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German Pages 218 [221] Year 1979
ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Räte
60 Jahre Große Sozialistische Oktoberrevolution 60 Jahre Kampf um den Frieden und die Rechte der Menschheit Akademie-Verlag Berlin
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ABHANDLUNGEN DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR Abteilung Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Räte Jahrgang 1978 • Nr. W 7
60 Jahre Große Sozialistische Oktoberrevolution 60 Jahre Kampf um den Frieden und die Rechte der Menschheit
A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L I N • 1978
Herausgegeben im Auftrage des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften der D D R von Vizepräsident Prof. Dr. Heinrich Scheel Verantwortlich für dieses Heft: Akademiemitglied Prof. Dr. Manfred Buhr Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rates für Grundfragen des ideologischen Kampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus und Prof. Dr. Max Schmidt Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rates für Imperialismusforschung
Redaktionsschluß: 29. 5. 1978 Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3 - 4 © Akademie-Verlag, Berlin 1978 Lizenznummer: 202. 1 0 0 / 2 5 0 / 7 8 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus Kothen Bestellnummer: 7536347 ( 2 0 0 1 / 7 8 / 7 / W ) . LSV 0165 Printed in G D R DDR 22,- M
Inhalt
Vorbemerkung
5
Max Schmidt 60 Jahre Große Sozialistische Oktoberrevolution - 60 Jahre Kampf um die Verwirklichung der Idee der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung
7
Manfred Bubr 60 Jahre Roter Oktober - 60 Jahre Kampf um die Herstellung der Rechte der Menschheit
61
Sergej Pronin Aktuelle Aspekte der bürgerlichen Ideologie-Krise
90
Jindficb Filipec Die Krise des Kapitalismus und die „Kriseologen"
97
Andrej
Lawrowski
Friedliche Koexistenz und neue Konzeptionen des Imperialismus im Kampf gegen den Sozialismus 101 Stefan Doernberg Zu Interpretationsversuchen der Entspannung durch bürgerliche Ideologen Wladimir
107
Babak
Die Große Sozialistische Oktoberrevolution und die gegenwärtigen internationalen Beziehungen . . 114 Robert Steigerwald Staat und Ideologie
121
Ladislav Hrzal / Jindfich Filipec Humanismus und die Vertreter der Elitekonzeption
126
Heinz Jung Die Politik der Konservativen in der BRD vor der Belgrader KSZE-Nachfolgekonferenz
135
Heinz
Petrak
Zur Aktualität der Leninschen Imperialismustheorie für den Kampf um friedliche Koexistenz . . . .
141
Roland Meister Friedliche Koexistenz, Völkerrecht und Ideologie
146
Hermann Klenner Menschenrecht - kein Interventionsfeld gegen Frieden und Sozialismus
150
3
Peter Hess „Soziale Marktwirtschaft" - Konzept internationaler imperialistischer Strategie
154
Karl-Heinz Schwank Probleme der Verflechtung von Ideologie und Ökonomie bei der Auseinandersetzung mit imperialistischen Gesellschaftskonzeptionen : 158 Ludwig
Elm
„Freiheit oder Sozialismus" - Parole und Programm gegen Entspannung und sozialen Fortschritt . . 163 Erbard Albrecht Sprache und Klassenkampf in der Gegenwart
169
Georg Domin Zur Kritik der Auffassung von „Fortschritt" in der zeitgenössischen bürgerlichen Wissenschaftstheorie 173 Peter Klein Ideologische Probleme des Kampfes um Rüstungsbegrenzung und Abrüstung
179
Bernd P. Löwe Die Leninsche Schrift „Das Militärprogramm der proletarischen Revolution" und ihre aktuelle politisch-ideologische Bedeutung 185 Dieter Ulle Kultur in der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus
193
Hans Schulze Antikommunismus - Hauptargument reformistischer Ideologen
197
Hans-Hermann
Lanfermann
Der Ahistorismus der Doktrin vom „sozialen Wandel" in der bürgerlichen Sozialtheorie
203
Namenverzeichnis
213
4
Vorbemerkung
Der Wissenschaftliche Rat für Grundfragen des ideologischen Kampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus (Akademie der Wissenschaften der D D R ) und der Wissenschaftliche Rat für Imperialismusforschung (Institut für Internationale Politik und Wirtschaft) veranstalteten zum 60. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution ein internationales Symposium. Die auf diesem Symposium gehaltenen Beiträge zum Thema 60 ]ahre Große Sozialistische Oktoberrevolution - 60 Jahre Kampf um den Frieden und die Rechte der Menschheit werden überarbeitet im vorliegenden Heft mit der Absicht veröffentlicht, diese einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dezember 1977 Manfred Buhr/Max
Schmidt
5
Max Schmidt
60 Jahre Große Sozialistische Oktoberrevolution - 60 Jahre Kampf um die Verwirklichung der Idee der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung
Viele große Ereignisse kennt die Weltgeschichte. Doch läßt sich keines von ihnen in seiner Bedeutung für die Entwicklung der Menschheit vergleichen mit dem tiefen und grundlegenden Wandel im Leben der Völker, den die Große Sozialistische Oktoberrevolution bewirkte. Der Rote Oktober eröffnete vor sechzig Jahren die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Sie ist gekennzeichnet durch die Erneuerung aller sozialen und politischen Existenzformen der Gesellschaft und führt zur Umwälzung in der Ideologie, in der Kultur und in der gesamten Lebensweise der Menschen. Es entstand eine völlig neue Qualität gesellschaftlicher Lebensbedingungen, die es ermöglicht, die objektiven Gesetze der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft nicht nur zu erkennen, sondern, wie Friedrich Engels schrieb, „sie planmäßig zu bestimmten Zwecken wirken zu lassen".
1. Die Große Sozialistische Oktoberrevolution Hauptereignis des 20. Jahrhunderts Mit dem Roten Oktober trat jene welthistorische Zäsur ein, von der an „die objektiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte beherrschten, unter die Kontrolle des Menschen selbst (treten). Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewußtsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben". 1 Der unter Führung der Partei Lenins errungene Sieg der Oktoberrevolution bestätigte die marxistisch-leninistische Theorie; er legte das Fundament für die Praxis des Sozialismus, für die Herausbildung und Entwicklung des realen Sozialismus, in dem erstmalig die Rechte der Menschen Wirklichkeit wurden. In der Praxis seines Kampfes gewann das Sowjetvolk unter Führung seiner Partei allgemeingültige Erfahrungen und bereicherte die marxistisch-leninistische Lehre, deren schöpferische Anwendung zu einer Grundbedingung erfolgreichen revolutionären Handelns wurde. „Auf dem Weg gesellschaftlicher Veränderungen, den niemand zuvor in der Geschichte beschritt, haben die Kommunistische, Partei der Sowjetunion und das Sowjetvolk diese Erfahrungen gesammelt. Es sind die Erfahrungen eines riesigen Landes, das sich über zwei Kontinente erstreckt, die Erfahrungen eines sechzigj ährigen opferreichen Kampfes um den Aufbau des Sozialismus und Kommunismus, bei der entschlossenen Verteidigung der revolutionären Errungenschaften. Sie gewinnen gesetzmäßig an Bedeutung und Allgemeingültigkeit in dem Maße, wie die Sowjetunion den Vormarsch zum Kommunismus fortsetzt."2 7
