1D – Die erste Dimension – 1D – The First Dimension: Zeichnen und Wahrnehmen – Ein Arbeitsbuch für Gestalter / Drawing and Perception – A Workbook for Designers 9783034610728, 9783034603676

Only that which can be drawn has what it takes to become a design Lines are thoughts that can be drawn and are often m

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German Pages 224 Year 2010

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Table of contents :
VORWORT | FOREWORD
EIN PLÄDOYER FÜR DAS ZEICHNEN | THE CASE FOR DRAWING
ZEICHNUNGEN BEZEICHNEN | DRAWN FROM DRAWiNGS
DIE SPRACHE DER ZEICHNUNG | THE LANGUAGE OF DRAWING
BEGRIFFSKARTE | TERMINOLOGY CHART
Übersichtskarte | general ouTline
ZEICHNEN IN ZWOLF STATIONEN | DRAWiNG iN TWELVE STATiONS
UNMITTELBARKEIT | DIRECTNEss
ANALYSE | ANALYSIS
PERSÖNLICHKEIT | PERSONALITY
INTUITION | INTUITION
UNTERSUCHUNG | INQUIRY
FANTASIE | FANTASY
RHYTHMUS | RHYTHM
KONSEQUENZ | CONSEQUENCE
TRADITION | TRADITION
VIRTUOSITÄT | VIRTUOSITY
STOFFLICHKEIT | MATERIALITY
DETAIL | DETAIL
ZEICHNEN IST WIE LAÜT-VOR-SICH-HINSPRECHEN | DRAWiNG iS LIKE TALKING OUT LOUD
ANHANG | appendix
KURZBIOGRAFIEN | SHORT BIOGRAPHIES
ABBILDUNGSNACHWEIS / DANK | PICTuRE Credits / ACKNowLEDGEMENTS
IMPRESSUM | IMPRINT
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1D – Die erste Dimension – 1D – The First Dimension: Zeichnen und Wahrnehmen – Ein Arbeitsbuch für Gestalter / Drawing and Perception – A Workbook for Designers
 9783034610728, 9783034603676

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1D

Die erste Dimension The First Dimension Zeichnen und Wahrnehmen – Ein Arbeitsbuch für Gestalter Drawing and Perception — A Workbook for Designers

Helmut Germer / Thomas Neeser Schule für Gestaltung Basel (Hg.) / The Basel School of Design (Ed.)

Zeichnen und Wahrnehmen – Ein Arbeitsbuch für Gestalter Drawing and Perception — A Workbook for Designers Birkhäuser Basel

00 8 Vorwort Foreword Dorothea Flury

01 0 Ein Pladoyer fur das Zeichnen

The Case for Drawing Helmut Germer / Thomas Neeser

0 1 4 Zeichnungen Bezeichnen drawn from drawings Helmut Germer

0 1 4 Die Sprache der zeichnung The language of drawing 026 Begriffskarte TERMINOLOGY CHART 028 übersichtskarte General Outline

040 zeichnen in Zwolf stationen Drawing in twelve stations Zeichnungen von Studenten der Schule für Gestaltung Basel Drawings by Students of The Basel School of Design

04 1  Unmittelbarkeit Directness 053 Analyse Analysis 06 3 Persönlichkeit Personality 07 5 Intuition Intuition 08 5 Untersuchung Inquiry 09 5 fantasie fantasY  10 9 Rhythmus Rhythm  12 3 Konsequenz Consequence  1 3 1  Tradition Tradition  14 3 Virtuosität Virtuosity  15 1  Stofflichkeit Materiality  1 6 1  Detail Detail

  1 7 2 zeichnen ist wie laut-vor-sich-hinsprechen Drawing is like Talking out Loud Zitate und Arbeiten prominenter Gestalter und Künstler Quotes and Works by Established Designers and Artists



22 2 Anhang

Appendix

22 2 Kurzbiografien Short biographies 22 3 Abbildungsnachweis / Dank Picture credits / Acknowledgements 22 4 Impressum Imprint

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Vorwort

Es freut mich, dass in unserer Schule wieder einmal Stellung zum hohen Wert des Zeichnens bezogen wird. Es muss an Gestalterschulen eine Selbstverständlichkeit sein, die Diskussion über das Zeichnen regelmässig zu führen. Sie ist aber nur dann anspruchsvoll, wenn das Zeichnen hinterfragt und in Zusammenhang mit der aktuellen visuellen Umwelt, Kultur und den Berufsfeldern gebracht wird. Auszubildende verstehen die Zeichnung anfangs meistens als ein Produkt, welches unter präziser und nutzbringender Anleitung der Lehrperson entsteht und entweder richtig oder ästhetisch ansprechend sein soll. Stellt die Lehrperson aber den Entstehungsprozess ins Zentrum oder schenkt sie dem individuellen Ausdruck einer Zeichnung mehr Beachtung als der Richtigkeit einer perspektivischen Darstellung, löst das Verunsicherung aus. Diese Verunsicherung ist eine Chance, die Auseinandersetzung mit den Prozessen des Zeichnens zu beginnen und fortlaufend zu vertiefen. Wenn diese Prozesse des Gestaltens schon im frühesten Schulalter gleichwertig neben den sprachlichen und den naturwissenschaftlichen Fächern unterrichtet würden, wären zu den kreativen und ästhetischen auch kognitive, soziale sowie emotionale Fähigkeiten errungen und der manchmal schmerzhafte und langwierige Änderungsprozess des Denkens und Handelns nicht nötig. Dorothea Flury Direktorin Schule für Gestaltung Basel

Foreword

I am very pleased that our school has once again been a point of reference in a discussion about the significance of drawing. It is essential for drawing to be a standard course of study in any design school, yet it can only be truly relevant if discussed in the context of the current visual environment, culture, and specific profession field. Students initially think of drawing as a product developed under the precise and constructive guidance of a teacher, and that it must be either correct or aesthetically complex. However, students can become uncertain if a teacher focuses more on the drawing process or prioritizes individual expression over the accuracy of perspective representation. This uncertainty is an opportunity to begin or to deepen an analysis of the drawing process itself. If this design process were taught early on, and given the same significance as linguistic or science subjects, then cognitive and emotional skills would be developed alongside the creative and aesthetic—and the sometimes painful and tedious transformation of how we think and act would be unnecessary. Dorothea Flury Director The Basel School of Design

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Ein Pladoyer fur das Zeichnen The Case for Drawing

« Das Zeichnen zeichnet uns. » “Drawing defines us.” Reto Ehrbar Abbildung / Figure Grafiker *1975 in Zürich, Schweiz. Gründungsmitglied und Mitglied der Geschäftsleitung der Raffinerie AG für Gestaltung, Zürich.







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Graphic designer *1975 in Zurich, Switzerland. Founding member and member of the management of the Raffinerie AG für Gestaltung, Zurich.

Helmut Germer / Thomas Neeser

Eine Schule agiert als Institution nie in einem Vakuum, und auch ein Lehrbetrieb für Gestaltung ist immer mit einem gesellschaftlichen und politischen Umfeld verbunden. Er muss sich ständig mit den soziologischen und technologischen Entwicklungen befassen, die sich um ihn herum ereignen. Wie und zu welchem Zeitpunkt eine Schule aus ihrem Selbstverständnis heraus auf diese Entwicklungen zu reagieren hat, muss von zwei Überlegungen abhängig gemacht werden : Von der Beurteilung einer Zeitströmung und ob sie tatsächlich eine langfristige Bedeutung hat einerseits. Andererseits von der Einschätzung des Werts der Überlieferung. Ist es zulässig, Althergebrachtem mehr Bedeutung beizumessen und im Gegenzug zeitgenössische Sichtweisen nicht in die Ausbildung einfliessen zu lassen ? Es gilt also, ausserschulische Entwicklungen wahrzunehmen und sofern nötig in die Lehrinhalte zu integrieren. Gleichzeitig muss man ständig abwägen, ob und wie sehr diese Aktualisierung des Lehrangebots Einbussen bei den tradierten, substanziellen Inhalten verursacht und wie sehr diese zu bewahren sind. Gerade das Zeichnen wird in diesem Spannungsfeld zwischen Alt und Neu immer wieder intensiv diskutiert. Die Schule für Gestaltung Basel beispielsweise ist sich zum einen ihrer langen Tradition bewusst : Sie pflegt das Zeichnen bis heute und

A school as an institution does not exist in a vacuum. Moreover, teaching drawing is inevitably related to a social and political context, and must always consider current social and technological developments. How and when a school should respond to these developments in context with their own philosophy ought to depend on two factors : first, the critical assessment of a trend and whether it will have long-term significance and, second, the evaluation of the significance of the deliverance. Is it acceptable to attach more importance to conventional methods and, in turn, not include contemporary viewpoints in the educational program ? It is of course legitimate to recognize extracurricular developments and, as such, they must be integrated into the teaching curriculum. At the same time it is important to consider whether and to what extent revising such an educational program might forfeit the traditional, fundamental content, and to what extent this should be preserved. Drawing is a particularly relevant medium in discussions involving the relationship between the old and the new—and The Basel School of Design

gibt ihm in allen Ausbildungsgängen den gebührenden Stel- is very aware of its long tradition. It continues to lenwert. Dabei versäumt sie es zum anderen aber nicht, aktu- honor drawing and attaches importance to the elle Anliegen der Studenten wahrzunehmen und aufzugrei- medium at every educational level and in every defen. War es noch vor zehn Jahren undenkbar, dass am Anfang partment, without failing to acknowledge and adeiner gestalterischen Ausbildung etwas anderes gezeichnet dress the students’ current concerns. Ten years wurde als einfachste Grundkörper (siehe Abbildung), so hat ago, drawing objects other than the simplest basic sich hier ein geradezu revolutionärer Wandel ereignet : Heute forms (see figure) was unthinkable at the beginning besuchen bereits interessierte Studienanfänger Akt- und Fi- of a design education. However, this has changed gurkurse; ebenso erfährt das Zeichnen radically. Interested new students now von Naturformen und Pflanzen eine attend figure-drawing classes, but the medium is also experiencing a resurNeubelebung. Doch die aktuellen Entwicklungen wirgence in natural and plant forms. ken nicht nur stimulierend auf den ZeiSuch new developments might have a stimulating effect on a drawing educachenunterricht. Es wird etwa immer wieder darüber nachgedacht, wie man tion, but there is still the persistent erreichen kann, dass Studenten in concern about how first year students Grundausbildungen möglichst rasch can be prepared quickly enough for the conceptual demands of higher befähigt werden, den konzeptionellen education. One common, sweeping Anforderungen höherer Schulinstitute zu genügen. Und oft wird dann der Gesolution for this problem is to change danke geäussert, sogenannt überalterold structures and, hence, promote a te Strukturen seien zu verändern, um conceptual way of thinking—in other konzeptionelles Denken zu fördern – words, decrease the amount of drawalso sei unter anderem auch der Anteil ing classes at the foundational level. des Zeichnens in der Grundausbildung Yet we are convinced that reducing the importance of the subject is unzu verringern. Die Darstellung einfacher geometrischer Körper ermöglicht die Kommunikation über zeichnerische Wir sind aber der Überzeugung, dass Grundbegriffe. founded. Drawing is at its essence an The graphic display of geometric models facilitates eine solche Reduktion der Bedeutung act of design, and encompasses the the communication of basic drawing-related des Fachbereichs nicht gerecht würde. terminology. most crucial elements of design-relatBeim Zeichnen handelt es sich immer ed vocations. Emotions are essential, um einen zutiefst gestalterischen Akt. but conceiving the idea is equally critEr beinhaltet die wesentlichen Charakical, as decisions have to be made reteristika gestalterischen Schaffens. Immer spielen Emotion, garding which material or strategy should be aber auch Konzeption eine Rolle. Es gilt beispielsweise zu ent- used—large surfaces or lines, analytical or intuischeiden, mit welchen Materialien oder in welcher Umset- tive. These initial decisions are fundamental to zungsart – zum Beispiel flächig oder linear, analytisch oder drawing; moreover, they are the direct result of a intuitiv – gearbeitet wird : Diese anfänglichen Setzungen sind conceptual evaluation. A drawing is visible and can für die Zeichnung ständig von Bedeutung; sie ist immer un- be evaluated immediately, and it will always help mittelbares Ergebnis konzeptioneller Entscheidungen. Dabei to generate a form of communication—which is ist die Zeichnung sofort sichtbar, beurteilbar und löst immer why drawing in particular is a medium that can eine Form der Kommunikation aus. So ist sie ein sehr geeigne- trigger and develop thought processes, as well as tes Mittel, um über Gestaltungsprozesse zu sprechen, Gedan- form the basis of discussions regarding design kengänge auszulösen und zu formulieren – und also ein für methods in general. It is a valuable element of deden Austausch zwischen Studenten und Lehrern wertvoller sign education and a tool to aid the exchange beBestandteil jeder gestalterischen Ausbildung. Denn eine we- tween students and teachers—because one essen-

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tial objective of such an education is to use this awareness-sharpening process to enable advanced sentliche Aufgabe einer solchen Ausbildung besteht darin, die students to explore the direct demands of a design späteren Schulabgänger durch diese Bewusstwerdungsprozes- profession, to recognize and follow up on soluse zu befähigen, sich mit den unmittelbaren Anforderungen tions, and to communicate design ideas. gestalterischer Berufe auseinanderzusetzen, Lösungsansätze A school of design should create an atmosphere of zu erkennen, weiterzuverfolgen und gestalterische Anliegen zu searching and investigating. Hence, it is also a place kommunizieren. where one can “find.” This process can occur on a Doch eine Schule für Gestaltung soll practical or theoretical level. A lecture auch eine Atmosphäre des Suchens in an auditorium can contribute as much to “finding” knowledge and und des Untersuchens schaffen. Sie ist beneficial experience as working on folglich auch der Ort, an welchem man « finden » soll. Das kann praktisch oder solutions to specific design problems. theoretisch geschehen. So wird eine A student gains knowledge about his or her personal position, about his or Vorlesung in der Aula ebenso zum Finher goals and capabilities, as well as den einer Erkenntnis beitragen und zum gewinnbringenden Erlebnis werabout the path to personal expression. den wie das Erarbeiten von Lösungen And this does not only apply to fullkonkreter gestalterischer Probleme. time students, but also to those taking Man gewinnt Erkenntnisse über den classes on a part-time basis. The objecpersönlichen Standort, über seine Zietive of a design academy is to impartially communicate the sum of knowlle und Fähigkeiten sowie über die Wege edge, capability, skill, and awareness. zur persönlichen Ausdrucksform. Und zwar nicht nur als Vollzeit-Student, These components are not in competisondern auch als Teilnehmer diverser tion with one another; they each present themselves to the students as öffentlicher Kurse. Denn die Aufgabe Vielen Zeichnern gelingt es gerade bei figürlichen Darstellungen, zu einer individuellen zeichnerischen one part of the greater whole. Moreeiner Schule für Gestaltung ist das un- Sprache zu finden. voreingenommene Vermitteln der Ge- Drawers are often able to find an individual language over, drawing is a particularly excellent trough figure drawing. samtheit aus Wissen, Fähigkeit, Handmedium for continuously training and werk und Bewusstsein. Jede dieser exercising our perception. Komponenten stellt sich für die StuThis is substantiated on pp. 172  – 187 denten und Kursteilnehmer als Teil through numerous statements condes grossen Ganzen dar, der nicht in Konkurrenz steht zu den tributed by established professionals. They conanderen. Und gerade das Zeichnen schult die Wahrnehmung firm that drawing is absolutely a contemporary and dabei immer und fortschreitend. dynamic instrument for design. As such, we conDas beweisen auch die zahlreichen Statements von namhaf- sider it fundamentally crucial that the statements ten zeitgenössischen Gestaltern auf den Seiten 172 – 187 die- have been made not only by actual drawers, but ses Buches : Sie zeigen, dass es sich beim Zeichnen um ein also by established designers who are working in aktuelles und dynamisches Instrument gestalterischen areas not immediately connected with the disciSchaffens handelt. Wir halten es dabei für eine elementare pline. It is equally remarkable that drawing can in Botschaft, dass diese Aussagen nicht nur von eigentlichen fact be made the focus of one’s life and profession. Zeichnern gemacht werden, sondern auch von erfolgreichen We, the two editors, have been working for many Gestaltern aus Schaffensgebieten, die auf den ersten Blick years as drawing professors at design academies nicht zwingend mit dieser Disziplin in Zusammenhang ste- and also each manage our own visual design studio. hen. Nicht weniger bemerkenswert ist die Tatsache, dass es Consequently, we view drawing as a design activity Ein Plädoyer für das Zeichnen

the case for drawing

möglich ist, das Zeichnen zu seinem Lebensinhalt und Beruf zu machen. Auch wir, die beiden Herausgeber, arbeiten seit etlichen Jahren als Zeichenlehrer an Gestaltungsschulen und betreiben gleichzeitig eigene Ateliers für visuelle Gestaltung. Daher betrachten wir das Zeichnen als gestalterische Tätigkeit stets aus diesen zwei Warten. Ein Ansatz, der unseres Erachtens beim Beurteilen und Fällen programmatischer Entscheidungen über das Zeichnen ebenso hilfreich ist wie bei der Wahrnehmung von Entwicklungen zu diesem Thema. Beim Ausstellungsprojekt « 1-D – Die erste Dimension », das wir mit unseren Lehrerkollegen an der Schule für Gestaltung in Basel Niklaus Erdmann und Paul Stebler ins Leben riefen, ging es uns darum, den Stand dieser Entwicklung in einer Momentaufnahme zu erfassen : Zu zeigen, mit welchen Arbeiten unsere Schule ihre zeichnerischen Intentionen und Qualitätsansprüche in der Gegenwart darstellt. Bei den Vorbereitungen dazu schien uns auch der Zeitpunkt gekommen, mit der vorliegenden Publikation diese Bestandsaufnahme zum Zeichnen heute noch auszubauen und damit eine vertiefende Informationsquelle zu schaffen.

from these two perspectives. This approach is helpful when assessing and pronouncing programrelated decisions about drawing, as well as in our observation of developments in the field. The 1D— The First Dimension exhibition project that we initiated in collaboration with Niklaus Erdmann and Paul Stebler, our teaching colleagues at The Basel School of Design, aimed to understand the position of drawing today in relation to such developments. We wanted to show which works reflected our school’s current intentions and expectations regarding drawing. While preparing the exhibition, we thought it was a good opportunity to expand on this stocktaking with a publication that could serve as an in-depth information source.

Abb. S. 11: Stephan Schmidlin 42 x 29,7 cm, Bleistift Abb. S. 12: Aline Cousin 42 x 29,7 cm, Bleistift

Fig. p. 11: Stephan Schmidlin 42 x 29.7 cm, Pencil Fig. p. 12 : Aline Cousin 42 x 29.7 cm, Pencil

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Zeichnungen bezeichnen drawn from drawings Viele Wege führen von der ersten Dimension – dem noch nicht sichtbaren Gestaltungsimpuls – in die zweite – die lesbare Zeichnung. Dabei spielen die unterschiedlichen technischen Voraussetzungen fürs Zeichnen eine Rolle, die Beweggründe des Zeichners, aber auch die Inhalte, die er transportieren möchte. Ein einleitender Essay aus der Sicht des Lehrenden gibt einen Überblick über die verschiedenen Konstellationen, in denen Zeichnungen entstehen. Mit einer « Begriffskarte » wird eine mögliche Orientierungshilfe im Begriffsfeld des Zeichnens vorgeschlagen. Many paths lead from the first dimension—the still invisible impulse to design—into the second—the visible drawing. Different technical requirements of drawing play a role in this process, as well as the drawer’s motives and the content that he or she would like to convey. An introductory essay from the teacher’s perspective gives an overview of the different constellations in which drawings are created. A “terminology chart” has been included to serve as a possible guide to the various terms used in context with drawing.

Die Sprache der zeichnung The language of drawing



Helmut Germer

Weshalb wir heute noch zeichnen

Why We Draw Today

Vom Zeichnen als persönliche Äusserung und individuelle Kreation

Drawing as a Personal Expression and Individual Creation

Unser Umgang mit Bildern hat sich seit einigen Jahren grundlegend verändert : Zu ihrer unbegrenzten Verfügbarkeit in jeder Form und in jedwedem Medium ist nun als eine weitere Steigerung dieses Überflusses die nahezu unendliche Möglichkeit, Bilder immer und überall selbst erzeugen zu können, in unsere Leben eingebrochen. Denn heute gehört es wohl zum Selbstverständlichsten schlechthin, von allem und jedem, jederzeit und überall ein Foto zu machen, um darüber wiederum ohne nennenswerten Aufwand verfügen zu können. Dieses medialisierte Umfeld hat natürlich in vielerlei Hinsicht entscheidende Konsequenzen für den Stellenwert des Zeichnens. Eine zeitgenössische Schule für Gestalter muss sich deshalb mit der Frage auseinandersetzen, welche Funktion und Bedeutung das Zeichnen in der Ausbildung unter diesen neuen Bedingungen hat, und sie muss die Funktion und den Stellenwert des Zeichnens gegebenenfalls neu definieren. Trotzdem ist das Bedürfnis zu zeichnen und zeichnen zu können bei vielen Menschen, jungen wie alten, nach wie vor ungebrochen, und zwar neben allen komfortablen technischen Errungenschaften.

