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Pages [553] Year 2021
150
Jahre
Wasagymnasium Eine Spurensuche zwischen Tradition und Moderne
Böhlau Verlag Wien Köln
Bibliografische nformation der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillie te bibliografische aten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
© 2021 Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, rill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress.
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Umschlagabbildung: BG9 Wasagasse Korrektorat: Linn Kogler Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Bettina Waringer, Wien
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21390-1
Wir danken den folgenden Institutionen:
Elternverein am Bundesgymnasium Wien IX, Wasagasse 10 Vereinigung ehemaliger Wasagymnasiasten und Wasagymnasiastinnen Ein besonderes Dankeschön gilt dem Elternverein und den Eltern für die „Bausteinaktion“. Wir danken: AIGNER Johannes – ARINGER Valentin – AUBÖCK Ursula – AUßERLECHNER Niklas u. Tobias u. Fabian – BACHMEIER Valentin – BALABAN Georgii – BAUER Georg – BECKER Jacob u. Nicolas – BERGER Mariella u. Leonie – BERLINI Simón – BIBER Milena u. Samuel – BRUCKMANN Cornelius u. Gabriel – BUNK Leonore – BUSCHLE Ava – CABJOLSKY Nikolaus – CALICE Matias – CECERLE Stefan – DÄMON Maximilian – DANIEL RAMIREZ Sofia Elena – DIETRICH Pauline – DURIG Maximilian u. Johanna – EDER Juliane – EGGER Christoph – ERRATH Emilia – ERTL Marlon – ESSBERGER Florentina – ESTERLE Raphael – FALMBIGL Leopold u. Martin – FAT Beniamin – FEICHTNER Ferdinand – FLUCH Raphael – FOURMAUX Lisanne u. Niklas – FREY Alma u. Frederik – FRÖHLICH Laurenz – FROHNER Helena u. Jakob – FÜRSTENBERG Sophia u. Leopold – GALIC Florian u. Robert – GAMERITH Moritz – GEHART Matteo – GEORMANEANU Maria – GHIURCAN Daria-Elena – GÖHLICH Leandro – GÖLLER Frederik – GRABNER Günther – GRAFEK Sophie – GRANAT Michael – GRAUSGRUBER Mika – GRUSZKIEWICZ Paulina – GÜTTEL Annika u. Kerstin – HARTNETT Kara u. Sean – HASLINGER Laura – HELLMICH Barbara – HELM Heidi M. – HIDASI Márk – HOCHEDLINGER Louis – HOFBAUER Ina – HOFINGER Kyra u. Sophia – HÖSLINGER Agnes – HRAZDIRA Laetizia – HÜLBER Marie – ICOCHEA Silvia u. Julia – JINDRA Emma – JUDMAYR Maximilian – KAMMERER Paul – KIRNBAUER Tim – KLECANDR Leo – KOLETNIK Isabel – KORNFELD Luisa u. Paul – KREJCI Matteo – KRISPER Anna – KROKER Valerie – KRONBERGER Karla – KÜFFER Paul u. Leonard – KUROCHKINA Dina – LACHMAYER Isabella – LENZ Victoria – LIEBMANN Emilia – LIEBSTEIN Noam – LINNERT Ernst
– LIRSCH Julian – LIU Adela – LOIDL Sophie – MADERBACHER Karoline – MAREK Victoria – MARENZI Constantin – MAYER Mathilda – MAYRHOFER-GRÜNBÜHEL Benedikt – MAYERHOFER Oskar – MEINL Linda – MEYER Marlene – MOGA Rafael – MOSAR Marco – MÜLLER-URI Marina u. Lara – NEISCHL Marie u. Marlene – NEWESELY Laurentin – NIEDERBERGER Sonja – NIKOLIC Adrian – OBERREITER Johannes – ÖHLINGER Valerie – OLINOWETZ Adrian – OLSZEWSKI Clemens – PARK Yunjuna – PAULESCHITZ Luis u. Amina – PETRIK Michael – PEYRAT Clément – PICKHARDT Ella – PITTERS Leopold – PÖNIGHAUS Florentin – PRUSA Alexander – RACHENSPERGER Fiona – RANETBAUER Dion – RAUSCHER Johannes – RICHTER Victoria u. Katharina – RIEDL Katharina u. Magdalena – ROBIN Zoe u. Leander – ROGGENHOFER Marie – ROTH Federico – SAIKO Stella u. Harald – SCHAUMANN Alma u. Luisa – SCHERNTHANNER Daniel u. Isabel – SCHMIDT Daphna – SCHÖNBERGER Amelie – SCHRAUDER Timna – SCHUSTER Amelie u. Florian – SCHWAIGER Charlotte u. Valentin – SCHWARZBAUM Ben – SCHWÖDIAUER Ferdinand u. Leopold – SIEGEL Benjamin – SIEGHART Rosa-Salome – SONNWEBER Vincent Jakob – STEININGER Laura – STEINKELLNER Kiril – STEPAN Rosa – STOCKNER Alexander – STROBL Alisa – TESCH Adrian – THIEL Georg u. Eva u. Marie – TIRELE Kate – TRINKS Enzo – UNTERBERGER Benjamin u. Manuel – URICH Ines – WALDNER Emil – WALLENTIN Niklas – WALLNER Felix – WELTEN David u. Alexander – WENDL Angela – WERTHEIM Hugo – WINTER Viktoria – WÖHRL Julia – WÖRGÖTTER Deliah – YU Qin Chen – ZARIC Jonas – ZECHNER Moritz – ZUSER Clemens u. Alba
Inhalt
Grußworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Zukunft der Schule – Schule der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Zukunft der Schule – Schule der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Teacher for Future: Die Zukunft der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Schule damals und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Eine ganz persönliche Perspektive
Schulischer und pädagogischer Wandel in einer Pandemie aus der Sicht der Schulleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Informatik am Wasagymnasium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Der Eros des Denkens
Über den Wert der alten Sprachen im Gymnasium mit besonderem Augenmerk auf Altgriechisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Going beyond
Englischunterricht am Wasagymnasium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Parlez-vous français? Hablas español? Parli italiano?
Die Romanischen Sprachen am BG9 Wasagasse – Rück- und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
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Inhalt
„Der Wegweiser geht nicht mit!“
150Jahre Psychologie- und Philosophieunterricht am Wasagymnasium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Es hat sich (fast) nichts geändert…
Sieben Jahrzehnte Schultheater am Wasa-Gymnasium . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Vom TSH zur TAB
30 Jahre Nachmittagsbetreuung in der Wasagasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Lehrer*in sein im Spiegel von 150 Jahren Schulgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive . . . . . . . . 151 Beobachten, engagieren, loslassen
Der Elternverein des Wasagymnasiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Schule in Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Inspiration und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Naturwissenschaftliche Exzellenz
Karl Landsteiner, Erwin Chargaff und Otto Koenig . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Ari Rath, ein großer Wasagassler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Erich Fried
„Zeuge in Übergangszeiten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Identität, Ideologie und Widerstand von Querdenkern
Erich Kleiber und Muhammad Asad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Wasa – Klangmosaik
Eine musikalisch-exemplarische Spurensuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
Inhalt
Die „Wasa-Autoren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
Im Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
Vom Ministranten zum Weihbischof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Denkt eigenständig! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Die Schule als Biotop der Menschwerdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Eine hervorragende Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Europa am Scheideweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Vom Strebern und vom Streben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Ein Plädoyer für Freiräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Vom Klassenraum in den Weltraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Mit dem Steppenwolf im Raucherkammerl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Der Kern bleibt gleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Freiheit und Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Don’t take no for an answer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Den Menschen dahinter sehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Reflexionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
Direktor am Wasagymnasium sein – Eine spannende Herausforderung . . . . . . . 397 Friedrich Lessky: Musiker, Musikpädagoge und Schulleiter aus Leidenschaft . . . . 403 Türen öffnen – Rückblicke für die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Alte Sprachen – alte Steine? Zur Relevanz humanistischer Bildung . . . . . . . . . 418 Humanismus und Technik – ein Paradoxon? Die Bedeutung von Schulerfahrung für den eingeschlagenen Berufsweg und naturwissenschaftlich-technische Forschung . . 424 C’est la vie am BG9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Geschichte in Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
Long Letter From John . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Gerald Stourzh – von „Wasagasslern“ und „Schotten“ . . . . . . . . . . . . . . . . 442
Erinnern Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Erinnerungsarbeit in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474
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Inhalt
Chronik 1871–2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 Lehrer, Lehrerinnen und Schulpersonal im Schuljahr 2020/21 . . . . . . . . . . . . . . . . 539 Autor*innenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
150 Jah
Anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Gymnasiums Wasagasse möchte ich Herrn Direktor Mag. Johannes Bauer, dem gesamten Lehrkörper, dem Verwaltungspersonal sowie allen Schülerinnen und Schülern herzlich zum Jubiläum gratulieren. Normalerweise würde ein schöner runder Geburtstag wie dieser eine große Feier mit sich bringen, doch Zeiten wie diese verlangen eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von uns. In welcher Form die Feier an Ihrem Jahrestag also möglich sein wird, weiß ich noch nicht. Doch eines weiß ich sicher: Sie werden einen Weg finden, zusammenzukommen, sich auszutauschen und gemeinsam zu lachen. Und über die bewegte Vergangenheit, die Herausforderungen der Gegenwart und Ideen für die Zukunft zu sprechen. Mit der vorliegenden Festschrift ist jedenfalls schon ein großer Schritt getan! Das Wasagymnasium bewegt sich sehr elegant zwischen Tradition und Innovation. Es verbindet das Alte mit dem Neuen. Und recht erfolgreich, wenn ich das so anmerken darf! Unter den Absolventinnen und Absolventen finden sich bekannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Philosophinnen und Philosophen, Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Künstlerinnen und Künstler – und viele, viele mehr. Die Liste ist eindrucksvoll. Blättert man sich die Festschrift durch, erkennt man: Das von Heinrich Ferstel gestaltete Schulgebäude ist ein wahrer Zeitzeuge. Es hat viel miterlebt – von der Monarchie über den unbeschreiblichen Terror des Nationalsozialismus bis hin zur Zweiten Republik. Heute ist das Wasagymnasium ein Ort der Menschlichkeit, der Offenheit, der individuellen Persönlichkeitsentfaltung, aber auch des Erlernens von kritischem Urteilsvermögen. Das Streben nach diesen Werten verdient Dank und Anerkennung. Sie sind unumstößliche Pfeiler unserer Zukunft. Ich danke daher allen sehr herzlich, die am BG9 in der Wasagasse so engagiert in diesem Sinne wirken. Sie leisten Großartiges in einem der verantwortungsvollsten Bereiche, die es für mich gibt: die Bildung und Ausbildung unserer Jugend. Ihnen allen meine allerbesten Wünsche zum 150-Jahr-Jubiläum und alles Gute für die Zukunft!
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Grußworte
Sehr geehrter Herr Direktor Mag. Bauer, geschätzte Pädagoginnen und Pädagogen, liebe Schülerinnen und Schüler! Das 150-jährige Jubiläum des Gymnasiums Wasagasse bietet die Gelegenheit, die langjährige Geschichte wie auch die außerordentlichen Leistungen des Gymnasiums Wasagasse gebührend zu würdigen und zu feiern. Begaben ist die Kunst, Menschen so zu fordern und fördern, dass sie ihre besten Fähigkeiten und Talente selbst entdecken und verwirklichen. Gerade das gelingt am Gymnasium Wasagasse durch das Zusammenwirken der Schulgemeinschaft auf besondere Weise, denn die Qualität und der Erfolg einer Schule sind maßgeblich verbunden mit dem großen Engagement der Lehrenden, Lernenden und dem Schulklima. Erst dann können solche außergewöhnlichen Leistungen in vielen Bereichen gelingen. Seit seiner Gründung ist das Wasagymnasium ein humanistisches Gymnasium, das besonderen Wert auf Sprachen und interkulturellen Austausch legt. Das Sprachangebot am Wasagymnasium reicht von den lebenden Fremdsprachen über die klassischen Sprachen Latein und Griechisch bis hin zu Chinesisch als Freifach. Bei der Latein- und GriechischOlympiade, aber auch zahlreichen Sprachprojekten zeigen Schülerinnen und Schüler ihr Können im internationalen Kontext. Besonders hervorzuheben ist, dass 90 % der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I ihre Schullaufbahn in der Oberstufe des Gymnasiums Wasagasse fortsetzen und hier erfolgreich maturieren. Das erfolgreiche Lehren und Lernen gelingt zum einen auf Grund des besonderen Engagements der Lehrerinnen und Lehrer. Zum anderen bietet das Gymnasium ein besonderes Angebot mit Schwerpunkten im Bereich Kommunikation, Sprachen und Informations- und Kommunikationstechnologie in einem modern ausgestatteten Gebäude, das die idealen Rahmenbedingungen dafür schafft Ich darf diesen besonderen Anlass nutzen, um den Pädagoginnen und Pädagogen ein herzliches Dankeschön für die engagierte und erfolgreiche Arbeit auszusprechen und allen Schulpartnerinnen und Schulpartnern eine ebenso gute und erfolgreiche Zusammenarbeit für die Zukunft zu wünschen! Herzlichen Glückwunsch zu 150Jahre BG Wasagasse! Dr. Heinz Faßmann Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
© BKA / Andy Wenzel
Grußworte
Das Wasagymnasium ist unter Wiens Schulen legendär. Vor 150 Jahren gegründet, wurden hier Schüler wie die späteren Autoren Stefan Zweig, Friedrich Torberg, Felix Salten und Erich Fried unterrichtet. Der Dirigent Erich Kleiber war in der Wasagasse ebenso zur Schule gegangen wie der „Opernführer der Nation“ Marcel Prawy, der Filmregisseur Götz Spielmann, die Schauspielerin Birgit Doll oder die Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Zu den Lehrenden zählten Persönlichkeiten wie der Komponist Friedrich Cerha. Eine große Stärke des Wasagymnasiums ist die Vielfalt des pädagogischen Angebotes: Schülerinnen und Schüler können hier zwischen dem humanistischen Zweig – mit Griechisch und Latein –, dem neusprachlichen Zweig und dem Realgymnasium wählen. Regelmäßig werden auch Wettbewerbe wie der Wiener Englisch-Französisch-Redewettbewerb oder die Latein- und Griechisch-Olympiade veranstaltet. Ein besonderes Augenmerk wird erfreulicherweise auf die musische Bildung der Schülerinnen und Schüler gelegt: Über die Grenzen hinaus bekannt wurde etwa ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Wien und Beijing, in dessen Rahmen Schülerinnen und Schüler der Wasagasse in Chinas Hauptstadt Gottfried Kinsky-Weinfurters Comic Opera „TOMTOM And the Magic Door“ auf die Bühne brachten. Das Wasagymnasium dient auch traditionell als Gastschule für chinesische Kinder in Wien, das Freifach Chinesisch wird hier ebenfalls unterrichtet. 2003 wurde das vorbildliche Projekt „Erinnern“ gestartet, um die Schicksale jüdischer Schülerinnen und Schüler der Wasagasse zur Zeit des Nationalsozialismus zu erforschen. All das sind Gründe, diesem ganz besonderen Wiener Gymnasium zu seinem 150. „Geburtstag“ herzliche Glückwünsche zu übermitteln. Ich wünsche allen Lehrenden sowie den Schülerinnen und Schülern alles Gute – ad multos annos! Dr. Michael Ludwig Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien
© PID/ David Bohmann
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Grußworte
Ein warmes, aber auch distanziertes Gefühl berührt mich, wenn ich eine Einleitung zur Festschrift unserer Schule anlässlich des 150.Geburtstages verfassen darf. Warm, weil ich nach elf Jahren in dieser Aufgabe als Direktor viele Erfahrungen sammeln durfte und glaube, eine persönliche Beziehung zur Schule, zum Haus und zu den darin arbeitenden Menschen habe aufbauen dürfen. Gleichzeitig distanziert, weil ich mich nur als Begleiter für einen (relativ für die Schule gesehen) kurzen Zeitraum sehe, dem die Tragweite der Geschichte dieser Schule und der Menschen aus unseren historischen Schriften genauso bewusst ist wie die Tatsache, das meiste nicht erfahren zu haben, ja nicht einmal ahnen zu können. Ich denke gerne an eine Szene vor einigen Jahren zurück, als mir ehemalige Schülerinnen und Schüler zu ihrem 50-jährigen Maturajubiläum bei einer Hausführung mit gebrochener Stimme erzählt haben, wie sie in ihrer Unterstufenzeit in der Pause am Gang marschieren mussten. Einige waren das erste Mal wieder in diesem Gebäude und man merkte ihnen die Spannung an, die sie beim Zurückdenken an diese Zeit ergriff. Gleichzeitig gelang es zu vermitteln, dass die Pädagogik von heute eine andere ist. Eine vom Wohlwollen getragene und das Individuum respektierende – großteils. Ich hatte das Gefühl, dass eine Aussöhnung mit der eigenen Geschichte zur Schule gelang. Andere Besucher*innen eines anderen Maturajahrgangs haben sich in unserer Schule kennen und lieben gelernt und sind seit damals ein Paar. Mittlerweile haben auch ihre Kinder und Enkelkinder bei uns erfolgreich maturiert. Zu deren 50-jährigem Maturajubiläum hat ein ehemaliger Maturant – inzwischen pensionierter Professor an der Musikhochschule – extra für den Schulbesuch seinen Frack angelegt und in unserem Festsaal jenes Klavierstück gespielt, das er auch zu seiner Reifeprüfung vortragen durfte. Hier wurde sichtbar, welche besondere und gewichtige Prägung durch die Schule für Menschen ein Leben lang spürbar ist. In dieser Festschrift hat vieles Platz gefunden, das die reiche Geschichte unserer Schule unterstreicht. Von einer Interview-Reihe mit zahlreichen großen Persönlichkeiten, die das Wasagymnasium besucht haben, zu Beiträgen über die Architektur unserer Schule, berühmten und leider schon verstorbenen Persönlichkeiten, zu Fragen der Informatik, der Philosophie und der Fremdsprachen. Reflexionen eines ehemaligen Direktors, von Elternvertreter*innen und Ehemaligen sowie eine große Neu-Aufarbeitung der Geschichte unserer Schule inklusive aller Absolvent*innen und Lehrer*innen runden das breite Spektrum dieser Festschrift ab. Wenn man die Grußworte des Herrn Bundespräsidenten, des Herrn Bundesministers, des Herrn Bürgermeisters liest, merkt man, welche Bedeutung, welche Wirkung und Strahlkraft unsere Schule weit über die Bezirksgrenzen hinweg hat. Ich bin dankbar und demütig für die Möglichkeit, an dieser Stelle für diese Schule wirken zu dürfen. Und ich bin dankbar, mit großartigen jungen Menschen, tollen Lehrerinnen und Lehrern und einem motivierten und beherzten Verwaltungsteam arbeiten zu dürfen. Diese Festschrift ist ein besonderes Geburtstagsgeschenk für unsere Schule. Ohne die mehrjährige, engagierte und
Grußworte
disziplinierte Arbeit von Frau Prof. Dr. Renate Mercsanits und Prof. Mag. Franz Königshofer gäbe es diese Festschrift nicht. Ich bin diesen beiden sowie dem Redaktionsteam und allen, die dazu (von innen und außen) beigetragen haben, zutiefst dankbar und gratuliere zum Erfolg, einem so umfangreichen und vielfältigen Werk auf die Welt geholfen zu haben. Ich wünsche unserer Schule viel Kraft und Energie, viel Freude, viel Emotion, schöne und bereichernde Erlebnisse sowie Haltung und Würde bei weniger schönen Erlebnissen.
Mag. Johannes Bauer Direktor des BG IX, Wasagasse
© Foto Sulzer
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Stefan Gyalai 2020, Radierung.
Zukunft der Schule – Schule der Zukunft
150
Jahre
Luund ef Si g m ans von ach · Jos wein · · G b r n n s e e eos ö u g i Sch ard Bau ann · L Polb e r er · Jul f m e s a o g ellm hann Rich rg · J en B neieber Eu g stav Fri s Lembe Würth · Angelo H oser · Jo arl Sch erger C u · M u n · n d enb to ·G ch uli ar gen bauer · J r von An av Habi n) · Anto Schmie bert Gri y · Osc el o b l i n t o d r o e s a r e nu i v R Fe a a d u g a l · r h a K ·G K ·E n Em itte ein urs s rnest o Windt o Freund haar (R midt · R n Dreik Herman ttinger · Ephrus E · i l r a n l e · m g h i o a c t u u G O das r c S m m K ig nz ·H erm Vi oe Ca ch ko · rl Ehart in · Otto · Friedri ikurs · H · Josef J g · Ludw rnstein · euer · Fra ter von n r e u r it k re er ur Tch han · Ka f Kosch Schi av D arl Höll u Laimb er von A · Emil B thmar R ese · Max osc · Rudol riedrich r · Gust r i m z O K e B · s · w u er · m l i a l r n a e e Ka mann k · F amberg ch Horn Julius L t Aurnh nton B von Jeck us Schö ler v. Bau koi n f h Ho or o· ber Ed vB tasc Juli h·A yur inri pold rmann P y · Gusta by · He lf Kolisk ner · Ro Tobiasc · Theod singer · heodor eodor G midt n e k T o z u i l h e d e r · d n h z Z T n Sch H c u H · o ra at g ld lak · o Zsigm incenz zweil · R · Ludwi ffe es · F kar Hor ichard S Grünfe Freund ges · Max Ludwig r t s V i l t r R s t ue Ku Po f· O ne ·O ffl hal · n· ter Sch der · man · Eduard ugo Schi · Adolf eilinger Rothkop y · Eman ann · Er · Robert Sonnent tto Rit f o H O s d m n H x ) l · z e z H on i n i n s g l l n g · v i r n l a o · Fra Ritter vo smanith f Kaufm ndt · Alo ter · Mo l Zsigm lhelm En Emil Por kens · Fe rich Brü r Ritter ed i c u s s i l ( r l a · n e f i l h o o i l l m r r t l h e W Kelle r · Karl R nn · Rud ael Habe · Paul Pa Zöpfl · E reikurs · Körpert (Carl) W vald · H tsch · Ar Kohn · A es · a e a t r l n h g r r v a n r w e D r c e t m a u i a r k a Quit or ried eyer · M anz Linz er · Gust nn · Max er · Otto llrich · K ter v. Fe rich Hl burg · C ander Po ard it a U ied . Klim ex Fr stl eod dolf G l R ies r · m n d h F A i Rich h n a ü W · · r y c T u · tan eopold ann Bu ustav K n · Con Ru Bra Hirschl eiherr v eo Pick chanek · hren· o r h K a t h mare · Ludwig aage · L ald · Joh inger · G eligman ch · Lot · Harry Otto Fr ayer · L pold Su Armin E er · W ia · er ob nv r· d tS eo ay rm Infel · Alfred er v. Fere opold H Adalber Ernest B riz Heid nn Kobe est Obe hlein · L Brukner oriz M t · · · o e h t M a c n h t r c r r · L i h S i c e M e · i l r r ·E rd t· se hmid dr eit · Jo Ull Braun R person sef Seid Abh schmid autsch Merten r · Edua au · Frie rad Kai Emil Sc do l d o a n J e r o · d l H n · K e f l B o an ff v. Eg Al itz ch heo riz Ko axili Schi idl · itter tzl · drich el Sp n·T önba mil G · Mo vich rich Sch nz Schm ann · E udwig R burg · M · Emanu ek · Frie Max Gö lf · Stefan r v. Brau tmann · m · r L d r m o ch ra r · Frie hfeld · F hur Gold igsfeld · is zu Lai l Richte ert Blas il Fürth arl Rud is Freihe dwig Ha Krao b n K r t e c l l l m u · r a ö s L r A E A L t A i K t · H · · m · o r s E i z H on itzer · h e· hlich hn · nn R Juliu erson Baue Falk nz V Bloc von stetter · er · Fra s Rechn · Emil ictor Frö ak · Joha tephan olf Halp dwig Ko y · Fran w S l u h m Hoc r v. Kre erg · Juli stersheim erstel · V lfred Pol hlheim · feld · Ad pler · Lu udolf Lö ebes e e e F d o A t b l n R l . t · · o v .W W nN te Ri tto K atkis hütz thur iherr tter v ich G l Pos milia Emi tstein Ri gang Fre · Julius N jskal · Ar · Friedr nauer · O ld Lipsc s · Maxi Eugen Wet g · Wolf llesievits odo Ste s Fuchs obert K · Bertho adeniu itsche · zwei hael Mi zer · The zl · Juliu Karas · R rd Lasch udolf N Franz N udolf a ·R · R rger · Mic ed Spit ranz Fen Albert Rich gen efrer Alfr hler · F Hüffe · s Kulka · Meinzin z Neube olf Schi d Eic emens Ig n a uliu ner · er v. · Ru ila · J ger Edl berger · upovac ard Wag Cl w h c eu to zin ich xP Mein · Adolf N éral · Ma ppan · R Su Oh
Absolvent*innen 1876–2020
Zukunft der Schule – Schule der Zukunft
Dieser Essay bietet keine Zukunftsprognose. Er will anregen, Schule, ein Kind des 18. Jahrhunderts, als Schule des 21. Jahrhunderts zu denken und in diese Richtung zu gestalten, ohne den Erfahrungswert der Schulentwicklung dabei aus den Augen zu verlieren: „Schools change slower than churches.“1 (Richard Gross) Für die Anstöße des Essays gilt dasselbe, was für alle Anliegen, die im Übermaß an die Schule herangetragen werden, gilt: Alle Ansprüche kann und darf die Schule nicht akzeptieren und schon gar nicht versuchen, sie zu erfüllen, abgesehen davon, dass so manche ja allzu oft auch widersprüchlich sind und einander ausschließen. Eine gute Schule ist keineswegs eine ideale Schule. Eine gute Schule weiß auch um ihre Widersprüche, Schattenseiten, Schwächen und Grenzen, reflektiert diese, legitimiert sie aber nicht. Sie weiß sich ihrer Vision verpflichtet, ohne diese idealiter verwirklichen zu können oder auch nur zu wollen.
Zukunft der Schule Erinnerungen
Anfang Juli 1957 verließen fünf der 45 Schüler der 3. Klasse Knabenvolksschule einer oberösterreichischen Marktgemeinde die Schule. Sie hatten die damals achtjährige Schulpflicht genauer Unterrichtspflicht (seit 1774sechs Jahre, seit 1869acht Jahre), bereits erfüllt. Benachteiligt schienen sie sich in meiner damaligen Wahrnehmung nicht gefühlt zu haben, war doch die Welt außerhalb der Schule identitäts- und selbstwertstärkender als die Welt in der Schule. Der sogenannte Schulerfolg bedeutete für die meisten familiär und gesellschaftlich praktisch wenig oder gar nichts. Im Spätherbst 1972brachte die Gendarmerie pünktlich zu Unterrichtsbeginn um 8.00 Uhr einen Schüler in den Polytechnischen Lehrgang einer niederösterreichischen Kleinstadt. In der betroffenen Klasse unterrichtete ich gerade Religion, als der Schüler seinen Platz einnahm. Die Eltern des Schülers hatten wegen seines Fernbleibens vom Unterricht 1
Zit. nach: Hans Haenisch, „Schools change slower than churches“ (Richard Gross), in: Pädagogik, 43. Jg. (1991). Heft 5, S. 27–31.
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Zukunft der Schule – Schule der Zukunft
schon hohe Strafen gezahlt – ohne Erfolg. So blieb die zwangsweise Vorführung als letzte Möglichkeit, um die mit dem Schuljahr 1966/67 eingeführte neunjährige Schulpfli ht, genauer Unterrichtspflicht, in diesem Fall durchzusetzen. Im Frühjahr 1993stellte einer unserer Söhne in der fünften Klasse einer Wiener AHS fest: „Das Leben ist draußen und nicht in der Schule. Ich mache eine Lehre.“ Er sondierte mögliche Lehrberufe, entschied sich für einen, suchte und fand eine Lehrstelle. Am 30. August1993 begann er mit der Lehre, den damit verbundenen Besuch der Berufsschule nahm er notgedrungen in Kauf. Zukunft der Schule sichern durch verschärfte Pflicht
Mittlerweile unterliegen seit Herbst 2017alle Jugendlichen nach Erfüllung der Schulpflich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres einer Ausbildungspflich 2. Mit dem Schuljahr 2018/19trat das novellierte Schulpflichtgesetz in Kraft, das die Strafen für Schulpflicht erletzungen deutlich verschärfte. Bei „ungerechtfertigtem Fernbleiben der Schülerin oder des Schülers vom Unterricht an mehr als drei aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen der neunjährigen allgemeinen Schulpflicht“, ist die „Pflich verletzung [,] jedenfalls“ bei der zuständigen Behörde „zur Anzeige zu bringen […] und von dieser mit einer Geldstrafe von 110 € bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen“.3 Mit dem Schuljahr 2019/20hat die Leistungsbeurteilung „bereits ab der ersten Stufe der Volks- und Sonderschule durch Noten“, spätestens am Ende der zweiten Schulstufe hat eine Beurteilung durch Ziffernnoten zu erfolgen.4 Seit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht in sterreich im Jahre 1774 hatte die staatliche Schule einen Zwangscharakter. Ihre gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz musste mit staatlichen Maßnahmen durchgesetzt werden. So sichert der Staat die Zukunft seiner Schulen, die Teil der Allgemeinen Verwaltung sind. Für die gesellschaftlich privilegierten Schichten bestand von Anfang an die Möglichkeit des heute sogenannten „HomeSchooling“, um ihre Kinder vor dem Besuch der „Schule des Volkes“ zu bewahren – aus welchen Gründen auch immer. Der österreichischen Bundesregierung war es 2017/18 wichtig, durch Verschärfung der Strafen und Wiedereinführung der Ziffernnotenpflicht on Anfang der Pflichtschul eit an den Zwangscharakter, die Disziplinierungs- und Selektionsfunktion der Schule zu stärken. Damit wurden auch jene Werte an der Schule gestärkt, die sie seit dem 18. Jahrhundert kennzeichnen: Es sind dies die hierarchischen Beziehungen, die Normalisierung der Einzel2 3 4
Bundesgesetz, mit dem die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungspflichtgesetz – APflG 2016), B l. I Nr. 62/2016. Änderung des Schulpflichtgeset es 1985 §24, A bs.4, BGBl. I Nr. 35/2018. Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung, mit der die Leistungsbeurteilungsverordnung geändert wird, BGBl. II Nr. 259/2019.
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nen und der Unterrichtsinhalte sowie deren Homogenisierung. Damit hatte die Schule eine wichtige Funktion beim Aufbau von Nationalstaaten und große Probleme mit allen Formen von Vielfalt, die als ein Störfaktor wahrgenommen wurde. Zugleich sollten reformpädagogisches Engagement an Schulen eingebremst und bisherige schulautonome Entscheidungen auf diesem Gebiet aufgehoben werden. Der Rückhalt der Bevölkerungsmehrheit war ihr sicher, auch wenn diese Entscheidungen nicht datenbasiert sind und im Widerspruch zum Stand der Wissenschaften stehen. Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die sich pädagogisch und didaktisch vorrangig am Kind, seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten orientieren, als „Kuschelpädagogik“ diffamie t, sollten zurückgedrängt werden. Die, die von der Schule am meisten betroffen sind, es sind die üngeren, die Eltern und besonders die Mütter, welche die familiäre Hauptlast der Schule tragen, sie haben diese Rückwärtsentwicklung mehrheitlich nicht gewollt. Die Covid-19-Pandemie macht aufmerksam
Die Zeit der Covid-19-Pandemie führte zu einer neuen Aufmerksamkeit auf die Schule als systemrelevante Kinderbetreuungseinrichtung, deren Schließung eine Überforderung in Familien und der Gesellschaft mit sich brachte. Die Pandemie erweist sich als ein Scheinwerfer, der das Licht auf Probleme wirft, die schon lange bestehen, aber nicht das Licht der Öffentlichkeit erreichten. Sie machte u.a. an der Schule aufmerksam auf: ș die schlechte Raumluft in vielfach beengten Raumverhältnissen: Laut aktueller Schulbau- und Einrichtungsverordnung z.B. der Burgenländischen Landesregierung muss die Bodenfläche eines jeden Klassenzimmers „mindestens so groß sein, dass auf jeden Schüler, nach der voraussehbaren durchschnittlichen Schülerzahl berechnet, 1,60 m² entfällt“ – bei einer Mindestgröße der Klassenzimmer in Pflichtschulen on „50 m²“.5 Eine Mindestraumhöhe – und somit Luftmenge – ist nicht festgelegt. ș den mangelhaften Ausbau der digitalen Infrastruktur. ș die geringe Kompetenz an der Schule für digitales Lernen. ș Sie machte die Schule u.a. aufmerksam auf: ș die familiären Rahmenbedingungen, unter denen Schüler*innen leben und lernen und deren Eltern bzw. Alleinerzieher*innen sie unterstützen sollten. Beengte Wohnverhältnisse, fehlender Arbeitsplatz, unzureichende digitale Infrastruktur, keine unterstützende Tagesstruktur, erschwerende familiäre Verpflichtungen (z.B. Sorgepflichten für Geschwister). ș die Tatsache, wie sehr sie angewiesen ist auf die Erfolge des Kampfes gegen Kinderarmut. ș die Bedeutung der Peergroup und des Miteinanderlernens für Kinder.
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Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 13.Juli 1988,betreffend den Bau und die Errichtung von Pflichtschulen (Schulba - und Einrichtungsverordnung), LGBl. Nr. 50/1988.
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Die Pandemie hat das vielseitige, hohe Engagement der Schule und der an ihr beruflic Tätigen öffentlich e kennbar gemacht, unter den erschwerten Umständen Lernfortschritte aller zu sichern, besonders aber die Bemühungen, dass kein Kind verloren geht. Während der Pandemie lernten viele angesichts eigener Überforderung erstmals die Professionalität der Lehrpersonen schätzen. Zur Überraschung vieler drängten die jungen Menschen aller Altersstufen darauf, nach einem Lockdown endlich wieder in die Schule gehen zu dürfen. So deckt die Pandemie auf, was die Schule ganz besonders auszeichnet: Die Schule ist ein Ort gemeinsamen Lernens. Alle lernen hier miteinander, aneinander und voneinander, denn „der Mensch wird am Du zum Ich“6. Das zu fördern und alles abzubauen, was dem entgegensteht, zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Verantwortlichen.
Schule der Zukunft
Die Schule der Zukunft priorisiert die gesellschaftlichen Zukunftsfragen und versteht sich als europäische Schule in Österreich, die sich daher an Europa orientiert. Europa – Kontinent der Menschenrechte
Die Katastrophe, in der Nationalismus und Faschismus in Europa im 20. Jahrhundert – mit ihrem Abgrund in der Shoa – mündeten, brachte eine Umkehr. Bereits fünf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges und der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft wurde im Jahre 1950die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)7 unterzeichnet und zugleich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu ihrer Durchsetzung geschaffen. ies war der Beginn des Weges Europas zum Kontinent der Menschenrechte. Der Europarat, dem außer Weißrussland alle Staaten Europas angehören, sichert mit einem Monitoring jene Werte, die auch die Werte der EU sind: Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.8 Österreichs Weg zur vorbehaltslosen Anerkennung unterschiedlicher Menschenrechtsabkommen war immer wieder ein holpriger und ist es bis heute bei der Charta der Kinderrechte9 geblieben. Wer in die Schule der Zukunft geht, erfährt an dieser Schule und versteht es immer mehr vom ersten Tag an, dass auch Kinder Rechte haben, weil sie Menschen sind. Sie sind Träger der Menschenrechte (und besonders der Kinderrechte). Sie stehen jeder Person zu, sie dürfen keinem Menschen weggenommen und können auch nicht verkauft werden. Rechte sichern die Würde jedes Menschen. So wird aus der gesetzlichen Pflicht, in die Schule gehen 6 7 8 9
Buber, Das dialogische Prinzip, Heidelberg 1979, 32. Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, 1950. Europarat, https://www.coe.int/de, 25.02.2021. UN-Konvention über die Rechte des Kindes, 1990, https://unicef.at/fileadmin/media/Kinder echte/ crcger.pdf, 25.02.2021.
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zu müssen, das Recht, die Schule besuchen zu dürfen. Niemand darf und kann verbieten, in die Schule zu gehen. Bildung ist ein Menschenrecht und besonders auch ein Kinderrecht. Die Aufgabe der Schule ist es, Kindern dieses Recht auf Bildung zu sichern. Diese Bildung normiert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM): Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.10
Die Kinderrechte betrachten das Kind als Subjekt, dessen Meinung Gewicht zu geben ist und dessen Entwicklung auf Beteiligung beruht. „Eine einseitige Schulleistungsorientierung ist nicht kinderrechtskonform.“11Die Orientierung an den Rechten macht die Schule zu einem Kinderrechte- und MenschenrechteAgenten sowie zu einem Anwalt der Kinderrechte12. „Human Rights Education“ ist Teil des Schulprofils und des Kerncurriculums der Schule. Europa – Kontinent der Demokratie
Es war ein langer Weg, bis die Staaten Europas alle Formen der Diktatur überwunden und demokratische Regierungsformen etabliert hatten. Die unerlässlichen Kennzeichen von Demokratie wie Volkssouveränität, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte, Medienfreiheit etc. sind unverzichtbar. Wie sehr diese stets bedroht sind, zeigt sich an der Figur einer „illiberalen Demokratie“. Zu den Qualitätsmerkmalen einer Demokratie zählen u.a. die Orientierung am Gemeinwohl, die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Schutz von Minderheiten, die Möglichkeiten der Partizipation, die Fähigkeit zum Kompromiss angesichts divergierender Interessen und gegensätzlicher Zielvorstellungen. Schule der Demokratie einer demokratischen Gesellschaft
Die Einführung der Schulpflicht und der damit erbundene Ausbau des staatlichen Schulwesens erfolgten im 18. Jahrhundert in einer ständischen, autoritären Gesellschaft. Dementsprechend autoritär war die Schule – als Teil der Allgemeinen Verwaltung des Staates 10 11 12
AEM Art. 26/Abs. 2; vgl. UN-Konvention über die Rechte des Kindes, Art. 29. Lothar Krappmann, Kinderrechte. Demokratie. Bildung: 8 Thesen, 2017. Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte-Forschungsverein, Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule, Kinderrechte-Index in der Schule und Leitfaden für ein partizipatives Kinderrechte-Monitoring in der Schule, Wien 2015.
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– strukturiert. Als Schule einer demokratischen Gesellschaft ist die Schule selbst eine Schule der Demokratie, in der Schule ein gemeinsames Anliegen aller ist und in der alle „Pflichte gegenüber der Gemeinschaft“ haben, „in der allein die freie und volle Entfaltung seiner Persönlichkeit möglich ist.“13 Zur Gemeinwohlorientierung und Förderung des Zusammenhalts gehört, dass der Lernerfolg aller ein gemeinsames Anliegen aller ist. Ich war sehr beeindruckt, wie beim Besuch einer Grundschule in der Nähe von Brno während der Unterrichtsstunde Kinder, die mit ihrer Aufgabe fertig waren, aufgestanden sind und sich umgesehen haben, ob jemand ihre Hilfe benötigte. Die Schule ist unterwegs vom dominanten Prinzip der Teilnahme zum Prinzip der Teilhabe14. Sie rezipiert die Forschungsergebnisse über Schulversagen oder Gewalt, die wiederholt auf mangelnde Partizipation verweisen, und bietet vielfältige Formen und Möglichkeiten der Partizipation, in denen auch die Fähigkeit zum Kompromiss erworben werden kann. Als Schule der Demokratie bietet sie auch Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Partizipation und schreibt ihr Citizenship-Education-Konzept15 kontinuierlich weiter. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war das Schulunterrichtsgesetz (SchUG) 197416, mit dem die Schüler*innen einer Schule „das Recht der Schülermitverwaltung in Form der Vertretung ihrer Interessen und der Mitgestaltung des Schullebens“17 erhielten. Teil der „Mitwirkungsrechte“ sind „das Recht auf Anhörung, das Recht auf Information, das Recht auf Abgabe von Vorschlägen und Stellungnahmen, das Recht auf Teilnahme an einzelnen Punkten von Lehrerkonferenzen, ausgenommen Beratungen über die Leistungsbeurteilung […], das Recht auf Mitsprache bei der Gestaltung des Unterrichtes im Rahmen des Lehrplanes, das Recht auf Beteiligung an der Wahl der Unterrichtsmittel“.18Teil der „Mitbestimmungsrechte“ sind „das Recht auf Mitentscheidung bei der Erstellung der Hausordnung, das Recht auf Mitentscheidung bei der Anwendung von Erziehungsmitteln […], das Recht auf Mitentscheidung bei der Antragstellung auf Ausschluss eines Schülers.“19 Die Schule der Zukunft geht über diese gesetzlichen Verpflichtungen und Möglichkeiten der Partizipation hinaus, beachtet aber zugleich deren Ambivalenz, weil Beteiligung auch zur Vereinnahmung werden kann. „Und wie ist Partizipation und somit Autonomie angemessen 13 14 15
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Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM) Art. 29/Abs. 1. Thomas Rihm (Hg.), Teilhaben an Schule. Zu den Chancen wirksamer Einflussnahme auf Schulentwicklung, Wuppertal 2014. polis – The Austrian Centre for Citizenship Education in Schools, https://www.politik-lernen.at/ site/ueberuns/english, 25.02.2021;Global Citizenship Education (GCED), https://www.unesco.at/ bildung/global-citizenship-education, 25.02.2021. Bundesgesetz vom 6. Feber 1974, mit dem die Bestimmungen über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen erlassen werden (Schulunterrichtsgesetz), BGBl. I 46/1974. Ebd., § 58, Abs. 1. Ebd., § 58, Abs. 2.a. Ebd., § 58, Abs. 2.b.
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möglich, wenn der Kontext heteronom determiniert ist?“ Denn unter „bestimmten Umständen kann die Verweigerung von Partizipation sogar Ausdruck von Autonomie sein“20. Erinnern lernen
Die Schule der Zukunft etabliert einen offenen, nicht abschließbaren Prozess des „ErinnernLernens“, weil sie um die Relevanz von Geschichte weiß, die es stets neu anzueignen gilt. Erinnern geschieht aus Interesse an der Vergangenheit, an der Gegenwart und an der Zukunft, auch um Hoffnungspotentiale freizulegen.21 Junge Menschen sind dabei nicht Adressaten einer zu erbringenden emotionalen oder kognitiven Erinnerungsleistung, sondern Akteure, reflexi e Mitspieler22 im partizipativen Projekt des „Erinnern-Lernens“, für das die Schule „Formen des Erinnerns“ zur Verfügung stellt. Der Blick in die Vergangenheit kann auch die Demokratie heute stärken, weil entsprechend einer Pädagogik der Anerkennung die Geschichte(n) und Identitäten aller jungen Menschen gleichermaßen wertgeschätzt werden. Der erinnernde Blick im Kontext der Shoa war und ist auf die damals von der Schule Ausgeschlossenen und Vertriebenen gerichtet, doch nun wird er geweitet auf die Frage: Was hat dazu geführt, dass die Schule und auch die Gesellschaft jahrzehntelang keinen Weg zum Erinnern gesucht oder gefunden oder gar Erinnerung verweigert hat? Da innere Bruchlinien, Übergriffe und Verbrechen nationaler Geschichte offen benannt werden, kann an Stelle eines Nationalstolzes jene Demut treten, die Mitgefühl und Wissen um die Leiden der anderen ermöglicht. „Das Bedürfnis, Leiden beredt werden zu lassen, ist Bedingung aller Wahrheit!“23 Die anamnetische Vernunft, die Vernunft der Erinnerung, die Johann Baptist Metz als die einzig wahrheitsfähige einmahnt, erinnert das Leiden der anderen.24 So wird die Fixierung auf die Erinnerung des eigenen Leides überwunden, die eine Hauptwurzel zahlreicher Konflikte ist. Europa – Heimat der Verschiedenen
Die USA verstehen sich als Schmelztiegel der Kulturen, Europa hingegen versteht sich als Heimat der Verschiedenen. Der Weg zur Anerkennung seiner Vielfalt an Sprachen, Geschichten, Kulturen und Religionen war ein langer und blutiger. Die europäische Geschichte ist vielfach eine Geschichte der Unterdrückung, Vertreibung und Ermordung der
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Jäggle, Krobath, Kultur der Anerkennung, 25f. Forschungsgruppe REMEMBER, Erinnerung an den Holocaust im Religionsunterricht. Empirische Einblicke und didaktische Impulse, Stuttgart 2020. Bundeszentrale für politische Bildung, Reflexive Mitspieler auf dem Feld der Erinnerung, 2015. Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt/M. 1975, 29. Johann Baptist Metz, Memoria passionis. Ein provozierendes Gedächtnis in pluralistischer Gesellschaft, Freiburg 2006.
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(religiös) Verschiedenen. Beim europäischen Projekt heute ging es von Anfang an darum, „Menschen zu einen und nicht Nationen zu integrieren“25 (Jean Monnet) womit es im Dienst der Chancengleichheit der Menschen und nicht der Konkurrenzfähigkeit der Nationen steht. So bedeutet die Gründung der Europäischen Union eine Absage an jedes „Nation First“. Der Lernprozess, (religiöse) Verschiedenheit als europäischen Wert zu erkennen, bleibt mit Rückschlägen verbunden. So fordert Migration aktuell Europa heraus, sich als Heimat der Verschiedenen und Kontinent der Menschenrechte zu bewähren. Ausschließendes Europa?
Die tausenden Toten im Mittelmeer schreien zum Himmel. Zu Recht beklagte Papst Franziskus bei seinem Besuch in Lampedusa die „Globalisierung der Gleichgültigkeit“. Das Verhalten nach außen, ausschließen, zur Festung werden, korrespondiert stets mit dem Verhalten im Inneren, sich einschließen. Im Umgang mit seinen Grenzen ist die Humanität Europas erkennbar. Am Berg Morija lernte Abraham, so wird im Buch Genesis, Kapitel 22 der Bibel erzählt, dass Gott keine Menschenopfer will. Was lernt Europa im Lager Moria für Geflüchtete auf der Insel Lesbos? Als Konsequenz der Sustainable Development Goals (SDG) 4, „für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sicherstellen sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen fördern“26, und als besondere Aufgabe von Europa, „Menschen zu einen“ und „Heimat der Verschiedenen“ zu sein, wird an der Schule der Zukunft „Inklusives Lernen“27 praktiziert, ein Lernen in Diffe enz, ein Lernen in Vielfalt. Dieses Lernen geschieht „in der Gegenwart des Anderen“28 und ist auch mit Konfl kten verbunden, die Vielfalt eben mit sich bringt. Doch Vielfalt ist dabei nicht das eigentliche Problem, sondern Formen des Umgangs mit Vielfalt können problematisch und entwürdigend sein. Dazu zählen etwa der Zwang zur Assimilierung oder subtile Formen der Verachtung von Anderssein.
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Robert Menasse zitiert Jean Monnet ohne Quellenangabe. Siehe: Was heißt da „Betrug“?, in: https:// www.diepresse.com/5555671/r obert-menasse-was-heisst-da-bdquobetrugldquo, 14.06.2021. UNESCO, Bildungsagenda 2030. Andrea Lehner-Hartmann, Thomas Krobath, Karin Peter, Martin Jäggle (Hg.), Inklusion in/durch Bildung? Religionspädagogische Zugänge, Göttingen 2018. Bert Roebben, Schulen für das Leben. Eine kleine Didaktik der Hoffnung, Stuttgart 2016, 96.
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Kultur der Anerkennung29
Die Schule der Zukunft, deren Qualität in einer Kultur der Anerkennung besteht, steht vor der Frage: „Sollen Menschen als starke, fast souveräne Subjekte, wie Gott oder gottgleich gegenüber den Schwachen handeln und sie in ihrem Anderssein anerkennen? Oder sollen sie als aufgeklärtes Subjekt die Anderen anerkennen, weil Anerkennung vernünftig und zweckmäßig ist, denn sie stärkt das Selbstwertgefühl, erzielt bessere Lernergebnisse, mindert Angst und sorgt für angemessenen Ausgleich?“30 Wenn aber das Leben vor allem ein Kampf ist, noch dazu ein Kampf gegeneinander, wäre es ganz entscheidend, immer auf der Seite der Sieger*innen zu stehen. Aber das souveräne Subjekt ermöglicht letztlich „keine Anerkennung, weil es selbst keiner Anerkennung zu bedürfen scheint“31. Ähnliches gilt auch für das aufgeklärte Subjekt, während das „verletzbare Subjekt, das sich nicht nur seiner eigenen Verletzbarkeit bewusst ist, sondern auch jener der anderen, weiß um die Angewiesenheit auf Anerkanntsein. Es hat daher Zugang zu spezifischen Möglichkeiten einer Anerkennungspraxis.“32 Es sind junge Menschen, die die Schule besuchen und deren Lebensalter als die „verletzlichen Jahre“33 bezeichnet wird. Die Verletzbarkeit ist aber allen Menschen gemeinsam, weshalb jeder gedemütigt werden kann. Auch Lehrer*innen sind verletzbar und auf Wertschätzung angewiesen. Sie können dies offen zeigen und machen sich als Menschen erkennbar. Die christliche Tradition schätzt die Akzeptanz von Schwäche. Daran erinnert der Pädagoge Fritz Bohnsack: „Die Humanität einer Gesellschaft und die Humanität einer Schule zeigt sich in ihrem Umgang mit Schwäche. Die Humanität eines Menschen zeigt sich in seiner Fähigkeit, die eigenen Schwächen und die der anderen zu akzeptieren“34. Diese Diagnose führt statt zu einer „Moral der Hirsche“35, in der sich die stärkeren Personen durchsetzen, zu einer Schulkultur, die Empathie und Kooperation fördert. Dafür ist ein Bewusstsein für die Bedeutung von Schwäche und Verletzlichkeit notwendig. Für besondere Leistungen wer29
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Martin Jäggle, Thomas Krobath, Helena Stockinger, Robert Schelander (Hg.), Kultur der Anerkennung. Würde – Gerechtigkeit – Partizipation für Schulkultur, Schulentwicklung und Religion, Baltmannsweiler 2013;Thomas Krobath, Andrea Lehner-Hartmann, Regina Polak (Hg.), Anerkennung in religiösen Bildungsprozessen. Interdisziplinäre Perspektiven, Göttingen 2013;Axel Honneth, Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte, Frankfurt/M. 1992. Martin Jäggle, Thomas Krobath, Kultur der Anerkennung. Eine Einführung, in: Martin Jäggle, Thomas Krobath, Helena Stockinger, Robert Schelander (Hg.), Kultur der Anerkennung. Würde – Gerechtigkeit – Partizipation für Schulkultur, Schulentwicklung und Religion, Baltmannsweiler 2013, 16. Ebd. Ebd. Richard Riess, Kirsten Fiedler (Hg.), Die verletzlichen Jahre. Handbuch zur Beratung und Seelsorge an Kindern und Jugendlichen, Münster 2009. Fritz Bohnsack, Wie Schüler die Schule erleben. Zur Bedeutung der Anerkennung, der Bestätigung und der Akzeptanz von Schwäche, Opladen [u.a.] 2013, 10. Ebd. 11.
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Abb. 1: Kultur der Anerkennung
den Menschen bewundert, aber nicht geliebt. Liebenswert macht sie ihre Verwundbarkeit und Unvollkommenheit. So öffnet sich „die Möglichkeit von Freundschaft, von Solidarität, von Empathie: Wir können einander in Freude und Leid begleiten.“36 Wer Verletzlichkeit annimmt, kann eher der Versuchung widerstehen, sich am vielfach propagierten nationalistischen Mythos eines „wehrhaften Christentums“ zu orientieren. Dieses setzt auf Exklusion und auf die „Herodes-Strategie“, lieber die anderen verletzen, um nicht selbst verletzt zu werden.37 Die Schule der Zukunft hat neben ihren unterrichtlichen Leistungszielen „ein demokratisches Regelwerk einer Kultur der Anerkennung, damit sich Vielfalt überhaupt entfalten kann“38. Sie orientiert sich an den zwei Leitfragen der Initiative „lebens.werte.schule“39:
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Kurt Appel, Eine theologische Reflexion in Zeiten von Covid-19: Gott und der Sinn der Geschichte unserer Welt, https://rat-blog.at/2020/11/13/eine -theologische-reflexio -in-zeiten-von-covid-19-gottund-der-sinn-der-geschichte-unserer-welt/#more-1047, 25.02.2021. Hildegund Keul, Weihnachten. Das Wagnis der Verwundbarkeit, Ostfildern ³2017, 19 Uwe Sielert, Worum geht es? Ohne Angst verschieden sein können und die Kraft der Vielfalt nutzen, journal für schulentwicklung 10(2006), Heft 2, 12. https://lebenswerteschule.univie.ac.at, 25.02.2021.
Zukunft der Schule – Schule der Zukunft
„- Wie gehen wir in der Schule mit Diversität und Diffe enz um? - Wie gewinnen junge Menschen Selbstwert vor jeder Bewertung?“40 Sie hat Formen der Anerkennung, die nicht an Leistung gebunden sind. Sie orientiert ihre Entwicklung „an der Würde der Einzelnen, am wertschätzenden Umgang mit Diversität, an wertvollen Strukturen demokratischer Beteiligung und einer menschengerechten Bildung.“ Ihre „Schulkultur der Anerkennung würdigt die Person vor jeder Leistung, in allen Unterschieden von Vielfalt und durch alle Beteiligten.“ Diese Schulkultur „prägt die Gestaltung des Schullebens, das Unterrichtsgeschehen, die Haltung“ der Lehrer*innen und Schüler*innen, „die Kommunikationsformen in der Schule, das Leiten der Schule, die Prozesse der Selbstreflexion und Erneuerung. Sie ist aber auch notwendigerweise mit Konflikten verbunden.“41 Als demokratiefähige und -befähigende Schule nimmt sie kulturelle, soziale und religiöse Diffe enzen ernst und berücksichtigt marginalisierte Gruppen. Sie bemüht sich um eine „Politik der Würde“, wie sie der israelische Philosoph Avishai Margalit formuliert: „Eine Gesellschaft ist dann anständig, wenn ihre Institutionen die Menschen nicht demütigen.“42 Deshalb vermeidet sie so weit wie möglich demütigende Erfahrungen des Ausgeliefertseins, des Verlustes der Selbstbestimmung, ein Mensch zweiter Klasse oder ein unmündiges Kind zu sein und die Erfahrung der Entwürdigung „meiner Gruppe“. Sie erkennt „Rituale der Demütigung und Missachtung“ – auch unter Schülerinnen und Schülern – und entwickelt „Anerkennungsrituale, in denen Prozesse der Gleichberechtigung auch routinisiert werden können“43.
Universität fördert Studierende mit Schwächen
Der Blick auf die der Schule nachfolgende Hochschule zeigt auch dort Beispiele mit Zukunft. So vergibt die Zeppelin Universität jedes Semester zwölf Diversitätsstipendien. Diese „Stipendien fürs Anderssein“ möchten Personen fördern, die eine besondere Lebensgeschichte aufweisen, Studien- oder Ausbildungsabbrecher, ehemalige Sitzenbleiber, Gründungspleitiers, „junge Menschen, die einfach anders sind, die Erfahrungen jenseits des Erfolgs gemacht und diese reflektie t haben und damit auch zu einer Vielfalt eines Studiengangs und einer Universität beitragen.“ Wer das Scheitern kennt oder wessen Eltern keine Akademiker sind, verändert den Horizont aller.44 40 41 42 43 44
Jäggle, Krobath, Kultur der Anerkennung, 19. Ebd. 20. Avischai Margalit, Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung, Berlin 1997, 13. Annedore Prengel, Friederike Heinzel, Anerkennungs- und Missachtungsrituale in schulischen Geschlechterverhältnissen, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 7. Jahrg., Beiheft 2/2004, 125. Zeppelin Universität, Die Diversitätsstipendien. Stipendien fürs Anderssein – die Anti-Streber-Stipendien der ZU, https://m.zu.de/im-de/studium-weiterbildung/das-studium/diversitaetsstipendien. php, 14.03.2021.
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Ein Traum von Schule
Ein Traum ist kein Ideal, sondern eine Vision, die motiviert, sich von ihr leiten zu lassen, ohne sie ganz verwirklichen zu können. Ich träume von einer Schule, die ein ‚Haus des Lebens und Lernens‘ ist, von einer Schule, in der es Anerkennung vor jeder Leistung gibt, in der es möglich ist, Mensch zu sein und Mensch zu werden, die Angst mindert und zu ungeahnten Leistungen herausfordert, die Kooperation fördert und Konkurrenz nicht benötigt, die die Neugier, das Bedürfnis nach Erkenntnis, das Fragen und Forschen fördert, in der eine Balance besteht zwischen Arbeit und Spiel, Aktivität und Gebet, Alltag und Fest, in der Konflikte möglich sind, von einer Schule, die fehlerfreundlich ist und nicht alles kann, die um ihre Grenzen weiß und diese auch anerkennt, von einer Schule, für die man nicht lebt, sondern in der man – befristet – leben kann. Denn sie ist nicht das Leben und nicht das ‚Ein und Alles‘. Von ihr soll niemand besessen sein. (Martin Jäggle)45 Martin Jäggle
Literaturverzeichnis Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985BGBl. I Nr. 35/2018,https://www.ris.bka.gv.at/eli/ bgbl/I/2018/35 , 25.02.2021. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM), https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf, 25.02.2021. TheodorW. Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt/M. 1975,29. TheodorW. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt/M. 1951. Kurt Appel, Eine theologische Reflexion in Zeiten von Covid-19: Gott und der Sinn der Geschichte unserer Welt, https://rat-blog.at/2020/11/13/eine -theologische-reflexio -in-zeiten-von-covid-19-gottund-der-sinn-der-geschichte-unserer-welt/#more-1047, 25.03.2021. Fritz Bohnsack, Wie Schüler die Schule erleben. Zur Bedeutung der Anerkennung, der Bestätigung und der Akzeptanz von Schwäche, Opladen [u.a.] 2013. Bundesgesetz, mit dem die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungspflichtgesetz – APflG 2016),BGBl. I Nr. 62/2016,https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20009604, 25.02.2021. 45
Martin Jäggle, Anerkennung vor jeder Leistung. Interview mit Martin Jäggle, Das Wort 3/2008, 5; s.a. Martin Jäggle, Thomas Krobath, Robert Schelander, Religiöse Dimensionen in der Schule. Vom scheinbaren Randthema zu zentralen Fragen der Schulentwicklung. Vorwort zur Dokumentation eines Symposiums, in: Martin Jäggle, Thomas Krobath, Robert Schelander (Hg.) unter Mitwirkung von Edda Strutzenberger u. Heribert Bastel, lebens.werte.schule. Religiöse Dimensionen in Schulkultur und Schulentwicklung, Wien-Berlin 2009, 20.
Zukunft der Schule – Schule der Zukunft
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Abbildungsnachweis Abb. 1: Kultur der Anerkennung (Martin Jäggle)
Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
Nach den Erfahrungen mit dem Corona-Virus gehen die Uhren anders. Plötzlich wird klar, dass wir ohne kritische Reflexion der klassischen Lieferkette aus Lerninhalten, wie wir sie bisher im Präsenzunterricht praktiziert haben, nicht zukunftsfähig sind. Das BG9 ist dank seiner IT-Spezialisten und wegweisender Initiativen durch die Direktion im IKT-Bereich und in der Kommunikation von Bildung ganz vorne dabei.
Ausgangspunkt Wenn wir Menschen auf unserem Planeten überleben wollen, müssen wir uns selbst darum kümmern. Bildung und Wachsamkeit sind die Voraussetzung dafür, dass wir dabei erfolgreich sein können. (Renée Schroeder)1
Wer über die Schule, diese Versuchsstation des menschlichen Geistes nachdenkt, der begibt sich nicht nur auf das kontrovers diskutierte Feld der Lerntheorien und der Didaktik-Modelle. Er muss sich auch der Frage der Übertragungswege von Bildung widmen. An welchem Ort oder an welchem Nicht-Ort kann Bildung überhaupt stattfinden? ommunikation ist heute schließlich nicht nur im Schulhaus möglich, sondern – via Medien – auch auf einer einsamen Tankstelle in Montana. Der österreichische Philosoph Günther Anders hätte eine solche Bildung brüsk abgelehnt, mit der Behauptung, dass das, was in ein omnipräsentes Gut verwandelt wird, seine Raumstelle als principium individuationis einbüßen würde. Bitte schön. Schule hat jedenfalls dort Zukunft, wo sie innovativ ist. Aber „Innovation“, das kann viel heißen. „Wer ist nicht irgendwie für Innovation und Tradition?“, spottet deshalb der Philosoph Bernhard Waldenfels.2 Können wir mit Innovation und Disruption überhaupt zurechtkommen? Digitalisierung allein genügt ja nicht. Bloß der Austausch der analogen 1
2
Renée Schroeder, Wenn wir am Menschen basteln, Die Presse (Spectrum), 5. Oktober 2019, I-II. (Renée Schroeder, geboren 1953),studierte Biochemie in Wien. 2002 wurde sie als Wissenschaftlerin des Jahres ausgezeichnet.) Bernhard Waldenfels, In den Netzen der Lebenswelt, Frankfurt/M. 2016, 4. Aufl., 129
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Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
Medien durch digitale macht noch keine neue und innovative Schule. Bildungstheoretiker nennen das eine „palliative Didaktik“ – zur Auffrischung in Sachen Fremdwort-Kompetenz der Lesenden: Unter einem Palliativum verstehen Mediziner ein Arzneimittel, das die Krankheitsbeschwerden lindert, aber die Krankheit nicht heilt. Den Begriff sollte man sich im Kontext der Bildungsdiskussionen merken. Aber zurück zum Begriff „Innovation“. Innovation gehört zu den größten Problemen in Organisationen. Es geht dabei um die Erhöhung der Reaktionsfähigkeit (Responsiveness), sei es auf Ebene der organisatorischen Abläufe im Betrieb oder auf Ebene der Wahrnehmung von neuen Aufgabenstellungen. Eine innovative Schule reagiert nicht bloß hastig auf Trends, sie agiert und setzt damit längerfristig Normen. Und noch etwas: Wir sind als Lehrpersonen keineswegs unersetzlich. Zumindest teilweise könnten Roboter uns den Alltag erleichtern. Wie oft kommt es denn vor, dass wir eine Auffo derung wiederholen? Ziemlich oft. Das könnten in Hinkunft Algorithmen der künstlichen Intelligenz übernehmen, sprachgesteuerte Bots, die Schüler*innen begleiten und unterstützen. Vielleicht akzeptieren ja die Schüler*innen die computergenerierte Botschaft bereitwilliger, als das Kommando einer verschwitzten Lehrperson, die irgendetwas in die turbulente Klasse brüllt, wie „Seid leise!“ oder „Hör jetzt auf!“ Vielleicht braucht es den Menschen ja viel weniger im Lehrbetrieb, als wir glauben.
Alltagskompetenz: Die Bildungsreise als Customer Journey Während wir beim Klima keinen allzu großen Hebel haben, hindert uns niemand daran, das Bildungssystem zum besten der Welt zu machen. (Andreas Salcher)3
Bildung ist so etwas wie eine Customer Journey, eine Shopping-Tour, quer durch die Einkaufsstraßen und Angebotsräume der Bildungsanbieter oder aber auch eine Heldenreise. Eine Heldenreise deshalb, weil es Gegenspieler der Bildung gibt. Zum Beispiel Zerstreuung, Eskapismus, Pop. Zumindest sehen oder sahen das die Kritiker der Unterhaltungskultur so, von Adorno bis Postman. Bildung soll deshalb „evidenzbasiert“ sein. Das fordert zum Beispiel die Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen. Schon folgt darauf der Gegenschlag: Politische Entscheidungen müssen nicht Forderungen der Wissenschaft erfüllen, weil aus deskriptiven Daten keine präskriptiven Normen resultieren würden. Neben dem Narrativ „evidenzbasiert“ zirkulieren deshalb auch die Narrative „Alltagspraxis“ und „Alltagskompetenz“ im Bildungsdiskurs. Doch wenn wir von der Kategorie „Alltag“ sprechen, dann wirft das schon die nächste Frage auf: Lässt sich „der Alltag“ denn heute überhaupt noch verbindlich definie en? Sozio3
Andreas Salcher zit. nach: Bernadette Bayrhammer, Klassen zu klein, Kindergruppen zu groß, Die Presse, 4. September 2019, 10.
Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
logen konstatieren ja eine ständig fortschreitende Diversifizie ung in allen Bereichen, angefangen bei den sexuellen Präferenzen bis zur Entstandardisierung der Berufskarrieren. „Alltag“ mutet daher fast schon wie eine Vintage-Kategorie an, kommerzialisiert in der HyggeUtopie, verstanden als Romantik-Begriff, einer Gemütlichkeit, die übrigens gar nicht so billig zu haben ist. Eine nicht repräsentative Umfrage des Autors dieses Essays unter Schülerinnen und Schülern der achten Klassen (2019) erbrachte ernüchternde Antworten auf die Frage: Was verstehst du unter dem Begriff „Alltagskompetenz“? Die Antworten: ș Kochen lernen, mehr wissen zum Thema „Ernährung“ ș Besser Bescheid wissen über Themen der Sexualität ș Die handwerklichen Fähigkeiten üben, um zum Beispiel ein Bett von IKEA zusammenbauen zu können. Eine Schülerin erzählte mir, sie hätte Probleme gehabt, weil sie nicht einmal einen Hammer zu Hause gehabt hätte. ș Sich besser auskennen mit Geld, Banken, Krediten und Zinsen ș Die Tricks von politischen Parteien durchschauen lernen Wenn es auch am Wissen über das Kochen – trotz Kochsendungen im TV –, über Sexualität – trotz zahlreicher Videos im Netz, ich spreche jetzt nicht von YouPorn – und über den Umgang mit Geld hapert, sei ein Blick zu den Sternen erlaubt, zu Planeten oder wenigstens zu Trabanten. Wir können gar nicht hoch genug pokern, wenn es darum geht, die Wissensarbeit vorwärtszubringen.
„Fly me to the moon“: Die Bildungsoberfläche Schule funktioniert immer noch nach den Prinzipien des 19. Jahrhunderts. Schule war als Disziplinaranstalt konzipiert. Ruhig sitzen ist einem Kind an sich wesensfremd. (Elisabeth Menasse)4
Wenn wir Bildung als eine Reise verstehen wollen, dann wirft das die Frage auf, zu welchem Planeten der Bildung die Reise gehen soll. Was hat es auf sich mit Peer-Effekten, hoher und niedriger Segregation, Integration, neuer Mittelschule und Industrie 4.0? Schule war immer eine Manufaktur der Identitätsbildung und Herstellungsort eines Fahrplans für jenen unbestimmbaren Raum, den wir „Leben“ nennen. Wir befinden uns am Ende des Zeitalters der analogen Räume. Und plötzlich blicken wir nostalgisch auf die alten Werkstätten zurück. Wir leben im Zeitalter der Plattform-Ökonomie (z.B.: Airbnb, Uber), des Plattform-Kapitalismus, des Social-Media-Plattform-Ichs, weshalb eigentlich noch nicht längst in einem 4
Elisabeth Menasse zit. nach: Judith Belfkih, Langeweile ist der Schlüssel zur Kreativität, Wiener Zeitung, 12.November 2019,17.(Elisabeth Menasse ist Historikerin mit Schwerpunkt auf gesellschaftspolitische Themen. eit 2003 leitet sie das Zoom Kindermuseum in Wien.)
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Zeitalter der Plattform-Pädagogik, der Plattform-Didaktik, der Plattform-Schulen? Man geht immer noch – als wäre das selbstverständlich – in ein Schulhaus. Ist das nicht old school? Eine Studie des „Rates für kulturelle Bildung“ will erhoben haben, dass unter zwölf- bis neunzehnjährigen Jugendlichen, etwa 47 % der Befragten YouTube-Videos für ihre Hausaufgaben nutzen würden. YouTube also, als Instanz, die das erklärt, was im Unterricht entweder akustisch – weil es zu laut war – oder inhaltlich nicht verstanden wurde. Das ist ein Beispiel für ubiquitäres, also für mobiles Lernen, das kein Haus braucht, bloß ein internetfähiges Handy. Lernen unter Palmen, lernen am Strand von Rio, Hausaufgaben machen im Intercity-Zug. Flipped Classroom, Frontalunterricht als Erklärvideo im Netz. Sieht so die Zukunft der Schule aus? Jein. Trotz Smartphone, Computer und Internet betreten wir ja immer noch Konzertsäle, Museen, Opernhäuser, Bibliotheken, Kirchen und Kathedralen. Vielleicht lässt sich aber nicht alles digitalisieren und virtualisieren. Eine Voll-Virtualisierung in Form des ubiquitären Unterrichts käme einer Entsakralisierung der Schule gleich. Das wäre so wie: „Machen wir aus Notre-Dame ein Kaufhaus und stellen wir die religiösen Handlungen, die Monstranz, die Kanzel, die Hostie und den Priester, kurz, die ganze Eucharistie, auf eine Plattform!“ Das wäre ein radikaler Rationalisierungsschub. Nur mehr Monitore und Benützungsoberflächen. Kostengünstiger wäre es und viel effizient . Aber wollen wir das? Können wir uns eine radikale Effizien um jeden Preis überhaupt leisten? Wahrscheinlich nicht.
Das Tempo der Bildungsreise
Bildung und Bewegung bildeten stets eine prominente Werkgruppe. Sie ist das Resultat einer großen Suchbewegung des Einzelnen, der Gesellschaft, des Bildungssystems, des Staates. Jede Suchbewegung benötigt ein bestimmtes Arbeitstempo, eine bestimmte Arbeitstemperatur. Der Unterricht im Raum der überheizten Schule funktioniert genau so wenig, wie der im Zustand des völlig Losgelösten. Philosophen aller Epochen dachten über das ideale Tempo und die optimale Arbeitstemperatur des Geistes nach. Schwer zu sagen, wo die Grenze zwischen Langeweile und Muße verläuft. Das griechische scholé bedeutet „Muße“. Der Lernbegriff war also immer mit einer ücknahme von Geschwindigkeit verbunden zu Gunsten innerer Sammlung. Jeder, der etwas lernen soll und muss, benötigt Ruhe- und Reflexionsräume. an muss die Möglichkeit haben, über die Dinge nachdenken zu können. Abwägen, formulieren, eine Meinung bilden. Sabine M. Fischer, Wirtschaftspädagogin und Sprecherin der Arbeiterkammer zum Thema „Industrie 4.0“, ist sich sicher, dass der „derzeit vorherrschende Regelunterricht [...] aufgrund der Fülle an Lehrinhalten [...] nicht genügend Zeit“5 zulässt. 5
Sabine M. Fischer, Hausaufgabe 2020, Wiener Zeitung, 21. Jänner 2020, 2.
Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
Doch wo kippt die Ruhe in die Langeweile, an der Schüler*innen so oft leiden, weil es einfach nur fad ist und die Zeit nicht und nicht vergehen will? Es gibt keinen Ort, an dem derlei Fragestellungen so analog-körperlich, so unmittelbar sinnlich, so gnadenlos ausgehandelt werden, wie im Schulbetrieb, in der Klasse, vor und mit Schülerinnen und Schülern.
Das Cromwell-Prinzip: Das Ende einer proaktiven Position?
Schule, das ist der Wegweiser, der nicht mitgeht. Ständig bemüht sich Schule aber, stets Lichter auf der Landebahn der Erkenntnis zu setzen, während sie längst ihrer proaktiven Lenkungsfunktion enthoben ist und deshalb permanent reaktiv nachzubessern versucht. Reformen sind das Symptom dafür. Vielleicht ist deshalb das „Nicht-Mitgehen“ die bessere Taktik als das „Mitgehen“. Helikopter-Lehrer, die ständig mit ihren Rotstiften unterwegs sind und Fehler suchen, verstehen sich ja als Individuen, die ständig mitgehen. Oliver Cromwell soll gesagt haben: „Nie steigt ein Mann höher, als wenn er nicht weiß, wohin er geht.“6 Ins Gender-Deutsch übersetzt: „Nie steigen Frauen und Männer höher, als wenn sie nicht wissen, wohin sie gehen.“ Dieser Aphorismus ist natürlich – wie jeder andere auch – nicht wörtlich zu verstehen, doch es lohnt sich über ihn, als ein Theo em der Ausblendung und der Blindheit, nachzudenken. Denn vielleicht meinte Oliver Cromwell, dieser britische Staatsmann, der im 17. Jahrhundert mit seinen berittenen „Ironsides“ gegen den König kämpfte, organisationstheoretisch das Gleiche – eine Art evolutionäres Lernen – wie der Jurist und Soziologe Wolfgang Gratz im 21. Jahrhundert. Gratz arbeitet als Organisationsberater in Wien und betreibt empirische Verwaltungsforschung. Cromwell muss mit seiner Kritik an der Krone ganz ähnlich gedacht haben wie Gratz, der nur in Führungsstrategien eine Zukunft sieht, die nicht hierarchisch orientiert sind: „Autoritäre Führungsstrategien und hierarchische Steuerung sind jedenfalls kontraproduktiv. Wissensarbeit gedeiht in Biotopen von Organisationskulturen, die offen sind für rritationen durch Querdenker, für kontrollierte Experimente, wo Dankbarkeit besteht für Fragen, die zunächst einmal Ratlosigkeit auslösen, für Innovationen, deren Wirkung noch nicht gemessen werden kann, wo ein nicht schmales Ausmaß an Unsicherheit zugelassen wird.“7 Das Grundprinzip lautet also: verteilte Autorität. Das bedeutet allerdings nicht die Aufgabe einer hierarchischen Struktur in Form von über- und untergeordneten Kreisen der Soziokratie. Es bedeutet vielmehr: Rollen und nicht Stellen werden zu zentralen Bausteinen von Organisationen. Verteilte Autorität statt Delegation von Aufgaben macht es leichter, sich jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. 6 7
Oliver Cromwell zit. nach: Peter Sloterdijk, Weltfremdheit, Frankfurt/M. 1993, 62f. Wolfgang Gratz, Mehr Spielraum, weniger Hierarchie, Wiener Zeitung, Beilage Digitale Republik, 26. Juni 2019, II.
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Humanistische Bildung und Bildungswahrheit Auf Erkenntnis sind sie nicht neugierig. Daß einer klug oder gebildet sei, rangiert unter den Qualitäten, die ihn einladens- oder heiratswert machen, wie gutes Reiten, Naturliebe, Charme oder ein tadellos sitzender Frack. (Theodor W. Adorno)8
Ein bisschen Bildung, das galt immer schon als schick. Unter „humanistischer Bildung“ stellt man sich natürlich mehr vor. Meistens eine große Erzählung im Kontext eines gesellschaftlich unterstützten Programms zur Verbesserung des menschlichen Geistes. Der Geist von heute lässt sich allerdings nicht mehr durch einen Kanon aus Klassikern von Aristoteles bis Adorno optimieren. Vielleicht war diese Erzählung ja ohnehin nie so stark, wie sie von den Kanzeln der Bildungskathedralen herunter tönte. Aber was ist schon wahr? Mit Pilatus gefragt, „Was ist Wahrheit?“, gerät man leicht in einen Argumentationsnotstand. Folgt man der Philosophin Lisz Hirn, dann sollten wir zwischen Wahrheit und Wahrhaftigkeit unterscheiden.9 So wie zwischen Recht und dem Rechtmäßigen. Vielleicht ist etwas zwar Unrecht, aber dennoch rechtmäßig. Kurz ausgedrückt: Wahrhaftigkeit ist so etwas wie ein kritischer Wahrheitsbegriff, und Wahrheit, im Sinne von DIE Wahrheit, funktioniert im Apparat der Rhetorik-Technologie der Herrschaft wie ein zentraler Chip zur Steuerung. Und genau hier, zwischen Herrschaft und Herrschaftskritik, wird sich Schule im 21. Jahrhundert positionieren müssen. Auf die metaphysische Bestimmung von Wahrheit, wie das Pilatus mit seiner berühmten Frage provozieren wollte, lässt sich heute niemand mehr ein. Fake News, Bildung, Wahrheit in der Mediengesellschaft, all das sind unerschöpfliche Th men. Für Wahrheit und Gewissheit garantierten seit dem Zeitalter der Aufklärung stets die Wissenschaften. Doch seit ihrem engen Schulterschluss mit den sie finanzie enden Wirtschaftsbetrieben sind auch sie als Wahrheitskriterium nicht mehr grundsätzlich glaubwürdig. Die Philosophin Sophie Loidolt nimmt sich in dieser Frage kein Blatt vor den Mund. Die Wissenschaften würden, so Loidolt, durch Ökonomisierung in allen Bereichen unterwandert werden.10 Was bleibt uns also anderes übrig, als an uns selbst zu arbeiten und uns gedanklich möglichst unabhängig zu machen?
Vom richtigen Leben im Puppenheim der Bildungsangebote
Wo kommt eigentlich die Bildung her oder gar das, was wir als Weisheit verstehen wollen? Die alten Griechen verstanden Bildung als „Autopoiesis“, als einen Prozess, in dem sich ein Individuum selbst erschafft. Welche Technik der Weisheit könnte das möglich machen? 8 9 10
TheodorW. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt/M. 2001,356. Lisz Hirn, Das Pilatus-Projekt, Addendum. Die Zeitung, Nr. 2, 2019, 6–9. Vgl. Sophie Loidolt, Tatsachen werden zu Meinungen umformuliert, Der Standard, 19. März 2019,9.
Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
Vielleicht gibt ja die elfte Vorlesung über „Philosophische Terminologie“ Adornos über den Begriff „ eisheit“ eine erste Auskunft: „Weisheit“ stellt eine zentrale Kategorie in den Diskursen der Bildung dar. Hier geht es nicht bloß um das Speichern von möglichst vielen Informationen, sondern darüber hinaus auch noch um die Fähigkeit, „den universalen Zusammenhang der Verblendung zu durchbrechen“11 und den „Widerstand gegen die etablierte Meinung“12 zu kultivieren. Was für die Philosophie gilt, als geistige Technik, um „gegen Convenus und Clichés, die von der Gesellschaft geprägt sind“13 anzukämpfen, ließe sich ebenso von der Bildung und dem Lernen ganz allgemein einfordern. Und weiter mit Adorno: „Es steckt aber in dem Begriff der Weisheit noch etwas anderes, was sie unterscheidet etwa von Klugheit und Einsicht, nämlich die objektive Entfaltung des Bewusstseins [...].“14 Und wenig später folgt dann der entscheidende Schluss, wenn Adorno nämlich von der Weisheit auf das konkrete Leben zu sprechen kommt: „Der Begriff des richtigen Lebens ist von dem der Weisheit nicht zu trennen.“ Und schließlich: „Kein richtiges Leben ist im falschen möglich.“15 Nach dem antiken Bildungsideal wäre eigentlich der Pädagoge jener oder die Pädagogin jene, der bzw. die helfen sollte das wahre Menschsein – die der menschlichen Seele eigene areté, die Tugend, das Ideal des voll erblühten Lebens – auszubilden. Von Balance ist die Rede und von Harmonie. Platon war sogar der Meinung, dass Bildung so etwas wäre wie die Annäherung an Gott. Er sprach von homoiosis theo. Als Begriff der Vergöttlichung der Seele in den Nomoi hat das Platon in wunderschöner Sprache ausgeführt. Vielleicht meinte Platon damit das, was die Psychologie als „Übergangsobjekt“ bezeichnet. Als klassische Übergangsobjekte gelten Puppen, süße Stofftie e und Kuschelmonster aller Art. Sie werden zu Projektionsflächen und irgendwann – hoffentlich – lernen wir mit ihnen die Realität besser zu begreifen, indem wir Klischees durchschauen und Verblendungszustände als solche begreifen. An Verblendungs-Instanzen mangelt es ja in unserer digitalen Neuzeit nicht. Also beginnen wir zu spielen im Puppenheim der Realität, im Kaufmannsladen der Schule und denken wir dabei an den 15. Brief von Friedrich Schiller über die „ästhetische Erziehung“, in dem er feststellt, dass der Mensch nur dort Mensch wäre, wo er spiele. Also spielen wir. Das Spiel beginnt. Formulieren wir einfach spielerisch verschiedene Theo eme. Aber formulieren wir diese Theo eme vor folgender Einschränkung: Die UNO prognostiziert eine Bevölkerungszahl, die bis zum Jahr 2100auf elf Milliarden Menschen anwachsen wird. Mit bloß einem Lehrplan werden sich diese Vielen wohl nicht bilden lassen. Eine Schule für alle elf Milliarden wird es wohl nicht geben können. Auf den Speisekarten der 11 12 13 14 15
Theodor W. Adorno, Philosophische Terminologie I und II, Berlin 2016, 168. Ebd., 168. Ebd., 169. Ebd. Ebd. 170.
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Bildungsinstitutionen muss deshalb in Zukunft sehr viel mehr stehen als das, was sie heute so anbieten. Und wie soll dieses Menü in der Zukunft aussehen? Vielleicht helfen zur Beantwortung dieser Frage ein paar Theo eme weiter.
Theoreme für eine neue Schule für neue Menschen16 Erstes Theorem: Der homo faber, der Mensch des Handelns und des Herstellens Wissen ohne Anwendung ist träges Wissen. Es geht um Fragen der Nützlichkeit für das spätere Leben. Das wirkt auf die Generation Z motivierend. (Marko Lüftenegger)17
„Bessere Vorbereitung auf das Berufsleben“ (Antwort eines Schülers der 7. Klasse auf die Frage: „Wie soll die Schule der Zukunft sein?“, BG9, November 2019). Eine Schule besitzt keine Zukunft, wenn die Absolventinnen und Absolventen als digitales Präkariat, als Crowdworker, Freelancer und Zeitarbeiter*innen enden. Damit das nicht geschieht, sollte das Bildungs-Relief keiner zweckfreien Ästhetik folgen, sondern immer auch nützlich in Bezug auf Markt, Wirtschaft und Karriere sein. Lehrpläne sollten in Zukunft nicht zentralistisch – von oben nach unten – verordnet werden, sondern sehr viel mehr Flexibilität im Umgang mit Bildungsinhalten ermöglichen. Zweites Theorem: Der homo sapiens, der Mensch des Wissens und Schließens
„Ich wünsche mir für die Schule der Zukunft mehr Module, also Themen-Cluster, außerdem Betten und feuchtes Klopapier.“ (Vom Autor zusammengefasste Antwort einer Gruppenarbeit zum Thema „ ukunft der Schule“ unter Schülerinnen und Schülern der 7. und 8. Klasse, BG9, November 2019.) Am Lernort Schule befinden sich eine ganze Reihe von Selbstverständlichkeiten in Aufl sung. Dieser Prozess geschah nicht als Folge einer Ermüdung der intellektuellen Kapazitäten. Vielmehr war er von einem pragmatischen Optimismus für Reflexionen befeuert, der helfen sollte, eingefahrene Denkräume, zum Beispiel die des Irrationalen, zu transzendieren. Wer also Selbstverständlichkeiten in Frage stellt, der stellt den Bildungsbetrieb nicht in einem anarchistischen Sinn in Frage, sondern im Sinne einer Neo-Aufklärung. Er folgt einem Prinzip der Rationalität und nicht dem Prinzip des angepassten, also des konformen Denkens. 16 17
Vgl. Volker Gerhardt, Humanität. Über den Geist der Menschheit, München 2019. Marko Lüftenegger zit. nach: Claudia Dabringer, Der Lehrer als Entertainer und Moderator, Die Presse 6./7. Juli 2019,K8. (Marko Lüftenegger ist Psychologe am Zentrum für LehrerInnenbildung und am Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien.)
Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
Es existiert jedoch kein universales Verständnis dieser Kernkompetenz des humanistischen Menschenbildes.18 Drittes Theorem: Soziales Lernen, der homo publicus
„Ich wünsche mir mehr Zusammenhalt, nicht nur innerhalb der Klasse, sondern auch über die eigene Klasse hinaus.“ (Antwort eines Schülers/einer Schülerin auf die Frage: „Wie stellst du dir die perfekte Schule vor?“ Gruppenarbeit, BG9, November 2019.) Soziales Lernen, wieder gefragt. Das soziale Lernen zählt zu den Top-Themen im 21. Jahrhundert. Dazu gehören: Kommunikation, Kollaboration – allerdings im besten Sinn der Wortbedeutung – sowie kreatives und kritisches Denken. Das Ziel muss sein: kritisch denken, aber nicht narzisstisch agieren. Wir dürfen nicht naiv sein. Toxische Systeme existieren nun einmal, hervorgerufen durch toxische Mitarbeiter. Viertes Theorem: Gamification, der homo ludens Und eben dies, Spiel und Bildung, sind, wie wir behaupten, für uns Menschen das Ernsthafteste. (Platon)19 So beginne ich denn, und behaupte, daß, wer in irgend einem Fach ein tüchtiger Mann werden will, gleich von Kind auf sich eben damit beschäftigen muß, indem er im Spiel und im Ernst alles dasjenige treibt, was zu dem betreffenden Fache gehört. (Platon)20 Der Lehrer der Zukunft muss ein guter Entertainer sein und praktisches Wissen glaubwürdig vermitteln können. (Bernhard Heinzlmaier)21
Wann kann eigentlich jemand als weise gelten? Im antiken Griechenland galt einer nur dann als weise, wenn es sich bei ihm um eine ernstheitere Persönlichkeit handelte. Beim Begriff „ernstheiter“ handelt es sich um ein Oxymoron. Unter einem „Oxymoron“ versteht man eine rhetorische Figur, die Gegensätze vereint. Ich denke, ein Bildungsbetrieb, der dem „Ernstheiteren“ Rechnung trägt, ist ein Bildungsbetrieb des spielerischen Lernens, nicht einer der Bestrafung in Gestalt von Zensuren. Schule besitzt dort Zukunft, wo sie als Hochleistungsformat des Geistes als „Bildungsgestalter“ und „Bildungsdesigner“ agiert.
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Janina Loh, Trans- und Posthumanismus zur Einführung, Hamburg 2018, 21. Platon, Sämtliche Dialoge. Band VII, Gesetze, Hg. Otto Apelt, Hamburg 2004, 286. Ebd., 28. Bernhard Heinzlmaier zit. nach: Claudia Dabringer, Der Lehrer als Entertainer und Moderator, Die Presse 6./7. Juli 2019, K8. (Bernhard Heinzlmaier ist Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung.)
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Teacher for Future: Die Zukunft der Schule
Fünftes Theorem: Der homo quaerens, der Mensch des Fragens und Suchens
Wer über „Schule“, diesen Raum der Möglichkeiten, der Unmöglichkeiten und der vielleicht verpassten Gelegenheiten nachdenken möchte, der sollte Adorno gelesen haben. Insbesondere seine „Ästhetische Theorie“. Sie enthält Theo eme, die sich, obwohl an die Adresse der Kunst gerichtet, auch zur Deutung der Verhältnisse in der Schule gut eignen. Der erste Satz in seiner „Ästhetischen Theorie“ lautet: „Zur Selbstverständlichkeit wurde, daß nichts, was die Kunst betrifft, mehr selbstverständlich ist.“22 Das gilt auch für den Bildungsbetrieb. Im Bildungsbetrieb ist nichts mehr selbstverständlich, weder die Schüler*innen, noch die Lehrer*innen, noch das Schulhaus. ș Da ist die Auflösung der Selbstverständlichkeit des Buches. Seit etwa 1650ist das Buch das Leitmedium der Bildungsinstitutionen. Natürlich lässt es sich bequemer unterrichten, wenn man entlang der Buchkapitel eines Lehrbuches weitergeht. Doch das Lehrbuch kann schon lange nicht mehr das abdecken, was das Lehrpersonal zu vermitteln hat. Um all die Kopien, die Lehrerinnen und Lehrer im Kopierraum herstellen, zu ersetzen, müsste das Lehrbuch zehnmal so dick sein. In jedem Fach müsste es so etwas, wie eine tausendseitige Bibel in Dünndruck geben. Doch Schulbücher werden immer dünner. Damit steigt der Kopierbedarf und letztlich auch das Ausmaß an Inhalten, die nicht approbiert sind. Niemand kontrolliert die Kopien von irgendwelchen Texten, die als Unterrichtsmittel täglich verwendet werden, um aktuell zu bleiben. ș Der klassische Fächerunterricht ist ein Auslaufmodell. Finnland ist hier Vorreiter. Es geht nicht um isolierte, sondern um komplexe Aufgaben. Das würde beispielsweise bedeuten, mathematische Aufgaben in einen fächerübergreifenden Sinnzusammenhang zu bringen. Fragwürdige Studien durchschauen lernen, allein auf Ebene mathematischer Evidenz, sensibel für Fake News zu werden. ș Auf eine bemerkenswerte Kompetenz setzt das Schulsystem in Singapur, auf „persönliches und gesellschaftliches Wohlergehen“. Über die Bedeutung des Begriffs „Wohlergehen“ kann man allerdings streiten. Der Begriff war von jeher ein Einfallstor für politische Ideologien. ș Schule als Halbtagsmodell steht ebenfalls zur Diskussion. Doch was ist ein halber Tag? Schüler*innen halten sich heute so lange wie noch nie zuvor in der Schule auf. ș Die Verbindlichkeit der Taktung in 50-Minuten-Einheiten macht keinen Sinn mehr. Und sie entspricht auch nicht der Konzentrationsspanne der Schüler*innen. Denn es geht ja nicht nur bloß um eine 50-Minuten-Einheit. Es geht um Einheit, nach Einheit, nach Einheit, denen weitere Einheiten und Einheiten folgen. ș Autorität lässt sich nicht mehr durch körperliche Bestrafung herstellen, auch nicht durch Benotungs-Macht. Wer als Lehrperson viele schlechte Noten gibt, der wird zur Herausforderung für den Bildungsbetrieb. 22
TheodorW. Adorno, Ästhetische Theorie. Gesammelte Schriften, Band 7, Hg. Rolf Tiedemann, Frankfurt/M. 52014, 9.
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ș Die Gewissheit, durch ein fünfteiliges Benotungssystem Leistung erheben zu können, hat sich aufgelöst. Eine Eins kann natürlich auf überragende Leistungen verweisen. Muss sie aber nicht. Kein*e Personalreferent*in, der/die verantwortlich ist für das Rekrutieren von leistungsfähigen, teamfähigen Mitarbeiter*innen in einem Betrieb verlässt sich mehr auf die Benotungen in Maturazeugnissen. Wenn da ein*e Jobbewerber*in bloß ein Genügend im Fach Deutsch hat, muss diese Person noch lange nicht ungeeignet sein für den Leitartikel im Feuilleton. Zur Debatte stehen auch digitale Systeme wie Learning Analytics. Hier dokumentiert ein Computer den Lernfortschritt der Schüler*innen. Datenbanksysteme geben ein Ziel vor, das erreicht werden muss. Die medienethischen Vorbehalte liegen einerseits auf der Hand, weil hier das Humboldt‘sche Ideal der Freiheit der Bildung beschnitten scheint. Andererseits muss dieses System ja nicht flächendecken angewendet werden. ș Lehrbetrieb und Lehrer*innen besitzen kein Bildungsmonopol mehr. Was ist Bildungsmacht? ș Für den Unterricht, der überall stattfinden kann, gibt es mittlerweile mehrere Begriffe: zum Beispiel „ubiquitärer Unterricht“, „Flipped Classroom“, „E-Learning“ oder „Distance-Learning“. Der ubiquitäre Unterricht muss nicht unbedingt der schlechtere Unterricht sein. Eine Schülerin aus einer 7. Klasse blickte mir tief in die Augen, als sie mir, ein paar Wochen vor der Corona-Krise, mitteilte: „Herr Professor. Ich lerne in einer halben Stunde zu Hause und mit YouTube-Videos mehr als in sechs Stunden in der Schule.“ Mag sein, dass sich dem sehr intelligente und selbstbestimmte Schülerinnen und Schüler anschließen können. Aber wie viele Schüler*innen denken ebenso? ș Die Corona-Krise hat jedenfalls gezeigt, was passiert, wenn Schulen nicht auf das Lernen via Internet vorbereitet sind. Die meisten Schulen sind noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen. Die Internationale Computerstudie ICILS 2018– sie erschien im November 2019 – ergab, dass nur etwa ein Viertel der Schulen in Deutschland über einen WLAN-Zugang verfügen würden.23 ș Aber wir müssen die Corona-Krise nicht unbedingt als Katastrophe für das Bildungssystem betrachten. Eine temporäre Außerkraftsetzung schulischer Routinen könnte zur „Jahrhundertchance“ werden in Bezug auf disloziertes Lernen, wie das der Bildungsexperte und Erziehungswissenschaftler Michael Schratz feststellt.24 ș Schule ohne Schulhaus. Das könnte auch bedeuten: Schule der Muße, Schule der Ruhe und der Reflexionsräume. In diesen Räumen, in denen es den Lärm des normalen schulischen Durcheinanders nicht gibt, können Schüler*innen langsamer werden und langsam werden. Der derzeit praktizierte Präsenzunterricht ist nicht immer der Raum dafür. Nicht immer. Das heißt: Man muss ja nicht das Kind mit dem Bad ausschütten und nurmehr online gehen. 23 24
Vgl. Miriam Olbrisch, Ohne Anschluss, Der Spiegel, Nr.13/21, M ärz 2020, 46–47. Michael Schratz, Das ver-rückte Klassenzimmer, Der Standard, Sa./So., 28./29. März 2020, 33.
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ș Dazu kommen Augmented und Virtual Reality. In den USA zählt der Einsatz von virtueller Realität in den Bildungsbetrieben bereits zum Standard. Kein Medium ermöglicht es, sich so direkt und so intensiv mit einem Lerngegenstand auseinanderzusetzen. Wir müssen dabei nicht in einer Schulklasse sitzen. ș Jeder und jede kann, ganz nach seinem und ihrem Bio-Rhythmus, auf das Lernvideo aus dem Netz zugreifen und ganz invasiv in den Bildungsgegenstand eintauchen. Das lateinische Wort „Interesse“ heißt schließlich nichts anderes als „dazwischen sein“. ș „Open Education“: Der Informations- und Bildungszugang ist heute – aufgrund der Medien – entortet, enträumlicht oder disloziert möglich. Ubiquitäre Bildungsformen verlieren damit den Status des Utopischen. Onlinekurse (Massiv Open Online Courses), kurz MOOCs, bieten viele Möglichkeiten, Wissen zu erwerben. Digitale Lernformen in Gestalt von Lernvideos spielen in Unternehmen aller Sparten eine immer größere Rolle. Im technologisch avancierten Schulbetrieb sollte der Mix aus Präsenzveranstaltung und digitalen Techniken (Blended-Learning-Angebote) Standard sein. ș Kanons haben sich aufgelöst. Was ist Allgemeinbildung? Goethes „Faust“, Ovids „Metamorphosen“, Mozarts „Zauberflöte“ oder besser „Angst und Schrecken in Las Vegas“, „Ulysses“ oder die großartigen Texte von Gertrude Stein, in denen sie auf Interpunktion verzichtet? Bildung erscheint in immer individueller gestalteten Angeboten. Beispielsweise als adaptives Lernen (Microlearning), einem Lernen in kleinen Einheiten. Je nach Bio-Rhythmus können sie orts- und zeitunabhängig konsumiert werden, also entweder in der Früh oder am Abend. Wie viel Nachhilfe und sonstige Wiederholungen ließen sich damit einsparen? ș Aufgelöst hat sich damit auch die Selbstverständlichkeit des Bildungsbegriffs. Was ist Bildung? Was ist Halbbildung? Der Begriff „Halbbildung“ war ja meist mit den Benimmbüchern der 1950er-Jahre assoziiert, als man sich eben ein paar lateinische Begriff anlesen konnte. Um mitreden zu können. Nehmen wir zum Beispiel „Cum grano salis“. Hat ein Start-up-Millionär heute im Silicon Valley keine Bildung, weil er mit diesem „Körnchen des Salzes“ etwa nichts anzufangen weiß? Wer sagt heute noch: „Wir treffe uns um neun Uhr cum tempore?“ ș Wen stört das, wenn einer keine Ahnung davon hat? Man fragt heute einfach nach. Na und? ș Und wie sieht es mit der Verstaatlichung der Bildung aus? Glaubt man der Diagnose von Daniel Goffa t, dann werden in Hinkunft die privaten Bildungseinrichtungen das Budget der öffentlichen Schulen ziemlich entlasten: „Die explosionsartige Zunahme privater Bildungseinrichtungen zeigt die Vermeidungsprozesse der Menschen, die es sich leisten können. Sie wollen sich herauslösen aus der Masse, sich abheben.“25 ș Eliten scheuen sich nicht, vorgegebene Systeme zu disruptieren. Eliten setzen die Nor25
Daniel Goffa t, Die Fundamente der Mittelschicht bröckeln, Kurier, 4. August 2019, 9.
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men, gestalten Rituale und entwerfen Systeme, die die Gesellschaft verändern. Wir sollten als Akteure im Bildungssystem solche Räume eröffnen Wie kommentieren eigentlich Schüler*innen die Möglichkeiten eines Unterrichts aus der Distanz? Maximilian Stockner aus der 8C schreibt mir am 31.März 2020. Hier folgt ein Ausschnitt aus seinem Text: Mir geht der normale Unterricht in der Schule schon ab, da einem einfach die sozialen Kontakte fehlen. Die Schule ist nämlich nicht nur dazu da, das Wissen zu vermitteln, sondern auch um soziale Kontakte zu knüpfen und Freunde zu finden. Wenn man, wie in dieser Zeit, das Haus oder die Wohnung nicht verlassen darf, ist das ein großer Einschnitt in das private Leben, denn die sozialen Kontakte verliert man allmählich und auf längere Zeit könnte das zu einer Reduktion der Freunde und Bekannten führen. Natürlich ist das System des Lernens zu Hause, wann und wo man will, eine gute Idee, da man sich die Zeit selbst einteilen kann. Jedoch hat man oft nicht wirklich Lust, etwas für die Schule zu erledigen. Man zwingt sich immer wieder vor den Laptop und braucht viel länger für Aufgaben, da die Umgebung, in welcher man sie erledigt, dazu einlädt etwas anderes zu machen. Das Prinzip Schule schafft da eine klare Trennung. Im Schulgebäude ist man zum Lernen, außerhalb der Schule für die Freizeit. Des Weiteren fehlen, wie bei der Freundschaft, die sozialen Kontakte zum Lehrer. Wenn man beispielsweise eine Sache nicht versteht, die sich aber selbst beibringen muss, verschlimmert es nur die ganze Situation, da es niemanden gibt, der es einem erklären kann. Auch über einen Videochat funktioniert das nicht so gut wie in der Schule. Das Videochatten, was den sozialen Kontakt zum Lehrer ersetzen soll, ist auch nicht so vorteilhaft, wie jeder glaubt, denn man kann einfach die Kamera und das Mikrophon ausschalten und so kann niemand mehr schauen, was man eigentlich macht. Man ist zwar noch online, aber macht man jetzt mit oder nicht, ist eine andere Frage. Natürlich hängt das vom Fach ab. Bei Mathe sind mehr Menschen mit dabei als beispielsweise bei Geschichte. Aber es sind nie alle online, da die Situation auch einlädt, zu verschlafen. Man muss nicht mehr um acht in der Schule sein. Es reicht, wenn man theoretisch fünf Minuten vor dem Chat aufsteht. Dass da natürlich viele verschlafen, ist vorprogrammiert.
Konklusion
Der Autor dieses Essays möchte weder eine*n Einheitsschüler*in noch eine Einheitsschule. „One size fits all“, das mag für Latex-Busen aus dem Sex-Shop gelten. Aber Bildung ist kein Produkt, das sich so simpel verkaufen lässt, auch nicht im besten Feinkostladen der
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Bildung. Ich will viele Feinkostläden der Bildung, ich stehe ganz auf den Einzelhandel. Ich hoffe, dass es in ukunft nicht die Schule geben wird. Die Zukunft der Schule liegt in der Zukunft der Schulen und der unterschiedlichen Übertragungstechniken von Bildung. Nur digital ist so wenig ideal wie nur analog. Die Einheitsschule, in der Kinder und Jugendliche in ein nebulöses Sozial-Amalgam eingeschmolzen werden, besitzt keine Zukunft. Kinder und Jugendliche nach alten Lehrplänen auszurichten, das verbaut nicht nur die Zukunft der Schüler*innen, sondern auch die der Gesellschaft. Leerläufe, leere Kilometer, aufgrund eines Anklammerns an verstaubte Traditionen, können sich die Eltern, die Schüler*innen und das Bildungssystem nicht leisten. Starten wir unser Raumschiff, indem wir Selbstverständlichkeiten, verbrauchte und verschlissene Rituale über Bord werfen. Starten wir in einen neuen Bildungsweltraum der Offenheit mit den notwendigen Beschränkungen, die uns zum erweiterten Denkraum aufbrechen lassen. Und welche „ganz wichtigen Beschränkungen“ werden das sein? Das steht in den Sternen. Genau dorthin müssen wir. Gottfried Kinsky-Weinfurter
Literaturverzeichnis TheodorW. Adorno, Philosophische Terminologie I und II, Berlin 2016. Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie. Gesammelte Schriften, Band 7, Hg. Rolf Tiedemann, Frankfurt/M. 52014. Theodo W. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt/M. 2001. Judith Belfkih, Langeweile ist der der Schlüssel zur Kreativität, Wiener Zeitung, 12.November 2019. Claudia Dabringer, Der Lehrer als Entertainer und Moderator, Die Presse 6./7. Juli 2019. Sabine M. Fischer, Hausaufgabe 2020, Wiener Zeitung, 21.Jänner 2020. Volker Gerhardt, Humanität. Über den Geist der Menschheit, München 2019. Daniel Goffa t, Die Fundamente der Mittelschicht bröckeln, Kurier, 4. August 2019. Wolfgang Gratz, Mehr Spielraum, weniger Hierarchie, Wiener Zeitung, Beilage Digitale Republik, 26. Juni 2019. Lisz Hirn, Das Pilatus-Projekt, Addendum. Die Zeitung, Nr. 2, 2019. Janina Loh, Trans- und Posthumanismus zur Einführung, Hamburg 2018. Sophie Loidolt, Tatsachen werden zu Meinungen umformuliert, Der Standard, 19.März 2019. Miriam Olbrisch, Ohne Anschluss, Der Spiegel, Nr.13/21,März 2020. Platon, Sämtliche Dialoge. Band VII, Gesetze, Hg. Otto Apelt, Hamburg 2004. Andreas Salcher zit. nach: Bernadette Bayrhammer, Klassen zu klein, Kindergruppen zu groß, Die Presse, 4. September 2019. Michael Schratz, Das ver-rückte Klassenzimmer, Der Standard, Sa./So., 28./29.März 2020. Renée Schroeder, Wenn wir am Menschen basteln, Die Presse (Spectrum), 5. Oktober 2019. Peter Sloterdijk, Weltfremdheit, Frankfurt/M. 1993. Bernhard Waldenfels, In den Netzen der Lebenswelt, Frankfurt/M. 42016.
Schule damals und heute
150
Jahre
s eit- d Braun Konrad · r W Gan ar sVicto ki · Rich arl Bruck . · Oskar oriz Jol ard h s v M l K · o r · r R e ans · ic er ch lW enze nz Brech stel Freih arl Jenis Nepodil inger · H pert · W · a f K s l e · er f ap Fr lo Schl · Kar witz arl F ald · us Z · Jose ernw isler · K h Hersko z Mayer ermann en · Juli Donat Bayer · F . v E n g r H c f ri Ritte ermann · Heinri in · Mo Schiff · . Puttlin l · Natha ki · Adol z Jamek · r e v k s H t e an er c . s · h t r t ck a l l c g h r F l a i i a h e · H ön Pola ng Fre ·W um ch udo Büdi · Gustav Alfred K hachner Vesque drich Ba v Graf S to Hürs riedrich · Anton t c F sy la er or s· rle · Frie arl S r v. · ithn Czes ch · O Luda rplu Vict Este von hard Ka mann · K tter v. · arl Luick iberny · olf Hirs ler Ritte skar We a · Josef · Emil i z d i Pich al R njow · Ric er · K · Ru h·O ias lf Str R. v. lf Ra dorf · Rodo onnenth arl Junk r · Rudo rünwald z · Aurel mil Veit elic v. Pa stetter iff · Tob · h k t h K e S E n· wicz a· t Sc nd Dem Hoc os G reib allec Min Nep · Sigmu bert Ploh stav Sch l · Ambr · Moses sef Tum · Georg Egbert l · Rober Gumplo stein ax ar z ist ek · o Ep eyer · Ro inag · Gu a · Jo öder Schw Zeiner lf Salzer Oskar F amillo L Swobod hann Bl ax Haud Karl Re selsky · M rave · Le · Johann s · o h · C D ric n rt ·M arl uss er .·J We r· ich udo Fried rand · R dor Fisch ndsteine chiff · K er Edl. v Halma ert Redl · Anton Herman lfred Kra ts · Robe · t · i S b e b r r a t o r l A l a i a e e e e x · L m h i A k g b y k h Ham Blau · T ch · Karl uch · Fel ustav Art k · Adal echert · osef Ster tto Din on Klose helm Ni ann Spe t · s c l t J i R i a O t l ü m · r i n G l p r · l r i R · e Rob arl) Kep c · Karl Plotzek Alfred G erl · Em Schuster Brunner achim · A örfer · W ndl · He ictor Ch aul · l(K upova nz r Spa ax P ard s Jo org a eud u r·P e er · V r a d F P · Flo heral · M er · Rich euer · Ge ski · Juliu Julius N rdinand on Beck wiggne ann · r P Haan · e l r d a n G e r d · t a K i Alex · Anton itter v. · Johann O n Schne Robert B o Jankow argulies inger · F ann · An · Ludwig to Neum er · · · n a ner alke R s u ltm r h e a Hug old S ann ager · Ot il Wagn l s e es M o e J B W F Mi her · · Achill s · Leop i · Karl A Goldm rf · car r n c e s i M s u n l t O · Em i a h h ngel l . · h t o · Joh ski · Ar nrich Sc umfeld aul Hol Ritter v tto Sac ul Brejsk v. · Hug Wilhelm Kristalli ugust E h O r ei r· ·P h v. ·A ric ow Pa Ba Kral krett · H · Moriz enheim rich Ku upovoc · Woyer · artzweile rmberge r Ritter Decsey a · Fried · n e e t n t d a i i P t l e G l s v n t i e L v e a o u a k ö d h t e ·H hr Lo s us Sc ini tto nT un mb Ern ael Kl rich an Ba ttlieb vo n Jaden r · Dom einer · G ld · Edm holz · O mann Sc lecha · h n c o i i t e n B e r o b o A H · M hal · H fe St · He rom err v in G Popp lfred ger · a er t eyen bert · Erw zka Freih Eduard ati · Hu Josef Fr · Ernst K ur Schiff ndorf · A Höflm Linden affelber iller · · e R h s o h c Krti schmied ann Stam us Cohn arl Kles ter · Art ans Ben Christop bel · Ott z · Morz err von S l l r i K H it c Peut id Edelm sten · Jul essler · lzer v. R acherl · f Gräf · tor Leno nder Pil ed Freih olff · Ka r K e i c a f Z o n i s r l W z x l o p i o h e V A r r e J l v p · a · L usta tta · · Mo hard enz C rger a·K rg · A har f on O Vinc chmann ein · Eg Schanz ried Gou andesbe eyersbe ictor Sc idner · G vez · Ric e z s e f L w M V l D · W ed Her tav Oel r · Fran ck · Wi Rudolf ustav ann esler · Ott g Fri Gus n Mülle tav Glü ugler · rburg · G · Paul Ro al · Joh ul Cohn h · Geor Anto en · Gus rmann K rich Ma osauer Thurnw isky · Pa Freureic · bog ig · He r · Fried · Felix R ichard her Bre e · Max s Haber i · R · Walt rl Kön l Mage istic · Lou Este ripa Kar i Milan R d Sucha t Becher st · Max lücklich gy rns pol nG Ern · Leo lllrich · E · Albert st · Euge r r U Eisle · Leo Fü Absolvent*innen 1876–2020
Eine ganz persönliche Perspektive Schulischer und pädagogischer Wandel in einer Pandemie aus der Sicht der Schulleitung
Vorbemerkung Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden. (Søren Kierkegaard (1813–55), dänischer Theologe und Philosoph)
Mit ausreichend Zeitreserven wurden die Projekte zum 150-jährigen Gründungsjubiläum des Wasagymnasiums geplant und teilweise auch gestartet. Allen voran diese Festschrift. Völlig überraschend kam Mitte März 2020 eine schicksalhafte Wendung, deren Konsequenzen zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages nicht abgeschätzt werden können. Wird in seriösen Medien von der größten Wirtschaftskrise nach 1945gesprochen, so sind die Auswirkungen der SARS-CoV-2 (Abk. für „severe acute respiratory syndrome coronavirus“ 2) Pandemie auf schulische und gesellschaftliche Bereiche vermutlich erst in einigen Jahren, mit Sicherheit aber zum 200. Geburtstag des Wasagymnasiums besser einordenbar. Dass hier diesem Ereignis Raum gegeben wird, möge auf Ihre – werte Leserin und werter Leser – Duldung stoßen. Der schulische und pädagogische Wandel, der hier nachvollzogen werden soll, bezieht sich auf den Erfahrungshorizont des Autors und stellt nicht den Anspruch auf wissenschaftliche Exaktheit und Vollständigkeit. Vielmehr soll hier auch Persönliches, Subjektives und in jedem Fall Diskussionswürdiges eingebracht werden. Einerseits, um dem Untertitel der persönlichen Perspektive gerecht zu werden, und andererseits, um dem Leser und der Leserin in 50 oder 100 Jahren einen vielleicht zum Schmunzeln anregenden, in jedem Fall aber authentischen Beitrag zu bieten. Pädagogischer Zeitgeist ist auch stark mit gesellschaftlichen Faktoren, Erwartungen und Haltungen verbunden. So findet man in der Festschrift zum 100. Geburtstag unserer Schule Beiträge, die von hohen Ansprüchen an Disziplin, noch mehr an Leistung und von einem sehr hohen Ideal an humanistischer Bildung geprägt sind. Ob schulisches Geschehen unter dem Titel humanistischer Bildung mit dem ursprünglichen Begriff humanitas = Menschlichkeit auch tatsächlich gelebt wurde, konnte ich in den persönlichen Gesprächen mit Ab-
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solvent*innen unserer Schule nicht immer bestätigt finden. Gesichert ist, dass Lehrerpersönlichkeiten, die auch ihre menschliche Seite zeigen konnten, zu jenen gehör(t)en, deren pädagogisches Wirken positive Energie in diese Welt gebracht hat. Und derer hat es auch am Wasagymnasium einige gegeben. In den letzten fünfzehn Jahren sind die Bewegungen im schulischen Bereich – wie auch die im gesellschaftlichen – nicht nur von zunehmender Geschwindigkeit, sondern auch vom höheren Wert der Individualität geprägt gewesen. Der Leistungsgedanke hält sich auch in Schulen bis jetzt wacker, wird aber vom stärkeren Bedürfnis nach Menschlichkeit (humanitas) und dem Blick auf die individuellen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zunehmend in Bedrängnis gebracht. Schnell voranschreitende und nicht selten überfordernde Entwicklungen zum Beispiel im IT-Bereich bringen zum Ausgleich Ideen nach Herzensbildung und Achtsamkeit hervor. Möge dieser Beitrag einen persönlichen Einblick in den Umgang mit einem Jahrhundertereignis geben und davon ausgehend persönliche Erfahrungen und pädagogische Überlegungen zur Diskussion bringen.
Die Coronakrise und das Eintreten von Ereignissen, die niemand je für möglich gehalten hätte Freitag, der 13. März 2020
Am Dienstag, dem 10. März 2020, besuchte mich eine sehr gut vernetzte Mutter mehrerer Kinder im Wasagymnasium, um mich zu fragen, wie das Wasagymnasium im Falle einer Schulschließung agieren würde. Ich war ob der Frage verblüfft und wusste keine gute An wort. So ein Szenario war in unseren Köpfen und in unseren Erfahrungen gar nicht vorgesehen. Schule findet (außer in den Ferien) immer statt. Erst wenige Wochen davor hatten wir mit einer veritablen Grippe- bzw. Grippalen-Infekt-Welle zu kämpfen, die manche Klassen an einzelnen Tagen bis auf die Hälfte der Schüler*innen reduzierte und wegen der wir – aus Lehrer*innenmangel – manche Klassen sogar zusammenlegen mussten. War das schon ein höchst seltenes, in meiner damals 10-jährigen Direktionszeit noch nie dagewesenes Ereignis! Nun wurde ich also mit der Frage konfrontiert, wie wir auf eine Schulschließung reagieren würden. Es dauerte nur kurz und ich unterbrach meine liebe Freundin und Administratorin Elisabeth (Sissy) Lang bei ihrem Gespräch mit ihrer präsumtiven Nachfolgerin Susanne Petri-Fritsche mit dem „gefühlten Wissen“, dass da etwas sehr Großes auf uns zurollen würde und wir uns besser sofort darauf vorbereiten sollten. Die nächsten Tage verliefen eher wie in einem Film, bei dem die Tragweite des Geschehens langsam, aber stetig gesteigert wird und wir am Donnerstag, dem 12. März 2020, erfuhren, dass die Schulen (zunächst nur die Oberstufen) ab dem darauffolgenden ontag (16. März) keinen Präsenzunterricht (dieses Wort
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Abb. 1: Die große, nahezu menschenleere Abflughalle (Terminal 1) des Flughafens Wien Schwechat während des Lockdowns.
kam damals das erste Mal in meinen Wortschatz) mehr hätten. Ich beeilte mich am Freitag, dem 13. März, durch alle Oberstufenklassen zu gehen, um die Schüler*innen „zu verabschieden“, ihnen Mut und Zuversicht zuzusprechen und auf die glücklicherweise bestehende Kommunikationsstruktur über Schul-E-Mailadressen hinzuweisen. Während meiner Runde erhielt ich eine Nachricht der Tageszeitung „Die Presse“ auf meinem Mobiltelefon, wonach nun auch die Unterstufen bereits ab dem nächsten Schultag (also ebenso ab Montag, 16. März 2020) keinen Präsenzunterricht mehr haben sollten. Ohne weitere Verifizie ung kommunizierte ich das nun auch meinen Lehrerinnen und Lehrern. Damals erlebten wir zum ersten Mal, dass wichtige dienstliche Mitteilungen nun zuerst über die Medien gingen, bevor sie – oft Tage später – offiziel in den digitalen Briefkästen der Direktionen landeten. Eine Entwicklung, die bis heute wenig Freude macht und auf wenig Verständnis stößt. So also fanden wir uns ab 16. März im ersten „Lockdown“ wieder, einer Art „Vollbremsung“ des gesamten Staates. Niemand hatte das für möglich gehalten: Eine pulsierende Stadt wechselt in gefühlten Sekunden in den Tiefschlaf. Das erste Mal in meinem Leben sah ich so etwas wie „Hamsterkäufe“, weil die Befürchtung da war, es könnte auch die Grundversorgung zum Stillstand kommen. Wie „ansteckend“ eine solche Hysterie ist, konnte man an leergefegten Supermarktregalen verifizie en. Wir alle befanden uns auf einmal in einem Ausnahmezustand, den selbst die erfahrensten Zeitgenossen nicht mehr in Erinnerung hatten. Gleichzeitig war es so ruhig wie noch nie auf Wiens Straßen, etwas später sollten Fotografen ausrücken, um sonst besonders belebte und beliebte Plätze und Gebäude in dieser einmaligen Situation der Ruhe (und Verlassenheit) bildlich festzuhalten.
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Damals noch schwieriger als heute war die reale Gefahr einzuschätzen – eine neue Viruserkrankung, über die es nur sehr wenig Wissen gab. Der erste Tag für mich in einer leeren Schule war Montag, der 16. März 2020. Die ausgegebene Devise war, möglichst alle Sozial-
Abb. 2: Information über den Zutritt an unsere Schule während des ersten Lockdowns beginnend mit 16. März 2020.
kontakte, persönliche Begegnungen und Wege zu meiden, am besten zu Hause zu bleiben. Am Schultor ließ ich untenstehendes Plakat aushängen:
Das erste Mal Distance-Learning
Den weiteren Verlauf erlaube ich mir zeitlich ein bisschen zu raffen: Die erste Phase des sogenannten Distance-Learnings dauerte für die Unterstufe bis 18.Mai 2020, also satte neun Wochen. In dieser Zeit haben wir am Wasagymnasium unsere ersten Live-Video-Unterrichtsstunden gehalten, haben gelernt, welche Schwierigkeiten es für Lehrer*innen und Schüler*innen allein in der Kommunikation zu überwinden gilt (und welche Kraft das kostet) und wie man eine Balance zwischen Belastung und Entlastung finden kann. Eltern waren in dieser Phase besonders gefordert: Sie selbst waren oftmals im sogenannten „Home-Office“, während ihre Kinder mehr oder weniger gut beschäftigt waren. Das hat vielen Familien viel abverlangt. Auch die mentale Komponente dieser ersten Phase war besonders herausfordernd: Niemand wusste, wie lange dieser Zustand ausgehalten werden muss, wie es danach weitergehen würde und was sonst noch alles Unvorhergesehenes passieren könnte. Dazu die
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Verpflichtung, möglichst niemanden außerhalb des eigenen Haushalts zu treffen, weder Familie noch Freunde. Keine Sportvereine, kein Musikunterricht, kein Kino, kein Theater, kein Konzert. Nur Geschäfte des dringend notwendigen Bedarfs (Apotheken, Supermärkte und Drogerien) hatten offen Für die Schüler*innen der Oberstufenklassen dauerte der schulische Lockdown noch länger: Erst nach insgesamt elfeinhalb Wochen Distance-Learning durften sie wieder in die Schule, aber nur im Schichtbetrieb, was bedeutete, dass nur jeweils die halbe Klasse Unterricht hatte. Die Schüler*innen der 8. Klassen waren relativ kurz vor Ende ihres Unterrichtsjahres aus ihrer Vorbereitung auf den Jahresabschluss und die darauffolgende Reifeprüfung gerissen worden und wussten bis Ostern nicht, ob und wie sie maturieren konnten. Erstmals wurde hier die Verrechnung von Jahresnote der 8. Klasse und Note auf die Klausur Abb. 3: Schulwartinnen empfangen unsere Unterstufenklassen am ersten zur Anwendung gebracht. Das bedeutete, dass man Schultag nach neun Wochen Distancezum Beispiel mit einem ‚Befriedigend‘ in Mathe- Learning am 18. Mai 2020. matik in der Jahresnote auch die Mathematik-Matura geschafft hatte (die Gesamtnote wäre bei einem ‚Nicht genügend‘ auf die Klausur dann ‚Genügend‘ geworden). Die Präsentationstermine der Vorwissenschaftlichen Arbeiten wurden ebenso wie die mündlichen Prüfungen de facto abgesagt – nur wer freiwillig antreten wollte, konnte dies tun. Diese vielen an die Situation angepassten und meist sehr kurzfristig kommunizierten Veränderungen forderten von allen viel Kraft und Durchhaltevermögen. Von einer „Corona-Matura“ zu sprechen und zu meinen, diese wäre aufgrund der Erleichterungen zu billig gewesen, ist aus Sicht des Autors aufgrund der sonstigen Belastungen, die die angehenden Maturant*innen durch die Krise ertragen mussten, nicht gerechtfertigt. Abb. 4: Ausschnitte der Titelblätter von „Kurier“ und „Heute“ vom 5. Mai.
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Wir freuten uns über den Besuch einiger Medien, als unsere Achtklassler*innen zur Vorbereitung auf die schriftliche Reifeprüfung unter strengen Hygieneauflagen in die Schule kommen durften, und schafften es sogar auf manche Titelseiten. Für die meisten war Ende Mai 2020 nach drei Tagen schriftlicher Klausur die Reifeprüfung auch schon wieder vorbei. Da zu diesem Zeitpunkt die Infektionszahlen auf ein beruhigendes Niveau gebracht worden waren, war sogar eine Maturafeier möglich, die aus Sicherheitsgründen ins Freie verlegt wurde. Erstmals konnten wir so unseren Innenhof in einer sehr festlichen und schönen Rolle erleben. Am Tag der Zeugnisverteilung erlaubten wir uns noch ein kleines Zuckerl: Es durfte jeweils die gesamte Klasse gleichzeitig das Jahreszeugnis entgegennehmen. Somit haben sich Schülerinnen und Schüler wieder getroffen, die sich 15 Wochen nicht persönlich (in der Schule) gesehen hatten. Das nächste Schuljahr unter Corona
Ganz bewusst wurde hier „unter“ Corona getitelt. Zu Beginn des Schuljahres hofften wir noch, durch Vorbereitung einer bundesweiten Corona-Ampel (diese zeigt je nach Infektionslage, Spitalsauslastung und Nachverfolgbarkeit der Fälle eine Farbe – grün/gelb/orange/ rot – und an eben diese Farbe sind in der Schule diverse Maßnahmen geknüpft) die Situation gut managen zu können. Doch schon in der zweiten Schulwoche sprang die Ampel für Wien auf Orange und wir wussten nicht, ob Oberstufenschüler*innen am nächsten Tag noch in die Schule kommen durften (bei Ampelfarbe Orange war die Maßnahme ausgemacht, dass Oberstufen in den Fernunterricht wechseln). Dies klärte sich erst am Nachmittag jenes Tages auf, an dem die Regelung eigentlich schon gelten sollte. Sodann beschloss man, eine eigene Schul-Corona-Ampel zu machen, die in der Farbe von der „normalen“ Corona-Ampel abweichen durfte. Damit war dieses Konzept gestorben und wurde nicht mehr beachtet. Auch wir hatten schon in der zweiten Schulwoche unseren ersten Coronafall. Ich sah mich als Schulleiter in einer nahezu unlösbaren Situation gefangen: Einerseits dürfen Klassen (oder ganze Schulen) nur durch die Gesundheitsbehörden in Quarantäne geschickt werden, andererseits waren genau diese Behörden zu diesem Zeitpunkt dermaßen überfordert, dass von dort keine Anweisung oder Information kam. So sah ich mich – wie auch fast alle anderen Schuldirektor*innen – gezwungen, selbst zu handeln, was wir auch taten. Allerdings muss ich gestehen, dass ich noch nie so einen intensiven und vor allem mental belastenden Schulbeginn erlebt habe. Diese ersten Wochen sind immer sehr arbeitsreich und dicht, in diesem Fall fühlten sie sich eher wie ein Höllenritt an. Schon am Ende der zweiten Schulwoche habe ich die Lehrer*innen des Wasagymnasiums darauf vorbereitet, dass dies leider nicht das erhoffte, normale Schuljahr werden würde – ganz im Gegenteil. Wir gaben unser Bestes und versuchten, trotz äußerer Spannungszunahme innerhalb der Schule ruhig und gelassen zu bleiben, was aus meiner Sicht auch recht gut gelang. Für mich
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waren die Schüler*innen die Seismographen der Stimmung: Wenn ich sie am Gang noch lachen sah, wusste ich, dass wir noch gut unterwegs waren. Innerlich war uns allen aber nicht zum Lachen: Der Ernst der Situation, die Länge der Pandemie, die unabsehbaren Folgen für Arbeitsplätze, Wirtschaft, soziale Stabilität im Land und die Überforderung der Menschen ergaben ein Gefühl, mit dem wir fast alle das erste Mal im Leben konfrontiert waren. Die zum ersten Mal offiziell im erbst stattfindenden erbstferien (jeweils von 26.10. bis 2.11.) waren eine notwendige kurze Pause vor dem bislang stärksten Infektionszuwachs seit Beginn der Corona-Pandemie in der ersten Novemberhälfte. Also ging es für die Oberstufe ab 3.11.2020vollständig ins Distance-Learning, für die Unterstufe zwei Wochen später ab 16.11.2020. Distance-Learning Teil II – wir haben dazugelernt
Diesmal hatten wir aus den Schwierigkeiten der ersten Phase gelernt, ja, uns schon im Sommer und zu Schulbeginn darauf vorbereitet. In Crashkursen schulten unsere fantastischen Informatik-Lehrer*innen (Dr. Helmut Bittermann, MMag. Vicki Nake und DI Mag. Claudia Koroknai) die Lehrerschaft in diversen Kommunikations- und Lernplattformen ein. Der Unterricht wurde laut Stundenplan im Distance-Learning fortgesetzt. Jede Lehrkraft hielt entweder Online- (= Live-)Unterricht oder stellte spezifische Arbeitsaufträge für die Stunde auf die Lernplattform. So sollte gewährleistet sein, dass Schule weitergeht und Schüler*innen sinnvoll beschäftigt sind. Ebenso konnte dem dringenden Wunsch Rechnung getragen werden, dass die gesamte Schulkommunikation nur über eine Plattform abläuft (und nicht wie im März/April) über alle möglichen Kanäle, was Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen überforderte. Seit Beginn der Krise war auch die Phase in den Herbstferien von großer Unsicherheit geprägt: Erst am letzten Tag der Herbstferien wussten wir, wie es danach weitergehen sollte. Grund für diese extrem kurzfristigen Entscheidungen der Ministerien war, bis zum Schluss abzuwägen zwischen Schulschließungen (= Distance-Learning) und dem Risiko der Infektionsweitergabe durch geöffnete Schulen. ft hatten die Schuldirektor*innen das Gefühl, dass die Entscheidungsträger*innen im Ministerium vergaßen, dass auch wir Zeit brauchten, um die Informationen für unseren Standort zu lesen, durchzudenken, zu adaptieren und zu kommunizieren. Nicht selten war die einzige Information für uns die Pressekonferenz des Ministers. Die Phase rund um Weihnachten
Im November 2020 war der stärkste Anstieg an Coronainfektionen seit Beginn der Pandemie zu verzeichnen. Wir hatten – den Umständen entsprechend – sehr gute Rückmeldungen auf das Funktionieren des Distance-Learnings. Wer hätte sich noch ein halbes Jahr zuvor wetten getraut, was wir im technischen Bereich in so kurzer Zeit entwickeln und
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umsetzen könnten. Eine Gewaltleistung, das sei an dieser Stelle ganz deutlich hervorgehoben. Eine Gewaltleistung von Lehrkräften, von Schüler*innen und auch von Eltern. Und das in einer Phase, in der eine gewisse Pandemie-Müdigkeit unübersehbar wurde. Drei Wochen vor Weihnachten durften die Unterstufenklassen und die 8. Klassen wieder in den Präsenzunterricht (gemeinsam mit einer kurzen Öffnung des Handels für das Weihnachtsgeschäft). Die Belastung der Lehrer*innen wurde dadurch auch nicht geringer – mussten diese doch ständig vom Präsenzunterrichts-Modus in den Distance-Learning-Modus (5., 6. und 7. Klassen) wechseln. Im Jänner entschied man sich nach etlichem Hin und Her, die Schulen gänzlich im Distance-Learning zu lassen. Ich hatte das Gefühl, dass auch im Bildungsministerium mittlerweile eine gewisse Corona-Müdigkeit eingetreten war, da die vielen ständig wechAbb. 5: Screenshot einer Online-Melselnden und sich widersprechenden Pläne kaum dung der Tageszeitung „Die Presse“ vom mehr jemand überblickte. Bei den Verordnungen 19. Jänner 2021. war es mir jedenfalls definitiv so ergangen. Die Situation war erschöpfend, die Genervtheit einiger Bürger*innen war zwar verständlich, tat aber ihr Übriges, um die Belastung auf einem sehr hohen Niveau zu belassen. Ende Jänner kam es dazu, dass es erstmals zu keiner Verteilung der Schulnachrichten am Ende des ersten Semesters kam, was in den Medien so aussah: Das Sommersemester 2021
Das Sommersemester begann, wie wir es seit vielen Monaten gewohnt waren: mit großer Unsicherheit bis zum letzten Tag. Niemand hatte eine Ahnung, ob wir die Schulen teilweise oder ganz für den Präsenzunterricht öffnen oder im Distance-Learning bleiben würden. Erst am vorletzten Tag der Semesterferien wurden wir Schuldirektionen informiert, wie es ablaufen würde: Es sollte eine teilweise Rückkehr zum Präsenzunterricht erfolgen. Dies schien, weil mittlerweile von vielen Kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen dringend gefordert, fast unumgänglich. Hatten sich doch die Schüler*innen der 5., 6. und 7. Klassen schon dreieinhalb Monate nicht mehr (außer zu Schularbeiten) im Schulgebäude befunden. Der sogenannte Schichtbetrieb hatte nun eine neue Variante: Eine Hälfte der Klasse kam am Montag/Dienstag in der einen Woche und Mittwoch/Donnerstag in der anderen Woche. Dann wurden die Tage gewechselt. Freitag war generell ein Distance-Le-
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arning-Tag. Auch wenn uns allen bewusst war, dass dies das Lerntempo verringerte und für die Lehrkräfte die kräfteraubendste Variante war, schien sie durch die drohenden mentalpsychischen Kollateralschäden bei Kindern und Jugendlichen die einzig sinnvolle. Außerdem muss erwähnt werden, dass wir am Wasagymnasium das Glück hatten, alle unsere Schüler*innen erreichen zu können (wenn sie das wollten). Es gab viele Schulen, in denen es über viele Wochen hindurch zur Mehrheit der Schüler*innen zu keinem Kontakt kam, weil die technischen Voraussetzungen fehlten oder/und die Bereitschaft, von zu Hause aus zu arbeiten. Insofern begrüßte auch ich die Rückkehr aller Schüler*innen in die Schule (wenn auch nicht gleichzeitig, sondern in wechselnden Gruppen). Ich erinnere mich an den ersten Schultag im Sommersemester (Montag, 8. Februar 2021):Gruppen von Schülern und Schülerinnen standen vor dem Haupteingang Wasagasse 10 und warteten auf den Einlass. Den vorbeigehenden Menschen war anzusehen, wie sehr diese Szenerie ihr Herz erwärmte (endlich wieder Schüler*innen im Schulgebäude). Neu war außerdem, dass wir nun mit Schnelltests ausgestattet waren, die die jeweilige Gruppe am Beginn des Unterrichts des ersten Tages (also Montag oder Mittwoch Früh) machen musste. Neben diesen Tests (die auch die Lehrkräfte machen konnten) war das ständige Tragen von hochwertigen Masken sowie die Halbierung der Klassen jener Maßnahmen-Mix, mit dem man die Öffnung der Schulen verantwortete. Die Impfung – ein Weg aus der Krise?