Die Ideen, Impulse, die Erfahrungen, Lehren und Wirkungen des Koten Oktober verkörpern sich heute im Fortschreiten des revolutionären Weltprozesses, in der Entwicklung und der Politik des sozialistischen Weltsystems, der nationalen Befreiungsbewegung, der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung. Dabei ist ganz zweifellos das sozialistische Weltsystem zur größten sozialen Errungenschaft der internationalen Arbeiterklasse, ja der ganzen Menschheit geworden. Die sozialökonomische, politische, ideologische und militärische Stärkung und Entwicklung der sozialistischen Gemeinschaft, ihre Einheit und ihr festes Zusammenwirken mit der Sowjetunion führten dazu, daß der Sozialismus heute in der Welt ausschlaggebend ist. Die historische und aktuelle Bedeutung der Oktoberrevolution im Zeichen ihres 60-jährigen Jubiläums besteht vor allem darin: Heute hat der Imperialismus seine einstmals beherrschende Stellung im internationalen Geschehen endgültig verloren. Die Weltentwicklung wird immer entscheidender durch den Sozialismus bestimmt. Keines der grundlegenden Probleme, vor denen die Menschheit steht, kann ohne die sozialistischen Staaten und ihre unmittelbare Teilnahme bewältigt werden. Kraft, Wirksamkeit und Ausstrahlung des realen Sozialismus sind die echte und zuverlässigste Gewähr für die Zukunft der Menschheit. Vergegenwärtigen wir uns: - 1917 war die junge Sowjetmacht wirtschaftlich schwach. Der Anteil des Landes an der. Weltindustrieproduktion betrug weniger als 3 Prozent. Es befand sich in lebensgefährlicher kapitalistischer Umkreisung. Heute besteht ein Weltsystem des Sozialismus, das auf vier Kontinenten festen Fuß gefaßt hat. Heute beträgt der Anteil der sozialistischen Länder im Weltmaßstab gesehen flächenmäßig 26,1 Prozent, der Anteil an der, Bevölkerung 32,6 Prozent, an der Industrieproduktion über 40 Prozent und der Anteil am Nationaleinkommen über ein Drittel.3 Gerade in der Gegenwart beweist der Sozialismus deutlicher denn je seine Überlegenheit über den von Krisen geschüttelten Kapitalismus. Seit Jahren ist die Gemeinschaft der sozialistischen Staaten die dynamischste Wirtschaftsregion der Welt, erweist sie sich in ihren materiellen und kulturellen Leistungen und Vorzügen, in ihrer politischen Stabilität und in ihrem Friedenseinfluß auf das internationale Geschehen als führender Faktor der Weltpolitik. - 1917 verheerte das Völkermorden des imperialistischen Weltkrieges unseren Erdball, dem zwei Jahrzehnte später eine noch katastrophalere Neuauflage folgte. 10 Jahre tobten diese beiden vom Imperialismus in Europa entfesselten und die ganze Welt erfassenden Kriege. Heute sind die herrschenden Kreise der imperialistischen Mächte gezwungen, auf das Leninsche Prinzip der friedlichen Koexistenz von Staaten unterschiedlicher sozialer Ordnung einzugehen. Der Kraft der Sowjetunion und der gesamten sozialistischen Gemeinschaft ist es zu verdanken, daß Europa im 33. Jahr des Friedens lebt. Im Ergebnis des historischen Sieges des Sowjetvolkes über den Faschismus und der gemeinsam mit den anderen sozialistischen Ländern erreichten grundlegenden Veränderungen im Verhältnis der Klassenkräfte im Weltgeschehen ist der reale Sozialismus mit seinem Kern, der Sowjetunion, heute zur entscheidenden Kraft für die Erhaltung des Friedens in der Welt geworden. Im Bündnis mit allen friedliebenden, antiimperialistischen Kräften entwickelt er alle Anstrengungen, die Menschheit endgültig vor den Gefahren eines globalen nuklearen Krieges zu bewahren, den Frieden fest und unzerstörbar zu machen, die Entspannung 8
weltweit, stabil und unumkehrbar zu gestalten und ein System fruchtbarer friedlicher Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu verwirklichen. - Vor sechzig jähren war die imperialistische Aufteilung der Welt vollzogen, erschien die jahrhundertealte Raubherrschaft des Kolonialismus unerschütterlich. Zu dieser Zeit war der Begriff „junger Nationalstaat" unbekannt. Fast 98 Millionen Quadratkilometer erfaßte das Territorium der Kolonien und Halbkolonien. Heute ist das Kolonialsystem zusammengebrochen, sind die Völker der rund 100 befreiten Nationalstaaten, deren Territorium über 85 Millionen Quadratkilometer ausmacht, dabei, im Weltgeschehen eine immer gewichtigere und selbstbewußtere Rolle zu spielen. Der Sieg der Oktoberrevolution führte dazu, daß sich die nationale Befreiungsbewegung zu einem der Hauptströme des revolutionären Weltprozesses entwickelte. Die Sowjetunion, das sozialistische Weltsystem, die Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses - sie stellen die Grundlage und die zuverlässige Stütze aller um nationale und soziale Befreiung kämpfenden Völker und gesellschaftlichen Kräfte dar. Es ist vor allem dem Bestehen, der unmittelbaren und mittelbaren Hilfe der Sowjetunion zu verdanken, daß es immer mehr in den vergangenen Jahrzehnten staatlich unabhängig gewordenen Ländern der „dritten Welt" möglich ist, einen fortschrittlichen Kurs gesellschaftlicher Entwicklung zu verfolgen. Das antiimperialistische Bündnis der sozialistischen Länder mit den befreiten Völkern und ihren Staaten ist zu einem der bestimmenden Faktoren unserer Zeit geworden. - 1917 bestand nur eine Kommunistische Partei, die der Bolschewiki; sie zählte 350 000 Mitglieder. Heute bestehen auf allen fünf Kontinenten mehr als 90 marxistisch-leninistische Parteien mit über 60 Millionen Mitgliedern. 33 kommunistische und Arbeiterparteien mit über 30 Millionen Mitgliedern wirken in Europa. Der reale Sozialismus erweist sich als unschätzbare materielle, politische, ideologische und moralische Stütze der gesamten internationalen Arbeiterbewegung, als bedeutsamste Kraft der kommunistischen Weltbewegung, als ständig wirkender Faktor der Sieghaftigkeit jener gesellschaftlichen Kräfte, die berufen sind, die noch bestehenden Ausbeuterordnungen endgültig zu überwinden. Die Veränderung des Kräfteverhältnisses zugunsten des Friedens, der Demokratie und des gesellschaftlichen Fortschritts, die Durchsetzung der Entspannung als dominierende Tendenz internationaler Beziehungen haben die Voraussetzungen für den Aufschwung der Kämpfe in den Ländern des Kapitals geschaffen, für solche Siege der Arbeiterklasse und aller demokratischen Kräfte, wie sie sich im Sturz des Faschismus in Portugal und Griechenland, im Vormarsch der Linkskräfte in vielen Ländern demonstrieren. Die Berliner Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien Europas hat auf dieses Wechselverhältnis ausdrücklich hingewiesen. Die Leistungen des realen Sozialismus, die auf ständig höherer Ebene fortschreitende Realisierung politischer und sozialer Menschenrechte, vor allem des Rechts auf Arbeit, auf Bildung und auf soziale Sicherheit, der Gleichberechtigung der Frauen und der Jugend, des politischen und sozialen Selbstbestimmungsrechtes der Völker, der' Freiheit der menschlichen Persönlichkeitsentfaltung, üben im Ringen der Arbeiterklasse in den noch kapitalistischen Ländern gegen die unmenschlichen Folgen der sich aus dem kapitalistischen Herrschaftssystem ergebenden tiefgreifenden Krise einen großen Einfluß aus. Es ist diese Beispielwirkung des Sozialismus, die dem Kapitalismus die historische Diskussion über Demokratie und Menschenrechte aufgezwungen hat und die er jetzt mit Verzerrungen und Verfälschungen zu einer Gegenoffensive auszubauen versucht. Je mehr 9
