Acta Biologica et Medica Germanica: Band 20, Heft 3 [Reprint 2021 ed.]
 9783112518601, 9783112518595

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ACTA MOLO Gif A ETMEDICA GERMANICA HERAUSGEBER:

R. B A U M A N N , H. D U T Z , A. G R A F F I , H . G U M M E L , F. J U N G , L.-H. K E T T L E R , S . M . R A P O P O R T UNTER M I T A R B E I T VON:

W. B E I E R , H. D R I S C H E L , H. F R U N D E R , M. GERSCH, E. GOETZE, H.HANSON, F. H A U S C H I L D , G . H O L L E , F. MACH, H. M A T T H I E S , G.MOHNIKE f . O.PROKOP, K . S C H U B E R T , F . S C H W A R Z , G. S T E R B A , A. W O L L E N B E R G E R SCHRIFTLEITUNG:

W. S C H E L E R , H. B I E L K A

KADEMIE-VERLAG

• BERLIN

• B A N D 20

• HEFT 3

• SEITE 263-419 •

AUFNAHMEBEDINGUNGEN 1. Es werden nur Arbeiten angenommen, die nicht an anderer Stelle mit demselben Inhalt veröffentlicht oder zur Veröffentlichung angeboten werden. Der Autor verpflichtet sich nach Annahme, die Arbeit an keiner anderen Stelle zu veröffentlichen. 2. Die Arbeit muß wissenschaftlich wertvoll sein. Bestätigungen bekannter Tatsachen, Versuche und Beobachtungen ohne positives Ergebnis werden, wenn überhaupt, nur in kürzester Form aufgenommen. Nicht aufgenommen werden Arbeiten referierenden Charakters, Polemiken und rein spekulative Arbeiten, falls sie nicht ganz wesentliche neue Gesichtspunkte enthalten. 3. Kurzmitteilungen für experimentelle Ergebnisse werden bei der Drucklegung zeitlich bevorzugt. Für ihren Inhalt ist ausschließlich der Autor verantwortlich. 4. Die Arbeiten müssen kurz und klar geschrieben und gegliedert sein. Problematik (Einleitung), Methodik, Befunde und Diskussion, evtl. Schlußfolgerungen sollen deutlich in Erscheinung treten. Der Arbeit soll ein Kurzreferat der wesentlichsten Ergebnisse vorausgestellt werden. Neben einer anderssprachigen erscheint auf jeden Fall eine deutsche Zusammenfassung. Die Arbeiten werden in folgenden Sprachen angenommen: Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch. 5. Die Arbeiten werden im Sofortumbruch gesetzt; größere Korrekturen in Form von Streichungen bzw. Zusätzen sind daher in der Umbruchkorrektur nicht mehr möglich. 6. Genaue Hinweise zur Manuskriptgestaltung sind von der Redaktion der Zeitschrift anzufordern und sind unbedingt einzuhalten. 7. Manuskripte sind an die Herausgeber zu senden oder direkt an die Redaktion der Acta biologica et medica germanica, 1 1 1 5 Berlin-Buch, Lindenberger Weg 70. 8. Von jeder Originalarbeit werden kostenlos 80 Sonderdrucke geliefert.

Darüber

hinaus können bis zu 100 Sonderdrucke gegen Berechnung bezogen werden. Die Herausgeber

ACTA BIOLOGICA ET MEDICA GERMANICA

Herausgeber : R. B a u m a n n • H. D u t z • A. G r a f f i • H. G u m m e l • F. J u n g • L . - H . K e t t l e r S. M. R a p o p o r t B a n d 20 1968 Heft 3

Acta biol. med. germ., Band 20, Seite 263—277 (1968) Aus dem Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Direktor: Prof. Dr. W. S C H E L E R )

Spektrales und chemisches Verhalten des Hämindiäthylesters und seiner Komplexe mit Imidazol- und 1.2.4-Triazol-Derivaten in wasserfreiem Dimethylsulfoxid1 P . MOHR, W . S C H E L E R u n d K .

FRANK

(Eingegangen am 20. 7. 1967) Zusammenfassung 1. Lösungen von Hämindiäthylester (HDE) in wasserfreiem Dimethylsulfoxid (DMSO) besitzen unterhalb pH 8 ein Solvohäminspektrum (neutrale Form), das im Alkalischen direkt und reversibel in einen Parahämatintyp (alkalische Form) übergeht. Der Halbumwandlungs-^H ( ^ H ^ ) für das entsprechende Ionisationsgleichgewicht beträgt 9,4. Die weiteren Ergebnisse lassen vermuten, daß beide Formen des H D E in DMSO dimerisiert sind. 2. Mit Imidazol-Derivaten und 1.2.4-Triazol reagieren die neutrale und die alkalische Form des H D E unter Änderung der Lichtabsorption. Im schwach sauren £H-Bereich kommt es zur Ausbildung einer Grünbande um 535 nm (neutrale Form). Besitzt der Ligand eine unsubstituierte NH-Gruppe, so verschieben sich dieses Maximum und auch die Soretbande nach höheren Wellenlängen (alkalische Form). Im Gegensatz hierzu ist die Lichtabsorption des N-Methylimidazol-Komplexes jbH-unabhängig. Daraus wird geschlossen, daß die Ursache der spektralen Änderungen eine Deprotonisierung der ringständigen Iminogruppe des Liganden ist. 3. Die Halbumwandlungs-^H-Werte (pH^*?) der NH-aciden Komplexe sind von der Natur der Liganden abhängig. Sie nehmen in der Reihenfolge HDE-4(5)Methylimidazol, -Imidazol, -4(5)-Phenylimidazol, -1.2.4-Triazol ab. 4. Der pH.-Abhängigkeit der Halbumwandlungskonstanten (— log [L]0 5) läßt sich entnehmen, daß die NH-Acidität der Liganden bei der Bindung an H D E um ein Mehrfaches des ursprünglichen Wertes ansteigt. Dieser Effekt ist einer Elektronenakzeptorwirkung des positiven Hämineisens auf die Liganden zuzuschreiben. 1

18

Siehe Kurzmitteilung: Naturwissenschaften 54, 227 (1967)Acta biol. med. germ., Bd. 20, Heft 3

264

P . MOHR, W . SCHELER, K . F R A N K

5. Die Affinität der Liganden zu H D E ist annähernd proportional ihrer Basenstärke. Die hohe Stabilität des HDE-Triazolanion-Komplexes gegenüber dem HDE-Triazol hat elektrostatische Ursachen. 6. Die Ergebnisse belegen, daß an dem analogen Verhalten entsprechender Hämoprotein-Komplexe die Eiweißkomponente keinen bestimmenden Anteil hat, sondern hierfür im wesentlichen die prosthetische Gruppe verantwortlich ist. Einleitung

Der ImH-Komplex 2 des Pferde-MetHb besitzt in wäßriger Lösung ein Absorptionsspektrum mit Maxima bei 534 und 411,5 nm, die sich mit zunehmender Basizität ab pH g unter ständigem Extinktionsanstieg nach 544 und 436 nm verschieben. Da der MIm-Komplex diese Eigenschaften nicht besitzt, werden die am ImH-Derivat beobachteten spektralen Änderungen der NH-Acidität des gebundenen Liganden zugeschrieben [1 ]: \N--His-] (1)

Pro

te

i h

Pro

t e i n

Der ^>H-Wert für das Ionisationsgleichgewicht (l) wurde zu « 10,4 [1] und für den MetMb-ImH-Komplex von G E O R G E und Mitarbeitern [2] zu 10,32 bestimmt. Diese Zahlenwerte lassen erkennen, daß die NH-Acidität des ImH (/>KßmH = 14,44 [2]) bei der Bindung an die genannten Hämoproteide um ein Mehrfaches ansteigt. Untersuchungen an Komplexen des MetHb von Chironomus plumosus mit ImH- und TH-Derivaten als Liganden führten zu analogen Resultaten [3]. Immer dann, wenn der Ligand über eine unsubstituierte NH-Gruppe verfügt, lassen sich eine „neutrale Form" mit maximaler Absorption um 535 nm und ein „alkalischer Spektraltyp" mit einem Absorptionsmaximum > 540 nm nachweisen. Der Mim- und der MT-Komplex des ChMetHb besitzen />H-unabhängige Spektren mit Maxima bei 532 nm. Untersuchungen an den entsprechenden Hämin-Komplexen in Wasser als Lösungsmittel scheiterten bisher vor allem an der schlechten Löslichkeit einiger Derivate sowie an den zeitabhängigen spektralen und chemischen Eigenschaften des Hämins selbst. Diese Schwierigkeiten lassen sich jedoch ganz oder teilweise umgehen, wenn organische Lösungsmittel oder Lösungsmittel-Wassergemische an Stelle von Wasser gewählt werden [4]. In der vorliegenden Arbeit wird über das />H-abhängige spektrale und chemische Verhalten des HDE und seiner Komplexe mit ImH-Derivaten und TH in wasserfreiem DMSO berichtet. Um störende Einflüsse durch eine Ionisation 2

Symbole bzw. Abkürzungen siehe unter Methodik.

Chemie von Hämindiäthylestern

265

•der in diesem Lösungsmittel nur schwach aciden Propionylseitenketten des Hämins auszuschließen (der pK von Essigsäure beträgt in DMSO z. B. 11,4 [5]), haben wir mit dem Diäthylester gearbeitet. Methodik Lösungsmittel

und

Chemikalien

DMSO ( F L U K A AG, Schweiz) wurde durch Schütteln mit N a H C 0 3 und Aktivkohle und anschließende fraktionierte Destillation im Vakuum von Verunreinigungen befreit. H D E erhielten wir aus nach S C H A L F E J E F F [6] gewonnenem Rinderhämin durch Veresterung beider Karboxylgruppen mit Äthylalkohol [7]. 1.2.4-Triazol wurde, ausgehend von Thiosemikarbazid und Triazolthiol [8], N-Methylimidazol in Anlehnung an eine Vorschrift zur Präparation von N-Methyl-1.2.4-triazol [9] dargestellt. 4(5)Phenylimidazol erhielten wir durch Umsetzung von Phenylglyoxal mit Formaldehyd und Ammoniak [10]. 4(5)-Methylimidazol stellte uns das Institut f ü r Organische Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Verfügung 3 . Alle Verbindungen wurden vor ihrer Verwendung im Vakuumexsikkator über CaCl2 getrocknet. Messung der

pH-Aktivitäten

Zur Messung der pH-Aktivitäten diente uns das pH-Meßgerät MV 11 (Ciamann & Grahnert, Dresden) in Verbindung mit der Meßkette: Glaselektrode (GB 51, Forschungsinstitut Meinsberg) — modifizierte Ag/AgCl-Elektrode, die nach Angaben von K O L T H O F F und R E D D Y [ 5 ] konstruiert worden war. Die Glaselektrode bewahrten wir bei Nichtgebrauch in destilliertem Wasser auf und trockneten sie vor dem Eintauchen in DMSO vorsichtig ab. Zum Einstellen der pH-Aktivitäten dienten Lösungen von Borsäure bzw. Trispuffer in DMSO. Während des Meßvorganges wurde mit Hilfe eines Magnetrührwerkes f ü r gute Durchmischung gesorgt. Unter diesen Bedingungen h a t t e n sich im allgemeinen nach 10 — 20 min konstante Potentiale eingestellt. Die Eichung der Meßkette erfolgte unter Verwendung der Indikatoren Bromkresolgrün und Bromthymolblau, deren pK-Werte in DMSO 7,4 bzw. 10,2 betragen [5]. Die Eichlösungen selbst wurden spektrophotometrisch auf die den pK-Werten entsprechenden ^H-Aktivitäten eingestellt. Absorptionsspektren

und

Bindungskonstanten

F ü r die Aufnahme der Spektren standen uns das Spektralphotometer UVS 1 (VEB Carl Zeiss, Jena) und das selbstregistrierende Spektralphotometer UNICAM S P 700 zur Verfügung. Die Bestimmung der — log (I) 0 5 -Werte erfolgte im allgemeinen a m Zeiss-Spektralphotometer. Hierzu wurden die in der Küvette befindlichen Farbstofflösungen bei einer vorher ausgewählten Wellenlänge mit der auf den gleichen pH eingestellten Lösung des Liganden L titriert. Aus den experimentellen Meßpunkten ermittelten wir den — log [L]0>5 und bei symmetrischen Bindungskurven n nach den geläufigen Verfahren (vgl. hierzu [11], [12]). Symbolik und A bkürzungen I n der Arbeit finden die folgenden Symbole Verwendung: DMSO = Dimethylsulfoxid als Lösungsmittel; SH = Dimethylsulfoxid als Ligand, der gemäß SH ^ S" + H + in Solvensanion und Proton zu dissoziieren vermag. H D E = Hämindiäthylester; I m H = Imidazol; M I m H = 4(5)-Methylimidazol; P h l m H = 4(5)-Phenylimidazol; 3

Herrn Prof. Dr. H. gedankt. 18*

SCHUBERT

sei an dieser Stelle für die Überlassung des Präparates

266

P. Mohr, W. S c h e l e r , K. F r a n k

Mim = N-Methylimidazol; T H = 1.2.4-Triazol; MetHb = Methämoglobin; MetMb = Metmyoglobin; ChMetHb = Methämoglobin von Chironomus plumosus; — log [L] 0J5 = negativer Logarithmus der freien Ligandenkonzentration bei 50%iger Komplexbildung; n = Sigmoidkoeffizient für Gleichgewichte der Form: H D E + n L ^ H D E - L „ ; p f i f f i — £H-Wert, bei dem 50% eines gebundenen Liganden ionisiert sind; = ¿ K - W e r t für ein Gleichgewicht L H J ^ L H + H+; £ K £ h = ^K-Wert für ein Gleichgewicht L H ^ L~ + H + (LH = Imidazol- bzw. Triazol-Derivat mit freier NH-Gruppe im Ring). Ergebnisse

Hämindiäthylester Lösungen von HDE in DMSO sind in Abhängigkeit von der Konzentration des Farbstoffes und dem />H des Milieus grünbraun bis rotbraun gefärbt. Die Absorptionsspektren im ^H-Bereich 7,75—10,25 zeigt Abb. 1. Wie ersichtlich werden zwei Spektraltypen mit Maxima bei 626, « 575, 500 und 405 nm bzw. (600), 575 und 398 nm gebildet, die im folgenden als neutrale und alkalische Form bezeichnet werden sollen. Die Umwandlung beider Formen ineinander ist reversibel, und die Übergangsspektren schneiden sich in gemeinsamen isosbestischen Punkten. Daher kann auf eine direkte Umwandlung beider Komplexe ineinander ohne Einbeziehung von Zwischenprodukten geschlossen werden.

9

10

11 pH

Abb. 2

600

500

400

Abb. 1

Abb. 1. Spektren von H D E in DMSO bei verschiedenen £H-Werten. Ordinate: Extinktion; Abszisse: Wellenlänge in nm, [HDE] = 540 nm; t = 20° Küvetten: 0,2 und 0,01 cm Schichtdicke. Werte: 1 = 7,75; 2 = 8,75; 3 = 8,98; 4 = 9,1; 5 = 9,3; 6 = 10,25 Abb. 2. Ionisationskurven von H D E und HDE-Komplexen in DMSO. Ordinate: Ionisationsgrad a in % ; Abszisse: pH. Kurve 1) H D E : o [HDE] = 11,3 nM; X [HDE] = 18,8 |*M; Kurve 2) H D E - P h l m H • [HDE] = 16,2 nM; [PhlmH] = 1 , 1 1 M; Kurve 3) H D E - I m H : • [HDE] = 2,8mM [ImH] = 440 mM, a [HDE] = 2,8 mM; [ImH] = 597 mM, x [HDE] = 61,5 f*M [ImH] = 806 mM; Kurve 4) H D E - M I m H : o [HDE] = 162 jxM; [MImH] = 1,22 M

Chemie v o n H ä m i n d i ä t h y l e s t e r n

267

In Abb. 2 ist der spektrophotometrisch bei 575 nm bestimmte Ionisationsgrad. gegen den pH aufgetragen (Kurve 1). Die Meßpunkte lassen sich durch eine symmetrische Kurve mit 11 = 2 gut verbinden. Hieraus errechnet sich für das Ionisationsgleichgewicht (2) ein = 9,4. H S — H D E — H D E - S H ^ " S - H D E - H D E - S " + 2 H+

(2)

Die Schreibweise soll hierbei lediglich andeuten, daß HDE in DMSO dimerisiert ist. Hinweise auf die Art der Aggregation sind damit nicht gegeben. Spektrales

Verhalten

der

Komplexe

Der ImH-Komplex des HDE ist in DMSO rot gefärbt und besitzt bei pH. 9,5 ein Absorptionsspektrum mit Maxima bei 533 u n d 408 nm, die sich ab pH 10 kontinuierlich und ohne wesentliche Änderungen der Extinktion nach 543 und 412 nm verschieben (Abb. 3). Diese Umwandlung ist reversibel ; die Übergangsspektren schneiden sich in gemeinsamen isosbestischen Punkten, so daß die Bildung von Intermediärprodukten ausgeschlossen werden kann. Der Ionisationsgrad wurde anhand der Grünbandenverschiebung in Abhängigkeit vom pYi bestimmt. Alle Meßwerte lassen sich durch eine symmetrische Kurve (n = 2) gut miteinander verbinden (Abb. 2, Kurve 3)- Für den errechnet sich hieraus ein Wert von 10,4.