Seit dem Beginn der Krise scheint der einzig mögliche Ausweg eine wirksame Impfung zu sein. Seit 1. März 2021wurden nach dem medizinischen Personal nun die Mitarbeiter*innen an den Schulen systematisch geimpft. Wir im Wasagymnasium können von Glück sprechen, nur sehr wenige Corona-Fälle im Lehrerkollegium gehabt zu haben. Die Hoffnung, das Personal mit dieser Impfung ausreichend geschützt zu sehen, ist beruhigend und ein wichtiger Hoffnungsschimme . Im Austria Center Vienna (neben der UNO City) befindet sich das Impfzentrum, an dem auch die Lehrer*innen des Wasagymnasiums geimpft wurden. Etwas überrascht waren wir, dass rund zwei Drittel der geimpften Professor*innen nach der Impfung über kurze, aber intensive Impfreaktionen (hohes Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen) klagten und viele kurzfristig vom Dienst ausfielen. So hatten wir am Montag, dem 8. März 2021,mit 14(!)akut krank gemeldeten Lehrkräften einen neuen Rekord aufgestellt. Glücklicherweise verteilten sich die Impftermine auf den gesamten März, sonst wäre ein Schulbetrieb nicht durchführbar gewesen. Mentale Folgen
Die Lage ist zu aktuell, wissenschaftliche Untersuchungen sind noch wenige vorhanden oder noch nicht überprüft. Doch aus unserer eigenen Erfahrung in der Schule können wir
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sehen: Die Schülerinnen und Schüler des Wasagymnasiums kommen recht gut durch diese nun schon mehr als ein Jahr dauernde Krise. Dies mag mehrere Ursachen haben: Hier ist die großteils gute Versorgung durch die Familien ein enorm hilfreicher Punkt. So werden die meisten Haushalte den technischen Anforderungen gerecht, die Familien versuchen konstruktiv durch die herausfordernde Zeit zu kommen und unterstützen ihre Kinder beim Lernen und in mentaler Hinsicht. Zweitens ist die gute (technische) Versorgung Basis dafür, von der Schule gut kontaktiert werden zu können und so auch bei längeren Phasen des Distance-Learnings eine einigermaßen klare (Zeit- und Aufgaben-) Struktur behalten zu können. Merkbar ist aber ein Vertrauensverlust in das System Schule, eine Durchlöcherung schulischer Zuverlässigkeit: Die vielen äußerst kurzfristigen Entscheidungen, die Absagen in letzter Minute haben dazu geführt, dass das Anpeilen mittel- und längerfristiger Ziele erheblich schwieriger wird. Schüler*innen gehen oft unbewusst in die Haltung „Wird es das überhaupt geben?“, „Lohnt es sich, sich dafür anzustrengen?“. Zugegebenermaßen empfi den das natürlich auch viele Erwachsene so. Die pandemische Situation mit ihren Wellen, Mutationen und unvorhersehbaren Entwicklungen lässt die notwendige Stabilität und Verlässlichkeit leider nicht so schnell erhoffen Intuitiv haben sie (die Schülerinnen und Schüler, Anm. d. Verf.) längst die beiden wichtigsten Grundsäulen erfasst, auf denen gute Schule und gelingendes Lernen beruhen: Erwartungssicherheit und Gemeinschaft.1
Diese Erwartungssicherheit hat trotz größter Bemühungen aller stark gelitten und es wird auch nach Ende der Pandemie dauern, das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Systems Schule wieder herzustellen. Persönliche schulische Erfahrungen vor, während und nach der Corona-Krise
„Wäre es zu keiner Corona-Krise gekommen, hätte es einer anderen Stopp-Taste bedurft.“ Dieser Satz ist mir nicht nur einmal über die Lippen gekommen. Auch wenn ein Zusammenhang zwischen der gefühlten „Überhitzung des Lebens“ (damit ist die immer schneller werdende Lebenswelt gemeint – in erster Linie durch die Vervielfachung der Kommunikationskanäle und -geschwindigkeit) und dem Ausbruch einer Viruspandemie als erhoff e Unterbrechung des sich immer schneller drehenden „Hamsterrades“ nicht seriös herzustellen ist, scheint er vorerst eingetreten. Die Krisensituation konfrontiert uns in besonderer Weise mit unserem beruflichen und privaten Leben, weil jemand die „Not-Aus“-Taste gedrückt und das Leben „heruntergefahren“ hat. Plötzlich ist es uns möglich, in Ruhe anzuschauen, 1
Stefan T. Hopmann, Zurück zur Schule, Zentralmatura abschaffen, https://www.furche.at/bildung/ hopmann-zurueck-zur-schule-zentralmatura-abschaffe -4513412 , 28.02.2021.
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was sonst an uns vorbeiläuft. Nicht immer ist das, was man sieht, angenehm. Krisen wirken oftmals wie ein Vergrößerungsglas und weisen uns auf Dinge verstärkt hin, die auch schon davor nicht gut gelaufen sind. Sie sind aber auch die Chance, den Wert der „Dinge“ neu zu bestimmen beziehungsweise sich Zeit zu nehmen, über diesen Wert nachzudenken. Braucht es diese oder andere Projekte, Sprechtage, Informationsabende etc. eigentlich noch? Oder haben wir uns nur einfach nie die Zeit genommen und uns getraut, etwas nicht mehr zu tun? Die Corona-Krise gibt uns auch im Schulischen die Chance, den zur Gänze abgeräumten Tisch neu zu decken. Und dabei nur jene Gegenstände wieder auf den virtuellen Tisch zu stellen, die uns wertvoll, die uns wichtig sind. So sind die am Schuljahresende ausgefallenen Wandertage, Projekte, Sportfeste (so anstrengend die Organisation auch immer ist) sehr abgegangen. Es war ein Schulschluss, wie er keine Freude bereitet hat, weil das große gemeinsame Feuerwerk (trotz Erschöpfung vom Schuljahr) gefehlt hat. Die gemeinsamen Feiern, die Verabschiedungen, die persönlichen Begegnungen und Berührungen – sie alle haben uns extrem gefehlt. Weniger abgegangen sind verordnete Schulentwicklungen und (leider oft nur halbfertige) Neuerungen. Wir haben in diesem Jahr erlebt, wie angenehm es sein kann, sich als Lehrer*in auf das (ohnehin unter diesen Umständen sehr aufwendige) Kerngeschäft des Unterrichtens zu konzentrieren. Wir haben auch erfahren, dass Schule nur zu einem Teil der Ort der Wissens- und Fertigkeitsvermittlung ist. Ein anderer – nicht minder wichtiger Teil – ist der des sozialen Miteinanders. Wer hätte für möglich gehalten, dass Schüler*innen sich danach sehnen, wieder in die Schule gehen zu dürfen, dafür sogar demonstrieren? Der Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann fasst schön zusammen: Dahinter (gemeint ist, wie wichtig es sei, „Lücken“ im Lehrstoff zu schließen, die aufg und verschiedenster Ereignisse auftreten, Anm. d. Verf.) steckt ein schon auf die Anfänge der öffentlichen Schule zurückgehender Widerstreit. Während die einen mit Platon glauben, es gäbe einen (philosophisch) bestimmbaren fi en Kanon, der dort zu erwerben wäre, gehen andere mit Aristoteles davon aus, dass es in der Schule gar nicht darum gehen kann, möglichst viel Wissen anzueignen, sondern um den Erwerb von Gemeinschaftsfähigkeit. Wissensvermittlung könnte auch individuell vonstatten gehen. Schule ist dagegen der Ort, um zu lernen, sich mit anderen zu verständigen. Schulfächer sind in dieser Perspektive nicht mehr oder weniger beliebige Wissensanhäufungen, sondern Einführungen in verschiedene Weisen der Verständigung über Welt: sprachlich, mathematisch, ästhetisch, historisch, naturwissenschaftlich, religiös usw. Wohin es führt, wenn es an dieser Verständigung fehlt, können wir gerade jetzt in der Coronakrise ausgiebig studieren.2
2
Ebd.
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Eine ganz persönliche Perspektive
Es ist gut, wenn wir die Möglichkeit nützen und uns unser pädagogisches Tun hinterfragen trauen. Allerdings liegt es nicht an uns allein, nach einem Reflexionsprozess Impulse in die eine oder andere Richtung zu lenken. Aus der Erkenntnis, wie wesentlich die sozial-mentale Komponente, die „Gemeinschaftsfähigkeit“ beim Schulbesuch ist, sind die Bemühungen und Projekte, die hauptsächlich organisatorische und inhaltliche Fragen behandeln (wie zum Beispiel die ‚Neue Oberstufe‘ als Modulsystem oder eben die teilzentrale Reifeprüfung) also weniger geeignet. Vielmehr sehe ich die Aspekte, die Menschen- und Herzensbildung in den Vordergrund rücken, als wertvoll und leicht an jedem Schulstandort individuell entwickelbar. Es wird uns niemand hindern können (und wollen), in diese Richtung zu arbeiten, mit dem Ziel, tiefer in unser Sein und Handeln einzudringen, ehrlich nach dem Sinn zu fragen und junge Menschen bei ihrer Entwicklung zu reifen Persönlichkeiten zu begleiten. Ich selbst durfte in dieser Zeit für mich wesentliche Erfahrungen sammeln, die im Rückblick banal erscheinen, es aber trotzdem nicht immer ins Bewusstsein schaffen ș Zum einen, dass es (nicht nur, aber besonders) in einer Krise eine zentrale Stelle der Kommunikation geben muss: Alle Betroffenen müssen wissen, von wo bzw. von wem und über welchen Kommunikationskanal die für sie relevanten Informationen zeitgerecht und verlässlich kommen. ș In Zeiten besonderer Belastung ist zusätzlicher Druck Gift. Milde, Großzügigkeit und Verständnis geben jene Sicherheit, die von außen nicht besteht. Lehren und Lernen können in einem alarmierten System nicht funktionieren. Es braucht Ruhe, Vertrauen und ein sinnhaftes Ziel, um sich neuen schulischen Herausforderungen stellen zu wollen und zu können. ș Geschwindigkeit ist einer der höchsten Stressoren. Wir wurden (und werden) von Seiten der vorgesetzten Dienststellen zu einer Unzahl von teilweise aus zeitlichen Gründen nicht schaffba en Meldungen zum Monitoring von allem und jedem verpflichtet. Es kostet viel Kraft, diesen Stress beim Bearbeiten eines solchen Auftrags nicht weiterzugeben. Es kostet aber ähnlich viel Kraft, einen Auftrag ganz bewusst nicht zu bearbeiten. Die bloße Weitergabe (das „Durchwinken“) von stressreichen (nicht immer sinnvollen) Aufträgen schadet dem System und den dort tätigen Menschen. Führungskräfte haben (meiner Meinung nach) die Aufgabe, für ihren individuellen Verantwortungsbereich abzuwägen, zu filtern und mutige Entscheidungen zum Wohl des Ganzen zu treffen. Dazu gehört manchmal auch der Mut, einen Auftrag nicht auszuführen. ș Neben deutlich gestiegener mentaler Herausforderung sind manche Bereiche in meiner Arbeit deutlich weniger geworden, vielleicht auf ein Niveau von vor 20 Jahren zurückgefallen. Als Beispiel sei hier allein der Wegfall von Teilen der Reifeprüfung erwähnt. Das hat mir in einigen Situationen die Chance eröffnet, mich einem roblem/einer Aufgabe eingehender und tiefer zu widmen und dem Problembringer oder der Problembringerin wie auch mir selbst eine höhere Zufriedenheit in der Behandlung des Anliegens zu verschaffen
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ș Die bewusste persönliche Hinwendung, das ehrliche Interesse und meine tiefe Zustimmung, meine Lebenszeit dafür zur Verfügung stellen zu wollen, machen meine Tätigkeit (egal, in welcher Funktion) erst bereichernd und nährend. Erst dann kann auch ich für andere bereichernd wirken – besonders in einer Führungsaufgabe. Diese Zeit der Krise ist auch eine Zeit, in der große pädagogische Entwicklungen der letzten Jahre hinterfragt werden dürfen. So war die Einführung der standardisierten Reifeprüfung (vulgo Zentralmatura) im Jahr 2015 eine gewaltige Veränderung. Die damit jahrelang verbundene Diskussion über Kompetenzorientierung hat in manchen Gegenständen (zum Beispiel Mathematik) den Unterricht bis weit über die gesamte Oberstufe verändert. Manche Veränderungen davon haben sich bewährt, andere nicht. Der Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann von der Universität Wien fordert: Alle standardisiert vorgegebenen Tests, darunter die Zentralmatura, sollten abgeschafft und wieder durch lokale ersetzt werden – nicht nur 2021.3
Leider fehlt im staatlichen pädagogischen Entwicklungsprozess manchmal der zirkuläre Verlauf, die Möglichkeit, dass ein Projekt bei Nichtbewährung wieder zurückgefahren wird. Viel zu oft entscheiden bildungspolitische, manchmal sogar ideologische Gesichtspunkte, ob es zu der einen oder anderen Entwicklung kommt oder nicht. Wenn uns diese Krise dazu befähigt, klarer zu sehen, mutiger zu handeln und Sinnvolles von weniger Sinnvollem zu unterscheiden, dann kann ich ihr Positives abgewinnen. Wenn dies gepaart wird mit bewussten, tieferen menschlichen Begegnungen und mit größerem Vertrauen in die eigene Persönlichkeit sowie dem achtsamen (nicht bewertenden) Umgang mit den Mitmenschen und der Umwelt, fühlt es sich nach einem guten und spannenden Weg an, den ich mit Freude dieser traditionsreichen Schule weiterhin zu gehen anbiete. Ludwig van Beethoven, dessen Gedenkjahr 2020 (250. Geburtstag) nahezu gänzlich dem weltweiten Coronavirus zum Opfer fiel, schrieb in einer Widmung zu seiner Missa Solemnis: „Von Herzen, möge es wieder zu Herzen gehen.“ Diesem Motto möchte ich mich gerne anschließen. Alles Liebe und Gute zum Geburtstag, liebes Wasagymnasium! Johannes Bauer
Literaturverzeichnis Stefan T. Hopmann, Zurück zur Schule, Zentralmatura abschaffen, https://www.furche.at/bildung/ hopmann-zurueck-zur-schule-zentralmatura-abschaffe -4513412 , 28.02.2021. 3
Ebd.
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Eine ganz persönliche Perspektive
Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Die große, nahezu menschenleere Abflughalle Terminal 1) des Flughafens Wien Schwechat während des Lockdowns (Johannes Bauer) Abb. 2 Information über den Zutritt an unsere Schule während des ersten Lockdowns beginnend mit 16. März 2020 (Johannes Bauer) Abb. 3 Schulwartinnen empfangen unsere Unterstufenklassen am ersten Schultag nach neun Wochen Distance-Learning am 18.Mai 2020. (Johannes Bauer) Abb. 4 Ausschnitte der Titelblätter von „Kurier“ und „Heute“ vom 5. Mai 2020 (Johannes Bauer) Abb. 5 Screenshot einer Online-Meldung der Tageszeitung „Die Presse“ vom 19.Jänner 2021(Johannes Bauer)
Informatik am Wasagymnasium
Das RG9IKT
Offiziell w d das RG9IKT als „Realgymnasium mit informations- und kommunikationstechnologischem Schwerpunkt in der Oberstufe“ bezeichnet. Geschichtliche Entwicklung
Die Anfänge des RG9IKT gehen auf die Schuljahre 2000/01 bis 2002/03 zurück. Im Schuljahr 2000/01 wurde zunächst unter dem damaligen Direktor Hofrat Mag. Hans Peter Gump eine Steuergruppe zur Schulentwicklung gebildet. Im damaligen Jahresbericht schrieb er im Vorwort über diese Steuergruppe: Viele Ideen und Anregungen wurden darin geboren, die zum Teil in nächster Zukunft Verwirklichung finden werden. Als Schulversuche am Beginn des nächsten Schuljahres eingereicht, werden sie Weichen für die Zukunft stellen: In der Oberstufe führen wir neben der sprachlich betonten Form des Gymnasiums (in Weiterführung des Realistischen Gymnasiums) das Realgymnasium. Und gerade diese Form soll mit einer in Wien einzigartigen Schwerpunktsetzung betont werden. Mit 15 Stunden Informatik von der 5.–8. Klasse wird jedem Schüler und jeder Schülerin Gelegenheit geboten, staatsgültige Prüfungen abzulegen. Endziel ist neben der umfassenden Allgemeinbildung eines Realgymnasiums die Ausbildung zum IT-Fachmann.4
In dieser Steuergruppe wurde von Helmut Bittermann und von Helmut Langegger das Konzept für diesen neuen Zweig ausgearbeitet. Inhaltlich orientierten sie sich dabei vor allem an den zu dieser Zeit sehr verbreiteten IT-Industriezertifikaten und de en Curricula. Ziel war es, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler zum MOS (Microsoft Offi Specialist), zum MCP (Microsoft Certified Professional), zum CCNA (Cisco Certified Networking Associate) und zum LPI (Linux Professional Institute) zertifizie ten Linux-Profi 4
Hans-Peter Gump: Vorwort, in: Hans-Peter Gump u.a. (Hg.), Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, Schuljahr 2000/2001,Wien 2001, 7.
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Informatik am Wasagymnasium
Abb. 1: Die 5C im Schuljahr 2002/03, die erste Klasse des RG9IKT.
ausgebildet werden sollten. All diese Zertifikate wurden von den beiden Professoren auch vorher selbst erworben. Nach der Einreichung des Schulversuchs verging zunächst noch einige Zeit und im Schuljahr 2002/03 war es dann endlich so weit. Die damalige 5C war die erste Klasse des neu geschaffenen RG9IKT: Klassenvorstand dieser Klasse war Mag. Bernd Vogel. Folgende Inhalte bzw. Gegenstände waren damals im RG9IKT von der 5. bis zur 8. Klasse vorgesehen: Tab. 1: Gegenstände im RG9IKT ab dem Schuljahr 2002/03.
Wochenstunden
5. Klasse
6. Klasse
7. Klasse
8. Klasse
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Webpublishing
Netzwerktechnik
Netzwerktechnik
Projektmanagement
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Programmieren InformatikGrundlagen
Hardware und Betriebssysteme
Hardware und Betriebssysteme
Andreas Czachor unterrichtete in den ersten Jahren des RG9IKT den Gegenstand „Informatik-Grundlagen“, Karin Schauer den Gegenstand „Webpublishing“, Helmut Langegger
Informatik am Wasagymnasium
die Gegenstände „Netzwerktechnik“ und „Projektmanagement“ und Helmut Bittermann die Gegenstände „Webpublishing“, „Hardware und Betriebssysteme“, „Projektmanagement“ sowie „Programmieren“. Es gelang zwar sehr vielen Schülerinnen und Schülern des RG9IKT das MOS-Zertifika (Microsoft Offic Specialist) zu erwerben, einige wenige schafften sogar auch die Prüfung zum CCNA (Cisco Certified Networking Associate). Mit der Zeit stellte sich aber immer mehr heraus, dass das Ziel, möglichst viele Schülerinnen und Schüler zur Ablegung von IT-Zertifikaten zu befähigen, zu hochgesteckt war. Dazu reichte das zur Verfügung stehende Stundenkontingent nicht aus. Es wurde daher beschlossen, das Ausbildungsangebot zu reformieren. Dabei verlagerte sich der Bildungsschwerpunkt mehr in Richtung einer „informatischen Allgemeinbildung“ und auch der „informatischen Kreativität“ sollte im neu eingeführten Gegenstand „Multimedia“ mehr Raum zur Entfaltung gegeben werden. Ab dem Schuljahr 2007/08 sah das Ausbildungsangebot des RG9IKT dann folgendermaßen aus: Tab. 2: Gegenstände im RG9IKT ab dem Schuljahr 2007/08.
Wochenstunden 1
5. Klasse
6. Klasse
7. Klasse
8. Klasse
Webpublishing
Netzwerktechnik
Projektmanagement
Projektmanagement
InformatikGrundlagen
Hardware und Betriebssysteme
Multimedia
Softwareentwicklung
2 3 4
Neu in das RG9IKT-Lehrer*innenteam war damals Matthias Polt gekommen. Er unterrichtete von 2007/08 bis 2010/11die Gegenstände „Informatik-Grundlagen“, „Webpublishing“, „Netzwerktechnik“ und den neuen Gegenstand „Multimedia“. Diesen übernahm dann von ihm im Schuljahr 2011/12 Sigrid Pohl. Vorübergehend wurde das RG9IKT-Lehrer*innenteam in dieser Zeit auch durch Birgit Frittum (2007/08, „Hardware und Betriebssysteme“) und Kevin Windisch (2011/12,„Informatik-Grundlagen“ sowie „Hardware und Betriebssysteme“) verstärkt. Vor allem die Reform der Reifeprüfung war Anlass für eine weitere Änderung des Ausbildungsangebotes im RG9IKT. Im Schuljahr 2014/15trat dann die bis heute gültige Version in Kraft:
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Informatik am Wasagymnasium
Tab. 3: Das aktuelle Ausbildungsangebot des RG9IKT ab dem Schuljahr 2014/15.
Wochenstunden 1 2 3 4
5. Klasse Grundlagen der Informatik Multimedia
6. Klasse Projektmanagement Webpublishing
7. Klasse
8. Klasse
Praktische und angewandte Informatik (PAINF) Technische und angewandte Informatik (TAINF)
In der Übergangsphase zwischen den beiden Ausbildungsvarianten wurde 2015/16 der Gegenstand „Multimedia“ in der 7. Klasse von Jutta Strohmaier unterrichtet. Im Schuljahr 2013/14kam DI Claudia Koroknai und im Schuljahr 2014/15Viktoria Nake an das Wasagymnasium. Sie bilden gemeinsam mit Helmut Bittermann das bis heute bestehende nur dreiköpfige G9IKT-Lehrer*innen-Team. Es wurde nur vorübergehend einmal im Schuljahr 2016/17von Denise Hackner („Informatik-Grundlagen“) verstärkt. Am Ende dieser Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des RG9IKT wird hier noch die Abschlussklasse des Schuljahres 2020/21 vorgestellt. Sie ist mittlerweile schon die 16. Klasse, welche diesen Zweig am Wasagymnasium absolviert. Klassenvorstand ist Susanne Petri-Fritsche:
Abb. 2: Die 8C im Schuljahr 2020/21, die 16. Abschlussklasse des RG9IKT.
Informatik am Wasagymnasium
Allgemeine Bildungsziele
Mit dem in Tabelle 3 dargestellten Ausbildungsprogramm verfolgen wir im RG9IKT die folgenden allgemeinen Bildungsziele: ș Die Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien kompetent und kreativ, aber auch kritisch zu nutzen. ș Weiters ist es für uns besonders wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler die grundlegenden Funktionsweisen der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien verstehen lernen. ș Diese erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse sollen unsere Schülerinnen und Schüler auch nutzen, um technische und naturwissenschaftliche Aufgabenstellungen lösen und team- und projektorientiert arbeiten zu können. Unterrichtsinhalte der einzelnen Gegenstände
Im Gegenstand „Grundlagen der Informatik“ geht es vor allem um Hardware-Grundlagen, Betriebssystem-Grundlagen und die professionelle Nutzung der Offi -Anwendungen, also einer Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations- und Präsentationssoftware. Weiters lernen die Schülerinnen und Schüler die Programme Teams und OneNote genauer kennen, welche am Wasagymnasium für das E-Learning eingesetzt werden. Diesen Gegenstand unterrichtet Claudia Koroknai. Im Gegenstand „Multimedia“ befassen sich die Schülerinnen und Schüler mit Audiobearbeitung, mit Fotografie und ildbearbeitung, mit Videoproduktion und Videoschnitt sowie mit Desktop-Publishing. Dieser Gegenstand wird von Viktoria Nake unterrichtet. Im Gegenstand „Webpublishing“ lernen die Schülerinnen und Schüler, „wie das Internet funktioniert“ und wie man im World Wide Web selbst Informationen mit HTML und CSS präsentieren und gestalten kann. Lehrerin ist Viktoria Nake. Im Gegenstand „Projektmanagement“ geht es im ersten Semester zunächst um die theoretischen Grundlagen des Projektmanagements. Im zweiten Semester soll dieses theoretische Wissen dann im Rahmen eines Übungsprojektes umgesetzt werden. Lehrer ist Helmut Bittermann. Im Gegenstand „Praktische und angewandte Informatik“ steht in erster Linie das Them Softwareentwicklung auf dem Programm. Die Schülerinnen und Schüler lernen also Programmieren und sollen ihre erlernten Programmierkenntnisse auch anwenden, um damit im Rahmen kleinerer und größerer Programmierprojekte naturwissenschaftliche und technische Aufgabestellungen zu lösen. Dieses Fach wird von Helmut Bittermann unterrichtet. Im Gegenstand „Technische und angewandte Informatik“ lernen die Schülerinnen und Schüler in der 7. Klasse den Aufbau und die Funktionsweise von Computersystemen und Computernetzwerken kennen. In der 8. Klasse sind die Themen Datenbanken und Daten-
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Informatik am Wasagymnasium
analyse vorgesehen. Der Gegenstand wird in der 7. Klasse von Mag. Dr. Helmut Bittermann und in der 8. Klasse von Claudia Koroknai unterrichtet. Für alle Gegenstände wurden schulautonome Lehrpläne entwickelt, welche von Bildungsdirektion und -ministerium genehmigt wurden. Leistungsbeurteilung und Reifeprüfung
In den beiden Gegenständen der 7. und 8. Klasse sind zur Leistungsbeurteilung auch Schularbeiten vorgesehen. Bei diesen Schularbeiten gibt es immer auch praktische Aufgabestellungen, wie z.B. das Erstellen von Computerprogrammen oder das Entwerfen von digitalen Schaltungen oder Computernetzwerken. Die Schwerpunktsetzung bildet sich auch bei der Reifeprüfung ab. Im RG9IKT muss in Informatik maturiert werden, zumindest in einer der drei folgenden Varianten: 1. Entweder mündlich in einem der beiden Informatik-Gegenstände der 7. und 8. Klasse, also entweder im Gegenstand „Praktische und angewandte Informatik“ oder im Gegenstand „Technische und angewandte Informatik“. Diese Variante wird von unseren Schülerinnen und Schülern am häufigsten gewählt. 2. Es ist aber auch möglich, eine schriftliche Klausurarbeit über die Inhalte der beiden Gegenstände „Praktische und angewandte Informatik“ und „Technische und angewandte Informatik“ abzulegen. 3. Als dritte Variante kann auch eine Vorwissenschaftliche Arbeit mit einem InformatikThema gewählt werden. Eine solche Arbeit muss einen entsprechenden informatischen Praxisteil aufweisen, in dem z.B. etwas programmiert, erstellt, gebaut oder analysiert wird. Es ist auch möglich, zwei oder gar alle drei Varianten zu wählen. Dadurch verringert sich die Anzahl der Prüfungen in anderen Reifeprüfungsgegenständen entsprechend. Hier eine kleine Auswahl an informatischen VWAs der letzten Jahre: ș Entwicklung und Bau einer Video-Drohne ș Entwicklung eines Schachprogramms ș Bau eines autonom fahrenden Modellautos mit einem Raspberry Pi-Minicomputer ș Erstellung eines virtuellen Modells der Virgilkapelle ș Erstellung einer Enigma-Simulation ș Analyse von Chatbots in Hinblick auf ihre Lernfähigkeit und Funktionsweise ș 3D-Druck und seine Präsenz in der Medizin ș Simulation dynamischer Umweltsysteme am Beispiel des globalen Kohlenstoffk eislaufs ș Maschinenlernen mit künstlichen neuronalen Netzen ș 3D-Rendering: Die Darstellung von dreidimensionalen Objekten im zweidimensionalen Raum ș Grundlagen und Methoden der digitalen Klangsynthese ș Funktion des CAN-Bus-Systems im PKW des 21.Jahrhunderts
Informatik am Wasagymnasium
Notebookklassen und E-Learning
Im RG9IKT werden alle Klassen als sogenannte Notebookklassen geführt, d.h. die Schülerinnen und Schüler benötigen für den Unterricht einen eigenen Computer. In der 5. Klasse ist dies noch optional, ab der 6. Klasse aber verpflichtend. Die Computer der Schülerinnen und Schüler müssen gewissen Anforderungen entsprechen. Aus unserer Sicht haben sich vor allem sogenannte Convertibles oder Detachables sehr bewährt. Das sind Geräte, die über eine Tastatur und einen Eingabestift verfügen und sich sowohl als Notebook als auch als Tablet verwenden lassen. Die Klassenräume der RG9IKT-Klassen sind speziell ausgestattet. Neben dem schon seit einigen Jahren am Wasagymnasium bestehenden schulhausumfassenden WLAN stehen für alle Schülerinnen und Schüler zusätzlich schnellere LAN-Anschlüsse mit einer höheren Bandbreite zur Verfügung. Überdies ist jede Notebookklasse mit einem an der Decke montierten Beamer und einem Netzwerkdrucker ausgestattet. Im RG9IKT wird vor allem im Informatik-Unterricht, aber auch in vielen anderen Gegenständen mit E-Learning-Methoden unterrichtet. Im Jahre 2017 wurden wir vom Bildungsministerium als E-Learning-Expert-Schule ausgezeichnet. Wir verwenden als ELearning-Plattform das vom Ministerium finanzie te System „Offic 365für Bildungseinrichtungen“. Voraussetzungen
Uns wird von interessierten Schülerinnen und Schülern sowie von ihren Erziehungsberechtigten sehr häufig die folgende Frage gestellt: „Sind für den Besuch des RG9IKT informatische Vorkenntnisse oder irgendwelche besonderen Fähigkeiten erforderlich?“ Nun ja, Vorkenntnisse sind definitiv nicht erforderlich. Wir beginnen in der 5. Klasse mit den Grundlagen und versuchen die informatischen Kenntnisse und Fertigkeiten unserer Schülerinnen und Schüler Schritt für Schritt zu erweitern. Wir achten dabei im Besonderen darauf, dass komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge auch immer gut verstanden werden können. Was aber schon vorhanden sein sollte, ist ein besonderes Interesse an informatischen Themen und Inhalten, an den Hintergründen und Zusammenhängen, wie die moderne Informations- und Kommunikationstechniken funktionieren und wie diese sowohl effekti als auch kreativ eingesetzt werden können. Dazu ist mitunter logisches Denkvermögen erforderlich und vor allem bei projektorientierten Aufgabenstellungen auch Kreativität und Teamfähigkeit. Im RG9IKT ist Informatik ein Hauptgegenstand. Die Wahl dieses Zweiges sollte vor allem im Hinblick darauf erfolgen.
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Videopräsentation
Unter https://youtu.be/8CZwL7_Cumc ist eine ca. 30-minütige Videopräsentation über das RG9IKT abrufbar. In dieser werden auch sehr viele konkrete Unterrichtsbeispiele vorgestellt. Helmut Bittermann, Claudia Koroknai und Viktoria Nake
Literaturverzeichnis
Hans-Peter Gump: Vorwort, in: Hans-Peter Gump u.a. (Hg.), Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, Schuljahr 2000/2001, Wien 2001. Abbildungsnachweis
Abb. 1 Die 5C im Schuljahr 2002/03,die erste Klasse des RG9IKT (BG9) Abb. 2 Die 8C im Schuljahr 2020/21,die 16. Abschlussklasse des RG9IKT (BG9)
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Über die Krise der Informatik im allgemeinbildenden Schulwesen
Die Corona-Pandemie führt uns sehr deutlich vor Augen, wie wichtig die Informatik und die von ihr hervorgebrachten Errungenschaften für uns geworden sind. Es ist kaum auszudenken, um wieviel schlimmer sich die Pandemie ohne die Verwendung von Computern und Computernetzwerken auf viele Bereiche unseres Lebens und im Besonderen auch auf den Bildungsbereich auswirken würde. Die Informatik bestimmt immer mehr unser Dasein. Sie ist heute zu einer Grundlagenwissenschaft geworden, auf deren Erkenntnissen, Methoden und Techniken viele andere Wissenschaften aufbauen. Die Informationstechnologie ist auch seit Jahren der wirtschaftliche Bereich, der den größten Zuwachs an Arbeitsplätzen verzeichnet. Auch im Programm der gegenwärtigen österreichischen Regierung wird der sogenannten Digitalisierung eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Auf der Website des Bundeskanzleramtes ist u.a. Folgendes zu lesen: Als kleines, exportorientiertes Land ist es für Österreich wichtig, sich als Vorreiter der Digitalisierung zu positionieren und international als Innovation-Leader wahrgenommen zu werden.1
Offen bleibt dabei allerdings, wer dieses ambitionierte Vorhaben umsetzen soll, denn Österreich kümmert sich nur sehr unzureichend um die dafür dringend erforderlichen Informatik-Kenntnisse der Heranwachsenden. Dabei begann die Integration der Informatik im Schulbereich sehr verheißungsvoll. Im Jahre 1985 war Österreich eines der ersten Länder Europas, welches Informatik als zweistündigen Pflichtgegenstand in der 5. Klasse (9. Schulstufe) der allgemeinbildenden Schulen eingeführt hat. Nur dabei ist es – und das ist kaum zu glauben – bis heute geblieben. Abseits von schulautonomen Schwerpunktsetzungen sind in den Stundentafeln aller allgemeinbildenden Schulformen nicht mehr als diese zwei Wochenstunden Informatikunterricht zu finden. Informatik führt also im allgemeinbildenden Schulwesen Österreichs heutzutage das kümmerliche Dasein eines Orchideenfachs. Die Einführung der „Digitalen Grundbildung“ in der Unterstufe nur in Form einer „Verbindlichen Übung“ und die unmittelbar bevorstehende – meiner Meinung nach aus pädagogischer und entwicklungspsychologischer Sicht äußerst fragwürdige – Verteilung digitaler Endgeräte an alle Schülerinnen und Schüler in der 5. Schulstufe lösen dieses Problem nicht. Es kann in der Schulinformatik nicht nur um die Vermittlung von Mediennutzungskompetenzen gehen. Ein balancierter, konstruktiv angelegter Informatikunterricht 1
Bundeskanzleramt, Bundeskanzler Kurz: Chancen der Digitalisierung nutzen – Österreich international als Innovation-Leader positionieren, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/ nachrichten-der-bundesregierung/2019/bundeskanzler-kurz-chancen-der-digitalisierung-nutzen. html, 09.03.2021.
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lehrt auch Logik, algorithmisches Denken, Modellierung und Abstraktion sowie Problemlösungskompetenz. Diese Fähigkeiten sind wichtige Elemente einer Allgemeinbildung einer Informationsgesellschaft im Informationszeitalter. Die Informatik entwickelt sich heute mit rasant zunehmendem Tempo weiter, vor allem in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Big Data und Robotik. Die wesentlichen Innovationen finden dabei aber nicht in uropa statt, sondern in den USA und in China, und zwar in einem durchaus bedrohlichen Spannungsfeld zwischen einem Datenkapitalismus im Westen und einem Datentotalitarismus im Osten. Es ist daher schon längst an der Zeit, dass wir diese Entwicklung aktiv und auch sehr kritisch mitgestalten. Dazu sind aber Wissen und Kompetenzen erforderlich. Wir Informatiklehrerinnen und Informatiklehrer fordern schon seit Jahrzehnten immer wieder, Informatik als Pflichtgegenstand in der Unter- und Oberstufe des Gymnasiums mit einem adäquaten Stundenausmaß einzuführen. Dabei geht es uns nicht um eine vermehrte Nutzung von Computern und Computernetzwerken, sondern um die Vermittlung von Informatik-Kenntnissen zur Herausbildung einer aktiven Problemlöse- und Gestaltungskompetenz. Den Schülerinnen und Schülern soll dadurch die Möglichkeit eröffnet werden, die Wissens- und Informationsgesellschaft aktiv mitgestalten zu können, statt nur passiv auf deren Entwicklungen zu reagieren. Auch die Informatik Austria, der Zusammenschluss aller Informatik-Fakultäten an den österreichischen Universitäten, hat in diesem Zusammenhang im Jänner 2020 einen offene Brief an die zuständigen Vertreter der österreichischen Bundesregierung geschrieben. Darin werden u.a. die folgenden Forderungen gestellt: Informatik Austria [...] fordert die neue Bundesregierung auf, möglichst rasch Informatik als Pflichtfach in allen Klassen der nter- und Oberstufen der Gymnasien und der Neuen Mittelschulen einzuführen […]. Die rasche Einführung des Pflichtfaches Informatik vom Beginn der Unterstufe bis zur Matura ist wichtig 1. um jungen Menschen Freude am Fach Informatik zu vermitteln und sie damit für eine einschlägige Lehre oder ein Studium an einer FH oder Universität zu interessieren (und damit auch dem Fachkräftemangel im IT-Bereich gegenzusteuern); 2. um gerade Mädchen bereits in einem frühen Alter für Informatik zu begeistern, da wir sie ansonsten für die Technik verlieren; 3. um Heranwachsende von passiven KonsumentInnen zu aktiven, kreativen GestalterInnen der digitalen Welt zu machen; 4. um die Arbeitsmarktfähigkeit der Heranwachsenden zu sichern; 5. um die Konkurrenzfähigkeit der heimischen Betriebe sicherzustellen; 6. um den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Österreich nachhaltig zu sichern.2 2
Informatik Austria, Offener Brief an die neue Regierung, https://www.informatikaustria.at/2020/01/07/ informatik-ausbildung-offene -brief-an-die-neue-regierung/, 09.03.2021.
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Dem wäre eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Denkt man aber über die Umsetzung dieser Forderungen nach, so ergibt sich ein Problem, welches die in diesem Zusammenhang schon jahrzehntelang andauernde Perspektivenlosigkeit der österreichischen Bildungspolitik noch mehr verdeutlicht. Es sind nämlich bei weitem nicht genug Lehrerinnen und Lehrer vorhanden, welche kompetent genug in Informatik ausgebildet sind, um dieses Wissen und diese Fähigkeiten zu vermitteln. Laut Statistik Austria gab es in der Studienrichtung „Informatik- und Informationsmanagement für das Unterrichtsfach“ im Jahre 2018/19 österr eichweit nur einen Master- und elf Diplomabschlüsse.3 Offensichtlich ist dieses Studium nicht sehr attraktiv. Eigentlich nicht verwunderlich, wenn bedacht wird, dass nach einem erfolgreichen Studienabschluss mit dem Orchideenfach Informatik nicht sehr viele Unterrichtsstunden für eine Anstellung an einem Schulstandort zu erwarten sind. Soll Informatik vermehrt an Österreichs allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden, ist vermutlich erst eine mehrjährige Vorlaufzeit notwendig, um dafür genügend Lehrerinnen und Lehrer auszubilden. Erst dann kann mit dem jetzt schon akuten Nachholbedarf an informatischer Bildung begonnen werden. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, der wahrscheinlich viele davon abhält, mit einem Informatik-Lehramtsstudium zu beginnen. Eine Anstellung als Informatiklehrerin oder Informatiklehrer an einer Schule ist in der Regel mit umfangreichen zusätzlichen Aufgaben und Belastungen verbunden. Diese reichen vom Management der schulischen IT-Infrastruktur über die schulinterne informatische Fortbildung aller Lehrerinnen und Lehrer bis hin zur alltäglichen Hilfestellung bei allen nur erdenklichen informatischen Problemen. Die für die Aufrechterhaltung eines reibungslosen Schulbetriebs immer wichtiger werdende schulische IT-Infrastruktur sollte eigentlich nicht mehr von Lehrerinnen und Lehrern verwaltet werden. Das vor einigen Jahren eingeführte System der IT-Betreuung sollte adaptiert werden. Unser IT-Betreuer ist beispielsweise noch an drei weiteren Schulen beschäftigt. Mit der Umsetzung des ministeriellen „8-Punkte-Plans für einen Digitalen Unterricht“4 kommen in naher Zukunft noch viele weitere Anforderungen und Aufgaben hinzu. Diese lassen sich mit dem gegenwärtigen System und den gegenwärtigen Ressourcen nicht mehr sinnvoll bewältigen. Die österreichische Bildungspolitik ist gefordert, die Krise der Informatik im allgemeinbildenden Schulwesen endlich zu beheben. Das Management der schulischen IT-Infrastruktur sowie die technische Betreuung der Lehrer*innen und Schüler*innen sollten durch eine gut ausgebildete und an jedem Schultag anwesende Fachkraft erfolgen. Informatik sollte als Pfl chtfach in der Unter- und Oberstufe mit einem adäquaten Stundenausmaß unterrichtet werden. 3
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Vgl. Statistik Austria, Ordentliche Studienabschlüsse an öffentlichen Universitäten im Studienjahr 2018/19 nach Studienrichtung, https://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_ FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=121697,09.03.2021. Vgl. Digitale Schule, 8-Punkte-Plan, https://digitaleschule.gv.at/#8punkteplan, 09.03.2021.
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Die Umsetzung dieser Forderungen ist sicherlich mit hohen Kosten verbunden. Wenn wir aber als Vorreiter der Digitalisierung und als Innovation-Leader international wahrgenommen werden wollen, dann sollte uns das vor allem im Bildungswesen etwas wert sein. Helmut Bittermann
Literaturverzeichnis
Bundeskanzleramt, Bundeskanzler Kurz: Chancen der Digitalisierung nutzen – Österreich international als Innovation-Leader positionieren, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/ nachrichten-der-bundesregierung/2019/bundeskanzler-kurz-chancen-der-digitalisierung-nutzen. html, 09.03.2021. Digitale Schule, 8-Punkte-Plan, https://digitaleschule.gv.at/#8punkteplan, 09.03.2021. Informatik Austria, Offener Brief an die neue Regierung, https://www.informatikaustria. at/2020/01/07/informatik-ausbildung-offene -brief-an-die-neue-regierung/, 09.03.2021. Statistik Austria, Ordentliche Studienabschlüsse an öffentlichen Universitäten im Studienjahr 2018/19 nach Studienrichtung, https://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=121697,09.03.2021.
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Die BG9-Schulwebsite im Wandel der Zeit
Es war der 30. November 1996. Damals fand im Wasagymnasium ein Tag der offenen Tür mit einer besonderen Attraktion statt: In der Schulbibliothek stand ein Personal-Computer mit Internetanschluss und darauf wurde die erste Website des Wasagymnasiums präsentiert! Im Vorwort des Jahresberichts 1996/97schrieb der damalige Direktor Hofrat Mag. HansPeter Gump darüber Folgendes: Seit dem Tag der offenen Tür haben wir eine home-page (http://www.wasagymnasium.ac.at), mit der wir auf der ganzen Welt erreichbar sind und auch unsere Neuigkeiten und Aktivitäten in alle Welt schicken können.1
Wir waren damals eine der ersten Schulen Österreichs mit einer eigenen Website. Ich war davor mehrere Wochen hindurch bis spät in die Nacht damit beschäftigt gewesen, die Webseiten zu erstellen. Dazu habe ich viele Texte und Bilder aus den davor veröffentlichte Jahresberichten entnommen. Für diese erstmalige Präsentation des Wasagymnasiums im Word Wide Web war auch ein Speicherplatz auf einem Webserver notwendig und die Registrierung des DNS-Namens www.wasagymnasium.ac.at. Beides war damals sehr kostspielig und für eine Schule kaum leistbar. Herr Erich Ulrich, dessen Kinder in dieser Zeit unsere Schule besuchten, war uns dabei sehr behilflich. r stellte den Kontakt zu VIANET her, damals einer der größten Internet-Anbieter Österreichs, und diese Firma übernahm dankenswerterweise alle Kosten. Das Internet vergisst nichts! Diese heute eher als bedrohlich empfundene Tatsache hat in diesem Zusammenhang auch eine gute Seite. Unter https://web.archive.org/ web/19970329150846/ http://www.wasagymnasium.ac.at/index.html können die Seiten der damaligen Website auch heute noch betrachtet werden, obwohl ich selbst als Autor über diese Daten gar nicht mehr verfüge. Abbildung 1 zeigt einen Screenshot der Startseite (Homepage) der damaligen Website. Es ist sehr amüsant, über den oben angegebenen Link die einzelnen Seiten dieser Website zu betrachten, und dabei werden Abb. 1: Startseite der ersten Version der BG9-Website. 1
Hans-Peter Gump, Vorwort, in: Hans-Peter Gump u.a. (Hg.), Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, Schuljahr 1996/97,Wien 1997, 7.
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vermutlich bei denen, die damals schon mit dem Wasagymnasium verbunden waren, so manche Erinnerungen geweckt. Irgendwie schließt sich dabei auch ein Kreis, wenn man die Lehrpersonalliste des Schuljahres 1996/97 aufruft. Darin findet sich auch Direktor Mag. Hannes Bauer, der in diesem Schuljahr nach Abschluss seines Lehramtsstudiums sein Unterrichtspraktikum am Wasagymnasium absolvierte. Der damalige Direktor Hofrat Mag. Hans-Peter Gump stand den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und meinen Ideen, Vorstellungen und Plänen zur Realisierung dieser Schulwebsite sehr aufgeschlossen gegenüber. Seine in dieser Hinsicht sehr fortschrittliche Einstellung Abb. 2: Startseite der zweiten Version der BG9hat auch wesentlich dazu beigetragen, dass Website. am Wasagymnasium einige Jahre später das Realgymnasium mit informations- und kommunikationstechnologischem Schwerpunkt in der Oberstufe eingeführt wurde. Noch vor dem Start des RG9IKT im Schuljahr 2002/03wurde von mir die Schulwebsite neugestaltet. Abbildung 2 zeigt die Startseite dieser neuen Website aus dem Jahre 2002: Aus heutiger Sicht wirkt das Design kühl und nüchtern. Es war aber sehr funktionell. Über die beiden Menüs „G9-Navigator“ und „G9-Servicecenter“ am unteren Fensterrand waren alle Unterseiten sehr einfach aufrufbar. Auf der Startseite gab es damals sogar einen „Geburtstags-Ticker“, in dem tagesaktuell alle Geburtstagskinder der Wasa-Familie aufgelistet wurden und beim Anklicken der Namen waren verschiedene Happy-Birthday-Songs zu hören. Das waren noch Zeiten! Heute wäre das aus datenschutzrechtlichen Gründen völlig undenkbar. Daher wurden die in der Abbildung ursprünglich vorhandenen Namen von mir auch entfernt. Wie in Abbildung 2 ersichtlich ist, war mit der Einführung der neuen Website-Version auch eine Umstellung des DNS-Namens von „www.wasagymnasium.ac.at“ auf „www.bg9. at“ verbunden. Einige Zeit davor wurde unser Schulhaus nämlich über das Austrian School Network an das Internet angebunden und wir konnten damit auch über fünf öffentlich IP-Adressen (193.171.155.98–193.171.155.102) verfügen. Diese Adressen wurden von mir genutzt, um in der Schule selbst einen Webserver, zwei DNS-Server für die Domäne bg9.at und einen E-Mail-Server zu betreiben. Das damals von mir dafür ausgearbeitete Konzept wurde direkt beim Bundesministerium für Bildung, Wis-
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senschaft und Kunst eingereicht und wir bekamen daraufhin sehr bald vier leistungsstarke IBM-Servercomputer samt einer unterbrechungsfreien Stromversorgung finanzie t. Aus heutiger Sicht war diese unmittelbare und unbürokratische Unterstützung durch das Ministerium mehr als außergewöhnlich. Nach einigen sehr intensiven Arbeitswochen verrichteten die neuen Server, allesamt mit dem kostenlosen Betriebssystem Linux ausgestattet, zuverlässig ihren Dienst. Auch die neue Website wurde von allen sehr wohlwollend aufgenommen. Über die beiden Menüs am unteren Fensterrand der damaligen Schulwebsite konnten unter anderem das von mir eingerichtete Webinterface unseres schuleigenen E-Mail-Servers sowie ein eigener Bereich für das RG9IKT aufgerufen werden. Dieser wurde von mir vor allem für die E-Learning-Aktivitäten in den Notebook-Klassen dieses Zweiges entwickelt. Als im Schuljahr 2005/06 die Schülerinnen und Schüler des ersten Jahrgangs des RG9IKT nach vier Jahren die 8. Klasse erreicht hatten, wurde ihnen die Aufgabe gestellt, die Schulwebsite neu zu gestalten. Zu dem damals sehr engagiert arbeitenden Projektteam gehörten Rozbeh Chiryai-Sharahi, Birgit Deutschmann, Samuel Grundnigg, Christopher Hofmann, Johannes Liebermann, Christoph Rothenbuchner und Aleksandra Djokic. Das Team hatte sehr bald einen tollen Entwurf erarbeitet, der von mir dann weiterentwickelt wurde. Eine wesentliche Neuerung war dabei die Verwendung des Content-Management-Systems Typo3. Damit war die Aktualisierung der Websiteinhalte einfacher und weniger zeitaufwändig, nicht aber die Installation dieses Systems auf unserem Webserver und die Übertragung der Inhalte von der alten auf die neue Website. Nach einigen Wochen war aber auch dieser Website-Relaunch abgeschlossen und das Ergebnis konnte sich durchaus sehen lassen: Abb. 3: Startseite der dritten Version der BG9-Website.
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Noch in der Entstehungsphase, also mit einer noch nicht vollständigen Version dieser Website, beteiligten wir uns im Jahre 2006 am Schulhomepageaward des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst und erreichten in der Kategorie „AHS“ den 2. Platz unter mehr als 30 teilnehmenden Schulen. Mit der Veröffentlichung dieser neuen Website wurden von mir auf den Servern der Schule auch neue Dienste für das E-Learning implementiert. Zu Beginn war es der Microsoft Class-Server, dieser wurde aber sehr bald vom Microsoft SharePoint-Server abgelöst. Das unter Beteiligung der ersten Absolventen des RG9IKT entworfene Design prägte mehr als zehn Jahre das Erscheinungsbild des Wasagymnasiums im World Wide Web. Die in Abbildung 3 gezeigte Webseite stammt aus dem Jahre 2012. Etwa in dieser Zeit wurden neben herkömmlichen Computern immer häufiger auch Tablets und Smartphones mit unterschiedlichen Bildschirmgrößen zum Betrachten von Webseiten verwendet. Benutzer*innenfreundliche Websites müssen ihre Darstellung so anpassen, dass sie ihre Inhalte auf jedem Gerät so übersichtlich wie möglich präsentieren. Der Fachbegriff dafür lautet „Responsive Webdesign“. Das im Schuljahr 2005/06 entworfene starre Design der BG9-Website war, trotz einiger Nachbesserungen, dafür nicht geeignet. Im Schuljahr 2015/16 wurde daher im Gegenstand „Informatik-Projektmanagement“ in der 7. Klasse des RG9IKT einem Projektteam die Aufgabe gestellt, eine neue Schulwebsite mit einem solchen „Responsive Design“ zu entwerfen. Mitglieder dieses Projetteams waren Nora Aljidaieh, Julian Brany, Guan Yiu Chen, Stevan Divljan und Kristijan Grkic. Anstelle von Typo3 sollte überdies als Content-Management-System WordPress verwendet werden. Auch dieses Mal wurde ein toller Entwurf erarbeitet. Es dauerte allerdings noch mehr als ein Jahr, bis dieser Entwurf tatsächlich umgesetzt wurde, und zwar von meiner Kollegin Viktoria Nake. Seit dem Schuljahr 2015/16unterAbb. 4: Startseite der vierten und aktuellen Version der BG9-Website mit „Responsive Webdesign“, links auf einem Computerbildschirm und rechts auf einem Smartphone angezeigt.
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richtet sie bei uns im RG9IKT den Gegenstand Webpublishing und arbeitet daneben auch noch professionell als Webentwicklerin. Mit großem Engagement war sie in den Sommerferien 2017 damit beschäftigt, den nunmehr dritten Relaunch unserer Schulwebsite vorzubereiten. Dabei erfolgte auch eine technische Umstellung. Unsere Website wurde auf einen Server der Firma CASC in Wien ausgelagert. Am 8. November 2017 war es dann so weit. Unserer neue, mit einem „Responsive Design“ ausgestattete Website ging online: Seither betreut Viktoria Nake unsere Website in einer sehr professionellen Art und Weise. Mittlerweile wurden von ihr auch schon wieder große Teile der Website überarbeitet und verbessert. Ich bin sehr froh, dass eine so engagiert arbeitende Fachfrau diese verantwortungsvolle Tätigkeit übernommen hat. Eine Schulwebsite ist auch in Zeiten von Facebook, WhatsApp, YouTube und Co immer noch eine sehr wichtige Einrichtung. Sie ist nicht nur eine elektronische Visitenkarte, die die Bekanntheit und den Ruf einer Schule mitbestimmt. Bei einer entsprechenden Betreuung trägt sie auch wesentlich zur Kommunikation der Schulgemeinde bei, fördert die Schulgemeinschaft und spiegelt das aktive Leben einer Schule wider. Ihre Entwicklung und Betreuung erfordert Menschen mit Kreativität, Innovationswillen, Ausdauer und der Bereitschaft, sich über den „normalen Schulalltag“ hinaus zu engagieren. Helmut Bittermann
Abbildungsnachweis
Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4
Startseite der ersten Version der BG9-Website (BG9) Startseite der zweiten Version der BG9-Website (BG9) Startseite der dritten Version der BG9-Website (BG9) Startseite der vierten und aktuellen Version der BG9-Website mit „Responsive Webdesign“, links auf einem Computerbildschirm und rechts auf einem Smartphone angezeigt (BG9)
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Der Eros des Denkens Über den Wert der alten Sprachen im Gymnasium mit besonderem Augenmerk auf Altgriechisch Tempora mutantur, et nos mutamur in illis.
Mit diesem geflügelten lateinischen Zitat kann die aktuelle Situation des humanistischen Zweiges unseres Gymnasiums bestens umrissen werden. Das Wasagymnasium blickt mit Stolz auf eine lange altsprachliche Tradition zurück: Altgriechisch war neben Latein Pflichtfach, bis es zur Mitte des vorigen Jahrhunderts durch Englisch ersetzt wurde und zum Wahlfach mutierte. Trotz massiver Eingriffe seitens der Schulpolitik konnte sich das humanistische Gymnasium mit alternativem Pflichtfach Al griechisch ab der 5. Klasse jedoch bis heute erfolgreich behaupten. Durch das Wirken vieler Altphilologen wurde eine Tradition aus dem „Gestern“ hergeleitet, auf der bis heute der Ruf unserer Schule als eines blühenden Horts der klassischen Sprachen begründet ist. Hier sei auch der Name von Joseph Maria Stowasser genannt, der zwar nur kurz von 1878 bis zu seinem Studienaufenthalt in Italien (1881)als Supplent am Wasagymnasium unterrichtet hat, dessen Name jedoch als Verfasser eines lateinisch-deutschen Schulwörterbuchs jedem Lateinschüler bis zum heutigen Tag vertraut geblieben ist. In diesem 1894erschienenen und schon von den damaligen Zeitgenossen als epochemachend anerkannten Werk ist es ihm als Erstem gelungen, das Material der lateinischen Wörter aufgrund ihrer etymologischen Entwicklung von der jeweiligen Grundbedeutung bis zu singulär auftretenden Wortbedeutungen in einer geschlossenen, leicht überschaubaren und verständlichen Begriffs eihe aufzubereiten – eine Methode, die in ihrem Gesamtkonzept bis heute ihre Gültigkeit hat. Genau 100 Jahre danach wurde durch die Erweiterung der im Unterricht behandelten Autoren und die Einbeziehung von Fachtexten, von humoristischer Literatur und vor allem auch von mittelalterlichem, neuzeitlichem und christlichem Latein eine radikale Umgestaltung des nunmehr als „Stowasser“ betitelten Wörterbuchs vorgenommen. Dabei konnte für die Covergestaltung der Künstler Friedensreich Hundertwasser gewonnen werden, der hundert verschiedene Farbvarianten erschuf. Schließlich fand erst in jüngster Zeit eine neuerliche, dem raschen technischen und medialen Fortschritt geschuldete Modernisierung ihren Niederschlag in einer 2016fertiggestellten Neubearbeitung des Wörterbuchs, wobei das gesamte Datenmaterial des „Stowasser“ auch in einer Datenbank erfasst wurde. Dass die alten Sprachen und vor allem das „Orchideenfach“ Altgriechisch auch heute
Der Eros des Denkens
noch am Wasagymnasium blühen – unsere Schule rühmt sich, auf eine bis jetzt ununterbrochene Fortführung des humanistischen Zweiges zurückblicken zu können –, ist nicht zuletzt auch dem Umstand zu verdanken, dass Unterrichtsmethoden und didaktische Zugänge in einem geradezu revolutionierendem Ausmaß modernisiert wurden. Sicherlich, es mussten auch Abstriche hingenommen werden, die Stundentafeln von heute sehen ein weit geringeres Kontingent an Wochenstunden vor als früher, was zur Folge hat, dass die Schüler nicht mehr so firm in der Grammatik sind, wie dies noch zu meiner Schulzeit der Fall war. Andererseits haben jedoch altersadäquate Aufgabenformate und Interpretationskonzepte Eingang gefunden, die modernen Erfordernissen entsprechen und auch bei so manchen lateinerprobten Eltern-, inzwischen auch schon Großelterngenerationen, Staunen und Bewunderung über die modern gewordenen alten Sprachen hervorgerufen haben. Um zu überleben, um sich im „Heute“ neben der geradezu übermächtigen Konkurrenz der modernen Sprachen zu behaupten und letztlich auch, um in die jüngste umfassende Schulreform mit kompetenzorientierten Aufgaben und abschließender Zentralmatura integriert werden zu können, war diese Modernisierung unerlässlich und sie brachte in Anbetracht der gestiegenen Schülerzahlen im Fach Latein und des Weiterbestandes von Altgriechisch auch den gewünschten Erfolg. Was das Fach Altgriechisch betriff , so erlaubt sich die Autorin an dieser Stelle ein kleines persönliches Outing, indem sie unter den von ihr seit nunmehr 40 Jahren unterrichteten Fächern Latein, Altgriechisch und Psychologie/Philosophie dem Fach Altgriechisch ihre persönliche Präferenz zuweist. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es nicht selbstverständlich ist, auch noch in unseren Zeiten, in denen einerseits von „Entrümpelung“ der Lehrpläne die Rede ist, und andererseits schnell und oft überstürzt ausgerufene Reformen vorherrschen, neben Modernisierungsschüben wie Digitalisierung und Einsatz von diversen Computertechnologien, das Fach Altgriechisch unterrichten zu dürfen. Dazu bedarf es sowohl einer Haltung, die diesen perpetuierenden Reformbestrebungen, deren Sinn sich oftmals gar nicht klar erschließen lässt, standhält als auch einer ständigen Bereitschaft zur Legitimierung, wozu das Erlernen von Altgriechisch auch heute noch dienen kann. Weitgehend vergessen ist die Tatsache, dass das Wort Schule dem Altgriechischen entstammt und so viel wie „Muße, Freizeit“ bedeutet. Es verweist damit auf einen Begriff der istanz, die geboten ist, um sich abseits der alltäglichen Lebenspraxis einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit auch durchaus Fremdem, Ungewohntem und Neuem widmen zu können. Erst dadurch wird der Boden freigemacht, auf dem sich der Prozess einer Aneignung von Bildung entwickeln kann. Um diesen Bildungsbegriff näher zu erläutern, soll hier als eispiel ein im Unterricht gelesener Text aus Platons Symposion1, einem seiner berühmtesten und kunstreichsten Dialoge, angeführt werden, der Mythos von der Abstammung des Eros, des Gottes der Liebe. Dieser Gott begegnet uns bereits in der frühesten griechischen Dichtung 1
Platon, Symposion 203a–210e, in: Otto Appelt (Hg.), Platon, Sämtliche Dialoge, Hamburg 1988.
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bei Hesiod. In späteren Quellen wird er als Sohn von Aphrodite und Ares gesehen und als geflügelter Lausbu , der mit Pfeil und Bogen Götter und Menschen ins Herz trifft. n Platons Symposion hingegen wird uns der Gott in einer gänzlich anderen, für Philosophen aber umso interessanteren Genealogie vorgestellt. Zunächst sei hier kurz die Rahmenhandlung des Dialogs vorgestellt: Junge Athener versammeln sich auf Einladung eines gewissen Agathon zu einem Trinkgelage (das ist auch die genaue Übersetzung des Titels, das ja gewöhnlich mit „Gastmahl“ wiedergegeben wird), um dessen Sieg bei einem Tragödienwettbewerb zu feiern. Man beschließt alsbald, nicht nur zu trinken, sondern auch zu philosophieren, und zwar soll jeder der geladenen Gäste eine Lobrede auf Eros, den Gott der Liebe, halten. Sehr bekannt und vielzitiert ist die Rede des Komödiendichters Aristophanes in der Gestalt des sogenannten „Kugelmenschenmythos“. Die Menschen, ursprünglich kugelrund mit jeweils vier Händen und Füßen, gebärdeten sich allzu übermütig und verärgerten dadurch die Götter. Daraufhin beschloss Zeus, sie zur Strafe zu zerteilen und in der Hälfte durchzuschneiden. So wurden alle „Kugelmenschen“ halbiert und folglich suchte jede Hälfte die andere, ihr jeweils entsprechende, mit der sie vorher vereint war. Diese in ihnen wohnende Sehnsucht ist nun Eros, das Begehren desjenigen oder derjenigen, ohne den oder die man unvollständig ist. Den Höhepunkt des Dialogs bildet jedoch die Rede des Sokrates, der sich an ein Gespräch mit der weisen Priesterin Diotima erinnert, die hier ausnahmsweise die sonst ausschließlich ihm vorbehaltene Rolle der Fragenden und Belehrenden innehat. Diese erzählt, Eros sei der Sohn von Poros („Reichtum“, eig. „Wegfinder“) und Penia („Mangel“, „Armut“), dem es selbst nun immer wieder (mehr oder weniger, je nachdem, ob sich die mütterlichen oder väterlichen Anlagen durchsetzen) an all dem mangle, wonach er uns Menschen streben lasse; er sei gewissermaßen ein „dämonisches Zwischenwesen“ – so Diotima weiter – zwischen Mensch und Gott, ein wechselseitiger Vermittler und Ausleger, nicht selbst weise, denn diese Eigenschaft komme nur den Göttern zu, doch auch nicht töricht und ungebildet, oder – wohl noch schlimmer – einer, der in seinem Dünkel befangen bloß glaube, weise zu sein, es aber in Wirklichkeit nicht sei. Hingegen sei Eros mit dem philosophos2 vergleichbar, der zeitlebens ein Suchender und Strebender sei und im Bewusstsein seiner Defizite auf der Suche, diese auszugleichen. Ist diese Botschaft nicht über alle Zeit hinweg gültig? Und befinden wir uns nicht alle in der Rolle des philosophos? Im Symposion lehrt die weise Priesterin Diotima Sokrates sodann anhand der wirkmächtigen Reflexionen über den Eros den Weg der Erkenntnis einer (platonischen) Idee: Der 2
Ein philosophos ist in der direkten Übersetzung „ein Liebhaber der Weisheit“. Das Verbum philein heißt neben „lieben“ auch einfach „sich aneignen, Gefallen finden an etwas“, philos daher als „Freund“ und „Liebhaber“, als einer, der „Freude hat an“, nämlich an sophia. Unter sophia verstand man aber nicht nur wissenschaftliche Erkenntnis, sondern durchaus Wissen in einem weiteren Sinne. So konnte auch das anwendbare praktische Wissen, das beispielsweise ein Handwerker braucht, als sophia bezeichnet werden. Modern ausgedrückt kann unter sophia auch eine praxisbezogene Sachkenntnis oder entsprechende Fachkompetenz im Sinne eines anwendungsbezogenen Expertenwissens verstanden werden.
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wahre Eros, so führt Diotima weiter aus, begehre das Schöne und Gute auf Dauer, was für den der Endlichkeit unterworfenen Menschen nur in vermittelter Form möglich sei, und zwar durch die Zeugung im Schönen, dem Körper wie der Seele nach.3 Zu dieser gebe die Schönheit den ästhetischen Anreiz, doch sei es letztlich nicht sie selbst, die begehrt werde, sondern das, wozu sie anrege, nämlich die Hervorbringung des Guten. Körperlichkeit sei dabei nur die Vorstufe zu Höherem, zu Geistigem, indem der Liebende erkenne, dass Schönheit nicht nur in einem einzelnen schönen Körper präsent sei, sondern letztlich allen schönen Körpern zukomme. Durch diese generalisierende Betrachtung werde die Stufe der Sinnlichkeit verlassen, um sich fortan dem seelisch Schönen, d. h. dem sittlich Guten (entsprechend der Bedeutung von griech. kalos, das „schön“ und „gut“ heißen kann) zuzuwenden. Der Liebende würde schließlich die sittliche Schönheit in Verhaltensweisen, Gewohnheiten und Gesetzen erblicken und schreite sodann fort zur Erkenntnis der Schönheit der Wissenschaften. Hier sei er bereits weit entfernt von einer egoistischen Fixierung auf ein Liebesobjekt und könne sich auf den letzten und entscheidenden Schritt in seinem Aufstieg vorbereiten: der Erkenntnis des Schönen selbst. Wir finden hier ein geradezu perfektes Beispiel für ein platonisches Denkmodell, das in höchst anschaulicher Weise das Emporsteigen zur Idee versinnbildlicht. In einem stufenartigen Entwicklungsprozess vom Niederen zum Höheren, vom Sinnlich-Anschaulichen zum Abstrakten und vom Besonderen zum Allgemeinen vollzieht sich der Erkenntnisfortschritt, indem die Erfahrung des sinnlich Schönen klar getrennt wird von der metaphysischen Schau des Schönen selbst. Seit dieser pädagogischen Belehrung durch Diotima im platonischen Symposion ist im philosophischen Denken der Weg zur wahren Erkenntnis untrennbar mit dem Wesen des Eros verbunden – die Formel des pädagogischen Eros erinnert daran –, denn er ist die Grundkraft, die Motivation und Antrieb verleiht zur philosophischen Anstrengung und zur Suche nach der letztgültigen Wahrheit. Ohne diesen – inzwischen schon etwas antiquiert anmutenden – pädagogischen Eros wird der Prozess der Aneignung von Bildung kaum gelingen. Es ist die Aufgabe der Lehrenden, in den ihnen anvertrauten Jugendlichen Neugierde, Interesse und Motivation zu wecken, sich auf den Weg der Erkenntnis zu begeben, der, wie das Höhlengleichnis, ein anderer höchst berühmter Text Platons, zeigt, mitunter sehr mühsam und durchaus nicht ungefährlich sein kann. Und andererseits, das zeigt der von Diotima im Symposion vorgeführte Erkenntnisaufstieg deutlich, ist der prinzipiell defizitä e Eros die entscheidende Motivation für ein Fortschreiten auf dem Weg der Erkenntnis und letztlich auch für ein insgesamt gelingendes Leben. Eine Triebkraft, die über die sinnliche Ebene hinaus auf eine innere, sittliche und geistige Qualität verweist, die es zu entwickeln gilt. Eros ist überall dort, wo wir uns ergreifen und begeistern lassen von etwas, das uns übersteigt und unbegreiflic ist. Und nur wenn wir den Eros in uns spüren, können wir uns einer Sache vollständig widmen, uns gänzlich auf etwas oder jemanden einlassen – und dabei ist es immer wieder sehr 3
Platon, Symposion 206b.
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eindrucksvoll zu erleben, mit welcher Begeisterung Jugendliche Texte wie diesen erarbeiten. In der griechischen Antike finden sich die Basistexte der europäischen Kultur, von den homerischen Epen über die attischen Tragödien und Komödien, den Werken der großen Philosophen Platon und Aristoteles bis hin zum Neuen Testament. Die Griechen sind die Schöpfer und ersten großen Meister aller Dichtungsgattungen des europäischen Kulturkreises und viele Gestalten aus Literatur, Geschichte, aber vor allem auch der griechischen Mythologie sind bis heute präsent geblieben und in der Weltliteratur sowie auch in der Bildenden Kunst immer wieder rezipiert worden. In der Blütezeit der klassischen Philosophie wurden erstmals die wesentlichen Problemstellungen, Methoden und Begrifflichkeit entwickelt, die das abendländische Denken bis in die gegenwärtigen Debatten prägen. Die Griechen sind die Begründer fast aller heutigen Wissenschaften und viele ihrer Leistungen und Termini haben noch heute Geltung, wobei viele Wissenschaften dabei zunächst im Rahmen der Philosophie betrieben wurden. Der Griechischunterricht bietet somit für Jugendliche die Möglichkeit, sich mit einer Fülle an großartigen Texten und Themen auseinanderzusetzen, die sie persönlich ansprechen, bereichern und gegebenenfalls auch auf einen bestimmten Weg führen können. Ich durfte in unserem Gymnasium zahlreiche junge Menschen kennenlernen, die mit vielfältigen Talenten begabt waren und neben einer an der Schule erworbenen soliden Allgemeinbildung speziell aus ihrem Griechischstudium vieles an menschlicher Bildung mitnehmen konnten, einer Bildung, die einerseits wesentlich zur Herzens- und Charakterbildung beigetragen und andererseits in ihnen des Eros des Denkens, Suchens und Forschens geweckt hat, ohne den sie in ihrem universitären Studium und ihrer weiteren Laufbahn wohl nicht so erfolgreich gewesen wären. Nicht ohne Stolz darf ich hier stellvertretend für viele andere zwei meiner ehemaligen Griechischschüler*innen nennen, die in dieser Festschrift ebenfalls zu Wort kommen: Barbara Imhof, die sich als Weltraumarchitektin einen Namen gemacht hat, und der Archäologe Georg Plattner, Direktor der Antikensammlung des Wiener Kunsthistorischen Museums. Heutzutage erscheint die Aussicht auf schnell erwerbbares, unmittelbar verwertbares und anwendungsorientiertes Wissen oftmals allzu verlockend. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass man wohl erst im Laufe seiner Lebenserfahrung den Wert von Bildung im vollen Umfang und nur im Rückblick den Nutzen dessen erkennen kann, was einem in der Schule vermittelt wurde. Gerade in einem Fach wie Altgriechisch kann es gelingen, in einer wohltuenden Distanz zur allseits geforderten ‚Lebensnähe‘ und frei vom Diktat der ‚Brauchbarkeit‘ sich allgemein menschlichen Fragen und Problemen zu widmen, die uns alle angehen und die heute wie damals die unseren sind: Fragen nach der Erklärung der Welt, nach dem Miteinander in einem sozialen Gefüge, nach dem moralisch richtigen Handeln, nach Glück, Leid und Tod. Dass sich Jugendliche mit diesen ‚Menschheitsthemen‘, die uns in den griechischen Texten in geradezu elementarer Art und Weise begegnen und zur persönlichen Stellungnahme herausfordern, auseinandersetzen können, ist meines Erachtens das
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größte Geschenk, das aus dem Schulfach Altgriechisch mitgenommen werden kann, ein Geschenk, das seinen Wert nie verlieren, sondern ganz im Gegenteil nur noch weiter an Bedeutung gewinnen kann. Zum Abschluss sei hier noch eine Auswahl an Zitaten bekannter Persönlichkeiten aus unterschiedlichsten Bereichen unserer Gesellschaft angeführt, welche allesamt den unschätzbaren Wert des Griechischstudiums aus ihrer jeweils subjektiven Perspektive hervorheben. Diese wurden unter anderem in einem jüngst neu herausgegebenen Informationsfl er mit dem Titel „Griechisch. Zukunft braucht Herkunft“ veröffentlicht 4 Bruno Buchberger (Professor für Computer-Mathematik an der Johannes Kepler Uni Linz): Als einer, der in der modernen Welt der Computermathematik, Digitalisierung, künstlichen Intelligenz, (…) nicht nur zuhause ist, sondern diese auch mitgestaltet, blicke ich dankbar zurück auf meine Gymnasialzeit. Die Beschäftigung mit den alten Sprachen an der Wiege unserer europäischen Kultur hat mein Denken frisch, neugierig und scharf gemacht und mir geholfen, mich in der heutigen global vernetzten Welt zu bewegen und zur Innovation beizutragen. Die intensive Beschäftigung mit der Struktur der Sprachen (…) hat mich eine Herangehensweise gelehrt, die mir auch beim schnellen Erlernen einer Reihe moderner Sprachen, wie z. B. Russisch oder selbst Japanisch, sehr geholfen hat. Das tiefe Eindringen in die Struktur der alten Sprachen hat aber auch höchste Relevanz für das heutige Software-Zeitalter, das im Wesentlichen auf der Konstruktion von künstlichen Sprachen beruht. Einige meiner besten Studenten mit späteren Topkarrieren als Firmengründer, Wissenschaftler oder Manager kamen aus Gymnasien, in denen sie Latein und Griechisch gelernt haben.
Anton Zeilinger (Quantenphysiker, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften): Durch eine humanistische Ausbildung lernt man das Denken in sehr fundamentalen Kategorien. Und das Lesen alter Texte führt einem vor Augen, dass sich an den grundlegenden menschlichen Problemen in den vergangenen 3000 Jahren nichts geändert hat.
Vea Kaiser (Bestsellerautorin): Dass Homer, Herodot und Euripides großartige Literatur geschaffen haben, ist noch lange nicht der einzige Grund, sie im Original lesen zu lernen: Mich lehrte die Auseinandersetzung mit altgriechischen Texten vor allem, langsam und präzise zu arbeiten – Qualitäten, die in unserem schnelllebigen Alltag oft abhandenkommen. Durch das Altgriechische lernt man je-
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Amici Linguae Latinae (Hg.), Griechisch. Zukunft braucht Herkunft, Leonding 2019.
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doch nicht nur, mit Sprachen und Literatur umzugehen, nein, man versteht gleichzeitig auch die Anfänge der europäischen Kultur, wird in kritischem Denken geschult und baut sich ein Allgemeinwissen auf, mit dem kaum jemand ohne Altgriechisch-Kenntnisse mithalten kann. Altgriechisch macht den Kopf klüger und die Seele schöner.
Peter Klien (Kabarettist und Autor): Philosophie, Poesie, Theater, Architektur, Mathematik, Politik, Ökonomie und Psyche – sie sind allesamt nicht bloß griechische Wörter, sie sind zugleich mehr als deutliche Hinweise darauf, dass die Griechen alles das begründet haben, was europäische Kunst, Kultur und Wissenschaft bis heute ausmacht. Ihre Literatur ist voll von rührenden und mitreißenden Geschichten; ihre Philosophie strotzt vor ebenso vielfältigen wie tiefgründigen Gedanken. Es gibt keine bessere Zeit als die Schulzeit, um diesen Geschichten und Gedanken zu begegnen – mit der nötigen Ruhe, konzentriert und am besten in jener Sprache, in der sie aufgezeichnet sind. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der den Griechischunterricht seiner Schulzeit nicht als Bereicherung für sein ganzes restliches Leben empfunden hätte. Das Zeitalter der Griechen ist die Kindheit der europäischen Geschichte. Und wer könnte verstehen, was er geworden ist, wenn er nie gelernt hat, seine Anfänge zu begreifen? Michaela Masek
Literaturverzeichnis Platon, Symposion 203a–210e,in: Otto Appelt (Hg.), Platon, Sämtliche Dialoge, Hamburg 1988. Amici Linguae Latinae (Hg.), Griechisch. Zukunft braucht Herkunft, Leonding 2019.
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Going beyond Englischunterricht am Wasagymnasium
Stellung des Englischen
Die Ausgangssituation war bescheiden: neben den traditionsreichen klassischen Sprachen, Latein und Griechisch, die das humanistische Gymnasium in ganz besonderer Weise prägen, wurde der Stellenwert des Englischen erst durch die wirtschaftlichen Veränderungen infolge der Industrialisierung erkannt und im Fächerkanon des humanistischen Gymnasiums berücksichtigt. Englisch als Unterrichtsfach wurde am Wasagymnasium erst ab dem Schuljahr 1927/28– und auch da zunächst nur in der Oberstufe – eingeführt, d.h. erst nach der rein geographisch näherliegenden und daher früher als Unterrichtsfach implementierten Fremdsprache Französisch. An der Spitze der Lehrziele standen zunächst linguistische Aspekte: Grammatik und Phonetik, also Aussprache und richtige Betonung der englischen Wörter. Zum Übersetzen, Lesen und Schreiben kam erst in weiterer Folge die Fähigkeit dazu gesprochenes Englisch zu verstehen. Die Methodik des Englischunterrichts war zu Beginn noch deutlich gefärbt vom Unterricht der klassischen Sprachen. Die ständig wachsende Bedeutung der englischen Sprache und die Ausweitung der Lehrziele des Englischunterrichts seien hier als allgemein bekannt vorausgesetzt; eine Entwicklung, die Englisch als Unterrichtsfach auch am Wasagymnasium unaufhaltsam in den Vordergrund treten ließ. Heute ist Englisch, das als einziges Pflichtfach neben Deutsch, Mathematik und Sport von der ersten bis zur achten Klasse unterrichtet wird, aus dem Fächerkanon nicht mehr wegzudenken. Globalisierung, Internationalisierung und Digitalisierung machen es vielmehr erforderlich, Englisch in allen Fertigkeiten – Hörverständnis, Leseverständnis, Schreiben und Sprechen – auf möglichst hohem Niveau zu beherrschen. Die standardisierte Reifeprüfung aus Englisch gibt ein Zielniveau vor, das zwischen B2 und C1 zu verorten ist. Trotzdem streben nicht wenige Schüler*innen danach, dieses Ziel nicht nur zu erreichen, sondern darüber hinauszugehen. Um dem Rechnung zu tragen, sind die Direktoren und die Anglist*innen des Wasagymnasiums stets bemüht gewesen, interessante und durchaus herausfordernde Zusatzprogramme anzubieten, wie z.B. Sprachreisen, Schüleraustauschprogramme, Vorbereitungskurse für das international anerkannte Cambridge Advanced C1 Sprachzertifikat, Teilnahme am Wiener Englischwettbewerb, an internationalen Kongressen wie FOSCAMUN in Venedig, am George Marshall Projekt in
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Virginia, USA oder am ERASMUS+ Mobilitätsprojekt, dem Debate Club. Doch davon später mehr.
Veränderungen und Herausforderungen der Sprachvermittlung von 1871 bis 2021
Welchen Stellenwert die Beschäftigung mit englischsprachiger Literatur für das Unterrichtsfach Englisch über Jahrzehnte hinweg hatte, zeigt ein Blick in einen beliebigen Jahresbericht, wobei die letzte Auflistung der im Englischunterricht gelesenen Klassenlektüre sich im Jahresbericht des Schuljahres 2002/03 befindet. mfangreich waren auch die Leselisten für die mündliche Matura bis zur Reform der Reifeprüfung, die im Jahr 2015 erstmals in den derzeit geltenden standardisierten Testformaten durchgeführt wurde. Das primäre Ziel des Englischunterrichts ist erklärtermaßen die erfolgreiche Kommunikation in der Fremdsprache in Wort und Schrift. So wie sich die Gewichtung der oben genannten vier Fertigkeiten im Laufe der Zeit ausbalanciert hat, so müssen auch Lehr- und Lernmethoden, Materialien und Unterrichtsformen den stetig sich verändernden Vorgaben und Anforderungen des Lehrplans, der Reifeprüfung und der fortschreitenden Digitalisierung angepasst werden. Eine ganz zentrale Rolle dabei spielt die individuelle Fortbildung der Lehrer*innen. In den 1980er-Jahren wurde die damals unbefriedigende Situation der vielen Einzelkämpfer*innen an den Schulen von den für die Lehrer*innenausbildung verantwortlichen Institutionen an der Universität und der Pädagogischen Hochschule Wien thematisiert und führte zu der Entwicklung einer Schulstandort basierten Englischlehrer*innenfortbildung für Wien, dem Vienna School-Based Teacher Development Project (SBP)1, mitinitiiert von und als Koordinator dafür verantwortlich ist Mag. Karl-Heinz Ribisch, Kollege am BG9. Das Wasagymnasium wurde mit ihm als „facilitator“ 1991/92zur Pilotschule des SBP und die Englischlehrer*innen des BG9 durften als erste diese unhierarchisierte Fortbildung testen, die auf Team- und Personalentwicklung ausgerichtet war, mit dem klaren Fokus auf optimierte Zusammenarbeit im Team, heute eine unverzichtbare Schlüsselkompetenz. Damit wurde der Grundstein gelegt nicht nur für den wertschätzenden, Feedback-unterstützten Umgang miteinander, sondern auch für positive Synergieeffekte und fruchtbringende Teamarbeit, und das auf Jahre, fortgesetzt durch SCHILF Veranstaltungen (schulinterne Lehrer*innenfortbildung) und die mittlerweile zur Routine gewordenen regelmäßigen Fachgruppenkonferenzen. Die Rolle, die Karl-Heinz Ribisch als Englischlehrer, Initiator und Koordinator des SBP für die 80 AHS in Wien2 und Lehrer*innenbildner am Wasagymna1
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Zu den Zielen und zur Umsetzung des SBP und zu den davon erhofften positiven Effekten siehe Karl-Heinz Ribisch, 1992: New Dimensions for Teacher Training in Vienna AHS: The Pilot Project 1991–92: School Based Teacher Development, in: ELT News No.16. Karl-Heinz Ribisch et al., 1993:SBP, The Vienna School-Based INSET Project on its Way into Year Three, in: ELT News No. 21.
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sium3 spielte, kann gar nicht deutlich genug herausgestrichen werden bahnbrechend, vorausschauend und so viel mehr. In lebendiger Erinnerung sind beispielsweise heute noch seine englischen Theaterp oduktionen mit der Bühnenspielgruppe am Wasagymnasium – sei es Christopher Frys A Phoenix Too Frequent (achtmal aufgeführt im März und Oktober 1980, darunter einmal, am 13. Oktober 1980, in Anwesenheit des Autors höchstpersönlich4), oder Harold Pinters A Night Out (aufgeführt im Jänner und Februar 19835). Auch wenn das englischsprachige Bühnenspiel am Wasagymnasium nach Karl-Heinz Ribisch keine Fortsetzung fand, die Affinitä zum englischen Theate , sei es das Vienna’s English Theat e, das International Theat e oder das Open House Theat e, ist geblieben. Unvergleichlich reizvoll war – solange es das Theater gab – die jährliche Vorstellung des Christmas Carol von Charles Dickens im Kellergewölbe des International Theat e6 in der Müllnergasse. Ein anderes, besonderes Erlebnis war im Dezember 2002 ein zweitägiges Theaterp ojekt der damaligen 8A zu Hamptons Adaptation von Choderlos de Laclos‘ Les Liaisons Dangereuses, organisiert vom British Council in Zusammenarbeit mit dem Vienna’s English Theat e. Abgesehen davon nützt das Englischteam des Wasagymnasiums auch die günstige Lage der Schule in unmittelbarer Nähe mehrerer Kinos, die Filme in Originalfassung zeigen, für maßgeschneiderte Kinoevents für die Schüler*innen des BG9. Verstärkt und unterstützt wird die Sprachvermittlung der englischen Sprache am Wasagymnasium durch eine Reihe von Faktoren: zunächst durch die Stundentafel, die dem Englischunterricht – wie oben erwähnt – Präsenz in allen Jahrgängen einräumt; weiters durch den ab dem Schuljahr 2004/05 am Wasagymnasium für den gymnasialen Zweig der Oberstufe eigens konzipierte und in der 6. Klasse neu eingeführte schulautonome Schwerpunktwahlpflichtgegenstand CDPS (communication, debating and presentation skills); darüber hinaus durch die Möglichkeit zum Einsatz eines Fremdsprachenassistenten oder einer Fremdsprachenassistentin, und letztendlich durch einen dank der immer wieder großzügigen finanziellen Unterstützung durch den Elternverein ständig wachsenden Fundus an Unterrichtsmaterialien, Medien und Klassenlektüre. Der Nähe zur Universität oder auch der Mundpropaganda mag es geschuldet sein, dass das Wasagymnasium bei Lehramtsstudent*innen und Unterrichtspraktikant*innen für das Absolvieren diverser Schulpraktika stets sehr beliebt und begehrt war. Möglich wurde das allerdings abermals nur durch die Bereitschaft der Anglist*innen des BG9, die dafür nötigen Ausbildungen zu machen und in weiterer Folge Student*innen oder Praktikant*innen zu betreuen. 3 4 5 6
Karl-Heinz Ribisch, The Facilitator as Agent of Change, in: ELT Journal Volume 53/ 2 (April 1999), 115–121. Ausführliche Berichte dazu im Jahresbericht des Jahres 1980, 57–60. Siehe Jahresbericht des Jahres 1983, 52–54. Die detaillierte Projektbeschreibung sowie eine Auswahl der danach verfassten Schülerarbeiten fi den sich in ELT News No.49 (Spring 2003), 112–114 und 130f .
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Bedeutung von Sprachreisen
Wer sich jemals die Frage gestellt hat, welche Facetten, welche Bedeutung, welche Herausforderung und welche nachhaltige Wirkung eine Sprachreise haben kann, dem sei die ausführliche Dokumentation des „einseitigen Schüleraustausches“ der 7C Klasse von 13. Februar bis 5. März 19847, ebenfalls geleitet von Karl Heinz Ribisch, wärmstens zur Lektüre empfohlen. Viele Kolleg*innen sind seinem Beispiel gefolgt und haben es Tausenden Schüler*innen des BG9 ermöglicht, durch Sprachreisen oder sogenannte „immersion“-Programme die englische Sprache und Kultur authentisch zu erleben, darin einzutauchen und im Glücksfall sogar Freunde fürs Leben zu finden. Diese Programme, die allesamt auch mit aufwändigen Projektarbeiten verknüpft waren, führten Schüler*innen des Wasagymnasiums nach England, Schottland, Irland, Kalifornien und Kanada. Die Jahresberichte, vor allem die der letzten 30 Jahre, beinhalten eine eindrucksvolle Dokumentation in Wort und Bild, und es gibt kaum eine Maturant*innenverabschiedung, kaum ein Absolvent*innentreffen ohne dass diese besonderen Momente in Erinnerung gerufen werden. Hervorzuheben sind die in Zusammenarbeit mit ECI, Educulture International, von 2007 bis 2013durchgeführten „immersion“-Projektwochen in San Francisco & the Bay Area. Der wesentliche Unterschied lag darin begründet, dass die amerikanischen Gastfamilien ein echtes Interesse daran hatten, einen Gastschüler bzw. eine Gastschülerin aufzunehmen und ihnen für die Zeit des Aufenthalts das Gefühl zu geben, Teil dieser Familie zu sein, was ganz besonders dadurch erleichtert wurde, dass es in jeder Gastfamilie auch entsprechende Gastgeschwister gab und bei der Zuordnung in den meisten Fällen persönliche Interessen und Vorlieben berücksichtigt wurden. Darüber hinaus waren die österreichischen Gäste an den amerikanischen Schulen nicht nur geduldet, sondern wurden bewusst wahrgenommen und waren willkommen. „Awesome“, wie es Kollegin Elisabeth Wolfesberger in ihrem Bericht zur Sprachreise des Jahres 2007/08 treffend zusammenfasst8! Der durchschlagende Erfolg dieser Reisen führte letztendlich sogar zu einer fi en Verankerung im Schulveranstaltungskalender, und die 10–15-tägige Sprachprojektreise ins englischsprachige Ausland strahlte darin als das Highlight der 6. Klasse, bis die SARS-COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 alle derartigen Projekte abrupt stoppte. Ähnlich wie heute, wo nach all den Monaten des Fernunterrichts der Präsenzunterricht das erklärte Wunschszenario aller Beteiligten ist, so kann auch Fremdsprachenerwerb und viel mehr noch Kulturverständnis authentisch am besten vor Ort im jeweiligen Ausland stattfinden. Als positive Nebeneffekte einer Sprachreise seien für Schüler*innen das Erproben der eigenen Selbstständigkeit, der persönlichen Konfliktb wältigungsstrategien und das Ausloten der eigenen Stärken und Schwächen genannt. Mobilitätsprojekte müssen derzeit zwar ruhen, das Internet und andere Medien eröffnen 7 8
Karl-Heinz Ribisch, All’s well that ends well. Chronik des Jahres 1984, 44–54. Wolfesberger, Elisabeth: California Experience in San Francisco, in: Jahresbericht des BG9 2007/08, 45.
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aber trotzdem die Möglichkeit, innerhalb und außerhalb des Sprachunterrichts authentisches Englisch unmittelbar und in großem Umfang verfügbar zu haben.
Bedeutung des Englischen im europäischen Kontext seit 1995 und international: Kongresse und weitere internationale Projekte
Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und mit immer attraktiveren Möglichkeiten Auslandserfahrung schon als Schüler*in an einer AHS oder als Student*in an der Universität zu sammeln, stieg kontinuierlich die Bedeutung des Englischen. Englisch hat in vielen Branchen den Status der Lingua Franca, von Technik über Wirtschaft und Medizin bis hin zu den Geisteswissenschaften und darüber hinaus. Auch in Österreich hat Englisch als Unterrichtssprache an der Universität vielerorts Einzug gehalten. Studieren (in der Fremdsprache) setzt Sprachkompetenz auf hohem Niveau voraus und fordert international anerkannte Zertifikate. ollegin Elisabeth Wolfesberger, die langjährige Fachkoordinatorin der Anglist*innen am Wasagymnasium, übernahm es als erste, Schüler*innen am BG9 als registriertem „prep centre“ gezielt auf die CAE Prüfung, das Cambridge Advanced Certificate, vorzubereiten. Die Ergebnisse der letzten Jahre sprechen für sich. Im Durchschnitt treten 10 Schüler*innen des Wasagymnasiums zur Prüfung am British Council (bzw. seit 2020 am Cambridge Institute Vienna) an und erreichen nicht selten sogar C2 Niveau. Sprachkompetenz öffnet die Tore, um sich selbstbewusst auf die internationale Ebene vorzuwagen. Interessierten Schüler*innen wurden und werden am Wasagymnasium sowohl im Englischunterricht als auch fächerübergreifend darüber hinaus, einige sehr attraktive Programme angeboten, hier zusätzlich und freiwillig einen Schritt weiterzugehen: 2013/14 bis 2016/17:Student Partnership Exchange Program, organisiert vom George C. Marshall Center in Virginia bzw. Washington D.C. und dem Kollegen Günter Froneberg: ein zweiwöchiges Berufspraktikum mit bilateralem Austausch.9 Seit 2015/16:FOSCAMUN. Model United Nations – Konferenz, organisiert vom Liceo Foscarini in Venedig, ganz im Sinne der UNO mit ihren vielen Unterorganisationen, sich auf Englisch in einer zugewiesenen Rolle (z.B. Vertreter*in des UNHCR) mit den großen Fragen und Problemen der Weltpolitik intensiv auseinandersetzen; mit großem internationalem Flair und Delegationen aus unterschiedlichen Ländern wie z.B. Mexiko, den USA, den Niederlanden, Spanien, Italien, Deutschland, Frankreich und eben auch Österreich.10 Für das Wasagymnasium initiiert wurde das Projekt von Direktor Johannes Bauer in Kooperation mit den Italienisch9
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Details dazu sind in den entsprechenden Jahresberichten nachzulesen, allen voran der erste Bericht aus dem Jahr 2013/14von Dorothea Reining, Jahresbericht des Gymnasiums Wasagasse 2013/14, 26–28. Siehe dazu beispielsweise den Bericht von Leo Glavina im Jahresbericht des Wasagymnasiums 2017/18, 16.
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Lehrer*innen des BG9. Seit 2017:EUROSCOLA Projekt der Europäischen Union: nach erfolgreicher Teilnahme an einem Wettbewerb im Fach Geographie und Wirtschaftskunde (koordiniert für das Wasagymnasium von Franz Königshofer bzw. Harald Jurek) werden die Siegerklassen aus allen EU-Staaten ins Europaparlament nach Straßburg eingeladen, wo sie sich in international gemischt zusammengesetzten Gruppen in der Fremdsprache mit den Vertreter*innen anderer europäischer Länder zu brisanten Themen wie Bildung, Migration, Umweltschutz, Flüchtlingspolitik etc. austauschen sowie auch im großen Plenarsaal des EUParlaments eine richtige Plenarsitzung abhalten.11 Seit 2018:ERASMUS+ Internationales Mobilitätsprojekt „Debating and diffe entiated learning in English Classes 2018–2021“, ein in K ooperation mit dem Christianshavn Gymnasium in Kopenhagen, Dänemark, der English Grammar School in Riga, Lettland, und dem Liceo Paolo Sarpi, Bergamo, Italien, maßgeschneidertes Austausch- und Mobilitätsprojekt auf Basis des British Parliament Debate Formats12, betreut von Christoph Buder und Gabriele Streicher. Ergänzt wird dieses Gesamtkonzept durch einzelne Events wie z.B. den Besuch einer Klasse der Alliance Israélite Universelle Schule aus Tel Aviv, die am 12. März 2015im Rahmen ihres „Young Ambassadors“-Projekts das BG9 besuchte und die Gelegenheit nutzte, sich mit der 8B Klasse einen Vormittag lang in Englisch zu hoch interessanten Themen aus Politik, Kultur und Leben auszutauschen.13Wenn es der Terminkalender zuließ, wurden die Gegenbesuche der Austauschschüler*innen (George Marshall Projekt, Foscamun, Debate Club) in Wien zu einer „internationalen Woche“ am Wasagymnasium zusammengeführt, und damit ein weiteres Forum mit viel Potential eröffnet, das auch Schüler*innen miteinbeziehen konnte, die nicht an den eigentlichen Austauschprogrammen teilgenommen hatten. Es sind gerade solche Situationen, die Schüler*innen wie Lehrer*innen vor Augen halten, welche Bedeutung und welchen Stellenwert Sprachkompetenz in Englisch in unserer international orientierten Welt einnimmt: Kommunikation ermöglichen, Brücken schlagen und Perspektiven eröffnen. ines sei an dieser Stelle ganz besonders herausgestrichen: Um solche Projekte durchzuführen, braucht es nicht nur motivierte Schüler*innen, engagierte Lehrer*innen und die Unterstützung des Direktors und der Administration, ja des gesamten Lehrkörpers, sondern vor allem auch Eltern und Familien, die bereit sind, ihrerseits einen Schritt darüber hinaus zu machen, Verantwortung als Gastfamilien zu übernehmen und dadurch wesentlich zum Gelingen beizutragen: nie selbstverständlich, stets unschätzbar wertvoll!
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Dokumentiert z.B. im Jahresbericht 2015/16, 125 und imahresbericht J 2017/18, 17. Details zu diesem Projekt und Feedback der teilnehmenden Schüler*innen finden sich in den Jahresberichten der Jahre 2018/19 und 2019/20. Cf. David Arndt: Impressions of the Middle East, in: Jahresbericht des BG9 2014/15, 22.
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Absolventen des Wasagymnasiums: Karl Luick und Ulrich Dressler
Abschließend seien hier zwei Absolventen des Wasagymnasiums genannt, die sich durch ihre Leistungen internationale Anerkennung auf dem Gebiet der Anglistik und der Sprachwissenschaften erworben haben. Eine ins Detail gehende Würdigung dieser verdienstvollen Wissenschaftler würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, daher möge die Auflistun markanter Eckpunkte ihrer jeweiligen akademischen Karrieren als bewusste Erinnerung an zwei herausragende Persönlichkeiten verstanden sein. Hofrat Dr. Karl Luick (27.01.1865–20.09.1935) leistete als Philologe und Anglist bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der englischen Sprachgeschichte; internationale Anerkennung verschafften ihm seine Arbeiten über die Lautgeschichte und die historische Grammatik der englischen Sprache. Karl Luick studierte an der Universität Wien Lehramt für Englisch, Deutsch und Französisch, und promovierte 1889zum Dr. phil. In einer Notiz in der Vossischen Zeitung Berlin14 wird erwähnt, dass er anschließend eine Studienreise nach England und Frankreich unternahm, bevor er sich 1891 an der Wiener Universität habilitierte und anschließend an die Universität Graz ging, wo er 1898zum ordentlichen Professor ernannt wurde. 1908wurde er nach Wien berufen. Zu seinem Lehrstuhl an der Universität Wien bekleidete er die Funktion des Dekans (1920–21) und des Rektors (1925– 26).15 Im Arkadenhof der Universität Wien hängt sein Porträtrelief von Gustav Jekel und die Luickgasse im 22. Wiener Bezirk ist nach ihm benannt.16 em. o. Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. h.c. mult. Wolfgang Ulrich Dressler (* 22. Dezember 1939) ist Linguist und emeritierter Universitätsprofessor für Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft am Institut für Sprachwissenschaft der Universität Wien. Seit 1989Obmann der Kommission für Linguistik und Kommunikationsforschung, seit 2010stellvertretender Direktor des Instituts für Corpuslinguistik und Texttechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Forschungsgebieten zählen Textlinguistik, Phonologie, Morphologie, Spracherwerb und Psycholinguistik. Details und weitere Informationen zu seinem akademischen Lebenslauf, seiner internationalen Karriere und eine umfangreiche Publikationsliste gibt die Internetseite der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Beide Persönlichkeiten haben den entscheidenden Schritt „beyond“, darüber hinaus, gemacht. Die Türen stehen auch heute weit offen Gabriele Streicher
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Vossische Zeitung Berlin 3. Juli 1925,Abendausgabe, 2–3. Online unter: http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/kalender/auswahl/date/1925-07-03/27112366/?no_cache=1 , 13.02.2021. Weitere Details cf. Koziol, Herbert: Luick Karl, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815– 1950 (ÖBL) Band 5, Wien 1972, 358f . Cf. Bauer, Gero: Luick, Karl, in: Neue Deutsche Biographie (NDB) Band 15, Berlin 1987.
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Literaturverzeichnis David Arndt, Impressions of the Middle East, in: Jahresbericht des BG9 2014/15. Herbert Koziol, Luick Karl, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL)and B 5, Wien 1972. Gero Bauer: Luick, Karl, in: Neue Deutsche Biographie (NDB) Band 15,Berlin 1987. Karl-Heinz Ribisch, 1992:New Dimensions for Teacher Training in Vienna AHS: The Pilot Project 1991–92: School Based Teacher Development, in: ELT News No.16. Karl-Heinz Ribisch et al., 1993:SBP, The Vienna School-Based INSET Project on its Way into Year Three, in: ELT News No. 21. Karl-Heinz Ribisch, The Facilitator as Agent of Change, in: ELT Journal Volume 53/2 (April 1999). ELT News No.49 (Spring 2003). Karl-Heinz Ribisch, All’s well that ends well. Chronik des Jahres 1984. Wolfesberger, Elisabeth: California Experience in San Francisco, in: Jahresbericht des BG9 2007/08. Vossische Zeitung Berlin 3. Juli 1925,Abendausgabe, 2–3. Online unter: http://zefys.staatsbiblio, 13.02.2021. thek-berlin.de/kalender/auswahl/date/1925-07-03/27112366/?no_cache=1
Parlez-vous français? Hablas español? Parli italiano? Die Romanischen Sprachen am BG9 Wasagasse – Rück- und Ausblick
Parlez-vous français? Mes chers parents, je pars, je vous aime, mais je pars, vous n’aurez plus d’enfant ce soir. Je ne m’enfuis pas, je vole, comprenez bien, je vole, … Liebe Eltern, ich gehe, ich liebe Euch, aber ich gehe. Heute Abend habt Ihr kein Kind mehr. Ich hau nicht ab, ich fliege, versteht mich, ich fliege davon, …
Diese Anfangszeilen des französischen Chansons „Je vole“ von Michel Sardou aus dem Jahr 1978wurden und werden wohl für alle Eltern irgendeinmal zur Realität. Und diese Worte werden auch unsere Maturant*innen auf Französisch ihren Eltern an den Kopf werfen können. Ein schwacher Trost, wenn der Moment kommt, die Kinder ins „echte Leben“ zu entlassen. Doch ist es gut zu wissen, dass sich die jungen Menschen mit den gewonnenen Sprachkenntnissen in anderen Ländern und Kulturen gut zurechtfinde werden. Wie kommt es aber dazu? Hier einige Einblicke in den Schulalltag. Französisch wird am BG9 Wasagasse als zweite lebende Fremdsprache unterrichtet. Die Schüler/innen wählen diese ab der 3. Klasse (sechsjährig), oder ab der 5. Klasse (vierjährig, mit Latein ab der 3. Klasse). Pro Jahrgang entscheiden sich im Schnitt die Hälfte bis zwei Drittel der Schüler*innen für Französisch. Etwa ein Drittel der Maturant*innen wählt Französisch als schriftliches oder mündliches Fach. Seit Beginn des Französischunterrichts vergrößerte sich die Zahl der Lehrer*innen von einer Kollegin auf sechs bis acht Lehrer*innen, die Anzahl der Französischgruppen von einer Klasse auf sechzehn bis achtzehn Gruppen.
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Parlez-vous français? Hablas español? Parli italiano?
Warum Französisch?
Schüler*innen, vor allem in der 3. Klasse, sind oft durch frankophile Eltern motiviert, die selbst Französisch in der Schule gelernt haben und bereits mit ihren Kindern in Frankreich waren. Manche Schüler*innen besuchten den Kindergarten oder die Volksschule des Lycée Français in der Liechtensteinstraße unweit unserer Schule und hatten bereits Französischunterricht. Die Neugier auf eine weitere Fremdsprache und die Faszination für Lehn- und Fremdwörter ist deutlich zu spüren. Die Schüler*innen singen mit Begeisterung Lieder, haben Freude daran, Dialoge zu lernen und sehen sich gerne französische Filme an. In der 5. Klasse ist die Motivation, eine weitere moderne Fremdsprache zu lernen, groß. Durch die Lateinkenntnisse gelingt dies auch etwas schneller. Französisch als Arbeitssprache der EU und Sprache der Frankophonie, der Länder, in denen man Französisch spricht, wird als wichtig erachtet, und die französische Küche, das französische Kino und die Mode interessieren die jungen Menschen. Die Motivation von Lehrer*innen Französisch zu unterrichten ist vielfältig. Sie haben selbst Freude am Erlernen der Sprache gehabt und erinnern sich oft auch gerne an den eigenen Schulunterricht zurück. Sie unterrichten gerne und geben ihr Wissen mit Begeisterung weiter. Sie sind fasziniert vom französischen Kino, der französischen Kunst und der französischen Literatur. Oft haben sie auch französische Verwandte und lieben Frankreichs Küche und Mode. Im Sprachunterricht sind vielfältige Unterrichtsmethoden einsetzbar, sei es beim Arbeiten im gesamten Klassenverband, in Kleingruppen, in Paaren oder allein, sei es mithilfe von modernen Medien für Audio- und Videosequenzen. Die im Unterricht behandelten Themenbe eiche sollen dem realen Alltagsleben der Schüler*innen entsprechen, nämlich die Bereiche Familie und Freunde, Gesundheit, Schule und Bildung, Arbeitswelt, Natur und Umwelt, Internet und moderne Technologien. Die Schüler*innen sollen Frankreich, seine Regionen und die Frankophonie kennenlernen, sowie Neues über französische Kunst und Kultur, Politik und Geschichte, Film und Literatur erfahren. Diese Bereiche sind dann bei der teilstandardisierten kompetenzorientierten Reifeprüfung („Zentralmatura“) schriftlich zu beherrschen, nämlich rezeptiv als „compréhension écrite“ (Leseverstehen), „compréhension orale“ (Hörverstehen) und „langue dans son contexte“ (Sprache im Kontext, Grammatik) und produktiv in zwei Texten aus den vier Textsorten Blog und Blogkommentar (blog/commentaire de blog), E-Mail (e-mail), Bericht (rapport) und Artikel (article). Es müssen zwei Texte im Ausmaß von je 200 Wörtern geschrieben werden. Mündlich soll aus diesen und ähnlichen Themenbe eichen ein Monolog von vier Minuten und ein Dialog von acht Minuten gesprochen werden. Das erforderte Sprachniveau für sechsjähriges und vierjähriges Französisch ist B1 des „GERS – Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen“, im sechsjährigen Französisch sind nur die Texte der „compréhension écrite“ (Leseverstehen) im Niveau B2 verfasst.
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Rückblick
Französischunterricht gab es an unserer Schule bereits im Gründungsschuljahr 1871/72,wie es im damaligen Jahresbericht zu lesen ist, zu einer Zeit, als Französisch als Kultursprache für die Aristokratie und Diplomatie von Bedeutung war. Ab 1876 wurde das Wasagymnasium zu einem ausschließlich humanistischen Gymnasium, und Französisch wurde nicht mehr unterrichtet. Im Jahresbericht des Schuljahrs 1961/62ist zu lesen, dass Französisch wieder ab der 6. Klasse angeboten wurde. Im Jahr 1984/85 wurde schließlich eine 5. Klasse mit Französisch als Alternative zu Griechisch eröff et und diese Kombination von neusprachlichem und humanistischem Zweig im Gymnasium existiert seitdem durchgehend bis heute. Im Schuljahr 2002/03 war es erstmals möglich, bereits ab der 3. Klasse im Schulversuch den Französischunterricht zu besuchen. Im Zeitraum zwischen den Schuljahren 1992/93und 2013/14konnten die Schüler/innen eine Fachbereichsarbeit (FBA) von 20–30 Seiten als Vorprüfung für die Reifeprüfung schreiben. Zahlreiche Arbeiten wurden in Französisch verfasst. Die „Oberstufe Neu“ gibt es seit 2004/05 im Gymnasialzweig der Schule mit dem Schwerpunkt „Kommunikation und Sprachkompetenz“, d.h., es wurde ein neuer schulautonomer Pflichtgegenstand „KPR – Kommunikation, Präsentation und Rhetorik“ in der 5. Klasse geschaffen und als rgänzung dazu ein schulautonomer Schwerpunkt für die 7. Klassen in Französisch, „L‘entraînement à l’expression écrite et orale“, mit zwei Wochenstunden begründet. Diese frühe Schwerpunktsetzung auf das mündliche Training war eine gelungene Vorbereitung auf die zukünftige „Neue Reifeprüfung“. Die Schüler*innen trainieren in diesem Gegenstand bis heute Beispiele der „compréhension écrite“, „compréhension orale“ und „langue dans son contexte“ für die schriftliche Reifeprüfung. Seit 2019/20 wird dieser Gegenstand einstündig unterrichtet. Die mit der „Oberstufe Neu“ einhergehende Wochenstundenreduktion in der 5. Klasse von vier auf drei bleibt jedoch ein Wermutstropfen dieser Schulentwicklung. Die teilstandardisierte kompetenzorientierte Reifeprüfung („Zentralmatura“) wurde österreichweit im Schuljahr 2014/15umgesetzt, wobei am BG9 bereits seit dem Schuljahr 2007/08 die Schüler/innen im Schulversuch „Neue Reifeprüfung“ unterrichtet wurden. In dieser Vorlaufzeit konnten Formate ausprobiert und trainiert werden und es gab die Möglichkeit, an Feldtestungen teilzunehmen und dafür Feedback zu bekommen. Kritisch anzumerken ist, dass die Maturant*innen des gymnasialen Zweigs mit Schwerpunkt „Kommunikation und Sprachkompetenz“ nicht zwingend in einer lebenden Fremdsprache mündlich maturieren müssen.
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Zusatzangebote
AHS-Fremdsprachenwettbewerb Jährlich findet von Oktober bis Februar wöchentlich die Vorbereitung auf den „Wiener Fremdsprachenwettbewerb“ statt, an dem die Schule etwa seit dem Jahr 1989teilnimmt. Die Schüler*innen des BG9 Wasagasse waren wienweit immer wieder unter den ersten fünf Besten zu finden, z eimal auch Sieger*innen des Wettbewerbs. Dieser Kurs dient auch als Erweiterung des Vormittagsunterrichts für spontanes Sprechen, Lektüre und Film. Schüleraustausch und Abschlussreisen Der erste Schüleraustausch nach Paris und Nantes fand im Schuljahr 1994/95statt. Es folgten bald jährliche Sprach- und Kulturreisen. In den Schuljahren 2010/11und 2014/15reisten die 8. Klassen als sogenannte „Abschlussreise“ für jeweils vier Tage nach Paris. Einmal im Jahr findet für alle 7. Klassen mit sechsjährigem Französisch eine Sprachwoche nach Nizza mit Unterricht in einer Sprachschule und Unterkunft in Gastfamilien statt, was ein sehr authentisches Kennenlernen des Alltagslebens und einen Unterricht mit französischen Lehrer*innen ermöglicht. Sprachassistent/innen Seit dem Schuljahr 1986/87haben wir als Unterstützung alle zwei Jahre eine Fremdsprachenassistentin oder einen Fremdsprachenassistenten. Bereits in den Anfängerklassen ist es sehr wertvoll für die Schüler*innen, eine Ansprechperson mit Muttersprache Französisch zu haben, für die Schüler*innen der Oberstufe bietet sie neben der Authentizität des Französischen das hilfreiche Trainieren des Monologs und Dialogs für die mündliche Reifeprüfung. DELF Seit dem Schuljahr 2003/04 ist es möglich, sich am BG9 auf das Sprachenzertifikat „DELF“ (Diplôme d‘études en langue française) B1/B2 vorzubereiten. Zugleich ist dieser Kurs eine zusätzliche Möglichkeit zur Vorbereitung auf die Reifeprüfung und dient im Lebenslauf als ein international anerkanntes Diplom. Theate - und Kinobesuche Um den Schüler*innen neuerschienene französische Kinofilme orzustellen, besuchen die 6.–8. Klassen einmal jährlich das Kino „De France“ und sehen sich eine Auffüh ung in Originalsprache mit deutschen Untertiteln an, wie „La famille Bélier“, „Qu‘est-ce qu’on a fait au Bon Dieu?“ oder „Cherchez la femme“, Filme, die in humoristischer Art gesellschaftlich problematische Themen umsetzen. Auch besuchen wir jährlich eine Theaterauff rung des „Théât e du Funambule“ bzw. einer französischen Theaterg uppe der „American Drama Group Europe“, mit Stücken wie „L’illusion comique“, „Il faut que le Sycomore
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coule“, „Étoiles de la chanson“, „Monsieur Ibrahim et les fleurs du coran“, „Quel Tartuffe!“ „L’École des femmes“ oder „Le Petit Prince“. Crêpes, Pétanque und mehr Französisch essen zu gehen und gemeinsam zu frühstücken sind willkommene Abwechslungen im Schulalltag. Auch Pétanque-Spielen im Park ist ein beliebter Sport geworden. Romanischer Abend Eine neue Idee der Präsentation des Faches Französisch war der „Romanische Abend“ im März 2018und 2019.Verschiedene Schülergruppen präsentierten Szenen, Theaterstücke Installationen und Lieder und bereiteten wunderbare Speisen fürs Buffet zu. Unterstützung durch den Elternverein Seit vielen Jahren unterstützt der Elternverein des BG9 das Fach Französisch. In Absprache mit den Französisch-Lehrer*innen werden zusätzliche Unterrichts- und Übungsmaterialien, Lektüre und Klassenlektüre, sowie Filme und Sprachspiele zur Verfügung gestellt. Ausblick Apprendre une autre langue, c’est comme le commencement d’une autre vie. Eine andere Sprache zu lernen, ist wie ein anderes Leben zu beginnen. (Michel Bouthot)
Es ist zu wünschen, dass auch in Zukunft viele Schüler*innen des BG9 Französisch gerne als zweite Fremdsprache wählen, dass sie weiterhin in geteilten Gruppen unterrichtet werden können und dass die Zahl der Wochenstunden nicht gekürzt, sondern eher erhöht wird. Französisch als lebende Fremdsprache in der österreichischen AHS hat trotz der Beliebtheit von Spanisch und Italienisch seinen Stellenwert behalten können, und wir sind zuversichtlich, dass dies auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten im BG9 der Fall sein wird. Maria Hennefeld
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Hablas español? Spanischunterricht am Wasagymnasium „Das kommt mir spanisch vor“
Fast jeder kennt die Redewendung „Das kommt mir spanisch vor“. Laut Duden wird hier „spanisch“ in der Bedeutung für „seltsam“ verwendet, d.h., jemandem erscheint ein Sachverhalt unverständlich. Doch woher stammt dieser Ausdruck? Bei Wikipedia vermutet man, dass er zu dem Zeitpunkt entstanden sei, „als Karl V., der seit 1516spanischer König war, 1519auch deutscher Kaiser wurde. Das spanische Hofzeremoniell war bis dahin in Deutschland bzw. am deutschen Hof wenig bekannt und wurde zum Teil als unerhört empfunden“. Wenn wir unseren Schüler*innen in der allerersten Spanischstunde die Frage stellen, was sie denn mit „Spanisch“ verbinden, so erhalten wir sehr häufig als Antwort: Paella, Tortilla, Tapas, Flamenco, Tango, Playa, Barcelona, Madrid, Sangria, Tacos, Burritos, die Namen einiger berühmter spanischer oder lateinamerikanischer Fußballspieler und ggf. noch einige lateinamerikanische Länder. Jedoch assoziieren nicht nur unsere Schüler*innen diese Begriffe mit „Spanisch“. Vor allem im Tourismusbereich sind die Klischees bzw. Stereotype (Spanien = Strand, Sonne, Meer) allgemein weit verbreitet, wo bestimmte Merkmalszuschreibungen eines Landes in eine Region locken sollen. Diese Begrifflichkeite würden jedoch der großen Diversität der hispanischen Welt nicht gerecht werden. Wissenswertes
Da eine historische Abhandlung über Entstehung, Entwicklung und Ausbreitung der spanischen Sprache und Kultur den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde, seien an dieser Stelle nur einige interessante Fakten genannt: ș Die spanische oder auch kastilische Sprache (Eigenbezeichnung español bzw. castellano) gehört zum romanischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. ș Das Kastilische ist die offiziell spanische Sprache des Staates. Alle Spanier*innen haben die Pflicht, sie zu beherrschen und das echt, sie zu benutzen. Als weitere regionale Amtssprachen gelten Katalanisch, Baskisch und Galizisch. ș Jede einzelne der 17 „Comunidades“ (Regionen) in Spanien besitzt eine eigene Sprache und Geschichte und somit auch eine eigene Kultur. Aufgrund der Dezentralisierung des Staates entscheidet jede der 17 „Comunidades“ selbst über Sozialwesen, Gesundheit, regionale Sprache, Kultur, öffentliche Arbeit, regionale Wirtschaft und Tourismus. ș Spanisch ist wegen des historischen Kolonialismus die häufig te Muttersprache auf dem amerikanischen Doppelkontinent und gilt z.B. durch die Funktion als Amtssprache zahlreicher internationaler Organisationen als Weltsprache. ș Inklusive Zweitsprachler*innen beläuft sich die Sprecher*innenzahl (2017) auf 512bis
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572 Millionen. Damit nimmt Spanisch – nach Englisch, Mandarin und Hindi – den vierten Platz der weltweit meistgesprochenen Sprachen ein. Sogar in den USA sprechen über 40 Millionen Menschen Spanisch, an amerikanischen Schulen und Universitäten ist Spanisch 1. Fremdsprache. Die Philippinen sind durch die spanische Sprache und Kultur beeinflusst und sogar in Afrika (in uinea Äquatorial) wird Spanisch als Landessprache verwendet. ș Das „Instituto Cervantes“ wurde 1991vom spanischen Staat mit dem Ziel gegründet, die spanische Sprache zu fördern und zu verbreiten sowie die Kultur Spaniens und aller spanischsprachigen Länder im Ausland bekannt zu machen. ș Im Königreich Spanien ist die Real Academia Española (RAE) für die Pflege der span schen Sprache maßgeblich. Ihre 46 Mitglieder sind auf Lebenszeit berufene bekannte Autor*innen des Landes. Warum Spanisch als Unterrichtsfach?
Befragt man Spanischlernende nach den Gründen, warum sie die spanische Sprache erlernen oder schaut sich Statistiken im Internet zu diesem Thema an, stößt man immer wieder auf gleiche Antworten bzw. Beweggründe: der große Nutzen des Spanischen aufgrund der Sprecher*innenzahl und der Reisemöglichkeiten (Spanien, Lateinamerika, Karibik). Spanisch ist aber bei weitem nicht nur eine wichtige Reisesprache vieler Tourist*innen. Die spanische Sprache erschließt einen facettenreichen Kulturraum in Europa und dem spanischsprachigen Amerika mit vielen faszinierenden Ausprägungen u.a. in der Kunst, der Literatur, in Filmen und Liedern. Durch die Beschäftigung mit der Lebensweise und Kultur Spaniens und Lateinamerikas erweitert sich der geistige Horizont um einen ganzen Kulturkreis, zu dem zahlreiche weltberühmte Literat*innen und Künstler*innen zählen. Von Velázquez im 17. Jahrhundert über Goya im 18.und 19. Jahrhundert bis Picasso, Dalí und Miró im 20. Jahrhundert – Spanien hat zu jeder Zeit bedeutende Künstler hervorgebracht. In der ganzen Welt bewundert man Musik und Tanz des spanischen Flamencos, und in der modernen europäischen Literatur kommt man an Cervantes Novelle Don Quixote nicht vorbei. Ebenso dürfen der chilenische Nobelpreisträger Pablo Neruda (Nobelpreis 1971) und der spanische Nobelpreisträger Camilo José Cela (Nobelpreis 1989)nicht unerwähnt bleiben. Die Liste der international erfolgreichen spanischsprachigen Schriftsteller*innen kann noch lange fortgesetzt werden: Isabel Allende, Francisco Ayala, Carlos Ruiz-Zafón, Arturo Pérez-Reverte etc. Auf musikalischer Ebene haben u.a. Julio Iglesias, Joan Manuel Serrat, Paco de Lucía einen internationalen Bekanntheitsgrad erreicht. Aber natürlich kommt auch die Alltagskultur in unserem Unterricht nicht zu kurz. Viele Popgruppen und -sänger*innen wie z.B. Shakira, Juanes, Manu Chao, Alvaro Soler u.a. sind aus der aktuellen Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken und bereichern so manche Spanischstunde.
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Spanische Filmregisseure wie Pedro Almodóvar, Alejandro Amenábar und Luis Buñuel wurden international ausgezeichnet. Nennenswerte Sportler für Argentinien sind Lionel Messi, der mehrmals zum Weltfußballer des Jahres gewählt wurde und Diego Maradona, drittbester Spieler des 20. Jahrhunderts und ehemaliger Trainer der argentinischen Nationalmannschaft. Darüber hinaus sind Spanien und die Länder Lateinamerikas wichtige Geschäftspartner der europäischen Industrie. Spanisch ist eine der wichtigsten Welthandelssprachen sowie eine der offizielle Sprachen in den internationalen Gremien, wie u.a. der EU oder der UNO. Die Weltsprache Spanisch eröffnet unseren Schüler*innen berufliche Chancen z.B. in der Industrie, der Technik, dem Handel, den Banken und Versicherungen sowie in den internationalen Organisationen. Mit Spanischkenntnissen fällt es relativ leicht, auch weitere romanische Sprachen (Französisch, Italienisch, Portugiesisch etc.) zu erlernen. Warum Spanisch am Wasagymnasium?
Im Zuge der Schulautonomie wurde im Schuljahr 2002/03 im Realgymnasium ein neuer Zweig mit dem Schwerpunkt IKT (= Informations- und Kommunikationstechnologie) ins Leben gerufen. Zwei Jahre später entschied man, am Wasagymnasium eine weitere Sprache anzubieten, um auch Schüler*innen, die von anderen Schulen kamen, die Möglichkeit zu geben, mit einer neuen Fremdsprache zu beginnen. Somit startete ab 2004/05 im RG der 1. Jahrgang mit Spanisch als zweiter lebender Fremdsprache. Seit 2007/08 gibt es im Realzweig in jedem Jahrgang eine Gruppe mit Spanisch als Pflichtfach zu 3 Wochenstunden mit der Möglichkeit, sowohl die mündliche als auch die schriftliche Reifeprüfung abzulegen, mit der sie gut auf die Kommunikation im berufliche Alltag vorbereitet sind. Ein Höhepunkt des Spanischunterrichts sowohl für die Schüler*innen als auch die Lehrer*innen stellt die jährlich stattfindende Sprachreise in der 7. Klasse dar (bisherige Reiseziele: Barcelona, Valencia, Málaga, Sevilla). Diese Reise bietet ihnen für 7 bis 10 Tage mannigfaltige und intensive Eindrücke, indem sie bei Gastfamilien wohnen, vormittags einen Sprachunterricht mit Nativspeaker*innen besuchen, am Nachmittag bei Besichtigungen und Ausflügen in die spanische ultur eintauchen, am lebendigen Treiben in den Straßen und Gassen der spanischen Städte teilhaben und ihre erlernten Sprachkenntnisse im spanischen Alltag testen und anwenden können. Unsere Spanischschüler*innen kehren voller positiver Eindrücke und nicht selten hochmotiviert von der Sprachreise zurück. Abgesehen von unseren eigenen Sprachreisen dürfen wir immer wieder Gastschüler*innen aus Lateinamerika begrüßen, die ein bis zwei Semester am Unterricht teilnehmen.
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Warum wir Spanisch so gerne unterrichten
Auch wenn wir uns vielleicht aus unterschiedlichen Gründen für ein Spanischstudium entschieden haben, so fasziniert und motiviert uns doch gleichermaßen die unglaubliche Vielfalt der spanischen und lateinamerikanischen Kulturen mit ihrer Geschichte und all ihren Bräuchen und Traditionen. Wir haben während längerer Spanienaufenthalte die ungeheure Lebensfreude, Geselligkeit und Herzlichkeit der spanischen Bevölkerung erfahren. Und genau dieser Aspekt hat in uns die Motivation geweckt, dieses Lebensgefühl und diese Vielfalt unseren Schüler*innen in unserem Spanischunterricht zu vermitteln. Darüber hinaus klingt Spanisch sehr schön, temperamentvoll und macht gute Laune. Paella, Tortilla, Flamenco, Salsa y Tango – Ist Spanisch leicht zu lernen?
Wie bereits erwähnt, haben Schüler*innen, die Spanisch lernen, erhebliche Vorteile durch die enge Verwandtschaft zu den bereits gelernten Fremdsprachen: Genauso wie Französisch gehört auch die spanische Sprache zu den romanischen Sprachen, die vom Lateinischen abstammen, sodass Spanischlernende – je nach der von ihnen gewählten 2. Fremdsprache (Latein/Französisch) – entweder vom Lateinischen oder vom Französischen profitie en können. Auch die spanische Grammatik weist große Ähnlichkeiten zu anderen bereits gelernten Fremdsprachen auf, sodass hier zum Beispiel das Lernen von Verbkonjugationen keine große Herausforderung darstellen sollte. Deshalb können unsere Schüler*innen relativ schnelle Lernfortschritte erzielen und nach dem dritten Lernjahr die Niveaustufe B1 erreichen. Neben den 4 Kompetenzen Hören, Lesen, Schreiben und Sprechen erfahren die Schüler*innen vieles über Geschichte, Musik, Feste, Bräuche etc. Im Gegensatz zum Englischen wird man im Alltag jedoch deutlich weniger mit der spanischen Sprache konfrontiert. Dennoch macht das Spanische den Einstieg in die Sprache relativ leicht. Es gehört zu den wenigen Sprachen, in denen Schreibung und Aussprache nicht sehr stark voneinander abweichen. Es treten vergleichsweise wenige Rechtschreibfehler auf und mit ein paar Regeln ist die Aussprache in den Griff zu bekommen. Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass auch Spanisch seine Tücken hat. Hierzu gehören u.a. die vielfältigen Verbformen in den verschiedenen Zeiten und Modi, die sorgfältig gelernt und regelmäßig geübt werden müssen. Wer diese Bausteine zur Verfügung hat, wird aber schnell erfolgreich auf Spanisch kommunizieren können. Durch Fleiß und Aufmerksamkeit kann man in den ersten Lernjahren viel erreichen. Es lohnt sich! Pues, en este sentido ... Viva español y viva la vida! Tatjana Bosbach, Regina Ebner und Petra Katzensteiner
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Warum Italienisch?
Bella Italia – wer kommt bei den zwei Worten nicht unwillkürlich ins Schwärmen und beginnt nicht, von mare, sole, spiaggia und vacanze zu träumen? Italien – das Land, wo die Zitronen blühen... Schon Goethe berichtete von der Faszination, die dieses Land ausstrahlt und zweifellos ist Italien auch weiterhin für so manche von uns ein Sehnsuchtsort geblieben. Wir assoziieren mit Italien nicht nur abwechslungsreiche Landschaften, das Meer, geschichtsträchtige Städte, sondern auch schmackhaftes Essen, Kunst und Kultur, die neuesten Modetrends und ein ganz bestimmtes, leichtes und entspanntes Lebensgefühl. Ist es da nicht naheliegend, die italienische Sprache zu erlernen, die Sprache von Dante, Leopardi und Manzoni, für manche „la lingua più bella del mondo“? Rückblick
Am Wasagymnasium hat der Italienischunterricht eine lange Tradition, die bereits 100 Jahre zurückreicht. Nachdem im Jahre 1920die Einrichtung eines Freifaches Italienisch beantragt wurde, unternahm Alfred Nathansky im Jahr 1925mit 32 Schülern eine Studienreise nach Italien. Ich selbst kam im Schuljahr 1987/88an die Schule, um Italienisch als Freigegenstand zu unterrichten. Damals wurden „Mehranstaltenkurse“ angeboten, die sich über die Bezirksgrenzen hinaus großer Beliebtheit erfreuten. Italienisch konnte bereits ab der 5. Klasse besucht werden, war mit 3 Wochenstunden anberaumt (es fanden auch Schularbeiten statt) und konnte als mündliches Maturafach gewählt werden. Im Schuljahr 1990/91wurde am Wasagymnasium der Wahlpflichtgegenstand Italienisch eingeführt, der den Freigegenstand, der als „Mehranstaltenkurs“ geführt worden war und in den Folgejahren auslief, weitgehend ersetzte. Anfänglich war Italienisch als Zweistundenfach (von der 6. bis zur 8. Klasse) anberaumt. Da die Voraussetzungen für einen kommunikativen Sprachunterricht mit einem zufriedenstellenden Lernfortschritt unter diesen Voraussetzungen aber kaum gegeben waren, wurde das Wahlpflichtfach (WPF) Italienisch ab dem Schuljahr 2002/03 als Schulversuch in einer neuen Form angeboten. Diese hielt wesentliche Vorteile für die Schüler*innen bereit (raschere Lernprogression, mehr Möglichkeiten zum Üben) und bot ihnen auch die Möglichkeit, in Italienisch mündlich zu maturieren. Statt einer Doppelstunde von der 6. bis zur 8. Klasse wurde Italienisch dreistündig geführt, d.h., es gab je 3 Wochenstunden in der 6. und 7. Klasse. In der 8. Klasse kamen 2 Stunden Konversationskurs hinzu, womit die Voraussetzungen für eine mündliche Matura gegeben wa-
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ren. Zusätzlich wurde in der 8. Klasse ein Schreibkurs angeboten, nach dessen Absolvierung die Schüler*innen auch zur schriftlichen Matura antreten konnten. Da in diesen Jahren das Stundenkontingent relativ groß war, gab es die Möglichkeit für Kinobesuche, gemeinsames Spaghetti Kochen, die Lektüre von literarischen Texten, den Einsatz von Native Speaker*innen zur Verbesserung der mündlichen Ausdrucksweise und für Kurzreisen nach Italien auf freiwilliger Basis. Als mit dem Schuljahr 2004/05 das Gymnasium mit dem Schwerpunkt „Kommunikation und Sprachkompetenz“ eingeführt wurde, wurde Italienisch als schulautonomer Schwerpunkt verankert. Damals waren von der 6. bis zur 8. Klasse insgesamt 8 bis 10 Wochenstunden vorgesehen. Eine neuerliche Änderung trat mit der Einführung der Zentralmatura 2014/15ein, die eine weitere Adaption des Italienischunterrichts erforderte. So sind wir wieder zu der Regelung mit je 2 Wochenstunden von der 6. bis zur 8. Klasse zurückgekehrt, die den Schüler*innen jedoch die Möglichkeit eröffnet, auf dem prachniveau A2 zur mündlichen Matura anzutreten. Die Intention dabei ist, in den Schüler*innen Interesse für die italienische Sprache und Kultur zu wecken und ihnen Basiskenntnisse des Italienischen zu vermitteln. Es ist erfreulich, dass sich jedes Schuljahr so viele Schüler*innen für Italienisch anmelden, dass wir meistens zwei Kurse pro Jahrgang in der gymnasialen Oberstufe eröffnen können und dass Italienisch jedes Schuljahr als mündliches Maturafach gewählt wird. Von ehemaligen Maturant*innen weiß ich, dass sie sich auch nach der Schule weiter mit Italienisch beschäftigt haben, entweder einen weiterführenden Kurs besucht oder sogar ein Studium aufgenommen haben. Seit dem Schuljahr 2016/17haben wir eine Partnerschule in Venedig, das Liceo Foscarini, mit dem wir seither ein erfolgreiches Austauschprogramm durchführen. Es nehmen daran nicht nur Italienischlernende teil, sondern es steht auch all jenen Schüler*innen offen, di in die italienische Kultur und im Besonderen in die Geschichte und das Lebensgefühl von Venedig eintauchen wollen. Ausblick
Es ist zu wünschen, dass sich auch in Zukunft viele Schüler*innen für das Wahlpflichtfach Italienisch entscheiden und dass in ihnen das Interesse für die italienische Sprache und Kultur geweckt werden kann. Ich hoffe auch auf eine erfolgreiche Weiterführung des Austauschprogramms in der Serenissima. È bella l‘Italia ed è molta bella la sua lingua! Karin Czinczala
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„Der Wegweiser geht nicht mit!“ 150 Jahre Psychologie- und Philosophieunterricht am Wasagymnasium
Vorbemerkung
Das Wasagymnasium besaß aufgrund einer Schenkung und der Pflege fürsorglicher Kuratoren eine der größten Lehrerbibliotheken in Österreich. Als diese Bibliothek, die sich im Untergeschoß des BG9 befand, aufgelöst wurde, erhielten die Lehrenden die Möglichkeit, Bücher vor der Entsorgung zu bewahren. Die Bücher, die der Autor dieses Artikels zu sich nahm, stellen eine wesentliche Quelle für diesen Text dar. Auf die Bücher, die den Stempel der alten Lehrerbibliothek tragen, weist der Autor entweder im Haupttext oder in den Fußnoten hin. Die in den Fußnoten angegebenen Impact-Daten (WorldCat Identities) liefern Hinweise auf die Rezeption der Publikationen der jeweiligen Wissenschaftler.