How we deal with and view images has changed fundamentally over the last few years. Images are infinitely available and accessible in every form and in every medium. In addition to this overabundance, there are now boundless opportunities for anyone to produce images at any time and anywhere. This is because it has become standard procedure to take pictures everywhere of everything, in order to access this information at a later date with minimum effort. In many aspects, a mediacharged environment such as this has crucial consequences for the importance of drawing. Hence, in light of these new conditions, a contemporary school for designers must consider the function and meaning that drawing will have in education and training; moreover, it will also have to redefine the function and significance of drawing. Nonetheless, people of all ages still feel the need to draw and to be able to draw, despite the emergence of innovative and comfortable technological ad-

Ein ausschlaggebender Faktor hierfür ist erfahrungsgemäss das Bedürfnis, sich selbst spürbar und erkennbar zu machen. Tatsächlich gibt es im Bereich der visuellen Gestaltung nur wenige Disziplinen, die ebendies so unmittelbar ermöglichen. Die Zeichnung leistet es vollkommen selbstverständlich. Sie ist immer eine persönliche Äusserung, sei es als virtuose Eruption oder wissenschaftlich präzises Dokument. Ein weiterer, ebenso wesentlicher Grund liegt in der grossen Faszination, etwas zu erschaffen, das die Anstrengungen und die Intensität der eigenen zeichnerischen Entwicklung in sich trägt und so eine Eigenständigkeit erlangt hat, die absolut authentisch ist. Dieses Erlebnis gehört sicher zum Wertvollsten, das durch das Zeichnen – und das nicht nur in einer gestalterischen Ausbildung – ausgelöst werden kann. Es anzustreben ist mit das Anspruchsvollste und Anstrengendste, auf das sich Student und Lehrer einlassen können, weil es in den meisten Fällen für die Studenten neu und unbekannt ist. Durch die dem Zeichnen eigene Unmittelbarkeit solcher Erlebnisse werden derartige Erfahrungen zu wichtigen Schritten in der Persönlichkeitsentwicklung, die sich während der gestalterischen Fachausbildung vollzieht. Dadurch, dass die Zeichnung ihre Rolle als zentrales Medium zur Reproduktion von Sachverhalten verloren hat, hat sich auch ihr Stellenwert in gestalterischen Ausbildungen verändert : Das « heutige » Zeichnen gewichtet vor allem den individuellen Erkenntnisprozess und den persönlichen Ausdruck. Dafür werden Lehransätze gebraucht, die konventionelle Ausbildungsstrukturen mit ihren stufenartig hierarchisierten Anforderungsebenen nicht ausreichend leisten konnten. Heute wirkt beispielsweise gerade das parallele Zusammenspiel der verschiedenen Schwierigkeitsgrade, mit denen die Studenten konfrontiert sind, beflügelnd, sowohl auf die einzelnen Studenten als auch auf die Schulen als Ganzes.

Bedeutung des Zeichnens für Ausbildung und Beruf

vancements. Experience shows that this is fundamentally rooted in our need to express ourselves in a tangible and identifiable manner. In fact, drawing is one of the few disciplines in visual design that inherently allows for this means of expression to be realized in such a direct manner. Drawing is always a form of personal expression, whether it conveys an eruption of virtuosity, or a precise, scientific document. Another equally important reason to draw is the powerful fascination to create something which bears witness to the effort and intensity involved in one’s own drawing-related development, in order to arrive at originality and authenticity. This must be one of the most valuable experiences to be gained from drawing  —  and not only from the perspective of design education. It is one of the most demanding and difficult goals to which a student or a teacher can aspire, because in most cases for a student it is new and unfamiliar ground. Due to the very direct quality of drawing, this experience can form the crucial steps in the development of personality during a design education. Because drawing has lost its role as a principal medium of factual content reproduction, its role in design education has also changed : drawing “today” examines the individual process of cognition and personal expression. This requires an approach to teaching that conventional educational structures, and their step-like, hierarchical levels of requirements, cannot adequately fulfill. Today, it is precisely this parallel interplay of different levels of difficulty with which students are confronted that drives the individual student as well as the school as a whole.

Von Wahrnehmungs- und Umsetzungsprozessen und der Funktion der Skizze

The Meaning of Drawing in Education Grundsätzlich ist mit dem Zeichnen immer eine intensive and Career

Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung verbunden : Wer zeichnet, schult seine Wahrnehmung und seine Urteilsfähigkeit in fortschreitendem Mass. Diese Fähigkeiten sind Voraussetzung für alle gestalterischen Bereiche und Berufe. Lernprozesse, die in der gestalterischen Ausbildung beim Zeichnen durchlebt werden, sind nicht nur für die Berufszweige von Nutzen, die sich explizit mit dem Zeichnen be-

Perception and Translation Processes and the Function of the Sketch Drawing is always fundamentally associated with an intense analysis of perception : the person drawing trains his or her perception skills and ability to evaluate at an advanced level. These abilities are required in all design fields and careers.

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Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

schäftigen. Auch für Berufsbilder, die scheinbar entfernt von zeichnerischen Vorgängen angesiedelt sind, sind diese bewusst erlebten Prozesse von nachhaltigem Nutzen. Viele gestalterisch tätige Menschen stellen das Spannungsfeld zwischen Wahrnehmung und Zeichnung permanent praktisch her, indem sie skizzieren. Die Skizzenarbeit dient so am Anfang eines Gestaltungsprozesses als Vorstufe bei der Lösung zeichnerischer Probleme im Kontext komplexer Gestaltungsaufgaben oder auch der unmittelbaren und vorurteilsfreien Ideensuche, die zuverlässig, schnell und direkt die Machbarkeit oder das Potenzial eines Gedankens vor Augen führt. Die Tatsache, dass Skizzen innere Vorstellungen und gestalterische Visionen dokumentieren können, macht sie zu verfügbaren Notizen und ermöglicht es grundsätzlich, diese weiterzuentwickeln. Zudem dienen Skizzen wesentlich dazu, gedankliche Leistungen wie Gestaltungsideen gegenüber anderen zu kommunizieren, sei es gegenüber Mitarbeitern, Kooperationspartnern oder Kunden.

The learning processes experienced through a design education are not only useful for occupations that explicitly deal with drawing. Even careers that seem to have little to do with drawing can gain from these consciously experienced processes on a longterm basis. People in the design profession constantly produce exciting, applicable relationships between perception and drawing by means of sketching. At the beginning of a design process, sketches serve as precursors to solutions to graphic problems that deal with complex design tasks, or even the direct and impartial search for ideas, visualizing the feasibility or potential of a thought in a quick and direct manner. Because sketches can document internal ideas and design visions, they become accessible notations that can be further developed on a fundamental level. Moreover, they serve to communicate thoughts, like design ideas, to coworkers, business partners, customers, and so on.

The Requirements for Drawing Voraussetzungen fürs Zeichnen Von leeren Blättern und Zeichengeräten

Blank Sheets of Paper and Drawing Instruments

Um zu zeichnen ist das sprichwörtlich weisse Blatt keine grundsätzliche Voraussetzung, es muss nicht einmal leer sein. Zeichenpapier gibt es in allen möglichen Farben, Formen und Grössen, in einer nahezu beliebigen Menge von Oberflächenstrukturen und Kornqualitäten; ganz zu schweigen davon, dass Papier nur eines von diversen Trägermaterialien darstellt, das uns zum Zeichnen einlädt. Ähnlich endlos ist die Bandbreite der Zeichengeräte : Stifte und Pinsel aller Art und Gradationen, alle Stäbchen, Kreiden; vom blossen Finger bis zum digitalen, softwareunterstützten Hilfsmittel ist alles möglich. Wer wirklich zeichnen will, wird erfinderisch. Dabei gibt es Unterschiede zu entdecken, und oft werden Beziehungen zu ganz bestimmten Zeichengeräten entwickelt, manchmal sogar Abhängigkeiten. Vorlieben bis hin zum Überdruss können gedeihen, dramatische Wechsel sich ereignen, von denen man sich – teilweise zu Recht – Impulse fürs eigene Weiterkommen verspricht. Freundlicherweise stehen sie auch zur Verfügung, wenn es gilt, ein Scheitern zu erklären. Auch die Art und Weise, wie wir uns vor dem « Blatt » befinden, bedarf einer Differenzierung. Der eine muss vor seiner Arbeit stehen, muss oder will immer in Bewegung sein, den ganzen Körper mit einbeziehen in seine Striche, in seine zeichneri-

In order to draw, the proverbial white piece of paper is not a basic requirement; it does not even have to be blank. Drawing paper is available in every color, form, and size, and in many different surface structures and grains  —  not to mention the fact that paper is only one of the many surfaces on which a drawing can be created. The range of drawing tools is equally endless : pencils and brushes of every kind and gradation, all sticks or chalk, and everything from the simple finger to digital, softwaresupported tools. Anything is possible. If you really want to draw, you will be inventive. But differences can be identified, and relationships to very specific drawing instruments will often be developed— sometimes even dependencies are formed. Predilections will thrive ad nauseam, dramatic changes will occur that will—sometimes correctly so— promise great progress on one’s development. Fortunately, if need be, they can also provide reasons for failure. Even the way we find ourselves in front of a blank piece of paper has to be more closely examined.

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sche Aktion. Für einen anderen ist das undenkbar. Er muss sitzen – der Körper muss in Ruhe sein. Seine zeichnerische Bewegung kommt aus der Schulter oder sie entsteht erst im Handgelenk, ja erst in den Fingern. Nichts ist falsch. All dies mag selbstverständlich klingen, aber es hat sich gezeigt, dass bereits die Auseinandersetzung mit dieser Vielfalt an Möglichkeiten und das Erkennen der individuellen Bedingungen zeichnerische Prozesse von Blockaden befreien und also die Zeichnung in Gang setzen kann.

Some people stand in front of their work and feel the need or the desire to instill movement, to incorporate their whole body into the process. This is unthinkable for others, who need to sit; their body has to be still. The movement in their work comes from the shoulder, wrist, or even fingers. There is no wrong. This might all sound obvious, but experience has shown that analyzing these diverse possibilities and understanding individual requirements can also help to overcome a block in the drawing process.

Beweggründe zum Zeichnen

The Motives to Draw

Von Inhalten und ihrer Lesbarkeit

Content and Readability

Für das Zeichnen gibt es vor allem drei Gründe : – Die Wiedergabe eines Gegenstandes oder einer Situation, im Sinne einer Darstellung des Wahrgenommenen, um es für andere verständlich zu machen oder selbst zu verstehen. – Die Darstellung der Faszination, die im Zeichnenden durch eine äussere Wahrnehmung ausgelöst wird, sei sie positiver oder negativer Art. – Ein persönliches Gefühl, ein innerer Eindruck oder Zustand soll in der Zeichnung sichtbar gemacht werden.

There are three main reasons to draw : – To reproduce an object or a situation in order to depict what has been perceived so it can be understood by another person or by oneself. – To depict a negative or positive fascination, triggered in the person drawing by an external perception. – To visualize a personal feeling or an inner impression or state by means of drawing.

Bei aller Unterschiedlichkeit haben diese Gründe eines gemeinsam : Sie alle resultieren aus einer, wie auch immer gearteten Wahrnehmung – sei es Sehen, Spüren oder Ahnen. Wenn auch das Sehen für den Vorgang des Zeichnens eine scheinbar selbstverständliche Voraussetzung darstellt, wird doch niemand, der sich mit der Materie beschäftigt, leugnen können, dass im Prozess des Zeichnens auch das Spüren und Ahnen eine wichtige Rolle spielen. Somit nehmen immer auch rational nicht erklärbare Aspekte ihren Einfluss, vor allem, wenn es ganz generell um die Frage nach dem Potenzial oder der Begabung eines Zeichners geht.

Despite their differences, the above reasons have one thing in common : they all result from a perception that has been seen, felt, or sensed. Seeing may be an obvious requirement for drawing, but no one can deny that feeling and sensing also play a vital role in the process. This means that aspects which cannot be rationally explained also have an influence, especially regarding the question of a drawer’s potential or talent.

Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

Von den Inhalten, die eine Zeichnung aufweist, können vier Arten unterschieden werden : Inhalt A: Ein im Augenblick des Zeichnens sichtbarer Gegenstand oder eine Situation wird in der Zeichnung dargestellt. Etwas wird abgezeichnet. Inhalt B: Ein inneres Bild oder eine Erinnerung, die nicht mehr sichtbar sind, während wir zeichnen. Wir arbeiten aus der Vorstellung, aus dem Gedächtnis. Wobei diese Erinnerung voraussetzt, dass der Gegenstand der Zeichnung zuvor

The content of a drawing can be classified into four categories : Content A: An object or a situation that is visible during the drawing process is presented in the drawing. Something is drawn. Content B: An internal image or memory that is no longer visible while we are drawing. We work from the imagination, from memory. Yet this memory requires the object of the drawing to be viewed and somehow registered beforehand. Content C: An idea, a fiction, a fact, or a feeling. We

wahrgenommen und in irgendeiner Weise erfasst worden ist. Inhalt C: Eine Idee, eine Fiktion, ein Sachverhalt oder ein Gefühl. Wir machen sie sichtbar, erkennbar, lesbar für uns und für andere. Inhalt D: Die Auseinandersetzung mit der Zeichnung als Prozess im Sinn von Rhythmisierung, Verdichtung oder Reduktion.

visualize these so that they are readable to ourselves and to others. Content D: The analysis of the drawing as a process in the sense of rhythm, densification, or reduction. A drawing can be perceived and is open to interpretation from the moment it begins to exist and becomes visible : It is either readable or not. In an educational system, but also in a design profession, this is the decisive moment when content and its readability can be evaluated and further developed, and eventually encouraged by the appropriate project and/or contract.

Von dem Moment an, in dem eine Zeichnung zu existieren beginnt und sichtbar wird, kann sie ihrerseits wahrgenommen werden und ist von nun an der Lesbarkeit ausgesetzt : Sie ist nun lesbar oder sie ist es nicht. Im Schulbetrieb, aber auch im gestalterischen Berufsleben ist dies der entscheidende Moment, in dem Inhalte und deren Lesbarkeit im Sinne der Beurteilung und damit verbundenen Weiterentwicklung entsprechende Bedeutung gewinnen und durch geeignete Aufgabenstellun- Readability can refer to : gen beziehungsweise Aufträge vorangebracht werden. – Concrete factual content. The aim is to present an object or situation in a comprehensible manLesbarkeit kann sich beziehen : ner. The drawing must possess an inner logic and – auf konkrete Sachverhalte. Ziel ist es, einen Gegenstand consistency that allows it to be understood. oder Sachverhalt verständlich darzustellen. Die Zeichnung – Representative, abstract compositional elements muss folglich über eine innere Logik und Konsequenz verthat are mutually referential. They have to relate fügen, die eine Nachvollziehbarkeit ermöglichen. to one another in a clear, grammatical manner. – auf stellvertetende, abstrahierende Kompositionselemente, – Messages or information. They do not necessarily have to be identical to concrete representadie zueinander in Beziehung stehen. Diese müssen in einer klaren, grammatikalischen Ordnung zueinander stehen. tions. They can be understood associatively. – auf Botschaften oder Informationen. Diese müssen nicht – Understanding an attitude or feeling. zwingend identisch sein mit konkreten Darstellungen. Sie Reading and reviewing parameters such as these is können assoziativ erfassbar sein. – Lesbarkeit kann sich auch beziehen auf die Nachvollzieh- easier in a drawing if the content is clear, as is the case with objects or situations. Graphic and combarkeit einer Haltung oder eines Gefühls. municative competence was once the purpose in Lesbarkeit und die Überprüfbarkeit von Vorgaben lassen sich this field. Now it is about content, which is more in einer Zeichnung umso einfacher sicherstellen, je konkre- elusive. ter die Inhalte sind, wie zum Beispiel bei Gegenständen oder Situationen. Was in diesem Bereich an zeichnerischer und Making Drawings kommunikativer Kompetenz einmal erworben wurde, lässt Line as a Means of Representation sich dann auch auf Inhalte übertragen, die objektiv weniger A cosmos of possibilities is open to those who agree fassbar sind. that, as soon as something is put on paper, it is visible and recognizable to both the drawer and the Zeichnungen realisieren observer. He or she has access to different styles, Von der Linie als Darstellungsmittel materials, and techniques, as well as different Wer sich darauf einlässt, dass, sobald etwas zu Papier ge- processes of creating and interpretation, feelings bracht ist, dies sowohl für den Zeichnenden selbst als auch and concepts. Yet, from another perspective, this für die Betrachter sichtbar und erkennbar ist, dem eröffnet could be precisely the problem, because the sheer sich ein Kosmos von Möglichkeiten : Verschiedene Stile, Ma- range of possibilities might lead to failure.

020 021

Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

terialien und Techniken, unterschiedliche Entstehungsprozesse und Interpretationspotenziale, Gefühle und Begriffe. Doch gerade hier droht ein Abgrund, weil mit der schillernden Fülle an Möglichkeiten die Gefahr des Scheiterns verbunden ist. Ein einziger Strich bringt alles ins Rollen. Die Zeichnung beginnt. Ab jetzt wird alles sichtbar. Schon nach wenigen Strichen wird klar, wie komplex der Prozess des Zeichnens ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um einen geübten Zeichner oder einen Anfänger handelt. Eine Zeichnung basiert immer auf einer Aneinanderreihung unendlich vieler und komplexer Entscheidungen. Jede weitere kann in eine andere Richtung führen oder neue Akzente setzen. Aus der Wechselwirkung zwischen Wahrnehmen und Denken einerseits und dem Bedürfnis darzustellen andererseits entstehen immer neue Impulse, das Blatt zu berühren, zu bezeichnen, diese werden zu Linien, die in verschiedenen Längen und Richtungen aneinandergehängt werden und die im Weiteren eventuell übereinander, nebeneinander gehäuft werden, die einander dann entweder bestätigen oder auch in Konkurrenz zueinander treten. Solche Anhäufungen können beispielsweise, subtil gesetzt, differenzierbare Halbtöne erzeugen. Linienimpulse können aber auch zu breiten und flächigen Gebilden werden. Die Summe all dieser Aktionen stellt dann etwas dar, formiert sich zum Bild, zur Zeichnung. Jede Linie ist eine individuelle Kreation, weil es sie so noch nicht gab. Sie ist die erste konkrete Umsetzungsleistung für den Zeichner. Zunächst ist sie nur ein Impuls und als solche, vorläufig noch nicht sichtbare Linie stellt sie die erste Dimension dar : den Ausgangspunkt. Sie steht stellvertretend für eine Idee, eine Vorstellung, eine Vision. Erst wenn sie sich gleichsam materialisiert hat und als reale Linie existiert, wird sie zum zweidimensionalen Ereignis. Linien können je nach Gegenstand und Zweck einer Zeichnung unterschiedlich eingesetzt werden. Dies soll am Beispiel zweier zunächst sehr unterschiedlicher zeichnerischer Auffassungen veranschaulicht werden :

A single line starts the ball rolling. The drawing has begun. From now on everything is visible. Yet even after only a few lines, it is obvious how complex the process of drawing can be. Moreover, this applies to both experienced drawers and beginners. A drawing is the product of a long series of complex decisions. Each one can take a new direction or change the tone of the work. The interplay between perception and thinking, and the need to depict, compels one to touch the paper, to mark it, to turn these marks into lines that differ in length and direction, that are connected, that will accumulate next to or on top of one another, that either confirm or challenge each other. These so-called accumulations can create subtle, varying halftones. Lines can also form wide bands. The sum of all these individual actions then creates something, becomes an image, a drawing. Every line is an individual creation, because it has never existed before. It is the first tangible act of translation for the person drawing. Initially, it is just an urge, and as such, temporary not yet visible lines present the first dimension : the starting point. It represents an idea, an image, or a vision. It must first materialize and exist as a real line before it can become a two-dimensional experience. Lines can be used differently, according to the object and purpose of a drawing. This is analyzed more closely with the following two different examples of drawings.

The Analytical Drawing

In this example, lines made on the paper are meant to give the impression of three-dimensionality : they show positions, directions, and distances. They create levels and surfaces; depict dimensions, breadth and depth. They refer to a visible, recognizable spatiality and create the impression of spatial forms. A drawing such as this is evaluated primarily in relation to objective parameters : verticals and Die analytische Zeichnung horizontals, foreshortenings, overlappings, and Hier sollen die auf dem Blatt entstehenden Linien die Illusi- perspective, which represent optical conventions. on der dritten Dimension hervorrufen : Sie zeigen Positio- On the other hand, this type of drawing possesses a nen, Richtungen und Distanzen, sie erschaffen Ebenen und grammar system of linear elements which allows darin Flächen, geben Dimensionen wieder, liefern Weite the drawing to be readable. The thickness of a line

und Tiefe. Sie beziehen sich auf einen sichtbaren, erkennbaren Raum und erzeugen scheinbar räumliche Gebilde. Eine solche Zeichnung wird in erster Linie anhand von Relationen objektiver Parameter beurteilt : Senkrechte und Waagerechte, Verkürzungen, Überschneidungen und Perspektiven, die zugleich visuelle optische Konventionen darstellen. Zum anderen besitzt eine solche Zeichnung eine Grammatik der Linienelemente, die ihre Lesbarkeit ermöglicht. Dabei ste-

Linien können dazu dienen, als objektives Abbild die Illusion der dritten Dimension hervorzurufen ... Lines can be used to evoke an objective image of the illusion of the third dimension ...

and its intensity are the focus of observation, because these factors can be influenced in order to communicate the message of the drawing. Moreover, the “distinctive mark” plays a crucial role in a drawing that objectively transports information that is based on learnable knowledge and could be easily evaluated as “right” or “wrong.” It is ultimately expressed in the intensity of a drawing,

... oder sie schildern subjektive Erlebnisse von Energien und Materialbeschaffenheiten. ... or they can portray the subjective experience of energy and material qualities.

hen Linienstärken und Linienintensitäten im Fokus der Betrachtung. Denn auf diese Faktoren kann bewusst Einfluss genommen werden, um die Botschaft der Zeichnung zu verdeutlichen. Nicht zuletzt spielt selbst in einer Zeichnung, die objektiv messbare Informationen transportiert, auf erlernbarem Wissen aufbaut und leicht als « richtig » oder « falsch » beurteilt werden könnte, der « eigene Strich » eine wichtige Rolle. Er drückt sich letztlich in der Intensität einer Zeichnung aus und spielt eine noch grössere Rolle in einer Zeichnung, die ein Gefühl zu ihrem Inhalt macht. Hier liegt es auf der Hand, dass sie durch den « eigenen Strich » an Authentizität gewinnt.

and plays an even greater role in a drawing that makes a specific feeling its contextual focus. Hence, it clearly gains authenticity through the “distinctive mark.”