die Arbeiterbewegung der kapitalistischen Länder gegen den Antikommunismus und Antisowjetismus jeglicher Machart die Realitäten des sozialistischen Alltags als Ideen im eigenen Klassenkampf wirksam werden läßt, wird ihr revolutionärer Kampf immer erfolgreicher sein. - 1917 traten die Volksmassen unter Führung der Bolschewiki an, die von Lenin unter den Bedingungen der Herrschaft des Imperialismus weiterentwickelte marxistische Theorie in der ersten sozialistischen Revolution- anzuwenden. Heute ist der MarxismusLeninismus die größte geistige Kraft unserer Zeit, die erfolgreichste Weltanschauung der Geschichte der Menschheit. Er ist Theorie und Praxis der Länder des realen Sozialismus, der kommunistischen Weltbewegung, und immer mehr national-revolutionäre Kräfte wenden sich ihm zu. In den 60 Jahren sozialistisch/kommunistischen Aufbaus und marxistisch-leninistischer Außenpolitik wurde von der KPdSU und vom Sowjetvolk der Hauptbeitrag zur schöpferischen Weiterentwicklung und Bereicherung der marxistisch-leninistischen Theorie, darunter der Theorie der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher sozialer Ordnung geleistet. „Heute gibt es kein Land oder kein Volk mehr, das nicht auf diese oder jene Weise den positiven Einfluß der Leninschen Ideen, der Theorie und Praxis des realen Sozialismus, gespürt hätte."4 Der reale Sozialismus, seine materielle Macht und die .geistige Kraft seiner Ideen erweisen sich als Hauptpotenz für die schrittweise Zurückdrängung des Imperialismus, dieses stärksten und gefährlichsten Feindes der ganzen Menschheit und ihres gesellschaftlichen Fortschritts. Wenn es gelingt, die Gefahr eines neuen Weltkrieges auch künftig zu bannen, die Schwelle zum nächsten Jahrtausend in Frieden zu überschreiten, dann werden die Potentiale der Sowjetunion und unserer ganzen Staatengemeinschaft unermeßlich gewachsen sein, dann werden die nationalen und sozialen Befreiungsbewegungen der Völker und die antiimperialistischen Kämpfer in den Ländern des Kapitals neue bedeutsame Siege in der vom Roten Oktober eröffneten Hauptrichtung des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus errungen haben. Der welthistorische Prozeß grundlegender Veränderungen der Existenzbedingungen der gesamten Menschheit im Sinne der Erneuerung aller ihrer Lebensumstände wird das Antlitz des ganzen Erdballs prägen. 2. Die Verschärfung des ideologischen Kampfes Ausdruck der grundsätzlichen gesellschaftlichen Widersprüche unserer Zeit Im 60. Jahr des Roten Oktober steht die Welt im Zeichen ihrer fortschreitenden Erneuerung im Geiste des Friedens, der Demokratie, der Unabhängigkeit und des Sozialismus. Diese Erneuerung geschieht in härtester Auseinandersetzung zwischen den Kräften des Friedens und des sozialen Fortschritts mit den Kräften der imperialistischen Reaktion. Es ist eine Gesetzmäßigkeit, daß sich dieser objektive Prozeß im geistigen Leben der Menschen widerspiegelt. Doch geht es in der geistigen Auseinandersetzung unserer Zeit um noch mehr. Die Ideologie ist nicht nur ein Feld, das dem Kampf in anderen Bereichen - Ökonomie, Politik, Diplomatie, Militärwesen - geistigen Ausdruck verleiht, die ideologische Sphäre ist selbst in bisher nicht bekanntem Maße zum Feld des internationalen Klassenkampfes geworden. Das ist einerseits natürlich ein Ergebnis der geistigen Offensive des Marxismus-Leninismus, die zur Veränderung des Kräfteverhältnisses in der Welt bei10
getragen hat und von dieser Veränderung zugleich neue Impulse für ihre Wirksamkeit und Überzeugungskraft erhielt. Die 60 siegreichen ]ahre seit dem Roten Oktober sind, zugleich ]ahre der Überlegenheit der sozialistischen Ideologie über alle Gegenideologien, die zu ihrer Verfälschung und Widerlegung aufgebaut wurden. Der Antisowjetismus wurde geschlagen im Ergebnis der militärischen Niederlage der ausländischen Interventen und der inneren Konterrevolution. Er wurde geschlagen im Ergebnis des Triumphes des Sowjetvolkes im Großen Vaterländischen Krieg. Er wurde geschlagen im Ergebnis der weltweiten Niederlage der imperialistischen Nachkriegsstrategie des kalten Krieges. Er wurde geschlagen mit der Ingangsetzung der internationalen Entspannung. Heute, im 60. Jahr des Roten Oktober, kann die inzwischen entstandene Familie der sozialistischen Staaten und Völker unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Parteien den ideologischen Kampf von weitaus stärkeren und günstigeren Positionen aus führen. Die heutige ideologische Offensive des Sozialismus auf dem internationalen Schauplatz beruht vor allem auf seinen wahrhaft epochemachenden ökonomischen und gesellschaftlichen Errungenschaften und damit auf Leistungen, die die neue Welt, den neuen Menschen, das neue Leben formen. Jeder Schritt bei der Verwirklichung unserer Wirtschaftspläne und sozialpolitischen Programme, jeder diplomatische Erfolg beim Ausbau der erreichten Ergebnisse internationaler Entspannung verbreiten und festigen die „materielle Basis" für eine noch wirksamere ideologische Auseinandersetzung mit der imperialistischen Ideologie. „Wir machen die Gesetzmäßigkeit unseres Sieges zu einem Dreh- und Angelpunkt unserer Überzeugungsarbeit, damit jeder weiß: Wer am Sozialismus baut, der sichert sich Gegenwart und Zukunft, der handelt in. Übereinstimmung mit dem Grundgesetz unserer Epoche, dessen Werk hat Bestand."3 Das ist zum anderen darauf zurückzuführen, daß der Imperialismus mit allen Mitteln, vor allem durch eine gewaltige Woge des Antikommunismus und Antisowjetismus, versucht, militärische und politische Niederlagen ideologisch wettzumachen. Auf der Beratung der Vertreter der kommunistischen und Arbeiterparteien über die Arbeit der Zeitschrift „Probleme des Friedens und des Sozialismus" sagte Kurt Hager: „Man kann ohne Übertreibung feststellen, daß in dem gigantischen .Ringen um Frieden oder Krieg zwischen den Kräften des sozialen Fortschritts und der Reaktion der Kampf der Ideen nie gekannte Ausmaße annimmt."6 Einige antikommunistische Ideologen bringen offen zum Ausdruck, daß sie den psychologischen Krieg gegen Frieden, Demokratie und Sozialismus verschärfen. Gerhard Wettig vom Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln erklärte, daß „je weniger Entscheidungen (im Ost-West-Konflikt - d. V.) mit den Mitteln der politischen Pression und des bewaffneten Einsatzes gesucht werden, desto wichtiger wird, wer in welchem Umfang über die Einflußnahme auf das Bewußtsein großer Menschengruppen Vorgänge auszulösen und zu steuern vermag" 7 . Und was anders als eindeutige ideologische Kampfansage seitens der reaktionärsten imperialistischen Kräfte - und dazu noch im Stile des kalten Krieges - ist die von der CDU/CSU geführte Kampagne unter der verleumderischen Parole „Freiheit oder Sozialismus"! Es zeigt sich also, daß die uns vom Imperialismus und Opportunismus suggerierte „ideologische Koexistenz" bzw. „ideologische Entspannung" von ihnen selbst zu keiner Zeit praktiziert wurde und wird. Der Imperialismus hat schon immer versucht, wenn seine Positionen schwächer wurden, die politische und ideologische Konfrontation zu ver11
schärfen. So verhält er sich auch heute. Er hat aus seinem durch die Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus und der anderen Hauptströme des revolutionären Weltprozesses erzwungenen Rückzug seine Lehren in der Richtung gezogen, den ideologischen Krieg gegen uns zu verschärfen. Die Aufdeckung der konkreten Ursachen für den verschärften Ideenkampf zeigt zugleich auch die Hauptrichtungen und die Methoden der gegnerischen Angriffe, mit denen er den Wirkungen unserer offensiven ideologischen Arbeit im Zeichen des 60. Jahrestages der Oktoberrevolution begegnen will. Welche sind es vor allem? Erstens sind die imperialistischen Kreise beunruhigt über die bereits erreichten und „materialisierten" Ergebnisse der Friedensstrategie der Sowjetunion und ihrer Verbündeten sowie ihre weiteren Initiativen, die in Übereinstimmung mit dem Wunsch der Völker nach dauerhaftem Frieden bedeutsame ideologische Auswirkungen haben. Realität, Wahrhaftigkeit und Perspektive der Einheit von Sozialismus und Frieden werden in ihrer Auswirkung auf das Leben der Völker immer sichtbarer. Deshalb konzentrieren sich die verleumderischen Angriffe gegenwärtig auf die sozialistische Friedenspolitik, wobei die aggressiven Kräfte des Imperialismus gleichzeitig bestrebt sind,' ihre gesamte Strategie und Politik des imperialistischen Wettrüstens, der weiteren Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens im Kapitalismus durch die Entstellung und Verfälschung der Friedenspolitik der sozialistischen Staaten zu motivieren und zu rechtfertigen. Zweitens fürchten die Imperialisten die Wirkung des realen Sozialismus, die Ergebnisse seiner dynamischen, krisenfreien Entwicklung und sozialen Leistungen besonders in der Zeit seit dem XXIV. Parteitag der KPdSU und dem VIII. Parteitag der S E D und den