1.6

£ 0.8

0

600

500

nm

400

Abb. 3. Spektren von H D E - I m i d a z o l in DMSO bei verschiedenen £ H - W e r t e n . O r d i n a t e : E x t i n k t i o n ; Abszisse: Wellenlänge in n m ; [ I m H ] = 806 m M ; [ H D E ] = 162 ixM; t = 22°; K ü v e t t e n : 1,0 u n d 0,1 c m Schichtdicke

Ein ^>H-abhängiges Absorptionsspektrum der in Abb. 3 gezeigten Form besitzen auch der MImH- und PhlmH- sowie der TH-Komplex des HDE. Eine Zusammenstellung der Absorptionsmaxima wird in Tab. 1 gegeben. Es läßt sich erkennen, daß die Spektren der neutralen Komplexe stets Maxima um 535 nm, die der alkalischen > 540 nm besitzen. Die Ionisationskurve des PhlmH-Komplexes ist symmetrisch (n = 2), die des MImH-Derivates wurde unter Zugrundelegung eines Sigmoidkoeffizienten von n = 2 auf den alkalischen Endwert extrapoliert (Abb. 2, Kurven 2

P. Mohr, W. Scheler, K. Frank

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,_, fö 1 ffi £ H£ 2 g 5 ; Abszisse: pH -log[Mlm]

Abb. 7. Bindung von N-Methylimidazol an H D E in DMSO. a) N-MethylimidazolBindungskurven. Ordinate: Umwandlungsgrad a in % ; Abszisse: — log [Mim] jeweils relativ zur Kurve 7b verschoben. pH und [MIm] 0j5 : l . 6,55, 100 mM; 2. 8,2, 80 mM; 3. 10,7, 224 mM. [HDE] = ' 3 0 0 - 5 0 0 (xM b) £H-Abhängigkeit der — log[MIm] 0>5 -Werte. Ordinate: — log [MIm]0>5; Abszisse: pH Diskussion

Hämindiäthylester Verschiedene Befunde dieser Arbeit rechtfertigen die Annahme, daß der H D E und z. T. auch HDE-Komplexe in DMSO dimerisiert vorliegen. Unter dieser Voraussetzung ist eine widerspruchslose Interpretation der Ergebnisse möglich. Allerdings konnte ein direkter Beweis nicht erbracht werden,

Chemie von Hämindiäthylestern

271

und es ist auch nicht möglich, anhand des vorliegenden Untersuchungsmaterials Aussagen über die an der Dimerisation beteiligten Gruppen zu machen. Möglicherweise handelt es sich dabei um die gleichen Molekülbereiche, die den Zusammenhalt von 2 Fe-Protoporphyrinen in wäßriger Lösung bewirken [12]. Die HDE-Ionisationskurve (Abb. 2, Kurve 1) läßt sich durch Gleichgewicht (2) wiedergeben, d. h. unter gleichzeitiger Abspaltung von 2 Protonen, die den in der 6. Koordinationsstelle jedes Fe-Atoms gebundenen Solvensmolekeln entstammen dürften, geht der neutrale HDE in seine alkalische Form über. Mittels der in Gleichgewicht (2) formulierten Strukturen wird eine Diskussion aller weiteren Ergebnisse dieser Arbeit möglich. pH-Abhängigkeit

der — log

[ImH]05-Werte

Abb. 4b zeigt die />H-Abhängigkeit der — log [ImH] 05 -Werte für die Bildung des HDE-Komplexes im Bereich pH 6 bis 11,5. Unterhalb pH 6,5 läßt sich unter Berücksichtigung der asymmetrischen Bindungskurven das folgende Reaktionsgleichgewicht formulieren: HS—HDE—HDE—HS + 4 ImH ^ 2 ImH—HDE—ImH

(3)

Zwischen pH 7 bis 8,5 sind die Bindungskurven symmetrisch, wobei n = 2 beträgt, d. h. es werden 2 Liganden pro Dimereneinheit gleichzeitig gebunden. Da die — log [ImH]0>6-Werte in diesem Gebiet um 2,4 liegen, also nahezu ^>H-unabhängig sind, muß der Reaktion das folgende Gleichgewicht zugrunde liegen: HS—HDE—HDE—HS + 2 ImH ^ ImH—HDE—HDE—ImH + 2 HS

(4)

Zwischen den Absorptionsspektren des dimeren und des monomeren HDEImidazol-Komplexes bestehen lediglich geringe Extinktionsunterschiede. Für einen dimeren HDE-ImH-Komplex (gemäß (4)) sprechen neben den in dieser Arbeit diskutierten Befunden auch verschiedene Ergebnisse nicht abgeschlossener Untersuchungen zur Darstellung eines HDE-Azid-ImidazolMischkomplexes, der sich bildet, wenn das betreffende HDE-ImH-Derivat in DMSO mit N~-Ionen versetzt wird. Die spektrophotometrisch erhaltenen Azid-Bindungskurven sind charakteristisch für die Aufspaltung eines dimeren Ausgangskomplexes unter Bindung eines Nj-Liganden pro Hämineisen [13]: ImH—HDE—HDE—ImH + 2 N^ ^ 2 ImH—HDE—Ng

(5)

Unübersichtlicher werden die Bindungsverhältnisse oberhalb pH 9, weil in diesem Gebiet die Spektrenscharen der einzelnen Übergänge HDE -> HDEImH keine gemeinsamen isosbestischen Punkte mehr besitzen. Offensichtlich erfolgt hier die Bindung des ImH-Liganden an den dimeren HDE in 2 Schritten: "S—HDE—HDE—S" + ImH + H+ ^ ImH—HDE—HDE—S~ + HS

(6a)

ImH—HDE—HDE—S- + ImH + H+ ^ ImH—HDE—HDE—ImH + HS

(6b)

272

P . MOHR, W . SCHELER, K . F R A N K

Übereinstimmend mit dieser Formulierung fallen die — log [ImH] 0 5 -Werte zwischen p H 9,4 und 10,5 ab, u n d die Bindungskurven verlaufen flacher. Die — log [ImH] 0j6 -Werte für die Bildung des Zwischenproduktes (gemäß (6 a)) und des Endkomplexes (gemäß (6b)) differieren demnach nur wenig voneinander. Aus diesem Grunde läßt sich auch das Zwischenprodukt spektrophotometrisch nicht erfassen. Bei größeren Unterschieden wäre eine mehr oder weniger starke Anstiegsverminderung der Bindungskurven im 50%-Bereich oder sogar eine Stufenbildung zu erwarten gewesen. Die konstanten — log [ImH] 0>5-Werte oberhalb pYi 10,5 lassen den Schluß zu, daß die in den Gleichgewichten (6 a) und (6 b) zur Komplexbildung erforderlichen Protonen nun nicht mehr dem Milieu sondern einem Reaktionspartner, nämlich dem I m H entzogen werden. Die Bindungskurven nähern sich in diesem Gebiet mit zunehmender Alkalität der Lösungen wieder einer symmetrischen Grenzkurve mit n = 2. Daher ist anzunehmen, daß die Bindung von 2 ImH-Molekeln an ein dimeres HDE-Molekül wieder in einem Schritt erfolgt: -S—HDE—HDE—S" + 2 ImH ^ "Im—HDE—HDE—Im" + 2 HS

(7)

Die unterschiedliche Lage der Maxima in den Spektren des nach (6 a) und (6 b) sowie nach (7) gebildeten HDE-ImH-Komplexes macht die direkte Bestimmung der Ionisationskonstante des HDE-gebundenen Imidazols möglich (Abb. 2, Kurve 3). I m H selbst besitzt amphotere Eigenschaften, d. h. die neutrale Molekel vermag sowohl Protonen aufzunehmen als auch abzugeben (8). Die ^>KWerte für den Übergang der kationischen in die neutrale und der neutralen in die anionische Form betragen in wäßrigem Milieu: p K = 7,16 [14] und ¿ K ^ " = 14,44 [2]. (+)HS Analog verhalten sich Derivate des I m H und TH, wenn sie über eine unsubstituierte NH-Gruppe verfügen. Ist dies nicht der Fall, so besitzt die betreffende Molekel ausschließlich basische Eigenschaften. Untersuchungen von K O L T H O F F und R E D D Y [5] sowie anderer Autoren haben gezeigt, daß DMSO in seinen Solvenseigenschaften viele Analogien zum Wasser besitzt. So verfügen Säuren und Basen des Aquosystems in DMSO ebenfalls über acide oder basische Eigenschaften. Allerdings können sich die ^K-Werte in beiden Lösungsmitteln stark voneinander unterscheiden. Es war daher zu erwarten, daß I m H - und TH-Derivate in DMSO ebenfalls als Säuren bzw. Basen fungieren können. Daß die pKA-Werte für beide Solvenssysteme nicht wesentlich differieren, konnte bereits in Vorversuchen festgestellt werden. So steigt beispielsweise der p H von reinem DMSO bzw. H 2 0 beim Eintragen äquivalenter Mengen des gleichen ImH- oder THDerivates auf Werte an, die für beide Solvenssysteme nicht sehr stark voneinander abweichen.

Chemie von Hämindiäthylestem

273

Das Absinken der — log [ImH] 05 -Werte unterhalb pYi 6,8 (Abb. 4b)) wäre somit auf ein zunehmendes Anteiligwerden der protonisierten, kationischen Form des ImH, die aus elektrostatischen Gründen nicht zur Komplexbildung befähigt ist, zurückzuführen. Aus den Gleichgewichten (6) und (7) sowie aus der Ionisationskurve (Abb. 2, Kurve 3) leitet sich für den Übergang des gebundenen neutralen I m H in seine anionische Form Gleichgewicht (9) ab: ImH—HDE—HDE—ImH ^ "Im—HDE—HDE—Im" + 2 H+

(9)

Die graphisch erhaltenen Knickpunkte in Abb. 4 b wären somit folgenden Ionisationen zuzuordnen: dem inDMSO ( « 7, p~K\ali in H 2 0 = 7,16 1 [14]); dem ( = 9,4) und dem pK ™* ( = 10,45). Aus dem Verlauf der Kurve in Abb. 4a ist weiter zu entnehmen, daß der ^Kjj"111 in DMSO außerhalb des untersuchten ^H-Bereiches liegt, also > 1 1 , 5 sein muß. Würde diese Konstante einen Zahlenwert zwischen 6 und 11,5 besitzen, so müßte die ImH-Gesamtgleichgewichtskurve (Abb. 4a) einen anderen Verlauf nehmen. Somit gilt: pK J l nli < < < Zur Kontrolle wurde ausgehend von den Gleichgewichten (2), (4) und (9) Gleichung (10) berechnet (vgl. [11] und [15]), die für den ^H-Bereich 8 bis 11,5 gilt 1 :

[H+]^ H = 5 • 10" 11 erhält man eine einfache Funktion [ I m H ] ^ = /([H+]), mit deren Hilfe die theoretische Kurve (ausgezogene Linie zwischen pH 8,4 bis 11,5 in Abb. 4b) berechnet wurde. Ihre Übereinstimmung mit den experimentell erhaltenen Werten belegt, daß alle in diesem />H-Bereich auftretenden Ionisations- und Dissoziationsreaktionen berücksichtigt wurden. pH-Abhängigkeit ImH]06-Werte

der — log [TH]0 S-, der — log

und der — log [Ph-

Für den TH-Komplex lassen sich aus den experimentell erhaltenen Werten (Abb. 6b) folgende Gleichgewichte ableiten: HS—HDE—HDE—HS + 2 TH ^ TH—HDE—HDE—TH + 2 HS HS—HDE—HDE—HS + 2TH ^ "T—HDE—HDE—T" + 2 HS + 2 H J "S—HDE—HDE—S" + 2 TH ^ "T—HDE—HDE—'T+ + 2 HS

(11) (12) (13)

Für ^>H-Werte > pK™ (in DMSO) gilt: -S—HDE—HDE—S" + 2 T" + 2 H+ ^ "T—HDE—HDE—T" + 2 HS

(14)

In diesem Gebiet, das experimentell nicht mehr zugänglich war, muß A(— log [ T H ] 0 I 5 ) / ^ H = 1 betragen. Der Verlauf der Kurve in Abb. 6b läßt vermuten, daß ein Abfall der — log [TH] 0 5 -Werte oberhalb p H 10 er1

Um die Berechnung zu vereinfachen, wurde Gleichgewicht (3) nicht berücksichtigt.

274

P . MOHR, W . SCHELER, K . FRANK

folgt. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich für den ^K™ in DMSO ein Wert von « 10. Für die Ionisation des HDE-gebundenen TH läßt sich aus den Gleichgewichten (11) und (12) das folgende Gleichgewicht ableiten: TH—HDE—HDE—TH ^ "T—HDE—HDE—T" + 2 H+

(1 5)

Die graphisch ermittelten Knickpunkte in Abb. 6a sind dem (6,9), dem und dem />K™ zuzuordnen. Da auf Grund des Kurvenverlaufes in Abb. 6a der pK™ < 5 , 2 sein muß1, gilt: pK™ < />H™ < < ^K™. Für die Bindung von Mim an HDE dürften schließlich 2 Gleichgewichte bedeutsam sein. HS—HDE—HDE—HS + 2 Mim ^ Mim—HDE—HDE—Mim + 2 HS (16) "S—HDE—HDE—S" + 2 Mim + 2 H+ ^ Mim—HDE—HDE—Mim + 2 HS (17)

Der unterhalb pH 6 einsetzende Abfall der — log [MIm]0 5-Werte ist der zunehmenden Protonisierung des Liganden zuzuschreiben. Die Knickpunkte in der Kurve (Abb. 7b) entsprechen dem pK^"5m in DMSO ( « 6,4) und dem Die mittels der Gleichgewichte (-16) und (17) im ^H-Bereich 7,5 bis 11,1 berechnete Kurve für die />H-Abhängigkeit der — log [MIm]0)6-Werte gibt auch hier die Meßpunkte richtig wieder. Die — log [PhImH] 0 ¡¡-Werte sind im gesamten ^H-Bereich konstant 1. Knickpunkte treten' nicht auf, weil />H£h6ImH= pHf^ und />K™mH < 8 bzw. ¿>K£hImH > 12 sind (vgl. Abb. 5). Zwischen der Basizität der neutralen Liganden und ihrer Affinität zu HDE besteht ein ähnlicher Zusammenhang wie bei den ChMetHb-Komplexen (Tab. 2). Die stärkste Bindungsneigung ist beim ImH und bei den Methylimidazolen zu verzeichnen. Über PhlmH fällt die Affinität zum TH dann deutlich ab. Aus der TH-Gesamtgleichgewichtslcurve (Abb. 6b) ist aber auch zu ersehen, daß die Affinität des anionischen Liganden wesentlich größer ist als die des neutralen Moleküls. Die Ursachen für dieses Verhalten dürften elektrostatischer Natur sein. Tabelle 2 Affinität von Imidazolen und TH zu H D E in DMSO bzw. zu ChMetHb in H a O Ligand

- log [LH],,,

MImH MIm ImH PhlmH TH

2,4 2,2 2,4 1 0

5 4,92 4,5 2,32

* für das Gleichgewicht: ChMetHb + LH ^ ChMetHb-LH [3]. 1

Bei ¡i>KlH > 5 müßte in der Kurve (Abb. 6 b) ein weiterer Knickpunkt erscheinen.