The Intuitive Drawing

In contrast to a drawing in which objective accuracy is the main focus, the intuitive drawing looks to primarily depict subjective understanding and experience, and expresses something of the author’s sensitivities and emotional world. Evaluating a drawing such as this requires one to observe and interpret even more intensely. It is not always easy Die intuitive Zeichnung for the viewer to understand, especially if the drawIm Gegensatz zu einer Zeichnung, bei der die objektive Rich- ing does not essentially want to be understood — as tigkeit im Zentrum steht, will die intuitive Zeichnung a priori is often the case with a personality. Schilderung subjektiven Erfassens und Erlebens sein und In intuitive drawing processes, impulses become etwas über den Autor, sein Empfinden und seine Gefühlswelt lines that are manifested in directions, bundles, erzählen. Wer eine solche Zeichnung beurteilen will, wird sie densifications, and rhythms. Expression is more deshalb umso eingehender betrachten und lesen müssen. important than information, action, or readability.

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Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

Yet this drawing approach also possesses a grammar system and is nonetheless readable, as long as this drawing has been created in a consistent manner. Hence when observing and analyzing these works, it is essential to weigh the criterion of readability or, better, feasibility. The evaluation parameters involved here are no longer comprehensible “objectively,” as is the case with the “analytical drawing.” In this example, powers and energies, or qualities and references, are presented on the paper. The effect evoked by lines plays a central role : intensity, authenticity, even the impression of wildness or gentleness can be suggested on paper.

Nicht immer ist es für den Betrachter leicht, sie zu erfassen, insbesondere wenn sie sich auf jenem Grat bewegt – wie das auch bei einer Persönlichkeit bisweilen der Fall ist – auf dem sie gar nicht unbedingt erkannt sein will. Bei der Entstehung der intuitiven Zeichnung werden wieder Impulse zu Linien, diese manifestieren sich wiederum in Richtungen, Bündeln, Verdichtungen und Rhythmen. Doch hier steht die Qualität der Äusserung vor der Information, die Aktion vor der Lesbarkeit. Und doch besitzt auch diese Zeichnung eine Grammatik und ist lesbar, falls sie aus einer konsequenten Haltung heraus entstanden ist. Bei der Talking about Drawings Betrachtung und Auseinandersetzung Encouraging and Hindering the ist es deshalb wichtig, sie auf das KriDevelopment of Drawing terium der Lesbarkeit oder besser, auf ihre Nachvollziehbarkeit hin zu unterSkill, technical ability, and design experience are closely related and cansuchen. Die Beurteilungsparameter, die hier zugrunde gelegt werden, sind not be acquired independently. This is nun nicht mehr so « objektiv » nachwhy it is absolutely essential to discuss vollziehbar wie bei der « analytischen the work in design education. These talks can address either the drawing Zeichnung ». Hier geht es um Kräfte process or the result, and how useful und Energien, um Qualitäten und Re- Kreativität und Faszination sind grundsätzliche Elemente einer Zeichnung und heben sie von medialen lationen, die sich in den Linien auf Erzeugnissen ab. they are is contingent upon the quality Creativity and fascination are fundamental elements dem Blatt zeigen. Eine zentrale Rolle and differentiation of the discussions. of a drawing and set it apart from images created spielt auch die Wirkung, die die Lini- by the media. If a discussion can draw attention to en hervorrufen : Intensität, Authentizithe design’s defining essence and chartät, ja sogar der Eindruck von Wildheit acter, or to where potential or weak spots might appear, then improveoder Sanftheit kann evoziert werden. ment or further development can be encouraged by Über Zeichnungen sprechen clearly identifying the advantages or disadvantages Vom Fördern und Verhindern zeichnerischer of a drawing by comparing it with a previous or subEntwicklung sequent state. Identifying these factors could be Handwerkliche und technische Fertigkeiten sowie gestalteri- regarded as the basic content of an intellectual sches Reifen sind miteinander eng verknüpft und können learning process. nicht voneinander losgelöst erworben werden. In einer gestal- Especially with explicitly subjective subject matter, terischen Ausbildung ist es deshalb unabdingbar, die Arbei- which the intuitive drawing represents in our exten zu besprechen. Ein solches Gespräch kann sich sowohl ample, the act of commentating can seem premit dem Zeichenprozess als auch mit Ergebnissen befassen. sumptuous because it usually disregards the indiDer Nutzwert steht und fällt letztlich mit seiner Qualität und vidual and, in the worst cases, can even hinder his Differenziertheit. Denn erst, wenn tatsächlich zur Sprache or her development. Ideally, comments should adkommt, was Wesen oder Eigenart einer gestalterischen Arbeit dress the individuality of a drawing by referring to

ausmacht, wo Potenziale oder Schwachstellen erkennbar sind, its experiential knowledge and empirically comwird eine Korrektur oder eine Weiterentwicklung möglich, prehensible, conceptual world or system. On the bei der dann auch die Vorzüge oder Nachteile gegenüber ei- empirical level, it is possible to name what can be nem vorherigen oder nachfolgenden Zustand klar identifi- seen in a drawing, or to recognize what has taken ziert werden können. Sie zu benennen darf als Inhalt eines place, and to evaluate where subjectivity and objecgeistigen Lernprozesses gelten. tivity collide. It is equally possible to speculate Gerade im Zusammenhang mit dem explizit Subjektiven, für whether something new and individual will occur, das die intuitive Zeichnung in unserem Beispiel steht, kann or what might hinder it, because the new can only der Akt des Kommentierens anmabe identified against a background of ssend wirken, weil damit das Risiko the traditional. Yet good communicaverbunden ist, dem Individuellen tion largely boils down to the individunicht gerecht zu werden und es im als involved : if it is generous and conschlimmsten Fall an seiner Entwickscientious then there will be care not lung zu hindern. Idealerweise beschäfto hinder the new or the subjective astigt sich ein Kommentator deshalb mit pects. This also applies to corrective suggestions and criticism, because der Einzigartigkeit einer Zeichnung unter Einbringung seines verfügbaren nothing should be glossed over : a stuErfahrungswissens und einer empident at a design academy is not autorisch nachvollziehbaren Begriffswelt matically a good drawer; one first has und -systematik. Auf der empirischen to get to know a lot and become familEbene kann benannt werden, was man iar with it. Perception has to be awakened before it can be taught as an insieht, wenn sich eine Zeichnung präsentiert, kann erkannt werden, was dispensable requirement for drawing. sich ereignet hat, kann beurteilt werThere is another method in addition den, wo Subjektivität und Objektivität to discussions and commentaries kollidieren. Ebenso können hier Spe- Zeichnung ist immer auch Emotion. Sie ist geprägt von which a teacher can incorporate in intensiver Wahrnehmung und persönlichem Ausdruck. kulationen darüber stattfinden, ob Drawing is always emotion. It is shaped by an intense the drawing process : his or her own sketches. This is what they work with sich Neues und Individuelles ereignen perception and personal expression. in order to clarify their position, to wird oder was dem im Weg stehen visualize their knowledge and experikönnte, weil sich das Neue ja erst auf ence. They can be made while comdem Hintergrund des Althergebrachmenting on the student’s work. They ten definieren lässt. Für eine gelungene Kommunikation massgeblich sind letztlich die beteiligten can be “jotted down” suggestively and unobtruMenschen : Findet der Austausch wohlwollend und gewissen- sively, or forcefully as a stronger support for a stuhaft statt, wird auch darauf geachtet, dass das Neue und das dent still unfamiliar with the basic knowledge of Subjektive keinesfalls verhindert werden. Das gilt auch dann, the medium. All of these forms of communication wenn er, wie in den meisten Fällen, im Sinne von Kritik und strive to provide a climate of perception, evaluaKorrektur eingesetzt wird. Denn nichts soll schliesslich schön- tion, and awareness. geredet werden : Wer eine Schule für Gestaltung besucht, ist nicht automatisch ein guter Zeichner, und es gilt mit Vielem Drawing in Terms erst bekannt und vertraut zu werden. Bevor Wahrnehmung als Words that Ease a Discourse about Drawing unabdingbare Voraussetzung fürs Zeichnen geschult werden A person working in the medium of drawing will kann, muss sie in etlichen Fällen erst geweckt werden. soon be confronted with a barrage of terminology, Neben Gesprächen und Kommentaren gibt es noch einen involving motives, conditions, demands, and reweiteren erprobten Weg, auf dem sich ein Lehrer in einen sults that are all interwoven. This applies to almost

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Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

zeichnerischen Prozess einbringen kann : Seine eigenen Skizzen. Mit ihnen arbeitet er, um seine Position zu verdeutlichen, um sein Wissen, sein eigenes Erleben sichtbar zu machen. Sie können neben die zu kommentierenden Arbeiten gezeichnet werden, manchmal sind sie nur andeutend « hingehaucht », um nicht zu stören, oder sie sind kräftiger im Sinne

Zeichnung kann einfachste, rudimentäre Äusserung sein oder vertiefende, detaillierte Auseinandersetzung ... Drawings can be the most simple, rudimentary expression or a profound, detailed analysis ...

every phase of the drawing process and is independent of its quality. Careful use of terminology can benefit any form of communication. It ensures that quality and potential as well as mistakes can be identified, and that changes and progress can be understood. Every time a certain expression is used, it implies a consideration of its opposite— because a drawing is shaped both by quality and

... sie wird vom Betrachter immer auf Informationen und persönliche Stellungnahmen untersucht werden. ... the viewer always studies the information and personal statement embodied in it.

lack of quality. Seen from this perspective, every term contains its opposite. We have provided a list of common and particularly relevant terms below, in order to clarify the complexity and the contextual basis of terms typically used in discussions regarding drawing. By menZeichnen in Begriffen tioning these terms when evaluating a drawing, we Von Wörtern, die den Austausch über Zeichnungen introduce all aspects of the aforementioned moerleichtern tives and content. These all aspects can then serve Wer sich mit dem Zeichnen befasst, wird innerhalb kürzester as the starting point for such evaluations : Zeit mit einer grossen und komplexen Menge von Begriffen für Beweggründe, Bedingungen, Anforderungen und Ergeb- 1 Directness / 2 Analysis / 3 Personality / 4 Intuition / nisse konfrontiert, die miteinander verwoben sind. Dies gilt 5 Inquiry / 6 Fantasy / 7 Rhythm / für nahezu jede Phase einer Zeichnung und ist unabhängig 8 Consequence / 9 Tradition / 10 Virtuosity / von ihrer Qualität. Erst der sorgfältige Einsatz dieser Begriffe 11 Materiality / 12 Detail ermöglicht eine gewinnbringende Kommunikation. So können wir sicherstellen, dass Qualitäten und Potenziale, aber Any of these terms can evoke similar or related exauch Fehler benannt werden können und dass Veränderun- pressions. Of course there will always be new variagen und Fortschritte in einer Zeichnung nachvollziehbar wer- tions and interplay of terminology that will be used den. Jede Verwendung eines Begriffs impliziert dabei auch between people — between drawer and observer. einer Stütze für solche Studenten, die von den grundsätzlichen Erkenntnissen noch weit entfernt sind. Alle diese Kommunikationsformen schaffen ein Klima von Wahrnehmung, Wertschätzung und Aufmerksamkeit aus dem Bestreben heraus darzustellen.

die Auseinandersetzung mit seinem Gegenteil. Denn eine nicht vorhandene Qualität kann eine Zeichnung fast ebenso stark prägen wie eine vorhandene. So gesehen beinhaltet hier jeder Begriff auch sein Gegenteil. Um die Komplexität und den Zusammenhang der in der Kommunikation verwendeten Begriffe transparenter und anschaulicher zu machen, werden hier nun diejenigen Begriffe aufgeführt, die erfahrungsgemäss besonders relevant sind und entsprechend häufig verwendet werden. Indem wir sie zur Sprache bringen, können wir alle Aspekte der obengenannten Beweggründe und Inhalte bei der Beurteilung einer Zeichnung einsetzen und sie können so gleichsam zu den Ausgangspunkten jeder Beurteilung werden :

Consequently, at the end of this text there is a graphic overview, similar to a “network plan,” of semantic, associative, and formal expressions with the above list of terms serving as a central point of orientation. It also provides information regarding where and to what extent it is possible to create relationships between apparently unrelated terms and expression. Moreover, it also demonstrates how individual paths can be forged.

1 Unmittelbarkeit / 2 Analyse / 3 Persönlichkeit / 4 Intuition / 5 Untersuchung / 6 Fantasie / 7 Rhythmus / 8 Konsequenz / 9 Tradition / 10 Virtuosität / 11 Stofflichkeit / 12 Detail Jeder dieser Begriffe lässt ähnliche, benachbarte und verwandte mit anklingen. Es liegt in der Natur der Sache, dass es von Person zu Person, Zeichner und Betrachter, zahlreiche verschiedene und immer wieder neue Begriffsvarianten und andere Verflechtungen zwischen benachbarten Begriffen gibt. Deshalb soll die nachfolgende grafische Übersicht, ähnlich eines « Netzplans », solche semantischen, assoziativen und formalen Nachbarschaften und Verflechtungen sichtbar machen, wobei die oben genannten Begriffe als zentrale Stationen fungieren. Sie soll aber auch darüber Aufschluss geben, an welchen Stellen und in welchem Mass es möglich ist, Verbindungen zu schaffen zwischen scheinbar voneinander entfernten Begriffsfeldern, und sie soll aufzeigen, wie sich individuelle Wege beschreiten lassen.

Abb. S. 21 links: Benjamin Ruckstuhl 50 x 70 cm, Kohle Abb. S. 21 rechts: Lukas Lieder 42 x 59,4 cm, Feder

Fig. p. 21 left: Benjamin Ruckstuhl 50 x 70 cm, Coal Fig. p. 21 right: Lukas Lieder 42 x 59.4 cm, Drawing Pen

Abb. S. 22: Jonathan Ruf 21 x 29,7 cm, Bleistift Abb. S. 23: Beda Klein 42 x 59,4 cm, Bleistift Abb. S. 24 links: Tanja Schaub 15 x 21 cm,  Filzstift Abb. S. 24 rechts: Mirjam Beyeler 29,7 x 42 cm, Kohle

Fig. p. 22: Jonathan Ruf 21 x 29.7 cm, Pencil Fig. p. 23: Beda Klein 42 x 59.4 cm, Pencil Fig. p. 24 left: Tanja Schaub 15 x 21 cm, Felt Marker Fig. p. 24 right: Mirjam Beyeler 29.7 x 42 cm, Coal

026 027

Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

Begriffskarte

TERMINOLOGY CHART

Beschäftigt man sich mit dem Benennen der Aspekte einer Zeichnung und ihren Entwicklungsmöglichkeiten, erfolgt dies immer in einem komplexen Umfeld von Begriffen. Durch diese sind Zuordnungen und Positionierungen möglich, sei es für den Betrachter wie auch für den Macher. Zeichnungen verfügen immer über verschiedene Aspekte, die individuell

Identifying aspects of a drawing and its possibilities of development takes place using a complex system of terms. These facilitate categorization and contextualization for both the viewer and the person drawing. Drawings always possess different aspects that can be considered and in-

ANALYSE ANALYSIS

VERHALTEN CAUTIOUS

ARCHITEKTONISCH ARCHITECTURAL

ZÖGERND VORSICHTIG CAREFUL

TRADITION TRADITION TASTEND GROPING

BEFREIT FREED

SINNLICH SENSUAL

INTUITION INTUITION

UNTERSUCHUNG INQUIRY

ACHTSAM HEEDFUL

FÜHLEN TO FEEL

WILD WILD

CHAOTISCH CHAOTIC

EROTISCH EROTIC

EXPLOSIV EXPLOSIVE

VIRTUOSITÄT VIRTUOSITY DIREKT DIRECT

EIGENWILLIG HEADSTRONG

UNBEWUSST UNCONSCIOUS EHRLICH HONEST

SPONTAN SPONTANEOUS

HEFTIG INTENSE

ÜBERLADEN OVERLOADED

EXPRESSIV EXPRESSIVE MANIERIERT MANNERED

UNMITTELBARKEIT DIRECTNESS

GESTALTUNGSWILLE COMPOSITIONAL INTENTION

WAHRNEHMEN TO PERCEIVE

EIGENSTÄNDIG INDEPENDENT

gewichtet und interpretiert werden. Ähnlich den Stationen eines Netzplans sind sie aber jederzeit vorhanden und erreichbar. Sie erlauben die Bestimmung des gegenwärtigen Standorts ebenso wie das Aufzeigen von Wegen zum Erreichen neuer Ziele. Diese können in unmittelbarer Nachbarschaft liegen oder sie sind weit voneinander entfernt und nur über Umwege erreichbar.

KONKRET CONCRETE

KONSEQUENZ CONSEQUENCE

STRENG RIGOROUS

GEWISSENHAFT PAINSTAKING

GENAU PRECISE

BEQUEM COMFORTABLE

RESPEKTVOLL RESPECTFUL

KOPIE COPY

REDUZIERT REDUCED

SPARSAM SKIMPY STRIKT RIGID

KLAR CLEAR

AUFMERKSAM ATTENTIVE

OBERFLÄCHLICH SUPERFICIAL

MATT MATT

KARG STINTED

BEOBACHTEN TO OBSERVE

SORGFÄLTIG CAREFUL

terpreted individually. They are similar to the stations of a network plan, in that they are always available and accessible. They make it possible to determine one’s present location, as well as to display the paths needed to reach new goals. The stations can be close to one another or more distant, or can be reached only by means of detours.

ABSTRAKT ABSTRACT

RHYTHMUS RHYTHM LEBENDIG LIVELY

DYNAMISCH DYNAMIC VERBINDLICH ENGAGING

ERINNERN TO REMEMBER

DETAIL DETAIL LIEBEVOLL SWEETLY

BESEELT ANIMATED ZART

TENDER REICHHALTIG RICH

GROSSZÜGIG GENEROUS

HINGEBUNGSVOLL DEVOTED AUTHENTISCH AUTHENTIC

PERSÖNLICHKEIT PERSONALITY

ÜBERZEUGT CONVINCED

STOFFLICHKEIT MATERIALITY

WAHR TRUE INTENSIV INTENSIVE

FANTASIE FANTASY

028 029

Zeichnungen bezeichnen Drawn from drawings

übersichtskarte

General Outline

Legt man eine Übersicht unseres gesamten Bildmaterials aus – Zeichnungen, die an der Schule für Gestaltung Basel entstanden sind –, ergeben sich Zuordnungen nach den verschiedenen Oberbegriffen. Offensichtlich ist aber auch, dass enge Nachbarschaften bestehen, die Verbindungen

On examining our image material—drawings created at The Basel School of Design—categorizations begin to emerge in accordance with different general terms. Obviously, it is also possible for closely related areas to develop that form

ANALYSE ANALYSIS UNTERSUCHUNG INQUIRY

TRADITION TRADITION

INTUITION INTUITION

VIRTUOSITÄT VIRTUOSITY

UNMITTELBARKEIT DIRECTNESS

über die Begriffsgrenzen hinweg und zwischen den Begriffsregionen mög- connections between terminological regions and that reach lich machen. Diese erzeugen die Verbindungswege zwischen den Begriffs- beyond any terminological borders. These create the stationen im « Netzplan » auf der vorherigen Seite. connections between terminological stations in the “network plan” on the previous page.

KONSEQUENZ CONSEQUENCE

RHYTHMUS RHYTHM DETAIL DETAIL

STOFFLICHKEIT MATERIALITY

PERSÖNLICHKEIT PERSONALITY

FANTASIE FANTASY

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1 D – Die erste dimension 1 D — the first dimension

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zeichnen in Zwolf stationen Drawing in twelve stations Die Übersichtskarte ist etabliert; nun soll das Schlaglicht auf die darin verorteten Zeichnungen fallen. Diese sind an der Schule für Gestaltung Basel im Rahmen verschiedenster Kurse und methodischer Übungen entstanden. Unsere Zuordnung setzt sich aber explizit über Fächergrenzen hinweg. Und selbst das Aufgabendispositiv lässt noch keine voreilige Zuordnung zu den Kategorien der Karte zu : Zu gross ist noch beim starrsten Auftrag die Entscheidungsfreiheit des Zeichners. Zu gross auch, um sie mit einer Hilfskonstruktion wie der Karte zu bändigen : Es muss immer beim Zuordnungsversuch bleiben, kategorische und präskriptive Verortungen lässt keine Zeichnung zu. The general plan has been established; now the focus should be directed to the drawings. They were created during different courses and methodical exercises at The Basel School of Design in Switzerland. Yet, we have specifically applied a cross-disciplinary system of categorization— even the different assignment outlines cannot create drawings that can be hastily categorized : there is too much freedom of decision on the part of the drawer; too much even in the most rigid assignment to allow drawings to be compiled by means of a tool such as a chart. They must remain in the state of attempting to be categorized. Drawings do not allow categorical or prescriptive classification.