Parteitagen der Bruderparteien in der sozialistischen Gemeinschaft. Deshalb tritt der Angriff auf das politische System des Sozialismus, vor allem die Verleumdung der sozialistischen Demokratie und die Hetze gegen die Verwirklichung sozialer und politischer Menschenrechte im Sozialismus, immer mehr in den Vordergrund. Drittens ist durch die besondere Art der Verflechtung von zyklischer und allgemeiner Krise des Kapitalismus nicht nur in ökonomischer, sondern auch in politischer und ideologischer Hinsicht eine neue Situation für den Imperialismus entstanden. Ideologische Leitbilder sind ebenso gestürzt oder zutiefst erschüttert wie bürgerliche Regierungen. Das Streben nach nichtkapitalistischen Alternativen, der Ausbruch aus alten Denkschemata hat ebenso zugenommen wie konkrete Kämpfe gegen das staatsmonopolistische System. Der ideologische Angriff auf den Sozialismus soll vorhandenen Zündstoff nach außen entladen. Einige Auszüge aus einem Interview der italienischen Zeitung „II Messaggero" mit dem USA-Wissenschaftler Chomsky erhärten diese Feststellung, ohne eines weiteren Kommentars zu bedürfen: „Frage: Kann das Einleiten einer veränderten Form des kalten Krieges zu dem beitragen, was im letzten Bericht der Trilaterale (gemeint ist eine Kommission aus Vertretern der drei imperialistischen Zentren USA, Westeuropa und Japan - d. V.) als die .Regierbarkeit der Demokratien' bezeichnet wurde? Antwort: Dieser Bericht bezieht sich auf eine Situation, die ich folgendermaßen sehe: Während der 60er Jahre hat vor allem in den Vefeinigten Staaten (aber auch in den anderen Ländern der Trilaterale) die Kontrolle über die Bevölkerung sehr nachgelassen: Am Anfang kam es zu politischen Massenbewegungen, die sich ideologisch vom Staat lossagten und ihm den Gehorsam verweigerten, der bis vor kurzem nicht einmal in Frage gestellt wurde. So entstand eine sehr ernste Krise, die man unbedingt überwinden mußte. Die Regierungen der Trilaterale sahen sich gezwungen, die Bevölkerung 12
ihrer Länder wieder zu ihrer früheren Haltung der Passivität und des Gehorsams zu veranlassen, wenn sie weiterhin eine aggressive und energische kapitalistische Entwicklungsperspektive verfolgen wollten. Frage: Würde ein neues Klima des kalten Krieges diese Orientierung begünstigen? Antwort: Das ist möglich." Und weiter: „Frage: Bis zu welchem Punkt kann die von Carter begonnene Menschenrechtskampagne als eine Waffe der amerikanischen Außenpolitik betrachtet werden? Antwort: Ich neige zu der Annahme, daß es sich um eine innenpolitische Waffe handelt. Diesbezüglich ist der Bericht der Trilaterale über die Regierbarkeit der Demokratien bezeichnend. Um eine gehorsame und passive Öffentlichkeit zu schaffen, besteht das beste Mittel darin, erneut die Überzeugung zu wecken, die Vereinigten Staaten seien die Verfechter der Menschenrechte."8 Viertens möchten die imperialistischen Kräfte ideologische Barrieren errichten, um zu verhindern, daß sich in den Entwicklungsländern das Streben nach nichtkapitalistischer, sozialistischer Entwicklung weiter ausprägt. Tempo, Umfang und klassenmäßiger Gehalt dieses Prozesses sind nicht zuletzt von den Wirkungen, vom bestimmenden Einfluß einerseits progressiver oder andererseits reaktionärer Ideen, Vorstellungen und politischer Konzeptionen bestimmt. Um den gerade in dieser Hinsicht vielfältigen und zukunftsbestimmenden Einfluß der sozialistischen Ideologie zu bremsen, abzublocken oder ganz auszuschalten, sind die Imperialisten in ihrer Gesamtheit zunehmend bestrebt, durch antikommunistische und antisowjetische Lügen Verwirrung zu stiften, um auf diese Weise ihre Positionen neokolonialistischen Charakters zu halten oder neue Formen der Abhängigkeit von Entwicklungsländern zu schaffen. Fünftens: Weil die kommunistische und Arbeiterbewegung in den letzten Jahren einen starken Aufschwung genommen hat und ihr Einfluß und ihre Wirksamkeit in allen drei Hauptströmen des revolutionären Weltprozesses rasch anwächst, richtet der Gegner einen Hauptstoß seiner ideologischen Kriegführung auf die Einheit der kommunistischen Bewegung. Massierter Antikommunismus und Antisowjetismus, scharfe Attacken gegen den proletarischen Internationalismus sollen die Abteilungen dieser Bewegung auseinanderdividieren und ihre internationalistische Solidarität untergraben. Secbstens schließlich kulminiert die ideologische Konterattacke des Imperialismus gerade im Jubiläumsjahr des Roten Oktober in einer antisowjetischen Hysterie ohnegleichen. Besonders die Standardlügen des Antisowjetismus von angeblicher „Bedrohung aus dem Osten" und sowjetischem „Hegemonialstreben" werden in vielerlei Variationen verbreitet. Neben plumpen und primitiven Formen antisowjetischer Hetze werden in der unmittelbaren Gegenwart zugleich die verfeinerten, raffinierteren, flexibleren Formen der antisowjetischen Propaganda verstärkt. Dazu gehören auch die nationalistischen Thesen von der „Vielfalt der Sozialismusmodelle", d. h. eine Verzerrung der Dialektik von allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten und nationalen Besonderheiten beim Übergang zum Sozialismus. Es bestätigt sich also wiederum: Der Kern des Antikommunismus ist seit der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution der Antisowjetismus. Diese Erscheinung ist nichts anderes als der zutiefst reaktionäre, negative Reflex auf die objektive, welthistorische Tatsache des Sieges der neuen Gesellschaftsordnung. 13
In der UdSSR verkörpern sich die allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten und Prinzipien des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Hier wurden sie zum ersten Mal siegreich angewandt, und mit der weiteren Entwicklung der UdSSR gewinnen sie an Bedeutung für die Entwicklung aller revolutionären Ströme unserer Zeit. Der Antisowjetismus richtet sich gegen die Tatsache, - daß die KPdSU der Pionier, die Erste unter Gleichen im weltrevolutionären Prozeß ist; - daß die UdSSR die erfahrenste Kraft im Kampf um Sozialismus/Kommunismus ist, die den Völkern mit der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution den Weg zu Freiheit und Unabhängigkeit bahnte; - daß die Sowjetunion und das Sowjetvolk, geführt von der KPdSU, die Völker vom Faschismus befreiten und damit dem Imperialismus eine entscheidende Niederlage zufügten ; - daß die Sowjetunion die Hauptkraft des Friedens ist, der Initiator des erfolgreichen Kampfes um die Durchsetzung der Politik der friedlichen Koexistenz; - daß die KPdSU mit ihren auf dem XXIV. und XXV. Parteitag beschlossenen Friedensprogrammen die elementaren Menschheitsinteressen im wahrsten Sinne des Wortes verkörpert. Es zeigt sich also, daß die gesellschaftlichen Grundprobleme unserer Zeit direkt und unmittelbar im Zentrum des ideologischen Kampfes stehen. Dabei berücksichtigen wir zugleich, daß die imperialistische Ideologie die Gangart verschärft, um aus der Defensive herauszukommen, daß die imperialistische Propaganda in stärkerem Maße in ihrem Vorgehen uns gegenüber koordiniert und zugleich differenziert wird. Kennzeichnend sind für die gegenwärtigen antikommunistischen Kampagnen weit umfangreichere und noch zielgerichtetere Methoden der psychologischen Kriegführung und ideologischen Diversion. Sie umfassen einerseits die Wiederauflage alter Ladenhüter des militanten Antikommunismus. Andererseits wird eine Taktik des verfeinerten, scheinbar „sozialistischen" Antikommunismus eingesetzt. Dabei geht es auch darum, die antiimperialistischen Kräfte in den „eigenen" Ländern zu spalten bzw. sie von der sozialistischen Gemeinschaft zu isolieren. Das „ideologische" Geschrei um die sogenannten Dissidenten hat den sehr konkreten politischen Zweck, organisierte konterrevolutionäre Gruppen langfristig aufzubauen, deren Fiasko durch die Stärke und Wachsamkeit des