Der Glaube an die Wissenschaft
Der wahre Philosoph ist für Immanuel Kant ein „Selbstdenker“, der einen „freien und selbsteigenen, keinen sklavisch nachahmenden Gebrauch von seiner Vernunft“ machen würde. Diese hohe Erwartungshaltung an die Philosophen – aus Kants Einleitung zur Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen – formuliert Kant in Bezug auf die Rolle des Lehrers nicht viel bescheidener. Die große Stimme der Aufklärung fordert nämlich vom Lehrer, dass er den Schüler dazu anhalten müsse, nicht bloß Gedanken zu lernen, sondern denken zu lernen: „Der Schüler soll nicht Gedanken, sondern denken lernen; man soll ihn nicht tragen, sondern leiten, wenn man will, daß er in Zukunft von sich selbsten zu gehen geschickt sein soll.“1 Das Wasagymnasium war und ist – ganz in diesem Sinn – ein Ort der Diskussion und nicht ein Ort der Bildungsexerzitien. 1
Immanuel Kant, Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen in dem Winterhalbenjahre, von 1765–1766, in: Immanuel Kant, Werke in sechs Bänden, Bd.1, 908.
„Der Wegweiser geht nicht mit!“
Im Lehrplan für die „Philosophische Propädeutik“ von 1849,also mehr als zwei Jahrzehnte vor Eröffnung unserer Schule, heißt es: Aufgabe: Ergänzung der Erfahrungskenntnisse von der Außenwelt durch erfahrungsmäßige Auffassung des Seelenlebens; zusammenhängende Kenntnis der allgemeinsten Gedankenformen als Abschluß des bisherigen und als Vorbereitung des bevorstehenden strengeren wissenschaftlichen Unterrichtes. Somit: Empirische Psychologie und formale Logik in der obersten Klasse durch wöchentlich zwei Stunden.2
Der Organisationsentwurf betont, dass es sich bei diesem schulischen Unterricht nicht um „das Philosophieren“ handeln würde, sondern lediglich um ein Propädeutikum, eine Vorbereitung also auf eine höhere Weisheit, für die letztlich die Universität zuständig wäre. Folgende Lehrbücher wurden damals in den Gymnasien verwendet: Johann Friedrich Herbart, Lehrbuch zur Psychologie, Psychologie als Wissenschaft, neu gegründet auf Erfahrung. Metaphysik und Mathematik und Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie. Dann das Lehrbuch von Robert Zimmermann, Philosophische Propädeutik, 2. Auflage 1860. An die Wissenschaften knüpfen sich im 19. Jahrhundert in den Gymnasien die großen Hoffnungen: „ as war eine Zeit der großen wissenschaftlichen Entdeckungen. Eine Zeit, in der man aus Freud‘scher Sicht noch glauben konnte, dass die Welt als Ganzes durch die Wissenschaft erklärt und verstanden werden kann.“3 Mit Blick auf ein ganzheitliches, wissenschaftliches Denken wurden die Erkenntnisse der Experimentellen Psychologie gelehrt – besonders die von Wilhelm Wundt, der 1879in Leipzig das erste psychologische Laboratorium mit einem experimentalpsychologischen Forschungsprogramm gegründet hatte –, die Psychophysik von Gustav Theodor Fechner, die Sinnesphysiologie von Hermann Ludwig und des Physikers Hermann von Helmholtz. Erkenntnisse der Wissenschaft konnten damals noch kollektive Irritationen auslösen, man denke nur an die Abstammungslehre Darwins, die 1871,im Gründungsjahr des Wasagymnasiums, die Diskurse bestimmte. Die Philosophie soll ein logisch begründetes System liefern und sich nicht in „Phantasiespielen“ verlieren, wie etwa in jenen, wie manche Kritiker sie Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770–1832)vorwerfen. So lästert Ernst Hallier: „Wer mit gesundem Menschenverstand Hegels Phänomenologie des Geistes liest, der muss entweder seinen Verstand aufgeben oder er muss annehmen, dass der ‚grosse Philosoph‘ keinen Verstand besitze.“4 2
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Dominik Schobel, Alois Höflers Beitrag zur Konsolidierung des Philosophischen Einführungsunterrichts. Eine am Grazer Nachlass orientierte Untersuchung, Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz, 2017, 28. Gerhard Benetka, zit. nach Köksal Boltaci, Analyse und freie Einfälle: Das Freud‘sche Vermächtnis, in: Die Presse am Sonntag, 05. Jänner 2020, 10–11,hier 10. Gerhard Benetka ist Dekan der Fakultät für Psychologie sowie Vorsitzender des Akademischen Senats der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien. Ernst Hallier, Kulturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Beziehungen zu der Entwickelung
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In den Gymnasien waren die Lehrbücher von Gustav A. Lindner in Verwendung: sein Lehrbuch der formalen Logik. Einleitung in das Studium der Philosophie und das Lehrbuch der Psychologie als induktive Wissenschaft. Bis 1909wurden diese Lehrbücher zwölf Mal aufgelegt. Sie erschienen auch in Übersetzungen auf Englisch, Polnisch, Ungarisch und Italienisch. 1909 wurde der Lehrplan der philosophischen Propädeutik per Verordnungsblatt des Ministeriums leicht abgeändert. Zwar blieb der Lehrstoff in der 8 Klasse mit „empirischer Psychologie“ derselbe. Doch der Lehrstoff in der 7 Klasse wurde nun nicht mehr bloß mit „Logik“ übertitelt. Hier hieß es nun: „Erste Orientierung über die Eigenart psychischen Geschehens. Einführung in die Logik einschließlich in die Methodenlehre.“5 Der Lehrplan folgt damit ganz den Inhalten Alois Höflers. Seine Lehrbücher waren etwa bis 1928 in Verwendung. Max Weber kritisiert in seinen Vorträgen 1917und 1919in München über die „Entzauberung der Welt“ den unbedingten und also unreflektierten Glauben an die Wissenschaft und „dass man alle Dinge durch Berechnungen bestimmen könne.“6 Erst vor dieser Diskursdynamik lässt sich – das sei hier vorweggenommen – jene „anthropologische Wende“ verstehen, die die Sozialwissenschaften mit Bezug auf den Wertewandel in den Philosophielehrplänen ab den 1960er-Jahren diagnostizierten. „Anthropologische Wende“, das bedeutet, dass der Mensch in den Mittelpunkt gerückt ist und nicht mehr ausschließlich Empirie und Logik zentral waren. In der alten Lehrerbibliothek des BG9 befand sich Alois Höflers Grundlehren der Logik. 1907 war es in der vierten Auflage erschienen.7 Höfler legt hier in § 4 den Aufgabenbereich des Philosophischen Propädeutikums (προ- παιδευειν) fest, geht aber darin auch auf Themen der Psychologie ein. Psychologie erscheint bei ihm als Wissenschaft von den psychischen Tatsachen, die Logik als Lehre vom richtigen Denken, die Ethik als Lehre vom richtigen Wollen, die Ästhetik als Lehre vom richtigen Schönen. Für die Philosophische Propädeutik in der 7. Klasse war das Lehrbuch von Lindner/Leclair, das Lehrbuch der allgemeinen Logik in Verwendung (1914erschien es in der 6. Auflage) in der 8. Klasse dann das Lehrbuch der empirischen Psychologie (Lindner/Lukas/Leclair). Zwi-
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(sic.) der Naturwissenschaften, Stuttgart (Verlag von Ferdinand Enke) 1889,187.Das Buch trägt den Bibliotheksstempel des K.K. Staatsgymnasiums, IX. Bezirk. Es befand sich also im Bestand der Lehrerbibliothek des Wasagymnasiums. Dominik Schobel, Alois Höflers Beitrag zur Konsolidierung des Philosophischen Einführungsunterrichts. Eine am Grazer Nachlass orientierte Untersuchung, Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz, 2017, 82. Richard David Precht. Sei du selbst. Eine Geschichte der Philosophie. Band 3. Von der Philosophie nach Hegel bis zur Philosophie der Jahrhundertwende, München 2019, 543. Alois Höfle , Grundlehren der Logik, Leipzig/Wien 41907. (Es handelt sich um einen unveränderten Abdruck aus der Gesamtausgabe von „Höflers Grundlehren der Logik und Psychologie“, approbiert mit K.K. Ministerialerlasz (sic.) vom 29. Januar 1903,Zahl 2326.Alois Höfler war Professor an der Deutschen Universität in Prag.)
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schen den Fächern Psychologie und Philosophie wurde noch nicht scharf unterschieden. Die Gesetze des „richtigen Denkens“ (Logik) wurden in Übereinstimmung mit den psychologischen Gesetzen zu erfassen versucht.8 Es ging um das Verifizie en, um das Experiment, um Beweise, um das Messen und das Wiegen. Schlagwörter in der Psychologie waren: Psychophysischer Parallelismus, Psychophysik, Sinnesphysiologie, Theorien zur Apperzeption, Logik. Was fürs Erste wie der Erfolgsbericht wissenschaftlich-engagierter Orientierung anmutet, das stellt sich in Quellentexten dieser Zeit sehr viel widersprüchlicher dar. Wie sehr die Naturwissenschaften von den Geisteswissenschaften entfernt waren, lässt sich in Ernst Halliers Kulturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Beziehungen zu der Entwicklung der Naturwissenschaften (Stuttgart 1889) nachlesen. Das dickleibige, ledergebundene Werk befand sich in der alten Lehrerbibliothek des Wasagymnasiums.9 Mit Alois Höfler (1853–1922) kommt Bewegung in den Schulbuchmarkt. Es ist ein Markt, der bis dahin von den Lehrbüchern von Robert Zimmermann und Gustav Lindner dominiert worden war. Höfler unterrichtete als Lehrer im Gymnasium The esianum in Wien. Nach seiner Habilitation lehrte er als Universitätsprofessor in Prag und Wien das Fach Pädagogik. Er kritisiert die damals üblichen Lehrbücher, ist ein starker Befürworter des humanistischen Gymnasiums und lehnt die von den Sozialdemokraten propagierte Einheitsschule ab. Bereits 1884hatte Alois Höfler an der Propädeutik und an den von ihm als minderwertig eingestuften Lehrbüchern harsche Kritik geäußert. An der Psychologie von Gustav Lindner und seinem Lehrbuch der philosophischen Propädeutik lässt er kein gutes Haar.10 Blicken wir auf den Lehrplan von 1927.Einerseits sollen Schüler „auf das Ganze der Natur“ und auf das Geistesleben sensibilisiert werden, „die vielfachen Zusammenhänge“ begreifen, und – man höre und staune – auch ein „Verständnis dafür gewinnen, dass Wissenschaft und Leben letzte Fragen offenlassen. 11 Huemer, von Arnim und Zilsel
Johann Huemer Wie zentral der Begriff der Wissenschaftlichkeit für die Schulen war, lässt sich am Nachlass von Johann Huemer erkennen. Nach zwölf Jahren im Schuldienst im Wasagymnasium – er unterrichtete das Fach „Griechisch“ – avancierte er zum Referenten im Mittelschuldepartement des
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Vgl. Wilhelm Krause, Geschichte der Philosophie im Überblick, Wien 1954, 56. Diese Kulturgeschichte aus der alten Lehrerbibliothek trägt den Stempel „K.K. Staatsgymnasium im IX. Bezirk, Wien, Bibliothek“. Vgl. Dominik Schobel, Alois Höflers Beitrag zur Konsolidierung des Philosophischen Einführungsunterrichts. Eine am Grazer Nachlass orientierte Untersuchung, Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz, 2017, 20. Lehrplan 1927, 44, zit. nach oJ sef Pircher 2010, a.a.O, 86.
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K.K. Ministeriums für Kultus und Unterricht. Testamentarisch verfügte er, dass seine wissenschaftliche Bibliothek dem Bestand der Lehrerbibliothek des Wasagymnasiums eingegliedert werden 606 Publikationen aus diesem Nachlass aufgewerden soll. Im Jahresbericht 1915/1916 12 listet. Wie Alfred Kappelmacher in seinen einleitenden Worten dieser Festschrift feststellt, war Huemer „stets davon überzeugt, dass nur ein auf voller wissenschaftlicher Basis aufgebauter Unterricht zum Ziele“ führen würde.13 Huemer setzte sich auch für den Zeichenunterricht ein, ebenso für die Fächer Französisch und Englisch. Und – für Stenographie.14 Die Huemer-Bibliothek im Wasagymnasium enthielt Schriften zum Thema „Film und Lichtbild“. Eine wichtige Rolle spielte damals die Wiener Urania. Von der Wasagasse war es kein langer Fussmarsch zur Urania am Schwedenplatz. In der Huemer-Bibliothek befanden sich auch Gesetzestexte, die das Dienstverhältnis der Staatsbeamten betrafen, Texte zur Geschichte der Erziehung, natürlich auch die Lehrpläne, Mitteilungen des Vereines der Freunde des humanistischen Gymnasiums, Prüfungsvorschriften für den Unterricht, Schulordnungen und Weisungen in Bezug auf Die Unterrichtsanstalten für die weibliche Bevölkerung der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie (Wien, 1908). Die Schüler des Wasagymnasiums wurden stets angehalten kritisch zu denken. Unter „Wahrheit“ steht bei Alois Höfler beispiels eise zu lesen, dass es sich dabei um eine Eigenschaft des Urteilens handeln würde. Wirklich wissenschaftlich begründet er das allerdings nicht. „Evidenz“ und „Einleuchten“ ist für Höfle , dem Professor an der Deutschen Universität in Prag, dasselbe. In die verführerische rhetorische Ästhetik des Bildungs-Lateins übersetzt, lautet das Credo: „qui nimium probat, nihil probat.“15 Hans Friedrich August von Arnim (1859–1931) Eine besondere Autorität in der Frühzeit unseres Gymnasiums, als es noch K.K. Maximilian-Gymnasium hieß, war Hans von Arnim16. Als Philologe und Graekologe beeinflusste er 12
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Der Jahresbericht des Schuljahrs 1915/1916 wurde im Selbstverlag des Gymnasiums veröffentlicht. Gedruckt wurde er bei Holzwarth & Berger in der Kolingasse Nr. 10. Die Broschüre enthält eine Liste an Büchern, die der 1915verstorbene Referent im Mittelschuldepartement des K.K. Ministeriums für Kultus und Unterricht Hofrat Dr. Johann Huemer dem Gymnasium vermacht hatte. Mit der heutigen Wissenschaft hat der Wissenschaftsbegriff von damals wenig zu tun. Erkennbar ist das auch anhand der Geschichte der Philosophie von Albert Schwegler, Kants Kritik der reinen Vernunft und Der Begriff des Charakters bei Plato und Aristoteles, Stuttgart 1878. Der Blick auf die Publikationen der Huemer-Bibliothek gleicht einer Zeitreise. Gemäß der geforderten Wissenschaftsorientierung finden sich in dieser Lehrerbibliothek zwei Lehrbücher zum Thema „Logik“: H., Nitsche, Lehrbuch der Logik, Innsbruck, 1888;Th., Ziegler, Lehrbuch der Logik, Schaffhausen 1876 Die Huemer-Bibliothek enthielt zwei Publikationen von Alois Höfler: Alois Höfler/A., Alexius, Meinung. Über Annahmen, Berlin 1906; Alois, Höfler/ t., Witasek, 100 psychologische Schulversuche, 2. Aufl., Leipzig 1903 Sämtliche im folgenden angegebenen Daten der WorldCat Identities wurden vom Autor am 22. Juni
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wesentlich die philosophischen Diskurse um 1900. Sein Name fehlt deshalb nicht in philosophischen Nachschlagewerken. Ursprünglich Gymnasiallehrer, machte er Karriere als Universitätsprofessor. 1900 wurde er an die Gräzistik der Universität Wien berufen und unterrichtete schließlich von 1921bis 1930als Professor für klassische Philosophie in Wien. Mit dem Wasagymnasium stand er in enger Verbindung. Im Juli 1903war er Matura-Vorsitzender am BG9. Er besuchte hier 1908immer wieder den Griechischunterricht, um sich ein Bild zu machen, wie die Lehrer der Unter- und Oberstufe ihren Unterricht gestalteten.17 Hans von Arnim schrieb einen ausführlichen Beitrag für ein dickleibiges, ursprünglich in der alten Lehrerbibliothek des BG9 archivierten Buches Allgemeine Geschichte der Philosophie zum Thema Die europäische Philosophie des Altertums. Als Griechenland-Experte war Hans von Arnim natürlich ein Bewunderer von Aristoteles. In Zusammenhang mit induktivem und deduktivem Schlussfolgern erklärt Hans von Arnim hier: Das Ideal des Wissens vollendet sich in der deduktiven Methode, die das Einzelne aus dem Allgemeinen ableitet und aus seinen Gründen als notwendig beweist. Aber die Deduktion kann erst an ihre Arbeit gehen, wenn ihr die Induktion vorgearbeitet hat. Zu den Prinzipien jeder einzelnen Wissenschaft kann man nur auf dem Wege der Induktion gelangen. Hiermit hängt es auch zusammen, dass Aristoteles der ‚Dialektik‘ eine Bedeutung für die Auffindu der Prinzipien zuschreibt. Unter dialektischen Schlüssen versteht er die Prüfungsschlüsse aus plausiblen Prämissen (ενδοξα).18
Hans von Arnim weiter: Auf der Grundlage der Syllogistik baut sich bei Aristoteles die Lehre vom wissenschaftlichen Beweis als der Quelle des wahren Wissens auf. Um einen Syllogismus zum wissenschaftlichen Beweis zu machen, muss zu der formalen Richtigkeit, deren Bedingungen in der ersten Analytik erörtert werden, noch etwas weiteres hinzukommen. Die Prämissen müssen wahr und notwendig sein, damit auch der Schlußsatz diesen Charakter habe.19
Aristoteles sieht in der Logik übrigens bloß eine wissenschaftliche Methodenlehre. Wegen ihres formalen Charakters gilt sie ihm nicht als Teil der Philosophie.20
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2020 erhoben. Hier die Daten zu Hans Friedrich August von Arnim: WorldCat Identities: 302 works in 1227 publications in 9 languages and 7708 library holdings. Vgl. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, Schuljahr 1951/52,erstattet vom Direktor der Anstalt Dr. Michael Vogelsang. Wien 1952, 8. Hans von Arnim, Die Europäische Philosophie des Altertums, in: Paul Hinneberg (Hg.), Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Teil I Abteilung V. Allgemeine Geschichte der Philosophie, Berlin/Leipzig 1909 (Druck und Verlag von B. G. Teubner), 115–287, hier 172. Ebd., 169. Ebd., 166.
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Edgar Zilsel (1891–1944) Edgar Zilsel21 war 1937/38Lehrer des Wasagymnasiums und engagierte sich in der Lehrerausbildung im „Pädagogischen Institut der Stadt Wien.“ 1938 wurde er zwangspensioniert und gezwungen zu emigrieren. Als Mitglied des Wiener Kreises erlangte er Weltgeltung. In einem Artikel über den einführenden Philosophieunterricht, erschienen 1921,plädiert er für Ethik und Kunst: Doch auch in der Schule, die ja mehr sein will als eine Stätte bloß intellektualistischen Unterrichts, wird die Philosophie nicht bei der Synthese des auf den die verschiedenen Lehrgegenstände verteilten Wissensstoff halt machen; in die zu g winnende Einheit wird sie vor allem jene Ziele und Probleme einfügen müssen, die das werdende Glied der menschlichen Gesellschaft, des Volkes und des Staates bewegen. So werden die Grundprobleme der Ethik, der Philosophie des Staates und der Kunst einen sehr wesentlichen Teil des Propädeutiklehrplans ausmachen müssen.22
Zilsel denkt schülerzentriert, wenn er feststellt, dass jeder Schüler bei der Erarbeitung der Problemstellungen selber mitwirken müsse. Und er kommt zum Schluss, dass ohne eine solche Beteiligung der Philosophieunterricht gänzlich entbehrlich wäre.23 Aus heutiger Sicht liest sich das wie eine prototypische Verfassung für den heutigen Kompetenzdiskurs. Carnap, Wundt und Freud
Rudolf Carnap und das Thema „Logik“ Es existiert stets eine Hintertreppe, die aus dem angeblich so glasklaren Wissenschaftsbezirk in die Welt des nicht so ganz Klaren führt. Weder Lehrende noch Philosophen wollten sich deshalb der Logik-Zentrierung rückhaltlos ergeben. Mit dem Organon der Logik 24 zu beweisen, dass metaphysische Begriffe wie „Gott“ oder sucht Rudolf Carnap (1891–1970) 25 „Urgrund“ gegenstandslos wären. Davon konnte in einem humanistischen Gymnasium in 21 22
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Die Daten zu Edgar Zilsel: WorldCat Identities: 65 works in 236 publications in 4 laguages and 1744 library holdings. Edgar Zilsel, Der einführende Philosophieunterricht an den neuen Oberschulen, in: Volkserziehung. Nachrichten des Österreichischen Unterrichtsamtes, Stück 1, 1921,325,zit. nach Josef, Pircher, Der philosophische Einführungsunterricht in Österreich ab 1848. Eine vergleichende Lehrplan- und Schulbuchanalyse im Kontext Österreichischer Philosophie und wissenschaftlicher Weltauffassung, Diplomarbeit, Wien 2010, 84. Vgl. ebd., 337. Die Daten zu Rudolf Carnap: WorldCat Identities: 737 works in 2888publications in 10 languages and 39.986 library holdings. Vgl. Rudolf Carnap, Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache, in: Erkenntnis 2 (1931), 225ff
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dieser radikalen Form natürlich keine Rede sein. Gott – natürlich der christliche – und die griechischen Götter der Mythen spielten hier schließlich in der Gesellschaftswahrnehmung und der Stabilisierung von Herrschaft die Hauptrolle. Aristoteles und seine Logik, gut und schön. Aber mit Logik der Moderne, mit Rudolf Carnap, der mit Bildungs-Spielen der Symbol-Kompetenzen aufräumen will und nur das rationale Denken gelten lässt. Carnap: „Ein Begriff da f nicht axiomatisch eingeführt werden, sondern muß aus den undefinie t vorausgesetzten Grundbegriffen durch schrittweise explizite Definitionen konstruiert werden.“26 Diese Form einer radikalen Logik spielt heute weder im Unterricht noch in den Lehrplänen eine Rolle. Im Philosophielehrbuch von Katharina Lacina, das heute im Wasagymnasium im Philosophieunterricht in Verwendung ist, finden Logik, Induktion und Deduktion nur kurz Erwähnung. Die Reflexion der egriffe nduktion und Deduktion führt zur Wissenschaftskritik, die im Lehrbuch von Katharina Lacina durch ein Interview mit Martin Kusch (geb. 1959)– er unterrichtet an der Universität in Wien – anschaulich wird. Aktualität besitzt das Thema des induktiven Schließens schon deshalb, weil jede so genannte FakeStudie heute auf induktiven Schlüssen beruht. Es handelt sich dabei um Korrelationen ohne kausale Zusammenhänge, also um reine Artefakte, die die Interessen verschiedener Wirtschaftsbereiche (Pharmaindustrie, Nahrungsmittelindustrie etc.) unterstützen sollen und ins Marketing einfließen 27 Ausführlicher wird die Logik im Lehrbuch von Christian Fischill behandelt.28 Auf wenige Begriffe und Zeilen reduziert, erscheint „Logik“ im Lehrbuch von Gerhard Donhauser (Wien 2015),ebenso im Lehrbuch von Georg Cavallar (Wien 2020), er unterrichtet am BG9. Wilhelm Max Wundt Welterklärung in der Institution Schule sollte sich stets entlang der Naturwissenschaften bewegen. Insbesondere Philosophie und Psychologie bemühten sich hier um Anknüpfungspunkte an eine empirische Methodik, also um das, was sich messen lässt. Ein Pionier der 29 . Der Psychologe hat Empirie im Bereich Psychologie war Wilhelm Wundt (1832–1920) zwar nicht unmittelbar etwas mit dem Wasagymnasium zu tun, wohl aber strahlte seine Forschung auf die Inhalte aus, die hier unterrichtet wurden. Die in der alten Lehrerbibliothek des K.K. Maximilian-Gymnasiums30 enthaltene„Allgemeine Geschichte der Philosophie 26 27 28 29 30
Rudolf Carnap, Die logizistische Grundlegung der Mathematik, in: Erkenntnis 2, 1931,zit. nach Wilhelm, Büttemeyer (Hg.). Philosophie der Mathematik, München 2003, 117–129, hier 125ff Katharina Lacina, Reflexionen, Wien 2018. Christian Fischill, Philosophie, Wien 2020. WorldCat Identities: 1490 works in 4745 publications in 7 languages and 29.918 librar y holdings. Am 19. Mai 1896erhielt das Gymnasium anlässlich der 25-Jahr-Feier durch kaiserlichen Entschluß den Namen Maximilian-Gymnasium. Erzherzog Ferdinand Maximilian Joseph Maria von Österreich war der Bruder von Kaiser Franz Joseph. Aufgrund seines Standortes wurde das Gymnasium allerdings immer „Wasagymnasium“ genannt.
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– die auch eine groß angelegte philosophiegeschichtliche Darstellung von Hans von Arnim enthält, von dem bereits die Rede war – eröffnet mit der on Wilhelm Wundt geschriebenen Abhandlung über Die Anfänge der Philosophie und die Philosophie der primitiven Völker. Darin spricht Wundt – offenkundig rassistisch – als Professor für Anthropologie den Naturvölkern den Gebrauch des Gehirns ab, wenn er feststellt: Bei den Naturvölkern spielt im Allgemeinen der Körperteil, den wir heute gewohnt sind als den Sitz der Seele zu betrachten, der Kopf, mit verschwindenden Ausnahmen kaum eine Rolle. Auch wenn Plato im Timäus die denkende Seele in den Kopf verlegt (Timäus 69C), so sind hier ganz andere spekulative Gründe offenbar maßgebend, als wie sie sonst für die Bestimmung des Seelenlebens gelten: Das Haupt als das edelste Körperteil ist für den Philosophen der allein würdige, um die unsterbliche Psyche zu tragen. In der Wissenschaft hat sich erst seit dem 16. und 17. Jahrhundert, in der Philosophie vor allem unter dem Einflu Descartes‘ die neue Ansicht durchgesetzt. Noch Thomas Hobbes hält mit Aristoteles und der Scholastik das Herz für den Hauptsitz der Seele.31
Wilhelm Wundt (1832–1920)war in Heidelberg Professor für Anthropologie und Medizinische Psychologie. 1875gründete er in Leipzig, an der Universität Fechners und Webers, seine „Experimental-Psychologische Versuchsanstalt“, die 1884unbenannt wurde in „Institut für experimentelle Psychologie. Wundt bemühte sich, ein philosophisches System zu entwickeln, in dem auch die Psychologie ihren Platz haben sollte. Politisch betrachtet zählte er zum konservativ-bürgerlichen Lager. „Nationalitäten“ waren für Wundt Ausdruck von Willensgemeinschaften. Hier ein Auszug aus dem Haupttext seines Einleitungskapitels zu der oben erwähnten Philosophiegeschichte: Der zweite Seelenbegriff, der an die ursprüngliche Einheit von Körper und Seele anknüpft, gehört, namentlich in seinen ausgebildeteren Formen, einer späteren Stufe an. Es ist der Begriff der rgan-Seele, des Sitzes einer Seele in mehreren Körperorganen, mit dem sich dann meist zugleich die Vorstellung von einer verschiedenen Leistung dieser Organseelen, also der erste Anfang einer Unterscheidung der später sogenannten ‚Seelenvermögen‘ verbindet. (...) Die ältesten Sitze der Seele scheinen die Nieren und das Blut zu sein.32
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Wilhelm Wundt, Die Anfänge der Philosophie und die Philosophie der primitiven Völker, in: Paul, Hinneberg (Hg.), Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Teil I Abteilung V. Allgemeine Geschichte der Philosophie, Berlin/Leipzig 1909(Druck und Verlag von B. G. Teubner), 1–31,hier 30. (Das Buch trägt den Stempel „K.K. Maximilian-Gymnasium, Lehrerbibliothek, Wien IX. Wasagasse 10“) Ebd., 13.
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Sigmund Freud (1856–1939) In den 1920er- und 1930er-Jahren wurde die Tiefenpsychologie ignoriert. Erst in den 1970erJahren wurde sie ausführlich, beispielsweise von Günter Lachawitz, im Unterricht des Wasagymnasiums behandelt. Günter Lachawitz teilte dem Autor dieses Artikels mit, dass er dem Thema „ reud“33 heute nicht mehr so viel Raum geben würde, wie er es damals getan hätte. Freud – so Lachawitz – wäre zwar wichtig für die Kultur- und Literaturgeschichte, nicht so sehr aber für die Psychologie. Diese Einschätzung deckt sich mit dem, was wir heute im Unterricht vermitteln. Der Autor weist in seinem Unterricht besonders auf Freuds Bedeutung für die Kunst hin. Ohne Freuds „Traumdeutung“ hätte der Surrealismus auf eine entscheidende Inspirationsquelle verzichten müssen. Man denke nur an die Gemälde und Objekte von Salvador Dalí, der sich intensiv mit Freuds Schriften beschäftigte und ihn auch persönlich, im Exil in London, kennengelernt hat. Doch von einem solchen diffe enzierenden Zugang zu Freud war man in den 1920erJahren noch weit entfernt. 1891zog Freud – übrigens gegen den Willen seiner Frau – in die Berggasse 19 ein. Dort arbeitete und wohnte er siebenundvierzig Jahre lang. Die führenden Psychologen waren damals Wundt und Mach. Freud zählte nicht zu dieser Liga. Die universitäre Welt ignorierte ihn. Viele der Kleingewerbetreibenden in dieser Gegend gaben ihre Söhne ins Wasagymnasium. Im Jahr, als Freud in die Berggasse zog, überwogen die jüdischen Schüler im BG9. Der Jahresbericht des Wasagymnasiums listet die Verhältnisse auf: „Immer mehr wächst entsprechend der Zusammensetzung der Bevölkerung des IX. Bezirkes die Zahl der israelitischen Schüler, bis sie im Jahr 1891 die der katholischen um mehr als 100 über trifft. as Verhältnis ist 299 zu 113.“34 Zivilisationsbruch und „Rassenhygiene“
Aus der Allgemeinen Geschichte der Philosophie, herausgegeben von Paul Hinneberg und erschienen 1909– das Buch trägt den Stempel der Lehrerbibliothek des damals so genannten K.K. Maximilian-Gymnasiums – lässt sich das Spektrum dessen abschätzen, was im Philosophie- und Psychologieunterricht vermittelt wurde. Die Philosophiegeschichte endet mit dem deutschen Idealismus, mit Hegel, und der Klage, dass sich die Philosophie im 19. Jahrhundert „in einem Zustand buntester Zersplitterung“ befunden hätte.35 33 34 35
Sigmund Freud: WorldCat Identities: 18.509 works in 52.043 publications in 30 languages and 955.520 library holdings. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, Schuljahr 1951/52,erstattet vom Direktor der Anstalt Dr. Michael Vogelsang, Wien 1952, 7. Wilhelm Windelband, Die neuere Philosophie, in: Paul Hinneberg (Hg.), Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Teil I Abteilung V. Allgemeine Geschichte der Philosophie, Berlin/
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Nietzsche gilt in diesem Meinungschaos mit seinem Konzept der Umwertung der Werte, dem Bekenntnis zur Individualität, als Erlöser. Ganz dem Geniebegriff seiner eit verhaftet, polemisiert er gegen die Masse, gegen die „Viel-zu-vielen“ und propagiert den Übermenschen. Er soll das Ideal der genialen Persönlichkeit verkörpern und letztlich „mit dem ganzen Wust der Tradition“ brechen. Friedrich Nietzsche beschwört „Auslese“, „Züchtung“ und „Eugenik“, raunt von einem Sturm, der kommen und all das „Faule und Wurmfressende“ vom Baume schütteln würde. In seinen Notizen wird Nietzsche radikal. Hier geht es ihm gleich um die Vernichtung von Millionen von Menschen. Die Nazis konnten mit ihrer Ideologie der Herrenrasse an diesen Gedanken nahtlos anschließen. Der Bruch mit der Tradition, wie ihn sich Nietzsche vorgestellt hatte, mutierte zum Zivilisationsbruch. Dem kranken und schwachen Nietzsche war jedes Mittel recht, um gehört zu werden. Und er wurde gehört. Die Chef-Ideologen der Nazis sahen in Nietzsches launigen Aphorismen einen weiteren Baustein im Führungsgefechtsstand der Propaganda. Die Schulen erhielten ein Buch von Wilhelm Hartnacke zum Thema „Seelenkunde“, das die Minderwertigkeit bestimmter „Rassen“ empirisch zu belegen sucht.36 Diese Publikation befand sich in den Beständen der alten Lehrerbibliothek des BG9. Hanns Sachs, Philipp Frank, Ernest Dichter, Franz Selety
Im Jahresbericht des Wasagymnasiums aus dem Jahr 1951/52wird über die Nazizeit Folgendes berichtet: Das Jahr 1938 bringt großes Leid über die Anstalt. In den letzten Apriltagen muß das angestammte Gebäude in der Wasagasse geräumt werden und wird politischen Zwecken dienstbar gemacht. Die arischen Schüler werden an andere Anstalten verteilt (Währing, Döbling usw.). Mit den israelitischen Schülern muß Dir. Ernst in die Kalvarienberggasse übersiedeln und dort diesen Teil der Anstalt liquidieren. Nach Schließung des geistlichen Schottengymnasiums werden Lehrkörper und arische Schüler des Wasagymnasiums, vereint mit den Schülern des Schottengymnasiums, dort untergebracht und die Anstalt als Staatsgymnasium Wien I, Freyung, weitergeführt. Die reichen Sammlungen des Wasagymnasiums verblieben zum Teil im XVII. Bezirk, zum Teil litten sie durch den zweimaligen Umzug sehr. Viel Wertvolles ging dadurch verloren. Ein Teil der nichtarischen Lehrer und Schüler, die nicht rechtzeitig ins Ausland flüchten konnten, wu den ein Opfer der Verfolgungen. Und so kommt es, daß von diesen ehemaligen Schülern nur spärliche Kunde an die Anstalt kam. Von manchen drangen anläßlich der Mitteilungen über die 80-Jahr-Feier Lebenszeichen aus Amerika. Einige bekleiden in der neuen Welt recht angesehene Stellungen.37
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Leipzig 1909, 382–543, hier 538. Wilhelm Hartnacke. Seelenkunde vom Erbgedanken aus, München/Berlin 1940. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, Schuljahr 1951/52,erstattet vom Direktor der Anstalt
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Viele Schüler des BG9 wurden ermordet. Aber manchen gelang die Flucht, gelang ein Leben außerhalb ihrer „Heimat“, das ja nur mehr aus einer Maschinerie der Selbstvernichtung bestand. war ein Österreichischer Psychoanalytiker, Jurist und ein früher Hanns Sachs (1881–1947) Mitarbeiter Sigmund Freuds. Er maturierte 1899im Wasagymnasium, studierte Rechtswissenschaften an der Universität in Wien, promovierte dort 1904 und arbeitete danach als niedergelassener Rechtsanwalt. Er war ein eifriger Besucher der Vorlesungen von Sigmund Freud und 1909Mitglied der Mittwochs-Gesellschaften. Gemeinsam mit Otto Rank gab er die Zeitschrift „Imago“ heraus. Erwähnenswert ist der Umstand, dass Hanns Sachs als wissenschaftlicher Berater für den legendären Stummfilm von Georg Wilhelm Papst „Geheimnisse einer Seele“ hinzugezogen wurde, der entscheidend das Bild der Gesellschaft in Bezug auf Freud und die Tiefenpsychologie geprägt hat. Der Stummfilm kam 1926 in die Kinos. Sachs emigrierte 1932in die USA. Philipp Frank (1884–1966)war ein Österreichischer Philosoph, Physiker und Mathematiker. Er studierte Physik an der Universität in Wien, promovierte da 1907 im Fach „theoretische Physik“ und kam durch sein Interesse an philosophischen Fragen auch in Kontakt zu den Philosophen aus dem „Wiener Kreis“. Frank kommunizierte intensiv mit Albert Einstein. 1910habilitierte sich Frank an der Wiener Universität. Er emigrierte in die USA und unterrichtete an der Harvard-Universität. Bereits 1943 wurde Frank in die „American Academy of Arts and Science“ aufgenommen. Ein anderer, der sein Glück in den USA fand, war Ernest Dichter (1907–1991). D ichter studierte ursprünglich deutsche Literatur und Romanistik an der Universität in Wien. 1934 machte er seinen Doktor bei Karl Bühler, eröffnete bald danach seine psychoanalytische Praxis und arbeitete bei der Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle gemeinsam mit Paul Lazarsfeld. 1938emigrierte Dichter in die USA. Erfreulicherweise war er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und wurde zum Pionier der Marktpsychologie, unter anderem mit seinen Forschungsprojekten über die Wirkung von „Soap Operas“. Er gilt als Vater der tiefenpsychologisch begründeten Marktforschung, als „Vater der Motivforschung“. Eine weitere bemerkenswerte Persönlichkeit ist Franz Selety. Selety maturierte 1911im Wasagymnasium, studierte danach Philosophie, Psychologie und Physik und publizierte wissenschaftliche Abhandlungen, die bei den Fachkollegen sofort Resonanz auslösten. Zum Beispiel jene mit dem Titel Die Unendlichkeit des Raumes und allgemeine Relativitätstheorie. In dieser Abhandlung versucht Selety zu beweisen, dass Einsteins Einwände gegen die Unendlichkeit des Raumes, wie dieser sie in seinen „Vier Vorlesungen“ (1922) darstellt, falsch wären. Ab 1917 führte Selety einen kurzen Briefwechsel mit Albert Einstein. Doch das Interesse seitens Einsteins währte nicht lange. Ab den 1920er-Jahren verlieren sich sämtliche Spuren zum weiteren Verlauf des Lebens von Selety. Dr. Michael Vogelsang, Wien 1952, 10.
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Die anthropologische Wende
Nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki war Amerika genötigt, diesen finalen Schritt in der Kriegsführung legitimieren zu müssen. In der alten Lehrerbibliothek des BG9 befand sich ein Buch von Werner Heisenberg mit dem Titel Physik und Philosophie, erschienen 1959.38 Heisenberg erklärt in seinem Buch, dass eine Atombombe nicht unbedingt schlecht sein muss. Wie in dem von Disney produzierten Dokumentarfilm mit anschaulichem Zeichentrick für das Fernsehen, beruft sich Heisenberg auf einen antiken Begriff des Atoms. Der Atomwahnsinn zerstäubt in dem Gerede um Thales und die Götter. „Der Begriff Atom ist viel älter als die Naturwissenschaft“, schrieb Heisenberg.39 Von Thales on Milet ist die Rede, der im 6. Jahrhundert vor Christus gelebt hat und von Anaximander, einem Schüler von Thales Für den Vergleich der antiken Philosophie mit unseren heutigen Problemen mag die Bemerkung von Interesse sein, daß die Frage, ob der Grundstoff eine der bekannten Substanzen oder etwas davon Verschiedenes, diesen Übergeordnetes sein sollte, in neuer Form auch im modernsten Teil der Atomphysik wiederkehrt.40
Das propagandistische Ziel von Heisenbergs Publikation bestand darin, ein positives Bild von jener Nation zu vermitteln, die mit zwei Atombomben den Zweiten Weltkrieg beendet hatte. Mit 1962 und dem Schulunterrichtsgesetz konstatiert die sozialwissenschaftliche Historiographie eine „anthropologische Wende“ in den Lehrplänen für die Fächer Psychologie und Philosophie.41 Der Begriff „Wissenschaft“ verliert in den Lehrplänen an Bedeutung. Wenige Jahre später heißt es im Lehrplan von 1967: In der Psychologie ist die besondere Eigenart des Psychischen deutlich zu machen und dabei sowohl der Unterschied zum Körpergeschehen als auch der Zusammenhang damit herauszuarbeiten. Ein Überblick über die grundlegenden Bewußtseinsphänomene und Verhaltensweisen soll zu einem Gesamtbild der Persönlichkeit führen. Darüber hinaus ist zu zeigen, daß die Menschen verschieden sind, in Wechselbeziehung zu Mitmenschen und Gemeinschaften stehen und eine Entwicklung durchmachen.42 38 39 40 41
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Das amerikanische Physics and Philosophy erschien erstmals 1958,in: the World Perspective Series, herausgegeben von Dr. Ruth Nanda Anshen (Harper & Brothers, New York). Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Stuttgart 1959, V ( erlag S. Hirzel), 43f. Ebd., 45. Vgl. Josef Pircher, Der philosophische Einführungsunterricht in Österreich ab 1848. Eine vergleichende Lehrplan- und Schulbuchanalyse im Kontext Österreichischer Philosophie und wissenschaftlicher Weltauffassung, Diplomarbeit, Wien 2010, 84. Zit. nach Josef Pircher, Der philosophische Einführungsunterricht in Österreich ab 1848. Eine verglei-
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Der Stil bleibt holprig und Leerformeln werden getrommelt, wenn es um die Leitlinien im Philosophieunterricht geht: In der Philosophie sind die Schüler mit wesentlichen Problemen und Lösungsversuchen bekannt zu machen, zu selbständigem und kritischem Denken zu führen und mit tragenden Werten des abendländischen Denkens zu konfrontieren. Der gesamte Unterricht in diesem Gegenstand soll zur Achtung vor der geistigen Leistung und den Ansichten Andersdenkender erziehen. Darüber hinaus soll er dem jungen Menschen helfen, ein eigenes Welt- und Menschenbild zu finden, nach dem Sinn seines Lebens zu fragen und verantwortungsbewußt handeln.43
Das Thema „Wissenschaft“, bislang ein Schlüsselbegriff in den Lehrplänen für die Fächer Psychologie und Philosophie, erscheint nun in einer Nebenrolle oder gar in der ideologischen Formulierung des „wissenschaftsgläubigen Intellektualismus.“44 Nun stehen lebenspraktische Aspekte im Vordergrund. Philosophie soll zu so etwas wie zu einer „Lebenshilfe“ werden.45 Wilhelm Krause
1954veröffentlichte der Österreichische Bundesverlag eine Geschichte der Philosophie im Überblick von Wilhelm Krause. Er war lange Zeit Lehrer am BG9. 1960/61unterrichtete er im Wasagymnasium die Fächer Griechisch und Sanskrit. Er verwaltete die Lehrerbücherei und lehrte auch als Dozent für klassische Philologie an der Universität in Graz. Im Vorwort seiner Philosophiegeschichte schreibt Krause: In der 7. und 8. Klasse der Mittelschule werden philosophische Texte in Latein, Griechisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und den anderen modernen Sprachen gelesen, kommen in Religion und Geschichte philosophiegeschichtliche Fragen zur Sprache, werden in Mathematik, Physik, Chemie und Biologie philosophische Probleme gestreift.46
Krause beklagt allerdings, dass Mittel für eine umfassende Darstellung der Geschichte der Philosophie fehlen und die Lehrpläne eine solche gar nicht vorsehen würden. Krauses Philo-
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chende Lehrplan- und Schulbuchanalyse im Kontext Österreichischer Philosophie und wissenschaftlicher Weltauffassung, Diplomarbeit, Wien 2010, 102. Ebd. Ebd., 103. Ebd., 102. Wilhelm Krause Geschichte der Philosophie im Überblick, Wien 1954.Laut Erlass des Bundesministeriums für Unterricht vom 3. April 1954,Zahl 30.279-IV/15/54zum Unterrichtsgebrauch als Lehrbehelf an der Oberstufe der Mittelschulen und an den Lehrer(innen)-Bildungsanstalten zugelassen.
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sophiegeschichte war bereits 1950 als Beilage der „Österreichischen Lehrerzeitung“ erschienen und sollte als „letzte Wiederholung“ für die Reifeprüfung dienen. Dementsprechend knapp, oft nur mit wenigen Begriffen, werden Philosophen der Antike, des Christlichen Altertums und des Mittelalters, sowie der Neuzeit charakterisiert. 1959erschien das Psychologielehrbuch von Ernst Novotny bereits in sechster Auflage Schulbücher und Lehrpläne
Am 9. Juli 1972wird im Österreichischen Nationalrat die Einführung der Schulbuchaktion beschlossen. Damit beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte des Schulbuchs. Denn nun besitzt jeder Schüler ein Schulbuch des jeweiligen Unterrichtsfaches in der Schule. Das bedeutet, dass die staatlich vorgegebenen Unterrichtsinhalte sehr viel genauer und auf den Lehrplan bezogen vermittelt werden müssen. Das Lehrbuch wird zum Fahrplan der schulischen Bildung. Laut Bundesgesetzblatt vom 4. September 1970 sieht die Regierung für den Philosophischen Einführungsunterricht folgende Bildungs- und Lehraufgaben vor: Die wesentlichen Erkenntnisse der Psychologie sollen die Studierenden das Verhalten der Mitmenschen in verschiedenen Lebenslagen verstehen lernen. Gleichzeitig soll das eigene Tun und Lassen bewußter erlebt und die Bedeutung der Psychologie für alle Bereiche des menschlichen Lebens erkannt werden. Ausgehend von der Psychologie des Kindes und des Jugendlichen soll das Verständnis für die Grundfragen der Erziehung geweckt werden. In einem kurzen Lehrgang der Logik sollen die Studierenden so weit mit den allgemeinen Denkformen bekannt gemacht und im kritischen Denken geschult werden, daß sie das logische Denken bewußter ausüben, die Richtigkeit von Behauptungen besser beurteilen und Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen finden können. Der Unterricht in Philosophie soll das Verständnis philosophischer Probleme anbahnen. Er soll die Achtung vor der geistigen Leistung großer Denker und vor den Ansichten Andersdenkender vermitteln. Darüber hinaus soll er mithelfen, ein eigenes Welt- und Menschenbild zu finden, und zur rhellung des Lebenssinnes und zu verantwortungsbewusstem Handeln beitragen. Neben dem Selbstverständnis der Denkschulung und der Aufgeschlossenheit soll die Vertrautheit mit den gebräuchlichen Fachausdrücken einen weiteren selbständigen Bildungserwerb fördern.47 47
Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, Jahrgang 1970,4. September 1970,66. Stück, Nummer 275.Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 13.August 1970über eine
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In den 1980er-Jahren war das Buch von Alois Reutterer mit dem lapidaren Titel Philosophie in Verwendung (Approbation 1983).Es enthält ein umfangreiches Kapitel über die politische Philosophie von Karl Marx. Im Vorwort zum Philosophielehrbuch Think, das in den frühen 1990er-Jahren in unserer Schule im Unterricht verwendet wurde, schreibt der Herausgeber Dietmar Pickl: „Wesentliches Element unserer Didaktik (...) ist das Selbstdenken des einzelnen. Wie kann dieses Selbstdenken aber entwickelt und gefördert werden?“48 Pickl greift damit einen Gedanken auf, der einige Jahre später, in Zusammenhang mit der Kompetenzorientierung, von größerer Bedeutung werden wird. Die Autoren bemühen sich einerseits, die Schülerwirklichkeit und die gesellschaftliche Realität herrschaftskritisch zu reflektie en. Hier heißt es zum Beispiel: Die Schule wurde seinerzeit erfunden, um erstens die Kinder irgendwo unterzubringen, weil die Erwachsenen nach und nach in den industriellen Produktionsprozeß eingegliedert wurden, und zweitens für eine Anpassung an bestimmte autoritäre, d.h. auf Über- und Unterordnung zielende Verhältnisse in anderen gesellschaftlichen Einrichtungen (Staatsapparat, Wirtschaftsbetriebe) zu sorgen. Demgemäß war die Erziehung zum Gehorsam etwas sehr Wichtiges, und nicht zufällig fanden in Preußen z.B. pensionierte Unteroffizi e Verwendung als Lehrer.49
In den 1990er-Jahren war das Lehrbuch von Konrad Liessmann und Gerhard Zenaty in Verwendung – Vom Denken. Einführung in die Philosophie. Es wurde 1989 approbiert. Die Autoren behandeln hier auch Fragen zum Themenbe eich „Ästhetik“, was nicht verwundert, denn Liessmann hatte sich ja zum Distanzbegriff in der Kunst habilitiert.50 Karl Lahmers Lehrbuch Kernbereiche Philosophie wurde 2006 approbiert und enthält – abgesehen von den Standardthemen – auch ein Kapitel, in dem er die Philosophie der „Postmoderne“ sehr anschaulich zusammenfasst. Schlaglichter auf den aktuellen Lehrplan in Psychologie und Philosophie
Der aktuell gültige Rahmenlehrplan baut auf den Inhalten auf, die schon 1970 angesprochen wurden. Neu hinzu gekommen sind aktuelle Themen, wie „Medienkritik“, „Interkulturalität“, „Kompetenzorientierung“ und „interdisziplinäres Denken“.51
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Änderung der Lehrpläne für die allgemeinbildenden höheren Schulen in den Schuljahren 1970/71 bis 1974/75, 1567. Peter Heintel/Dietmar Pickl (Hg.). Think. Philosophieren – Ein Lehrbuch, Wien 1991, 3. Ebd., 184. In Buchversion erschien die Habilitationsschrift von Konrad Paul Liessmann unter dem Titel: Ohne Mitleid. Zum Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie mit ständiger Rücksicht auf Theodor W. Adorno, Wien 1991. Vgl. Lehrplan der allgemein bildenden höheren Schule-Oberstufe. BGB. Nr. 88/1985zuletzt geändert durch BGB. II Nr. 111/2017.
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Schlussgedanke
In den Wahrheitsspielräumen und den diversen Meinungskorridoren steigt die Gefahr, sich zu verlaufen. Deshalb braucht es orientierungsstiftende Lehrende und schließlich auch Schüler und Schülerinnen, die bei einem kritischen Denken – auch im Modus des Distance Learnings – voll und ganz dabei sind. „Erziehen“ anstatt „Imprägnieren“ lautet die Devise – um es mit Peter Sloterdijk zu formulieren.52 Aber es geht auch einfacher. Nämlich mit dem alten Sprichwort: „Der Wegweiser geht nicht mit.“53 Gottfried Kinsky-Weinfurter
Literaturverzeichnis Ruth Nanda Anshen (Hg.), Physics and Philosophy, World Perspective Series, New York 1958. Hans von Arnim, Die Europäische Philosophie des Altertums, in: Paul Hinneberg (Hg.). Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele. Teil I Abteilung V. Allgemeine Geschichte der Philosophie, Berlin/Leipzig 1909. Hans Friedrich August von Arnim: WorldCat Identities: 302 works in 1227 publications in 9 languages and 7708 library holdings. Gerhard Benetka, in: Köksal Boltaci, Analyse und freie Einfälle: Das Freud’sche Vermächtnis, in: Die Presse am Sonntag, 05. Jänner 2020. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, Jahrgang 1970, 4. September 1970, Nummer 275. Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 13. August 1970 über eine Änderung der Lehrpläne für die allgemeinbildenden höheren Schulen in den Schuljahren 1970/71 bis 1974/75. Wilhelm, Büttemeyer (Hg.), Philosophie der Mathematik, München 2003. Rudolf Carnap, Die logizistische Grundlegung der Mathematik, in: Erkenntnis 2, 1931. Rudolf Carnap. Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache, in: Erkenntnis 2, 1931. Erlass des Bundesministeriums für Unterricht vom 3. April 1954,Zahl 30.279-IV/15/54zum Unterrichtsgebrauch als Lehrbehelf an der Oberstufe der Mittelschulen und an den Lehrer(innen)-Bildungsanstalten zugelassen. Christian Fischill, Philosophie, Linz 72017,255–259. Ernst Hallier, Kulturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Beziehungen zu der Entwickelung (sic.) der Naturwissenschaften, Stuttgart 1889. 52 53
Vgl. Peter Sloterdijk, Neue Zeilen und Tage. Notizen 2011–2013, Berlin 2018, 176. Quellen des Sprichwortes „Der Wegweiser geht nicht mit“: Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hg.), Deutsches Sprichwörterlexikon, Band 4., Leipzig 1876,Sp. 1860–1861.Hier heißt es: „Mancher Forscher ist ähnlich einem Wegweiser, er zeigt dem Wanderer den richtigen Weg, ohne ihn selbst zu gehen.“ Karl F. W. Wander gibt als Quelle an: Ohne Autor, Witzfunken und Lichtleiter, oder neue, geordnete Auswahl von Gegenständen des Scherzes, der Laune, des Witzes und Scharfsinns. Zur Erläuterung, Belustigung und Belehrung. Des dritten Bandes erster Zyclus, Leipzig bei Carl Cnobloch 1819.
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Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Stuttgart 1959. Peter Heintel/Dietmar Pickl (Hg.), Think. Philosophieren – Ein Lehrbuch, Wien 1991. Alois Höfle , Grundlehren der Logik, Leipzig/Wien 41907. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX. Schuljahr 1951/52,Wien 1952. Immanuel Kant, Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen in dem Winterhalbenjahre, von 1765–1766, in: Kant: Werke in sechs Bänden, Bd.1. Wilhelm Krause, Geschichte der Philosophie im Überblick, Wien 1954. Katharina Lacina, Reflexionen, Wien 2018. Konrad Paul Liessmann unter dem Titel: Ohne Mitleid. Zum Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie mit ständiger Rücksicht auf Theodor W. Adorno, Wien, 1991. Josef, Pircher, Der philosophische Einführungsunterricht in Österreich ab 1848. Eine vergleichende Lehrplan- und Schulbuchanalyse im Kontext Österreichischer Philosophie und wissenschaftlicher Weltauffassung, Diplomarbeit, Wien 2010. Richard David Precht, Sei du selbst. Eine Geschichte der Philosophie. Band 3. Von der Philosophie nach Hegel bis zur Philosophie der Jahrhundertwende, München 2019,543. Dominik Schobel, Alois Höflers Beitrag zur Konsolidierung des Philosophischen Einführungsunterrichts. Eine am Grazer Nachlass orientierte Untersuchung, Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz, 2017. Peter Sloterdijk, Neue Zeilen und Tage. Notizen 2011–2013, Berlin 2018,176. Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hg.), Deutsches Sprichwörterlexikon, Band 4., Leipzig 1876,Sp. 1860–1861. Edgar Zilsel, Der einführende Philosophieunterricht an den neuen Oberschulen, in: Volkserziehung. Nachrichten des Österreichischen Unterrichtsamtes, Stück 1, 1921. Witzfunken und Lichtleiter, oder neue, geordnete Auswahl von Gegenständen des Scherzes, der Laune, des Witzes und Scharfsinns. Zur Erläuterung, Belustigung und Belehrung. Dritter Band erster Zyclus, Leipzig bei Carl Cnobloch 1819.
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Es hat sich (fast) nichts geändert… Sieben Jahrzehnte Schultheater am Wasa-Gymnasium
Wenn man die alten Jahresberichte des Wasagymnasiums durchstöbert, findet man unzä lige Berichte von Theaterauffü ungen: im Rahmen der Unverbindlichen Übung Darstellendes Spiel (DSP), als Projekt von Englisch- oder Deutschunterricht oder auf die Beine gestellt von einer eigenen Theaterg uppe der Oberstufe. Die Geschichte der Auffüh ungen reicht bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Zahlreiche Lehrer*innen und auch Schüler*innen haben sich im Laufe der Jahrzehnte an der Regie von Schultheater versucht. Aber auch unter den Schauspieler*innen finden sich ab und an auch Professor*innen. Ein Name sticht allerdings unter den Leiter*innen des Fachs besonders hervor, ganze drei Jahrzehnte war das Schultheater von ihm geprägt: OStR Dr. Friedrich Deutschmann. Aber auch andere Lehrende wie Heide Mühl, die beispielsweise sogar mit einer Produktion erfolgreich an einem Schultheaterfestival teilnahm, haben Schultheatergeschichte am Wasagymnasium geschrieben. Eindrucksvolle Bilder von aufwändigen Dekorationen und Kostümen sowie äußerst wohlwollende Rezensionen aus Tageszeitungen sind in den Jahresberichten zu fi den. Die Texte zu den Fotos – teils von Schüler*innen, teils von Lehrer*innen geschrieben – erzählen typische Situationen aus der Probenarbeit und Erlebnisse rund um die Auffüh ungen. Beeindruckend mutet die Wahl der Stücke an, die zum Teil durchaus gewagt waren und schon höheres schauspielerisches Können voraussetzten. Unter den Autoren finden sich unter anderem William Shakespeare, Hans Naderer, Felix Braun, Jean Cocteau, Jean Anouilh, Carl Sternheim, Ferdinand Raimund, Wilhelm Busch, Josef Kesselring, Erich Kästner und viele mehr. Als nun auch schon langjährige Leiterin der Unverbindlichen Übung Darstellendes Spiel fiel mir aber vor allem etwas besonders ins Auge und überraschte mich: Über all die vielen Jahrzehnte tauchten immer wieder genau die gleichen Probleme und Herausforderungen auf, mit denen man auch jetzt als Leiterin von DSP mehr oder weniger häufig konfrontiert ist. Das beginnt beispielsweise mit den hohen Anmeldungszahlen im Verhältnis zu den wenigen zur Verfügung stehenden Stunden; nicht selten gibt es Gruppen mit über 20 Schüler*innen. Die oft ungleiche Verteilung von Mädchen und Burschen erschwert das Finden von geeigneten Stücken, und so kommt man nicht umhin, Stücke umzuschreiben, Rollen einzufügen oder aus einer Rolle mehrere zu machen. Und natürlich möchte fast jede*r eine Hauptrolle …
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Die Diskussion um das Wesen eines für die Schule geeigneten Stücks war immer wieder Anlass für teils heftige Debatten: Sollte man klassische oder moderne Stücke auffüh en oder besser selbst geschriebenes Theater oder gar eine von Schüler*innen erarbeitete Improvisation? – Darüber herrschte im Laufe der Jahrzehnte wenig Einigkeit. Alltägliche Probleme, von denen man möglicherweise denken könnte, sie seien eher neuerer Natur, waren offenba auch schon vor einem halben Jahrhundert gegenwärtig, etwa die Abwesenheit von Schüler*innen bei Proben aus den verschiedensten Gründen, wodurch das Erarbeiten einzelner Szenen fast unmöglich wird, ein anderwärtig belegter Festsaal, SchülerInnen, die bis zur Aufführung ihren Text wenig oder nicht beherrschen, vergessene oder verlorene Kostüme oder Requisiten, plötzlich nicht funktionierende Technik et cetera. Es hat sich nichts geändert! Die älteren, erfahreneren Schauspieler*innen aus der Gruppe konnten auch schon in früheren Zeiten aufgrund des Lernpensums in den höheren Klassen irgendwann nicht mehr an der Unverbindlichen Übung teilnehmen und fielen spätestens im ahr der Matura aus. Heute schaffen es kaum mehr Schüler*innen aus der Oberstufe, DSP zu besuchen, da sie fast täglich Nachmittags- oder außerschulischen Unterricht haben. Auch da hat sich wenig geändert. Aber auch die positiven Seiten von Bühnenspiel wurden von meinen Vorgänger*innen ähnlich erlebt. Ein wesentlicher Unterschied ist allerdings, dass früher deutlich mehr geprobt wurde: Es ist zeitweise von zweimal pro Woche je drei Stunden am Abend die Rede, das wäre jetzt schwer vorstellbar. Darüber hinaus gab es beispielsweise eine eigene Souffleus beziehungsweise eine Regieassistenz, und auch zahlreiche andere Aufgaben wie Organisation und Kartenverkauf wurden – wie an einem Theater – unter Schüler*innen und Lehrer*innen verteilt. Diese Aufgaben muss man als Leiter oder Leiterin von Darstellendem Spiel heute meist allesamt selbst übernehmen, einzig für die Steuerung der Technik finden sich dankenswerterweise immer wieder Schüler*innen der Oberstufe. Interessant ist, dass es neben der Unverbindlichen Übung zeitweise auch noch eine eigene Schultheatergruppe der Oberstufe gab, die sich auch an schwierigere Stücke heranwagen konnte. Jedes Jahr sind die Anmeldungen zu DSP, das im Umfang von zwei Wochenstunden angeboten wird, sehr zahlreich, oft über 40 in den letzten Jahren. Jedes Unterrichtsjahr beginnt damit, dass jede*r einzeln auf die Bühne gehen, sich in die Mitte stellen und laut ihren/seinen Namen sagen und die Gründe nennen muss, warum sie/ er dieses Fach gewählt hat. Die Gründe sind vielfältig. Sehr häufig hört man „weil ich schon in der Volksschule Theater gespielt habe“, „weil ich Schauspielerin werden möchte“ oder „weil es mir Spaß macht, Theater zu spielen“. Natürlich gibt es auch immer wieder Schüler*innen, die sich anmelden, weil eine gute Freundin oder ein guter Freund die Übung auch besucht oder weil die Eltern es für eine nette Idee halten. Besonders schön ist die Erfahrung, wenn ein Kind, das das
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Fach nicht selbst gewählt hat und eigentlich gar nicht teilnehmen wollte, irgendwann dann doch daran wirklich Freude findet Kürzungen der Stunden und Ressourcen musste das Fach im Laufe der Geschichte mehrfach erleiden. Dennoch hat es seinen fi en Platz im Lehrplan der Wasagasse. Wer im Profitheaterbe eich gearbeitet hat, weiß, dass Schultheater eine eigene Welt ist und eigenen Regeln folgt und auch noch so professionelle Probenarbeit und Schulauffü rungen oft wenig mit „wirklicher“ Theaterarbeit gemein haben. ber schließlich steht hier auch weniger das Kunstschaffen im Vordergrund als die besondere Möglichkeit der Selbsterfahrung und des gemeinsamen Erlebens in der Gruppe. Die Schüler*innen lernen sich selbst einzuschätzen, die Lautstärke ihrer Stimme, die Menge an Text, die sie bewältigen können, und ihren Mut, aus sich herauszugehen. Sie lernen in einer Gruppe zu arbeiten, die nicht nur aus Klassenkamerad*innen und Altersgenoss*innen besteht, und müssen sich aufeinander verlassen können, etwa dass das richtige Stichwort kommt und der Auftritt zur rechten Zeit geschieht. Emotionen werden ausprobiert, Grenzen werden erfahren und die jungen Menschen können sich in verschiedenen Rollen probieren, erspüren, was ihnen mehr oder weniger liegt und wo sie sich selbst sehen. Diese Erfahrungen gehen über soziale, Alters- und Geschlechtsgrenzen hinaus. Kreativität ist natürlich ebenfalls in hohem Maße gefragt, nicht zuletzt auch bei Bühnenund Kostümgestaltung. Da zu Übungszwecken auch häufig improvisiert wird, bietet DSP auch eine Möglichkeit, Probleme, die im Alltag auftauchen, spielerisch zu bewältigen. Auch das ist ein wesentlicher Bestanteil des Lernprozesses in Darstellendem Spiel. Und nicht zuletzt soll die Unverbindliche Übung die Lust am Theaterspielen wecken, den Schüler*innen Theater näherbringen und erste positive Bühnenerfahrungen ermöglichen. Dass das erreicht wird, zeigt sich daran, dass immer wieder einzelne Schüler*innen dann tatsächlich eine Sprech- oder Schauspielausbildung machen. Die Wasagasse hat zahlreiche sehr bekannte Absolvent*innen, und so haben auch einige berühmte Künstler*innen ihre ersten Bühnenerfahrungen am Gymnasium Wasagasse sammeln dürfen. Beispielsweise war Birgit Doll jahrelang Mitglied der Bühnenspielgruppe, und auch Götz Spielmann besuchte die Unverbindliche Übung. Aus der neueren Zeit stechen die Namen Sophie Stockinger und Felix Kammerer hervor. Aber auch die österreichische Poetry Slam Vizemeisterin Anna Hader machte ihre ersten Bühnenerfahrungen im BG9. Bestimmt werden weitere folgen. Auch aktuell absolvieren junge Menschen, die im Festsaal der Wasagasse Bühnenluft geschnuppert haben, eine Schauspielausbildung. Derzeit macht die Coronakrise den außergewöhnlichen Stellenwert dieses Unterrichtsfachs für die Schüler*innen deutlich. Da Unverbindliche Übungen im Sommersemester 2020 nicht stattfinden konnten, wurde DSP auf Wunsch vieler Schüler*innen online weitergeführt. Und nicht nur weitergeführt – es wurden sogar weit mehr Stunden als vorgesehen
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waren. Immer wieder kamen Anfragen per Mail von den Schüler*innen: „Bitte, können wir Bühnenspiel machen?“ Selbst in den Osterferien trudelten solche Mails herein. Im Wesentlichen waren nur noch die Lernfächer übrig, Sportunterricht, Werken und das meiste Kreative konnte nicht oder nur eingeschränkt stattfinden, darum war der Bedarf umso größer. Und es entstand anstelle der Auffüh ung am Ende des Schuljahres eine neue Form der Präsentation mittels Videos und unterstützt von Zeichnungen, die Mag.a Polat im Zeichenunterricht von einer zweiten Klasse gestalten ließ. Wunderbar lassen sich online auch Improvisationen durchführen. Natürlich sind das dann andere Aufgabenstellungen als beim Unterricht auf der Bühne: Szenen, die bei Servicehotlines oder bei Bewerbungsgesprächen spielen könnten, oder auch Szenen, die das Thema Online-Unterricht behandeln, sind wunderbar geeignet, um via „Teams“ kreativ zu arbeiten. Es wird oft viel gelacht, zum Beispiel wenn ein Marsmännchen bei Amazon eine jahrelang zurückliegende Bestellung eines Gegenstands, den es gar nicht gibt, reklamiert und Aufregung bei den Servicemitarbeiter*innen verursacht. Für die Zukunft ist aber zu hoffen, dass die Aufführungen bald wieder auf der Bühne stattfinden können, denn dabei lernen die Schüler*innen vor allem, sich selbst vor Publikum zu präsentieren und auch, wie es sich anfühlt, in einer anderen Rolle – als jemand anderes – wahrgenommen zu werden. Letztendlich ist es aber vor allem die Erfahrung, etwas im Team zu erarbeiten und – wie eine Schülerin der ersten Klasse, Hannah Spielmann, es formulierte, dass „man gemeinsam in Rollen schlüpfen“ kann. Und auch Felix Kammerer, Ensemblemitglied am Burgtheater, formulierte es so: „Die gemeinsame Auseinandersetzung mit Emotionen ist eine unverzichtbare Bereicherung für alle jungen Menschen, egal welche Interessen sie für ihr späteres Leben verfolgen.“ Er ist der Meinung, „jeder Schüler und jede Schülerin sollte zumindest einmal während der Schulzeit auf einer Bühne gestanden haben. Die Zusammenarbeit an einem bestimmten Thema, die Vorbereitung, die regelmäßigen Treffen und schließlich die Vorstellung – ein gemeinsames Ziel: Das sind Erfahrung, die in dieser Form im späteren Leben nur noch selten und schwer gemacht werden können.“ Die Bedeutung, die die gemeinsame Auffüh ung für alle hat, ist deutlich an der großen Aufregung bei den letzten Proben zu spüren. Wer wird zuschauen kommen? Die Eltern, die Großeltern? Die Klassenkolleg*innen? Die eigenen Lehrer*innen? Und stets die aufgeregte Frage: „Kommt der Herr Direktor zuschauen?“ Wenn es auch bei der Generalprobe noch so aussehen mag, als würde es unmöglich gelingen können, das Erarbeitete dem Publikum in Kürze zu präsentieren, gelingt es dann doch immer – mit ein paar kleinen Pannen, so wie im echten Theater – und das ublikum merkt (fast) nichts. Und das Schönste ist die Freude in den Gesichtern, wenn eine Auffüh ung erfolgreich über die Bühne gegangen ist. Veronika Silberbauer
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Vom TSH zur TAB 30 Jahre Nachmittagsbetreuung in der Wasagasse
Das Tagesschulheim (TSH) des Wasagymnasiums begann im Schuljahr 1990/91unabhängig vom Stadtschulrat (SSR) und hatte zum Ziel, die Attraktivität des Standortes zu steigern. Direktor Hofrat Hans Peter Gumps Frage in der Konferenz der Lehrer*innen nach Interessent*innen für die Leitung bedurfte noch gezielten Nachbohrens im direkten Gespräch („Magst du das machen?“), in dessen Folge sich Christa Arl, heute Aubault, und Andreas Czachor in gemeinsamer Leitung dieser Pionierarbeit annahmen. Da des letzteren Computeraffinität dazu führte, die Anmeldungslisten zu übernehmen, ergab sich daraus in den Folgejahren die alleinige Leitung. Ihnen zur Seite stand der Gitarrenlehrer Wolfgang Vedral, der in der fluktuationsf eudigen Personalpolitik eine so feste Stütze für die nächsten drei Jahrzehnte wurde, wie es jetzt Veronika Silberbauer ist.
Die Anfänge – Innovation und Improvisation
Die Betreuung fand erstmals im Schuljahr 1990/91 statt, und zwar im 3. Obergeschoss, als dort noch Unternehmen untergebracht waren und der Innenhof als Firmenparkplatz fungierte. Unter der Kolleg*innenschaft herrschte geringe Zustimmung. Es war schwer, Pädagog*innen für das TSH zu finden. Das galt nicht nur für die regelmäßige Arbeit, sondern umso mehr für die Supplierungen. Ein Grund dafür war der als katastrophal beschriebene Zustand der Räumlichkeiten. So schrubbten Lehrer*innen den Verputz von den Fenstern, um für Tageslicht zu sorgen, und während der späteren Schulrenovierung wurden alle und alles monatelang vom BauarbeitsStaub umwölkt. Andererseits scheint es eine innovative und innige, ja idyllische Zeit gewesen zu sein: Räumliche Enge gepaart mit der Freiheit zu gestalten führten dazu, dass von Schüler*innen und Lehrkräften gemeinsam Themenräume kreiert wurden, wodurch sich ein hoher Identifikationsgrad mit dem TSH entwickelte. In den kleinen Zimmern und engen Korridoren entstanden ein Urwald mit Bäumen voller Vögel, ein Ozean mit Fischen, ein Unterhaltungsraum mit Tischtennisplatte und alten Computern, gespendet von der Firma Bulmikral, ein Rekreationszimmer mit von Eltern genähten Vorhängen, die auch einen Kühl-
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schrank zur Verfügung stellten, und eine Orangerie: Mit freier Tischstellung, selbst vermehrten Pflan en und einem mobilen Springbrunnen sollte den Schüler*innen die darin stattfindende Lernzeit attraktiv gemacht werden. Die ging von 15:00 bis 16:30 Uhr. Davor und danach war Rekreationszeit, und um 17Uhr war Schluss, wie auch heutzutage. Finanziert wurden die drei bis vier Gruppen des TSH direkt durch Elternbeiträge, die bei 250 öS – Schilling für die jüngeren Leser*innen – im Semester lagen. Zwei Jahre später wurde alles im SSR zentralisiert, „weil die Tutorien bezahlt werden müssen“. Ab nun zahlten die Eltern mittels Erlagschein monatlich 1000 öS (72,67 €) an den SSR, wenn ihr Kind an fünf Tagen pro Woche in die Nachmittagsbetreuung ging. Um an Bastelmaterial zu kommen, gab es im 0,33-Liter-Becher für 50 Groschen Saft, der samstags von der Leitung literweise in die Schule transportiert wurde. Für das Mittagessen sorgte die Schulwartin, wobei während der Schulrenovierung in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre auswärts gegessen wurde, zunächst hinterm Schottentor, dann im Afroasiatischen Institut (AAI).
Die zweite Hälfte der 1990er-Jahre – Investition und Translokation
Ab 1995/96fand das TSH seinen jetzigen Platz im Erdgeschoss. Inklusive der Küche kostete die Gestaltung der Räumlichkeiten 2 Millionen Schilling, die in den Gesamtkosten der Sanierungsmaßnahmen in Höhe von 50 Millionen Schilling enthalten waren. Kurz vor der Jahrtausendwende übernahm Christina Hadjiioannou-Wenz die Leitung. Ihrem Jahresbericht von 1999/2000 ist zu entnehmen, dass es „3 Gruppen mit insgesamt 58 Schülerinnen und Schülern aus den ersten bis dritten Klassen gab, die die Nachmittagsbetreuung fast durchgehend von Montag bis Freitag und in vielen Fällen bis 17 Uhr besuchten“, zu den Neuanschaff ngen ein Tischtennis- und Tischfußballtisch zählten, an denen gleich Turniere stattfanden, dass der Christkindelmarkt besucht und „das Mittagessen in gewohnt freundlicher und geduldiger Weise von Frau Resl ausgegeben“ wurde.
Die Nullerjahre – Expansion und Evolution
In den Folgejahren übernahm Familie Olah die Küche und noch etwas später Ingeborg Jaklin die TSH-Leitung. Sie besuchte für die Wasagasse die ARGE-Tagesschulheim, in der sich wienweit die Tagesschulheimleitungen untereinander austauschten, und führte ein, dass jede Lehrkraft zwei besondere Aktionen im Semester anbot. Damit war ein Ordnungsrahmen geschaffen für das, was bis dahin in Abhängigkeit vom Eigenengagement an Turnieren und Kurzausflügen stattgefunden hatte. Auch sonst hatte das TSH jetzt eine Form erreicht, die durch eineinhalb Jahrzehnte lange, konsequente Berücksichtigung der Elternwünsche
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optimal an den Schulstandort angepasst war. Etappen dieser Entwicklung waren die Transparenz, die es Eltern ermöglichte, in die Räume der Nachmittagsbetreuung zu kommen; die allmähliche Transformation von einem Gruppen- zu einem Stationenbetrieb mit der Erweiterung um den Bewegungsraum und die Einführung der rosa bzw. blauen Zettel, um die Anwesenheitstage und Anwesenheitszeiten flexibler und transpa enter zu machen. Die Höchstkosten für die Erziehungsberechtigten betrugen mittlerweile 88 € im Monat, die Anzahl der Kinder betrug 120.Diese große Anzahl war einerseits strukturell bedingt. Der SSR hatte in den beiden Schuljahren ab 2007/08 den Wiener Eltern versprochen, alle Kinder ihre Wunsch-Schule besuchen zu lassen. Das resultierte in vier ersten Klassen bzw. fünf im Folgejahr 2008/09. Andererseits lag es auch am Enthusiasmus aller involvierten Kolleg*innen und der TSH-Leitungen, zu denen sich ab 2010/11Guido Esser gesellte.
Das zurückliegende Jahrzehnt – Akkumulation und Detailorganisation
Inzwischen startet jeder zweite Jahrgang mit drei bzw. vier 1. Klassen. Das ist einer der Faktoren, die zum bisherigen Höchststand von 174 Anmeldungen im Schuljahr 2018/19 führ ten. Ein weiterer ist die Steigerung der Attraktivität, die durch Änderungen auf unterschiedlichen Ebenen erreicht wurde. Hierzu zählen: ‑ die Erweiterung um Rückzugsräume wie Ruheraum und Sofaecke im Untergeschoss inklusive der Couch- und Flugzeugsitzspenden durch den Elternverein – an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank! Ebenso allen, die uns ihre Spiele und Bücher gegeben haben, sowie an Alfred Payer, dessen Talent in der TAB für alltagstauglich Profanes wie Garderobenhaken aus alten Kartenhalterungen zweckentfremdet wurde, und den Grafiker István Gyalai, der sich mit seinen Klassen unserer hohen Wandflächen annahm („Für jedes Problem gibt es eine technische Lösung“, in dem Fall Leisten und Klebeband für 6 Meter lange Pinsel), wodurch die ehemals kahlen Bereiche an Aufenthaltsqualität gewannen; die Auspolsterung der Bullaugen, um die Nutzung im Gang bequemer zu gestalten und Blasenentzündungen vorzubeugen, ‑ sowohl die Einführung der Magnetwand, um die zusätzlichen Räume im Blick zu haben, als auch des Schulplaners, um selbiges auch für die Hausübungen sagen zu können, ‑ die Freiwilligkeit der Tutorien, ‑ die Individualisierung des Zeitrahmens, in dem Hausübungen gemacht werden müssen, ‑ die Neugestaltung des Schulbuffets mit dem Af o-Asiatischen Institut als Betreiber, der den Kindern eine tägliche Menu-Auswahl ohne wochen- oder monatsweise Vorbestellung anbietet, ‑ das Entfernen lärmverursachender Getränkeautomaten und der Einbau zusätzlicher Schallschutzmaßnahmen im Hauptraum, ‑ schließlich eine geänderte Personalpolitik. Sie orientiert sich an einem festen Team hoch-
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motivierter Kolleg*innen, die möglichst jeden Tag in der TAB wirken sollen und von Montag bis Donnerstag dieselbe Gruppe beim Lernen betreuen. Zudem führte auch der SSR Änderungen ein, wie schon die Umbenennung von Tagesschulheim in Tagesbetreuung (TAB) andeutet (und die wie ein Testlauf für seine eigene Namensänderung in Bildungsdirektion wirkt). Tutorien und Lernzeit wurden als „Betreute Lernzeit“ zusammengelegt und Kreativangebote eingeführt, welche die Idee der zwei Aktionen je Lehrkraft je Semester aufgriff. Es ist eine bunte Palette, die von Ballspielen und Basteln über Fantasy-Rollenspiel, Improvisationstheater, Musikalischem Mosaik oder Naturwissenschaftlichem Praktikum bis hin zu Netzforscher und dem besonders beliebten Zirkus reicht, Martin Wildners Kleinod pädagogischer Arbeit. In Ergänzung dazu gab es zur Steigerung der Professionalität passende Fortbildungsmaßnahmen der Bildungsdirektion in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Wien. Von dort kommen seit 2015/16in Ausbildung befindliche Freizeitpädagog*innen an die Wasagasse, um in der TAB ihre Schulpraxis zu absolvieren.
Ein pädagogisches Konzept als Ergebnis inner- und außerschulischer Entwicklungen
Die TAB unterstützt im Kontext sich stets ändernder gesellschaftlicher Bedingungen Familiengefüge aller Art durch verlässliche Betreuung, erzieherische Versorgung, erweiterte Lernzeit und in den Tutorien durch Lernförderung aller mit diffe enzierten Lernmethoden. Sie steht für verbesserte soziale Integration durch Erweiterung des Klassenrahmens. Hierzu zählen die Interaktion mit Parallelklassen, die der Stationenbetrieb der TAB zwangsläufig mit sich bringt, das Lernen von und das sich Messen mit Älteren und ein koedukatives Sportangebot zum Abbau von Vorurteilen, wie zum Beispiel, dass Mädchen schlechter beim Abschießen wären. Zugleich steht die Nachmittagsbetreuung am Wasagymnasium in konzeptionellem Zusammenhang mit dem Vormittagsunterricht: Gefördert wird konzentriertes Arbeiten mit den Zielen Unterrichtsertragssicherung, Lernorganisation, Eigenständigkeit und das Erreichen einer Arbeitseinstellung, in der sich die Kinder durch zielorientiertes Arbeiten selbst belohnen, weil ihnen mehr Freizeit möglich ist. Für die Entwicklung einer solchen Lernkultur arbeitet die TAB mittels Rhythmisierung auf drei Ebenen: 1. Auf der sog. Unterrichtsebene, im Sinne von Einheiten im Stundenplan und durch eine ungebundene Form der Freizeit. Das Mitmachen bei den verschiedenen Angeboten im Spiel-, Kreativ- und Freizeitbereich ist selbstbestimmt. Dadurch stehen sie im Gegensatz zu den Unverbindlichen Übungen, die mit Voranmeldung und Anwesenheitspflicht di gebundene Form von Unterricht darstellen.
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2. Auf der Individualebene rhythmisiert die TAB, weil sie das individuelle Lerntempo jedes einzelnen Kindes bedenkt. Damit die Schüler*innen es für sich bestimmen, also selbst lenken können, gibt es in der TAB das Konzept der Vor-Lernzeiten, die positive Anreizgestaltung für konzentriertes Arbeiten, offene K eativangebote und freiwillige Tutorien. Dass es in diesen Angeboten keine feste Anwesenheitszeit gibt, unterscheidet sie schon strukturell von den Unterrichtsgegenständen, deren 50-Minuten-Dauer fremdbestimmt ist. 3. Auf einer dritten Ebene liegt die erweiterte Lernkultur: Dazu gehören die Angebotsstruktur, die Teilnahmeintensität, sprich Anwesenheitstage pro Woche, und das Lernverhalten, an dessen grundlegenden Haltungen und dem Lernengagement gearbeitet wird. Um es in einen Satz zu fassen: In der TAB geht es sowohl um kurzweiligen Spaß als auch nachhaltige Zufriedenheit. Guido Esser
Lehrer*in sein im Spiegel von 150 Jahren Schulgeschichte
Einleitung
Metaphern über Schule und Bildung und ihre Rolle in der Gesellschaft gäbe es zuhauf. Man könnte Schule etwa als einen der Motoren einer Gesellschaft sehen. Nimmt Schule ihre Aufgabe gewissenhaft und ethisch wahr – und die Geschichte zeigt, dass dies nicht immer der Fall war – bringt ihre Leistung eine Gesellschaft vorwärts, weiter, bewegt sie, wenngleich sie auch nicht am Steuer sitzen und die Richtung (direkt) vorgeben kann. Lehrer*in zu sein würde somit bedeuten, den Motor mit bestem Treibstoff zu versorgen, ihn zu warten, vor Beschädigungen zu schützen. Unter welchen Bedingungen diese Tätigkeiten hinsichtlich eines Motors, der stolze 150 Jahre alt ist und dennoch bestens läuft, ausgeführt wurden, ist Gegenstand des folgenden Textes. In ihm wird bewusst der Fokus mehr auf den allgemeinen Kontext als auf aus verschiedensten Gründen prominente Einzelpersonen gerichtet sein. Obwohl gerade ein berufliche Umfeld wie die Schule von der Interaktion zwischen Individuen lebt, kann in diesem Essay der Blick nur entindividualisiert sein. Um annähernd allgemeine Aussagen treff n zu können, muss man sich dem Wirken der zahlreichen ehemaligen Lehrer und, ab den 1920er-Jahren, Lehrerinnen am besten über den Kontext ihrer Zeit nähern (angesichts des Jubiläums wurde den Anfangstagen des Gymnasiums Wasagasse etwas mehr Fokus gewährt). Dieser eint sie. Naturgemäß kann der vorliegende Text allerdings auch keine österreichische oder Wiener Bildungsgeschichte der vergangenen 150 Jahre sein. Leser*innen wird im Laufe der Lektüre immer wieder die Phrase „Lehrer*in zu sein hieß“ begegnen. Diese soll einige knappe, zusammenfassende Spotlights kennzeichnen, wenn auch ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Frühe Jahre
Eben dieser historische Kontext bildet sozusagen die Leinwand für die Biographie unserer Schule und somit die Basis für ein Grundverständnis für die Lehrtätigkeit an ihr, und
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bliebe man bei diesem vermenschlichenden Bild einer Biographie, könnte man sagen, dass das Gymnasium in der Wasagasse in eine höchst dynamische Zeit „hineingeboren“ wurde. Schon die Lage zeugt von einer Zeit des Wandels: auf dem ehemaligen Glacis gelegen, war das Schulgebäude eine von zig Baustellen, die Wien ein neues Gesicht verschaffen sollten Vom politischen Standpunkt her fiel die Schulgründung in die relativ kurze Phase des Liberalismus, in der etwa mit der Aufhebung des Konkordats 1870die katholische Kirche ihre bildungspolitische Stellung zugunsten einer staatlichen Schulaufsicht eingebüßt hatte; Lehrgegenstände und Lehrbücher zeugen davon. Die Hauptklientel, das Bürgertum, drängte, auch im Zuge eines gewissen Selbstfindungsp ozesses gegenüber dem alten Adel, schon länger in die Bildung und maß der (akademischen) Bildung der Söhne große Wichtigkeit zu – wohl auch aus Angst vor dem, was Stefan Zweig als die größte Angst der Bourgeoisie formuliert hat, nämlich dem (Rück)Fall ins Proletariat. Die Zeit war gekennzeichnet von einer regelrechten „Dringlichkeit“: The era of political ascendancy of the liberal middle class in Austria, begun later than elsewhere in Europe, entered earlier than elsewhere into deep crisis. By optimistic calculation, actual constitutional government lasted about four decades (1860–1900).Its victory had scarcely begun when retreat and defeat began. […] In Austria, […] the modern movements appeared in most fields in the 1890sand were fully matured two decades later. Thus the growth of a new higher culture seemed to take place in Austria as in a hothouse, with political crisis providing the heat. Backward Austria, in sudden travail, became, as one of its poets [Friedrich Hebbel, Anm.] said, the little world in which the big one holds its tryouts.1
Die damals noch rein männlichen Lehrkräfte sahen sich schon in der Frühzeit der Schule mit einer Debatte um das Wesen des Gymnasiums konfrontiert: aufkommende Tendenzen zu Realgymnasien standen einer traditionellen, humanistischen Ausrichtung mit der klassischen Antike als Identitätsstifterin gegenüber, wobei die Wasagasse unter Direktor Ptaschnik strikt gegen den neuen Geist war und den Real-Zweig so bald wie möglich wieder einstellte. Ptaschnik selbst spiegelt ein Phänomen wider, von dem anzunehmen ist, dass es auch für Teile des Lehrkörpers zutreffend war, nämlich eine gewisse geographische Mobilität innerhalb des Schulwesens in der Monarchie. Der Direktor stammte aus Schlesien und die Schulchroniken bieten immer wieder weitere spannende Einblicke in dieser Hinsicht. Ein anderer ehemaliger Direktor namens Stitz hatte etwa zuvor dieselbe Position im heutigen Pula inne, dem Hauptkriegshafen der Habsburgermonarchie, und auch der Austausch mit Kollegen sowohl aus der Monarchie als auch aus dem Ausland wurde betrieben, wovon der Besuch eines Lehrers aus Tokio ebenso zeugte wie die „Hospitation des Gymnasialprofessors Luka Jewremowits aus Pozarewatz in Serbien beim lateinischen, deutschen, geographischen 1
Carl Schorske, Fin-de-siècle Vienna. Politics and Culture, New York 51981, xxvi f.
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und geschichtlichen Unterrichte in einzelnen Classen“ 1896.Auf noch breiterer Basis kooperierte man im Zuge der sogenannten „Programmaustäusche“, durch die man Einblicke in die Lehrpläne bzw. Unterrichtsinhalte von Gymnasien in Preußen, Bayern oder innerhalb der Monarchie gewinnen konnte.
Diener eines Herren
Diese Monarchie war in der Lehrtätigkeit am Wasagymnasium quasi omnipräsent; Lehrer zu sein bedeutete auch, zu einem bestimmten Grad ihr Diener zu sein. Selbst ein oberflächlicher lick auf die Jahresberichte der Schule zeigt, dass auf das „Vaterland“ bezogene Themen gerade im Geschichts- und Deutschunterricht von zentraler Bedeutung waren. Sie lauteten beispielsweise „Übersicht der Geschichte des Mittelalters mit Hervorhebung der charakteristischen Momente aus der Geschichte der Alpenländer mit ihren Beziehungen zu der Geschichte der übrigen Theile der Monarchie“, oder, in der 8. Klasse: „1. Semester Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie 2. Semester 2 St. Österreichisch-ungarische Vaterlandskunde. 1 St. Recapitulation der griechischen und römischen Geschichte.“ Die verschiedenen Ethnien im „Vielvölkerstaat“ der Habsburger waren zwar Gegenstand des Unterrichts, wie wenig ein kritischer Blick auf Herrscherhaus und Monarchie oder eine Diskussion der Politik des Kaisers im Unterricht allgemein erwünscht bzw. für die Lehrer jener Zeit möglich war, spiegelt sich in der Huldigung Franz Josephs anlässlich seines sechzigjährigen Regierungsjubiläums 1908 in der Rede des Direktors des Gymnasiums, Anton Stitz, wider. Neben diversen Lobpreisungen wurde in der auch im Jahresbericht abgedruckten Rede etwa Franz Josephs Neoabsolutismus mit der Widerborstigkeit der Ungarn und Tschechen gerechtfertigt; der Kaiser hätte doch mit dem Oktoberdiplom 1860sowie dem Februarpatent 1861„[…] dem Volke aus freien Stücken einen Teil seiner [also des Kaisers, Anm.] Rechte eingeräumt.“ Diese Darstellung war ebenso auf Linie mit dem Herrscherhaus wie die Umschreibung der Geschehnisse in Mayerling, wo 1889Kronprinz Rudolf zunächst seine 17jährige Geliebte Mary Vetsera und dann sich selbst erschossen hatte. Laut Direktor Stitz „[…] raffte der Tod den geliebten Sohn des Monarchen […] hinweg.“ Im Kontext einer Schule befremdlich wirken aus heutiger Sicht auch die Schlussworte des Direktors: „Gott segne und schütze das Vaterland, sein braves Heer und verleihe Sieg seinen Fahnen!“ Insgesamt scheint das Schulsystem eher eine kontraproduktive Rolle bei der möglichen Beantwortung komplexer Fragen rund um die Vielvölkerthematik gespielt zu haben: Die Schule spielte auch eine herausragende Rolle bei der Vermittlung nationaler Geschichtsbilder. Nicht zuletzt dank des verpflichtenden Schulunterrichts wurde der Nationalismus zu einem Massenphänomen. Im Unterricht wurde das trügerische Ideal einer ‚nationalen Schicksalsgemeinschaft‘ vermittelt, was in der Folge mit einer der Gründe für das Aufbrechen
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des bisherigen sozialen, ständischen und konfessionellen Gemeinschaftsgefühls war. Nun sah der Tiroler Bauer in einem Grazer Studenten oder in einem nordböhmischen Industriearbeiter einen ‚deutschen Volksgenossen‘, während er sich vom nur wenige Kilometer entfernt unter ähnlichen Bedingungen wirtschaftenden italienischen Gebirgsbauern aus dem Trentino durch scheinbar unüberwindliche nationale Schranken getrennt glaubte.2
Zum Alltag der Lehrer bzw. zu ihrem Tätigkeitsfeld gehörten diverse mit der Huldigung des Herrscherhauses zusammenhängende Feiertage und Festgottesdienste, z.B. zur „Feier des Allerhöchsten Namensfestes Sr. Majestät des Kaisers“ am 4. Oktober. Zu diesen „patriotischen Anlässen“ wurde die „studierte Jugend“ und natürlich der Lehrkörper zu Gedenkfeiern und/oder Gottesdiensten in der „Gymnasialkapelle“ zusammengerufen. Ein erhellendes Beispiel für den nahezu religiös anmutenden Ton dieser Ausführungen bietet die Danksagung für die 1896zu Ehren des in Mexiko erschossenen Bruders des Kaisers erfolgte Umbenennung der Schule in „Maximilians-Gymnasium“: „Seine k.u.k. Apostolische Majestät hat mit allerhöchster Entschließung vom 19. Mai 1896allergnädigst gestattet, dass unsere Lehranstalt fortan den Namen „Maximilians-Gymnasium“ führe. Indem sich die Direktion und der Lehrkörper eins wissen in den Gefühlen der Freude und der Dankbarkeit für diesen kaiserlichen Gnadenact, sind sie zugleich überzeugt, dass diese Gefühle in den Herzen der studierenden Jugend und aller Freunde der Anstalt ihren Wiederhall finden erden.“ Dass dies mitnichten bei allen der Fall gewesen sein dürfte, werden prominente Beispiele noch zeigen. Wie von einem humanistischen Gymnasium zu erwarten, spielten außerhalb der naturwissenschaftlichen Fächer Themen mit einem Bezug zur klassischen Antike eine prominente Rolle, etwa auch in Deutsch. So lautete eines der „Themen für die schriftliche aturitätsprüfung“ im Oktober 1879:„Bei Marathon siegten die Griechen – für uns.“ Spannend muten die folgenden Deutschthemen an: 1881/82waren in der „VII. Classe“ das Thema „Wo viel Freiheit, ist viel Irrthum; doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht“ oder 1887/88 in der „VIII. Classe“ das Thema „Wer seine Schranken kennt, der ist der Freie; wer frei sich wähnt, ist seines Wahnes Knecht“ (Libussa) Gegenstand des Unterrichts; dass das Potential dieser Themen wohl nicht durch eine kritische Diskussion voll ausgeschöpft wurde, ist allerdings anzunehmen. Ein ehemaliger Schüler (der, unter Verwendung eines modernen pädagogischen Jargons, hier „nicht abgeholt“ wurde), der spätere Historiker und Politiker Ludo Moritz Hartmann, erinnerte sich an das politische Interesse der Schüler, das durch die Nähe zum Reichstag, der damals in der Währinger Straße tagte, noch gefördert wurde; die Schule begrüßte diesen Enthusiasmus für Diskussion und kritisches Hinterfragen freilich nicht. Dieser Gegensatz entlud sich mitunter in Akten der Rebellion seitens politisch interessierter Schüler. Die Maturanten 1882/83etwa brachten ihre Abneigung gegen das absolut kaiser2
Martin Mutschlechner, https://ww1.habsburger.net/de/kapitel/die-rolle-der-schule-fuer-die-entstehung-eines-nationalbewusstseins, 23.02.2021.
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treue Gebaren der Schule, Herrscherhaus und Gottesgnadentum zum Ausdruck, indem sie am Grab der Märzgefallenen der Revolution 1848 einen Kranz mit den Worten „Das Helle vor uns, Finsternis im Rücken“ niederlegen ließen. Solche Aktionen setzten auch die Schule bzw. die Schulleitung hinsichtlich ihrer Reaktion unter Druck3 und konnten für die Anstalt durchaus unangenehme Folgen haben, was Rückschlüsse auf die Handlungsspielräume der damaligen Pädagogen und somit ihre Unterrichtsgestaltung zulässt.
Dynamische Zeiten
Die Dynamik der Zeit bot jungen interessierten Geistern jedenfalls eine anregende, fordernde und mitunter verwirrende Umgebung, das liberale Intermezzo war beendet, das Bildungsbürgertum erneut auf der Suche nach seiner Seele und „Narzissmus und eine Hypertrophie des Gefühlslebens“ vorherrschend: The threat of the political mass movements lent new intensity to this already present trend by weakening the traditional liberal confidence in its own legacy of rationality, moral law, and progress. […] The disaster of liberalism’s collapse further transmuted the aesthetic heritage into a culture of sensitive nerves, uneasy hedonism, and often outright anxiety.4
Doch: Nicht in der Schule! Der ehemalige „Wasagassler“ Stefan Zweig zeichnet in seinen erstmals 1942erschienen Erinnerungen an die „Welt von Gestern“ ein insgesamt düsteres Bild von einer Schule, die seiner Meinung nach an den Bedürfnissen ihrer jungen Schützlinge vorbei unterrichtete – was aber laut dem weltberühmten Schriftsteller nur bedingt die Schuld der Lehrer war: Österreich war ein alter Staat, von einem greisen Kaiser beherrscht, von alten Ministern regiert, ein Staat, der ohne Ambition einzig hoffte, sich durch Abwehr aller radikalen Veränderungen im europäischen Raume unversehrt zu erhalten; […] Man wurde nicht müde, dem jungen Menschen einzuschärfen, da[ss] er noch nicht ‚reif‘ sei, da[ss] er nichts verstünde, da[ss] er einzig gläubig zuzuhören habe, nie aber selbst mitsprechen oder gar widersprechen dürfe. Aus diesem Grunde sollte auch in der Schule der arme Teufel von Lehrer […] ein unnahbarer Ölgötze bleiben und unser ganzes Fühlen und Trachten auf den ‚Lehrplan‘ beschränken. Ob wir uns in der Schule wohlfühlten oder nicht, war ohne Belang. Ihre wahre Mission im Sinne der Zeit war es nicht so sehr, uns vorwärtszubringen als uns zurückzuhalten, nicht uns innerlich auszuformen, sondern dem geordneten Gefüge möglichst wider3 4
In diesem konkreten Fall wurden Schulverweise angedroht, letztlich aber nicht umgesetzt. Ein alltägliches Mittel zur Bestrafung von Schülern waren mehrstündige Aufenthalte im „Karzer“. Schorske, 19.
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standslos einzupassen, nicht unsere Energie zu steigern, sondern sie zu disziplinieren und zu nivellieren.5
Fortschrittlicher, ja Pionierarbeit leistend, war man an der Wasagasse hinsichtlich der Fortbildung und Schulung des pädagogischen Personals. Der Schule wurde 1893unter Direktor Loos eine Sonderstellung unter den Wiener Gymnasien zuteil, da, wie der ehemalige Direktor Grobauer im Jahresbericht 1972schreibt, „[…] ihr künftighin jene Lehramtskandidaten zugewiesen wurden, die durch das „erweiterte Probejahr“ eine vertiefte pädagogisch-didaktische Durchbildung erhielten“ und im Probandenseminar „[…] regelmäßig kritische Besprechungen über Fachmethodik, Fragen der Didaktik oder über [den] „Lehrauftritt“ geführt [wurden].“ Diese angesehene Einrichtung der Lehrerfortbildung wurde zwar nach der Einstellung während des Ersten Weltkriegs wiedereröffnet, erreichte aber nicht mehr die Prominenz ihrer frühen Jahre und wurde schließlich eingestellt. Als im Jahre 1909der Lehrplan, Prüfungsverordnungen und die Reifeprüfung reformiert wurden, sah man dies nicht nur im Maximiliangymnasium als Angriff auf die von den Gymnasien vertretene klassische humanistische Bildungsidee. Zähneknirschend mussten die Reformen dennoch umgesetzt werden.
Alltägliche Erfahrungen im Maximiliangymnasium
Technische Ausstattung, Platznot, Finanzierung: All diese Dinge scheinen hinsichtlich der Herausforderungen, die die Leitung und der Lehrkörper der meisten Schulen immer wieder meistern mussten und müssen, den damaligen Pädagogen alles andere als fremd gewesen zu sein. Heute romantisch anmutend, aber damals dem Lehrbetrieb wohl nicht förderlich waren die offenen Gasflammen, die die Klassen beleuchteten; im Festsaal hatte man gar keine künstliche Beleuchtung. Beachtenswert ist ebenso, dass das Gebäude geteilt war und zunächst der zweite und dritte Stock, im weiteren Verlauf der Geschichte der Schule allerdings immer weniger Räume als Privatwohnungen vermietet waren, um einen Teil der Baukosten wieder auszugleichen. Die in den Jahresberichten jener Zeit regelmäßigen Berichte über den Gesundheitszustand der Schüler stechen in Zeiten einer globalen Pandemie besonders ins Auge, wenn auch heute glücklicherweise deutlich weniger häufig verstorbene Schülerinnen und Schüler zu beklagen sind. Schulschließungen zur Eindämmung von Infektionskrankheiten gab es auch damals, beispielsweise im Schuljahr 1881/82:
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Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M. 432017, 50-53.
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Von [Diphtheritis], sowie von Masern, Scharlach, theilweise auch von Blattern, wurde in der Zeit vom Jänner bis April d.J. mehrere Schüler dieser Anstalt heimgesucht und im Beginn des Monats Februar drohten diese Infectionskrankheiten einen epidemischen Charakter anzunehmen, weshalb der Schluss des I. Semesters mit Bewilligung der vorgesetzten Behörde bereits am 7. Februar eingetreten ist.6
Konträr zu den Schilderungen Stefan Zweigs bemühte man sich um die Förderung der körperlichen Ausbildung und um die allgemeine Gesundheit der Schüler, wie Weisungen und Erlässe bezüglich der Bekämpfung von Tuberkulose oder der Zahngesundheit zeigen. Gerade im Turnunterricht waren die Lehrer in der Umsetzung dabei aber des Öfteren auf die Unterstützung der betreffenden Einrichtungen angewiesen. 1890/91etwa wird berichtet: „Das schulfreundliche Entgegenkommen der löblichen Eislaufvereine und Badeanstalten, welche gegen Vorweisung einer Legitimation Schülerkarten mit Preisermäßigung gewährten […], trug wesentlich dazu bei, dass die bei der Jugend so beliebten Eisbahnen und Schwimmbassins jetzt häufiger besucht werden, als dies früher der Fall sein mochte.“ Oder über das Turnen im Augarten 1891/92:„Durch die Munificenz des k. und k. Obersthofmeister-Amtes wurde den öffentlichen Mittelschulen Wiens zur Förderung der körperlichen Ausbildung der Jugend die Benützung einer Wiese im Augarten bewilligt, die sowohl für Jugendspiele als auch für den Eislauf vorzüglich geeignet ist.“ Die Finanzierung von Sport und Ausflügen war immer wieder eine Herausforderung: Danksagungen für ermäßigte Karten für das städtische Donaubad, „100 Stück Anweisungen zur unentgeltlichen Benützung von Badewäsche“ oder Ermäßigungen für die Kahlenberg-Eisenbahngesellschaft in den Jahresberichten legen Zeugnis davon ab. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Bemühungen der Schule um Hygiene findet sich im Jahr 1896/97:„Freilich entspricht unser sonst geräumiger und wohlausgestatteter Turnsaal nicht in allen Punkten den hygienischen Anforderungen: er ist nicht genug staubfrei und entbehrt des direct einfallenden Lichtes. Aber auch da hat die Direction wenigstens nach der einen Richtung Abhilfe zu schaffen gesucht, indem sie durch die Firma Gumtow und Gillet [...] einen sog. „Patent-Victoria-Luftfeuchtungsregulator“ im Turnsaal anbringen ließ, welcher, mit der Wasserleitung des Corridors in Verbindung gesetzt, in eine sich rasch drehende Turbine den aufgewirbelten Staub einsaugt und durch einen dünnen Sprühregen die Luft im Turnsaale feucht erhält.“ Die hygrometrischen Messungen wurden vom Turnlehrer durchgeführt. Zur Tätigkeit des Lehrkörpers gehörte auch in Zeiten der Monarchie der Austausch mit den Eltern der Schüler. So war die Schulordnung zu Beginn des Schuljahres von den Schülern mit Unterschrift der Eltern vorzulegen, und regelmäßige Sprechstunden waren vorgesehen: der Direktor stand täglich von 11bis 12Uhr, Klassenvorstände zweimal, andere Lehrer einmal die Woche zur Verfügung. Das Zusammenspiel von Schule und Elternhaus wurde 6
Jahresbericht des BG IX, 1881/82, 23.
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als essenziell für den Lernerfolg bzw. die Erziehung der Schüler erachtet; das Fazit im Schuljahr 1910/11lautete jedoch: „Leider wurde von dem Mittel mündlicher Besprechungen recht ungleichmäßig Gebrauch gemacht.“
Das Ende einer historischen Epoche
Der Erste Weltkrieg erschütterte den Schulalltag. Sowohl Lehrer als auch Schüler wurden eingezogen, und zahlreiche Traueranzeigen zeugen davon, dass viele nicht mehr aus dem Krieg heimkehrten – ein Aspekt des Lehrerdaseins, der uns heute Gott sei Dank nicht nahe ist. Lehrer machten zu jener Zeit die Erfahrung, dass regulärer Unterricht immer mehr einem adaptierten „Kriegsprogramm“ weichen musste, was sich etwa im Turnunterricht deutlich zeigte, in dem bald Fechten sowie Schießunterricht dominierten. Dies geschah freilich nicht im Turnsaal der Schule: dieser war in ein Depot des k. k. Kriegsfürsorgeamtes umgewandelt worden. Der Jahresbericht 1916/17 berichtet on v drei ganztägigen „militärischen Ausflügen“ in den Wienerwald. Auch der Unterricht in den Klassen erforderte Anpassung und Improvisation seitens der Lehrer, da die Mittel für eine ausreichende Beleuchtung der Klassenräume sowie deren Beheizung immer knapper wurden und somit das Unterrichten vor allem im Herbst und Winter zu einer Herausforderung wurde. Die aktive Teilnahme von Professoren und Schülern an diversen Hilfsaktionen – bei der Aktion „Bücher ins Feld“ etwa, im Krankentransport, beim „Bahnhoflabedienst“ oder bei Schneeräumen ebenso wie bei der Sammlung von Edelmetallen unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ – griff ebenso ins tägliche nterrichtsgeschehen ein wie das Einziehen zahlreicher älterer Schüler sowie von Lehrpersonal zum Militär: Ebenfalls im Schuljahr 1915/16waren so viele Schüler „unter die Fahnen gerufen“ worden, dass die zwei Züge, die zum vormilitärischen Training gebildet worden waren, zu einem zusammengelegt wurden. Es überrascht kaum, dass in den Jahresberichten der Kriegsjahre Themen wie „Wie können wir daheim zum Siege beitragen?“, „Not gibt Kraft“ oder „Wer ist ein Held?“ einen prominenten Platz einnehmen. Spannend ist, dass gerade in diesen unsteten, krisenhaften Jahren endlich eine Entwicklung begann, über die seit Langem diskutiert worden war: im Schuljahr 1916/17konnte die erste Schülerin am Wasagymansium verzeichnet werden, wenn auch in einem pädagogischen Umfeld, das ihr, gelinde gesagt, mit gespalteten Ansichten gegenüberstand. Platztechnisch sahen sich die damaligen Pädagogen mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert, waren doch rund 350Schüler samt eigenem Lehrkörper aus der Bukowina und Galizien evakuiert und an unserer Schule untergebracht worden, wo sie in Parallelklassen unterrichtet wurden. Als im Herbst 1918die Schule nach dem Sommer wiedereröffnete, war dies nur von kurzer Dauer. Im Oktober wurde aufgrund einer Grippewelle (ob es die damals kursierende
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Spanische Grippe war, geht aus den Unterlagen nicht hervor) wieder geschlossen; als der Unterricht wieder aufgenommen wurde, geschah dies in einem neuen Land.
Die Erste Republik und der Austrofaschismus
Die tiefgreifende Identitätskrise nach dem Ersten Weltkrieg war auch in der Bildung spürbar und führte zu großer Verunsicherung. Doch Krisen bieten bekanntlich auch Chancen, und reformpädagogische Strömungen gewannen an Momentum. Im Kollegium der Wasagasse waren die Reformer vor allem in der Person Hans Fischls vertreten, der von 1908 bis 1919Lehrer an der Anstalt war und zu einem der wichtigsten Mitarbeiter des „Spiritus Rector“ der Schulreformen der Ersten Republik, Otto Glöckel, wurde. Als Wiener Schule war die Wasagasse nach Glöckels Antritt als Präsident der Stadtschulrats 1922(weiter) unter dem Einfluss der Glöckel’schen Schulreformen7, die mit einer grundlegenden pädagogischen und organisatorischen Neuausrichtung die Themen Schule und Bildung (sowie die Rolle der katholischen Kirche in diesem Kontext) zu einem der „heißesten Eisen“ im politischen Diskurs der Ersten Republik in Wien machte. „Pädagogik wurde hier […] auch als Mittel der Errettung und der Herbeiführung einer besseren Zukunft verstanden. In diesem Sinne proklamierte Glöckel als Ziel der Schulreform „sittlich hochstehende, starke, aufrechte, arbeitsfreudige Tatmenschen heranzubilden für einen freien demokratischen Staat.“8 Damals Lehrer oder Lehrerin zu sein hieß, sich mit neuen Ideen nicht nur im Schulalltag, sondern im generellen beruflichen elbstverständnis auseinandersetzen zu „müssen“. Dies scheint oft mit großem Enthusiasmus geschehen zu sein: eine große Anzahl an Fachzeitschriften und -literatur zeugt ebenso davon wie neue Impulse und Ansätze in der Lehrer*innenfortbildung. Die Stadtregierung war willens, die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, und so wurden beispielsweise die Klassenschülerzahlen auf unter 30 gesenkt, und an den Pflichtschulen Schulbücher und andere Materialien kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Lehrerinnenzölibat wurde im Roten Wien aufgehoben. International weithin beachtet und bewundert, waren die reformerischen Bemühungen des Wiens der Ersten Republik in der Zeit des Austrofaschismus mit seinem politischen Katholizismus verhasst. Schule galt als politisches Instrument des Regimes, was sich bereits im Diensteid in klaren Worten zeigte. Lehrerinnen und Lehrer mussten „bei Gott, dem Allmächtigen“ schwören, da[ss] sie sich für eine Erziehung im sittlich-religiösem und vaterländisch-österreichischen Sinne einsetzen würden9. Es überrascht weiters kaum, dass die 7 8 9
Glöckel war von März 1919bis Oktober 1920als Unterstaatssekretär für Unterricht Leiter der obersten Schulbehörde des Landes. Wilfried Göttlicher, Das Rote Wien – Eine „Musterschulstadt“, in: Werner Michael Schwarz, Georg Spitaler, Elke Wikidal (Hg.), Das Rote Wien 1919–1934.deen. I Debatten. Praxis, Basel 2019, 96. Herbert Dachs, „Austrofaschismus“ und Schule, in: Wolfgang Neugebauer, Emmerich Talos, Austro-
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Zensoren der Regierung ein besonderes Auge auf Lehrpläne und Schulbücher hatten, vor allem in den sogenannten „gesinnungsbildenden Fächern“. Die ideologische Steuerung sollte möglichst ungehindert verlaufen. Dazu gehörte auch politischer Druck auf die Lehrkräfte: Der spätere Kanzler und damalige Unterrichtsminister Kurt Schuschnigg vertrat in einem Erlass im Jänner 1934 die Position, dass aufgrund der Vorbildwirkung der Lehrkräfte „[…] eine eindeutige Klarstellung in bezug [sic!] auf die Zugehörigkeit der Lehrerschaft […] zur Vaterländischen Front notwendig erscheint“; falls man sich weigerte, galt dies als Weigerung, sich zum österreichischen Vaterlande zu bekennen10. Aufgrund einer rigiden Einsparungspolitik wirtschaftlich angreifbar, waren zum Teil empfindliche Strafen für ein Abweichen von der Regimelinie, wie etwa Entlassung ohne Pensionsanspruch, Kürzung der Bezüge oder Zwangsversetzung etc. noch bedrohlicher. Generell wurde versucht, massiven Druck auf eine politisch höchst heterogene Lehrerschaft auszuüben, der letzten Endes aber wie so manch anderes im austrofaschistischen „Ständestaat“ nicht den Tiefgang erreichte, wie das etwa in NS-Deutschland oder Italien der Fall war. Ein Faktor dafür war, dass signifikante Teile der Lehrerschaft deutschnational gesinnt waren und offe mit dem Nationalsozialismus sympathisierten; ihnen boten die im Austrofaschismus geförderten Themen – das Soldatische, Nationale, Gehorsam, die Betonung des deutschen Charakters Österreichs, um einige zu nennen – besser die Möglichkeit, sie in ihrem Sinne zu adaptieren. Offene Türen bei vielen Lehrern und Lehrerinnen fand jedenfalls die nach dem Bürgerkrieg 1934 erfolgte Rücknahme von Reformen der 1920er vor, mit der die „Auslesefunktion“ und die Rolle der Lehrerinnen und Lehrer in diesem Prozess wieder deutlicher akzentuiert wurde11. 1934 wurde der Direktor des Wasagymnasiums, Direktor Dr. Alfred Koppitz aus politischen Gründen seines Amtes enthoben; er war einer von insgesamt 102 (von 500) Direktoren in Wien, denen nach dem Februar 1934dasselbe widerfuhr. Der neue Direktor Dr. Ernst hingegen war „brav“ auf Linie mit dem Regime. Die im Austrofaschismus abgeschaffte Versammlungs- und Meinungsfreiheit spiegelte sich auch im Wasagymnasium wider, wo wie andernorts die Lehrerinnen und Lehrer zur „Gesinnungserziehung“ da waren. Bezeichnend ist das Vorwort im Jahresbericht 1935/36,in dem sich unter dem Titel „Ein paar Worte an die Jugend!“ der „Bundeskommissär für Heimatdienst“ Oberst a.d. Walter Adam an die Schülerinnen und Schüler wandte12: Nach dem Kriege gab es eine Zeit, wo man glaubte, die Jugend müsse jetzt nach anderen Grundsätzen erzogen werden als früher. Die Begriffe Gottesfurcht, Vaterlandsliebe, Disziplin und Selbstdisziplin wurden abgewertet und verloren ihren beherrschenden Rang in den Schu-
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faschismus. Politik – Ökonomie – Kultur, Wien 52005, 284. Ebd., 285. Dies wurde in der II. Republik übrigens auf breiter ideologischer Basis als Fehler beurteilt. In diesem Schuljahr waren 16 von 256 Schüler*innen weiblich.
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len. Viele junge Leute hörten gerne die neue Freiheitsbotschaft und gerieten dabei auf falsche Wege. Heute ist diese Zeit der Verwirrung vorüber. […] Ich bin glücklich, da[ss] in unseren jungen Männern der Sinn für das Soldatentum wieder erwacht ist, der unser deutsches Volk in Österreich immer ausgezeichnet und zu unerhörten Leistungen befähigt hat. […] Gottesfurcht, Vaterlandsliebe, Tapferkeit, Standhaftigkeit in Not und Gefahren, anständiges Betragen, Gemeingeist und Unterordnung des eigenen Willens unter Gesetz und Befehl […]. Diese Tugenden sind aber auch Bürgertugenden, die allein im Stande sind, einen geordneten Staat, eine geordnete Volksgemeinschaft zu tragen.13
Zahlreiche katholische Schulfeiern gehörten zum Schulalltag ebenso wie ideologische Schulungen, etwa im Schulfunkvortrag „Von den Ständen in alter und neuer Zeit“ für die Schüler der „Ober-Klassen“. Am 26. Oktober nahmen zahlreiche Klassen, angeführt von Direktor Dr. Ernst und zwei Professoren, an der Spalierbildung anlässlich einer Truppenparade teil. Es gab einen eigenen Dienststellenleiter der Vaterländischen Front für die Anstalt, der behördlich verordnet im Ausschuss der Schule saß. Vormilitärische Erziehung war laut dem Lehrplan vom 11. Juli 1935vorgeschrieben, und so berichtet der Jahresbericht 1935/36vom Turnunterricht, in dem pro Stunde 10–15 diesem Z weck dienten: „Jede Klasse bildet einen Zug. Chargen sind die Schüler mit Wechsel im Kommando. Einheitliche Turnkleidung, militärische Grußform und Verwendung der Schulfahne bei Märschen und Schulfesten erhöhten den militärischen Eindruck.“ Im Austrofaschismus Lehrkraft zu sein bedeutete (zumindest in der Theorie), eine politische Kontrollfunktion zu haben, die sich, als Vorwegnahme noch dunklerer Zeiten anmutend, in einem der im Jahresbericht 1935/36abgedruckten Erlässe dieser Zeit widerspiegelt. Bei allen der Schule zur Kenntnis gelangenden politischen Vergehen von Schülern […] ist sofort ohne erst den Abschlu[ss] des Strafverfahrens abzuwarten, in kurzem Wege wegen Suspendierung des Schülers das Einvernehmen mit dem Stadtschulrate herzustellen; auch kann die bloße Karzerstrafe bei einer politischen (polizeilichen) Abstrafung nicht als zureichende Disziplinarstrafe angesehen werden.14
Nicht feststellbar ist, wie sich etwaige Debatten im Lehrkörper um eine Maßnahme gestaltet haben könnten, die neben der Wasagasse nur in einigen anderen Schulen umgesetzt wurde: der Einrichtung einer eigenen „J-Klasse“, in der Juden gesondert unterrichtet wurden – ein Beispiel dafür, wie sich (gerade in Wien religiös motivierter) Antisemitismus auch vor dem „Anschluss“ manifestierte.
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Jahresbericht des BG IX, 1935/36, .S. o Ebd., 19–21.
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Die NS-Zeit und die ersten Nachkriegsjahre15
Was es bedeutete, Lehrkraft während der Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft zu sein, lässt sich relativ leicht beantworten: wenn man Lehrerin oder Lehrer bleiben wollte (bzw. durfte)16, war man ein Rädchen im totalitären System. Das Spektrum war breit: ob nun Überzeugungstäter oder zum durch Zwang in die innere Isolation Getriebener, man erfüllte durch die Lehrtätigkeit an sich eine Funktion. Durch die alles durchdringende Kontrolle des Regimes waren Handlungsspielräume von oppositionell eingestellten Pädagog*innen kaum oder nur unter großem Risiko gegeben; Anpassung und Opportunismus waren an der Tagesordnung, und die zahlreichen Lehrer, die bereits vor dem März 1938 Nationalsozialisten gewesen waren, führten ihre Tätigkeit nun ohnehin mit besonderem Eifer aus. In den Memoiren des ehemaligen „Wasagasslers“ Ari Rath, auf den an anderer Stelle in dieser Festschrift genauer eingegangen wird, spiegelt sich dies wider; er berichtet etwa sowohl vom Turnlehrer Franz Stefan, der bereits vor dem „Anschluss“ als überzeugter Nazi galt, als auch vom Deutschlehrer Otto Spranger, der sich nach der Wiederaufnahme des Unterrichts am 22. März 1938 vor der Klasse dafür entschuldigte, dass er jetzt ein Hakenkreuzabzeichen tragen musste. Die jüdischen Lehrkräfte waren an diesem Tag nicht mehr zum Unterricht an die Schule zurückgekehrt17. In den Gestionsprotokollen unserer Schule finden sich be eits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten folgende Einträge: „Verhaftung von Lehrkräften“ am 31. März, und tags darauf, „Meldung jüdischer Schülerinnen an den [Stadtschulrat]“. Andere Einträge in den genannten Protokollen zeigen, wie sehr in der Schule die Rolle als Rädchen in der diktatorischen Maschine wahrgenommen wurde: „Enthebung jüdischer Lehrkräfte; Ausschließung jüdischer Schüler; Einführung des deutschen Grußes an den Schulen18“ oder 1941„Namentliche Liste d. Mischlinge. Übersichtstabelle.“ Welcher Blick von Lehrkräften auf ihre Schützlinge erwartet wurde, spiegelt sich beispielsweise in einem Eintrag im Klassenkatalog des Schuljahres 1939/40wider, in dem ein Schüler als „[k]örperlich schwächlich, Haltung schlaff, aber geschickt und mutig, fahrig und nachlässig, dadurch nur mäßige Erfolge“ charakterisiert wurde. Die Schule arbeitete der menschenverachtenden Ideologie zu, wie alles darauf ausgerichtet wurde, „dem Führer zuzuarbeiten“, wie es der englische Historiker Ian Kershaw ausgedrückt hat. Lehrerinnen und Lehrern vermerkten 15
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Bezugnehmend auf den in der Einleitung zu diesem Text ausgeführten Grundzugang ist zu ergänzen, dass es im Sinne einer angemessenen Gedenkarbeit natürlich von zentraler Wichtigkeit ist, einzelne Schicksale zu erforschen, zu dokumentieren und zu thematisieren. Diesen ist im vorliegenden Band ein eigenes Kapitel gewidmet, auf das hiermit ausdrücklich verwiesen wird. Der angesehene Wissenschaftler und Lehrer am BG9 Edgar Zilsel etwa war als Jude und Sozialist nach Einführung des sogenannten „Arierparagraphen“ entlassen und zwangspensioniert worden. Ari Rath, Ari heißt Löwe. Erinnerungen, Wien 2012,33. Um seine jüdische Frau nicht verlassen zu müssen, floh tto Spranger später ins Ausland. Dies erfolgte per Erlass; „nichtarischen“ Schüler*innen war es verboten, ihn zu leisten.
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etwa, wenn die „arische Abstammung“ eines Schülers oder einer Schülerin nicht lückenlos nachweisbar war. Hinsichtlich des bereits erwähnten Schülers verrät der Klassenkatalog: „Nachweis der arischen Abstammung nur für die Mutter erbracht. Für den Vater läuft ein Akt bei der Reichsstelle für Sippenforschung (Auslandsdokumente).“ Die Schulen standen von Anfang an im Fokus des Regimes. Direktorenposten wurden innerhalb kürzester Zeit mit regimetreuem Personal besetzt, Schulbibliotheken „gesäubert“ und mit Propagandawerken bestückt, Schulbücher zensiert und Lehrpläne der Naziideologie unterworfen. Lehrer*in zu sein hieß, diese Ideologie zu vermitteln. Rassen- und Vererbungslehre sind fi e Bestandteile aller Unterrichtsgegenstände, insbesondere im Fach Biologie, aber auch in Geographie, Geschichte und Deutsch. Sie sollen den SchülerInnen beibringen, dass der jeweilige Wert eines Menschen von seiner Rassenzugehörigkeit abhängt. […] Zentrale Elemente sind Antisemitismus, Deutschtümelei und rassistisches Wahndenken. Toleranz und Humanismus sind nicht gefragt.19
An dem zu diesem Zeitpunkt bereits in die Räume des als konfessionelle Schule aufgelösten Schottengymnasiums übersiedelten BG9 wurden zahlreiche „Politische Stunden“, in denen etwa Themen wie „ rbhof oder Kolchose“ im Oktober 1944 zur Herausstreichung der Überlegenheit gegenüber dem Kommunismus besprochen wurden, abgehalten und „Rassenpolitische Schulungen“ organisiert. Beispielhaft für die Inhalte seien zwei Themen genannt: „SS im Kampf“ am 13. November 1939,oder „Biologische Grundlagen der Menschwerdung und Rassenentwicklung“. Im Zuge des „Kraft durch Freude“ Programms wurde als Schulausflug eine Ausstellung über „Deutsche und italienische Kunst“ in der Urania besucht. Bemerkenswert ist auch ein Protokolleintrag, der eine eigene „Kriegsversehrtenreifeprüfung“ listet. Die NS-Ideologie war allgegenwärtig, und Unterricht war ihr umfassend untergeordnet – auch außerhalb der Schulräumlichkeiten. Klassen des Wasagymnasiums beteiligten sich unter Leitung der Lehrkräfte beispielsweise an Sammlungen der HJ für das Winterhilfswerk, und die Gestionsprotokolle vermerken für den 19. April 1942 auch eine „Kinderlandverschickung – Einsatz von Helfern“ bzw. die „Bestätigung über Mithilfe von Schülern in der Landwirtschaft u. Ersuchen um weitere Mithilfe“. Dabei blieb es freilich nicht, wie ein Eintrag für den 20. August 1941zeigt; dieser lautet schlicht „Einberufung von Schülern zur Wehrmacht“. Mit Fortdauer des Krieges spiegeln die Tätigkeiten der Schulgemeinschaft den militärischen Druck auf das „Deutsche Reich“ und, als Konsequenz davon, die Mobilisierung für den „Totalen Krieg“ wider. 1944 besuchten Lehrkräfte des Gymnasiums die „Lehrerfortbildung Luftbildverwendung“, Schülerinnen und Schüler beteiligten sich an Altstoffsammlungen und wurden angesichts des Rohstoffmangels in Preisausschreiben wie jenem 19
Martin Krist, Albert Lichtblau, Nationalsozialismus in Wien. Opfer. Täter. Gegner., Innsbruck/Wien/ Bozen 2017, 128.
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vom 12. Juni 1944dazu aufgefordert, Ideen zum Thema „Altstoff ist Rohstoff“ einzusenden. Einen prominenten Stellenwert nahm der Luftschutz ein, in dem auch die Lehrkräfte gefragt waren. Zahlreiche Vermerke dokumentieren eine Vielzahl von Luftschutzübungen (auch im Zuge von „Luftkampf- und Luftverteidigungsspiele[n]“), Ankäufe von Decken, Gasmasken und Schutzanzügen, oder dass ein bestimmter Luftschutzkeller nicht benützbar war. Übungen zum eigenen Schutz waren das eine, aktiver Einsatz das andere. Ab dem Schuljahr 1942/43waren Lehrlinge und Schüler – auch der Wasagasse, wie der Vermerk „Kriegshilfseinsatz – Luftwaffe, 5. Klasse“ in den Gestionsprotokollen dokumentiert – als Luftwaffenhelfer im Einsatz20, mit durchaus hohen Opferzahlen. Lehrer*in zu sein hieß damals also sowohl für überzeugte Ideologen als auch die vielen Mitläufer und die insgeheim Oppositionellen so etwas wie einen geregelten Unterrichtsalltag den Bedürfnissen des Systems zu unterwerfen, umso mehr, je schlechter der Krieg für Nazideutschland lief. Auch sie selbst mussten Hand anlegen: bevor Wien im April 1945nach heftigen Kämpfen von der Roten Armee befreit wurde, verzeichneten die Schulprotokolle im März etwa „Schanzarbeiten, Stellung von Lehrkräften“ ebenso wie die angesichts der sinnlosen Opferung von Leben zynisch klingende „Aktivierung des Deutschen Jungvolkes“. Den Untergang des „Dritten Reiches“ konnte freilich auch dies nicht abwenden. Als am 10. September 1945 das neue Schuljahr begann, geschah dies – obwohl schon im ersten Schuljahr nach dem Krieg kulturelle Veranstaltungen an der Schule wieder aufgenommen wurden – unter vielerlei Herausforderungen für die Schulgemeinschaft. Bücher und Text waren schwierig zu bekommen, und um der Raumproblematik zu begegnen, wurde der Unterricht am Vormittag und am Nachmittag, also „doppelt“, abgehalten. Eine Schulausspeisung konnte eingerichtet werden, und die Chronik des Schuljahres 1945/46 berichtet davon, dass „[…] das Gymnasium täglich geheizt [werden konnte], da entsprechende Kohlemengen von den Alliierten […] zur Verfügung gestellt wurden.“ In den Jahresberichten der Nachkriegsjahre finden sich eitere Hinweise auf Aktionen der Alliierten im Schulbereich, wie kleine Geldgeschenke an Unterstufenklassen oder die Einladung einer Schülerabordnung zur Weihnachtsfeier der britischen Besatzungsmacht 1950. Eine wesentliche Aufgabe, gerade für Lehrkräfte in den sogenannten „gesinnungsbildenden Fächern“, scheint die Schaffung eines sterreich-Bewusstseins gewesen zu sein. Sinnbildlich dafür ist eines der Themen der Reifeprüfung aus Deutsch des Schuljahres 1946,das „Der Österreicher hat ein Vaterland und liebt’s und hat auch Ursach‘, es zu lieben“ (Schiller)“ lautete; als weiteres Beispiel kann die Gestaltung eines großen Wandbildes für den sterreich und seine „[…] wichtigsten Orte Zeichensaal im Schuljahr 1950/51 dienen, dass Ö durch Darstellung ihrer bedeutendsten Sehenswürdigkeiten hervorhebt […].“ Lehrer*in zu sein hieß nun dabei mitzuhelfen, in einer Art geistigem Wiederaufbau Identität zu stiften; 20
Im Zuge dieser Tätigkeiten waren die Jugendlichen Scheinwerfer- oder Flakgeschützbatterien zugeordnet und/oder waren bei bzw. in einem der großen Wiener Flaktürme eingesetzt. Die Baustelle im Augarten war 1943 im Zuge eines Schulausfluges besucht wo den.