Chemie von Hämindiäthylestern

Die Ionisation

der gebundenen

275

Liganden

Die Absorptionsspektren der ImH- und der TH-Komplexe unterscheiden sich in ihrer Form nur unwesentlich von den Spektren der z. T. gut untersuchten ImH- und TH-Derivate einiger Methämoglobine [1], [3]. Bei schwach sauren />H-Werten erscheint die Grünbande zwischen 532 und 535 nm (Tab. 1). Auch hierin bestehen keine wesentlichen Unterschiede zu den entsprechenden Derivaten des ChMetHb [3]. Da der MIm-Komplex des HDE nur einen Spektraltyp mit Maxima bei 533 u n < l 408 nm besitzt, lassen sich die bei allen übrigen Komplexen beobachteten ^H-abhängigen Änderungen wie bei den MetHb-Derivaten [1], [2], [3] der NH-Acidität des gebundenen Liganden zuschreiben. Somit kann auch bei diesen Komplexen zwischen einer neutralen und einer alkalischen Form differenziert werden, die sich in der Lage der Absorptionsmaxima voneinander unterscheiden (Tab. 1). Grundsätzlich gilt für die spektralen Eigenschaften der untersuchten Komplexe, daß sich die Absorptionsmaxima langwellig verschieben, wenn der gebundene Neutralligand in seine anionische Form übergeht. Die experimentell erhaltenen ^HJ-J-Werte sind ebenfalls in Tab. 1 aufgeführt. Für NH-acide Liganden gilt in jedem Falle: < d.h. die NH-Acidität nimmt, wie bei der Bindung an Hämoproteide in wäßriger Lösung, auch unter dem Einfluß von HDE in DMSO zu. Damit kann dieser Effekt, der bisher nur bei den entsprechenden MetHb-Komplexen beobachtet worden war, eindeutig einer Elektronenakzeptorwirkung der prosthetischen Gruppe zugeschrieben werden. Frau

CHRISTA GARLEB

danken wir für wertvolle technische Assistenz.

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n . M o p , B . E U e j i e p H K . O p e H K : CneKTpajibHoe h xHMHiecKoe noBenenne HHaTHJioBoro 3(F)Hpa reMHHa H e r o KOMIUICKCOB C np0H3B0ji;HbiMH HMHHa30.ua H 1.2.4-TpHa30Jia B 6C3BOHHOM AHMETHJIYJIB$OKCHFLE 1. PacTBopw HHATHJIOBORO 3 $ n p a REMHHA ( H D E ) B 6 E 3 B 0 A H 0 M A,HMETHJICYJIB(J)OKCHAE (DMSO) HH>KE pH 8 HMCIOT COJIBBOREMHHOBBM cneKTp (HeirrpajibHaH $opMa), KOTOpbift B mejiOHHOH o6jracTH nepexoHHT npHMO H 06paTHM0 B napareMHHOBbiü Tun (mejio^Han opMa). p H nojiynpeBpameHHH ) HJIH cooTBeTCTByiomero paBHOBECHH HOHH3AUHH paBHa 9,4. FLAJIBHEßMHE pe3yjibTaTbi IIO3BOJIHIOT n p e n n o j i o jKHTb, qTO o6e (jiopMbi H D E HHMEPH30BAHBI B D M S O . 2. C np0H3B0HHbiMH HMHjia30Jia H 1.2.4-TpHa30Ji0M HettTpajibHaH H m e j i o i n a H H. JHejiaeTCH s a t u n o n e H H e , hto npHHHHOft hjih c n e K T p a j i b -

HblX M3M6HCHHH HBJIfleTCH H e n p O T e H H M 3 a H H f l HMHHOrpyimbl JIHraHJia. 3 . BejiHiHHbi n o j i y n p e B p a m e H H H ( ^ H ^ J ) N H - k h c j i m x K O i v m j i e K c o B 3aBHCMMbi o t npHpoHbi jinraHHOB. Ohh yMeHbiuaiOTCH b nopH^Ke HDE-4(5)-MeTHJiHMHna30Ji, -HMHHa30JI, -4(5)-1V

lllllllillllllllllllll Abb. 2. ECG vom visuellen Kortex der R a t t e und durch Lichtblitzserien ausgelöste Aktivität vor der Narkose (K) und während verschiedener Stadien der Chloroformnärkose (I bis I I I c ) . Darunter Markierung der Lichtblitze. Eichmarken: horizontal 1 s, vertikal 200 nV

324

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REBENTISCH

Äthernarkose; andererseits wird dieses Stadium bei Chloroformnarkose stärker von den langsamen Wellen des Theta- und Delta-Wellenbereichs geprägt, deren Amplituden meist auch höher sind als bei Äthernarkose. 2. Veränderungen

der ausgelösten kortikalen

Primärpotentiale

Die durch Lichtblitze im visuellen Kortex ausgelöste frühe positiv-negative Schwankung (die Komponente px — n x des E P [23]), im folgenden als Primärpotential bezeichnet, verhält sich beim Anfluten und Vertiefen der Inhalationsnarkose anders als spätere Komponenten und als die PhNE (Abb. i). Die Abb. 3 a zeigt den Verlauf des Mittelwertes der Primärpotentialamplitude bei Äthernarkose (ausgezogene Linie, gefüllte Kreise). Das erste Minimum der Mittelwertskurve ist korreliert mit dem Auftreten der Desynchronisation in der ECG-Grundaktivität zu Beginn des Rausches und während des Exzitationsstadiums (Abb. 1, I a und II). Der in der Abb. 1 a, I b erkennbare kurzfristige Anstieg der Primärpotentialamplitude kommt in der Mittelwertskurve nicht zum Ausdruck, ist aber bei allen Ratten mit einer kurzfristigen Abschwächung der Desynchronisation korreliert. Zu Beginn des Toleranzstadiums kommt es kurz vor und gleichzeitig mit dem Auftreten der langsamen Wellen im ECG zu einem Wiederanstieg der Primärpotentiale, bei zwei Ratten sogar über den Ausgangswert. Die Mittelwertskurve zeigt diesen Anstieg viel träger, da nicht alle Ratten unter sonst gleichen Bedingungen das Toleranzstadium nach der gleichen Zeit erreichen. Bei der weiteren Vertiefung der Narkose im Toleranzstadium nimmt die Amplitude der Primärpotentiale wieder ab; das Minimum wird erreicht, wenn die langsamen Wellen im ECG ihr Maximum erreichen. Das Ende des Toleranzstadiums ist wiederum durch ein Maximum der Primärpotentiale gekennzeichnet, wobei bei drei Ratten die Ausgangswerte übertroffen werden. Die Minima der Mittelwertskurve sind signifikant vom Ausgangswert verschieden (p < 0,01), ebenso die Maxima von den Minima. Bei der teilweise üblichen Messung der E P im ECG von Spitze zu Spitze wird vom Gipfel der Komponente nx zum Gipfel der Komponente p3 gemessen. Eine Beurteilung der Größe des Primärpotentials ist unter diesen Umständen schwierig. Wir haben vergleichsweise die so gewonnene Mittelwertskurve ebenfalls in die Abb. 3 a eingezeichnet (gestrichelte Linie). Dabei zeigt sich, daß vor allem in den Maxima eine Abweichung besteht, die dafür spricht, daß während dieser Maxima die Primärkomponenten bevorzugt wieder ansteigen. Bei dieser zweiten Mittelwertskurve sind Maxima und Minima nicht signifikant verschieden. Die zweite Mittelwertskurve gibt jedoch auch ohne Aussagemöglichkeit über die einzelnen Komponenten die Grundtendenz der EP-Amplituden-Änderung wieder. Wir haben uns deshalb im Falle der Halothanwirkung, die von der Ätherwirkung kaum verschieden war, mit der Darstellung der Mittelwerte der EP-Amplituden, die von Spitze zu Spitze gemessen wurden, begnügt (Abb. 3 b). Die Amplitudenabnahme war in diesem Falle noch etwas geringer als unter Äther.

Narkotikawirkung auf ECG und ausgelöste Aktivität

325

Unter Chloroformwirkung kommt es nicht in gleicher Weise zu einem so deutlichen Wiederanstieg der EP-Amplituden wie unter Äther und Halothan zu Beginn des Toleranzstadiums. Während des Toleranzstadiums gehen die E P meist ganz in der ECG-Grundaktivität unter (Abb. 2, l i l a und I l l b ) . Am Ende des Toleranzstadiums kommt es auch unter Chloroform zu einem erneuten Anstieg der EP, wobei die Primärpotentiale jedoch kaum 70% ihres Ausgangswertes überschreiten. Während der isoelektrischen Perioden im Stadium I I I c lösen sensorische Reize kortikal nur sehr kleine oder gar keine E P aus, im gleichen Stadium sind aber während der burst-artig auftretenden ECG-Grundaktivität große E P abzuleiten. Ein Beispiel hierfür zeigt die Abb. 5 b unter Äthernarkose; das kann man auch während des gleichen Stadiums unter Halothan- und unter Chloroformnarkose beobachten. 3. Veränderungen der PhNE und der PhR Schon die Einführung der Inhalationsnarkotika in das geschlossene System führt zu einer starken Abnahme der Anzahl der P h N E und der rekrutierten Potentiale, was mit einer allgemeinen Aktivierung des Verhaltens und mit dem Auftreten von Orientierungsreaktionen korreliert ist. Die Beruhigung des Tieres beim Eintreten in das Rauschstadium (I) führt aber nicht wieder zu einer Vermehrung der P h N E und der rekrutierten Potentiale (Abb. \ , Äthernarkose und Abb. 2, Chloroformnarkose). Es kommt vielmehr beim weiteren Vertiefen der Inhalationsnarkose zur weiteren Abnahme der Anzahl und Amplitude der P h N E und der P h R und im Toleranzstadium treten keine P h N E und keine P h R mehr auf (Abb. 1 und 2). Zu Beginn des Toleranzstadiums kann ein kurzdauernder Abschnitt der Narkotikumwirkung beobachtet werden, in welchem auf jeden einzelnen Lichtreiz nach dem E P ein einziges Nachentladungspotential folgt, wobei das EP-PhNEIntervall verlängert sein kann. Halothan bewirkt die gleiche Reihenfolge von Veränderungen. Die Abb. 3 zeigt den Verlauf der mittleren Anzahl der P h N E p r o L i c h t b l i t z s e r i e von je 10 Lichtblitzen unter Äther (Abb. 3 a), Halothan (Abb. 3 b) und Chloroform (Abb. 3 c). Übereinstimmend kommt es in den individuellen Kurvenverläufen zunächst zu einem raschen nahezu geradlinigen Abfall, der durch einen mehr oder weniger ausgeprägten Knick in einen flacheren Abfall übergeht. Dem Knick entspricht der Übergang vom Exzitationsstadium zum sich anschließenden Toleranzstadium ( l i l a ) . Wenn das Toleranzstadium I l l b erreicht ist, treten übereinstimmend keine PhNE und keine P h R mehr auf. Die Form der erhaltenen Mittelwertskurven hängt von der Anflutungsgeschwindigkeit der Narkotika einerseits und von der Narkoseempfindlichkeit der Individuen andererseits ab, d. h. von den Zeitunterschieden des individuellen Eintretens des Exzitations- und des Toleranzstadiums. Bis zum Eintreten des Exzitationsstadiums nimmt die Anzahl der PhNE -pro auslösenden Lichtblitz nur geringfügig ab, d. h. die

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REBENTISCH

1 I I 1 i 1

Abb. 3 a

1

i

Abb. 3 b

i

Narkotikawirkung auf ECG und ausgelöste Aktivität

327

Abb. 3 c Abb. 3- Einfluß Potentiale (EP) a) Diäthyläther p± — % ; o

von Inhalationsnarkotika auf die Amplitude der photisch ausgelösten und die Anzahl der photisch ausgelösten Nachentladungen (PhNE). (2,5 ml je 5 min). • 9 : Amplitude der Primärkomponente o (ebenso in b) und c)): Anzahl der PhNE pro Lichtblitzserie; : Amplitude von n1 — p3 (Spitze-zu-Spitze). b) Halothan (0,25 ml je 5 min). 0 •: Amplitude von % — p3. c) Chloroform (0,5 ml je 5 min). • — •: Anzahl der Lichtblitze, die PhNE auslösen. Mittelwerte von je 6 Ratten mit je 20 E P bzw. je 2 Lichtblitzserien (ä 10 Lichtblitzen) in Prozent bezogen auf den Ausgangswert im relaxierten Wachzustand vor der Narkose (intraindividueller Kontrollwert). Die Pfeile markieren den Zeitpunkt der Einführung des Narkotikums in das geschlossene System. Abszissen: Zeitpunkt nach Beginn der Narkotisierung in min; Ordinaten: Anzahl der PhNE bzw. Amplitude der E P in %

starke Abnahme der Anzahl der PhNE pro Lichtblitzserie beruht vor allem auf Abnahme der Anzahl der Lichtblitze, die PhNE auslösen. Ein Beispiel für die Darstellung dieses quantitativen Zusammenhanges bringt die Abb. 3 c. Im weiteren Verlauf nimmt die Anzahl der PhNE pro Lichtblitzserie schneller ab als die Anzahl der sie auslösenden Lichtblitze; das bedeutet, daß die Anzahl der PhNE pro auslösenden Lichtblitz abnimmt. Durch die Mittelwertskurve wird dies teilweise ausgeglichen. Auch das oben erwähnte flüchtige Auftreten eines einzigen Nachentladungspotentials nach den Lichtblitzen findet in ihr keinen Niederschlag. Das Überschneiden der Mittelwertskurven im Beispiel des Chloroforms ist auch typisch für andere Inhalationsnarkotika und für das Urethan [26]. Die Veränderungen der PhR wurden nicht quantitativ dargestellt, da sich ebenfalls eine Abnahme ergibt, deren Kurvenverlauf sich etwa mit den Kurven der PhNE deckt. Zunächst nimmt dabei die Gesamtzahl der rekrutierten Potentiale stärker ab als die Latenzzeit der PhR nach Einschalten der Lichtblitzserie (vgl. Abb. 1 b und 2). 22

Acta biol. med. germ., Bd. 20, Heft 3

328

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REBENTXSCH

4. Veränderungen nach Absetzen der Narkose Die gleichen Erscheinungen und Veränderungen, die nach Anfluten und Vertiefen der Narkose im ECG, an den EP, den PhNE und an der PhR zu beobachten sind, treten in umgekehrter Reihenfolge nach Absetzen des Narkotikums und Öffnen des geschlossenen Systems bzw. Einblasen von Frischluft auf. Da das Durchlaufen aller Stadien in umgekehrter Reihenfolge wesentlich langsamer erfolgt, lassen sich nun besonders flüchtige Erscheinungen konstanter und besser beobachten als beim Vertiefen. Die Abb. 4 bringt Beispiele für solche Phänomene. Während des Wechsels von isoelektrischen Perioden mit „burst-Aktivität" (Stadium I I I c ) werden Reize abwechselnd beantwortet oder nicht beantwortet (Abb. 5 b). Es gibt in diesem Stadium aber auch eine kurze Periode, in welcher durch nicht zu schnell aufeinanderfolgende Reize die „burst-Aktivität" getriggert werden kann (Abb. 4a, IIIc). Dabei wird ein „Ausbruch" von frequenter Grundaktivität mit hoher Amplitude, überlagert von einzelnen größeren langsamen Schwankungen, durch ein großes E P eingeleitet. Die Amplitude dieser E P ist in der Regel wesentlich größer als im vorhergehenden Stadium I l l b . Dieses Phänomen konnte bei allen Versuchstieren unter Äther, Halothan, Chloroform und ebenso unter Urethan [26] beobachtet werden. Ein anderes Beispiel für ein Phänomen, das beim Vertiefen der Narkose nur kurzzeitig zu Beginn des Toleranzstadiums auftritt, nach dem Absetzen der Narkose aber sehr deutlich längere Zeit zu beobachten ist, zeigt die Abb. 4a, l i l a . Eine Lichtblitzfrequenz von 7/sec wird unter diesen Bedingungen nicht mit rekrutierten Potentialen beantwortet, sondern mit vergrößerten Primärpotentialen (kürzere Latenzzeit und Gipfelzeiten). Gleichzeitig ist die Erholungszeit des E P deutlich verlängert, weshalb nach ein bis zwei Sekunden Reizung jeder zweite Lichtblitz nur mit einem sehr kleinen Potential beantwortet wird. Beim Übergang vom Toleranzstadium zum Rausch gibt es nur geringfügige Anzeichen eines Exzitationsstadiums. Elektrophysiologisch ist jedoch eine Zunahme schneller Frequenzen, besonders im Bereich von 25—}Qjsec, zu beobachten. In diesem Stadium können durch Lichtreize, z. B. durch Lichtblitze von 6—7/sec, E P mit mehreren negativen Gipfeln ausgelöst werden, meist sind es drei Gipfel. Während dies bei Äthernarkose (Abb. 4a, II) und unter Halothan (Abb. 4b) regelmäßig zu beobachten ist, kommt es unter Chloroform nicht vor. Die Primärkomponenten der E P sind dabei häufig auch größer als vor der Narkose. Bei weiterem Narkoserückgang kommt es aber dann zu einem Kleinerwerden des ersten negativen Gipfels und schließlich zu einem Größerwerden des zweiten im Falle des Wiederauftretens der PhR.