Sozialismus dann als „mangelnde Demokratie" bejammert wird. Am 16. April 1977 hieß es z . B . im „Deutschlandfunk", die „Dissidenten" hätten sich „auf einen langen Marsch eingerichtet - immer auf den empfindlichsten Nervensträngen der Partei entlang. Es ist eine Zermürbungstaktik mit intellektuellen Mitteln." Hier soll eine Methode erneut praktiziert werden, die seinerzeit als „Wandel durch Annäherung" begründet wurde. Nachdem sich die Beziehungen Zwischen den Staaten zugunsten von Entspannung und friedlicher Koexistenz gewandelt haben, soll jetzt eine Wandlung innerhalb des sozialistischen Systems zuungunsten des gesellschaftlichen Fortschritts erreicht werden. Wenn das alles auch eindeutig von der historischen Defensive und der historischen Aussichtslosigkeit des Imperialismus und seines Antikommunismus zeugt, so ist es zweifellos Ausdruck seines nach wie vor zutiefst aggressiven Wesens. Wir unterschätzen niemals, daß der Imperialismus auch in ideologischer Hinsicht noch über starke Potenzen und große Erfahrungen verfügt. E r vervollkommnet seinen Propagandaapparat unter Milliarden-Aufwendungen, um seinen Vorsprung bei der materiell-technischen Basis 14
nach Möglichkeit noch zu vergrößern und so den Aktionsradius seines ideologischen. Hineinwirkens zu erweitern. Heute betreiben alle imperialistischen Mächte, alle ihre politischen Kräfte und Fraktionen synchron mit der militärischen eine Aufrüstung ihrer ideologischen Bewaffnung, die in der Geschichte des internationalen Klassenkampfes beispiellos ist. D a s ist ein ernster und in keiner Weise zu unterschätzender Faktor der ideologischen Kriegführung des Imperialismus. E s muß auch auf die umfangreichen Erfahrungen des „modernen" Kapitalismus in der Massenmanipulation hingewiesen werden. Dabei kann er die Zählebigkeit bürgerlichkleinbürgerlicher Denk- und Verhaltensweisen auch dort, wo Macht- und Besitzverhältnisse längst zu seinen Ungunsten verändert sind, ausnutzen. Egoismus, Raffgier, bürgerliches Besitzstreben, kleinbürgerlicher Individualismus und unpatriotische Anhimmelung „westlicher" Angebote sind objektive Möglichkeiten für den Gegner, die er in raffinierter Weise für seine konkreten ideologischen Absichten zu nutzen bemüht ist. Die D D R und ihre Bevölkerung leben im Bereich der ideologischen Einwirkung von 35 deutschsprachigen Rundfunk- und 3 Fernsehsendern mit immer zahlreicheren, auf das modernste ausgerüsteten Sendeanlagen entlang unserer Grenzen. Wir wissen, daß 24 Stunden am Tage auf Grund dieser technischen Möglichkeiten - und diese werden zweifellos in den nächsten Jahren nicht geringer - die feindliche Ideologie buchstäblich in jede Wohnung, in jede Familie eindringen kann. Dazu kommt eine kostenaufwendige und personalintensive wissenschaftliche Basis in Gestalt der Dutzende von „Ostforschungs"-Instituten mit Tausenden Mitarbeitern und weiterer ziviler und militärischer Einrichtungen mit politikwissenschaftlichen, psychologischen, journalistischen und ähnlichen Kadern, die in den Stäben und an der Front des ideologischen Krieges im „Einsatz stehen". Zugleich findet die Auseinandersetzung unter den Bedingungen des enorm ausgedehnten Reise- und Transitverkehrs statt. In den vier Jahren von 1972 bis 1976 weilten über 38 Millionen Bürger aus nichtsozialistischen Staaten in der D D R , darunter mehr als 32 Millionen aus der B R D und aus Westberlin. Über 70 Millionen Ausländer kamen im Transitverkehr in die D D R und führten dabei Gespräche, knüpften Kontakte mit unseren Bürgern. Ein solches Zusammentreffen von Personen ist immer zugleich auch ein Aufeinandertreffen von mehr oder weniger ausgeprägten Meinungen mit differenziertem politisch-ideologischem Standort. Daher werten die sozialistischen Staaten die geistige Wirkung des Tourismus und von Verwandtenbesuchen unter den Bedingungen friedlicher Koexistenz auch als Konfrontation zweier Ideologien. Zweifellos ergeben sich daraus für uns günstige Möglichkeiten für die Verbreitung der Wahrheit über den Sozialismus, über unsere Friedenspolitik, für die Ausbreitung sozialistischer Ideen. Der Generalsekretär des Z K der S E D , Erich Honecker, sagte in seiner Rede auf der 2. Tagung des Z K : „Für uns ist es notwendig, im politischen Kampf stets auf der Höhe zu sein, alle Menschen guten Willens von der Richtigkeit unserer Politik, der Zukunftsgewißheit unserer Sache zu überzeugen. Wir führen den Kampf unter weltoffenen Bedingungen. Wir empfangen jährlich über 8 Millionen Besucher aus den sozialistischen Ländern und über 8 Millionen aus den kapitalistischen Ländern. Trotz Fernsehen und Rundfunk sowie anderer Einflußmittel der Bundesrepublik Deutschland sind wir groß geworden, hat sich unsere Deutsche Demokratische Republik gut entwickelt. E s ist wichtig, alle Menschen für unsere Sache, wie auf dem IX. Parteitag beschlossen, zu gewinnen und die Feinde über die Wirksamkeit unserer Staatsmacht, unserer Schutzund Sicherheitsorgane nicht im unklaren zu lassen." 9 15
Für den Imperialismus bedeutet die Bilanz im 60. Jahre des Koten Oktober eine Bilanz seines welthistorischen Niedergangs, eine steigende Kurve von Niederlagen und der Zurückdrängung seines gesellschaftlichen, politisch-ideologischen Einflusses auf allen gesellschaftlichen Gebieten. Das wird im Lichte der stürmischen Veränderungen im letzten Jahrfünft besonders deutlich. Das Tempo des Vormarsches der Ideen des MarxismusLeninismus, der marxistisch-leninistischen Weltanschauung und ihrer praktischen Verwirklichung nimmt zu. Des Gegners Schlußfolgerung war stets und ist es heute noch nachhaltiger: Einsatz seiner ökonomischen Potenzen, seiner politischen Kraft und seiner ideologischen Erfahrung in der Ebene des ideologisch-geistigen Klassenkampfes. Wir haben uns darauf eingestellt und werden uns in Zukunft noch besser dafür rüsten. Dabei gilt es, die Tatsache der Verschärfung ideologischer Auseinandersetzung nicht lediglich festzustellen, sondern sie mit den dem Sozialismus eigenen Waffen und von der dem Sozialismus eigenen besseren Position aus vielfältig, massenwirksam, als Bestandteil unserer Gesamtstrategie zu führen. 3. Der Sieg der Oktoberrevolution Einleitung einer neuen Epoche des Kampfes um den Frieden Die Oktoberrevolution hat die Frage nach Krieg und Frieden völlig neu gestellt: Sie demonstrierte erstmalig in der Welt, daß die Menschheit nicht nur vom Frieden träumt, sondern in der Lage ist, die Bedingungen, denen der Krieg immanent ist, aufzuheben und Lebensumstände zu schaffen, die dauerhaften Frieden garantieren. Und sie erhob das Streben nach Frieden, den Kampf um seine dauerhafte Gewährleistung zu einem der Hauptziele der neuen Gesellschaftsordnung, ihres Staates, ihrer Bürger. Die Oktoberrevolution nahm damit die edelsten und humansten Gedanken und Ziele der bisherigen Menschheitsentwicklung in sich auf. Der Gedanke der Friedensstiftung zeugte schon in der Antike eine humanistische Tradition, die von den Volksmassen und von progressiven Klassenkräften durch die Geschichte fortgetragen wurde. Viele Generationen, Angehörige verschiedener sozialer Schichten, Völker und Nationen haben im Laufe der Jahrhunderte dazu beigetragen, die Friedensidee zu begründen und ihr in der jeweiligen Epoche Inhalt und Gestalt zu geben. Immer wieder gaben die Volksmassen im Laufe der Geschichte ihrer tiefen Friedenssehnsucht und ihrem Protest gegen Raub- und Eroberungskriege Ausdruck. Große Geister der Menschheit wandten sich mit dem Anliegen an ihre Zeitgenossen, den Krieg zu ächten, den Frieden zu lieben und die sozialen Wurzeln des Krieges auszurotten. So heißt es z. B. bei Erasmus von Rotterdam: „Man muß die Quellen dieses Übels selbst reinigen; falsche Begehrlichkeiten gebären diesen Waffenlärm. . . . Ein König soll sich dann als groß ansehen, wenn er die Seinen glücklich gemacht hat; dann als erhaben, wenn er vollkommen freien Untertanen gebietet; dann als reich, wenn er auch ein reiches Volk hat; dann als angesehen, wenn er Gemeinden besitzt, die in ewigem Frieden blühen." 10 Doch konnten weder in der Sklavenhalterordnung noch in der Feudalgesellschaft derartige humanistische Ideen verwirklicht werden. Im Feudalismus galt die Maxime des Thomas von Aquino: „. . . der Mensch ist nämlich nicht das höchste Gut. Es ist deswegen unmöglich, daß der Endzweck der menschlichen Vernunft und des Willens die Erhaltung des menschlichen Seins ist". 11 Diese zutiefst antihumanistische Geisteshaltung entsprach den damaligen Klassen- und Herrschaftsverhältnissen. 16