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dies spiegelt etwa eine pädagogische Konferenz im Dezember 1949wider, in der sich der Lehrkörper (im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht) mit dem Thema „Staatsbürgerliche Erziehung im Unterricht“ befasste.
Die Schule auf dem Weg ins Heute
Darzustellen wie sich die gesellschaftlichen Dynamiken der Jahrzehnte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Bildungswesen insgesamt und im täglichen Wirken der Lehrkräfte an unserer Schule im Speziellen manifestierten, ist an dieser Stelle nicht möglich. Der Blick auf bestimmte Aspekte ist dennoch lohnend und erhellend. Damals wie heute bedeutet(e) Lehrer*in zu sein, sich mit sich innerhalb weniger Jahrzehnte rasant entwickelnden technischen Möglichkeiten im Unterricht auseinanderzusetzen, freilich in individuell unterschiedlicher Intensität und mit variierender Motivation. In den 1950er-Jahren war der Schulfunk ein beliebtes Mittel zur Bereicherung der Unterrichtsstunden, wenn das auch nicht immer reibungslos gelaufen sein dürfte, wie der Jahresbericht 1951/52verrät: „Der Einbau der Sendungen in den Unterricht fiel nicht immer leicht, doch trat hierin nach Weihnachten infolge Ankauf eines Magnetophons durch die Elternvereinigung eine fühlbare Erleichterung ein.“ Auch „Lichtbild und Film“ wurden gerne genutzt, und die Lichtbildstelle in der Sensengasse zur Entlehnung in Anspruch genommen. Dass „Medienerziehung“ schon seit geraumer Zeit zumindest teilweise einen Platz im Unterrichtsgeschehen unserer Schule einnimmt, zeigen die Projekte unter Prof. Sepp Redl in den 1970er-Jahren, der mit einer Gruppe von Interessierten beachtete Filmprojekte umsetzte. Im Jahresbericht 1977/78wurde Fachvokabular zur „systematischen Untersuchung von Film- und Fernsehwerken“ abgedruckt. Spult man erneut einige Zeit vor, beginnt Mitte der 1990er-Jahre das Internet-Zeitalter, das zum damaligen Zeitpunkt freilich in Hinsicht auf die Unterrichtsgestaltung ein Nischenprogramm gewesen sein dürfte. Die Schule besitzt seit dem 30. November 1996 einen eigenen Internetzugang. Damals wie heute um Aufklärung und Information des Lehrkörpers in Sachen Informatik bemüht, erklärte unser Kollege Dr. Helmut Bittermann im Jahresbericht 1996/97die Vorteile einer E-Mail: „Im Normalfall tauschen damit zwei Personen Informationen aus, ähnlich wie bei einem Briefwechsel. Der wichtigste Unterschied zur „normalen Post“ liegt in der Geschwindigkeit.“21 Ob unsere Ausführungen in Sachen Digitalisierung in 25 Jahren den Leser*innen ebenso ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubern werden? Die 1960er- und 1970er-Jahre erlebten zahlreiche Neuerungen und Reformen im Bildungsbereich. Die Lehrer*innenausbildung war mit der ersten Schulnovelle des Jahres 1962 auf neue Beine gestellt worden, eine zweite Novelle kam im Jahr 1974. Gesellschaftlich 21
Jahresbericht des BG IX, 1996/97,8.
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war vieles in Bewegung geraten; im Zuge einer „Bildungsexplosion“ drängten etwa immer mehr Mädchen in Gymnasien und an die Universitäten, 1975 wurde die Koedukation eingeführt. Der Reformgeist bzw. die neuen pädagogischen Ansätze der späten 1960er und frühen 1970er-Jahre – „Die Handarbeit ist tot, es lebe die Werkerziehung!“ verkündete etwa der Jahresbericht 1978/79 – scheinen in derWasagasse seitens so mancher Schulleiter nicht erwünscht gewesen zu sein. So äußerte sich Direktor Dr. Zwölfer in der Rede zur 100-JahrFeier, die im Jahresbericht 1971/72abgedruckt wurde: […] Gute Lehrer sind bekanntlich strenge Lehrer. […] [wir sind] der Meinung, da[ss] die höhere Schule eine Ausleseschule ist und auch bleiben mu[ss] […] In unserer Gesellschaft besteht heute wenig Neigung, Autorität zu sein, weil der Begriff ‚Autorität‘ nicht selten und meist mit Absicht mit dem Begriff ‚autoritär‘ verwechselt wird […] Aufgrund jahrelanger Erfahrungen und reiflicher berlegung können wir der Ansicht, da[ss] es keine Begabungsunterschiede, sondern nur Begabungsrichtungen, nicht beistimmen, auch dann nicht, wenn uns dies als wissenschaftliche Erkenntnis angeboten wird.22
Die Position einer Schulleitung war eines, die Gestaltung des individuellen Unterrichts in der Klasse etwas anderes. Lehrer*in zu sein hieß (und heißt), sich mit neuen Ideen, ja einem neuen beruflichen Selbstverständnis auseinanderzusetzen – zu welchen Schlüssen man dann auch kommen möge – und dafür eventuell auch Konflikte in Kauf zu nehmen. Generalisierungen sind auch hier fehl am Platz, wie beispielweise ein Vergleich der Deutschthemen zwischen zwei Klassen im Schuljahr 1961/62 belegt. Finden sich in der 8a progressive Th men wie „Moderne Realpolitik – Humanität (Atombombentests in Ru[ss]land – Proteste aus aller Welt; Trennungsmauer in Berlin – Hilfe für die unterentwickelten Länder …)“ oder „Wesenszüge des modernen Kapitalismus“, sucht man solche in der 8b vergebens. Die Jahresberichte zeigen gerade in den 1990er-Jahren sozialkritisches Interesse und entsprechende Themensch erpunkte. Plakatgestaltungen zu Themen wie Aids oder Gewalt in der Bildnerischen Erziehung finden sich ebenso wie nglischarbeiten zu Kinderarmut und Entwicklungshilfe, Rechtsextremismus oder der Rolle des Fernsehens (1991/92) oder „‘Was ich mir von der Frauenpolitik erwarte‘ – Frauen am Wort“ im Fach Deutsch im Schuljahr 1995/96. Lehrer*innen in den 1990er-Jahren scheinen in großem Ausmaß bemüht gewesen zu sein, die Welt ins Klassenzimmer zu holen und Schüler*innen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit ihr eingeladen zu haben.
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Jahresbericht des BG IX, 1971/72, 19.
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Ein Versuch einer Bestandsaufnahme der Gegenwart
Es ist heikel für einen einzelnen Lehrer, allgemeine Aussagen darüber zu treffen, was es bedeutet, heute Lehrer*in zu sein; es besteht die Gefahr, dies zu sehr von der eigenen Position aus zu tun. Die folgenden fünf Punkte sind dennoch ein Versuch, einige generelle Feststellungen zu treffen Es bedeutet unter anderem, sich aus vielerlei Gründen neuen Technologien nicht zu verschließen, und diese dort einzusetzen, wo es Sinn macht. Auf die Schüler*innen wartet – for better or for worse – eine digitalisierte (Arbeits-)Welt, und bis zu einem bestimmten Grad ist es Aufgabe der Schule, sie darauf einzustellen. Angesichts des rasanten Tempos der Entwicklungen im Bereich der umfassenden Digitalisierung werden Flexibilität, Differenzierungsfähigkeit und Offenheit gefragt sein. Heute Lehrer*in zu sein bedeutet, dies in einer höchst individualisierten Gesellschaft zu sein. Schülerinnen und Schülern das Gefühl zu geben, dass jeder und jede als Individuum respektiert und geschätzt wird, ist zweifellos von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig scheint die Vermittlung eines Gemeinschaftsgefühls, eines solidarischen Miteinanders und gegenseitiger Unterstützung jenseits von persönlichem Vorteil auch im Schulkontext entscheidend. Der dritte Punkt ist wohl der komplexeste. Wir leben in Zeiten, in denen viele Menschen das Gefühl haben, dass vermeintliche sozio-ökonomische oder sozio-politische Gewissheiten bedroht seien. Wirtschaftssysteme, in denen vermehrt Konfliktpotential steckt, global Erwärmung, bewaffnete onflikte, politischer xtremismus, Massenmigration, die auf die genannten Probleme zurückzuführen ist – Lehrer*innen werden diese Probleme nicht im Klassenzimmer lösen können. Es ist aber unsere Aufgabe, Schüler*innen nach Möglichkeit eine Einstellung näher zu bringen, die ihnen als Mitglieder der Gesellschaft eine lösungsorientierte, reife Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen ermöglicht. Die Lehrtätigkeit auch in den Dienst einer kritischen Auseinandersetzung mit der Unmenge an Informationen, zu der jede/r Schüler*in innerhalb von Sekunden Zugang hat, zu stellen, scheint von großer Relevanz zu sein. Um Fakten, Meinung, Manipulation und Falschmeldungen unterscheiden und einordnen zu können, braucht es Training und selbstständiges Denken; Wissen, Transfer und Reflexion sind gefragt. Der abschließende Punkt ist einer in „eigener Sache“. Um optimistisch in die Zukunft schauen zu können und diesen Beruf weiter mit Leidenschaft und Freude auszuüben, sollte 150 Jahre nach Gründung unserer Schule Lehrer*in zu sein auch bedeuten, sich in herausfordernden Zeiten vor Augen zu halten, dass vergangene Generationen an Pädagog*innen wohl zu verschiedensten Zeitpunkten auch mit dem Gefühl konfrontiert waren, von Veränderungen überfordert zu sein und ihr Wirken auf neue Beine stellen mussten – dies hat mitbestimmt, wie sich unsere Gegenwart gestaltet. In diesem Sinne: Die Zukunft wartet! Christoph Buder
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Lehrer*in sein im Spiegel von 150 Jahren Schulgeschichte
Literaturverzeichnis Herbert Dachs, „Austrofaschismus“ und Schule, in: Wolfgang Neugebauer, Emmerich Talos, Austrofaschismus. Politik – Ökonomie – Kultur, Wien 52005. Wilfried Göttlicher, Das Rote Wien – Eine „Musterschulstadt“, in: Werner Michael Schwarz, Georg Spitaler, Elke Wikidal (Hg.), Das Rote Wien 1919–1934. Ideen. Debatten. Praxis, Basel 2019. Jahresbericht des BG IX, 1881/82. Jahresbericht des BG IX, 1935/36. Jahresbericht des BG IX, 1971/72. Jahresbericht des BG IX, 1996/97. Martin Krist, Albert Lichtblau, Nationalsozialismus in Wien. Opfer. Täter. Gegner, Innsbruck/Wien/ Bozen 2017. Martin Mutschlechner, Die Rolle der Schule für die Entstehung eines Nationalbewusstseins, https:// ww1.habsburger.net/de/kapitel/die-rolle-der-schule-fuer-die-entstehung-eines-nationalbewusstseins, 23.02.2021. Ari Rath, Ari heißt Löwe. Erinnerungen, Wien 2012. Carl Schorske, Fin-de-siècle Vienna. Politics and Culture, New York 51981. Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M. 432017.
Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
Einleitung
Es ist ganz leicht, etwas über die Geschichte des Bundesgymnasiums Wasagasse zu erfahren. Der Begriff wird gegoogelt, und das Internet gibt bereitwillig Auskunft über Gründung, Entstehung und Architektur. Über kurz oder lang stolpert man – natürlich – über berühmte Schülerinnen und Schüler der Wasagasse bzw. laut deacademic.com1 über 24 Absolventen und eine Absolventin. Es stellt sich unweigerlich die Frage: Hat nur eine Schülerin dieser Schule derart nennenswerte Errungenschaften erzielt, dass sich ihr Name in dieser Liste wiederfindet? Oder war zu einer bestimmten Zeit im vergangenen Jahrhundert der Anteil an männlichen Absolventen, die anschließend auch noch ein Studium belegen und abschließen konnten, schlicht höher? Die erwähnte Absolventin heißt übrigens Andrea Maria Dusl; sie ist Filmregisseurin, Autorin und Zeichnerin.2 An einer anderen Stelle im Netz3 haben es auch andere Frauen in die Liste der berühmten Schülerinnen und Schüler des Bundesgymnasiums Wasagasse geschafft. Erwähnt werden hier neben Andrea Maria Dusl auch die Schauspielerin Birgit Doll, die Kunsthistorikerin Eva-Maria Höhle, die Schauspielerin Sophie Stockinger, die Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl und die Politikerin Beate Meinl-Reisinger. Keine der genannten Frauen wurde vor 1948geboren. Die Nennungen der bekannten Männer sind jenen der Frauen nicht nur zahlenmäßig deutlich überlegen, auch sind die erfolgreichen männlichen Absolventen im Schnitt älteren Jahrgangs als die weiblichen. Ebenso schafften es einige Leh er, die in der Vergangenheit am Bundesgymnasium Wasagasse unterrichtet hatten, durch unterschiedliche Leistungen in die Auswahl bekannter Personen. Darunter finden sich Mathematiker, Physiker, Altphilologen, Komponisten, Psy1 2 3
Vgl. Gymnasium Wasagasse, https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/2389791#B ekannte_Sch.C3. BCler, 03.01.2021. Vgl. Gymnasium Wasagasse, https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/74968, 03.01.2021 Vgl. Gymnasium Wasagasse, https://dewiki.de/Lexikon/Gymnasium_Wasagasse#Bekannte_Lehrer, 03.01.2021
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Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
chologen und fähige Männer in verschiedensten Wissenschaftssparten. Jedoch wird unter den bekannten Lehrern des Bundesgymnasiums keine Frau erwähnt.4 Zufall, oberflächlic recherchiert oder historisches Phänomen? Vielleicht lässt sich diese Frage mit einem Blick auf die Geschichte der Mädchenbildung bzw. auf die Entwicklung des koedukativen Ansatzes beantworten.
Mädchenbildung und Koedukation
Der Begriff Koedukation bezeichnet „den gemeinsamen Unterricht von Mädchen und Buben“, denn „der gleichberechtigte Zugang zu allen Bildungsfeldern bedeutete eine wichtige Errungenschaft für Frauen auf dem Weg zur Überwindung der Geschlechtertrennung und –hierarchie“.5 Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) hält in seiner „Gleichstellungspolicy an Schulen“ in Bezug auf die bildungsbezogene Gleichstellung der Geschlechter fest: Fokussiert wird auf den Abbau der horizontalen Geschlechtersegregation bei der Ausbildungswahl, der Stärkung der Gleichstellungsarbeit und dem Aufbau von Gender- und Diversitätskompetenzen auf allen Ebenen des Bildungssystems im Sinne im Sinne des dreigliedrigen Gleichstellungsziels des Ressorts: ‑ Fix the institution: Stärkung von geschlechtergerechten Veränderungsprozessen innerhalb von Organisationen ‑ Fix the knowledge: Förderung der Einbindung der Geschlechterdimension in Pädagogik, Forschung und Lehre ‑ Fix the numbers: Abbau von Geschlechtersegregationen auf allen Ebenen […] Alle Schulen in Österreich sind demgemäß aufgefordert, die Dimension des Geschlechts im schulischen Lehren und Lernen – vor dem Hintergrund einer pluralistischen, von religiöser, kultureller und sozialer Vielfalt geprägten Gesellschaft – zu reflektie en. Ziel ist es, individuelle Handlungsspielräume zu erweitern und geschlechterstereotype Zuweisungen und Festschreibungen zu überwinden.6
Laut Schulorganisationsgesetz ist die gemeinsame Ausbildung von Mädchen und Buben erst seit 1975bindend. Doch was war davor? Koedukation setzt voraus, dass Mädchen ebenso 4 5 6
Vgl. ebd. Der Standard, Koedukation: Gleiche Chancen von Anfang an, https://www.derstandard.at/ story/3370317/koedukation -gleiche-chancen-von-anfang-an, 03.01.2021. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Gleichstellungspolicy, https://www. bmbwf.gv.at/Themen/schule/gd/gss/gs .html, 03.01.2021.
Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
wie Buben einen Platz im Bildungssystem haben. Historisch betrachtet war das nicht der Fall. Noch im 19. Jahrhundert lag der Fokus weiblicher Erziehung hauptsächlich auf der Vorbereitung der Mädchen auf ihre Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter, und erst nach und nach begann der weibliche Bevölkerungsanteil im Bildungssystem überhaupt eine merkliche Rolle zu spielen. Solange die Ehe als gesellschaftliches Privileg und Erzeugerin sozialer Sicherheit angesehen wurde, blieb den Mädchen oft nur eine eigene Familie zu gründen, besonders, weil es auch an Möglichkeiten für berufliche Ausbildung fehlte. Nicht alle Frauen waren bereit, sich in dieses Korsett, das die Gesellschaft ihnen aufzuoktroyieren versuchte, zu zwängen. Forderungen nach einem Recht auf Bildung wurden laut und lauter und mündeten 1866 in der Gründung des Wiener Frauenerwerbsvereins. Ziel des Vereins war es, die Qualität der Ausbildung von Frauen zu verbessern und die Chancen auf eine hochwertige Erwerbstätigkeit nach Abschluss der Ausbildung zu erhöhen. Marianne Hainisch, Vordenkerin und -kämpferin der österreichischen Mädchen- und Frauenbildung, war Mitglied des Frauenerwerbsvereins. Im Rahmen der Vereinstätigkeit forderte sie die Einrichtung von Parallelklassen für Mädchen an den Schulen bzw. die Gründung eines Unter-Realgymnasiums für Mädchen, sollte die Stadt Wien die Idee der Parallelklassen nicht befürworten. Da keine der beiden Forderungen auf Widerhall seitens der Stadt stieß, gründete der Verein 1871 schließlich eine private höhere Bildungsschule für Mädchen, deren Lehrplan und Organisation sich allerdings nicht mit Hainischs Vorstellungen deckten. I itiative des Vereins zur erweiterten Frauenbildung das erste, damals Erst 1892 konnte auf n private, deutschsprachige Mädchengymnasium in Wien eröffnen. Ab 1896ermöglichte dies auch jungen Frauen das Ablegen der Reifeprüfung. In der Folge erhielten Studentinnen ab 1897die Zulassung zum ordentlichen Universitätsstudium an der philosophischen Fakultät.7 1898 traten die ersten Schülerinnen des Mädchengymnasiums als Externistinnen am Akademischen Gymnasium zur Matura an. Ganze acht Jahre später durften Mädchen dann erstmals am Mädchengymnasium maturieren. 1900 wurden Frauen zum Pharmazie- und Medizinstudium zugelassen. Fast zwanzig Jahre später durften Frauen schließlich an der juridischen Fakultät, der Tierärztlichen Hochschule, der Technischen Hochschule und der Hochschule für Welthandel und Bodenkultur studieren. Im Jahr 1919wurden Mädchen an öffentlichen Knabenmittelschulen akzeptiert. Junge Frauen konnten nunmehr auch ohne größeren finanziellen ufwand die Hochschulreife erlangen. Die Erste Republik verzeichnete einen Anstieg des Mädchenanteils an Knabenmittelschulen auf ein Drittel. Zur umpften die Ausbildungsmöglichkeiten für MädZeit des Austrofaschismus (1933–38) schr chen wiederum drastisch. Die Bildungsschere zwischen den Geschlechtern begann erneut weiter auseinanderzuklaffen. Mädchen waren an Knabenmittelschulen nicht gerne gesehen, stattdessen mussten sie Frauenoberschulen oder Oberlyzeen besuchen. Das nationalsozia7
Vgl. Daniela Leitner, Höhere Mädchenbildung in Österreich – Die Entwicklung des Mädchenschulwesens am Beispiel des Gymnasiums Sillgasse, https://webapp.uibk.ac.at/ojs/index.php/historiascribere/ article/viewFile/180/99, 03.01.2021
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Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
listische Regime setzte dann endgültig die rigide Trennung der Geschlechter durch. Die Mutterschaft stand über der akademischen Ausbildung für Frauen. Dennoch musste das Ministerium einer Zulassung von Mädchen an Gymnasien zustimmen. Allein die Oberschule war den Mädchen als einzige höhere Schule zugänglich. Der Unterricht umfasste hauptsächlich die Fächer Hauswirtschaft und Handarbeit.8 Tatsächlich endete erst mit der Schulgesetzesnovelle 1962die geschlechterspezifische Trennung der Ausbildungszweige; Mädchen hatten von nun an formell Zutritt zu diversen Bildungseinrichtungen. Das Jahr 1975 markierte den Beginn der Koedukation an öffentliche Schulen. Diese Entwicklung ebnete folglich einer autonomen österreichischen Frauenbewegung den Weg. Weitere Meilensteine in Koedukation und hinsichtlich weiblicher Aspekte im Unterrichtswesen wurden ab den 1980er-Jahren gesetzt, als die Benachteiligung des weiblichen Geschlechts in Bildungsaspekten nachdrücklich thematisiert wurde. Konkret umgesetzt wurde die schrittweise Gleichstellung der Geschlechter im Bildungswesen beispielsweise durch die Öffnung von Fächern wie „Geometrisch Zeichnen“ oder „Hauswirtschaft“ für Schülerinnen und Schüler. 1987wurde erstmalig eine Frau, Dr.in Hilde Hawlicek, Unterrichtsministerin, 1989dann ein Referat für Mädchen- und Frauenbildung geschaffen. Im „Lehrplan 99“ um die Jahrtausendwende war zum ersten Mal vom didaktischen Grundsatz der „bewussten Koedukation“ die Rede. Wenig später wurden Programme wie FIT (Frauen in die Technik) oder MUT (Mädchen und Technik) lanciert, die die Rolle des weiblichen Geschlechts in Forschung und Technologie beleben sollten. Derartige Initiativen waren Teil des sogenannten Gender-Mainstreaming-Konzepts. Dieses umfasste auch Aktivitäten mit dem Fokus auf geschlechtersensiblen Unterricht bzw. geschlechtersensible Berufsorientierung. 2010 wurde auch die Lehre an den Hochschulen dahingehend ausgerichtet, im Sinne des Gender-Mainstreamings zu agieren. Vier Jahre danach wurden Bildung und Frauen- bzw. Gleichstellungspolitik schließlich sogar in einem Ministerium zusammengeführt. Heute ist der „Frauenförderungsplan für den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung“ Inbegriff einer aktiven Gleichstellungspolitik.9
Frauen im Lehrberuf
Welchen Weg nahm indessen die Lehrerinnenbildung? 1848wurde ein Ministerium des öffentlichen Unterrichts gegründet. Alle Arten von Fach- oder Mittelschulen blieben Mädchen verschlossen. Einzig die Ausbildung zur Volksschullehrerin stand Mädchen im Anschluss an die Pflichtschule offen, was rauen die Tore zum Lehrberuf öffnete. 1896 wude 8
9
Vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Wichtige Meilensteine und Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung im österreichischen Bildungswesen https://www.bmbwf.gv.at/ Themen/schule/gd/meilensteine.htm , 03.01.2021. Vgl. ebd., 03.01.2021.
Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
die erste staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt errichtet. Anfänglich mussten Frauen mit der Heirat aus dem Schuldienst ausscheiden. Nach Aufhebung dieser Pflicht wurde 1920 das Zölibat für Lehrerinnen wieder eingeführt.10 Erst in den 1950erJahren wurde das Zölibat endgültig abgeschafft. Parallel dazu verbesserten sich die Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen, was in der Folge zu einem zahlenmäßigen Anstieg der Frauen im Lehrberuf führte. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts führt sich dieser Trend nun fort. Steigende Geburtenraten in den 1960erJahren leisteten ihrerseits einen Beitrag zur Feminisierung des Lehrberufs; mehr Schulen wurden gegründet, Klassenschülerhöchstzahlen wurden beschlossen, und der Bedarf an Lehrpersonal stieg.11 Laut Statistik Austria waren im Schuljahr 2018/19 nahezu 75 % der Lehrenden an österreichischen Schulen Frauen. An österreichischen Volksschulen beläuft sich der weibliche Anteil des Lehrpersonals auf 92,6 %, während die Geschlechterverteilung an berufsbildenden Schulen annähernd ausgeglichen ist. Mit 78,8 % sind Frauen an Schulen für wirtschaftliche Berufe immer noch deutlich stärker vertreten als im technischen und gewerblichen Bildungssektor (28,7 %).12 Es stellt sich hier die Frage, welche Aspekte dafür ausschlaggebend sind, dass sich heute mehr Frauen als Männer für den Lehrberuf entscheiden? Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung treten gegenwärtig die psychosoziale und pädagogische Betreuungsarbeit der Kinder an den Schulen gegenüber der Wissensvermittlung in den Vordergrund. Diese Komponente des Lehrberufs scheint auf Frauen ansprechender zu wirken als auf Männer. Deshalb ist der Frauenanteil im elementarpädagogischen Bereich verhältnismäßig noch höher, denn dort ist der erzieherische Aspekt von besonders großer Bedeutung. Entgegen dem allgemeinen Trend der steigenden Frauenquote im Lehrberuf sind Frauen in Führungspositionen auch heute noch schwach vertreten; nur ungefähr ein Drittel der Führungspositionen an Schulen ist weiblich besetzt.13
Die Situation an der Wasagasse
Direktor Dr. Valentin Pollak schrieb in der Festschrift anlässlich der 50-Jahr-Feier: „Vom Jahre 1916/17bis Ende 1919hatte die erste öffentliche Schülerin das Gymnasium besucht. 10 11
12
13
Vgl. ebd., 03.01.2021. Vgl. Martina Pertl, Die Geschichte des LehrerInnenberufs in Österreich. Eine rechtshistorische Darstellung des Lehrberufs vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Feminisierung des Lehrberufs im 20. Jahrhundert, https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/1928109?originalF ilename=true, 01.02.2021. Vgl. Statistik Austria, Lehrpersonen an Schulen. Lehrpersonal im allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulwesen, https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bildung/ schulen/lehrpersonen/index.html, 01.02.2021. Vgl. Martina Pertl, Die Geschichte des LehrerInnenberufs in Österreich, https://unipub.uni-graz.at/ obvugrhs/download/pdf/1928109?originalF ilename=true, 01.02.2021.
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Vorläufig die eine Schwalbe, die noch keinen ommer macht. 1920/21 gab es bereits 9, im laufenden Schuljahr 29 öffentliche Schülerinnen.“14 Ein Foto aus dem Privatarchiv der Familie Rohr, zur Verfügung gestellt von Wolfgang Rohr, zeigt seinen Vater, Anton Rohr, auf einem Klassenfoto. Darauf zu sehen sind die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse des Schuljahres 1927/28.Es sind acht Mädchen und zwanzig Buben. Der Festschrift zum 100jährigen Jubiläum der Schule lässt sich folgendes Zitat von Franz Joseph Grobauer entnehmen: „Obwohl die Zulassung von Mädchen an Mittelschulen für Knaben später ‚nur ausnahmsweise nach Bewilligung durch den Stadtschulrat‘ möglich wurde, erhöhte sich die Zahl der Wasagymnasiastinnen 1931/32auf neunundfünfzig.“15 Zufällig war meine Tante, DDr.in Helga Schlögl, auch Schülerin der Wasagasse. Sie besuchte die Schule von 1954bis 1962.Ich habe mit ihr ein Gespräch darüber geführt, wie sie selbst die Situation von Mädchen in der höheren Schulbildung erlebt hat bzw. welche Erinnerungen sie an das weibliche Lehrpersonal in diesen Jahren hat. Ihres Empfindens nac wurden in ihrer Gymnasialzeit Mädchen und Buben als Schülerinnen und Schüler völlig gleichwertig behandelt. Was zählte, war die Leistung, viel mehr als das Geschlecht. Die, gegenüber heute, vielleicht noch geringere Zahl an Mädchen erklärt sie sich eher mit der damaligen Gesellschaftsstruktur bzw. dem Zweck des Gymnasiums, im Falle der Wasagasse speziell humanistischer Prägung. Vorrangiges Ziel sei die Hochschulreife gewesen. Damals sei Matura per se ein Bildungsziel gewesen, ohne dabei automatisch an ein weiterführendes Studium zu denken. Ein Studium wurde ihrer Meinung nach nur dann als sinnvoll angesehen, wenn der entsprechende Beruf dann auch ausgeübt wurde/werden konnte. Insgesamt gab es in den 1950er-Jahren weniger berufstätige Frauen, und das Hochschulstudium galt für Frauen noch lange nicht als selbstverständlich. Was den Lehrkörper betrifft, so erinne t sich Helga Schlögl an einen gegenseitigen respektvollen Umgang der Geschlechter. Soweit sie sich erinnert, gab es in den 1950er-Jahren Lehrerinnen für Mathematik, Physik, Englisch, Deutsch, später dann auch für Latein und Griechisch, Turnen, Handarbeiten, Chemie etc. Was die Karrierechancen für Frauen im Schulbetrieb betrifft, so hätte es bei einer geringeren Quote seltener die Chance auf einen Posten als Direktorin gegeben. Das Bundesgymnasium Wasagasse wurde bis zum heutigen Tag noch nicht weiblich geleitet. Im Schuljahr 2020/21unterrichten 49 Frauen und 22 Männer an der Schule.16
14 15 16
Valentin Pollak, Fünfzig Jahre Gymnasium, in: Das Wasagymnasium. 50 Jahre einer Mittelschule, Wien 1922, 17. Franz Josph Grobauer, Vom Gestern ins Heute, Jahresbericht 1971/72,Festschrift Hundert Jahre Wasagymnasium 1871–1971, Wien 1972, 44. Vgl. BG9 Gymnasium Wasagasse, HP https://bg9.at/schulleben/lehrerinnen-und-sprechstunden/, 20.02.2021.
Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
Fazit
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ebnen diverse Gesetzesnovellen Mädchen den Weg in Richtung höhere Bildung an Mittelschulen und Universitäten. Schritt für Schritt wächst der weibliche Anteil an Schülerinnen in Wiens höherbildenden Schulen und in weiterer Folge an den Universitäten. Im Laufe der Zeit üben Frauen in immer größerer Zahl Berufe aus, die den Abschluss eines Hochschulstudiums voraussetzen, unter anderem fassen sie Fuß im Lehrberuf. Diese Entwicklung bildet sich auch in der Schülerstatistik des Bundesgymnasiums Wasagasse ab. Allein zwischen 1916 und 1932ersechsfachte v sich die Zahl weiblicher Schülerinnen an der Schule. Auch die Zahl weiblicher Lehrerinnen an der Wasagasse stieg im Laufe des 20. Jahrhunderts an; heute unterrichten mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer am BG9. Es liegt nahe, anzunehmen, dass diese Entwicklung auch die Antwort auf die eingangs gestellte Frage nach der Ursache für den Überhang an bekannten, männlichen Absolventen und Lehrern birgt. Buben absolvieren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in größerer Zahl die Mittelschule, studieren zuerst exklusiv, dann häufiger an der Universität und ergreifen demnach auch öfter Berufe, in welchen sie herausragende Leistungen erbringen. Den Umstand, dass es unter den Lehrerinnen keine nennenswert erfolgreichen gibt, führe ich auf lückenhafte Darstellungen in den von mir verwendeten Quellen zurück. Die Internetenzyklopädie Wikipedia zum Beispiel, die Onlineenzyklopädie des 21. Jahrhunderts, bleibt derzeit Männerdomäne, denn es schreiben dort „Männer unter Männern über Männer“.17 Frauen schreiben generell weniger Einträge, darunter eben auch Beiträge über Frauen. Bemühungen dahingehend, „Wikipedia zu einem geschlechtergerechteren Ort zu machen und den Anteil der Einträge von Frauen über Frauen zu erhöhen“18, sind am Laufen, derzeit aber noch nicht ausreichend erfolgreich, als dass von einem Gleichgewicht in der Aufteilung zwischen Autoren und Autorinnen bzw. weiblichen und männlichen Personen, über die geschrieben wird, die Rede sein kann. Dabei wäre ein solcher Ausgleich enorm wichtig, „denn wenige Seiten werden so oft aufgerufen wie Wikipedia. Viele nutzen die Enzyklopädie als erste Anlaufstelle für Recherche jeglicher Art und verstehen sie als eine Plattform, die neutrales Wissen bereitstellt“.19 Bleibt der Männerüberhang weiter bestehen, ist diese Annahme irreführend und verfälscht Darstellungen und Ergebnisse, die zu einem Thema gesammel werden. Heute sind Koedukation und die Gleichstellung der Geschlechter fest im österreichischen Bildungswesen verankert. Was im Schulwesen bereits als selbstverständlich betrachtet 17
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Beatrice Frasl, Männer unter Männern über Männer: der Gender-Gap auf Wikipedia, in: Der Standard Online, 23. Februar 2021. https://www.derstandard.at/story/2000124391223/maenner -unter-maennern-ueber-maenner-der-gender-gap-auf-wikipedia, 01.03.2021. Ebd. Vgl. Frasl, 2021.
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Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
Abb. 1. 4. Klasse 1927/28
wird, muss sich in der Arbeitswelt leider erst noch durchsetzen. Eine gleichwertige (Aus-) Bildung müsste eine gleichwertige Behandlung und Bezahlung beider Geschlechter im Berufsleben bedingen. Es bleibt zu hoffen, dass dies in absehbarer Zeit der Fall sein wird. Katharina Golser
Literaturverzeichnis BG9 Gymnasium Wasagasse, HP https://bg9.at/schulleben/lehrerinnen-und-sprechstunden/, 20.02.2021. Beatrice Frasl, Männer unter Männern über Männer: der Gender-Gap auf Wikipedia, in: Der Standard Online, 23. Februar 2021.https://www.derstandard.at/story/2000124391223/maenner -unter-maennern-ueber-maenner-der-gender-gap-auf-wikipedia, 01.03.2021. Franz Josph Grobauer, Vom Gestern ins Heute, Jahresbericht 1971/72,Festschrift Hundert Jahre Wasagymnasium 1871–1971, Wien 1972. Gymnasium Wasagasse, https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/2389791#B ekannte_Sch.C3.BCler, 03.01.2021. Gymnasium Wasagasse, https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/2389791#B ekannte_Sch.C3.BCler, 03.012021. Gymnasium Wasagasse, https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/74968, 03.01.2021.
Mädchen in der Bildung, Frauen im Lehrberuf – die weibliche Perspektive
Gymnasium Wasagasse, https://dewiki.de/Lexikon/Gymnasium_Wasagasse#Bekannte_Lehrer, 03.01.2021. Der Standard, Koedukation: Gleiche Chancen von Anfang an, https://www.derstandard.at/ story/3370317/koedukation -gleiche-chancen-von-anfang-an, 03.01.2021. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Gleichstellungspolicy, https://www. bmbwf.gv.at/Themen/schule/gd/gss/gs .html, 03.01.2021. Daniela Leitner, Höhere Mädchenbildung in Österreich – Die Entwicklung des Mädchenschulwesens am Beispiel des Gymnasiums Sillgasse, https://webapp.uibk.ac.at/ojs/index.php/historiascribere/ article/viewFile/180/99, 03.01.2021. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Wichtige Meilensteine und Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung im österreichischen Bildungswesen, https://www.bmbwf.gv.at/ Themen/schule/gd/meilensteine.htm , 03.01.2021. Martina Pertl, Die Geschichte des LehrerInnenberufs in Österreich. Eine rechtshistorische Darstellung des Lehrberufs vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Feminisierung des Lehrberufs im 20. Jahrhundert, https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/1928109?originalF ilename=true, 01.02.2021. Statistik Austria, Lehrpersonen an Schulen. Lehrpersonal im allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulwesen, https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bildung/ schulen/lehrpersonen/index.html, 01.02.2021. Valentin Pollak, Fünfzig Jahre Gymnasium, in: Das Wasagymnasium. 50 Jahre einer Mittelschule, Wien 1922.
Abbildungsnachweis Abb. 1 4. Klasse 1927/28(Privatarchiv Familie Rohr)
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Beobachten, engagieren, loslassen Der Elternverein des Wasagymnasiums
In der 150-jährigen Geschichte unseres Gymnasiums und der über 100-jährigen Geschichte von Elternvereinen in Österreich hat sich das Bild vom Kind und der Rolle von Schule, Eltern und Lehrerinnen und Lehrern maßgeblich verändert. Die strenge Institution Schule, die autoritäre und wenig emotionale Rolle der Eltern und die untergeordnete Position von Kindern bzw. Schülerinnen und Schülern haben sich zu einem wertschätzenden Miteinander auf Augenhöhe entwickelt, in dem idealerweise jeder Standpunkt seine Berechtigung hat und Gehör findet Der bedeutende Schulreformer Otto Glöckel erkannte Anfang des vergangenen Jahrhunderts die Notwendigkeit und Wichtigkeit, Eltern in die Gestaltung des Schullebens miteinzubeziehen. Eltern wurden fortan nicht mehr als schulfremde Personen betrachtet, sondern ihnen wurden die Möglichkeit und das Recht aktiver Mitarbeit eingeräumt. Glöckel erkannte, dass die Umsetzung von Schulreformen nur mit Unterstützung der Eltern erfolgreich sein kann. Heute sind österreichweit tausende Eltern ehrenamtlich aktiv am Schulgeschehen beteiligt und aus der Schulpartnerschaft nicht mehr wegzudenken – denn sie verbindet mit der Schule ihrer Kinder ein gemeinsames Ziel: gute Rahmenbedingungen für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen in einem Umfeld, das Entfaltung von Persönlichkeit und Potenzial zulässt. So werden die Interessen unserer Kinder durch Einbringung der Elternperspektive in die Schulgemeinschaft optimal vertreten und gewahrt. Wir Eltern sind diejenigen, die unmittelbar beobachten können, wie sich das Schulgeschehen auf unsere Kinder, ihre Entwicklung und ihre Persönlichkeit auswirkt. Es ist daher wichtig, diese Beobachtungen und Einschätzungen im Interesse unserer Kinder einbringen zu können. Die funktionierende Schulpartnerschaft zwischen Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern bietet die Chance, den „Lebensraum Schule“ gemeinsam zu gestalten; den Ort, an dem unsere Kinder – wenn nicht gerade von Pandemien oder ähnlichen Ereignissen daran gehindert – viele Stunden ihres Lebens verbringen, der ihre Persönlichkeit und ihr Wertesystem in entscheidenden Jahren maßgeblich prägt und der später einen erheblichen Teil ihrer Kindheitserinnerungen ausmachen wird. Die Erfahrung am BG9 zeigt, dass eine engagierte schulpartnerschaftliche Beteiligung an schulischen Abläufen wesentlich zu gutem Schulklima beiträgt. Dieses wiederum wirkt sich leistungs- und entwicklungsfördernd aus. Für uns Eltern ist es oft herausfordernd, uns
Beobachten, engagieren, loslassen
mit Augenmaß einzubringen – ist doch der Grat zwischen interessiertem Engagement und Loslassen unserer Kinder in eine gesunde Selbständigkeit oft ein schmaler. Am BG9 haben wir das Glück, unsere Kinder in den besten Händen zu wissen. Die 150-jährige Tradition eines humanistisch geprägten Menschenbildes ist in vielerlei Hinsicht spürbar – im täglichen Umgang miteinander, im wertschätzenden Austausch innerhalb der Schulpartnerschaft, in der Vermittlung persönlicher und gesellschaftlicher Werte, in einem Bildungsniveau, das unseren Kindern einen guten Grundstock für eine erfolgreiche und gelungene Zukunft mitgibt, und nicht zuletzt im bedachten Umgang mit Konflikten und Krisen, di ein unvermeidlicher Teil des Lebens sind und die wir unseren Kindern nicht ersparen werden können, so sehr wir uns das auch wünschen. Diese Qualität hat sich besonders im letzten Jahr ganz besonders bewährt, als uns eine weltweite Pandemie ereilt hat und uns in der Schulpartnerschaft vor Herausforderungen gestellt hat, die wenige Monate zuvor noch undenkbar gewesen wären. Zum Abschluss wagen wir noch einen Blick in die Zukunft, auch wenn dies mit dem großen Risiko verbunden ist, dass unsere Vorstellung der Zukunft meist ein lineares Fortschreiben des Status quo darstellt und disruptive Veränderungen nicht berücksichtigt. Man erinnere sich nur an die Aussagen eines Zukunftsforschers, das Internet werde kein Massenmedium …1 Auch haben die letzten 18 Monate eindrucksvoll gezeigt, dass Lernen und Lehren mehr ist als bloße Wissensvermittlung und dass Lernen gerade in jüngeren Jahren ein stark sozial geprägter Prozess ist. Auch wenn es verschiedenste Initiativen zur Digitalisierung gibt und der Unterreicht von morgen „digitaler“ (was auch immer darunter konkret zu verstehen ist) sein wird, wird der Präsenzunterricht doch wieder das Maß der Dinge, und zwar unabhängig davon, ob verstärkt digital verfügbare Inhalte verwendet werden und nicht mehr mit Heft und Buch, sondern mit Laptop und Tablet gearbeitet wird. Möglicherweise wird gerade die Erfahrung der Corona-Pandemie dazu führen, ein gemeinsames Lernen im Präsenzunterricht wieder mehr zu schätzen und zu forcieren. In den letzten Jahren wurde unsere Gesellschaft immer fragmentierter, und die durchschnittliche Familiengröße sank. Damit einher ging ein gesteigertes Interesse bildungsaffiner Eltern an der Schullaufbahn ihrer Kinder, deren Platz und Rolle im Leben ihrer Eltern stetig zunahm. Auch haben sich die Ansprüche der Eltern verändert. Sie nehmen Schule als Dienstleistungseinrichtung wahr, erwarten entsprechend (professionelle) Leistungen und betrachten sich selbst aber auch als Expertinnen und Experten, ganz besonders für ihr eigenes Kind – Sie kennen es ja sehr viel länger und besser! Vor dem Hintergrund dieser „Professionalisierung“ des Elternseins und dem von unserer Gesellschaft formulierten Anspruch an Bildungsgerechtigkeit muss die Schule neben individuell fördernder und liebevoll fordern1
Philip Pramer, Heute vor 20 Jahren: Zukunftsforscher prophezeien Ende des Internetbooms, https:// www.derstandard.at/story/2000124571379/heute -vor-20-jahren-zukunftsforscherprophezeien-endedes-internet-booms, 16.03.2021.
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der Betreuung der Kinder gleichsam nebenbei einen tradierten Wertekanon samt neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen vermitteln und Kinder und Jugendliche mit dem Rüstzeug ausstatten, damit diese in den nächsten Jahrzehnten die sich immer rascher ändernden Anforderungen erfüllen, nein übertreffen – eine wahre Herkulesaufgabe. Die nächsten Jahre stellen den Bildungsbereich, die Schulen und auch das BG9 vor große Herausforderungen. Mögen sie in den nächsten 150 Jahren ebenso gut gemeistert werden wie in den ersten 150 Jahren des Bestehens der „Wasagasse“ – davon sind wir überzeugt! Der Elternverein gratuliert dem BG9 von Herzen zum 150-jährigen Bestehen, dankt für die außerordentlich gute Zusammenarbeit und das wertschätzende Miteinbeziehen der Eltern und wünscht das Allerbeste für eine erfolgreiche Zukunft! Ad multos annos! Emanuel Welten
Literaturverzeichnis Philip Pramer, Heute vor 20 Jahren: Zukunftsforscher prophezeien Ende des Internetbooms, https:// www.derstandard.at/story/2000124571379/heute -vor-20-jahren-zukunftsforscherprophezeienende-des-internet-booms, 16.03.2021.
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Absolvent*innen 1876–2020
Beobachten, engagieren, loslassen
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Absolvent*innen 1876–2020
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Absolvent*innen 1876–2020
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197 r · the ang erg G ü n Rosenb · Wolfg er · An- nk l ra a im Völk er · Si l v i ael F h Da en · hristian Elisabet a · Mich ael Junk arner d e R l h · C Mich er · e Fia el Sc tner ger · aeub aumgar · Brigitt sinsky · gy · Bärb mmereg ann · T s u Han istoph B uschek anna H eter Na eide So ild Altm rich · hr eid e D h · Sus cker · P nd · H er · Ish wald la H k·C igitt Wen ezel · Br d Hirsc angene g Sigmu Aiching k · Ursu laus Sey ansL r e r H l K va erha Geo ulz · ieter altyn erald beth s Do drea Glatt · G uhn · D berger · hrab · G erbert F aria Sch el · Elisa üller · E el · M n t b K i o H s M a d e l A · · l b Z e n h e o r r a c ti Jö · Arn n · Mich lfgang S Elisabeth g Fahrne re Mülle er · Heid ld · Mar erbert oma h T H o u o e o n · · a r · n a p a i r e o t o o g W e w r f e h e K s · l e t s Z L u n briel ·L Eva cheuch örn Wi er · Wo iedl · Florian iethard iele Hie uth Ma ber · Ga andl M y J S e · d r J D R r a r o l · m b · e e v · Pet Vycudi ard Birk d · Gerha a Vlasko h Kraus ckl · Ga ckovski gina Sch idemari Ottel ut ga Ha an Ma He Re l fred · Gerh Leopol Pawlin · e m · t l n r r e g a H e u ssi · f M eber Rudolf Svabik · Höfer · H insky · K ner · Ste Schertlin Hofstätt emetz · ld Alma hs i B n N a · i d e a e a t r d r d t n t w o ni Li ral t Fuc na aS Erw l Ithale rba har er · A Hift · Re ner · Ev er · Udo ank · Ha oll · Ba art · Ric gner · Th · Egmon hrista e s a s a h c C y Mi ch Stow l · Karl ika Stei is Köhr beth R Birgit D Melch anz Ai rteln ia Kalb · lhofer or olf r· dri art on · Fr e Fo e lisa · Frie lhelm H affer · M arner · D Pröll · E ot Wisse ein · Rud ighofer er · Ren in · Mar Franz S alena e i e g · t n d t K h s r g s g w b c e e W n g a n a n r h S · e r a ie or Mg ·G Sc ht eo fga th lik ael B artin H iselotte R Berger · · Florian Judi cker · G er · Wol Vitovec Peter Lic ernhard h · c i r e r Sag Kaltene d Plain olfgang lee · iedel · B r Beer · M ornek · M gracz · L h · Irene terleitne ernhard n d c ar e no K B W Alfre · Burgh ockert · er · Bru itte Schm nay · Pet Rainer H arina Po d Wittri anne Hn ebhart · · Consi i i r h g · tn r r t i St a t al t L ler a r a s s n a l B k s a B n e ü l K A a M K M om a· ma k· va h · · Thom trix Sm ossegger ka · Michae z a h b c E l c r i i n · T o r e s z · r e n u e l · w ei ea Gr eH lW r se Stelz nde Joch Walter R Bachler rlind · Rosa O · Michae lfriede H th Krau eidler · B l · Clara Monofa e i G · l z · e r k S a r n e E a e i b e h n r g · e w a t n c a r e G i m i s l a s r e · r H li F et eo ld ch fra Hein y·E Nem sula aier · ma R a Sw h Fe r·G riesa Wol · Em old Aum · Eveline r · Beate Barabar Elisabet s Konecn ghofer · rank · Ur stelbaue ttfried F Kolbe i · s a h F le o ei s r· Rein ane Fuch ith Mül mberge Fasching r · Andre es Schw Thomas Stefan M ann · G Andrea nes · · d n · e te · m li er e g E a S r n e s r h P r l t · e A e c l I e s l n H n l r s · i · ob lei ma h dw ch · org Ka gruber ter Böh itte Ko ülle K F o s E h r r a m · e e z k udit T t t r e Lei mak bella Fa Hans G Schmid ieler · Pe ig · Brig t · Wern ek · Wal berger · Toth · J er i S z · Frit ner · Isa Kaizar · er · Peter inhart B ul Jauern rrschmid lrike Ill der Öhl s · Peter Hofbau d g i e a g Bran Herbert chachin etter · R auer · P · Eva Dö abeler · U · Alexan n Simon ke · Geor olfgang · b a Z S a r f u i k a H e e a o t a · s t i n s g t u c H r H g h W ger · ri Ja ea Mar erbe a l · Lu naut · Ch mere bylle k·B e esa Rieb Stepani ert · Th lia Som ofer · H Herman t Siman rton · Si ene Kor lyn Schl eh r a e e n e l r · g I l e v z n B e i l i n · r n E I b r b o a G e b t ar t · · Hu org gor H h · K · Pet ndl · Kno el Lö · Gre r Presic riel · Ge · Micha chubert ollmann homas th Melch ard Brei lfgang e S T b · Pet rtin Ga Kowarik Gerald gelika W chner · · Elisabe r · Bernh tzel · Wo · a e · l n k a r i h t A nig M e cek s Grun i c h · · Kir olf rgar blau arsc d Be a n Kö · Ma id Schei inhold W Walther Peter M · Richar · Thom rl · Stefa xel · y er ·A l· be Ingr pel · Re Tich ütter ising rich riege g Kö Wip sanne H lfried K Helmut nhard G · Herwi tin Palm · Su us · He ober · ta · Ber olzner i · Mar Kra org Sch oewina rsula H Mahar · rt Ge rg Dan reit · U t · Igal eiche o st R k bo n s r e o a b L He agm ke Ulri Pinz · D
Absolvent*innen 1876–2020
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Absolvent*innen 1876–2020
Inspiration und Würdigung
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Jahre
Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße
Beim ersten Betreten des Wasagymnasiums überkam mich eine eigenartige Beklemmung, ich fühlte mich zurückversetzt an einen Ort aus einer anderen Zeit: Die neoklassizistische Fassade, Dreiecksgiebel über den Fenstern, der imposante Stiegenaufgang, das Kreuzgratgewölbe, die Säulen. An den alten Mauern haftete die Patina vieler Jahrzehnte, eines Jahrhunderts. Der Bau erschien mir düster, abgenutzt, die vergangene Zeit abgelagert in allen Nischen, die würdevollen Formen etwas heruntergekommen, über allem eine dunkle Schwere. Und sofort kam mir der Schüler Gerber (von Friedrich Torberg) in den Sinn, gefürchtete Professoren, erhöhte Katheder, eine Pädagogik strenger Hierarchien, die Schule des 19. Jahrhunderts. In seinem Werk Die Welt von Gestern beschreibt Stefan Zweig (einer der berühmten Schüler des Gymnasiums Wasagasse) unsere Schule als einen Ort von Zwang und Unterdrückung kindlicher Neugier, von Öde und Langeweile, von menschlicher Lieblosigkeit und kasernenhaftem Umgang mit jungen Menschen; er spricht von einem Schulgebäude, das eilig und billig errichtet, mit niederen Klassenräumen, dem Zweck jener alten Pädagogik entsprach.1 Er erinnert sich an das Leiden des Kindes, als das er einst durch die Gänge unserer Schule ging: […] noch heute kann ich jenen muffigen modrigen Geruch nicht vergessen, der diesem Haus wie allen österreichischen Amtsbüros anhaftete, und den man bei uns den ‚ärarischen‘ Geruch nannte, dieser Geruch von überheizten, überfüllten, nie recht gelüfteten Zimmern, der sich einem zuerst an die Kleider und dann an die Seele hängte. Man saß paarweise wie die Sträflinge in ihrer Galeere auf niederen Holzbänken, die einem das Rückgrat krümmten, und saß, bis einem die Knochen schmerzten; […]2
1 2
Vgl. Stefan, Zweig, Die Welt von Gestern, Frankfurt/M. 2017, 45–47. Ebd., 47–48.
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Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße
Abb. 1: Der Stiegenaufgang in den 1. Stock.
Der erste Eindruck des Wasagymnasiums war auch für mich bedrückend, aber das sollte sich bald ändern, und im Laufe der folgenden Jahre wurde dieses Haus für mich ein lichter Ort voll Freude und Lebendigkeit. Dass Heinrich von Ferstel, einer der führenden Architekten der Wiener Ringstraße, nicht nur unsere Schule, sondern auch die Hochschule für Angewandte Kunst erbaut hatte, wo ich meine Studienzeit verbracht habe, erfuhr ich erst später. Ich wurde also Mitglied des Lehrkörpers des Wasagymnasiums, und sehr bald darauf begannen die längst fälligen, endlich vom Ministerium abgesegneten Umbau- und Renovierungsarbeiten, die das altehrwürdige Haus zu einem modernen Schulbau transformieren sollten. Der Beginn der Umbauarbeiten – 1987wurde ein Sanierungskonzept erstellt – war der Stabilisierung des Gebäudes geschuldet und sollte von 1988bis 1992dauern: Auf einem instabilen Grund gebaut – das Glacis wurde außerhalb der ehemaligen Stadtmauern mit Planiermaterial (Lehm, Schutt und Humus) auf dem wasserempfindlichen Wiener Tegel aufgeschüttet – führten mehrere Setzungen zu Rissen im Mauerwerk, tragende Wände gerieten aus dem Lot, der bauliche Zustand der Schule war bedenklich. Vergangene, unsachgemäße Sanierungs- und Umbauarbeiten, die fortschreitenden Schäden an der Tragstruktur, Zerklüftungen und Rissbildungen an Fassaden und Fensterstürzen machten eine denkmalverträgliche Instandsetzungslösung nicht gerade einfach. Das Zusammenwirken von Bau-
Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße
herrn, Architekten, Bauingenieuren, Denkmalpflegern und andwerkern führte zu einem Sanierungs- und Umbaukonzept, das die behutsame Restaurierung der historischen Bausubstanz mit den Anforderungen eines modernen Gymnasiums in Einklang bringen sollte. Die Realisation des Projekts dauerte insgesamt bis 1995,teilweise bei vollem Schulbetrieb. Es waren harte Jahre, die für alle Beteiligten eine große Herausforderung bedeuteten. In der ersten Phase der Tragwerksanierung wurden die brüchigen Ziegelmauern verstärkt (homogenisiert), alte Kamine und Schächte mit Beton ausgegossen, um eine stabile Tragstruktur zu garantieren. Erst danach konnte der eigentliche Umbau, die Generalsanierung (1992–1995)beginnen. Folgende Veränderungen und Modernisierungen wurden realisiert: ș Es entstanden neue Sonderunterrichtsräume im obersten Geschoß (größer als die historischen Klassenräume): Bio-, BE-, Chemie-, Physiksaal ș Die historischen Wendeltreppen (Nebenstiegen) sollten erhalten bleiben, es entstand eine neue Hauptstiegenanlage in den Obergeschoßen ș Weitgehender Rückbau der Ferstel-Stiege gemäß Zustand vor 1921 ș Neubau einer Zentralgarderobe im Innenhof (zuvor als Parkplatz genutzt) mit Dachterrasse als Pausenfreiraum im Erdgeschoßniveau (Glasbausteine zur Belichtung) ș Über dem Festsaal auf Niveau des zweiten Obergeschoßes entstand auf einer neuen Dachterrasse ein weiterer Pausenfreiraum ș Einbau einer Liftanlage, Neubau einer Stiegenanlage im Turnsaal- und Festsaalbereich
Abb. 2: Die Wendeltreppe – ein Blick von unten.
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ș Einrichtung neuer Sanitäranlagen ș Statisch-konstruktive Sanierung ș Das zentrale Stiegenhaus erhielt einen Durchbruch in die Obergeschoße (Licht/Transparenz) ș Im ersten Obergeschoß: Neuorganisation von Direktion, Administration, Konferenzzimmer und Bibliothek ș Die Böden: Naturstein3 Ende der 1980er-Jahre lag der Zeichensaal noch im dritten Stock auf der Seite der Türkenstraße, ein langgestreckter Raum mit knarzenden Parkettböden und Tischen, deren Platten man schrägstellen konnte (Thonet), ihren Verlust bedauere ich noch heute. Rechts an der vorderen Seite des Saales schloss sich L-förmig ein kleinerer Raum an, die Sammlung, dessen Längsseite vollkommen mit Holzkästen verbaut war, in dem die Materialien der Klassen untergebracht waren. Alles war gediegen, von Tischlerhand gefertigt. Der kleinste hinterste Raum war nur uns Kunsterzieher*innen vorbehalten, ein kleines Büro, mehr aber ein Museum alter Dinge: Bücher, Objekte, Bilder unbekannter Meister. Ich unterrichtete eine zweite Klasse, zwei Kinder waren als „Ordner*innen“ eingeteilt, sie holten die Zeichensachen für alle aus den Kästen der Sammlung. An das Rumoren im Haus hatten
Abb. 3: Perspektivische Ansicht des Umbaus.
3
Vgl. Ortfried Friedreich, in: Jahresbericht des BG9 1994/95,Wien 1995, 20-21.
Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße
wir uns gewöhnt: Hämmern, Bohren, Rauschen, Rieseln von Baumaterial, wie ein altes Segelschiff im Sturm ächzte unser Haus unter den Interventionen der neuen Baumeister. Ich begann den Unterricht – da kamen meine zwei Ordner*innen gelaufen und riefen: „Frau Professor, sehen Sie!“ Zu dem Geräusch des Rieselns kam ein zweites: berstendes Holz! Ich traute meinen Augen nicht: Eine Betonmure bahnte sich ihren Weg aus dem Mauerwerk hinter dem wie durch Zauberhand in Bewegung geratenen Kasten und ergoss sich auf dem Parkettboden, ich drehte mich zur Klasse: „Kinder, raus aus dem Zeichensaal!“ Zwei Schüler*innen schickte ich in die Direktion – am Gang draußen begegneten uns schon die laufenden Arbeiter mit ihren Kübeln und Mörteltrögen, sie wussten, dass der Kamin geborsten war, den sie ausgegossen hatten.
Die Gründung des Gymnasiums
Zwischen 1870 und 1873 entstand der aBu des Bundesgymnasiums Wien IX nach den Plänen des Architekten Freiherr Heinrich von Ferstel, durch ein kaiserliches Dekret gegründet, 1871 als k.k. Real- und Obergymnasium mit Oberrealschule eröffnet. b 1876 wurde es als Staatsgymnasium geführt und 1896erhielt es den Namen Maximiliangymnasium (nach dem Bruder des Kaisers benannt). Nach der Rossauer Kaserne war die Schule das zweite Bauwerk im Bereich der geschleiften Stadtmauer, ebenso in Backstein ausgeführt (bis auf die Sockelzone). Die Schule war ein Nutzbau, und der Architekt trug der Funktion des Hauses als solche Rechnung, als er nur den Stiegenaufgang, den Korridor im ersten Stock und den Festsaal in der Ausstattung hervorhob. Das dreistöckige Gebäude war nicht nur als Gymnasium konzipiert, sondern integrierte auch ein Zinshaus. Ursprünglich war nur das Erdgeschoß sowie der erste Stock der Schule vorbehalten, der Rest war für Privatwohnungen geplant, streng getrennt vom Schulbereich.4 Wie sehr das Wasagymnasium mit der Ringstraße, deren Architektur und ihren Bewohnern in Verbindung stand, soll der folgende Abschnitt beleuchten. Der Bau unserer Schule ist der gesellschaftspolitischen Ausrichtung des (Groß-)Bürgertums und dessen Streben nach sozialem Aufstieg durch Bildung geschuldet.
Die Ringstraße
Mit der Machtübernahme der Liberalen ab ca. 1860 begann die große Umgestaltung der Stadt Wien durch das neu erstarkte Bürgertum und seine kulturelle Repräsentanz, die wir heute als die Ringstraße bezeichnen. Das zähe Ringen um die zivile Nutzung des Verteidi4
Vgl. Herbert Bohrn, in: Jahresbericht des BG9 1994/95, 30.
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gungsgürtels außerhalb der alten Stadtbefestigungen, der Kampf der liberalen Kräfte gegen die Militärs, der Druck der wachsenden Bevölkerung und deren Wohnbedürfnisse, ein starkes Wirtschaftswachstum und das schrittweise Erstarken der bürgerlichen Macht führte 1857zur Freigabe des Glacis und der Gründung einer „Stadterweiterungs-Comission“ durch den Kaiser.5 In der ersten Planungsphase 1857–1860weisen die Zuteilung von Baugrund und die Konzentration auf Monumentalbauten noch auf einen dynastischen Neo-Absolutismus hin. In diese Phase fällt der Bau der Votivkirche (1856–1879),eine Kirche zu Ehren des Kaiserhauses und im Andenken an den glücklichen Ausgang eines nationalistisch motivierten Attentats auf den Kaiser Franz Joseph selbst. Die architektonischen Entwürfe für den neogotischen Bau stammen von dem jungen Architekten Heinrich von Ferstel (1828–1883). Als Symbol für die Einheit von Kirche und Kaiserhaus sollte dieser neogotische Bau durch seine Nutzung als Garnisonskirche auch die Macht des Militärs präsentieren, das in der Konzeption der neuen Ringstraße um die Wahrung eigener Interessen als Verkehrsader (für Truppen- und Materialtransporte) rang. Immer noch waren die Kräfte stark, die mit einer drohenden Gefahr durch das (revolutionäre) Volk der Vorstädte für eine starke militärische Präsenz zum Schutz des Kaiserhauses argumentierten: Zwei bahnhofsnahe Kasernen, Arsenale und nicht zuletzt das monumentale Ausmaß (Breite, Größe) des neuen Boulevards sind auf diese militärischen Interessen zurückzuführen. Diese verbanden sich mit dem Wunsch des Bürgertums nach Repräsentanz in Monumentalität und der kreisförmigen, fließende Anordnung der neuen Anlage als optischer Ausdruck einer neuen gesellschaftlichen Klasse: tatkräftig, wohlhabend, selbstbewusst. Der Corso bildet einen Kreis um die Innenstadt, schließt sie gleichsam ein, das Zentrum der ersten Gesellschaftsschicht, des Adels und des Klerus. Die zweite Gesellschaftsschicht – das Bürgertum – schuf sich mit der Ringstraße nicht nur ihre eigenen Wohn- und Repräsentationsbauten, sondern ging eine neue Verbindung mit den höchsten Kreisen des Staates ein, indem es ihre Lebensart nachahmte.6 In Rekordzeit gelang es dem Bürgertum, sein großes Projekt der Stadterneuerung voranzutreiben. Die Regulierung der Donau, die Wasserversorgung, öffentliche Gebäude, die die neue Macht präsentierten, Wohnungen für eine wachsende Bevölkerung, ein öffentliche Gesundheitswesen, ein Krankenhaus als Verbindung von Medizin und Forschung zur Bekämpfung von Seuchen wurden realisiert. Darüber hinaus entstanden Gärten und Parks, Kultureinrichtungen wie Museen, Theate , Oper, Stätten der Bildung, die Universität. So verband sich die rationale Umsetzung konkreter Bedürfnisse eines urbanen Lebens mit der kulturellen Selbstdarstellung einer neuen herrschenden Schicht. Wie ein ringförmiges Fließen umspült der neue Corso die Altstadt, isoliert die Innenstadt von der Vorstadt, und entlang dieser von Bäumen gesäumten Straße, in lockerer Anordnung aufgefächert, prangen die monumentalen Gebäude als Repräsentanz der neuen 5 6
Vgl. Carl E. Schorske, Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de Siècle, München 1994, 23–26. Vgl. ebd., 28–31
Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße
Machthaber, des besitzenden Bürgertums. Die Gebäude, nur teilweise aufeinander bezogen, wirken vereinzelt, verstärkt durch die Eigenart ihrer Baustile, die historisierend den Stil einer anderen, vergangenen Epoche übernehmen, der jeweiligen Funktion und Bedeutung des Gebäudes entsprechend: die Votivkirche und das Rathaus neo-gotisch, das Parlament in klassizistischem Stil, das Burgtheater neo-barock, die Museen im Neo-Renaissance-Stil.7 Für die Realisation der für die Repräsentanz der bürgerlichen Macht bedeutsamen Bauten von Parlament, Rathaus und Universität kam es nach zähem Ringen um den vom Militär beanspruchten Paradeplatz 1870mit Zustimmung des Kaisers zu einem dreifachen Bauplan, der alle drei Bauten miteinschloss. de, im Sinne einer in Baukunst umgesetzten RatioFür die Universität (1873–1884) wur nalität, der Entwurf von Heinrich von Ferstel im Neo-Renaissance-Stil verwirklicht. Ferstel beherrschte alle Varianten der historischen Stile und war durch den Bau der Votivkirche berühmt geworden. Er studierte in Italien die Universitäten von Padua, Genua, Bologna und Rom und wollte diese Vorbilder der Renaissance mit seinem monumentalen Bauwerk noch überbieten.8 Ferstel zählt neben Gottfried Semper und Carl Hasenauer, Friedrich Schmidt und The phil Hansen zu den führenden Ringstraßen-Architekten. Ihre historisierenden Bauten entsprachen den ästhetischen Repräsentationswünschen des Großbürgertums. Im Ganzen genommen sprachen die Monumentalbauten der Ringstraße die höchsten Werte der herrschenden liberalen Kultur deutlich aus. Auf den Überbleibseln eines Marsfeldes hatten ihre Gläubigen die politischen Institutionen des Verfassungsstaates errichtet, die Schulen für die Erziehung der Elite eines freien Volkes und die Museen und Theate , um allen die Bildung zu bringen, welche die aufsteigenden Schichten aus ihren niedrigen Ursprüngen erheben würden.9
Der größte Teil der Baugründe wurde allerdings von großen Wohnhäusern eingenommen, deren private Finanzierung durch das finanzkräftige Bürgertum auch die Grundlage für die öffentlichen Bauvorhaben schufen. Der Grundtypus der Wohngebäude, das Mietshaus, folgte formal dem Vorbild des Adelspalais der Barockzeit, den Bedürfnissen der neuen Elite der Ringstraße angepasst. So entstand der Wohnpalast oder Mietpalast im Unterschied zu den zur gleichen Zeit entstehenden Mietskasernen für die Arbeiter in den Vorstädten. Der „aristokratische“ Charakter dieser Mietpaläste wurde auch in den Fassadengestaltungen sichtbar: Während das Erdgeschoß, oft in schwerer Rustika gestaltet, der gewerblichen Nutzung vorbehalten war, umfasste der erste Stock oft die geräumigsten Wohnungen (Nobeletage). Der zweite Stock entsprach manchmal dem Grundriss des ersten, oft aber waren hier 7 8 9
Vgl. Schorske, Wien, 31–37. Vgl. ebd., 37–42. Schorske, Wien, 42.
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Abb. 4: Die Wendeltreppe – ein Blick von oben.
schon kleinere Wohnungen untergebracht, und diese vertikale Diffe enzierung in Größe und Pracht der Wohnungen spiegelte sich auch außen in der Fassadengestaltung, durch Höhe der Fenster, Verzierungen, Säulen usw.10 Als Wohnquartier war die Ringstraße für Käufer und Mieter von großer Anziehungskraft für alle Teile der Wiener Elite: Aristokraten, Kaufleute, hohe Beamte und Akademiker. Auch als einträgliche und sichere Geldanlage waren Mietshäuser und Wohnungen im Bereich der Ringstraße begehrt.11 In diesem Zusammenhang erklärt sich auch die diffe enzierte Nutzung des Gymnasiums in der Wasagasse, das zu Beginn auch Wohnungen beherbergte und nur zum Teil als Schule genutzt wurde. Die neu aufstrebenden bürgerlichen, oft jüdischen Familien trachteten nach einer fundierten Bildung und Ausbildung ihrer Nachkommen, denn Bildung galt als Basis für sozialen Aufstieg und Erfolg. Das Gymnasium war Voraussetzung für den Besuch einer Universität, und auch unsere Schule wurde zeitgleich, wenn nicht sogar vor der neuen Universität am Ring fertiggestellt. Die große Baustelle am Ring muss eindrucksvoll und auch belastend gewesen sein. So zitiert Edmund de Waal in seinem Erinnerungsbuch Der Hase mit den Bernsteinaugen einen 10 11
Vgl. ebd., 47. Vgl. ebd., 50.
Heinrich von Ferstel: Die Architektur des Wasagymnasiums im Kontext der Ringstraße
Kritiker der Wiener Ringstraße, Karl Kraus, der beklagte, dass Wien zwanzig Jahre lang nur mit Staub, Staub, Staub, „zur Großstadt demoliert“12 wurde. De Waal, Nachkomme der jüdischen Bankiersfamilie Nephrussi, deren Palais genau gegenüber der Universität am Schottentor liegt, erbaut von Theophil Hansen, kehrt gedanklich zurück in das Wien der Jahrhundertwende und bezeichnet die Adresse am Ring als „Zionstraße“, in Anbetracht der vielen jüdischen Palais an der Ringstraße und des hohen Anteils jüdischer Familien, die hier ihren Wohnsitz hatten. Viktor Nephrussi, Mitglied der berühmten Bankiers-Dynastie und Urgroßvater des Autors, konnte von seinem Schulzimmer aus (er wurde von Privatlehrern unterrichtet) die Baustelle der entstehenden Universität beobachten. Sein Sohn besuchte das Schottengymnasium, während die Tochter, zu Hause unterrichtet, ihre Matura durch externe Prüfungen bei den Schotten erwarb, denn Mädchen waren an Gymnasien noch nicht zugelassen. Ihre große Sehnsucht, an der Universität zu studieren, sollte sich erfüllen.13
Die bewegte Geschichte des Hauses
Die Geschichte unseres Hauses sollte eine bewegte werden, geprägt von den politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts. In der ersten Republik erfolgte die Umbenennung nach dem Gassennamen. Ab 1924 wurden auch Mädchen aufgenommen, allerdings nur bis 1934. Während der NS-Zeit (1938–1945)wurde das Gymnasium in das Gebäude des aufgelösten Schottengymnasiums verlegt, jüdische Lehrer und Schüler vertrieben. Das Haus in der Wasagasse 10 diente als Bürohaus der Gauleitung Niederdonau und der NSDAP, auch die jüdischen Mieter*innen (Hörlgasse 3) wurden deportiert. Eine Gedenktafel am Seiteneingang erinnert heute an die vertriebenen Bewohner*innen, die Familien Rosanes und Strassberg: ein Zeichen der Erinnerungskultur unserer Schule.14 Ab 1945beherbergte das Haus die Kommunistische Partei Österreichs. Nur das Auffinden der verschollenen kaiserlichen Stiftungsurkunde verhinderte eine weitere Zweckentfremdung der Schule durch die NÖ Landesregierung und ermöglichte die Rückkehr des Gymnasiums (erst 1959). Als „Tochter“ ging das seit 1975 autonome Musikgymnasium Neustiftgasse hervor.15 1995 erstrahlte unser Haus in neuem Glanz. Das architektonische Erbe Ferstels funkelte wie ein geschliffener Diamant. In einer genialen Zusammenarbeit hatten die Verantwort12 13 14 15
Edmund De Waal, Der Hase mit den Bernsteinaugen, Wien 2011, 124. Vgl. ebd., 130–132. Matthias Beier und Daliah Hindler, Steine, die bewegen, https://stimme.minderheiten.at/wordpress/ wp-content/uploads/sites/3/2019/05/stimme106_s13 -15.pdf, 28.03.2020. Vgl. Hans Benke, in: Jahresbericht des BG9 1994/95, 14 und vgl. H erbert Bohrn, ebd., 30.
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Abb. 5: Die Decke des Festsaals.
lichen eine große Aufgabe mit Bravour gemeistert. Die neuen Strukturen entsprachen den Anforderungen eines zeitgemäßen modernen Unterrichts. Ein lichtdurchfluteter, heller Schulbau mit modernster Ausstattung war das Ergebnis guter Zusammenarbeit und Planung. Eine neue Leichtigkeit erfüllte das Haus nach den Jahren der Generalsanierung, und Direktor Hofrat Gump, bei dem alle Fäden der Organisation des Umbaus zusammengelaufen waren, konnte das Wasagymnasium im Oktober 1995wiedereröffnen Mittlerweile sind 25 Jahre seit der Generalsanierung vergangen. Wir betreten unsere neue, alte Schule, die ihre 150-jährige Geschichte erzählt: Das Eingangstor ist schwer, vor allem für die Erstklässler*innen. Ihre Klassen liegen im Erdgeschoß. Über die Seitentreppen kommt man am schnellsten nach oben, spiralförmig, Wendeltreppen, Himmelsleitern – an manchen Tagen fühlt es sich ganz leicht an, jeweils zwei Treppen auf einmal nehmend, läuft es sich am besten, in einem Schwung, wie schwerelos vom Erdgeschoß in den dritten Stock. Die Höhe der einzelnen Stiegen ist genial abgestimmt (der Architekt war ein Meister seines Fachs!), über die Jahre glattgeschliffen on den vielen Füßen, berühmten Füßen: Ist Stefan Zweig hier auch hinaufgelaufen? Die Söhne von Sigmund Freud, auch sie streiften durch diese Gänge: Kam ihr Vater zum Elternsprechtag? Schulzeit ist Lebenszeit: Acht Jahre Gymnasium – wie viele Monate, Wochen, Tage, Stunden verbringen wir in der Schule, deren Räume, Nischen, Winkel uns vertraut wer-
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Abb. 6. Das Gewölbe im 1. Stock.
den – wir erleben die Atmosphären der wechselnden Jahreszeiten, die hellen und dunklen Stunden. Unsere Erinnerung ist hier verortet: Das Haus, seine Architektur prägt uns, wir hinterlassen unsere Fußabdrücke auf seinen Gängen, umgekehrt bleiben die Bilder in uns, die Schatten der Fenster, durch die das Licht hereinfällt, und unsere Gedanken fortträgt aus der Klasse, dem Unterricht. Unter der Haupttreppe im ersten Stock verbergen sich die Wandmalereien, über die Jahre verdichtete, heimliche Botschaften, Namen und Unterschriften, hinterlassene Spuren der Kindheits- und Jugendjahre, die (zu) schnell (oder zu langsam?) vorüberziehen. Bald schon ist man in der Oberstufe, steigt hinauf bis in den dritten Stock, verbringt die Pausen oder Stunden des Nachmittags in der Oberstufen-Lounge, bereitet sich auf die Matura vor. Im Festsaal – ein Blick nach oben an die wunderbar bemalte Decke (warum eigentlich nur auf einer Seite?) – nach bestandener Prüfung: ein Abschied. Manche verlassen dieses Haus befreit – andere mit Wehmut, je nachdem. Meine Hoffnung: Sie mögen diese Schule verlassen als frei denkende, kritische Menschen, offen und wach, gewappnet für eine Welt neuer Herausforderungen. Ein Kreis schließt sich: Die Universität ist nahe, die Votivkirche, die Ringstraße, Wien: überall Spuren der Vergangenheit. Ein Fluss von Raum und Zeit, Bewegung, Rhythmus. Geschichte. Gestern, heute, morgen. Aurelia Roher
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Literaturverzeichnis Matthias Beier und Daliah Hindler, Steine, die bewegen, https://stimme.minderheiten.at/wordpress/ wp-content/uploads/sites/3/2019/05/stimme106_s13 -15.pdf, 28.03.2020. Hans Benke, o.T., in: Jahresbericht des BG9 1994/95. Herbert Bohrn, o.T., in: Jahresbericht des BG9 1994/95. Edmund De Waal, Der Hase mit den Bernsteinaugen, Wien 2011. Ortfried Friedreich, o.T., in: Jahresbericht des BG9 1994/95. Carl E. Schorske, Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de Siècle, München 1994.
Abbildungsnachweis Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6
Der Stiegenaufgang in den 1. Stock (BG IX). Die Wendeltreppe – ein Blick von unten (BG IX). Perspektivische Ansicht des Umbaus (BG IX). Die Wendeltreppe – ein Blick von oben (BG IX). Die Decke des Festsaals (BG IX). Das Gewölbe im 1. Stock (BG IX).
Naturwissenschaftliche Exzellenz Karl Landsteiner, Erwin Chargaff und Otto Koenig
Karl Landsteiner
Er war ein Arbeitstier. Das merkten etwa seine Schüler und Mitarbeiter, wenn sie mit ihm im Labor standen. In dem Bericht eines späteren italienischen Primarius heißt es: Ich […] hatte […] die Gelegenheit, alle die durch ihn erdachten Experimente genau und zu seiner ausgesprochenen Genugtuung wiederholt auszuführen. Ich muß noch erwähnen, daß die letzten Arbeitsstunden am Nachmittag des 31. Dezember 1901anfingen und ununterbrochen bis halb neun Uhr abends dauerten. Nur wir zwei waren ganz allein in dem stillen, öden, von allen verlassenen pathologischen Institut! Diese Stunden waren komisch-tragisch für mich: ich wäre gern schon viel früher mit meinen Freunden davongelaufen, um den Silvesterabend lustig zu verbringen. Landsteiner war aber freundlichst unerbittlich, und so mußte ich, nach seinen Weisungen, weiter Blutkörperchen waschen und verschiedene Sera vermischen […]. Zuletzt verabschiedeten wir uns, müde und ganz freundlich, uns ein glückliches Neues Jahr wünschend!1
Das war am Ende des Jahres 1901.Die rastlose Arbeit hatte genau in diesem Jahr zum Durchbruch und Erfolg geführt: Karl Landsteiner entdeckte die Blutgruppen A, B und O. Mit dieser Entdeckung hat er seitdem unzähligen Menschen das Leben gerettet. 1930erhielt er dafür den Nobelpreis für Medizin. Karl Landsteiners beeindruckende akademische Karriere begann am Wasagymnasium. Am 14. Juni 1868 geboren, stammte er aus einer jüdischen bürgerlichen Familie. Sein Vater Leopold war ein anerkannter Journalist und Chefredakteur der Tageszeitung „Die Presse“. Karl Landsteiner besuchte die Unterstufe sowie die beiden letzten Jahre am MaximiliansGymnasium (die 5. und 6. Klasse verbrachte er am Staats-Gymnasium in Linz.) Er maturierte Ende Juni 1885 und am 1. Juli am Wasagymnasium, hatte ein „Genügend“ in Latein, aber in Physik und Naturgeschichte ein „Vorzüglich“. Dazu kamen ein paar „Befriedigend“,
1
Paul Speiser und Ferdinand G. Smekal, Karl Landsteiner, Entdecker der Blutgruppen und Pionier der Immunologie. Biographie eines Nobelpreisträgers aus der Wiener Medizinischen Schule, Wien 1975, 36.
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beispielsweise in Deutsch – damit ging sich keine Auszeichnung aus.2 Nach seiner Matura bot Landsteiner eine sehr lange wissenschaftliche Karriere, die durch Internationalität und hohe Qualität gekennzeichnet war. Er studierte Medizin, diente als Einjährig-Freiwilliger, interessierte sich rasch für die medizinische Chemie, verbrachte fünf Jahre im Ausland als Mitarbeiter bei einschlägigen Experten seines Fachgebiets. Schon als Student war Landsteiner aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten und hatte sich 1890 in der Schottenkirche taufen lassen.3 Über die Beweggründe ist nichts bekannt. Konversionen dieser Art waren jedoch häufig, da aufgrund des verbreiteten Antisemitismus und des politischen Katholizismus eine wissenschaftliche Karriere für Menschen mit jüdischem Glauben speziell in Wien fast unmöglich war.4 1896kehrte Landsteiner nach Wien zurück, wurde Assistent an verschiedenen Instituten, habilitierte sich für Pathologie und wurde schließlich 1911außerordentlicher Professor in eben diesem Fach. Mitten im Ersten Weltkrieg heiratete er seine langjährige Verlobte Leopoldine Helene, geborene Wlasto – er war damals bereits 48 Jahre alt. Das Ehepaar zog nach Purkersdorf bei Wien und Landsteiner wurde Vater eines Sohnes. Der Krieg stellte auch in seinem Leben eine Zäsur dar. Die Aussichten auf eine berufliche und wirtschaftlich abgesicherte Zukunft waren gering. Angeblich war eine Episode für den Entschluss entscheidend, im Ausland die akademische Karriere fortzusetzen. Eines Tages sollen Holzsammler in ihrer verzweifelten Suche nach Brennmaterial Teile des Zaunes der Villa in Purkersdorf angerissen und davongetragen haben. Damals dürfte Landsteiner, „auch in Anbetracht der ungeheizten Arbeitsräume und Laboratorien an einer gedeihlichen Zukunft für sich und seine Familie in Wien endgültig verzweifelt haben.“5 Als sicher kann gelten, dass Landsteiner die Voraussetzungen für weitere wissenschaftliche Forschung in der jungen Republik Österreich nicht mehr gegeben sah. Landsteiner ging im Jahr 1919zunächst nach Holland, schließlich 1922 nach New York, wo er am Rockefeller Institute for Medical Research eine Stelle annahm. Dort waren die Arbeitsbedingungen viel besser als in Österreich, Landsteiner war aber offensichtlich nich wirklich zufrieden. Wahrscheinlich war er auch ein schwieriger Kollege. Das wird durch einen Professor der Harvard University nahegelegt, der Landsteiner schätzte, aber dessen häufiges Klagen quittie te mit: „You know, Karl, you are an old crab!“6 „Crab“ bedeutet so viel wie „Raunzer“, „Nörgler“ oder „Meckerer“. Karl Landsteiner ging mit 71 Jahren schließlich in Pension, arbeitete aber als Emeritier2 3
4 5 6
Protokoll Maturitätsprüfung 1885, in: Reifeprüfung 1876–1900, Archiv Wasagymnasium. Martina Pesditschek, Karl Landsteiner (1868–1943), in: Helmuth Grössing und Gerhard Heindl (Hg.), Heimat großer Söhne … Exemplarische Leistungen österreichischer Naturforscher, Techniker und Mediziner, Frankfurt/M. u.a. 1997, 117–128. Vgl. Lisa Kienzl, Der Untergang des Abendlandes, Göttingen 2014, 169–198;Peter Pulzer, Die Entstehung des politischen Antisemitismus in Deutschland und Österreich 1867 bis 1914, Göttingen 2004. Speiser und Smekal, Karl Landsteiner, 60. Ebd., 72.
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ter in einem kleinen Labor des Rockefeller Instituts unermüdlich weiter. Er entdeckte noch den Rhesusfaktor und widmete sich schließlich der Krebsforschung, weil seine Ehefrau an einem bösartigen Tumor der Schilddrüse schwer erkrankt war. In seinem Labor erlitt er einen Herzinfarkt, an dem er wenig später am 26. Juni 1943verstarb.7 Wissenschaftliche Leistungen
Karl Landsteiner hat über verschiedene Infektionskrankheiten (Kinderlähmung, Syphilis, Fleckfieber) Forschungen angestellt. Am bekanntesten wurde er durch die Entdeckung der Blutgruppen, was die Voraussetzung für heutzutage millionenfach erfolgreiche Bluttransfusionen ist. Lange vor Land- Abb. 1. Karl Landsteiner am „Rockefeller Institute“, steiner versuchten sich Mediziner an der New York, etwa 1930. Blutübertragung von Mensch zu Mensch, doch war das Verfahren für viele Empfänger mit schweren Komplikationen verbunden oder sogar tödlich. Bei der Übertragung von fremdem Blut in die Blutbahn eines Menschen kann es nämlich zu Abwehrreaktionen des Empfängers kommen, die zur Verklumpung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) des Spenders führen. Verantwortlich dafür sind vererbte Eiweißverbindungen in der Zellhülle der roten Blutkörperchen, die es in zwei Varianten gibt, kurz als A und B bezeichnet. Menschen mit Blutgruppe A beziehungsweise B haben das entsprechende Eiweiß in der Erythrozytenhülle, Träger der Blutgruppe AB haben beide Eiweiße, Trägern der Blutgruppe 0 fehlen sie. Zugleich mit diesen Eiweißmolekülen befinden sich Gegenstoffe (Antikörper) in der Blutflüssigkeit, die Erythrozyten fremder Blutgruppen angreifen: Menschen mit Blutgruppe A haben Anti-B-Moleküle in der Blutflüssigkeit, jene mit Blutgruppe B besitzen Anti-A-Körper, Trägern der Blutgruppe AB fehlen diese Antikörper, bei der Blutgruppe 0 sind beide Formen vorhanden. Irreführenderweise wird oft behauptet, dass Menschen mit Blutgruppe AB Blut aller Blutgruppen bekommen könnten (Universalempfänger), da ihnen die Antikörper fehlen, und dass Menschen mit Blutgruppe 0 allen anderen Gruppen Blut spenden könnten, da ihnen sowohl die A- als auch die B-Eiweiße fehlen, die vom fremden Blut angegriffen werden 7
Pesditschek, Landsteiner, 124.
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könnten (Universalspender). Dies ist jedoch nicht richtig, da auch die in der Blutflüssi keit sowohl des Spenders als auch des Empfängers enthaltenen Antikörper berücksichtigt werden müssen. Daher führt man Transfusionen nur mit gruppengleichem Blut durch oder mit Konzentraten von roten Blutkörperchen, also ohne die Antikörper enthaltende Blutflüssigkeit – letztere ist die heute gängige Methode. (Die weißen Blutkörperchen werden aus Blutkonserven generell herausgefilte t, da sie Eiweißstoffe tragen, die wie jene der übrige Körperzellen individuell verschieden sind.) Die Entdeckung der Blutgruppen fand über Jahre hinweg wenig Beachtung. Im Ersten Weltkrieg versuchte man, schwer verwundete Soldaten mit jedem zur Verfügung stehenden Blut zu retten.8 Erst danach setzten sich Landsteiners Erkenntnisse durch. Dass nicht alle Bluttransfusionen nach der Entdeckung des AB0-Systems erfolgreich verlaufen sind, liegt daran, dass auch der so genannte Rhesusfaktor berücksichtigt werden muss, der gewissermaßen eine weitere Blutgruppe darstellt, die zusätzlich zu AB0 vorhanden ist (rhesuspositiv) oder aber fehlt (rhesusnegativ). Auch diese Entdeckung ist Karl Landsteiner ‒ in Zusammenarbeit mit seinen Schülern Philip Levine und Alexander Solomon Wiener – zu verdanken. Dieses Kennmolekül – fast vierzig Jahre nach dem AB0-System entdeckt ‒ wurde zunächst Blutgruppe D genannt und wird heute aufgrund seiner Entdeckung im Blut von Rhesusaffen als Rhesusfaktor bezeichnet. Würdigung
Landsteiner gehört zu jenen Absolventen des Wasagymnasiums, die immer wieder in den Jahresberichten gewürdigt worden sind.9 Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen im In- und Ausland, darunter viele Ehrendoktorate von Universitäten. Die Republik Österreich ehrte ihn mit einer Banknote, nämlich dem bis zur Euro-Umstellung gültigen 1000-SchillingSchein, wo auf der Vorderseite sein Portrait zu sehen war. Die Rückseite zeigte ihn – durchaus angemessen – in seinem Labor über ein Mikroskop gebeugt. Karl Landsteiner leistete Bedeutendes auf dem Gebiet der Immunologie. Mit der Entdeckung der Blutgruppen 1901und des Rhesusfaktors 1940schuf er die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transfusionspraxis.
8 9
P.F.W. Strenger et al., Blut: von der Magie zur Wissenschaft, Heidelberg/Berlin/Oxford 1996, 6. Vgl. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX für das Schuljahr 1930/31, Wien 1931,18;Paul Speiser, Nobelpreisträger Karl Landsteiner, Entdecker der Blutgruppen, in: Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX (Wasagymnasium) über das Schuljahr 1961/62,Wien 1962,8–13;Ernst Layr, Karl Landsteiner – Entdecker der Blutgruppen – Maturant des Wasagymnasiums 1885 – 100. Geburtstag – 25. Todestag, in: Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX (Wasagymnasium) über das Schuljahr 1956/66,Wien 1966, 90–91.
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Erwin Chargaff
Es war im Sommer 1952,der Biochemiker auf dem Weg nach Glasgow zu einem Vortrag. Ein Freund bat ihn, mit zwei Wissenschaftlern an der Universität Oxford zu reden, auch wenn nicht ganz klar war, „was sie eigentlich tun wollten“. Das Gespräch selbst sei „possenhaft“ gewesen, die beiden jungen Kollegen, „von keiner Kenntnis der einschlägigen Chemie beschwert“, hätten ihn an eine „Varieténummer“ erinnert. Chargaff selbst konnte Crick und Watson aufgrund ihrer offensichtlichen Unwissenheit nicht ernst nehmen. „Ich sagte ihnen alles, was ich wußte. Wenn sie schon vorher etwas über die Paarungsregeln gehört hatten, so verbargen sie es vor mir. Da sie aber nicht viel über irgend etwas zu wissen schienen, war ich nicht übermäßig erstaunt“.10 Francis Crick (1916–2004)und James Watson (geb. 1928)erhielten zehn Jahre später zusammen mit Maurice Wilkins den Nobelpreis für die Entdeckung der Struktur der DNS bzw. DNA, der Desoxyribonukleinsäure, und wurden weltberühmt. Erwin Chargaff gab später zu, dass sein Urteil „sicherlich rasch und möglicherweise falsch“ gewesen sei. Ihn störte jedenfalls, dass die beiden Wissenschaftler seine Hilfe nicht erwähnten und „nur eine kleine Arbeit“ aus Chargaffs Laboratorium zitie ten, alle anderen Publikationen jedoch ignorierten.11 Erwin Chargaffs ungewöhnliches Leben begann in Czernowitz, Bukowina, am Rande der österreichisch-ungarischen Monarchie, wo er am 11. August 1905geboren wurde.12 Seine jüdischen Eltern haben ihm und seiner fünf Jahre jüngeren Schwester ein liebevolles Zuhause geboten. Chargaff bezeichnete sie später mit dem Wort „wunderbar“ und zeigte schon früh seine Begabungen und Talente: „Seit meinem sechsten Jahr haben meine Eltern nach unten zu mir emporgeblickt“.13 Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs übersiedelte die Familie nach Wien, das Chargaff auch später immer als seine Heimatstadt bezeichnete. Er besuchte das „Staatsgymnasium Wien XVIII“ ab 1915, war von 1918–1920 am Staatsgymnasium in Czernowitz und wechselte dann an das „Bundes-Gymnasium Wien IX“. Er teilte mit Paul Porges und Robert Braun die gleiche Klasse (letzterer war wie sein Bruder Felix Braun ein Schriftsteller), und beide waren mit Stefan Zweig befreundet. Chargaff selbst
10 11 12
13
Erwin Chargaff, Das Feuer des Heraklit. Skizzen aus einem Leben vor der Natur, Stuttgart 1979, 142–144. Chargaff, Feuer des Heraklit, 143 und 145. Zum Leben Chargaffs siehe vor allem seine Autobiographie: Chargaff, Feuer des Heraklit, passim sowie Gerhard Oberkofle , Erwin Chargaff und sein Wien. Ein paar Randnotizen zu seinem hundertsten Geburtstag, Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/2005, http://www.klahrgesellschaft. at/Mitteilungen/Oberkofler_2_05.htm, 23.12.2019.Siehe auch Walter Kappacher, Hellseher sind oft Schwarzseher. Erinnerungen an Erwin Chargaff, Warmbronn 2007 und Doris Weber, Wider den Genrausch: eine Jahrhundertbegegnung, Oberursel 1999. Chargaff, Feuer des Heraklit, 21.
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beendete die 8. Klasse mit „vorzüglichem Erfolg“ und einer langen Reihe von „Sehr gut“.14 Er maturierte mit Auszeichnung am 22. Juni 1923.15 Zwar nannte Chargaff den verehrten Schriftsteller, Essayisten und Kritiker Karl Kraus (1874–1936) seinen „einzigen Lehr er“, den er hatte, doch Chargaffs Urteil über das Wasagymnasium – die anderen Gymnasien werden gar nicht erwähnt – fällt sehr wertschätzend aus. Die Stelle aus seiner Autobiographie verdient es, ganz zitiert zu werden: Ich erhielt meine Erziehung in einem der ausgezeichneten Gymnasien, die Wien zu jener Zeit besaß, dem Maximiliansgymnasium im neunten Bezirk. Der Unterricht war inhaltlich beschränkt, aber von sehr hoher Qualität. Besonders liebte ich die klassischen Sprachen und war sehr gut in ihnen. Ich hatte ausgezeichnete Lehrer, und ich habe ihre Namen nicht vergessen: Latein, Lackenbacher; Griechisch, Nathansky; Deutsch, Zellweker; Geschichte, Valentin Pollak; Mathematik, Manlik. Das waren die Hauptgegenstände, mit Ausnahme von ein bißchen Philosophie, ganz wenig Physik und einer lächerlichen Quantität von sogenannter „Naturgeschichte“. Chemie und die anderen Naturwissenschaften kamen überhaupt nicht vor. Ich gehörte zu der unangenehmen Sorte, die sich in der Schule wohl fühlt; ich hatte ein gutes Gedächtnis und lernte leicht.16
Dr. Alfred Nathansky (1874–1942), der von 1919bis 1928 am Wasagymnasium unterrichtete, wurde später von den Nationalsozialisten ermordet, ebenso Chargaffs utter, 1943 „in das Nichts deportiert“. Man hatte zuvor erfolgreich die Versuche des Sohnes torpediert, sie in die USA nachreisen zu lassen. Der Vater war schon 1934verstorben.17 Nach der Matura studierte Chargaff, der von keinem Fach „unwiderstehlich angezogen“ war, Chemie, vor allem, weil es als sinnvolles Brotstudium erschien, das ihn einmal ernähren würde. Nicht wegen des Antisemitismus oder der politischen Lage, sondern aus ökonomischen Überlegungen entschloss sich Chargaff nach Ende des erfolgreichen Studiums, sich um Forschungsstipendien zu bewerben, und erhielt auch rasch eines von der Yale-Universität – „zu meinem großen Entsetzen“. „Ich fürchtete mich davor, in ein Land zu reisen, das jünger war als die meisten Toiletten Wiens“.18 In den USA ehelichte er die Studentin Vera Broido, mit der er bis zu ihrem Tod 1995glücklich verheiratet war. Es folgten drei Jahre 14 15 16 17
18
Hauptkatalog des Bundes-Gynmasiums Wien IX, Schuljahr 1922/23, Klasse 8 A, Archiv Wasagymnasium. Reifeprüfung Schuljahr 1922/23,Katalog-Nr. 4, in: Hauptprotokoll über die Reifeprüfungen 1922–24, Archiv Wasagymnasium. Chargaff, Feuer des Heraklit, 29 und 31f. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Gedenken und Mahnen in Wien 1934–1945. Gedenkstätten zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung. Eine Dokumentation, Wien 1998, 199–200; Dr. Alfred Nathansky, https://www.geni.com/people/Alfred-Nathansky/6000000015612254469 , 09.03.2020; Chargaff,Feuer des Heraklit, 22. Ebd., 59.
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am Hygieneinstitut in Berlin, dann verließ das junge Paar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten überstürzt die Stadt, um wieder in den USA zu landen. Diesmal erhielt Chargaff eine Anstellung an der Columbia University, mit einer Professur ab 1952. Wissenschaftliche Leistungen in der Biochemie
Kein Maturant verlässt die Schule, ohne im Biologieunterricht der 8. Klasse mit dem Bau der Erbsubstanz DNS (engl. DNA) vertraut zu sein. Es handelt sich um ein Riesenmolekül, das aus zwei Molekülketten zusammengesetzt ist, die parallel verlaufen und dabei wendeltreppenartig verdreht sind (Doppelhelix). Die Querverbindungen dieser Ketten, vergleichbar mit den Sprossen einer Strickleiter, werden durch Basenpaare gebildet. Vier Basen sind daran beteiligt: Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin, die durch die bekannten vier Buchstaben A, C, G und T abgekürzt werden, ohne die keine Abhandlung über Molekulargenetik auskommt. In ihrer Reihenfolge, der Basensequenz, ist der Bau- und Funktionsplan jedes Lebewesens festgelegt – die Sprache des Lebens sozusagen, auch genetischer Code genannt. Als Entdecker des molekularen Aufbaus der DNS gelten James D. Watson (geb. 1928) und Francis Crick (1916‒2004), die in einem kurzen Aufsatz in der angesehenen Fachzeitschrift Nature vom 25. April 1953ihre Ergebnisse präsentierten – ein herausragendes Datum in der Geschichte der Genetik. Für die Erarbeitung des DNS-Modells hatten sie die Ergebnisse anderer Forscher mitverwertet: die Röntgenstrukturanalysen von Maurice H. F. Wilkins und Rosalind Franklin sowie biochemische Untersuchungen von Erwin Chargaff Chargaff hatte die Zusammensetzung der Basen in den DNAs verschiedener Organismen analysiert und dabei festgestellt, dass Adenin und Thymin j weils in gleicher Häufi keit vorkommen, ebenso Guanin und Cytosin („Chargaffs Regeln“). Diese Beobachtung brachte Watson und Crick auf die Idee, es könnte sich um die Basenpaare in den Querverbindungen des DNA-Moleküls handeln. Sie bauten die Basen entsprechend in ihr DNAModell ein und dieses Modell einer in sich verdrillten Strickleiter mit Basenpaarungen als Sprossen wurde durch spätere weitere Untersuchungen bestätigt.19 Chargaffs „zweites Leben“
Nach seiner Emeritierung 1974 begann Chargaff eine z eite Karriere als Essayist, Wissenschafts-, Gesellschafts- und Kulturkritiker – das war nicht mehr ein Brotberuf, sondern seine innere Überzeugung. Bis zu seinem Tod schrieb er eine Fülle an Aufsätzen und Büchern (meist Aufsatzsammlungen), die es bis heute verdienen, gelesen zu werden.20 Beson19 20
Vgl. Werner Bartens, Dem Leben auf der Spur. Biografie einer Entdeckung, Stuttgart und München 2003. Hier eine kleine Auswahl: Erwin Chargaff, Warnungstafeln: die Vergangenheit spricht zur Gegenwart,
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ders hervorheben möchten wir die Autobiographie Das Feuer des Heraklit. Skizzen aus einem Leben vor der Natur (1979) sowie Unbegreifliches Geheimnis. Wissenschaft als Kampf für und gegen die Natur (1980).Dazu kommen Vorträge und Interviews.21 Die Kritik an den Naturwissenschaften wurde durch das Schockerlebnis Hiroshima und Nagasaki und später durch die Erfolge der Genforschung ausgelöst.22 Als gebildeter Humanist zitiert Chargaff gerne einen seiner Lieblingsautoren, den dänischen Philosophen und B des modernen Exisreligiösen Essayisten Søren Kierkegaard (1813–1855), der alsegründer tentialismus gilt: „Alles Verderben wird zuletzt von den Naturwissenschaften kommen“.23 Dort gebe es immer mehr „Forschungssklaven“, immer mehr „Verschlimmbesserer“, immer mehr „Fachleute“ mit einer zweifelhaften Funktion: „Wo es Krisen gibt, gibt es Fachleute zu ihrer Verschärfung“.24 Allenthalben sei von „Sachzwängen“ die Rede, die sich bei näherer Betrachtung als faule Ausreden erweisen.25 Aufgeblasenen Forschungszentren und Milliarden an Dollar für Forschungsgelder stünden Millionen an Obdachlosen in den USA gegenüber.26 Chargaff kritisierte die Tendenz, wissenschaftliche Ergebnisse schnell vermarkten zu wollen. Die Naturwissenschaften seien zu einer „Maschine zur Lösung von Problemen“ geworden, „welche, indem sie auf wissenschaftliche Art gelöst wurden, noch viel größere Probleme erzeugten, und so weiter.“27 Forschung stehe unter den beiden quasireligiösen Dogmen der Machbarkeit und der Verwertbarkeit.28 Chargaff forderte eine andere Haltung ein, die er als „Ehrfurcht vor der Natur“ bezeichnete: „Ich bin für Respekt, sogar für Zurückhaltung“. Er wusste auch, dass er mit dieser Einstellung in der Gegenwart fast allein war, fand sie aber in nicht-wissenschaftlichen Weltbildern wie etwa den Religionen.29
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Stuttgart 1982;Erforschung der Natur und Denaturierung des Menschen, Marburg/Lahn 1988;Vermächtnis. Essays, Stuttgart 1992;Armes Amerika – arme Welt: ein Essay, Stuttgart 1994;Ein zweites Leben. Autobiographische und andere Texte, Stuttgart 1995;Ernste Fragen: Essays, Stuttgart 2000; Brevier der Ahnungen, Eine Auswahl aus dem Werk, Stuttgart 2002; Stimmen im Labyrinth: drei Dialoge über die Natur und ihre Erforschung, Stuttgart 2003. Siehe etwa Franz Kreuzer, Das Leben – ein Spiel. Das Jahrhundert der Molekularbiologie. Franz Kreuzer in Gespräch mit Erwin Chargaff, Günther Kreil, Manfred Eigen, Ruthold Winkler-Oswatitsch und Peter Schuster, Wien 1981. Chargaff, Feuer des Heraklit, 13–14;Chargaff, Vermächtnis, 225–244;Chargaff, Ein zweites Leben, 27; Kreuzer, Das Leben – ein Spiel, 26. Chargaff, Vermächtnis, 137; Chargaff,Ein zweites Leben, 30. Chargaff, Vermächtnis, 170–171; Chargaff,Feuer des Heraklit, 14 („Verschlimmbesserer“). Chargaff, Vermächtnis, 162, 175–176, 177. Vgl. Chargaff, Vermächtnis, 173,215und besonders Chargaff, „Tod eines Obdachlosen am 17. September 1988“,259–269.„Was mich an Johnnys Tod so berührt, ist dieses Nebeneinander von unendlichem Reichtum und unsäglichem Elend“ (ebd., 261). Chargaff, Feuer des Heraklit, 16. Chargaff, Ein zweites Leben, 267. Kreuzer, Das Leben – ein Spiel, 32.
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Aber die lyrische, die religiöse, die numinose Betrachtung der Natur und des Lebens halte ich noch immer für die richtigere. Ich will nicht für die Authentizität der Schöpfungsgeschichte in der ‚Genesis‘ einstehen, es war ja niemand dabei, aber sie ist doch eher ein Abbild dessen, was der Mensch aus der Natur und dem Leben schöpfen sollte, als die Analysen und Synthesen der Naturwissenschaft. Wir sind dem Leben in keiner Weise nähergekommen, und ich glaube auch nicht, daß man jemals durch Laboratoriumsforschungen zu einem Verständnis dessen kommen wird, was Leben ist.30
Chargaff Kritik an den Naturwissenschaften ist in seine Gesellschafts- und Zivilisationskritik eingebettet. Bildungsinstitutionen hätten früher noch „ein bißchen Zivilisation“ vermittelt, heute beschränke sich die Tätigkeit auf die „Ausgabe von Lizenzen“. Moderne Gesellschaften würden eine „Abscheu vor Kunst und Wissen, vor Forschen und Denken“ entwickeln und müde in einem „Miniaturnirwana“ versinken.31 An vielen Stellen kippt Chargaffs Wissenschafts-, Gesellschafts- und Zivilisationskritik in einen geschichtsphilosophischen Pessimismus. Auf die Frage nach alternativen Naturwissenschaften bekannte er, dass er sich „keine Alternativen vorstellen könne“.32 Chargaff, der Zeit seines Lebens zu keiner Religionsgemeinschaft gehörte, war – wie es heute so schön heißt – „religiös musikalisch“.33 Einer seiner pessimistischsten Sätze lautet: „Eine Welt, die nicht mehr an den Teufel glaubt, muß von ihm geholt werden“.34 Würdigung
Francis Crick und James Watson setzten ihre „Varieténummern“ teilweise in späteren Jahren fort. Crick machte fragwürdige Äußerungen über das Verhältnis von Religion und Wissenschaft, die er als Alternative zu religiösen Deutungen des Lebens anbieten wollte. James Watson erregte wiederholt mit öffentlichen Bemerkungen Aufmerksamkeit wie jener, Schwarze hätten einen niedrigeren Intelligenzquotienten als Weiße. Bis heute wird Watson Rassismus, Sexismus und Homophobie vorgeworfen, er selbst beklagt, zur „Unperson“ erklärt worden zu sein.35 30 31 32 33 34
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Parnass, 3/88, 20, zit. nach Oberkofle , „Erwin Chargaff“ Chargaff, Feuer des Heraklit, 182–183. Chargaff, Vermächtnis, 208 und 245–256. Chargaff, Ein zweites Leben, 31. Chargaff, Vermächtnis, 137. Die Formulierung „religiös unmusikalisch“ stammt von Max Weber. Siehe Edgar Thaidigsmann, ‚Religiös unmusikalisch‘: Aspekte einer hermeneutischen Problematik, Zeitschrift für Theologie und Kirche, 108, 4 (2011),490–509. Siehe auch Chargaff, Ein zweites Leben, 107, 134–148, 273. Siehe etwa David Rennert, Tanja Traxler, 28. Februar 1953: Crick und Watson entschlüsseln die Struktur der DNA, Der Standard, 28. Februar 2020, https://www.derstandard.at/story/2000114772641/28 -februar-1953-crick-und-watson-entschluesseln-die-struktur-der, 08.03.2020; „DNA-Entdecker ver-
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Welch ein Unterschied zu Chargaff! ieser blieb immer seiner humanistischen Bildung verbunden, die er auch – oder vielleicht vor allem – am Wasagymnasium erworben hatte. Von sich selbst meinte er, er sei nie ein „hundertprozentiger Naturwissenschaftler“ gewesen, eher ein „Außenseiter auf der Innenseite der Naturwissenschaften“, ein kritischer Skeptiker, der die Verkümmerung der Sprache beklagte und sich Sorgen um die Entmenschlichung des Menschen machte. So schreibt er etwa: „Die herzlose und brutale Art, in welcher Sprache in unserer Zeit verwendet wird, als wäre sie nichts als ein bequemes Werkzeug für den Umgang mit Kunden, der kürzeste Weg vom schlauen Erzeuger zum naiven Verbraucher, ist mir immer als das bedrohlichste Vorzeichen beginnender Bestialisierung erschienen.“36 Chargaffs Wissenschaftskritik stieß auch auf viel Ablehnung. Ein Beispiel ist die Debatte in Wien 1988bezüglich der Verleihung des österreichischen Ehrenzeichens an Chargaff. Die Naturwissenschaftler waren mehrheitlich gegen eine Verleihung (unter ihnen auch der Philosoph Sir Karl Popper), die Geisteswissenschaftler in der Kommission eher dafür.37 1990 erhielt Chargaff endlich das „Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“, 1994 das „Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst“.38 Chargaff starb am 20. Juni 2002 in New York. Die Entschlüsselung der räumlichen Struktur der DNS vor nunmehr fast siebzig Jahren war ein Meilenstein in der biologischen Forschung und Ausgangspunkt für den steilen Aufstieg der Molekulargenetik bis zur heutigen Gentechnik. Erwin Chargaff hat dazu einen bedeutenden Forschungsbeitrag geleistet. Später hat er sich als sprachgewaltiger Essayist einen Namen gemacht. Zu seinen bekanntesten zeit- und wissenschaftskritischen Werken zählen „Kritik der Zukunft (1983)und „Das Feuer des Heraklit“ (1984).
Otto Koenig
In der 1. Klasse am Wasagymnasium wurde er als „rauflustig“ bezeichnet. Er erhielt zwei Stunden Karzer „wegen Raufens“ (8. Februar 1926). Der Karzer war eine Disziplinierungsmaßnahme der Schule bei Fehlverhalten und gleichsam der Vorgänger des „Nachsitzens“. Die Noten des Schülers waren nicht überragend, er hatte mehrere „Genügend“ und in Turnen sogar ein „Nicht genügend“.39 In der 2. Klasse gab es wieder viele „Genügend“ im Jahreszeugnis sowie Klassenbucheintragungen: „Stört wiederholt“, „Belästigt Mädchen“. Er
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steigert seinen Nobelpreis“, Frankfurter Allgemeine, 25.11.2014,https://www.faz.net/aktuell/wissen/ nobelpreise/james-watson-dna-entdecker-versteigert-seinen-nobelpreis-13286452.html , 08.03.2020. Chargaff, Feuer des Heraklit, 19; siehe auch 16 und 40. Oberkofle , Erwin Chargaff. Vgl. Wikipedia, Erwin Chargaff, https://de.wikipedia.org/wiki/Erwin_Chargaff# uszeichnungen_und_Mitgliedschaften, 08.03.2020; Isabella Ackerl, Die bedeutendsten Österreicher des 19. und 20. Jahrhunderts, Wiesbaden 2011, 191. Haupt- und Klassenkatalog Bundesgymnasium Wien IX, Schuljahr 1925/26, Klasse 1 A, Nr . 28.
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erhielt drei Stunden Karzer am 29. November 1926.Das Zeugnis enthält auch eine Abgangsklausel.40 Danach gab es weitere „Aufenthalte“ am Bundes-Realgymnasium Wien II in der Leopoldstadt und am BRG Wien XIV in Penzing. Obwohl Otto Koenig aus einer bildungsorientierten Familie stammte, passten er und die Institution Gymnasium nicht zusammen. Dieses verließ er zur Enttäuschung seiner Eltern ohne Matura als 18-Jähriger und besuchte stattdessen die „Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, Abteilung Fotografie“ in Wien, also eine berufsbildende Schule. Koenig wollte nämlich „Tierfotograf“ werden. Die Matura holte er erst 1956nach, durch die „Berufsreifeprüfung“ an der Universität Wien.41 Otto Koenigs Eltern hatten sich eine ganz andere Berufslaufbahn für ihren Sohn vorgestellt, der am 23. Oktober 1914in Wien geboren wurde. Seine Eltern waren Sozialdemokraten, der Vater Mitarbeiter der „Arbeiter-Zeitung“, dem „Sprachrohr“ der österreichischen Sozialdemokratie. Um das Einzelkind vor den „schädlichen Einflüssen durch schlimme Kinder“ zu bewahren, gab es ironischerweise zunächst Privatunterricht mit einem gleichaltrigen Freund zu Hause.42 Zu einem dieser „schlimmen Kinder“ entwickelte sich Otto dann wohl ganz autogen. Es gibt einen etwas verzweifelten Brief des Volksschullehrers, als Otto gerade acht Jahre jung war. Er habe „schon wieder eine Zeit schrankenloser Wildheit“. Der Lehrer bittet im Brief den Vater, auf den Buben einzuwirken, er möge doch dem Lehrer „die Arbeit nicht unnötig erschweren“.43 Otto Koenig zeigte aber erst am Gymnasium, welch kreatives Potential in ihm steckte. Rückblickend bezeichnete er sich selbst in den frühen 1990er-Jahren als „sehr schlecht steuerbar“ und meinte: „Die armen Lehrer, die ich hatte, tun mir heute noch leid“.44 An einem seiner Gymnasien – es ist nicht klar, um welches es sich handelte – gründete er die „STUVAG“, die so genannte „Stunden-Verzögerungs-AG“. Eine seiner Aktionen bestand darin, dem Deutschlehrer ein Referat einzureden, das Koenig hielt und dann die ganze Stunde dauerte, damit die Mitschüler inzwischen für die Mathematikschularbeit lernen konnten. Der zweite Verein war die „UFAG“, die „Unterschriften-Fälschungs-AG“, wo Koenig offe bar wiederum den Vorsitz hatte, denn er „beherrschte“ die Unterschriften aller Eltern der Klasse und natürlich auch die des eigenen Vaters. Die auf diese Weise gewonnene „Freizeit“ verbrachte Koenig im Tiergarten Schönbrunn, bis er schließlich seinen Eltern das „Schuleschwänzen“ gestand und an die „Graphische“ wechselte.45 40 41
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Haupt- und Klassenkatalog der zweiten Klasse, Schuljahr 1926/27, Klasse 2 A, Katalog-Nr. 22. Diese und auch spätere biographische Informationen stammen, sofern nicht anders angegeben, aus: Kurt Berger, Otto Koenig 70 Jahre – Beschreibung eines Lebensweges, in: Matreier Gespräche. Otto Koenig 70 Jahre. Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Verhaltensforschung, Wien und Heidelberg 1984,11–16. Kurt Mündl, Beim Menschen beginnen. Otto Koenig im Gespräch mit Kurt Mündl, Wien 1991,29; Berger, Otto Koenig 70 Jahre, 11. Lilli Koenig, Aus Otto Koenigs Schulheften, Skizzenbüchern und Schriften, in: Matreier Gespräche, 17–70, hier 19. Mündl, Beim Menschen beginnen, 40 und 42. Ebd., 42–44.
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An der „Graphischen“ lernte Koenig auch seine spätere Frau Lilli, geborene Frischauf (1918–1994)kennen, die ihn in den nächsten Jahrzehnten bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten tatkräftig unterstützte. Koenig war in der Jugendbewegung aktiv, zunächst bei den sozialistischen „Roten Falken“, dann bei den „Pfadfindern“ bis zu ihrem Verbot durch die Nationalsozialisten 1938.Schon während seiner fotographischen Ausbildung besuchte und erkundete Koenig den Neusiedlersee und lernte 1936Konrad Lorenz kennen, der sein Interesse für die Vergleichende Verhaltensforschung weckte. Die Studien am Neusiedlersee führten zur Publikation „Wunderland der wilden Vögel“ (1939),die insgesamt sehr positiv aufgenommen wurde. Das Urteil des deutschen Zoologen und Ornithologen Erwin Stresemann (1889–1972) kränkte jedoch Koenig zutiefst. Dieser hatte gemeint, das Buch enthalte „wunderschöne“ Bilder, werde jedoch „vom völlig banalen Begleittext abgewertet“. Später erkannte Koenig, dass es sich dabei um die „einzig brauchbare“ Kritik gehandelt hatte.46 Er begann als Autodidakt ernsthafte wissenschaftliche Studien, vor allem mit Hilfe von Konrad Lorenz. Für den Schutz des Neusiedlersees hat sich Koenig unermüdlich eingesetzt. Die Pläne, am See eine Biologische Forschungsstation zu errichten, wurden vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vereitelt (Jahre nach dem Krieg wurde eine Biologische Station in Neusiedl am See von Koenig mitbegründet). Im Jänner 1940 wurde Koenig zum Militärdienst nach Stammersdorf bei Wien einberufen und bei der Fliegerbildschule bei München, dann in Berlin bei der „Hauptbildstelle des Reichs-Luftfahrtministeriums“ eingesetzt.47 Die Nationalsozialisten erklärten im gleichen Jahr den Neusiedlersee zum Naturschutzgebiet. „Die frühe Vita von Otto Koenig zu verfolgen ist auch deshalb so angenehm, weil er so weit wie nur möglich vom Nationalsozialismus entfernt war“48, erklärte der Veterinärmediziner Gottfried Brem 2014in einem Vortrag. Koenig vermittelt in der Zeit des „Dritten Reiches“ den Eindruck eines Vorsichtigen, der offensichtlich der Sozialdemokratie nahestand, aber auf politische Äußerungen verzichtete und ganz in seiner Arbeit aufging. In den Gesprächen mit Kurt Mündl aus den frühen 1990er-Jahren fällt auf, dass Koenig seine Schilderung der Kriegszeit auf rein persönliche Erlebnisse beschränkt. Es gibt keine Bemerkungen oder Urteile über Hitler, das NS-Regime, die Kriegsverbrechen, die Deportationen oder die Kriegsereignisse, die über die eigene Person hinausgehen. Unmittelbar nach Kriegsende gründete das Ehepaar Koenig die „Biologische Station Wilhelminenberg“ in leerstehenden und heruntergekommenen Militärbaracken – mit privater Finanzierung und jungen Biologen als freiwilligen Helfern. „Lilli und ich hatten den
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Ebd., 82. Berger, Otto Koenig 70 Jahre, 12. Diese Publikation von Berger ist auch die Grundlage für die nun folgenden biographischen Informationen im Fließtext. Gottfried Brem, Feier anlässlich des 100. Geburtstages von Otto Koenig, Wilhelminenberg, 23.10.2014, Biologische Forschung am Wilhelminenberg durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften. https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/n ws_import/Festvortrag_OEAW_Gottfried_Brem.pdf, 21.02.2020.
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Krieg gewonnen“, meinte Koenig dazu später.49 Der Zoologe und damalige Mitarbeiter Eberhard Trumler (1923–1991) erinnert sich: „Das erste, was ich für die Verhaltensforschung in Österreich tun durfte, war das Geradeklopfen verrosteter Nägel.“50 Zu den frühen Mitarbeitern der Station gehörte auch Irenäus Eibl-Eibesfeldt (1928–2018), der als Begründer der Humanethologie gilt. Koenig schenkte der Volksbildung besondere Aufmerksamkeit. Er hielt Vorträge an Volkshochschulen und begann 1956mit der Sendung „Wunder der Tierwelt“ einem breiten Publikum die Artenvielfalt, das Leben der Tiere sowie den Naturund Umweltschutz zu vermitteln. Der Bart- und Khakiträger wurde in ganz Österreich und darüber hinaus bekannt, lief doch die Sendung – unter verschiedenen Titeln – bis zu Koenigs Tod 1992.In diesem Jahr war sie auch die Fernsehserie, die weltweit am längsten ausgestrahlt worden war. Im Studio improvisierte Koenig und brachte lebende Tiere mit. 1954–1959 und 1962–1967hat Otto Koenig an der Universität Wien Lehrveranstaltungen aus Psychologie, Völkerkunde, Volkskunde, Urgeschichte, Anthropologie, Soziologie und Biologie belegt, ohne jedoch ein abgeschlossenes Hochschulstudium und einen akademischen Titel anzustreben. Er war Autodidakt, stand aber in wissenschaftlichem Austausch mit hochrangigen Wissenschaftlern. Prägend wurden die Kontakte zum späteren Nobelpreisträger Konrad Lorenz, als dessen Schüler sich Koenig immer gesehen hat.51 Ein Urlaub des Ehepaares Koenig in Osttirol 1965führte zum Studium kultureller Wandlungen in Brauchtum und in einer Gesellschaft insgesamt, etwa bei Uniformen, Trachten und Maskenbräuchen. Aus dieser fachlichen Verquickung von Volkskunde und Verhaltensforschung entstand eine neue interdisziplinäre Forschungsrichtung, nämlich die „Kulturethologie“ als Teilgebiet der späteren Humanethologie. Otto Koenig prägte den Begriff in seinem Buch Kultur und Verhaltensforschung (1970). Mit Unterstützung durch die E-Wirtschaft (nämlich der Wasserkraft betreibenden oder an Wasserkraftwerken beteiligten Wirtschaft) hat Koenig 1982 alsTochterinstitut des Wilhelminenbergs das Institut für Angewandte Öko-Ethologie gegründet, mit dem Ziel, durch die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Naturschutz Stauseen zu revitalisieren („Lebensräume aus zweiter Hand“). Diesem Institut wurden in Folge mehrere in Niederösterreich verstreute Abteilungen angeschlossen und mit verschiedenen Firmen als Sponsoren wurden Schutzzonen eingerichtet und Naturschutzprojekte gefördert.52 Wissenschaftliche Leistungen
Einem breiten Fernsehpublikum ist Otto Koenig durch seine über 36 Jahre monatlich ausgestrahlte populäre Natursendung (zunächst unter dem Titel „Wunder der Tierwelt“, dann 49 50 51 52
Mündl, Beim Menschen beginnen, 104. Zum Folgenden siehe Berger, Otto Koenig 70 Jahre, 14–16. Leopold Lukschanderl, Otto Koenig. Der Tierprofessor vom Wilhelminenberg, Wien 2013, 63. Ebd. Vgl. Otto Koenig, Naturschutz an der Wende, Wien und München 1990, 195ff
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als „Rendezvous mit Tieren“ und schließlich als „Rendezvous mit Tier und Mensch“) bekannt geworden. In ihr berichtete er regelmäßig aus der Forschungsstation, die das Ehepaar Koenig nach dem Zweiten Weltkrieg am Wiener Wilhelminenberg aufgebaut hatte und die 1967durch die Akademie der Wissenschaften übernommen wurde (als Institut für Vergleichende Verhaltensforschung). Der professionellen Haltung zahlreicher Arten einheimischer und exotischer Tiere in den Baracken und Volieren der Station, mit bemerkenswerten Zuchterfolgen, ist es zu verdanken, dass einem Antrag aus der Station, Tierpfleger als eigenständigen, offi ell erlernbaren Beruf anzuerkennen, stattgegeben wurde. Außenstellen des Instituts befassten sich mit zahlreichen Naturschutzprojekten, z.B. der Wiederansiedelung des Bibers in den Donauauen und des Schutzes der Großtrappe, des größten flu fähigen Vogels der Welt, von dem kleine Populationen im Marchfeld und im Seewinkel leben. Forschungsschwerpunkt für Otto Koenig war die Vergleichende Verhaltensforschung, die die Verhaltensanpassungen der Tiere an den jeweiligen Lebensraum untersucht. In diesen Kontext hat Koenig auch den Menschen einbezogen und er begründete in den 1960er-Jahren die interdisziplinäre Forschungsrichtung Kulturethologie als Teilgebiet der Humanethologie. Er prägte den Begriff in seinem Buch Kultur und Verhaltensforschung (1970).Am Beispiel der Geschichte der Uniformen hat Koenig aufgezeigt, dass biologische und kulturelle Wandlungsvorgänge nach gleichen Prinzipen ablaufen – oder anders ausgedrückt: Auch kulturelle Entwicklungen haben biologische Grundlagen, da der Mensch aufgrund seiner stammesgeschichtlichen Herkunft aus dem Tierreich neben körperlichen Merkmalen auch angeborene Verhaltenselemente zeigt. In seinem Buch Urmotiv Auge (1975) hat Koenig die biologische und ‒ davon ableitbar – die kulturelle Bedeutung dieses Organs aufgezeigt: von seiner natürlichen Rolle als Signalgeber über die schmückende Hervorhebung in verschiedenen Kulturen und seiner Bedeutung in Brauchtum und Volksglauben bis zu stilisierten Darstellungen in der Ornamentik.53 Stets ein ernstes Anliegen für Otto Koenig war die Idee des Naturschutzes, er beteiligte sich z.B. an der Protestbewegung gegen die Errichtung von Atomkraftwerken in Österreich, gegen Stadtautobahnen in Wien und gegen den Bau einer Straßenbrücke über den Neusiedlersee. Eines seiner wichtigsten Ziele war die Unterschutzstellung des Neusiedlersees. Dass das Gebiet „Neusiedler See – Seewinkel“ 1993als erster Nationalpark Österreichs und als erster grenzüberschreitender Nationalpark Europas ausgewiesen wurde, hat Koenig nicht mehr erlebt. Umstritten war Koenigs Konzept von „Lebensräumen aus zweiter Hand“, mit dem er bauliche Eingriffe in der Natur mit nachfolgenden Revitalisierungsmaßnahmen guthieß. In seinem Buch Naturschutz an der Wende (1990) schreibt Koenig: „Wir brauchen einen zeitgemäßen, dynamischen Naturschutz, der nicht wie bisher nur kompromisslos gegen zivilisa53
Otto Koenig, Urmotiv Auge. Neuentdeckte Grundzüge menschlichen Verhaltens, München 1975.
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torische Eingriffe kämpft, sondern in seinem ureigensten Sinn korrigierend und verbessernd dort einwirkt, wo der technische Vormarsch unaufhaltsam ist.“54 Seine Zusammenarbeit mit der Wasserkraftwirtschaft wurde ihm vielfach angekreidet und es kam zum Zerwürfnis zwischen ihm und anderen Naturschützern. Würdigung
Otto Koenig verstarb am 5. Dezember 1992in Klosterneuburg. Er war ein Wissenschaftler, der erfolgreich Wissenschaft „unter das Volk“ brachte. In seinen Gesprächen mit Kurt Mündl meinte er: „Worauf es mir schon immer ankam, war eine Sprache, die nicht bloß wenigen Fachspezialisten, sondern gleichzeitig auch von weiten Bevölkerungskreisen verstanden wurde. Mein Ziel war immer interdisziplinäre Ausrichtung.“ Die Schwierigkeiten dieser „Popularisierung“ waren Koenig sehr bewusst. „Letztlich bedeutet es aber immer eine schwierige Gratwanderung, einerseits nicht ins Unwissenschaftliche abzugleiten und andererseits allgemeinverständlich zu bleiben“. Koenig ist das bestens gelungen.55 Er setzte sich schon sehr früh für den Natur- und Wildtierschutz ein und sprach sich für die Kontrolle von Bauvorhaben durch Ökologinnen und Ökologen aus. Bedeutende wissenschaftliche Beiträge leistete er auf dem Gebiet der Verhaltensforschung. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Othmar Breuss und Georg Cavallar
Literaturverzeichnis Isabella Ackerl, Die bedeutendsten Österreicher des 19. und 20. Jahrhunderts, Wiesbaden 2011. Werner Bartens, Dem Leben auf der Spur. Biografie einer Entdeckung, Stuttgart und München 2003. Kurt Berger, Otto Koenig 70 Jahre – Beschreibung eines Lebensweges, in: Matreier Gespräche. Otto Koenig 70 Jahre. Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Verhaltensforschung, Wien und Heidelberg 1984,11–16. Gottfried Brem, Feier anlässlich des 100. Geburtstages von Otto Koenig, Wilhelminenberg, 23.10.2014, Biologische Forschung am Wilhelminenberg durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften, https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/news_import/ Festvortrag_OEAW_Gottfried_Brem.pdf, 21.02.2020. Erwin Chargaff, Das Feuer des Heraklit. Skizzen aus einem Leben vor der Natur, Stuttgart 1979. Erwin Chargaff, https://de.wikipedia.org/wiki/Erwin_Chargaff#Auszeichnungen_und_ Mitgliedschaften, 08.03.2020. Lisa Kienzl, Der Untergang des Abendlandes, Göttingen 2014. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Gedenken und Mahnen in Wien 54 55
Koenig, Naturschutz an der Wende, 27. Mündl, Beim Menschen beginnen, 82–83.
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1934–1945. Gedenkstätten zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung. Eine Dokumentation, Wien 1998. Hauptkatalog des Bundes-Gynmasiums Wien IX, Schuljahr 1922/23, Klasse 8 A, Archiv Wasagymnasium. Haupt- und Klassenkatalog Bundesgymnasium Wien IX, Schuljahr 1925/26,Klasse 1 A, Nr. 28. Haupt- und Klassenkatalog der zweiten Klasse, Schuljahr 1926/27,Klasse 2 A, Katalog-Nr. 22. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX für das Schuljahr 1930/31, Wien 1931. Lilli Koenig, Aus Otto Koenigs Schulheften, Skizzenbüchern und Schriften, in: Matreier Gespräche, 17–70. Otto Koenig, Naturschutz an der Wende, Wien und München 1990. Otto Koenig, Urmotiv Auge. Neuentdeckte Grundzüge menschlichen Verhaltens, München 1975. Franz Kreuzer, Das Leben – ein Spiel. Das Jahrhundert der Molekularbiologie. Franz Kreuzer in Gespräch mit Erwin Chargaff, Günther Kreil, Manfred Eigen, Ruthold Winkler-Oswatitsch und Peter Schuster, Wien 1981. Ernst Layr, Karl Landsteiner – Entdecker der Blutgruppen – Maturant des Wasagymnasiums 1885 – 100. Geburtstag – 25. Todestag, in: Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX (Wasagymnasium) über das Schuljahr 1956/66,Wien 1966,90–91. Leopold Lukschanderl, Otto Koenig. Der Tierprofessor vom Wilhelminenberg, Wien 2013. Kurt Mündl, Beim Menschen beginnen. Otto Koenig im Gespräch mit Kurt Mündl, Wien 1991. D r. A l f r e d Na t h a n s k y , h t t p s : / / w w w. g e n i . c o m / p e o p l e / A l f r e d - Na t h a n s k y / 6000000015612254469 , 09.03.2020. Martina Pesditschek, Karl Landsteiner (1868–1943), in: Helmuth Grössing und Gerhard Heindl (Hg.), Heimat großer Söhne … Exemplarische Leistungen österreichischer Naturforscher, Techniker und Mediziner, Frankfurt/M. u.a. 1997,117–128. Peter Pulzer, Die Entstehung des politischen Antisemitismus in Deutschland und Österreich 1867 bis 1914, Göttingen 2004. Reifeprüfung Schuljahr 1922/23,Katalog-Nr. 4, in: Hauptprotokoll über die Reifeprüfungen 1922– 24, Archiv Wasagymnasium. Paul Speiser, Nobelpreisträger Karl Landsteiner, Entdecker der Blutgruppen, in: Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX (Wasagymnasium) über das Schuljahr 1961/62,Wien 1962,8–13. Paul Speiser und Ferdinand G. Smekal, Karl Landsteiner, Entdecker der Blutgruppen und Pionier der Immunologie. Biographie eines Nobelpreisträgers aus der Wiener Medizinischen Schule, Wien 1975. Protokoll Maturitätsprüfung 1885, in: Reifeprüfung 1876–1900,Archiv Wasagymnasium. P.F.W. Strenger et al., Blut: von der Magie zur Wissenschaft, Heidelberg/Berlin/Oxford 1996.