5. Die Veränderungen der elektrischen Aktivität subkortikaler Strukturen sind in ihren Grundzügen ähnlich wie bei der geschilderten kortikalen Aktivität, wobei das von vornherein unterschiedliche Frequenzspektrum auch

Narkotikawirkung auf ECG und ausgelöste Aktivität

329

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Abb. 4 a

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1 1 1 1 1 1 1 1 i 1 .1 1 1 1 1 i 1 i 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 . 1 1 i

Abb. 4 b

I

]

Abb. 4. Beispiele für Veränderungen der photisch ausgelösten Aktivität, die nach. Absetzen des Narkotikums (langsamer Abfall) bzw. bei längerem Verweilen im entsprechenden Stadium besonders deutlich hervortreten. Visueller Kortex. a) Äther; II = E P mit mehreren Gipfeln, l i l a = alternierendes Auftreten der EP, I I I c = Triggerung der „bursts" durch Lichtblitze. In l i l a und I I I c gleiche Ableitung; mit Tiefpaß- (oben) und Hochpaßfilter (unten). b) Halothan; durch Lichtblitzserien von 7/s und 16/s ausgelöste mehrgipflige EP.. Markierung der Lichtblitze jeweils unter den Beispielen. Eichmarken: horizontal 1 s,. vertikal 200 (¿V

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Abb. 5. Einfluß der Äthernarkose auf die elektrische Aktivität des dorsalen Hippokampus. a Vergleich der schnellen und langsamen Anteile des Elektrohippokamprogramms vor (K) und während (I bis I f l b ) der Narkose. b Vergleich des ECG vom visuellen Kortex (VC) und des Elektrohippokampogrammes (DH) im Stadium I I I c der Narkose: langsamer Rhythmus im D H ohne isoelektrische Perioden; keine E P im VC während isoelektrischer Perioden. Eichmarken: horizontal 1 s, vertikal 200 (xV

Narkotikawirkung auf ECG und ausgelöste Aktivität

331

weiterhin zu berücksichtigen ist. Die im Stadium I I I c in der kortikalen Aktivität beobachteten isoelektrischen Perioden treten subkortikal in der Regel später auf als kortikal, in einigen Fällen erst zu Beginn des paralytischen Stadiums. Im dorsalen Hippokampus kommt es zu Beginn des Rauschstadiums regelmäßig zum Auftreten des langsamen Rhythmus und gleichzeitig zu einer Amplitudenzunahme der schnellen rhythmischen Aktivität, deren Frequenz geringfügig abnimmt (Abb. 5 a, I). Die Amplitude dieser schnellen elektrischen Aktivität des Hippokampus erreicht ihr Maximum im Exzitationsstadium und nimmt dann ab. Zu Beginn des Toleranzstadiums konnten wir mehrfach unter Äthernarkose beobachten, daß die schnelle Aktivität spindelartig und dabei synchron zu großen langsamen hippokampischen Wellen (2—3/sec) auftritt (Abb. 5a, l i l a ) . Diese Wellen wie überhaupt das Elektrohippokampogramm stehen in diesem Stadium in keiner deutlich synchronen Beziehung zu kortikalen Abläufen. Während des gesamten Toleranzstadiums treten immer wieder Gruppen regelmäßiger langsamer Wellen auf, deren Frequenz im Laufe der Narkosevertiefung bis auf 3,5—4/sec absinkt, aber auch vorübergehend wieder bis auf 5/sec ansteigen kann. Vereinzelt konnte diese regelmäßige langsame Aktivität sogar dann noch registriert werden, wenn in den kortikalen Ableitungen schon isoelektrische Perioden vorhanden waren (Abb. 5 b). Diese Form (Abb. 5 b ohne Frequenzfilter, Abb. 5 a mit Frequenzfilter!) ist analog zu dem langsamen hippokampischen Rhythmus im Wachzustand des Tieres, der jedoch bei Verlangsamung unter 6/sec auseinanderfällt. Die elektrische Aktivität des Hippokampus zeigt isoelektrische Perioden erst zu Beginn des paralytischen Stadiums und verschwindet dann sehr schnell völlig. Diskussion l . Narkotikawirkungen

auf die photisch

ausgelöste

Aktivität

Die Ergebnisse bestätigen die früheren Erfahrungen, daß die für die Generierung der P h N E verantwortliche Struktur isoliert außer Funktion gesetzt werden kann, ohne daß die retinokortikale Projektion wesentlich behindert wird. Ähnlich wie 0 2 -Mangel [25] bewirken dies auch Narkotika wie Urethan [26] und die Inhalationsnarkotika Äther, Halothan und Chloroform. Für Äther wurde bereits eine ähnliche Aussage gemacht, während dies für das Chloroform bestritten wurde [4]. Durch unsere Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, daß unter der Einwirkung aller von uns verwandten Narkotika die PhNE etwa im gleichen Narkosestadium verschwinden. Das ist zu Beginn des Toleranzstadiums, wenn im ECG die rasche Aktivität reduziert wird und vermehrt langsame Wellen mit erhöhter Amplitude erscheinen. Ohne Bezugnahme auf das Narkosestadium wurde das Verschwinden der P h N E bei weiterer Auslösbarkeit der primären E P auch für die tiefere Barbituratnarkose [13] und für Nembutal- und Chloralosenarkose [15] angegeben. Unter Chloralose wird das Auftreten der E P

332

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REBENTISCH

noch gefördert, ihre Amplitude teilweise vergrößert, wie wir es auch unter Äthernarkose vorübergehend beobachten konnten. Eine zum Teil erhebliche Amplitudenzunahme der ausgelösten Primärpotentiale bei gleichzeitigem völligen Verschwinden der PhNE wurde auch bei akutem 0 2 -Mangel in der Atemluft zu Beginn eines ECG-Stadiums langsamer Wellen (sog. „anoxische Wellen") beobachtet [25]. Bemerkenswert ist, daß auch während des Schlafzustandes, der durch langsame hohe Wellen charakterisiert ist, niemals PhNE beobachtet wurden. Schon beim Einschlafen nimmt die Anzahl der P h N E schnell ab. V o n den P h N E muß ein durch Lichtreize ausgelöstes und über der A r e a 17 ableitbares vorwiegend oberflächenpositives Potential m i t einer L a t e n z z e i t v o n 65 — 100 m s abgegrenzt werden, welches i m W a c h z u s t a n d in der K o m p o n e n t e p 3 enthalten ist und unter b e s t i m m t e n U m s t ä n d e n isoliert vergrößert sein kann. E s wurde bisher ohne A b g r e n z u n g v o n den P h N E beschrieben und wie jene als ,,late r e s p o n s e " [5] „second a r y r e s p o n s e " [11], „ m u l t i p l e r e s p o n s e " [13], „ d e l a y e d response t y p I " [35] und als „ p h o t i c a l l y evoked a f t e r d i s c h a r g e " [2] bezeichnet. Sein A u f t r e t e n k a n n durch leichtere bis mittlere N a r k o t i k a d o s e n , vor allem durch B a r b i t u r a t e , b e g ü n s t i g t und seine A m p l i t u d e bei gleichzeitiger A b n a h m e anderer sekundärer K o m p o n e n t e n vergrößert werden [2, 4, 13]. Vor allem bei K a t z e n k a n n dieses Potential beim Einschlafen sehr deutlich hervortreten [13, 22].

Als Generator der PhNE kann mit großer Sicherheit das von B U R K E und S E F T O N [ 7 — 9 ] an Ratten beschriebene und untersuchte neuronale Modell der rekurrenten Hemmung im Corpus geniculatum laterale (CGL) betrachtet werden [23, 24]. Seine rhythmische Tätigkeit kann auch am neuronal isolierten CGL beobachtet werden, wie es B O B B E R T [ 3 ] am CGL der Katze getan hat. Es bieten sich mehrere Möglichkeiten an, die Unterdrückung der PhNE durch Narkotika bereits in diesem relativ einfachen Modell zu erklären, a) Die nächstliegende Annahme ist, daß Schaltneurone, in diesem Falle die inhibitorischen Schaltneurone (I-Zellen) des CGL, bei niedrigeren Narkotikadosen ausfallen als die Projektionsneurone (P-Zellen), wie dies am Rückenmark gezeigt wurde [27, 30]. Schon eine Schwächung des Einflusses der I-Zellen würde ihre synchronisierende Wirkung im CGL erheblich vermindern. Für die Auslösung der PhNE im visuellen Kortex sind jedoch sehr gut synchronisierte afferente Salven aus dem CGL eine wichtige Voraussetzung. b) In Analogie zu Beobachtungen an Motoneuronen [31] besteht die Möglichkeit, daß die Erschwerung der synaptischen Übertragung, das Ansteigen der Schwelle für die Auslösung propagierter Spikes und die Reduzierung des postinhibitorischen Feuerns an den P-Zellen unter der Einwirkung von Narkotika zu einer sich verschlechternden Synchronisation der Vorgänge im CGL beitragen. Vor allem wenn das postinhibitorische Feuern an den verschiedenen P-Zellen nicht gut synchronisiert einsetzt, kann es im visuellen Kortex nicht zu gut konfigurierten PhNE mit hoher Amplitude kommen. Welche von den genannten Wirkungsmöglichkeiten die Hauptrolle spielt, kann nur experimentell geklärt werden. Dafür, daß es sich zunächst nicht

Narkotikawirkung auf E C G und ausgelöste Aktivität

333

um eine qualitative Ausschaltung des PhNE-Generators handelt, sondern um einen Ausfall der kortikal abgeleiteten PhNE durch Störung der Synchronisation, sprechen eine Reihe von Argumenten. So führen die verschiedensten Einflüsse auf die PhNE nicht zu Änderungen ihrer Frequenz [24]. Zunächst kommt es meist zu einer Abnahme oder Zunahme der Anzahl von Lichtblitzantworten mit PhNE. Erst in zweiter Linie wird die PhNEGruppe nach dem auslösenden Lichtblitz länger oder kürzer. Im ersten Falle handelt es sich bei einer Abnahme um kurzfristige oder periodische Störungen der Synchronisation, wie sie schon durch geringe Grade der Verhaltensaktivierung ausgelöst werden können, oder bei einer Zunahme um den Wegfall eines solchen aktivierenden Einflusses und der damit verbundenen Okklusion. Eine solche Veränderung kommt stets durch den Einfluß anderer Hirnstrukturen auf das CGL zustande, wobei Zu- und Abnahme der Okklusion im CGL bzw. des depolarisierenden exzitatorischen Einflusses an den P-Zellen als Hauptursache angenommen wird [24]. Die gleichen Wirkungen können zusätzlich im Kortex das Auftreten der PhNE beeinflussen. Der anfängliche rapide Abfall der Anzahl der PhNE bei der Einleitung der Narkose und im Exzitationsstadium läßt sich so erklären, worauf weiter unten noch eingegangen wird. Im Falle einer regelmäßigen Verkürzung oder Verlängerung der PhNEGruppe (PhNE-Dauer) nach dem auslösenden Lichtblitz liegt unseres Erachtens eine Veränderung der die Synchronisation bedingenden Eigenschaften im CGL selbst vor. Physiologische Schwankungen dieser Art im CGL zeigen sich in der unterschiedlichen Beantwortung von Lichtblitzen mit verschiedenem Intervall [24]. Die Abnahme der PhNE-Dauer beginnt unter der Einwirkung der Narkotika bereits im Rauschstadium und wird dominierend beim Übergang vom Exzitationsstadium zum Toleranzstadium, wobei vorübergehend alle Licht blitze mit je nur einem PhNE-Pötential beantwortet werden können. J e weniger ausgeprägt die Exzitation bei der Narkoseeinleitung ist, um so besser läßt sich die Abnahme der PhNE-Dauer mit den erhaltenen Werten nachweisen. Urethan, das nahezu keine Exzitation auslöst, bewirkt schon in subnarkotischen Dosen eine Abnahme der PhNE-Dauer [26]. Für eine Störung der synchronisierten Tätigkeit im neuronalen Modell des CGL als Hauptursache bei der Abnahme der PhNE spricht auch in diesem Falle die Tatsache, daß B U R K E und SEFTON [ 7 — 9 ] die Tätigkeit der einzelnen I-Zellen im akuten Experiment unter der Einwirkung von Paraldehyd (1 ml/kg i. v.) untersuchen konnten. Die kortikale Auslösung der PhNE kann außerdem durch die Wirkung der Narkotika beeinflußt werden. EVARTS et al. [12] fanden eine Beeinflussung des Erholungszyklus (recovery cycle) der durch elektrische Reize in den genikulokortikalen Projektionen ausgelösten E P unter der Wirkung verschiedener Narkotika. Dabei kam es unter Äther und Chloroform nur zu geringfügigen Verlängerungen des Erholungszyklus. Angaben über das

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F . KLINGBERG, E . REBENTISCH

Narkosestadium fehlen. Die von uns im Stadium l i l a beobachteten Verlängerungen des Erholungszyklus (Abb. 4a, alternierendes Auftreten der EP) können ebensogut im CGL wie im Kortex bedingt sein (da wir mit unserer Methode rein kortikale von tiefer gelegenen Einflüssen der Narkotika nicht sicher genug unterscheiden können). Da jedoch der Kort ex in tieferen Narkosestadien auf rhythmisch eintreffende Afferenzen noch antworten kann, spielen die kortikalen Wirkungen der Narkotika für das Verschwinden der PhNE keine entscheidende Rolle, weil vom CGL ausgehende PhNERhythmen zumindest kleine Antworten auslösen müßten, was wir nicht beobachten konnten. Die gleichzeitige Registrierung der photisch ausgelösten Rekrutierung in den Narkoseversuchen brachte weiteres Material über deren enge Beziehungen zu den PhNE [23, 24]. Beide Phänomene verschwinden etwa im gleichen Narkosestadium (siehe auch [26]). Außerdem verhält sich die PhR auch in diesem Falle sehr ähnlich wie die durch elektrische Reizung in unspezifischen thalamischen Strukturen ausgelöste „recruiting response", die durch Inhalationsnarkotika ebenfalls unterdrückt wird [21]. Alle diese Phänomene werden durch prinzipiell gleiche Mechanismen im Thalamus ausgelöst. 2. Narkotikawirkungen auf die ECG-Grundaktivität Die bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen beobachteten Veränderungen der ECG-Grundaktivität, die sich den verschiedenen Narkosestadien zuordnen lassen (zusammenfassende Darstellungen: [19, 33» 34]) treten auch bei Ratten auf. Unsere Ergebnisse stimmen jedoch nicht ganz mit den von CASPERS [10] an Ratten gewonnenen Daten überein, wobei unterschiedliche Auffassungen lediglich in der genauen Zuordnung der elektrophysiologischen Daten zu den Narkosestadien bestehen. Deshalb haben wir uns bemüht, die diesbezüglichen Fakten möglichst genau zu beschreiben. Die gleichen Hauptveränderungen wurden auch unter Urethan an Ratten beobachtet [26]. Das elektrophysiologische Stadium der schnellen Aktivität während des Rausches und der Exzitation steht mit der Funktion der Formatio reticularis in Zusammenhang [1, 14, 29, 32]. Das Auftreten der kortikalen Desynchronisation und der schnellen Frequenzen hängt von der Integrität der retikulokortikalen Verbindungen ab [29, 32]. Zu Beginn der Narkose kommt es sehr schnell zu einem Überwiegen der aufsteigenden Aktivierung. Für dieses Überwiegen der aktivierenden Einflüsse gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Die Spontantätigkeit kortikaler Neurone nimmt gleich zu Beginn der Narkose deutlich ab [6, 32], was zur Folge haben kann, daß die von H U G E L I N und B O N V A L L E T [ 1 7 , 1 8 ] beschriebene kortikale Zügelung der aktivierenden Strukturen im Hirnstamm wegfällt und der aufsteigende aktivierende Einfluß überwiegt. Einer solchen Erklärungsmöglichkeit widerspricht nicht, daß gleichzeitig infolge einer hohen selektiven Empfindlichkeit der retikulären Formation gegen Narkotika die dort sensorisch ausgelösten

Narkotikawirkung auf ECG und ausgelöste Aktivität

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Antworten vermindert sind [14], da die komplexen Funktionen in der Formatio reticularis durch Narkotika unterschiedlich beeinflußt werden [32]. Die von uns beobachtete schnelle Abnahme der P h N E und der P h R zu Beginn der Narkose kann ebenfalls als Folge des Überwiegens der aufsteigenden Aktivierung angesehen werden. S C H L A G und B R A N D [ 3 2 ] beobachteten, daß das Verschwinden der langsamen Wellen im EEG bei Einleitung der Narkose mit einer Transformation von einem gruppierten Entladungsmuster im Thalamus zu einem kontinuierlichen Typ neuronaler Aktivität verbunden ist. Sie lassen dabei offen, ob dieser Effekt durch ein Überwiegen der aufsteigenden Aktivierung oder durch eine direkte Beeinflussung thalamischer Neurone zustande kommt. Da die Anzahl der P h N E am Ende des Exzitationsstadiums individuell kurzfristig wieder ansteigt und dabei vor allem auch die Anzahl der Lichtblitze, denen P h N E folgen, wieder ansteigt, nehmen wir an, daß im Stadium der Desynchronisation der aktivierende und damit zur Okklusion im Thalamus (CGL) führende Einfluß vorübergehend von größerer Bedeutung ist. 3. Narkotikawirkungen auf die elektrische Aktivität des Hififtokampus Im Rausch- und Exzitationsstadium tritt der langsame hippokampische Rhythmus vermehrt und regelmäßiger auf, was im Zusammenhang mit dem Überwiegen der aktivierenden Wirkung der retikulären Formation in diesem Narkoseabschnitt gesehen werden kann. Es kommt jedoch auch im Toleranzstadium zum periodischen Auftreten langsamer regelmäßiger hippokampischer Aktivität, deren Frequenz weit unter der der im Wachzustand beobachteten langsamen Rhythmen liegt. Für diese rhythmische Tätigkeit kommt die Aktivierung durch die Formatio reticularis als Auslöser kaum in Frage, da sie in den tieferen Narkosestadien sicher blockiert ist. Warum ein solcher langsamer Rhythmus im Wachzustand nicht auftritt und wodurch er in Narkose ausgelöst bzw. wie er generiert wird, ist noch unklar. Da durch elektrische Reizungen in der retikulären Formation keine „arousal''-Reaktionen mehr ausgelöst werden können [1, 21], müssen für das Auftreten des langsamen hippokampischen Rhythmus in tiefer Narkose andere nicht gehemmte Strukturen verantwortlich gemacht werden, oder unter extremen Bedingungen hat der Hippokampus die Fähigkeit allein solche Rhythmen zu generieren. Literaturverzeichnis M. A R D U I N I : Effect of drugs and metabolic alterations on brain stem arousal mechanism. J. Pharmac. exp. Ther. 110, 76 — 85 (1954). [2] B I G N A L L , K. E. U. L. H. R U T L E D G E : Origin of a photically evoked afterdischarge in cat visual cortex. J. Neurophysiol. 27, 1048 — 1062 (1964). [ 3 ] B O B B E R T , A. C . : Unit discharge in dorsal nucleus of the cat's lateral geniculate body. Acta physiol. pharmac. n6erl. 13, 1 — 80 (1964). [4] B R A Z I E R , M. A. B . : A study of the late response to flash in the cortex of the cat. Acta physiol. pharmac. n6erl. 6, 692—714 (1957). [ 1 ] A R D U I N I , A . U.