Große bürgerliche Humanisten setzten die fortschrittlichen Traditionen in der Auseinandersetzung um den Frieden fort. Die Friedensidee wurde unter ihrem Einfluß weiter verbreitet. Jedoch erwies sich auch die bürgerliche Friedensbewegung, deren Leistungen für die Sache des Friedens unbestritten sind, bis in die Gegenwart hinein als nicht fähig, ihre demokratischen Ziele in Wirklichkeit zu verwandeln. Immer wieder stößt sie an die Schranken der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Der heutige Kapitalismus ist seinem innersten Wesen nach menschen- und friedensfeindlich. Guter Wille Einzelner oder Weniger zum Frieden, Appelle an Moral und Gewissen reichen nicht aus, um imperialistische Aggressions- und Kriegsabenteuer zu verhindern. Mit dem Entstehen des Marxismus-Leninismus und dem Aufkommen der revolutionären Arbeiterbewegung wird erstmalig der wissenschaftliche Nachweis erbracht, daß Krieg die gesetzmäßige Folge des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist. Der Marxis-
mus-Leninismus deckt nicht nur die Ursachen des Krieges auf. Er gibt auch Antwort auf die Frage, wie eine Gesellschaft beschaffen sein muß, die dauerhaften Frieden hervorbringt. Frieden ist nur möglich unter den Bedingungen der Existenz einer gesellschaftlichen Ordnung, die die aus dem Privateigentum an den Produktionsmitteln resultierenden Antagonismen auf dem Wege der Aufhebung dieser Eigentumsverhältnisse überwunden hat. Im „Kommunistischen Manifest" schrieben Marx und Engels: „In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben." 12 In der „Inauguraladresse der Internationalen Arbeiter-Assoziation" erklärte Marx, daß „die Emanzipation der Arbeiterklasse das Zusammenwirken verschiedener Nationen erheischt" und daß dies nicht erreicht werden könne „mit einer auswärtigen Politik, die frevelhafte Zwecke verfolgt, mit Nationalvorurteilen ihr Spiel treibt und in piratischen Kriegen des Volkes Blut und Gut vergeudet" 13 . Vielmehr gehe es darum, daß „im Gegensatz zur alten Gesellschaft mit ihrem ökonomischen Elend und ihrem politischen Wahnwitz, eine neue Gesellschaft entsteht, deren internationales Prinzip der Friede sein wird weil bei jeder Nation dasselbe Prinzip herrscht - die Arbeit"14. Und sehr deutlich sagt Lenin in seiner Rede auf dem ersten Gesamtrussischen Kongreß der Kriegsflotte: E s ist klar: „den Krieg bezwingen heißt das Kapital besiegen, . . ," 1 5 Das Bild einer von Krieg befreiten Gesellschaft entwirft der Marxismus-Leninismus nicht als allgemeinen Wunschtraum. E r bringt in Gestalt der Theorie von der proletarischen Revolution und vom Aufbau des Sozialismus den praktischen Lösungsweg zur revolutionären Überwindung der alten Gesellschaft und den Bauplan für die neue gesellschaftliche Ordnung, die den Frieden stiftet, hervor. Mit der Arbeiterklasse entsteht zugleich jene gesellschaftliche Kraft, die in der Lage ist, diese mit der Wirklichkeit übereinstimmende Lehre in die Realität umzusetzen. In dem Maße, wie die Kräfte der revo-
lutionären Arbeiterbewegung anwachsen, entfaltet sich die reale Möglichkeit wirklichung dauerhaften Friedens.
zur Ver-
3.1. Der Rote Oktober und die Gesetzmäßigkeit von sozialistischer und bürgerlicher Ideologie in der Friedensfrage Die Große Sozialistische Oktoberrevolution stellt in dieser Entwicklung den entscheidenden historischen Einschnitt dar. Bisher war eine Ausbeuterordnung der anderen ge2
K o l l . , Oktoberrevolution
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folgt. So wurden die gesellschaftlichen Bedingungen, denen der Krieg entsprang, nicht beseitigt, sondern immer wieder reproduziert. Mit dem Roten Oktober erhielt der Frieden zum ersten Mal im Verlauf der bisherigen Geschichte auf einem Sechstel der Erde eine ökonomische Basis und zugleich eine staatliche Heimstatt. Zum ersten Mal standen sich nach dem Sieg der Oktoberrevolution in der Welt zwei gegensätzliche soziale Ordnungen gegenüber. Wie sollte sich unter diesen Bedingungen die Friedenspolitik des ersten sozialistischen Staates gestalten? Wie sollten sich die Beziehungen der beiden Gesellschaftssysteme im internationalen Leben entwickeln? Lenin gelangte bei der Analyse der historischen Prozesse zu einer Reihe wichtiger theoretischer Erkenntnisse, die in der Folgezeit die Grundlage der sowjetischen Außenpolitik bildeten und deren Richtigkeit sich in den vergangenen sechzig Jahren glänzend bestätigt hat. Erstens bewertete Lenin das Nebeneinanderbestehen der gegensätzlichen sozialökonomischen Systeme als eine objektive Erscheinung, als Ergebnis des Wirkens historischer Gesetzmäßigkeiten. Seine Analyse des Imperialismus hatte aufgedeckt, daß diesem Stadium der kapitalistischen Gesellschaft neue Widersprüche eigen sind, die dazu führen, daß sich die ökonomische und politische Entwicklung im Imperialismus in gesetzmäßiger Weise ungleichmäßig und sprunghaft vollzieht. Er zog daraus 1915 die Schlußfolgerung, „daß der Sieg des Sozialismus zunächst in wenigen kapitalistischen Ländern oder sogar in einem einzeln genommenen Lande möglich ist" 16 ; daß die Ablösung des Kapitalismus in der Welt eine längere historische Periode vielgestaltiger revolutionärer Kämpfe sein wird, während der das Nebeneinanderbestehen von Staaten mit sozialistischer und kapitalistischer Gesellschaftsordnung typisch ist. Der Marxismus-Leninismus hat also auf der Grundlage der Anerkennung des Wirkens historischer Gesetzmäßigkeiten den objektiven Charakter der Koexistenz zwischen Staaten sozialistischer und kapitalistischer Gesellschaftsordnung noch vor ihrer tatsächlichen Herausbildung aufgedeckt. Demgegenüber konnte die bürgerliche Ideologie, in subjektivem Idealismus befangen und das Wirken objektiver historischer Gesetzmäßigkeiten leugnend, die historischen Prozesse nicht voraussagen und nicht anders als falsch bewerten. In ihrer Borniertheit hielt sie an den Theorien über die „Ewigkeit" des Kapitalismus, seine '„Gottgewolltheit" usw. fest, die - wenn auch in veränderter Gestalt - bis in die heutige Zeit hinein ideologische Grundlagen für das Agieren reaktionärer imperialistischer Kreise bilden. Sie ignorierte das objektive Wesen der Oktoberrevolution und betrachtete den Sieg des Sozialismus auf einem Sechstel der Erde als ein „Zufallsprodukt der Entwicklung", als „Betriebsunfall der Geschichte" oder als ein Ereignis, das ausschließlich subjektiver Natur sei. Bürgerliche Ideologen zogen daraus den Schluß, das „bolschewistische Experiment" sei „kurzlebiger Natur", die Sowjetmacht würde wieder zusammenbrechen. Auf diese Weise - so glaubten sie - würde sich erst gar kein neues, für eine ganze historische Epoche bedeutsames, die internationalen Beziehungen dauerhaft und entscheidend beeinflussendes Problem herausbilden. Zweitens: Lenin ließ nicht außer acht, daß der Imperialismus sich nicht ohne weiteres mit dem Sieg der Oktoberrevolution abfinden würde. Bereits 1916 hatte er darauf hingewiesen, daß der Sieg des Sozialismus in einem Land „nicht nur Reibungen, sondern auch direktes Streben der Bourgeoisie anderer Länder erzeugen (muß), das siegreiche Proletariat des sozialistischen Staates zu zerschmettern"17. Die sozialistische Revolution muß deshalb in der Lage sein, ihre Errungenschaften zu schützen, sich erfolgreich gegen aggressive Handlungen des Imperialismus zu verteidigen. 18
