrn, Offiziere, Frauen, Diener, Sklaven Eunuchen, Edelknaben rc. Ort der Wandlung: Teils im Lager Alexanders, teils zu Babylon.

-----

Erster Aufzug. Das Lager Alexanders. Trupps von mazedonischen, griechischen, persischen und indischen Kriegern, teils in Reih und Glied, teils in freien Gruppen. Im Hintergründe Kriegswagen. Am Lorizonte die Mauern von Babylon. Diener und Sklaven schlagen das Königszell auf, das während des ersten Aufttitts serriggeftellt wird, so daß alSdann die Bühne von dieser leinenen Wand begrenzt ist. Der Pavillon des Königs zur Rechten.

Erster Auftritt. (Trompetenstöße und Fanfaren.)

Ein Offizier. Wir machen Lalt hier.

Schlagt die Zelte aufl

(Krieger gehen ab und zu.)

Erster Krieger.

So givt's doch endlich wieder frohe Mienen, And morgen geht's zurück nach Babylon. Zweiter Krieger.

Kaum hätt' ich's noch gehofft!

Reich' mir die Land!

Dritter Krieger. Komm an mein Lerz! Vierter Krieger.

Gruß Babel tausendmal!

Fünfter Krieger. Die stolzen Mauern, die die Menge krönt. Sie bergen uns die heißersehnte Ruh.

Erster Krieger. Die wir durch tausend Leiden uns erkauft. Ade denn, Kampfes Müh und Krieges Not!

1*

4 Dritter Krieger. Ade nun, Durst und Lunger, Sonn' und Staub! Ein jeder kehret friedlich in die Leimat. Ein Offizier.

Macht euren Lärm gefälligst anderswo!

Zweiter Auftritt. AntigonuS, LeonnatuS, PhilotaS, MenidaS, Klttus, Perdikkas, sämtlich in KrtegStracht. — Bei der Ankunft der Feldherrn ziehen die Krieger sich in den Hinter­ grund der Bühne zurück.

Philotas.

Kameraden, dantt den Göttern, euren Rettern! LeonnatuS. Dank ihnen, ja, sie schönten unser Leben.

Philotas. Da er zu toller Fahrt uns ausziehn hieß. Des ind'schen Bacchus fabelhafte Taten Zu überbieten, war ich drauf gefaßt. In kurzer Frist mein letztes Leim zu finden. Trotz schöner Loffnungen, die er in Fülle Uns gab, schleppt' uns der König doch dem Tod Entgegen. Mein! wir hatten Meder, Parther Und Scythen, Bessus, Oxyartes' Banden Und Taxilus und Porus — letzteren Von ungefähr — besiegt, und sollten noch Mit schwerem Lerzen und verstörtem Blick, Gesunknen Muts den Indus überschreiten. Des dunkele Gewässer schier den Strömen Des Schattenreichs Tribut zu bringen scheinen. Da war's für uns ein Wink des Limmels denn. So vielem Ehrgeiz einen Damm zu setzen.

— 5 — Weint' auch der Selb, da seiner matten Krieger Gerechte Kühnheit Gnad' ihm abgerungen. So war es doch, trotz aller seiner Wut, Mit seinen Taten nun zu End', und wir Gerettet. Klitus.

Zch, ich danke fürs Erobern. Genug wohl schweiften wir mit Blitz und Wetter Durch alle Welt umher. Leonnatus.

Za, jal Saft recht! Was frommte wackern Kriegern, die alljetzt Jehn Jahr' und mehr die Welt durchjagen, die. Des Glückes müd, des Ruhmes überdrüssig, Im Wunsch nur an des Sieges Früchten nagen? Wir wollen in Muße unsre Schätze zählen.

Antigonus.

Wir wollen Macht! Menidas. Wir wollen mühelos In Tagen, duftig, golden wie ein Traum, Die Ruhe kosten, die das Schwert gewann. Das ist auch mein Fall, und, wie Leonnatus, Bin ich der Mühn und Männertaten satt. Vielleicht war einst ich stolzer, als ich Sellas Verließ: je nun, die Lust am Lärm verliert Sich mit der Jugend.

Klitus. Seißes Ungestüm

6 Paßt für verwegne Kümmerlinge, die, Aus ihren Löchern schlüpfend, gierig hasten, Ihr traurig Los zu heben. Lieber häng' ich Gleich morgen, eh's noch Nacht wird, an die Wand Die Lanze und lass' auf meine letzten Tage Die Blüten leichter Liebesfreuden regnen.

Perdikkas (iü*emt>).

Welch reiches Lossen sich dem Aug' entfaltet! Labt acht nur, daß in solchem Freudentaumel Der Leld euch nicht ertappt; er würde bald So schmeichelnd schöne Träume euch verscheuchen. Die Güter, Schätze, Ehren, die er uns Verliehn, in unsern Augen nur zu wohl Verdient, sind's nach des Lerren Sinn nur wenig. Nur mangelhaft; und darf Gerüchten ich. Die bis zu mir gedrungen, Glauben schenken. Sind Plän' im Werk, uns allen unbekannt. Die, bald enthüllt, uns überzeugen werden, Daß Alexander wir, solang wir leben. Zu folgen haben.

Philotas.

Pah, von Lerz und Land Bin ich ein freier Mann, man soll mich nicht An des Erobrers Wagen ketten. Wenn Der Knechte Philipps Sohn bedarf, nehm' er Die Perser, die in seinem Troß er hält, Barbaren, in Gefügigkeit erzogen,Nur Griechen nicht, die frei zu leben lernten. Perdikkas (leise). Vor all den Zeugen mäßige deine Rede!

7 Philotas. Es kränkt, Perdikkas, meinen Mut, daß ich. Der ich zum herrschen doch geboren ward, Lier schweigen soll! Furchtlos red' ich von dem Verhaßten Nebenbuhler . . .

Antigonus. Still!

Menidas. Der König!

Dritter Auftritt. Die Vorigen. Alexander. Er ist vollständig bewaffnet und trägt auf dem Laupte einen goldenen Lelm. Eumenes, OxyarteS, PhratapverneS, Satrapen, Statthalter, Krieger, Edelknaben usw.

Antigonus.

Äeil, König! Eumenes.

Äeil, glorreicher Alexander! Perdikkas. Dem Kind des Limmels Seil! Leonnatus.

Dem Sohne Ammons, Dem göttergleichen Freunde innigst Seil! Menidas.

Dem größesten der Sterblichen, des Namen Wir kennen, Seil!

8 Alexander.

3ch dank' euch, Kameraden! Euer Gruß und Segenswunsch erfreut mein Ohr! Kommt näher nun, Statthalter meines Reichs, Ihr Lüter meiner Labe, denn von euch Lab' Rechenschaft zu dieser Stunde Ich zu empfangen. Ohne Zweifel hat Ein jeder hier, dieweil ich lange fern, Als treuer Diener seinen Eifer mir Bezeugt, darüber ich nun richten will. Doch wie, ihr redet nicht? Verwirrung les' ich In dem bestürzten Antlitz?

Phrataphernes. (Mit andern Persern, die ihm folgen, stch vor dem König niederwerfend.)

Milder König! Die Bitten demutsvoller Untertanen, Die knieend hier sich nahen, bring' ich zitternd Dir dar. Der Kerr, den scheidend du uns gabst. Dem Rat der Bösen öffnet' er sein Ohr. Zufrieden nicht, an unsrem Leib und Gut Sich zu vergreifen, wagt' er Cyrus' Gruft, Des Großen, zu entweihn; die heiligen Gebeine, die noch jüngst wir fromm verehrt. Streut' er in den Wind, um dort nach Gold zu suchen.

Alexander. So wagt ihr, während in der Ferne ich Auf Land- und Meeresbahnen vor mir her Der Erde Grenzen trieb, entweihend mein Gefürchtet Zepter, eurer Labgier Werkzeug Daraus zu machen? All eu'r frevles Tun,

9 Ich kenn' es. Ja, Nikanor, jal Er zittert! Ja, alles weiß ich, feiger Wicht, und mancher. Der ähnlich dir, soll zittern so wie du. Anseliger, in Fülle birgt dein Schatz Geschmeide, Waffen, goldene Gefäße, Wuchernd erhöhst, verdreifachst du die Steuern And läßt mein Volk vor Elend schier verenden? Selbst in den Lastern haben sie zur Äöh' Der Könige sich nicht erheben können. Greift sie denn alle zwei, schlagt sie ans Kreuz! Mit Rächerwaffen tret' ich zwischen euch. Zertreten will ich eure schnöde Brut, Ihr träg Gewürm, die ihr das Monument Von unten mir zernagt, das so mein Arm Vergebens aufgerichtet! Fasset Mut, Ihr Perser, nicht ein solcher Äerr bin ich. Wie die Erobrer sonst euch wohl erschienen. Ich komme nicht, zu plündern und zu brennen. Noch Läufer und Paläste euch zu rauben. Am meine Diener damit auszustatten. Nahm euren Königen ich Thron und Zepter, Schmückt' ich mit ihrer Würde meine Macht, Geschah's zum Zeichen meines festen Willens, Ein Leifer euch zu sein. Solange noch Ansicherheit auf meinen Zügen mich Begleitet, hab' ich eurer Großen Laupt Gebeugt, wir waren Feinde, und, gerecht. Verlangt' ich Treue nicht von euch; doch heute. Wo endlich Magier und Satrapen auch Das Gute meines jungen Reichs erkannt.

10 Von feiger Mörderhand Darius fiel. Wo ich den Täter solch fluchwürdigen Frevels Gestraft, und von dem Königsstamm kein Äaupt Mehr lebt, des Macht der meinen sich vergliche. Allda entschloß ich mich euch zu vertraun. Die Tochter eurer Könige kiest' ich mir Zum Weib: den Rechten, die Geburt ihr lieh. Eint sich mein Schwert, und morgen teilt Statira Mit mir die Macht. Ihr aber, die auf Größe Nicht mehr zu hoffen wagtet, sollt, verjüngt Durch mich, eu'r Teil empfangen. Medien Sollst, Phrataphernes, du regieren, du, Orobazes, über Lydien herrschen, dein, Zopirus, ist Armenien, Gyges endlich Ernenn' ich zu der Phryger Vizekönig. (Die Perser werfen sich nieder.)

Erhebet euch, es lächelt euch der Äimmel! Des Vaters Loheit ehrt in mir fortan; Eu'r Volk, es segne, unter meine Macht Gebeugt, auf immer seines Herrschers Güte. Doch euch, ihr Krieger, muterglühend, euch, Ihr echten Kameraden, meine Freunde, Mir stammverwandt, ihr Bändiger der Völker, Euch ziemt es, Kriegsmühn und gewaltige Kämpfe Nun wieder aufzusuchen.