Abbildungsnachweis Abb. 1 Karl Landsteiner am „Rockefeller Institute“, New York, etwa 1930(Archiv der Universität Wien)
Ari Rath, ein großer Wasagassler
„Ein halbwegs normales Leben“1
Obwohl Ari Rath selbst sein Leben trotz der Verfolgung als Jugendlicher und mehrerer dramatischer Wendungen als halbwegs normal bezeichnet, hat Ari Rath ein intensives und spannendes Leben gelebt, das er selbst gestaltet und immer wieder in neue Richtungen gelenkt hat. Eine Konstante in seinem Leben über mehr als 80 Jahre war seine Verbundenheit und Auseinandersetzung mit dem Wasagymnasium. Ari Rath wurde 1925als Arnold Rath in eine bürgerlich-jüdische Familie in Wien geboren. Als Ari erst vier Jahre alt war, nahm sich seine Mutter das Leben, und in seiner Autobiographie erwähnt Ari Rath seine Klassenlehrerin in der Volksschule Grünentorgasse, Marie Blesson, als wichtige Bezugsperson.2 Von 1934bis zu seiner Vertreibung aus Wien 1938 besuchte Ari Rath die humanistische Unterstufe am Wasagymnasium. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland 1938 endete für den uJ ngen seine behütete Kindheit in Wien. Sein Vater wurde verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Ari Rath musste das Wasagymnasium verlassen und mit einem leidenschaftlichen Aufsatz über die Vorzüge des Zionismus sicherte sich Ari im Herbst 1938mit 13Jahren die Überfahrt von Triest nach Palästina. Trotz der Übergriffe und Willkür seiner Familie gegenüber bedauert Ari Rath in einem Interview zwar das abrupte Ende seiner Kindheit, sieht aber (ganz typisch für Ari) auch einen Vorteil im erzwungenen Abschied von Wien, da sich dadurch sein Erwachsenenleben verlängert hat.3 In Palästina schloss sich Ari Rath der Kibbuz-Bewegung an und konnte 1948 im Rahmen einer Amerikareise nach 10 Jahren in New York seinen Vater und Bruder wieder treffen. n den nächsten Jahren war Ari Rath weiter als Kibbuzin aktiv und knüpfte als Vertreter der Bewegung viele wichtige politische Kontakte, unter anderem mit Teddy Kolleg, dem späte1
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Ari Rath, Gedächtnis und Vermächtnis, in: Renate Mercsanits (Hg.), „umgeschult“ von der Ausgrenzung und Vertreibung der jüdischen Schüler, Schülerinnen und Lehrer am Wasagymnasium 1938, Wien 2007, 27f. Ari Rath, Ari heißt Löwe Erinnerungen, Wien 2012, 19. Marie-The es Egyed, Schulgespräche, Ari Rath: „Über Nacht waren wir vogelfrei“, in: Der Standard, Wien 17.09.2012.
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Ari Rath, ein großer Wasagassler
ren Bürgermeister von Jerusalem, oder Olaf Palme, dem späteren Ministerpräsidenten von Schweden. Nach seinem Studium der Zeitgeschichte und Volkswirtschaft arbeitete Ari Rath ab 1957für die überregional bedeutende Tageszeitung Jerusalem Post. Als junger, engagierter Journalist mit guten Verbindungen, gelang es ihm, sensationelle Nachrichten zu platzieren. Er konnte beispielsweise als einziger israelischer Journalist direkt von einem Hintergrundgespräch zwischen dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem israelischen Premierminister Ben Gurion berichten und er war als einer von wenigen Journalisten beim Militärputsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende in Santiago de Chile direkt vor Ort. Seine journalistischen Erfolge führten zu seiner Bestellung zum Chefredakteur der Jerusalem Post von 1975bis 1989.In dieser Zeit baute Ari Rath die Jerusalem Post zu einer weltweit renommierten liberalen Tageszeitung auf. Gleichzeitig intensivierte Ari Rath sein Engagement für einen friedlichen Ausgleich zwischen Israelis und den Palästinensern und nützte seine politischen Kontakte, konkrete Friedensprojekte zu entwickeln und zu unterstützen. Nach seinem Abschied von der Jerusalem Post arbeitete Ari Rath als freier Journalist, setzte seine Friedensaktivitäten fort und machte sich um den Dialog zwischen Israel und Österreich verdient. Anlässlich seines 85. Geburtstags wurde Ari Rath in einer Presseaussendung der Stadt Wien als einer der „großen Männer der Publizistik wie auch der Nahost-Politik“ bezeichnet.4 Ari Rath wurde für sein Lebenswerk mit vielen wichtigen Auszeichnungen, unter anderem „Das große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“, geehrt. Ari Rath starb 2017in seiner Heimatstadt Wien und wurde auf seinen Wunsch in der Nähe seines Bruders auf dem Friedhof des Kibbuzes Givat Hashlosha in seiner zweiten Heimat Israel begraben.
Ari Rath und sein Wasagymnasium
In einem Interview zu seinen Schulerfahrungen antwortet Ari Rath spontan, dass er sehr gerne in die Schule gegangen sei und ergänzt stolz „Ich war ein Wasagassler“5. Ari Rath widmet auch mehrere Seiten seiner Autobiographie dem Wasagymnasium und erzählt von Lehrern, die ihn positiv geprägt und beeindruckt haben. Er berichtet aber auch von Lehrern, die Nazis waren und ihn schikaniert haben, weil er ein jüdischer Bub war.6 Ari Rath war kein bequemer Wasagassler. Bereits als 12-jähriger Schüler konfrontierte 4
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Hans Christian Heintschel, „Toleranz mit Wiener Wurzeln“: Ari Rath feiert 85. Geburtstag, in: OTS, Presseaussendung, Wien 2010, https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20100104_OTS0015/toleranz-mit-wiener-wurzeln-ari-rath-feiert-85-geburtstag, 30.10.2020. Egyed, 2012. Rath, 2012, 23–34.
Ari Rath, ein großer Wasagassler
Ari nach einer Berlinreise seinen Turnlehrer, Franz Stefan, von dem er wusste, dass er ein illegaler Nationalsozialist war, mit Fotos von verhetzenden Propagandaplakaten gegen Juden. 50 Jahre später hat Ari Rath seinen ehemaligen Turnlehrer noch einmal aufgesucht und ihn mit seiner nationalsozialistischen Einstellung konfrontiert. Franz Stefan verharmloste seine NS-Einstellung und antwortete: „Ich habe nie etwas unterschrieben, man könnte sagen, ich bin nur mündlich beigetreten.“7 Ari Rath stellte sich 1988 auch einer Diskussion mit dem damaligen Direktor des Wasagymnasiums, Herrn Hofrat Hans-Peter Gump, dem er beweisen konnte, dass er aufgrund eines Erlasses von Unterrichtsminister Schuschnigg bereits ab 1934 eine er ine Judenklasse am Wasagymnasium besucht hatte. Ari Rath hat mit seinen Nachfragen und Zeitungsartikeln die praktische österreichische Nachkriegslüge, den NSOpfermythos, auf schulischer und nationaler Ebene aufgezeigt und hinterfragt. Für viele Schüler*innen des Wasagymnasiums, aber auch für viele Schüler*innen anderer Schulen, war Ari Rath über Jahrzehnte ein wichtiger Zeitzeuge, der authentisch und spannend von seinem Schulalltag in den 1930er-Jahren und von den dramatischen Veränderungen durch den „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland berichten konnte. Ich habe mehrere seiner Auftritte als Zeitzeuge persönlich miterlebt und war jedes Mal beindruckt, wie Ari es verstanden hat, die Schüler*innen durch seine Erzählungen zu fesseln. Ari hat es bei seinen Zeitzeugengesprächen geschafft, den Jungen von damals auferstehen zu lassen und den Schüler*innen einen Eindruck von den schrecklichen Ereignissen rund um den „Anschluss“ zu vermitteln. Wenn Ari von seinem von einem Hitlerjungen gestohlenen Fahrrad erzählt hat, das er sich nicht zurückholen durfte, und von seinen Ängsten, als sein Vater willkürlich verhaftet wurde, herrschte absolute Stille in den Klassen. Ein paar Minuten später haben die Schüler*innen geschmunzelt, wenn Ari von seinen schulischen Streichen erzählt und stolz berichtet hat, dass er nachsitzen musste, weil er ein paar Stunden Schule geschwänzt hatte, um Propagandamaterial gegen den „Anschluss“ zu verteilen. Eine ganz besonders wichtige Rolle hat Ari Rath 68 Jahre nach seinem erzwungenen Abschied vom Wasagymnasium 2006 im Rahmen der Gedenkveranstaltung und Enthüllung einer Gedenktafel für die vertriebenen jüdischen Schüler*innen und Lehrer übernommen. Ari Rath wurde nicht nur selbst geehrt, sondern hat andere vertriebene ehemalige Schüler*innen motiviert, an der Veranstaltung teilzunehmen und hat mit seiner Festrede und seinem offenen, verbindenden Umgang mit Menschen maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die inzwischen älteren ehemaligen Schüler*innen wohlgefühlt haben und die Veranstaltung würdig und erfolgreich verlaufen ist.
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Egyed, 2012.
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Ari Rath, ein großer Wasagassler
Ari Rath – ein verbindender und faszinierender Freund
Bis zu den Vorarbeiten zur Gedenkveranstaltung 2006 hatte ich Ari Rath nur aus diversen Fernsehinterviews und von einigen Erzählungen gekannt. Im Vorfeld der Gedenkveranstaltung hatten wir mehrere Zeitzeugengespräche mit ihm in Klassen geplant, und ich erwartete mir einen alten Herrn, der den Schüler*innen einen interessanten Einblick in die Zeit rund um den „Anschluss“ bieten würde. Ich erwartete mir einen weiteren interessanten Zeitzeugen, wie ich sie schon öfter erlebt hatte. Allerdings, Ari war anders. Er schaffte es in wenigen Augenblicken Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen aufzubauen, beantwortete schlagfertig Fragen und verband gekonnt persönliche Geschichten mit großer Geschichte. Nahtlos konnte er auch – vor allem mit den Oberstufenschüler*innen – über den Nahostkonflikt diskutieren, von seinen Erfahrungen als Freiwilliger im 6-Tage-Krieg berichten oder als politischer Bildner von seinen Begegnungen mit wichtigen nationalen und internationalen Politiker*innen erzählen. Auch nach dem Ende der engen Zusammenarbeit rund um die Gedenkveranstaltung trafen wir uns regelmäßig. Ari Rath blieb auch im fortgeschrittenen Alter ein Reisender zwischen mehreren Welten. Er hatte Wohnsitze in Israel und Österreich und trat bei Veranstaltungen auf der ganzen Welt als geschätzter Redner auf. Ein Treffen längerfristig zu vereinbaren, war nicht möglich, aber immer wieder kam ein Anruf: „Ich bin gerade in Wien, wann hast du Zeit für ein Treffen?“ Die Treffen waren für mich spannend, unterhaltsam und lehrreich zugleich. Ein berührender Moment war für mich die Überreichung eines symbolischen Abschlusszeugnisses an Ari durch den damaligen Direktor des Wasagymnasiums, Herrn Dr. Michael Sörös, im Jahr 2008. Obwohl Ari durch seine Vertreibung 1938 ein Abschluss am Wasagymnasium verwehrt blieb, hat sich der Kreis 70 Jahre später zumindest symbolisch geschlossen und Ari Rath hat als großer Wasagassler doch noch seinen Abschluss erreicht. Bernd Vogel
Abb. 1. Ari Rath und Bernd Vogel
Ari Rath, ein großer Wasagassler
Literaturverzeichnis Marie-The es Egyed, Schulgespräche, Ari Rath: „Über Nacht waren wir vogelfrei“, in: Der Standard, Wien 17.09.2012. Hans Christian Heintschel, „Toleranz mit Wiener Wurzeln“: Ari Rath feiert 85. Geburtstag, in: OTS, Presseaussendung, Wien 2010,https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20100104_OTS0015/ toleranz-mit-wiener-wurzeln-ari-rath-feiert-85-geburtstag, 30.10.2020. Ari Rath, Ari heißt Löwe. Erinnerungen, Wien 2012. Ari Rath, Gedächtnis und Vermächtnis, in: Renate Mercsanits (Hg.), „umgeschult“ von der Ausgrenzung und Vertreibung der jüdischen Schüler, Schülerinnen und Lehrer am Wasagymnasium 1938,Wien 2007.
Abbildungnachweis Abb. 1 Ari Rath und Bernd Vogel (BG9)
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Erich Fried „Zeuge in Übergangszeiten“1 Aber einige meinen wie du man muß sprechen wenn Übergang der Übergang zu etwas Besserem sein soll.2
Diese Zeilen, verfasst von Erich Fried, charakterisieren sein Tun, seinen Antrieb und sein nicht enden wollendes leidenschaftliches Einsetzen für die Schwachen und gegen die herrschende Ungerechtigkeit. Dieses unermüdliche gelebte Engagement, sozialpolitisch, aber auch vor allem literarisch, ist ganz bezeichnend für diesen großen Lyriker und Übersetzer, der fast seine gesamte Gymnasialzeit im BG IX Schüler war. Leider war es ihm nicht vergönnt, die Schule mit der Matura abschließen zu dürfen. Als ich vor über zwanzig Jahren vor der Reifeprüfungskommission in einem kleinen Oberstufenrealgymnasium im Mühlviertel meine Fachbereichsarbeit mit dem Titel „‘Es ist was es ist‘ – Liebeslyrik von Erich Fried im Spannungsfeld hoher Erwartung und tiefer Enttäuschung“3 präsentiert habe, war es natürlich nicht abzusehen, dass ich einige Jahre später an der Schule, über die ich bei meinen damaligen Recherchen immer wieder gestolpert war, mit meinen Schüler*innen eben diese und andere seiner Gedichte lesen, analysieren und interpretieren würde. Der Kreis hat sich somit für mich geschlossen und es ist mir wirklich ein großes Anliegen und Bedürfnis, Erich Fried hier den Raum zu geben, der ihm zweifelsohne viel zu lange verwehrt blieb.
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Erich Fried, Zeuge in Übergangszeiten – für Stephan Hermlin, in: Erich Fried, Unverwundetes. Liebe, Trauer, Widersprüche. Gedichte, Berlin 1992, 49. Ebd. Katharina Poimer, „Es ist was es ist“ – Liebeslyrik von Erich Fried im Spannungsfeld hoher Erwartung und tiefer Enttäuschung. Fachbereichsarbeit. BORG Bad Leonfelden 1998.
Erich Fried
Die Anfänge in Wien-Alsergrund
Erich Fried, geboren am 6. Mai 1921,wuchs als Einzelkind im IX. Bezirk in Wien, in der Alserbachstraße 2 in der Wohnung seiner Großmutter mütterlicherseits auf. In seinen schriftlich festgehaltenen Erinnerungen berichtet er von der eben genannten Großmutter Malvine Stein in liebevollen, sehr lebendigen Worten. Sie scheint der prägendste Mensch in seiner Kindheit gewesen zu sein.4 Ein Beispiel für ihr Temperament ist die augenzwinkernde Erwähnung ihrer Lust und Kunstfertigkeit zu schimpfen: […] sogar ich finde es einen Augenblick lang heute noch komisch, wenn mir ihre vielsilbig zusammengesetzten Schimpfwörter unversehens wieder einfallen, die sich an Länge sogar mit dem bei uns in Österreich berühmten Wort Donaudampfschiffah tsgesellschaftskapitän messen konnten.5
Er scheint sich dessen bereits bewusst zu sein, dass er es besser als die sogenannten Gassenjungen hat. In Wien lebte in den 1920er-Jahren ein Großteil der Bevölkerung als eine Folge der Wirtschaftskrise in großer Armut. Es gab zu dieser Zeit viele Bettler, Kriegsversehrte, Straßenmusikanten und Arbeitslose. Schon damals war es dem jungen Erich Fried sehr wichtig, Bettlern, wenn immer möglich, Geld zu geben. Einer netten Anekdote nach konnte er nach einer listigen Wette mit einem Mitschüler, der besonders wohlhabende Eltern hatte, einem Bettler sogar stolz einen Zehnschillingschein, was damals eine stattliche Summe war, überreichen.6 Fried wuchs also sehr behütet und als „besseres Kind“7 zwischen vielen Büchern unter den achtsamen Blicken der Großmutter und seines geliebten Kindermädchens Josefin Freisler, genannt Fini, auf.8 Da er körperlich eher ungeschickt und unsportlich war, was ihm sein Vater selbstmitleidig ankreidete, verbrachte er schon recht bald viel Zeit in der väterlichen Bibliothek und brachte sich bereits mit vier Jahren selbst das Lesen bei. Die physische Ungeschicklichkeit wurde auch später am BG IX von diversen Turnlehrern vernichtend beurteilt. Obgleich hier schon angemerkt werden muss, dass es sehr auffällig ist, dass bei der Durchsicht der Klassenkataloge des BG IX, bei den Schulnachrichten und Jahresabschlusszeugnissen von einigen später als glühende Nationalsozialisten bekannten Turnlehrern vor allem den jüdischen Schülern die Note „Genügend“ zu Teil wurde.9 Bemerkenswert ist überdies, dass bei Hugo Fried, Erich Frieds Vater, in der Spalte „Stand“ der Beruf Schrift4 5 6 7 8 9
Vgl. o.V.: Erich Fried. https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Erich_Fried, 21.07.2020. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen, Berlin 2010, 7f. Vgl. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen, 37ff Ebd., 23. Ebd., 162. Vgl. Jahresberichte des BG IX (1930–1937).
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Erich Fried
steller und nicht Spediteur eingetragen ist. Die Liebe zur Literatur hatte Erich Fried zweifelsohne vom belesenen Vater. Dieser war aber als Schriftsteller, der sich in allen literarischen Gattungen versuchte, mäßig erfolgreich.10
Das mutige Wunderkind
Erich Fried war erfinderisch. Er konnte bei den körperbetonten Spielen nicht mit den Gleichaltrigen mithalten. So erzählte er im Liechtensteinpark, der sich gleich neben seinem Wohnhaus befand, Geschichten. Er inszenierte mit anderen Kindern aus dem Park von ihm selbst erdachte Komödien und Tragödien. Ein Regisseur wurde auf ihn aufmerksam und Fried wurde zum bejubelten Kinderstar.11 Selbst im Alter von sieben Jahren engagierte Fried sich schon gegen soziales Unrecht. Unglaublich mutig verweigerte er in seinem ersten Schuljahr ein Gedicht vor versammelter Menge aufzusagen. Der Grund dafür war der damalige Polizeipräsident Johannes Schober12. Fried stellte sich vor das Auditorium und verkündete Folgendes: Meine Damen und Herren! Ich kann leider mein Weihnachtsgedicht nicht aufsagen. Ich habe gerade gehört, Herr Polizeipräsident Schober ist unter den Festgästen. Ich war am Blutigen Freitag13 in der Inneren Stadt und habe die Bahren von Toten und Verwundeten gesehen, und ich kann vor Herrn Doktor Schober kein Gedicht aufsagen.14
Diese Begebenheit zeigt sehr eindrücklich, wie wichtig Fried schon in jungen Jahren das Aufzeigen von und Auflehnen gegen Ungerechtigkeit war. Dieses Angehen gegen Ungerechtigkeit, das bei Erich Fried schon so früh seinen Ursprung hatte, ist auch in dem Gedicht „Dann wieder“ klar zu erkennen. Es geht darum, sich nicht bei Unrecht auf die anderen zu verlassen, sondern selbst aktiv zu werden.
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Vgl. Astrid Krone, Die Krypto-Teilnachlässe von Hugo und Nellie Fried, https://onb.ac.at/sichtungen/ berichte/krone-a-1a.html, 04.01.2021. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen, 29ff Vgl., o.V.: Johannes Schober, https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01754/index.shtml, 12.09.2020. Anm.: Der sogenannte Blutige Freitag bezeichnet folgendes Ereignis der Zwischenkriegszeit: Der Freispruch der faschistischen Mörder von Schattendorf hat am 15.Juli 1927spontane Massenproteste der Arbeiterschaft ausgelöst, die blutig unterdrückt wurden. Dabei wurden ein Polizist und 86 Arbeiter ermordet. Gernot Trausmuth, Der blutige Freitag, https://www.unsere-zeitung.at/2017/07/15/ der-blutige-freitag, 12.09.2020. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen, 35.
Erich Fried
Dann wieder Was keiner geglaubt haben wird was keiner gewusst haben konnte was keiner geahnt haben durfte das wird dann wieder das gewesen sein was keiner gewollt haben wollte15
Die Gymnasialzeit am BG IX Wasagasse
Im Herbst 1931wird Erich Fried im Gymnasium Wasagasse eingeschult.Sehr interessant sind die Klassenkataloge, die Aufschluss über Klassenkameraden, Lehrer und die Beurteilung (Halbjahres- und Jahreszeugnis) geben. In seinen Memoiren beschreibt er das BG IX so: Ein humanistisches Gymnasium, auf den breiten, hallenden Korridoren, oder unten im Vestibül, beim kleinen Laden mit den belegten Brötchen, mit denen sich der Schulwart, nach alter Lateinschulart immer noch „Pedell” genannt, etwas dazuverdient. […] Es war ein warmer Tag, kurz vor Anfang der Sommerferien. Ich hatte kalten Miag-Kakao getrunken. genüsslich [sic!] durch einen Strohhalm, und stand ein wenig müde und träge da.16
Die Klassenräume waren gut gefüllt, mit Buben aus Elternhäusern mit verschiedenem ideologischem Hintergrund. Das BG IX war über Jahrzehnte eine der Schulen für die Söhne des jüdischen Bürgertums. Um 1900 waren 70 % der Schüler jüdisch. Im Jahr 1938waren es immerhin noch 50 %. Nach dem Einzug Hitlers in Österreich richtete die Gauleitung von Niederdonau ihr Büro in den Schulräumlichkeiten der Wasagasse 10 ein. Der jüdische Teil der Schüler kam in eine „Judensammelschule“ in die Kalvarienberggasse im 17. Bezirk, der „arische Rest“ wurde im aufgelassenen Schulstandort Schottengymnasium untergebracht.17
15 16 17
Erich Fried, Zitate von Erich Fried, https://www.zitate.eu/autor/erich-fried-zitate?page=2, 10.06.2021. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen, 46. Vgl. Erinnern, http://www.erinnern.at/bundeslaender/wien/schulprojekte/gedenktafel-wasagasse, 03.01.2021.
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Fried erinnert sich an zwei verschiedene Begebenheiten, die diese anfängliche Diversität18 schön illustrieren. Zu unserem Alltag […] gehörte das Zusammenleben von Schülern, die in der illegalen Hitlerjugend waren, mit jüdischen und antifaschistischen Mitschülern. […] Jeder in unserer Schulklasse kannte die politische Zugehörigkeit jedes anderen. Auf dem Schulweg und in den großen Pausen wurde viel diskutiert, gestritten, manchmal auch geschlagen; aber daß [sic!] einer einen politischen Gegner verraten hätte, kam nicht vor. Auch durch Einsagen und Zuschieben von Zetteln half man sich gegenseitig ohne Unterschied der Konfession oder Partei.19
So unterstützten sich Erich Fried und sein Mitschüler Herbert Papanek, der ein glühendes Mitglied der in Österreich noch illegalen Hitlerjugend war, gegenseitig. Papanek erledigte Frieds Mathematikaufgaben und Fried schrieb Liebesbriefe für die jüdische Freundin seines Kommilitonen. In weiterer Folge organisierten und sammelten die Mitschüler sogar für die Flucht von Herbert Papanek und seiner großen Liebe, die im Exil dann ein gemeinsames Leben führen konnten.20 Ein anderes Mal wurde er mit folgenden Worten von einem nationalsozialistischen Klassenkameraden gegenüber einem anderen Mitglied der Hitlerjugend verteidigt: “Mir wirst du nicht erzählen, wem ich trau oder nicht, wenn ich einen schon seit sechs Jahren kenn‘!”21 Fried war viele Jahre ein sehr engagierter Klassensprecher und übte diese Tätigkeit auch dann noch inoffiziel aus, nachdem die klerikal-faschistische Regierung Österreichs diese Funktion in der Schulordnung gestrichen hatte. So setzte er sich beispielsweise für einen Schulkollegen offen ein, der on einem Professor mit antisemitischen Anfeindungen konfrontiert wurde.22 Diese Episoden, basierend auf Frieds Erinnerungen an seine Schulzeit im BG IX, veranschaulichen das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitschüler in dieser schwierigen Zeit.
Das Exil
Nachdem Hugo Fried von der NSDAP kurz nach Hitlers Machtübernahme Österreichs im Jahre 1938verhört und gefoltert wurde, verstarb er zwei Tage nach seiner Heimkehr an den Folgen dieser Misshandlungen.23 18 19 20 21 22 23
Anm.: Der Begriff der Diversität ist natürlich relativiert in einer Zeit, in der wenige Mädchen und de facto keine Kinder ärmerer Schichten ein Gymnasium besuchen konnten. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen, 57. Vgl. ebd., 56ff Ebd., 49. Vgl. ebd., 62f. Vgl. o.V.: Der Dichter Erich Fried, https://gedichte.xbib.de/biographie_fried,+erich.htm, 03.01.2021.
Erich Fried
Schnell musste der junge Erich die Flucht organisieren, was mit Hilfe von Kontakten der Mutter auch gelang. Die Schule konnte er kurz vor der Matura nicht mehr abschließen. In einem Brief an Stefan Zweig, der auch ein Schüler an der Wasagasse gewesen war, schrieb er am 19.10.1939aus seinem Londoner Exil. Verehrter Herr Stefan Zweig, […] Ich bin aus Wien, habe das Wasa-Gymnasium besucht, aus dessen siebten Klasse ich austrat, als die Anstalt aufgelöst wurde. – Meine Eltern wurden verhaftet, mein Vater einen Monat darauf in unbeschreiblichem Zustand nach Hause gebracht und starb am selben Tag. – Meine Mutter blieb über ein Jahr in Haft. Als ich ihr von Wien aus nicht mehr helfen konnte, auch seit Tagen gehungert hatte, machte ich mich von meinem englischen Visum Gebrauch und verließ Wien am 4. August 1938.24
Weiters berichtet er in diesem Brief an Zweig von seiner als Schüler gegründeten Widerstandsgruppe und seinen Bestrebungen, möglichst vielen Menschen von England aus helfen zu können. Im August 1938war ich als bettelarmer Flüchtling nach England gekommen. Ich hatte keine Arbeitsbewilligung und die Unterstützung durch das Flüchtlingskomitee war zum Sterben zuviel und zum Leben zuwenig. Ich wußte, daß es durch Hitler zum Krieg kommen werde und daß dann alle den Nazibehörden bekannten aktiven Antifaschisten und alle Juden auf die eine oder andere Art umgebracht werden würden. […] Also bemühte ich mich, obwohl ich von Gaskammern natürlich noch nichts ahnte, für möglichst viele Menschen Visa nach England zu beschaffen, mit denen sie der Machtsphäre Hitlers entfliehen konnten.25
Da Fried, wie eben erwähnt, mittellos war, musste er bei der Wahl der Methoden erfind risch sein. So ließ er beispielsweise mittelose Familien Dokumente als zukünftige Dienstnehmer unterschreiben, um Flüchtenden eine finanzielle Absicherung zu bescheinigen. Überdies brach er in leerstehende Häuser ein, um Bleirohre zu stehlen, um sie für seine Rettungsprojekte zu Geld zu machen. Mit dem „erwirtschafteten“ Geld konnten in etwa zwanzig Menschen durch das Exil gerettet werden.26 Besonders berührend ist die Rettung seines ehemaligen Deutschprofessors Dr. Otto Spranger (der Sozialdemokrat und mit einer Jüdin verheiratet war), der mit Frieds Hilfe vor den Fängen Hitlers flüchten konnte.27 24 25 26 27
Erich Fried, Brief an Stefan Zweig, in: Erich Fried, Alles Liebe und Schöne, Freiheit und Glück. Briefe von und an Erich Fried, Hrsg. v. Volker Kaukoreit, Berlin 2009, 9f. Erich Fried, Mitunter auch Lachen. Erinnerungen, 92. Vgl. ebd., 92ff Renate Mercsanits, Schule als Erinnerungsort – Vertreibungsschicksale und der Umgang mit Erinnerung an die Vertreibungen jüdischer Lehrer und Schüler 1938 an Wiener Gymnasien, 206ff
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Obwohl sich Erich Fried immer wieder literarisch und politisch im deutschsprachigen Raum engagierte, beispielsweise als Mitglied der „Gruppe 47“28, kehrte er nur als Besucher aus seinem neuen Heimatland England auf den Kontinent zurück. 1949 wurde ihm die britische Staatsbürgerschaft verliehen. In der BRD erlangte er mit seinem politischen Gedichtband „und Vietnam und“29 größere öffentliche ufmerksamAbb. 1: Erich Fried im Jahr 1986 keit. In Österreich dauerte es bis zum Jahre 1981,in welchem sein Werk wohlwollend beim Österreichischen Schriftstellerkongress rezipiert wurde. Erst im Jahr darauf bekam er die österreichische Staatsbürgerschaft zurück.30 In England war er als Mitarbeiter bei der BBC, als herausragender Dylan-Thoma - und Shakespeare-Übersetzer ins Deutsche und als Hörspielautor und Verfasser von Liebesgedichten und politischer Lyrik bekannt. Fried war dreimal verheiratet und hatte aus den ersten beiden Ehen drei Kinder. Im Alter von 67 Jahren erlag er am 22. November 1988 einem Krebsleiden. Seine letzte Ruhe fand er in London, in Kensal Green. Zu guter Letzt Als Kind wusste ich: jeder Schmetterling den ich rette jede Schnecke und jede Spinne und jede Mücke jeder Ohrwurm und jeder Regenwurm wird kommen und weinen wenn ich begraben werde
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Anmerkung: Die „Gruppe 47“ ist eine 1947 von linksgesinnten Literaten gegründete Schriftsteller*innenvereinigung. Erich Fried, und Vietnam und, Berlin 2018. Vgl. o.V., Ein großer Lyriker, https://oe1.orf.at/artikel/275960/Ein-grosser-Lyriker, 03.01.2021.
Erich Fried
Einmal von mir gerettet muß keines mehr sterben alle werden sie kommen zu meinem Begräbnis Als ich dann groß wurde erkannte ich: das ist Unsinn keines wird kommen ich überlebe sie alle Jetzt im Alter frage ich: Wenn ich sie aber rette bis ganz zuletzt kommen doch vielleicht zwei oder drei?31
Das Gedenken
Verbrieft ist, dass Erich Fried die Direktion des BG IX am 8. Juli 1982unter Direktor Hans Peter Gump aufgesucht hat. Weiters ist über diesen Besuch, der im Katalog unter Frieds Zeugnissen vermerkt ist, nichts anderes offiziel überliefert, als dass Fried sich eine Schulbesuchsbestätigung ausstellen lassen hat.32 Erst viele Jahre nach seinem Tod wurde Erich Fried an seiner alten Schule, dem BG IX, die Würdigung zuteil, die ihm gebührt. Dies geschah – anlässlich seines 20. Todestages – 2008 im Rahmen eines sehr engagierten Projekts, unter der Leitung von Dr. Renate Mercsanits, das sich mit der „Spurensuche“ nach denjenigen jüdischen Schülern und Lehrern befasste, die das Naziregime mit allen Mitteln auszulöschen versuchte. Als Ausdruck und Höhepunkt dieses Projekts wurde nun eine Gedenktafel zur Erinnerung an die im Jahre 1938 unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vertriebenen, verfolgten und ermordeten Schüler und Lehrer in der Schule enthüllt. An dem Festakt nahmen neben zahlreicher Prominenz aus der Politik und dem Schulwesen auch zahlreiche ehemalige jüdische SchülerInnen teil – so hielt der ehemalige Wasagassen-Schüler und spätere Chefredakteur der Jerusalem Post, Ari Rath, einen bewegenden Festvortrag.33 31 32 33
Erich Fried, Zu guter Letzt, https://www.deutschelyrik.de/zu-guter-letzt-1983.html, 02.01.2021. Vgl. Erich Fried, Schülerstammdatenblatt, in: Haupt- und Klassenkatalog des BG IX 1937/38. o.V.: Brandsteidl bei Gedenktafel-Enthüllung in der AHS Wasagasse, https://www.wien.gv.at/ presse/2006/03/22/brandsteidl-bei-gedenktafel-enthuellung-in-der-ahs-wasagasse, 02.01.2021.
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Erich Fried
Endlich wurde auch eine Gedenktafel, die an Erich Fried als einen der großen Söhne der Wasagasse, als Kämpfer für die und Retter der Verfolgten, erinnern soll, am Eingang der Schule angebracht. Katharina Poimer-Stadler
Literaturverzeichnis Erich Fried, Unverwundetes. Liebe, Trauer, Widersprüche. Gedichte, Berlin 1992. Erich Fried, und Vietnam und, Berlin 2018. Erich Fried, Anfragen und Nachreden. Politische Texte, Berlin 1994. Erich Fried, Alles Liebe und Schöne, Freiheit und Glück. Briefe von und an Erich Fried. Hrsg. v. Volker Kaukoreit, Berlin 2009. Erich Fried, Mitunter sogar Lachen. Erinnerungen, Berlin 2010. Erich Fried, So kam ich unter die Deutschen, Berlin 1990. Renate Mercsanits, Schule als Erinnerungsort – Vertreibungsschicksale und der Umgang mit Erinnerung an die Vertreibungen jüdischer Lehrer und Schüler 1938 an Wiener Gymnasien. Dissertation. Universität Wien 2017. Katharina Poimer, „Es ist was es ist“ – Liebeslyrik von Erich Fried im Spannungsfeld hoher Erwartung und tiefer Enttäuschung. Fachbereichsarbeit. BORG Bad Leonfelden 1998. Erich Fried, Zitate von Erich Fried, https://www.zitate.eu/autor/erich-fried-zitate? page=2, 10.06.2021. Erich Fried, Zu guter Letzt, https://www.deutschelyrik.de/zu-guter-letzt-1983.html, 02.01.2021. Haupt- und Klassenkatalog des BG IX 1937/38. Astrid Krone: Die Krypto-Teilnachlässe von Hugo und Nellie Fried, https://onb.ac.at/sichtungen/berichte/krone-a-1a.html, 04.01.2021. Gernot Trausmuth, Der blutige Freitag, https://www.unsere-zeitung.at/2017/07/15/der -blutige-freitag, 12.09.2020. Der Dichter Erich Fried, https://gedichte.xbib.de/biographie_fried,+erich.htm, 03.01.2021. Erinnern, www.erinnern.at/bundeslaender/wien/schulprojekte/gedenktafel-wasagasse, 03.01.2020. Erich Fried, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Erich_Fried, 21.07.2020. Ein großer Lyriker, https://oe1.orf.at/artikel/275960/Ein-grosser-Lyriker, 03.01.2021. Johannes Schober, https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01754/index.shtml, 12.09.2020. Brandsteidl bei Gedenktafel-Enthüllung in der AHS Wasagasse, https://www.wien.gv.at/ presse/2006/03/22/brandsteidl-bei-gedenktafel-enthuellung-in-der-ahs-wasagasse, 02.01.2021.
Abbildungsnachweis Abb. 1 Erich Fried im Jahr 1986(Schiffe -Fuchs/Ullstein Bild/picturedesk.com).
Identität, Ideologie und Widerstand von Querdenkern Erich Kleiber und Muhammad Asad
Widerstand eines Unangepassten: Erich Kleiber (1890–1956)
Die Spannungen und Konflikte hatten sich schon länger seit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 aufgebaut. Erich Kleiber war bereits zehn Jahre Generalmusikdirektor an der Berliner Staatsoper und hatte auch international Anerkennung gefunden. Vielleicht war es Kleibers Eintreten für zeitgenössische Musik. Noch im November 1934 hatte er gegen Widerstände die Urauffüh ung von „Fünf symphonische Stücke aus Lulu“ von Alban Berg durchgesetzt, obwohl das NS-Regime sie als „entartete Musik“ abqualifizie t hatte und Auffüh ungsverbote durchsetzte. Laut seinem Biographen meinte Kleiber zu den Nationalsozialisten, „daß es unmöglich sei, weiter in einem Land zu arbeiten, in dem Musik 1 nicht wie Luft und Sonnenlicht frei und für alle sei.“ Vielleicht war es Kleibers jüdische Ehefrau aus Kalifornien, mit der er seit 1926verheiratet war. Vielleicht war es ein Akt der Solidarität mit Wilhelm Furtwängler, der schon seine Ämter zurückgelegt hatte. Vielleicht war es eine Mischung aus unterschiedlichen Motiven, sowohl politischer als auch künstlerischer 2 Natur. Jedenfalls beschloss Kleiber, von seinem Amt als Generalmusikdirektor zurückzutreten, verließ im Frühjahr 1935das Deutsche Reich und fand schließlich – wenn auch nur vorübergehend – am Mondsee für sich und seine Familie eine Bleibe. Der Unangepasste scheute auch nicht einen Konfli t mit dem faschistischen Italien. 1938 löste Kleiber seinen Vertrag mit der Mailänder Scala, nachdem auch Mussolini antisemitische und rassistische Gesetze erlassen hatte: “I hear that access to the Scala is denied to Jews. Music, like air and sunlight,
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John Russell, Erich Kleiber. Eine Biographie, München 1958, 170. Vgl. Matthias Pasdzierny, Erich Kleiber, in: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg 2014,https://www.lexm. uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001840, 31.01.2020.Zur Freundschaft zwischen Berg und Kleiber siehe Martina Steiger (Hg.), Alban Berg – Erich Kleiber. Briefe der Freundschaft, Wien 2013.Zum Thema „Widerstand im Nationalsozialismus“ siehe einführend István Deák, Europe on Trial. The Story of Collaboration, Resistance, and Retribution during World War II, Boulder, Colorado 2015.
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Identität, Ideologie und Widerstand von Querdenkern
should be for all. When, in these hard times, this consolation is denied to a human being for reasons of race and religion, then I, both as Christian and artist, feel that I can no longer 3 co-operate”. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte Kleiber Zivilcourage. Er erhielt eine Stelle als Generalmusikdirektor an der Berliner Staatsoper (damals DDR) und war offe sichtlich an einem “Brückenschlag” zwischen dem Westen und dem Osten interessiert. Er verließ aber noch vor Antritt seiner Stelle im März 1955Ost-Berlin. Umstände und Gründe sind bis heute allerdings nicht ganz geklärt. Geformt wurde dieses widerständige, kosmopolitische und unstete Leben auch am damaligen Maximilians-Gymnasium. Erich Kleiber kam am 5. August 1890in Wien auf die Welt, lebte nach dem zu frühen Tod seiner Eltern bei Verwandten in Prag, um 1900 wieder nach Wien zurückzukehren. Ein Mitschüler am Gymnasium war Jean Martin Freud (1889–1967), ältester Sohn von Sigmund Freud. Die beiden waren acht Jahre lang Klassenkollegen. Oliver Freud (1891–1969), übrigens benannt nach O liver Cromwell, der die Rechtsstellung der Juden in England verbessert hatte, war in der Klasse darunter. Ein weiterer Mitschüler Kleibers war der spätere Komponist Hans Gál sowie der spätere Kunsthistoriker Fritz Saxl. Damals waren 70 % der Schüler jüdischer Herkunft, sowohl Schüler als auch Lehrer kamen aus allen Teilen der Kronländer der Monarchie, von Troppau bis Triest, von Czernowitz bis Brünn und Hollabrunn. Im „sittlichen Betragen“ hatte der junge Erich bereits in der 1. Klasse nur ein „befriedigend“, in „Gesang“ allerdings ein „lobenswert“, dann ein „vorzüglich“ (im ersten 4 bzw. zweiten Semester). Kleiber maturierte mit einigen „Gut“ und „Befriedigend“ am 6. Juli 5 1908. Kosmopolitismus umfasst „a range of views – moral, political, and cultural – affirmin 6 the importance and value of the community of all human beings“. Wir können vermuten, dass zahlreiche Lehrkräfte und Schüler diese kosmopolitische Einstellung hatten. Diese Annahme wird auch durch die Geschichtswissenschaft nahegelegt. Der ungarische Historiker István Deák beispielsweise hat gezeigt, wie stark das Offizierskorps der u. k. Monarchie kosmopolitisch – und eben nicht nationalistisch – orientiert war, mit einem hohen Maß an 7 Toleranz für konfessionelle und ethnische Unterschiede. Erich Kleiber musste für seine Zivilcourage, die sich nicht „situationselastisch“ an das 3 4 5 6
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“Musical Notes from Abroad”, The Musical Times, vol. 80, No. 1154(April 1939),306. Siehe auch Russell, Kleiber, 192. Haupt-Katalog der ersten Classe, Schuljahr 1900–1. Ich danke Dr. Renate Mercsanits für diese wertvollen Hinweise. Vgl. Hauptprotokoll über die Reifeprüfungen, Maximilians-Gymnasium in Wien, Schuljahr 1907/8. Charles Jones, Cosmopolitanism, in: Donald M. Borchert (Hg.), Encyclopedia of Philosophy, II, Detroit u.a. 2006, 567. Siehe auch Georg Cavallar, Imperfect cosmopolis: studies in the history of international legal theory and cosmopolitan ideas, Cardiff 2011sowie Theories of Dynamic Cosmopolitanism in Modern European History, Oxford 2017. István Deák, Beyond nationalism. A social and political history of the Habsburg officer corps, 1848–1918, New York 1990.
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jeweilige Regime anpasste, nach 1935einen beträchtlichen Preis zahlen. So sabotierte die Wagner-Vereinigung einen Wagner-Vertrag in Amsterdam 1938mit dem Argument, dass „ein verschworener Gegner des Nationalsozialismus ungeeignet wäre, solche Musik zu di8 rigieren“. Richard Wagner war bekanntlich der Lieblingskomponist vieler Nationalsozialisten, allen voran von Adolf Hitler. Bis zu seinem Tod – wohl symptomatisch: in einem Hotelzimmer – war Kleiber ein sehr erfolgreicher Opern- und Konzertdirigent, aber immer wieder ohne fi e Anstellung. Er hatte zahlreiche Engagements auf der ganzen Welt, vor allem in Lateinamerika, wo auch seine beiden Kinder aufwuchsen, darunter der spätere Dirigent Carlos Kleiber. Sein Biograph John Russell schreibt: „Mit dem Januar 1935begann Kleibers Vagabundenleben, das mit selten mehr als ein paar Wochen Ruhe bis zum Tage seines Todes dauern sollte. Freilich hatte dieses Leben auch seine guten Seiten: das Vergnügen etwa, ein ‚Weltbürger‘ zu sein, dem kein Ort ganz fremd war und der, wohin er 9 auch kam, immer aufs Neue willkommen war“. Kleiber bemühte sich um eine Anstellung in Wien, aber selbst vor dem „Anschluss“ war das nicht möglich, offensic tlich weil gegen ihn intrigiert wurde. An seine Schwester schrieb er resignierend: „Ich hab viel und Schönes 10 zu tun, leider überall auf der Welt, nur nicht in Wien!“ Von 1936 bis 1949 war Erich Kleiber Operndirektor am Teatro Colón in Buenos Aires in Argentinien. Seine Bemühungen um hohe Auffüh ungsstandards und ein erweitertes Repertoire führten dazu, dass der Musikwissenschaftler Wilfried Brennecke ihn als musikalischen „Erzieher“ des südamerikanischen 11 Kontinents würdigte. Die Einspielungen von Mozarts „Le Nozze di Figaro“ und „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss auf Schallplatte gelten bis heute als Klassiker. Kleiber starb am 27. Jänner 1956 in einem Züricher Hotel – genau am 200. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart, offensichtlich an einem Herzversagen. Erich Kleiber war „ein Nonkonformist par exellence“, und zwar nicht nur in musika12 lischer Hinsicht. Er zeigte das, was im Allgemeinen als „Zivilcourage“ bezeichnet wird: die Bereitschaft, in bestimmten Situationen trotz drohender Nachteile für einen selbst für grundlegende moralische oder rechtliche Prinzipien wie Menschenwürde oder Gerechtig13 keit einzutreten. Die Nationalsozialisten, offensichtlich Hermann Göring höchstpersönlich, versuchten noch einmal, Kleiber mit sehr attraktiven Konditionen zu einer Rückkehr ins Deutsche Reich zu überreden. Kleiber wusste, dass sich an der Kulturpolitik nichts ge8 9 10 11
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Russell, Kleiber, 192. Ebd., 183. Ebd., 189. Wilfried Brennecke, Kleiber, Erich, in: Friedrich Blume (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Bd. 7, Kassel u. a. 1958,Sp. 1199–1200,zit. nach Pasdzierny, Erich Kleiber. Vgl. Russell, Kleiber, 11. Siehe etwa Gerd Meyer, Lebendige Demokratie. Zivilcourage und Mut im Alltag. Forschungsergebnisse und Praxisperspektiven, Baden-Baden, 22007 oder Gerd Meyer, Mut und Zivilcourage. Grundlagen und gesellschaftliche Praxis, Berlin, Toronto 2014.
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ändert hatte, lehnte zuerst ab und gab dann die zynische Antwort: „In Ordnung, ich werde kommen, aber unter der einen Bedingung, daß ich bei meinem ersten Konzert ein Mendels14 sohn-Programm dirigieren kann“. Kleiber wusste natürlich, dass ein jüdischer Komponist wie Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)in Hitlers Deutschland aus rassistischen und ideologischen Gründen nicht gespielt werden durfte. Interessant ist ein Vergleich Kleibers mit Herbert von Karajan. Dieser trat der NSDAP am 8. April 1933 in Salzburg bei, noch einmal in Deutschland am 2. Mai desselben Jahres. 1935gab es offensichtlich einen nochmaligen Beitritt, um den Posten als Generalmusik15 direktor in Aachen nicht zu verlieren. Karajan ging es angeblich immer nur um die Musik und seine künstlerische Karriere, aber es gibt deutsch-nationale und antisemitische Äuße16 rungen von ihm. Seine Kooperationsbereitschaft mit den Nationalsozialisten war ausgeprägt und machte sich bezahlt. Die Propaganda verbreitete das Narrativ vom „Wunder Karajan“. Er machte Karriere, dirigierte auch bei Veranstaltungen der Nationalsozialisten, war Zuhörer bei einem Konzert des Stabsmusikkorps der Waffe -SS, wurde in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen, kam nie an die Front und verbrachte das Kriegsende unbeschadet in Norditalien. Nach 1945 wurde Karajans Entnazifizie ungsverfahren rasch abgeschlossen, wobei die alliierten und österreichischen Behörden auf schriftliche Quellen verzichteten. 17 Karajan habe „genug gelitten“ , sei politisch gleichgültig gewesen und habe sowieso „immer 18 19 nur für die Musik gelebt“ . So verkaufte er sich auch selbst. Damit stand seiner zweiten Karriere nichts mehr im Weg. Zwischen 1957und 1964 war er künstlerischer Leiter der Wiener Staatsoper – ein Posten, den Kleiber nie bekam. Karajans Verhalten war politisch opportun und pragmatisch im Sinne der Klugheit – Moralität oder moralische Autonomie im Sinne Kants kann ich bei ihm jedoch nicht ausmachen. Erich Kleibers Sohn Carlos dirigierte die Neujahrskonzerte mit den Wiener Philharmonikern 1989und 1992,das zweite Mal mit himmlischen „Dorfschwalben aus Österreich“ op. 164 von Josef Strauß. Die Episode sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in unserem Land nach 1945im Umgang mit der NS-Vergangenheit auch im Musikbetrieb vieles
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Russell, Kleiber, 172. Vgl. Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, Köln 2000, 18–22;Oliver Rathkolb et al., Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“, Forschungsprojektendbericht, Wien 2013, https:// www.wien.gv.at/kultur/abteilung/pdf/strassennamenbericht.pdf, 31.01.2020,144; Oliver Rathkolb, Führertreu und gottbegnadet. Künstlereliten im Dritten Reich, Wien 1991, 204–207. Karajan schrieb 1934an seine Eltern, er wolle nicht an der Wiener Volksoper dirigieren, da „es ja doch nur ein Vorstadttheater, ohne Namen war, außerdem wird das gesamte Palästina dort gesammelt sein“, zit. nach Rathkolb, Straßennamen Wiens, 145.Zur Nähe Karajans zum Nationalsozialismus siehe Rathkolb, Führertreu und gottbegnadet, 210–211. Rathkolb, Straßennamen Wiens, 148. Ebd., 148. Vgl. Rathkolb, Straßennamen Wiens, 144–148; Rathkolb , Führertreu und gottbegnadet, 194–220.
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schiefgelaufen ist. Die Wiener Philharmoniker gehören dazu. Bis heute ist übrigens keine Straße oder Gasse in Wien oder Österreich nach Erich Kleiber benannt.
Ein Grenzgänger auf der Suche nach einer neuen Identität: Muhammad Asad (1900–1992)
Nach seinen eigenen Angaben war es ein Tag im September 1926 in Berlin. Der Journalist Leopold Weiss fuhr gerade mit seiner Frau Elsa in der U-Bahn und studierte die gutgekleideten und offensichtlich wohlhabenden Menschen, die mit ihnen im Abteil saßen. Der erste Mann schien „nicht nur bedrückt, sondern ausgesprochen unglücklich: seine Augen starrten leer vor sich hin und die Mundwinkel waren scharf eingezogen, wie im Schmerz – aber nicht im körperlichen Schmerz“. Ähnlich die Dame gegenüber, mit einem „unglücklichen Ausdruck im Gesicht“ und einem eingefrorenen Lächeln, „das wie ein verhaltenes Weinen anmutete.“ Nun bemerkt Weiss bei fast allen anderen im Abteil einen „Ausdruck verborgenen Leidens, so verborgen, daß der Besitzer oder die Besitzerin des Gesichts davon keine Ahnung zu haben schien“. Elsa bestätigt die Einsicht. Zu Hause angekommen, fällt der Blick des Europäers auf eine Stelle im Koran: „Besessen seid ihr von der Gier nach Mehr und Mehr/Immerfort, bis ihr in eure Gräber hinabsteigt/ O, einmal werdet ihr es schon wis21 sen!“ In seinem autobiographischen Werk Der Weg nach Mekka (1954),das bald ein Bestseller wurde, ist diese U-Bahnfahrt ein Schlüsselerlebnis in der Verwandlung des jüdischen Altösterreichers Leopold Weiss zu einem Moslem und einem der wichtigsten islamischen Gelehrten des 20. Jahrhunderts. Leopold Weiss wurde am 2. Juli 1900 in Lemberg in Galizien in eine jüdische Rechtsan22 waltsfamilie geboren. Nach eigenen Angaben war die Familie assimiliert und lebte eine Art Kulturjudentum. Wie Asad später selbst schrieb, gehörten seine Eltern „einer Generation an, die wohl dem Glauben, der das Leben ihrer Vorfahren erfüllt hatte, einen Lippendienst erwies, niemals aber den geringsten Versuch machte, das eigene praktische Dasein oder gar 20
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Österreichischer Rundfunk, „Blick von außen ‚längst fällig“, https://orf.at/v2/stories/2170974/2170973/ , 31.01.2020;Fritz Trümpi und Bernadette Mayrhofer, Orchestrierte Vertreibung: Unerwünschte Wiener Philharmoniker. Verfolgung, Ermordung und Exil, Wien 2014;Die Wiener Philharmoniker in der NSZeit (1938 bis 1945), https://www.wienerphilharmoniker.at/orchester/geschichte/nationalsozialismus, 31.01.2020. Muhammad Asad, Der Weg nach Mekka, Düsseldorf 2009, 365–366.Zum Hintergrund dieser zentralen Publikation siehe die ausgezeichnete Arbeit von Dominik Schlosser, Lebensgesetz und Vergemeinschaftungsform: Muhammad Asad (1900–1992) und sein Islamverständnis, Berlin 2015, 291–305. Zur Biographie siehe besonders Günther Windhager, Leopold Weiss alias Muhammad Asad. Von Galizien nach Arabien, Wien 32008 sowie Günther Windhager, Vom Journalisten zum islamischen Denker und pakistanischen Diplomaten. Muhammad Asad (geb. Leopold Weiss) in Indien und Pakistan 1932–1952, in: Margit Franz, Heimo Halbrainer (Hg.), Going East – Going South. Österreichisches Exil in Asien und Afrika, Graz 2014, 433–474.
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Denken solchen Glaubenslehren anzupassen. Den meisten bedeutete Religion kaum mehr 23 als ein starres Ritual“. Genau diese oberflächliche Religiosität, die er auch bei den Christen seiner Zeit feststellte, sollte Asad später abschrecken – und erklärt auch seine Begeisterung für die muslimischen Araber, deren gelebte Religiosität er als authentisch, ganzheitlich, spirituell und damit überzeugend empfand. Die liberal-bürgerliche Familie Weiss siedelte im Zuge der Kriegshandlungen des Ersten Weltkriegs von Lemberg nach Wien, das damals von Flüchtlingen aus Galizien überfüllt war. Trotz massiver antisemitischer Strömungen war Wien für die jüdische Bevölkerung eine „Stadt mit liberaler Atmosphäre, […] die Stadt des Kaisers, der die Gleichberechtigung 24 verteidigte“. Wien vor 1918 war eben auch eine multinationale, kosmopolitische Stadt der Wittgensteins und der Rothschilds. Leopold Weiss ging wie andere Söhne aus dem jüdischen Bildungsbürgertum auf das Gymnasium (auch Schwester Rachel hatte diese Möglichkeit, inklusive Universitätsausbildung). Im Schuljahr 1916–17war es das „K. k. Maximi25 lians-Gymnasium“ in der Wasagasse 10, wo Leopold Weiss Schüler der 7 B war. Insgesamt wechselte der junge Leopold zwischen 1914 und 1918 dreimal die Schule, lernte also vier verschiedene Gymnasien kennen. Seine Leistungen waren nach eigenen Angaben durch26 schnittlich bis „mäßig“. Am „Piaristengymnasium“ hatte er zwei Nachtragsprüfungen in Latein und Griechisch. Am Wasagymnasium trat er am 31. Mai 1917in das Privatstudium über und hatte im September des Jahres eine Privatistenprüfung. Dann verließ er die Schule und war – eher überraschend – für ein Jahr Privatist am Staatsgymnasium in Czernowitz 27 in der Bukowina. Asad schrieb in seiner Autobiographie rückblickend über die Schulzeit: „Obwohl ich gar nicht dumm war, führte ich mich in der Schule ziemlich schlecht.“ Die Naturwissenschaften und die Mathematik hätten ihn gelangweilt, Latein und Griechisch gar nicht interessiert, „und so kam es auch, daß ich immer nur mit Mühe und Not von 28 Klasse zu Klasse hinaufrutschte.“ Nach der bestandenen Matura studierte Leopold wie seine beiden Geschwister Heinrich und Rachel an der Universität Wien, ging danach nach Berlin und wurde Journalist. Dort lernte er seine spätere Frau Elsa Schiemann kennen, eine fünfzehn Jahre ältere Künstlerin, die bereits einen Sohn hatte. In Berlin verschärfte sich seine Kritik an der modernen, europäischen bzw. westlichen Zivilisation, die er als materialistisch, gottlos und seelenlos 23 24 25 26 27 28
Asad, Der Weg nach Mekka, 75. Michael John und Albert Lichtblau, Schmelztiegel Wien – Einst und Jetzt. Zur Geschichte und Gegenwart von Zuwanderung und Minderheiten, Wien und Köln 1990, 14, zit. nachWindhager, Weiss, 57. Vgl. Jahresbericht des k. k. Maximilian-Gynmasiums in Wien. Für das Schuljahr 1916/1917,Wien 1917, 46. Windhager, Weiss, 61. Vgl. ebd., 63. Asad, Weg nach Mekka, 75. Siehe den Hauptkatalog 7 B Klasse des Maximilians-Gynmasiums, Schuljahr 1916/17,Katalog Nr. 42. Sein Griechischlehrer war Dr. Salomon Hornstein, Lateinlehrer Dr. Sigmund Weinstein, später Dr. Samuel Gabe (?), in Deutsch Franz Porubsky.
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empfand. Mit Elsa Schiemann reiste Weiss 1922das erste Mal in den Nahen Osten und war rasch von der Spiritualität, Einfachheit, dem Lebensgefühl und der Selbstlosigkeit der muslimischen Araber begeistert. Ab nun dominierte eine binäre, eher essentialistische Weltsicht Weiss‘ Denken. Auf der einen Seite war die verkommene, materialistische Welt des Daddschāl, „des Glitzernden und Trügerischen“ (der Daddschāl oder „Betrüger“ der islamischen Eschatologie kann mit dem Antichristen verglichen werden). Psychologisierend-spekulativ heißt es über „den“ Abendländer, er habe „alle metaphysische Orientierung verloren“ und müsse sich in seiner Sinnleere und Orientierungslosigkeit „unaufhör30 lich mechanische Bundesgenossen erfinden“ Auf der anderen Seite gab es die Araber, die „immer schon“ nach dem Absoluten gesucht hätten und bei denen sich „schon seit aller 31 Urzeit der Kern des Ein-Gott-Glaubens“ verborgen habe. Im Weg nach Mekka schreibt Asad verallgemeinernd: „Ein warmer menschlicher Hauch schien aus dem Blute der arabischen Menschen in ihre Gedanken und Gebärden zu strömen; da war nichts von jenen schmerzhaften Seelenspaltungen zu sehen, jenen Gespenstern der Angst, Gier und inneren 32 Verdrängung, die das europäische Leben so hässlich und hoffnungsarm machten.“ 1926 konvertierte Weiss in Berlin zum sunnitischen Islam und änderte seinen Namen auf Muhammad Asad (der verbreitete arabische Vorname bedeutet „der Löwe“). Danach begab er sich auf die Pilgerreise nach Mekka, den Haddsch, und schrieb weitere Berichte für europäische Zeitungen, darunter die „Frankfurter Zeitung“ und die „Neue Zürcher Zeitung“. Weitere Stationen seines Lebens waren Aufenthalte in Saudi-Arabien, wo er ein Freund von König Ibn Saud wurde, dann Britisch-Indien, wo er 1939interniert wurde und später einen Verfassungsentwurf für Pakistan vorbereitete. Seine Verwandten wurden im Holocaust ermordet – bis auf den Bruder, dem die Flucht nach Palästina gelang. Als stellvertretender Botschafter Pakistans bei den Vereinten Nationen lebte Muhammad Asad bis 1952 in New York, danach in verschiedenen Ländern und seit 1987in Südspanien, wo er 1992verstarb. Fast zwanzig Jahre arbeitete Asad an einer kommentierten englischen Koranübersetzung, die bis heute in Fachkreisen geschätzt wird. Muhammad Asad ist bereits auf völlig unterschiedliche Weise charakterisiert worden. Für manche erscheint er als „Brückenbauer“ oder „Mediator“ zwischen Europa und dem Nahen Osten, zwischen westlicher und islamischer Welt. Andere sehen ihn als typisches Beispiel für jüdische Islamophilie oder als Urbild der Islamkonvertiten der Gegenwart. Schließlich 29
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Zum Lebensgefühl der europäischen Moderne um 1900 siehe etwa Moritz Csáky, Ideologie der Operette und Wiener Moderne. Ein kulturhistorischer Essay, Wien 21998;Peter Gay, Die Republik der Außenseiter: Geist und Kultur der Weimarer Zeit 1918–1933, Frankfurt/M. 1989;Walter Laqueur, Weimar. Die Kultur der Republik, Frankfurt/M. 1976;Thomas Raithel, Noch immer ein Schreckbild? Das heutige Deutschland und die Weimarer Republik, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 66, 2 (2018), 299–308. Asad, Weg nach Mekka, 346 und 348. Ebd., 434. Ebd., 130.
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gibt es jene, die Asad als Vertreter eines modernen oder liberalen Reformislam sehen. Allen diesen Beschreibungen oder auch Vereinnahmungen hat sein Sohn Talal Asad, Professor für Anthropologie in New York, eine Abfuhr erteilt. Er möchte eine Ansicht korrigieren, that has become common among people interested in my father’s life and work, that his conversion can be seen as the building of a bridge between Islam and the West. He has even been described by some as a European intellectual who came to Islam with the aim of liberalizing 34 it. Nothing could be further from the truth. 35
Asad entzieht sich als Grenzgänger herkömmlichen Kategorien und Kategorisierungen. Talal Asad ist zuzustimmen, dass das Hauptinteresse seines Vaters weniger dem Brückenbauen galt als vielmehr dem Versuch, sich kritisch die Tradition(en) islamischer Religion, Religiosität und Theologie anzueignen und andere Muslime und Muslime einzuladen, „to adopt 36 an approach that he considered to be its essence“. Muhammad Asad suchte in erster Linie nach einer neuen religiösen Identität, nach einem Sinn im Leben und nach metaphysischer, religiöser Erkenntnis. So faszinierend Muhammad Asads Biografie – an seinem Islamverständnis und seinen theologischen sowie philosophischen Positionen kann vieles kritisiert werden. Zunächst fällt seine Tendenz zum binären Denken auf, etwa, wenn er Europa der arabischen Welt, den modernen Westen dem Islam, das Christentum dem Islam gegenüberstellt. Im Weg nach Mekka beispielsweise gibt es immer wieder Vergleiche zwischen beiden monotheistischen Religionen, wobei „der“ Islam immer als Sieger hervorgeht. Die lateinische Kirche habe „den eigentlichen Zweck allen Glaubens verfehlt“, was „unausbleiblich zum ethischen Versagen der abendländischen Kultur führen“ musste. Der Islam hingegen sei „vollständi37 ger“ und habe eine „offene“ esellschaft begründet. Diese offensichtlichen Verzerrungen in apologetischer Absicht sind – zweitens – teilweise in einer Tendenz zum Essentialismus begründet. Immer wieder ist unkritisch vom eigentlichen Islam und seinem Wesenskern, von „der ursprünglichen Botschaft Muhammads“ die Rede, als ob uns diese unmittelbar 38 zugänglich wäre. Weil der eigentliche Islam laut Asad die Vernunft als einzigen Weg zum 33
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Vgl. Schlosser, Lebensgesetz, 9–10und 377–378.– Eine komplette Liste von Asads Schriften sowie der vorhandenen Sekundärliteratur findet man – auf weit über hundert Seiten! – in: Schlosser, Lebensgesetz, 387–516. Talal Asad, Muhammad Asad between Religion and Politics, in: The Journal of Human & Society, 1 (2011), 155. Vgl. Schlosser, Lebensgesetz, 14 und 23. Asad, Asad between Religion, 156. Vgl. Asad, Weg nach Mekka, 177,358–359und 164–165;Schlosser, Lebensgesetz, 343,347, 354–356,379 und passim. Vgl. ebd., 239 und 363; Schlosser, Lebensgesetz, 27, 29, 229–240, 343–370;Reinhard Schulze, Anmerkungen zum Islamverständnis von Muhammad Asad (1900–1992), in: Rainer Brunner et al. (Hg.),
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Glauben auffasst, kann es für ihn keinen latz für „religiöse Gefühle“ oder Spiritualität ge39 ben. Der Sufismus muss ihm damit als irgendwie „unislamisch“ gelten. Hier ignoriert Asad die Vielfalt und fallweise Unvereinbarkeit der zahlreichen islamischen Traditionen, und hält an einer einzigen homogenen, ursprünglichen und echten Tradition fest, die es als solche 40 wohl nie gegeben hat. Dieser fragwürdige Essentialismus zeigt sich auch bei Asads Bestreben, fünf angeblich 41 „inhärente […] Qualitäten“ des Islam festzuschreiben. Mit anti-christlicher Tendenz behauptete Asad eine ganzheitliche Beziehung von Körper und Seele im Islam. Dieser sei – zweitens – nicht einfach eine Religion, sondern ein „way of life“ und damit Anleitung für die Gestaltung individueller, gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse „bis ins 42 kleinste Detail“. Der Islam sei drittens der Welt, dem praktischen Leben, dem Diesseits, der menschlichen Körperlichkeit und Sexualität zugewandt, kenne keine Leib-Seele-Dichotomie wie das Christentum. Der Islam sei eine Religion der Vernunft, die ohne Mysterien und Dogmen auskomme und eine kritische Prüfung durch die Vernunft eines jeden Menschen positiv bestehe. Schließlich und fünftens habe der Islam ein positives Verhältnis 43 zu den Wissenschaften, besonders den Naturwissenschaften. Diese unhistorischen, weil essentialistischen Thesen verraten apologetische Tendenzen bei Asad: der Islam sei nicht „überholt“, sondern im Gegenteil modernitätsfähig, mehr noch, er sei tatsächlich modern. Entsprechend finden sich fallweise Idealisierungen, Romantisierungen und Beschönigungen
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Islamstudien ohne Ende. Festschrift für Werner Ende zum 65. Geburtstag, Würzburg 2002, 440 („Die Rekonstruktion des ewigen Wesens des Islam war Asad weiterhin ein Hauptanliegen“). Vgl. Asad, Weg nach Mekka, 239:„[…] meinen Verdacht, dass es sich hier um ein Eindringen nichtislamischer Elemente in den Kreis der islamischen Lehre handelte“; Schlosser, Lebensgesetz, 360–365. Siehe besonders Rüdiger Lohlker, Islam. Eine Ideengeschichte, Wien 2008, über den Sufismus als integralen Teil der islamischen Ideengeschichte ebd., 155–169.Siehe auch Georg Cavallar, Islam, Aufklärung und Moderne. Ein Plädoyer, Stuttgart 2017. Ich folge hier Schlosser, Lebensgesetz, 343. Vgl. Leopold Weiß, Europäisiert sich der islamische Orient?, Frankfurter Zeitung, Nr. 397, 31. Mai 1927,Erstes Morgenblatt, 1: „Durchbildung der Individual-, Gesellschafts- sowie Staatsverhältnisse bis ins kleinste Detail“; Windhager, Weiss, 140–142.Zur politischen Lehre Asads siehe Farid Hafez, Islamisch-politische Denker. Eine Einführung in die islamisch-politische Ideengeschichte, Frankfurt/M. 2014, 191–206 so wie Schlosser, Lebensgesetz, 241–290. Die These richtet sich implizit gegen Ernest Renans berühmte Rede an der Sorbonne 1883,die seither immer wieder wiederholt wurde. Siehe besonders Birgit Schäbler, Moderne Muslime: Ernest Renan und die Geschichte der ersten Islamdebatte 1883, Paderborn 2016. Siehe auch Georg Cavallar, “Islamic Enlightenments? A European perspective”, Falsafa. Jahrbuch für islamische Religionsphilosophie (in Vorbereitung). – Im Sinne von Asads binärem – und historisch nicht abgesichertem – Denken wird das Christentum entsprechend als wissenschaftsfeindlich abqualifizie t. Siehe hingegen diffe enzierend Toby E. Huff, Intellectual Curiosity and the Scientific Revolution, Cambridge 2011;ders., The Rise of Early Modern Science. Islam, China and the West, second edition, Cambridge 2003; Kurt Flasch und Udo Reinhold Jeck (Hg.), Das Licht der Vernunft. Die Anfänge der Aufklärung im Mittelalter, München 1997;Michael Mitterauer, Warum Europa. Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs, München 2003.
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Abb. 1: Der Muhammad-Asad-Platz in Wien
des monolithisch gesehenen Islam etwa im Weg nach Mekka. Einen idealisierten „Urislam“ 44 45 soll es „ganz am Anfang der islamischen Geschichte“ gegeben haben. Damit soll nicht gesagt werden, dass Muhammad Asad als islamischer Gelehrter ohne Bedeutung wäre. Denn eines seiner Leitmotive, die Betonung der Rolle der Vernunft, der rationalen Begründung und der nachvollziehbaren Argumentation in der Religion – wenn oft in polemischer Abwehrhaltung gegenüber Spiritualität oder „dem“ Christentum – dokumentiert die Anschlussfähigkeit vieler islamischer Traditionen mit nachachsenzeitlicher Philosophie 46 und Theologie Die Aufwertung der Vernunft impliziert auch eine Betonung des Konzepts des Idschtihad (ijtihâd), das Asad nicht einfach als erweiterte Auslegung von heiligen Texten 44 45
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Asad, Weg nach Mekka, 360. Vgl. ebd., 167,305,344f., 360. Sehr hart fällt deshalb das Urteil von Wolf Kaiser aus: „Weiss schwelgt in Ideologien“, Wolf Kaiser, Palästina – Erez Israel. Deutschsprachige Reisebeschreibungen jüdischer Autoren von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg. Hildesheim, Zürich und New York 1992, 280 und bezieht sich dabei auf eine zeitgenössische Rezension. Siehe einführend Jan Assmann, Achsenzeit. Eine Archäologie der Moderne, München 2018sowie Hans Schelkshorn, Die Moderne als zweite Achsenzeit. Zu einer globalen Geschichtsphilosophie mit und gegen Jaspers, in: Polylog, 38 (2017), 81–102und Hans Schelkshorn, Anbruch einer Zweiten Achsenzeit. Renaissance-Humanismus und ‚christliche Reform‘ im ‚Diskurs über die Moderne‘, Religion and Transformation in Contemporary European Society, Bd. 12, 2017, 11–43.
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innerhalb eines vorgegebenen theologischen Rahmens interpretiert. Ähnlich wie Reformmuslime und -muslimas der Gegenwart definie t Asad Idschtihad als Fähigkeit zum unabhängi47 gen, selbständigen Denken, als „independent reasoning“. Schließlich leitete Asad aus diesen Überlegungen eine theologisch begründete Toleranzidee ab. Talal Asad berichtet von seinem Vater, dieser habe immer betont, “that the tradition of Islam not only urged Muslims to tolerate the followers of all other religions, it encouraged them to consider all as deserving of equal 48 respect.” Bei diesen Überschneidungen mit gegenwärtigen reformmuslimischen Ansätzen ist es nicht weiter verwunderlich, dass Asads Schriften in manchen islamischen Ländern wie etwa Saudi-Arabien verboten wurden. Vor allem von diesem Land, das zunächst noch als „virtuelles Heimatland“ gegolten hatte, war Asad in den 1950er-Jahren bereits enttäuscht. Seine Kritik richtete sich gegen den zunächst bewunderten König Abd al-Aziz ibn Faisal Al Saud (1875– 1953)und gegen den Wahhabismus. Schon im Weg nach Mekka (1954) blickte Asad nostalgisch, sentimental und desillusioniert auf eine arabische „Welt von Gestern“ (in Anlehnung an Stefan Zweig), die er durch Erdöl, entstehenden Reichtum und daraus folgendem Materialismus in 49 der Phase des Untergangs sah. Gegen Ende seines Lebens resümierte Asad resigniert: „Ich 50 habe mich in den Islam verliebt, aber ich habe die Muslime überschätzt“. Am 14. April 2008 wurde der Platz vor dem Haupteingang der UNO-City in Wien zu Muhammad Asads Ehren nach ihm benannt. Sein anwesender Sohn Talal Asad (geboren 1932),Professor für Anthropologie in New York, erklärte in seiner Rede, er könne sich „kei51 nen anderen Platz als Wien vorstellen, wo das Erbe meines Vaters so ideal gewürdigt wäre.“ Georg Cavallar
Literaturverzeichnis Muhammad Asad, Der Weg nach Mekka, Düsseldorf 2009. Talal Asad, „Muhammad Asad between Religion and Politics”, in: The Journal of Human & Society, 1, (2011),155–165. 47
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Muhammad Asad, The Principles of State and Government in Islam, Berkeley, Los Angeles 1961,14, zit. nach Schlosser, Lebensgesetz, 234. Siehe auch Schlosser, Lebensgesetz, 234 und Cavallar, Islam, Aufklärung und Moderne, 149–150, 165–166. Asad, Asad between Religion, 157. Vgl. Asad, Weg nach Mekka, 22: „Das alte Arabien besteht nicht mehr“; Schlosser, Lebensgesetz, 25, 168, 304–305. Zit. nach Reinhard Kleber, „Vermittler zwischen den Welten“, Welt-Sichten, 16. November 2008, https://www.welt-sichten.org/artikel/4236/vermittler-zwischen-den-welten, 26.01.2020.Siehe auch: Der Weg nach Mekka. Die Reise des Muhammad Asad, Ein Film von Georg Misch, Österreich 2008, http://www.mischief-films.com/htm/fil -synopsis.php?id=6, 03.02.2020. Siehe auch Asad, Weg nach Mekka, 352 und 358–360, woon v einem Versagen der damaligen Muslime die Rede ist. Stadt Wien, Feierliche Eröffnung des Muhammad-Asad-Platz, https://www.wien.gv.at/ presse/2008/04/14/feierliche-eroeffnun -des-muhammad-asad-platz, 03.02.2020.
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Identität, Ideologie und Widerstand von Querdenkern
Farid Hafez, Islamisch-politische Denker. Eine Einführung in die islamisch-politische Ideengeschichte, Frankfurt/M. 2014. Haupt-Katalog der ersten Classe, Schuljahr 1900–1. Hauptkatalog 7B Klasse des Maximilians-Gynmasiums, Schuljahr 1916/17, Katalog Nr. 42. Hauptprotokoll über die Reifeprüfungen, Maximilians-Gymnasium in Wien, Schuljahr 1907/8. Jahresbericht des k. k. Maximilian-Gynmasiums in Wien. Für das Schuljahr 1916/1917, Wien 1917. Charles Jones, ‚Cosmopolitanism‘, in Donald M. Borchert (Hg.), Encyclopedia of Philosophy, II, Detroit u.a. 2006, 567–570. Reinhard Kleber, „Vermittler zwischen den Welten“, Welt-Sichten, 16. November 2008, https://www. welt-sichten.org/artikel/4236/vermittler-zwischen-den-welten, 26.01.2020. “Musical Notes from Abroad”, The Musical Times, vol. 80, No. 1154(April 1939),306–308. Matthias Pasdzierny, Erich Kleiber, in: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg 2014, https:// www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001840, 31.01.2020. Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, Köln 2000. Oliver Rathkolb, Führertreu und gottbegnadet. Künstlereliten im Dritten Reich, Wien 1991. Oliver Rathkolb et al., Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“, Forschungsprojektendbericht, Wien 2013,https://www.wien.gv.at/kultur/abteilung/pdf/strassennamenbericht. pdf, 31.01.2020. John Russell, Erich Kleiber. Eine Biographie, München 1958. Dominik Schlosser, Lebensgesetz und Vergemeinschaftungsform: Muhammad Asad (1900–1992) und sein Islamverständnis, Berlin 2015. Stadt Wien, Feierliche Eröffnung des Muhammad-Asad-Platz, https://www.wien.gv.at/ presse/2008/04/14/feierliche-eroeffnun -des-muhammad-asad-platz, 03.02.2020. Reinhard Schulze, Anmerkungen zum Islamverständnis von Muhammad Asad (1900–1992), in: Rainer Brunner et al. (Hg.), Islamstudien ohne Ende. Festschrift für Werner Ende zum 65. Geburtstag, Würzburg 2002, 429–447. Leopold Weiß, Europäisiert sich der islamische Orient?, Frankfurter Zeitung, Nr. 397, 31. Mai 1927, Erstes Morgenblatt, 1–2. Günther Windhager, Leopold Weiss alias Muhammad Asad. Von Galizien nach Arabien, Wien 2008.
Abbildungsnachweis Abb. 1 Der Muhammad-Asad-Platz in Wien (Georg Cavallar).
Wasa – Klangmosaik Eine musikalisch-exemplarische Spurensuche
… der Parkettboden knarrt. Jeder Künstler und jede Künstlerin ist gezwungen, sich über die Hinterbühne vorsichtig und möglichst leise Zutritt zur Bühne zu verschaffen Welch ein Privileg, in diesem prachtvollen Festsaal mit seiner wunderbaren Akustik auftreten zu dürfen! Wie viele Generationen von Schülern und Schülerinnen, Lehrern und Lehrerinnen hatten vielleicht ähnliche Gedanken, bevor sie die Bühne betraten und im gleißenden Scheinwerferlicht ihre künstlerischen Auftritte absolvierten? Die ersten Erwähnungen über großartige musikalische Darbietungen finden sich unte der Direktion von Dr. Josef Loos, wo dem Publikum am Heiligendreikönigstag 1894Werke von Mozart, Beethoven, Schumann und Mendelssohn-Bartholdy unter großem Applaus dargeboten wurden.1 Unter Hofrat Dr. Michael Vogelsang, ab 1949/50Direktor des Wasagymnasiums, erfuhr das Musikleben zusätzlichen Aufschwung, weil der Musikunterricht einem grundsätzlichen Wandel unterzogen wurde. Magnetophon, Schallplatte, Schulfunk, musikalische Hörstunden und Jugendkonzerte hielten Einzug in den normalen Schulbetrieb. Außerdem gab es in einzelnen Klassen sogenannte Hausmusikstunden, um die Schüler*innen für das aktive Musizieren und besonders das Singen zu begeistern.2 Nach dem plötzlichen Ableben von Hofrat Dr. Vogelsang übernahm nach einer kurzen Interimsphase unter Prof. Kohout am 16. April 1955 Prof. Dr. Hans Zwölfer die Geschicke des Gymnasiums. In seiner Ära wurde das Gebäude vom Bund gekauft und anschließend komplett renoviert. Im März 1960kamen die Instandsetzungsarbeiten des Festsaals endlich zum Abschluss. Musik und Bühnenspiel hatten ab jetzt einen ganz besonderen Stellenwert in der Bildungslandschaft des Wasagymnasiums. Vor der Renovierung des Festsaals hatte man in den Theatersaal der Wiener Berufsschulen, in den Zeichensaal oder in den Festsaal des Jesuitenkollegs ausweichen müssen. Geburtstagsjubiläen von prominenten Absolventen wie dem 1 2
Vgl. Franz Josef Grobauer, Vom Gestern ins Heute, in: Hans Peter Gump (Hg.), Festschrift zum 130-jährigen Bestandsjubiläum des Wasa Gymnasiums 1871–2001,Wien 2001, 16f. Vgl. Hans Peter Gump (Hg.), Festschrift zum 130-jährigen Bestandsjubiläum des Wasa Gymnasiums 1871–2001, Wien 2001, 28f.
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Wasa – Klangmosaik
Dichter Felix Braun, dem Komponisten Richard Maux oder die Gedenktafelenthüllung für den Dichter Stefan Zweig boten immer wieder Anlässe für feierliche Ehrungen.3 Die Professoren Oberstudienrat Lande und Dr. Cerha bauten gemeinsam mit Hofrat Dr. Zwölfer Chor und Orchester des Gymnasiums auf. Da Bildung einem steten Wandel unterworfen ist, kam es auf Anregung von Prof. Dr. Ernst Tittel 1964 zur Gründung eines neuen Schultyps in Wien. Das Bundesministerium für Unterricht genehmigte den Schulversuch „Realgymnasium für Studierende der Musik“ am Bundesgymnasium Wien 9. Hofrat Dr. Zwölfer, der die Seele dieses Unternehmens war, konzipierte einen Bildungsweg, der es musikalisch begabten Schülern und Schülerinnen ermöglichte, sowohl an der Musikakademie oder an einem Konservatorium zu studieren als auch den gymnasialen Bildungsweg mit der Reifeprüfung abzuschließen. Dieses Realgymnasium war eine fünfklassige Oberstufenform mit den Sprachen Englisch und Latein vom Start weg. Von den Schülern und Schülerinnen wurden besonderer Fleiß und Zielstrebigkeit eingefordert, um das schulische Pensum und ein zusätzliches Musikstudium bewältigen zu können. Anfängliche Fluktuation und Abbruchquote waren hoch, denn von den ursprünglich eingetretenen Schülern*innen gelangte nur die Hälfte zur Reifeprüfung. Die ersten Absolventen*innen dieses Schulversuchs zeigten aber, dass sich das Herzensprojekt von Hofrat Dr. Zwölfer auch in der Praxis bewährte. Die musikalisch-künstlerischen Darbietungen des Schulorchesters und des Schulchors erreichten durch die Mitwirkung der Studenten*innen aus den sogenannten „M-Klassen“ (Musik-Klassen) bei den alljährlichen Musikfesten ein Niveau, das weit über das bis dahin bekannte in Schulauffüh ungen hinausging. Die begabtesten Studenten*innen gestalteten zusätzlich zweimal im Jahr eigene Konzertabende. Zum hauseigenen Festsaal kamen das Konzerthaus und der Musikverein als neue Veranstaltungsorte dazu. Die Programmauswahl liest sich wie ein Streifzug durch die Musikgeschichte der letzten 500 Jahre, wobei geistliche und weltliche Werke der klassischen und romantischen Stilepoche den Schwerpunkt der verschiedenen Konzerte bildeten. Schule zeigte sich hier nicht nur als Ort der Wissensvermittlung, sondern auch als kulturelles Zentrum, das den Schülerinnen und Schülern die Welt der Bühne erschloss, aber auch den Intentionen der Eltern und Lehrenden entsprach.4 Hofrat Dr. Zwölfer hatte einen kongenialen Partner an seiner Seite: Professor Friedrich Lessky, den späteren Direktor des Musikgymnasiums, der in sachkundiger und umsichtiger Weise die musikalische Arbeit unterstützte und vorantrieb.5 Im Herbst 1972 übersiedelten die Musikklassen als „dislozierte Klassen“ in das Schulgebäude der ehemaligen Realschule Wien 7, Neustiftgasse 95–99.Ein erster Schritt zur Eigenständigkeit des Musikzweigs war damit getan. Ein weiterer eröffnete sich mit der Erhebung 3 4 5
Vgl. ebd., 30f. Vgl. ebd., 46. Vgl. ebd., 33.
Wasa – Klangmosaik
dieser Klassen zur „Expositur“ des Bundesgymnasiums Wien 9. Mit 1. September 1976 endete der Schulversuch und die Schule erhielt die Bezeichnung Bundes-Oberstufenrealgymnasium unter besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung für Studierende der Musik. In der Praxis hat sich aber sehr rasch der Name Musikgymnasium durchgesetzt.6 Mit der Eigenständigkeit des Musikgymnasiums ging dem Wasagymnasium zwar das enorme Potential der Musikklassen verloren, dennoch blieb die Schule auch unter den nachfolgenden Direktoren weiterhin ein guter Boden für künstlerische Betätigung und kulturelle Veranstaltungen. Bei der Durchsicht der Jahresberichte der letzten vierzig Jahre zeigt sich das in jährlichen Schulkonzerten und Theate vorstellungen. Ab den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts boten sich sukzessive ungeahnte Möglichkeiten, was den Unterricht und das Bühnengeschehen bei verschiedensten Veranstaltungen anlangte. Neues technisches Equipment hielt trotz mancher Sparmaßnahmen Einzug in die musikalische Praxis. CD- und DVD-Player, Mischpult, Verstärkeranlage, Singstar-Anlage, Karaoke-Maschine und Beamer gehören heute neben einer Vielzahl an akustischen Instrumenten zur üblichen Ausstattung eines Musiksaals und eines Festsaals. Das Singen mit Mikrofon, das Spiel auf einer E-Gitarre oder auf dem Schlagzeug sind fi e Bestandteile des Unterrichts, um authentisch in die Welt der Popularmusik eintauchen zu können. In den Oberstufenklassen ist es dann oft nicht mehr weit bis zur Gründung einer Schulband. Unsere talentiertesten Schüler*innen konnten ihre Fertigkeiten auch bei neuen Bühnenformaten unter Beweis stellen: Fest der 1. Klassen, Musikalische Konfetti, Fest der Stimmen, Musik & Poesie, Wasa Kids Contest, Wasa Revue … Viele Einzelveranstaltungen führten jedoch zum vielfach geäußerten Wunsch, eine einzige Veranstaltung als kulturellen Höhepunkt des Schuljahres durchzuführen. Das Kulturteam des Wasagymnasiums befürwortete dieses Veranstaltungsformat und entschied sich schließlich für den Namen Nacht der Kunst. Die erste Nacht der Kunst fand als kulturelle Großveranstaltung am 13. Mai 2011 statt. Das Konzept sah vor, verschiedene Räume unseres Schulgebäudes zu bespielen. Konkret führte die künstlerische Reise von der Zentralgarderobe über einzelne Klassen, das Stiegenhaus und den Festsaal bis zum Dachboden. Fast die ganze Schulgemeinde half mit, um ein abendfüllendes Programm präsentieren zu können. Innerhalb von vier Stunden (19.00– 23.00 Uhr) präsentierten Schüler*innen auf diese Weise ihr Können in den unterschiedlichen künstlerischen Sparten. Der Abend begann mit einem halbstündigen Vorprogramm, das bereits für gute Stimmung sorgte. Kinder, die die Tagesbetreuung besuchten, zeigten ihre Zirkuskünste in der Fußgängerzone vor dem Haus. Im Haus gab es anschließend eine Vielfalt an Programmpunkten: Texte in unterschiedlichen Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Lateinisch und Griechisch), Bühnenspiel, Chor- und Instrumentalmusik, aktuelle Popsongs und die Oberstufen-Schulbands fanden beim zahlrei6
Vgl. Hans Zwölfer, Neue Blüte am alten Stamm des Wasagymnasiums, in: Verein der Freunde des Wiener Musikgymnasiums (Hg.), Dr. Hans Zwölfer und das Wiener Musikgymnasium, Wien 2017,11.
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chen Publikum großen Anklang. Vernissagen und Filmprojekte luden zum Flanieren durch das Haus ein. Im Innenhof und in jedem Stockwerk des Gebäudes sorgte der Elternverein des BG9 unter tatkräftiger Mithilfe von Oberstufenschülern*innen mit verschiedenen Buffetstationen und einem Literaturcafé für kulinarische Genüsse. Die Begeisterung war bei Mitwirkenden und Publikum so groß, dass dieses Konzept auch in den Jahren 2012, 2013, 2016 und 2018 – also insgesamt fünfmal ealisiert –r werden konnte. Nicht unerwähnt bleiben soll die jahrzehntelange Teilnahme von Schülern*innen der ersten Klassen am Bezirksjugendsingen und die musikalische Gestaltung der Gottesdienste sowie der Begrüßungsabende. Die Bretter, die allen kunstsinnigen Menschen die Welt bedeuten, können seit Monaten nicht bespielt werden und das Singen ist überhaupt untersagt. „Wohnzimmer“-Konzerte und Streaming-Programme sind derzeit die einzigen Möglichkeiten, sich aktiv künstlerisch zu betätigen oder kulturelle Veranstaltungen über die elektronischen Medien zu sich nach Hause zu holen. Von unseren Schülern*innen wurden und werden diese Angebote fl ißig genützt. In der Realität zeigt sich aber: Live-Auftritte können durch die besten technischen Geräte nicht ersetzt werden. Ende Februar 2020 streuten wir Musikalische Konfetti. Dieses Konzert war die letzte große Veranstaltung in unserem Festsaal vor dem ersten Lockdown. Die Wasa Vocals, unser kleiner Schulchor mit den außergewöhnlichen Probezeiten am frühen Morgen in der „nullten“ Stunde, sind gezwungen, seit Monaten in einer Generalpause zu verharren. Noch haben wir Corona-Zeit und Auftrittsverbot. Aber die Zeiten ändern sich … und dann singen und musizieren wir wieder … Viele berühmte Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur erhielten im Wasagymnasium eine fundierte humanistische Bildung. Respekt und Wertschätzung prägten und prägen – wenn man von den dunklen Zeiten während des Nationalsozialismus, des Krieges und von Einzelpersonen absieht – grundsätzlich den Schulalltag in diesem Haus. Viele ehemalige jüdische Schüler*innen erlitten das furchtbare Schicksal der Vertreibung aus ihrer Stadt oder gar die Ermordung in einem Konzentrations- oder Vernichtungslager. Diejenigen von ihnen, die rechtzeitig flüchten konnten, mussten sich im xil zurechtfinden, eine neue prache lernen und mit dem Trauma der Vertreibung und ihren persönlichen Familiengeschichten leben lernen. Trotz zahlreicher Schicksalsschläge konnten viele in ihrer zweiten Heimat künstlerisch reüssieren.7 In den folgenden alphabetisch gereihten Biografien soll der Werdegang jener ehemaligen Schüler bzw. Lehrer des Wasagymnasiums in Erinnerung gerufen werden, die ihre Karrieren der Beschäftigung mit Musik verdanken. Dieser Wasa-Klangmosaik-Text bleibt Stückwerk, 7
Vgl. Claudia Maurer-Zenck, Exil, www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_E/Exil.xml, 08.03.2021.
Wasa – Klangmosaik
denn es wäre vermessen, bei der Fülle an Daten und Material einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen. Für das nächste Jahr ist ein Konzert im Festsaal der Schule mit Kompositionen unserer ehemaligen Schüler in Planung, um so manche Werke aus der Vergessenheit zu holen und ihre Schöpfer damit zu würdigen.
Andre Asriel Daten: Geburtsort: Kategorie:
22. Februar 1922–28.Mai 2019 Wien Komponist, Musikpädagoge, Universitätsprofessor, Musikschriftsteller
In seinen kulturellen Neigungen und seinem politischen Engagement war ihm die Mutter ein großes Vorbild. 1936wechselte er vom Akademischen Gymnasium ans Wasagymnasium. Er war von 1936bis 1938Schüler des Wasagymnasiums und ging dort mit dem späteren Oscar-Preisträger Ernest Gold in die gleiche Klasse. Im April 1938wurde er, sowie alle jüdischen und als jüdisch definie ten Schüler nach dem „Anschluss“ ausgesondert. Schon in jungen Jahren war er ein begabter Pianist und studierte bereits zwischen 1936 und 1938an der staatlichen Musikakademie Klavier. Als 16-Jährigen schickte ihn seine Mutter mit einem Kindertransport nach England. Sie selbst hatte keine Chance auf Ausreise und wurde 1942ermordet. Asriel blieb auch im Ausland der Musik verbunden. Seine Liebe zur Musik konnte er erst wieder umsetzen, als ihm ein Zusammentreffen mit dem Dichter Erich Fried Kontakte zur Organisation „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) brachte. FDJ unterstützte ihn in allen Lebensbereichen, sodass er ab 1941sein Studium fortsetzen konnte. Nach dem Krieg wollte er nicht mehr in seine Heimat, denn er erwartete, dass man ihn wegen seiner sozialistischen Gesinnung nicht aufnehmen würde. Er war 1946 bereit, in das zerstörte Deutschland – nach Berlin – zu gehen, um dort am Aufbau des Sozialismus mitzuwirken. Asriel setzte bereits im selben Jahr in Berlin sein Studium fort. Nach dem Staatsexamen wechselte er 1950in die Meisterklasse an der Deutschen Akademie der Künste (Berlin/DDR). Von 1950bis 1967lehrte er als Dozent und dann Professor für Tonsatz an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. 1951wurde Asriel mit dem Nationalpreis der DDR, 1970mit dem Kunstpreis des FDGB und 1974und 1982 mit dem Vaterländischen Verdienstorden ausgezeichnet. 1980wurde er emeritiert. 2019ist er – 97-jährig – in Berlin verstorben. Asriel wurde vor allem durch seine Lieder und seine Filmmusik bekannt. Als junger Mann komponierte er für die Jugend sogenannte Massenlieder (u.a. Gegen den Krieg) und
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betrieb damit Agitation für die Idee des Sozialismus. Er appellierte klar an eine lernfähige und aufbaubereite Bevölkerung. Er schrieb Musik für mehr als dreißig DDR-Filme (u.a. Auf der Sonnenseite), Songs und Chansons (u.a. Die Oliven gedeihen), Balladen, Kammer-, Vokal- und Instrumentalmusik. Viele seiner Kompositionen sind von seinem Lieblingsgenre, dem Jazz, beeinflusst. olche Klänge hoben sich eindeutig von den – tief in der Bevölkerung verankerten – martialischen Nazilied-Traditionen ab.8
Friedrich Cerha Daten: Geburtsort: Kategorie:
*17.02.1926 Wien Komponist, Dirigent, Geiger, bildender Künstler, Professor und Musikschriftsteller
Als Siebenjähriger begann er mit dem Geigenunterricht und startete zwei Jahre später erste Kompositionsversuche. Friedrich war von Jugend an ein politisch denkender und handelnder Mensch. Als Gymnasiast beteiligte er sich im 2. Weltkrieg an Widerstandshandlungen gegen das NS-Regime. So nahm er in Dänemark einen Stapel blanko unterschriebener Marschbefehle an sich und floh. Insgesamt desertierte er zweimal von der deutschen Wehrmacht und erlebte das Kriegsende in Tirol. Nach dem Krieg studierte er ab 1946Violine, Komposition und Musikerziehung an der Wiener Musikakademie und Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie an der Universität Wien. An der Musikakademie lernte er seine Frau Gertraud kennen, die ihm zu einer wichtigen Stütze seines künstlerischen Schaffens wurde. Von 1955 bis 1965 unterrichtete Dr. Cerha am Wasagymnasium Musikerziehung und half ganz wesentlich beim Aufbau des Schulorchesters mit.1958gründete er mit dem österreichischen Komponisten und Musikpädagogen Kurt Schwertsik das Ensemble die reihe (1958– 2019). Das gemeinsame Ziel war es, ein Forum für neue Musik in Wien zu schaffen. azu zählten auch die Werke der Komponisten der „Wiener Schule“. Von 1959an lehrte Friedrich Cerha fast dreißig Jahre an der Hochschule für Musik in Wien, wo er eine Klasse für Komposition, Notation und Interpretation Neuer Musik innehatte. Den ersten internationalen 8
Vgl. Andre Asriel, http://www.andre.asriel.de/index.php?site=2, 07.03.2021; Komponistenlexikon, Asriel Prof. Andre, http://www.komponistenlexikon.de/komponisten.php?id=374&name=asriel&vorname=prof.-andre, 07.03.2021;Österreichisches Musiklexikon, Asriel Andre, https://musiklexikon.ac.at/ml/musik_A/Asriel_Andre.xml, 07.03.2021;Neues Deutschland, Komponiertes Leben, https://www.neues-deutschland.de/artikel/13116.komponier tes-leben.html, 07.03.2021.
Wasa – Klangmosaik
Erfolg als Komponist und Dirigent feierte er im Jahr 1961.Cerha trat von da an verstärkt als Dirigent in Erscheinung. 1978gründete er im Wiener Konzerthaus den Zyklus „Wege in unsere Zeit“. 1986 wurde ihm der große Österreichische Staatspreis verliehen, dazu kamen Auszeichnungen aus der Steiermark und Wien. Ab 1994 verband ihn auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Klangforum Wien, dessen Präsident er bis 1999 war. Anlässlich des 95. Geburtstags im Februar 2021 wurde und wird der Doyen der neuen Musik in zahlreichen Sondersendungen und Porträts geehrt. Mit folgenden Opern machte sich Cerha auch international einen Namen: Die Oper Baal (1981)– nach einem Drama von Berthold Brecht – wurde bei den Salzburger-Festspielen uraufgeführt; Der Rattenfänger (1987)– nach Carl Zuckmayer; Der Riese vom Steinfeld (2002) – in Zusammenarbeit mit Peter Turrini mit einer Urauffüh ung an der Wiener Staatsoper; Onkel Präsident (2013)– eine komische Oper im Münchner Prinzenregenten-Theate . Immer wieder wurde die Beziehung zwischen Kollektiv und Individuum thematisiert. Als weiterer wichtiger Meilenstein in seinem Gesamtwerk muss der Spiegel-Zyklus (1972uraufgeführt) erwähnt werden. Aus seiner Feder stammt die Vollendung des dritten Akts von Alban Bergs Oper Lulu, 1979in Paris vielbeachtet unter Pierre Boulez erstmals aufgeführt. Seine unverwechselbare Tonsprache sichert Cerha seit Jahrzehnten einen fi en Platz in der österreichischen Musiklandschaft.9
Ernst Décsay (Pseudonym Franz Heinrich) Daten: Geburtsort: Kategorie:
13.April 1870–12.März 1941 Hamburg Musikrezensent, Musikkritiker, Lehrer für Musikgeschichte am Neuen Wiener Konservatorium
1889absolvierte Ernst Décsey die Reifeprüfung am Wasagymnasium und studierte anschließend an der Wiener Universität Jus. Parallel dazu erhielt er seine Ausbildung zum Musiker am Konservatorium der Stadt Wien. Über die Übernahme des Musikreferates der Grazer Zeitung „Tagespost“ führte sein Weg zum erfolgreichen Rezensenten und Musikschriftsteller. Ab 1920wurde er ständiger Musikreferent beim Neuen Wiener Tagblatt. Daneben war er auch als freier Schriftsteller und Lehrer für Musikgeschichte am Neuen Wiener Konservato9
Vgl. Wikipedia, Friedrich Cerha, https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Cerha, 07.03.2021;Universaledition, Friedrich Cerha, https://www.universaledition.com/friedrich-cerha-130#biography, 07.03.2021;Ö1, Marie-The ese Rudolph (16.02.2021),Friedrich Cerha zum 95er: https://oe1.orf.at/ artikel/680855/Friedrich-Cerha-zum-95er, 07.03.2021;Das Urgestein der Moderne: Komponist Friedrich Cerha wird 95, Tiroler Tageszeitung (14.2.2021),https://www.tt.com/artikel/30779108/das-urgestein-der-moderne-komponist-friedrich-cerha-wird-95, 07.03.2021.
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rium tätig. Erwähnenswert ist das Verfassen einer vierbändigen Biographie über Hugo Wolf, Johann Strauß, Franz Léhar und Claude Debussy. Seine musikwissenschaftlichen Besprechungen machten ihn über Österreich hinaus bekannt. Bis zur Machtergreifung durch die Nazis gehörte er zu den führenden Wiener Musikkritikern. 1938wurde er aus rassistischen Gründen entlassen. Seine Kritiken atmeten immer künstlerischen Geist; seine Musikbiographien verbinden sachlichen Ernst mit überbordender Begeisterung für die Materie. Seine Theaterstücke sind g ößtenteils liebenswürdigste „Austriaca“, die er zum Teil auch mit anderen Künstlern gemeinsam für die Bühne schuf (z.B. Musikant Gottes, Mädchen für alles). Außerdem schrieb er noch kulturhistorische Romane.10
Hans Gál Daten: Geburtsort: Kategorie:
5. August 1890–3.Oktober 1987 Brunn am Gebirge Komponist, Musiktheoretiker
Hans Gál, Sohn eines Arztes, entschloss sich nach seiner Reifeprüfung, die er 1908am Wasagymnasium ablegte, Komposition bei Eusebius Mandyczewski, einem Schüler von Johannes Brahms, und Musikwissenschaft an der Universität Wien zu studieren. Ab 1909 arbeitete er auch als Lehrer für Kontrapunkt und Harmonielehre am Neuen Wiener Konservatorium. 1915 erhielt er den tSaatspreis für Komposition. 1919 übernahm er eine Lektoratstätigkeit an der Universität Wien. Kaum ein Jahrzehnt währte das einigermaßen stabile Leben in Wien. In seinen musikwissenschaftlichen Forschungen konzentrierte er sich auf den Komponisten Brahms. Aufsehen erregten seine Opern, u.a. Das Lied der Nacht und Die heilige Ente, die mehrfach inszeniert wurden. Den Posten des Direktors des Mainzer Konservatoriums, den er auf Empfehlung von Wilhelm Furtwängler erhalten hatte, konnte er nur vier Jahre innehaben. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er entlassen. Die Hetzkampagne, die ihm – einem der damals bekanntesten Komponisten seiner Zeit – entgegenschlug, hatte ihn tief getroffen. Unauslöschlich war für ihn seine Begegnung mit Adolf Hitler anlässlich einer Wagner-Feierstunde am Konservatorium. Er äußerte blankes Unverständnis darüber, dass die Volksmasse einer dermaßen undistinguiert auftretenden Person Gefolgschaft zu leisten gewillt war. In Wien zurück, erwartete ihn in den nächsten vier Jahren eine schwierige Zeit, wo er sich zum Teil mit Chordirigaten über Wasser hielt 10
Vgl. Wikipedia, Ernst Décsey, https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_D%C3%A9csey, 07.03.2021; Österreichisches Biographisches Lexikon, Decsey, Ernst; Ps. Franz Heinrich (1870–1941), Schriftsteller, Musikkritiker und Theaterkritiker, https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_D/Decsey_ Ernst_1870_1941.xml , 07.03.2021.
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und verzweifelt nach geeigneten Stellen im Ausland suchte. Daneben machte ihm auch das Auffüh ungsverbot seiner Werke im gesamten Deutschen Reich zu schaffen. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland 1938 wurde Gal in die Emigration gezwungen. Er emigrierte nach Großbritannien. Nach einer kurzen Internierung „als feindlicher Ausländer“ konnte er eine adäquate Anstellung an der Musikfakultät der Universität Edinburgh antreten. Doch die ersten Jahre hatte Gal auch privat noch tragische Ereignisse zu verkraften. Seine beiden Söhne schieden freiwillig aus dem Leben. Seine Schwester Jenny Fleischer-Alt beging Selbstmord, um nicht nach Ausschwitz deportiert zu werden. Gál sagte sinngemäß, dass die Musik ihm das Leben gerettet habe. Das Glück, Musiker zu sein, habe ihn über alle Abgründe hinweg getragen. Er blieb – auch nach Angeboten aus der Heimat – in Edinburgh. Seine Musik hatte zwar viele Freunde gefunden, die große Anerkennung – wie er sie noch in den 1920er-Jahren erhalten hatte – blieb ihm jedoch verwehrt. Seine Schriften über Brahms, Wagner, Verdi und Schubert fanden aber große Beachtung. Anlässlich eines Interviews 1987formulierte er: „Da wächst man in Wien auf, geht dort in die Schule, hat dort seine Freunde, Auffü rungen, ... und hier in Edinburgh wird man alt. Dieser Bruch in meinem Leben, der lässt sich nicht gutmachen.“ Und bitter der witzige Nachsatz: „Bei mir ist es dem Hitler wirklich gelungen!“11 Gáls Musik klingt tatsächlich durchwegs positiv, aber nie oberflächlich. eine großen Opernerfolge vor 1933,Die heilige Ente und Das Lied der Nacht, zeugen von einer meisterhaft durchformten, farbigen Tonsprache, die das Denken der Moderne kennt, aber immer Schönheit und Freundlichkeit anstrebt. Das Opernschreiben gab er zwar zugunsten der Sinfonik, der Kammer-, Klavier- und Vokalmusik auf, behielt jedoch seinen eigenen, im besten Sinne konstruktiven Stil bis ins hohe Alter bei.12
Ernest Gold (eigentlich Ernst Siegmund Goldner) Daten: Geburtsort: Kategorie: 11 12
13.Juli 1921–17.März 1999 Wien Filmkomponist, Oscarpreisträger
Vgl. Christian Heindl, Brillanz und Phantasie, https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/ Essays/Musik/Brillanz_und_Phantasie, 19.06.2021. Vgl. Wikipedia, Hans Gál, https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_G%C3%A1l , 07.03.2021;Eva Fox Gál, Hans Gál, https://www.breitkopf.com/composer/302/hans-gal, 07.03.2021;Wien Geschichte Wiki, Hans Gál, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hans_Gal, 07.03.2021;Hedwig Brüchert, Hans Gál, https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/gal-hans.html, 07.03.2021; Dietrich Stern, Hans Gál, ein Überlebender durch die Musik, https://www.echo-online.de/kultur/ kulturnachrichten/hans-gal-ein-uberlebender-durch-die-musik_22472106, 07.03.2021;Ziegler Katharina, Brillanz und Phantasie, https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Musik/ Brillanz_und_Phantasie, 07.03.2021.
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Als Sohn eines Geigers und einer klassischen Sängerin war Ernst Gold von klein auf musikalisch geprägt und wurde bereits im Alter von fünf Jahren als Wunderkind gerühmt. Mit zwölf Jahren begann er sein Studium am Wiener Konservatorium. Von 1931bis 1936 verbrachte er seine Schulzeit am Wasagymnasium. 1938wurde die Familie in die Emigration gezwungen. In den USA begann Ernst in New York zu studieren. Bereits 1940wurden Titel wie Practice Makes Perfect und Accidentally on Purpose zu Erfolgshits. 1945übersiedelte er nach Los Angeles und arbeitete als Arrangeur. Er änderte seinen Namen auf Ernest Gold. Schließlich beschäftigte er sich mit der Filmmusik für Western. 1958begann seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur und Produzenten Stanley Kramer. 1961erreichte er den internationalen Durchbruch mit der Filmmusik für Exodus, für die er nicht nur den Oscar, sondern auch als erster Filmkomponist einen Stern auf dem Walk of Fame erhielt. Mit seinem ehemaligen Klassenkameraden Andre Asriel verband ihn die Liebe zur Filmmusik, allerdings vor und nicht hinter dem Eisernen Vorhang. Neben Filmmusik komponierte er Kammermusik und mehrere Sinfonien. Gold verstarb 1999im 78. Lebensjahr in Santa Monica (Kalifornien). Die Musik zu den Filmen Flucht in Ketten, Wer Wind säet, Das Urteil von Nürnberg, Das Narrenschiff, Steiner – das eiserne Kreuz zählen heute zu seinen bekanntesten Kompositionen.13
Wilhelm Grosz (Pseudonyme: Hugh Williams, Andre Milos) Daten: Geburtsort: Kategorie:
11.August 1894–10.Dezember 1939 Wien Kapellmeister, Komponist auch für Filmmusik
Wilhelm Grosz wurde in Wien als einziges Kind des wohlhabenden Juweliers Bernhard Grosz und seiner Frau Mathilde Tenzer geboren. Die Matura legte er 1912 imWasagymnasium ab. Er erhielt bereits früh Klavierunterricht und studierte an der Musikakademie, ab 1913zusätzlich Musikwissenschaft an der Universität Wien. 1921 evrbrachte er ein Jahr als Kapellmeister in Mannheim. Danach ging er nach Wien, arbeitete als Komponist und Begleiter verschiedener Varietékünstler und konnte sich als Bühnenkomponist einiges Ansehen verschaffen. In dieser Zeit begann auch sein Interesse für Unterhaltungsmusik. 1927erhielt er den Musikpreis der Stadt Wien und übersiedelte nach Berlin. Er setzte auf eine Karriere als Schallplattenproduzent, Dirigent und Arrangeur beim Label Ultraphon in Berlin. Er komponierte Schlager, arrangierte Lieder und Strauß-Walzer, begleitete Sänger und spielte mit Walter Kauffmann Klavierduos der Unterhaltungsmusik ein. 13
Vgl. Wikipedia, Ernest Gold, https://de.wikipedia.org/wiki/Ernest_Gold, 07.03.2021.
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Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste er infolge der Entrechtung und Ausgrenzung der als jüdisch definie ten Personen Berlin im Jahr 1933verlassen. Seine Musik wurde mit einem Auffüh ungsverbot belegt und als „entartete Musik“ eingestuft. Die Heimkehr nach Wien blieb allerdings nur eine kurze Episode, denn im selben Jahr emigrierte er nach London. Nachdem seine Kompositionen auf kein Interesse stießen, wendete er sich vollständig der Unterhaltungsmusik zu, wobei er sich ein Pseudonym zulegte. Seine Schlager – vor allem in Zusammenarbeit mit dem Songschreiber Jimmy Kennedy – wurden Hits. Unter seinem Pseudonym wurden diese Lieder selbst in Deutschland gespielt (z.B. Ein Schiff fährt nach Shanghai).1939reiste er auf Empfehlung seines Schulfreundes Erich Wolfgang Korngold in die USA, um die Musik zum Film Along the Santa Fé Trail zu komponieren. Ein Herzinfarkt verhinderte die Vollendung der Partitur. Obwohl seine Werke u.a. auch von Glenn Miller aufgeführt wurden, ist sein umfangreiches Oeuvre nach 1945in Vergessenheit geraten und wurde erst ab 1990durch den Dirigenten Robert Ziegler wiederentdeckt.14
Peter Hammerschlag Daten: Geburtsort: Kategorie:
27. Juni 1902–Juli 1942(verschollen in Auschwitz) Wien Dichter, Schriftsteller, Grafike , Kabarettist
1902als Sohn eines jüdischen Ohrenarztes und Universitätsprofessors geboren, konvertierte er mit dem Eintritt in die Volksschule zum katholischen Glauben. Schon früh zeichnete sich seine zeichnerische und komische Begabung ab. Nach der Matura belegte er zuerst Kurse an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, denen aber bald ein Studium der Philosophie folgte. In den nächsten Jahren verdiente er sich seinen Lebensunterhalt durch Illustrationen. Während eines Aufenthaltes in Berlin kam er mit dem Kabarett in Kontakt. Auf Vermittlung seines Freundes Friedrich Torberg arbeitete er auch in Prag, u.a. als Autor von Kindergedichten. Mit der Eröffnung der Wiener Kleinkunstbühne „Der Liebe Augustin“ im November 1931engagierte sich Peter Hammerschlag als Hausautor, Conferencier, Darsteller und Blitz14
Vgl. Exilarte, Wilhelm Grosz, https://exilarte.org/nachlaesse/wilhelm-grosz-2, 07.03.2021;Wikipedia, Wilhelm Grosz, https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Grosz, 07.03.2021;Elisabeth Th. Hilscher/Monika Kornberger, Grosz (Groß) Wilhelm (Will; Pseud. Williams, Hugh bzw. Milos, André), https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_G/Grosz_Wilhelm.xml, 07.03.2021;Karin Ploog, … Als die Noten laufen lernten… Geschichte und Geschichten der U-Musik bis 1945 – Erster Teil, Norderstedt 2015, 407.
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dichter. (Die schwierige wirtschaftliche Situation wird auch dadurch unterstrichen, dass die tägliche Miete für die Bühne im Keller des Café Prückl dreißig konsumierte Kaffees betrug und dies manchmal schwer zu realisieren war.) Hammerschlag pflegte auch Kontakte zu anderen Kleinkunstbühnen, für die er ebenfalls Beiträge schrieb. Auch für Zeitungen verfasste er Beiträge mit eigenen Illustrationen. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland 1938wurde er Zielscheibe massiver nationalsozialistischer Repressalien. Er verlor seine Wohnung, wurde 1941zur Zwangsarbeit verurteilt, am 17. Juli 1942verhaftet und nach Auschwitz deportiert und Opfer der Schoah. Er bestach durch seine witzig-selbstironische, teilweise groteske wie einfühlsame Betrachtung des eigenen Metiers und der alltäglichen menschlichen Schwächen. Seine Parodien auf zeitgenössische Dichter wie Hugo von Hoffmannsthal und Theodor Kramer, seine StegreifGedichte sind erwähnenswert. Sein „Krüppellied“, das die Gegensätzlichkeiten der Wiener Seele beschreibt, erhielt durch die Neuinterpretation von Helmut Qualtinger zusätzliche Berühmtheit. Sein Nachlassverwalter und Freund Friedrich Torberg brachte 1972einen Gedichtband mit dem Titel „Der Mond schlug grad halb acht“ im Zsolnay-Verlag heraus. Das jüdische Museum widmete ihm 1997eine eigene Ausstellung.15 Peter Hammerschlag, Schüler des RG8 in der Albertgasse, wirkte bei Schulrevuen im Wasagymnasium mit, die Marcel Prawy geschrieben und komponiert hatte.16
Gottfried Kinsky-Weinfurter Daten: Geburtsort: Kategorie:
17.März 1958 Wien Lehrer, Medienkomponist, Autor
Kinsky-Weinfurter lehrt seit 1984die Fächer Musikerziehung und Philosophie/Psychologie/ Pädagogik am Wasagymnasium. Außerdem ist er als Medienkomponist (Jingles, Musik für Werberahmensendungen im ORF, Musik für PR- und Industriefilme) und utor in seiner Heimatstadt tätig. Seine Interessensschwerpunkte gelten der Popularmusik und Filmmusik, 15
16
Vgl. Wikipedia, Peter Hammerschlag, https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Hammerschlag, 07.03.2021;Österreichisches Pressebüro, Erwin Steinhauer liest Peter Hammerschlag, https://www. oepb.at/allerlei/erwin-steinhauer-liest-peter-hammerschlag.html, 07.03.2021; Österreichische Bibliotheken im Ausland, Peter Hammerschlag im Porträt, Peter Hammerschlag im Porträt – BMEIA, Außenministerium Österreich, 07.03.2021;Wien Geschichte Wiki, Peter Hammerschlag, https:// www.geschichtewiki.wien.gv.at/Peter_Hammerschlag, 07.03.2021;Österreichische Nationalbibliothek, Peter Hammerschlag (1902–1942) https://www.onb.ac.at/bibliothek/sammlungen/literatur/bestaende/personen/hammerschlag-peter-1902-1942, 07.03.2021. Vgl. Marcel Prawy mit Beiträgen von Peter Dusek und Christoph Wagner-Trenkwitz, Marcel Prawy erzählt aus seinem Leben, Wien 1996, 38–40.
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aber auch der Kritik an der sogenannten Hochkultur. Diverse Publikationen sind zu diesen Themen erschienen (Sturz der Denkmäler, Filmmusik im Dritten Reich u.a.)17 Im schulischen Bereich ist er ein wichtiger Ideengeber für den praktischen Musikunterricht. Einige Projekte wie z.B. der Wasa Music Contest oder das österreichisch-chinesische Opernprojekt über die Comicfigur „Tom-Tom“ – aufgeführt in einem Kinosaal der Lugner City und in einem Opernhaus in Peking – zeugen von seinem Ideenreichtum.18
Erich Kleiber Daten: Geburtsort: Kategorie:
5. August 1890–27.Jänner 1956 Wien Dirigent
Erich Kleiber wurde 1890 inWien als Sohn eines katholischen Gymnasialprofessors geboren, seine Eltern starben allerdings früh, sodass er mit seinen Schwestern bei Verwandten aufwuchs. Das Gymnasium besuchte er wieder in Wien und maturierte gemeinsam mit seinem Schulkollegen Hans Gál 1908im Wasagymnasium. Früh an das Klavier- und Orgelspiel seines musikbegeisterten Vaters gewöhnt, verbrachte er schon während seiner Schulzeit viele Abende in der Wiener Hofoper. Nach der Matura 1908 verließ er Wien, um in Prag Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und Musik zu studieren. 1912 erhielt er in Darmstadt seinen ersten Kapellmeister-Posten. Seine Engagements als Dirigent in deutschen Städten und speziell als Generalmusikdirektor an der Berliner Staatsoper mit seinen Interpretationen zeitgenössischer Komponisten wie Alban Berg, Ernst Krenek, Arnold Schönberg und Igor Strawinsky wurden hochgeschätzt. Vor allem seine Urauffüh ung der Oper Wozzeck von Alban Berg erlangte Berühmtheit. Doch bereits ab 1934bekam er Gegenwind durch die nationalsozialistische Presse, weniger aufgrund der jüdischen Herkunft seiner Ehefrau als wegen seines Engagements für moderne Musik. 1935zog sich Kleiber – trotz Interventionen von NS-Parteigrößen – von seiner Position als Generalmusikdirektor zurück und übersiedelte ins Salzkammergut. Seine Teilnahme an den Salzburger Festspielen im selben Jahr blieb legendär. Allerdings konnte er in Österreich keine fi e Anstellung erreichen. Seine Enttäuschung darüber war groß und fortan war er als reisender Gastdirigent in ganz Europa tätig. 1938verlor er seine österreichische Staatsbürgerschaft, emigrierte nach Südamerika und verlegte seinen Lebens- und Wirkungsort nach Buenos Aires und an das Teatro Colón. Erst 1948kehrte er für Gastdirigate nach Europa zurück. In den folgenden 17 18
Vgl. Austria Forum, Gottfried Kinsky-Weinfurter, Gottfried Kinsky-Weinfurter | AustriaWiki im Austria-Forum (austria-forum.org), 07.03.2021. Vgl. Wien-Peking: Die Tom-Tom Comic-Oper entsteht, Jahresbericht BG IX (2004/2005), 28–30.
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Jahren wechselten sich Engagements für Konzerte und Opernproduktionen (u.a. in London, Paris und Amsterdam) sowie zahlreiche Schallplattenaufnahmen ab. Eine fi e Anstellung – etwa als Direktor der Wiener Staatsoper – kam nie zustande und scheiterte u.a. auch an seinen hohen finanziellen Forderungen. Sein letztes Konzert gab er – zu Ehren Mozarts – mit dem Kölner Rundfunkorchester. Am 27. Jänner 1956starb er – an Mozarts 200. Geburtstag. Kleiber soll es einzigartig verstanden haben, Partitur-Angaben durch präzise Anweisungen für Orchester wie Bühne deutlich zu machen und selbst mittelmäßige Musiker durch menschlich verständnisvolle Führung über sich hinauswachsen zu lassen. Sein Sohn Carlos Kleiber (1930–2004) zählt ebenfalls zu den bedeutendsten Dirigenten des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn war nicht immer konfliktf ei und gab Anlass zu Interpretationen.19
Josef Krips (eigentlich Josef Kryps) Daten: Geburtsort: Kategorie:
8. April 1902–12.Oktober 1974 Wien Kapellmeister, Dirigent
Josef Krips erhielt schon in frühester Kindheit Geigenunterricht. Die ersten drei Klassen seiner Gymnasialzeit verbrachte er im Wasagymnasium. Er wurde an der Wiener Akademie und bereits mit 16 Jahren ins Orchester der Wiener Volksoper aufgenommen. Ab 1921fungierte er als Chorleiter und Korrepetitor. 1920begann er Musiktheorie an der Wiener Musikakademie zu studieren. Anfänglich stand das Geigenstudium im Vordergrund, später konzentrierte er sich auf das Dirigieren. 1921 bis 1924 blieb Krips derVolksoper als Dirigent bzw. Chordirigent erhalten. In den Folgejahren wechselte er auch nach Deutschland. 1933 wurde er zum ersten Dirigenten der Staatsoper bestellt und erhielt schließlich 1935eine Professorenstelle an der Musikakademie. Nach dem „Anschluss“ an Nazi-Deutschland wurde Krips mit einem Berufsverbot belegt, blieb jedoch in Österreich und erwarb sich seinen Unterhalt mit Arbeitsdienst in einer Fabrik. Sofort nach Kriegsende nahm er seine Dirigententätigkeit wieder auf. Er galt als unbelastet, was ihn zu einem der gefragtesten Dirigenten seiner Zeit machte. So war Krips der erste 19
Vgl. Stolpersteine Salzburg, Erich Kleiber, http://www.stolpersteine-salzburg.at/de/orte_und_biographien?victim=Kleiber,Erich, 07.03.2021;Matthias Pasdzierny, Erich Kleiber, in: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg 2014, 42–50, https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001840, 07.03.2021;Wilfried Brennecke, Kleiber Erich, Neue Deutsche Biographie, https:// www.deutsche-biographie.de/pnd118723448.html#ndbcontent , 07.03.2021.
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Leiter der Wiener Philharmoniker nach 1945,dirigierte auch die ersten Salzburger Festspiele und 1946/1947 das Neujahrskonzert. Gleichzeitig gründete er das Wiener Mozart Ensemble. Das Jahr 1950 brachte eine Zäsur, die seine internationale Karriere befeuerte. Einer vierjährigen Leitungsfunktion des London Symphonie Orchesters folgten mehrjährige Leitungspositionen in New York beim Buffalo Philharmonic Orchestra und dem San Francisco Symphony Orchestra. 1970–1973 fungierte er als künstlerischer Berater und Hauptdirigent der Wiener Symphoniker. Krips wurde allerdings nie offiziel zum Leiter ernannt. Seine zahlreichen Plattenaufnahmen – vor allem in den 1960er- und frühen 1970er-Jahren – unterstreichen seine Leistungen als Dirigent und idealer Interpret von Werken der Wiener Klassik.20
Ernst Kurth Daten: Geburtsort: Kategorie:
1. Juni 1886–2.August 1946 Wien Musikwissenschaftler
Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. 1904 legte Kurth die Reifung am Wasagymnasium ab und begann anschließend in Wien Musikwissenschaft zu studieren. Das Studium schloss er 1908mit einer Dissertation über die frühen Opern Glucks ab. Nachdem er für kurze Zeit als Dirigent und Lehrer in der freien Schulgemeinde Wickersdorf gearbeitet hatte, übersiedelte er für seine Habilitation nach Bern. Nach siebenjähriger Tätigkeit als Privatdozent in Bern erhielt er 1928 einen Lehrstuhl im musikwissenschaftlichen Seminar, den er bis zu seinem Tod innehatte. In seinen Werken vermischte er harmonische und melodische Analyse mit psychologischer Interpretation und erforschte kontrapunktische Techniken in Bachs Cembalo- und Solo-Saitenwerken, harmonische Praktiken in Wagners Opern (hauptsächlich in Tristan und Isolde) und formale Prozesse in Bruckners Symphonien. Seine bahnbrechenden Schriften zur Musiktheorie, in denen er von einem Verständnis des musikalischen Geschehens auf psychologischem Weg ausgeht, sind nicht unumstritten, waren aber wichtige Impulse für die Forschung.21 20
21
Vgl. Ö1 – ORF.at, Chris Tina Tengel (2020), Energiebündel Josef Krips, https://oe1.orf.at/programm/20200507/597917/E nergiebuendel-Josef-Krips, 07.03.2021; Wien Geschichte Wiki, Josef Krips, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Josef_Krips, 07.03.2021;Uwe Harten, Krips Brüder, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_K/Krips_Brueder.xml, 07.03.2021;Klassik Heute, Josef Krips 40. Todestag, http://www.klassik-heute.com/4daction/www_thema_id/424, 07.03.2021;BPO Archives, Josef Krips, Josef Krips (bpo.org), 07.03.2021. Vgl. Wikipedia, Ernst Kurth, https://de.wikipedia.org/wiki/ErnstKurth (Musikwissenschaftler), 07.03.2021;Österreichisches Biographisches Lexikon, Kurth Ernst (1886–1946), Musikwissenschaftler,
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Friedrich Lessky Daten: Geburtsort: Kategorie:
27. August 1934 Ried im Innkreis Lehrer, Chorleiter, Kirchenmusiker, Direktor des Musikgymnasiums
Klavier- und Orgelunterricht erhielt Lessky bereits von Kindheit an. Als Schüler des BG Ried übte er schon Korrepetitoren- und Dirigententätigkeit für den Schul- und Kirchenchor aus. Nach der Reifeprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg studierte er Schulmusik und Orgel an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien sowie an der Universität Wien Lehramt für Geschichte und Musikwissenschaft. 1957gewann Lessky mit dem Chor der Katholischen Hochschulgemeinde Wien den ersten Preis beim Internationalen Chorwettbewerb in Arezzo. Seit 1958ist er als engagierter Chorleiter und Organist an der Pfarrkirche Neuerdberg Don Bosco, Wien 3, tätig. Von 1958–1964unterrichtete er an verschiedenen Wiener Gymnasien, bevor er 1964von Hofrat Zwölfer für die Aufbauarbeit des Schulversuchs „Realgymnasium für Studierende der Musik“ am Wasagymnasium begeistert werden konnte. Am neuen Standort in Wien 7, Neustiftgasse 95–99war er in der Zeit von 1976bis 1999als Direktor tätig. Folgende weitere musikalische Stationen seiner Karriere sind für das österreichische und speziell für das Wiener Musikleben erwähnenswert: Künstlerischer Leiter der Wiener Singakademie, Lehrbeauftragter der Hochschule für Musik und darstellende Kunst, musikalischer Leiter an der „Schubertkirche“ Lichtental in Wien 9, Gründer des „Internationalen Chorwettbewerbs Franz Schubert“ in Wien, Wiener Landesobmann der Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Österreichs, Obmann der Freunde des Wiener Musikgymnasiums. 1988 wurde ihm für seine Verdienste der Berufstitel Hofrat verliehen. 1999 endete seine Direktionszeit am Wiener Musikgymnasium. Zahlreiche Orden und Auszeichnungen zeugen von seiner regen Lehr- und Konzerttätigkeit: Mozart-Interpretationspreis für junge Künstler (1971),Komturkreuz des Päpstlichen Silvesterordens (1992),Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1995)u.a.m. In Prof. Dr. Hans Gillesberger (Chordirigieren), Prof. Dr. Ernst Tittel (Komposition) und Prof. Ferdinand Großmann hatte er vorbildliche Lehrer, die seinen musikalischen Werdegang wesentlich beeinflussten. eine besondere Vorliebe für das Chorsingen führte 1968 zur Gründung des Kammerchors des Wiener Musikgymnasiums, mit dem er in den folgenhttps://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_K/Kurth_Ernst_1886_1946.xml , 07.03.2021; Cambridge University Press, Ernst Kurth, Introduction – Ernst Kurth: Selected Writings (http://cambridge. org), 07.03.2021.
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den Jahren bei diversen internationalen Wettbewerben immer wieder Spitzenplatzierungen erreichen konnte. Zahlreiche Ur- und Erstaufnahmen von zeitgenössischen Chorwerken, Schallplatten-, CD-Produktionen, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen komplettieren sein musikalisches Lebenswerk.22
Richard Maux Daten: Geburtsort: Kategorie:
26. Jänner 1893–2.August 1971 Wien Komponist, Altphilologe und Musikpädagoge
Über Maux’ Jugend ist wenig bekannt. 1911absolvierte er seine Reifeprüfung am Wasagymnasium. Zwischen 1911und 1914studierte er dann Kontrapunkt, Harmonie- und Formenlehre sowie Klassische Philologie. 1924 trat Maux in den Schuldienst ein und unterrichtete bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1958am Bundesrealgymnasium Wien 16.Die Großstadt und der ländliche Raum waren für ihn die zwei wichtigsten Bezugspunkte in seinem Leben. Er wechselte dauernd zwischen Stadt und Land und bevorzugte für das Komponieren verschiedene Gasthäuser in Niederösterreich.23 Hans Zwölfer war Schüler von Maux und mit ihm freundschaftlich verbunden. Sehr viele Werke aus dem umfangreichen Oeuvre des Komponisten wurden daher während der Ära Zwölfer bei diversen Musikfesten und Konzertabenden des Wasagymnasiums aufgeführt.24 Einerseits vertonte Maux laut Geschichte Wiki der Stadt Wien am häufigsten Texte von Felix Braun, Rainer Maria Rilke, Stefan Zweig, u.a. Andererseits sehen die Biographen seine Kampfliede , die er während des ersten Weltkriegs schrieb, und seine Einstellung gegenüber dem Nazi-Regime sehr kritisch. Anlässlich des „Anschlusses“ an Nazi-Deutschland wurde von Maux und seiner Gattin im März 1938die ursprüngliche Weltkriegskomposition „Donauwacht“ bzw. „Neu-Österreich“ mit einem neuen Text zur „Ostmark-Hymne – Lasst
22
23 24
Vgl. Engelbert M. Exl, Herbert Kratschmer, Friedrich Lessky, Mag. Friedrich Lessky, in: Verein der Freunde des Wiener Musikgymnasiums (Hg.), Dr. Hans Zwölfer und das Wiener Musikgymnasium, Wien 2017, 12–18. Vgl. Österreichische Nationalbibliothek, Richard Maux (1893–1971), https://www.onb.ac.at/bibliothek/sammlungen/literatur/bestaende/personen/maux-richard-1893-1971, 07.03.2021. Vgl. Viola Dauda, Mein Vater und ich, in: Verein der Freunde des Wiener Musikgymnasiums (Hg.), Dr. Hans Zwölfer und das Wiener Musikgymnasium, Wien 2017, 39.