Zeichnungen von Studenten der Schule für Gestaltung Basel / Drawings by Students of The Basel School of Design

1 Unmittelbarkeit Wie durch einen Seismographen wird in der Zeichnung jede neue Wahrnehmung registriert. Indem sie sich nie dem Endprodukt verpflichtet, dokumentiert sie permanent nur diesen Akt. Sie schreibt nieder, was ihr die Wahrnehmung diktiert. Mit dieser Unmittelbarkeit öffnet sich der Zeichner dem darzustellenden Objekt vollkommen und lässt neue und unerwartete Darstellungsweisen zu. Geordnet wird, wenn überhaupt, erst später.

1 Directness Every new perception is registered in drawings, as if through a seismograph. Drawing is constantly documenting for this act alone, because it is not accountable to an end product. It records whatever the perception dictates. With such a level of directness, the person drawing is completely open to the object being drawn, and permits a new and unexpected means of presentation. This is ordered and structured at a later time, if at all.

1.1 Christine Hügin 100 x 73 cm, KC / 1.2  Jonathan Ruf 18 x 12 cm, BP / 1.3  Nora Eckert 21 x 29,7 cm, FP / 1.4  Daniel Tschumi 14 x 16 cm, GG / 1.5  Vittorio Brodmann 70 x 50 cm, FF / 1.6  Vittorio Brodmann, 70 x 50 cm, FF / 1.7  Nadine Gasser 29,7 x 42 cm, AA / 1.8  Daniel Tschumi 16 x 21 cm, FF / 1.9  Barbara Sutter 7,5 x 11 cm, FF / 1.10  Tobias-Michael Schmid 59,4 x 42 cm, KC / 1.11  Renata Borer 29,7 x 42 cm, TI (laviert/wash) / 1.12  Christine Beglinger 42 x 29,7 cm, BP / 1.13  Tanja Schaub 21 x 29,7 cm, FF / 1.14  Isabelle Hofmann 14,5 x 21 cm, BP / 1.15  Isabelle Hofmann 21 x 21 cm, BP / 1.16  Yasunori Morinaga 29,7 x 21 cm, BP

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

042 043

Unmittelbarkeit Directness

1.1

Konturen, Oberflächen oder markante räumliche Ereignisse lösen diese Zeichnungen aus. Sie werden als Erlebnis niedergeschrieben, ohne erklären zu wollen. The starting point of these drawings is contours, surfaces, or specific spatial situations. They are recorded as an experience that does not need to be explained.

1.2

1.3

1.4

044 045

Unmittelbarkeit Directness

1.6

1.5

1.7

Grosszügige Flächigkeit ebenso wie detaillierte Überschneidungsfolgen ergeben ein Ganzes und stellen die Figuren in einen räumlichen Zusammenhang. Large surface areas and a series of detailed overlapping work together to form a whole, while placing the figures in a spatial context.

046 047

Unmittelbarkeit Directness

1.8

1.9

Wuchtig teilen sich die Strukturen dem Zeichner mit. Flächen treffen auf andere, verschmelzen oder überlagern einander. Keine Ordnung steht dem Prozess des Erfassens im Weg. Structures are a powerful tool for the artist. Surfaces converge, merge, or overlap. There is no preconceived order that might hinder the process of understanding.

1.10

048 049

Unmittelbarkeit Directness

1.11

1.12

1.13

Eine Materialstruktur und eine Negativform werden durch eine Halbtonfläche zur Einheit. Strukturen wirbeln über das Blatt. Erfasste Konturen werden nachempfunden oder sogar blind gezeichnet. All das zeigt : Nicht nur Beobachten ist Wahrnehmen. A half-tone surface unifies the material structure and a negative form to create a whole. Structures whirl across the paper. The recorded contours are sensed or even blindly drawn. This all proves that observation is not the only form of perception.

050 051

Unmittelbarkeit Directness

1.14

Linienrichtungen, Abfolgen von Halbtönen, Strukturen. In ihrer dynamischen Gesamtheit werden sie zum Abbild organischer Objekte und bestechen durch ihren Verzicht auf Systematik. Linear direction, a series of half-tones and structures. The dynamic total of these elements creates an image of organic objects, all the more intriguing because it waives a systematic approach.

1.15

16

1.16

052 053

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

2 Analyse Analytisch zeichnen heisst Eindringen in die Zusammenhänge dessen, was man wahrnimmt. Sie werden aufgespürt und erkennbar gemacht. Das kann bedeuten, dass eine grundlegende Basisform grosszügig in Erscheinung tritt, wie auch, dass jede erkennbare Detailsituation hergeleitet und in ihren Zusammenhang zur Gesamtheit gestellt wird. Thema der analytischen Zeichnung ist auch immer der Zusammenhang zwischen Form und Funktion, sei es bei organischen oder anorganischen Objekten.

2 Analysis Drawing analytically means penetrating the context of what one perceives. It is searched out and identfied — which can imply that a fundamental, basic form freely emerges, and that, from this, every identified, detailed situation is derived and placed into context so as to form a whole. The subject of analytical drawing is also the relationship between form and function, whether it is dealing with organic or inorganic objects.

2.1 Christine Hügin 100 x 67 cm, BP / 2.2 Petra Soder 59,4 x 42 cm, BP / 2.3 Nicole Schmid 42 x 59,4 cm, BP / 2.4 Andrea Hildbrand 42 x 59,4 cm, BP / 2.5 Andrea Hildbrand 59,4 x 42 cm, BP / 2.6 Roland John 59,4 x 42 cm, BP / 2.7 Nena Babic 75 x 50 cm, KC / 2.8 Sibylle Stauffer 42 x 59,4 cm, BP / 2.9 Joël Neugebauer 59,4 x 42 cm, BP / 2.10 Sabine Oberholzer 59,4 x 42 cm, BP / 2.11 Sarah Steinbacher 59,4 x 42 cm, BP

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

054 055

Analyse Analysis

2.1

Zusammenhänge zwischen Sichtbarem und Spürbarem, zwischen der Erscheinungsform und ihrer Ursache lassen Kompaktes transparent erscheinen. Compact forms can appear transparent by drawing a parallel between the visible and the suggestive, or between the manifestation and its cause.

2.2

2.3

056 057

Analyse

Um einer Sache auf den Grund zu gehen, dringen die Zeichnungen in die zu erforschende Form ein.

Analysis

The drawings penetrate the form in order to investigate it.

2.4

2.5

2.6 >

058 059

Analyse Analysis

2.7

Sichtbares wird auf Ursachen untersucht. Die Zeichnungen thematisieren erkannte oder geahnte Zusammenhänge. The source of what is visible is investigated. The drawings focus thematically on known or felt relationships. 2.8

2.9

060 061

Analyse Analysis

2.10

Das Drehen und Wenden des Objekts gleicht einer Vorführung. Der Betrachter wird in die Lage versetzt, den Erkenntnisprozess des Zeichners nachzuvollziehen. The spinning and turning of an object is like a performence. The viewer feels compelled to follow the thought process of the drawer.

2.11

062 063

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

3 PERSoNLICHKEIT Manchmal braucht es Mut, anders zu sein als die anderen, ein Ergebnis als eigenes zu erkennen und es weiter zu verfolgen. Für alle sichtbar geht man seinen eigenen Weg, ohne sich von seiner Andersartigkeit beirren zu lassen, aber auch, ohne stur auf den persönlichen Ansichten zu beharren. Wer die Kraft hat, eigenständige Lösungen zu kreieren, ohne die allgemeingültigen Ansätze aus dem Auge zu verlieren, findet zu persönlichen zeichnerischen Ausdrucksformen und damit zu Authentizität.

3 personality It takes courage to be different from the others, to recognize a result as distinctive and to follow it further. You follow your own path for all to see, without being misled by your own otherness, but also without stubbornly insisting on your personal views. If you have the strength to create your own solutions, without losing sight of the universal approaches, you will find a personal formal expression in drawing and, consequently, authenticity.

3.1 Judith Eckert 75 x 54 cm, MM / 3.2 Anina Trösch 70 x 50 cm, FG / 3.3 Yelisaveta Staehlin 70 x 50 cm, FG / 3.4 Lukas Lieder 50 x 37 cm, MM / 3.5 Lukas Lieder 50 x 70 cm, MM / 3.6 Petra Soder 59,4 x 42 cm, BP / 3.7 Petra Soder 59,4 x 42 cm, BP / 3.8 Lenah Ernst 42 x 29,7 cm, FF / 3.9 Ingo Bitsch 59,4 x 42 cm, BP / 3.10 Markus Schmidt 40 x 22 cm, FF / 3.11 Rahel Messerli 70 x 50 cm, FF / 3.12 Ba-Le Dang 59,4 x 42 cm, BP / 3.13 Jennifer Link 9 x 23,5 cm, FF / 3.14 Tabea Martin 14 x 22 cm, FF / 3.15 Stefanie Wullschleger 42 x 29,7 cm, KC / 3.16 Stefanie Wullschleger 42 x 29,7 cm, KC / 3.17 Tobias-Michael Schmid 59,4 x 42 cm, KC

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

064 065

Persönlichkeit Personality

3.1

Jeder Strich, jede Fläche, jede Struktur zeigt unverwechselbar den Autor und seine Haltung. Each line, every surface, every structure is proof of the uniqueness of the author and his or her attitude.

3.2

3.3

066 067

Persönlichkeit Personality

3.4

3.5

3.6

3.7

Dinge, die man schon gesehen zu haben meint, werden durch diese subjektiven zeichnerischen Schilderungen auch für den Betrachter zu neuen Erfahrungen. Things believed to have already been seen by the viewer become a new experience through these subjective drawings.

068 069

Persönlichkeit Personality

3.8 3.9

Direkte Berührung, zarter Hauch, strikte Klarheit oder poetische Auflösung. Diese Zeichnungen geben nicht nur Auskunft über die dargestellten Personen. Direct touch, a gentle stroke, absolute clarity, or poetic release. These drawings provide more than just information about the person being portrayed.

3.10

3.11

070 071

Persönlichkeit Personality

3.12

3.13

3.14

Die Persönlichkeit des Zeichners beleuchtet die Dinge. Seine Sichtweise lässt sie tiefgründig und komplex werden oder leicht und selbstverständlich. The personality of the person drawing elucidates that which is being depicted. His or her perspective depicts them either in a profound and complex, or light-hearted and obvious manner.

072 073

Persönlichkeit Personality

3.15

3.16

Der eine sieht das flächig-tonige Chaos und lässt die Formen miteinander verschmelzen, der andere strafft alles zur linear-rhythmisierten Ordnung. One person sees surface tonal chaos and lets the forms merge; the other tightens the composition with a linear and rhythmic order.

3.17

074 075

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

4 Intuition Das Fühlen betreut die Wahrnehmung. Damit verliert die Beobachtung als intellektueller Akt an Bedeutung. Wichtig ist das, was die Intuition im Zeichner ausgelöst hat, und das ist es auch, was die Zeichnung dokumentieren will. So kann die Zeichnung den Ballast von « richtig » und « falsch » abwerfen. Sie ist nur dem Autor verpflichtet, nicht dem Betrachter. Ihre individuelle Wahrheit ist nie objektiv.

4 Intuition Emotions always accompany perception. Consequently, observation loses significance as an intellectual act. What remains important is that which the intuition triggered in the person drawing, which is precisely what drawing wants to document. Thus, drawing can rid itself of the burden of “right” and “wrong.” It is only accountable to the author, not the observer. And its particular truth is never objective.

4.1 Beatrice Dobler 47 x 51 cm, MM / 4.2 Barbara Sutter 10 x 15 cm, BP / 4.3 Dominik Meuter 29,7 x 42 cm, BP / 4.4 Rahel Messerli 70 x 50 cm, BP / 4.5 Christine Hügin 70 x 50 cm, KC / 4.6 Anouk Stähli 70 x 50 cm, KC / 4.7 Christine Hügin 100 x 70 cm, KC / 4.8 Kathrin Siegrist 70 x 50 cm, BP / 4.9 Therese Brodbeck 60 x 50 cm, KC / 4.10 Harald Friesewinkel 50 x 23,5 cm, BC (auf schwarzem Papier, on black paper) / 4.11 Willy Schneider 42 x 59,4 cm, FG / 4.12 Therese Brodbeck 29,7 x 42 cm, AA / 4.13 Ballint Kostyal 50 x 70 cm, KC

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

076 077

Intuition Intuition

4.1

Alles kommt an den Platz, den es dem Empfinden nach haben muss. Komposition entsteht in diesen Zeichnungen ohne Ordnung. Everything should be placed where it seems right. Composition in this drawing is created without a planned order.

4.2

4.3

078 079

Intuition Intuition

Die Beziehung der Figuren zum Raum oder anatomische Sachverhalte werden nicht explizit zum Gegenstand der Betrachtung. Doch sie sind spürbar. The relationship between figures and space or anatomical facts is the main object of attention, yet they are a subtle presence.

4.4

4.5

4.6

4.7

080 081

Intuition Intuition

4.8

4.9

Ohne dass objektiv Messbares eine Rolle spielen muss, werden Figuren als Träger von Kraftströmen und Energien dargestellt. Figures still convey energy and force without any elements that can be objectively measured.

4.10

082 083

Intuition Intuition

4.11

Ein Strassenzug schimmert, Blüten duften, eine Aktfigur wird zur wilden Landschaft: Hier waren in erster Linie Empfindungen « federführend ». A residential street shimmers, there is the scent of blossom, a nude becomes a wild landscape : in this example, feelings played a leading role.

4.12

4.13

084 085

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

5 UNTERSUCHUNG Jede Erkenntnis löst eine weitere aus. Wem es gelingt, ein Objekt aufmerksam zu untersuchen und gleichzeitig darauf zu verzichten, vorgefasste Darstellungsideen verwirklichen zu wollen, der wird bei jeder zeichnerischen Annäherung immer wieder aufs Neue fündig werden. Wer eine solche Untersuchung als Akt der Bereitschaft versteht, Neues vorzufinden und zu akzeptieren, der macht gerade die Zeichnung zu einem Vorgang der unendlichen Erfahrung.

5 Inquiry Every realization leads to another realization. Those who manage to carefully examine an object, while refusing to merely satisfy preconceived ideas, will find something new with every act of drawing. Moreover, those who understand such an inquiry as an act of being willing to discover and to accept, will make drawing a process of constant experience.

5.1 Barbara Sutter 15 x 21 cm (6x), MM / 5.2 Marcel Renggli 29,7 x 42 cm, BP / 5.3 Therese Brodbeck 33 x 48 cm, AA, TI / 5.4 Therese Brodbeck 29,7 x 42 cm, FF / 5.5 Therese Brodbeck 29,7 x 42 cm, BP / 5.6 Therese Brodbeck 42 x 70 cm, BP / 5.7 Therese Brodbeck 29,7 x 42 cm, KB / 5.8–5.11 Judith Knapp 42 x 59,4 cm, BP / 5.12 Yasunori Morinaga 14,8 x 21 cm, BP / 5.13–5.15 Yasunori Morinaga 10 x 14,8 cm, BP / 5.16 Yasunori Morinaga 21 x 14,8 cm, BP / 5.17 Willy Schneider 21 x 29,7 cm, BP / 5.18 Willy Schneider 21 x 29,7 cm, BP / 5.19 Lukas Lieder 42 x 59,5 cm, TI, (Pinsel, brush) / 5.20 Lukas Lieder 35 x 39 cm, MM / 5.21 Lukas Lieder 41 x 80 cm, MM / 5.22 Lukas Lieder 44 x 59 cm, KC / 5.23 Lukas Lieder 50 x 74 cm, MM / 5.24–5.28 N.N. 14,8 x 21 cm (5x), BP (Radiergummi, erasor) / 5.29 N.N. 42 x 59,4 cm, BP / 5.30–5.33 N.N. 42 x 59,4 cm, BP (Radiergummi, erasor) / 5.34–5.39 N.N. 21 x 14,8 cm, BP (Radiergummi, erasor)

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

086 087

untersuchung Inquiry

5.1

Ein Bild allein reicht nicht aus. Das zweite versucht die versäumten Aspekte des ersten aufzuzeigen, das dritte diejenigen des zweiten. Jedes offenbart neue Erkenntnisse. 5.2

One picture is not enough. The second one tries to pinpoint the failed aspects of the first, the third does this for the second. Each new picture reveals new findings.

5.3

5.4

5.5

5.6

5.7

088 089

untersuchung Inquiry

5.8–5.11

Verblüffende Metamorphosen eines Objekts und immer neue interpretatorische Ansätze für die Skizzenarbeit sind das Ergebnis der konsequenten, unvoreingenommenen Untersuchung. The striking metamorphosis of an object and new stylistic approaches to drawing are the result of methodical, impartial investigation.

5.12

5.16

5.13–5.15

090 091

untersuchung Inquiry

5.17

5.18

Die beharrliche Untersuchung eröffnet den Blick auf eine schier unendliche Vielfalt in der Erscheinung der Objekte. Persistent investigation makes one aware of how infinitely diverse an object can appear.

5.19 5.22

5.20

5.21

5.23

092 093

untersuchung Inquiry

5.24–5.28

5.29

Darstellungstechnische Grenzen geraten in Fluss. Aus gezeichneten Linien werden Begrenzungen von Flächen. Sie stellen sich als Abstufungen von Dunkel oder Hell dar und werden zu gemalten Flecken. The borders between different methods of drawing begin to shift. Lines become surfaces. They are presented as gradations of dark or light painted areas.

5.30–5.33

5.34–5.39

094 095

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

6 FANTASIE Eine Zeichnung stellt immer eine subjektive Weltsicht dar. Unabhängig von ihrer Qualität ist sie immer ein Abbild von Vorstellungen und Interpretationen der jeweiligen Zeichnerpersönlichkeit. Bisweilen prägen diese Vorstellungskraft und das individuelle Verständnis zeichnerischer Problemstellungen eine Arbeit bis in ihre tiefsten Schichten. Die Darstellung dokumentiert dann ein Gleichgewicht von Wahrnehmung und Ahnung.

6 FANTASY A drawing always presents a subjective view of the world. Regardless of its quality, it is always an illustration of the imagination and interpretations of the person who is drawing. Occasionally, this power of imagination and the individual understanding of questions posed by drawing deeply influence a work. The presentation documents the balance between perception and intuitiveness.

6.1 Therese Pfarrer 59,4 x 42 cm, BP / 6.2 Colette Ochsé 42 x 29,7 cm, BP / 6.3 Géraldine Meyer 42 x 59,4 cm, BP / 6.4 Helena Nidecker 59,4 x 42 cm, BP / 6.5 Patrick Oser div. Formate, various formats, BP, FF / 6.6 Daniela Seccia 42 x 59,4 cm, BP / 6.7 Joël Schwarz 21 x 29,7 cm, BP / 6.8 Joël Schwarz 29,7 x 21 cm, BP / 6.9 Joël Schwarz 21 x 29,7 cm, BP / 6.10 Joël Schwarz 29,7 x 21 cm, BP / 6.11 – 6.12 Nicole Schmid 20,5 x 14,5 cm, Nadel auf beschichteter Kopierfolie, scratched coated polyester film / 6.13 Alexander Elsaesser ca. 14 x 19 cm, FF / 6.14 Alexander Elsaesser ca. 14,7 x 13,6 cm, FF / 6.15 alexander Elsaesser ca. 10,5 x 16 cm, FF / 6.16–6.19 Karin Isler 50 x 35 cm, BP / 6.20 Elisabeth Eiholzer 50 x 35 cm, FG

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

096 097

Fantasie Fantasy

6.1

6.2

Jede Linie ist eine Idee, eine Erfindung. In ihrer Summe verspinnen sie sich zu fantastischen imaginären Räumen, die man als Betrachter begehen kann. Each line is an idea, an invention. Together they form fantastical, imaginary spaces that the viewer can enter.

6.3

6.4

098 099

Fantasie Fantasy

6.5

Dem Objektiven und Realen folgen Interpretationen und Umsetzungen. In jeder schlummert das Potenzial für die nächste und jede löst unmittelbar eine weitere aus. The objects and the real are products of interpretations and reactions. They are a triggering force, and hold the potential for the next one.

100 101

Fantasie Fantasy

6.6

Imaginäre abstrakte Strukturen und Rhythmen werden zu nachvollziehbaren Objekten konkretisiert. Imaginary abstract structures and rhythms are given concrete form and become comprehensible objects.

6.7

6.8

6.9

102 103

Fantasie Fantasy

6.10

6.11–6.12

Schon die Zeichentechnik aktiviert die Vorstellungskraft der Betrachter. Einzelne Bilder summieren sich zu Abläufen und werden als Geschichte erkannt und gelesen. Even the drawing technique can activate the viewer’s imagination. Individual images add up to form sequences and are recognized and read as narrative.

104 105

Fantasie Fantasy

6.13

6.14

6.15

Expressive Schraffuren, übersteigerte Perspektiven oder eine spektakuläre Unregelmässigkeit machen die Zeichnungen zu Projektionsflächen der Fantasie des Betrachters. Expressive chiaroscuro, extreme perspectives, or a spectacular irregularity make these drawings an object of projection for the viewer’s fantasy.

106 107

Fantasie Fantasy

6.16–6.19

6.20

Erlebte Strukturen, unmittelbare Bewegungsabfolgen oder nachempfundene Rhythmen werden zu sichtbaren Interpretationen, die nun ihrerseits den Betrachter mobilisieren. Experienced structures, direct sequences of movements, or sensed rhythms become visible interpretations that mobilize the viewer.

108 109

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

7 RHYTHMUS Der Grundimpuls zur rhythmischen Darstellung geht vom Darzustellenden selbst aus. Dieser Rhythmus wird die Zeichnung prägen, wenn der Zeichner ihn erfasst hat. Sobald sich die ersten Linien auf dem Blatt ablesen lassen, machen sie sichtbar, in welcher Abfolge Beobachtungen und zeichnerische Impulse einander auslösen. Ihr Zusammenspiel wird zu einem komponierten Gefüge. In dem Mass, in dem es sich manifestiert und an Verbindlichkeit gewinnt, werden ihm die weiteren Beobachtungen angepasst.