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Einfluß der Lichtreizparameter

auf

das

Narkotikawirkung auf ECG und ausgelöste Aktivität

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Summary F. KLINGBERG and E. REBENTISCH: The influence of some inhalation narcotics on cerebroelectric phenomena of the rat with particular respect to photically released activity The action of ether, halothane and chloroform on the ECG basic activity and on the activity released in the visual cortex by light flashes was examined in a closed system on freely moving rats. Changes of the ECG correspond to those described by other authors for other species in the several stages of narcosis, and were used as controls for the intensity of narcosis. Photically released afterdischarges and photically (by flashes of 6—7/sec) released recruitment decrease continuously and simultaneously as the narcosis is deepened, and they cease entirely in the stage of tolerance. Photically released primary potentials do still occur, until ceasing in the paralytic stage. In ether and halothane narcosis they show a transient increase at the onset and at the end of the tolerance stage which may exceed the initial value.

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338

F . KLINGBERG, E . REBENTISCH

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Acta biol. med. germ., Band 20, Seite 339 — 343 (1968) Aus der I I . Medizinischen Klinik der Charité Berlin (Direktor: Prof. Dr. med. habil. H . D U T Z )

Experimentelle Untersuchungen zur Dialysierbarkeit von Antibiotika K . PRECHT u n d H .

BRIEDIGKEIT

(Eingegangen am 5. 10. 1967) Zusammenfassung E s wurden vergleichende experimentelle Untersuchungen zur Dialysierbarkeit von Antibiotika mit der Künstlichen Niere „Aue" durchgeführt. Einer Testung wurden unterzogen: Chloramphenikol, Ampizillin, Oxazillin, Streptomyzin, Kanamyzin, Kolistin und Oxytetrazyklin. Es wurden die Halbwertszeiten der Antibiotika bestimmt. Es fand sich, daß alle untersuchten Antibiotika, bis auf Kolistin, unter der Dialysebehandlung nachgegeben werden müssen, um den therapeutisch wirksamen Blutspiegel zu erhalten. Andererseits kann bei Überdosierung dieser Antibiotika bzw. bei toxischen Nebenerscheinungen durch Dialyse der Blutspiegel gesenkt werden. Lediglich Kolistin und Oxazillin sind kaum dialysabel. Einleitung

Der Erfolg einer antibiotischen Therapie ist abhängig vom gezielten Einsatz und der richtigen Dosierung des Medikamentes. Während bei einem Patienten mit normaler Nierenfunktion die Dosierung von Antibiotika im allgemeinen nur von der Sensibilität des Keimes abhängig ist, muß bei Patienten mit Nierenerkrankungen zusätzlich der Grad der Nierenfunktionseinschränkung berücksichtigt werden. Eine besondere Problematik ergibt sich für die Dosierung von Antibiotika bei Patienten mit akutem Nierenversagen sowie chronisch terminaler Niereninsuffizienz, bei denen keine Ausscheidung über die Nieren zu erwarten ist. Gerade diese Patienten neigen infolge verminderter Abwehr häufig zu septischen Komplikationen, die nicht selten durch resistente Hospitalkeime bedingt sind. Infolge der Resistenzlage der Erreger ist der Kliniker oftmals gezwungen, bei der Dosierung der Antibiotika bis an die Toxizitätsgrenze heranzugehen, um einen Therapieerfolg zu erzielen. Da ein Teil dieser Patienten einer wiederholten Dialysebehandlung mit der Künstlichen Niere unterzogen werden muß, ergeben sich hier zusätzlich Schwierigkeiten in dem Erhalten eines konstanten Blutspiegels. Andererseits ist das Entfernen von toxisch wirkenden Antibiotika durch Dialyse von Interesse. In der vorliegenden Arbeit wird über vergleichende experimentelle Untersuchungen zur Dialysierbarkeit von Antibiotika berichtet.

K. Precht, H. Briedigkeit

340 Material und Methodik

Die Untersuchungen wurden mit der Künstlichen Niere „Aue" durchgeführt. Im blutführenden System rezirkulierten 500 ml Konservenblut, dem vor Dialysebeginn eine Antibiotikumkonzentration zugegeben wurde, die etwa an der oberen Grenze des therapeutischen Bereichs des zu testenden Medikamentes lag. Der Blutdurchfluß betrug etwa 100 ml/min. Die Spüllösung durchfloß die Künstliche Niere im singlepass mit einer Geschwindigkeit von 1 1/min. Die Dialysedauer richtete sich nach der Geschwindigkeit der Elimination der Testsubstanz und variierte zwischen 2 und 7 Std. Die Spiegelbestimmungen wurden im Agarlochtest durchgeführt. Als Teststämme dienten für Chloramphenikol, Ampizillin, Streptomyzin und Kanamyzin der laboreigene Stamm E. coli 1048, für Oxazillin der Staph. aureus SGS 11, für Kolistin der Stamm Bordetella bronchiseptika 4617 und für Oxytetrazyklin ein Bac. cereus. Für die Untersuchungen wurden Petrischalen von 9,0 cm Durchmesser verwendet, die jeweils mit 20 ml einer Agar-Keimsuspension beschickt wurden. Mit einem Korkbohrer von 9 mm Durchmesser wurden 4 bis 6 Löcher in jede Agarplatte gestanzt. Jedes Loch wurde mit 0,1 ml des Untersuchungsmaterials bzw. der in menschlichem Mischserum angesetzten Standardreihe beschickt. Um die relativ große Fehlerbreite der Methode möglichst klein zu halten, wurden jeweils 3 Parallelbestimmungen durchgeführt. Die Standardreihe wurde täglich neu angesetzt. Die Auswertung erfolgte durch Vergleich der Mittelwerte der Hemmhofgrößen des Untersuchungsmaterials mit denen der Standardreihe mit Hilfe einer halblogarithmischen Kurve. Ergebnisse Folgende Antibiotika wurden einer Testung unterzogen: Chloramphenikol, Ampizillin, Oxazillin, Streptomyzin, Kanamyzin, Kolistin, Oxytetrazyklin. In Tab. 1 sind die Ausgangskonzentrationen der einzelnen Antibiotika sowie der Auswascheffekt während der Hämodialyse in Abhängigkeit von der Zeit in F o r m von Mittelwerten aus 3 bis 5 Einzeluntersuchungen dargestellt. F ü r Chloramphenikol und Ampizillin konnte nachgewiesen werden, daß bei Ausgangskonzentrationen, die oberhalb des normalen therapeutischen Spiegels lagen, innerhalb von 3 Dialyse-Stunden Werte erreicht wurden, die unterhalb der Meßgrenze der Methode lagen. F ü r Streptomyzin war bei Tabelle 1 Abnahme der Antibiotikaspiegel im Serum unter der Hämodialyse in y/ml Std. nach Dial}'se

vor Dial. 0,5 Chloramphenikol Ampizillin Oxazillin Streptomyzin Kanamyzin Kolistin Oxytetrazyklin

1

2

3

11,62 6,62 3,5 12,6 5,6 1,83 13,75 9,75 8,75 8,5 42,5 26,3 20,4 15,2 10,3 13,25 9,25 9,0 5,75 4,5 8,2 8,0 11,1 7,2 9,9 2,3 1,95 1,7 1,25 0,93 17,0 22,6

4

7,52 4,8 3,0 6,3 0,65

5

6,1 3,16 1,25 6,0 0,45

6

7

5,75 1,0

4,75

4,8 0,3

3,25

Halbwertzeit [Std.] 0,81 0,63 4,6 0,95 1,9 5,0 2,35

Dialysierbarkeit von Antibiotika

341

entsprechend höherem Ausgangswert die untere Nachweisgrenze nach 6 Std. erreicht. Für die 3 genannten Antibiotika betrug die Halbwertzeit weniger als eine Std. Für Kanamyzin und Oxytetrazyklin wurden Halbwertzeiten von 1,9 bzw. 2,35 Std. ermittelt. Es kann daraus gefolgert werden, daß auch diese Substanzen relativ gut dialysabel sind und bei einer Dialysebehandlung mit einem Abfall des Blutspiegels beim Patienten gerechnet werden muß. Ein anderes Verhalten zeigten Oxazillin und Kolistin. Wie aus der Tab. \ ersichtlich ist, werden beide Substanzen durch die Dialyse wesentlich langsamer ausgeschieden als die übrigen untersuchten Antibiotika. Es ergaben sich Halbwertzeiten für Oxazillin von 4,6 und für Kolistin von 5 Std. Diskussion

Dosierungsvorschriften bei verschiedenen Graden der Niereninsuffizienz wurden in der Literatur mehrfach mitgeteilt [1, 2, 3 u. a.]. Über das Verhalten von Antibiotika bei der Hämodialyse wurde von klinischer Seite wiederholt berichtet, es fehlten jedoch Angaben über systematische Untersuchungen. Durch die eigenen Versuche wurde unter konstanten Bedingungen die Dialysierbarkeit der für die Klinik gebräuchlichsten Antibiotika verglichen. Die sieben von uns untersuchten Antibiotika lassen sich hinsichtlich ihrer Halbwertzeit in drei Gruppen unterteilen: Chloramphenikol, Ampizillin und Streptomyzin zeigten Halbwertzeiten, die unter 1 Std. lagen. Die Halbwertzeiten für Kanamyzin und Oxytetrazyklin lagen um 2 Std., während sich für Oxazillin und Kolistin Halbwertzeiten um 5 Std. ergaben. Wie KUNIN et al. [4] sowie LINDBERG et al. [5] nachwiesen, ist ein Reduzieren der Dosierung von Chloramphenikol bei Niereninsuffizienz nicht erforderlich. Der Abbau erfolgt überwiegend in der Leber, so daß lediglich die bisher als nicht toxisch beschriebenen Abbauprodukte retiniert werden. Die Halbwertzeit des biologisch aktiven Chloramphenikols ist daher bei Niereninsuffizienz nur unwesentlich verlängert [6]. Wie unsere Ergebnisse zeigen, muß bei der Hämodialyse damit gerechnet werden, daß der biologisch aktive Anteil des Chloramphenikols relativ schnell dialysabel ist. KUNIN et al. [4] fanden, daß der mikrobiologisch aktive Anteil im Vergleich zum Kreatinin ein Drittel so schnell über die Künstliche Niere ausgeschieden wird. Ein ähnliches Verhalten fand sich für das Ampizillin und für das Streptomyzin unter Dialysebedingungen, wie auch von HÖFFLER et al. [7] und EDWARDS und WHYTE [8] in Untersuchungen an Patienten beschrieben wurde. Auch bei Kanamyzin und Oxytetrazyklin ist noch eine Dialysierbarkeit zu erwarten.

342

K . PRECHT, H .

BRIEDIGKEIT

Untersuchungen über die Dialysierbarkeit verschiedener Tetrazykline wurden von K U N I N et al. [9] und R E U B I [10] durchgeführt. Danach werden Tetrazyklin und N-pyrrolidino-methyl-tetrazyklin durch Hämodialyse ausgeschieden, während Chlortetrazyklin unbeeinflußt bleibt. Untersuchungen über das Verhalten von Oxytetrazyklin liegen unseres Wissens bisher nicht vor. Die von GOMBOS et al. [11] nachgewiesene Auswaschbarkeit von Kanamyzin durch die Hämodialyse am Patienten konnte durch unsere Modellversuche bestätigt werden. Eine wesentliche Beeinflussung der Oxazillin- und Kolistin-Serumspiegel ist bei der Dialysebehandlung nach unseren Ergebnissen sowie nach den Angaben von BULGER et al. [ 1 2 ] und M A C K A Y und K A Y [ 1 3 ] nicht zu erwarten. Dabei ist jedoch zu beachten, daß Oxazillin bei Niereninsuffizienz über die Leber abgebaut wird [12]. Aus unseren Modellversuchen ergibt sich, daß bei der antibiotischen Behandlung von Patienten mit akutem und chronischem Nierenversagen folgende Antibiotika unter der Dialysebehandlung zugeführt werden müssen, um einen therapeutisch wirksamen Blutspiegel zu erhalten: Chloramphenikol (Abbau über die Leber und Dialysierbarkeit), Ampizillin, Streptomyzin, Kanamyzin, Oxytetrazyklin (Dialysierbarkeit), Oxazillin (Abbau über die Leber). Lediglich beim Kolistin hat die Dialysebehandlung keinen Einfluß auf den Blutspiegel. Bei Überdosierung und toxischen Schäden kann die Dialysebehandlung bei allen untersuchten Antibiotika außer Oxazillin und Kolistin zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden. Literatur

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BRIEDIGKEIT, I I .

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Dialysierbarkeit von Antibiotika

343

Summary K . PRECHT

and

H . BRIEDIGKEIT

: Experimental studies on the ability of antibiotics

to dialyze Experimental studies of the ability of antibiotics (chloramphenicol, ampicillin, oxacillin, streptomycin, kanamycin, colistin, and oxytetracyclin) to dialyze using an artificial kidney were carried out. The half-lifes of the antibiotics were determined. All of the antibiotics investigated, except colistin, had to be repeatedly administered under the dialytic treatment in order to maintain a therapeutically effective blood level. On the other hand, if these antibiotics were overdosed or if toxic side-effects appeared, a dialysis could lower the blood level. Only colistin and oxacillin were hardly dialyzable. Pe3H>Me K . I l p e x T h r . B p H « H r K e 8 i : 3KcnepHMeHTajibHbie HccjiejiOBaHHH o HHajiH3HpyeMOCTH £IHTH6HOTHKOB IlpoBOUHJiHcb cpaBHHTejibHbie 3KcnepHMeHTanbHbie MccJieHOBaHHH o Hiiajiii3HpyeMOCTH aHTH0HOTHKOB C nOMOIIlbK) HCKyCCTBeHHOH HOHKM „ A y e " . KOHTpOJIIO noHBepraJiHcb: xji0paM$eHHK0Ji, aMimiiHJIJIHH, OKcaiiHJinHH, cTpenTOMbiqwH, KaHaMbmHH, KOJIHCTHH H OKCHTeTpaijHKJiHH. B H J I O onpejiejieHO BpeMH nojiypacriana aHTHSHOTiiKOB. O K A 3 A J I O C B , I T O HJIH noiwepwuBaHHH TepaneBTmecKM neiiCTBeHHOrO ypOBHH B KpOBH Bee HCCJieHOBaHHbie aHTHgHOTHKH, 3a HCKJIJOHeHneM KOUHCTHHa, He06x0HHM0 npnSaBjiHTb n o « RHajiHTimecKOH o6pa6oTKoii. C npyroii cTopoHH, npn Hpe3MepH0ii no3HpoBKe B T H X aHra6HOTHKOB HJIH we npn TOKCH^HblX nOSOHHHX 3$$eKTaX RHaJlH3 MOJKeT CHH3HTb ypOBeHb B KpOBH. TojIbKO KOJIHCTHH H OKCOUHJIJIHH C TpyHOM IIOHaiOTCH HHaJIH3y.