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flattern die Fahnen“ umgeschrieben. Die spezielle Widmung dieses Liedes und Maux’ Mitgliedschaft beim Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLP) dokumentieren, dass dieser Komponist nach dem „Anschluss“ mit dem Hitler-Regime sympathisiert hat. Er selbst ging später nicht auf diese Werke ein, sondern führte vielmehr die Repressalien an, die er während der NS-Zeit durch seinen Direktor erleiden musste.25 Diskussionsstoff birgt auch jene ronzetafel im Festsaal des BG9, die den Komponisten zeigt. Maux ist Teil der Geschichte dieser Schule. Ein Kommentar zur Bronzetafel sollte kritisch auf seinen widersprüchlichen Charakter und seine Verehrung für das nationalsozialistische Gedankengut hinweisen. Als Musikpädagoge erhielt er mit seinem Lehrstil, der zum selbständigen Arbeiten anregen sollte, internationale Zustimmung. In seinem Werk dominiert das knapp den Text ausgestaltende Lied. Sein Kompositionsstil wird von ihm selbst als „Spätromantik mit stark impressionistischem Einschlag“ beschrieben. Er komponierte über 950 Klavierlieder und 85 kammermusikalische Werke. Seine vier symphonischen Dichtungen (z.B. Die Unbekannte von der Seine) und 62 Orchesterlieder wurden zwar aufgeführt, allerdings nicht gedruckt.26
Marcel Prawy Daten: Geburtsort: Kategorie:
29. Dezember 1911–23. Februar 2003 Wien Musikschriftsteller und -journalist, ursprünglich Jurist
Er entstammte einer adeligen jüdischen Juristenfamilie galizischer Herkunft und wurde als Marcel Horace Frydmann Ritter von Prawy geboren. Die Kindheit verlief turbulent. Seine Mutter brachte sich nach dem ersten Weltkrieg um. Er kam erst wieder nach der Wiederverheiratung des Vaters nach Wien und maturierte 1929 am Wasagymnasium mit Auszeichnung. In der Familientradition bleibend studierte er Jus und trat nach seiner Promotion auch in eine Anwaltskanzlei ein. Daneben belegte er musikwissenschaftliche Vorlesungen bei Egon 25 26
Vgl. Wien Geschichte Wiki, Richard Maux, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Richard_Maux, 07.03.2021. Vgl. Wien Geschichte Wiki, Richard Maux, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Richard_Maux, 07.03.2021;Österreichische Nationalbibliothek, Richard Maux (1893–1971), https://www.onb.ac.at/ bibliothek/sammlungen/literatur/bestaende/personen/maux-richard-1893-1971, 07.03.2021; Roman Roček, Maux Richard, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_M/Maux_Richard.xml, 07.03.2021;Diem Peter, Maux, Richard, https://austria-forum.org/af/Biographien/Maux%2C_Richard, 07.03.2021.
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Wellesz. Seine Liebe gehörte seit jeher der Musik. Ein Stehplatz in der Oper zählte bereits in seiner Jugend zu seiner wichtigsten Zufluchtsstätte und dann erst recht in Zeiten der stärker werdenden antisemitischen Anfeindungen. Seine Götter waren die Komponisten, die Sänger nur die Priester und Priesterinnen. Seiner Verehrung für den polnischen Tenor Jan Kiepura und seine Gattin Martha Eggerth verdankte er schließlich seine Anstellung als deren Sekretär. Mit dem Ehepaar konnte er 1938auch in die USA emigrieren. Von 1944bis 1950war er Mitglied der US-Streitkräfte und kehrte 1946als Kulturoffizi nach Wien zurück, wo er als Herausgeber der „Welt im Film“-Wochenschau der US-amerikanischen und britischen Besatzungsarmee arbeitete. Ab 1950 wurde er Schallplattenproduzent, u.a. für Remington Records (bis 1953). Nach anfänglich schwierigen Zeiten mit einem Wochenverdienst von 100 öS pro Woche, stieg er bei Remington mit einem Wochenverdienst von $ 500 (umgerechnet zumindest 20.000 öS) aus. In seiner Rolle als Dramaturg an der Wiener Volksoper (ab 1955)brachte er ab 1956mit Kiss Me, Kate erstmals Musicals aus den USA auf den europäischen Kontinent und ermöglichte damit den Siegeszug des amerikanischen Musicals in Österreich. U.a. wurden mit Wonderful Town (1956)und West Side Story (1968)Werke seines Freundes Leonard Bernstein aufgeführt. Er wurde Chefdramaturg der Wiener Volksoper. Seine Tätigkeit als ordentlicher Hochschulprofessor für Operndramaturgie an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien und Lektor für Theate wissenschaft an der Universität Wien sowie Gastprofessor an zahlreichen amerikanischen und japanischen Universitäten rundeten sein Tätigkeitsfeld ab. Einem breiten Publikum war er durch Fernseh- und Rundfunksendungen bekannt, in denen er sein Publikum in die Welt des Musiktheaters einführte und dabei mit Werkkenntnis und Humor brillierte. Seine Freundschaft mit Sängern und Musikern wie zum Beispiel Plácido Domingo, Leonard Bernstein oder Robert Stolz und Udo Jürgens ist legendär. Die letzten zehn Jahre verbrachte er unweit der Staatsoper im Hotel Sacher. Dort und in seiner Wohnung bewahrte er seine umfangreiche Musiksammlung in tausenden Plastiksäcken auf. Marcel Prawy starb am 23. Februar 2003 im 92. Lebensjahr in Wien. Seine Liebe zur Oper und seine Verehrung für das Neue machte Prawy zum ersten Musicalproduzenten Europas, zum Übersetzer des gesamten Bühnenwerks von Leonard Bernstein, zum Opernführer der Nation und zum leidenschaftlichen Anwalt von Komponisten und Interpreten. Eine grenzenlose Bewunderung für die alten Meister befeuerte den Lehrer Prawy, der gleichwohl besser als alle anderen wusste, dass eine Kunstform, die sich nicht mehr publikumswirksam erneuert, tot ist.27 27
Vgl. Wilhelmine Brandtner, Dr. Marcel Prawy – Pionier und Wegbereiter des Musicals vom Broadway nach „Good Old Europe“, Dr. Marcel Prawy – Pionier und Wegbereiter des Musicals vom Broadway nach „Good Old Europe“ – E-Theses (http://univie.ac.at), 07.03.2021;Wikipedia, Marcel Prawy, https://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Prawy, 07.03.2021;DIE ZEIT Online, Christoph Wagner-
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Heinrich Reif-Gintl Daten: Geburtsort: Kategorie:
7. Oktober 1900–13.Juli 1974 Wien Direktor der Wiener Staatsoper
Heinrich Reif Gintl wurde in Wien als Sohn von Dr. Berthold Reif und Katharina Elsa Reif geboren. Er besuchte das Wasagymnasium und schloss 1918 mit der Matura ab. Josef Krips war in den ersten drei Jahren der Gymnasialzeit sein Mitschüler. Nach der Matura studierte er Jus, belegte musikwissenschaftliche Vorlesungen und nahm Unterricht in Violine und Waldhorn. 1923trat er in die Bundestheaterverwaltung ein, wo er von 1925bis 1938verschiedene Sekretariatspositionen in der Wiener Staatsoper einnahm. Infolge der rassistisch motivierten Ausgrenzungspolitik wurde er nach dem „Anschluss“ seines Postens enthoben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zum stellvertretenden Direktor unter Franz Salmhofer ernannt und fand wieder Beschäftigung an der Staatsoper, deren Vorstellungen in der Zeit des Wiederaufbaus im Theater an der Wien stattfanden. Nachdem Kandidaten wie Rolf Liebermann und Rudolf Bing kein Interesse zeigten, wurde schließlich Heinrich Reif-Gintl zum Direktor der Wiener Staatsoper berufen. Während der kommenden vier Jahre begann er, nach den turbulenten Jahren unter Herbert von Karajan, mit einem Konsolidierungskurs und dem Abbau von Altlasten. Er setzte dabei vor allem auf die Erneuerungskraft des Ensembles. In seine Direktionszeit fiel auch das 100-Jahr-Jubiläum des Hauses (1969).Innerhalb von 60 Tagen fanden sich 47 verschiedene Opern und 5 Ballette auf dem Spielplan. Gerühmt wurde auch die Fidelio-Auffüh ung unter Leonard Bernstein und der Regie von Otto Schenk. Das Echo im Ausland fiel geteilt aus, wie ein Artikel aus der Zeitschrift Spiegel im Mai 1969vermeldete. Danach wechselte Reif-Gintl als Verwaltungsdirektor ins Burgtheater. Er galt als der Idealtypus des musischen Beamten mit gediegenen praktischen Erfahrungen in der Führung eines Theaterbetriebs Er wurde als Ehrenmitglied der Staatsoper (1970) ausgezeichnet und erhielt das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich (1969)sowie das Goldene Ehrenzeichen des Landes Wien (1971).
Trenkwitz (2006), Der Professor vom „Hotel Sackerl“, Österreich: Der Herr Professor vom „Hotel Sackerl“ | ZEIT ONLINE, 07.03.2021;Bruss Lillian, Prawy Marcel, https://austria-forum.org/af/AEIOU/ Prawy,_Marcel, 07.03.2021; Wien Geschichte Wiki, Marcel Prawy, https://www.geschichtewiki. wien.gv.at/Marcel_Prawy, 07.03.2021;Christian Glanz, Prawy Marcel Horace Frydman Ritter von, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_P/Prawy_Marcel.xml, 07.03.2021; Günter Keindlstorfer, Icke binä eine alte Tenore, http://www.kaindlstorfer.at/index.php?nav=1211&id=234&lang=gk , 07.03.2021.
Wasa – Klangmosaik
1972hat er gemeinsam mit Gottfried von Einem und Dr. Franz Grasberger, dem damaligen Direktor der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, das Institut für Österreichische Musikdokumentation gegründet.28
Fritz Stiedry Daten: Geburtsort: Kategorie:
11.Oktober 1883–9.August 1968 Wien Operndirektor, Dirigent, Komponist, Bearbeiter
Fritz Stiedry wurde in Wien geboren. Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Lediglich sein lebenslanger Einsatz für Arnold Schönbergs Werke ist dokumentiert. Nach seiner Matura, die er 1901am Wasagymnasium ablegte, studierte er Jus und parallel dazu Komposition bei Eusebius Mandyczewski. Seine Liebe galt vor allem der Musik. Es folgten Stellen als Kapellmeister in Prag, Posen, Nürnberg und Kassel. Zwischen 1916 und 1923 amtierte er als erster Kapellmeister der Hofoper Berlin. Danach folgte ein Engagement an der Wiener Volksoper bis zur Schließung des Hauses im April 1925. Zwischen 1925und 1929folgten Engagements als Gastdirigent in Italien, Spanien, Skandinavien und der Sowjetunion. 1930 wurde er zum ersten Kapellmeister der Städtischen Oper Berlin ernannt, aber mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten entlassen. 1933 wechselte er zum Philharmonischen Orchester in Leningrad und hatte die leitende Position bis 1937inne. 1938 gelangte er mit einem Besuchervisum in die USA. Dank eines Freundes, der ihm – via Kuba – ein Non-Quota-Visum verschaffte, erhielt er unbegrenztes Bleiberecht und wurde 1944eingebürgert. Bereits 1938beteiligte er sich an der Gründung des Kammerorchesters „The New Friends Of Music“ und wurde wenig später auch bis zur Auflösung des Orchesters (1942)sein Leiter. Die Zeit bis 1945lebten er und seine Gattin am Rande des Existenzminimums. Die Trendwende kam 1946. Mit 1. November wurde er zum Kapellmeister der Metropolitan Opera in New York bestellt. In den folgenden zwölf Spielzeiten konzentrierte er sich 28
Vgl. Wikipedia, Heinrich Reif-Gintl, https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Reif-Gintl, 07.03.2021; Wien Geschichte Wiki, Heinrich Reif-Gintl, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Heinrich_ReifGintl, 07.03.2021;Alexander Rausch, Reif-Gintl Heinrich, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_R/Reif-Gintl_Heinrich.xml, 07.03.2021;Der Spiegel, Generaldilettanz, https://www.spiegel.de/ spiegel/print/d-45741268.html , 07.03.2021;Institut für Österreichische Musikdokumentation, Über das IÖM, https://ioem.net/ueber-das-ioem, 07.03.2021;Wiener Staatsoper, Eine Zeitreise entlang der Direktoren (1869–2019), Eine Zeitreise entlang der Direktoren 1869–2019| Medien | Staatsoper | Wiener Staatsoper (http://wiener-staatsoper.at), 07.03.2021.
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auf die Interpretation von Mozart, Wagner und Verdi und stand für mehr als 250 Auffü rungen selbst am Pult. Aber auch in Europa – u.a. in London – dirigierte er wieder. Von 1955an machte dem 77-Jährigen ein Asthma-Leiden schwer zu schaffen. 1958ließ er sich beurlauben, zog mit seiner Frau nach Zürich und arbeitete an der Komposition seiner Oper Der gerettete Alkibiades. Die Oper blieb jedoch unvollendet. Fritz Stiedry starb kurz vor seinem 85. Geburtstag am 9. August 1968in Zürich. In einem Brief an Schönberg zählte Stiedry 1942seine Tätigkeiten und Verdienste folgendermaßen auf: 35-jährige Erfahrung als Operndirigent, davon nahezu dreißig Jahre in führenden Stellungen; sogenannter erster Wagnerdirigent; Creator der sogenannten VerdiRenaissance (Boccanegra, Macbeth etc.); fünf Jahre lang Chairman der IGNM – keiner hat so viel moderne Werke dirigiert wie ich. Leiter des ersten russischen Orchesters, Spezialist für Haydn und Bach. Zwölf Jahre an der MET, Plattenaufnahmen. Wo sich der Nachlass mit seinen Kompositionen befindet, ist unbekannt. Nur sein Briefwechsel mit Arnold Schönberg wurde von seiner Frau an das Arnold-Schönberg-Museum übergeben.29
Thomas Wally (* 1981) Daten: Geburtsort: Kategorie:
26. Juli 1981 Wien Komponist, Violinist, Senior Lecturer an der Wiener Musikuniversität
Thomas Wally lebt in Wien als Komponist und Geiger. Ab 1991 war er Schüler des Wasagymnasiums, das er 1999mit ausgezeichneter Reifeprüfung abschloss. Im Jahr 2012begann er seine Lehrtätigkeit an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, wo er derzeit als Senior Lecturer die Fächer Angewandte Satzlehre, Gehörtraining und Analyse unterrichtet. Schon während seiner Gymnasialzeit im BG9 ließ er durch sein exzellentes Geigenspiel bei diversen Schulkonzerten und Festen aufhorchen. Kein Wunder: Der berühmte Komponist, Musiktheoretiker und Kirchenmusiker Prof. Dr. Ernst Tittel war sein Großvater. Sein ältester Bruder Ernst ist Domorganist zu St. Stephan in Wien. Die Klänge von Oboe, Klavier und Gitarre sowie sein eigenes Geigenspiel prägten ihn bereits als kleines Kind. Sein Geigenstudium bei Josef Hell und das Kompositionsstudium bei Dietmar Schermann, Erich Urbanner und Chaya Czernowin schloss er mit Auszeichnung ab. Ein Auslandsjahr bei Paavo Heininen an der Sibelius-Akatemia in Helsinki sowie einige Violinmeisterkurse runden seine Ausbildung ab. Zahlreiche Preise, Auszeichnungen und Stipendien (dreimal ein Staatsstipen29
Vgl. Claudia Maurer Zenck, Fritz Stiedry, in: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg, 2013,https:// www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002667, 07.03.2021.
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dium für Komposition in den Jahren 2009, 2012 und 2018) dokumentier en sein Talent und seinen künstlerischen Werdegang. Auffüh ungen seiner Werke sind nicht nur beim alljährlichen Festival Wien Modern und in vielen anderen europäischen Städten, sondern auf der ganzen Welt zu hören (New York, Toronto, Moskau, Tokio, u.v.a.m.). Als Geiger widmet sich Thomas Wally vor allem der Aufführung von zeitgenössischer Musik. Mit dem „ensemble LUX“, dessen Mitbegründer er ist, gibt es zahlreiche Einspielungen seiner Werke sowie Konzerte bei den wichtigsten zeitgenössischen Festivals. Außerdem arbeitet er als Substitut bei den Wiener Philharmonikern und in der Wiener Staatsoper. Exemplarisch seien hier aus Wallys Oeuvre (laut Selbstbeschreibung „so schwer wie nötig, aber so leicht wie möglich“) einige Kompositionen genannt: 4 Bagatellen für Streichquartett (2004, universitätsinterner Wettbewerb); Impressions… en relief (2008); Violinkonzert … und ein einziger Ton weinte in einem Frühling … (Helmut Sohmen Kompositionspreis 2009)30 Im Juni 2020 erschien eine Werksammlung des Komponisten aus den letzten zehn Jahren. Das Album „Jusqu’à l’aurore“ wurde vom Schweizer Mondrian Ensemble eingespielt.31
Hans Zwölfer Daten: Geburtsort: Kategorie:
29. November 1910–1.Dezember 1997 Wien Direktor des Wasagymnasiums, Cellist, Kirchenmusiker
Nachdem er seine Gymnasialzeit im BG Wien 16 mit ausgezeichneter Reifeprüfung abschloss, widmete er sich dem Studium der Philosophie an der Universität Wien, wo er 1934 zum Doktor der Philosophie promovierte. Ein Jahr später absolvierte er die Lehramtsprüfungen für Deutsch und Latein. Seine beruflichen Anfänge füh ten ihn an die Gymnasien in Melk, Waidhofen/Thaya und aden. Während der Kriegszeit war er als Soldat der deutschen Wehrmacht in Deutschland und Italien verpflichtet Von 1946bis 1955arbeitete er als Referent für pädagogische Angelegenheiten im Stadtschulrat für Wien. 1955erfolgte die Ernennung zum Direktor des BG9 in der Wasagasse, zum Leiter der Externistenreifeprüfungskommission und zum Lehrbeauftragten für die pädagogische Ausbildung der Probelehrer am Pädagogischen Institut der Stadt Wien. 1956fand das erste Musikfest nach Zwölfers Amtsantritt anlässlich von Mozarts 200. Geburtstag statt. 30 31
Vgl. Thomas Wally, Komponist, Violinist, Lehrbeauftragter, Biographie (thomaswally.com), 07.03.2021. Vgl. Vom Zaubern mit Noten, Die Presse (07.09.2020), 21.
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1964/65kam es zur Gründung des Schulversuchs „Realgymnasium für Studierende der Musik“ am Wasagymnasium. 1965wurde ihm der Titel „Hofrat“ verliehen. 1975ging Hans Zwölfer als Direktor dieses Gymnasiums in Pension. Für sein vielfältiges Wirken erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen: Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1971),Commendatore di San Silvestro Papa (Komturkreuz des Päpstlichen Silvesterordens für Verdienste um die geistliche Musik – 1974) u.a.m. Drei bedeutende Musiker prägten seinen Lebensweg entscheidend mit: Ferdinand Großmann (Leiter des Akademischen Orchestervereins, dem Zwölfer 1932als Cellist beitrat), Alfred Reiter (Theorieleh er und Chorleiter in Waidhofen an der Thaya und Ernst Tittel, dessen Idee einer „Musikmittelschule“ schließlich von Zwölfer realisiert wurde. Seine musikalische Passion konnte er als Cellist, Orchester- und Kammermusiker, aber auch als Chorleiter in der Pfarrkirche Maria Geburt, Wien 3, und als Leiter des Orchesters „Neuer Wiener Musikverein“ mit regelmäßigen Konzerten im Konzerthaus unter Mitwirkung zahlreicher Schüler*innen des Musikgymnasiums unter Beweis stellen.32 Waltraud Rammel
Literaturverzeichnis Das Urgestein der Moderne: Komponist Friedrich Cerha wird 95, Tiroler Tageszeitung (14.02.2021) https://www.tt.com/artikel/30779108/das-urgestein-der-moderne-komponist-friedrich-cerhawird-95, 07.03.2021. Vom Zaubern mit Noten, Die Presse, 07.09.2020, 21. Wien-Peking: Die Tom-Tom Comic-Oper entsteht, Jahresbericht BG IX (2004/2005). Alexander Rausch, Reif-Gintl Heinrich, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_R/Reif-Gintl_ Heinrich.xml, 07.03.2021. Andre Asriel, http://www.andre.asriel.de/index.php?site=2, 07.03.2021. Austria Forum, Gottfried Kinsky-Weinfurter, Gottfried Kinsky-Weinfurter | AustriaWiki im AustriaForum (http://austria-forum.org), 07.03.2021. BPO Archives, Josef Krips, Josef Krips (bpo.org), 07.03.2021. Bruss Lillian, Prawy, Marcel, https://austria-forum.org/af/AEIOU/Prawy,_Marcel, 07.03.2021. Cambridge University Press, Ernst Kurth, Introduction – Ernst Kurth: Selected Writings (http:// cambridge.org), 07.03.2021. Christian Glanz, Prawy Marcel Horace Frydman Ritter von, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_P/Prawy_Marcel.xml, 07.03.2021. Christian Heindl, Brillanz und Phantasie, Brillanz und Phantasie | Musik | Essays im Austria-Forum (http://austria-forum.org), 07.03.2021.
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Vgl. Exl et al., Dr. Hans Zwölfer, 6f.
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Claudia Maurer Zenck: Fritz Stiedry, in: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg,2013,https://www. lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002667, 07.03.2021. Claudia Maurer-Zenck, Exil, http://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_E/Exil.xml, 08.03.2021. Der Spiegel, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45741268.html , 07.03.2021. DIE ZEIT Online, Christoph Wagner-Trenkwitz (2006): Der Professor vom „Hotel Sackerl“, Österreich: Der Herr Professor vom „Hotel Sackerl“ | ZEIT ONLINE, 07.03.2021. Diem Peter, Maux, Richard, https://austria-forum.org/af/Biographien/Maux%2C_Richard, 07.03.2021. Dietrich Stern, Hans Gál, ein Überlebender durch die Musik, https://www.echo-online.de/kultur/ kulturnachrichten/hans-gal-ein-uberlebender-durch-die-musik_22472106, 07.03.2021. Elisabeth Th. Hilscher/Monika Kornberger, Art. Grosz (Groß), Wilhelm (Will; Pseud. Williams, Hugh bzw. Milos, André), https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_G/Grosz_Wilhelm.xml, 07.03.2021. Engelbert M. Exl, Herbert Kratschmer, Friedrich Lessky, Mag. Friedrich Lessky, in: Verein der Freunde des Wiener Musikgymnasiums (Hg.), Dr. Hans Zwölfer und das Wiener Musikgymnasium, Wien 2017. Eva Fox Gál, Hans Gál, https://www.breitkopf.com/composer/302/hans-gal, 07.03.2021. Exilarte, Wilhelm Grosz, https://exilarte.org/nachlaesse/wilhelm-grosz-2, 07.03.2021. Franz Josef Grobauer, Vom Gestern ins Heute, in: Hans Peter Gump (Hg.), Festschrift zum 130-jährigen Bestandsjubiläum des Wasa Gymnasiums 1871–2001,Wien 2001. Günter Keindlstorfer, „Icke binä eine alte Tenore“, http://www.kaindlstorfer.at/index. php?nav=1211&id=234&lang=gk , 07.03.2021. Hans Peter Gump (Hg.), Festschrift zum 130-jährigen Bestandsjubiläum des Wasa Gymnasiums 1871– 2001, Wien 2001. Hans Zwölfer, Neue Blüte am alten Stamm des Wasagymnasiums, in: Verein der Freunde des Wiener Musikgymnasiums (Hg.), Dr. Hans Zwölfer und das Wiener Musikgymnasium, Wien 2017. Hedwig Brüchert, Hans Gál, https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/biographien/gal-hans. html, 07.03.2021. Institut für Österreichische Musikdokumentation, Über das IÖM, https://ioem.net/ueber-dasioem, 07.03.2021. Karin Ploog, … Als die Noten laufen lernten… Geschichte und Geschichten der U-Musik bis 1945 – Erster Teil, Norderstedt 2015. Klassik Heute, Josef Krips 40. Todestag, http://www.klassik-heute.com/4daction/www_thema_ id/424, 07.03.2021. Komponistenlexikon, ASRIEL, Prof. Andre, http://www.komponistenlexikon.de/komponisten. php?id=374&name=asriel&vorname=prof.-andre, 07.03.2021. Marcel Prawy mit Beiträgen von Peter Dusek und Christoph Wagner-Trenkwitz, Marcel Prawy erzählt aus seinem Leben, Wien 1996. Matthias Pasdzierny, Erich Kleiber, in: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer (Hg.), Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Hamburg, 2014, https:// www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001840, 07.03.2021. Neues Deutschland, Komponiertes Leben, https://www.neues-deutschland.de/artikel/13116.komponiertes-leben.html, 07.03.2021.
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Die „Wasa-Autoren“
Im Rahmen der festlichen Eröffnung des Wasagymnasiums nach umfangreichen baulichen Erhaltungsmaßnahmen wurde zu Beginn des Schuljahres 1995/96 auch die neue „Zentrale Schulbibliothek“ gefeiert. Kollegin Hügel hatte sie ambitioniert und hingebungsvoll aufgebaut. Behilflich bei der Wahl der Systematik für unseren Standort war Professor Wendelin Schmidt-Dengler gewesen, Professor am Institut für Germanistik der Universität Wien, dessen Kinder an unserer Schule maturiert und mit anderen Studenten beim Einbinden der Bücher geholfen hatten. Im Zuge der feierlichen Eröffnung suchte ollegin Hügel „zehn literarisch tätige Männer“ aus der Liste der Absolventen des Wasagymnasiums heraus, wie im Jahresbericht zu lesen ist, und Schülerinnen und Schüler stellten sie vor. Diese Aufstellung wurde für diesen Beitrag übernommen1 und drei österreichische Schriftsteller wurden hinzugefügt: Fritz Kalmar und Diego Viga, die den größten Teil ihres Lebens im Exil in Südamerika verbracht und dort gewirkt haben, und Sigmund Salzmann, Pseudonym Felix Salten, der nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Vaters die Schule vorzeitig verlassen musste.
Felix Braun
Felix Braun wurde 1885in Wien geboren, war Sekretär von Hugo von Hofmannsthal und mit diesem und Stefan Zweig befreundet. Durch seine Arbeit als Verlagslektor lernte er bedeutende Schriftsteller seiner Zeit kennen. Er maturierte 1904 am Wasagymnasium, war Literaturdozent in Italien und wurde 1939 in die Emigration nach England gezwungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Wien zurück und lehrte unter anderem am Max Reinhardt Seminar. Er verfasste Werke in allen Dichtungsgattungen. 1961wurde sein Stück Orpheus bei den Bregenzer Festspielen aufgeführt. Am Bundesgymnasium IX, im Festsaal unserer Schule, waren 1963das Schauspiel Tantalus und zum 80. Geburtstag des Dichters 1966die Stücke Die Tochter des Jairus und Ein indisches Märchenspiel zu sehen. 1
Isabella Hügel, Die Wasa Autoren, in: Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, 1995/96,18–23.
Die „Wasa-Autoren“
Er erhielt unter anderem den Literaturpreis der Stadt Wien und den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur. Im Sammelband Anrufe des Geistes im Text Heimkehr-Rede reflektie t der alternde Autor: Der Architekt ist der Künstler der Zeit. Was aber soll der Dichter? Das scheint fraglich. Sie haben mich als Dichter hoch geehrt, ich danke für jedes gute Wort, doch bin ich nicht mehr sicher, dass ich noch Anspruch habe, mich mit diesem Ehrennamen selbst anzureden. Einst, da ich als Knabe, als Jüngling durch unsere alten Gassen und unsere Landschaft ging und mir Verse zuschwebten wie Schmetterlinge, Verse, die niemand kannte, die nur in meiner Handschrift von damals geheim aufbewahrt wurden, da war ich ein Dichter. Weniges von diesem mir Geschenkten mag noch bestehen. Wie stark waren damals die Gefühle, die es hervorbrachten!2
Abb. 1: Felix Braun, 1936
Mit Hilfe seiner Schwester Käthe Braun-Prager gab der Autor die Lyrikanthologie „Der tausendjährige Rosenstrauch“ heraus. Das ist eine Sammlung von Gedichten in deutscher Sprache, die damals als die schönsten galten. Es war lange Zeit ein beliebtes Buch.
Robert Braun
Robert Braun wurde 1896 inWien geboren. Auch er maturierte wie sein Halbbruder Felix Braun am Wasagymnasium, studierte anschließend Chemie, war nach dem Krieg in der Lebensmittelindustrie tätig, arbeitete später als freier Schriftsteller und schrieb für Rundfunk und Zeitungen. Er musste vor den Nationalsozialisten fliehen und entkam mit Frau und Tochter nach Schweden, wo er schließlich Bibliothekar an der Universität in Uppsala wurde. Dort starb er im Jahre 1972. Sein Roman Abschied vom Wienerwald schildert die Not der jüdischen Emigranten: Ich sage es offen: Es war mir peinlich, in meiner eigenen tadt als Ausgestoßener zur Schau zu stehen. Ich war doch in Wien geboren, meine Familie von Seiten der Mutter seit etwa zwei Jahrhunderten hier ansässig, meine Vorfahren angesehene Ärzte. Jetzt sollte ich mich als Auswanderer und bereits Fremder sehen lassen […] 2
Felix Braun, Heimkehr-Rede, in: Felix Braun, Anrufe des Geistes. Essays, Reden, Erinnerungen, Graz/Wien 1965, 129f .
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Die „Wasa-Autoren“
Es war wieder ein heißer Tag des Sommers 1918.Ich stand in einem der Amtsräume des Hauses und wartete. Man hatte mir beim Eintritt die Nummer 92 verabreicht. – In diesem Augenblick wurde mir blitzartig bewusst, wie weit es mit mir schon gekommen war. Die Nummer 92 sagte es mir. Ich konnte mich ja nur um den Preis eines ganz geduckten Lebens retten. Muckte ich nur im Geringsten auf, ergriff mich die Gestapo. Ich war wie die Sklaven der Antike. Die riesige Nummer, die ich in der Hand hielt, zeigte es mir mit ihren Ziffern als wäre sie mein Sträflingszeichen. Trotz meiner 42 Jahre und aller Mühe und Arbeit, trotz meiner Arbeiten als Schriftsteller, trotz meines Doktorgrades, trotz meiner Studien seit vielen Jahren […] An einem Freitag im September ereignete sich nun, dass meiner Frau und mir aus Schweden eine Freudenbotschaft zukam. Durch meine Schwester erhielt ich ein Telegramm, dass Grete Wiesenthal einen Tag vorher bekommen und ihr dann brieflich übermittelt hatte. Es stammte von ihrem früheren Mann aus Stockholm und enthielt die fast unbegreifliche Worte, die ich immer wieder lesen musste: „Visum gleich fertig. Mit deutschem Pass die Grenzen offen. Nils“ […] Es kam mir freilich im Augenblick kaum zu Bewusstsein, was dies bedeutete. Ich hatte ja weder Muße noch auch ein Verlangen, das vergangene Leben vor dem 11.März 1938zu bedenken. Es war wie in einen Abgrund des Vergessens gesunken. […] Begriff ich wirklich, was es hieß: ohne Heimat leben?3
Oskar Maurus Fontana
Oskar Maurus Fontana lebte von 1889bis zu seinem Tod 1969in Wien, wo er auch seine Schul- und Studienzeit verbrachte. Sein Vater stammte aus Dalmatien, die Mutter gehörte der jüdischen Glaubensgemeinschaft an. 1898wurde die Familie katholisch und der Sohn getauft. Nach den Nürnberger Rassegesetzen wurde er als „Mischling zweiten Grades“ definie t. Von den Zeitgenossen wurde er der „Inneren Emigration zugezählt“4 Zwischen 1940–1944war er Kritiker und Feuilletonist z.T. unter Decknamen. Fontana war ab 1945 Leiter der Presse und Kulturabteilung im Unterrichtsministerium und Kulturredakteur beim Wiener Kurier. Am 14.02.1946wurde er wegen eines „pangermanistischen Artikels in der NS-Zeitschrift „Das Reich“ (Rezension einer Richard Wagner 5 vom Kurier fristlos entlassen.6 Auffüh ung in Linz, 16.03.1941)“ 3 4 5 6
Robert Braun, Abschied vom Wienerwald. Eine Lebenserkenntnis, zit. nach: Isabella Hügel, Die Wasa Autoren, 19. Siglinde Bolbecher/Konstantin Kaiser, Lexikon der österreichischen Exilliteratur, Wien/München 2000, 205. Ebd. Ebd.
Die „Wasa-Autoren“
Viele Jahre kommentierte er das Wiener Theaterg schehen in Rundfunk und Zeitungen. Sein dichterisches Werk ist vielseitig, umfasst Dramen, Romane, Novellen und Lyrik. Ab 1960 ist er Wiener Theaterkorrespondent der Salzburger Nachrichten. Fontana verfasste Monographien über Paula Wessely, Albin Skoda und Hans Moser, korrespondierte auch mit den Größen seiner Zeit und war mit Robert Musil befreundet. Im Oktober 2009 erwarb die Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus einen Großteil seiner Briefe. In den Erinnerungen an Schnitzlers Begräbnis im Jahre 1931schrieb er: Abb. 2: Oskar Maurus Fontana
Vor der Zeremonienhalle des jüdischen Friedhofes warteten die Schriftsteller Wiens und die Schauspieler Wiens und viele Ärzte Wiens auf den Sarg. Schnitzlers Gestalten waren noch einmal versammelt. Man hörte viele tiefsinnige literarische Gespräche über Sterben und letzte Augenblicke. Es war wie bei Schnitzler. Man sah die Schauspieler, froh, sich zeigen zu dürfen, Traurigkeit ins ungeschminkte Antlitz geschminkt – für eine möglicherweise stattfindende Tonfilmaufnahm […] Die Ärzte standen etwas verlegen und wissend beiseite. Sie waren es so aus Schnitzlers Komödien und Novellen gewohnt, und hier beim Begräbnis wurde noch einmal Schnitzler gespielt. Der Bundespräsident fehlte. Er hatte nicht einmal einen Vertreter entsandt. Warum auch? „Nur Narr und Dichter“, heißt es bei Nietzsche. Von den Ministern war niemand erschienen, ein Ministerialrat und ein Sektionsrat „vertraten“ das Unterrichtsministerium. Auch der Bürgermeister der Stadt war zu Hause geblieben. Er sei an Grippe erkrankt, hieß es. Schade, sehr schade […] So fehlte das offiziell Wien vollständig bei der Bestattung des Dichters, der für Wien seit einem Menschenalter mehr getan hatte als alle Regierungen und Stadtverwaltungen und Parteien zusammengenommen. So ist einmal Wien, und so wurde auch Schnitzler wienerisch nach der alten Formel „Gar net ignorieren“ begraben. Aber es entsprach Schnitzler, der niemals offiziell gewesen war und hatte sein wollen. „Den letzten Weg hinab gehen wir alle allein“7, hatte er gesagt.
7
Oskar Maurus Fontana, Erinnerungen an Schnitzlers Begräbnis, 1931, Handschriftensammlung der Wienbibliothek.
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Die „Wasa-Autoren“
Erich Fried
Erich Fried wurde 1921in Wien als einziges Kind in eine jüdische Familie geboren und starb mit 67 Jahren in Baden-Baden. Bekanntheit erlangte er durch seine Lyrik, als Shakespeare-Übersetzer und Essayist. Sein Vater Hugo Fried, Spediteur und Schriftsteller, förderte das literarische Talent seines Sohnes. Eine enge Beziehung hatte der Dichter zu seiner Großmutter Malvine Stein, die nach The esienstadt deportiert und ermordet wurde. Nachdem sein Vater 1938an den Folgen eines Verhörs durch die Gestapo gestorben war, organisierte er als 17-Jähriger, in der 7. Klasse rassistisch verfolgt Abb. 3: Erich Fried, 1986 und vom Wasagymnasium verwiesen, seine Flucht. Von der 1. Klasse an sticht das „Sehr gut“ in Deutsch in den Jahreszeugnissen hervor. Zeit seines Lebens war er engagiert und verband das lyrische Schaffen mit seinen politischen Ansichten. Seinen Mut zur Freiheit, den Mund aufzumachen, wie ein Gedichtband heißt, hat er schon als Kind bewiesen. Er erzählt davon in seinen Erinnerungen Mitunter sogar lachen: 1927war mein erstes Schuljahr. Mein Lehrer hatte meine Fähigkeit, Gedichte zu deklamieren, desto schneller entdecket, als ich damit keineswegs hinter den Berg gehalten hatte. Ich sollte nun zu Weihnachten im Festsaal unserer Schule, einem großen Saal in einem nahen Gemeindehaus, den meine Marktgasse-Schule mit zwei anderen teilte, ein Weihnachtsgedicht aufsagen. Als ich schon auf der Bühne stand, hörte ich unten jemand sagen: „Der Herr Polizeipräsident ist auch unter den Gästen.“ Also trat ich vor, verbeugte mich und sagte in meiner besten Redemanier: „Meine Damen und Herren! Ich kann leider mein Weihnachtsgedicht nicht aufsagen. Ich habe gerade gehört, Herr Polizeipräsident Schober ist unter den Festgästen. Ich war am Blutigen Freitag in der Inneren Stadt und habe die Bahren mit Toten und Verwundeten gesehen, und ich kann vor Herrn Doktor Schober kein Gedicht aufsagen.“ Nochmals verbeugte ich mich und trat dann zurück. Der Polizeipräsident, den ich erst jetzt sah, sprang auf und verließ sofort, gefolgt von zwei, drei Begleitern, den Saal. Er oder einer aus seinem Gefolge schlug krachend die Tür zu. Ich trat wieder vor und sagte: „Jetzt kann ich mein Weihnachtsgedicht aufsagen.“ Ich deklamierte das, wie ich heute weiß, ohnehin jämmerlich schlechte Gedicht mit all dem Pathos, das man mir beigebracht hatte. Großer Applaus, ich verbeugte mich noch mehrmals und zog mich dann zurück. Mein Lehrer, Franz Ederer, ein linker Sozialdemokrat, wartete schon auf mich: „Das ist ja großartig, Erich! Wie bist du nur auf diese Idee gekommen?“8 8
Erich Fried, Mitunter sogar lachen. Erinnerungen, in: Volker Kaukoreit, Klaus Wagenbach (Hg.), Erich Fried, Gesammelte Werke, Bd. 4, Berlin 1998, 536f .
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Fritz Kalmar
Fritz Kalmar wurde 1911 in Wien geboren und besuchte das Wasagymnasium, wo er auch die Reifeprüfung ablegte. An der Fassade der Schule würdigt eine Gedenktafel den Schriftsteller und Diplomaten. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gelang dem gelernten Juristen mit Hilfe eines norwegischen Reeders die Flucht nach Bolivien, wo er für eine deutsch-englische Nachrichtensendung arbeitete. Er war vor Ort Mitbegründer der Exilorganisation „Freie Österreicher“ und rief eine deutschsprachige Bühne ins Leben. Für sein Schreiben im Widerstand und im Exil erhielt er den Theodo -Kramer-Preis, einen österreichischen Literaturpreis. Auch in Uruguay hinterließ er als Opernregisseur, Abb. 4: Fritz Kalmar, 1999 Erzähler und Essayist seine Spuren im Kulturleben, und als österreichischer Generalkonsul konnte er in seiner Position politischen Gefangenen und Verfolgten helfen. Thema in den Texten Kalmars ist immer wieder das Heimweh nach der Stadt, aus der er seiner jüdischen Herkunft wegen vertrieben worden war. Ein bitteres Resümee von den zwei halben Heimaten deutscher und österreichischer Hitlerflüchtlinge in Südamerika verfasst er im Sammelband Das Herz europaschwer. Heimwehgeschichten aus Südamerika. Fritz Kalmar war im Exilland nie heimisch geworden und immer wieder als Besucher zurückgekommen. Ende 1945wandte er sich in einem Brief an die österreichische Regierung: Vom Augenblick der Befreiung unserer Heimat an haben wir alles versucht, um mit der österreichischen Regierung in Verbindung zu treten, haben ein Begrüßungstelegramm nach Wien geschickt, uns der österreichischen Regierung zur Verfügung gestellt und um Weisungen gebeten. Alle diese Bemühungen waren bisher vergeblich.9
Fritz Kalmar starb 2008 im Exil.
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Fritz Kalmar, zit. nach: Wiener Zeitung, Für die Exilanten gab es keinerlei Einladung zur Rückkehr, www.wienerzeitung.at/themen/100-jahre-republik-tagebuch/1001164 , 08.03.2021.
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Robert Neumann
Robert Neumann wurde 1897in Wien geboren und starb 78-jährig in München. Berühmt geworden ist er durch seine treffsiche en literarischen Parodien. Diese sind nicht bloße Verspottung, sondern Literatur- und Gesellschaftskritik. Unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden seine Werke Opfer der Bücherverbrennung 1933in Deutschland und im „Dritten Reich“ verboten. Unmittelbar nach der Errichtung der austrofaschistischen Diktatur im Februar 1934 verließ er Wien. Lange lebte er im Exil in England, wo er Vizepräsident des internationalen PEN-Clubs war. Abb. 5: Robert Neumann, 1963 Wichtige Autoren und Strömungen seiner Zeit findet man in seinen Parodien verdichtet. Sehr umfangreich ist die Anthologie Meisterparodien. Der Herausgeber und Journalist Jens Jessen schreibt im Nachwort zu dieser Sammlung über den Schriftsteller: So viele Frauen, so viele Bücher. So viele Begabungen, so viele Karrieren. Robert Neumann war ein Charmeur und Schürzenjäger, ein Leichtschreiber und Vielleser. Er hat Medizin studiert und als Sportschwimmer geglänzt, er war Devisenhändler und Direktor einer Schokoladenfabrik, er ist als Frachtführer zur See gefahren, er hat schlechte Gedichte, mäßig erfolgreiche Romane geschrieben und schließlich die Parodien, die ihn 1927mit dreißig Jahren schlagartig berühmt machten.10
Die Sprachbegabung Robert Neumanns zeigte sich schon am damaligen MaximiliansGymnasium in der Wasagasse. Im Hauptkatalog 1909/10blitzt im Jahreszeugnis das „Sehr gut“ im Fach Deutsch zwischen den sonst nicht so hervorragenden Leistungen in den anderen Fächern hervor.
Heinz Politzer
Heinz Politzer wurde 1910in Wien in einer jüdischen Familie geboren und besuchte das Gymnasium Wasagasse. Er gilt als einer der bedeutendsten Germanisten der Gegenwart, 10
Jens Jessen (Hg.), Nachwort, in: Robert Neumann, Meisterparodien. Auswahl und Nachwort von Jens Jessen, Zürich 1988, 395.
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war aber auch als Lyriker tätig. Stationen in Politzers Leben zwischen Wien und Berkeley in Kalifornien, wo er 1976 starb, sind Prag und Jerusalem. In beiden Städten arbeitete er mit Max Brod zusammen. Aus Jerusalem schrieb er 1945einen wehmütigen Brief nach Wien. In seine Geburtsstadt zurückzukehren, dazu konnte er sich aber nicht mehr entschließen. Lieber Torberg! Wenn ich mich heute, nach all diesen Jahren der Not, der Bedrückung und der Verzweiflung nach einem Weg frage, so antwortet eine Düsternis, die sehr im Gegensatz steht zu den amtlichen Versprechungen, die man der Welt macht. Man wird wohl versuchen zurückzugehen dahin, wo es zwar kein Zurück, aber zumindest nicht mehr den Zustand des halben Exils gibt, in den man hier geraten ist, der zu der Neurose der Fremde die Pflich ansprüche einer nicht bestehenden Zugehörigkeit schlägt. Man wird versuchen, die Kinder europäisch zu erziehen und vielleicht sogar in der Sprache, in der die eigenen Dinge geschaffen sind, und man wird weiter von der Tatsache träumen, dass man einmal mit der Westbahn in sieben Stunden nach Salzburg und mit der Südbahn in zweien auf den Semmering fahren konnte. Man wird sich einzureden versuchen, was ja zudem die lautere Wahrheit ist, dass dieses unser Leben der Sehnsucht und Vereitelung sinnbildlich ist für den Wandel des Geistes auf dieser Erde, ja in unserer Zeit für das Fortdauern des Anstandes und der Gesittung.11
Felix Salten
Felix Salten wurde 1869in Pest als Sigmund Salzmann geboren, wuchs aber in Wien auf, wo er das k. u. k. Gymnasium Wasagasse besuchte. Er verließ die Schule aus finanziellen ründen ohne Abschluss und legte sich das Pseudonym Felix Salten zu. Er war ein Bewunderer und Anhänger Theodor Herzels und wurde an dessen Stelle Feuilletonchef der „Wiener Allgemeinen Zeitung“. Zeit seines Lebens musste er vom Schreiben leben und war sowohl journalistisch als auch als Schriftsteller äußerst produktiv und erfolgreich. Im Alt-Wiener Café Griensteidl am Michaelerplatz traf sich der Dichter damals mit den Großen der Literatur, Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus und anderen. Mit Arthur Schnitzler, der später auch sein Trauzeuge war, verband ihn eine enge, lebenslange Freundschaft.
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Abb. 6: Felix Salten, ca. 1910
Heinz Politzer, Brief an Torberg, zit. nach: Isabella Hügel, Die Wasa Autoren, 22.
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Felix Salten hatte einen Sohn und eine Tochter, die in der Schweiz verheiratet war und ihren Eltern die Flucht und einen Lebensabend in Zürich ermöglichte. Als Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Wald ein großer Erfolg wurde, schrieb er in der Folge ein Tierbuch nach dem anderen. Er nützte immer die Gunst der Stunde. Obwohl er nicht aus dem Großbürgertum stammte, besaß er als leidenschaftlicher Jäger bald unweit von Wien ein eigenes Jagdrevier. In seinen Texten verarbeitete er Eindrücke aus dem Wald. Es roch überall nach frischem Laub, nach Blüten, nach feuchter Scholle und nach grünem Holz. Wenn der Morgen anbrach, und wenn die Sonne unterging, klang der ganze Wald von tausend Stimmen, und vom Morgen bis zum Abend sangen die Bienen, summten die Wespen, brausten die Hummeln durch die duftende Stille. Das waren die Tage, in denen Bambi seine erste Kindheit verlebte.12
Friedrich Torberg
1908 wurde Friedrich Torberg in Wien geboren und starb ebenda 1997. Er wuchs in der Porzellangasse auf, besuchte die Volksschule in der Grünentorgasse und ab 1919 vier Jahre das Gymnasium Wasagasse. Mit seinen Eltern übersiedelte er nach Prag und besuchte dann am Deutschen Realgymnasium in Prag die Oberstufe, litt sehr unter dem Schulsystem und bestand die Reifeprüfung zunächst nicht. Das war der Anstoß dafür, seinen berühmten Roman Der Schüler Gerber zu schreiben. Weder unsere Schule noch das Akademische Gymnasium in Wien, der Drehort des gleichnamigen Films, waren Vorbild oder Schauplatz dieses tragischen Geschehens. Er war mit zahlreichen zeitgenössischen Dichtern wie Robert Musil, Franz Werfel, Hugo von Hofmannsthal, Abb. 7: Friedrich Torberg, 1970 Josef Roth und vielen anderen befreundet. Die Schriftsteller trafen sich in den legendären Wiener Literaturcafés. Torberg war einer der Jüngsten und er schildert die Atmosphäre im Café Herrenhof im Text Requiem für einen Oberkellner: Und da geschah es einmal – ich war dabei, ich saß am untersten Ende des Tisches, ein junger, nachsichtig zugelassener Literaturlehrling –, da geschah es, dass Werfel, als es zum Zahlen kam, dem Herrn wahrheitsgemäß einen Kapuziner ansagte, und dass Herr Hnatek sich mit 12
Felix Salten, Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Wald, https://www.projekt-gutenberg.org/salten/ bambi/chap002.html, 08.03.2021.
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diskreter Mahnung zu ihm herabbeugte: „Vom letzten Mal, Herr Werfel, hätten wir noch eine Teeschale braun und ein Gebäck.“ Werfel, der sich dieses beträchtlich zurückliegenden letzten Mals natürlich nicht entsann und ebenso natürlich in Herrn Hnateks Angaben keinen Zweifel setzte, entschuldigte sich hochrot vor Verlegenheit (denn er war, wie schon gesagt, um diese Zeit bereits sehr arriviert und über die Entwicklungsphase nicht beglichener Zechen längst hinaus): „Nein – aber sowas“, stotterte er, „Sie müssen verzeihen, Herr Hnatek – ich weiß wirklich nicht, wie mir das passieren konnte.“ Da neigte Herr Hnatek sich abermals zu ihm und flüste te begütigend: „Das war nämlich der Tag, an dem der Herr von Hofmannsthal gestorben ist.“ Und an einem solchen Tag, wollte Herr Hnatek andeuten, waren die Dichter so niedergeschlagen, dass man’s ihnen nicht übelnehmen konnte, wenn sie zu zahlen vergaßen …13
Torbergs Schriften wurden von den Nationalsozialisten verboten. Er flüchtete 1938über die Schweiz und Frankreich in die USA, 1951kehrte er nach Wien zurück. Seine ältere Schwester und seine Mutter wurden 1941 deportiert und ermordet, die jüngere Schwester konnte sich nach Palästina retten. Friedrich Torberg war Schriftsteller, Übersetzer, Journalist und Herausgeber. Berühmtheit erlangte er mit seinem Erstlingsroman Der Schüler Gerber hat absolviert, den er als 22-Jähriger 1930verfasst hatte, und seiner Sammlung von Anekdoten rund um die Tante Jolesch, erschienen einige Jahre vor seinem Tod.
Diego Viga
Diego Viga wurde 1907 als Paul Engel, Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten, in Wien geboren. Hier besuchte er das Maximilians-Gymnasium in der Wasagasse und legte die Reifeprüfung ab. Er studierte Medizin, interessierte sich für Chirurgie, Gynäkologie, Pathologie und Endokrinologie und forschte über Hormone. So ambitioniert und vielseitig wie im Studium war er auch im weiteren Leben. Er arbeitete als Chirurg an der kolumbianischen Universitätsklinik und wanderte nach Uruguay aus, wo er eine Stelle als Endokrinologe fand. Dann kehrte er für zwei Jahre in seine Heimat zurück, wo er als Gynäkologe beschäftigt war. 1936 musste er jedoch feststellen, dass für Juden das Leben in Wien unerträglich geworden war. Zu13
Abb. 8: Diego Viga
Friedrich Torberg, Requiem für einen Oberkellner, in: Friedrich Torberg, Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten, Wien 1975, 332f .
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rück in Südamerika gelang es ihm, seine Gattin sowie seine gesamte Familie zu sich nach Kolumbien zu holen. Er arbeitete für Pharmazieunternehmen und unterrichtete Pharmakologie an der Universität. In dieser Zeit begann er, in deutscher und spanischer Sprache zu schreiben. Nach Kriegsende nahm er das Angebot, den Lehrstuhl für Pathologie in Wien, nicht an. Unter dem Pseudonym Diego Viga, nach zwei Bergen bei Bogotá, veröffentlichte er fünfzehn Romane, darunter Die Parallelen schneiden sich. Oskar Maurus Fontana gelang es nicht, dieses umfangreiche Hauptwerk in Wien herauszugeben, es wurde, wie auch andere Texte, in der DDR veröffentlicht Für das Erlebte und die Schrecken des am Rande in Südamerika miterlebten Krieges leiht der Dichter seinen Figuren im besagten Text seine Gedanken und Worte. Und dennoch war ich wie im Alptraum, stand ich unter Druck, war vollkommen verwirrt, weil ich wusste, dass in Wien gekämpft wird, dass Wien zerstört wird, dass in Wien Menschen sterben, dass Bomben fallen. Überall starben Menschen, in Gaskammern, in Konzentrationslagern war der Massenmord viel grässlicher. [...] Wir können es gar nicht nachfühlen; wir sind verschont geblieben. Fast empfindet man es als Schande, dass man verschont geblieben ist.14
Diego Viga starb 1997in Quito. Er gehört zu den produktivsten österreichischen Exilautoren, ist aber in seinem Heimatland unbekannt. Das änderte Erich Hackls Aufruf 2007 zum 100. Geburtstag von Diego Viga nicht. Auch ein zeitgleicher Aufruf in der „Presse“, den wichtigsten Roman dieses Vertriebenen auch hierzulande zur Kenntnis zu nehmen und neu zu verlegen, verhallte.
Harald Zusanek
Harald Zusanek wurde 1922in Wien geboren und starb ebenda 1989.Er war ein Klassenkollege Erich Frieds. Nach vielseitigen Studien und Kriegsdienst ging er als Regisseur ans Vorarlberger Landestheater. Er schrieb Stücke, die in den 1950er-Jahren häufi gespielt wurden. Grundthema dieser Dramen ist die Bedrohung des Menschen durch inhumane Ideologien, auch antike Stoffe bearbeitete er und beschäftigte sich mit der rforschung der Frühkulturen im ägäischen Raum. Er unterrichtete an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, an der er Professor der Abteilung „Film und Fernsehen“ wurde. Mit und für seinen Freund Oskar Werner schrieb er auch Drehbücher.
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Diego Viga, Die Parallelen schneiden sich. Roman, Leipzig 1969, 703.
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Immer wieder betont der Dichter in seinen Werken, dass der Mensch sich frei entscheiden solle, könne und müsse, manchmal jedoch von der Natur Grenzen gesetzt bekomme. Folgender Ausschnitt aus dem Drama Welttheater verdeutlicht sein Denken.
Abb. 9: Harald Zusanek, 1983
Heil, Segen, Gnade – glaubst du denn, sie kommen dir wohl beschriftet schon vom Himmel zu? Nein, namenlos sind sie, ein winziger Kern und darin ungeheure Kraft geballt, doch ohne Antlitz, gut nicht, böse nicht – du setzt sie frei, du erst gibst ihr Gesicht, du, du entscheidest, was die Kraft bewirke: die Welt zersprengen oder Segen bringen, du, du alleine machst sie zu Tod und Leben.15
Stefan Zweig
Stefan Zweig wurde 1881 inWien geboren und nahm sich 1942in Brasilien das Leben. Er ist der international bekannteste der Wasa-Autoren. Seine eher negativen Erinnerungen an Schulbetrieb und Schulgebäude hat er in der Autobiographie Die Welt von Gestern niedergeschrieben. Er widmet der Schulzeit ein umfangreiches Kapitel, „Die Schule im vorigen Jahrhundert“. Fünf Jahre Volksschule und acht Jahre Gymna- Abb. 10: Stefan Zweig sium mussten auf hölzerner Bank durchgesessen werden, täglich fünf bis sechs Stunden, und in der freien Zeit die Schulaufgaben bewältigt und überdies noch, was die allgemeine Bildung forderte neben der Schule, Französisch, Englisch, Italienisch, die lebenden Sprachen neben den klassischen Sprachen Griechisch und Latein – also fünf Sprachen zu Geometrie und Physik und übrigen Schulgegenständen. Es war mehr als zu viel und ließ für körperliche Entwicklung, für Sport und Spaziergänge fast keinen Raum und vor allem nicht für Frohsinn und Vergnügen.16 15 16
Harald Zusanek, Welttheater, zit. nach: Isabella, Hügel, Die Wasa Autoren, 23. Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M. 1999,45.
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Mittlerweile hat sich das Aussehen unserer Schule im Vergleich zum bedrückenden Zustand früher sehr verändert. Sie [die Lehrer] saßen auf dem Katheder und wir unten, sie fragten, und wir mussten antworten, sonst gab es zwischen uns keinen Zusammenhang. Denn zwischen Lehrer und Schüler, zwischen Katheder und Schulbank, dem sichtbaren Oben und sichtbaren Unten stand die unsichtbare Barriere der „Autorität“, die jeden Kontakt verhinderte.17
Lehrer*innen haben heute nicht mehr diese Stellung. Stefan Zweig dazu: Noch immer kommt es mir unwahrscheinlich vor, wenn ich beobachte, wie heute Kinder unbefangen und fast au pair mit ihren Lehrern plaudern, wie sie angstlos statt wie wir mit einem ständigen Unzulänglichkeitsgefühl zur Schule eilen, wie sie ihre Wünsche, ihre Neigungen aus junger, neugieriger Seele in Schule und Haus offen bekennen dürfen – freie, selbständige, natürliche Wesen, […]18 Der erste Satz im Kapitel „Universitas vitae“ ist Schüler*innen wohl am bekanntesten: „Endlich war der lang ersehnte Augenblick gekommen, da wir mit dem letzten Jahr des alten Jahrhunderts auch die Tür des verhassten Gymnasiums hinter uns zuschlagen konnten.“19 Adelheid Kidery
Literaturverzeichnis Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser, in Zusammenarbeit mit Evelyn Adunka, Nina Jakl, Ulrike Oedl, Lexikon der österreichischen Exilliteratur, Wien 2000. Felix Braun, Heimkehr-Rede, in: Felix Braun, Anrufe des Geistes. Essays, Reden, Erinnerungen, Graz/Wien 1965. Felix Braun, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Felix_Braun, 09.03.2021. Robert Braun, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Robert_Braun_Schriftsteller, 09.03.2021. Oskar Maurus Fontana, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Oskar_Maurus_Fontana, 09.03.2021. Erich Fried, Mitunter sogar lachen. Erinnerungen, in: Volker Kaukoreit, Klaus Wagenbach (Hg.), Erich Fried, Gesammelte Werke, Bd. 4, Berlin 1998. Erich Fried, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Erich_Fried, 09.03.2021. Isabella, Hügel, Die Wasa Autoren, in: Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien IX, 1995/96, 18–23. Jens Jessen (Hg.), Nachwort, in: Robert Neumann, Meisterparodien. Auswahl und Nachwort von Jens Jessen, Zürich 1988.
17 18 19
Ebd., 49. Ebd., 46. Ebd., 114.
Die „Wasa-Autoren“
Fritz Kalmar, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Fritz_Kalmar, 09.03.2021. Robert Neumann, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Robert_Neumann_Schriftsteller, 09.03.2021. Österreich-Bibliotheken im Ausland, Der österreichische Exilautor Paul Engel alias Diego Viga, www. bmeia.gv.at/oesterreich-bibliotheken/kaffeehau -feuilleton/detail/article/der-oesterreichischeexilautor-paul-engel-alias-diego-viga, 09.03.2021. Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, https://austria-forum.org/af/ AEIOU/%C3%96sterreichisches_Literaturarchiv, 09.03.2021. Heinz Politzer, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Heinz_Politzer, 09.03.2021. Felix Salten, Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Wald, https://www.projekt-gutenberg.org/salten/ bambi/chap002.html, 09.03.2021. Felix Salten, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Felix_Salten, 09.03.2021. Friedrich Torberg, Requiem für einen Oberkellner, in: Friedrich Torberg, Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten, Wien 1975. Friedrich Torberg, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Friedrich_Torberg, 09.03.2021. Diego Viga, Die Parallelen schneiden sich. Roman, Leipzig 1969. Diego Viga, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Diego_Viga, 09.03.2021. Wiener Zeitung, Für die Exilanten gab es keinerlei Einladung zur Rückkehr, http://www.wienerzeitung.at/themen/100-jahre-republik-tagebuch/1001164 , 09.03.2021. Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M. 1999. Stefan Zweig, https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Stefan_Zweig, 09.03.2021.
Abbildungsnachweis Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10
Felix Braun, 1936(ÖNB-Bildarchiv). Oskar Maurus Fontana (Wienbibliothek). Erich Fried, 1986(B. Friedrich/Ullstein Bild/picturedesk.com). Fritz Kalmar, 1999(Günter Artinger/APA/picturedesk.com). Robert Neumann, 1963(Barbara Pflaum/ magno/picturedesk.com). Felix Salten, ca. 1910(Ferdinand Schmutzer/Wikimedia, https://commons.wikimedia. org/w/index.php?curid=5856002). Friedrich Torberg, 1970(Imagno/picturedesk.com). Diego Viga (Alisa Douer). Harald Zusanek, 1983(ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com). Stefan Zweig (Literaturarchiv Salzburg).
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Jahre
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Absolvent*innen 1876–2020
Interviews
Die vorliegenden Interviews mit dreizehn ehemaligen Schülerinnen und Schülern des Wasagymnasiums entstanden zwischen November 2018 und Juni 2020. Dabei handelt es sich um eine Zeitspanne, in der sich unser aller Leben infolge der Pandemie grundlegend verändert hat. Die Gesprächsprotokolle nehmen teilweise auf diese Entwicklungen Bezug, teilweise sind sie zu einem früheren Zeitpunkt entstanden und lassen daher noch nichts davon erahnen, was 2020 auf uns zukommen sollte. Zehn der dreizehn Interviews wurden mündlich, zum Teil in den Räumlichkeiten der Schule, durchgeführt und von Schülerinnen und Schülern der 7. Klasse transkribiert1; drei Absolventinnen und Absolventen (Stephan Schulmeister, Tara Shirvani und Heinz Sichrovksy) zogen es vor, per E-Mail Fragen zu beantworten. Reiht man die interviewten Persönlichkeiten nach ihren Maturajahrgängen, so ergibt sich eine Spannweite von 65 Jahren: Helmut Krätzl
1949
Gerda Frey
1955
Paul M. Zulehner
1957
Stephan Schulmeister
1965
Elisabeth Bleyleben-Koren
1966
Heinz Sichrovsky
1972
Götz Spielmann
1979
Andrea Maria Dusl
1980
Barbara Imhof
1987
Rainer Nowak
1992
Beate Meinl-Reisinger
1996
Tara Shirvani
2004
Felix Kammerer
2014
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In diesem Zusammenhang gilt unser besonderer Dank dem Transkriptionsteam bestehend aus: Ursula AUBÖCK, Andreas CZACHOR, Juliane EDER, Marlon ERTL, Max JUDMAYR, Adelheid KIDERY, Tim KIRNBAUER, Marie MITTERMEIER, Lorenz NATTER, Lukas NIGISCH, Maximilian PAAR, Ella PICKHARDT, Nikola PILZ, Leander ROBIN und Valerian SCHEUBA.
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Interviews
Was den Aufbau der Interviews betrifft, so wurde der Versuch unternommen, den Bogen von persönlichen Erinnerungen hin zu spezifischen Lebens- und Berufserfahrungen zu spannen. Die interviewten Absolventinnen und Absolventen arbeiten bzw. arbeiteten in diversen Bereichen der Kunst, Kultur, Politik, Bildung etc., weswegen ihnen die Möglichkeit gegeben werden sollte, ihre heutige Perspektive auf die Schulzeit im Wasagymnasium einerseits und einen kurzen Einblick in ihren beruflichen Werdegang andererseits zu geben. Dank dieser Interviews konnte ich viele Einblicke in das Schulleben vergangener Zeiten gewinnen, ich hatte die Möglichkeit, interessanten Menschen zuzuhören, die originelle, spannende und berührende Geschichten aus ihrer Schulzeit erzählten, und erlebte Momente der Heiterkeit, der Inspiration und bisweilen auch der Betroffenheit Die gänzlich unterschiedlichen Berufs- und Bildungswege, die unsere Absolventinnen und Absolventen einschlagen und die sich in den vorliegenden Interviews widerspiegeln, sind für mich ein wohltuendes Zeichen dafür, dass Schule zwar Denken lehrt, nicht aber die Richtung vorgeben soll, in die sich dieses Denken weiterentwickelt, dass Schule immer nur ein Nährboden für den wachsenden Geist, nicht aber ein beengendes Gewächshaus sein darf, das dessen Wachstum beschränkt. So unterschiedlich wie die hier zu Wort kommenden Persönlichkeiten sind, sind ihre Sichtweisen; alle gemeinsam ergeben ein erfreulich buntes Mosaik einer lebendigen Schule. Auch wenn hier eine große Vielfalt an Sichtweisen zur Sprache kommt, so sind es doch zwei Beobachtungen, die für mich als Zuhörerin besonders relevant scheinen: Zum einen betonen gerade jene Absolventinnen und Absolventen, die sich in ihrem späteren Leben in hohem Maße spezialisiert haben, die Wichtigkeit und ungebrochene Attraktivität der Allgemeinbildung, die es jungen Menschen ermöglicht, zumindest noch für einige Jahre ihres Lebens die Augen offen und ühler ausgestreckt zu lassen, die junge Gehirne wachsen und Verbindungen herstellen lässt und die das oben angesprochene Denken genauso wie das lebenslange Lernen fördert. Zum anderen wurde mir als Lehrerin einmal mehr eine Wahrheit vor Augen geführt: Die Worte einer Pädagogin oder eines Pädagogen haben eine ungeheure Tragweite. Sie können stützen und fördern, helfen und trösten. Sie können Lernprozesse beflügeln und Unmögliches möglich machen. Viele der Interviewten erinnerten sich auch nach Jahrzehnten an den genauen Wortlaut eines Lobes, an das Gefühl der Anerkennung oder an die Freude des Erfolgs. Ebenso wenig vergessen sind allerdings auch Verletzungen, denen selbst die Zeit nichts an Schärfe nehmen konnte. Die Wichtigkeit eines wertschätzenden Umgangs im tagtäglichen Miteinander kann daher nicht oft genug betont werden, denn Worte hallen nach, egal, wie viele Jahre auch vergehen mögen.
Interviews
Vom Ministranten zum Weihbischof
Interview mit Helmut Krätzl, Matura 1949,Weihbischof der Erzdiözese Wien. Das Gespräch wurde geführt von Meta Gartner-Schwarz und Ingrid Söllner-Fritscher. Sie haben im Jahre 1949 maturiert. Das ist schon eine Weile her. Also, maturiert habe ich in den Räumen des Schottengymnasiums. Das war folgendermaßen: Das Schulgebäude des Wasagymnasiums war in der Kriegszeit irgendeine politische Zentrale und das war später auch noch anderweitig benutzt worden. Und das Schottengymnasium, das private Gymnasium der Schotten, ist ja aufgelöst worden im Krieg. Und sie haben erst nach dem Krieg angefangen, zuerst mit den unteren Klassen. Da sind einige Räume frei geworden. Ich bin in die 6. Klasse des Wasagymnasiums gekommen, aber wir waren in den freien Räumen der Schotten und dort haben wir auch unsere Matura abgelegt. Also nur die Räume. Die Leitung war im Wasagymnasium. Welche prägenden Erinnerungen haben Sie, wenn Sie so viele Jahre später an Ihre Schulzeit zurückdenken? An die Professoren kann ich mich erinnern. Interessanterweise war meine Klasse eine reine Bubenklasse, obwohl es auch gemischte Klassen gegeben hat. Begonnen habe ich im Piaristengymnasium, aber ich habe wegen der Bombenangriffe in den 40e -Jahren die Schule gewechselt. Da bin ich dann ein Semester im öffentlichen Gymnasium in Melk gewesen. Meine älteste Schwester war dort als Studentin Professorin für Mathematik und Physik. Dann bin ich aber nach Wien zurückgekommen. Kurze Zeit war ich im Gymnasium in der Krottenbachstraße. Dann kam ich zurück ins Piaristengymnasium, in der 5. Klasse. Wir waren neun Schüler und als vier davon in Mathematik durchgefallen sind, wurde die Klasse aufgelöst. Da musste sich jeder für die 6. Klasse eine neue Schule suchen. Ein origineller Grund für einen Schulwechsel. Auf diese Weise habe ich viele Professoren kennengelernt oder verabschiedet und auch viele Mitschüler kennengelernt. Die meisten sind dann in die Albertgasse gegangen. In dieser Zeit kam es auch zu meiner persönlichen Entscheidung. Ich habe sehr lange schon daran gedacht, Priester zu werden und auch gewusst, dass Latein und Griechisch für das The logiestudium notwendig sind. Weil aber das Piaristengymnasium eine Oberschule, also ein Realgymnasium war und das Wasagymnasium aber humanistisch, war das für mich ein klarer Anziehungspunkt. Wann hat der von Ihnen angesprochene Entscheidungsprozess stattgefunden? Sehr früh. Ich wurde im siebten Bezirk in der Neustiftgasse geboren, gegenüber der Ulrichskirche, und die war damals von den Steyler Missionaren (Societas Verbi Divini) geführt
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worden. Und da war eine sehr lebendige Jugendbewegung, und zwar schon im Krieg, also in der Nazizeit. Die Pfarre war für die Kinder eine Freizeitgestalterin. Wir haben viel gesungen und Sport betrieben. Als Ministranten mussten wir nicht an den Veranstaltungen der Deutsches-Jugendvolk-Gruppen (DJ) teilnehmen. Die Gemeinschaft war so gut gewesen, dass wir uns noch bis zum vorigen Jahr im Advent getroffen haben, obwohl der Altersdurchschnitt über 80 war. Da habe ich schon einen sehr großen Hang zur Liturgie gehabt. Die Priesterpersönlichkeiten haben mich sehr beeindruckt. Da dachte ich schon sehr früh daran, so wie sie zu leben. Wir hatten auch einen sehr strengen Religionslehrer, von dem wir sehr viel gelernt haben. Was wir bei ihm gelernt haben, das habe ich zum Teil auf der Universität noch brauchen können. Ich habe einmal einen Zweier gehabt in Religion. Aber trotzdem ist es interessant, dass vom Wasagymnasium sehr viele Priester geworden sind, obwohl er Religionsprofessor war. Er hat sein Fach sehr wichtig genommen. Manchmal haben wir sogar in der Pause noch für Religion aus dem Heft gelernt. Aber jetzt kann ich gleich noch sagen, dass aus meiner Klasse allein drei Priester geworden sind. Und aus einer Klasse nach mir vier. Außerdem möchte ich dann noch sagen: Damals, ich habe es schon angedeutet, hat uns der Widerstand zusammengehalten. Und wir waren eigentlich alle in der Kirche etabliert und sehr glücklich. Da haben wir unsere Heimat gehabt. Durch die Begegnung mit den entsprechenden Priestern und durch Gottesdienste und durch Pius Parsch aus Klosterneuburg haben wir uns gedacht, wir werden diesen Weg gehen. Wie hat der Schulalltag ausgesehen? Die Schule hat es nur vormittags gegeben. Das ist vielleicht interessant. Wir haben zu Mittag nur eine Ausspeise bekommen. Das war aber kein Mittagessen, sondern das war so eine Suppe, weil wir in den 40er-Jahren, ja, wirklich, ich habe so viel erlebt, wir haben gehungert. Wir haben uns kein Brot kaufen können und so weiter. Zu Mittag hat es so eine Milchsuppe oder so etwas geben. Das kann sich doch keiner mehr vorstellen, sicherlich nicht. Was waren ihre Lieblingsfächer? Ich müsste fast alle nennen, aber betonen möchte ich den Professor Krause, den haben wir nämlich in Griechisch gehabt. Dem habe ich viel zu verdanken. Er hat auch Wert gelegt auf die richtige Übersetzung. Er lieferte immer den philosophischen Hintergrund dazu. Er hat uns damit zum Teil auch überfordert. Ich habe also Griechisch und auch Latein sehr gerne gehabt, obwohl ich privat im Sommer (ein Jahr Griechisch und drei Jahre Latein) nachlernen musste. Denn in der Oberschule bei den Piaristen habe ich das nicht gehabt. Dann hatten wir auch den Landesschulinspektor Kögel, der hat uns in Englisch gehabt. Damals hat man außerdem auch Russisch angeboten, natürlich freiwillig, als Freigegenstand. Es gab auch einen Professor in Kunstgeschichte, der hat, glaube ich, Katzer geheißen. Er hat uns
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alle nicht gekannt und nur die Kunstgeschichte vorgetragen. Der war also ein Nazi-Hasser. Wir mussten uns also alle vorstellen mit Namen. Und in meiner Klasse hat es einen Schüler gegeben, der Adolf Haag geheißen hat. Um diesen Lehrer nicht zu provozieren, hat er gesagt, er heiße Franz, worüber wir lachen mussten. Sonst war das Schulleben normal. Sind aus dieser Zeit Beziehungen oder lebenslange Freundschaften entstanden? Wie gesagt, wir haben Jahrgangstreffen gemacht, aber nicht sehr lange, und persönliche Freundschaft mit einigen gibt es natürlich. Etwas ganz Köstliches: Im Vorjahr ruft mich jemand an und sagt: „Ich bin der Sohn von ihrem Schulkollegen Bednarik“, so hat der geheißen. Also es war einer von meiner Klasse, mit dem ich überhaupt keinen Kontakt mehr gehabt habe, und er sagt: „Sie sind Priester und mein Vater liegt im Sterben. Kommen Sie und geben Sie ihm die Krankensalbung“. Das ist unglaublich und ein Zeichen, dass offe bar über mich geredet worden ist. Ergreifend, wirklich! Aber dass der Sohn, der mich nicht gekannt hat, mich anruft, war etwas Besonderes. Der ist dann nicht gestorben. Sehr ergreifend, wirklich. Ich erinnere mich auch an einen, der auch Priester geworden ist, obwohl nicht gleichzeitig mit mir. Mit ihm habe ich einen ganz besonderen Kontakt. Der war auch aus derselben Pfarre. Sonst leben jetzt nur noch fünf oder sechs aus der Klasse. Wenn Sie jetzt an ihre Schulzeit zurückdenken, was bleibt unterm Strich? Was ist Ihnen die Schule schuldig geblieben? Da fällt mir mein Deutschlehrer ein. Wir haben fast keine Literaturgeschichte gelernt. Das tut mir leid, denn ich war sehr interessiert. Da hätte ich mir mehr erwartet. Und auch in Geschichte haben sie sich nicht getraut, die spannende Zeit zu unterrichten. In Zeichnen, also in Kunstgeschichte, da haben wir überhaupt nichts gelernt, aber da war ich froh. Ich bin ungeschickt, ich kann nicht zeichnen. In Musik haben wir einen Lehrer gehabt, mit dem wir uns sehr gut verstanden haben, aber es war ein bisschen oberflächlich. Aber, wie gesagt, besonders leid tut es mir um Literaturgeschichte und Geschichte insgesamt. Sie haben erwähnt, dass einer Ihrer Lehrer ein deklarierter Nazi-Hasser war. Die andere Seite haben Sie nicht kennengelernt? Also unter den Lehrern hat es keine Altnazis gegeben. Der Grundgeist im Wasagymnasium war christlich, eher konservativ, also im positiven Sinne des Wortes. Es hat keine Streitereien gegeben. Sie sind 1954 zum Priester geweiht worden. Welche Ihrer Hoffnungen und Wünsche bezüglich der Kirche haben sich bewahrheitet und welche nicht? Ich habe mich in der damaligen Kirche so glücklich gefühlt, dass ich in dem Sinne keine Hoffnungen hatte. In der Pfarre war alles jugendgerecht und ein bisschen hat schon die liturgische Bewegung begonnen. Also, wir waren glücklich mit und in der Kirche. Die Kir-
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che war damals Teil der Gesellschaft und die war durchaus katholisch. Also, ich habe mich damals sehr wohl gefühlt. Ich bin sofort nach der Matura auf die Universität und ins Priesterseminar gegangen und habe Theologie studiert. Rückblickend muss ich sagen, wir haben damals ganz veraltete neoscholastische Theologie gehört. So bin ich auch aufgewachsen und so habe ich studiert. Also, meine Bewegung und meine neuen Wünsche haben dann erst begonnen. Nach der Weihe im Jahr 1954war ich zwei Jahre lang Kaplan in Baden bei Wien. Dort gab es einen Pfarrer und drei Kapläne. Ich hatte dort nur die studierende männliche Jugend übergehabt. Sie war so zahlreich, dass ich mich gar nicht erwehren konnte. Sie verstehen also, dass wir viele Messen hatten und auch auf Lager gefahren sind, wo wir auch täglich die Hl. Messe feierten. In dieser Zeit sind von diesen Männern zwei Priester geworden. Einer von ihnen hat mir auch wirklich gesagt, dass er nicht zuletzt meinetwegen Priester wurde, was mich auch sehr gefreut hat. Es war also alles in Ordnung und ich bin nach 1956dann dem neuen Erzbischof von Wien, das war der König, als Zeremoniar zugeteilt worden. Dadurch bin ich sozusagen ins Zentrum der Kirche hineingeschlüpft. Ich war dann von 1956 bis 1960 beim Kardinal König. Ich war für den Gottesdienst zuständig. Ich habe den Bischof, bevor er Kardinal wurde, auch überall hinbegleitet. Damals war er noch Militärbischof. Es war eine ereignisreiche Zeit. Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus wurde ich als 29-Jähriger nach Rom zum Studium geschickt. In Wien hatte ich bereits ein Doktorat der Theologie gemacht, im Bereich des Neuen Testaments. Da habe ich ihn gefragt: „Was soll ich denn studieren?“ Er sagte: „Kirchenrecht kann man immer brauchen“. Das hat mich zwar nicht interessiert, aber aus Gehorsam habe ich es gemacht. Das war eine Wende in meinem Leben. Es war die Zeit des Papstes Johannes XXIII. und die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils. Das war auch für mich das erste Mal, dass ich als junger Priester dem Papst bei einer Audienz begegnet bin. Während des Studiums mussten wir dann wochenlang einen Kurs machen für lateinische Stenographie. Es war für mich deutlich, dass sich die Kirche in einer Zeit des Aufbruchs befindet. Das war spürbar in der Zeit des Konzils. Es war ein Papst da, der die Türen der Kirche weit aufgemacht hat, auch zu den anderen christlichen Kirchen und zur Welt. Gewohnt habe ich bei der Piazza Navona. Dort habe ich viele Leute kennengelernt aus der Schweiz und aus Deutschland. Dort hat auch der Kardinal Frings aus Köln gewohnt, mit seinem jungen Sekretär, und das war der Joseph Ratzinger. Es hat mich ungeheuer begeistert, so eine erneuerte Kirche zu erleben. In meinem Buch Im Sprung gehemmt habe ich deutlich geschrieben, was das Konzil wollte... und was aber auch leider nicht geschehen ist. Was ist in der Kirche nicht geschehen? Also, die Synodalität zum Beispiel, dass die Kirche nicht die Papstkirche ist, sondern dass alle die Verantwortung tragen, vor allem die Bischöfe. Auch was die Ökumene betrifft, da sind viele Ideen nicht umgesetzt worden. Auch das Recht der Eltern auf eine Geburtenrege-
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lung. Die Rolle des Gewissens wurde betont und die alleinige Verantwortung vor Gott bei diesen Fragen. Paul VI. hat diese Version nicht aufgenommen, sondern die von vier Kardinälen. Unter ihnen war auch der Kardinal Wojtyla. So ist die Humane Vitae entstanden, die uns bis heute schadet. Danach ist die berühmte Maria-Trost-Erklärung der österreichischen Bischöfe entstanden. Sie haben also auch Zeiten der Frustration erlebt. Was mein Buch betrifft, so wurde ich vom Präfekten der Glaubenskongregation Kardinal Ratzinger nach Rom eingeladen. Und ich habe befürchtet, dass ich dann ein Schreibeverbot bekomme. Dazu ist es aber nicht gekommen. Das Gespräch war sehr gemeinschaftlich, obwohl ich mich schon geärgert habe, dass man auf meine Argumente nicht richtig eingegangen ist. Meine größte Enttäuschung war natürlich die Nachfolge vom Kardinal König. Damals war ich der Administrator der Diözese. Als ich die Liste der möglichen Kandidaten bekommen habe, habe ich dem damaligen Nuntius Squicciarini geschrieben, er möge bitte eine neue Liste machen, da diese Leute alle nicht möglich seien. Eine Antwort darauf habe ich aber nie bekommen. Dann ist eben der Groer gekommen. Manche haben geglaubt, ich wäre gekränkt, weil ich es nicht geworden bin. Das ist nicht wahr. Ich hätte große Angst davor gehabt. Negativ war das, dass sich der König selbst um die Nachfolge nicht gekümmert hat. Was für Hoffnungen knüpfen Sie an Papst Franziskus? Was trauen Sie ihm zu? Was, glauben Sie, wird er schaffen? Ja, das ist natürlich nicht vorauszusagen. Ich vergleiche ihn gerne mit Papst Johannes XXIII. Er hat viel von der Menschlichkeit und von der Offenheit dieses Mannes. Er hat auch viele Gegner, bis zu den Kardinälen, die ihm auch einen Brief geschrieben haben. Ich glaube, es kommt darauf an, ob sich genügend Bischöfe, Kardinäle vor allem, in der Welt hinter ihn stellen. Was ich ein bisschen bedauere ist, dass er bloß oberflächlich edet. Er verändert die noch geltenden Rechtsbestimmungen nicht. Da ist er vorsichtig. So ist es bei der Bischofssynode nicht um Humane Vitae gegangen, sondern um die Seligsprechung des Paul VI. Ich habe dann in meinem Buch geschrieben: Ist er wegen der Humane Vitae oder trotz ihr seliggesprochen worden? Und ich fürchte wegen. Also, da ist er mir zu wenig deutlich, da müsste er seine Vollmacht in Anspruch nehmen. Er muss ja keine Dogmen ändern. Wir sehen zum Beispiel, dass die Frau nicht geweiht werden kann. Das fällt aber überhaupt nicht in die unfehlbare Lehre der Kirche. Aber dazu sagt er nichts. Trotzdem hoffe ich, dass er lange lebt und dass ein neuer Frühling kommt. Welchen Ratschlag würden Sie unseren heutigen Maturantinnen und Maturanten mitgeben? Das ist natürlich sehr schwer zu beantworten. Also, ich glaube, den folgenden Ratschlag:
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Bei uns war es so, dass bei der Matura oder bald danach jeder einen konkreten Berufswunsch gehabt hat und auf ihn zugegangen ist und zunächst einmal, was das Studium anbelangt, auch die Möglichkeit gehabt hat, dort einzusteigen. Heute ist das leider nicht mehr der Fall. Man weiß nicht, ob heute jeder für etwas Bestimmtes geeignet ist. Zweitens weiß man nicht, welche Berufe es künftig geben wird und welche dazu kommen. Damals, zu unserer Zeit, war das ziemlich sicher. Deshalb würde ich ihnen sagen, dass das Maturazeugnis ein Reifezeugnis ist. Aber der Schritt danach besteht darin, dass sie sich selber bemühen müssen um die persönliche Reife. Sie müssen selbst draufkommen: Wer bin ich? Was kann ich? Was habe ich für Talente und wie kann ich diese Talente jetzt entfalten für die Erfüllung meines eigenen Lebens und auch im Dienst anderer? Denn das Leben hat letztlich nur so viel Sinn, so viel Dienst am anderen es beinhaltet. Es ist also auch wichtig, dass es nach der Matura einen Zivildienst gibt, wichtig für die soziale Reifung der jungen Menschen. Daher befürworte ich auch ein soziales Jahr für Frauen. Ich glaube schon, dass in der Jugend immer eine soziale Ader vorhanden ist. Die Nähe der Jugend zur Kirche gestaltet sich schwer, sehr schwer. Bei den sozialen Einsätzen sind sie da, zumindest wenn sie nicht zu lange dauern. Die Jugend versteht Gott sei Dank mehr als manche Politiker, was mit dem Begriff christlich-sozial gemeint ist. Deshalb ist es auch wichtig, dass es für die Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, Ethik-Unterricht gibt. In diesen Stunden kann man über diese Themen mit Jugendlichen sprechen. Dafür habe ich mich auch eingesetzt und mit der Ministerin Gehrer gestritten, denn sie ist damit zaghaft umgegangen. Es ist also gut, dass es den Ethik-Unterricht in der Oberstufe geben wird, und es wäre gut, dass es ihn in der weiteren Folge auch in der Unterstufe gibt.
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Denkt eigenständig!
Interview mit Gerda Frey, Matura 1955, langjährige Übersee-Repräsentantin des American Field Service in Österreich, Repräsentantin des UN International Council of Jewish Women in Wien. Das Gespräch wurde geführt von Günter Froneberg, Meta Gartner-Schwarz und Renate Mercsanits. Sie haben vor vielen Jahren das Wasagymnasium besucht. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit? Ich möchte zuerst erzählen, warum ich überhaupt hierher gekommen bin. Bis 1951oder 1952 habe ich in Mattersburg im Burgenland gelebt, und dann sind wir nach Wien übersiedelt. Im Mädchengymnasium Lange Gasse sollte ich dann also die 5. Klasse besuchen. Ich kam im September in die Schule, doch als ich die Schule betrat, erfuhr ich erst zu diesem Zeitpunkt, dass die Klasse aufgelöst worden war. Man hatte einfach vergessen, mich darüber zu informieren. Also musste eine andere Schule gesucht werden. Angeblich sind viele in eine Handelsakademie oder eine andre Mädchen-Oberschule gegangen. Ein Mädchen, das ich angerufen habe, hat in die Billrothstraße gewechselt. Ich war jedenfalls verzagt. Daheim wussten meine Eltern auch keinen Rat. „Was machen wir jetzt?“ Da fiel mir das Buch von Stefan Zweig Die Welt von Gestern ein, das ich im Sommer gelesen hatte, und ich sagte zu meinen Eltern: „Ich könnte ins Wasagymnasium gehen, Stefan Zweig war ja dort. Ich könnte vielleicht dorthin gehen.“ Dort war der sehr ehrwürdige Direktor Vogelsang, wie aus dem vorvorigen Jahrhundert mit vollem Bart und streng. Ja, der hat meine Unterlagen angeschaut und gesagt, er nimmt mich. Was er aber nicht erwähnt hat, ist, dass es in der Klasse, in die ich komme, nur Burschen gibt. Mein Vater verabschiedete sich und ich marschierte in meine Klasse. Da kam dieser stattliche Direktor Vogelsang und verkündete mir: „Du bis das einzige Mädchen!“ Jahrelang erinnerten sich meine Klassenkollegen noch lachend an das schüchterne kleine Mädchen, neben dem anfangs niemand sitzen durfte, aber auch wollte. In dieser Gemeinschaft war ich zuerst ein Fremdkörper und landete vorerst allein in der letzten Bank. Bald wurde ich aber integriert und war bis zur Matura hier. Aber nicht die ganze Oberstufe, denn in der 7. Klasse verbrachte ich ein Jahr in Amerika. Also lernte ich drei Jahre an dieser Schule. Es waren nie mehr als zwei Mädchen in anderen Klassen, ein Wahnsinn! Viele Probleme, die Mädchen mit anderen Mädchen haben, das kannte ich nicht. Wenn ich zurückdenke, ich hatte keine Schulfreundinnen! Auch diese Konkurrenz zwischen Mädchen, das Vergleichen, das gab es natürlich nicht, das ist mir erspart geblieben, aber es hat auch gefehlt.
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Gibt es Freundschaften aus der Schulzeit, die sich erhalten haben? Ja, es sind zwei, nicht innige, aber zwei Freundschaften haben sich erhalten. Der eine, Steinbach, war ein wirklich guter Freund. Später hat sich dann herausgestellt, dass sich unsere Eltern schon früher gekannt haben. Er ist dann ein bekannter Kardiologe geworden. Der andere, Prettenhofer, ist dann viel später noch in mein Leben getreten, aber ganz zufällig. Ein Freund meiner Kinder heiratete seine Stieftochter, da haben wir einander wieder getroffen Wenn Sie jetzt zurückdenken an diese Zeit ab der Oberstufe im Wasagymnasium, was sind Ihre prägendsten Erinnerungen? Ja, das ist eine ungeheure Distanz. Ja, ich habe immer gerne gelernt und die Professoren, bis auf ein oder zwei, auch wirklich gerne gehabt. Es beruhte auf Gegenseitigkeit, auch die Lehrkräfte waren sehr nett zu mir. Natürlich war alles viel steifer und strenger, das muss ich schon sagen. Das mit der Disziplin war anders, die musste damals sein. Betrat beispielsweise ein Professor die Klasse, standen wir sofort auf und waren still. Ja, das war so! Lange Zeit saß ich, wie schon erwähnt, in der letzten Reihe, später in der ersten. Aber weder hinten noch vorne saß je ein Junge neben mir. Ich wurde als Mädchen zwar bald akzeptiert, aber im Unterricht saß ich immer ohne einen Nachbarn in der Bank. Erinnern Sie sich an Professoren, die Sie besonders geschätzt haben? Sehr wohl erinnere ich mich, aber nicht namentlich, denn das ist ein bisschen zu lange her. Also die Professoren in Latein und Griechisch, Danninger und Krause, habe ich sehr geschätzt, sie haben mir auf meinem Lebensweg einiges mitgegeben. Wie darf man sich Ihren Schulalltag vorstellen? Man kann es sich heute kaum mehr vorstellen, aber die Burschen trugen in der Schule meistens einen Anzug. Manche haben besonderen Wert darauf gelegt, elegant zu sein. Unlängst sah ich den Film über André Hellers Jugend. Er hat mir, ehrlich gesagt, nicht gefallen, aber er hat mich an meine Schulzeit erinnert. Die Schüler benahmen sich ordentlich, waren vernünftig bekleidet, gepflegt ‒ geschniegelt und gebügelt also. Kein Bursche hatte lange Haare! Es hat nichts dergleichen gegeben! Freundschaften untereinander, glaube ich, gab es kaum, denn die Atmosphäre, das war anders als heute. Es war keine ungezwungene Atmosphäre. Es hat ein bedenklicher Notendruck geherrscht, das weiß ich noch genau. Der Sohn eines damaligen Ministers war in unserer Klasse. Er hatte damals schreckliche Angst vor seinem Vater. Beim 40. Maturatreffen sprach ich mit ihm, aber wenn es um seinen Vater ging, blockte er immer noch ab. Auch Lehrer übten Druck auf Schüler aus. Nicht jeder litt gleichermaßen an diesem Umstand. Aber im Vergleich zu heute hatten wir es wirklich nicht leicht. Bei der Matura ist in unserer Klasse jedoch niemand durchgefallen und auch in den anderen Klassen haben augenscheinlich fast alle positiv abgeschlossen. Als ich aus Amerika
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zurückkam, hatten wir zwei Schüler, die durchgefallen waren und in unserer Klasse wiederholten. Einmal kam ein Junge aus einem anderen Bundesland zu uns. Hatten Sie Lieblingsfächer oder besondere Interessen? Ja, meine Leidenschaft war eigentlich immer Latein. Ich mochte alles, was logisch war, also auch Mathematik. Der Mathematik-Professor war der jüngste, den wir hatten, Schultz, er begleitete uns bis zur Matura, dann wurde er ein hoher Beamter im Stadtschulrat oder Unterrichtsministerium. An ihn kann ich mich sehr gut erinnern. Er war, wie gesagt, der jüngste Lehrer und eine Spur lockerer als die anderen Lehrer. Wenn Sie nach so langer Zeit auf die Jahre hier zurückblicken, hat die Schule in Ihrem Leben Spuren hinterlassen oder nachgewirkt? Rückblickend ist die Schulzeit sehr schnell vergangen und es haben dann andere Abschnitte begonnen. Aber natürlich, eine gewisse Bildung hat man uns fürs Leben schon mitgegeben. Ich habe damals die Schule mit Altgriechisch gewählt. Diese Sprache hat mir eigentlich viele Tore geöffnet, Bildung und Kultur, das wirkt bis heute nach. Manchmal denke ich noch heute, ob ich nicht doch Französisch hätte wählen sollen. Es war eine schwere Entscheidung. Vielleicht hätte ich von einer lebenden Fremdsprache mehr profitie t. Aber das Wasagymnasium bot damals nur Griechisch ab der 5. Klasse an. Ist Ihnen die Schule, das Gymnasium Wasagasse, auch etwas schuldig geblieben? Das ist schwer zu sagen. Ich habe damals kein Manko verspürt. Ich kannte ja nichts anderes. Zu einem runden Maturajubiläum waren wir dann einmal hier in Ihrer Schule eingeladen. Wir wohnten einem Deutschunterricht bei. Eine Professorin ist auf einer Schulbank inmitten ihrer Schüler gesessen! Sie hatte eine Bermuda-Short und eine ärmellose Bluse an. Sie sagte: „Wir haben jetzt schon einiges über die Epoche Sturm und Drang gehört. Also, was schreiben wir jetzt in unser Heft?“ Ich weiß es noch genau, die Wortmeldungen der Schüler waren zahlreich, klug, nicht immer richtig, aber so ungezwungen, dass ich dachte: „Mein Gott, wie schön wäre es gewesen, wenn auch ich einen solchen Unterricht erlebt hätte.“ Ich habe bei diesem Besuch in der Wasagasse die Klasse um diese Lehrerin sehr beneidet. Hätten wir damals mit solchen Lehrern auch genauso viel gelernt? Ich bin zufrieden mit dem, wie es war, man kann ja im Nachhinein eh nichts ändern. Es wurde uns nicht nur Allgemeinwissen mitgegeben, auch Werte waren ein Thema, Ordnung und Disziplin. Ein junger Mensch wird nicht nur von der Schule geprägt. Das Elternhaus spielt natürlich eine mindestens genauso wichtige Rolle. Dort beginnen die Erziehung und die Prägung eines Menschen schon ab der Geburt. Bis zum Schulbeginn ist da schon einiges festgelegt.
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Hat die Schulzeit Ihren späteren Lebensweg beziehungsweise Ihren Berufswunsch beeinflusst? Mein Berufsleben war ein bisschen kompliziert, weil ich ja in der 7. Klasse in Amerika war. Das hat mich unglaublich bereichert, ich kam dann doch mit einer gewissen Distanz zurück. Das betraf nicht meine Mitschüler, sondern die Schule, denn ich hatte anderes gesehen, erlebt und meinen Horizont erweitert. Das Maturajahr war für mich nicht einfach, eigentlich sehr schwer. Ich musste den gesamten Stoff der 7. Klasse bis Weihnachten nachlernen und mir wurde nichts geschenkt. Da wird heutzutage viel mehr Rücksicht genommen, was ich gehört habe, muss man über den versäumten Jahresstoff keine Prüfungen mehr ablegen. Nach der Matura wollte ich Medizin studieren, sehr gegen den Wunsch meines Vaters, der selbst Arzt war. Es war eine andere Zeit, er wollte mich nicht als Medizinerin, also als Frau in einer Männerwelt, sehen. Trotzdem habe ich dieses Studium begonnen, aber auch wieder aufgegeben. Der Druck von daheim war zu groß. Es ergab sich dann, dass ich ein Angebot von der amerikanischen Botschaft als Dolmetscherin bekam. Wir werden noch darauf zu sprechen kommen, warum ich so perfekt Ungarisch konnte. Ich übersetzte also Ungarisch ins Englische. Es war ein Glücksfall und eine Seltenheit damals, wenn man einen mehr oder weniger fi en Arbeitsplatz angeboten bekam. Während ich also in der Botschaft arbeitete, kam der Wunsch vom American Field Service, kurz AFS, man wolle in Wien einen eigenen Standort für die Studenten-Organisation gründen. Bis jetzt hatte die Botschaft alles organisiert und beispielsweise auch die Schüler ausgewählt. Da wurde ich die erste Overseas Representative. Damals war ich schon verheiratet. Mein Mann war nicht sehr glücklich darüber, dass ich (in Wien) dann mein abgebrochenes Medizinstudium wieder aufnahm. Bis zur Geburt meines dritten Kindes habe ich dann jedenfalls das American Field Service, die internationale Austauschorganisation für Schüler, in Österreich aufgebaut. Sie haben an einem Austauschprogramm teilgenommen? Ja, aus der Wasagasse war ich, glaube ich, die Erste, die in Amerika ein Auslandsjahr absolviert hat. Dabei waren auch Schüler aus dem Gymnasium Haizingergasse, dem Akademischen Gymnasium und Schüler aus dem dritten Bezirk, wie auch einige aus den Bundesländern. Wir Teilnehmer haben uns alle gekannt, die „Returnees“ hat man uns genannt. Dann habe ich ja das Büro, das sich bis heute in der Maria-The esien-Straße befindet, geführt und dadurch viele Kontakte gehabt, z.B. Professor Stourzh, er hat ebenfalls hier maturiert und war auch in Amerika, allerdings im Rahmen eines Fulbright-Programms. Sie haben als Kind Schlimmes durchleben müssen. Wollen Sie uns davon erzählen? Es war eine schreckliche Zeit, ja, aber ich habe nichts Fürchterliches erlebt, wenn man vergleicht, was andere erdulden mussten und die nicht überlebt haben. Ich war vor drei Jahren
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das erste Mal in Auschwitz. Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich in Schulen gegangen, als Mahnerin, und habe dort über mein Leben, mein Überleben erzählt. Das ist mir schon damals nicht leicht gefallen. Seither schaffe ich es fast nicht meh . Natürlich ist es eine berührende Geschichte. Ich lebte mit meiner Familie neun Monate versteckt in einem Zimmer. Neun Monate durften wir bei größter Lebensgefahr nicht laut reden. In der Nebenwohnung durfte niemand wissen, dass sich eine jüdische Familie dort versteckte. Ich war als Kind wahrscheinlich sehr diszipliniert. Aber diese schwere Zeit im Versteck war ich nicht allein, ich hatte das Glück, dass ich nicht von meinen Eltern getrennt war und von ihnen sehr viel Liebe bekommen habe. Nach meinem Besuch im besagten Vernichtungslager war ich nicht mehr im Stande, meine Überlebensgeschichte zu erzählen. In Anbetracht des Leidens und Sterbens dort war das, was ich durchmachen musste, klein und unbedeutsam, es gab viel Schlimmeres! Meine Geschichte ist eine Überlebensgeschichte! Ich bin vom Schicksal bevorzugt, ich habe den Holocaust überlebt! Es gibt wesentlich fürchterlichere Schicksale. Ich verstehe, was Sie sagen. Haben Sie das Trauma Ihrer Kindheit je ganz überwunden? Ich habe quasi keine Kindheit gehabt. Und was ich damals erlebt und mitbekommen habe, das vergisst man natürlich nicht. Das ist ein Teil meines Lebens. Aber ich lebe nicht allein mit meinem Trauma. Es ist ein kollektives Trauma! Wir sind 1938in die Heimat meiner Mutter geflüchtet. Damals war das eine Stadt mit etwa 30.000 Einwohnern, davon waren 10.000 Bewohner jüdischer Abstammung, streng religiöse, aber auch weniger religiöse Menschen. Dort gab es einen sehr hübschen jüdischen Kindergarten, den ich besuchte. Ich habe ein Bild von meinem Kindergarten, hier, 1942, das bin ich. Ich bin das einzige Kind, das nicht nach Auschwitz gebracht wurde! Und das ist für mich so ein Trauma. Zeitlebens sehe ich mein Leben in Relation zum Schicksal meiner Kindergartenfreunde. Wie sind Sie als Jugendliche, als junge Frau und später damit umgegangen? Naja, als Jugendliche, als ich im besagten Alter war, wurde darüber geschwiegen. Wir sind dann 1945, nach Ende des Krieges, nach Mattersburg in den Heimatort meines Vaters zurückgekommen. Dort wurde das Thema absolut nicht angesprochen. Es hat offenbar niemanden interessiert. Man hat also überhaupt nicht darüber gesprochen, was passiert war. Dann bin ich nach Wien gekommen, und auch hier wurde nicht darüber gesprochen. Ok. Ich habe dann das erste Mal auch jüdische Freunde gehabt, also Freundinnen, allerdings sehr wenige, denn die meisten meiner Generation wurden ermordet. Wir trafen uns in einer Organisation, waren sehr wenige. Es wurde darüber sehr wenig gesprochen. Meine Eltern haben mich nicht damit belastet, ich habe immer alles gewusst, aber ich wurde nie belastet. Mein Mann und ich haben es ebenso gemacht. Unsere Kinder haben auch alles immer gewusst, aber wir haben sie nicht damit belastet. Das war kein Thema. Wir sind auch nicht traumatisiert und in Wirklichkeit bin ich eigentlich erst viel später „rücktraumatisiert“ worden.
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Mit meinen eigenen Kindern war ich sehr beschäftigt, da hatte ich keine Zeit zum Grübeln. Es kam erst mit den Enkelkindern. Als Isabel auf die Welt kam, wann immer sie geweint hat, habe ich andere Kinder vor mir gesehen, die weinten, weil sie abtransportiert worden waren. Also die Traumatisierung setzte wirklich viel später ein, so in den 1990er-Jahren. Ich will nicht so dramatisch sein, aber bedrückende, ja natürlich bedrückende Erinnerungen kamen ab dem Zeitpunkt immer wieder in mir hoch. Mit meinen Enkelkindern erlebte ich Situationen, es war unvermeidbar. Immer, wenn sie geweint haben, wenn sie über etwas unglücklich waren, sie etwas nicht essen wollten, das hat dann tiefe Spuren in mir hervorgeholt. Ich konnte mich angesichts meiner Enkel immer genauer erinnern, was damals passiert ist. Sie haben das große Schweigen, wie wir heute sagen, sehr einprägsam beschrieben. Diese Beobachtung teilen Sie mit sehr vielen Menschen, die in dieser Zeit jung waren. Wie war es, als Sie von Budapest zurück nach Österreich kamen? Wie ich schon sagte, wir sind schon im September 1945 zurück nach Mattersburg gekommen. Aber den Krieg haben wir in Ungarn überlebt, wie gesagt, im Heimatland meiner Mutter. Sie stammte aus dem ungarischen Ungvár, heute ukrainisch Ushgorod, diese Stadt lag damals im Nordosten des Landes nahe der Grenze und wurde nach dem Ersten Weltkrieg der Tschechoslowakei zugeteilt. Im Jahr 1939kam der südliche Streifen wieder zu Ungarn. Da begann dann für uns auch die schwerste Zeit. 1945 ist dann Ushgorod von der Tschechoslowakei der Sowjetunion überlassen worden und gehört heute zur Ukraine. Es blieb aber immer dieselbe Stadt! Sie liegt an einem Fluss und auf einem Hügel thront die Burg. Viele Sowjetbürger lebten dort. Im Mai 1945haben wir dann gewusst, dass das Land, in dem wir lebten, die Sowjetunion wird. Und dann haben wir uns gefragt, wohin jetzt? Wir hatten meist kein Geld. Mein Vater hat jahrelang seinen Beruf nicht ausgeübt, war auch teilweise, um den Begriff zu verwenden, wirklich traumatisiert. Da hat dann mein Vater entschieden, dass wir zurück nach Mattersburg müssen. Dort warte sein Elternhaus und das dazugehörige Textilgeschäft, das seiner Familie gehört hat. So sind wir im September 1945 am Bahnhof in Mattersburg angekommen. Kein Mensch hat uns zuerst erkannt und wir haben nicht gewusst, wohin wir gehen sollen. Unser Haus war von der russischen Kommandantur besetzt. Aber das ist eine extra Geschichte. Wir haben also dort neu angefangen. Meine Mutter war sehr unglücklich am Land. Beide Elternteile waren sich einig, dass ich in eine Großstadt, in eine andere Umgebung kommen soll, wo es andere jüdische Kinder gibt, eventuell auch ein jüdisches Leben. Also kamen wir dann im Jahr 1950/51nach Wien. Wie konnten Sie und Ihre Eltern in Österreich mit Menschen zusammenleben, die sich Juden gegenüber so schrecklich verhalten haben? Sie waren noch sehr jung. Ja, ich war noch jung und meine Eltern haben mich das nicht spüren lassen. Für mich stellte diese Tatsache kein Problem dar. Ich habe das nicht so realisiert, habe in Mattersburg Freun-
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dinnen gehabt und mit einer besonderen Freundin aus Deutschkreuz bin ich im Briefwechsel gestanden. Da muss ich jetzt kurz Stille halten, denn die, die mir damals die schönsten Briefe geschrieben hat, ist vor einem Jahr gestorben. Für meine Eltern, besonders für meine Mutter, deren ganze Familie ermordet worden war, war es schwer. Ich jedenfalls hatte gute Schulfreundinnen. Meine damals beste Freundin war damals die Tochter des Volksschuldirektors, der auch im Jahr 1938eingesperrt worden war, als die Nazis einmarschiert sind. Haben Sie abschließend eine Botschaft, die Sie den heutigen Schülerinnen und Schülern des Wasagymnasiums gerne mitgeben würden? Eine Botschaft oder vielleicht auch einen Rat, ok. Ich würde vorschlagen: Schaut optimistisch in die Zukunft! Teilt die Menschen nicht in WIR und die ANDEREN. Seht die Welt als eine offene, habt keine Vorurteile! Versucht, eure Wünsche und Lebenserwartungen zu realisieren, aber die Ansichten anderer zu akzeptieren. Gründet eine Familie! Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das eine große Bereicherung sein kann. Ich freue mich über alle jungen Frauen, die nach der Schule einen Beruf ergreifen und unabhängig sein wollen. Als Überlebende des Holocaust rate ich nicht nur den Schülern und Absolventen dieses Hauses, nein, allen Menschen: Lasst euch nicht verhetzen! Denkt eigenständig!
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Die Schule als Biotop der Menschwerdung
Interview mit Paul M. Zulehner, Matura 1957,Pastoraltheologe. Das Gespräch wurde geführt von Meta Gartner-Schwarz und Ingrid Söllner-Fritscher. Herr Professor Zulehner, Sie haben vor etwas mehr als 60 Jahren am Gymnasium Wasagasse maturiert. Wahrscheinlich haben Sie Ihr Maturazeugnis hier im Festsaal bekommen. Ich glaube, eigentlich noch drüben in der Schottenbastei. Ich gehör zu den „Wanderern“. Wir waren die letzte Klasse drüben in der Schottenbastei. Ich weiß noch, dass die Geometrie-Matura drüben war. Ich weiß das nur deswegen, weil der Hausmeister vergessen hat aufzusperren. Wir standen vor verschlossener Tür. Mit so einer zeitlichen Distanz ist das gar keine einfache Frage: Was sind aus Ihrer heutigen Sicht die prägendsten Erinnerungen an Ihre Schulzeit? Ich habe gute Erinnerungen und auch ganz schlechte. Um gleich mit den guten anzufangen: Es steht und fällt natürlich mit den Lehrern, mit den Personen. Und ich habe dann angefangen nach der Matura in Innsbruck Theologie zu studie en, und da kam es mir einfach absolut gelegen, dass wir einen Lateinlehrer hatten, wo wir gut Latein gelernt haben. Und ich habe das dann an den Kolleginnen und Kollegen gesehen, wie schwer sie sich getan haben, gerade die, die aus Amerika kamen oder aus Vietnam, denn die sind völlig danebengestanden – und mir hat das überhaupt nichts ausgemacht. Also, wir haben wirklich hervorragend Latein gelernt. Ich glaube auch, dass die Klassengemeinschaften gut waren. Wir haben uns unlängst getroffen, ein paar von den Oldtimern noch. Da sind ja ein paar Interessante dabei, der Dobesch und der Dressler. Sie sind dann alle mit mir auf der Uni gelandet. Ja, das ist die eine Seite. Die andere Seite, das muss man auch erzählen, bezieht sich auch auf die Personen. Ich hatte einen Lehrer namens Deutschmann, der kannte meine Familie zufällig aus Oberösterreich und war ein Deutschnationaler. Und ich war natürlich sehr verbunden mit den Schotten, nicht übers Gymnasium, sondern über die Sängerknaben. Das wusste er auch. Und ich war dann in der Phase schon mit meinem etwas älteren Bruder gleichzeitig in der Klasse und der hat uns halt einfach gedemütigt in der Schule und das hat man gemerkt. Und weil ich eine miserable Note in Deutsch gehabt habe, habe ich mir immer gedacht, ich kann nicht schreiben, ich kann nicht reden, nichts dergleichen, also alles, was dann meine Profession geworden ist. Der Deutschlehrer hat mir demonstriert, dass ich das alles nicht kann. Ich wollte damit nur erzählen, dass ein Lehrer natürlich eine hohe Autorität genießt. Das ist einfach logisch. Es ist theoretisch logisch, dass das die signifikanten ersonen sind, die in dem Alter ja auch entweder einen guten oder einen schlechten Einfluss haben. Also ich habe wirklich beides erlebt und meistens Gutes erlebt, das muss ich auch dazu sagen. Und ich denke, wir sind damals noch für die nachfolgende universitäre Aufgabenstellung
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„Studium“ und „Eigenständigkeit“ sehr gut vorbereitet gewesen. Also wenn ich da in die nächste Schule hinüberschaue, also in die Uni, da denke ich mir immer: Ja, es ist schon sehr wichtig, auch da den Studierenden das Gefühl zu geben, dass sie was können, und dass sie auch selbstständig arbeiten können. Für mich sind Schulen sowas wie die Biotope der Menschwerdung, die eine Herausforderung ist, die meines Erachtens auch in der Gesellschaft immer wichtiger wird. Wir machen zurzeit sehr viel Forschung über die Angst. Ich habe irgendwann einen Vortrag bei den Ordensschulen in Lainz gehalten. Die Ordensverantwortlichen wollten wissen, was deren Zukunft ist. Ich habe es so gesagt: Vielleicht müsst ihr so kleine diffundie ende Oasen des Vertrauens werden. Dann kann man in einer Kultur der Angst als Mensch solidarisch bestehen. Ich bin überzeugt, dass es bei der Bewertung von Schulen nicht nur um die PISATests geht. Man muss nur neue PISA-Tests entwickeln, und zwar für Solidarität, für Freiheits-Kompetenz, für Sinn-Kompetenz, für Entängstigung durch Vertrauen: Ja, das sind meine Visionen. Ich meine, es ist auch so, dass die Schulen heute eine andere Aufgabe haben als damals. Die Schülerinnen und Schüler sind vielfältiger geworden. Auch die Anzahl der Schüler hat sich vergrößert, was eine gute Sache ist, sage ich jetzt einmal. Das heißt also, Bildung war in den 1950er-Jahren noch viel elitärer, als sie heute ist. Die Anforderungen haben sich dann mit der Zeit geändert. Und ich frag mich auch oft, ob Schule dieser Anforderung immer gerecht werden kann bzw. ob man nicht auch immer hinten nachhängt. Also, man versucht ja immer, dann irgendwie die Richtung auszugleichen. Und das machen wir momentan auch. Man muss auch nicht immer alle Fehler wieder ausbessern. Wenn man da schon ein bisschen hintendran ist, dann kann das auch einen Vorteil haben. Denn dann ist alles schon ausgegoren. Unveränderlich bleiben gewiss die großen Themen der Persönlichkeitsreifung, der Menschwerdung. Aber wenn ich wieder zurückblicke in meine Geschichte an dieser wunderbaren Schule, dann finde ich enorme Defizite: Bei uns hat zum Beispiel der Geschichtsunterricht vor 1933aufgehört, aus besagten Gründen. Und ich denke mir immer, ich würde die Qualität eines solchen Gymnasiums nicht mehr nur daran messen, wie viele Leute an der Universität unterrichten und in die Kultur gehen, in die Kunst gehen oder Lehrer werden, sondern wir müssen viel mehr noch hinschauen, ob auch Leute in die Politik gehen oder ob wir sie im Parlament finden. Es gibt immer wieder Absolventen, die Verantwortung übernehmen, aber gerade für solche ist eine gediegene und differenzierte politische Bildung höchst wichtig. Wer macht sie sonst? Man kann es nicht Österreich und der Kronen Zeitung überlassen. Woran soll sich also die heranwachsende, nächste Generation orientieren? Und wo stehen sie in den Mega-Themen wie Ökologie und Ökonomie, und beides zusammen? Die Digitalisierung spielt eine Rolle. Die nächste Generation wird weltweit nicht um die Migration herumkommen. Da kann unsere Politik sagen, was sie will. Momentan haben wir nur einen Hauch von Migration mit den 65 Millionen unter den vielen Milliarden Menschen,
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aber das wird massiv zunehmen, weil die Innovation läuft, auch das Wissen, wo der Reichtum sitzt, sich herumspricht. Es wird also künftig einen massiven Migrationsdruck geben. Wie kann man dann Sicherheit und Menschlichkeit verknüpfen? Momentan setzen wir auf Sicherheit und die Menschlichkeit lässt uns zunehmend im Stich, so ist mein Eindruck. Ich darf noch kurz auf Ihre Schulzeit zurückkommen: Sie sind von einer Generation des Schweigens großgezogen worden. Sie haben das ohnehin auch schon angedeutet. Das heißt, es wurde nicht über den Nationalsozialismus gesprochen bzw. wurde ein riesiger Bogen um ihn gemacht. Haben Sie das hier auch so erlebt, oder ist es eine Mutmaßung meinerseits, dass das Schweigen flächendeckend war? Mein Vater hat geschwiegen, obwohl er im Krieg war und viele Aufgaben wahrgenommen hat in der Wehrmacht. Ich verstehe das rückblickend, weil ich sehr viel darüber geforscht habe, wie die Osteuropäer mit dem Kommunismus umgegangen sind, oder auch die Kirchen diese Zeit aufarbeiten. Vielleicht müssen zunächst ein oder zwei Generationen sterben. Aber dann muss man sich an das Aufarbeiten machen. Auch in Österreich haben wir mit dem „Heldenplatz“ relativ spät erst angefangen darüber ernsthaft nachzudenken. Es könnte wahrlich eine unglaubliche Stärke einer Schule sein, wenn alle dort lernen: Das ist unsere Geschichte und wir werden alles Erdenkliche tun, dass sich sowas nicht wiederholt. Die Schule hat auch einen politischen Auftrag, die Menschen vorzubereiten, dass sie politisches Engagement für Gerechtigkeit und Frieden schaffen. Wenn das nicht funktioniert, tut mir die nächste Generation fürchterlich leid. Weil die Kriege immer brutaler werden und der Streit um die Positionen immer stärker wird. Ich denke mir immer, dass auch die Jugend Arbeit finden wi d, sie wird Stabilität finden, sie wi d eine Welt finden, in der man auch noc leben kann. Und ich bin an sich immer fasziniert, wenn ich in ein Gymnasium eingeladen werde, was hin und wieder vorkommt, und beobachte, dass die jungen Leute schon eine unglaubliche ökologische Sensibilität haben, weit mehr als wir, die Älteren. Das ist faszinierend, das ist erfreulich. Die haben auch bei weitem einen größeren, internationalen Horizont als mancher in Meidling oder in Ottakring. Das ist schon etwas. Ich glaube, dass Schulen wie diese, wenn sie die Arbeit gut machen, ein unglaublicher Schatz für die Zukunft sind. Wann hat sich Ihr späterer beruflicher Werdegang herauskristallisiert? Dieser hat sich nicht innerschulisch geklärt, sondern da spielte tatsächlich eine riesige Rolle, dass ich Sängerknabe bei den Schotten war. Das heißt, ich habe Liturgie, und zwar edelste gregorianische Liturgie aus nächster Nähe erlebt, mit einem hoch seriösen Konvent. Wir hatten einen Chorleiter, der mich auch persönlich sehr fasziniert hat und ich denke, wenn man so wie ich das Glück hatte, religiöse Eltern zu haben, dann lag einem dieses Erleben von einer sehr unmittelbar praktizierten und völlig unkomplizierten Frömmigkeit sehr nahe. Ich kann mich auch noch gut erinnern, dass ich einen Lateinlehrer hatte, der über diese familiären Zusammenhänge bei mir Bescheid wusste. Der war selber, glaub ich, auch
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ein relativ engagierter Katholik und ich habe dann halt offenbar als kleines Geschenk einen Hymnus aus dem Stundengebet der Kirche zur Latein-Matura bekommen. Das war hochinteressant. Ja, das war auch spannendes Latein zum Übersetzen. Meine Berufswahl hat sich dann bei mir nahtlos ergeben. Wir sind in meiner Familie vier gewesen im Gymnasium hier; meine Schwester sieben Jahre nach mir, mein älterer Bruder sieben Jahre vor mir, der ist auch nach Innsbruck gegangen zum Theologiestudium, und der andere hat dann geheiratet und Bodenkultur studiert. Er war auch ein sehr guter Cellist, das hat er wahrscheinlich auch hier wieder mitgekriegt. Das war ja damals gerade der Schritt zum Musikgymnasium. Konnten Sie Freundschaften aus der Schulzeit erhalten? Ja, z.B. mit zweien, die dann geheiratet haben später, und die sind dann in Fulda Chirurgen geworden. Sie haben dort auch eine Klinik aufgebaut, eine urologische Klinik. Da war ich gerade vor zwei Wochen zu einem Benefi -Konzert. Das wurde dort abgehalten wegen eines Afrika-Projekts. Da haben sie mich eingeladen und gesagt, dass bei mir so viele Leute kommen und sie so viele Spenden bekommen, und das war dann bummvoll. Da habe ich noch einen Vortrag gehalten. Also, wir sind jetzt noch sehr gut miteinander. Leider ist der Mann vor Kurzem verstorben. Ein anderer, der dann Theologie studiert hat, war zunächst in Amerika, auch mit diesem bin ich gut befreundet. Wir haben uns unlängst getroffen und das war echt amikal, man erinnert sich an die alten Geschichten dann. Sie haben bereits eine negative Erinnerung an Ihre Schulzeit erwähnt, als Sie von Ihrem deutschnationalen Lehrer gesprochen haben. Ja, das ist ein ganz wichtiges Stichwort. Ich habe ja daraus gelernt. Ich habe mir geschworen, ich werde nie, wenn ich in einer Klasse oder einem Hörsaal vorne stehe, irgendjemanden demütigen. Das ist mir wirklich geblieben als Prinzip und in der Zwischenzeit habe ich natürlich andere große Theorien, dass auch natürlich zum eispiel momentan die arrogante, westliche Welt die arabische Welt demütigt, aber nach Strich und Faden. Das ist auch in Paar-Beziehungen der Fall, so schreibt wieder der Psychotherapeut Haller: Kränkung und Demütigung ist das, was den Menschen klein hält. Also wenn man sagt „great again“, sage ich nicht „great again“, sondern überhaupt einmal „great“. Ich habe mir zum Prinzip gemacht, dass Autorität immer nur heißen kann, durch Fordern zu fördern. D.h., die Leute müssen sich in meiner Umgebung entwickeln können: „augere“, mehren. Das muss ich schon sagen, das gehört schon zu meinen besten Erinnerungen, dass ich das Gefühl mitgenommen habe, dass ich da wirklich reich beschenkt bin. Ich habe ein Kapital mitgenommen, auch für meine weitere wissenschaftliche Entwicklung. Sie durften wachsen! Ja, ich kann das nur jedem wünschen, wenn es ihm ähnlich geht. Und da nimmst du schon die negativen Geschichten als Kontrast einmal in Kauf. Weil ich sonst die guten Seiten
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nicht so klar erkannt hätte, wenn ich die hässlichen Seiten nicht so grausam erlebt hätte. Ich glaube, das ist schon gut. Sie wurden 1964 zum Priester geweiht. Hat sich die katholische Kirche in den mehr als 50 Jahren, die seitdem vergangen sind, so verändert, wie Sie sich das damals gewünscht haben, wie Sie es sich erhofft haben? Die katholische Kirche ist in der Zwischenzeit eines meiner wichtigen Forschungsfelder geworden. Ich bin damals direkt hineingeraten in die Blütezeit der Innsbrucker Fakultät. Alle Stars der deutschsprachigen europäischen Theologie wa en da in dieser kleinen Fakultät. Das war ein Glücksfall, das hast du nur einmal, das wiederholt sich auch bei Fakultäten nicht so oft, dass sie viele herausragende Leute kompakt an einer Stelle haben. Wir waren da begeisterte Zuschauer bei diesem Hebammen-Akt des Konzils, weil wir gedacht haben: Jetzt kommt meine Kirche „endlich zur (modernen) Welt“. Ich hab das dann auch in einer Pfarrgemeinde sehr unmittelbar miterlebt, wie sich das auch ausgewirkt hat, in der Liturgie, in der Seelsorgearbeit. Erst später haben wir dann begriffen, dass dieses Konzil am Ende einer Ära stand. Das war die sogenannte konstantinische Ära, wie die Religionslehrer ja allerbestens wissen, in der das Christentum in unserer Region erzwungen war. Glauben war Schicksal. Du konntest in Österreich nicht Österreicher sein, wenn du nicht katholisch warst, oder du wurdest ins Jenseits oder später ins Ausland ausgewiesen, so simpel war die Regel. Und ich habe einen sehr guten Freund, der ja auch in Wien hier großgeworden ist und dann emigrieren musste, der große Peter Berger, der letztes Jahr gestorben ist, der in Boston Religionssoziologe war. Und mit diesem habe ich oft die Köpfe zusammengesteckt. Er hat die wichtige Formel „from fate to choice“, also vom Schicksal zur Wahl, geprägt. Die herkömmliche Struktur war eher eine, die ziemlich, jetzt sage ich es einmal riskant, eher autoritär war. In der Beichte wurden die Leute kontrolliert, statt dass wird mit dem jetzigen Papst fragen, wo bist du verwundet, wo kannst du eine heilende Kirche erleben. Es muss sich jetzt viel ändern, damit die Menschen, die hinsichtlich Religion und Kirche alles wählen können, so viel Attraktives in der Kirche finden, dass sie sagen: Das tut mir gut. Ich sage nicht: Brauche ich. Ich wurde einmal im ORF Café von Maturanten eingeladen. Da waren so gut 60 Schülerinnen und Schüler zusammen und ich kam ein bisschen zu spät. Aber die erste Frage, wie aus der Pistole geschossen, war: Wozu brauchen Sie Gott? Da sag ich: Brauch ich nicht. Gott ist nicht zu gebrauchen, zu nichts zu gebrauchen. Ja, das ist ein ganz wichtiger theologischer Satz, weil unsere Politiker jetzt, zum Beispiel der bayerische Ministerpräsident, sagen: „Ich brauche das Kreuz in den Büros, damit...“ Ja? Also, das heißt, er verwendet Gott genauso, wie das Hitler gemacht hat. Auf den Koppeln der SS stand: Gott ist mit uns. Ich habe gestern zufällig den Film gesehen, der genial und wahrscheinlich pädagogisch sehr gut ist, „Er ist wieder da“. Er ist genau die Aufarbeitung dessen, was ich im Geschichtsunterricht nicht gelernt habe. Da taucht der Hitler plötzlich nach 70 Jahren auf und schaut sich da in Deutschland um. Das ist irre gemacht. Ich habe mir selten mit so viel Faszination einen Film angeschaut.