Klitus. Sage mir, Sohn Philipps, hast du einige Liebe nur Für mich, für einen Alten, der, im Sieg Ergraut, seit vierzehn Jahren Schritt um Schritt Dir nachgefolgt, den man der Todesfurcht Nicht zeihen kann?

11 Alexander. Ich höre deine Stimme And muß drob lächeln, Klitus. Stets zu tadeln Bereit, mit Widersprechen bei der Land, Was willst du?

Klitus. Nichts. Das Gute nur genießen. Das du uns tust. Zu was doch nützen uns All unsre prächtigen Paläste, wenn Das ganze Jahr wir, irrend auf gut Glück, Von grobem Brot uns nähren, schlafen auf Der bloßen Erde, kurz, so kümmerlich Dahin noch leben wie zur Zeit, da wir Ans solche Lerrlichkeit nicht träumen ließen? Nur Ruhe! So im Marsch, das ist kein Leben. Dem tollen Ehrgeiz folgen, ist ermüdend. Indes du deine Freunde zwingst, zum Trotz Dem Sommer und dem Winter durch die Welt Zu ziehn, gedeihen die Besiegten, die Mit ihrem Namen unsren Ruhm begraben. Weit mehr als wir, die wir erschöpft von Siegen. And trifft sich's je einmal, daß deiner Feldherrn, Der alten Krieger, einer, die man uns Als ehrenüberladen, von des Lerrn Wohltaten fast erdrückt gemalt, die Macht Gebraucht und diesen glücklichen Besiegten Ein wenig sich bemerklich macht, so eilst Du gleich herbei, du siehst ihn kaum nur an. Gerätst in Wut und läßt ans Kreuz ihn schlagen. Das heißt doch zu undankbar uns behandeln! Der Perser Stolz gewöhnest du dir an;

12 Vergebens unter unsren Schlägen sank Ihr Lochmut hin................

Alexander. Viel, Klitus, steht dir zu, Denn deine Schwester hat mich einst genährt. Du bist recht deutlich. Ich verstehe dich. Doch fühlt kein Ohr davon sich hier verletzt? Befragen wir die Freunde. Was sagst du, Philotas? Philotas.

Nun, mir scheint, daß lang genug Gekämpft ward. Alexander. Meinst du? Wohl! And Eumenes? Eumenes. Ich bin bereit, zu ziehn, wohin mein Lerr Mich führt; indes, die Wahrheit zu gestehn ....

Alexander.

Schweig, wer dich sieht, der hat dich schon gehört. Perdikkas, du? Antigonus? Menidas? And Leonnatus auch? Daß keinen wir Vergessen! Ihr wollt Ruh, begehret Frieden. And dieser Perser Los genügte euch? Eh' ich zu solchen Wünschen mich bequeme. Bitt' ich noch einen Augenblick Gehör. Als es den Limmlischen gefiel, daß kühn Der Menschen einzelne, der staubgebornen. Mit heiligem Diadem die Stirne kränzten.

13 Den Königsnamen wählten, um zu herrschen Gleich wie sie selbst, da dachten nimmer sie Die Macht zu teilen mit gemeinen Schelmen Von niedrer Stirn und schwarzer Sinnesart. Wenn ihre hehre Land dem Thron zur Seite Am des Gehorsams willen Kraft und Recht Gestellt, so war's, weil die Ansterblichen Die Könige groß in ihrem Tun und weise In ihren Satzungen gewollt. Ich nun, Ihr Mazedonier, tu' ein Reich euch auf. Das ohne Grenzen und von allem, was Da lebt, geachtet. Ich hab' eure Kühnheit Geweckt und euren Schritt geführt zu Stätten, Die vor euch niemand kannte. Ja, noch mehr: Zufrieden nicht, Viktorien zu fesseln. Wollt' ich mit einem edlern Ruhm euch schmücken. Ich baute Städte, machte Wüsten fruchtbar. Es taten Läsen, Straßen überall Sich auf, und Völker, die zuvor einander Richt kannten, grüßen sich als Bundsgenoffen And sind die eurigen geworden, kurz. In meinem Königswerk des Schicksals Liebling, Seh' um mich her ich eine neue Welt Erstehn, und darum haben mich die Götter Auf diese Erd' entsandt. Sie haben Donner And Blitz mir nicht geliehn, nicht meine Tage In Purpur mir verstrickt, auf daß ihr euch Mit Wein und mit nichtswürdigen Liebeshändeln Verfüttertet. Zu Willen sein dem Klitus, Das wäre Alexanders Lebensziel? Richt also, nein, daß ihr mich wohl versteht! Erröteir müßt' ich, ließ' durch eure Feigheit

14 Berechtigte Entwürfe ich mir hemmen. So wißt denn: ich will, fester heut als jüngst. Da kecken Bitten ich mich unterwarf And Indien, das schon eroberte. Mir sah entrissen, eh' drei Monde noch Vergangen, wieder ausziehn, will, das Schwert Jur Land, die Grenzen Afrikas erreichen, Gen Norden dann hinauf mich wenden, zu Dem Argebirge, wo des Limmels Wucht Der greise Atlas trägt, die Enge überschreiten. Die Lerakles, der Göttersohn, vor Zeiten Verewiget durch seine Doppelsäule, And heim in Babels Mauern wieder kehren Als Lerr der Welt. Also gebiet' ich's, also Stehn sie vor mir als unerbittliche Gelübde, jene Werk', um die die Enkel Ich reicher machen will. Wohl sind sie groß. Ja ungeheuer acht' ich sie, doch werd' Ich sie bewältigen können. Denkst jedoch Du, Leonnatus, oder Klitus, oder Du, Menidas, die Reise sei zu lang. So bleibt zu Laus! Ihr Mazedonier, selten Vertraut ein Grieche sich Barbarentreu, Zerreißt indes ihr unser glorreich Band, So wend' ich an die Perser mich und nehme Zu Lelfern sie.

15

Vierter Auftritt. Klttus, Philotas, Perdikkas.

Philotas. Ihr habt's gehört?

Klitus. So folg' Er seiner Narrheit. Mag die Erde denn Von seines Namens Lärmen widerhallen. Mir ist es recht, ich bin's zufrieden! Aber, Den Becher in der Land, erwart' ich hier Den übermenschlichen zurück als Sieger. So kann sich jeder denn von uns genugtun.

Philotas.

Verschließest, Klitus, du dein Aug' dem Licht? Sieh' doch, in welche Fährnis wir verfallen: Zieht mit den neuen Freunden aus der König, Unb kehrt er eines Tages sieggekrönt Zurück, wo bleibt dann unser Leldentum? Vom Glanz der neuen Siege überstrahlt! Dann mögen wir, erniedrigt und verkannt, Vergeff'ne Taten rühmen, wir sind doch Der Perser Spielball, dieser Sklaven, die Mit einem Schlag beim Könige zum Rang Der Leiden stiegen, und die nun, bis hoch 3um Limmel ihre Siegsfanfaren schmetternd. Den Platz mir rauben und vor meinen Augen Den Lohn der alten Dienste unverschämt. Anmaßend, toll vor Labsucht, mir bestreiten.

16 Klitus. 's ist wahr, bei allen Göttern, daran dacht' Ich nicht! Philotas. Ich dachte dran für dich.

Klitus. And du, Perdikkas?

Wie dünkt dich?

Philotas. Erschrickst du schon Vor diesem Anglücksbild, wo eine größre Gefahr doch nur zu klar ist: Alexander, Äeißt er auch Ammons Sohn und Gott, ist drum Nicht minder sterblich, und wenn fern von hier, Amringt von Fremden, eines Tags er endet, Wißt ihr, wes Land die Lerrschaft erben wird? Zwar unser Recht auf seinen Thron ist sicher. Was er besitzt, ist, Freunde, unsre Beute, Denn ohne uns fand sicherlich der König Den Antergang. Doch — stirbt er fern von uns?

Klitus.

La, Anheilsahnung! Philotas. Lerren seiner Macht, Wie mögen dann die Perser freien Lauf Verhängnisvollstem Loffen lassen! Sie Negieren allerwärts, befehligen Die Truppen, keine Anmaßung ist ihnen

17 Zu groß! Schon seh' ich's, wie sie irgend einem Wildfremden Bettler, der von ihren Kön'gen Entsprossen, mit Verachtung unsrer Rechte Die Krone reichen. Wir indessen, bar Der Äilfe, einflußlos, wie können wir Nur Widerstand versuchen?

Klitus. Nein, nein, nein. Der König darf sich nicht von hier entfernen And uns in solche Sorgen stürzen.

Philotas

(ihn bei der Land fastend).

Wahrlich,

Er darf's nicht! (Ein Augenblick des Stillschweigens.)

Klitus. Ich errate deinen Sinn! Doch wer wird den verlaff'nen Purpur greifen? Dein Vater? du? der greise Perdikkas?

Perdikkas.

Eröffne dich uns, Freund, nur ohne Scheu! Parmenion hat auf das Reich kein Recht, And mag er immerhin gar tüchtig sein. So seltne Gaben rühmt ihm niemand nach. Daß sie vermöchten, ihm die ganze Schar Siegswürdiger Rivalen zu beseit'gen. Ich fordre für mich selbst die gleiche Achtung. Doch gilt's Philotas, ist nur eine Stimme! Fest und beredt, voll Tapferkeit, ein Glückskind, Der Mazedonier edelster, besitzt er Gobtneau, Alexander.

3. Aufl.

2

18 Wohl tausend Tugenden, der Krone wert. And hab' ich irgend Rechte, tret' ich ihm Sie ab. Philotas.

Gar wohl erkenn' ich dich, du edler And weiser Alter! Welche Seele birgt Geheimnisse für deinen tiefen Blick? Die Gabe nehm' ich an und schwöre dir. Mein Königsrecht werd' ich zu wahren wissen Mit fester, sichrer Land. Des zum Beweis VerMnd' ich euch, daß unsre Siegsgesänge Gar bald erschallen werden. Diese Nacht Wird ganz mein Werk vollenden. Ich erkläre Mich nicht. Perdikkas. Lüte dich wohl, mein Freund! Bewahre Auf deines Lerzens Grunde deine Pläne And laß den Sieger morgen uns begrüßen.

Philotas.