23

Acta biol. med eemi , Bd. 20. Heft 3

Acta biol. med. germ., Band 20, Seite 345 — 363 (1968) Aus dem Institut für Pharmakologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin-Buch (Direktor: Prof. Dr. F . J U N G )

Der Einfluß der Wasserstoffionenkonzentration, der Kalziumkonzentration und der Temperatur auf die durch Eledoisin und Eledoisinpeptide hervorgerufene Kontraktion des Meerschweinchenileums Ein Beitrag zum Wirkungsmechanismus dieser Peptide G . STOPP u n d F . J U N G

(Eingegangen am 13. 6. 1967) Zusammenfassung 1. Es wird der Einfluß der ^H-Änderung auf die maximale Kontraktionshöhe des Meerschweinchonileums sowie die Änderung der ED 50 der Peptide Eledoisin, Oktapeptid und Heptapeptid untersucht. Die ^H-Abhängigkeit der EDj,, im sauren Bereich (unter pH 7,0) wird als Rezeptoreigenschaft gedeutet. 2. Anhand des Einflusses der veränderten Ca + + -Konzentration in der Badflüssigkeit sowie durch Ca-Substitutionsversuche in Mangel-TYRODE in Gegenwart von Peptid wird angenommen, daß durch diese Peptide die Bereitstellung des für die Kontraktion notwendigen Kalziums in der Zelle bewirkt wird. Einleitung

Beim Eledoisin und dem struktur- und wirkungsverwandten Physalaemin, Undekapeptiden aus den hinteren Speicheldrüsen von Eledone moschata bzw. der Haut von Physalaemus fuscumaculatus, handelt es sich um die stärksten bisher bekannten blutdrucksenkenden Substanzen. Sie sind mehr als 200mal so wirksam wie Histamin. Gleichzeitig besitzen sie eine starke, stimulierende Wirkung auf fast sämtliche glattmuskulären Organe sowie auf die Speichel- und Bronchialdrüsen (siehe Übersichten bei STÜRMER und F A N C H A M P S [1], S T O P P u n d N I E D R I C H [ 2 ] ) .

Bisher wurde versucht, durch Modifikation des Eledoisinmoleküls die für die Wirkung essentielle Sequenz zu bestimmen. Es wurden vom N-terminalen Ende her verkürzte Moleküle synthetisiert, sowie Moleküle, in denen die natürlichen Aminosäuren durch homologe D-Aminosäuren oder durch nicht im Eledoisin vorkommende Aminosäuren ausgetauscht waren und solche, in denen die Thioäthergruppierung des Methionins modifiziert war. So ist z. B. eine Verkürzung des Moleküls vom N-terminalen Ende her bis auf 6 Aminosäuren möglich, ohne daß die Wirkung um mehr als eine Zehnerpotenz abnimmt. In verschiedenen Testen führt eine solche Verkürzung von Undekazum Nona- bzw. Oktapeptid sogar zu einer Wirkungssteigerung. Eine Verkürzung vom C-terminalen Ende her oder Substitution des Methioninamids führen nach bisher 23'

346

G . STOPP, F . J U N G

vorliegenden Untersuchungen zu einem völligen Wirkungsverlust. Somit k a n n m a n die entscheidenden S t r u k t u r m e r k m a l e f ü r einen optimalen E f f e k t wie folgt zusammenfassen : 1. die Kettenlänge m u ß mindestens 6 Aminosäurereste (6 — 11) betragen; 2. in Position 6 sind besonders Lysin (auch e-azyliert), aber auch alle anderen Aminosäuren u n d P e p t i d e wichtig u n d notwendig; 3. Phenylalanin in Position 7, Leuzin in Position 10 u n d S-Alkylhomozysteinamid in Position 11 (sämtlich h y d r o p h o b e Seitenketten) d ü r f e n nicht variiert werden; 4. Isoleuzin in Position 8 k a n n n u r gegen s t r u k t u r ä h n l i c h e Aminosäuren (Valin bzw. aromatische Aminosäuren) ohne Wirkungsverlust ausgetauscht werden, desgleichen Glyzin in Position 9 gegen Sarkosin oder Alanin. Aus der vorliegenden L i t e r a t u r [1, 2] ist weiterhin b e k a n n t , d a ß durch keine der verwendeten H e m m s t o f f e wie Atropin, Adrenolytika, Antihistaminika oder ganglienblockierenden Substanzen die W i r k u n g v o n Eledoisin zu beeinflussen ist. Selbst P a p a v e r i n , f ü r dessen W i r k u n g ein direkter muskulärer Angriffspunkt a n g e n o m m e n w i r d u n d d a s in der Lage ist, den Bariumchloridspasmus aufzuheben, v e r m a g nur in sehr hohen Konzentrationen bei Versuchen in vitro eine Abschwächung der Eledoisinw i r k u n g hervorzurufen, nicht aber die W i r k u n g aufzuheben [3], D a ausgeschlossen werden konnte, d a ß T r a n s m i t t e r s u b s t a n z e n bzw. deren Rezeptoren a m Zustandek o m m e n der W i r k u n g beteiligt sind, m u ß sowohl a n der glatten Muskulatur als auch a n den Speichel- u n d Bronchialdrüsen ein direkter Angriffspunkt a n g e n o m m e n werden [1, 2, 4].

Somit bietet sich zum Studium des Wirkungsmechanismus die Variation physikochemischer Bedingungen bei der Testung an isolierten Organen an. Erste Versuche über die Veränderung der Wasserstoffionenkonzentration liegen von WALASZEK et al. als Kurzreferat vor [5, 6], über den Einfluß der Badtemperatur Hinweise von ERSPARMER und ERSPARMER-FALCONIERI [3] sowie von WALASZEK und D Y E R [5]. Methodik Verwendet w u r d e der coecale Abschnitt des Ileums von 250 —300 g schweren weiblichen Meerschweinchen. F ü r unsere Versuche w u r d e die Badlösung modifiziert, u m eindeutige ^ H - W e r t e zu erreichen u n d u n t e r v e r ä n d e r t e n ^ H - B e d i n g u n g e n übersichtliche Verhältnisse f ü r den Kalziumgehalt der Lösungen zu h a b e n : Zusammensetzung der Badlösung: N a = 153,98 mÄq/1, K = 2,68 mÄq/1, Ca = 3,6 mÄq/1, Mg = 2,1 mÄq/1, Glukose = 5,55 mMol/1 u n d 1 mMol Tris je Liter, zur Einstellung des pH w u r d e HCl in entsprechender Menge zugesetzt. I m sauren Bereich verwendeten wir zur £H-Einstellung 1 • 10" 3 M Tris-Maleat u n d Natronlauge. Bei pH-Werten werden immer die W e r t e im Ausfluß des Organbades angegeben. Die B a d t e m p e r a t u r b e t r u g 36°, die Begasung erfolgte m i t reinem Sauerstoff. F ü r die Versuche wurden die Organe einheitlich mit einem Gegengewicht von 2 g belastet. S u b s t a n z e n : Eledoisin-Trifluorazetat (Fa. Sandoz AG Basel), Histamindihydrochlorid (Fluka AK), Azetylcholinhydrochlorid ( V E B Berlin-Chemie), sowie die im folgenden n u r als O k t a p e p t i d bzw. H e p t a p e p t i d bezeichneten Peptide 1 : Lys-Asp(NH2)-Ala-Phe-Ile-Gly-Leu-MetNH2 • F 3 C - C O O H Asp(NH2)-Ala-Phe-Ile-Gly-Leu-MetNH2 • F 3 C - C O O H . 1

Diese P e p t i d e w u r d e n in der chemischen Abteilung unseres I n s t i t u t e s v o n H e r r n Dr. H . N I E D R I C H synthetisiert. Alle anderen Substanzen waren p. A. Chemikalien.

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

347

Ergebnisse

Wirkungsvergleich des Eledoisins mit dem Oktapeptid Am Meerschweinchenileum sind Eledoisin und Oktapeptid praktisch als wirkungsgleich anzusehen (Abb. 1), was auch mit Literaturangaben übereinstimmt [7]. Wir fanden in einem Versuch beim Wirkungsvergleich am gleichen Organ eine ED 50 von 7,9 bzw. 7,6 X10~ 12 Mol/ml (durch Gegenstromverteilung gereinigtes Oktapeptid und Handelsprodukt EledoisinTrifluorazetat der Sandoz AG). Vergleicht man die Empfindlichkeit von Meerschweinchenileum und Rattenmagenstreifen in bezug auf ihre ED S0 , so liegt sie für Eledoisin um 1,5 und für das Oktapeptid um 2,5 Zehnerpotenzen auseinander (molare Basis).

Dosis-Wirkungs-Kurve für Eledoisin Für jeden Einzel versuch wurde 1

Wirkung in % der maximal. Kontraktion 100 — Wirkung in %

gegen den Logarithmus der Dosis (Einheit 10" 12 Mol/ml) aufgetragen. Aus der Kurve wurde der Wert ED o0 und die Steigung entnommen (vgl. Abb. 2).

-1

0 + 1 + 2 10-Vmol/ml

log

Abb 2 Abb. 1. Molarer Wirkungsvergleich von Eledoisin und Asp(NH 2 ) 6 -Oktapeptid. Dosis-Wirkungs-Kurven am Meerschweinchenileum. • • Eledoisin; o o Asp(NH 2 ) 5 -Oktapeptid. pH der Badflüssigkeit im Ausfluß 7,3. Abszisse: Log der Konzentration in Mol/ml; Ordinate: Probit der Wirkung in Prozent Abb. 2. Dosis-Wirkungs-Kurve des Eledoisins. Abszisse: log der Eledoisinkonzentration % Wirkung in 10~12 Mol/ml; Ordinate: Logit = (log 1 0 0 - % Wirkung s = Streuung der E D M ; s' = Streuung der Steigung der Dosis-Wirkungskurve, log EDso 5 = 0,434 ± s = 0,335; E D M = 2,72X 10" 1 2 Mol/ml ( 5 , 8 8 x 1 0 - 1 2 Mol/ml; 1 , 2 6 x 1CT12 Mol/ml). Steigung der DW-Kurve = 1,36 ± 0,33. Zum Vergleich ist die theoretische Dosis-Wirkungs-Kurve mit einer Steigung von 1,0 eingezeichnet: — • — •

348

G . STOPP, F . J U N G

Dann wurden aus den 19 Versuchen die Mittelwerte gebildet. Es ergab sich für Eledoisin eine ED50 = 0,43 ± 0,33 und eine Steigung von 1,36 ± 0,33Gegenüber der theoretischen Steigung von 1 ergab sich eine mit 0,1 % Überschreitungswahrscheinlichkeit gesicherte Differenz (Abb. 2). Die angegebenen Streuungen sind die Streuungen der Einzelwerte. Die ED60 beträgt somit für beide Peptide ca. 2,7 X10"12 Mol/1. pH-Abhängigkeit

der Wirkung

Eledoisin wurde im Vergleich mit Azetylcholin und Histamin getestet. Es wurden dabei sowohl die maximale Kontraktionshöhe als auch die DosisWirkungskurve unter Normalbedingungen 7,2—7,3) rnit der unter veränderten />H-Bedingungen verglichen. Ferner wurde nach Rückstellung auf das Ausgangs-^>H erneut die maximale Kontraktionshöhe bestimmt. Nach dem ^>H-Wechsel der Badflüssigkeit wurde mit einer Dosis bis zur Wirkungskonstanz (Abb. 3) getestet und daran die Aufnahme einer DosisWirkungskurve und der Vergleich der maximalen Kontraktionshöhe mit Azetylcholin und Histamin angeschlossen.

pH

6.3 6.5 6.7 6.9 72 ,

i

UUVJV

f i t

I t i t i

Eledoisin 11111111111111111111 Abb. 3

Abb. 4

Abb. 3. Einfluß der ^H-Umstellung auf die Kontraktilität. I Umstellung auf T Y R O D E mit verändertem pH, Ausfluß-£H 6,5; t Gabe von Eledoisin, Endkonzentration im Bad = l , 2 5 n g / m l ; j Ausfluß und Spülen; Zeitmarkierung lOsec Abb. 4. Prozentuale Wirkungsänderung von Azetylcholin, Histamin und Eledoisin bei verschiedenen ^H-Bedingungen. Abszisse: pH\ Ordinate: Wirkungsänderung in Prozent = maximale Kontraktion unter verändertem pH • 100 1 maximale Kontraktion unter normalem pH.

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

349

Wird die Wasserstoffionenkonzentration zwischen pH 6,5 und 9,0 variiert, so zeigt sich, daß die durch Eledoisin erzielbare maximale Kontraktion sich praktisch genau so ändert wie die durch Histamin oder Azetylcholin erreichbare maximale Kontraktion (Abb. 4). Trägt man die prozentuale Wirkungsabnahme (in Probit) von pH 7,2 bis pH 6,3 gegen das pH auf, so erhält man für alle 3 Substanzen annähernd dieselbe, fast geradlinige Abhängigkeit. Das Optimum der Kontraktionshöhe liegt zwischen pH 7,2 und 8,5- Wird bei den extremen ^>H-Werten eine Testung durchgeführt, so läßt sich anschließend nicht mehr die Ausgangskontraktionshöhe erreichen (Dauer der Testserie ca. 40—50 min.)

1000

9

Abb. 5

pH

-

7

8 pH

9

Abb. 6

Abb. 5. Vergleich der ^H-Abhängigkeit der mittleren ED 5 0 von Eledoisin, Oktapeptid und Heptapeptid am Meerschweinchenileum. • • Oktapeptid; x x Heptapeptid; o • • • • o Eledoisin Abb. 6. ^H-Abhängigkeit der mittleren ED 50 des Oktapeptides am Rattenmagen

Reproduzierbare Dosis-Wirkungs-Kurven konnten für einen weiteren ^IiBereich für das Oktapeptid, für Eledoisin und Azetylcholin ermittelt werden. Für Eledoisin selbst gelang eine Auswertung nur oberhalb pH 6,5- Abb. 5 gibt eine Zusammenstellung der Ergebnisse für drei Peptide am Meerschweinchenileum, Abb. 6 das Ergebnis für das Oktapeptid am Rattenmagen. Offensichtlich unterscheiden sich die drei Peptide in der ^H-Abhängigkeit ihrer Wirkung nicht. Beide Organe ergaben dasselbe Resultat: Unterhalb pH 7,5 nimmt die ED60 schnell ab, oberhalb pH 7,5 bis über pH 9 bleibt sie konstant. (Wesentlich für die Durchführung und Auswertung dieser Versuchsreihe war die Trennung der beiden Parameter Maximalkontraktion und EDS0, bezogen auf die Maximalkontraktion unter den vorliegenden Versuchsbedingungen.)