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Und die Kirche muss jetzt lernen zu sagen, wir sind nicht die Kirche der 100 %, das kann nicht sein. Das ist aber auch nicht, was sich Jesus vorgestellt hat. Er hat gesagt: Ihr seid Licht der Welt und Salz der Erde, und da hat er wohl gesagt, dass man ja vielleicht an euch wenigen erkennen kann, was Gott mit allen vorhat: solidarisch liebende Menschen zu werden, irgendwann in die Vollendung zu kommen, mit der ganzen Menschheitsgeschichte. Das wäre gut. Selbst uns Christen stehen Angst und Schuld im Wege, liebende Menschen zu werden. Kirche könnte dann wie Heilsalz sein und heilen. Das sind, glaub ich, die zwei großen Aufgaben der Kirche: in Erinnerung halten und voranbringen. Da haben wir noch eine Riesenarbeit in Europa zu tun, wobei die europäische Lage ja doppelt kompliziert ist. Man kann das am schnellsten am Islamischen Staat studieren, wo der durchaus vernünftige Islam, der im Grunde eine sehr humane Religion ist, jetzt missbraucht wird von Männern, die Gott und Gewalt verbinden. Da muss der Islam jetzt zusehen, wie er jetzt über die Runden kommt, weil die Reputation des Islams katastrophal ist. Die Reputation des Christentums im dreißigjährigen Krieg war haargenau genauso beschädigt worden. Voltaire hat dann gemeint: Geht es nicht friedlicher ohne Kirchen? Und dann kommen die französischen Atheisten und sagen: Geht‘s nicht ohne Gott, wäre es dann nicht friedlicher in der Welt? Ich denke, die Kirche muss lernen, aus gewaltfreier Ohnmacht heraus den Menschen zu sagen: Wir bemächtigen uns nicht des Menschen, sondern wir ermächtigen den Menschen, damit er irgendwo den Weg zu einem erfüllten Leben findet, zur Menschwerdung, zur Reifung, und dass die ganze Welt durch das Evangelium vielleicht gerechter und friedlicher, also menschlicher wird. Wenn man jetzt dem Papst Franziskus zuschaut, sieht man das ein bisschen, dass er in dieser jesuanischen Spur geht. Unaufdringlich, aber klar da, wo es um die Dinge geht, wo wir mit uns als Christen nicht verhandeln lassen, nicht über die Solidarität, nicht über die Gerechtigkeit, nicht über den Frieden, nicht über die Demütigung. Wir haben somit ein paar Basiswerte, ohne welche die Welt kühler und ärmer wäre. Diese jetzt präsent zu halten, ist gescheit und da braucht man nicht 100 % der Bevölkerung, siehe die NGOs, wie „Green Peace“ und „Amnesty“, diese sind stark, weil sie eine gute Message haben. Die katholische Kirche muss sich an ihre Botschaft erinnern und nicht nur an ihre Vergangenheit. Was sich also nach dem Ende der Konstantinischen Ära abspielt, ist eine Art Rückkehr; wir bewegen uns wieder in den biblischen Normalfall zurück. Die Allianz von Th on und Altar ist vorbei. Dem Christentum ist es in Europa zwar über Jahrhunderte hinweg gelungen, durch Gewalt die selbstverständliche Deutung der Welt für alle zu werden, das war in einem gewissen Sinn genial und hat der europäischen Geschichte unglaublich viele Vorteile eingebracht. Aber das war eigentlich die Erbschuld des Christentums in Europa und hat diesem viel Glaubwürdigkeit gekostet. Das macht auch verständlich, dass heute das Christentum in allen Kontinenten floriert, nur nicht in Europa. Also ist Europa ein Ausnahmefall. Das muss einen historischen Grund haben und wir identifizie en den historischen Grund in diesem Missbrauch des Christentums für die Stabilisierung der Macht, der Macht
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der Fürsten, des Kaisers. Zudem haben sich nach der Reformation Katholiken und Protestanten ja genauso die Köpfe eingeschlagen wie jetzt die Schiiten und die Sunniten. Das alles ist verheerend. Denn durch solches Handeln der Gläubigen wird Gott nicht in Kredit, sondern in Misskredit gebracht. Wir haben gute Chancen, dass das zu Ende ist, weil den Kirchen jetzt jede politische Macht aus der Hand genommen ist. Wir haben strukturell durch den Religionsunterricht noch einige Positionen inne, die man gut bespielen kann, wenn man es vernünftig macht. Aber wir haben eigentlich keine Macht mehr über den Menschen, weil die Menschen völlig frei sind. Wenn einer anfängt, gegen sie Macht auszuüben, dann sagt der freie Mensch „Tschüss“ und geht, und zwar völlig frei. Aber wenn man ihnen sagt: Leute, schaut‘s euch das an, geht ein bisschen mit; vielleicht finde sich dann die drunter, die wir brauchen können, damit diese Jesusbewegung mit offenen Rändern i Gang kommt, in Gang bleibt und sich vielleicht dann an den Knotenpunkten so Glutkerne bilden. An denen kann man dann doch etwas sehen. Das ist vielleicht eine Alternative zu Verflachung des gegenwärtigen kulturellen Bewusstseins. In dem Film, den ich vorhin erwähnt habe, verkündet Hitler viele Argumente der AfD. Wir sind kulturell so anspruchslos geworden. Und das wird natürlich von den Populisten heute nur mehr als „elitär“ verspottet, das was anspruchsvoller ist. Meines Erachtens haben wir zurzeit eine kulturelle Nivellierung nach unten, und da muss der Aufruhr von unseren Universitäten, den Schulen oder von den Kirchen kommen. Nicht, weil die Schule oder die Kirche das braucht, sondern weil auch die Menschen von heute Besseres verdienen. Es muss für die Kirchen klar sein: Wir kämpfen nicht um uns, sondern weil wir um das Land besorgt sind. Und dort investieren wir uns. Wir sind keine politische Partei, aber wir sind politisch hoch parteilich. Das ist völlig klar, da lassen wir nichts darüber kommen. In der Flüchtlingsarbeit helfen dann doch wieder Junge mit, ohne dass man sie auch im Gottesdienst sieht. Es gibt also Andockstellen für Menschen guten Willens, die sagen: Wir möchten ein Land mit einem menschlichen Angesicht haben. Wir wollen ein Land, das politisch weitsichtig ist, also nicht nur Zäune baut, sondern zusieht, dass wir uns morgen gar nicht mehr vor Migranten schützen müssen durch Zäune, weil wir die Lebensbedingungen der Afrikaner, denen wir in 500 Jahren Kolonialismus den Reichtum gestohlen haben, wieder verbessern. Das hat im öffentlichen Diskurs derzeit keinen Platz oder es wird bewusst herausgehalten, auch Fragen der Verantwortung werden natürlich herausgehalten. Wir sollten unsere afrikanischen Doktoranden manchmal in den Religionsunterricht einladen. Es wäre interessant, mit denen darüber zu sprechen, wie sie leben und ihre eigene Geschichte erleben. Die mehr als 50 Jahre seit meiner Priesterweihe sahen in Europa ein Einpendeln auf den biblischen Normalfall, ich nenne es nochmals so. Das erzeugt in manchen Kirchengebieten, vor allem in denen, die bisher relativ viel Geld lukrieren konnten, über die Kirchensteuer in Deutschland, der Schweiz, Österreich, eine gewisse Panik, weil sie merken, es geht ihnen das Geld aus, es gehen ihnen die engagierten Menschen weg, die Kirchen schrumpfen. Es
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ist kaum ein Reservoir von vernünftigen Priestern vorhanden, wobei mir ja nicht jeder recht ist, weil einer, der nur seine Rituale hat und keine geistliche Kommunikation beherrscht, ohnehin kein Glück für die Arbeit der Kirche ist. Das heißt: Wir sind momentan in einem riesigen Umbau und der Fehler, der manchmal gemacht wird, ist, dass wir eigentlich nur die sterbende Kirchengestalt herunterfahren. Wir machen Downsizing, anstatt dass wir sagen: Welche Elemente fördern wir jetzt, damit wir zukunftsfähiger sind? Das beschäftig mich momentan sehr. Wenn wir in einem Pfarrgemeinderat reden und mich jemand fragt: „Was sollen wir denn tun?“, dann sage ich: „Tut mit Vorrang das, was ihr morgen braucht. Ihr braucht Herbergen, Knotenpunkte, wo Menschen mit Entschlossenheit sagen: Wir leben das Evangelium!“. Es ist einfach zu wenig, über das Evangelium nur zu reden, das kauft uns heute niemand ab. Du musst selber randvoll sein mit dem Evangelium. Sodann brauchen diese Gemeinschaften des Evangeliums eine enorme Offenheit und Gastfreundschaft. Man kann aus und ein gehen, ohne sich gebunden zu fühlen, wo man auch partiell ein Stück des Weges mitgehen kann, mitarbeiten kann. Es wird eine sehr mobile, aber sehr attraktive Gestalt von Kirche auf uns zukommen und dort investieren Kirchen zurzeit in kleinen Einheiten viel. Unlängst war ich in der Pfarrgemeinde Gersthof in Wien eingeladen. Ich hab‘ meinen Augen nicht getraut: Die Kirche war um 10 Uhr voll mit jungen Leuten, 30 Ministrantinnen. Es gibt also bereits Pfarrgemeinden, die kapiert haben, wie Zukunft geht. Es gibt aber auch andere Pfarren, die vor sich hinsterben, und die werden alsbald wirklich sterben. Es wird Pfarrgemeinden geben, die aufhören. Ich sehe das im evangelischen Bereich in Deutschland, wo die Kirchenleitung sagt: „Wenn ihr nicht mehr als sieben Leute habt, die im Gottesdienst sitzen, dann halten wir keine Gottesdienste mehr und verkaufen die Kirche, so wie in Großbritannien oder Amsterdam.“ Uns retten zurzeit die Migranten aus Serbien, die Orthodoxen, die Polen und Vietnamesen. Wir haben starke fremdsprachige Gemeinden, was zur Folge hat, dass der Anteil der Christen in Wien sogar steigt, das weiß nur keiner: aber es verdeckt auch die Lage der einheimischen Kirchen. Ich finde es allerdings spannend, dass wir auch kirchlich wie in der k. u. k.-Monarchie plötzlich ein Anziehungspunkt geworden sind für andere Ethnien, aber die bringen auch ihre Religion mit, und auch die Muslime werden die religiöse Landschaft in den kommenden Jahren prägen. Und das ist keine schlechte Religion, die die mitbringen, denn viele Muslimas und Muslime sind (im Gegensatz zu den Kirchenmitgliedern bei uns) stark gläubige und auch gastfreundliche Menschen mit starkem Familienzusammenhalt. Das Kopftuch ist für muslimische Frauen keine Ideologie. Was die Kirche betrifft, so haben Sie eine Vision, empfinden keine Resignation. Ich wurde an Ihren Buchtitel „Wider die Resignation in der Kirche“ erinnert. Und daher rührt meine nächste, ganz persönliche Frage: War Ihnen nie nach Resignation zumute? Mir hat eher die Lebensform manchmal Sorgen gemacht: Bei meinem Bruder wachsen Kinder heran und ich habe keine. Das hat mich mit zunehmendem Alter irritiert. Ich war mit
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vielen hochinteressanten und liebenswerten Frauen befreundet, das ist der Normalfall, dass man in meiner Position eine Menge an Freunden und Freundinnen hat, und da denkst du dir manchmal „Das wäre schön, jetzt mit einem solchen Menschen als Familie zu leben.“ Ich glaube nicht, dass man sich, wenn man sich für die Ehelosigkeit entscheidet, ein Leben lang als Sexualneurotiker deklarieren muss. Das ist völlig absurd. Und die zweite Geschichte, die mich eine Zeit lang sehr irritiert hat, war diese: Rom hat angefangen, nach der Ära von Kardinal König die gesamte Bischofskonferenz umzubauen. Ich habe dann die Beliebtheitswerte dieser neuen Bischöfe empirisch erhoben, in repräsentativen Studien, und das Ergebnis war katastrophal. Die bisherigen Bischöfe waren hoch angesehen und die neuen, die wollte niemand. Und doch wurden sie bestellt. Es waren ziemlich unappetitliche Zeiten in der österreichischen Kirche. Und ich kann bisher forscherisch nicht abschätzen, wie viel Schaden das verursacht hat. Aber ich vermute, einen relativ großen, was die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Österreich betrifft. Eine Erholung hat erst mühsam wieder eingesetzt mit Kardinal Schönborn, der erreichte, dass auch wieder akzeptable Bischöfe bestellt wurden und daher haben wir jetzt wieder ganz annehmbare. Was ich mir aber im Traum nicht vorstellen konnte, ist, zu erleben, dass ein solcher Papst wie Franziskus daherkommt. Das hätten wir uns eigentlich niemals erträumt. Denn nach dem Konzil sind in über vierzig Jahren unter zwei Pontifikaten viele offnu gen auf der Strecke geblieben, wobei ich Johannes Paul II. sehr schätze, denn ohne ihn wäre Europa nicht unblutig geeint worden. Das war zusammen mit Gorbatschow sein riesiges Verdienst. Er war ein politischer Papst, aber auch einer, der dann innerkirchlich gesagt hat: Wir müssen jetzt dem Osten, der vierzig Jahre keinen Zugang zu Reformen des Konzils hatte (manche der Konzilsdekrete durften in Polen nicht einmal veröffentlicht werden), Zeit geben aufzuholen. Dort hat er gute Bischöfe ernannt, im Westen hingegen rückwärtsgewandte, langsame. Benedikt war kein regierender Papst, er ist ein Philosoph und ein exzellenter Theologe. Einen Ausspruch von ihm schätze ich sehr: Er meinte einmal, dass wird in dieser lauten Welt derart gotttaub, geworden sind, dass wir die leise Musik Gottes nicht mehr hören... Ein solcher Satz muss einem erst einmal einfallen! Ein wunderschöner Satz! Wegen dem mag ich auch Benedikt, aber vermutlich ist er zurückgetreten, weil er gemerkt hat, dass ihm der Skandal des Missbrauchs über den Kopf wächst. Dann haben sie ihn erfolgreich gemobbt und dazu demonstrativ Akten von seinem Schreibtisch gestohlen, und er hat das zunächst gar nicht gemerkt. Später wurde ihm klar, dass da irgendwas nicht mehr funktioniert. Wie gesagt: Ich bin überrascht über den neuen Papst Franziskus. Ich habe auch eine Unterschriftenaktion initiiert, um die schweigende Unterstützung vieler in der Kirche ans Licht zu heben. Wie bewerten Sie das Pontifikat bis jetzt? Franziskus macht seinen Job schon gut. Manche werfen ihm vor, dass er nichts ändert. Das stimmt aber nicht. Also, die Kultur der Seelsorge hat er schon tiefgreifend geändert. Er mora-
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lisiert nicht, sondern heilt. Das ist ein neuer Ansatz, wenn wir nicht von den Sünden reden, sondern von der Verwundung des Menschen, wenn er kein Ideologe, sondern ein Hirte ist ... das sind lauter klassische Akzentverschiebungen im Feeling der Kirche. Ich bin auch davon überzeugt, dass er strategisch sehr gescheit ist, weil er sagt: „Natürlich braucht die Kirche eine Entwicklung aus ihrer Stagnation heraus“. Sein großer geistlicher Mentor, der Mailänder Kardinal Martini, hat vor seinem Tode gesagt: „Wir sind 200 Jahre hinter der Welt zurück!“ und da sagt Franziskus: „Okay.“ Er weiß, dass es nicht im Gleichschritt vorangeht, es geht auch nicht im Rahmen des ererbten Zentralismus der katholischen Kirche voran, obgleich an diesem ängstlich festgehalten wird, weil viele fürchten: „Wenn wir etwas ändern, dann zerfällt uns die Einheit, so wie in der protestantischen Kirche. Das wollen wir nicht, wir wollen zusammenbleiben und zusammen bleibst du nicht, weil du das eine Evangelium hast, sondern weil du auf den Zentralismus setzt, Uniformismus hast. Genau diesen Zentralismus gibt der Papst aber jetzt auf. Und er sagt jetzt zum Beispiel den Bischöfen im Amazonas (wo der in Vorarlberg geborene Bischof Erwin Kräutler federführend war): „Macht mir mutige Vorschläge, damit der Regenwald verschont und in euren priesterlosen Urwaldgemeinden in Zukunft wieder Eucharistie regelmäßig gefeiert werden kann!“ und die Synodalen aus dem Amazonasgebiet werden ihm vorschlagen (das weiß ich vom Kräutler, da ich mit dem ganz gut bin), nicht akademisch ausgebildete, verheiratete, beruflich tätige Laien zu ordinieren. Diese Synode wird im Herbst 2019 stattfinden. in gespannt, was dabei herauskommt. Ich bin schon so viele Wetten eingegangen, dass ich glaube, dass sie das wirklich beschließen werden. Der Papst hat gesagt: „Macht mir mutige Vorschläge!“, weil bei uns waren sie eigentlich immer zwangsneurotisch und haben eher gesagt, dass geben sie an Rom ab und hoffen, dass da nichts passiert. Und die werden jetzt den Vorschlag machen. Die werden die Erlaubnis kriegen, dort in ihren Gemeinden verheiratete Priester zu weihen.2 Und dann ist es wie ein Dominoeffekt in der Welt. Der Bischof von Linz meinte: „Es rumort im Land, da wir keine Priester haben; das kann nicht so bleiben.“ Das heißt, es wird gleichsam wie im Dominosystem von der Peripherie Dynamik in die Entwicklung der Weltkirche kommen und das halte ich für den entscheidenden Durchbruch, um die Stagnation zu überwinden. Er muss also synodal subsidiär sagen, wo immer geglaubt wird und das Evangelium regiert, dort ist Gottes Geist am Werk, nicht nur im Vatikan. Hier manchmal auch, aber auf jeden Fall dort, wo die Leute leiden und leben, und dort wollen wir Entscheidungen haben und da möchten wir, dass sie eine weltkirchliche Karriere machen. Früher lief die Entwicklung immer von Rom in die Peripherie, morgen wird sie von der Peripherie nach Rom zurücklaufen. Das ist sensationell, wenn das gelingt. Aber es wird Zeit brauchen. Vermutlich machen die Bischöfe Vorschläge, und dann wird der Papst sie nach Hause schicken und sagen: Entwickelt eure Vorschläge vor Ort praktisch weiter. Man kann gespannt sein. 2
Anm.: Die Synodenväter der Amazonas-Synode 2019 stimmten tatsächlich dafür, dass in Gemeinden des Amazonasgebiets mit Priestermangel in Ausnahmefällen auch verheiratete Familienväter, die vorher Ständige Diakone waren, zum Priester geweiht werden können.
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Auch in Europa herrscht zurzeit eine große Dynamik. Wir werden weltanschaulich wie eine Blumenwiese. Wir haben in weltanschaulicher Hinsicht alles Mögliche. Die wirklichen Atheisten in Österreich sind eine Rarität. Wir wollten mal welche untersuchen, wir haben zu wenige gefunden! Die Leute sind pragmatisch, skeptisch, sie sind Institutionen gegenüber kritisch, aber das trifft die Gewerkschaft und politische Parteien genauso. Die Distanz ist bedrängend groß zwischen der nachwachsenden Generation und der Kirche. Unlängst habe ich wieder eine Studie gelesen über das Image der Kirche in unseren Wiener Schulen. Das war eine Doktorarbeit an meinem Institut. Ich würde mir wünschen, dass junge Leute nicht in sich und ihr eigenes kleines Leben implodieren. Die Gefahr ist zurzeit groß, dass sie nichts mehr interessiert, was Welt ist, was Politik ist, was Religion ist, und wer immer sich engagieren will, der könnte vielleicht dann auch mal sagen: Ich schaue mir mal so ein Projekt bei der Kirche, z.B. der Caritas oder der Diakonie, an. Vielleicht wächst er dann über Projekte als junger Mensch wieder in die Kirche rein, und nicht über Katechismus und leider auch nicht über den Religionsunterricht. Zum Beispiel, der Klassiker: die DreiKönigs-Aktion oder „72h ohne Kompromiss“. Man muss heute erst das Glück haben, als junger Mensch das Evangelium irgendwie zu tun, um danach zu bemerken, dass das, was du eigentlich tust, genau schon das Innerste des Evangeliums ist, und dass es nichts mit Moralisieren zu tun hat, nichts mit sexuellen Neurosen und nichts mit fehlender Partizipation, sondern dass man letztlich aufgefordert ist zu einem Engagement zugunsten einer menschlicheren Welt. Also wie Bischof Hemmerle einmal wunderbar sagte: „Wir sind nicht Christen, damit wir einst in den Himmel kommen, sondern wir sind Christen, sodass der Himmel jetzt schon zu uns kommt.“ In Spuren wenigstens. In dem was Jesus „Reich Gottes“ genannt hat, sodass es jetzt menschlicher zugeht in dieser Welt. Ich würde mir wünschen, dass viele junge Leute auch aus diesem Gymnasium sagen: Da halte ich für eine gerechtere und friedlichere Welt den Kopf hin und privatisiere nicht weg. Mit sind zu wenige engagiert, bei einer Partei, bei einer NGO, nicht einmal bei der Feuerwehr am Land, zu wenige tun irgendetwas Zivilgesellschaftliches. Also, das wäre mir so wichtig, dass sie diesen Kokon verlassen, wo man sich in sich selbst versteckt und zufrieden fühlt in der eigenen Welt. Man weiß heute aus der Forschung, dass wer nur in der zu kleinen eigenen Welt lebt, es nicht lange aushält. Man kann also nicht in so einem kleinen Raum glücklich werden. Dazu ist der Mensch einfach zu sehr dazu veranlagt, dass er Flügel bekommt und fliegt, und nicht dass er dauernd im Nest sitzt. Die Gesellschaft ist ein zu großer Faktor im Leben. Das ist ein Faktor, den man nicht unterschätzen darf. Um auf den Papst Franziskus zurückzukommen. Es wäre ihm möglich zu sagen: „Natürlich könnte ich jetzt ein neues Gesetz erlassen als Papst, aber es bringt nichts. Ich muss die Leute in den Bischofskonferenzen gewinnen, das in ihrer eigenen pastoralen Überzeugung zu machen. Dann bringt es was“. Also, jetzt muss er die polnische Bischofskonferenz gewinnen, genauso wie die argentinische, und er erwartet sich jetzt auch von unserer Bischofskonferenz, dass wir in dieser Frage zu ihm stehen. Unter Kardinal König ist das schon einmal
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geschehen. 1980 haben die österreichischen Bischöfe gleichsam im lokalen Alleingang entschieden, dass Geschiedene, die wieder heiraten, in Einzelfall zum Empfang der Kommunion zugelassen werden können. Genau dieser Wiener Weg hat jetzt weltkirchliche Karriere gemacht und wurde vom päpstlichen Schreiben über die Freude der Liebe gutgeheißen. Es bleibt freilich noch die Gefahr, dass zu viel dem einzelnen Seelsorger überlassen ist. Das ist aber auch eine Chance und zugleich eine Gefahr. Man kann es noch radikaler formulieren: Die Frage ist aus dem Kirchenrecht und der Morallehre herausgenommen und der seelsorglichen Verantwortung übereignet. Es ist dem Gewissen der handelnden Personen überlassen. Noch kein Papst vor Franziskus hat mit dieser Klarheit gesagt: „Diese Frage kann nur der Einzelne in seinem Gewissen vor Gott entscheiden und wir sind nicht befugt, das Gewissen zu ersetzen. Wir können es nur begleiten“. Eine solche Begleitung des Gewissens finde ich gescheit, weil natürlich niemand von uns sicher ist, dass das Erkennen des Gewissens nicht durch Macht und Interesse verschattet ist oder, um das salopp zu sagen, dass jeder von uns gefährdet ist, dass er den eigenen Vogel mit dem heiligen Geist verwechselt. Das muss der Einzelne in seinem Gewissen auch auseinanderhalten. Ich weiß aus meiner spirituellen Erfahrung, dass ich es mir eigentlich gerne richte mit meinem Gott, so wie es mir am bekömmlichsten ist, aber dann entfällt, dass mich jemand geraderichtet, was mir guttäte, oder neu ausrichtet, was auch ein guter Weg wäre. Und so sagt der Papst, dass es gut wäre, wenn die Leute sich in einer schwierigen Situation vor Gott einsam prüfen, und dann mit einem Seelsorger, einer Seelsorgerin des Vertrauens darüber reden und schauen, ob sie sich in ihrem Gewissen täuschen oder irren, und wenn nicht, dann sagen wir: „Super!“, und freuen uns über die Lösung eines belastenden Problems gläubiger Menschen. Mehr muss ein Seelsorger nicht tun. Aber genau das ist eine unglaubliche Kehrtwende, dass die Leute nicht praktisch ein „Gesetz“ leben, sondern das Gesetz dem Leben dient und wie die Seelsorge ihnen dabei Unterstützung gibt. Das ist tiefgreifende Veränderung. Das ist modern, weil jetzt das Individuum zählt und nicht die obrigkeitliche Autorität. 200 Jahre zu spät vielleicht. Aber dieser Respekt vor den Menschen, zumal von den belasteten, muss das Tun der Kirche prägen, und wenn einer da liegt und leidet, oder wenn ein Jugendlicher keine Arbeit hat oder ein alter Mensch vereinsamt: Dort muss die Kirche hin, also dorthin, wo die Leidensgeschichten und nicht wo die Erfolgsgeschichten sind. Ein erfolgreicher Unternehmer braucht zunächst keine Kirche, ich auch nicht, solange es glatt läuft. Ich kann dem Ganzen irgendwann einen schönen Sinn abringen, aber das ist ja eigentlich nur das Sahnehäubchen auf einem normal gelungenen Leben. Die Frage aber ist: Was ist, wenn es nicht gut geht, wenn eine Ehe zerbricht, wenn ich keine Arbeit finde als Jugendlicher in Italien oder Portugal? Wenn in großen Gemeindebauten jemand stirbt und man findet es erst nach drei Wochen aufgrund des Geruchs im Gang heraus? Das darf nicht passieren, wenn es eine Pfarrgemeinde gibt! Weil wir die alten Menschen so vernetzen müssen, dass keiner unbemerkt aus dem Leben gehen muss. Das sind so meine Visionen, die ich habe für eine vernünftige, lebendige Kirche im Sinne des Evangeliums.
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Eine hervorragende Basis
Interview mit Elisabeth Bleyleben-Koren, Matura 1966,Bankmanagerin und Vorstandsvorsitzende der Erste Bank. Das Gespräch wurde geführt von Johannes Bauer und Meta Gartner-Schwarz. Was sind die prägendsten Erinnerungen, die Sie an die Schulzeit haben? Die prägendsten Erinnerungen sind wahrscheinlich die Musikveranstaltungen. Es gab in der Wasagasse einen großen Schülerchor, in dem ich auch gesungen habe, und ein Orchester. Der damalige Direktor Dr. Zwölfer, ein musikbegeisterter Mann, hat gemeinsam mit den Musikprofessoren viel Zeit und Energie aufgewendet, um bekannte klassische Werke für Chor und Orchester mit uns einzustudieren. Dazu waren natürlich eine Menge Proben am Nachmittag außerhalb der Schulzeit notwendig. Es gab meist einmal im Jahr eine große Veranstaltung vor Publikum, Eltern und Schülern. Zusätzlich wurde oft im Gottesdienst zum Schulschluss eine Messe von Haydn, Mozart oder Schubert aufgeführt. Der Grundstein für meine Liebe zu klassischer Musik und ganz speziell zu Sakralmusik wurde sicher hier gelegt. Können Sie sich noch an Ihren Schultag erinnern? Wie hat er ausgesehen bzw. was waren Ihre Lieblingsfächer? Wie hat Ihr Alltag ausgesehen? Wir haben in Neuwaldegg gewohnt, also ganz am Stadtrand, wo ich ca. 15 Minuten zur Endstation der Straßenbahnlinie 43 gegangen und bis zur Endstation Schottentor gefahren bin. Nach der Schule ging es genauso zurück. Oft kam mich mein Vater, der im 1. Bezirk gearbeitet hat, nach der Schule abholen und wir haben eine Kleinigkeit im Kaffeehaus g gessen. Wenn Nachmittagsunterricht oder Chorprobe war, bin ich bis dahin bei meinem Vater in der Stadt geblieben. Meine Lieblingsfächer waren Latein, Mathematik, Chemie und Physik. Alles in allem bin ich sehr gern in die Schule gegangen. Es gab nur ein Fach, das ich gar nicht mochte, das war Zeichnen. Da bin ich eine totale Niete. Können Sie sich noch an Lehrerinnen und Lehrer erinnern? Ich kann mich fast an alle Lehrer erinnern, ganz besonders an unsere damals ganz junge Klassenvorständin Frau Prof. Mlnarik, die Mathematik und Physik unterrichtet hat. Sie kommt fast immer zu unseren Maturatreffen. Ich erinnere mich aber auch an die Professorinnen Buchmann, Baumann und Meinl und an die Professoren Deutschmann, Schlintner, Danninger, Hießberger, Wolf, Layr und natürlich an die Musikprofessoren Lande und Cerha (ein bekannter zeitgenössischer Komponist!).
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Lehrerinnen und Lehrer stehen dieser Tage medial oft unter Beschuss und werden in einem negativen Licht gezeichnet. Das scheint in Ihrem Fall nicht so zu sein. Nein, das war eine ganz andere Zeit, wo Lehrer Autorität hatten und hoch akzeptiert waren. Ich kann mich an keinen einzigen erinnern, der Probleme gehabt hätte, sich in der Klasse durchzusetzen oder Aufmerksamkeit zu bekommen. Wie viele Schülerinnen und Schüler waren Sie? Wir waren bei der Matura 16 oder 17, zu Beginn wesentlich mehr, zwischen 25 und 30, das erinnere ich mich nicht mehr genau. Gab es irgendeine Anekdote, einen Vorfall, eine Begebenheit, an die Sie sich noch erinnern können, die Sie mit den jungen Leserinnen und Lesern unserer Festschrift teilen können? Keine Anekdote, kein Vorfall, aber der Grund, warum meine Eltern diese Schule für mich ausgewählt haben, ist vielleicht ganz interessant. Sie haben eine Schule gesucht, wohin im Lauf der Jahre alle ihre sechs Kinder (vier Mädchen, zwei Buben) gehen können. Das heißt, es musste eine gemischte Schule sein und das waren damals nur die humanistischen Gymnasien. Wichtig war ihnen auch, dass die Schule gut erreichbar war, und das war das Wasagymnasium, zwar ein langer Schulweg (50 Min.), aber einfach. Und die Wasagasse galt als sehr streng und besonders gut, was meinen Eltern auch gefallen hat. Tatsächlich haben alle meine Geschwister hier begonnen, nicht alle haben bis zur Matura hier durchgehalten, sind auf andere Schulen gewechselt. Nach meiner Matura bin ich noch einige Jahre in die Sprechstunden der Lehrer meiner Geschwister gegangen, was sehr lustig war. Was uns auch interessieren würde ist, inwiefern die Schulzeit Ihren späteren Berufsweg beeinflusst hat, das heißt Ihre Entscheidung dahingehend, was Sie studiert und wofür Sie sich interessiert haben. Das Interesse und die Begeisterung für Musik habe ich schon erwähnt. Sonst glaube ich nicht, dass die Schulzeit meine Studien- und Berufswahl beeinflusst hat. Ich habe nach der Matura verschiedene Ideen gehabt, was ich gern machen würde. Ein Chemiestudium war eine davon, da hat mir aber mein Vater abgeraten („Ein sehr langes Studium“). Eine andere Idee war Architektur, die ich sehr schnell wieder verworfen habe, da ich absolut nicht zeichnen kann. An Medizin habe ich nicht gedacht, was mir später manchmal leidgetan hat. Schließlich bin ich dem Rat meines Vaters gefolgt und habe Jus studiert, weil es nach dem Studium sehr viele Berufsmöglichkeiten offengelassen hat. Was ich für meinen Berufsweg jedenfalls in der Schule gelernt habe war, dass man sich mit Aufmerksamkeit, gutem Zuhören und Konzentration sehr viel leichter tut und Zeit spart.
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Sind in Ihrer Schulzeit Freundschaften entstanden, die gehalten haben über die Jahrzehnte? Kennen Sie noch ehemalige Schulfreundinnen und -freunde? Der Kontakt zu meinen Schulkolleginnen und -kollegen ist lose, es gab und gibt regelmäßig Maturatreffen, ursp ünglich alle paar Jahre, seit ein paar Jahren jährlich unter dem Motto: wer weiß, wie viele nächstes Jahr noch am Leben sind! Und zu diesen Treffen kommen of auch Kollegen, die die Schule schon vor der Matura verlassen haben. Zum 50 Jahre MaturaJubiläum gab es eine kleine, besonders nette Feier im Festsaal der Schule mit Gruppenbild in gleicher Aufstellung wie zur Matura und einer Führung durch die Schule von Direktor Mag. Bauer. Sie haben viel Positives in Erinnerung. Was aber ist Ihnen die Schule schuldig geblieben, wenn Sie jetzt auf Ihre Ausbildung zurückblicken? Was ich von der Schule nicht mitbekommen habe, ist eine gute Ausbildung in Englisch. Aber da ist die Schule völlig schuldlos, weil die Wasagasse ein humanistisches Gymnasium war mit nur vier Jahren Englisch in der Unterstufe. Englisch war in den 50er- und 60er-Jahren nicht annähernd so wichtig und selbstverständlich wie heute, daher erschien das meinen Eltern bei der Wahl des Schultyps nicht entscheidend. In den letzten dreißig bis vierzig Jahren hat sich die Wichtigkeit der Englischkenntnisse radikal verändert, sie sind eine Selbstverständlichkeit und das Niveau des Englisch-Unterrichts hat sich generell dramatisch verbessert. Unabhängig davon hat die Schule mir eine sehr gute Allgemeinbildung mitgegeben, die für ein erfolgreiches Berufsleben eine ganz wichtige Basis ist. Eine persönliche Frage, die ich Ihnen bezüglich Ihres Berufslebens stellen möchte, wäre: Wir, die wir hier sitzen, wissen, dass Sie eine sehr erfolgreiche berufliche Laufbahn hinter sich haben. Was wären so die Stationen, Meilensteine oder die Erfolge, auf die Sie heute mit Stolz zurückblicken? Ich wollte ein Studium abschließen, ein Doktorat machen. Dass ich danach in einer Bank begonnen habe, war Zufall. Viele Institutionen und Firmen wollten damals keine jungen Frauen (weil die bekommen Kinder). Mir hat das Bankgeschäft von Beginn an großen Spaß gemacht, und dass ich mich sehr rasch und gut eingelebt habe, war ein großes Glück. Ich hatte überhaupt nicht die Vorstellung, dass ich groß Karriere mache, ich wollte einen anspruchsvollen Job, den ich gern und bestmöglich mache und selbstständig arbeiten. Und ich wollte damit unabhängig sein, mich selbst erhalten können. Das ist heute eine Selbstverständlichkeit, das will jede junge Frau, aber damals war das noch ganz anders, unsere Mütter waren überwiegend nicht berufstätig. In der Bank habe ich dann sehr rasch mehr und mehr Aufgaben und Führungsfunktionen übertragen bekommen und bin so in eine Karriere hineingerutscht. Ich habe allerdings viele Jahre bei allen neuen Aufgaben mit großen Selbstzweifeln gekämpft, war unsicher, ob ich das schaffen kann usw., typisch weiblich! Mein Mann hat mir da oft mit viel Einfühlungsgefühl sehr geholfen, meine Bedenken zu
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überwinden. Dass dann alles so ausgegangen ist, wie es ist, war ein Riesenglück. Glück, Vorgesetzte gehabt zu haben, die mir vertraut und mir Chancen geboten haben, Glück zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle gewesen zu sein. Und natürlich motiviert und freut einen der Erfolg. Wenn Sie jetzt Ihrem 18-jährigen Selbst einen Rat geben müssten oder wenn Sie sich mit Ihrem jetzigen Wissen einen kleinen Tipp geben könnten, was würden Sie sagen? Der wichtigste Rat wäre, einen Beruf zu wählen, den man wirklich gerne ausübt, in den man sich mit voller Kraft hineinkniet. Mein Tipp wäre auch, nichts mit Gewalt anzustreben, das geht erfahrungsgemäß schief. Ich bin überzeugt, Karriere kann man nicht planen, nicht erzwingen, die muss sich ergeben und da gehört viel harte Arbeit, großes Engagement, Geduld und eine große Portion Glück dazu. Gelassenheit ist ungeheuer hilfreich, die bekommt man aber leider erst im Lauf der Jahre. Die heutige Jugend, das sehe ich auch an meinen Nichten und Neffen, ist viel selbstbewusster, ungeduldiger, weniger kompromissbereit und fordernder als das meine Generation war. Und sie legt großen Wert auf Work-LifeBalance, und das ist, je höher man aufsteigt, recht schwierig. Allerdings habe ich immer eisern darauf geachtet, möglichst keine dienstlichen Termine am Wochenende zu haben, weil ich diese zwei Tage vorrangig mit meinem Mann verbringen wollte. Auch endlose Besprechungen habe ich nicht am Abend angesetzt, womit ich im Gegensatz zu meinen männlichen Kollegen war. Ich will damit sagen, man kann sich mit viel Konsequenz schon einen gewissen Freiraum schaffen, aber Karriere bringt natürlich Einschränkungen bezüglich Freizeit und Privatleben. Und wenn Sie sich persönlich an sich selbst erinnern, als Sie 18 Jahre alt waren, wie hat sich Ihre Perspektive auf das Berufsleben geändert? Oder haben Sie damals schon den Drive gehabt, den Sie hier beschreiben? Ich weiß nicht, ob ich immer schon Drive gehabt habe. Geprägt hat mich, dass ich als älteste von sechs Geschwistern seit meiner frühen Kindheit gehört habe: „Du bist die Älteste, du bist verantwortlich, du musst vernünftig sein“. Damit war diese Erwartung für mich selbstverständlich und ich bin jemand geworden mit hohem Verantwortungsbewusstsein, viel Disziplin und Konsequenz, was mir in meinem Berufsleben sehr geholfen hat. Und ich habe in meiner großen Familie auch gelernt, mich durchzusetzen, Kompromisse zu schließen, Rücksicht zu nehmen, alles Dinge, die beruflich und privat notwendig sind. Ein großes Vorbild war für mich mein Vater, wo ich gesehen habe, dass viel und hart arbeiten eine Voraussetzung für Erfolg ist, der aber auch wirklich immer da war, wenn eines seiner Kinder ein Problem, welcher Natur auch immer, hatte. Sie haben durch Ihre Position im Vorstand der Erste Bank die metaphorische Glasdecke durchbrochen, da es sich nach wie vor um ein von Männern dominiertes Umfeld handelt.
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Sehen Sie sich als Wegbereiterin zukünftiger Frauengenerationen oder sehen Sie das überhaupt nicht im Kontext Ihrer Arbeit? Das Thema Frau war nie im Fokus meiner Arbeit. Ich habe nie das Bedürfnis gehabt, mich durchzusetzen, weil ich eine Frau bin oder mich als Frau schlecht behandelt gefühlt. Ich bin aber überzeugt, dass es einen Unterschied macht, ob an der Unternehmensführung eine Frau beteiligt ist, dass es nur Vorteile bringt in gemischten Teams zu arbeiten. Aber ich habe natürlich versucht, Vorbild für andere Frauen zu sein, sie zu unterstützen, ihnen eine Perspektive aufzuzeigen. Im Bankwesen sind zu 50 % Frauen angestellt, was sich aber in den mittleren und oberen Managementetagen nicht widerspiegelt. 87 % der beim Wiener Börse Index (WBI) gelisteten Unternehmen haben ausschließlich männliche Vorstände, die restlichen 13 % sind stark männlich dominiert. Diese Zahlen sind drastisch. Glauben Sie, dass dieser Umstand Auswirkungen auf finanzpolitische Entscheidungen hat? Es gibt Thesen, dass von Frauen geführte Unternehmen weniger Risiko eingehen, ich glaube das nicht, meines Erachtens hängt es immer von der jeweiligen Persönlichkeit ab. Ich bin überzeugt davon und es ist auch meine Erfahrung, dass gemischte Teams die größten Vorteile bringen, gemischt sowohl was das Geschlecht angeht als auch hinsichtlich Alter, Erfahrung etc. Warum ist das oft nicht der Fall? Teilweise liegt es an Männern, die oft wieder Männer auswählen. Oft liegt es aber auch an den Frauen, die oft sehr zurückhaltend, sehr unsicher sind und viel mehr überlegen: „Kann ich das?“, „Bin ich gut genug?“, „Schaffe ich das?“, „Wie kann ich das mit meiner Familie, mit meiner Ehe, mit meinem Privatleben vereinbaren?“. Männer haben weit weniger Bedenken dieser Art. Aber ich bin für die Zukunft zuversichtlich, da auch die Frauen viel selbstbewusster und fordernder geworden sind. Nur diese Überlegung ist ja wohl für jeden Menschen eine wichtige, egal ob es ein Mann oder eine Frau ist. Bedauern Sie die Tatsache, dass nach Ihrer Zeit als Erste Bank Chefin nun keine einzige Frau im Vorstand sitzt? Ja, das bedauere ich sehr! Aber ich bin sicher, dass Ende nächsten Jahres mit dem Wechsel an der Spitze auch eine Frau mit im neuen Team sein wird. Welche Botschaft möchten Sie den Schülerinnen und Schülern der Wasagasse als eine ehemalige Schülerin gern übermitteln? Es kann stolz machen, in eine Schule zu gehen mit einer langen Tradition und einem ausgezeichneten Ruf. Für jedes spätere Berufsleben ist eine profunde Ausbildung eine hervorragende Basis. Ich denke immer gern an meine Zeit in der Wasagasse zurück.
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Europa am Scheideweg
Interview mit Stephan Schulmeister, Matura 1965,Jurist und Ökonom. Die Beantwortung der Fragen erfolgte schriftlich. Was sind die prägendsten Erinnerungen, die Sie an Ihre Schulzeit im Wasagymnasium haben? Da würde ich zwischen der Atmosphäre und einzelnen Ereignissen unterscheiden. Erstere war konservativ-bürgerlich mit elitären Ambitionen. (Schottengymnasium, Th resianum oder das Akademische Gymnasium schienen Vorbilder zu sein, daher der hohe Stellenwert der humanistischen Fächer und das Schwergewicht auf der Pflege klassischer Musik zwecks Profilie ung gegenüber den Vorbildern.) Zu dieser Atmosphäre passte eine ziemlich autoritäre Pädagogik: Professoren sind per se zu respektieren. Die vielen Einzelereignisse, die ich erinnere, haben (fast) alle damit zu tun, dass mir dies nicht gelungen ist. Wenn ein Professor kraft seiner Rolle Respekt einforderte, wurde ich widerspenstig, also frech. Die Folge waren unzählige Eintragungen ins Klassenbuch, viele „Carcer“ am Nachmittag, ein Dreier war meine Bestnote in Betragen, mitunter bekam ich einen Vierer. „Normal“ wäre man von der Schule verwiesen worden, aber mein Vater war prominenter Journalist, das wurde wohl auch bedacht. Wie hat Ihr Schulalltag ausgesehen? Was waren Ihre Lieblingsfächer? Na ja, wie üblich, aber ich ging gern ins Wasagymnasium. Meist „reiste“ ich gemeinsam mit zwei oder drei Geschwistern im 37er aus Döbling an. Mit meinem Schlimmsein unterhielt ich meine Mitschüler und bekam die Klassenkasperl-Zuwendung. Meine Lieblingsfächer waren unabhängig von der Sympathie zu jeweiligen Professoren: So mochte ich das Fach Zeichnen nicht, wohl aber den skurrilen Professor, einen Monarchisten, dem seine geliebten Pferde ungleich wertvoller waren als seine Mitmenschen. (Vor der Schule pflegte er täglich im Prater zu reiten.) Umgekehrt hatte ich Probleme mit dem autoritären Gehabe meines Lateinprofessors, das Fach mochte ich aber sehr (und habe mir durch Nachhilfestunden mein erstes Geld verdient). Können Sie sich noch an gewisse Vorfälle, Begebenheiten oder Lehrkräfte erinnern? Klar, am meisten freilich an ein höchst unangenehmes Ritual: Der Schuldirektor („nomina sunt odiosa“) versuchte, mich in meiner „schlimmsten“ Zeit (in der 3. und 4. Klasse) dadurch an die Kandare zu nehmen, dass ich jeden Samstag bei ihm meine „Sünden“ der abgelaufenen Woche „beichten“ musste. Am belastendsten daran war, dass dabei auch meine Mutter anwesend war. Heiterer, wenn auch mit negativen Langzeitfolgen, gestaltete sich der Altgriechisch-Unterricht: Wir hatten ein etwa 60-jähriges Sprachgenie als Professor, der sogar fließend auf Latein imp ovisieren konnte. Besonders gern berichtete er von dem ihm
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verhassten Soldatenleben, insbesondere dem Rückzug in Jugoslawien. Geschickt verstand er es, Begriffe, für die es kein Lateinvokabel geben konnte – wie Panzer etc. –, zu umschreiben. Es war ein Leichtes, ihn zu solchen Selbstdarstellungen zu verführen, allerdings auf Kosten unserer Griechisch-Kenntnisse. Als er in der 8. Klasse plötzlich verstarb, war sein Nachfolger entsetzt – aber irgendwie haben wir dann doch auch die Griechisch-Matura geschafft Sind damals Freundschaften entstanden, die Sie auf Ihrem Lebensweg begleitet haben? Ja, mit einem Mitschüler hat sich eine Lebensfreundschaft entwickelt, die bis heute andauert. Inwiefern wurden Sie durch Ihre Schulzeit in Ihrer späteren Studien- und Berufswahl beeinflusst? Nicht nachhaltig: Zwar wollte ich zuerst etwas Geisteswissenschaftliches studieren, es wurde aber dann die Juristerei und danach die Ökonomie – und dabei bin ich geblieben. Worin sehen Sie die positiven Seiten Ihrer Ausbildung im Wasagymnasium? Was ist Ihnen die Schule aus Ihrer heutigen Sicht schuldig geblieben? Der große Wert, welcher der Allgemeinbildung beigemessen wurde, der Spaß am Schultheater (mehrere Schüler aus meiner Klasse spielten mit, ich auch) und die Skikurse und Schullandwochen. Die Pädagogik war verbesserungswürdig. Zur Ehrenrettung sei mein Philosophieprofessor erwähnt. Er lud mich zu einem persönlichen Gespräch in ein Café, wir diskutierten lang über Sartre, die Freiheit und was sonst noch einen 17-Jährigen in einer „Sinnkrise“ bewegt. Das hat sicher zu meiner Selbstdisziplinierung beigetragen – ich hab’s sogar übertrieben und mit Vorzug maturiert. Sie haben 1965 maturiert. Was war das für eine Zeit? Wie sah die Gesellschaft aus, die damals auf einen gerade für reif erklärten 18-Jährigen gewartet hat? Wie haben Sie diese erlebt? Ein Umbruch begann sich abzuzeichnen, wenn auch zuerst im Ausland: Protest gegen den Vietnamkrieg, Fragen an die Eltern wie „Was habt ihr in der Nazizeit gemacht?“ etc. Am deutlichsten kam dies in der Studentenbewegung in Paris und Berlin zum Ausdruck, wenn sie auch nur schwache „Fernbeben“ in Wien auslöste. Diese bekam ich hautnah mit, weil ich mich in der Studentenpolitik engagierte und 1968/69als Vorsitzender der Hochschülerschaft an der Uni Wien tätig war – als Vertreter einer der ÖVP nahestehenden Partei. Aber ein bisserl „links“ waren damals alle, sogar die freiheitlichen Studenten(vertreter).
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Worin sehen Sie die Herausforderungen, denen sich unser Schulsystem in den nächsten Jahrzehnten stellen muss? Welche Änderungen in Sachen Bildungspolitik erachten Sie für notwendig? Die ungleichen Startbedingungen von Kindern dürfen nicht verstärkt werden (durch Deutschförderklassen, schlechtere Ausstattung von Schulen in den „schlechteren“ Bezirken etc.), sondern sind zu bekämpfen – durch zwei verpflichtende (und kostenlose) Vorschuljahre, mehr (Begleit-)Lehrer*innen mit „Migrationshintergrund“, gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen, Übergang zum Ganztagsbetrieb etc. Inzwischen ist klar, dass die Corona-Krise massive ökonomische Einbrüche nach sich ziehen wird. Welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen müssen Ihrer Meinung nach nun gesetzt werden? Corona hat eine Systemkrise offen gelegt. Es braucht daher eine – jahrzehntelange – Transformation in Richtung auf eine Gesellschaft, die nach einer Balance zwischen Ökonomie und Natur, Markt und Politik, Eigennutz und Anteilnahme strebt, in der sich also Menschen als individuelle und soziale Wesen im Rahmen eines begrenzten Planeten und seiner natürlichen Ausstattung entfalten können. Konkrete Projekte für diesen Transformationsprozess habe ich in meinem Buch Der Weg zur Prosperität vorgestellt. Welche Lehren lassen sich Ihrer Ansicht nach aus der momentanen Krise ziehen? Welche Chancen birgt sie? Geschichte wiederholt sich (oft) in langen Zyklen, allerdings in abgewandelter Form. Zwischen den Entwicklungen 1929/33und in Europa seit 2008 gibt es Ähnlichkeiten, wenn auch das Tempo langsamer ist und die „Krisenkomponenten“ weniger krass ausgeprägt sind wie damals: Finanzkrise, Sparpolitik, steigende Ungleichheit, Lenken der Gefühle der (noch nicht) Deklassierten gegen Sündenböcke, zunehmender Nationalismus, heute auch gegen die EU gerichtet. Spätestens wenn sich die Frage stellt, wer für die enormen Kosten der Corona-Maßnahmen aufkommen soll, wird die europäische Politik vor einer Wegkreuzung stehen: Entweder es werden gemeinschaftliche Lösungen gefunden, welche an die Tradition des „Europäischen Sozialmodells“ der 1950er- und 1960er-Jahre anknüpfen und dieses um eine Ökologisierung der Wirtschaft erweitern (beides erfordert eine radikale Distanzierung von der neoliberalen Politik der letzten dreißig Jahre), oder es wird sich eine nationalistischpopulistische Politik durchsetzen, welche die alten neoliberalen Ziele – insbesondere die Stärkung der Position der Vermögenden – mit Mitteln zunehmend autoritärer Nationalstaaten verfolgt („Orbanisierung“). Vorboten dieses Konflikts sind schon heute sichtbar – wenn man hinschaut.
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Vom Strebern und vom Streben
Interview mit Heinz Sichrovsky, Matura 1972,Kulturjournalist und Moderator. Die Beantwortung der Fragen erfolgte schriftlich. Sie haben 1972 am Wasagymnasium maturiert. Was war das für eine Zeit? Wie haben Sie sie erlebt? Es war insgesamt eine unglaublich geglückte Zeit, wobei das Glück ein wenig Anlauf nötig hatte: Ich war ein gehemmtes Kind mit übervorsorglichen Eltern und wenigen Freunden, dürr, aber unsportlich, und das bisschen Karl May reichte nicht aus, um aus mir einen Buben zu machen, wie er damals unter Zehnjährigen – ich war erst neun – durchsetzungsfähig war. Man muss auch die Umstände bedenken: Ich wurde zu Zeiten der dumpfsten Großen Koalition in ein „schwarzes“ Gymnasium eingeschult, an der Wende vom ÖVP-Kanzler Gorbach zum ÖVP-Alleinregierungskanzler Klaus. Als Kreisky sein Minderheitskabinett formiert und damit die politisch-gesellschaftliche Neuzeit in Österreich ausgerufen hat, war die Gymnasialzeit schon wieder fast um. Meine erste Erinnerung betrifft die Aufnahmsprüfung, die uns nicht geschadet und mir, von zwei Wochen Angst in den Ferien abgesehen, auch keine Probleme bereitet hat. Wir mussten eine Geschichte von Johann Peter Hebel nacherzählen, und woran ich mich wirklich erinnere, ist das fassungslose Schluchzen eines Mädchens, das von seinen Eltern zu spät abgeholt wurde und in das ich mich sofort verliebt habe. Allerdings acht Jahre lang hoffnungslos, denn Buben und Mädchen trennte damals ein Eiserner Vorhang, man traute sich kaum zwei Worte zu wechseln. Das klingt nun alles andere als herzerwärmend, aber die Realität war eine andere, bessere. Ich hatte nie den Eindruck, in einer konservativen Schule zu sein – eventuell, weil es eine progressive noch nicht gab. Seitens der Lehrer wurde nicht fraternisiert, aber wer nicht über natürliche Autorität verfügte, dem half schon damals kein autoritärer Auftritt, er wurde nicht ernst genommen. Ich schäme mich auch, es einzubekennen, aber wir haben als Pubertierende einige junge Professoren fertig gemacht, buchstäblich aus der Karriere geworfen. Was sind die prägendsten Erinnerungen, die Sie an Ihre Schulzeit im Wasagymnasium haben? Die prägendste betrifft seltsame weise das Fach, das mir am fernsten lag, nämlich Chemie, und ich muss zum Verständnis etwas ausholen. Ich hatte mich genau einen Monat nach meinem 14. Geburtstag zum ersten Mal auf den Opernstehplatz getraut, und mit dem CDur-Akkord am Beginn des „Meistersinger“-Vorspiels hat mein Leben radikal die Richtung gewechselt. Ich habe in der Schule nichts mehr gelernt, bin gleich nach dem Unterricht zum Anstellen gehetzt und war oft erst nach Mitternacht zu Hause, all das mindestens drei Mal in der Woche! Der Stehplatz hat noch mehr als die Schule meine Persönlichkeit geformt, ich habe dort meine erste Geliebte und meinen ersten Freundeskreis gefunden und meine
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Künstlervernarrtheit entdeckt. Als ich meine erste Musikkritik geschrieben habe, hatte ich 1000 Opernvorstellungen im Schädel, eine Ausbildung, die einem kein Studium vermitteln kann. Gleichzeitig haben meine Leistungen in der Schule alarmierend nachgelassen. Mein Vater, der Mathematiker war, hat mich notdürftig durchgebracht, aber seitens der Lehrer war doch die Entscheidung zu treffen, ob man sich das gefallen lassen wollte. Und da hat meine herzensgute Chemieprofessorin Erna Meindl einen unvergesslichen, lebensrettenden Satz gesagt, als ich wieder einmal zur Prüfung an der Tafel stand und nicht einmal ahnte, wonach ich gefragt worden war: „Du bist so ein Schöngeist, ich will nicht, dass du mit Hass an mich zurückdenkst. Ich gib dir einen Vierer, aber BITTE setz dich nieder, ich halt das nicht mehr aus.“ Ähnlich hat es wohl die Mehrheit meiner Lehrer gesehen, man hat sich wegen meiner einseitigen Begabung auch in der Konferenz für mich eingesetzt und mir auf diese Weise die Voraussetzungen für den Weg ins Berufsleben buchstäblich geschenkt. Hat Sie demnach Ihre Schulzeit in Ihrer späteren Studien- und Berufswahl beeinflusst? Mittelbar, denn dass es in die kulturelle Richtung gehen würde, war mir immer klar. Aber dass man mich diese Richtung halbwegs unbehindert hat einschlagen lassen, kann ich nicht hoch genug einschätzen. Deshalb sage ich meinen Töchtern – 18und 14 Jahre alt und das Glück meines Lebens – manchmal mit gebotener Vorsicht: „Verlierer strebern, Gewinner streben.“ Das ist nicht unbedingt ein Plädoyer für die Faulheit, aber die Ermunterung, seiner Begabung zu folgen, zugleich die Bitte an die Lehrer, diesem Entschluss nicht zu viel in den Weg zu legen, soweit das mit der vertrottelten Zentralmatura und der kriminellen Abwertung des Literaturunterrichts noch möglich ist. Wie hat Ihr Schulalltag ausgesehen? Was waren Ihre Lieblingsfächer? Ich war in allen Fächern außer in Deutsch (Koryphäe), Musik (ziemlich gut) und Englisch (in Ordnung) schlecht, weil ich nichts gelernt habe. Aber ich bin jeden Tag, damals inklusive Samstag, in der Schule gesessen – Stageln wäre undenkbar gewesen. Das wirklich prägende Fach war Griechisch, obwohl ich auch da meine Schwierigkeiten hatte. Mein Vater war entsetzt, als ich es genommen habe, und wirklich habe ich das Gymnasium mit Hunderten Opernvorstellungen und einer mausetoten Sprache im Kopf verlassen, prinzipiell eine verlässliche Voraussetzung für die Karriere auf dem Arbeitsamt. Aber für mich war es perfekt, denn die griechische Antike bestimmt bis heute unser kulturelles Bewusstsein, bis James Joyce, Christa Wolf, Peter Handke und Elfriede Jelinek. Das ist, falls es jemandem entgangen sein sollte, ein glühendes Plädoyer für das humanistische Gymnasium. Können Sie sich noch an gewisse Vorfälle, Begebenheiten oder Lehrkräfte erinnern? Beginnen wir mit dem einzigen zutiefst verstörenden Vorkommnis, an das ich mich erinnere: Als uns der Turnprofessor aufgefordert hat, auf einen jüdischen Mitschüler mit Bällen zu schießen, angeblich, weil sein Hals nicht gewaschen war – und wir haben alle geschossen.
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Das quält mich manchmal noch heute. Ansonsten aber habe ich von mehrheitlich feinen und kompetenten Pädagogen zu berichten, an erster Stelle Direktor Hans Zwölfer, der bei der Behörde den Schulversuch „Musikgymnasium“ durchgesetzt hat. Damals haben sich die sogenannten M-Klassen noch in den unteren Stockwerken gedrängt. Spätere Musiker der Weltklasse, unter ihnen eine Unzahl an Philharmonikern und Symphonikern, konnten dort neben ihrer Ausbildung die Matura machen. Zwölfer war klassischer Philologe, ein kleiner, gedrungener, grau gekleideter Herr von konservativem Habitus. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er mich auf dem Gang beiseite genommen hat: „Bitte, lass dir die Haare schneiden, dein Vater macht sich SOLCHE Sorgen!“, wobei meine Frisur knapp oberhalb des Kragens geendet hat. Aber Zwölfer war von Musik besessen und hat sich mit dem Musikgymnasium in die Geschichte eingeschrieben. Möge sein Cello im Sphärenkonzert überzeugender klingen, als es hienieden geklungen hat! Prägend war meine Griechischprofessorin Dr. Dagmar Buchmann, eine winzige, resolute, brillante Pädagogin, die auch wissenschaftliche Leistungen als Kulturhistorikerin vorgelegt und in mir ein bis heute unerloschenes Feuer für die Antike entzündet hat. Einmal hat sie uns einen Probelehrer mitgebracht, dessen Scheitern vorgezeichnet zu sein schien: Einen molligen, schlecht gekleideten, an Barbapapa erinnernden jungen Mann, der sich uns mit Sopranstimme als Dr. Walter Koch zu erkennen gegeben hat. Und wie haben wir ihn geliebt! Er war mitreißend, liebevoll, und als er sich an der Uni habilitiert hat, haben wir ihm atemlos die Daumen gehalten. Er wurde später eine große Adresse an der Münchner Universität und hat uns, abgesehen von Griechisch, durch sein Beispiel auch das Misstrauen gegenüber Vorurteilen gelehrt. Ich hatte auch einen großartigen, inspirativen Deutschprofessor, Dr. Karl Jelusic, der mich tief beleidigt hat, als er mich einen geborenen Journalisten nannte. Jahre nach der Matura bin ich draufgekommen, dass er seinem Onkel Mirko Jelusich, einem Parade-Nazi der österreichischen Literaturgeschichte, ideologisch nicht ganz fern gestanden ist. Aber ich verdanke ihm viel, und mir wird kein böses Wort gegen ihn entkommen. Keiner aber hat mich derart fundamental geprägt wie der Mathematikprofessor Franz Birgmeier, eine Geschichte des Wahnsinns: Ich war faul und grauenvoll schlecht in Mathematik, er war gefürchtet und streng, also blieb mir nichts als die Offensi e. Er war etwas über 40, Träger einer Habsburgerlippe und einer kühnen Schmalzlocke, dazu eine Kapazität im Großbereich „Meidlinger L“. Er hat in mir das Feuer der Satire entzündet, ich habe über ihn Schwänke, Hexameter-Epen, Balladen und Couplets gedichtet, er wurde über alle Schüler-Lehrer-Grenzen hinweg zur kultischen Gestalt, und am Ende war er nur noch froh, dass ich weg war. Ich habe die MathematikMatura mit einem unglaublichen Dreier abgeschlossen und entschuldige mich hiermit für alles, was er durch mich erfahren musste. Sind damals Freundschaften entstanden, die Sie auf Ihrem Lebensweg begleitet haben? Keine engen, obwohl wir uns ausnahmslos freuen, wenn wir einander sehen. Aber mit einer verwandten Geschichte kann ich dienen. Mein Vater, Mathematiker am Gymnasium Amer-
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lingstraße, hatte einen Schüler namens Gerhard Bergauer. Der wurde Priester und Biologe und war mein Probelehrer im Fach Naturgeschichte. Mehr als zwei Jahrzehnte später, als Pfarrer in St. Ulrich, hat er meinen Vater eingesegnet und 2007 meine jüngere Tochter getauft. Dieser Bogen, den das Leben da über Generationen gespannt hat, berührt mich sehr. Worin sehen Sie die positiven Seiten Ihrer Ausbildung im Wasagymnasium? Was ist Ihnen die Schule aus Ihrer heutigen Sicht schuldig geblieben? Das Positive habe ich ausführlich gewürdigt. Und schuldig geblieben ist man mir im Grunde nichts, zumindest nichts, was man nicht durch Nachsicht mehrfach abbezahlt hätte. Worin sehen Sie die Herausforderungen, denen sich unser Schulsystem in den nächsten Jahrzehnten stellen muss? Welche Änderungen in Sachen Bildungspolitik erachten Sie für notwendig? Gewaltige, aber nicht in die drohende Richtung der Orientierung am Klassenletzten, sondern im Gegenteil: Volle Kraft zurück zu den Qualitäten des alten Gymnasiums! Vor allem: Abschaffung der entralmatura, die ein Symptom für die Entmündigung des Lehrers und der Schüler durch praxisferne Bürokraten ist. Ein inspirierender und inspirierter Lehrer muss das Recht haben, eigene Akzente zu setzen, jeden einzelnen Schüler dort zu fördern, wo seine Begabungen liegen. Der Lehrplan kann nur der Rahmen dafür sein. Speziell im Bereich der Geisteswissenschaften hat die Zentralmatura eine wahre Katastrophe nach sich gezogen, nämlich die Zerstörung des Literaturunterrichts und die Konzentration auf karikaturhafte Textsorten wie „Leserbrief“ und „Meinungsrede“. Sollen damit arbeitslose Biertischpolitiker mit Aufstiegsoption zum Wirtshausraufer herangezogen werden? Ich stehe in Bildungsfragen auf der Seite meines Freundes, des Philosophen Konrad Paul Liessmann: Die abertausenden Computerprogrammierer, die man heute zwanghaft ausbildet, werden sich binnen einer halben Generation selbst wegprogrammiert haben. Aber ein Königsdrama von Shakespeare bringt der Computer auch in 100 Generationen nicht zusammen. Vordringlich ist auch die Wiederherstellung der Autorität des Lehrers mit entsprechenden Durchgriffsmöglichkeiten. Und zwar nicht nur gegen die Schüler, sondern in erster Linie gegen die Eltern. Die schieben ihre zentrale Verpflichtung, aus dem Kind einen mündigen, denkenden Menschen zu machen, in vielen Fällen auf die Schule ab, maßregeln aber auf der Höhe ihrer Inkompetenz akademisch ausgebildete Pädagogen. Ich stelle diesen Trend als Lehrersohn und Vater zweier schulpflichtiger Töchter fest. Wie haben sich gesellschaftliche und politische Veränderungen der letzten Jahre Ihrer Meinung nach auf den Journalismus in Österreich ausgewirkt? Für mich persönlich markant ist der Bedeutungsverlust der Theate - und Klassikberichterstattung. Den massivsten Einschnitt hat aber das Internet herbeigeführt. Einerseits ist es
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ein Segen: Ich habe zum Beispiel eine 620 Seiten starke Anthologie zur Freimaurerliteratur herausgegeben und musste dafür mehrheitlich Versunkenes aus fünf Kontinenten durcharbeiten. Ohne die Möglichkeiten von Google würde dafür meine Lebenszeit nicht ausreichen. Andererseits hat das Internet vor allem die Print-Medien in schwere Bedrängnis gebracht und selbst die Mindeststandards der Qualitätskontrolle außer Kraft gesetzt. Man kann heute vor Millionen Teilnehmern Verleumdungen, Mutmaßungen und gerichtssaalreife Beschimpfungen publizieren, die einem sogar der Schlussredakteur des hintersten Provinzschmierblattes krachend um die Ohren schlagen würde. Ich halte das mittelfristig aber auch für die größte Chance des professionellen Journalismus: Die Leser werden wieder zur Zeitung greifen, wenn ihnen a) der Schwall an sprach- und interpunktionslosem Gestammel widerlich zu werden beginnt und b) der Kick für Analphabeten verloren geht, weil endlich die überfälligen scharfen Regulierungsmaßnahmen in Kraft treten. Möge es bald so weit sein, denn sonst werden viele Zeitungen nicht überleben.
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Ein Plädoyer für Freiräume
Interview mit Götz Spielmann, Matura 1979,Filmregisseur und Drehbuchautor. Das Gespräch wurde geführt von Meta Gartner-Schwarz und Susanne Petri-Fritsche. Sie haben 1979 maturiert. Was für eine Zeit war das? Die 70er-Jahre waren eine ideale Zeit, um vom Kind zum Erwachsenen zu werden. Eine Zeit mit viel Idealismus und Utopien. Die Zukunft war vielversprechend, das Leben weitaus freier geworden, offene . Als ich ins Wasagymnasium eintrat, 1970, war es noch üblich, dass die jungen Männer im Maturajahr mit Anzug und Krawatte in die Schule kamen. Ein Schüler mit Anzug und Krawatte? Aha, der wird heuer maturieren. Acht Jahre später wäre dieser Dresscode geradezu absurd gewesen, auch für die Konservativeren. Das Land ist spürbar demokratischer geworden, der Wohlstand ist gewachsen, die Sorgen für die weniger Begüterten, zu denen meine Familie gehörte, sind geringer geworden. Es gab schon die Pille, aber noch kein Aids, auch wichtig. Die 70er waren die beste Zeit für junge Menschen, ein Geschenk. Natürlich hat man das nicht so gewusst, nicht so genossen. Die Probleme der Pubertät waren ja trotzdem da, auch die existenziellen Nöte und Ängste. Aber im Nachhinein gesehen, kann man dankbar sein. Was sind die prägendsten Erinnerungen an Ihre Schulzeit in der Wasagasse? Eine schwierige Frage, weil es so viele sind. Zuallererst sicher Freundschaften, die dort entstanden sind, auch manche sehr gute Lehrer kommen mir sofort in den Sinn, aber am prägendsten waren wohl im Großen und Ganzen jene Dinge, die nicht im engeren Sinn Schule bedeuteten, sondern die von und in der Schule ermöglicht wurden. Das Schultheater fällt mir als Erstes ein. Das hatte einen sehr hohen Stellenwert. Es gab drei Theaterg uppen – drei! – und jede hatte einmal im Jahr eine Auffüh ung im Festsaal: eine Gruppe für die Unterstufe, eine deutsch- und eine englischsprachige für die Oberstufe. Unglaublich und sehr prägend. Ich erinnere mich noch, wie ich meine erste Hauptrolle spielte und am Schluss beim Verbeugen der Applaus anschwoll, als ich rauskam. Damit hatte ich nicht gerechnet, daran hatte ich nicht einmal gedacht. Das war beinahe ein Schock. Etwas völlig Neues. Dieser Ich-kann-das-Moment. Ja, ein bisschen das, aber mehr noch die Erfahrung, dass die Lust, mit der man das macht, Resonanz findet, dass man anderen etwas gibt. Theater spielen war ungeheuer prägend und lehrreich. Ich habe da zwei Hauptrollen im Jahr gespielt und konnte das sehr ernsthaft betreiben, weil es die Schule für wertvoll hielt. Am Tag der Premiere war Probe am Vormittag, da waren wir vom Unterricht freigestellt. Es gab sogar einen Preis der Ehemaligen für den besten Schauspieler, gewählt vom Publikum. Es hatte einen hohen, ernsthaften Stellenwert
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in der Schule, klugerweise. Man lernt, vor einer Öffentlichkeit zu sprechen. Man lernt, seine Gefühle besser zu verstehen, mit ihnen zu arbeiten. Man lernt, zu sich selbst zu stehen. Man lernt Teamarbeit, das gemeinsame Arbeiten an einem Ziel usw. Das sind alles karrierefördernde Dinge, nicht nur für Künstler. Das kann ein Anwalt brauchen, ein Politiker, jemand, der in die Wirtschaft geht. Es war klug von der Schule, dem Theaterspielen einen so hohen Bildungswert beizumessen. Dann habe ich meinen ersten Film gedreht, das Drehbuch geschrieben und Regie geführt. Große Premiere im Festsaal, sehr aufregend, ein Erlebnis. Ein Jahr lang habe ich die Schülerzeitung geleitet, das „Wasamandl“. Wir hatten den Ehrgeiz, vier Nummern herauszubringen, eine mehr als unsere Vorgänger. Um das zu erreichen, mussten wir ausgerechnet an dem Tag durcharbeiten, wo bei der WM in Argentinien Österreich gegen Deutschland gewann. Das legendäre Cordoba – und ich habe es nicht gesehen. Wenn über der Stadt ein kollektiver Aufschrei ertönte, rannten wir zum Fernseher und sahen die Tore gerade noch in der Wiederholung. Dann machten wir wieder weiter. Das allerprägendste Erlebnis war aber doch im Unterricht, fällt mir jetzt ein, durch einen fantastischen Lehrer. Da muss ich ein wenig ausholen. Ich bin der erste in meiner Familie, der maturiert hat, bin am Stadtrand in einem Gemeindebau aufgewachsen, in Stadlau, und war dort auf einer eher schlechten Volksschule. Meine Eltern hatten großen Respekt vor dem Wasagymnasium, das mich aufgenommen hatte. Es galt als Eliteschule damals. Wir waren keine Arbeiterfamilie, hörten auch klassische Musik zu Hause, Literatur war immer wichtig, auch Politik – aber dennoch: großer Respekt. Vor allem Deutsch, dachten meine Eltern, könnte schwierig für mich werden. Das hat sich dann auf mich übertragen, dieser Respekt vor der Sprache, vor dem Schreiben. Da muss ich mich sehr anstrengen, um das zu bewältigen, dachte ich. Die Schule war dann überhaupt nicht schwierig, meinen Rückstand in Grammatik und Rechtschreibung hatte ich bald aufgeholt, aber der Respekt blieb. In der 2. Klasse bekamen wir einen neuen Deutschlehrer, schon älter, aber voller Feuer und Leidenschaft. Ich habe den Unterricht bei ihm geliebt. Und dann war der Tag, wo wir die erste Schularbeit zurückbekamen. Er betrat die Klasse und verkündete, es gebe drei Sehr gut. Zu einem davon müsse er etwas sagen. Diese Arbeit enthalte nämlich drei schwere Rechtschreibfehler, das wäre eigentlich nur ein Gut oder Befriedigend, aber der Aufsatz sei so gut, dass der Schüler trotzdem ein Sehr gut bekomme. Ich war begeistert, fast gerührt, das zu hören. Es war mir nicht klar, dass es eine Qualität gibt, wichtiger als korrekte Schreibung. Das hatte ich noch nie gehört. Und der Lehrer sagte, diesen Aufsatz werde er jetzt vorlesen. Ich freute mich darauf, auch für denjenigen, der so etwas zustande brachte. Ich habe mich richtiggehend zurechtgerückt und der Lehrer begann zu lesen. Nach ein paar Sätzen kam mir das bekannt vor und dann plötzlich bemerkte ich, dass er meinen Aufsatz vorlas. Meinen Aufsatz! Ich war fassungslos, erschüttert, glückhaft erschüttert. Ich bin derjenige! Ich kann schreiben! Das war die Initialzündung, genau dieser Augenblick. Da war ich elf. Ab da bin ich jemand gewesen, der schreibt.
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Das war wohl mein prägendstes Erlebnis in der ganzen Schulzeit. Der großartige Lehrer hieß Riedl. Leider habe ich ihm nie erzählt, auch später nicht, was er bei mir bewirkt hat. Ein großes Versäumnis. Könnten Sie uns kurz erzählen, wie Ihr Schulalltag ausgeschaut hat? Ich war ein Sonderfall, weil ich so einen weiten Schulweg hatte, U-Bahn gab es noch nicht. Wie gesagt, Gemeindebau am Stadtrand, eine Stunde Fahrzeit zur Schule, eine zurück. Das war auch okay, so konnte ich zwei Stunden am Tag lesen, manchmal lernen, aber eher selten. Die letzten zwei Jahre war mein Schulalltag ziemlich eigenwillig. Ich durfte mir schon selbst Entschuldigungen schreiben und kam sicher drei, vier Mal die Woche erst zur zweiten Stunde (Erklärung folgt). Die Schule dauerte bis zwei, dann gingen wir ins Café. – Wie hieß es? … Café Liechtenstein! – So um drei fuhr ich nach Hause, war dort um vier. Ich ruhte mich ein wenig aus, schlummerte vielleicht, bis meine Schwester aus dem Hort kam und meine Mutter von der Arbeit, so um sechs. Dann war Familienleben: plaudern, Nachtmahl. Um neun schlief meine Schwester meist schon – wir hatten ein gemeinsames Zimmer – und dann begann meine Zeit. Alles dunkel, alles still. Ich schrieb, las, hing meinen Gedanken nach. Ich lernte, wenn es sein musste, aber nicht so oft. Vor zwei ging ich kaum jemals ins Bett. Um halb sieben hätte ich aufstehen müssen, um rechtzeitig in der Schule zu sein. Das gelang selten. Deshalb kam ich oft zu spät. Wie gesagt, ich war wohl, aufgrund der Umstände, ein Sonderfall. Meine Freunde konnten sich am Nachmittag verabreden, am Abend weggehen. Bei mir ging das nur an den Samstagen, und der Café-Besuch nach der Schule war möglich. Aber diese Nächte waren schön. Ich las viel und anspruchsvolle Literatur, schrieb auch, Theaterstücke, Kurzgeschichten, notierte pubertäre halbphilosophische Gedanken. Ich hatte das große Glück, dass ich mir in der Schule sehr leichttat, ich musste wenig machen. Mit vierzehn beschloss ich, kein guter Schüler mehr zu sein. In der Unterstufe hatte ich meist ohne großen Aufwand einen Vorzug, aber dann hatte ich Freunde, die ich sehr wertvoll und klug fand und die sich mit der Schule schwertaten, immer kämpfen mussten. Ich fand das nicht gerecht, fand das Benotungssystem nicht gerecht, und deshalb war es für mich ganz logisch, dass ich nicht hervorstechen wollte. Meine Mutter akzeptierte das auch nach langen Diskussionen, fand es vielleicht sogar gut. Ich erinnere mich, dass ich zu meinem Lehrer in Mathematik ging, Professor Layr, und ihm sagte, er soll bitte nicht böse sein, aber mich interessiere Mathematik nicht. Ich werde deshalb nicht mitarbeiten und keine Hausübungen machen. Er hörte sich das entspannt an und meinte, dass das für ihn okay sei, ich kriege halt eine Note schlechter als die Schularbeitsnoten ergeben würden. Großartige Reaktion, das hat mich beeindruckt. Ich bedankte mich und so war es dann. Andere Lehrer taten sich schwerer damit, aber ich achtete immer darauf, gerade so gut zu sein, dass ich nicht durchfiel. Ich konnte mir in kurzer Zeit sehr
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viel „kurzfristiges“ Wissen aneignen. Ein großer Segen. Dadurch hat mich Schule nie stark gefordert. Die Freiräume, die dadurch da entstanden, nützte ich eben für das, was mich faszinierte. Natürlich gab es auch Fächer, die mich interessierten, da war ich dann neugierig und aufmerksam: Geschichte, Deutsch, Biologie eine Zeit lang, Latein. Haben Sie sich während der Schulzeit sozial gut aufgehoben gefühlt? Ja, ausgesprochen gut. Mir ist heute erst bewusst geworden, dass das nicht so selbstverständlich ist. Wie gesagt, ich wohnte im Gemeindebau, meine Eltern waren geschieden, was damals noch sehr selten war, meine Mutter berufstätig und alleinerziehend. Wir waren nicht arm, weit entfernt davon, aber die Umgebung meiner Freunde an dieser edlen Schule war doch häufig eine ganz andere: große Altbauwohnungen mit alten Möbeln, Wochenendhäuser, sehr selbstbewusstes Bürgertum. Dieses ganz andere Milieu war interessant, dieser Unterschied spielte aber nie eine Rolle, nicht die geringste – bei meinen Freunden sowieso nicht, nicht bei deren Eltern, schon gar nicht in der Schule oder bei den Lehrern. Auch das war Freiheit. Staunenswert eigentlich, schön auch, wenn ich das jetzt so betrachte. Inwieweit hat Ihre Schulzeit Ihren späteren Berufsweg geprägt bzw. beeinflusst? Beeinflusst nicht, ich hätte auf jeden all in einen künstlerischen Beruf gefunden, aber geprägt sehr stark. Ich drehte hier meinen ersten Film, innerhalb eines Freifaches, das hieß Medienkunde. Mein Klassenvorstand, Sepp Redl, hat das angeboten, ein sehr engagierter, innovativer Lehrer, ehrgeizig auch. Da ging es um Nachrichten, Zeitungen, wie sie gemacht werden, wie sie funktionieren. Eine gute Sache. Ich war gar nicht dabei, aber diese Gruppe wollte einen Film zum Abschluss machen und mein Klassenvorstand fragte mich, ob ich ein Drehbuch dafür schreibe. Es ergab sich dann, dass ich auch Regie führte. Der Film war recht erfolgreich, auch nach außen, lief sogar später im Fernsehen, die Zeitungen berichteten ziemlich groß darüber. Das Wasagymnasium erhielt daraufhin eine exquisite Videoausrüstung, war die am besten ausgerüstete Schule damals. So konnte ich auch etwas zurückgeben. Dann gab es das Schultheater, darüber habe ich ja schon gesprochen. Aber die Schule war sicherlich auch in vielen Dingen prägend, die mir jetzt nicht bewusst sind. Das kann gar nicht anders sein: Man ist dreißig Stunden in der Woche dort, acht Jahre lang, in einer Zeit, wo man so dermaßen im Werden ist, wo man sich so unglaublich verändert. Natürlich ist das prägend und sehr entscheidend. Wo sehen Sie die positiven Seiten der Ausbildung, die Sie bekommen haben, und was ist Ihnen die Schule aus heutiger Sicht schuldig geblieben? Schule ist ein schwieriges The a. Einerseits hat man viele Forderungen an Schule und knüpft große Hoff ungen daran, hehre Ideale auch, andererseits ist sie ein Massenbetrieb und muss als solcher funktionieren. Das geht nicht ohne Routine, ohne Normierung. Es wäre naiv, das zu verkennen. Darin liegen auch Gefahren, in vielerlei Hinsicht. Ich habe
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mich, wie gesagt, recht leichtgetan, das war ein großes Glück. Vielleicht aber sehe ich es jetzt in der Rückschau entspannter, als es damals war. Mich hat auch viel genervt, vieles erschien mir leer und öde, die Erfüllung von Pflichten und Anforderungen, die für mich keinen Sinn ergaben, tote Zeit, Fremdbestimmung. Aber das Positive überwiegt deutlich in der Erinnerung. Das Positive lag immer an guten oder besonderen Lehrern. Professor Stöcher fällt mir ein, in Geschichte. Man hat bei ihm gespürt, dass Geschichte wichtig ist, wenn man Gegenwart verstehen will, dass es Mechanismen gibt, die immer noch wirksam sind. Oder Professor Plaimauer in Latein. In ihrem Unterricht ist diese alte Sprache zu etwas Sinnlichem, geradezu Erotischem geworden. Professor Lachawitz – den hatte ich auch in Latein, dann in Psychologie und Philosophie – hat die Lust an der Logik, der Logik der Sprache vermittelt, das Interessante am Denken. Man konnte ihm beim Denken zusehen. Ich erinnere mich an eine großartige Biologielehrerin, leider nicht mehr an ihren Namen, die in der Achten darüber gesprochen hat, dass die Gentechnik für die Menschheit ein noch größeres Problem werden wird als die Atomkraft. Vor über vierzig Jahren! Positiv war auch der Umgang mit dem Politischen. Es wurde durchaus diskutiert, Politik war präsent, off n, in Summe neutral, ohne Vorgabe einer Haltung. Ich erinnere mich an die Abstimmung über Zwentendorf, Atomkraft ja oder nein, ein großes Thema damals. Ein Lehrer war vehement dagegen und sehr gut informiert, ein Mitschüler von mir ebenso vehement dafür, und die beiden diskutierten, in Latein war das, eine ganze Stunde lang darüber. In der nächsten Lateinstunde, zwei Tage später, wurde diese Diskussion fortgesetzt. Großartig war das, zwar nicht Latein, aber spannender Unterricht. Während eines Schikurses, daran erinnere ich mich auch gut, fand der später legendäre Club 2 über den Studentenaufstand 1968mit Rudi Dutschke statt. Da war der linksradikale Terrorismus noch aktiv, ein heftiges Thema. Ein Freund und ich wollten diese Sendung unbedingt sehen und baten die Lehrer, das ausnahmsweise zu dürfen. Das wurde ganz selbstverständlich erlaubt, es gab einen Respekt davor, sich politisch informieren zu wollen. Wir saßen bis zwei ganz allein in einem großen Saal und sahen uns diese aufregende Sendung an. Das sind so kleine Beispiele dafür, dass im Politischen ein offenes, nicht lenkendes Klima geherrscht hat. Es gab linke Lehrer und konservative, aber keine politische Korrektheit so wie heute. Vieles an Haltung und Meinung hatte Platz. Also, das Positive überwiegt deutlich. Ich habe mich auch gefreut, heute die Schule zu betreten. Es war ein wichtiger Ort für mich. Ich war alles andere als brav oder angepasst, vieles fand ich blöd, gegen manches rebellierte ich, aber ich fühle mich mit der Zeit und der Schule immer noch verbunden. Welche Änderungen würden Sie sich für das System Schule erträumen? Vielleicht kann man die Lehrerausbildung sehr verbessern, wenn man eines fundamental bewusst macht: Du kannst dann den Stoff gut ermitteln, wenn du ihn im selben Augen-
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blick selbst interessant findest. Deine Aufgabe ist es, immer wieder, diesen Punkt zu finden wo dir bewusst ist, dass es etwas Spannendes ist, oder Wichtiges, oder Schönes, das du unterrichtest. Was man sagen und beibringen soll, weiß man ja bald einmal. Aber wie man es sagt, das ist eine ständige Herausforderung. Für sich selbst die Lust am Stoff zu finden, und nicht nur eine Pflicht gut zu erfüllen. Natürlich ist das nicht einfach, und natürlich kann man dem nicht immer entsprechen, man hat auch seine schlechten Tage, aber als Ziel sollte es präsent sein. Ich habe das bei mir selbst bemerkt. Ich mache jetzt im Lockdown Schule mit meiner Tochter, 4. Klasse Volksschule. Mathematik zum Beispiel: Natürlich hat eine Division durch eine zweistellige Zahl für mich zuerst einmal nichts Aufregendes, da gibt es nichts zu entdecken, ich weiß, wie man das macht, fertig. Ich kann Hannah die Regeln sagen, sie üben lassen und es ausbessern, wenn sie sich verrechnet, aber ich bin dabei langweilig und habe ihr eine öde Pflicht auferlegt. Wenn ich mir aber bewusst mache, dass es eigentlich irre ist, dass man durch so eine große Zahl dividieren kann, dass das einmal jemand erfunden hat, dass es Regeln gibt, die funktionieren, dass die auf simple Art ihre Schönheit haben – dann spürt sie das, wird sofort interessierter und konzentrierter, besser auch, obwohl ich eigentlich nichts anderes sage und erkläre. Nichts, nichts, nichts ist überzeugender als jemand, der selbst interessant findet, was er erzählt. Manche Lehrer sind da eine Naturbegabung, aber im Großen und Ganzen scheint mir das System sich dieser zentralen Tatsache zu wenig bewusst zu sein. Was würde ich mir noch erträumen? Kreativität, nämlich als Prozess, ist ein großes Thema im Leben, eine wichtige, natürliche ähigkeit, die man aufrechterhalten sollte. Ich beziehe das nicht auf das Künstlerische, es ist etwas viel Fundamentaleres. Kreativ sein heißt, Probleme lösen zu können, die neu für einen sind. Es bedeutet die Fähigkeit, anders zu denken als gewohnt, seine Instinkte und seine Intuition wahrzunehmen und zu benützen. Nicht nur analog zu denken, nicht nur automatisiert, sondern auch komplex und spielerisch. Unsicherheit zuzulassen, Chaos nicht abzuwürgen, sondern zu benützen. In meiner Traumschule wäre das ein Unterrichtsgegenstand. Wie das geht, das müsste man entwickeln. Es gibt gute Forschung, gute Literatur dazu. Andererseits aber, ich bin mir nicht sicher, ob es stimmt, scheint mir, dass heute etwas zu selbstverständlich von der außergewöhnlichen Begabung jedes Einzelnen ausgegangen wird. Wo ich in der Schule war, hat niemand einen aufgefordert, das zu machen, was man wirklich liebt. Solche Aufforderungen wären wahrscheinlich ermutigend gewesen. Jetzt scheint mir, ist das ins Gegenteil gekippt. Es wird viel zu sehr davon ausgegangen, dass jeder und jede etwas Besonderes erreichen kann. Niemand aber sagt: Wenn du wirklich gut sein willst in etwas, dann ist das auch verflucht harte Arbeit, mach dir keine Illusionen. Gut werden, heißt dranbleiben, auch dann, wenn es schwierig wird oder mühsam. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Botschaft heute im überbordenden Vertrauen in die natürliche Genialität junger Menschen nicht ein bisschen zu kurz kommt.
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Das ist der Zeitgeist. Vielleicht sind das aber eher die Eltern und nicht die Schule, ich weiß es nicht. Man soll auch mit dem Gewöhnlichen liebevoll umgehen. Der Wert eines Menschen hängt ja nicht von außergewöhnlicher Leistung ab. Eine Traumschule von mir wäre auch eine, wo Medienkompetenz ein zentrales Them ist, ein Thema, wichtiger denn je bei der ständigen Überflutung mit Meinung und Nachricht: Narrative im Hintergrund, Manipulationen als solche erkennen; wissen, wie man relevante Informationen sucht und findet; eine gesunde Skepsis gegenüber der eigenen Filterblase, in der jeder so oder so steckt, entwickeln; souverän und kritisch mit sozialen Medien umgehen. Das finde ich zentral wichtig heutzutage. Medienkompetenz ist auch für die Gesellschaft, für eine lebendige Demokratie wichtig und führt zu größerer Individualität, weil man mit dieser Kompetenz die Normierungsversuche leichter durchschaut und ihnen nicht so leicht unbewusst erliegt. Das sind ein paar Punkte, die mir spontan einfallen: ein Grundbewusstsein für die Hauptqualität von Lehrern, von ihrem Thema und Stoff erfüllt zu bleiben; Kreativität und Medienkompetenz als Unterrichtsgegenstände. Als Viertes vielleicht: Normierung reduzieren, den Lehrplan so gestalten, dass Freiräume bleiben. Das ist die beste Begabtenförderung, die es gibt – Freiräume zu lassen. Natürlich werden manche diese Freiräume mit Netfli -Serien oder mit Partymachen füllen und mit sonst nicht viel. Das macht nichts, soll so sein. Freiräume sind aber wichtig für die, die etwas fasziniert, die etwas wollen – was auch immer das ist. Wenn man Freiräume lässt, braucht man keine Begabtenförderung mehr. Ihre Filme, Drehbücher und Theaterinszenierungen wurden ausgezeichnet, wobei das natürlich die Außenansicht darstellt. Was bedeutet Erfolg für Sie persönlich? Ganz trivial: Erfolg ist notwendig, um als Künstler halbwegs gut über die Runden zu kommen. Beim Film gilt das besonders, weil er so viel Geld braucht, um gemacht zu werden. Künstlerische Berufe sind wahrscheinlich die mit der größten und härtesten Konkurrenz. Viele Künstler leben prekär und verdienen dafür besonderen Respekt, weil sie das für ihre Leidenschaft auf sich nehmen. Erfolg bedeutet also zum einen, überhaupt arbeiten zu können, er ist eine Arbeitsgrundlage. Ein wirkliches, tiefes Gefühl von Erfolg habe ich aber nicht durch Preise oder Geld oder Status, sondern wenn ein Film von mir für jemanden persönlich wichtig war, wenn er etwas Positives bewirkt, Energie gegeben hat. Das macht mich am meisten glücklich, mit dieser Hoffnung arbeite ich eigentlich. um gesellschaftlichen Erfolg habe ich jedoch eine komische Beziehung. Er macht mich irgendwie nervös und ich bin ihm oft genug geradezu ausgewichen. Ich verstehe es selbst nicht wirklich.
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Welche Botschaft würden Sie beispielsweise den Maturanten und Maturantinnen des heurigen Maturajahrgangs gerne mitgeben? Was würden Sie ihnen sagen? Ich werde das manchmal bei meinen Filmen gefragt: Was wollten Sie den Zuschauern sagen? Ich antworte dann immer: Ich will den Zuschauern gar nichts sagen, weil mir das nicht zusteht. Ich will eine möglichst intensive Erfahrung ermöglichen. Der Zuschauer wird dann schon wissen, was er oder sie mit dieser Erfahrung im Leben anfängt. Ich denke, ich könnte einem 18-Jährigen vielleicht gute Ratschläge geben, wenn wir ins Gespräch kommen, aber ich kann einer Gruppe keine Ratschläge geben. Ich glaube an Individualität, die Menschen sind verschieden, jeder hat andere Probleme und Potenziale. Darum habe ich keine Botschaft an die Maturanten im Gesamten, außer vielleicht eine: Wenn sich euch eine Erfahrung anbietet, versäumt sie nicht, geht ihr entgegen. Macht so viele und so verschiedene Erfahrungen wie möglich. Und was würden Sie Ihrem 18-jährigen Selbst rückblickend sagen? Meinem 18-jährigen Selbst? Vertrau deinem Schicksal. Genieß mehr das, was ist. Aber wahrscheinlich könnte ich dem 18-Jährigen vor allem, was die Liebe und die Frauen betrifft einiges erleichtern. Da gibt es den schönen Satz aus dem Theaterstück Das weite Land von Schnitzler: Mit 40 sollte man jung sein, da hätte man was davon.
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Vom Klassenraum in den Weltraum
Interview mit Barbara Imhof, Matura 1987,Weltraumarchitektin und Designforscherin. Das Gespräch wurde geführt von Meta Gartner-Schwarz. Sie haben vor 34 Jahren am Wasagymnasium maturiert. Wenn Sie heute zurückdenken, was sind die prägendsten Erinnerungen, die Sie an Ihre Schulzeit haben? Was fällt Ihnen sofort ein? Sofort fallen mir Lehrer und Lehrerinnen ein. Das ist das, was hängen geblieben ist, die Interaktion mit den verschiedenen Personen oder wie man sich ihnen gegenüber verhalten hat, eigentlich die persönliche und zwischenmenschliche Komponente. Und dann natürlich auch Freundschaften, die geblieben sind. Das wäre meine nächste Frage gewesen. Das heißt, Sie haben nach wie vor Freunde aus Ihrer Schulzeit? Es ist eigentlich nur eine Person geblieben, Jutta Nowak. Ich saß auch die vielen langen Jahre in der Schule immer neben ihr und wir lernten zusammen. Dann gibt es noch ganz punktuelle Erinnerungen. Ich bin Architektin und speicherte anscheinend schon damals bildhaft räumliche Situationen. Ich erinnere mich an Räume mit interagierenden Menschen. Es gibt beispielsweise eine Erinnerung an den 1. Stock und diese Säulen, um die man so schön Fangen spielen kann. Wir hatten dort einmal eine Zeit lang unser Klassenzimmer. Ich erinnere mich auch an ein Schulfest, eine Schulparty, welche damals eine der ersten ihrer Art war. Sie fand im 2. Stock statt. Auch ein Ausflug mit unserem Klassenvorstand Karl Huber nach Gmünd ins Waldviertel ist Teil meiner Erinnerungen. Denn er ist dort aufgewachsen und er erzählte immer viel über seine Heimat. Einmal nahm er uns dann eben dorthin mit. Das weiß ich noch genau. Die Frage, ob ich die Schule noch wiedererkenne, kann ich nur bejahen. Ich habe viele Bilder von diesen Räumen und den einzelnen Klassen, es hat sich nicht viel verändert! Dann gibt es noch die Erinnerung an die vielen kleinen Streiche, die wir auch teilweise den Lehrern spielten. Besonders erinnere ich mich an eine Aktion, die den Raum der Klasse veränderte. Also, einmal bauten die bravsten Schüler meiner Klasse alle Tische zu einer riesigen, schrägen Installation, die auch als Rutsche hätte funktionieren können, was ich ziemlich cool fand. Wie erinnern Sie sich an Ihren Schulalltag damals, Ihre Lieblingsfächer, Ihre Ängste und Freuden? Mein allerliebstes Fach war Bildnerische Erziehung bei Edith Schrauder, der ich vor zwei Tagen zufällig auf der Straße begegnete. Mit ihr war ich auch über die Matura hinaus ein paar Jahre in engerem Kontakt, weil sie ein paar Mitschülerinnen unterstützte. Denn wir alle wollten auf eine Kunstakademie oder auf die Universität für Angewandte Kunst, damals Hochschule für
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angewandte Kunst, gehen. Daher war Bildnerische Erziehung unser Lieblingsfach. Turnen hat mir auch immer gut gefallen. Ich war im Wasagymnasium auch deshalb am richtigen Ort, weil ich ein Faible für Sprachen habe. Daher fand ich den Englisch Unterricht auch immer gut. Da erwischte ich mit Karl Heinz Ribisch einen super Professor. Ich war immer ganz gut in Englisch und lernte viel bei ihm, was später sehr hilfreich war. Ich ging nämlich dann zu Beginn der 1990er-Jahre zum Studieren nach London. Auf der Uni in Wien sprach man zu meiner Anfangszeit nicht viel Englisch und deshalb war meine Schulausbildung eine gute Grundlage für meine Auslandsjahre. Die Zeiten haben sich sehr verändert und heutzutage spricht eine enorme Anzahl an Menschen Englisch und oft ist das auch die Unterrichtssprache an der Uni. Der gute Englischunterricht hat mir auch Spaß gemacht. Was natürlich auch noch sehr in Erinnerung geblieben ist, sind die Lateinstunden bei Günter Lachawitz, der, abgesehen davon, dass er eine Koryphäe auf seinem Gebiet ist, auch in Altgriechisch sehr interessante Stunden hielt. Ich hatte aber Michaela Masek in diesem Fach. Dass wir die Texte, die wir lasen, in Geschichte und Politik kontextualisierten, war meiner Meinung nach etwas Wesentliches im schulischen Lernen. Im Lateinübersetzen war ich immer sehr schlecht, aber was ich gelernt habe, ist, wie man Texte erfassen kann. Also, dass sie aus einer bestimmten Zeit, aus einem bestimmten gesellschaftlichen Leben, aus einem politischen Kontext heraus, gelesen werden müssen. Das fand ich interessant. Das zog sich dann bis ins Altgriechische weiter, das ich wählte. Was mir von all dem geblieben ist, glaub ich, ist ein Gespür für Grammatik, obwohl ich nie gut in Deutsch war, zumindest nicht laut dem, was ich an Noten erhielt. Haben Sie Schule auch angsterfüllt erlebt? Nein, ich glaube nein. Vielleicht fürchtete man sich manchmal vor einer Schularbeit, aber ich habe nie Angst vor dem In-die-Schule-Gehen gehabt. Ich habe sie auch nicht als lästig empfunden und sie nicht hinterfragt. Ich komme aus einer Familie, in der Ausbildung sehr wichtig ist, weshalb es ganz normal war, dass man in die Schule geht. Und eigentlich versuchte ich, das weiß ich noch, so in der 7./8. Klasse möglichst nicht zu fehlen, weil es ansonsten viel aufwändiger gewesen wäre, alles nachzulernen, als mich hinzusetzen und ein bisschen zuzuhören. Auch wenn ich ein bisschen krank war, versuchte ich aus ökonomischen Gründen, aus Effizienz ünden, im Unterricht präsent zu sein. Wichtig sind auch alle Freundinnen und Freunde in der Schule. Schule ist auch ein soziales Gefüge, in das man hineinwächst und zu dem man dazu gehört. Was glauben Sie, ist Ihnen die Schule schuldig geblieben? Also das habe ich mich nie gefragt und ich glaube, dass ich das nicht hinterfragt habe, weil ich damals keine Vergleichsmöglichkeiten hatte. Aus heutiger Sicht hätte ich gerne noch eine lebende Sprache dazu genommen. Heutzutage ist es hier an der Schule anders, wie ich gehört habe, damals gab es eben nur die Entscheidung zwischen einem realistischen und einem humanistischen Zweig. Und obwohl ich jetzt in meiner Arbeit sehr viel mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen arbeite, haben mich die tiefgründigen Ausarbeitungen diverser
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Aspekte der Biologie oder Chemie damals nicht wirklich interessiert. Deswegen bin ich aufgrund meines Faibles, oder weil ich mich entscheiden musste, in die sprachliche Richtung gegangen. Das war dann Latein und Griechisch, die Vielfalt der Freifächer wie heutzutage gab es damals auch nicht. Ich glaube, man konnte damals Französisch nehmen, das hat mich aber nicht interessiert. Irgendeine andere lebende Fremdsprache hätte ich aber schon gerne gelernt. Also hat sich doch einiges verändert. Schule ist ein Thema, an das jeder andocken kann, weil wir alle irgendwann in die Schule gegangen sind. Aber was könnte oder sollte Schule aus Ihrer auch beruflichen Sicht heute besser machen? Mit Schule direkt habe ich nicht viel zu tun, aber mit Ausbildung. Ich arbeitete acht Jahre lang als Assistentin an der TU, am Hochbau 2 Institut, also an der Architekturfakultät und wir mussten in dieser Zeit den Studienplan neu schreiben. Ausbildung hat mich eigentlich immer schon, auch in meiner Schulzeit, interessiert. Ich glaube, das kommt daher, weil ich irgendwann bei meinen Eltern ein Buch über antiautoritäre Erziehung fand und auch las, welches mich total interessiert hat. Ich bin mir nicht sicher, ob das der Grund gewesen ist, aber Schule, Ausbildung und Lehre fand ich schon immer wichtig. Was Schule leisten könnte, darüber weiß ich zu wenig, weil ich da nicht so viel Einblick habe. Was ich so höre, ist, dass sich in diesem Bereich viel geändert hat. Zum Beispiel gibt es jetzt viel öfter Projektarbeiten. In meiner Schulzeit starteten wir aber auch einmal ein fächerübergreifendes Projekt. Wir lasen in Deutsch Macbeth, in Englisch den Originaltext und bastelten in Bildnerischer Erziehung ein Bühnenbild dazu. Ein super Beispiel, so lernt eine Schülerin, ein Schüler ein Thema von verschiedenen Seiten zu betrachten, ja, eine Vernetzung herbeizuführen. Das begeisterte mich damals sehr, weil man dann plötzlich viel besser versteht, was man macht und warum man über das Thema lernen soll. Und das sah ich auch später, während ich auf der Angewandten studierte. Im Gegensatz zur TU, an der ich vorher studierte, war dort alles viel vernetzter. Wir arbeiteten beispielsweise an einem Entwurfsprojekt, das danach von allen Seiten technisch bearbeitet werden musste. Das Erfassen von Zusammenhängen ist etwas Wesentliches auch für die Schule. Unser Unterricht war damals sehr monodirektional. Die Lehrer trugen vor und ermunterten uns dazu, etwas darüber zu lesen und zu schreiben. Das war nicht wirklich interaktiv und prinzipiell denke ich mir, dass sich da einiges geändert hat. Es kommt natürlich auch auf den Lehrer oder die Lehrerin an. Ja, es kommt auf die Schule und den Unterricht an. Das ist sehr spezifisch. In der Oberstufe, dadurch dass wir eine rein humanistische Klasse und bei der Matura nur circa 18 waren, war zu unserer Zeit mehr möglich. Mit weniger Schülern kann man eine Vernetzung wahrscheinlich leichter schaffen, obwohl man natürlich immer die verschiedensten Charaktere in der Klasse beachten muss, die dann entweder mitmachen oder nicht. Das Wesentliche ist, junge Menschen zum Denken anzuregen und zu inspirieren. Das Vermitteln von Wissen ist natürlich auch von Bedeutung. Zum Lernen motiviert zu werden ist das Wichtigste, weil schlussendlich muss man sein ganzes Leben lang lernen. Sieht man vielleicht ganz gut an meinem Lebenslauf. Ich habe ziemlich viel lernen müssen und
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muss mich immer noch in neue Gebiete hineindenken oder nachlesen. Häufig machen wir Familiarization-Workshops, bei denen wir die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Labor besuchen und versuchen, mit ihnen an einem einfachen Experiment zu arbeiten, um ein Gefühl zu bekommen, wie sie ihren Teil der Arbeit erledigen. Und dies ist Teil vom Schaffen einer inte disziplinären Arbeitsweise. Man könnte schon in der Unterstufe damit anfangen, trotz der Entscheidung, welche Zweige man in der Oberstufe wählen wird. Man muss Schülern und Schülerinnen einen Überblick ermöglichen. Lernen ist auch insofern wichtig, da de facto niemand genau sagen kann, was genau Schülerinnen und Schüler in den kommenden 25 Jahren brauchen. Es ist nicht von großer Bedeutung, bestimmte Stoff oder Themen unbedingt du chzunehmen. Ich glaube eher, dass es wichtig ist, dass Schüler und Schülerinnen verstehen, warum sie lernen sollen, sie sollen erfahren, wie man sich Dingen annähern kann, und dass es verschiedene Perspektiven gibt. Das ist wichtig, um sich eine Meinung bilden zu können. Ich hatte auch Philosophieunterricht, aber verstehen konnte ich zunächst überhaupt nichts davon. Erst im Nachhinein erkannte ich dann langsam, worum es eigentlich gehen könnte oder was man da eigentlich hätte lernen können, Argumentation und Meinungsbildung, beispielsweise. So ist es mir gegangen. Man sollte den Schülerinnen und Schülern mitgeben, wie sie sich in einer Welt, die sich ständig verändert, anpassen und weiterbilden können. Da ist es natürlich gut, ein paar grundlegende Dinge zu wissen und einen Grundstock an Allgemeinwissen zu haben. Die Informationsbeschaffung ist ein ganz wichtiges Thema. Vor allem sollte man die Fähigkeit erlernen, wahr von unwahr, Meinungen von Fakten zu unterscheiden. Das ist mit den neuen Medien immer schwieriger geworden, zumindest ist es schwieriger als vor dreißig Jahren. Was hat Sie zum Architekturstudium gebracht? Hat Ihre Zeit am Gymnasium Ihre Berufswahl mitbestimmt? Ich glaube schon, dass ich meine Vorliebe oder meine Neigung für eine künstlerische Richtung in der Schule entwickelte und die Unterstützung von Frau Schrauder in diesem Gebiet war auch ideal. Mit ein paar Schülerinnen haben wir einander dann teilweise sogar nachmittags getroffen, sodass Frau Schrauder unsere Zeichnungen, welche wir in unserer Freizeit anfertigten, begutachten konnte. Wir diskutierten dann gemeinsam über unsere Werke. Das ging über den normalen Unterricht hinaus und hat sehr geholfen. An der Angewandten wurde ich zwar zunächst nicht aufgenommen, jedoch landete ich später trotzdem dort. Das war sicherlich etwas ganz Wesentliches für meinen Lebenslauf. Das alles ist schon dreißig Jahre her, weshalb schon viel in meinem Leben passiert ist. Wenn Sie mich vielleicht mit 25 gefragt hätten, dann wäre die Frage einfacher zu beantworten gewesen. Sie haben, nicht nur an der TU Wien, oft in Sparten gearbeitet, wo der Frauenanteil auch heute noch bekannt niedrig ist. Was ist aus Ihrer Sicht der Grund dafür?
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Es gibt so viele Initiativen, Frauen zu unterstützen und trotzdem sehen wir uns mit der Tatsache konfrontiert, dass trotzdem manche Sparten einen sehr, sehr niedrigen Frauenanteil haben. Ich bin öfters eingeladen, zu diesem Thema am odium zu sprechen und war auch im Vorstand von „Women in Aerospace Europe“. Das Thema, mehr rauen in technische oder naturwissenschaftliche Sparten zu bringen und sie bei ihrer Karriere zu unterstützen, beschäftigt mich. An der Uni war ich in der Kommission für Gleichbehandlungsfragen. Hier kann man in der Schule auch schon ansetzen, Mädchen und junge Frauen zu motivieren, in technische oder naturwissenschaftliche Einrichtungen zu gehen und sich zuzutrauen, in diese Richtung eine Ausbildung zu machen. Es hängt auch ganz stark vom Elternhaus ab, ob dort eine Unterstützung vorhanden ist. Eine Freundin von damals wollte studieren, jedoch meinte ihre Mutter, dass sie nicht gut genug dafür sei. Da sie auch finanziell nicht unterstützt wurde, war es ihr schwer möglich zu studieren. Ob sie als Bub unterstützt worden wäre, das weiß man nicht. Das schulische und das familiäre Umfeld müssen zusammenspielen, damit die richtige Entscheidung getroffen werden kann. In meiner Schulzeit hat sich im Großen und Ganzen kein Mädchen mehr eingeschränkt oder benachteiligt gefühlt. Aus meinem Jahrgang studierte eine Mitschülerin Physik. Der Karriereknick kommt meistens mit dem ersten Kind. Hier benötigt es noch einige gesellschaftliche und politische Maßnahmen, um diesen zu verhindern. Man könnte aber schon in der Schule die Schüler und Schülerinnen auf dieses Thema aufme ksam machen und entsprechende Trainings oder Coachings anbieten. Es gab eine Zeit lang sehr gute Angebote, kofinanziert von mehreren Bundesministerien. Ein Frauen-Coaching hatte Projektleitung und Karriereentwicklung zum Thema. Ich konnte an diesem Coaching an acht Wochenenden über ein Jahr verteilt teilnehmen. Dabei dachte ich mir: „Mein Gott, warum kann man das nicht früher lernen, wo das so wichtig ist? Warum muss man über diese Dinge in seinen Dreißigern lernen?“ Es gibt gesellschaftliche Bilder der Frau, die man nicht so leicht ablegen kann. Obwohl ich an einigen Coachings teilnahm und aufmerksam das Verhalten meiner Mitmenschen im Beruf beobachtete, falle ich manchmal immer noch auf die einfachsten Dinge rein, weil das ein Automatismus ist, sich als Frau so in eben diesem gesellschaftlichen Kontext zu verhalten. In einem schulischen Kontext ist es nicht so einfach, jungen Frauen, eigentlich noch Mädchen, beizubringen, dass eine Führungsposition nicht per definitionem männlic besetzt sein muss, dass da nichts Männliches dran ist. Man braucht dazu Selbstbewusstsein, um sagen zu können: „Ich mache das, von dem ich glaube, es gut zu können!“ So zu denken und sich entsprechend zu verhalten, ist eine ständige Herausforderung. Was ist Weltraumarchitektur? Erklären Sie das bitte. Im einfachsten Sinne geht es darum, Häuser am Mond oder Mars zu bauen oder Raumstationen. Wobei das eben sehr viel in Konzepten passiert, weil man ja in Wirklichkeit noch keine Häuser am Mond bauen kann, geschweige denn am Mars. Was wir derzeit haben, ist eine Raumstation, das heißt, da existiert ein richtiges, physisches 1:1Modell eines Hauses
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im Orbit. Ich glaube jedoch, dass die Arbeit in diesem Bereich und die Beschäftigung mit Weltraumarchitektur eigentlich darüber hinausgeht. Wir arbeiten sehr viel in Forschung und Technologieentwicklung. Architekten und Architektinnen planen meistens Häuser. Gebaut werden sie dann durch Baufirmen. Das heißt, es geht um das Planen von Räumen, von einem räumlichen Gefüge, in dem sich Menschen aufhalten. Es geht auch um das Organisieren von Raum, wobei viele Fragen wichtig sind. Was sind das für Menschen, für die ich plane? In welchen Situationen befinden sie sich? Was brauchen sie? Wie kann der Raum darauf reagieren? Wird der Raum einen positiven Einfluss auf das Verhalten und die Interaktion zwischen Menschen haben? Antworten auf diese Fragen zu finden und in ein räumliches Konzept zu transferieren, ist die Arbeit von Architekten und Architektinnen. Beim Arbeiten auf einer Baustelle lernt man gut die verschiedenen einzelnen Aktivitäten kennen. Zuerst kommen die Fundamente. Dann baut man Geschoß für Geschoß. Dann ist der Innenraum an der Reihe und danach die Fassade oder umgekehrt. Das heißt, das sind ganz viele sogenannte Gewerke und Handwerker am Werk, die alle verschiedene Expertisen haben, die man zusammenführen muss. Dabei lernt man, wie man organisiert. Für den Weltraum heißt das genau dasselbe. Also, der Beruf des Weltraumarchitekten wurde früher nur von Männern belegt, wie die Architekten bei der NASA zeigen. Die planten hauptsächlich die Integration der Einzelteile für die Raumstation. Sie arbeiteten mit den Ingenieuren aus den verschiedenen Disziplinen. Die einen haben sich um die Luftzirkulation gekümmert, die nächsten um die Heizung, Kühlung, andere vielleicht um die Laboreinrichtung, und einige planten und bauten an der Hülle. All diese Teile müssen zusammenpassen. Die Kompetenz der Architektinnen und Architekten bleibt immer gleich, es ist unter anderem das räumliche Organisieren und im Bauablauf die zeitliche Organisation. Diese Arbeitsweise kann man auch für einen Satelliten anwenden, nicht nur im Hausbau für Menschen auf der Erde. Und der dritte Aspekt nach Planen und Integrieren ist das Beschreiben von Szenarien, die in der Zukunft angesiedelt sind. Ob man für die nächsten zehn Jahre die Entwicklung einer Stadt oder für die nächsten fünfzig Jahre ein Projekt auf dem Mond beschreibt, ist schlussendlich von der Herangehensweise oder von dem, wie man dieses Imaginationswerkzeug benützt, immer dasselbe. Man beschäftigt sich mit einer weit entfernten Zukunft, wenn man an den Weltraum denkt. In unserem Beruf schaffen wir eben auch Zukunftsbilder. Das lernte ich in der Ausbildung auf diesen diversen Kunstschulen in Wien, London und Los Angeles. Wenn es um Weltraum geht, handelt es sich immer um ganz extreme Bedingungen. Es geht um das Schaffen einer Hülle, die wie eine Biosphäre ist, in der sich alle Systeme beeinflussen, in der Luft rezirkuliert und das Wasser gereinigt wird, sodass der Urin wieder zu Trinkwasser wird. So ist es jetzt schon auf der Raumstation. Man versucht, Kreisläufe herzustellen, in denen aller Abfall, den wir durch unser Leben produzieren, wieder ins System gelangt und schließlich wieder als Ressource verwendet werden kann. Das ist ein total aktuelles Thema und sehr spannend. n der Weltraumarchitektur geht man immer vom Menschen aus. Man muss sich überlegen, was der Mensch braucht. Die Räume sind immer sehr klein und eine Frage ist, wie sich Menschen in einer Gruppe im engen Raum verhalten
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und welche Räume sie für ihr Wohlbefinden unter den gegebenen mständen benötigen. Es geht weniger um den großen Wurf als um ganz essenzielle Aspekte des Lebens. Wie sind Sie zur Weltraumarchitektur gekommen? Was hat diesen Schritt bedingt? Das war eigentlich mein Interesse an Zukunft und Technologie. Ich studierte an der Universität für Angewandte Kunst bei Wolf Prix, der das avantgardistische Architekturbüro „Coop Himmelb(l)au“ gründete. Er war sehr bekannt für seine radikalen Ansätze in der Architektur. Wie er mit uns, seinen Studierenden diskutierte, war sehr spannend, weil er uns eigentlich immer dazu auffo derte, weiter in die Zukunft zu denken, sich Szenarien dafür zu überlegen, und zu überlegen zu welcher Art von Architektur das führen kann. Für diese Szenarien entwickelten wir Räume oder Stadtteile oder was auch immer das Thema war. Spinnt man den Faden von Wien, Europa, Tokio oder der Antarktis weiter hinaus auf den Mond oder den Mars in die Zukunft, landet man im Weltraum. Darf ich Ihnen abschließend noch eine Frage stellen? Haben Sie noch einen Rat oder einen Tipp, den Sie als erfolgreiche Wissenschaftlerin Schülerinnen und Schülern der Wasagasse mit auf den Weg geben wollen? „Trau dich!“, würde ich sagen. Ich absolvierte an der „International Space University“ einen Master-Kurs in Space Studies. Dort befreundete ich mich mit einer Inderin, die auch lange Zeit in den USA lebte. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, uns gegenseitig besucht, und ich lernte ein völlig anderes Frauenbild kennen. Sie kommt aus einem gebildeten Haushalt in Indien, wo Frauen sehr selbstbewusst sind. Am Space-Masterstudium nahmen 35Leute aus 30 verschiedenen Ländern der Welt mit unterschiedlichen professionellen Hintergründen teil. Ich dachte immer, dass ich tolerant sei. Aber was Toleranz wirklich ist, lernte ich erst dort. Es ist wichtig, dass man versucht, möglichst offen zu sein und sich vielleicht auch ungewohnten Situationen aussetzt, um die Welt kennenzulernen. Es ist nicht immer einfach, sich über den eigenen Horizont hinaus zu wagen und etwas ohne Furcht in Angriff zu nehmen. „ rau dich!“, eben. Man sollte die gewohnte Umgebung verlassen und Unbekanntes erforschen. Man muss das nicht das ganze Leben lang machen, aber man sollte es immer wieder versuchen, damit man diese Voreingenommenheit, diese Glaubenssätze, all das, was man so mit sich rumträgt, hinter sich lassen kann. Sie arbeiten in der Weltraumarchitektur und planen, was man noch lange nicht sehen wird. Man sieht immer etwas! Eine gebaute Hardware sieht man, bevor man sie in die Rakete steckt. Dann gibt es die ganzen Visualisierungen, diese ganzen Rover, die am Mars rumstehen, welche ständig Selfies von sich machen. Sie fotografie en sich immer selbst, weshalb man sie auch immer sieht.
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Mit dem Steppenwolf im Raucherkammerl
Interview mit Andrea Maria Dusl, Matura 1980,Autorin, Filmregisseurin, Journalistin und Zeichnerin. Das Gespräch wurde geführt von Meta Gartner-Schwarz. Sie haben, wenn ich das richtig recherchiert habe, 1980 an unserer Schule maturiert. Übernehmen Sie bitte kurz die Rolle einer Zeitzeugin: Was war das für eine Zeit? Wie dürfen sich unsere Schülerinnen und Schüler diese vorstellen? Es ist schwierig, die Zeit aus der heutigen Perspektive mit den damaligen Augen zu sehen, weil sich alles zusammenschiebt. Ich müsste mich jetzt erinnern, nicht an meine persönlichen Erlebnisse, sondern daran, was eigentlich zwischen 1970 und 1980passiert ist. Aus schulischer Perspektive hatte ich überhaupt keine Ahnung, was politisch ablief. Das war nicht wichtig. Wir waren politisiert in einem viel engeren Sinn, als es der gesellschaftliche Aufbruch war. Wir sind vielleicht auf Demonstrationen gegangen, aber wir waren nicht parteipolitisch politisiert. Wir waren auch nicht ideologisch motiviert, wir wollten ganz einfach nicht unterdrückt sein. Das war ein Beweggrund, aber das hat man auch gar nicht so ausgedrückt, es war irgendwie alles ein bisschen reglementierter. Und ich? Ich kann jetzt nicht wirklich in Erinnerung rufen, wie die 1970er-Jahre waren, ich kann es nur an den Unterschieden festmachen. Welche prägenden Erinnerungen haben Sie an Ihre Schulzeit in der Wasagasse? Ich will es jetzt mal so ausdrücken: Es gibt nichts in meinem Leben, was nicht durch die Schulzeit geprägt worden wäre, absolut nichts. In jedem Aspekt meines Daseins hat die Schule Spuren hinterlassen. Es ist sozusagen mein ganzes Leben schuldurchwirkt und seltsamerweise mehr durchs Gymnasium als durch die Volksschule. Das stelle ich immer dann fest, wenn es Situationen gibt, die ähnlich sind. Etwa beim Aufenthalt in Räumen, in denen man nicht das Kommando über das eigene Tun hat. Ich versteh darunter so Sachen wie das geplante Zuhören, das Konzentrieren gegen die eigenen körperlichen Wünsche, und der Aufenthalt mit und in einer Gruppe. Solche Situationen kommen immer wieder. Auf der Universität kommt es wieder, bei Seminaren und bei Vorträgen, und da merke ich, dass ich von der Schule sozialisiert wurde. Wie geht man mit der eigenen Energie um, wie geht man mit den eigenen Wünschen um? Wie geht man mit dem Drang um, entweder etwas zu sagen oder zu verschweigen? Ja, wie interagiert man? Da gibt es ja so Strategien, ich weiß jetzt gar nicht, ob man sie Kommunikationsstrategien nennen sollte, aber es gibt in diesen geschlossenen Räumen, die wir in der Schule zum ersten Mal erfahren, so etwas wie nonverbale Kommunikation mit anderen, sehr komplexe Geflechte von Einbindung oder Ausgrenzung. Und das betrifft nicht nur die Leh er und die Schüler. Wobei, jetzt fällt mir wieder auf, dass wir damals nicht Schülerinnen und Schüler sagten, sondern Schüler, und
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da war natürlich immer Schülerinnen und Schüler gemeint, aber es wurde nicht darüber gesprochen, dass darin alle inkludiert waren. Wir hatten auch eine ganz andere Reflexion ebene über Sprache und über gesellschaftliche Zustände, und die Zeit, in der wir in der Schule waren, war insgesamt die ganze Suppe heute sehr berühmter Dinge. Da waren sehr viele Dinge drinnen, die wir ganz normal fanden, die aber gar nicht normal waren zu dem Zeitpunkt, als sie passierten. Zum Beispiel Gratis-Schulbücher, dass wir gratis mit der Straßenbahn fuhren, dass Mädchen und Buben – eigentlich hieß es damals Knaben und Mädchen – überhaupt gemeinsam in einer Klasse saßen. Das alles war damals absolut normal, aber aus heutiger Perspektive war es gerade eben erst eingeführt worden. Es muss also für die damaligen Lehrer, die aber auch nicht Lehrer hießen oder Lehrende, sondern „Professoren“, sehr anders gewesen sein. Die hatten das ja nicht so erfahren. Und selbst wenn man in einer modernen Schule war und vielleicht koedukativ erzogen wurde, war das nicht die Regel. Für die Lehrenden war das auch etwas Spannendes und diese 1970er-Jahre, die waren politisch gesehen in Österreich ein Aufbruch in sehr viele neue Felder, die vorher noch nicht beschritten waren. Daran erinnere ich mich, dass wir gespürt haben, dass sich da immerzu etwas verbessert. Etwas Analoges war der sogenannte Fortschritt, nicht der auf gesellschaftlicher, sondern der auf technischer Ebene. Jedes halbe Jahr wurde irgendetwas erfunden, das aus der Raumfahrt kam und die Welt verbesserte. Ich gebe ein Beispiel: Ich bin in die Phase hineingeraten, wo der Rechenschieber – es kann sich heute niemand mehr vorstellen, was ein Rechenschieber ist – wo also der Rechenschieber obsolet geworden ist. Wir hatten noch gelernt, wie der Rechenschieber funktioniert, aber wir haben ihn dann nicht mehr verwendet in der Oberstufe, wir konnten die ersten Taschenrechner verwenden und das war eine unglaubliche Sensation, dass Kinder einen Apparat hatten, der einem das, was die Schule zu einem Großteil ausgemacht hat, nämlich rechnen zu können, abgenommen hat. Das war für die Eltern fast undenkbar, es gab ein einziges Modell, das an der ganzen Schule eingeführt wurde. Die zweite technische Innovation, an die ich mich erinnere, die das Leben dann sozusagen geflutet hat, waren Overheadprojektoren. Eine heute völlig ausgestorbene Form. Der Overheadprojektor, der auf magische Weise etwas an die Wand warf, hat die Tafel abgeschafft. Die Tafel, die aus Kreide, Schwamm und diesen spezifischen Gerüchen bestand, die ist natürlich jetzt noch immer da, und auch das große Dreieck und der große Zirkel. Aber die Overheadfolie, das war ein Zauberding, und auf der haben die Lehrer, ich sag jetzt mal Lehrer, wir können das ja im Geiste gendern, mit ihren Overheadstiften herumgezeichnet. Sie haben das zwischendurch immer wieder abgewischt, oft auch unabsichtlich. Meine Erinnerung ist gefüllt mit Vermittlungstechnik. Heute hatten wir in der Stunde, die ich besuchen durfte, einen Projektor, und da haben Sie vom Computer ein kleines Filmchen gezeigt. Das Einzige, das ähnlich war an dem Ganzen, war die Tatsache, dass die Lichtsituation ungünstig war, weil es ja Tag war. Man kann nicht gut verdunkeln, sonst kann man auf den Tischen nichts mehr lesen. Das hat sich nicht verändert. Wir hatten damals 16-Millimeter-Projektoren und das ratternde Geräusch der Lehrfilme habe ich deutlich in
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Erinnerung. Interessanterweise war der Ton genau gleich wie heute. Er war so laut, dass er keinesfalls unhörbar war, also man konnte da kaum durchschlafen. Das ist völlig identisch mit damals, auch das schlechte Bild an der Wand ist identisch. Ich weiß nicht, ob der Projektor heute in Ihrer Stunde eine Entzerrungsfunktion hatte. Das gab es bei den Overheadprojektoren jedenfalls nicht, die warfen immer ein verschobenes Parallelogramm. Ja, selbst wenn es Projektionen waren, waren es greifbare Dinge. Ich erinnere mich an den Geruch der Stifte, an den Geruch der Taschen. Auf dem Weg hierher habe ich mich daran erinnert, wie meine Schultasche gerochen hat, weil ich wieder denselben Weg gegangen bin, den ich in meiner Schulzeit auch gegangen bin. Ich habe dann immer entschieden am Schulweg: Soll ich die fade Straße gehen? Die neben der Kaserne oder die spannende, wo so viele Autos durchfahren? Die roch furchtbar nach Abgasen. Schon damals war die Frage: Soll ich gesund oder spannend gehen? Ich habe mir dann irgendwann ein Fahrrad schenken lassen, damit ich länger schlafen kann. Ich weiß das deswegen, weil ich eine frühe Kassettenaufnahme gefunden habe von einem Gespräch, in dem meine Eltern debattierten, warum ich noch nicht beim Frühstück sitze. Meine Entschuldigung, warum das so sei: Ich könne mit dem Fahrrad fahren, war das Argument, und dadurch müsse ich nicht so früh aufstehen. Ich bräuchte nur fünf Minuten mit dem Fahrrad, und nicht zwanzig Minuten wie zu Fuß. Und wie sind Sie über den Donaukanal gekommen? Das war sehr schwierig. Ich musste über die Hörlgasse rauffah en, in diesem fürchterlichen, mörderischen dreispurigen Verkehr, und da ist auch mal ein Unfall passiert. Ich bin gegen die aufgehende Autotür eines Richters gefahren, dessen Tochter in der Schule studierte, und ich hab‘ dann unglaublich viel Schmerzensgeld bekommen, konnte mir gute Ski kaufen davon, also unleistbar gute Ski von dem Schmerzensgeld. Ich weiß, das waren 4000 Schilling, das Schmerzensgeld, und es war dem Richter furchtbar peinlich. Mein Finger war ein halbes Jahr lang gelähmt, mein kleiner Finger, sonst hat mir nichts gefehlt, aber es hätte natürlich auch böse enden können. Fast niemand fuhr damals mit dem Fahrrad. Es war eine bizarre Außergewöhnlichkeit, Fahrrad zu fahren, noch dazu in die Schule. Aber nochmal zurück, wie hieß die Frage? Welche Erinnerungen haben Sie bis heute mitgenommen? Dass es eine Zeit galoppierender Technik und Innovationen war! Taschenrechner von Texas, Texas Instruments, TI 30 hieß dieser Rechner, der hatte so kleine rote Leuchtfäden, der hatte noch kein Display. Und mit dem durften wir in der Schule rechnen. Das war unglaublich. Was mich sonst geprägt hat, waren Freundschaften, Liebschaften. Aber das hieß nicht Liebschaften, sondern man war verknallt oder verliebt oder man ist mit jemandem gegangen. Aber noch zu den prägenden Dingen an der Schule. Ist es jetzt von mir keine günstige Betrachtung, wenn ich sage, ich habe sehr gelitten unter der Schule? Aber ich habe tatsächlich sehr gelitten unter der Schule, am meisten unter der Unfreiheit. Vielleicht ist es heute
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anders. Ich hoffe es, aber es gab damals unglaublichen Druck, und der Druck war permanent. Es war der Druck zu versagen. Das hohe, große Ziel war es, die Matura zu schaffen. Das war gleich von Anfang an klar defi iert, also das war klar da, und das war von der 1. Klasse an das große Ziel. Wenn du das nicht schaffst, hieß es, wenn du zum Beispiel nicht in die Oberstufe kommst, wenn du also die Schule nicht schaffst, ist dein Leben erwirkt! Das war so ein bisschen das Grundthema von allem, und mit dieser Angst wurde auch operiert. Auch die Eltern haben diesen Druck erzeugt. Und irgendwie war die Gesellschaft auch so drauf. Es drohte die Lehre oder ein Zurücksinken in die Hauptschule oder in eine HTL. Das waren so unglaubliche gesellschaftliche Abstiege, dass es, sobald man im Gymnasium war, einem Todesurteil gleichgekommen wäre. Es wäre einem lebensbestimmenden Prozess gleichgekommen, der nie wieder geändert werden konnte. Es gab ununterbrochen diesen Druck. Ich weiß nicht, wie ich ihn beschreiben soll, er war allgegenwärtig. Er hat das ganze Leben durchdrungen. Das ist mit Unfreiheit gemeint. Man hatte ganz lange Zeit überhaupt keine Idee davon, wohin das münden sollte; man hat gewusst, es gibt nachher die Universität. Da ist dann alles besser und so ein Studium, das dauert drei Jahre, aber es war in so weiter Ferne. Die Matura war das Licht am Ende des Tunnels. Ganz am Anfang gab es ja nicht Semester, sondern noch Trimester und ich kann mich erinnern, dass ich eine Aufnahmeprüfung absolvierte, obwohl sie gerade erst abgeschaff worden war. Es war relativ bizarr, der Direktor stellte ein paar Fragen: Ist ein Wal ein Fisch oder ein Säugetier? Wie viel ist 7 mal 8 und 13mal 2, und was ist die C-Dur-Tonleiter? Das war eigentlich sehr seltsam. Wichtiger indes waren die Eltern, also welcher gesellschaftlichen Schicht sie entstammten. Für die Schule war wichtig, dass die Eltern die richtigen Eltern sind, und daraus ergibt sich sozusagen die Richtigkeit der Schülerinnen und Schülern, und nicht umgekehrt. Das hat sich aber in meiner Schulzeit stark gewandelt. 1970war noch eine ganz andere Zeit. 1971gab es ebenfalls ein Jubiläum, allerdings das Hundert-Jahre-Jubiläum der Wasagasse. Das ist jetzt schon fünfzig Jahre her, aber damals war es für mich unvorstellbar, dass etwas hundert Jahre existieren kann. Es war für mich eine lange Zeit. Woran ich mich erinnere, ist die permanente Müdigkeit. Ich war ununterbrochen müde. Ich kann mich nicht an Munterkeit erinnern, es war immer ein Kampf gegen die eigene Müdigkeit in der Schule, die Munterkeit konnte durch Pausen nicht wiederhergestellt werden. Das war, weil die Schule zu früh begann. Eine Stunde später hätte schon sehr viel gelindert. Und sie dauerte zu lange, die Schule. Die sechs Stunden, die wir durchgehend drinnen saßen! Man hatte seinen Rhythmus und wusste ziemlich genau, in fünf Minuten ist es so weit, dann läutet es, auch ohne auf die Uhr zu schauen. Das ganze Leben war in Minutenschritte eingeteilt. Das Ende der fünften und sechsten Schulstunde war das Anstrengendste, weil man da schon starken Unterzucker hatte. Wir haben ein Schulbrot mitgehabt und das musste man sich gut einteilen. Die Pausen waren sehr wichtig, um kommunikativ zu sein, in den Pausen konnte man mit den anderen Kindern kommunizieren.
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Ich halte das gesellschaftliche Leben für das Wichtigste an der Schule, das Lernen, wie man miteinander umgeht, wie man Freundschaften pflegt. Dafür aber gab es zu wenig Raum. Die Nachmittage waren gefüllt mit Aufgaben. Ich kann mich jetzt nur permanenter Müdigkeit erinnern. Es gab Stunden, wo man schlafen konnte, Musik war sehr, sehr gut, um zu schlafen, an gute Nickerchen kann ich mich erinnern, und dann kann ich mich erinnern, dass man eine andere Beschäftigung nebenher machte, zum Beispiel in den Kalender besondere Malereien hineinzumachen oder kleine Ersatzhandlungen vorzunehmen, die Bank einzuritzen. In der 1., 2., 3. Klasse war es sehr wichtig, die Schulbücher mit Zeichnungen zu füllen und einen Raum, einen eigenen Raum zu finden, in dem die eigenen Regeln galten, und es war natürlich furchtbar, wenn das sichtbar wurde. Das hat die Betragensnote geschmälert. Es wurde nicht als das erkannt was es ist, als ein Refugium, ein persönliches. Das war für mich prägend. Was auch prägend war – aber das liegt im Wesen der Schule – ich habe ganz viel gelernt, aber mir damals gedacht, ich lerne das Falsche. Was empfinden Sie davon auch heute noch als falsch? Aus heutiger Perspektive? Ich kann es nicht beurteilen, wie die Schule heute drauf ist, weil ich in den letzten dreißig Jahren genau zwei Stunden, und zwar heute, davon gesehen habe. Ich kann nicht wirklich beurteilen, wie die heutigen Lehrpläne aussehen. Aber ich weiß, dass es die Fächer noch immer gibt von damals, und diese Fächer, das wusste ich damals als Kind natürlich nicht, folgen einem humanistischen Kanon, der im 19. Jahrhundert aufgestellt worden ist, für eine ganz andere Gesellschaft. Man sollte konversieren können, vor allem in Französisch. Man sollte humanistische Bildung haben, Technik war nicht so gefragt, das war fast ein bisschen verpönt in diesem Zusammenhang. Die Gesellschaft hat sich auch geändert. Geographie hat mich sehr interessiert, aber mir war bewusst, dass das ein Fach ist, das sonst niemanden interessiert. Biologie konnte ich identifizie en als wichtig, weil Medizin und das Leben und das Verständnis für organische Vorgänge wichtig waren. Aber schon Physik und Chemie, die Tatsache, dass diese Fächer getrennt waren, das ist mir sehr komisch vorgekommen. Mich haben Sprachen schon sehr interessiert, aber eigentlich wurden nur zwei Sprachen angeboten, die anderen waren Freifächer. Da hätte man sich mit dem Müdigkeitsgrad, den wir durchwegs gehabt haben, sehr überwinden müssen oder irgendwelche Tabletten nehmen müssen, die es damals nicht gab. In der Freizeit hätte man Französisch und Italienisch lernen können. Englisch war sehr wichtig für mich, denn es konnte ganze Welten öffnen und dafür war ich sehr dankba . Latein wurde uns anders verkauft. Es hieß, wenn du Medizin studieren möchtest, dann musst du Latein können. Aber man hat nichts Relevantes für Medizin in Latein gelernt, sondern eigentlich nur die Grammatik, die verstörend kompliziert war am Anfang und für mich mit Sprache sehr wenig zu tun hatte. Es wurde gesagt, die Struktur von Latein sei so genau, dass man, wenn man das könne, alles könne. Interessanterweise stimmt das sogar. Das Englische erschließt sich mir über das Lateinische, die englischen Fremdwörter sind für mich übers Lateinische viel bes-
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ser begreifbar, nur hat das damals niemand so erzählt. Zwischen den Fächern gab es keine Überlappungen, zumindest keine, die ich gespürt hätte, und Latein war sehr, sehr anstrengend, weil es aus einer toten Welt gekommen ist und weil dieses Tote überpräsent war. Wir lasen Texte, die ich zum Teil noch immer auswendig aufsagen kann, weil das ein Teil dieser spezifischen Lateinlehre, ja der Kultur des Lateinlehrens war. Latein ist ja noch älter als alle anderen Unterrichtsfächer, damit wurde eine Tradition transportiert. Das konnten wir natürlich überhaupt nicht einschätzen und das wurde uns auch nicht erzählt. Es gab hier in dieser Schule, das passt hier gut rein, eine Kammer, im Erdgeschoss, und zwar genau in der Ecke Hörlgasse–Wasagasse, die gehörte einem Professor. Ich glaube, er hieß Lanz oder so, und der hatte ein Freifach. Das hat mich sehr fasziniert, denn da kamen immer wieder – unsere Klasse lag in dieser Ecke – für mich damals als Erwachsene empfundene heraus, aus dieser Kammer. Die hatten dort das Freifach Sanskrit belegt. Sie waren ungefähr doppelt so groß wie wir, es können nur Achtklässler gewesen sein und Siebtklässler, und es waren fast nur Männer. Es gab ganz wenige maturierende Mädchen. Das hat sich dann stark in Richtung fift -fifty geändert. Als ich in der 1. und 2. Klasse war, waren wir sozusagen der erste Schub von gender-equalen Kindern. Die Klassen waren aber größer, 31,32Kinder. Es wurde damit gerechnet, dass sich die Klassen ganz natürlich dezimieren. Die verkleinern sich selber, hieß es, und dann werden aus drei Klassen zwei. Einer unserer Mitschüler hat sich im Klo erhängt. Es hieß, es sei ein Unglücksfall gewesen. Ich glaube aber, dass er depressiv war, dass es sozusagen ein Kindersuizid war. Wie der auf die Idee gekommen ist? Keine Ahnung. Es war nicht zu verhindern, es gab keine Anzeichen. Und es wurde nachher nicht mehr viel darüber gesprochen. Wie alt war das Kind? Es war in der 1. Klasse. Ich erinnere mich auch noch dran, dass wir sehr viele Mitschülerinnen und Mitschüler aus anderen Ländern hatten. Heute würde man das vielleicht anders ausdrücken, aber es war sicher ein Drittel nichtdeutscher Muttersprache, konnte aber trotzdem blendend sprechen. Weil das Gymnasium damals einen anderen Magnetismus hatte, kamen die entweder aus Diplomatenfamilien oder aus Familien, die den gesellschaftlichen Aufstieg schon geschafft hatten. Es war ganz normal, eine Vielzahl unaussprechlicher Namen kennenzulernen. An das erinnere ich mich: dass das eben normal war. Aber dass ich mich erinnere, dass es normal war, gibt einen Hinweis darauf, dass es für andere nicht normal gewesen ist, sonst würde ich ja gar nicht drüber sprechen. Dass es normal war, war offenbar nicht normal, aber wir haben es als normal empfunden. Und auch gemischte Klassen, außer in Turnen. Leibeserziehung hieß das damals, Leibeserziehung für Mädchen und Leibeserziehung für Knaben. Aber niemand sagte das so, es hieß „Turnen“, auch heute noch? Es gab noch einen anderen Namenswechsel, und zwar den von Naturgeschichte zu Biologie. Geschichte wurde nicht mit dem Buchstaben G abgekürzt im Stundenplan, sondern mit H, wegen History. Daran
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erinnere ich mich, auch daran, dass es Reflexion über die Bezeichnung dieser Fächer gab, wahrscheinlich auch, um Geschichte von Geographie zu unterscheiden. Und dann hatten wir ein Fach, ich weiß nicht, ob es das heute noch gibt, es hieß DG, Darstellende Geometrie. In gewissen Schulzweigen gibt es das noch. Ich bin dann in den realistischen Zweig gekommen. Da hatten wir jeden Tag Mathematik, manchmal sogar zweistündige Mathematik. Für mich war damit Mathematik noch stärker lebensdurchdringend als Latein. Die Müdigkeit war Teil einer Polarität, eines Wechselspiels vieler Pole. Interessanterweise habe ich gute Erinnerungen an Religion, obwohl ich sehr areligiös bin, aber Religion habe ich nicht als gegenpolig empfunden, sondern als fast sowas wie freundlich entgegenkommend. Turnen war auch eine Art Refugium, in dem alles anders war, in dem eine Art von Freiheit möglich war. Musik hingegen war anstrengend, weil ja damals gerade die eigene Musik wichtig geworden war: Rockmusik. Für manche war das dann auch schon Jazz, aber Rockmusik war so präsent, man kann sich gar nicht vorstellen, wie wichtig sie war als Antithese zur Musik in der Schule. Und ich kann mich erinnern, dass wir versucht haben, damit kleine Breschen zu schlagen in den Lehrplan. Obwohl der Lehrer selber Jazzpianist war, hat er sich an den Lehrplan halten und mit uns über Schubert und Bach, Beethoven und die Klassik reden müssen, und das auch vorspielen. Da konnte man immer gut schlafen, und ich habe das gerngehabt, im Musikunterricht zu schlafen. Natürlich musste man dann reflektie en und viel Wissen abrufen, über die Dinge, die man beim Schlafen versäumt hatte. Ein Beispiel für eine dieser Breschen, die wir geschlagen haben: Wir haben etwas mitgebracht von der Gruppe „Emerson, Lake and Palmer“, die hatten eine elektronische Version von Mussorgskys Pictures at an Exhibition eingespielt. Das durfte man mitbringen und es wurde vorgespielt, weil es von Mussorgsky war, und dann war da eine Einspielung auf einem Moog-Synthesizer von verschiedenen Bach-Stücken, die Platte hieß Switched on Bach, und auch das durfte man vorspielen. Obwohl der Synthesizer ein Teufelsinstrument war, schlimmer als Mord oder Totschlag, und die Musik ruiniert hat, aus Sicht der klassischen Musiker. Obwohl es moderne Musik schon gab in der schulischen Welt, war es noch eine Zeit, in der noch ganz viel aus dem 19. Jahrhundert hochgehalten wurde. Wenn man also auf dem Synthesizer Bach spielte, war das okay, das ging grad noch, aber das waren Schallplatten und Schallplatten waren unermesslich teuer. Auf dem Weg hierher habe ich mich erinnert, wie unsere Schultaschen ausgeschaut haben und ich hatte keine Idee mehr, wie meine Schultasche aussah. Wir hatten keine Schultaschen, sondern Army-Taschen. Das waren Umhängetaschen, die ein ganz langes Band hatten. Es waren original amerikanische Militär-Taschen, in denen, ich weiß jetzt nicht, Munition oder irgendwas in der Art transportiert wurde. Sie eigneten sich hervorragend zum Transport immens teurer Schallplatten.