Nein, weiter sag' ich nichts. Doch wisse, Klitus, Noch heute abend will ich alles wagen. Kein Alexander soll Hinfort die Menschheit Zu Tode Hetzen. Bald seid ihr befreit. Bedenket wohl dies Wort! Fünfter Auftritt. Klitus, PerdiktaS.

Klitus. Glaubst du, ich sei So dumm, daß ich nicht sähe, wie der blonde Philotas seinen Meister in dir findet?

19 Du reizest seine Jugend und behältst Für dich die Loffnung, daß er fallen werde. And daß du König seist. Bei Gott, Perdikkas, Gar wohl durchschau' ich deine Schurkerei. Perdikkas.

Bezähme doch den Ausbruch bittrer Spottlust, Die unaufhörlich sprüht aus deinen Augen And deiner Stimme, die die Freunde kränkt And dich verhaßt macht. Lassen wir den Toren Ans Vorhutdienste tun, es muß doch schließlich Jemand voran sich wagen; und wenn einmal 3u Anfang einer soll zugrunde gehn. So ist's am besten, wenn's Philotas trifft. Der noch dazu sich angeboten hat. Wir bleiben alle beide, um den Sieg Zu sichern, zu vollenden, um empor Zur >)öh' zu steigen................

Klitus. Sei es drum! Es gilt! Zch möchte meinen» alten Kameraden Philotas nimmer vorziehn. Sind wir doch. Wir alten Knaben, gleich an Jahren schier. Söhn' einer Stadt, von einem Mut beseelt; Schon unter Philipp dienten wir gemeinsam. And gerne, Freund, begrüß' ich dich als König. Sechster Auftritt. Die Vorigen.

Sin Edelknabe und ein Trupp Eunuchen kommen aus dem KönigSzelt.

Der Edelknabe.

Entfernt euch, Griechen, Perser, Bundsgenossen!

2*

20 Perdikkas. Naht Roxane dem Gatten?

Der Edelknabe.

Ihre Wagen Verließen diesen Morgen Babylon. Perdikkas. Mög' immerdar der Götter Luld ihr Laupt Beglücken! Siebenter Auftritt. Der Edelknabe.

Die Eunuchen.

Der Edelknabe.

Länget hier den Vorhang auf. Daß kecker Blick von nirgend dieser Stätte Sich möge nahn. (Die Eunuchen und der Edelknabe ziehen sich zurück.)

Achter Auftritt. Alexander, in Kriegstracht, aber entblößten Lauptes.

Roxane

Roxane.

(mit Sefttglctt).

Ein Wort gibt mir das Leben Zurück, ein einziges Wott verdammet mich! Verzeihe deiner Sklavin Roxane, Der Könige König! Nach so langer Zeit, Die mir dahinging, ohne daß ich dich Gesehn, wirst du mich der Verzweiflung nicht Preisgeben wollen!

21 Alexander.

Warum dieser Schmerz, Die klagevollen Bitten? Wer doch macht Die Tränen fließen, die den Lidern dein Entquellen? Kann die Liebe anders nicht, O Tochter Oxyartes', meine Leimkehr Begrüßen? Roxane.

Ach, mein König, welche Gattin Wär' minder denn beschwert an meiner Statt? Ach, wie ich's auch beginne, meine Zähren Kann ich nicht bannen.

Alexander. Sag, was wünschest du? Roxane. Lat es an Sanftmut mir, an Tugend je Gefehlt, daß Alexander heut Statiken Ium Weibe nimmt? And da begreifst du nicht Den Angstschrei meines Lerzens? Ist Statira Doch weniger schön als ich! Wozu denn die Rivalin? And was habe ich dem König Getan? Ich baute auf Lellenensitte And wähnte deine Liebe nie zu teilen; Jedoch den Persern zu gefallen, willst Wie sie du leben. Ihre Üppigkeit,

Ein Greuel deinen Ahnen, steckt dich an. Alexander. Da liegt das Anglück, all der Tränen Quell? Der Schmerz, der dich verfolgt, ist schwach bewehrt.

22 And wahrlich, solchen Grund hätt' ich nicht leicht Für deinen Groll mir ausgefunden. Wohl dir. Wenn niemals schlimmre Wunde dir beschieden. Roxane. Ich sterbe dran!

Alexander.

Sei sichrer deiner Macht! Wie, Oxyattes' Tochter, hätte je Für eine andre irgend Liebe ich Bezeugt? Roxane. Wenn wahr du sprichst, wie kommt es dann. Daß mir die Rebenbuhl'rin ward? Alexander. Im stolzen Gefolge königlicher Pracht mit schreitet Die Sorge. Anter allen seinen Schätzen Besitzt der König Freiheit wahrlich nicht.

Roxane. Der Mann von großer Seele ehrt die Gattin.

Alexander. Durch eifersüchtige Wut läßt du dich täuschen. Zu lauschen bösen Träumen hüte dich! Welch einen Zauber hat für mich dies Kind Von fünfzehn Jahren? Ob Statira schön. Ob ohne Freude die Natur Gestalt And Antlitz ihr gebildet, ich befried'ge Den Glauben meiner neuen Antertanen,

23 Indem die Tochter ihres Königs mit Dem Diadem ich kränze, mein Gefolge Verstärk' um einen allgewaltigen Wächter; Darius' Tochter hebt und schützet mich. Fortan .... Was ist dir? Seufzer? Schluchzen gar? So brechen wir denn ab, und — von was andrem!

Roxane.

Nein, nein, ich will nichts hören! Liebst du mich. So gib es auf, mein eignes Diadem Entzwei zu schneiden. Liegt so wenig dir An meinem Glück ....

Alexander. Genug, nicht weiter mit So törigem Wort! Dich lieb' ich, Roxane, Doch wisse, wo mein Wille spricht, da darfst Du nichts verlangen, nichts versuchen. Äoch And heilig, müssen meine Pläne allem Dir vorgehn, und zur Last nur werden mir Nutzlose Tränen. Feindliches Erinnern Lebt fort im Perserland; ich kann es nur Beruhigen, wenn ich mein Recht vereine Mit dieses Volkes Glauben, das noch stolz Auf seine Könige ist. Welch eitlem Wahn Gabst Anlaß du in deinem Äerzen! Cyrus', Des Siegerkönigs, Blut entstammt dies Kind, Sein Nam' allein gewinnt mir hundert Schlachten. Doch du bist nur ein Weib, und du begreifst nicht. Roxane.

Nein, nein, ich hör' auf nichts! Ich sterbe hin And will doch leben! Nimmer folg' ich deinem

24 Arglistigen Rat. Ich liebe dich und will nicht. Daß zwischen uns sich jemand drängt und mir Den Gatten aus den Armen reißt. O du, Gott meiner Väter, und ihr, Lellas' Götter, Ihr Götter meines Gatten, seine Liebe Gebt mir zurück! Das Los voll Schmach und Abscheu Erspart mir eines Weibes, das im Wittum Durch Tage der Verachtung hin sich schleppt. Eines Königsweibes, weinend ob der Ehren, Die ihr die andre raubt, die sie sich nah, Im gleichen Lause, Tür an Türe findet — Sie stirbt schier an dem Glück, das sie da schaut! Wohl hab' ich dich geliebt, jedoch verläßt Du mich, trotz meiner Liebe, deiner Schönheit, Trotz deiner Kronen, deiner Krieger, trotz All deiner Größe, Glück und Namen, ob du Des ewigen Ammon Sohn auch seist, ich spotte Vergang'ner Eide dann wie du, mein Laß Weiht dich des Limmels Rache, ich kenne dich Nicht mehr!

Alexander

aschelnd).

Soll ich dich fürchten gar ... .? Roxane. Mein Lerz Wird schnöde Kränkung nimmermehr ertragen. (Sie kehrt in das Zelt zurück.)

Neunter Auftritt. Lephästion, Alexander.

ÄephästwN (lebhaft eintretend.)

Mein König!

25 Alexander. Nun, was gibt's?

Lephästion. Verschwörung! Kaum Bleibt uns die Zeit, uns zu verteidigen.

Alexander. Mein teuerer Lephästion, wer verrät mich?

Lephästion. Philotas. Ja, Philotas selber trachtet Dir nach dem Leben. Er verhehlt's nicht mal! Wer ihm nur in den Weg läuft, dem eröffnet Er seine Pläne, rühmt sich seiner Kühnheit. Ein Bogenschütz aus Baktrien, den er Mißhandeln lassen, sioh zu mir, um alles Mir zu erzählen. Von dem Überläufer

Erfuhr ich aufs genauste seinen Anschlag Wie seine frechen Reden. Dich erdolchen Will man im Schlafe diese Nacht. Alexander. Philotas Ist nicht allein bei solch verwegnem Tun?

Äephästion. Mitschuldige hat der Krieger nicht genannt.

Alexander. Kaum heimgekehrt, verhängen das Gericht, Nur immer zittern, zweifeln und verdammen! Die Freunde such' und rufe sie zusammen!

Zweiter Aufzug. DaS Lager.

Das Innere des KöntgSzelteS; zur Linken das Gemach der Frauen, zur Rechten das Alexanders.

Erster Auftritt. Roxane, OxyarteS, gefolgt von zwei Fltegenwedelträgern, aus dern Gemach des Königs tretend.

Roxane. O Vater, Oxyartes, weile, nahe. Vernimm! Wie Flehende voll Angst und Zweifel Bewegt die Arm' ausstrecken nach den heil'gen Altären, also jetzt verzweiflungsvoll Streck' ich die Arme, Vater, aus nach dir.

Oxyartes.

Verwirrung in der Stimme, Angst im Antlitz? O Königin, welch ein Wahnsinn doch erregt Die Sprache dir? Des Throns Insassen rechnet Für Schwäche und schmähliche Empfindsamkeit Man solch Verirren, höchstes Götterbild Unzähliger Untertanen, laß dein Diadem Durch Tränen nicht beflecken, und wenn denn Ein herber, scharfer Schmerz dir seine Pfeile Ins Lerz zu senden je vermöchte, wiss' Ihn zu verschließen, daß Verräter nicht Es offenbaren, wie zu ihren Äerrn Sogar der Kummer sich versteigt. Roxane.

Ach, wär' Ich Göttin, wie du sagst, dann würden andre.