Zugleich ging Lenin davon aus, daß die Entwicklung in der Welt zunehmend durch die Auseinandersetzung „zweier Methoden, zweier Formationen, zweier Wirtschaftssysteme des kommunistischen und des kapitalistischen" 18 bestimmt sein wird. Daraus leitete er ab, daß diese notwendige Auseinandersetzung unter Ausschluß des Krieges, als Auseinandersetzung auf ökonomischem, politischem und ideologischem Gebiet, als Wettstreit auf dem Schauplatz der Vervollkommnung der Lebensweise der Menschen zu führen ist. Trotz der dem Imperialismus wesenseigenen Aggressivität sah Lenin prinzipiell die Möglichkeit, das Nebeneinanderbestehen der beiden unterschiedlichen gesellschaftlichen Ordnungen friedlich zu gestalten. Das vor allem deshalb, weil die imperialistische Bourgeoisie in der Wahl der Methoden des Kampfes für ihre Interessen heute eingeschränkt ist. Auf die Friedensfrage bezogen bedeutet dies, daß bei Kräftekonstellation zugunsten des real existierenden Sozialismus, der revolutionären Arbeiterbewegung und aller friedliebenden Kräfte in der Welt dem Imperialismus das Mittel militärischer Gewaltanwendung gegen den Sozialismus, das Mittel eines Aggressionskrieges im Ergebnis eines komplizierten und widersprüchlichen Kampfes aus der Hand geschlagen werden kann sowie internationale Staatenbeziehungen demokratischen Charakters durchgesetzt und für alle vorteilhafte Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens erzielt werden können. Gerade deswegen hatte Lenin die Aufgaben der internationalen Arbeiterbewegung betont, „ . . . die Diktatur des Proletariats umzuwandeln aus einer nationalen Diktatur (d. h. einer Diktatur, die nur in einem einzigen Lande besteht und die Weltpolitik nicht zu bestimmen vermag) in eine internationale (d. h. in die Diktatur des Proletariats zumindest in einigen fortgeschrittenen Ländern, die einen entscheidenden Einfluß auf die ganze Weltpolitik ausüben könnte)" 19 . Heute, im sechzigsten Jahr des Roten Oktober, existiert ein starkes sozialistisches Weltsystem, das die Basis für einen erfolgreichen Kampf um die Verhinderung eines thermonuklearen Weltkrieges bildet. Die bürgerliche Ideologie konnte für die sich aus dem historischen Umbruch ergebenden Probleme kein konstruktives Konzept hervorbringen. Eine im Interesse friedlicher Zukunft liegende Lösung blieb sie der Menschheit schuldig. Als Ideologie einer Klasse, deren Untergang mit den Schüssen der Aurora eingeleitet wurde, konnte sie eine den Fortgang der Geschichte progressiv beeinflussende Leistung nicht vollbringen. Der weitaus überwiegende Teil der Bourgeoisie vertrat die Auffassung, daß die sozialistische Gesellschaftsordnung liquidiert werden müsse. Die reaktionärsten bürgerlichen Kräfte strebten danach, die junge Sowjetmacht mittels unverhüllter militärischer Aggression zu zerschlagen. Winston Churchill hatte erklärt, das Kind der Revolution in der Wiege ersticken zu wollen. Und Wilhelm II. erging sich 1918 in der haßerfüllten Äußerung: „Wir müssen alle Bolschewiki so schnell wie möglich totschlagen."20 George F. Kennan schreibt über die Reaktion der amerikanischen Bourgeoisie, daß starke Kräfte vorhanden waren, „die das bolschewistische Regime mit Hilfe der antibolschewistischen Elemente in Rußland stürzen wollten". Da dies „im Frühling 1918 immer weniger wahrscheinlich erschien, . . . forderten diese antikommunistisch eingestellten Kreise unter den Alliierten eine militärische Intervention der Westmächte mit dem Ziel, eine neue, nach Westen orientierte russische Regierung ins Leben zu rufen und auf diese Art die zerrüttete Ostfront gegen Deutschland wieder herzustellen". 21 Bürgerliche Philosophen faselten von der „Gefahr des Untergangs" oder von der „Bedrohung der westlichen Zivilisation", beschworen eine sogenannte „abendländische 2*
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Schicksalsgemeinschaft" und lieferten damit eine mehr oder weniger direkte „Rechtfertigung" für die aggressive Politik der reaktionärsten Kräfte des Imperialismus. Intervention gegen Sowjetrußland und der zweite Weltkrieg waren die für die Menschheit unheilvollen praktischen Resultate dieser bourgeoisen Linie. Drittens: Lenin gelangte bei der Untersuchung der historischen Entwicklung zu dem Schluß, daß weder Kriege noch ähnliche äußere Faktoren sozialistische Revolutionen in anderen Ländern herbeiführen können. Mit aller Entschiedenheit wandte er sich gegen revolutionäres Abenteuertum. In Auseinandersetzung mit Trotzki schrieb er: „Vielleicht sind die Verfasser der Meinung, die Interessen der internationalen Revolution erforderten es, daß man sie anpeitscht, und daß nur der Krieg ein solches Anpeitschen sein kann, auf keinen Fall der Frieden . . . Eine solche .Theorie' wäre ein völliger Bruch mit dem Marxismus, denn dieser hat stets das .Anpeitschen' von Revolutionen abgelehnt, die sich in dem Maße entwickeln, wie die Klassengegensätze, die Revolutionen hervorrufen, immer größere Schärfe gewinnen." 22 Lenin leitete daraus so entscheidende internationalistische Aufgaben des ersten sozialistischen Staates ab wie die Verpflichtung, den Sozialismus im eigenen Land so stark wie möglich zu machen, um als Beispiel zu wirken, um maximal jene Völker unterstützen zu können, die für ihre soziale und nationale Befreiung kämpfen, und um Frieden zu garantieren, der die günstigste Voraussetzung für den Fortgang der mit der Oktoberrevolution begonnenen Erneuerung aller Lebensformen der Menschheit bildet. Deutlich zeigt sich hier, wie der Leninismus allgemein-demokratische und sozialistische Prinzipien organisch miteinander verbindet. Das trifft nicht nur für die Innenpolitik zu, sondern gilt gleichermaßen für das außenpolitische Programm, in dem sich die sozialistische Idee des proletarischen Internationalismus mit der allgemein-demokratischen Forderung nach einem dauerhaften, gerechten und demokratischen Frieden vereint. Während die revolutionäre Arbeiterbewegung ein künstliches Vorantreiben der Revolution in Theorie und Praxis ablehnt, orientierte sich die Bourgeoisie auf den Export der Konterrevolution. Sie bediente sich dabei sowohl offener Gewaltanwendung als auch einer Politik auf leisen Sohlen. Vor allem nach dem Fehlschlag des Interventionskrieges zielte eine in der Bourgeoisie vorhandene Richtung darauf ab, mittels langfristiger Politik, auf dem Wege der wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Einflußnahme auf die Verhältnisse im Sowjetstaat, die kapitalistische Ordnung zu restaurieren. 1922 versuchten z. B. großbürgerliche Kräfte aus den USA die Sowjetmacht mittels erpresserischer Angebote dazu zu bewegen, konterrevolutionären Kräften in den Sowjets durch eine entsprechende Änderung der Verfassung offiziell politische Positionen einzuräumen.23 Damit sollten der Reaktion erweiterte politische Wirkungsmöglichkeiten verschafft werden, um die politischen Verhältnisse aufzuweichen und nach Möglichkeit kapitalistische Zustände zu restaurieren. Die Verknüpfung konterrevolutionärer Ziele mit wirtschaftlichen Beziehungen zum ersten sozialistischen Staat wird in einer Äußerung Gustav Stresemanns deutlich, der erklärte: „Wir haben mit Rußland Kreditverhandlungen geführt und stehen mit ihm in einem regen Güteraustausch. Nicht nur weil wir ihn brauchen, sondern weil ich der Meinung bin, daß es notwendig ist, Rußlands Wirtschaft so eng mit dem kapitalistischen System der westeuropäischen Mächte zu verknüpfen, daß wir dadurch den Weg ebnen für eine Evolution in Rußland, die meiner Meinung nach allein die Möglichkeit gibt, aus Sowjetrußland einen Staat und eine Wirtschaft zu machen, mit der sich leben läßt."-' Auch diese Linie bürgerlicher Kräfte, die bis hinein in unsere Zeit praktiziert wird, er20