350 Einfluß

G . STOPP , F . J U N G

der

Versuckstemperatur

Die Temperatur im Organbad wurde zwischen 15 und 42° variiert. Für die Auswertung wurde jeweils ein zweiter Versuch bei 360 parallel unter sonst genau gleichen Bedingungen mitgeführt (dasselbe Organ!), wodurch die Streuung reduziert werden konnte (Ausschaltung des individualspezifischen Streuungsbeitrags). Abb. 7 gibt die Veränderung der Maximalkontraktion für Eledoisin, Oktapeptid und Azetylcholin wieder. Es zeigt sich, daß die Maximalkontraktion auf Azetylcholin durch Temperatursenkung wesentlich stärker beeinträchtigt wird als die Maximalkontraktion auf das Peptid. Eine Bestimmung der 15' 22° 30° 35"

40°

12° Ì5.T T(°C)

Abb. 7. Abhängigkeit des Quotienten der maximalen Kontraktionshöhe unter veränderten zu „normalen" Bedingungen für W\ Eledoisin; • Azetylcholin und für ¡VÜ] Oktapeptid. Abszisse: Temperatur in °C; Ordinate: Prozent Wirkungsverlust (100— % noch vorhandener Wirkung)

Anstiegswinkel fo

15

6 £ 10 .C «

Ol £ N

:

5

5 Latenzzeit

15

20

25

30

36

AJ U5°C

Abb. 8. Abhängigkeit der Latenzzeit und des Anstiegwinkels von der Badtemperatur. Abszisse: Temperatur in °C, Ordinate: Latenzzeit in sec bzw. Tangens des Anstiegwinkels (mm/sec)

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

351

El) so in Abhängigkeit von der Temperatur gelang zunächst noch nicht, da sich sehr hohe Streuungen einstellten. Eindeutig beeinflußt wurde indessen die Latenzzeit des Kontraktionsbeginns, der Anstiegswinkel der Kontraktion, die Gipfelzeit der Kontraktion und schließlich die Erschlaffung des Muskels in Gegenwart des Wirkstoffs. Abb. 8 gibt für etwa äquieffektive Dosen (Kontraktionsgipfel) die Abhängigkeit von Latenzzeit und Anstiegswinkel von der Versuchstemperatur für das Oktapeptid. Eledoisin zeigte ein analoges Verhalten. Die Abb. 9 demonstriert die Schwierigkeiten und Besonderheiten, welche sich bei veränderten Versuchstemperaturen ergeben: Mit sinkender Temperatur verlangsamt sich der Kontraktionsablauf erheblich, bei 15° bleibt die bei hohen Temperaturen sehr eindrucksvolle sekundäre Erschlaffung fast völlig aus.

gleich wirksamer Peptidkonzentrationen (Kontraktionshöhe) Einfluß

der

Kalziumionenkonzentration

\ . Die Kalziumionenkonzentration wurde zwischen 0,18 und 48 mÄq/1 modifiziert. (Es war in diesen Versuchen notwendig, auf den Phosphatzusatz zur Badlösung zu verzichten, um Kalziumausfällungen zu vermeiden. Die Ionenstärke wurde nicht berücksichtigt.) Die Abhängigkeit der Maximalkontraktion von der Kalziumkonzentration ist in Abb. 10 wiedergegeben. Für alle drei Wirkstoffe ergab sich, daß Kalziumionenkonzentrationen über 3,6 mÄq/1 keine wesentliche Veränderung der Maximalkontraktion herbeiführten. Eine geringe Steigerung bei den höheren Kalziumionenkonzentrationen war mäßig signifikant. Erniedrigung der Kalziumkonzentration führte zu einer Abnahme der Maximalkontraktion, welche am ausgesprochensten bei den Versuchen mit Azetylcholin sichtbar war (vgl. Abb. 10 und Versuch für 1,8 mÄq/1). Die in der

352

G . STOPP, F .

JUNG

Abb. 10. Änderung der maximalen Kontraktion in Abhängigkeit von der Kalziumkonzentration (in mÄq/1; Abszisse). Wirkungsänderung in Prozent der maximalen Kontraktion unter Normalbedingungen. Statistische Sicherung gegenüber Normalbedingungen : o = p > 0,05; x = p < 0,05; x o = P < 0,02;

x x = p < 0,01; X XO = P < 0,002;

x x X = P < 0,001 M\ Eledoisin; [Wl Oktapeptid; • Azetylcholin _

Abb. 10 sichtbaren Differenzen zwischen Azetylcholin, dem Oktapeptid u n d Eledoisin sind statistisch zu sichern. Nach Restitution der normalen Kalziumkonzentration wurde in jedem Fall die Ausgangskontraktionshöhe erreicht. Dies entspricht Beobachtungen von DAKHIL und VOGT [8] sowie KLINGENBERG und EHRENBERGER [9] und steht im Gegensatz zu den Beobachtungen bei Variation. Abb. 11 gibt den Einfluß einer Veränderung der Kalziumionenkonzentration auf die ED 5 0 des Oktapeptids wieder. Die eingetragenen Streubereiche machen die aufgetretenen methodischen Schwierigkeiten sichtbar, modifizieren indessen den grundsätzlichen Verlauf nicht. Eine leichte Minderung der Kalziumkonzentration f ü h r t zu einer signifikanten Senkung der ED S0 . Das Verhalten des Eledoisins erwies sich ähnlich, für eine sichere Aussage war die Zahl der Versuche zu gering. 2. I m Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung des Kalziumions für den Mechanismus der Kontraktion wurden weitere Versuche angeschlossen, in welchen die Kalziumkonzentration während der Peptideinwirkung plötzlich verändert wurde. a) Wird einem Meerschweinchenileum in Ca-Mangel-Lösung (0,18 mÄq/1) plötzlich die normale Kalziumionenkonzentration (3,6 mÄq/1) angeboten, so ergibt sich erwartungsgemäß nichts. Wird gleichzeitig Peptid oder Azetylcholin gegeben, so folgt ebenso erwartungsgemäß eine Kontraktion. Werden solche Versuche im Bereich der Maximalkontraktion durchgeführt, so ergibt sich bei Anwendung des Oktapeptids oder auch von Histamin ca. 80—90% der Kontraktionshöhe, welche bei Durchführung des Versuchs in normaler Lösung zu erwarten gewesen wäre. Wird Azetylcholin gegeben, so werden nur 60% erreicht. Auch bei Zugabe eines Kalziumüberschusses bis auf das Doppelte kann nur 70% der normalen Maximalkontraktion erzielt werden (Abb. 12 und 13). Wird in solchen Versuchen indessen mit Wirkstoffkonzentrationen gearbeitet, welche im Kontrollversuch ca. 20% der Maximalkontraktion auslösen, so wird mit Oktapeptid dasselbe Ergebnis erreicht, nämlich ca. 60—70% der zu erwartenden Kontraktion. Dem-

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

3,0

-



-

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0,S •1

1 Q e

Abb. 11. Änderung der ED 5 0 des Oktapeptides in Abhängigkeit von der Ca-Konzentration. Abszisse: log Ca-Konzentration in mÄq/1; Ordinate: Quotient aus ED 60 unter veränderten Bedingungen zu ED 50 unter normalen Bedingungen. O ist x i s, sofern der Wert statistisch gegenüber Q = 1 zu sichern ist (P < 0,05: ( £ ) ; P < 0,02: xx, P < 0,01: xxx; o ist x, sofern P > 0,05)

gegenüber bewirkt Azetylcholin bei einer Substitution von 0,18 auf 0,52 mÄq pro 1 eine Steigerung auf ca. 110% und bei Substitution von 0,18 auf 7,0 mÄq/1 sogar auf ca. 180% der zu erwartenden Kontraktion. Abb. 14 zeigt zwei derartige Versuchsserien. b) In einer weiteren Versuchsserie wurde die Kalziumrestitution nach Zugabe des Wirkstoffs vorgenommen. Als Bezugswert für den eingetretenen

G . STOPP, F . J U N G

354

125

?5

5/0

ng/mi K)ß Ottapeptid

CSj

Ca c ^ t o c a O , W-jCVg lO

JN ^

Abb. 13

Abb. 12

Abb. 12. Kontraktionshöhe in Mangel-TYRODE: O O; Kontraktionshöhe bei Simultangabe von Peptid und Kalziumsubstitution (0,l8mÄq/l auf 3,6 mÄq/1) • TYRODE-Lösung 0,18 mÄq Ca ++ /1, ^H-Ausfluß 7,5 Abb. 13. Simultane Partialsubstitution des Kalziums. Wirkung in Prozent der Kontraktionshöhe in Normal-TYRODE-Lösung. Obere Grenze der DosisWirkungs-Kurve: Endkonzentrationen an Ca + + in mÄq/1 (Abszisse). Oktapeptid: o o; Azetylcholin A — • — • A; Histamin: 9 •

£ ^ ^

Abb. 14. Simultane Partialsubstitution des Kalziums. Untere Grenze der DosisWirku ngs-Kurve (sonst wie Abb. 13)

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

355

Abb. 15

Abb. 16 Abb. 15. Ca-Substitutionseffekt. Ca-Substitution zu verschiedenen Zeitpunkten der Azetylcholin-, Histamin- und Oktapeptidkontraktion. Oberer Bereich der Dosis-Wirkungs-Kurve (Näheres siehe Text). Histamin: o o ; Azetylcholin: a — • — - A ; Oktapeptid: • • Abb. 16. Ca-Substitutionseffekt. Ca-Substitution zu verschiedenen Zeitpunkten der Azetylcholin-, Histamin- und Oktapeptidkontraktion. Unterer Bereich der Dosis-Wirkungs-Kurve (Näheres siehe Text). Histamin: o o ; Azetylcholin: a — — A : ; Oktapeptid: • •

Effekt diente die bei Simultangabe erzielte Kontraktion. Im Dosenbereich der Maximalkontraktion (Abb. 15) zeigte sich für Azetylcholin und Oktapeptid ein rasches Abklingen der zusätzlich eintretenden Kontraktionswirkung, für Histamin ergab sich bis zu ca. 1/2 min noch eine weitere Steigerung. Im niederen Dosisbereich zeigte das Oktapeptid gleichfalls ein Abklingen der Wirkung; Histamin und Azetylcholin führte zu dem in Abb. 16 dargestellten sehr eigentümlichen Verhalten, der Substitutionseffekt stieg nach 40 sec erneut an. Diskussion

1. Die hier mitgeteilten Dosis-Wirkungs-Beziehungen lassen sich nicht auf Wirkstoff-Rezeptor-Reaktionen und deren Modifikation durch ein verändertes Milieu zurückführen. Jedes Glied der komplizierten Reaktionskette von der Wirkstoffapplikation bis zum meßbaren Effekt „Muskelkontraktion" kann durch ^>H, Temperatur und Kalziumionenkonzentration verändert werden.

356

G . STOPP, F . J U N G

Für die Analyse ist die Verwendung von Formalismen brauchbar, welche, an sich sehr alt, von CLARK U. a. systematisiert und in jüngerer Zeit von V A N ROSSUM U. a. ausgebaut wurden. Nach einer meist vernachlässigten Andiffusion reagiere der Wirkstoff X in einer einfachen bimolekularen Reaktion mit einem hypothetischen Rezeptor R. Die EDS0 wird dann mit der Gleichgewichtskonstante dieser reversibel angenommenen Reaktion identifiziert. Der Wirkstoff-Rezeptor-Komplex RX setzt sich in einem weiteren ebenso hypothetischen wie ungeklärten Reaktionsschritt in den Reiz Sx um, wobei man zunächst RX und Sx nicht unterschied. Später zeigte sich, daß es notwendig war, Sx = fx{RX) zu setzen, da manche Wirkstoffe bei völliger Besetzung aller Rezeptoren submaximale Effekte oder überhaupt keine Effekte bewirken. A R I E N S setzt S = ix RX und nennt den Faktor ix intrinsische Aktivität. ix wird gleich oder kleiner als 1 angenommen. In entsprechender Weise muß der meßbare physiologische Effekt A, also etwa die Muskelkontraktion mit dem Reiz S verknüpft gedacht werden: A = fa(S). Durch Gabe sehr hoher Wirkstoffkonzentrationen läßt sich der Effekt /l max feststellen, aus welchem Rückschlüsse auf fx gezogen werden können. Durch Vergleich verschiedener Wirkstoffe wird weiterhin ein gewisser Einblick in bezug auf die Beziehung fa möglich; er findet seinen Ausdruck in den Begriffen einer neurotropen oder muskulotropen Wirkung (Wirkungsangriff am Rezeptor oder Wirkungsangriff hinter dem neurale Reize aufnehmenden Rezeptor). Die sehr häufig beobachtete Erschlaffung des Muskels auch bei Persistenz des Wirkstoffs am Rezeptor kann sowohl auf einer Veränderung (Ermüdung) von fx wie fa beruhen. Abb. 1 und 2 geben Beziehungen zwischen Dosis (Konzentration von X) und Wirkung A für Eledoisin und Oktapeptid. Wird entsprechend den Annahmen von CLARK X -+- R = RX und RX = A angenommen, so sollte sich bei der von uns gewählten Darstellung von log X gegen log {AjAmax — A) eine Gerade mit der Steigung 1 ergeben, deren Schnittpunkt mit der Linie log (A/Amax — A) = 0 die ED60 bzw. die Gleichgewichtskonstante der Wirkstoff-Rezeptor-Reaktion liefert. Andere ganzzahlige Steigungen sind immerhin mit höheren Reaktionsordnungen deutbar. Zu flache Kurven werden gern als Ausdruck heterogener Rezeptorenpopulationen angesehen. A R I E N S deutet hohe, nicht ganzzahlige Steigungen als Ausdruck statistischer Effekte. Im Anhang (s. Seite 361) wird nachgewiesen, daß zu hohe Steigungen sich auch als Folge einer sogenannten Rezeptorreserve ergeben können, d. h. daraus, daß Amax schon bei Besetzung eines Teils der Rezeptoren eintritt. Die dann gleichfalls auftretende Nichtlinearität ist nicht so groß, daß sie im allgemeinen im Experiment deutlich würde. Die von uns beobachtete Steigung von ca. i ,4 würde somit heißen, daß bereits ca. 70% Rezeptorbesetzung (oder weniger) volle Kontraktion bewirkt. Man kann das auch mit einer intrinsischen Aktivität größer als 1 zum Ausdruck bringen (vgl. Anhang). 2. Veränderungen des Effektes Amax, welche bei sehr hohen Wirkstoffkonzentrationen erhalten werden, sollten nichts mit der Rezeptorenbesetzung

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

357

zu tun haben. Sind diese Veränderungen bei verschiedenartigen Wirkstoffen gleichartig, so müssen sie wahrscheinlich auf die nachfolgend als Kontraktilität bezeichnete Funktion fa bezogen werden. Die pH-Abhängigkeit von A max ist tatsächlich bei den 3 geprüften, sehr verschiedenartigen Wirkstoffen fast gleichartig. Sie spiegelt somit im wesentlichen Veränderungen der Kontraktilität (/J wieder. Eine kaum signifikante Abweichung für Histamin läßt vermuten, daß in gewissem, sehr kleinem Umfang auch Veränderungen der intrinsischen Aktivität (fx) beteiligt sind. 3. Die pH-Abhängigkeit der ED 5 0 für die 3 Peptide ist praktisch dieselbe. Sie entspricht einem von ROCHA E SILVA [10] für Histamin festgestellten Verlauf. GULYASSY und EDELMAN [11] haben für Desaminooxytozin, Vasopressin und Argininvasopressin ebenfalls ermittelt, daß die Aktivität unter pH 7 abnimmt und zudem festgestellt, daß auch die Bindung radioaktiven Oxytozins an Gewebe bei pH 6,7 geringer ist als bei pH 7. Aus der ^>H-Abhängigkeit könnte man schließen, daß eine oberhalb pH 7,2 voll dissoziierte saure Gruppe des Rezeptorproteins für die Bindung des basischen Histamins bzw. der verschiedenen Peptide über eine stark basische Gruppe verantwortlich ist. Leider ist aber die LadungsVerteilung in den 3 von uns untersuchten Peptiden sehr verschieden (das trifft auch für die 3 erwähnten Oxytozinderivate zu). Man nimmt zudem aus Betrachtungen über die Aminosäuresequenz bei sehr vielen aktiven Peptiden an, daß die Bindung kaum über heteropolare Gruppen zustandekommt. Die Austauschbarkeit von Aminosäuren im Eledoisin (vgl. Einleitung) weist in dieselbe Richtung. Aus diesem Grunde dürfte die beobachtete />H-Abhängigkeit nicht mit der spezifischen Affinität gegenüber Eledoisin etc. zusammenhängen, d. h. keine Eigenschaft der eigentlichen Rezeptorfläche widerspiegeln. Man könnte daher einen allosterischen Effekt am Rezeptor annehmen, durch welchen mit der />H-Variation die Zugänglichkeit der eigentlichen Rezeptorfläche verändert wird. 4. Ähnlich kritisch müssen die Temperatureffekte gedeutet werden. Auf keinen Fall kann aus ihnen auf energetische Daten der Wirkstoffbindung direkt geschlossen werden, wie das manche Autoren getan haben. Abb. 6 gibt eine Abhängigkeit der Maximalkontraktion A max wieder, welche im wesentlichen wieder auf einer Veränderung der Kontraktilität beruhen dürfte. Überraschend ist indessen, daß bei einer Senkung der Temperatur die Azetylcholinwirkung sehr viel schneller abnimmt als die Wirkung der Peptide. Dies gilt auch oberhalb des Bereichs der Normaltemperatur, so daß bei der von uns gewählten Darstellung bei den höheren Temperaturen die Kontraktion auf Azetylcholin relativ intensiver erscheint. Daraus läßt sich wohl ziemlich zwingend eine Veränderung der intrinsischen Aktivität des Azetylcholins im gesamten Temperaturbereich entnehmen, und zwar eine ständige Abnahme mit sinkender Temperatur. Wir sind der Auffassung, daß diese Erscheinung eines eingehenderen Studiums — vor allem unter