27 Nicht ich, in Klagen sich ergehn, umsonst Versuchte meine Feindin sich zu wehren, In des Geliebten Arm ergriffe sie Mein Äaß! Doch ach! ich bin ein Weib nur, flücht'gen Begehrens Spielzeug. Bergen mein Verzweifeln? Jst's ein Geheimnis denn? And kennst du's nicht? Muß ich dir's sagen? Dieser Gatte, der Mich liebte, er verachtet heute mich; Des Äerzens so beraubt, das einzig ich Begehrt, gezwungen, Ehren und Palast Zu teilen, auf den Rang der Dienerin Schmachvoll herabgedrückt — sag, ob solch Los Verdienet wohl, daß ich mich seiner rühme? Gefleht, beschworen hab' ich heute morgen. And nichts von meinem stolzen Äerrn erreicht. Als lügnerische Eide, dran sein Aug' Selbst zum Verräter ward! Nimmt er Statira, Mein Vater, so geschieht's, weil er sie liebt! Fortan beruht mein Äoffen nur auf dir. Auf dir, dem Rat des Königs und Vertrauten. Leut, wo's weit weniger gilt der Tochter Stolz Als jener Achtung, die dein Laus verlangt. Ja deiner Macht, der ich zur Stütze diene. Rettest mit meinem Glücke du dein Wohl. Oxyartes.

Wohl keiner, dessen Wort die Könige ehren. Wagt je in nichtige Lande! sich hinaus. So denk' ich nicht daran, ihm seine Wünsche Zu widerraten, nein, noch mehr darin Bestärken will ich meinen Lerrn. Einst hatte Beim Anblick Alexanders Asien Grund,

28 Voll Schreck sich aller Übel zu versehn.

Es weiß, das arme Land, der Sieger Beute, Wie sehr einander glichen jene Selben, Die, aus entlegnem Lande aufgetaucht. Es einer nach dem andren überfielen And dann als Weide nutzten. Ziemlich jedes Jahrhundert sah so einen noch erscheinen. Blutdürst'ge Kraft war ihnen allesamt Gemeinsam. Mord und Brand ringsum verhängend In Ländern, reich an Segen, eng int Bunde Mit Mut und Tücke, thronen sie auf Saufen Von Leichen, Trümmern, Wüstenei'», dann endlich Verlassen sie die Welt. Nur Alexander Vollendete die Bahn, ohne daß sein Wagen, Bewehrt mit mörderischer Sense Stahl, Ließ unterm Rade eine blutige Spur. Groß wie Sesostris und wie Cyrus mächtig. Liegt ferne ihm das Spiel, ein Reich zu brechen. Nein, glänzender nur alles aufzurichten. Das ist sein Ziel. Besiegt, jedoch getröstet. Beim Klange seiner Stimme voller Soffnung, Sehn wir in ihm den besten unsrer Kön'ge; Was er gebietet, stößt Vertraun uns ein, Wir ehren eines Gottes Geist in ihm. Das prächtige Gebäude, das er heut Errichtet, vor ihm haben es vergebens Die alten Serrscherhäupter einst erträumt. Er ist unser Seiland. And da willst du, daß Den Rettungsbund, zu dem er jetzt sich rüstet. Ich hemme? Gib die Soffnung auf und nimm Vernunft an, dämpfe einen Sarm, der an Verrat gemahnt. Du redest von dem Einfluß,

29 Den meiner Tochter Eh' gestiftet habe Für unser ganzes Laus? Nein, Frau, von dir nicht Längt meine Größe ab, auf meiner Klugheit Beruht sie und des Königs Tugend. Mir, Der ein gefürchtet Laupt in Asien, Stünd' eine Macht wohl schlecht, die aus der Laune Geboren; feig, verachtungswürdig schien' Ich mir, bekäm' von deiner Land die Ehren Ich zugeteilt.

Roxane. Auch du verlässest mich .... Kein Lerz mehr in der Welt, das Lilfe leiht I Es winden sich in meinem Busen Liebe And Schmerz, ich bleibe hoffnungslos, besiegt. Indes raubt sie, die meine Zunge nimmer So scharf kann treffen, wie sie mir zuwider. Die Nebenbuhl'rin, die versiuchte, mir Mein Glück, verachtet meine Rechte, seht Sich mir zur Seit', auf meinen Thron, und du Wähnst, daß ich ungestraft sie lassen soll. Die Lärte, achten gar, die solcher Schmach Mich preisgibt? Loffst du das? Soll kraftlos denn Mein Wesen sein, des hohen Mutes bar Das Lerz, das Blut der Wärme? Soll auf ihn Ich stolz sein, da er mich herausgefordert?

Zweiter Auftritt. Die Vorigen.

Phttotas, in Ketten, von Kriegern herbeigeführt. der Königin zu Füßen.

Cr wirft sich

Roxane.

Wagst du zu nahn mir, Sklav, mich zu berühren?

30 Philotas.

O Königin, bei deinem, bei des Königs Geweihtem Sein umklammr' ich deine Knie, Tritt für mich ein, o Königin! was verlang' ich? Ach, nur das Leben! Roxane. Mörder!

Philotas. Eines Fleh'nden

Erbarme dich! Roxane.

Mich dein erbarmen? . . Feiger, Lachte das Schicksal dir, dein grausam Äerz, Es hätt' auf nichts gehört. (Sie kehrt In ihr Gemach zurück; Oxyartes mit seinem Gefolge durch den Lintergrund ab.)

Dritter Auftritt. Philotas, die Krieger im Lintergrunde.

Philotas. Bin ich's, Philotas, Der eines stolzen Weibes Knie' vergebens Umfängt? O schmachvoll traurig Ende, harte. Fluchwürdige Strafe! Wieviel Stunden noch Lab' ich zu leben? Einen Augenblick! Doch nein, mein schwaches Lerz erschrickt mit Unrecht. Unzählige Freunde hab' ich hier im Leer, Verwandte, Kameraden, ja weit mehr: Ich habe Lelfer, die da, in mein Schicksal Mit einem Wort hineingezogen, wenn

31 Ich's will, zu Alexanders Füßen liegen. Die für ihr eignes Äeil auf meinen Schutz 3u sinnen haben. Bin ich schuldig, so Sind sie's wie ich. Nicht ich allein bedrohte Den König. Mit mir teilen diese Schuld Perdikkas, Klitus; in Gleichgültigkeit Werden sie nicht verharren. Wohl ging ich, Ihr Laupt, voran, es ruht' auf mir allein Die Ehre eines ersten Anschlags, meines Genies verdientes Vorrecht. Aber jetzt Muß jeder mich beschützen. Mich zu retten Genügt ein kleinster Eifer, 's ist Perdikkas! Ihr gütigen Götter, also träumt' ich nur! Vierter Auftritt. Die Vorigen.

Perdikkas, aus dem Gemache Alexanders tretend.

Philotas. Du bringst mir, Freund, die glückliche Befreiung?

Perdikkas. Gib, mein Philotas, diese Loffnung auf. Es ist Tyrannen Art, nicht zu verstehn. Wie man mit Milde sich des Übermaßes Der Macht bedient.

Philotas. Was hast du mir zu melden?

Perdikkas. So wisse denn, daß Alexander trunken Von Zorn ist und nichts hören will. Dein Los, Es ist entschieden!

32 Philotas. Das ist nicht dein Ernst? Entschieden! ich soll sterben? Freund, Perdikkas, Mein Vater! Alexanders Macht wirst du In Schrecken schlagen, brechen seiner Krieger Gehorsam? Perdikkas. Nein, du täuschest dich, im Bann Der Furcht, kann hier sich niemand seiner Macht Entziehen. Sein allmächtiger Wille reicht Gleich einem Götterspruch hinab bis auf Den letzten Knecht, und reizt' ich seinen Grimm, Am dir zu dienen, meine eignen Diener, Sie würden wider uns stehn.

Philotas. Doch diesen Morgen Rühmtest du deinen Einfluß? Perdikkas.

Dein Benehmen Ermangelte der Amsicht und Gewandtheit. Philotas. And Klitus macht' mir Mut ... Ihr habt mich beide In diesen unheilvoll verwegnen Anschlag Gehetzt, von dem ihr mir noch diesen Morgen Ewigen Ruhm mitsamt dem Diadem Verhießt! Das Leer, sprachst du, sei vorbereitet. Den längst geehrten Führer zu begrüßen. Das Zepter rufe mich. Du sagtest auch. Daß Alexander, kaum ins Grab gesunken, Verachtet werden würde. Sagtest oft . . .

33 Perdikkas. Daß wider den König nichts man wagen kann. Solang er lebt. Er ist der Äerr und er Gebietet, wir gehorchen, ob auch zitternd. Dich retten wollen, hieße uns verderben. Du siehst, mein Sohn, wie sehr des Schicksals Äärte, Das ich dir künde, mir das Äerz erregt. Den Plan, den besser du mit Vorsicht hättst Verhehlt, anstatt mit Schweigens Schleier ihn 3u decken, hast du unbesonnen hitzig 3u sehr enthüllt. Bestochen, haben ehrlos Geplaudert deine Sklaven. Deine Rettung Erhoffen, hieße das Anmögliche Nur suchen, und ich könnte nichts — bittres Geständnis! — als mich selbst nur mehr gefährden.

Philotas. Sei's denn, doch stirbst auch du! Ich sage alles. Äa! wohl erkenne ich, daß bei Verschwörern Die schönsten Treu- und Freundeseide des Vertrauens Nicht würdig sind. Getäuscht denn, täusch' auch ich, Verraten, werd' ich selber zum Verräter, Mit den Gefährten, mit den Freunden geh' Ich in den Tod.

Perdikkas. Was sagst du? woher kommt dir Solch sonderbarer Wahnsinn? Wenn den König Du selbst verrätst, was habe ich getan. Ich bitte dich, das dir das Recht gegeben. Infamer Hehlerei, ja gar der Mitschuld Mich zu verdächtigen? Willst du die Nachsicht Bezichtigen, die meine alte Freundschaft, Gobineau, Alexander. 3. Aufl. 3

34 Von Kind an dir geschenkt, nur allzu lange Bei deinen Reden mich hat üben lassen? Wohl war es mir zuwider, dein Verbrechen Aus hundert wankelmütigen Reden, die Du töricht mir vertraut, herauszulesen. Ich sah ein Kind, das sich im Wege irrte. Ehrgeizig, eitel, seines Joches müde, And so betrachtet' ich dich, ohne aus Der Fassung sonderlich doch zu geraten. Äätt' ich durchschaut nur, daß dein kraftlos Bild Mordglühnder Seel' unreine Schale war. Nie hätt' ein Diener, über deine Tat Empört, dich angeklagt, ich hätt's getan! Philotas. Was muß ich hören, bei den ewigen Göttern? Du leugnest deine Reden, deine Räte? Wie, du verleumdest mich? Du wagst es, eitel. Ehrgeizig mich zu nennen? und hast du. Als ich mein Ränkespiel und meine Listen Mir vorwarf, selber nicht ein schimmernd Leer Von blendenden Entschuldigungen hier Vor meinen Augen paradieren lassen? Wer war's denn, der mir den zwiespält'gen Sinn Beruhigte, indem er den Erfolg Aber die Tugend setzte? Diesen Morgen, Was sagt'st du mir noch diesen Morgen? Daß Von allen unsren Führern, meinem Vater, Den ich verehre, dir, Antipater And allen Edelsten du mich zubest Erfunden, daß du mit dem zweiten Rang Fortan dich woll'st bescheiden, nur darauf Bedacht, mir zu gefallen.