wies und erweist sich, wie die Praxis zeigt, als eine völlig unrealistische und unfruchtbare Konzeption. Sie belastet die internationalen Beziehungen, erzeugt Spannungen und vergiftet die Atmosphäre. In der Bourgeoisie gab es in den 20er Jahren nur eine kleine Gruppe, die davon ausging, die Oktoberrevolution ernstzunehmen, weil sich in ihr Prozesse von historischer Tragweite ausdrücken. In Deutschland gehörte Walther Rathenau zu den Vertretern dieser Auffassung. 1919 erklärte er: „Der russisch^ Waldbrand erfüllt seine Bestimmung; nach Jahrzehnten wird eine neue, vielleicht eine bessere Menschengesellschaft aus der Verwüstung sprießen . . . wir werden nicht den Bolschewismus annehmen . . . wir werden uns mit Rußland auseinandersetzen und eine eigene, für unsere feingegliederte Produktionsweise geeignete Wirtschaftsform erhalten. In Gemeinschaft mit Rußland und anderen Gebieten, die sich freiheitlich gestalten,, werden wir die Träger des Geistes einer neuen Zeit sein."25 Ausgehend von dieser ideologischen Position setzte er sich für die Normalisierung der staatlichen Beziehungen zu Sowjetrußland ein. Zu den bürgerlichen Vertretern der Politik der friedlichen Koexistenz zählte in Deutschland auch Otto Nuschke. Er umriß seine Position in einer Rede im preußischen Landtag am 13. März 1922 wie folgt: „Wir haben alle Ursachen, das Verhältnis zu dem großen russischen Volk so freundschaftlich wie möglich zu gestalten . . . Es ist nicht nur notwendig, daß wir das Handelsverhältnis vertragsmäßig festlegen, sondern man muß nach meiner Meinung auch endlich einmal reinen Tisch machen, indem man die Sowjetregierung politisch anerkennt. Das bedeutet noch keine Anerkennung des Kommunismus . . . Aber wir müssen, wenn wir mit einem Land in engeren Verkehr kommen wollen, ganz naturgemäß auch diejenigen Kräfte, die dort die politische Gewalt in den Händen haben, politisch anerkennen."26 Diese Linie in der Bourgeoisie war jedoch wenig ausgeprägt und konnte gegenüber der von den Interessen der reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals bestimmten Politik nicht zum Tragen kommen. Es dominierte eine bourgeoise Politik, die nicht verhehlen konnte, daß die imperialistischen Machthaber angesichts historisch bedeutsamer, objektiv bedingter Prozesse nichts anderes als engstirnige Profit- und Machtinteressen, Aggressionskrieg und Konterrevolution parat hatten. Die bürgerliche Ideologie und die praktische Politik des Imperialismus erwiesen sich hinsichtlich der mit der Oktoberrevolution entstandenen historischen Situation als außerordentlich unfruchtbar und der Menschheit zum Schaden gereichend. 3.2. Die Entwicklung des Sozialismus, die Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus und der Kampf um die Durchsetzung der Leninschen Ideen der friedlichen Koexistenz Von Beginn an war klar, daß es sich beim Kampf um die Durchsetzung demokratischer Prinzipien friedlicher Staatenbeziehungen, der Ausschaltung von Drohung und Anwendung von Gewalt im internationalen Leben, der Realisierung der Prinzipien friedlicher Koexistenz um einen langwierigen und komplizierten Prozeß des Zurückdrängens der Gesetzmäßigkeiten des Imperialismus von ihrem vorherrschenden Einfluß auf den Inhalt und die Entwicklungsrichtung des internationalen Lebens handeln würde. Die Analyse dieses Prozesses im 60. Jahr der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution zeigt eindeutig: Der Kampf um die Verwirklichung der Leninschen Politik friedlicher Koexistenz steht in einem engen dialektischen Wechselverhältnis mit der Entwicklung des revolutio21
nären Weltprozesses und seiner Hauptkraft, des Sozialismus, Sowie der Entwicklung der allgemeinen Krise des Kapitalismus. Deutlich tritt hervor, daß der objektive Zusammenhang zwischen Sozialismus und Frieden sich in dem Maße in der Außenpolitik durchsetzen konnte, wie sich der Sozialismus stärkt und festigt, wie er die Wirkung der Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus zurückdrängt und in unerbittlicher Auseinandersetzung mit den Kräften der Ausbeuterordnung selbst zunehmend Einfluß auf die Entwicklung in der Welt gewinnt. Mit dem Anwachsen der Kräfte des Sozialismus ergaben sich zunehmend Möglichkeiten für die Verwirklichung der Idee der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung, die - wenn auch in einem komplizierten, widersprüchlichen und mit Rückschlägen behafteten Prozeß - maximal dazu genutzt worden sind, die Menschheit einer Zeit dauerhaften Friedens näherzubringen. Zugleich beweisen die vergangenen 60 Jahre, daß die schrittweise Realisierung von Prinzipien friedlicher Koexistenz in den verschiedenen Perioden dieses Zeitabschnitts die jeweils günstigsten äußeren Bedingungen für die Entwicklung des Sozialismus bedeuteten. Die Erfolge im Kampf um die Durchsetzung allgemein demokratischer Prinzipien in den internationalen Beziehungen konnten für das weitere Anwachsen des Einflusses des Sozialismus und zugleich zur Schwächung der internationalen Positionen des Imperialismus genutzt werden. Die konsequente Politik der friedlichen Koexistenz und die bei ihrer Umsetzung in die Praxis erzielten Ergebnisse waren Teil des revolutionären Weltprozesses und förderten ihn in seiner Gesamtheit. Sie erwiesen sich zugleich als ein Faktor der Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus. Es zeugt von der Lebenskraft der revolutionären Theorie der Arbeiterklasse, daß Theorie und Praxis friedlicher Koexistenz in den einzelnen Zeitabschnitten jeweils konkrete Gestalt annahmen und bis in die Gegenwart hinein schöpferisch weiterentwickelt und bereichert wurden. Der Kampf um die Durchsetzung friedlicher Koexistenz in der ersten Etappe der allgemeinen Krise des Kapitalismus Mit der Oktoberrevolution und der Entstehung des ersten sozialistischen Staates brach auch die allgemeine Krise des kapitalistischen Systems aus, es- begann ihre erste Etappe. Die Alleinherrschaft des Kapitalismus in der Welt war zu Ende und damit auch das imperialistische Monopol auf die Gestaltung der internationalen Beziehungen gebrochen. Die junge Sowjetmacht entwickelte eine Außenpolitik, die von Anfang an auf die Verwirklichung der Leninschen Idee der friedlichen Koexistenz in der Praxis gerichtet war, alle Elemente einer solchen Koexistenzpolitik enthielt, und so der imperialistischen Außenpolitik eine klare Alternative entgegensetzte. Das Dekret über den Frieden war ein unwiderlegbarer Beweis dafür, daß der Sozialismus in Theorie und Praxis die im Interesse aller Völker und der Zukunft der Menschheit liegende Antwort auf die von der geschichtlichen Wirklichkeit gestellte Frage gegeben hat: sozialistische und kapitalistische Staaten müssen und können für den gesamten Zeitraum des revolutionären Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus in der Welt friedlich nebeneinander existieren. Bereits im Schlußwort zu seiner Rede über den Frieden hob Lenin hervor, daß es dabei nicht schlechthin um Beziehungen des Nichtkrieges zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten geht, sondern vielmehr darum, Staatenbeziehungen herzustellen, die weitestmöglich durch friedliches Nebeneinander, durch gegenseitiges Einvernehmen und 22
Zusammenarbeit geprägt sind. Er erklärte: „Wir lehnen alle Punkte über Raub und Vergewaltigung ab, aber alle Punkte, die gutnachbarliche Beziehungen und wirtschaftliche Abkommen festlegen, nehmen wir gern an, . . ."27. Eindeutig war die gesamte praktische Politik Lenins darauf gerichtet, eine militärische Auseinandersetzung zu vermeiden. Er betonte, daß mit wirtschaftlicher Zusammenarbeit „eine gewisse indirekte Garantie des Friedens verbunden ist" 28 . Der Außenminister