7 rhythm The basic impulse of rhythmic presentation begins with what is to be presented. This rhythm will influence and shape the drawing if the drawer has captured it. As soon as the first lines are drawn on the paper, they reveal the sequence which observations and drawing impulses mutually elicit from each other. This interplay becomes a composed structure. Further observations are adapted in relation to the degree to which this is manifested, and how much it gains in accountability. 7.1 Joël Neugebauer 42 x 59,4 cm, BP / 7.2 Werner Imholz 20,5 x 29,7 cm, FG / 7.3 Markus Ramirez 57 x 50 cm, FG / 7.4 Hanna Wüthrich 65 x 38 cm, MM / 7.5 Balint Kostyal 70 x 50 cm, PP / 7.6 Anna Brugger 70 x 50 cm, BP / 7.7 Fabian Peña 32 x 22 cm, MM / 7.8 Fabian Peña 32 x 21 cm, MM / 7.9 Emanuel Roth 13 x 22 cm, BP / 7.10 Martina Schnyder 59,4 x 42 cm, BP / 7.11 Barbara Sutter 20,5 x 14,5 cm, FD, TI (Rohrfeder, Reedpen) / 7.12 Brigitta Brunetti 59,4 x 42 cm, BP / 7.13 Tabea Martin 12 x 17,5 cm, GG / 7.14 Isabelle Hofmann 14,5 x 21 cm, BP / 7.15 Yasunori Morinaga 10,5 x 14,8 cm, FF / 7.16 Tobias-Michael Schmid 59,4 x 42 cm, KC / 7.17 Lina Klotz 42 x 59,4 cm, BP / 7.18 Laura Christen 29,7 x 42 cm, BP / 7.19 Laura Christen 29,7 x 42 cm, BP / 7.20 Laura Christen 42 x 59,4 cm, BP / 7.21 Werner Imholz 59,4 x 42 cm, BP

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

1 10 111

Rhythmus Rhythm

7.1

7.2

Senkrechte und Schrägen verdichten sich zu rhythmischen Gebilden oder lösen diese auf. So übertragen die Linien Energien aufeinander. The lines convey energy to one another through verticals and diagonals that become rhythmic forms or act to dissolve them.

1 12 1 13

Rhythmus Rhythm

7.4

7.3

7.5

Markante Abfolgen bezeichneter und unbezeichneter Flächen lassen erkennen, in welchem Rhythmus die Zeichner dem Impuls folgten, ihre Beobachtung zu Papier zu bringen. Striking successions of covered or blank sections of paper reflect the rhythm with which the drawer conveyed his or her observations on paper.

7.6

1 14 1 15

Rhythmus Rhythm

7.8

7.7

7.9

7.11

7.10

Die Zeichner erkennen die Objektgruppen als rhythmisierte Kompositionen. Bei der Darstellung gelingt es ihnen, diesen Aspekt in den Vordergrund zu stellen. The drawer sees the group of objects as a rhythmic composition and emphasizes this aspect in the drawing.

1 16 1 17

Rhythmus Rhythm

7.12

7.15

7.13

7.14

Der Rhythmus ist in der Komplexität des Dargestellten verborgen. Erst die Zeichner entwickeln ihn zu etwas Sichtbarem. The rhythm is hidden in the complexity of subject matter. The drawer develops it into something visible.

1 18 1 19

Rhythmus Rhythm

7.16

7.17

Die Zeichnungen machen nachvollziehbar, wie sich in verschiedenen Dimensionen Rhythmen in den Raum hinein entwickeln. The drawings show how rhythm develops in different dimensions within space.

120 121

Rhythmus Rhythm

7.18–7.20

Die architektonischen Strukturen werden souverän zu rhythmisierenden Darstellungselementen herauskristallisiert. Architectural structures are developed confidently as rhythmic elements of representation.

7.21 >

122 123

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

8 KONSEQUENZ Der eingeschlagene Weg wird weiterverfolgt. Es ist ein Abwägen : Zu Beginn nimmt der Zeichner gewisse Eigenschaften seines Objekts wahr und entscheidet sich für eine bestimmte stilistische Darstellungsweise. Jede neue Beobachtung stellt ihn nun vor die Herausforderung, ob auch sie in dieser Art wiedergegeben werden kann. Gelingt es, so wird die Zeichnung zum Dokument der Konsequenz und diese zur Reinheit des Stils.

8 Consequence You follow the chosen path, and you need to weigh options : the person drawing begins by perceiving certain aspects of an object and decides on a certain stylistic manner of presentation. Every new observation poses the question as to whether it too can be presented in this manner. If this is possible and successful, the drawing becomes a document of a consequence and this, in turn, becomes purity of style.

8.1 Renata Borer 29,7 x 42 cm, BP / 8.2 Michael Christ 21 x 29,7 cm, BP / 8.3 Rahel Messerli 70 x 50 cm, FF / 8.4 Anna Brugger 70 x 50 cm, BP / 8.5 Tobias-Michael Schmid 29,7 x 42 cm, BP / 8.6 Jennifer Link 21 x 29,7 cm, FF / 8.7 Johannes Graf 59,4 x 42 cm, BP / 8.8 Petra Soder 59,4 x 42 cm, FG / 8.9 Jonathan Ruf 12 x 7 cm, FF / 8.10 Lara SCHwander 55x 50 cm, BP / 8.11 Marius Buner 50 x 70 cm, FF

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

124 125

Konsequenz Consequence

8.1

8.2

8.4

8.3

So komplex die zahlreichen zeichnerischen Darstellungsprobleme auch sein mögen, sie werden ganz bewusst aus einer bestimmten zeichnerischen Haltung heraus gelöst. As complex as the many problems involved in drawing are, they can be solved strategically by means of certain deliberate approaches.

126 127

Konsequenz Consequence

8.5

Formal konsequente Zeichnungen präsentieren sowohl die Landschaften in stilistischer Reinheit als auch den sich intensivierenden Prozess des Erfassens des Objekts. Formally consistent drawings present both landscape in a stylistic purity as well as the intensifying process of focusing in on the object.

8.6

8.7

128 129

Konsequenz Consequence

8.8

Von der ersten bis zur letzten Linie sind diese Zeichnungen geprägt von der tiefen Überzeugung, die richtige stilistische Entscheidung getroffen zu haben. From the first to the last line, these drawings are deeply convinced they have made the correct stylistic decision.

8.10

8.9

8.11

130 131

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

9 TRADITION Jedes zeichnerische Tun steht mehr oder weniger offensichtlich in einem kunstgeschichtlichen Kontext. Mehr oder weniger bewusst strebt man eine Referenzarbeit an und eifert ihr sogar nach. Möglich ist auch die gegenteilige Haltung : Man lehnt sie ab und versucht, sich ausdrücklich von ihr zu unterscheiden. Als Orientierung sind die Werke, die man im Vorfeld zur Kenntnis genommen hat, in beiden Fällen wichtig. Die Auseinandersetzung mit der Tradition stellt das eigene Schaffen in eine Relation und kann die Perspektive auf die eigene Entwicklung eröffnen.

9 tradition Every act of drawing is essentially related to an art historical context. One aspires to and emulates a given work of reference more or less consciously. Yet the opposite approach is also possible : one can reject it and aim to be deliberately different. The works that one registers are important in both cases as a point of orientation. Being aware of tradition helps the person drawing gain perspective on his or her creative practice and development. 9.1–9.2 Marius Buner 70 x 50 cm, FF / 9.3 Willy Schneider 70 x 50 cm, BP / 9.4 Katja Dormann-Alexandrow 59,4 x 42 cm, BP / 9.5 Simone Fluri 59,4 x 42 cm, BP / 9.6 Janine Dähler 70 x 50 cm, KC (gehöht, raised) / 9.7 Anina Trösch 75 x 50 cm, KC / 9.8 Laura Catania 42 x 59,4 cm, BP / 9.9 Stephan Schmidlin 59,4 x 42 cm, BP / 9.10 Tobias Madison 59,4 x 42 cm, BP / 9.11 Martina Schnyder 59,4 x 42 cm, BP / 9.12 Renata Borer 29,7 x 42 cm, BP / 9.13 Jan Kunz 21 x 29,7 cm, KC / 9.14 Sarah Steinbacher 75 x 50 cm, BC / 9.15 Sarah Steinbacher 59,4 x 42 cm, BP / 9.16 – 9.17 Sarah Steinbacher 60 x 43 cm, FG / 9.18 Monika Grauwiler 70 x 50 cm, BC / 9.19 Kelly Moonkyung Choi 21 x 29,7 cm, BC / 9.20 Kelly Moonkyung Choi 21 x 29,7 cm, BC

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

132 133

Tradition Tradition

9.1–9.2

9.3

Traditionelle Mittel zur Schaffung von Räumlichkeit wie Überschneidungen, Schraffuren oder synchrone Binnenlinien dienen auch heute dazu, individuelle zeichnerische Lösungen zu erarbeiten. Traditional means of creating spatiality, such as overlapping, shading, or synchronous cross-hatching, are methods that can be applied today to develop individual solutions to drawing problems.

134 135

Tradition Tradition

9.5

9.4

9.6

9.7

Die traditionellen Darstellungen von möglicherweise als « verbraucht » geltenden Bildinhalten werden als aktuelle Herausforderung angenommen. Ihre sinnliche zeichnerische Umsetzung führt zur Erkenntnis, dass der Zeitpunkt ihrer Entstehung unbedeutend ist. Traditional representation of what might be considered “used” pictorial subject matter is adopted as a contemporary challenge. Its sensual translation through drawing demonstrates that the time it was originally created is unimportant.

136 137

Tradition Tradition

9.8

Die Intensität der Zeichnungen zeigt, dass es unabhängig von Zeitströmungen gewisse darstellerische Grundinteressen gibt, denen jeder in der eigenen zeichnerischen Laufbahn einmal nachgegangen sein will. The intensity of the drawings shows that certain basic themes are not subject to trends, and that everyone at one point or another has pursued them during his or her drawing career.

9.9

9.10

138 139

Tradition Tradition

9.11

Mit Hingabe werden hier gestalterische Grundprobleme wie Komposition oder Raumschilderung gelöst. Zwar mögen viele Arbeiten früherer Generationen dazu vorliegen, dennoch sind diese Zeichnungen geprägt vom Willen, diese Prozesse selbst zu durchlaufen. Fundamental design problems are solved here with devotion. Many works by previous generations may well have addressed such themes, yet these drawings are nonetheless marked by the desire to experience the process.

9.12

9.13

140 141

Tradition Tradition

9.14

9.15

9.16

9.17

9.18

9.19

9.20

Eine Quitte oder ein Stein wurden schon unzählige Male abgezeichnet. Aber was gilt diese Tatsache schon gegenüber dem Gefühl, diese heute selbst begriffen und dargestellt zu haben. A quince or a stone have been used as subject matter countless times. But that is nothing compared with the feeling to have understood and investigated them oneself through drawing or painting.

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zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

10 VIRTUOSITAT Die Wahrnehmung wird grosszügig zu Papier gebracht. Sie ist von Beginn an im Einklang mit dem grossen Ganzen. Darstellungsweise und Komposition bilden eine Einheit. Der Zeichner ist in jeder Linie mit seiner Interpretation spürbar, ohne die Eigenheiten des Darzustellenden gering zu schätzen. Diese Zeichnung ist immer Ausdruck von intensivem Gestaltungswillen.

10 virtuosity Perception is recorded freely on paper. It is in harmony with the overall whole from the very beginning. The manner of presentation and composition form a unity. The drawer’s interpretation can be sensed in every line, without overshadowing the specific details of what is being presented. This drawing is always an expression of an intense desire to compose.

10.1–10.2 Béatrice Dobler 75 x 100 cm, KC / 10.3 Jonathan Ruf 42 x 29,7 cm, BP / 10.4 Aline Cousin 70 x 50 cm, BP / 10.5 Janine Dähler 41,5 x 58 cm, FG (auf schwarzem Papier, on black paper) / 10.6 Stefan Fitzner 70 x 50 cm, MM / 10.7 Willy Schneider 59,4 x 42 cm, FG / 10.8 Jeannine Schneider 37,5 x 52 cm, BP / 10.9 Tiziana Lauda 59,4 x 42 cm, BP

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

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Virtuosität Virtuosity

10.1–10.2

10.3

Die Zeichner lassen den Betrachter miterleben, was sie im Moment des Zeichnens empfinden. Zweifel spielt dabei keine Rolle – weder bei der Strichführung noch bei der Blattaufteilung – sondern nur Überzeugung. The drawer lets the viewer experience what he or she feels. Doubt does not play a role here — neither in the manner in which a line is drawn nor in how the paper is divided. Conviction is the essence.

146 147

Virtuosität Virtuosity

10.4

10.5

Wir sind Zeuge von unendlich vielen authentischen zeichnerischen Entscheidungen. Sollten sich im Verlauf der Arbeit wider Erwarten einige als falsch erweisen, so dienen diese doch dazu, die richtigen als umso überzeugender erkennbar zu machen. We are witness to an infinite number of authentic decisions. If during the process of the drawing some of these prove incorrect, they still serve to make the correct decisions all the more convincing.

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Virtuosität Virtuosity

10.6

10.7

10.8

10.9

Wahrnehmung kann wie ein Sog sein. Diese Zeichner haben sich ihm hingegeben. Das Ergebnis sind Zeichnungen, die dem Betrachter spürbar mehr mitteilen als lediglich Gesehenes. Perception can be like a maelstrom, to which these drawers surrendered. The result is drawings that convey much more to the viewer than what the drawer would merely have seen.

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zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

11 STOFFLICHKEIT Das Auge streift wie ein tastender Finger über ein Objekt oder über eine Figur und entdeckt so Räumlichkeiten und Materialbeschaffenheiten als Thema der Zeichnung. So wird sie zu einer Art von Berührung. Nicht die Kontur, die Begrenzung ist ihr Interesse, sondern Inhalte, Massen und Oberflächen. Im Bewusstsein dieses Vorgangs beseitigt der Zeichner jegliche Distanz zum Darzustellenden und gewinnt eine grosse Direktheit.

11 materiality The eye skims over an object or a figure like a finger and thus discovers the spatiality and material qualities which the drawer wants to present. Hence, it is also a type of touching, but here the interest is in content, mass, and surface, rather than contours or the edges. Being aware of this process eliminates any distance, allowing for a more direct relationship to the subject matter.

11.1 Fabian Froehly 50 x 70 cm, KC / 11.2 Therese Brodbeck 50 x 70 cm, MM / 11.3 Silas Schwarz 75 x 50 cm, KC / 11.4 Franziska Burckhardt 76 x 58 cm, KC / 11.5 Beda Klein 59,4 x 42 cm, BP / 11.6 Barbara Sutter 9 x 11 cm, FF / 11.7 Tran Thai Kim 29,7 x 42 cm, FD, TI / 11.8 Isabelle Hofmann 14,5 x 21 cm, BP / 11.9 Fabian FroehlY 44,7 x 64 cm, FG / 11.10 Jean-Raphaël Ruff 18,5 x 26,5 cm, KC / 11.11 Jean-Raphaël Ruff 18,5 x 26,5 cm, KC / 11.12 Jurica Folnegovic 59 x 42 cm, KB

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

152 153

Stofflichkeit Materiality

11.1

11.2

Spröde, trocken und hohl; weich, glatt oder warm. Ohne haptisch geprägte Attribute lassen sich diese Zeichnungen nicht beschreiben. Der Begriff « Oberflächenbeschaffenheit » allein würde der Sinnlichkeit, die sie ausstrahlen, nicht gerecht. Rough, dry, and hollow; soft, smooth, or warm. These drawings cannot be described without mentioning haptic attributes. The expression “surface quality” alone would not do justice to the sensuality that they express.

11.3

154 155

Stofflichkeit Materiality

11.4

Diesen Bildern gelingt es, Licht und Raum darzustellen. Der Blick der jungen Frau eröffnet uns den Raum, der sie umgibt. Die schwirrenden Schraffuren auf Baum und Hauswänden sind offenbar bei hellem Sonnenlicht entstanden. These pictures successfully represent light and space. The young lady’s glance opens the space around her. The swirling lines on the tree and walls of the house have obviously been created by the bright sun.

11.5

156 157

Stofflichkeit Materiality

11.6

11.7

11.8

11.9

Zeichnungen können mehr sein als Abbilder. Sie erzählen von einem Windhauch, der eine Landschaft durchströmt, vom Geruch von Maschinenöl und schwerem alten Eisen oder davon, wie rau sich ein Kordelknäuel anfühlt. Drawings can be more than just illustrations. They can speak of a breeze that whirls through a landscape, of the smell of machine oil and heavy, old iron, or even of the rough surface of a ball of string.

158 159

Stofflichkeit Materiality

11.10

11.11

Die Darstellungen der Objekte zeigen in erster Linie den Kontext, in dem sie vorgefunden wurden. Die Bilder lösen sofort vollkommen unterschiedliche Empfindungen und Assoziationen aus. How objects are represented reveals the context in which they were found. The pictures immediately trigger very different emotions and associations.

11.12

160 161

zeichnen in Zwölf stationen Drawing in twelve stations

12 DETAIL Die Wertschätzung der Einzelheiten und deren Bedeutung für die Gesamterscheinung des Darzustellenden verleiht der Zeichnung Erzähltiefe. Sie lädt dazu ein, sich in sie hinein zu begeben. Ohne das Gesamte aus dem Auge zu verlieren, widmet sich diese Zeichnung mit Aufmerksamkeit und Hingabe den bei flüchtigem Hinsehen unscheinbaren Elementen. Sie gibt ihnen damit die Bedeutung, die bei dieser Betrachtungsweise die Darstellung einer Sache oder einer Figur prägt.

12 detail The appreciation of details and their meaning in relation to the overall whole that the drawing aims to present lends the work narrative depth. It invites the viewer to enter into the drawing. Without losing view of the whole, the drawing is attentive and devoted to what normally goes unseen by the fleeting eye. This manner of observation gives meaning to the moments and details that shape an object or a figure.

12.1 Aynur Kara 59,4 x 42 cm, BP / 12.2 N.N. 70 x 50 cm, BP / 12.3 Marius Buner 50 x 70 cm, FF / 12.4 Michael Christ 21 x 29,7 cm, BP / 12.5 Liliane Schaffner 42 x 59 cm, BP / 12.6 Werner Imholz 59,4 x 42 cm, BP / 12.7 Werner Imholz 59,4 x 42 cm, FF / 12.8 Werner Imholz 59,4 x 42 cm, BP / 12.9 Lukas Lieder 29,7 x 42 cm, FD, TI (Rohrfeder, Reedpen) / 12.10 Lukas Lieder 29,7 x 42 cm, FD, TI (Rohrfeder, Reedpen) / 12.11 Werner Imholz 38,5 x 28,5 cm, BP / 12.12 Frank Woschny 59,4 x 42 cm, BP

BP = Bleistift Pencil / KC = Kohle Coal / GG = Gouache Gouache / AA = Aquarell Aquarelle / FF = Filzstift Felt Marker / KB = Kugelschreiber Ball Point Pen / BC = Buntstift Colored Pencil / TI = Tusche Ink / FD = Feder Drawing Pen / ÖO = Ölkreide Oil Pastels / PP = Pastellkreide Pastel / FG = Fettkreide Grease Crayon / MM = Mischtechnik Mixed Media

162 163

Detail Detail

12.1

Das skizzenhafte Anlegen und die sorgfältige Konzeption einer Zeichnung haben sich gelohnt, wenn das sichtbar werdende Detail den Vorgang krönt. The sketchy quality and careful conception of a drawing are worthwhile when the visible detail is emphasized.

12.2

12.3

164 165

Detail Detail

12.4

12.5

So sehr die Wahrnehmung von Details im zeichnerischen Prozess dem Erfassen des Ganzen im Weg stehen kann, so sehr sind sie es auch, deren Darstellung dieses Ganze letzten Endes lustvoll bestätigt. As much as the perception of details during the drawing process can hinder understanding of the drawing as a whole, it can also passionately confirm it.

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Detail Detail

12.6

12.7

12.8

12.9

12.10

Das Detail wird zum Thema. Die subjektive Wahrnehmung der Zeichner gibt ihm einen besonderen Stellenwert und macht es selbst zum grossen Ganzen. Details are the main thematic focus. They are given a particular value and developed by the drawer’s subjective perception of the overall work.

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Detail Detail

12.11

Indem sich die Zeichnungen neben der Darstellung des Gesamten an klar erkennbar zugeordneten Stellen auch um Details kümmern, erlangen sie eine beeindruckende Glaubwürdigkeit. These drawings are highly convincing because, in addition to the attention given to the larger whole, they also emphasize details in carefully chosen areas.

12.12 >

170 171

1 D – Die erste dimension 1 D —the first dimension

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zeichnen ist wie laut-vor-sich-hinsprechen drawing is like talking oUt loud Ob Buchstabe oder Auto – fast alle Gestaltungslösungen haben ihren Ursprung in einer Zeichnung. Zeitgenössische Gestalter und Kunstschaffende verschiedener Gattungen äussern sich zum Stellenwert des Zeichnens in ihrer beruflichen Praxis. Originalzeichnungen und Abbildungen vollendeter Gestaltungsaufgaben illustrieren die individuelle Herangehensweise. Almost all design solutions — from typography to architecture — originate in a drawing. Contemporary designers and others in the creative industries discuss the role drawing plays in their professional practice. Original drawings and reproductions of completed design assignments illustrate the individual approaches.