35 Perdikkas.

Geh und halte Solch aberwitzige Rede, wem du willst. Für toll wird jeder dich alsbald erklären. Zu plump ist deine Schelmerei, und wenn Du triumphiernden Augs zu übermannen Mich denkst, wer soll dir Glauben schenken? Wen Kannst jemals du zu überzeugen wähnen. Daß ich vor deinem Geist mich niederwerfe? Bist du Philotas nicht, unbärtiger Lüstling, Der seine Prachtkarroff' auf allen Straßen Spazieren fährt? Der über Kält' und Litze Zu jammern stets bereit? Der seine Nächte Mit Trinken hinbringt und den Tag mit Schlafen? 3a, gilt's 'nen guten Leierspieler oder 'ne flotte Tänzerin, da bist du freilich Bewundernswert, da lobe ich dein Urteil Und stell's den besten gleich; doch leider zählt Solch schön Talent nicht anderwärts. Laß ab drum. Von neuem Mord zu träumen! Nichts gewinnst du. Wenn treulos du dich zeigst. Wer einen Mann Wie mich will stürzen, der muß erst Beweise Erbringen, und es möchte schwer wohl sein. Den Zeugen aufzufinden, der mich anklagt. Philotas

(ntedergeschmettert).

Wch mir, so muß ich sterben!

Perdikkas. Ich will dich gern entschuldigen, Philotas; In solch unseligem Augenblick verführt Gar leicht der schwächste Loffnungsstrahl.

36 Fünfter Auftritt. Die Vorigen. Alexander, EumeneS, AntigonuS, Klitus, Leonnatus, MenidaS, Lephästton.

Alexander.

Äat er Gestanden?

Perdikkas. Sohn der Götter, er gesteht!

Äephästion.

Sieh, wie der Schrecken ihm die Wange bleicht! Die Kniee zittern ihm; bevor er geht. Zeigt er vielleicht ein wenig Reue. Alexander. Nein! Betracht' ihn wohl! Furcht preßt ihm aus die Tränen, Die Tropf' um Tropfen seinem Aug' entquellen. Abscheuliche Furcht, nicht jenes mächtige Weh, Das den Verbrecher reiner läßt erscheinen Als den Anschuldigen. Er gleicht dem Reptil, In seinem Schlamm zertreten. Auf zum Äilnmel Blickt' er, wo nur der Adler sich ergeht. And wähnte gar, sich da hinauf zu schwingen. Zu kämpfen und zu schlagen, siegreich wieder Äerabzutauchen, also träumte er Im Äerzen, und nun seht ihn, schaut ihn an. Den Nebenbuhler Alexanders, kleinlaut, Erloschnen Augs, die Stirne aschenfarben! Die Stirne liebt' ich, küßt' ich hundertmal. Die Land ergriff ich, schloß sie in die meine!

37 O schändliche Verderbtheit, arger Andank! Ich traute ihm, und sein beständig Sinnen, In meinem Busen sucht's nach einer Stelle, Darein am besten dräng' der Mörderstahl. Ihr alle hier, ihr kennt jetzt sein Vergehn, Kameraden; klar, erwiesen, also lautet's Einstimmig. Ich, wiewohl mit Macht versehen. Zu strafen oder sreizusprechen, will Des Arteilsspruchs mich doch begeben. Wo Noch alles in mir zittert, könnt' ich da In eigner Sache richten? Mein Gerechtigkeitsgefühl, es schrickt davor Zurück. Auf euch muß ich mich ganz verlassen. Führt den Gefangenen fort! Klitus

(leise zu PerdikkaS).

Zu träumen wähn' ich. Perdikkas

(ebenso).

Schweig! Klitus

(ebenso).

Leb' ich noch? Perdikkas

(ebenso).

Er will uns nur versuchen. Sechster Auftritt. Die Vorigen, außer Philotas und den Kriegern.

Perdikkas. Verzeih' mir, Göttersohn, wenn ich das Recht Mir nahm, als Erster ungefragt zu reden. Doch die Empörung, die mein Äerz erfüllt.

38 Der jähe Zorn, den ich in aller Augen Gewahre, zwingen wider Willen mich Zum Bruch des Schweigens. Wie! ob solchen Falles Begehrst du unsre Meinung, kennst sie nicht? Verhandlung heischest du, verlangest Rat Bei solchem Anschlag? Wie doch magst du dich Zu solcher Lästrung wider deine Freunde, Die mehr dich als sich selber lieben, nur Erniedrigen? Muß denn geredet sein. Wohlan! der Mörder büße noch vor Abend Sein ungeheuerliches Tun. Der Tod Wär' viel zu mild und schüfe schlechtes Recht. Rein, für Philotas gilt es eine Marter Ersinnen, Wassers, Feuers, Schwertes 2ual Vereinigen, verlängern seine Tage, Indes sein Fleisch zerfetzt wird. And so sterb' Er denn, wenn er die Folter ausgekostet!

Alexander. Du gehest weit, Perdikkas. Deine Freundschaft, Zu rein, verführet dich zum Übermaß,

Darein ich nicht verfallen möchte. Weißt du. Daß ich fast dachte, alles zu verzeih»? Einen Narren opfern, heißt die Furcht bekunden. Von seines Gleichen eines Tags mein Leben Bedroht zu sehn. Philotas ist wohl stolz. Doch brach ich seinen Äbermut und sehe

Allein durch seinen Schreck mich schon gerächt. Perdikkas. Vor solcher Schwäche hüte dich, du Sohn Der Götter! Bleiben würde die Gefahr

39 And unaufhörlich wachsen, überall Sich hin verbreiten. Deine kleinsten Feinde, Im voraus schon beruhigt, würden alles Erlaubt sich wähnen. Sagtest du nicht auch. Daß unsrer Wachsamkeit die Sorge du Anheimgäbst, deine Rache zu vollziehn? Das Amt, ich nehm' es an und walte sein! So fällt, ihr Freunde, denn das Arteil! Antigonus. Philotas' Tod erscheint mir unerläßlich! Eumenes.

Der Milde neige sonst ich gerne zu; Doch hier läßt mein Erbarmen den Philotas 3m Stiche. Leonnatus. Ich verlange seinen Tod!

Menidas.

Ich zaudre nicht: sein Tod! Perdikkas. Doch Klitus, du, W«ißt du uns nichts zu sagen? (fürfw. Anglücksel'ger! Lätt'st der Entschlüsse schlimmsten du gewählt? WAst du uns all' und dich mit uns verderben?

Klitus

«Sh herausfahrend).

Ich stimme, wie ihr alle, für den Tod! Alexander. Äwhäfiion, du allein bewahrest Schweigen?

40 Lephästion.

Ich trete allem bei, was man da vorbringt, Llnd eifre ich auch minder gegen einen Anseligen, erheb' ich meine Stimme Doch auch dafür, daß er verurteilt werde. Doch ist vielleicht Philotas nicht allein Der Schuldige, und die Zeit, die alles aufdeckt. Wird alles uns erschließen. Wünscht' ich doch. Mein Blick, dem Wahrheit kund ward, könnte gleich Auf andre Buben deinen Arm noch lenken.

Perdikkas.

Wie kommt es, daß Äephästion neuen Frevel Lier wittert? Sieht er klar, so tu’ er's kund! Sein Wort ist dunkel. Löten würd' ich mich. Leichthin zu glauben, wo Entscheidung doch Anmöglich. Nur zu oft mit falschem Lichte Klärt uns ein Schmeichler auf ....

Alexander

(tn Sinnen versunken).

Bereitet denn Die Totenurne . . . Laßt's euch nicht verwundern. Wenn bittrer Schmerz in dieser Schreckensstunde Die Tränen mir entlocket, da den Freund Der Jugend ich dem Lenker preisgegeben And Einsamkeit und Trauer um mich schaffe. Siebenter Auftritt. KIUu-, Perdikkas.

Klitus.

Blieb ich hier stumm, so dank' ich's der Vernunft; Warum sollt' ich mit meinem Blute deinen

41 Verrat bezahlen? und, wenn einen Abgrund Zu graben dir gefällt, warum mich mit Darein versenken, deinem Opfertier Zu folgen? Aber nimmer sah mein Aug Zn Kampfes heißem Wüten einen Mann, Dem's an Erbarmen fehlte so wie dir. Verschonen konntest du den armen Wicht, And machtest härter das Geschick, das ihn Zu Boden warf!

Perdikkas.

Sahst des Tyrannen Wut Du nicht? So laß doch einmal nur die Kränkung, And, wenn du kannst, so schwing dich auf zur Einsicht, Daß Alexanders Löwenklau' uns festhält. And daß ein bloßer Blick, ein einziges Verdächtiges Wort Äephästion, dem gestrengen. Die Augen öffnen kann. Begreifst du jetzt?

Klitus. Ja, doch nicht leicht kann ich dir glauben; wie Ich auch durchstöbre mein Gedächtnis, nichts Äab' ich bemerkt, was mich versicherte. Daß man heut abend mehr als morgens uns Beargwöhnt. Freilich, sichtbar war die Furcht Bei unsren Leuten, fürchterlich zumal Im Schuldgefühle rollt' Antigonus Das Auge, zitterte vor der Entdeckung, Warum er bei Philotas diese Nacht Verbracht. Perdikkas.

And weiter sahst du nichts?

Ich dachte

42 Mir's wohl, die Wahrheit zu gestehn; es hieße Die Zeit vergeuden, wollt' ich besser dich Belehren. Glaub mir denn aufs Wort, und öffne Mir ohne weitres Streiten jetzt dein Ohr. Von unsren Feldherm, die in den Provinzen Quartier genommen, um den Eifer für Die alten Fürsten abzudämpfen, sind Mir mehre durch Geheimvertrag verbunden. Die, völlig schon bereit, nur mein Signal Erwarten. Stirbt der König, ist alsbald Ein Leer, dank ihnen, mein, wenn ich's nur will. Ich denk's zu rufen, und sobald es hier. Soll's deiner Meisterführung unterstehn. Du siehst den Eifer meiner alten Freundschaft, Davon ich diese neue Probe dir Mit Freuden gab.