358

G . STOPP, F . J U N G

Berücksichtigung der Dosis-Wirkungs-Kurven — bedarf. Die Abhängigkeit der Latenzzeit und des Anstiegswinkels der Kontraktion (zu Kontraktionsbeginn) von der Temperatur dürfte zu einem wesentlichen Teil die Andiffusion des Peptids an den Rezeptor betreffen. Wie kompliziert die Verhältnisse indessen im einzelnen sind, zeigt Abb. 9. Namentlich für die höheren Temperaturen wird kein Plateau der Wirkung erreicht; die Wirkungsabnahme überlagert sich so schnell, daß wir auf eine Auswertung in bezug auf eine ED i0 verzichten mußten. 5. Die in Abb. 10 wiedergegebene Änderung der Maximalkontraktion Amax von der Kalziumionenkonzentration ist leicht verständlich. Über 1,8 mÄq Kalzium verändert sich Amax nicht wesentlich, bei geringeren Kalziumionenkonzentrationen wird die Kontraktilität kleiner. Das dürfte in unmittelbarer Beziehung zu den bekannten Vorstellungen über die Kontraktionsauslösung selbst stehen, welche ja den Einstrom von Kalziumionen voraussetzt. Es zeigt sich indessen wiederum, daß eine Verminderung der Kalziumionenkonzentration sich stärker auf den Azetylcholineffekt auswirkt als auf den Peptideffekt, wobei die Unterschiede bei 1,8 mÄq/1 signifikant sind. Die Wirkung des Eledoisins ist gegenüber Kalziummangel bei 0,72 und 0,36 mÄq/1 auch besser erhalten als die des Oktapeptids. Auch in diesem Fall sind wir daher zu der Annahme gezwungen, daß sich die intrinsische Aktivität des Azetylcholins und evtl. des Oktapeptids bei Kalziummangel gegenüber der des Eledoisins vermindert. Abb. 11 schildert die Änderung der ED50 für das Oktapeptid bei den verschiedenen Kalziumionenkonzentrationen. Es zeigt sich, daß diese bei verringerter Kalziumionenkonzentration zunächst kleiner wird, um erst unter 0,36 mÄq/1 Kalziumion auf Werte über den bei Normalbedingungen gemessenen anzusteigen. Die beiden höchsten Kalziumionenkonzentrationen führten gleichfalls zu einer Steigerung der EDS0, obwohl bei eben diesen Werten die Kontraktilität sogar leicht vermehrt war. Die nachfolgenden Versuche wurden von der Arbeitshypothese aus durchgeführt, daß durch den Wirkstoff der Kalziumeinstrom (als Auslöser der Kontraktion) vermittelt wird. Dabei ist das Ergebnis bei den Versuchen der Abb. 12 und 13 mit Azetylcholin ein erneuter Hinweis, daß Kalziummangel zu einer Senkung der intrinsischen Aktivität führt, welche sich offenkundig ein wenig langsamer erholt" als das Kontraktionsvermögen selbst. Einen sehr direkten Hinweis auf die durch Ca++-Mangel bedingte Senkung der intrinsischen Aktivität geben indessen die Versuche in Abb. 14, in welchen sich bei der Substitution des Kalziums für das Peptid ein Kontraktionszuwachs zeigt, der primär dem Zuwachs an Kontraktilität entspricht, sekundär aber durch die in Abb. 11 wiedergegebene Steigerung der ED50 wieder etwas vermindert sein dürfte. Für das Azetylcholin ergibt sich mit der Zugabe des Kalziums ein Kontraktionszuwachs, der wiederum primär dem Zuwachs an Kontraktilität entspricht, sekundär aber durch die Zunahme der intrinsischen Aktivität erheblich weiter gesteigert wird.

359

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

Solche Effekte müssen beim hyperbolischen Charakter der Dosis-WirkungsKurve in deren Anfangsabschnitt besonders deutlich sein. Recht kompliziert in der Deutung werden die Versuche, in welchen das Kalzium erst nach der Peptidgabe restituiert wurde. Es scheint uns, daß in diesen Versuchen die Möglichkeit sichtbar wird, das Abklingen (Ermüdung) des Reizes Sx vom Abklingen der Kontraktilität -4 max wenigstens teilweise zu trennen: Aus den in Abb. 1 6 dargestellten Versuchen wird sichtbar, daß die sekundär durch Ca++-Gabe auszulösende Zusatzkontraktion bei Azetylcholin und Peptid relativ schnell abklingt, während die durch Histamin erzielte Wirkung zunächst sogar noch ansteigt. Das könnte bedeuten, daß der durch Histamin ausgelöste Reiz S h i s t wesentlich langsamer „ermüdet" als ein durch Azetylcholin oder Peptid ausgelöster Reiz. Auf eine Erklärung der in Abb. 14 dargestellten Versuche müssen wir zunächst verzichten, da im unteren Dosisbereich der Einfluß der intrinsischen Aktivität die Verhältnisse unübersichtlich macht. Natürlich könnte man annehmen, daß der beobachtete sekundäre Anstieg mit der laufenden Steigerung der letzteren zusammenhängt. Sicherlich ist eine Gesamtschlußfolgerung aus diesen Versuchen, daß die beobachteten Effekte verminderter oder vermehrter Kalziumionenkonzentrationen weniger über eine Veränderung der Bindung des Peptids an den Rezeptor als über eine Veränderung des Ca-Einstroms in die Zelle unter dem Einfluß des Peptids erklärbar sind. Es dürfte aber notwendig sein, die durch Veränderung der Kalziumkonzentration wie durch Kalziumrestitution möglichen Erfahrungen noch sehr systematisch auszubauen, um zu wirklich tragfähigen Aussagen zu gelangen. Insgesamt hat sich gezeigt, daß durch die angewandten Variationen des biologischen Milieus nicht nur die Affinität des Peptids zum Rezeptor verändert wird, sondern auch alle Folgeprozesse sich modifizieren. Von besonderem Interesse ist das verschiedene Verhalten der einzelnen Wirkstoffe, aus welchem sich die Möglichkeit ergibt, die Reaktionskette zu analysieren, insbesondere Veränderungen der intrinsischen Aktivität und der Kontraktilität von Veränderungen der Rezeptoraffinität abzutrennen. Für die Verfasser: Dr. G. STOPP, Zentralinstitut für Verkehrsmedizin des Medizinischen Dienstes des Verkehrswesens, 108 Berlin, Leipziger Str. 125. Literatur Dtsch. med. Wschr. 9 0 , 1 0 1 2 ( 1 9 6 5 ) . [2] STOPP, G. U. H. NIEDRICH: Z. ärztl. Fortbild. 61, 315, 359 (1957). [ 3 ] E R S P A R M E R , V. u. G. E R S P A R M E R - F A L C O N I E R I : Br. J . Pharmac. Chemother. 337 (1962). [ 1 ] S T Ü R M E R , E . U. A . F A N C H A M P S :

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24

Acta biol. med. gel m., Bd. 20, Heft 3

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SILVA, P.

(1965).

Anhang: Form und Lage von Dosis-Wirkungs-Kurven und die Hypothese von den Reserverezeptoren F.

JUNG

Der Zusammenhang zwischen Dosis und Wirkung wird vermutlich für viele Pharmaka durch die Reaktion des Wirkstoffs X mit hypothetischen zellulären Rezeptoren R bestimmt. Als einfachste Hypothese bietet sich für diese Reaktion eine reversible bimolekulare Reaktion an, für welche mit Entwicklung der Wirkung bereits der Gleichgewichtszustand erreicht ist. Alternativhypothesen mögen hier nicht betrachtet werden. Die Gleichgewichtskonstante der Umsetzung X + R i j RX wird dann als eine den Wirkstoff charakterisierende Größe angesehen. Für Wirkstoff-Antagonisten wird dasselbe Reaktionsschema angenommen: Antagonisten sollen R besetzen, ohne daß eine Wirkung folgt. Die Wirkstoff-Antagonist-Konkurrenz wird dann — analog entsprechenden Formulierungen in der Enzymkinetik — als kompetitive Hemmung beschreibbar. Das Schema erweist sich als brauchbar, wenn etwa Antagonismen wie die von Histamin und Antihistaminen oder von cholinergischen Körpern und Atropin zu beschreiben sind. Das setzt voraus, daß die beobachtete Wirkung A (etwa eine Muskelkontraktion) und die Zahl der besetzten Rezeptoren RX einander direkt proportional sind und für vollständige Besetzung aller Rezeptoren das Wirkungsmaximum erreicht würde. Es mußte in jüngerer Zeit zunächst so erweitert werden, daß zwischen Wirkung und RX ein mit intrinsischer Aktivität bezeichneter Proportionalitätsfaktor i eingesetzt wurde. Erreicht i seinen Maximalwert von 1, so wird bei voller Besetzung aller Rezeptoren RX max eine maximale Reaktion des betreffenden Organs beobachtet Amax. Wird i kleiner als 1 oder gar 0, so führt eine volle Besetzung der Rezeptoren nur zu einer partiellen Reaktion oder zu keiner Reaktion. Ein klassischer Antagonist wäre dann ein Wirkstoff mit der intrinsischen Aktivität 0. Die Brauchbarkeit des Schemas ließ sich damit erheblich erweitern. Die Vorstellung, daß Rezeptorenbesetzung und Aktion streng parallel gehen, ist indessen keineswegs belegt. In der Praxis zeigt sich sogar, daß

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

361

der Verlauf der Dosis-Wirkungskurve in den seltensten Fällen dem Schema entspricht. Dieses würde verlangen, daß etwa in der beliebten „logit"-Darstellung von log X gegen log A/{AmiX—A) die Abhängigkeit linear sei und die Steigung 1 besitzt. Tatsächlich besitzt diese Steigung sehr verschiedene Werte, und Linearität ist bei der biologischen Anordnungen eigenen Streuung sowieso schwer zu belegen. Wie oben von uns ausgeführt wurde, wird man vorteilhaft RX gar nicht der Aktion parallel setzen, sondern RX zunächst durch eine unbekannte Funktion fx mit der Reizung des Organs S und letztere wiederum durch eine zweite Funktion fa mit der Wirkung verkoppeln müssen, wobei über beide Funktionalzusammenhänge nichts bekannt ist. Damit ergibt sich A = fa(S) und S = fx{RX) bzw. insgesamt A = fa(fx(RX)). Die intrinsische Aktivität i ist dann nichts anderes als die besonders einfache Annahme: fa = konstant = i. Auf die verschiedenen in der Literatur diskutierten Erklärungen einer veränderten Steigung in der erwähnten doppelt-logarithmischen Darstellung sei hier nicht näher eingegangen, sie werden sowohl auf ein statistisches Schwanken der Rezeptoreigenschaften wie auf Besonderheiten des Zusammenhangs fx zurückgeführt. Unsere obigen Versuche führen auf eine weitere sehr einfache Möglichkeit hin, welche bereits im Rahmen der primitiven Hypothesen X + R = RX und fx = konstant enthalten ist. Es handelt sich um das Bestehen einer „Rezeptorreserve". Zu dieser Annahme wird man auf Grund komplizierter Hemmphänomene gezwungen. Sie ist also nicht neu. Sie postuliert, daß bei voller Entwicklung der Aktion Amax noch freie Rezeptoren vorliegen. (Solche können etwa dann nachgewiesen werden, wenn ein Teil der Rezeptoren durch einen irreversibel reagierenden Hemmstoff blockiert ist.) Die formal mathematische Behandlung einer derartigen „Rezeptorreserve" erfaßt im übrigen auch eine weitere Denkmöglichkeit mit, nämlich die, daß vor Auftreten einer manifesten Wirkung erst ein bestimmter Prozentsatz von Rezeptoren besetzt werden muß (Latenzrezeptoren). Beide Fälle werden formal erfaßt, wenn die intrinsische Aktivität größer als 1 gesetzt wird. In der Abb. 17 sind errechnete Dosis-Wirkungs-Kurven wiedergegeben und der Massenwirkungskurve für die Rezeptorbesetzung gegenübergestellt: Bleibt i kleiner als 1, so ist die Dosis-Wirkungs-Kurve in dem gewählten halblogarithmischen Netz um die ED 5 0 symmetrisch, und man kann in der üblichen Weise die ED 5 0 mit der Bindungskonstante des Rezeptors identifizieren. Wird i größer als 1 und liegt eine reine Reserve vor (Besetzung der Reserverezeptoren nach Erreichung von ^4max), so wird die ED 5 0 kleiner als die Bindungskonstante. Die Abhängigkeit der Abweichung (lg ED 6 0 — f K) von i ist im Einsatz dargestellt. Bei Vorliegen von Latenzrezeptoren wird logisch die ED S 0 größer als die Bindungskonstante (für i = 2 dargestellt). Sind gleichviel Reserve- wie Latenzrezeptoren da, so wird die Kurve wiederum um die ED 5 0 = K symmetrisch. In jedem Fall ergibt sich um die 24

362

G . STOPP, F .

JUNG

Abb. 17«. Massengleichgewichtskurve und Dosis-Wirkungs-Kurve halblogarithmisch. Abszisse: log der Dosis X ; Ordinate: Rezeptorenbesetzung bzw. Wirkung in % der Maximalwirkung. Ausgezogene Linien: Rezeptorenbesetzung bzw. Wirkung für i = 1; gestrichelte Linien: Wirkung für verschiedene intrinsische Aktivitäten von i = 0,3 bis i = 3 und reiner Rezeptorreserve; punktierte Kurven: i = 2 für reine Latenzrezeptoren und für symmetrische Verteilung von Latenz- und Reserverezeptoren, o = ED 50 Werte. b Dasselbe in logit-Darstellung. Abszisse: log der Dosis; Ordinate: log A/(Amax — A). Ausgezogen: Rezeptorenbesetzung bzw. Dosis-Wirkungs-Kurve für i = 1; gestrichelt: i = 2 reine Reserve- bzw. reine Latenzrezeptoren; punktiert: i = 2; a. 20% Reserveund 30% Latenzrezeptoren; b. bzw. 3 0 % Reserve- und 20% Latenzrezeptoren. c Änderung der ED M in bezug auf pK des Rezeptors bei reinen Reserverezeptoren. Abszisse: A log ED 5 0 ; Ordinate: i

ED S0 eine zu hohe Steigung. Natürlich geht auch in jedem Fall die Linearität im doppelt-logarithmischen Netz verloren, aber nicht in einem solchen Ausmaß, daß man aus experimentell streuenden Daten diesen Verlust eindeutig bestimmen könnte. Die Steigung um die ED 50 hängt im übrigen in beiden Darstellungen nicht eindeutig von i ab, sondern von der Verteilung der „Reserverezeptoren" auf Latenz- und Reservephase. Sie kann als Maximalwert in der doppelt logarithmischen Darstellung den Wert i erreichen. Die formelmäßige Darstellung von (lg ED 60 — pK) bzw. der Steigungen A I A I d— — d log X bzw. ¿log d log X um den Wert ED S0 ist A max — AI A max — A j nicht schwierig, aber mathematisch aufwendig. Da sie auch nichts Neues zu dem aus den Kurven Abzulesenden bringt, wird darauf veiziehtet. Ebenso wird darauf verzichtet, die Beweisführung auf andere Typen des Wirkstoff-Rezeptor-Systems auszudehnen. Sowohl bei statistisch streuenden Rezeptoren wie bei höhermolekularen Reaktionsschemata ergibt sich ein analoges Verhalten. Als wesentliches Resultat ergibt sich: 1. Bei Vorliegen einer Rezeptorreserve bzw. von Latenzrezeptoren erscheint die Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve in den verschiedenen Darstellungen höher als der bei der einfachen Theorie zu erwartende Wert.

Beeinflussung der Eledoisin-Wirkung

363

2. Bei Vorliegen von Rezeptorreserven oder Latenzrezeptoren darf die ED 60 nicht mit einer Reaktionskonstante identifiziert werden. Bei reinen Reserverezeptoren erscheint sie erniedrigt. 3. Ergeben sich Dosis-Wirkungs-Kurven mit höheren Steigungen als aus der Theorie zu erwarten ist, so kann mit Reserve- oder Latenzrezeptoren gerechnet werden. Eine gewisse Klärung kann erzielt werden, falls die Abweichungen von der Linearität in der logit-Darstellung einwandfrei festgelegt werden können: Oben links-konkave Kurven weisen auf Reserve-, rechts-konkave Kurven deuten auf Latenzrezeptoren hin (vgl. Abb. 17). Literatur E. J. ARIENS: Molecular pharmacology. Academic Press, New York-London 1964. F. JUNG: Acta physiol. hung. 17, 450 (i960). Summary G. STOPP and F. JUNG: The influence of hydrogen ion concentration, calcium concentration and temperature on the contraction of guinea pig's ileum by eledoisin and eledoisin peptides 1. The influence of change of p H on the maximal contraction of the guinea pig's ileum and of the change of ED 50 of the peptides, eledoisin, octapeptide and heptapeptide, has been investigated. The pYl dependence of ED 60 in the acidic region (below pH 7.0) is interpreted as receptor property. 2. Basing on the influence of changed calcium concentration in the bath fluid and by calcium substitution experiments in deficient tyrode in presence of peptide it is assumed that these peptides account for the availability of calcium in the cell necessary for contraction. PcsioMe r . CTOIUI

H