Zitate und Arbeiten prominenter Gestalter und Künstler / Quotes and Works by Established Designers and Artists

Beim Betrachten einer Zeichnung glaube ich, der Handbewegung des Zeichners folgen zu können. Vielleicht ist das damit verbundene Gefühl von Nähe und Unmittelbarkeit jedoch nur eine schöne Illusion. Erlaubt ein Blatt diese Art der Rezeption nicht, bin ich irritiert und suche begierig nach Spuren einer Handschrift. Karin Althaus Kunsthistorikerin / Art historian When I look at a drawing I imagine I can follow the *1968 in Böckten, Schweiz. Studium in Basel und Berlin, Promoti- movement the drawer’s hand was making at the on 2003. Seit 2007 Sammlungsleiterin und Kuratorin an der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München. Diverse Publikationen. time. But maybe the associated feeling of closeness Lebt und arbeitet in München. *1968 in Böckten, Switzerland. Studies in Basel and Berlin, Gradu- and directness is just a nice illusion. If a drawing ated 2003. Since 2007 Head of collections and curator at the Städtische Galerie im Lenbachhaus in Munich. Diverse publica- doesn’t allow for this type of interaction, I get contions. Lives and works in Munich, Germany. fused and immediately look for traces of signature. Heute als Grafiker zu zeichnen, so nebenbei oder während der Arbeit, ist reiner Luxus. Aber ich probiere, so luxuriös wie nur möglich zu leben ! Das Zeichnen ist eine der Bastionen der gestalterischen Freiheit. Was von der Hand aufs Papier fliesst, ist niemals zu ersetzen mit einem Mausklick, mag man noch so talentiert sein … Abbildung / Figure Christian Altmann Grafiker / Graphic designer *1970 in Riehen, Schweiz. 1992–98 Grafikfachklasse der Schule für Gestaltung Basel. Seit 2007 Dozent an der Berghs Schule für Kommunikation, Stockholm. Seit 2009 Gründungspartner von Ateljé Altmann HB Stockholm. Lebt und arbeitet in Stockholm.

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Drawing as a graphic artist today, either casually or while working, is pure luxury. But I try to live as luxuriously as possible ! Drawing is one of the bas-

*1970 in Riehen, Switzerland. 1992–98 Studies graphic design at The Basel School of Design, Switzerland. Since 2007 tutor at the Berghs School of Communication, Stockholm, Sweden. Since 2009 Founding partner at Ateljé Altmann HB Stockholm. Lives and works in Stockholm, Sweden.

tions of design freedom. What flows onto paper from a hand can never be replaced by a mouse click, regardless of how talented you are …

Zeichnen ist Versuchen, Tasten und Spielen. Meine Arbeit ist wie Laut-vor-sich-hinsprechen. Man probiert aus, ändert die Betonung, versucht es mit einer anderen Wortreihenfolge, einer anderen Lautstärke. Manchmal sitzt ein Satz, er trifft das, was man vage geahnt hat. Im besten Fall entdeckt man etwas, das richtiger, überraschender ist als die Abbildungen / Figures eigene Vorstellung. / Silvia Bächli Künstlerin / Artist *1956 in Baden, Schweiz. Professorin an der Staatlichen Akademie Drawing is trying, touching, and playing. My work der Künste Karlsruhe. Einzelausstellungen : 2009 Biennale di Venezia; 2007 Nuit et jour / Night and Day, Galerie d’art graphique, is like talking out loud. You try out different Centre Pompidou, Paris; 2006 akvarellmuseet, Skärhamn, Schwethings, change the emphasis, experiment with a den, u.a. Lebt in Basel und Paris. *1956 in Baden, Switzerland. Professor at the Academy of Arts Karlsruhe. Solo exhibitions : 2009 Biennale di Venezia; 2007 Nuit different sequence of words, a different volume. et jour / Night and Day, Galerie d’art graphique, Centre Pompidou, Sometimes a composition hits home. It does what Paris; 2006 akvarellmuseet, Skärhamn, Sweden, etc. Lives in Basel and Paris. you thought it would do. And sometimes you discover something that is even better and more surprising than your own imagination.

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Die abgebildete Skizze entstand spontan auf dem Concours d’Elegance. Es ist keine besonders schöne Skizze, mit Ungenauigkeiten in der Perspektive und den üblichen Problemen beim Zeichnen, aber sie reichte aus, um das festzuhalten, was meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Wahrscheinlich werden viele von dem Gedanken getrieben, dass aus jeder Skizze auch eine « perfekte Zeichnung » entstehen muss. Mein Rat : einfach viel zeichnen, die Qualität kommt von allein. (Allerdings habe ich beobachtet, dass junge Designer, die es gewöhnt sind, alles in Photoshop zu überarbeiten, nur selten Skizzen anfertigen. Sie haben dann kein Gefühl für das Format der Seite … Nicht sehr diszipliniert, denke ich manchmal, auch wenn das Ergebnis im Computer fantastisch aussieht.) Ich habe immer einen Spiralblock im Format 18 × 24 cm als Skizzenbuch bei mir. Ich zeichne und koloriere darin, schneide etwas Interessantes aus und klebe es ein. In zwei Jahren fülle ich wohl drei solcher Blöcke. Wenn ich mit meiner Frau einkaufen bin und mich Langweile überkommt, nehme ich mein Skizzenbuch zur Hand und zeichne, was sich gerade bietet. Ich arbeite zum Beispiel an meinem figürlichen Zeichnen, indem ich Schaufensterpuppen skizziere oder halte das Detail eines Fensters fest – alles ist interessant. Es sind Notizen des Lebens – sie können dir zeigen, was du gelernt hast ! Jemand, der nicht zeichnen kann, es aber dennoch tut, ist ein Talent, das gefördert werden muss. Wenn man aber zeichnen kann und es nicht tut, ist das eine unverzeihliche

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Verschwendung von Talent. Skizzen zeichnen ist wie Sex : Hast du einmal eine Skizze Abbildungen / Figures gezeichnet, tust du das dein Leben lang ! / Chris Bangle Automobildesigner / Car designer *1956 in Ravenna, Ohio, USA. Studium der Freien Künste an der The following sketch was drawn on the hoof at the Universität von Wisconsin. Ausbildung zum Automobildesigner am Art Center College of Design in Pasadena. Bis 2009 Chefdesi- Concours d’Elegance. It is not a very nice sketch, gner bei BMW. *1956 in Ravenna, Ohio, USA. Studied art at the University of Wis- full of perspective issues and draftsmanship probconsin. Studied car design at the Art Center College of Design in lems, but it was enough to quickly get the ideas Pasadena. Until 2009 head designer at BMW. down that caught my attention. Perhaps many people fear the need to make “quality drawings” out of every sketch. My advice, just draw a lot, quality will happen (although I have noticed that young designers, used to scanning and re-composing everything in Photoshop, tend to only sketch randomly, all over the place with no sense of the format of the page … not very disciplined I sometimes think, even if the results on the computer look fantastic). I always carry an 18 × 24 cm spiral-bound sketchbook and draw in it, color in it, clip out interesting scrap and paste that in it as well. I would say I go through about three every two years. Whenever my wife is taking her time shopping that leaves me hanging around a bit, I pull out the sketchbook and draw whatever is handy. Working on my figure drawing by sketching the mannequins in the stores or trying to capture a window detail, it is all interesting. Like they say, take notes on Life, there will be a test afterwards ! Someone who can’t draw and does is a growing talent to be encouraged, but someone who can draw and doesn’t is an inexcusable waste of talent. Sketching is like sex, when you are “one sketch down” you are “one down for life” !

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Ich zeichne, um Gesehenes und Gedachtes umzusetzen, um es zu ordnen und um es besser zu verstehen. Mit dem Zeichnen kann ich anderen meine Vorstellung aufzeigen. Abbildung / Figure Riccardo Bellettati Wissenschaftlicher Zeichner / Scientific illustrator *1955 in Ferrara, Italien. 1974–78 Ausbildung an der Hochschule für Gestaltung Zürich. Seit 1980 Archäologischer Zeichner bei der Kantonsarchäologie Aargau. Dozent für Archäologisches Zeichnen an der Zürcher Hochschule der Künste. *1955 in Ferrara, Italy. 1974–78 educated at the Zurich Academy of Design. Since 1980 archaeological draftsman for the archaeological services of the Canton of Aargau. Lecturer in archaeological draftsmanship at the Zurich University of the Arts.

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I draw so I can convey, order, and better understand what I see and think. I can show my ideas to others in drawings.

Es ist ein Missverständnis, dass man als guter Grafiker auch ein guter Zeichner sein muss. Regelmässiges Zeichnen fördert jedoch das Gefühl für Formen. Abbildung / Figure

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Erich Brechbühl Grafiker / Graphic designer *1977 in Sursee, Schweiz. 1994–1998 Lehre als Typograf in Luzern. 1998–2002 Lehre als Grafiker bei Niklaus Troxler in Willisau. 2003 Gründung des eigenen Grafik-Studios « Mixer » in Luzern, Schweiz. *1977 in Sursee, Switzerland. 1994–1998 studies typography in Lucerne. 1998–2002 studies graphic design with Niklaus Troxler in Willisau. 2003 founded his graphic design studio “Mixer” in Lucerne, Switzerland.

It is a mistake to think that a good graphic artist has to be a good drawer. Regular drawing does, however, develop a feeling for form.

Zeichnen ist meiner Meinung nach immer eine Art visueller Denkprozess, gewissermassen sogar eine Art visueller Erzählung. Es zeigt seine eigene Geschichte und « Ausradierungen ». Es ist ein nüchternes Medium, direkt und unkompliziert, und sehr persönlich. Dann steht man, sagen wir, vor einem Goya und erkennt voller Ehrfurcht, was eine begabte Hand aus einem einfachen Stift herausholen kann. Abbildung / Figure Laura Bruce Künstlerin / Artist

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I think drawing is always a kind of visual thinking process, or in a sense even a visual narrative, because it shows its own history and erasures. It’s a no-nonsense medium, direct and uncomplicated, and very personal. Then you see, let’s say, a Goya. And you’re awestruck simply by what a skilled hand can extract from just one pencil.

*1959 in East Orange, New Jersey, USA. Ausstellungen : 2010 Lodz Biennial, Polen; Cream Contemporary, Berlin; 2009 « Carnival Within»,  Uferhallen, Berlin; 2008 « The Hunt », fruehsorge contemporary drawings, Berlin. Lebt und arbeitet in Berlin. *1959 in East Orange, New Jersey, USA. Exhibitions : 2010 Lodz Biennial, Poland; Cream Contemporary, Berlin; 2009 “Carnival Within,” Uferhallen, Berlin; 2008 “The Hunt,” fruehsorge contemporary drawings, Berlin. Lives and works in Berlin.

Ich liebe die fragile Unmittelbarkeit der Schnellskizze, aber auch die vertiefte, ausführliche Zeichnung. In ihnen werden Visionen, Gedanken und Gefühle manifest und kommunizierbar. Für den Entwurf von Geweben drängt sie sich geradezu auf; da wird die Linie zum Faden. Linie um Linie verdichte ich die Idee für den Stoff auf dem Papier. Dabei interessiert mich auch das schönste Nebenprodukt : die rhythmischen Geräusche. Durch das Ziehen, Schaben, Kritzeln, Raffeln, Hüpfen und Stackeln des Bleistifts auf der Oberfläche wird die Zeichnung haptisch und räumlich erlebbar. Die Zeichnung ist gar Abbildungen / Figures nicht so flach, wie meistens behauptet wird. Isabel Bürgin Textilgestalterin / Textile designer *1962 in Basel, Schweiz. Seit 1986 freischaffende Textilgestalterin mit eigener Teppichkollektion. Seit 2005 Farbgestalterin für Architektur und Umwelt. 2006–2009 Professur an der Kunsthochschule Kassel. *1962 in Basel, Switzerland. Since 1986 works as freelance textile designer with her own carpet collection. Since 2005 color designer for architecture and the environment. 2006–2009 Professor at the Kassel Art Academy, Germany.

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I love the fragile directness of a quick sketch, as much as an in-depth, detailed drawing. They reveal and communicate visions, thoughts, and feelings. Drawing is an ideal process for textile design, because the line can become a thread, and the

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idea for the new textile emerges line by line on the paper. I am also interested in the most wonderful by-product : the rhythmic sound of the process of drawing. Dragging, scratching, scribbling, grating, scoring, and scraping the pencil on the surface makes the drawing a haptic experience and spatially exciting. A drawing is not as flat as most people think. Im Entwurfsprozess werden die meisten Produkte zuerst von Hand gezeichnet. Das heisst, dass alle, die sich mit dem Entwurf von Produkten beschäftigen, das Zeichnen üben und für sich zu einer lesbaren Sprache entwickeln müssen. Abbildung / Figure Christoph Dietlicher Designer, Licht und Leuchten / Designer, lighting and lamps *1958 in Zürich, Schweiz. Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste, Departement Design, Vertiefung Industrial Design. Gründungsmitglied und Teilhaber der Neuen Werkstatt GmbH in Winterthur, Schweiz. *1958 in Zurich, Switzerland. Lecturer at the Zurich University of the Arts, Department of Design, specialization Industrial Design. Founding member and partner at the Neue Werkstatt GmbH in Winterthur, Switzerland.

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In product design, new ideas for products are first drawn out by hand. That means that any product designer must practice drawing and develop it into a readable language.

Als ich meine Galerie eröffnete, hätte ich sicher schnell eine Definition der Zeichnung zur Hand gehabt. Heute, nach Jahren intensiver Arbeit mit Künstlern, die in diesem Medium zuhause sind, weiss ich, wie wenig hilfreich diese limitierenden Festschreibungen sein können. Und dennoch möchte man nicht einem « anything goes », einem « alles ist Zeichnung », anhängen. Aus diesem Dilemma von struktureller Offenheit des Mediums und dem Wunsch, den geliebten Gegenstand irgendwie dingfest zu machen, wächst die Erkenntnis, dass die Zeichnung, wie kein anderes Medium, sui generis, sich auf wundersame Weise permanent neu zu erfinden weiss. Jean-Philipp Fruehsorge Kunsthistoriker / Art historian When I first opened my gallery I would definitely *1968 in Berlin, Deutschland. 2003 Gründung der Galerie fruehsorge have been able to give a quick definition of drawcontemporary drawings. 2008 Gründung der Ausstellungsplattform « drawing lab ». 2009 Bibliografie zur Zeichnung 1975–2008 ing. Today, after years of working intensely with (Kunstforum International, Bd. 196, April–Mai 2009). *1968 in Berlin, Germany. 2003 established the gallery fruehsorge artists that are at home in this medium, I know contemporary drawings. 2008 established the exhibition platform “drawing lab.” 2009 compiled the bibliography of drawing 1975– just how unhelpful such limiting categorizations 2008 (Kunstforum International, vol. 196, April–May 2009). can be. But on the other hand, you do not want to attach an “everything is drawing” label to an “anything goes.” This dilemma of the medium’s structural openness and the desire to somehow capture the beloved object makes one aware that drawing more than any other medium will always reinvent itself, sui generis, in a wonderful manner.

Mit der Entwicklung der Aufnahmetechniken im 20. Jahrhundert gewann die Partitur zunehmend Bedeutung als Mittel zur Visualisierung der Idee einer Komposition – und diente nicht mehr allein der getreuen Reproduktion musikalischer Phänomene. Auf diese Weise wurden auch die Ausdrucksformen in Partituren erstaunlich grafisch und frei. Was den Ton betrifft : Ich zeichne zuerst Formen und Buchstaben auf Papier. Wenn ich sie dann betrachte, wecken sie nach einiger Zeit meine Imagination, bis in einen Bereich über die Grenzen des Tons hinaus. So entstehen meine Arbeiten. Abbildung / Figure Yukio Fujimoto Tonkünstler / Sound artist *1950 in Nagoya, Japan. 1975 Abschluss am Department of Musi- With the development of recording technology cology der Osaka University of Arts. Zahlreiche Einzel- und Grupduring the twentieth century, the musical score penausstellungen in Japan, China und Europa. *1950 in Nagoya, Japan. 1975 graduated from Department of Musicology of Osaka University of Arts. Numerous solo and group exhi- became much more significant as a means to vibitions in Japan, China, and Europe. sualize the concept of a composition, rather than to faithfully reproduce musical phenomena. Consequently, expression in musical scores has become tremendously graphic and free. Concerning the sound : I first draw figures and letters on paper. Gazing at them, with the passing of time they will awaken my imagination to reach beyond the limits of sound. In this way I create my work.

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Seit meiner Kindheit, seitdem ich mich erinnern kann, gehört das Zeichnen in meine Familie und zu meinem Leben. Mein Grossvater pflegte mit uns an den Wochenenden zu zeichnen. Die Stunden, die wir als Kinder mit meinem Grossvater zeichnend am runden Tisch verbracht haben, die gezeichneten Modefigurinen meiner Mutter, die Karikaturen meines Vaters und die Architekturpläne meines Onkels waren allesamt unglaublich sinnliche, ruhige und sehr poetische Momente. Mit dem richtigen Gespür für den Strich gelingt es mir aus meiner Hand heraus, die vom Bauch gesteuert wird, einer Idee nachzugehen und einen Ansatz erfolgreich auszuarbeiten, ohne Worte dafür zu brauchen. Später in der Ausbildung war das Aktzeichnen eines meiner Lieblingsfächer. Nicht nur weil der Lehrer ein begnadeter Zeichner war, sondern auch weil Peter Radelfinger (S. 183) genau so spartanisch redete, wie er zeichnete : Er hatte mit wenigen Strichen viel zu sagen. Vieles an seiner Art hatte mit dem zu tun, was ich in meiner Kindheit gehört und erfahren hatte. Vor ein paar Jahren dann arbeitete ich an einem Entwurf eines Ohrensessels für die italienische Firma Moroso. Zufällig sah ich mir parallel dazu ein Buch von Paul Klee an. Darin erklärte er, dass Zeichnen für ihn so ist, als ob er mit dem Bleistift spazieren gehen

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würde. Ich nahm mein Skizzenbuch zur Hand und bemerkte, dass ich genau an diesem Thema war : an einem endlosen Spaziergang mit dem Bleistift. Abbildung / Figure Alfredo Häberli Designer / Designer

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Drawing has been a part of my family and life since childhood, for as far back as I can remember. At the weekends, my grandfather taught us to draw and how to appreciate drawing. The hours we spent as kids drawing at the round table with my grandfather, the sketches of fashion figures by my mother, the caricatures by my father, my uncle’s architectural plans were unbelievably sensual, peaceful, and very poetic moments. The right feeling for line allowed me to follow an idea with my hand, which was directed by instinct, and to successfully develop the idea without the use of words. Later at school, figure drawing was my favorite subject. Not only because my teacher, Peter Radelfinger (p. 183), was a talented drawer, but also because he spoke as sparingly as he drew : he could say very much with just a few lines. The way he behaved had a lot to do with what I had heard and experienced as a child. A few years ago while I was working on a design for a wing chair for the Italian company Moroso, I happened to chance upon a book by Paul Klee. In it, he explained that drawing was like going strolling with a pencil. I took my sketchbook and noticed that I was working exactly on this idea, an endless stroll with a pencil.

*1964 in Buenos Aires, Argentinien. 1991 Abschluss in Industriedesign an der Höheren Schule für Gestaltung in Zürich. Seit 1993 eigenes Studio in Zürich. 2006 Ehrengast der 20. Biennale of Design in Kortrijk, Belgien. *1964 in Buenos Aires, Argentina. 1991 graduated in Industrial Design at the Höhere Schule für Gestaltung in Zurich. Since 1993 own studio in Zurich. 2006 guest of honor at the 20th Biennale of Design in Kortrijk, Belgium.

Zeichnen verstehe ich als den Prozess, das, was in der äusseren Welt existiert, in den Körper zu holen, und das, was im Geist existiert, nach aussen zu bringen. Bilder ins Selbst hinein und sie wieder herauszuholen. Ein physischer Prozess. Das ist Zeichnen. Diese Folge physischer Aktionen zielt darauf ab, die physische Fertigkeit zu erlangen, diese Bilderzyklen unablässig und ohne Zögern zu wiederholen. Das Ergebnis ist die Fertigkeit des Menschen, Bilder in sich ein- und aus sich heraus strömen zu lassen, frei und natürlich. Ein Wechselspiel zwischen den Sinnen und der Umgebung. Kenya Hara Grafikdesigner / Graphic designer Drawing is the act of taking into one’s body that *1958. Professor an der Musashino Art University. Seit 2001 Ad- which exists in the external world, and dissemivisory Board Member von MUJI. Ausstellungen : 2007 « Sensewanating that which exists in one’s mind. Taking imre », Tokio; 2004 « Haptic – Awakening the Senses », Tokio. *1958. Professor at Musashino Art University. Since 2001 Advisory Board Member of MUJI. Exhibitions : 2007 “Senseware,” Tokyo, ages inside one’s own self and returning them out2004; “Haptic — Awakening the Senses,” Tokyo.

side again. This is a bodily process. This is drawing. The reason for this series of bodily actions is to acquire the physical literacy which enables us to repeat this cycle of images constantly and without hesitation. As a result, mankind acquires the ability to let images flow in and flow out, easily and freely between one’s own senses and the environment. Das Zeichnen als Sehschule : Zeichnen bedeutet hinsehen, analysieren, verstehen und Einsichten gewinnen. Erst die präzise und bewusste Anschauung führt zum Verständnis von Raum, Licht, Farbe und Bewegung – und eröffnet Wege zu ihrer zeichnerischen Umsetzung. Ergebnis sind Sensibilisierung der Wahrnehmung, Bewusstwerdung und Schärfung selbstreflexiver Fähigkeiten. Das Zeichnen als Denkschule : Die Skizze fixiert den Gedanken und formt die Idee. Zeichnerische Studien entwerfen und entwickeln sie weiter und geben ihr Gestalt. Ähnlich einer Notiz unterstützt eine Skizze Denkprozesse. Sie fixiert, ordnet, fokussiert, lenkt die Denkrichtung und schafft Orientierung. Als Werkzeug der Analyse packt die Zeichnung Ideen auf die Werkbank. Sie untersucht, entwirft, prüft und verwirft und wird damit zum Instrument der Erkenntnis. Auf diese Weise wird die Arbeit an der Zeichnung zur Arbeit am Denken. Abbildung / Figure Niklaus Heeb Wissenschaftlicher Illustrator und Biologe / Scientific illustrator and biologist

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Drawing as a school for the eyes : drawing means looking, analyzing, understanding, and gaining insight. Precise and aware observation leads to an understanding of space, light, color, and movement — and enables them to be conveyed via drawing. The results include sensitizing perception, honing awareness, and sharpening self-reflection. Drawing as a school for thought : the sketch captures thoughts and forms ideas that drawing studies will design, further develop, and shape. Sketching is similar to taking notes, as they both support the thought process. It captures, orders, focuses, directs thoughts, and creates an orientation. As a tool of analysis, drawing unpacks ideas onto the workbench. It examines, designs, checks, and rejects, and thus becomes an instrument of knowledge. Consequently, working on the drawing is in effect working on the thoughts.