Klitus. Ich nehm' sie an.

Perdikkas.

Ohn' Aufschub Bekämpfen wir mit diesen Kriegerscharen Den tausendfältigen Ehrgeiz, den der Tod Des Königs bald wird sprießen lassen.

Klitus. Wie?

Sein Tod? Sind wir am Ziel denn? Perdikkas.

Ja, vielleicht.

43 Beargwöhnt schon, kann ich nicht mehr zurück. So werfen wir uns der Gefahr entgegen! Klitus.

Das heißt ein Wort!

Perdikkas. Wir ziehen morgen ein In Babylon. Mag man Guirlanden winden. Mag die Trompete schmettern, mag das Volk Sich hin zu des Erobrers Füßen werfen. Ganz anders schaut das alles bald doch aus. Leut abend gleich durcheile du die Zelte, Die alten Krieger lieben deinen Anblick. Such' ihr Vertrauen zu gewinnen, sammle Sie um dich, trink mit ihnen nnd ermuntre Die Meuterer, mit ihren Wünschen mir Sich kühn zu nahn. Scheint einer minder dir Erregt, laß um Philotas' Tod geschickt Dann Klagen fallen. Schmeichle Stolz und Labgier: Den besten Offizieren ohne Recht Nimmt Alexander ihre Stellen, gibt Den Persern sie . . .

Klitus. Genug, nicht weiter mehr! Ich sehe, was zu tun, um deine Pläne Ins Werk zu setzen. Redst du wohl, so werd' Ich wohl auch handeln. Eine Sorg' indes Bleibt mir im Lerzen. Während rastlos ich Die Arbeit tu' als tapfrer Ackersmann, Bleibst weislich im verborgnen du gelagert

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And wartest, um hervorzutreten, bi$ Das Feld gemäht.

Perdikkas (mit dem Finger auf Roxanes Tür weisend).

Mein harret Roxane. Klitus. Du rasest! Roxane, sie wär' mit uns? Perdikkas. Für jetzt kann ich dir weitres nicht verraten; Doch wisse wohl, ein Teil am Werk ist mein! Klitus. Ja, ja! Ich soll der Wolf, geführt vom Fuchse sein.

Dritter Aufzug. Der Königspalast zu Babylon. Eine von hohen Säulen getragene Galerie mit dem Ausblick auf riesige Gärten. Zur Linken ein Ruhebett und ein Tisch, darauf ein goldenes Kästchen, aus welchem Pergamentrollen Hervorschauen. Neben dem Tische ein Sessel.

Erster Auftritt. Alexander, auf dem Ruhebett in griechischer Tracht mit Tunika und Chlamys, die Stirn mit einem purpurnen Diadem umwunden. Lephästion, sitzend, ein Manu­ skript in der Land.

Alexander

(sich erhebend).

Du liesest, mein Lephästion, und ich. Ich hör' dich kaum. Geh, laß die Rolle, laß Das Werk, so hehr und heiter: müde kehrt Mein Geist sich von ihm ab zu dieser Stunde, Da ich erdrückt von schwerem Kummer bin. Ach! was auch hilft's, deinen Lomer bewundern. Als daß ich meinen Schmerz nur bittrer fühle! Erniedrigt heute mich doch nur sein Leld, Mein Ahnherr, da die Loffnung ich verlor. Ihm gleich zu sein. Die Palme, die geerntet Am Trojas Mauern, fiel den Tapfern zu! Mein Ruhm doch wird zur Beute dem Thersites, Dem Lerzelosen, und der Limmel schenkt ihn Dem feigsten, schlechtsten, falschesten der Myrmidonen. Auf eines andren Stirn wird, Freund, der Glanz Von meinen Siegen leuchten. Gar zu sehr Verdunkelt des Lomeros Zeit die unsre; Verlassen wir sie denn, was haben wir Mit ihr gemein?

46 Lephästion. Verwandt sind wen'ge Züge, And einer doch: ich liebe dich, wie einst Patroklos den Achill, ich hab', um dir Zu folgen, Leimat, Vaterland verlassen; Mit eignem Ehrgeiz fiel ich nie zur Last Den Göttern, da im Anblick deines Glücks Ich Frieden fand. Alexander.

Ach! der Gedanken Last, Wie höb' ich fie?

Äephästion. Nie sah ich sie so traurig And matt noch. Wer doch hieß' es gut, daß du Die langen Augenblicke so vergeudest Mit eitlen Klagen? Zeigt sich so ein Äerz, Des höchsten Ranges wert? Komm zu dir selber. Du Äeld, du Göttersohn, du, selber Gott!

Alexander.

Wenn wund in Libyens Bergen durch den Sand Der Leu sich schleppt mit mühevollem Tritt, So denkt er nicht, so fragt er nicht, ob Leu Er heiße, ob zu stolz dafür er sei: Je stärker er, je mehr fühlt er die Pein, Er heult und setzt dem Jammer keine Grenzen. Lephästion. So tut der Leu. Der Leld, sein Ebenbild, Vereint des Weisen Loheit seiner Kraft.

47 Alexander.

Was soll ich noch versuchen, wozu mich Entschließen? Lind auf wen von allen den Gesährten kann ich zählen? Seit drei Monden, Da vor Philotas' Schlägen meine Krone Vor Babylon du rettetest, blick' ich Llmher: da sind nicht zehen Krieger noch. Die nicht zum Ungehorsam sich berieten. Llnd all dies Volk, das ich aus Lellas mit Geführt, es brennt darauf, die alte Trägheit Zurück sich zu gewinnen: was Zukünft'ges Ich plan', in ihren Armen, ihren Lerzen Lat's offne Feinde oder falsche Diener. Lephästion. So wisse sie zu strafen! Bist du nicht Ihr Lerr? Triff Mißvergnügte wie Verräter, Jag' deine Feldherrn fort, und laß die Strafe Zu Beispiel und Ermuntrung andren dienen.

Alexander.

Wer sollte sie ersetzen? Ohne Zweifel Die Offiziere? Neues Lindernis! Nenn' einen meiner Führer mir, der nicht Von Liebe zu dem Gold verpestet wäre. Das ich ihm gab? Den alle meine Siege Den Kopf nicht höher tragen ließen, wie Wenn seinem eignen Lirne fie entstammten? Der, auch in seinen schönsten Taten nur Ein schlechter Schüler, weil er hie und da Annähernd mich erraten, sich für einen Koloß nicht hielte und — o Eitelkeit

48 Der Eitelkeiten — mehr an Ehren gar Verdient zu haben glaubt als ich? Der Kleinste Von ihnen allen denkt mir's gleich zu tun. Äephästion. Drum mußt du in den Staub sie niederschmettern! Vernichte die Skorpione, Perser lass' An ihre Stelle treten, die zu fügsam, Am ihrer Kühnheit Beispiel nachzuahmen. Mit neuen Kameraden füll' dein Leer, And festen Schritts kehr' wieder deinem Werk! O hüte dich vor allem, deinen Mut 3c zu verlieren: gleich Poseidon, wenn Er einen Schiffbruch uns verhängt und Donner And Blitz und Nacht entfesselt, so kannst du. Was dir im Weg, mit deinem Zorn begraben.

Alexander. Zerschmettern kann ich mich mit eignem Donner. Zch brauche Zeit, um Krieger mir zu bilden. And Tage, Monde leer verstreichen lassen, Leißt mehr als nicht mehr vorwärts, heißt zurück. Da sollt' ich mit langmütiger Geduld Tölp'scher Barbaren Trägheit unterweisen And mit der Zähmung all der wirren Lorden Die kostbar» Augenblicke, die der Simmet Nicht wiedergibt, verlieren? Lab' ich Zeit Dazu, da mich ein ganzer Teil der Welt Zn öder Barbarei noch immer nur Durch fernen Staunensruf Besiegter kennt? Da, meerumschloffen, viele Völkerschaften Selbst meiner Taten Ruhm an ihr Gestade

49 Nicht haben hallen hören? Eilends muß Ich hin! Du weißt, wie gar so peinlich sparsam Die Götter unsre Tage hier auf Erden Ans zugemeffen. Jeder Augenblick, Der uns entschwand, raubt mir ein Diadem.

Äephästion. Wenn nur dich selber du erhalten kannst!

Alexander.

Ich weiß nicht. Mein Verdacht, verstärkt noch, heftet Sich keuchend an die Schritte meiner Freunde; Slnb dennoch muß an meine Brust gar manchen Ich drücken, der da meinen Plänen dient And mein Verderben sinnt, die Andankbaren, Die ich für meine Entwürfe noch bedarf. Als regungsloser Zeuge der Gefahr Verschonen. Seine Strafe fand Philotas; Es mußte sein, kein Zweifel, aber nun Der Feigling abgetan, gibt's drum Verräter Nicht mehr? Perdikkas und Antigonus, Der tätige, verschlagne, Eumenes, Der hundertmal vor ihnen mich gewarnt? Klitus und Menidas und Leonnatus, Was weiß ich? Ach! ich bin wie ein Tyrann, Der nur von Schlingen träumt; mein Lager, fast Im Aufruhr — heute machen drin sich breit Kallisthenes, ein alter Tropf, und Coenus, Ein unverschämter Bursche, und nun wiegelt Dies Paar mir meine Krieger auf und spricht mir Genie und Mut und Tapferkeit gar ab And preist die Freiheit, großer Gott, die Freiheit! Gobineau, Alexander.

3. Ausl.

4

50 Den Wirbeldämon, unsrer Ahnen Geißel! Die Freiheit eines Griechen! Nun, die Bräuche Der Aftergöttin lernten wir ja kennen 3n ihren wilden Sprüngen. Wieviel Blut Floß nicht um ihren Altar! Ins Exil Entsandte sie die größten ihrer Bürger; Der Fremde, fast sich schämend der Gehilfin, Erkaufte ihre Dienste hundertmal Von ihr und wider fie, so daß bei Jssus, Zu schwächen unsre Schläge, zwanzigtausend Lellenensöldner kämpften wider uns. So schmücket Meineid, Labgier, Weichlichkeit Sich mit Larmodius' Namen, um mich zu Verraten; meine Festigkeit erliegt Am Ende all dem Druck, es gibt der Kummer Der schrecklichsten Verzweifelung mich preis. Vielleicht verkündet, wie den Sturm der Vogel, Solch sonderbarer Schmerz mir Untergang, Lind wird ein goldner Keil, des Limmelsneids Gesandter, mir die Stirne bald zerschmettern. Weil fie zu nah den Göttern sich verstieg. Lephästion.