*1965 in Basel, Schweiz. Dozent und Studienbereichsleiter Scientific Visualization, Zürcher Hochschule der Künste. Freischaffende Tätigkeit als Künstler und Illustrator für u.a. Das Magazin, Geo, Die Zeit. Lebt in Rodersdorf, Schweiz. *1965 in Basel, Switzerland. Lecturer and departmental head of Scientific Visualization, Zurich University of the Arts. Freelance artist and illustrator for, among others, Das Magazin, Geo, Die Zeit. Lives in Rodersdorf, Switzerland.

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Zunächst ist das Zeichnen ein Dialog mit mir selbst : So, wie ich einem Gedanken nachhänge, ihn im Kopf formuliere, suche ich ihn zum Bild auf- und auszubauen. Weiter ist es eine Sprache, die mir ermöglicht in unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichen Berufsgruppen zu kommunizieren. Schliesslich ist es eine Fertigkeit, welche mir bei digitalen Werkzeugen hilft, deren Potenzial angemessen einzusetzen, aber auch Simulationen den Charakter des Möglichen, Un-Endgültigen zu geben. Abbildung / Figure

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Daniel Irányi Industriedesigner / Industrial designer

First, drawing is a dialog with myself : it is how I indulge in an idea, formulate it in my head, try to develop and expand it into an image. It is also a language I can use to communicate with diverse professional groups in different cultures. Ultimately it is a skill that helps me to appropriately use the potential of digital tools, but also to give simulations the quality of the possible, or of the non-final.

*1968 in Bern, Schweiz. Studium Industrial Design am Art Center Europe. Mitbegründer der Tribecraft AG, Zürich. Dozent an der ETH Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste. Auszeichnungen : iF Award, Red Dot Award, Silberner Hase u.a. *1968 in Bern, Switzerland. Studies Industrial Design at the Art Center Europe. Founding member of Tribecraft AG, Zurich. Lecturer at the ETH Zurich und Zurich University of the Arts. Awards : iF Award, Red Dot Award, Silberner Hase etc.

In Japan gilt Zeichnen allgemein als grundlegende Fähigkeit, auf der alle anderen visuellen Künste aufbauen. Meistens haben Künstler und Designer jedoch erst dann mit dem Zeichnen zu tun, wenn sie sich für die Aufnahmeprüfungen an der Kunstakademie oder Hochschule vorbereiten. Das wichtigste Ziel besteht darin, die Prüfungen zu bestehen und der Zeichenunterricht ist dementsprechend eintönig. Das ist ein großes Problem und sehr bedauernswert. Für mich ist Zeichnen das einfachste Mittel, um Nähe und Ferne der Dimensionen eines Objekts zuzulassen, und ich glaube, es bringt die magische Seite der Kunst auf sehr einfache Weise zum Ausdruck. Gleichzeitig übt das Zeichnen die Beobachtungsgabe – von Objekten, der Gesellschaft, der Welt. Daher sollte es auch so frei und individuell wie Abbildung / Figure möglich unterrichtet werden. Teppei Kaneuji Künstler / Artist

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In Japan, drawing is widely considered to be the fundamental skill that underlies all the visual arts. In most cases, however, the artist and designer’s first encounter with drawing is while studying for the entrance examination to art university or college. The main purpose is simply to pass the examination and the teaching of drawing is confined to strict uniformity. This is a problem and a great pity. For me, drawing is the simplest means to allow the dimensions of objects to approach and recede and I think it can express in simple terms

*1978 in Osaka, Japan. 2001 Abschluss an der Kyoto City University of Arts, Hauptfach Skulptur. 2003 Abschluss des Master Course in Sculpture an der Kyoto City University of Arts. *1978 in Osaka, Japan. 2001 graduated from Kyoto City University of Arts, major in sculpture. 2003 Completed the master course in sculpture at Kyoto City University of Arts.

the magical aspect of art. At the same time, drawing is, I think, an exercise in observation : objects, society and the world. Accordingly it should be taught and practiced in as free and individual a manner as possible. Wie alle Architekten skizziere auch ich im Denkprozess immer, wenn ich mir zu einem Design Gedanken mache. Für mich ist eine Skizze nicht nur ein Mittel zum Ausdruck oder zur Überprüfung der Form einer Architektur, sondern sie ist wie ein Dialog mit mir selbst. Ich denke, ein freier Raum kann aus einer Form geschaffen werden, die als äussere Gestalt fungiert, sowie einer unsichtbaren Form, die das Wesen bestimmt. Innerhalb der unbegrenzten Möglichkeiten gestalte ich aus der substanzlosen Vision, in der ich manchmal in egozentrische Gedanken verfalle, manchmal wieder auf den vernünftigen Gedanken als « Architektur » zurückkomme, nach und nach eine Form. Das Nachbild des Bildes, das sich in der Kontinuität des Gedankenprozesses herauskristallisiert, ist gerade das Wesen, das ich selbst kontinuierlich suche. Abbildung / Figure

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Toshikazu Kawai Architekt / Architect

Similar to all architects, I also draw while I’m in the process of thinking about a design. For me, a sketch is not only a means of expression or of testing the form of a particular architecture, but rather a dialog with myself. I think an open space can be created from both a form that functions as an outer shape, as well as an invisible form that determines the essence. Within the unlimited scope of possibilities, I design from a substanceless vision, sometimes lapsing into a pattern of egocentric thoughts — at other times I return to reasonable thoughts as “architecture,” and a form gradually emerges. The afterimage of an image, which emerges from the continuity of a thought process, is precisely the essence I am searching for.

*1960 in Gifu, Japan. 1982 Abschluss in Architektur an der Nihon University, Bachelor of Engineering. 1984 Abschluss an der Tokyo University of Fine Arts, Master of Fine Arts. 2004–07 Vorträge an der Mie University, Japan. *1960 in Gifu, Japan. 1982 graduated from Nihon University, Bachelor of Engineering degree in Architecture. 1984 Graduated from Tokyo University of Fine Arts, master of fine arts. 2004–07 lectures at Mie University, Japan.

Ich zeichne gerne, weil ich gerne zeichne. Zilla Leutenegger Künstlerin / Artist *1968 in Zürich, Schweiz. 1995–99 Schule für Gestaltung, Zürich. 1997–99 Assistenz Abteilung Video, ETH Architektur, Zürich. Einzelausstellungen : 2010 Galerie Peter Kilchmann, Zürich; 2008 Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Warth, Schweiz; 2006 Kunsthalle Wien. *1968 in Zurich, Switzerland. 1995–99 School of Visual Arts, Zurich. 1997–99 Assistant Section Video, ETH Architecture, Zurich. Solo Exhibitions : 2010 Galerie Peter Kilchmann, Zurich; 2008 Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Warth, Switzerland; 2006 Kunsthalle Wien, Austria.

Abbildung / Figure

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I draw because I like to draw.

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Ich würde nicht sagen, dass ich ein besonders guter Zeichner bin. Aber wenn man Zeichnen als die « Fähigkeit des Auges zur Beobachtung » definieren würde, fiele meine Antwort etwas anders aus. Jeden Tag, jede Sekunde, beobachte ich Tausende von Bildern und Ausdrucksformen. Man kann also sagen, dass ich in meiner Zeichenfertigkeit geschult werde. Ich scheine mir selbst meine eigene Zeichenfertigkeit angeeignet zu haben und diese scheint zudem mein inneres Selbst zu reflektieren. Abbildung / Figure

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Hideki Nakajima Grafiker / Graphic designer

I cannot say I am especially skillful at drawing. But, if we define drawing as “the ability of the eye to observe,” my answer might be a little different. Every day, every second, I observe thousands of created images and expressions. It can be said that I am thus being trained in my drawing ability. I seem to have cultivated my particular ability to draw by myself, and it also seems to reflect my inner self.

*1961 in Saitama, Japan. 1995 Gründung des eigenen Studios. 1999 Zusammenarbeit mit Ryuichi Sakamoto, Shigeo Goto und Norika Sora am Projekt « code ». Zahlreiche internationale Ausstellungen und Auszeichnungen. *1961 in Saitama, Japan. 1995 established his own studio. 1999 participates in a unit called “code” with Ryuichi Sakamoto, Shigeo Goto and Norika Sora. Numerous international exhibitions and prices.

Architekten bauen Häuser, für sie ist Zeichnen Mittel zum Zweck. Die Zeichnung ist ein eigenes Medium. Es gibt hervorragende Künstler, welche sich über dieses Medium ausdrücken. Es gibt herrliche Zeichnungen. Persönlich versuche ich dem Risiko aus dem Weg zu gehen, mich in eine Skizze oder Handzeichnung zu verlieben. Egal ob sie von mir, von einem Mitarbeiter oder von einem meiner Studenten angefertigt wird. Ich mache prinzipiell keine Skizzen und ich möchte Architektur auch nicht auf Grundlage von Skizzen diskutieren. In meinem Büro legen wir grossen Wert auf präzis gezeichnete Computerpläne. Wir entwerfen ausschliesslich im Gespräch. Sobald sich abzeichnet, dass eine Idee umsetzbar sein könnte, zeichnet ein Mitarbeiter das Besprochene mit dem Computer. Im Gegensatz zum approximativen Zeichnen von Hand gefällt mir die gedankliche Präzision der Vektortechnik im Computer. Man setzt zwei Punkte und verbindet sie mit einem Vektor; bevor man aber die Punkte setzt, muss man absolut sicher sein, wo diese Punkte liegen. Das heisst, dass man sich schon alles überlegt haben Abbildungen / Figures muss, bevor man es zeichnet. Valerio Olgiati Architekt / Architect *1958 in Chur, Schweiz. 1986 Architekturdiplom an der ETH Zürich. 1993–95 Aufenthalt in Los Angeles. Seit 1996 Architekturbüro in Zürich, ab 2008 in Flims, Schweiz. Seit 2002 Professor an der Accademia di Architettura di Mendrisio, Schweiz. 2009 Professur in Harvard, Cambridge, USA. *1958 in Chur, Switzerland. 1986 Architecture degree from the ETH Zürich. 1993–95 lived in Los Angeles. Since 1996 architectural office in Zurich, from 2008 in Flims, Switzerland. Since 2002 Professor at the Accademia di Architettura di Mendrisio, Switzerland. 2009 Professor at Harvard, Cambridge, USA.

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Architects build houses. And drawing is for them a means to an end. It is the instrument with which he produces. Drawing is a medium unto itself. There are outstanding artists who use this means of artistic expression. There are wonderful drawings. Personally, I try to avoid falling in love with a

drawing or a sketch. Whether it is by me, by an employee of mine, or by one of my students. I do not do sketches, on principle, and prefer not to discuss architecture on the basis of drawings. Precise computer plans are greatly valued in my office. Our designs are only created in the process of a discussion. As soon as we arrive at an idea that can be realized, an employee will draw it using the computer. I prefer the precision of vector technology on a computer to an approximate hand drawing. Two points are set and then connected using a vector; but before these points can be set, their position must be absolutely certain. That means that everything has to be carefully planned and considered before beginning the drawing. Im Zuge der Entwicklungen an den Kunsthochschulen und in den Laboratorien der Gestaltung (Agenturen, Ateliers) stellt sich immer prägnanter heraus, dass sich das Zeichnen – als anfängliches Skizzieren, als Entwurf und als eigenständiges Medium – in vielen (auch transdisziplinären) Bereichen zunehmend wieder als produktive Praxis bewährt. Die Zeichnung wird als eine unnachahmliche Verkörperung konzeptioneller Fähigkeiten wieder entdeckt und aktualisiert, gerade im Bewusstsein des heutigen postmedialen Zustandes, der durch die Gleichwertigkeit und das Mischen der Medien definiert ist. Es geht also um die Etablierung eines innovativen, aktuellen Zeichenbegriffs – gerade als Schnittstelle in der medialen Vielfalt. Die Zeichenpraxis eignet sich als wesentliches und einfaches Instrumentarium für eine Schule der Wahrnehmung, für ein bildnerisches Denken und Entwerfen und eine künstlerische Praxis. Abbildung / Figure Peter Radelfinger Künstler / Artist

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It is becoming more and more evident in art schools and design laboratories (agencies, studios) that drawing — as a preliminary sketch, as rough design, and as an independent medium — is regaining its importance as a productive practice in many (even transdisciplinary) areas. Drawing is being rediscovered and restructured as an inimitable embodiment of conceptual skills, particularly within the context of today’s post-medialism, which is defined through the equality and the mixing of media. It is really about establishing an innovative, modern concept of drawing— especially as an interface within media diversity. Drawing is an important

*1953 in Bern-Bümpliz, Schweiz. Professor an der Zürcher Hochschule der Künste. Einzelausstellungen : 2009 Kunstmuseum Bern, Stadtmuseum München; 2008 Atelier Frankfurt. *1953 in Bern-Bümpliz, Switzerland. Professor at the Zurich University of the Arts. Solo exhibitions : 2009 Kunstmuseum Bern, Stadtmuseum München; 2008 Atelier Frankfurt.

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and simple instrumentarium and is the perfect base for a school of perception, for visual thinking and designing, and for an artistic practice. Skizzieren heisst schmieren. Unvoreingenommen und erwartungslos auf einem Papier herum kribbeln. « Ecriture automatique » haben die Surrealisten das genannt : Durch den motorischen, physischen Aspekt des Zeichnens schaltet sich die Ratio aus oder tritt in den Hintergrund. Hand- und Augenbewegung, Atemrhythmus vereinen sich, werden zu Abbildung / Figure purer Emotion. Stefan Rotzler Landschaftsarchitekt / Landscape architect *1953 in Zürich, Schweiz. Studium der Kunstgeschichte an der Universität Zürich. Studium der Landschaftsarchitektur an der Hochschule Rapperswil. Seit 1982 selbstständiger Landschaftsarchitekt, seit 1992 bei Rotzler Krebs Partner. Lehraufträge an der Hochschule Rapperswil und der ETH Zürich. *1953 in Zurich, Switzerland. Studies history of art at the University of Zurich. Studies landscape architecture at Rapperswil University of Applied Sciences. Since 1982 freelance Landscape architect, since 1992 works at Rotzler Krebs Partner. Guest lecturer at the Rapperswil University of Applied Sciences and at ETH Zurich.

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Sketching is smearing. Impartial, random scribbles on paper. The Surrealists called it écriture automatique : the motor, physical aspect of drawing makes any rationality either shut off or take a back seat. The movement of the hand and the eye, and the rhythm of breathing, come together and become pure emotion.

Die Zeichenstunden bei Theo Eble an der Schule für Gestaltung Basel waren mühsam, aber der Kurs in grafischer Form bei Kurt Hauert wurde für mich zum anhaltenden Abbildung / Figure Erlebnis. Helmut Schmid Typograf / Typographer *1942 in Ferlach, Österreich. Typografie-Ausbildung bei Emil Ruder an der Allgemeinen Gewerbeschule Basel (heute Schule für Gestaltung). Publikationen : Ruder typography, Ruder philosophy , Tokio 2009; Gestaltung ist Haltung , Basel 2006. Lebt und arbeitet in Osaka, Japan. *1942 in Ferlach, Austria. Studied typography with Emil Ruder at the Allgemeine Gewerbeschule Basel (today The Basel School of Design). Publications include Ruder Typography, Ruder Philosophy, Tokyo 2009; Gestaltung ist Haltung, Basel 2006. Lives and works in Osaka, Japan.

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The drawing sessions with Theo Eble at The Basel School of Design were tedious, but the graphic form course with Kurt Hauert has been a lasting experience.

Der Prozess, Beobachtungen von Hand skizzenhaft notieren zu können, ist ein Erlebnis. Bestimmt konnte ich davon profitieren, als ich meinen kabarettistischen Emil-Figuren auf der Bühne Gesten, Haltungen und Mimik einhauchen musste. Ich geniesse es, wenn während des Zeichnens ein Denkprozess stattfindet, der den Fingern neue Empfindungen und Erkenntnisse weitergibt, damit sie die Skizze mit zarten oder kräftigen Linien ergänzen. Ich liebe Papier und Bleistift. Abbildung / Figure Emil Steinberger Kabarettist / Cabaret artist *1933 in Luzern, Schweiz. 9 Jahre Postbeamter, 5 Jahre Schule für Gestaltung, Grafik-Atelier, Theaterleiter, Kinoleiter, Kabarettist, Verleger. Ausstellung « Wochenblätter » (gemeinsame Zeichnun-

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The process of noting down observations by means of sketching is an experience. Surely I ben-

gen mit seiner Frau Niccel) in Solothurn, Göttingen, Lauchheim und Fellbach. Lebt in Montreux, Schweiz. *1933 in Lucerne, Switzerland. Worked 9 years as a postman, studied 5 years at a design academy, graphic design studio, theater manager, film theater manager, cabaret artist, publisher. Exhibition “Wochenblätter” (collaborative drawings with his wife Niccel) in Solothurn, Göttingen, Lauchheim, and Fellbach. Lives in Montreux, Switzerland.

efited enormously from it when I was trying to give gestures, demeanor, and facial expressions to my cabaret-like, Emil-figures on the stage. I enjoy it when a process of thinking emerges while making a drawing, which instills new feelings and knowledge into the fingers, causing them to sketch lines either gently or powerfully. I love pencil and paper.

Eine Zeichnung ist ein aufs Papier gebrachter Gedanke. Eine Zeichnung ist ein Kommunikationsmittel. Eine Zeichnung ist eine Erinnerung. Abbildung / Figure

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Mauro Testerini Innenarchitekt / Interior architect *1963 in Suhr, Schweiz. 1989–1993 Fachklasse für Innenarchitektur, Bau- und Produktgestaltung an der Höheren Fachschule für Gestaltung, Basel. Lebt und arbeitet in Aarau, Schweiz. *1963 in Suhr, Switzerland. 1989–1993 class of interior architecture, building and product design at the Höhere Fachschule für Gestaltung, Basel (now The Basel School of Design, Switzerland). Lives and works in Aarau, Switzerland.

A drawing is a thought put down on paper. A drawing is a means of communication. A drawing is a memory.

Meine Generation kam vorwiegend aus einem Grund zum Grafikerberuf : Sie waren in ihrer Schul- und Jugendzeit begeisterte und gute Zeichner. Dies hat sich im Laufe der Jahre etwas verändert. Die jüngeren Jahrgänge meiner Kollegen waren eher von den Computerprogrammen begeistert, mit denen man gestalten konnte. Ich denke, dass ein Grafiker nach wie vor befähigt sein sollte, eigene Bilder zu schaffen. Allzu viele Gestalter suchen sich ihre Bilder in Stockangeboten oder auf dem Internet. Sie verändern, vektorisieren diese höchstens noch eigenhändig. Dabei eröffnet gerade die Erfahrung mit der Zeichnung ständig neue Wege und Sichtweisen. Im Zeichnungsprozess lasse ich mich überraschen, finde zu überraschenden Lösungen. Hat man einmal die Idee vage im Kopf, führt der Zeichnungsprozess zu ungeahnten Resultaten. Man wird gerade beim « automatischen » Zeichnen oft selber überrascht. Die Erfahrungen aus den Zeichnungen kann ich auch immer wieder auf die Typografie übertragen – oder umgekehrt. In jedem Fall ist das Medium Zeichnung eine ungeheure Bereicherung des Repertoires eines jeden Gestalters. Abbildung / Figure Niklaus Troxler Grafiker, Jazzveranstalter / Graphic designer, Jazz impresario *1947 in Willisau, Schweiz. Studium an der Schule für Gestaltung in Luzern, Art Director in Paris. Seit 1973 eigenes Grafik-Design Studio. Seit 1998 Professor für Kommunikationsdesign an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. *1947 in Willisau, Switzerland. Studied at the Design Academy in Lucerne, Art Director in Paris. Since 1973 own graphic design studio. Since 1998 Professor of communication design at the Stuttgart State Academy of Art and Design, Germany.