O eitler Traum, o törige Prophezeiung! Zum Donner griffe Zeus eh'r, dich zu schützen! Er wird's nicht dulden, daß ruchlose Buben An seinem edlen Sohne sich vergreifen. Wohlan denn! Vorwärts, Alexander, Du göttergleicher Freund, den ich verehre! Vorwärts, das Aug gen Limmel, währenddes Mein Blick die Erde überschaut. Erleuchtet Durch meiner Liebe Ahnen, den Verdächt'gen

51 Bleib' stets ich auf dem Fuß, prüf' ihre Treue. And wie Philotas und sein toller Anschlag Sich meiner Wachsamkeit nicht konnt' entzieh». So soll auch niemand hier, fürwahr, mich täuschen And sein geheimes Sinnen mir verbergen. Mit ruhigem Lerzen lach' ich des Verrats.

Alexander. Tod raffte vor der Zeit den göttlichen Achill dahin, gar jung ward seinen Kämpfen Lektor entrissen; warum sollte mich Der Tod verschönen?

Zweiter Auftritt. Roxane, Alexander, Lephästion.

Lephästion. Komm, um zu beleben Des edlen Gatten Mut! Erliegt er doch Dem Gram fast, der ihn peinigt. Sieh ihn an: Die Stirn, ja diese Lerrscherstirn, die sonst Gefahren trotzte und von Erze schien, — Von Ahnungen umdüstert, die Ermattung Ihr zuträgt, ist sie nicht mehr die des Gottes, Des kräftiger Wille ehedem die Zukunft, Wie's ihm beliebte, sich bereitete.

Roxane.

Ach, mein Gebieter, gönn' mir deines Blicks, Deines geweihten Blickes Ehre! Wende Dein Laupt mir zu und künde deine Trauer!

52 Alexander.

O Tochter Oxyartes'I Jeder Funke Von Liebe scheint mir süß, mir, dessen Äerz Nicht Ruhm noch Anglück wissentlich verhärtet; Doch was vermag dein Beistand gegen das Geschick? Roxane. Gib deine Seele mir nur hin. Die Falten glätt' ich, die auf deiner Stirn Gelagert. Lephästion.

Ja! Der Liebe Lächeln schweigt Des Kummers Stimme nieder. Alexander. Sieht der Mensch Sich einem Zeichen gegenüber, ist Es klug, zu zaudern, weise, zu erschrecken.

Roxane.

Welch Zeichen ließ sich sehn?

Alexander.

Mir kam ein Grauen, Das bis zu dieser Stund' ich nie gekannt. Roxane.

Woher entnahmst du es? Alexander. Was weiß ich? was

Kann ich davon verstehn?

53 Roxane. Doch sprich, vor was Du bangest?

Alexander. Vor dem Tod vielleicht!

Roxane.

Die Angst

Zög' dich hinab mit ihrer Niedrigkeit?

Alexander. Ich bin ein Mensch und scheu' des Grabes Schauer. Roxane. Unsterblich Glück wird deinem Tode folgen.

Alexander.

Geh mir, des Lebens Süße fehlt dem Nektar. Roxane.

Ich spotte deiner, Alexander, und Du merkst es nicht? Wenn deine Ahnungen Mir deinen Tod verhießen, könnt' ich wohl. Mit Kaltsinn mich bewehrend, schon so bald Durch andre Loffnung mich zu trösten suchen. In eine Trauer ohne Tränen gar So leicht mich finden, müde deines Lebens Wie meiner Liebe, meiner alten Pflicht Mich untreu zeigen und dem Tode dich In deiner neuen Eh' verfallen lassen? Nein, meine Seele, die die einzige Leuchte Mit dir verlor, sie stiege vor dir nieder

54 Des Grabes Stufen! Zuversicht indes Gibt mir Vernunft, wo matten Sinns du zagst. Zu ferne schwebt dein Los, als daß die Löhe Solch Hellen Sternes eine dunkle Wolke Erreichen könnte! So wird seinen Lauf, Den glänzenden, erhabnen, er vollenden.

Lephästion. Glaub' ihr, mein Fürst! Wenn Briseis, die schöne. Also der Göttin Sohn beriet, wenn sie Achill, der Schnellfuß, von den Königen Beschimpft, in seines Zeltes öde hörte.

Die düstre Trauer hätte seinen Sinn Gemieden; die gesunkne Wimper hätt' er Gehoben wieder und, empfänglich für Der bessern Rede Zauber, aufgetan Sein Lerz dem Lerzen seiner Sklavin.

Alexander.

Gattin Lind Bruder, macht ein Ende diesen Reden! Es ist genug, es sieget eure Freundschaft. Ich seh', wie schwach ich war, ja ich erröte Darob. Was kann von schwerem Lärme uns Befreien? Landeln, so erwidern uns Die Leiden. Tätigkeit zerstreuet das Gemüt, und wieder widme ich mein Denken Den Sorgen, die's verlangen. Lephästion. Auf dem Euphrat Führt deine Schiffe schon Rearch herbei. Lind Fahnen flattern allerwärts am Lande.

55 Auf Weg und Steg in dichten Schwärmen stehn Der Reiter Massen. Alexander. Kam aus Kariens Städten Nicht Botschaft? Lind bekomme bald ich nicht Der Bundesfürsten Beistand, wie versprochen?

Lephästion.

Die Truppen und die Boten trafen ein. Alexander.

So hat im stillen doch mein Geist Entscheidung Aus Schwanken nun gefunden, wie ein Blei, Das schwebend lang sich wiegt und endlich wieder Gewinnet seine Llnbeweglichkeit. Wir brechen auf in dreien Tagen. Jeden Wird meines Willens Streng' an seine Pflicht Gewöhnen, und die kühnsten Meutrer sollen In meinem Arm des Stahles Äärte finden, Am sie ganz tief zu beugen.

Dritter Auftritt. Roxane, Lephäftion.

Lephäftion. Wie nur kommt's, Daß jederzeit Perdikkas ganz verstohlen Bald aufsucht, bald verlässet deine Wohnung? Sei nicht bestürzt, wäge die Worte nur. Die im Vertraun ich äußre. «



56



Roxane. Du erschreckst mich!

Lephästion.

Glaub' mir, o Königin, sei auf deiner Äut l Der König ist von einem Laß umlagert. Der stetig wächst, und dessen Schwärze schlecht nur Die Maske, die die Angst ihm leiht, verbirgt. Es hoffet wohl ein Führer, auf den Knien, 3m Auge eitel Sanftmut, dich zu blenden. Vielleicht gar zu verlocken. Aber achte Nur eifrig dessen, was er tut und spricht. Bist du nicht auf der Lut wie ich, so wird Der Tod fich kauern hier, gleichwie im Dickicht Der Tiger. Roxane. Staunend hör' ich. Glaubst du mir Gefällig gar zu sein durch solchen Aufschluß? All unsre Führer soll ich überwachen? Mit Argwohn fürder blicken auf Perdikkas, So groß durch sein Verdienst, des Ruhm, mich dünkt, Den deinen überstrahlt?

Lephästion. Ich zweifl', ob eine Vergangenheit, nur allzu glänzend, ihn Zurückhält. Alexander, den beneidet. Die je ihm dienten, wird verraten heut Von denen, die am Löchsten stehn.

Roxane. So ahmst Du gax ihm nach den Inbegriff des Llnsinns,

57 Darin den König selbst vor meinen Augen Ich hier gesehn? Fast mehr als ich betrübt Ob seiner Blindheit, kämpftest voll Entrüstung Du wider nichtige Stimmung; so gelang's Zu bannen dir, was Ahnung er genannt; Wie magst du gar so anders nun doch reden? .Hephästion. Kannst du der Sorge Nagen widerstehn. Mit der die Freundesangst mein Herz beschwert. So weißt du nicht, wie eine Mutter hegt Den Schreck, den ihre Zärtlichkeit verwirft An ihrem Kinde. Weint es, so umarmt Sie es und ruft die Götter gar zu Zeugen, Daß nirgend sei ein böser Geist zu sehn. Mit tausend Gründen, die allein die Liebe Ersinnt, sucht sie des Kindes Angst zu bannen And wird nicht müd, ihm zuzuschwören und -zumfen, um dem Knaben zu beweisen. Wie sehr er sich getäuscht. Doch schlummert' er Beruhigt ein dann an der Mutter Brust, Gewahrt sie plötzlich, daß ins eigne Äerz Die Furcht hinüberdrang. Roxane.

Last du zum mindsten Nicht irgend einen Anhalt mir zu geben? Men will doch kennen, ehe man verdammt. Hephästion. De» Boden, den wir treten, unterwühlt Empörung. Den Verrat, ich hör' ihn, wie

58 Er unter unsren Füßen wandelt. Trotz Der Schmeichelei vermag ich leicht zu sehn. Daß niemand rings mehr seine Pflicht erfüllt. 3m Lager, in der Stadt, in diesen SchloßGewölben stoße ich auf Schritt und Tritt Auf Dinge, die verdächtig. Mein erschreckt Gesicht entdecket unterm schönsten Schein Lalb schon den Feindesarm. Roxane. Wer mich in Angst Will jagen, soll nicht übertreiben.

Äephästion. Nein! Nicht eines meiner Worte war zu viel. And Roxane, du selbst . . . Bei deiner Rede . . . Ich weiß nicht, aber deine eisige, fast Verworrene Miene . . . (er»»«tnne>.

Roxane (mtt etoiy.

Ich verstehe dich Nicht mehr. Lephästion. Ich red' in aller Ruh.

Roxane. Laß ab. Lephästion, von so hochtrabendem Geheimtun! Deine Ängste sollen mich

Verdächten preis nicht geben, die selbst auf Perdikkas du geschleudert, ja die weiter

59 Emporzudringen bis zu meiner Löh' Begehren in unsinnigem Lauf. Äephästion. Bemeistre Den Zorn. Verstünd' ich nur, warum so schnell Sich wandte die Verzweiflung, deren Kette Dein meuternd Lerz nachschleppt' auf Schritt und Tritt. Ging doch das Übermaß der Wut selbst bis

Zum Kaßl Verachtend seine Güte, hattest Seit unsrer Leimkehr du für deinen Lerrn Nicht einen Schimmer mehr von Liebe. Plötzlich Erscheinet wieder beifie Heiterkeit Lind ... . Roxane.