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My generation turned to the graphic design profession for mainly one reason : they were good and enthusiastic drawers at school and when they were young. This has changed over the years. Younger colleagues became more excited about

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the computer as a design tool. I think that graphic artists should still be able to create their own pictures. Too many designers take their imagery from archives or the Internet and then, at the most, personally change or vectorize them. This is where the experience with drawing can open new paths and perspectives. I let myself be surprised in the drawing process. I find new and surprising solutions. If I have a vague idea in mind, drawing can lead to unforeseen results, especially if I draw “automatically.” The experience I get from drawing can also be conveyed to typography  — or vice-versa. Regardless, the medium of drawing is a tremendous enrichment to every designer’s repertoire. Obschon ich selber zeichnerisch nicht sehr talentiert bin, bin ich doch sehr daran interessiert – vor allem auch an gut gezeichneten Comics – und versuche es hobbymässig selber immer wieder. Im vorliegenden Bild aus der « urbanen Pflanzenserie » zum Beispiel wurde ich nicht unwesentlich von Comics und Kinderbuchillustrationen beeinflusst. Die Stimmung, die ich diffus im Kopf hatte und die ich erreichen wollte, kam von dort her. Abbildung / Figure Ruedi Walti Fotograf / Photographer

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Although I’m not personally very talented at drawing, I am still very interested in i  — especially welldrawn comics — and try it out occasionally as a hobby. In this picture from the “urban plant series” I was not least inspired by comics or children’s book illustrations, and they did inspire the mood I had vaguely in mind, which I was trying to recreate.

*1957 in Beinwil am See, Schweiz. Fachklasse für Fotografie an der Kunstgewerbeschule Zürich. Seit 1990 freischaffender Fotograf. Arbeiten für namhafte Architekten und Designer und eigene Projekte, zahlreiche Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften. *1957 in Beinwil am See, Switzerland. Class of photograpy at the School of Applied Arts in Zurich. Since 1990 freelance photographer. Worked for established architects and designers as well as on his own projects, numerous publications in books and journals.

Die Zeichnung kann fast alles, der Fächer ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten tendiert zum Unbeschränkt-Unendlichen : von der leisesten Andeutung eines nur gerade zu ahnenden Begehrens – dafür lieben wir die Zeichnung – bis hin zur kaum zu erschütternden Behauptung, die auch Lüge sein könnte – dafür verdient sie immerhin unseren Respekt. Beat Wismer Kunsthistoriker / Art historian Drawing can do almost anything, its possibilities *1953 in Ruswil, Schweiz. 1985 –2007 Direktor des Aargauer and abilities are almost unlimited and infinite : Kunsthauses. Seit 2007 Generaldirektor der Stiftung museum from the most hushed implication of a barely perkunst palast, Düsseldorf. Autor diverser Publikationen. *1953 in Ruswil, Switzerland. 1985–2007 director of Aargauer Kunsthaus, Aarau, Switzerland. Since 2007 General director of the Stif- ceivable desire — this is why we love drawing —to tung museum kunst palast, Dusseldorf, Germany. Author of diverse staggering assumptions that border on lies. For publications. this alone it deserves our respect.

Ich denke, Zeichnen schult die Fähigkeit des Betrachtens. Das heisst, es bildet eine Fertigkeit aus, Dinge aufmerksam zu betrachten. Daher wird jemand, der zeichnen kann, selbst wenn er nicht zeichnet, die Dinge so betrachten, als wenn er dies täte. Abbildung / Figure

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Tadanori Yokoo Maler / Painter *1936 in der Präfektur Hyogo Prefecture, Japan. Begann seine Karriere als Bühnendesigner für Tokioter Avantgarde-Theater. 1964 Gründung des Studio « Ilfil ». Seit 1965 zahlreiche Ausstellungen weltweit, 1972 im MoMA New York, 2006 in der Fondation Cartier pour I’ art contemporain, Paris. *1936 in Hyogo Prefecture, Japan. Began his career as a stage designer for avantgarde theatres in Tokyo. 1964 founded Studio “Ilfil.” Since 1965 numerous exhibitions worldwide, 1972 at MoMA New York, 2006 at Fondation Cartier pour I’art contemporain, Paris.

I think drawing is training in the ability to observe. That is, it cultivates an ability to carefully observe objects. Therefore, even when not actually drawing, a person who knows drawing will look at objects as if he is drawing them.

War es in einer der ersten Stunden an der Schule für Gestaltung in Basel oder gleich zu Beginn, als Gustav Stettler uns erklärte : « Das ist zwar hier eine Kunstgewerbeschule, aber was ihr hier jetzt ein Jahr lang zu lernen habt, hat gar nichts mit Kunst zu tun. Ihr lernt jetzt hinzuschauen und das auf das Blatt zu zeichnen, genau das, was ihr seht, mit Linien, ohne Schatten, die reine Geometrie der Körper mit den richtigen Proportionen, nichts anderes. » Beobachten, genau hinsehen – je älter ich werde, umso mehr merke ich, wie wichtig dieses Vorkurs-Jahr mit Gustav Stettler und anderen Lehrern, die uns Grundsätzliches Abbildungen / Figures über Schrift, Farbe und Form beibrachten, war. Peter Zumthor Architekt / Architect

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It was either in one of the first classes at The Basel School of Design or right at the beginning, when Gustav Stettler explained to us : “This may be a school of applied arts, but what you will learn here in one year has nothing to do with art. You will learn to look at something and draw that on a piece of paper, exactly as you see it — with lines without shadow, the pure geometry of the object with the correct proportion — and nothing more.” Observations, looking at things accurately — the older I became, the more I realized the importance of this foundation course with Gustav Stettler and other instructors, who taught us the basic knowledge of font, color, and form.

*1943 in Basel, Schweiz. Ausbildung als Möbelschreiner, Gestalter und Architekt an der Kunstgewerbeschule Basel und am Pratt Institute, New York. Seit 1979 eigenes Architekturbüro in Haldenstein, Schweiz. Professor an der Accademia di architettura di Mendrisio, Schweiz. *1943 in Basel, Switzerland. Trained as a cabinet maker, designer, and architect at the School of Applied Arts in Basel and at Pratt Institute, New York. Since 1979 own architectural office in Haldenstein, Switzerland. Professor at the Accademia di architettura di Mendrisio, Switzerland.

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Peter Radelfinger Aus dem Zyklus / From the series “Endlich komm ich in den Zwitscherraum,” 2009 Pinselzeichnungen (Ölfarbe) auf Plotterpapier (mpa/J30S) / Brush drawing (oil) on ink jet paper (mpa/J30S) 30 × 33 cm

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Zilla Leutenegger “Möbel und Bäume,” 2008 Bleistift und Gouache auf gebleichtem Papier / Pencil and gouache on bleached paper 42 × 51,5 cm, gerahmt / framed Courtesy the artist and Galerie Peter Kilchmann, Zurich

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Ruedi Walti “Urbane Pflanzenserie,” ca. 2001–2006 Analoge Fotografie / Analog photography 70 × 70 cm, auf Fotopapier / on photo paper

Yukio Fujimoto “Memo for Table Music,” 1987 Bleistift, Stempel, etc. / Pencil, stamp, etc. 26 × 18 cm

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Helmut Schmid “i ro ha,” 1969 Eingefärbte Bleisatz-Reglette auf Papier getupft / Inked hot type slugs spotted on paper Offsetdruck / Offset printing 103 × 72,8 cm

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Hideki Nakajima “Library of Dreams & Library of the Sky,” 2008 Offsetdruck, Laser / Offset printing, laser material processing 103 × 72,8 cm

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174 CHRIS BANGLE Skizze / Sketch, ca. 2005 PENXACTA Filzstift schwarz, fein / PENXACTA fin nib black felt tip pen 24 × 18 cm

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CHRIS BANGLE GINA Light Visionary Model, 2008 BMW Concept Car mit Hybridtextilüberzug / BMW Concept Car with hybrid textile coating Copyright BMW AG

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Stefan Rotzler Skizze : Städtebauliches Konzept « Feldbreite » Emmen / Sketch : Urban planning concept “Feldbreite” Emmen, 2009 Farbstift auf Skizzenpapier / Color pencil on drawing paper 15 × 10 cm

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Niklaus Heeb Rekonstruktionszeichnung des Kopfes von « Barry » anlässlich seines 200. Geburtstages / Reconstruction of the head of “Barry,” on the occasion of his 200th birthday, 2000 Graphitstift und digitale Bearbeitung / Graphite pencil and digital manipulation Je / each 26 × 40 cm

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Christoph Dietlicher Leuchter für den Saal im Schulhaus Feld in Winterthur / Lamp for the Schulhaus Feld Hall in Winterthur, 2009 Fluoreszenzlampen, Aluwabenplatte, Alu, Stahl, Acrylglas / Fluorescent lamps, aluminum honeycomb panel, aluminum, steel, acrylic glass Copyright Neue Werkstatt Winterthur

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Alfredo Häberli Skizzen zum Ohrensessel / Sketches for the wing chair “Take a line for a walk,” 2003 Bleistift, Kugelschreiber, Farbstift / Pencil, ballpoint pen, color pencil 30 × 30 cm

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EMIL STEINBERGER “Klosterfrauen,” ca. 1964 Bleistift / Pencil ca. 35 × 25 cm

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Riccardo Bellettati “Kletterseeigel,” 1978 Studie, Psammechinus microtuberculatus, Habitus, im makroskopischen Bereich / Study, psammechinus microtuberculatus, habitus, in macroscopic range Bleistift und Farbstift / Pencil and color pencil 25,5 × 20,5 cm

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181 Toshikazu Kawai Organic center in Sendai, Japan, 2009 Bleistift und Farbstift / Pencil and colored pencil 21 × 30 cm Copyright Toshikazu Kawai

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Christian Altmann “Deja,” 2007 Filzstift / Felt tip marker 17 × 23 cm

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Isabel Bürgin “sch-nur-zufall,” 1992 Entwürfe für Teppich Nr.1–8, zu grossem Ensemble kombiniert / Design for carpets No. 1–8, combined to form a large ensemble Bleistift auf Papier / Pencil on paper Je / each 28 × 14 cm

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Isabel Bürgin “sch-nur-zufall,” 1992 Bodenteppich aus Recyclingschnur und Ziegenhaar / Carpet made from recycled rope and goat hair Max. Breite / max. width 250 cm

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Daniel Irányi Entwurf Kohlefaserrahmen / Design for carbon fiber frame, 1995 Kugelschreiber auf Recyclingpapier / Ballpoint pen on recycled paper Je / each 29,7 × 21 cm

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Mauro Testerini « Shibam » und « Tarim » / “Shibam” and “Tarim” (Jemen), 2006 Bleistift auf Papier / Pencil on paper Je / each 21 × 14,8 cm

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Peter Zumthor Skizze zum Thermalbad Vals / Sketch for Thermalbad Vals, Graubünden, 1994 Pastellkreide auf Skizzenpapier / Pastel on drawing paper 24,66 × 50,39 cm

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Peter Zumthor Skizze zum Atelier Zumthor / Sketch for Atelier Zumthor, Haldenstein, 1985 Pencil / Bleistift 99 × 66 cm

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Erich Brechbühl “100 beste Plakate 06,” 2007 Offsetdruck / Offset printing 128 × 89,5 cm

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Tadanori Yokoo Plakat für eine Ausstellung zu drei Protagonisten in Samurai-Romanen / Poster for exhibition of three immortal heroes in great swordsman novels (Kurama Teng, Nemuri Kyoushirou, Miyamaoto Musashi), Kanagawa Museum of Modern Literature, 2003 Offsetdruck / Offset printing 103 × 72,8 cm

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Laura Bruce “Falling,” 2009 Grafit auf Papier / Graphite on Paper 155 × 113 cm Courtesy the artist and fruehsorge contemporary drawings, Berlin

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Teppei Kaneuji “small animals and great flood (nude),” 2006 Filzstift und Tintenflecken auf Papier / felt-tip pen, ink bleed on paper 65,3 × 90,7 cm Copyright the artist, courtesy ShugoArts

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Reto Ehrbar “Ein Gespenst geht um,” 2006 Lasercut aus Papier / Paper laser cut 63,5 × 45,8 cm

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Niklaus Troxler Plakat für Jazzkonzert / Poster for jazz concert, 2001 Simon Picard Quartet Siebdruck / Silkscreen print 128 × 89,5 cm

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Valerio Olgiati Besucherzentrum Schweizerischer Nationalpark Zernez / Visitor center of the Swiss National Park Zernez, 2008 Plan 1, Obergeschoss / Plan 1, second floor 1:200 Computerzeichnung / Computer drawing Copyright Archiv Olgiati

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Valerio Olgiati Haus für einen Musiker, Atelier Bardill / House for a musician, Atelier Bardill, Scharans, 2007 Copyright Archiv Olgiati

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Silvia Bächli Ohne Titel / Untitled 01.9, 2001 Tusche / Ink 31 × 22 cm

173 Silvia Bächli Ohne Titel / Untitled 01.10, 2001 Gouache 31 × 22 cm

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Kurzbiografien Short biographies

Diese Publikation erscheint im Zusammenhang mit der Ausstellung « 1-D – Die erste Dimension » vom 8. bis 28. März 2010 im Ausstellungsraum der Schule für Gestaltung, Spalenvorstadt 2, 4051 Basel.

This publication appears in context with the exhibition “1D — The First Dimension” from March 8–28, 2010 in the exhibition space at The Basel School of Design, Spalenvorstadt 2, 4051 Basel, Switzerland

Idee : Ausstellung und Katalog

Idea : Exhibition and Catalog

Niklaus Erdmann, Helmut Germer, Thomas Neeser, Paul Stebler

Niklaus Erdmann, Helmut Germer, Thomas Neeser, Paul Stebler

Projektleitung Ausstellung : Niklaus Erdmann, Paul Stebler Projektleitung Katalog : Helmut Germer, Thomas Neeser

Project Management Exhibition : Niklaus Erdmann, Paul Stebler Project Management Catalog : Helmut Germer, Thomas Neeser

Kurzbiografien

Short biographies

Helmut Germer Lehrtätigkeit – Seit 1984 Lehrauftrag an der Schule für Gestaltung Basel – 1984–1995 Lehrauftrag an der Schule für Gestaltung Zürich – 1978–1980 Unterrichtstätigkeit Volkshochschule Freiburg i.Br. Ausserschulische Tätigkeit – Seit 1984 Künstlerische Tätigkeit Zeichnungen (u.a. grossformatige Aktzeichnungen), Radierungen, verschiedene eigene Buchprojekte, Federzeichnungen, Ausstellungen – Seit 1984 Selbstständige Tätigkeit als Grafiker und Illustrator in Zürich Ausbildung – 1974–1978 Grafikfachklasse an der Schule für Gestaltung Basel – 1973–1974 Vorkurs an der Schule für Gestaltung Basel

Helmut Germer Teaching activity – Since 1984 lecturer at The Basel School of Design – 1984–1995 Lecturer at the Zurich Academy of Design – 1978–1980 Teacher at the Volkshochschule Freiburg i.Br. Extracurricular activity – Since 1984 artistic activity – Drawing (including large-format nude drawings), etching, several book projects, pen drawings, exhibitions – Since 1984 Freelance work as graphic designer and illustrator in Zurich Education – 1974–1978 Class of graphic design at The Basel School of Design – 1973–1974 Foundation course at The Basel School of Design

Thomas Neeser Lehrtätigkeit – Seit 2006 Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) – Seit 1996 Lehrauftrag an der Schule für Gestaltung Basel Ausserschulische Tätigkeit – Seit 1996 Selbstständige Tätigkeit, Neeser & Müller, visuelle Gestaltung, Basel Ausbildung – 1991–1995 Grafikfachklasse an der Schule für Gestaltung Basel – 1990–1991 Vorkurs an der Schule für Gestaltung Basel – 1981–1985 Ausbildung zum Hochbauzeichner

Thomas Neeser Teaching activity – Since 2006 Lecturer at the Zurich University of the Arts (ZHdK) – Since 1996 Lecturer at The Basel School of Design Extracurricular activity – Since 1996 Freelance activity, Neeser & Müller, visual design, Basel Education – 1991–1995 Class of graphic design at The Basel School of Design – 1990–1991 Foundation course at The Basel School of Design – 1981–1985 studied structural engineering drawing

Abbildungsnachweis / Dank Picture credits / Acknowledgements

Alle abgebildeten Zeichnungen sind Schülerarbeiten, die an der Schule für Gestaltung Basel entstanden sind. Mit Beiträgen aus den Fächern von : Niklaus Erdmann, Helmut Germer, Roseline Heinis, Andrzej Kowalski, Florentin Meier, Thomas Neeser, Paul Stebler, Anita Tho-Bapperger, Anna-Barbara Wiesendanger, Moritz Zwimpfer

All drawings pictured here were made by students at The Basel School of Design. With contributions from the school’s departments by : Niklaus Erdmann, Helmut Germer, Roseline Heinis, Andrzej Kowalski, Florentin Meier, Thomas Neeser, Paul Stebler, Anita Tho-Bapperger, Anna-Barbara Wiesendanger, Moritz Zwimpfer

Es wurden alle Anstrengungen unternommen, die Urheber der abgedruckten Zeichnungen zu identifizieren. Sollten trotz aller Sorgfalt Angaben fehlen, bitten wir um Nachsicht und Kontaktaufnahme mit den Autoren. Zeichnungen, die nicht zugeordnet werden konnten, sind mit « NN » gekennzeichnet.

We have made every effort to identify the author of each reproduced drawing. If anyone has been overlooked, we ask for your understanding and to please inform us of the author’s contact details. Drawings that we have not been able to assign to an author have been marked “NN.”

Zeichnung auf dem Einband : Tanja Schaub

Drawing on Cover : Tanja Schaub

Bildnachweis

Picture credits

Fotografien der Zeichnungen : Patrick Bernet, Schule für Gestaltung Basel Bilder aus dem Unterricht Ramon Classen : S. 32–33 / 130 Niklaus Erdmann : S. 160 Thomas Neeser : S. 4–5 / 17 / 30–31 / 36–37 / 38–39 / 52 / 74 / 84 / 94 / 108 / 122 / 142 / 220–221 Paul Stebler : S. 62 / 150 / 170–171 Angela Stocker : S. 34–35 Sämtliche Abbildungen der Werke prominenter Gestalter und Künstler : zVg

Photographs of Drawings : Patrick Bernet, The Basel School of Design Pictures taken in classrooms : Ramon Classen : p. 32–33 / 130 Niklaus Erdmann : p. 160 Thomas Neeser : p. 4–5 / 17 / 30–31 / 36–37 / 38–39 / 52 / 74 / 84 / 94 / 108 / 122 / 142 / 220–221 Paul Stebler : p. 62 / 150 / 170–171 Angela Stocker : p. 34–35 For the reproductions of established designers and artists : on request

Dank

Acknowledgements

Für die vielfältige Unterstützung danken wir herzlich : – den Studentinnen und Studenten – den Zeichenlehrerinnen und Zeichenlehrern der Schule für Gestaltung Basel sowie Ramon Classen, Alexander Felix, Regine Grammlich, Roseline Heinis, Daniel Morgenthaler, Thomas Müller, Marion Plassmann, Daniela Rota, Ulrike Ruh, Nicole Schmid, Nicolas Sturm Für grosszügige finanzielle Unterstützung danken wir : – der Schule für Gestaltung Basel – dem Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt – der Scheidegger-Thommen-Stiftung – privaten Gönnern, die namentlich nicht genannt sein wollen und unseren Sponsoren : – Arni Siebdruck GmbH, Allschwil – Offsetdruckerei Grammlich, Pliezhausen – Sturm AG, Muttenz – Swiss Building Components, AG – Winter & Company, Basel; www.winter-company.com

For the greatly appreciated diverse support, we sincerely thank : – the students – the drawing teachers of The Basel School of Design as well as Ramon Classen, Alexander Felix, Regine Grammlich, Roseline Heinis, Daniel Morgenthaler, Thomas Müller, Marion Plassmann, Daniela Rota, Ulrike Ruh, Nicole Schmid, Nicolas Sturm For the generous financial support we sincerely thank : – The Basel School of Design – the Erziehungsdepartement [Ministry of Education] of the canton Basel-Stadt. – the Scheidegger Thommen Foundation – private patrons who prefer to remain anonymous and our sponsors : – Arni Siebdruck GmbH, Allschwil – Offsetdruckerei Grammlich, Pliezhausen – Sturm AG, Muttenz – Swiss Building Components, AG – Winter & Company, Basel; www.winter-company.com

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impressum imprint

Hinweis zum deutschen Text : Obwohl selbstverständlich auch viele Akteurinnen beteiligt sind, wird im Buch der Einfachheit halber nur die maskuline Form verwendet.

Imprint A CIP catalogue record for this book is available from the Library of Congress, Washington D.C., USA. Bibliographic information published by the German National Library. The German National Library lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the Internet at http ://dnb.d-nb.de. This work is subject to copyright. All rights are reserved, whether the whole or part of the material is concerned, specifically the rights of translation, reprinting, re-use of illustrations, recitation, broadcasting, reproduction on microfilms or in other ways, and storage in data bases. For any kind of use, permission of the copyright owner must be obtained. Translation from German into English : Laura Bruce Translation from English into German (statements) : Bernd Weiß Copy editing (German) : Ulrike Ruh, Daniel Morgenthaler, Alexander Felix Copy editing (English) : Julia Dawson Proof reading (English/German) : Sabine Rochlitz Book concept : Neeser & Müller, Thomas Neeser, Thomas Müller mit Helmut Germer Graphic Design and Layout : Neeser & Müller, visuelle Gestaltung, Basel Graphic display on p. 26–29 and texts in the image section : Helmut Germer Lithography : Sturm AG, Muttenz Printing and binding : Offsetdruckerei Grammlich, Pliezhausen Typefaces : Arnhem, Supergrotesk, Executive Paper : Munken White 1,8 / 115 gm2 Cover/binding : Wintan Carena 0,75 mm, schwarz © 2010 Birkhäuser GmbH, Basel P.O. Box 133, CH-4010 Basel, Switzerland Printed on acid-free paper produced from chlorine-free pulp. TCF ∞ Printed in Germany ISBN : 978-3-0346-0367-6 987654321 www.birkhauser-architecture.com