Stellst du so dem schlimmsten der Verräter Mich an die Seite? wo ich mich bescheide. Dem Schicksal unterwerfe, werd' ich dir Verdächtig, täte Anrecht, ging's nach dir? Äephästion.

Nur immer spotten? Besser doch, du gäbst Mir Antwort. Roxane.

Nein doch, ich geruhe nicht Mich abzumühen, um dich zu beschämen. Ich freu' mich deiner Treu; erwarte nicht. Daß deinethalben ich der hitzigen Gebärden mich bedienen werde, die Die Anschuld liebt. Nichts von Verteidigung Sollst du von mir zu hören je bekommen.

60 Was wagst du mich zu fragen denn, was willst Du wissen? Der Verzweiflung soll ich mich Nicht überlassen? Wahr! Ich unterwarf Mich dem Geschick, das man mir aufdrängt? Ja, Ich geb' es zu. Die Ruh' ist meinem jöirn Zurückgekehrt? Auch das gesteh' ich. Daraus Ziehst du den Schluß, daß gegen Alexander Ich trügerische Schläge führe? Daß, Der Natter gleich, die aus dem Dickicht schießt. Ich auf den König teure still und stumm. Daß alle Welt, daß seine Freund' und Sippen, Verschworen gegen ihn, zum Bundsgenossen Mich zählen? Banne doch, Lephästion, solcher Gedanken tollen Spuk! Wiewohl mein Kerz Davon nicht wird gekränkt, da ich so gut Ja deine große Liebe kenne, daß Ich dir das Äbermaß der Leidenschaft Vergebe. Doch der einzige bist du nicht. Der Alexander liebt. Gilt's das, so will Auch ich mir sichern mein gewaltig Teil. Denn mit Vergunst, und ohne deine Rechte Zu kränken durch Vergleichung zwischen uns. So glaub' ich doch, daß ich ein wenig mehr Grund habe, den zu lieben, der die Ehre, Die höchste, mir verlieh, um meine Stirn, Wo du sie noch erblickst, die Binde wand. Die vielgefürchtete, aus Gold und Purpur. Mit einem Wort, ich bin die Königin, And du bist nur ein Sklav! Ansinniger! In deines Lerren Arme trotz' ich dir. Wag's, wenn du magst, mich bei ihm anzuklagen: Es wird mein Kort sein der empörte Richter.

61 Dies nur erwidr' ich dir auf den Verdacht; And mag ein krankhaft unglückseliger Wahn, Mag eigenwillig und verächtlich Irren . . .

Äephästion. Die großen Götter wissen einzig, wer Von uns der Lügner ist. Indes hier unten Wacht meiner Liebe Angst ob bösem Anschlag. Solang die Seele weilt in diesem Leibe, Äalt' ich das Auge auf, mein Freund wird leben.

Vierter Auftritt. Roxane, Perdtkkas.

Roxane.

Äerbei! Ein Rachedämon zieht zu dir Mich hin! Genug des Wehs, der Schmach, der Pein! Ich zaudere nicht mehr. Perdikkas. Ich zaudre immer. Roxane.

Laß ab vom Trug, von deinen schlauen Schlichen! Laß frei heraus uns reden! Perdikkas. Sei's, ich höre. Roxane.

Ganz offenherzig! Allzu wohl nur weiß ich. Daß zwischen Meuchelmördern, die da feilschen Am ihre Missetat, Vertrauen selten.

62 Doch stets zur Land der Argwohn. Du indes — Von meiner Seele Tugend fürchte nichts. Weib war ich, da ich liebte, Weib bin ich Nicht mehr. Ist dir bewußt, Perdikkas, was Die Schlange, das verächtliche Reptil, Das kriechende Geschöpf, so scheußlich elend. So trist, so neiderfüllt, so grimm und wild. Von Gall' im Lerzen birgt, von Gift im Munde, Zu rächen die Verachtung und die Feindschaft, Die ihm das Dorfkind mitleidslos bezeigt. Das sie in Schrecken jagt und überfällt. Mit einem Stein zerschmettert, nur aus Abscheu And mörderischer Wut, so wiff' auch, daß Die Schlange minder grausam doch als ich. Lör' an: was war ich sonst dem König? Alles. Was'bin ich jetzt ihm? Nichts. Ich war die Erste An diesem Ort. Jetzt läßt ein nichtiger Vorteil Statira, die Gefangene, mich ersetzen. Besiegter Fürsten kümmerlichen Sproß, Ein Kind von fünfzehn Jahren, ohne Schönheit And ohne Wert. Damit noch nicht genug: Mir drohet ein Bedienter, ja Lephästion, Allhier hat er soeben mich verklagt. Beschimpft. Lätte von seines Stolzes Löh' Der fühllos kalte Alexander bis Zu mir herabzusteigen nur geruht. Den Gatten mir gezeigt, gebannt den König, Kam's in den Sinn ihm nur, sich umzuschaun Nach mir, ob ich wohl litte, stürbe, ob Getröstet ich, ja ob ich lebte! . . . Ach! Auf einen einzigen Blick bescheid'ner Freundschaft Wär' mir der Zorn entfloh»; zurückgekehrt.

63 Hätte die Schwachheit mich zu Füßen ihm Geworfen. Eine Königin, die gestürzt. Ist weniger als eine Dienerin. Doch wenn man mich verachtet, will auch ich Entsetzlich werden, und Hephästion Schwör' ich den Llntergang. Vernichte mir, Perdikkas, diesen Menschen, oder ich Kann dir dafür nicht haften, daß, wenn erst Bereit zum Schlagen unsre Waffen sind. Nicht seine Hand sie über unsren Häuptern Zerbricht. Er schleicht umher, er späht uns aus. Erraten wird er uns. Schon dringet er In alle unsre Pläne ein . . . Perdikkas.

Er stirbt! Roxane.

Noch heute? Ohne Aufschub?

Perdikkas. Diesen Abend. Doch nimmt mich's Wunder, wie du in so lauten Ergüssen gehn dich lässest. Weißt du auch. Wenn solch ein Echo weckt dein Zorn, ob heimlich Nicht ein Verräter unsre Reden hört? Gefährliche Pläne leben nur vom Schweigen, And schlimmer Zufall droht uns im voraus. Auch meine kühnsten Kameraden, wohl Verwünschen sie den König, aber fürchten Ihn drum nur mehr, und eifersücht'gen Blickes Schaun sie auf mich. Wetzn jetzo wir entdeckt. Noch eh' er unterliegt, so lebt der König,

64 Du bist des Tods, und meine Sterne sinken. Nicht eine Stimme wird zu meinen Gunsten, Den Schrecken übertönend, Einspruch wagen. So laß in kühler Ruh denn dieses letzte Gespräch uns führen. Du, entschließe dich, Wie ich's tu', ohne Aussehn. Soll Erfolg Ans krönen — nun, so ist des Spiels Gefahr Zu wohl uns beiden doch bekannt, als daß Bei solchem Wagnis unsere Vernunft Die Sorg' um unser Leben unbesonnen Verachten sollte. Du warst gut beraten An jenem Tage, da du mir erschlossen Des Äerzens Heimlichkeiten. Deinen Schmerz Versteh' ich, find' ihn billig, teile ihn. Doch du auch kennst des Bundes Preis? Verhehlt Lab' ich dir nicht die Loffnung, die ich nähre?

Roxane. Du willst den Thron? Wohlan! du sollst ihn haben. Des Palasts Wachen, denen meine Macht Gebietet, im gegeb'nen Augenblick Treten zu dir sie über, ausgeliefert Wird dir des Königs Schatz, der deine Leifer Besolden möge gegen deine Feinde. Ich für mein Teil will meine Rache nur Befriedigen an dem undankbaren Gatten, Der mich gekränkt, an dem verfluchten Wesen, Das all die Rechte mir an einem Tag Entreißen konnte, die es meiner Liebe Geraubt. Also versteh' ich unsren Pakt.

Perdikkas. Voran denn jetzo, fest, doch ohne Tollheit!

65 Gelegenheit ist da, und wenn du Kraft Sie zu ergreifen fühlst, so stille dein Verlangen. Morgen, beim Bankett ....

Roxane. Bis morgen 3st's lang noch! Perdikkas.

Morgen beim Bankett, da strömt Zur Feier unsres nahen Auszugs rings Am Alexander hier in diesen Gärten Des Volkes Schar zu Lauf. Der König will, Daß du in feierlicher Pracht dich nahst. Den Wein ihm schenkst in seinen Königskelch. So magst denn du, der Parzen Schicksalsspindel Zerbrechend, Alexander in den Schlund Des Grabes senden. (Er reicht ihr ein Fläschchen.)

Ist dein Grimm nur wahr. Ist kühn nur deine Land, so wirkt der Trank hier Gewaltiger als irgend eine Krankheit.

Roxane.

Gib her! Perdikkas. Lab acht! Die Glut verrät dich schon ..

Roxane. Geh! Deine Sorge sei — Lephästion!

Gobineau, Alexander.

3. Aufl.

5

Vierter Aufzug. Der Gartensaal des Palastes.

Erster Auftritt. Roxane, Perdttkas, Alexander, sitzend, mit gesenktem Laupt.

Perdikkas.

Also geschah's. Der Arzt beteuert, alles Lab' er versucht, den Anheilsschlag zu bannen. Sein Schmerz ist grenzenlos; so härmt er sich. Daß fast von Sinnen man ihn wähnen könnte. Indes, das Mißgeschick, das er beweint. Das Schicksal hat's gewollt. Noch gestern liebte Lephästion dich, und Tage, Monde, Jahre, Des Ruhmes Taten nur geweiht, schien alles Ihm zu verheißen; doch der grause Tod . . . Kurz, diese letzte Nacht rafft' ihn dahin. Der Arzt hat mir bestätigt, daß dein Freund Allein die Schuld trägt, der die Lust zu sehr Geliebt uud ihrem Übermaß erlag. Alexander

Faß mir den Arzt, geh, lauf und bring ihn mir! Nein, greif ihn, laß vor deinen Augen ihn In Ketten legen, diesen feilen Mörder! . . . O Qual! O unglückseliger Alexander, Beklagenswürdiger, den die Götter preis Gegeben, ist's denn wirklich wahr, du stirbst, Lephästion, mein Leben? Einmal noch

67 Erscheine mir, ich flehe dich darum! Kephästion, mein teurer, reiner, treuer. Du aller Ehren Lort, dies schreckliche Lebwohl hatt' ich mir nicht erwartet. Ach, Äephästion, deine Seele schauet, höret. Beklaget mich, wenn über den Erdenraum Dahin sie schweift . . . Kehr wieder mir, mein Bruder!

Roxane