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Und es war ganz wichtig, auf diese Army-Taschen mit Kugelschreiber die Namen der Lieblingsgruppen draufzuschreiben: The Who, Deep Purple, Pink Floyd, ELP: das hieß Emerson, Lake and Palmer. Ein bisschen weniger beliebt waren Uriah Heep und The Rolling Stones. Kann man sich gar nicht vorstellen, Bob Dylan hat überhaupt niemanden interessiert, das war nicht rockig genug. Ein wichtiger Teil der Schule war, sich minutiös über diese Dinge zu unterhalten, über bestimmte Rocknummern. Irgendjemand hatte eine Schallplatte mitgebracht und die ist dann im Kreis gegangen, wurde eine Woche verborgt an die und eine Woche an den, und ist dabei natürlich immer schlechter geworden, zerkratzter. Aber man konnte sich in dieser Woche die gesamte Magie der Rock-Gruppe einverleiben und war Teil einer Geheimgesellschaft. Haben sich Beziehungen oder Freundschaften aus dieser Zeit erhalten? Wir machen manchmal Maturatreffen. Eigentlich alle zehn Jahre. Niemand plant es, weil es sehr kompliziert ist, die Namen, die Adressen wiederzufinden, aber es gibt erstaunlicher-
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weise immer wieder jemanden, der es organisiert. In meiner Erinnerung findet das alle zehn Jahre statt, und da treffen alle zusammen. Das Interessante bei diesen Maturatreffen ist, dass sich nichts geändert hat. Nichts. Also wer mit wem gut ist. Es ist wie damals in der Schule, es hat sich nichts geändert. Nur sind alle älter, dünner oder dicker, also älter im Sinne von körperlich älter geworden. Auch die Lehrer. Das Einzige, was sich ein bisschen verändert, und das hab ich seltsam in Erinnerung, ist die Tatsache, dass die Lehrer ihre – ich kann es nur so sagen, wie ich es jetzt sagen werde – ihre Dämonie verlassen haben und Menschen geworden sind. Weil diese Hierarchie nicht mehr da ist. Das ist sehr angenehm. Die unangenehmsten Lehrer werden plötzlich zu lieben, netten Menschen. Es muss also das System sein, dass das mit uns macht oder gemacht hat, dass wir manche Lehrer fürchteten. Das ist ein interessanter Bericht: Die Furcht vor Lehrern. Es gab Furcht. Wir haben ganz am Anfang über den Schüler Gerber gesprochen. Ich glaube, dass das ganz gewiss keine Schrift war, die Lehrer selbst empfohlen hätten, das wurde eher illegal gelesen, weil das Buch ja vom Verhältnis von Schülern und Lehrern handelt. Es handelt vom missgünstigen und dämonischen Lehrer, Gott Kupfer genannt, und es spielt in der Wasagasse, der Torberg hat seine eigenen schulischen Erinnerungen in einem Roman verarbeitet, ich glaube es war der erste, mit dem er überhaupt bekannt geworden ist. An das erinnere ich mich, das haben wir uns illegal besorgt, wussten aber nicht, dass es in der Wasagasse spielt, ja, das hat uns niemand erzählt. Es steht auch nicht im Buch. Aber sobald man gelesen hat, wie die Architektur der Schule beschrieben wird, diese kleine Gasse, auf die wir jetzt blicken, die Türkenstraße, die eigentlich eine Gasse ist, im Vergleich zur Hörlgasse, die eine Straße ist. Die ist abschüssig, und das haben wir sofort erkannt. Und auch die Beschreibung der Schule, also der Dämonie, die manche Lehrer, oder die Macht, die sie hatten. Und dann komme ich wieder zurück zu diesem Ausgeliefertsein, das ich erst in der Schule kennengelernt habe. Das hat mir nicht gut gefallen. Ob das mit der Zeit zu tun hat, oder ob das noch alte Echos waren aus einer Zeit, die es gar nicht mehr gab? Was ich eigentlich glaube, ist, dass nämlich Schule in einem technischen Sinn konservativ ist, also eine Gesellschaft, die draußen nicht mehr existiert, noch bewahrt. Sie ist eigentlich eine Nacherzählung anderer Zeiten, wofür es ja auch Gründe gibt, denn man kann ja die Zukunft nicht besprechen, sie hat ja noch nicht stattgefunden. Politische Agitation war immer verboten. Was ich heute miterlebt habe, dass in der Klasse diskutiert wurde über Klimawandel, das hätte man ja auch damals schon machen können, war ja damals auch schon ein Thema. Vielleicht gab es progressive Lehrer, die das versucht hätten, so ein bisschen aus einem eigenen Antrieb. Ich kann mich erinnern an einen Zeichenlehrer, der hat uns beigebracht, wie Filmen geht, aus eigenem Interesse, das war nicht vorgesehen. Es hat ja auch nicht Zeichnen geheißen, sondern Bildnerische Erziehung. Da gab es noch so ein Wort, Werkerziehung hieß das. Werkerziehung für Knaben und Werkerziehung für Mädchen. Dass Mädchen da vielleicht lernen, wie man eine Zange benützt oder Laub sägt,
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oder umgekehrt Buben, es hieß damals Buben und Mädchen, nicht Knaben und Mädchen, Buben und Mädchen waren die Ausdrücke. Also es gab seltsame Wörter aus vergangener Zeit, Buben und Mädchen, und Buben haben sich heimlich nähen und stricken beigebracht, und Mädchen heimlich Werkzeuge benützt. Das war nicht vorgesehen. Was aber überhaupt nicht verhindert werden konnte, war, dass sich Liebe und Verliebtheiten eingestellt haben, und das war eine ganz wichtige Sache. Es war kein Ventil, sondern alles durchdringend, noch mehr als die Müdigkeit. Verliebtheit und das Verhältnis der Geschlechter waren bestimmend und durchdringend. Auch Verliebtheiten in Lehrer und Lehrerinnen waren bestimmend. Anders als heute haben da auch Beziehungen stattgefunden, von denen alle wussten. Mit Schwangerschaften, von denen alle wussten. Man wusste es, hat aber so unter der Hand gesagt, dass „die in der Siebenten, weißt eh, von wem die schwanger ist“. Weniger Kinder waren voneinander schwanger, vielleicht ein Hinweis darauf, wie weit Beziehungen gegangen sind. Aber es waren immer zwei, drei Mädchen in der Siebenten oder Achten schwanger. Ja, heute wäre das undenkbar. Ich kann mich erinnern, dass die Schulschikurse für die Lehrer, eigentlich für die Turnlehrer, unglaublich anstrengend waren. Erstens haben sie ihre eigenen Pantscherln auf den Schulschikursen mit den anderen Lehrern gehabt. Turnlehrerinnen und Turnlehrer konnten dort sehr viel machen, was sie zu Hause nicht gemacht haben. Die Kinder hätten das vielleicht auch wollen, so ab der 3., 4. Klasse, aber da wäre der Turnlehrer der Vormund geworden. Nein, er hätte tatsächlich Schuld getragen an der Schwangerschaft, und er hätte Alimente zahlen müssen. So wurde es erzählt, ob das stimmt oder nicht müssen Jus-Historiker beurteilen. Aber das war ganz präsent und auch die Frage: Wer geht mit wem? Da gab es manchmal, das ist wahrscheinlich heute auch noch so, Show Cases. Das „Gehen“ war eher die Proklamation von einem Verhältnis. Man hat gefragt: „Gehst du jetzt mit mir?“ oder „Ich würde gerne mit dir gehen“. Dann hat man gesagt: „Wir gehen jetzt miteinander“, aber das hat überhaupt nichts beinhaltet. Über die Sachen, die schon schärferer Natur waren, ist weniger gesprochen worden. Da hat man gespürt, oh, da ist was Ernstes, aber es hat nicht „ernst“ geheißen, es gab dazu keine Begrifflichkeite Die sind „zusammen“? Nein, das hat man auch nicht gesagt. „Miteinander gehen“ habe ich ganz deutlich in Erinnerung. Wahrscheinlich war das Sprechen darüber tabuisiert, aber man hat es gewusst. Man hat es auch vor allem gewusst, wegen der sogenannten Partys. Es gab immer irgendwelche Eltern, die einen Wochenendurlaub gemacht haben, und dann wurde dort sofort Party gemacht. Das war das Wichtigste überhaupt und Party war fast jede Woche, natürlich immer am Wochenende. Und diese Wohnungen wurden ausgiebig verwüstet. Wichtig war, dass man dort schmusen konnte, „schmusen“ war ein Wort. Damit hat sich ja überhaupt erst das Sprechen über Sexualität in der Gesellschaft etabliert. Was die Eltern an sexueller Befreiung durchmachten, konnte man auf kleiner Ebene gleich mitmachen. Es hat nur eine Angst
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gegeben: die vor Schwangerschaften. Man hat nicht gesagt „vor ungewollten Schwangerschaften“. Maximal haben Mütter davon gesprochen, dass verhütet werden solle, vielleicht auch vereinzelte Väter. Man hat gesagt: „Geh in die Apotheke, die werden dir schon sagen, wie das geht.“ Das war etwas, das Familien nicht miteinander besprochen haben. Das haben auch Kinder nicht miteinander besprochen. Ich kann mich aber schon erinnern, dass wir in Biologie „aufgeklärt“ wurden, nur waren wir schon alle davor aufgeklärt. Niemand wurde wirklich aufgeklärt, es war eher eine Art Bekanntmachung, dass man jetzt offiziel in dem Alter sei, in dem man aufgeklärt werden solle, obwohl, wie gesagt, alle schon aufgeklärt waren. Vorher hätte man es ja nicht verstanden, die Körpersäfte nicht zuordnen können und sich nichts unter dem Begriff „Geschlechtsmerkmal“ vorstellen können. Es war sozusagen der Schritt vom Kindlichen ins Erwachsenenalter. Der war radikal, nur hat niemand Pubertät dazu gesagt. Das gab es nicht, das Wort. Man war Kind und dann war man eine Frau, aber auch das hat niemand so gesagt. Sexualität wurde nicht in Sprache gegossen. Ich erinnere mich, dass es trotzdem Momente gab, in der 6., 7. Klasse, wo es Simulationen von Fernseh-Gesprächsrunden gab, sowas wie eine Art Club 2 für die Schule. Da wurde gesprochen über Sexualität, und da war ich mal eingeladen bei so einer Gesprächsrunde als Teilnehmende und habe mich selbst gewundert, wie gut es mir gelang, über Sexualität so zu sprechen, wie man über Buntstifte redet. Ganz normal, die tabuisiertesten Dinge zu besprechen. Da ist mir selber aufgefallen, wie normal mir etwas war, was offenbar davor nicht normal war. Das muss aber mit der Gesellschaft insgesamt zu tun gehabt haben. Wichtig war es auch, in Filme zu gehen. Das Kino war noch eine Form von, nicht Refugium, sondern Paradies, ein Ort, an dem man ganz weit wegreisen konnte. Das kann man sich heute kaum vorstellen, weil es so wenig Kinos gibt, und Film nicht mehr so präsent ist. Aber ins Kino zu gehen und Filme anzuschauen, das waren große Expeditionen und ganz wichtig. Es gab auch im Umkreis von hier mehrere Kinos. Eine eminente Erfahrung vergaß ich zu erwähnen: Schulschwänzen war eine ganz wichtige Sache. Da gab es doch gerade eben eine Debatte, ob Schüler bei dieser letzten Demonstration, die glaub ich diesen Freitag war, entweder nur unter Erlaubnis ihrer Klassenvorstände oder zusammen hingehen durften. Das Hingehen galt als unentschuldigtes Fernbleiben. Und der Minister hatte davor auch eindrücklich gewarnt. Man sah so richtig, wie er sich windet, eigentlich gefällt ihm das eh ganz gut, merkte man, andererseits kann er es nicht zugeben, weil der Minister von einer rechten Regierung sowas nicht gutheißen kann. Also jedenfalls nicht, wenn es um die Natur geht. Zurück zu unserer Schulzeit. Das Managen von Schulschwänzen war damals ganz wichtig. Es war eine richtige Managementaufgabe. Erstens: Wo? Wann? Mit wem? Wie lange? Das waren die wichtigen Fragen. Und: Kann ich es mir leisten? Man war dann plötzlich überraschend krank bei einer Schularbeit, aus dem Nichts, hat hohes Fieber gehabt – das Thermometer wurde zwischen den Händen gerieben, oder auf die Heizung gelegt (im Sommer ging das natürlich nicht) – und da hat man dann spontan Fieber bekommen und musste zu Hause bleiben.
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Meine Eltern haben diese Spiele gar nicht mitgemacht, ich habe nur gesagt, „Ich kann heute nicht, ich bin so fertig, ich will heute nicht“. Das Schulschwänzen war eingeteilt in zwei ganz unterschiedliche Bereiche: zuhause bleiben, oder schulschwänzen und wegbleiben – das hat in Wien „Schulstangeln“ geheißen. Das Zuhausebleiben war aber sehr lohnend, weil man das Vormittagsfernsehen sehen konnte. Was könnte ich werden? war eine wichtige Sendung. Im Radio gab es Sendungen von Walter Richard Langer über ganz besondere Jazzsachen. So war es also eine Zeit der Ausbildung, wenn man zu Hause geblieben ist. Russisch gab‘s auch schon, aber das Schichtarbeiterfernsehen wurde zum Großteil von uns Kindern geschaut. Und die haben das schon ganz gut hingekriegt. Also, dass man dann vor dem Fernseher geklebt ist, das war das Schulschwänzen zu Hause. Das öffentliche Schulschwänzen bestand darin, ins Kaffeehaus zu gehen. Es gab noch mehr Kaffeehäuser hier in der Gegend, eins in der Türkenstraße, nein in der Berggasse, es hieß Café Liechtenstein, da ist jetzt eine Pizzeria drinnen oder ein Chinese. Dann gab‘s in der Kolingasse das Votivcafé, das ist jetzt irgendeine Art Bistro. Das waren eigentlich die beiden. Das wichtigere war das Café Liechtenstein, und dorthin sind auch Lehrer hingekommen, und interessanterweise haben die dazu geschwiegen. Meistens sind sie hingekommen mit irgendeiner anderen Lehrerin. Das waren immer illegale Pantscherl von Lehrern. Die haben gewusst, dass sie nicht verraten werden, wenn sie sich dort zeigen, und wir, dass wir nicht verraten werden. Ich erinnere mich, dass das auch mit Geld zu tun hatte. Denn man konnte nicht in ein Kaff ehaus gehen, ohne zu konsumieren, und wir waren ja immer zu viert oder zu fünft. Man hat gewusst, es ist sicher jemand anderer Schulstangelnder auch da, man hat ein Achtel Soda bestellt und eine Mannerschnitte. Damit konnte man drei, vier Stunden zubringen. Kaffee hat niemand getrunken, das war kein Getränk damals. Ich erinnere mich aber, dass es Kinder gab, die schon Alkoholiker waren. Sogar in der Unterstufe, und wo man auch gemerkt hat, dass die besoffen waren, sich davor irgendwo ein Bier besorgt haben. Wir haben nicht so genau gewusst, was da los ist, aber sie haben gesagt: „Ja, ich habe mir jetzt ein Bier eineg’haut.“ Das war so ein komischer, sehr seltsam entrückter Zustand. Rauchen war auch ganz wichtig, um dabei zu sein. Es gab ein Raucherkammerl in der Schule, es war der zentrale Kommunikationsort, die Keimzelle, nein nicht Keimzelle, sondern das Herz der Schule, und es hat bestialisch gestunken dort. Es war völlig zugenebelt, aber es waren alle Wichtigen da, und da wurden die wichtigen Bücher mitgebracht und ausgetauscht. Es war wichtig, ein Buch in der Jackentasche zu haben. Ein ganz bestimmtes, zum Beispiel Sartre, irgendetwas von Sartre, oder irgendwas aus dem Suhrkamp Verlag oder irgendwas aus dem Residenzverlag, um zu sagen: „Das lese ich gerade.“ Steppenwolf von Hesse, oder Siddhartha, das waren die wichtigen Bücher. Also überhaupt, Hermann Hesse hat eine so unglaubliche Wichtigkeit gehabt in dieser Zeit. Ich versteh noch immer nicht, warum das so war. Aber ich erinnere mich, wie ich das gelesen habe, es war wunderbar! Der Hesse ist einer von uns, war das Gefühl, und Steppenwolf nicht nur ein Buch, sondern die Musik der Band Steppenwolf. Das war keine berühmte Combo, aber diese Kombination eines
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Hermann-Hesse-Buchtitels und wilder Rockmusik hat beide legitimiert. Die Band Steppenwolf lieferte ja auch die Musik für den Film Easy Rider. Mit Hermann Hesse verbunden war also die verbotene, gesuchte Welt. Oder das Glasperlenspiel, das war so undurchdringlich, ein unglaublich dickes Buch, fünfmal so dick wie Siddhartha und viermal so dick wie Steppenwolf. Ach, haben wir das geliebt! Das musste man lesen, und ja, es gab zwar Philosophieunterricht, aber das waren lauter fade Leute, die Philosophen. Nichts, was man in Philosophie gelesen hatte, konnte man ins Raucherkammerl als Literatur mitnehmen. Und nichts, was man im Musikunterricht gehört hatte, hätte man als Schallplatte mitgenommen. Wichtig war auch die Schulband. Im Festsaal hat an bestimmten Nachmittagen die Schulband ein Konzert gegeben. Das war unfassbarer Krach. Unfassbar laut und progressiv. Ich habe vergessen, wie die Bands hießen, hab aber selber in einer gespielt und war Teil dieser Wirklichkeit ab der 5. und 6. Klasse. Als ich noch jünger war, waren das richtige Götter, die Menschen mit Stromgitarren. Es gab da oben in der Alserstraße ein Musikgeschäft, es hieß „For Music“, und ich erinnere mich, dass ich, obwohl ich müde war, jeden Tag ins „For Music“ gegangen bin und mir die Stromgitarren angeschaut und sie bewundert habe – ärger als in einem Zuckerlgeschäft bewundert habe. Es hat eine religiöse Verzückung gegeben, anders kann man es gar nicht beschreiben. Es gab diese Vermischung von Sinnlichkeit, von Liebe und Verliebtheit und Sexualität und Fremdbestimmung und Zeitmanagement und Erkenntnisgier. Ich war schon sehr gierig darauf, zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Ich habe es eingangs schon gesagt, die Schule hat es nicht immer ganz verstanden, diese Gier zu stillen. Sie hat sie oft zugedeckt mit falschen oder unbrauchbaren Hinweisen und das hat mich sehr, sehr traurig gemacht. Aber ich habe kein Ventil gehabt dafür. Es gab welche, die dann in der 6., 7. Klasse aufgehört haben. Die haben einfach aufgehört, sie haben gesagt: „Ich habe keine Lust mehr.“ Es hat sich meistens angekündigt durch viele Fehlstunden oder Haschischrauchen, durch eine Art von Interesselosigkeit. Auch mir wurde attestiert, ich sei rauschgiftsüchtig. Ich habe aber weder geraucht noch Alkohol getrunken oder sonst irgendwas genommen. Ich war nur „auf Musik“. Für mich war Rockmusik so wichtig, und ich habe meine Müdigkeit mit Schulschwänzen bekämpft. Das ist mir als Drogensucht ausgelegt worden. Mein Vater war sehr entsetzt, er musste mit mir ein Gespräch über Drogensucht führen. Empfehlung des Professors. Mein Vater war aus einer noch viel älteren Generation, gewissermaßen vormodern, für ihn waren Drogen irgendwie nicht real. „Was ist eine Droge? Sowas gibt‘s ja gar nicht!“ Für ihn war das gar keine Bedrohung, also hat er mit mir eigentlich nur technisch geschimpft: „Du musst das mit deinem Klassenvorstand regeln, weil ich habe keine Lust für diesen Blödsinn. Sag, dass du das nicht machst und damit ist es erledigt.“ Und die, die wirklich geraucht haben, sind unentdeckt und unbetreut geblieben und haben ihre Schulkarriere hingeworfen. Interessanterweise sind die Mädchen, die schwanger waren, durch die Schwangerschaft nicht aus der Schule geflogen. Also eder selbst noch durch Fremde,
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die hatten dann einfach Kinder zu Hause. Also ich kann mich nicht erinnern, dass sie ihre Schulkarriere beendet hätten. Und wie hat Ihr Alltag ausgesehen? Der Alltag war minutiös durchstrukturiert. Es gab einen Stundenplan, es war alles auf die Minute planbar, es gab kaum ein Entkommen. Ich erinnere mich, dass ich mir manchmal einen Samstag weggezwickt habe und diese unfassbare Freiheit genossen habe, dass ich an einem Samstag in die sogenannte „Stadt“ gehen kann, um dort, ich weiß nicht, irgendwelche Auslagen anzuschauen. Das wäre ansonsten nicht gegangen, als Schulkinder waren wir nicht in der Welt draußen. Wir waren eigentlich eingefangen, ich versteh schon, warum das notwendig ist, und dass das auch nicht anders geht, aber es war ein Gefühl des Eingesperrtseins, und das Studieren hat das behoben. Aber das war ein Teil einer komplexen Erzählung, das eine hat das andere bedingt. Diese Karotte war immer vor der Nase: Wenn du die Matura schaffst, wird alles gut. Alles wird gut. Gab es sonst noch Zukunftswünsche? Niemand hat gesagt: „Ich heirate“. Vielleicht ist das erst später gekommen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass irgendjemand einen sogenannten Ehewunsch gehabt hätte, im Gegenteil. Sexualität war eh präsent, das hat man also durch die Ehe nicht bekommen. Kinder sind halt passiert, und man ist dann halt lieb zu den Kindern, hieß es, und kümmert sich um sie. Wenn wirklich irgendwelche ehemaligen Schulkolleginnen oder -kollegen geheiratet hätten, hätte man sich gedacht: „Was ist denn da passiert, irgendwas stimmt da nicht mit denen!“ Das war weder ein Ziel noch ein Wunsch noch irgendeine Art von realistischer Hoffnung, weder für Knaben noch für Mädchen, aber, und jetzt kommen wir zu etwas, was trotzdem sehr seltsam klingt. Es gab nur eine sehr überschaubare Studienauswahl. Im letzten Jahresbericht musste man jeweils bekanntgeben, was man vorhätte zu studieren, und ich habe mir das genau angeschaut, weil ich nicht wusste, was man da schreibt. Man kann ja nicht hineinschreiben: Rockmusikerin oder Jazzpianistin oder irgendwas in der Art. Da ist dann immer gestanden, in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeiten: Jus, Medizin, Pharmazie, Lehramt, Architektur. Aus. Mehr gab‘s nicht. Lehramt war sehr, sehr wichtig. Ich würde meinen, ein Drittel aller Maturierenden, die hießen damals alle „Maturanten“, hat gesagt: Lehramt! Das hat zwar nicht gestimmt, aber Lehramt galt als ganz wichtig. Es haben ja alle, die in der Schule unterrichtet haben, ich glaube, es waren 90 %, selber Lehramt studiert. In der Hierarchie war weiter unten – wenn man keine Idee hatte und nichts konnte – Jus. Vielleicht Jus und dann heiraten, oder Jus und dann Richter. Also solche Sachen. Und Ihre eigene Wahl, wie ist die zustande gekommen? Ja, ich habe in meinen Jahresbericht hineingeschrieben: Architektur. Ich wollte eigentlich Philosophie studieren und Kunst, das wäre ein Doppelstudium gewesen, und das ist nicht
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gegangen, denn diese Kombination war nirgends vorgesehen. Also musste ich auf der Uni zwei Fächer belegen. Das ist heute absurd, aber ich musste auf der Uni zwei Fächer belegen. Eines, das mich interessiert hat, und eines, das mich zumindest nicht ganz abgestoßen hat. Gleichzeitig war ich auch noch auf der Akademie der Bildenden Künste. Diese Kombination war völlig undenkbar, und daher ist es auch nicht gegangen. Ich musste mich also entscheiden. Wo sie mich lieber gehabt haben, das war auf der Kunstakademie, denn da hatte ich eine Aufnahmeprüfung machen müssen. Der Prozentsatz derer, die dort nicht hineingekommen ist, war sehr hoch. Diese Chance wollte ich nicht gehen lassen, dass ich da reingekommen bin. Später im Leben habe ich mir dann die Uni dazugeholt, mehr oder weniger als Wiedergutmachung einer schändlichen Verletzung, die mir das System angetan hat. Das hat sich bis heute durchgezogen, wie man ausgebildet sein muss, damit man in diesem System, das damals in den 70er-Jahren implantiert wurde, als vollwertiger Mensch gilt. Das ist sehr komisch. Also, dass ich dem nicht entkommen konnte. Niemals, weil die Flucht ist ja auch nur eine Flucht vor etwas. Sie steht in Beziehung zu dem, wovor man flieht. Ja, und das, glaube ich, habe ich schon immer erkannt, nur konnte ich es nicht immer überwinden. Und seltsamerweise ist es nie weggegangen. Eine Zeit lang konnte ich diesen Ort hier, die Schule, nicht besuchen. Mir war das Gebäude so widerwärtig, dass ich Beklemmungen bekam. Das ist nach ungefähr fünf, sechs Jahren vergangen. Der Ort selber war für mich belastet. Jetzt ist natürlich alles völlig weg, jetzt ist es hier romantisch für mich und lustig und schön. Als mein Neffe Maximilian gymnasial eingeschult wurde, den ersten Schultag hier hatte, ich glaube das war sogar in der Klasse, in der wir heute gemeinsam waren, da habe ich zu seiner Lehrerin gesagt: „Ich bin auch vor vierzig Jahren in diese Schule eingetreten und es ist, als ob es gestern gewesen wäre.“ Und da hat sie gesagt: „Vor vierzig Jahren war ich noch nicht geboren!“ Da ist mir aufgefallen, wie die Zeit sich verschiebt. Früher war ein Jahr eine Welt und vor zehn Jahren gab es Menschen hier, die mir erzählten, sie seien erst auf die Welt gekommen, als ich Matura gemacht habe. Das ist alles irgendwie so verschoben, weil ja mein Ich und meine Erinnerungen nicht weg sind, sondern noch immer ganz frisch und ganz da. Der Kalender hat mit einer rasenden Geschwindigkeit die Zettel heruntergezupft und auf einmal werden aus den Jahren fünf und dann zehn und dann zwanzig. Wohin ist die Zeit marschiert? Sehr komisch, sehr, sehr, sehr komisch. Ich hätte Sie dann noch gerne noch zu einem Teil Ihres jetzigen beruflichen Wirkens interviewt. Mein Sohn und ich haben uns eingehend mit Ihren Karikaturen beschäftigt und uns natürlich köstlich amüsiert. Glauben Sie, uns wird das Lachen im Hals stecken bleiben? Hoffentlich nicht! ch nenne sie ja nicht Karikaturen, sondern einfach nur politische oder satirische Zeichnungen. Aber das hat mit meinem Begriff von politischer Karikatur zu tun. Mir geht‘s weniger darum, das Gesicht eines Herrschers bis zur Kenntlichkeit zu entstellen,
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sondern darum, eine uns allen bekannte Situation zu beschreiben. Das Lachen ist ja nur ein Lachen über etwas Bekanntes, das Lachen liegt ja sehr nahe bei der Trauerarbeit. Wir lachen über Dinge, die eigentlich gar nicht lustig sind. Ich bin ganz gegen jede Lustigkeit. Je ernster etwas ist, desto genauer kann man es mit den Mitteln der Satire darstellen. Es ist nicht meine Absicht, dass uns das Lachen je vergeht. Denn das Lachen ist nur unsere Methode, das Weinen zu überkommen. Eigentlich sind die Sachen tragisch. Ich bin sehr optimistisch. Geschichte wiederholt sich nicht. Das ist meine Erkenntnis. Früher hat man gesagt, Geschichte wiederholt sich, aber die Geschichte wiederholt sich nicht. Wir müssen Angst haben vor den Dingen, vor denen wir keine Angst haben. Es gibt andere Entwicklungen, die wir vielleicht gar nicht erkennen, in denen wir schon drinnen stecken, über die wir jetzt gar nicht lachen. Das ist das eine, dass wir das vielleicht gar nicht erkennen können, wo die Gefahren sind. Oder dass wir die falschen Sachen als Gefahr erkennen. Und die andere Erkenntnis, weswegen ich Optimistin geblieben bin, ist die, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Es gibt ja dieses Diktum von Marx, demnach sich Geschichte das erste Mal als Tragödie, und das zweite Mal als Farce ereignet. Das heißt, wir lachen eigentlich über Dinge, die wir schon bewältigt haben. Also der Rechtspopulismus in Europa kann Sie nicht mehr schrecken? Nein, davor habe ich keine Angst. Es wird auch wieder vergehen. Das ist irgendwie eine gesellschaftliche Erektion. Trump ist eine unfassbare Klamaukfigu , aber ich glaube nicht, dass er den roten Knopf drücken wird. In den 70er-Jahren hätte man gesagt, der wird den Atomkrieg entfesseln. Es gibt keinen roten Knopf. Dieser Knopf ist ein James-Bond-Utensil, den gibt es nicht. Und die Codes für die Atomraketen gibt es auch nicht. Warum kann ich das sagen? Weil es, wenn es diese Mechanismen gäbe, schon passiert wäre. Also, das gibt es nicht, das sind Surrogate, die uns erzählt werden, damit wir das Gefühl haben, es gibt Symbole, die das ausdrücken. Die Macht gibt sich ein Symbol, in Wirklichkeit ist es ganz anders. Aber mir hat das gut gefallen, dass die Schüler (ich weiß nicht, wie das in der Wasagasse war) gerade eben auf die Straße gegangen sind, um für ihre Zukunft zu demonstrieren. Das habe ich außerordentlich gut gefunden. Ich finde auch wichtig, dass sie erleben, dass es verboten ist. Das klingt paradox. Dass jemand sagt, macht‘s das nicht, ist sogar wichtiger, als dass es alle erlauben, oder es begünstigen, weil eine Demokratie, wenn sie in Gefahr ist, muss immer gegen die Gefahr gerettet werden. Ich hätte plädiert, dass man es ein bisschen mehr verbietet. Dass das sehr viele waren, ist eine starke Hoffnung, weil die Generation davor nicht sehr viel demonstrieren ging, und die sind jetzt gerade regierend. Also die Generation Kurz und Blümel. Deren Ventil sich auszudrücken ist der Machtapparat. Wenn sie aber vorher mehr gegen die Macht ankämpfen hätten müssen, mit Aufstand, oder mit Schulschwänzen, dann wäre es jetzt nicht notwendig, die Macht so auszukosten. Aber das sind jetzt schon wieder politische Sachen, und um die Frage abschließend zu beantworten,
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ob uns das Lachen im Hals stecken bleiben wird: Es soll überhaupt nichts im Hals stecken bleiben. Welchen Rat, welchen Tipp, oder welche Botschaft würden Sie gerne unseren 18-jährigen Schulabsolventinnen und -absolventen geben? Ich habe gar nicht so viele Finger an den Händen wie Ratschläge, die ich geben könnte. Aber ich sage trotzdem: Das Bild mit den Händen ist ganz gut, weil die Finger gehören zu einer Hand. Wir haben zwar zwei Hände, aber nur einen Körper. Die Finger sind nicht nur Finger, sondern es gehört alles zusammen. Eine Sache ist: Alles wird besser, alles wird wieder gut. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis. Wie schlimm auch immer etwas ist, es wird wieder gut. Die Guten gewinnen. Die Geschichte zeigt das auch: Die Guten gewinnen. Vorher gewinnen die Bösen, aber die Guten gewinnen, und die Guten sind besser als die Bösen. Das ist wichtig. Die zweite Erkenntnis: Lass dir nichts gefallen, aber wähle deine Mittel klug. Und das Dritte ist: Alle scheitern, auch du.
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Der Kern bleibt gleich
Interview mit Rainer Nowak, Matura 1992, Chefredakteur und Herausgeber der Tageszeitung Die Presse. Das Gespräch wurde geführt von Christa Aubault und Meta Gartner-Schwarz. Sie haben 1992 maturiert. Was sind Ihre prägendsten Erinnerungen an Ihre Schulzeit, Erinnerungen, von denen Sie zum Beispiel Ihren Kindern oder auch Schülerinnen und Schülern gerne berichten würden? Das sind Erinnerungen, die ich ungerne in einer Festschrift lesen wollen würde, weil es zum Teil pädagogisch „schwierige“ Botschaften sind, bei denen ich der Meinung bin, dass sie keine empfehlenswerten Handlungsanleitungen darstellen – schon gar nicht für meine Töchter. Dazu zählt etwa die Wiederholung der 7. Klasse oder die erst beim zweiten Versuch erfolgreich absolvierte Matura. All das sind Momente, welche die Wasagasse in meinen Erinnerungen nicht nur im besten Licht erscheinen lassen. Es gab eben auch diese Schattenseiten, welche eine Verschwendung von Lebenszeit darstellten und ich finde, dass die Verschwendung von Lebenszeit das Schlimmste ist, was einem widerfahren kann. Die Schuld dafür ist auch beim Schüler, in meinem Fall bei mir, gelegen. Insgesamt aber war die Wasagasse unglaublich prägend für mich, zumal ich Schulsprecher war und in die Politik bzw. in das politische Denken und in eine politische Systematik hineingefunden habe. Dies war eine überaus interessante Übung. Das heißt, Sie haben Ihre Schulzeit als prägend empfunden? Ja, sehr. Nicht immer aufgrund der Lehrer, sondern vor allem aufgrund der Mitschüler. Das war ein unglaublicher Zufallstreff r, ähnlich jenem, in welche Familie man hineingeboren wird. Die Klasse, in der man die Schulzeit verbringt, und der sich dadurch ergebende Freundeskreis sind ungemein prägend für einen jungen Menschen. Und hier hatte ich Glück. Daher bin ich auch der Meinung, dass sich Eltern für ihr Kind beziehungsweise später Schüler auch für sich selbst jene Schule aussuchen sollten, die wirklich passend ist. Und Sie haben das gefunden? Im Fall der Wasagasse fand ich dies. Meine Sichtweise hat sich über die Jahre und nach der Schulsuche für meine Töchter eigentlich wenig verändert. Diese Schule hat, wie meiner Meinung nach auch jedes traditionelle Unternehmen und jede Organisation, eine eigene Seele und ein eigenes Wesen, welche sich, und an dieser Stelle bin ich ein bisschen esoterisch, kaum verändern lassen. Auch nicht mit Brutalität oder neuem Personal an der Spitze, denn der Kern bleibt immer gleich. Auch die Wasagasse ist meiner Ansicht nach seit meiner Schulzeit „gleich“ geblieben. Hier findet sich eine interessante Mittelstandselite, welche ihre Kinder bewusst in diese Schule schickt. Es handelt sich dabei um „Zentrumsmenschen“,
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also Bürger, die wahrscheinlich überwiegend Akademiker und überwiegend wohlhabend sind. Gleichzeitig sind sie aber stolz darauf, nicht so reich zu sein, stolz darauf, dass die Kinder nicht in eine Privatschule gehen, stolz darauf, dass die Kinder eben zum Mittelstand gehören. Mir selbst war es immer fremd, wenn Eltern die Schule für ihre Kinder aufgrund des Netzwerkes anderer Eltern wählen. Ich empfinde es als etwas abgrundtief Grauenhaftes, bei einem 14- oder 15-Jährigen an das Netzwerk zu denken, doch gibt es sehr viele Leute, die sich deswegen für Privatschulen entscheiden. Das würde ich absurd finden. Trotzdem ist mein Eindruck, dass das Milieu ähnlich geblieben ist, und das ist viel wert. Die Wasagasse selbst spricht ja auch eine ganz klare Sprache: es ist dieser extrem spürbare Hauch der Geschichte mit der jüdischen Vergangenheit und all der hier tätigen und aufgewachsenen Intellektuellen. Es ist eine Schule für Intellektuellenkinder und nicht für Reichenkinder. Das ist für viele, die sich für die Wasagasse entscheiden, sehr viel wert. Haben Sie Freundschaften aus dieser Zeit erhalten können? Ich habe regelmäßigen Kontakt zu manchen ehemaligen Mitschülern und mit zwei von ihnen bin ich bis heute eng befreundet. Zudem gibt es drei bis vier andere, mit denen ich noch immer in Kontakt stehe. Es sind dies die „wahren Freunde“. Wir stehen zwar nicht jeden Tag miteinander in Kontakt, aber es sind jene Freunde, bei denen ich den leisen Verdacht hegen darf, dass sie, falls ich anrufe, für mich da wären. Das ist in einer Freundschaft mehr wert, als wenn man jeden Tag essen geht und die Zeit miteinander verbringt. Das ist das echte Networking und nicht das Beziehungsnetworking. Wie darf man sich Ihren Schulalltag vorstellen? Welche waren Ihre Lieblingsfächer? Und: Waren Sie ein leidenschaftlicher Schüler? Ich hatte gute und schlechte Phasen. Die schlimmste Phase war sicherlich in der 7. Klasse, in der die Anzahl meiner Fehlstunden höher war als die meiner Anwesenheitsstunden. Ab und zu bin ich sogar direkt vom Club in die Schule gekommen, was ich aber wirklich niemandem empfehlen würde. Aber dann habe ich wieder Phasen gehabt, in denen ich schulisch sehr aktiv war. Manche Gegenstände haben mich wahnsinnig interessiert, wie Geschichte und Deutsch. Es waren Themen interessant, die mich dann auch später immer noch begleitet haben. Vielleicht wäre das ein oder andere Fach besser gelaufen, wenn ich einen besseren Draht zur Lehrperson gehabt hätte. Andererseits gab es dann auch Fächer, die aufgrund des Lehrers erträglich waren, obwohl sie mich überhaupt nicht interessiert haben. Da ist meiner Meinung nach auch immer sehr viel zwischenmenschliche Chemie mit ihm Spiel. Die Aufgabe eines Lehrers, ein Kind zu übernehmen, über die Pubertät zu ertragen und dann als jungen Erwachsenen zur Matura zu führen, ist in der Gesellschaft eine so wahnsinnig wichtige Aufgabe, die auf keinen Fall unterschätzt werden darf. Ein heute sichtbares Problem ist, dass immer mehr Eltern das Menschwerden ihrer Kinder an die Schule abgeben. Das halte ich für ein gesellschaftlich großes Problem, das Schulen und Lehrer immer mehr überfordert.
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Woran sehen Sie das? Die Wasagasse ist diesbezüglich definitiv eine Ausnahme. Es gibt allerdings in meiner Wahrnehmung auch die sogenannten „Hipster-Eltern“ und „Helikopter-Eltern“, die oft von den Lehrern aus den Sprechstunden geworfen werden, da sie mit ihren Kindern in die Sprechstunde kommen. Ich merke auch immer mehr, dass die Eltern die Universitäten bevölkern. In der Schule sieht man zwei Phänomene: Auf der einen Seite gibt es dieses totale „Übermuttern“ und „Helikoptern“ von Eltern, während auf der anderen Seite Kinder ganz auf sich allein gestellt sind. Auf jeden Fall ist die Aufgabe von Lehrern nicht leichter geworden. Ganz abgesehen vom bürokratischen Framework, dem die Lehrer unterlegen sind und über welchen ich mich nur wundern kann. Wenn etwa Verträge zwischen Lehrern und Schülern in Fächern abgeschlossen werden, die früher ein bisschen stiefmütterlicher behandelt wurden, dann wundere ich mich über die Formalisierung, die hier Einzug gehalten hat. Man könnte es natürlich auch „Professionalisierung“ nennen, die mich allerdings sehr verwundert. Zurück zu Ihrer Schulzeit: Gibt es irgendwelche Vorfälle, die Sie, trotz der Selbstzensur, noch in Erinnerung haben? Das Lustigste war sicher, dass ich in meiner Funktion als Schulsprecher mit dem Direktor und dem Elternverein einen Schulprotest organisiert habe, nachdem die Schule schon fast einzustürzen drohte und in der 8. Klasse die halbe Decke auf Schülern gelandet ist. Normalerweise war ich als Schulsprecher eher mehr repräsentativ als aktiv. Aber in dieser Angelegenheit war ich doch relativ aktiv, weil ich das lustig und interessant fand. Wir sind mit dem Direktor einfach in das Büro des damaligen Bürgermeisters Dr. Helmut Zilk geplatzt, was aus heutiger Sicht undenkbar wäre. Dieser ist völlig ausgerastet und hat den Direktor beschimpft sowie mit Vorwürfen überhäuft. Seiner Ansicht nach war dafür nicht der Bürgermeister, sondern der Bund zuständig, da Bundesbauten nicht in der Kompetenz des Wiener Bürgermeisters liegen. Der Direktor hat daraufhin kein Wort mehr gesagt, und ich stand neben ihm und habe gestammelt: „Aber Sie sind doch der Wiener Bürgermeister.“ Die Schule wurde dann jedenfalls sehr schnell renoviert. Mit den richtigen Mitteln kamen wir sehr schnell zum Erfolg und wir haben gemerkt, dass der von uns erzeugte mediale Druck als Katalysator gewirkt hat. Das war mir, aus einer Journalistenfamilie kommend, schon damals klar. Die Geschichte mit Dr. Helmut Zilk wurde, wenn auch nicht mit dem Detail des schreienden Bürgermeisters, in den Medien veröffentlicht. Es gab sogar eitungen, welche auf einer ganzen Seite nur über unseren Protest berichtet haben. Das war damals eine riesige Geschichte und ich war sogar zu einer Pressekonferenz eingeladen. Bei dieser habe ich dann zwar nichts gesagt, aber die Brötchen aufgegessen. Insgesamt waren die Jahre am Wasagymnasium politisch prägende Jahre für mich, denn es war die Zeit der Demonstration in Hainburg oder der Waldheim-Diskussion. Dies waren vorrangig politische Themen. Also abgesehen on den Schmusereien, aber die gehören sowieso dazu.
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Die Frage, wie Sie zum Journalismus gekommen sind, ist eine interessante, auch wenn das bei Ihnen in gewisser Weise natürlich vorprogrammiert war. Wie weit hat Ihre Schulzeit Ihre Berufswahl beeinflusst? Also ich war immer wahnsinnig schlampig beim Schreiben und hatte in Deutsch nie eine bessere Note als einen Dreier oder Zweier. Daher hatte ich den Eindruck, dass meine Formulierkunst eher überschaubar ist. Wenn ich mich allerdings nicht irre, hatte ich bei der Deutsch-Matura mit der Analyse zu einem Thema, welches in etwa „Der politische Mord als Mittel oder als Zweck“ lautete, erstmals einen Einser. Meine ersten journalistischen Versuche habe ich gleich im Haus neben der Wasagasse getätigt, und zwar bei den Vorarlberger Nachrichten. Natürlich bin ich über meine Eltern, die Journalisten waren, in gewisser Weise in den Beruf hineingestolpert. Meine Eltern haben dann jedoch versucht, mir den Journalismus auszutreiben, weil sie gewusst haben, dass er sehr familienfeindlich ist, wie man es zurzeit auch bei mir sehr gut erkennen kann. Laut ihnen würde der Journalismus nur Trauer und Scheidung bringen. Sie wollten, dass ich Jurist werde oder in den Tourismus gehe, was natürlich auch sehr familienfreundlich ist ... Ich bin dann allerdings doch beim Journalismus geblieben und mir war immer klar, dass dies meine Berufung ist. Ich wollte aufgrund meiner Erfahrungen aus der Zeit als Schulsprecher in die ÖH (Anm.: Österreichische Hochschülerschaft) beziehungsweise in die Politik gehen. Das Problem war dann jedoch, dass mir die AG (Anm.: Aktionsgemeinschaft) zu langweilig war. Beim VSSTÖ (Anm.: Verband sozialistischer Student*innen in Österreich) fand ich die Leute sehr lustig und verbrachte mit meinen Genossinnen und Genossen sehr schöne Abende. Der ÖH habe ich schnell den Rücken zugekehrt, weil ich wusste, dass es sich entweder politisch oder sozial nicht ausgeht. Deswegen war das Kapitel Politik sehr schnell wieder beendet. Welche Veränderungen, glauben Sie, sind in der Schulpolitik notwendig? Ich könnte jetzt bei formalen Punkten anfangen, wie beim Lehrerdienstrecht, welches ich nicht sehr schlau finde, möchte aber allgemeiner ausholen. Grundsätzlich gibt es zwei Denkschulen: Die einen sind der Ansicht, dass die Schule eine Allgemeinbildung geben soll, während die anderen meinen, dass die Schule berufsvorbereitend sein muss. Ich finde, dass beides stimmt. Zu einem modernen Wissenskanon gehören Deutsch und Geschichte, wobei diese Fächer besonders in meinem Leben vorkommen. Ich glaube, dass bestimmte Lebensbereiche in der Schule fehlen, wie zum Beispiel die Wirtschaft. Heute wird schon von jedem erwartet, wirtschaftlich zu denken und zu handeln, weshalb dies auch in der Schule verstärkt gefördert werden sollte. Allerdings sollte dies in einem globalen Kontext, abseits von Eurozentrismus und „Schau-nur-auf-dich“-Egoismus stattfinden. Die Welt da draußen ist rauer geworden, und man muss die Kinder und Schüler auf eine rauer werdende Welt vorbereiten. Das war jetzt aber die Meta-Ebene. Im Konkreten wundere ich mich immer noch über dieses frontale Unterrichten. Das Beste wären wahrscheinlich mehr Lehrer und kleinere Klassen, weshalb man unbedingt mehr in das Bildungssystem investieren müsste. Dort wäre
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das Geld sicher besser aufgehoben als in irgendeinem komplizierten Fördersystem, welches keiner durchschaut. Wobei sich für jede Förderung jemand finden wird, der erklären kann, warum sie notwendig ist. Aber ehrlicherweise: Wäre ich Bildungsexperte, würde ich nicht in dieser Position vor Ihnen sitzen. Ich glaube, dass einfach jeder weiß, was er nicht will, und jeder weiß, wo die Gegnerschaft ist. Was ich definitiv nicht gut finde, ist diese Formalisierung und diese Bürokratisierung, die unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung über die Jahre immer schlimmer geworden ist. Mir kommt vor, dass dadurch die Mechanik und die Struktur des Unterrichts viel mehr vorgegeben werden. Und dass die Freiheit eines Lehrers eher abgenommen hat. Wenn Sie an Ihre Schulzeit denken, was ist in Ihrer Ausbildung gut gelaufen und was ist Ihnen die Schule schuldig geblieben? Die Schule hätte mir mehr helfen müssen, nicht ein Jahr zu wiederholen und einen halben Sommer zu verschenken. Aber mindestens eines von den beiden Dingen kann man unter einer lehrreichen Erfahrung subsummieren. Beides war dann aber doch ein bisschen „too much“. Ja, ich hätte das machen können, was viele machen, nämlich den Lehrern zu zeigen, dass ich diese Schule verlassen will, und bitten, mir am Schluss ein Zeugnis auszustellen, damit ich diese Schule verlassen darf. Diesen Weg haben sehr viele Leute gewählt. Interessanterweise haben die dann ein Jahr vor mir maturiert. Ich habe ein Jahr später maturiert, aber dafür in der Wasagasse. Also man muss offen sagen, dass ich mich auch mit dem System Wasagasse angelegt habe. Dass das System halt stärker ist, ist auch klar. Es gab dann einen Latein-Professor, der immer zu mir gesagt hat: „Schaun‘s Nowak, es muss ja nicht jeder Karriere machen.“ Recht hat er gehabt! Diese Art von systemimmanentem Dauerzynismus war schon schwer erträglich. Ich finde, dass die Schule die Stärken eines jungen Menschen definie en müsste. Und wenn die Stärken sehr stark sind, dann sollten sie in der Hoffnung, dass daraus ein echtes Talent wird, noch mehr gestärkt werden. Über die Schwächen sollte man dem Kind gemeinsam hinweghelfen. Man sollte nicht sagen, dass sich der Schüler vor allem um seine Schwächen kümmern und die Schwächen stärken muss, denn man kann Schwächen ein bisschen übertünchen oder „bluffen“, aber sie bleiben lebenslange Schwächen. Ehrlicherweise ist es ja keine Schwäche, sondern die Menschen sind einfach verschieden. Überall wird die Diversität propagiert und alle Menschen sollen verschieden sein, aber beim Schulsystem tun wir es dann nicht. Dies ist ja auch das Problem, dass Lehrer ihre Schüler nur aus dem eigenen Schulfach kennen. Deswegen sagt man, dass in kleinen Elite-Privatschulen die Schüler leichter durchkommen, aber danach unglaubliche Karriere machen, weil das natürlich gut funktioniert. Die Lehrer bilden eine Gemeinschaft und sprechen dauernd über die Schüler. Sie wissen natürlich genau, wo die jeweiligen Schwächen liegen und versuchen, eher bei den Schwächen zu helfen. Das hat natürlich auch mit der Schulgröße zu tun. Da
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gibt es diesen Satz: „Es ist viel schwieriger bei den Schotten reinzukommen, aber es ist viel schwieriger in der Wasagasse drinnen zu bleiben“. Es ist aber offensichtlich so. Ich darf Ihnen nun noch Fragen bezüglich Ihrer Karriere und Ihrer Arbeit stellen. Sie waren ab 2012 Chefredakteur und sind seit 2014 Herausgeber der Presse. Die Presse wird ja allgemein als konservatives Medium gesehen, teilen Sie diese Meinung? Das hör‘ ich ungern, denn der Gegensatz zu konservativ ist progressiv und der Gegensatz zu konservativ ist liberal. Wir sind in vielen Fragen radikal liberal. Wenn man sagen will, rechts der Mitte, dann ja. Wenn konservativ bedeutet, nichts zu verändern, dann gar nicht, weil wir der Meinung sind, dass sich das Land noch sehr stark verändern muss, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Vor allem sind wir kompromisslos liberal, wenn es um die Wirtschaft geht. Glauben Sie, dass sich der Journalismus in Österreich durch die gesellschaftspolitischen Veränderungen der letzten Jahre verändert hat? Sehen Sie sich in einer anderen Rolle? Ja, sicher. Die Rollen ändern sich klarerweise immer, aber prinzipiell darf sich die Linie einer Zeitung nicht verändern, nämlich Bericht und Kommentar zu trennen und zu schreiben „was ist“. Es ist nie Aufgabe einer Tageszeitung, die Welt verbessern zu wollen oder besser zu machen. Man kann Standpunkte vertreten, in denen man darstellt, wie sich etwas verändern sollte oder könnte oder müsste. Wir bestimmen nicht und wir wollen auch die Wahl einer bestimmten Partei nicht empfehlen. Das tun wir einfach nicht, denn dafür sind unsere Leser mündig genug. Aber natürlich sind wir prinzipiell als Zeitung, als Journalisten, der Meinung, dass eine große Koalition nicht gut für das Land ist, weil diese beiden Parteien nicht mehr miteinander regieren können oder wollen. Deswegen braucht es Veränderung. Ob diese Veränderung die perfekte Veränderung ist, wage ich mittlerweile zu bezweifeln, und zwar aufgrund des Koalitionspartners der ÖVP. Die Freiheitliche Partei hat dieser Tage wieder ausdrücklich bewiesen, dass sie leider nicht so regierungsfähig ist, wie man das vielleicht erwartet hätte. Das halte ich für ein ziemliches Drama und für ein ziemliches Problem für das Land, zumal es wenige Alternativen gibt. Das ist ja das große Problem. Ich bin immer ein Anhänger des Mehrheitswahlrechts gewesen. Hier stellt jene Partei, welche die Mehrheit bei einer Wahl errungen hat, die Regierung, und wenn diese keinen guten Job macht, kann man sie abwählen. Dabei gibt es vielleicht eine rechts-links Abwechslung. Eine Zweier- oder Dreierkonstellation halte ich für schwierig, da es dabei in einem kleinen Land immer Verletzungen und Probleme gibt. Grundsätzlich aber glaube ich, dass Journalismus prinzipiell kritisch gegenüber einer Regierung stehen muss. Das versteht sich von selbst. Also sehen Sie den Journalismus in Österreich nicht in Gefahr? Nein, das sehe ich nicht. Aber natürlich gibt es immer Versuche von Seiten der Politik, den Journalismus zu manipulieren. Dies liegt in der Natur der Dinge – die einen können es nur besser als die anderen. Die Türkisen beispielsweise können das ziemlich gut. In diesem Fall
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muss man sich dagegenstemmen und versuchen, dass man seine Aufgabe dennoch professionell erfüllt. Ich unterrichte seit mehr als zwanzig Jahren am Institut für Anglistik. Der Brexit hat meine Kolleginnen und Kollegen sowie mich gänzlich überrascht. Nicht deswegen, weil wir keine Medien lesen, sondern weil wir einseitig Medien lesen. Und daher eine persönliche Frage: Hat Sie der Brexit überrascht? Ja, total, völlig. Wobei ich mittlerweile ganz ehrlich sagen muss, und das ist jetzt sehr journalismus- und medienkritisch, dass es mittlerweile schon ein Gradmesser ist, wenn die Mehrheit der sogenannten Qualitätszeitungen etwas Bestimmtes prophezeit, denn dann kann man sich ziemlich sicher sein, dass es nicht passieren wird. Der Brexit ist gekommen, Donald Trump hat die Wahl gewonnen und es gibt auch in Österreich viele Beispiele, bei denen die Umfragen nicht gestimmt haben. In gewisser Weise, das klingt jetzt sehr seltsam, beruhigt mich das nahezu. Ich halte den Brexit nicht nur für ein Problem, weil es unangenehm ist und der Symbolik wegen. Für einen „Mitte-Rechts-Menschen“ halte ich ihn für einen Wahnsinn, weil die Engländer natürlich ein unglaublicher Verbündeter in Europa gegen eine Sozialunion und einen Linksruck innerhalb der Europäischen Union waren. Es war immer der common sense der Briten und der EU, für low taxes, für eine „freie Marktwirtschaft“ und möglichst wenig wellfare aufzutreten. Und wenn diese Stimme fällt, bietet dies Möglichkeiten für alle anderen, ob das früher die Linke war oder jetzt die Rechtspopulisten sind, denn es fehlt die Stimme der Vernunft. Wenn wir zugleich von der veröffentlichten einung reden, so meine ich, dass sich die dort befindlichen Prognosen nicht bewahrheiten werden. Ich denke nicht, dass die Engländer massive Probleme bekommen werden, sondern glaube, dass sich Großbritannien zu einer Art zweitem Singapur entwickeln wird. Dies bedeutet gleichzeitig aber, dass jene, die für den Brexit gestimmt haben, nicht und jene, die wahrscheinlich gegen den Brexit gestimmt haben, wie in der City of London, die „Finanzler“, sehr wohl davon profitie en werden, weil ich überzeugt bin, dass der Finanzplatz London nicht tot ist, sondern auch noch stärker werden wird. Wir werden es in absehbarer Zukunft erfahren. Ich komme zu meiner letzten Frage und ich gebe zu, die ist ein bisschen schwierig: Sie können ihr auch ausweichen. Wenn Sie jetzt an unsere Maturantinnen und Maturanten denken, welche Botschaft oder welchen Ratschlag würden Sie ihnen geben? Niemals den Ratschlag eines 46-Jährigen, bald 47-Jährigen, Wasagasse-Absolventen anzunehmen, sondern alles auf eigene Faust zu machen und jede Erfahrung selbst zu machen. Und Ihrem 18-jährigen Selbst würden Sie was empfehlen? Neugierig sein, offen sein, laut Ja und Nein sagen können und selbstbewusst sein. Die Selbstdisziplin nicht vergessen. Und lesen, lesen.
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Freiheit und Verantwortung
Interview mit Beate Meinl-Reisinger, Matura 1996,Juristin, Politikerin, Parteivorsitzende der NEOS. Das Gespräch wurde geführt von Günter Froneberg und Meta Gartner-Schwarz. Was sind Ihre prägendsten Erinnerungen an Ihre Schulzeit im Wasagymnasium? Stark geprägt haben mich vor allem die Persönlichkeiten einzelner Professorinnen und Professoren. Diese Personen haben mir extrem viel mitgegeben, nicht nur an Lernstoff, sondern vor allem auch an Werten. Sie vermittelten mir Wertevorstellungen, kritisches Denken und die kritische Auseinandersetzung mit diversen Fragen. Was meine Schulzeit auch geprägt hat, waren die Umbauarbeiten, die durchaus lästig waren. Ich bin in die Wasagasse gekommen und sie ist zur Baustelle geworden. Ich war fertig und der fertige Umbau wurde gefeiert. Ich habe also acht Jahre Umbau erlebt. Ich war im Gegensatz zu meinen Geschwistern zum Glück immer im Haus und nie von einer Dislozierung betroffen, für elche Container vor der Schule standen. An einen konkreten tragischen Vorfall kann ich mich auch erinnern: Vor dem Haus stand ein Kran und eine Frau hat sich da das Leben genommen. Auch das war prägend. Wie hat Ihr Schulalltag ausgesehen? Was waren Ihre Lieblingsfächer? Zeichnen bei Herrn Professor Payer hatte ich wahnsinnig gerne. Turnen mochte ich ebenfalls sehr. Ich habe auch an vielen Freifächern teilgenommen: Tanz bei Professor Roher, Schauspiel und einiges mehr. Auch Französisch war eines meiner Lieblingsfächer. Ich habe darin maturiert. Latein mochte ich trotz Schwierigkeiten ebenfalls sehr. Wir hatten Herrn Professor Straub, der wahnsinnig streng war. Einige Schülerinnen und Schüler sind auch durchgefallen. In der 4. Klasse bekamen wir einen Text von Plinius zur Schularbeit, den meine Großmutter, die selbst Latein-Lehrerin war, auch „ein bisschen heavy” gefunden hat. Mein Vater, welcher in der Schule ebenso Latein und Altgriechisch hatte, war deshalb sehr wütend und ist zu Herrn Professor Straub in die Sprechstunde gegangen, um ihm zu sagen, dass „Leute wie er, Latein ruinieren.“ Aber man muss dazu sagen, dass Professor Straub auch immer gesagt hat: „Wenn ihr bei mir die 4. Klasse schafft, dann habt ihr die Oberstufe geschafft.“ Das war dann tatsächlich so. Ich habe ihn sehr geschätzt, eben weil wir uns durchbeißen mussten. Also, da habe ich Lernen gelernt! Ich habe gelernt, was es heißt, sich hinzusetzen, sich mit Grammatik und mit Vokabeln auseinandersetzen. Letztendlich habe ich dann sogar in Latein maturiert und während meines Studiums viel Lateinnachhilfe gegeben. Ich muss also zugeben, dass ich es wirklich gerne hatte, es allerdings keine Liebe auf den ersten Blick war. Professor Straub gehörte schon zu denen, die uns sehr viel mitgegeben haben – das muss man schon sagen. Insgesamt fi l mir die Schule relativ leicht. Ich fand das dann immer auch recht unfair, da ich immer für meine guten Noten gelobt wurde und mich etwa im Vergleich zu meinen
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Geschwistern, die teilweise mehr kämpfen mussten, nicht anstrengen musste. Das war mir schon bewusst. Es gab zum Beispiel einmal eine große Diskussion in der Familie, weil meine Großmutter für jeden Einser 30 Schilling, für jeden Zweier 20 Schilling und für jeden Dreier 10 Schilling gezahlt hat. Für einen Vierer gab es nichts und für einen Fünfer musste man etwas zurückzahlen. Ich habe ihr irgendwann einmal gesagt, dass ich das eigentlich unfair finde, weil meine Geschwister sich so anstrengen und ich mich relativ leicht spiele. Als Resultat hat es dann gar kein Geld mehr gegeben, worauf mich meine Geschwister fast „gekillt“ hätten. Da habe ich gelernt, dass eine gerechte Lösung oft sehr schwer zu erreichen ist und der Einsatz dafür mitunter unbedankt bleibt. Was ich schon gemerkt habe war, dass ich in einzelnen Fächern sehr intensiv für Prüfungen gelernt habe. In Mathematik zum Beispiel habe ich eigentlich vor allem prüfungsorientiert gelernt. Das heißt, ich konnte gut reproduzieren, was sich dann allerdings bei der Matura als nachteilig herausstellte, denn hier hatte ich erstmals einen Dreier bekommen, woraufhin ich schon geknickt war, ausgerechnet bei der Matura einen Dreier im Zeugnis stehen zu haben. Die Lektion, dass es wichtig ist, auch zu verstehen, warum man etwas tut und nicht nur wie man es tut, kam hier leider erst zum letztmöglichen Zeitpunkt. Wobei das sicher nicht an meinen Professoren lag. In einigen Fächern habe ich auch, sehr provokant formuliert, Noten für mein Wohlverhalten bekommen. Ich glaube, dass man hier als Mädchen, das gewusst hat, dass man sich vielleicht nur gut dosiert auflehnen oder frech sein sollte, Vorteile hatte. Sind damals Freundschaften entstanden, die Fortbestand hatten? Ja, wir hatten über viele Jahre sehr engen Kontakt als Klasse. Das hat sich dann schon ein bisschen verlaufen, aber mit einigen Leuten bin ich immer noch in Kontakt. Mein bester Freund ist ein ehemaliger Schulkollege. Hat Ihre Schulzeit Ihre Studienwahl beziehungsweise Ihren späteren Werdegang beeinflusst? Die Schule hat mich sicher beeinflusst. Wie stark wirklich, habe ich, ehrlich gesagt, erst viel später bemerkt. Ich kann mich an viele Gespräche erinnern, auch mit Lehrern, die gesagt haben: „Du gehst einmal in die Politik!“, was ich wiederum als Blödsinn abgetan habe. Ich glaube schon, dass ich sehr stark politisiert wurde, jedoch nicht für eine Partei, zum Glück. Das hat in der Schule auch nichts verloren. Aber wir waren insgesamt eine sehr politisierte Klasse. Wir haben viel über Politik diskutiert und das war natürlich auch eine politisch interessante Zeit. Wir haben damals das Großwerden von Jörg Haider erlebt, wir haben das Ausländervolksbegehren erlebt, wir waren mit Boris Einem in der Klasse, dem Sohn von Casper Einem, der dann auch Innenminister war. Wir haben über Ausländerkriminalität diskutiert und damals schon hatte ich eine Polarisierung wahrgenommen. Ich kann mich an eine Diskussion erinnern, als eine Mitschülerin erzählt hat, dass sie sich beim Anblick
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eines Schwarzen in der Straßenbahn fragte, woher er komme. Dies bedeute gleichzeitig, dass sie ihn noch immer als Fremden betrachte. Daraufhin wurde sie von einer anderen Mitschülerin als Nazi und als Rassistin beschimpft – es war eine sehr aufgeheizte Stimmung. In unserer Klasse haben ständig solche Diskussionen stattgefunden, die bestimmt auch dazu beigetragen haben, einen starken Willen nach Gerechtigkeit in mir zu verankern. Daher habe ich auch mit der Turnlehrerin über die Noten von Mitschülerinnen verhandelt, die sich aufgrund ihrer Körpereigenschaften beim Turnen schwerer getan haben. Ich komme auch aus einem stark politischen Elternhaus. Es wurde am Abend viel politisiert und es hat mich auch immer schon interessiert. Der Mauerfall war ebenso ein Them wie später der EU-Beitritt. Es ist viel passiert in dieser Zeit. Man ist an Politik eigentlich kaum vorbeigekommen. Wien war eine schöne Stadt mit großer Vergangenheit am Ende der westlichen Welt und dahinter war der Eiserne Vorhang. So war meine Kindheit. Und auf einmal bist du ins Zentrum gerückt und auf einmal ist etwas passiert. Jugendkulturmäßig sind auf einmal Kruder und Dorfmeister dagewesen, elektronische Musik. Wiener elektronische Musik wurde in einem Laden mitten in New York empfohlen. Das hat nicht unmittelbar mit dem EU-Beitritt zu tun, aber es war für mich ein Synonym für diese Stadt, es war irgendwie ein Durchstarten. Auch das „Lichtermeer“ (Anm.: Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz am 23. Jänner 1993) fiel in diese eit. Letztlich ist es für mich nicht sehr verwunderlich, dass ich in der Nachfolgepartei des Liberalen Forums gelandet bin. Der Wechsel von der Schule zum Jus-Studium war dann ganz hart. Ich bin dabei auch ein halbes Jahr wie ein Zombie herumgelaufen, war auf einmal eine Nummer, eine Matrikelnummer und habe mich ganz schwer zurechtgefunden. Raus aus dem Schulalltag, rein in das Jus-Studium – da war plötzlich sehr viel Eigenverantwortung gefragt. Wir waren während der Schulzeit zwar auf der Berufsmesse, aber in Wirklichkeit haben wir uns viel zu wenig damit beschäftigt, bis ich dann in der Schlange an der Uni gestanden bin und mir gedacht habe: „Was machst du jetzt?“ Medizin fand ich interessant, aber meine Eltern, beide Ärzte, haben mir davon abgeraten. So kam ich zu Jus und hatte damit für mich, so glaube ich, das richtige Studium gefunden, denn Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Durchhaltevermögen hatte ich. All diese waren wichtige Kompetenzen. Das Jus-Studium war für mich ein bisschen so wie eine philosophische Denkschule, und die hilft mir nach wie vor enorm. Ich fin e ja, dass die Juristen zu den präzisesten Denkern gehören. Das Jus-Studium gibt einem eine Art zu Denken mit, die definitiv nicht schadet. Es schärft deinen Verstand und deine Argumentation, weshalb ich ein großer Fan des Jus-Studiums war. Daran anschließend absolvierte ich das Gerichtsjahr, war aber in keiner Kanzlei tätig. Eine Zeit lang überlegte ich schon, Richterin zu werden, mein Mann ist ja auch Richter, aber ich wollte auch ins Ausland. Zugegebenermaßen wollte ich nie ernsthaft einen ausschließlich juristischen Beruf ergreifen, doch das Studium war eine gute Basis für das Berufsleben. Aber es war Verlegenheit, die mich dorthin geführt hat.
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Gab es Begebenheiten oder Anekdoten, an die Sie sich noch erinnern? Viele natürlich. Grundsätzlich gilt: Wenn man eine Schullaufbahn hinter sich gebracht hat, die im Großen und Ganzen von guten Noten und Wohlverhalten geprägt war, dann hat man am Schluss einen gewissen Polster, den man auch ein wenig nutzen kann. Daher habe ich die 8. Klasse eigentlich sehr locker genommen. Ich erinnere mich noch an die Eröffnun der Schule, bei deren Feier wir etwas Alkohol reingeschmuggelt haben. Wir sind auch dem Unterricht ferngeblieben und uns war irgendwie klar: Es kann eigentlich eh nichts mehr passieren. Zudem habe ich es durchaus genossen, dass ich mir in der 8. Klasse selbst meine Entschuldigungen schreiben konnte. Was ist Ihnen die Schule aus Ihrer heutigen Sicht schuldig geblieben? Naturwissenschaftliches, technisches Verständnis. Dieses Themenfeld hätte meinem Gefühl zufolge besser abgedeckt werden sollen, obwohl sich alle sehr bemüht haben. In Wahrheit habe ich mir diesbezüglich alles selbst erarbeiten müssen. Wir haben zwar mit Programmiersprachen etwa Würfelspiele bzw. Zufallsgeneratoren erstellt, was ich sehr spannend fand, aber die Anwendung musste ich mir selbst aneignen. Ich hatte meinen ersten Computer erst mit 14 Jahren bekommen und musste davor alles mit einer Schreibmaschine schreiben. Die nächste Erweiterung war das Internetmodem und Napster (Anm.: Musiktauschbörse). All diese neuen technischen Errungenschaften der damaligen Zeit probierte ich selbst aus und gab auch unfassbar viel Geld dafür aus. Was ebenfalls gefehlt hat, war eine Berufsorientierung und eine tatsächliche Beschäftigung damit, was die Berufswahl mit sich bringt. Die Schule ist doch ein sehr geschützter Bereich, aus welchem man da rausgeht und darauf war ich nicht vorbereitet. Was ich aber jedenfalls gelernt habe, war kritisches Denken. Und es wurde in mir eine Neugier auf sehr viel geweckt. Ich habe die Schulzeit schon sehr genossen. Ich habe es auch genossen, Zeit zu haben, um Freunde zu treffen, Zeit, um zu lesen. Ich hatte in meiner Wahrnehmung einfach Zeit gehabt. Ich konnte auch Zeit totschlagen, nichts oder Blödsinn machen und einfach nur in der Wiese liegen oder ein Buch lesen oder Ähnliches. Ich würde mir wünschen, dass man wieder Zeit hat, weil ich der Meinung bin, dass du die Zeit auch brauchst, um dich zu entwickeln. Heute werden für Kinder die Nachmittage häufig komplett durchgestaltet. Als Argument wird dabei genannt, dass das Kind mit Gleichaltrigen zusammen sein kann. Aber das sind ja nicht die Gleichaltrigen der Wahl, also zum Beispiel ein Freund, vielleicht sogar ein „langweiliger“ Freund, mit dem man einen ruhigen Nachmittag verbringt. Dies ist etwas anderes als mit einer großen Gruppe an Kindern unter ständiger Betreuung kanalisiert etwas zu unternehmen. Ich denke, wenn jetzt die ganzen sportlichen, musikalischen und sonstigen Aktivitäten aneinandergereiht werden, hat das eine ganz andere Qualität als faul auf dem Sofa zu liegen. Ich habe selbst noch kleine Kinder und ich finde, sie brauchen Struktur. Aber ich organisierte das teilweise quasi selbst. Als ich ein Kind war, hat sich darum nie-
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mand geschert. Wir hatten am Nachmittag ein Wahlpflichtfach, uns nach der Schule etwas zum Essen gekauft und sind in irgendeiner Klasse gesessen. Ich bin sicher, dass das jetzt nicht mehr erlaubt ist. Aber ganz ehrlich, ich habe diese Freiheit auch irgendwie genossen. Wir haben sie auch nicht missbraucht und auch nie einen Blödsinn gemacht. Man hat mir und uns vertraut und dabei haben wir auch ein Verantwortungsgefühl entwickelt. Das sage ich auch zu meinen Kindern: „Du kannst jede Freiheit haben, wenn du Verantwortung übernimmst.“ Diesbezüglich habe ich schon das Gefühl gehabt, dass das auch passiert. Welche bildungspolitischen Änderungen erachten Sie als notwendig? Viele! Ich glaube, dass die Schulen wirklich mehr Autonomie brauchen, um Schwerpunkte festzusetzen und einfach mehr Freiheiten zu leben. Das zeigen uns auch internationale Vergleiche. Als Eltern haben wir den Wechsel unserer ältesten Tochter von der Volksschule ins Gymnasium erlebt. Diese Trennung mit zehn Jahren ist einfach sehr schwierig. Auch wenn ich nach wie vor glaube – und ich weiß, es ist eine schwierige Thematik –, dass das Gymnasium in Langform eine tolle Sache ist. Das Konzept des Gymnasiums, jenes der humanistischen Allgemeinbildung, ist etwas sehr Wertvolles. Es sollte nicht immer der Ausbildungscharakter, sondern der Bildungscharakter im Mittelpunkt stehen. Dazu gehören kritisches Denken, Kreativität und Empathie, denn, ehrlich gesagt, wissen wir überhaupt nichts über die konkreten Anforderungen in der Zukunft. Wir leben in einer sich rasant ändernden Welt. Wenn ich das Beispiel der künstlichen Intelligenz anführen darf, dann sieht man vor allem zwei Dinge: erstens weiß man nicht, was in zwanzig Jahren sein wird und was wir dann brauchen werden, und zweitens, dass es eine unglaubliche Dynamik gibt. Denn die Entwicklung zwischen 1950und 1990 war weniger wild als die zwischen 1990und 2010.Diese Dynamik nimmt weiter zu. Daher glaube ich, dass ethische Fragen ein ganz wichtiger Punkt wären, und zwar nicht alternativ zum Religionsunterricht. Wer will, kann dann noch Religionsunterricht machen. Man kann es allerdings in einer aufgeklärten Welt nicht ausschließlich den Religionen überlassen, ethische Fragen zu diskutieren. Kreativität, Kritisches Denken, Logik, Empathiefähigkeit – das sind Fähigkeiten, die wesentlich sind, die mich von einer Maschine unterscheiden. Dies ist das zentrale Rüstzeug und für das Erlangen dieses Rüstzeuges ist das Gymnasium ein wesentlicher Faktor, weil es eben nicht nur um Ausbildung geht. Ich glaube, es braucht die Menschen, die im Denken geschult sind, mit einer gewissen Bildung, mit einer gewissen Ethik, mit einer gewissen Grundhaltung. Das sind durchaus Aspekte, die in der Unterstufe mitbedacht werden müssen. Du brauchst eine Grundfertigkeit in Lesen, Schreiben, Rechnen, Deutsch und Fremdsprachen. Danach ist eine weiterführende Möglichkeit sicherlich das Gymnasium in der Langform.
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Wie könnte man konkrete politische Weichenstellungen setzen, damit die Repräsentation von Frauen auch von Frauen wahrgenommen wird? Meiner Meinung nach kann die Politik diesbezüglich sogar viel mehr als man glaubt, und ich meine damit nicht das Festlegen von starren Quoten. Ich glaube, in den Bereichen Familie und Beruf können Anreize gesetzt werden. Umgekehrt können Systeme auch so gestaltet werden, dass es de facto negative Anreize gibt. Als Beispiel gilt hierfür immer Skandinavien, wo du sehr wohl durch Karenzmodelle, die auch entsprechend Geld beinhalten, vieles erreichst. Denn bei der Entscheidung über die Aufteilung der Karenz zwischen Mann und Frau geht es ja in der Regel um Einkommensverlust. Natürlich ist jedes Kind gleich viel wert, aber im Grunde geht es um diesen Einkommensverlust, den man erleidet, wenn man zu Hause bleibt und der ist eben bei Männern in der Regel immer noch größer als bei Frauen. Das ist ein Faktum und das muss die Politik abfedern. Und wenn man das mit einem Karenzmodell hinterlegt, in dem Karenz und Kinderbetreuungsgeld ein einziges System bilden und es verschiedene Modelle gibt, hat man schon einen starken, ökonomischen Anreiz gesetzt. Einkommensabhängige Möglichkeiten führen dazu, dass Väter eher zu Hause bleiben und das ist in Skandinavien sichtbar. Diesbezüglich gibt es eine andere Kultur und ich glaube, dass bei uns noch viel zu tun ist. Vor allem müssen wir aber den Druck aus der Diskussion nehmen, von der Polarisierung „Rabenmutter versus Heimchen am Herd“ abzugehen und sagen, dass diese Entscheidung im Idealfall eine partnerschaftliche Sache ist. Ich glaube, dann erreicht man Veränderungen. Natürlich haben wir in Österreich auch eine unmögliche Sitzungskultur. Die Politik ist diesbezüglich natürlich ein schwieriges Umfeld, denn es gibt viele ehrenamtliche Tätigkeiten und viele Verpflichtungen am Abend oder am Wochenende. Umgekehrt hat es halt auch eine großartige Flexibilität, und daher geht manches, was in einem starren Angestelltenverhältnis nicht möglich wäre, denn im Prinzip fragt mich niemand, wo ich wann bin. Das ist ja auch herrlich und das ist übrigens auch der Grund, warum ich diese Fragen gerne beantworte. Ich will jedoch nicht drauf reduziert werden, eine Frau in der Politik zu sein und nicht nur über Frauenpolitik und Vereinbarkeit von Familie und Beruf reden. Ich rede durchaus gerne auch über Steuerpolitik und Wirtschaftspolitik. Jedenfalls aber spüre ich, in diesem Bereich etwas bewirkt zu haben. Viele jüngere Frauen haben mir geschrieben, die finden, dass meine Arbeit toll sei und ihnen Mut mache. Irgendwann stellt sich einfach die Frage der Gleichberechtigung. In der Schulzeit hatte ich nie das Gefühl, dass es für mich als Frau irgendeine Benachteiligung gibt. Ebenso nicht während des Studiums oder zu Beginn des Jobs. Ich habe mich immer als emanzipiert bezeichnet und dies war mir immer wichtig. Ich habe nie irgendwelche Benachteiligungen gespürt – bis zum ersten Kind. Dann stellt man sich plötzlich Fragen nach der Rollenaufteilung in der Familie, in der Partnerschaft. Wie ist das eigentlich und wie geht man damit um? Und das ist, finde ich, nicht nur Privatsache. Gerade in dem Bereich bin ich der Meinung, dass es einen Rechtsanspruch für Kinder-
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betreuung braucht, eine Verpflichtung seitens des Staates, ab dem ersten Geburtstag eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen. Der Staat hat daran ja auch ein Interesse. Kindergärten sind Bildungseinrichtungen, sie müssen ein fi er Teil des Bildungssystems sein. Und es liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse, dass es Kinder gibt. Da kann der Staat meines Erachtens ganz, ganz viel machen. Hier spielt auch die sogenannte „angebotsinduzierte Nachfrage“ eine Rolle. Das heißt, dass sobald ein kostengünstiges Kinderbetreuungsangebot zur Verfügung gestellt wird, es auch genutzt wird. Bedarfserhebungen in konservativen Gegenden Österreichs sehe ich deshalb sehr kritisch. Sobald das Angebot da ist, wird es auch genutzt. Dann fällt auf einmal der Druck weg. NEOS ist ja eine deklarierte Europa-Partei. Hat sich Ihre Einstellung zu Europa in den letzten Jahren geändert? Ja, die hat sich schon geändert. Als ich zu studieren begonnen habe, hatte ich eigentlich kein großes berufliches iel. Aber eines wusste ich schon relativ bald: Ich möchte dieses Europa kennenlernen. Während des Jus-Studiums ist es leider nicht gegangen, aber danach wollte ich in Brüssel arbeiten. Damals gab es auch die Rückschläge der gescheiterten Verfassungsreferenden, doch die Union war nie wirklich bedroht. Das hat sich komplett geändert. Wir haben NEOS im Jahr 2012gegründet. Damals war es für uns selbstverständlich, dass wir proeuropäisch sind. Auch Rechtsstaatlichkeit und das Bekenntnis zu einer liberalen Demokratie waren so klar, dass sie nicht extra angesprochen werden mussten. Und plötzlich war all das auf einmal bedroht. Im Vorfeld des Brexit-Referendums habe ich einen Vortrag gehalten, in dem es auch um den für wahrscheinlich gehaltenen Ausgang von diesem ging. Ich hatte gewettet, dass sich die Briten für die EU entscheiden werden. Die EU steht somit heute auf viel tönernen Beinen. Auch das Friedensprojekt Europa ist eine sehr fragile Angelegenheit. Man muss sich nur anschauen, wem nun dieser Nationalismus in Europa eigentlich nutzt. Da klatschen ja Donald Trump – was auch immer er jetzt macht – , Wladimir Putin und Xi Jinping in die Hände und freuen sich, dass sie Europa destabilisiert haben. Diese großen Fragen beschäftigen uns sehr und wir hoffen, dass die Union resilient genug ist. Wir lassen uns treiben von Nationalisten, Populisten und Rechtsextremen. Aber wir müssen endlich ernsthaft über ein Europa, das schützt, reden, und zwar in einer Zeit, in der man Trollfabriken in Sankt Petersburg hat, wo viele Wahlen nachweislich mit Fake News manipuliert werden, wo Algorithmen entscheiden, was die Leute lesen, wo man sich nicht mehr eigenverantwortlich ein Medium aussucht. Stichwort Medienkompetenz: Die ist unglaublich wichtig. Wir haben damals gelernt, dass es Tageszeitungen mit unterschiedlichen Blattlinien gibt und du dir eine davon aussuchen kannst. Heute öffne ich Facebook und bekomme von einem Algorithmus vorgeknallt,
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was mir angeblich gefallen soll. Hier kann keine Rede mehr von Selbstbestimmtheit oder Eigenverantwortung sein. Mit Trumps Wahl hatte ich gerechnet, denn er hat einfach eine Geschichte erzählt, die viele Leute angesprochen hat. Und was den Brexit betrifft, so hat die EU natürlich schon enttäuscht. Erstens ist sie in vielen Fragen oft nicht handlungsfähig. Die Leute wissen schon, wir brauchen ein Europa in den großen Fragen, wie Migration, Sicherheit, Verteidigung, Klimawandel – und jetzt natürlich während der Corona-Krise. Die europäische Impfstoffbeschaffun war zwar endlich ein Versuch, als Europa stark aufzutreten. Aber insgesamt hat sich weder Europa noch die österreichische Bundesregierung hier mit viel Ruhm bekleckert. Das tut mir persönlich schon sehr weh. Welche Botschaft haben Sie an die Schülerinnen und Schüler, die Maturantinnen und Maturanten der Wasagasse? Was würden Sie ihnen gerne mitgeben? Zu mir haben damals alle gesagt, ich solle die Zeit genießen. Ich habe es damals nicht verstanden, aber sie hatten völlig recht. Also: Genießt die Zeit – auch wenn Corona jetzt so vieles verunmöglicht! An die Frauen, an die Mädels gerichtet: Entwickelt Selbstbewusstsein! Ich habe damals durchaus auch meine Essstörungen gehabt und das ist schon ein massives Thema g wesen. Also genieße deinen Körper und fühle dich wohl in deinem Körper! Und verlass dich auf dein Bauchgefühl! Ich glaube, dass ich bei meinen Entscheidungen erstaunlicherweise mein ganzes Leben immer gut auf mein Bauchgefühl hören konnte. Das habe ich jetzt nicht groß analysiert oder mich groß damit auseinandergesetzt. Auch habe ich mich nicht groß mit Zielen beschäftigt, sondern ich bin Schritt für Schritt nach Bauchgefühl und Intuition weitergegangen und, selbst wenn es blöd oder banal klingt, es ist etwas, worauf ich mich nach wie vor verlasse. Vielleicht noch etwas: Sie sollen Torberg lesen. Es gibt nichts Besseres als Die Tante Jolesch. Friedrich Torberg war ja selbst Schüler der Wasagasse und ich finde ihn nach wie or ganz großartig. Die andere Seite, sozusagen die nicht-jüdische Seele Wiens, ist natürlich der Herr Karl. Das ist einfach großartig. Ich hörte mir vor zwei Jahren bei einer Autofahrt auch Qualtingers Lesung von „Mein Kampf“ auf CD an. Das klingt wie eine Anleitung, denn man erkennt genau die Muster: „Richtet euch nicht nach den Eliten, nicht nach der Wissenschaft, richtet euch nach dem Volk!“ – Wahnsinn, es ist wirklich Schema F, welches hier durchgezogen wurde. Und es funktioniert ...
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Don’t take no for an answer
Interview mit Tara Shirvani, Matura 2004, Infrastrukturexpertin. Die Beantwortung der Fragen erfolgte schriftlich. Es ist nun schon mehr als ein Jahrzehnt her, dass Sie im Gymnasium Wasagasse maturiert haben. Was sind die prägendsten Erinnerungen, die Sie an Ihre Schulzeit im Wasagymnasium haben? My most memorable moment of my time at Wasagymnasium highschool was when I organized a huge end of the year celebration party in the old “Turnhalle” for the whole school as the student representative. It was probably my first managerial ole in bringing together student representatives, vendors, teachers and party organizers. It was great fun and a good example of how all the diffe ent parties worked together to make it a success. Wie hat Ihr Schulalltag ausgesehen? Was waren Ihre Lieblingsfächer? I often felt quite misunderstood while I was at Wasagasse. I remember day to day life wasn’t as smooth sailing as my parents or I had wished for. As a kid of Persian parents but born in Austria, it was a struggle to feel understood and well-integrated back then. In some classes, it got clear that professors had their favourites and those kids would get a lot more preferential treatment or get away with doing less. I do remember that I had to work extra hard and still this wasn’t always appreciated, and I didn’t get the special attention children at that age need to really nurture their talents and passions. Looking back now, I do think that Wasagasse back then (pre 2004) was very diffe ent from what it is now, with diffe ent values and approaches. Können Sie sich noch an gewisse Vorfälle, Begebenheiten oder Lehrkräfte erinnern? At heart I was always a rebellious girl with a strong sense of justice. I didn’t like that some teachers would treat certain people diffe ent than others. I remember clearly that this feeling of mine came to a strong tipping point with our German and History teacher. She always left me feeling that while I was good in History, I would never be as good in German because I wasn’t fully Austrian. It didn’t matter how many hours of tutoring my parents would pay for me to become better, there always remained a residual amount of bias that just wasn’t to be eradicated. And in the final year of highschool this all came to the ultimate tipping point. Matura was on the horizon and so were my future highschool grades and I was determined to get a high average grade level. I worked weeks on end and was given countless hours of tutoring, but still got a shocking Grade 4 in my final German exam. Thi completely changed my final Matura outcome and I felt a deep sense of unfairness and misjudgement. I couldn’t let that one rest, people had to know about this, and students had to be given a voice in all of this. So I reached out to the editor of Kurier newspaper and asked him
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whether I could write a short article about what I had experienced. Once the article was published, I distributed a copy to all the teachers’ mailboxes, including my German teacher’s box. For me that was my moment of reckoning, my Peter-pan moment of standing up for so many of us. Looking back, it was a very bold move of mine, and I am so happy I had the guts to go through with it at the young age of 17. Sind damals Freundschaften entstanden, die Sie auf Ihrem bisherigen, sehr internationalen Lebensweg begleitet haben? Most certainly: Laura Moser, my best friend from highschool. We are still as close as ever even though we live in diffe ent countries. Inwiefern wurden Sie durch Ihre Schulzeit in Ihrer späteren Studien- und Berufswahl beeinflusst? I think if anything my time during highschool showed me: that I don’t want to stay in Austria and rather want to be working and living in an international environment. I guess the first steppingstones towards my decision to work for the World Bank were already laid back then. Worin sehen Sie die positiven Seiten Ihrer Ausbildung im Wasagymnasium? Was ist Ihnen die Schule aus Ihrer heutigen Sicht schuldig geblieben? I think Wasagasse owes me a lot more appreciation at the individual student level. Back then, with class sizes between 25 and 30 people, there was no one-on-one focus given to individual students and their particular talents and interests. Teachers were quick to categorize and stereotype you and then stick to that overall assumption about you for the rest of the year. Having gone on to study both at Oxford University and Cambridge University I now have a much stronger appreciation for the importance of one-on-one tutoring and nurturing of every individual’s skillset. Likewise, the importance of foreign languages and training of STEM skillsets which now have become so vital in the age of Industry 4.0 and digitalization was something completely untouched back then. Sie haben in verhältnismäßig kurzer Zeit auf beeindruckende Weise Karriere gemacht. Was bedeutet Erfolg für Sie persönlich? Success for me equals unrelentless grit, passion and determination to follow your goals. Regardless of nay-sayers, of people who don’t believe in you along the way or who don’t fully understand your vision and hopes for the future. Success also means endless hours of hard work and perseverance, well into the early morning hours, without the glitz and glam of magazine covers and interviews. As I truly believe that there is no such thing as a ‘short-cut’ to achieving success, the right educational foundation and background is probably the single best investment one can make for the future to ensure you are on the right track.
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Wie sehen Sie die Bemühungen europäischer Schüler*innen in Sachen Klimawandel? Was muss Ihrer Meinung nach geschehen, um das Ruder trotz der fortgeschrittenen Stunde herumzureißen? Pre-pandemic, global climate change movements such as Extinction Rebellion and Fridays for Future were asking for the global “degrowth” of our economies – immediately– not in 2050. A collective push was emerging for the diversion of finance f om consumption to building low-carbon economies, advocating to prioritise the health of the environment over the health of a global economy underpinned by principles of capitalism and globalisation. To some, pre-COVID, this collective behavioural change was once a long-shot and more of a hippy dream rather than rooted in reality. Th transition towards a low-carbon economy entails a radical shift in the carbon intensity of our global gross domestic product (GDP). This economic shift was one many governments were unwilling to fully embark on pre COVID-19. Now to many the pandemic has shown that a new way of living, working and travelling – more climate friendly – may not be as much of a long-shot as we once thought. (More info can be found in my latest Blog for Forbes Magazine here: https://www.forbes.at/ artikel/never-let-a-good-crisis-go-to-waste.html). Welche Botschaft beziehungsweise welchen Rat würden Sie den heutigen Schüler*innen des Wasagymnasiums gerne übermitteln? The best advice Ive probably ever been given was not to take ‘no’ for an answer. We are in an incredibly fast-moving and ever evolving world and just because one person or one group doesn’t agree with your vision, approach or solution it doesn’t mean that you have reached the ceiling of the possible. In fact, it may just mean that your current audience has.
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Den Menschen dahinter sehen
Interview mit Felix Kammerer, Matura 2014, Schauspieler, Ensemblemitglied des Burgtheaters. Das Gespräch wurde geführt von Meta Gartner-Schwarz. Es ist sechs Jahre her, also fast schon wieder eine Schülergeneration, dass du maturiert hast. Darüber habe ich noch gar nicht so nachgedacht. Das finde ich ganz furchtbar: Eine Generation! Wie würdest du deine prägendsten Erinnerungen an die Schulzeit zusammenfassen? Ich sehe die Augen meines Gegenübers plötzlich ganz groß werden, wenn ich erzähle, dass ich samstags Unterricht habe. „Wirklich? Samstags Unterricht?“ Das war immer so ein Moment: Andere Schulen haben das nicht. Wir sind etwas Besonderes. An diesen Samstagen war der Unterricht viel kürzer. Wir hatten nur vier Stunden oder so, meistens noch gekoppelt mit Sport oder Werken, also gefühlt noch kürzer, und die Schule war fast leer. Es gab, glaube ich, nur zwei oder drei Klassen, die samstags Unterricht hatten. Das war einfach etwas Besonderes. Ja, und genauso war es auch mit Altgriechisch. Die Schule bietet diese Sprache an und man weiß, das machen nur noch die Schotten und das Akademische Gymnasium. Diese futzikleine Runde, die Altgriechisch mit der tollen Frau Professor Masek in dem „Griechenkammerl“ hatte, das war etwas Besonderes. Ich würde dafür kämpfen, dass dieses Unterrichtsfach erhalten bleibt. Ich war zwar nie besonders gut in Altgriechisch, eigentlich sehr schlecht, aber trotzdem mochte ich das Fach. Anders als Latein wirkt Altgriechisch auf mich so, als hätte man Philosophie in Sprache gegossen. Dieses Fach hat mir viel gebracht. Deshalb bin ich auch sehr dankbar, dass es in der Schule angeboten wurde. Wie hat dein Schulalltag ausgesehen? Mein Wecker läutet um 07:00 Uhr – ich habe mir jeden Tag leidgetan –, ich stehe auf, frühstücke etwas, gehe um 07:30 Uhr los, bin um 07:45 Uhr in der Schule, gehe in die Klasse, mache dann, was verlangt wird. In der Unterstufe war der größte Spaß in den Pausen, meist in diesen „Untergrund-Spind-Katakomben“: mit dem Roller herumfahren, warten, wann denn jemand kommt und sagt: „Tu das nicht, du könntest dich verletzen!“, und ein bisschen durch die Schule rennen; später cool in oder vor der Klasse sitzen, weil man dann schon zu alt ist, um da unten mit dem Roller herumzuspielen. In der Unterstufe war ich bis fünf in der Nachmittagsbetreuung, habe dort die Hausübungen gemacht – oder so getan – und wurde dann abgeholt. Das war relativ unspektakulär. Später, in der Oberstufe, wurde es interessanter, besonders in der 7. Klasse und vor allem
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natürlich während der Maturavorbereitung, da war die Atmosphäre schon ein bisschen wie auf der Uni: Ich habe Fächer gewählt, spezialisiere mich und besuche nur in diesen Fächern den Unterricht. Danach setze ich mich mit Freunden noch in den Park oder vor die Schule. – Das fand ich schön, man hatte ein bisschen mehr Freiheit. Es war im positiven Sinn ein normaler Kinder- bzw. Jugendalltag. Was Lieblingsfächer betrifft, so glaube ich, dass jedes Kind am Anfang immer Lieblingsfächer wie Turnen und Werken hat, natürlich weil es normalerweise keine Hausaufgaben in diesen Fächern gibt. Meine Lieblingsfächer in der Oberstufe waren Ethik bei Professor Binek, Psychologie und Philosophie bei Frau Professor Masek. Es waren die Fächer, wo ich am wenigsten lernen musste, weil man aus dem Unterricht am meisten mitgenommen hat. Es ist natürlich angenehm, wenn man den Stoff zu Hause wiederholt und merkt: Ich habe das noch im Kopf, weil das einfach sehr gut transportiert wurde, weil es mich interessiert hat. Es gab eine kurze „Phase der Physik“. In Mathematik hatte ich jedes Jahr eine Entscheidungsprüfung, einmal auch eine Nachprüfung – und in Physik gab ich Nachhilfe. Das konnte sich niemand erklären, auch ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Eine mögliche Erklärung: Physikalische Vorgänge kann man sich besser vorstellen. Vielleicht müsste es im Mathematik-Unterricht mehr Realitätsbezug geben. Massenzahlen zu berechnen fällt leichter, wenn ich mir Kugeln vorstelle, als wenn ich einen abstrakten Graphen vor mir habe. Frau Professor Lang, eine meiner Lieblingslehrerinnen, hat wirklich ihr Bestes getan, dass alles entspannt ablief. Selbst wenn man in Mathematik wirklich schlecht war und sie merkte, dass man ein Interesse für Physik hatte, wurde man trotzdem gefördert. In Englisch hatten wir Frau Professor Wolfesberger, ganz hartes Eisen, harte Schule. Man hatte das Gefühl, man werde gefordert und auch überfordert, man werde ungerecht behandelt. Ich hatte den Eindruck, dass durch den Widerstand, der sich in der Klasse gegen sie gebildet hatte – es war ein acht Jahre langer Kampf –, vielen der Knopf aufging. Durch solche Lehrer-Schüler-Konflikte, diese konstante berforderung, Forderung bis an die Grenze dessen, was gerechtfertigt ist, entsteht auch etwas Positives. Man lernt wahrscheinlich, sich in etwas reinzubeißen. Ich denke, das muss man öfter im Leben. Das ist etwas, was man lernen sollte. Irgendwann musst du es können, um das zu erreichen, was du möchtest, egal ob auf privater oder persönlicher Ebene. Ebenfalls sehr wichtig ist, zu erkennen, dass man ein Problem hat, und einen Lösungsweg zu finden. Ich habe drei negative Noten auf Schularbeiten geschrieben, die letzte Note muss positiv sein. Mit einem solchen Problem konfrontiert, muss ich mich mit mir selbst und der Materie auf einer ganz anderen Ebene auseinandersetzen. Schreibt man in der Schule nur Einser, macht man diese Erfahrung wahrscheinlich nicht und erhält einen falschen Blick auf Dinge. Ich meine, es ist ein „postponement“. Man wird das Problem später im Leben haben. Ich kann mir vorstellen, dass es auf der Uni Leute gibt, die völlig erschüttert sind, wenn sie vor einem Problem stehen, während ich Zwölfjährige kenne, die dann sagen: „Okay, Strategiewechsel, da muss ich durch.“
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Gibt es irgendwelche Begebenheiten, Vorfälle, Anekdoten, die du glaubst, teilen zu können? Es gibt natürlich 1000 Anekdoten, aber ich weiß nicht, ob ich die alle erzählen sollte. Das ist eine Gratwanderung. Ich weiß schließlich nicht, ob mir vielleicht meine Matura aberkannt werden würde. So etwas wie eine postume Disziplinarkonferenz gibt es nicht, glaube ich. Na gut, dann packe ich jetzt aus: Immer schön fand ich, wenn ich durch die Beobachtung kleiner Details plötzlich Einblick in das Privatleben von Lehrpersonen bekam. Ich merke, eine Lehrerin hält die Kreide immer so seltsam zwischen Mittel- und Zeigefinge , und weiß ganz genau: Diese Person raucht, aber ich habe sie noch nie rauchen gesehen. Sie hat sich dazu entschieden, vor den Schülerinnen und Schülern nicht zu rauchen, aus offensich lichen Gründen. Oder ich sehe auf einer Mappe einen Merchandise-Sticker für eine Serie: Ah, du bist Fan. Natürlich weiß ich das nicht. Oder ich sehe den Herrn Professor Payer, wie er mit seinem Motorrad ankommt. Das ist offensichtliche , irgendwie cool. Interessant und aussagekräftig ist auch, wie du sprichst, wie du deinen Arbeitsplatz organisierst, oder eben nicht organisierst, ob du schon wieder etwas vergessen hast. Auch Umgangsformen sagen viel aus: Hast du eine Art von Etikette im Unterricht, beharrst du darauf, dass wir einen bestimmten Umgangston miteinander haben, oder können wir einfach offen reden und der Umgangston ist egal. Ich würde alle dazu anhalten, sich diese kleinen Details genau anzuschauen. Es hilft tatsächlich, mit manchen Macken von Lehrerinnen und Lehrern umzugehen, wenn man ein bisschen die Menschen dahinter sieht. Du bist nicht nur eine Maschine, die jetzt Wissen weitergibt. Sagst du: „Was fällt dir ein, du hast schon wieder deine Hausübung nicht gemacht!“, dann höre ich nicht einfach nur Gekeife oder Kritik, wenn ich ein Nikotinpflaste an deinem Nacken sehe oder bemerke, dass du bis vor kurzem noch einen Ehering getragen hast und seit letzter Woche nicht mehr. Vielleicht weiß ich da etwas nicht. Es ist wichtig zu erkennen, dass auch Lehreraussagen in einem Kontext entstehen, dass man ein bisschen den Menschen sieht. Schüler und Schülerinnen verlangen das immer von den Lehrpersonen. Das ist eine sehr reife Haltung, die du Schülerinnen und Schülern hier abverlangst. Es ist an sich eine reife Haltung, den Menschen zu sehen, altersbedingt ist das sicher schwer, ja. Das ist letztendlich wie mit den eigenen Eltern: sie als Menschen zu sehen und nicht als Papa, der mich schon wieder ermahnt, ich soll das nicht machen, oder als Mutter, die sich ständig besorgt äußert. Eine Anekdote, auf die ich stolz bin, weil sie auf einer meiner Ideen basiert, möchte ich erzählen: Es war in der 8. Klasse am letzten Schultag. Frau Professor Wolfesberger, die zu dem Zeitpunkt unser Klassenvorstand, unsere Geschichts- und Englischprofessorin war, wir hatten mindestens zwei Stunden täglich mit ihr, beharrte darauf, dass man sich, wenn man
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nicht da war, offiziel mit einem Entschuldigungsformular entschuldigte. Die Form war sehr wichtig und das ging uns irgendwann auf die Nerven, weil sie es so radikal durchzog. Selbst wenn wir zum Beispiel dem Direktor, unserem Mathematikprofessor, diese Entschuldigung gaben, nicht ihr, dann meinte sie, diese Entschuldigung müsse zu ihr, weil sie die ausführende Beamtin sei. Daraufhin planten wir Folgendes für den letzten Schultag: Ich ließ im Copyshop ein Entschuldigungsformular auf dem größten Papier, das ich finden konnte, ausdrucken, das war A0, gedacht als Teppich, auf dem wir uns für acht Jahre Verschlafen entschuldigen wollten. Das ist übrigens kein Entschuldigungsgrund. Das hat sie uns auch immer gesagt. Deshalb wollten wir uns inoffiziel offiziel für acht Jahre Verschlafen entschuldigen, gaben ihr das A0-Formular und meinten, sie müsse jetzt noch bitte unterschreiben, als Bestätigung für den Erhalt. Sie fand‘s lustig, aber, ich glaube, nicht so lustig wie wir. Hast du noch Freunde aus der Schule? Ja. Wir haben immer wieder Klassentreffen. a trifft man dann natürlich viele auf einmal aber es gibt zwei oder drei Leute, die ich jetzt, wo ich wieder in Wien bin, regelmäßig treffe Eine Person, meine beste Freundin in der Schule, und ich finden uns gerade wiede . Es ist richtig schön, wenn man merkt, die Freundschaft hat nie wirklich aufgehört. Man kann sich treffen und es geht genauso weiter wie vor sechs Jahren. Vor etwa einem halben Jahr war ich bei der Hochzeit einer Schulkollegin. Es ist seltsam: Man hat erst vor fünf Jahren maturiert und jetzt fährt die halbe Klasse gemeinsam irgendwohin aufs Land in ein Dorf und ist bei der Hochzeit der ehemaligen Schulkollegin dabei. Ich weiß, ich bin nicht alt, aber da fühlt man sich plötzlich alt. Hat deine Schulzeit in irgendeiner Weise deine spätere Berufswahl beeinflusst? Oder war das ein Interesse, das du schon davor hattest? Natürlich, es war immer der Wunsch da, in einen künstlerischen Beruf zu gehen, da bin ich von zu Hause geprägt. Anfangs wollte ich eher in Richtung Kameramann, Regie, also eher in eine technische Richtung gehen, weil mich die Technik hinter Filmen immer sehr interessiert hat. Aber der zündende Moment, dass ich Schauspiel interessant fand, war die erste große Schulproduktion in der Wasagasse, bei der ich mitgespielt habe. In einem Jahr wurde Dürrenmatts Drama „Die Physiker“ geprobt, da spielte ich den Physiker Möbius – das war wirklich eine sehr professionelle Arbeit. Alle waren konzentriert und bereit zu arbeiten. Auch im Nachhinein gesehen waren das sehr professionelle Proben. Es war ein ernstzunehmendes Theaterp ojekt. Danach dachte ich: Das finde ich wirklich super, vielleicht könnte ich etwas in diese Richtung machen. Die Entscheidung, das als Berufswunsch ernst zu nehmen und zu studieren, die kam in einer Jugendtheatergruppe, der
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ich in der 7. Klasse beigetreten war, aber das Freifach Darstellendes Spiel in der Schule, das war die Initiation, der zündende Moment. Ich war zuletzt wieder bei einer Schulvorstellung, weil mich Frau Professor Silberbauer eingeladen hat. Ich finde es unglaublich wichtig, dass eine Schule eine Theater uppe hat. Jedes Kind sollte innerhalb der Schulzeit einmal auf einer Bühne gestanden sein. Es ist so wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit, einmal zu spüren, wie es ist, etwas, was nicht benotet wird, auf einer Bühne vor mehreren Leuten vorzutragen. Das kann beim Mitwirken an einer Theaterp oduktion sein, aber auch bei einem musikalischen Abend, wo ich Klarinette spiele oder ein Gedicht vorlese. Jenseits der Talenteförderung und des Entdeckens einer bestimmten Leidenschaft ist es psychologisch für Kinder enorm wichtig zu sehen, dass sie in Rollen schlüpfen und jemand anderer sein können, dass sie auch ein bisschen damit umgehen lernen und dieses Wissen in den Alltag mitnehmen können. Ich appelliere an die Verantwortlichen, dieses Format ernst zu nehmen und weiterzuführen. Es ist keine Freizeitbetätigung nur zum Spaß, sondern eine Erziehungsform. Es hat auch etwas mit Disziplin zu tun: sich mit einem Thema auseinanderset en, einen Text lernen, Zeiteinteilung, Zusammenarbeit. Ich würde die Leute darin bestärken, an der Unverbindlichen Übung Darstellendes Spiel teilzunehmen, selbst wenn es nur für ein Jahr ist. Was ist dir aus heutiger Sicht die Schule schuldig geblieben? Ich finde wichtig, dass ich ernst genommen werde, auch wenn ich nicht Medizin, Volkswirtschaft oder etwas Ähnliches studiere. Das ist nicht passiert, bei ganz vielen nicht passiert. Ich glaube, dass das einen Großteil der Leute in dieser Schule betrifft Dass die akademische Seite der Ausbildung als vorrangig gesehen wird. Als einzig vorrangig. Ich möchte vielleicht Tätowierer werden oder Musik machen, das sind beides künstlerische Dinge, oder Sozialarbeit studieren. Ich habe großes Interesse in Geografie und Geschichte. Wie wäre es also mit Stadtplanung oder so? Ich möchte mit meinem Interesse für einen Beruf, auch wenn er keinem traditionell anerkannten akademischen Fach zugeordnet werden kann, ernst genommen werden. Mein Interesse für den Schauspielerberuf wurde lange Zeit mit dem Hinweis, Theaterspielen sei nur ein Hobby, abgetan. Der Beruf ist einfach nicht so angesehen und deshalb wurde mir jahrelang gesagt: „Konzentriere dich auf die Schule. Wir merken, die Schularbeitsnoten sind schlecht, weil du viel probst, dich zu sehr aufs Theater konzentrierst.“ Als wir ein Gastspiel mit dem Jugendtheater im Stadttheater hatten, lud ich möglichst viele Professorinnen und Professoren ein, und nachdem sie die Auffüh ung gesehen hatten, gab es diese Probleme tatsächlich nicht mehr, weil sie erkannt haben, dass wirklich eine Leidenschaft dahinter ist, das Ergebnis hochprofessionell und interessant ist, die Menschen bewegt, Hand und Fuß hat. Ich hätte mir gewünscht, dass ich mit meinen Leidenschaften und Interessen ohne Vorbehalte ernst genommen worden wäre.
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Interessiert sich jemand für Gartenplanung und Gartengestaltung, sollte er nicht hören, dass er sich lieber auf Wichtigeres, zum Beispiel Mathematik, konzentrieren soll, sondern ermutigt werden: „Ich weiß, das ist nicht das, was du machen möchtest. Versuchen wir dich halt durchzukriegen, weil in Biologie und im Freifach Gartenplanung, da bist du sehr interessiert, in Mathematik nicht so. Aber das schaffen wir schon.“ Dass ich ernst genommen wurde in meinen Belangen, das kam leider hier viel zu kurz. Ein sehr interessanter Punkt. Das ist Kritik am konkreten Schulstandort, aber auch am System. Kritik auch ein bisschen an der traditionellen Gymnasialform, die einen ganz starken Fokus auf die herkömmlichen bzw. traditionell anerkannten akademischen Fächer legt. Es hat insofern mit dem Wasagymnasium zu tun, als sehr viele Professorinnen und Professoren an unserer Schule sehr hoch gebildet sind, einen sehr hohen Ausbildungsstand haben. Viele unterrichten auch an der Universität. Dadurch ergibt sich eine hohe Leistungsorientierung und sie werden eher dazu verleitet, die Schülerinnen und Schüler zu mehr Leistung, zu höheren Zielen zu puschen. Einerseits ist das sehr gut, weil man dadurch eine sehr gute Ausbildung zum Beispiel in Englisch oder in Geschichte bekommt, andererseits aber kann es ins Gegenteil kippen. Das ist ein zweischneidiges Schwert. Du hast dann ja auf sehr beeindruckende Weise dieses Nicht-Hobby zum Beruf gemacht. Was bedeutet Erfolg für dich? Wenn ich das machen kann, was ich wirklich machen möchte, was ich jetzt gerade machen möchte. Das ist für mich Erfolg. Mir ist komplett egal, ob ich im Burgtheater spielen darf und große Rollen habe oder ob ich freischaffend bin und ein paar kleine erien drehe. Erfolg ist losgelöst von der Außenwirkung. Wenn ich wirklich zufrieden bin mit dem, was ich gerade mache, dann würde ich sagen, bin ich wirklich erfolgreich. Gerade nach der Zeit in der Schule, wo ich das Gefühl hatte, ich kann nicht das machen, was ich möchte, hinauszugehen und GENAU das zu machen, was ich immer wollte, das ist Erfolg. Es ist eine Form von Genugtuung. Lange war ich skeptisch, aber jetzt bin ich da, wo ich immer sein wollte, jetzt fühle ich mich erfolgreich. Wie hast du die Coronakrise als Schauspieler bisher erlebt? Ich spreche, gerade in diesem Metier, aus einer extrem privilegierten Situation, weil ich fest angestellt bin, ein monatliches Gehalt bekomme, mir keine Sorgen darum machen muss, dass ich meine Miete nicht mehr zahlen kann. Ich kann mich ins Kaffeehaus setzen und nichts tun. Das geht nur in dieser Position einer festen Anstellung, als freier Mitarbeiter wäre das ganz anders. Ich fange am 24. August wieder zu arbeiten an, dann habe ich ein halbes Jahr keinen Finger gerührt. Daher spreche ich eher aus der Position, in der nicht arbeiten dürfen zur
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Last wird. Die ersten paar Wochen waren spannend und aufregend, nach ein, zwei Monaten setzte ein anderes Gefühl ein. In der DDR war es ja gang und gäbe, auch heute ist das noch in restriktiven Systemen, dass Leute, die gerade in der Kunst Widerstand leisteten, mit Arbeitsverboten belegt wurden. Nicht arbeiten zu können bzw. nicht arbeiten zu dürfen wird irgendwann zur Last. Da ist diese Langeweile. Dazu kommt, dass ich mein Hobby, meine größte Leidenschaft, zu meinem Beruf gemacht habe, und das entwickelt sich jetzt zu einem gewissen Problem, weil ich merke, ich habe keine anderen Interessen. Ich gehe gern klettern, ich fahre gern Fahrrad, ich mache viel Sport, aber ich habe konkret jetzt nichts, wo ich mich festhalten kann, wenn ich nicht an diesem Theater arbeite, eil sich diese beiden Welten miteinander verbunden haben. Vorher war ich in der Schule und habe Thea er gemacht, und das war Arbeit und Freizeit. Jetzt ist meine Arbeit zu einem gewissen Teil gleichzeitig auch meine Freizeit. Nichts zu tun zu haben stürzt einen in schwere Fragen: Was ist eigentlich mein Nutzen? Wieso bin ich komplett aufgeschmissen, wenn ich nicht Theater spielen da f? Was bin ich ohne den Beruf? Eigentlich furchtbar, wenn ich ohne meinen Beruf nichts bin, wenn ich mich nur durch meinen Beruf definie e. Das ist alles anstrengend und geht in eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit sich selber über. Während ich diese Fragen und Gedanken ausspreche, ist mir bewusst, dass ich gerade hier sitzen und meinen Kaffee trinken kann, ohne mir überlegen zu müssen, wo ich 10 € herbekomme, um mir ein Brot zu kaufen. Die jetzige Situation wirft sicher für viele Jugendliche interessante Fragen auf. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt, dass sich Schülerinnen und Schüler mit etwas auseinandersetzen, was nicht Schule ist, den Horizont erweitern, einfach schauen, was sie abseits ihrer nächsten Hausaufgabe interessiert, worauf sie jenseits ihrer Hausaufgaben stoßen. Du schreibst zum Beispiel einen Opinion-Essay und bemerkst, dass du dich ernsthaft für Sozialarbeit interessierst und informierst dich noch genauer über dieses Thema Meine letzte Frage ist eine schwierige: Welche Botschaft würdest du heutigen Schülerinnen und Schülern der Wasagasse geben? Und eine zweite, sehr ähnliche Frage: Welchen Tipp würdest du jetzt deinem 16-jährigen Selbst geben? Mir geistern Situationen durch den Kopf, als ich noch in der Schule war und mir Lehrer, Eltern und Freunde, ältere Freunde, sagten: „Du wirst mir noch einmal danken dafür, dass ich dir diesen Rat gegeben habe! Jetzt machst du einmal Latein. Mathematik mag jetzt blöd sein, aber später wird es dir helfen.“ Es gibt viele Momente, wo das stimmt, es gibt aber auch ganz viele Momente, wo das nicht stimmt. Manche Dinge, die ich in der Schule gelernt habe, waren für die Katz‘. Aber ich glaube, es geht weniger um das, was ich lerne, sondern wie ich lerne beziehungsweise, dass ich lerne. Ich betrachte diese Tatsache aus dem Theate -Blickwinkel. Im Theater geht es auch eniger darum, was man erzählt, sondern was für ein Muster, welchen Mechanismus man
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dadurch aufzeigt, also darum, was dahintersteht. Wenn man in der Schule Latein lernt und Altgriechisch oder Spanisch, Französisch, Deutsch, Englisch, oder auch Mathematik, kann es einem sehr helfen, die Mechanismen dahinter zu sehen, also zu versuchen, das größere Ganze zu erkennen: Ich lerne jetzt nicht nur Vokabeln, damit ich diese Sprache sprechen kann, sondern ich setze mich, wenn ich zum Beispiel Französisch lerne, auch mit einer Kultur auseinander. Lerne ich Altgriechisch, setze ich mich de facto mit allem, worauf unsere Gesellschaft aufbaut, auseinander. Ein Fun Fact, das ich mir immer merken werde: Das Wort Asphalt kommt aus dem Altgriechischen von sphallo und sphallo bedeutet zu Fall bringen, und das verneinende Alpha privativum macht es zu etwas, worauf man nicht stolpert. Wenn man den Blick auf diese Details richtet, auf die Zusammenhänge, dann kann man mehr lernen als nur das, was auf dem Papier steht. Dann lernt man wirklich etwas, dann erweitert man sein Selbst, dann wird man als Mensch größer. Wissen kann ich auch auf Wikipedia nachlesen. Aber ich kann nicht auf Wikipedia nachlesen, was es mit mir macht, wenn ich plötzlich Zusammenhänge sehe, in einer Gesellschaft, in der Welt, in mir selbst. Deswegen würde ich Schülerinnen und Schülern mitgeben wollen, dass sie den Stoff den Unterricht mit einem zwinkernden Auge konsumieren sollen, nicht als etwas, was man jetzt lernen MUSS, eher als eine Art Vehikel, um das, was einen vielleicht interessiert, mit sich und seiner Umwelt in Verbindung zu setzen. Es ist egal, was mich interessiert, wenn mich wirklich etwas interessiert. Wenn ich eine Leidenschaft habe, dann werde ich einen Weg finden, einen unkt, wo ich diese Leidenschaft in Verbindung mit der Welt um mich herum setzen kann. Vielleicht ist es dafür wichtig, sich einmal zu fragen: Was würde ich wirklich lernen wollen, wenn ab heute sämtliche Schulen geschlossen würden, wenn diese Einschränkung durch Corona für immer wäre? Was würde mich so sehr interessieren, dass ich die Kraft aufbrächte, mir das selbst beizubringen? Es passiert oft erst irgendwann im Alter, dass man anfängt, Sprachen zu lernen oder ein Steckenpferd zu entwickeln. Fragt man viel früher nach diesen Interessen, hat man die Chance, diese vielleicht sogar mit dem Unterricht in Verbindung zu bringen und dadurch Mehrwert zu entwickeln. Dann kann Schule auch Spaß machen.
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Direktor am Wasagymnasium sein – Eine spannende Herausforderung „Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken; sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben.“ (Konfuzius)
Es war eine der ehrenvollsten Aufgaben in meinem Berufsleben, fast sieben Jahre lang Direktor am BG Wien 9, dem sogenannten „Wasagymnasium“ sein zu dürfen, und es bedeutet mir viel, dass ich jetzt, da ich schon seit fast doppelt so langer Zeit nicht mehr Schulleiter bin, um einen Beitrag zur Festschrift „150 Jahre Wasagymnasium“ gebeten wurde. Wenn man vom provisorischen Leiter nach meiner Amtszeit, dem jetzigen Direktor des GRG15, Diefenbachgasse, Mag. Langegger, absieht, bin ich der einzige noch lebende „Altdirektor“ des Wasagymnasiums und schreibe als solcher diesen Artikel umso lieber, weil es genau defi ierte Leitfragen des Redaktionsteams gibt, die es ermöglichen, einen schönen Bogen über das Thema „Schulleitung am BG9“ zu spannen. Diese Erfahrung, jetzt auch schon angereichert um langjährige Erfahrung in der Schulaufsicht, lehrt mich, was ich in Führungskräfteschulungen gerne auch an junge Direktor*innen weitergebe: Direktorin oder Direktor zu sein ist die wohl für einen einzigen Menschen unschaffbarste Aufgabe, die das System Schule zu bieten hat. Als ich nach 18 Jahren als Lehrer im BG Wien 8, dem sogenannten „Piaristengymnasium“, mit der Leitung des BG9 betraut und später zum Direktor ernannt wurde, wusste ich das Gott sei Dank noch nicht! Aber eines eint die Perspektive des noch unbelasteten werdenden Direktors mit der des an Erfahrung reicher gewordenen gewesenen Direktors: Trotz aller Herausforderungen und trotz des gerade in Krisenzeiten immer wieder aufkommenden Gefühls, das alles gar nicht bewältigen zu können, ist die Funktion einer Direktorin oder eines Direktors der Beruf in der Schule, der den größten Gestaltungsspielraum bietet. Ich denke oft mit Dankbarkeit und Stolz an das Team zurück, das ich damals führen durfte und mit dem es gelungen ist, so vieles zu gestalten, wobei mir der Aufbau der Kontakte mit den Volksschulen und die Spezialisierung der Typen in der Oberstufe – KPR (Kommunikation, Präsentation und Rhetorik) und IKT (Kommunikations- und Kommunikationstechnologie) – als Höhepunkte am einprägsamsten in Erinnerung geblieben sind!
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„Was bedeutet es, Direktor an einem klassischen Gymnasium zu sein bzw. an einem Haus mit solchem Renommee?“
So lautet eine vom Redaktionsteam dieser Festschrift formulierte Leitfrage zu diesem Beitrag. Nun, ich wurde an einer dem BG9 durchaus nicht unähnlichen Schule von Junglehrerzeiten an in meinem Beruf sozialisiert. Trotzdem oder vielleicht gerade, weil ich somit insgesamt ein Vierteljahrhundert an so „renommierten“ Schulen gearbeitet habe, muss ich gestehen, dass ich ein Problem mit dem Wort „Renommee“ habe. Zwar halte ich das damit verbundene Selbstbewusstsein für hilfreich beim Aufbau eines Teamgedankens, aber ich sehe schon auch die Gefahr, hinter der glänzenden Verpackung auf die ständige Reflexion der Inhalte zu wenig zu achten. Wir waren in der Zeit, für die ich es beurteilen kann, nicht gut, weil wir „das Wasagymnasium“ waren, sondern wir waren gut, weil wir uns intensiv mit der Frage beschäftigt haben, wofür wir denn stehen, wer oder was wir sein wollen, und vor allem, was wir den uns anvertrauten jungen Menschen bieten wollen und können! In den Jahren, als ich mich mit der Vorbereitung auf eine Schulleitung beschäftigt und meine Berufskarriere aufzubauen begonnen habe, kamen gerade „Schulmanagementkurse“ in Mode. Das Berufsbild von Direktor*innen hat sich damals – in den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts – im Zuge des Aufbaus von Schulautonomie stark gewandelt, und es war richtig, dass künftige Schulleiter*innen „Managementfähigkeiten“ entwickeln konnten, aber Management allein ist zu wenig. Von „manu agere“, mit der Hand etwas tun, leitet sich dieser Begriff ab und b zeichnet somit das „Handwerk“ von Führungsverantwortung. Zweifellos ist das eine wichtige Voraussetzung für Vorgesetzte, aber gute Führung ist mehr: „Leadership“ ist der vielfach dafür verwendete Begriff (weil jedes Nomen, das mit Führer assoziiert ist, im deutschsprachigen Raum auf Grund historischer Belastung negativ konnotiert ist). Ein großes Ziel habe ich als Direktor des BG9 immer darin gesehen, dieses Leadership besonders dadurch zu leben, dass ich zum gemeinsamen Nachdenken über Bildung und das daraus resultierende Entwickeln sinnvoller Bildungslaufbahnen an unserer Schule ermuntert habe. Ich denke mit großer Dankbarkeit immer wieder daran zurück, dass so viele Menschen mir in diesem Nachdenkprozess gefolgt sind! Ich habe mich oft gefragt, warum sie das tun, und das führt mich schon zur nächsten vom Redaktionsteam dieser Jubiläumsschrift formulierten Leitfrage: Welche Voraussetzungen braucht man, um eine Schule leiten zu können?
Diese Frage will ich erstens einmal allgemeiner formulieren („Was macht gute Führungskräfte aus?“) und zweitens mit der Definition des ührungsbegriffes erbinden: Das Wort
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„Pädagoge“/„Pädagogin“ beinhaltet etymologisch gesehen das Wort „führen“ War es ursprünglich ein sehr konkreter Terminus – Pädagogen (für die Zeit der Entstehung dieses Wortes erübrigt sich eine heute natürlich übliche Genderung) als Menschen, die Kinder in die Schule geführt haben –, können wir den Begriff „Pädagog*in“ heute abstrakter sehen als Menschen, die die ihnen anvertrauten jungen Leute führen und ihnen Orientierung und Halt geben sollen. In diesem Sinn ist die erste (und aus meiner Erfahrung die schwierigste) Führungsarbeit die, die wir als Eltern zu leisten haben. Immer wieder und auch für diesen Beitrag werde ich nach meinen Vorbildern dafür gefragt. Da gibt es natürlich ganz konkrete Menschen (denen ich das auch immer wieder persönlich gesagt habe und sage), aber für mich gibt es eine wegweisende Philosophie, die Führungskräften als Vorbild dienen kann, nämlich die benediktinische Lebenshaltung, die in der Regula Benedicti – natürlich versehen mit Elementen, die nur in ihrem historischen Kontext verständlich und akzeptabel sind – so schön formuliert ist. Anselm Grün, der langjährige Cellerar der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, bei dem persönlich ich mit einigen Kolleg*innen zwei Fortbildungen erleben durfte, formuliert in seinem berühmten Buch „Menschen führen – Leben wecken“ so wunderschön und nachvollziehbar, wie gerade das so genannte Cellerarkapitel (caput XXXI) Anleitungen für Führungskräfte gibt, die seit nun mehr eineinhalb Jahrtausenden unverändert Gültigkeit für sich beanspruchen dürfen. Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, sich ausführlicher diesem Text (dessen Lektüre aber wirklich empfohlen werden kann) zu widmen, aber meinen absoluten Lieblingsbegriff aus dem so konzentrierten und schönen ersten Satz von Kapitel 31muss ich ganz einfach zitieren: Eine Führungskraft müsse „non turbulentus“ – nicht aufgeregt, bei allem Engagement gelassen – sein, formuliert es Benedikt von Nursia! Wenn man das in dem historischen Kontext liest, dass Benedikt bei seinem ersten Versuch einer Klostergründung gerade an seiner Unbeherrschtheit und seinem Jähzorn gescheitert ist, weil es letztlich niemand mit ihm ausgehalten und ihm alle Brüder davongelaufen sind, dann ist das eine besonders spannende Formulierung. Sein Welterfolg Montecassino wäre nie zu einem so bedeutsamen Meilenstein geworden, hätte Benedikt nicht aus seinem ersten Scheitern gelernt und erkannt, dass Führung Ruhe und nicht Hektik, Behutsamkeit und nicht bloße Betriebsamkeit (heute würde man sagen „Aktionismus“) erfordert. Ich sehe das gerade für die Führungsarbeit in der Schule als so bedeutend an, weil unser Schulsystem eben in einer klösterlichen Tradition seine Wurzel hat. Schon der Begriff „Schule“ ist ja etymologisch gesehen das rogramm in diese Richtung, bedeutet doch „σχολή“ „Ruhe, Muße“. Lernen und Hektik vertragen sich ganz einfach nicht. Wenn ich also eine Hitparade von Eigenschaften und Haltungen formulieren soll, die eine*n gute*n Schulleiter*in ausmachen, würde ich „non turbulentus esse“ (heute sollten wir das natürlich auch gendern – „non turbulenta esse“) an die erste Stelle reihen!
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Schöne und weniger schöne Erfahrungen
Es ist eine Gnade, die uns geschenkt ist, dass sich meistens die schönen Erinnerungen nachhaltiger einprägen, aber ich möchte schon ehrlich sein, dass es auch Phasen in meiner Zeit als Direktor gab, in denen ich die Welt nicht mehr verstanden habe. Aber das dürfte wohl in keinem Beruf und in keinem Menschenleben anders sein! Je älter (und hoffentlich erfahrener) ich werde, umso wichtiger erscheint es mir, dass wir uns nicht von den wenigen unschönen Ereignissen die vielen schönen Ereignisse überdecken lassen. „Was mich kränkt, bestimme ich“ und „Das Glas ist halb voll und nicht halb leer“ können gute und Kraft spendende Mottos für diese Einstellung sein. Natürlich ist nie jemand oder etwas so gut, dass man sich nicht mit großem Engagement bemühen muss, noch besser zu werden, aber die Schule ist viel besser, als sie in manchen apokalyptischen Darstellungen gezeichnet wird! Wer es erleben darf, den Weg junger Menschen von ihrer Kindheit bis in das junge Erwachsenenalter zu begleiten und zu beobachten, wird sich keine Sorge um die Zukunft unserer Gesellschaft machen müssen. Und hier sei schon die Bemerkung erlaubt, dass das auf das BG9, das sogenannte Wasagymnasium, in ganz besonderer Weise zutrifft Schule und Team
In der Schulgeschichte hat – was man historisch mit dem ursprünglich unbestreitbaren Wissensmonopol der Lehrer (= Priester) gut begründen kann – Teamarbeit wenig Tradition. Außerdem dürfte es außer Streit stehen, dass bei noch so professioneller Methodik und bei noch so ansprechenden Lernmaterialien letztlich Lernen vielfach etwas sehr Individuelles ist. Wenn ein antikes Sprichwort besagt, dass die Wurzel der Wissenschaft bitter, die Früchte aber süß seien, so drückt das schon aus, was Neil Postman in seinem berühmten Werk Wir amüsieren uns zu Tode ausführlich darstellt: Die Aneignung von Wissen macht nicht immer Spaß, ist manchmal hart und kann mir von niemandem abgenommen werden. Trotzdem ist es wichtig, Schule als Raum der Gemeinsamkeit zu verstehen und zu gestalten. Immerhin hat die Schule außer dem Aneignen von Wissen auch die Funktion, das Leben in einer Gemeinschaft zu erlernen. Diese pädagogische Selbstverständlichkeit hat durch die Formulierung im § 2 des Schulorganisationsgesetzes auch große juristische Wirkmächtigkeit erhalten, und zwar ganz unabhängig davon, ob und wie gut wir die in diesem Gesetzestext formulierten Ziele erreichen. Es gehört zu meinen schönsten Erinnerungen in meiner Zeit als Direktor des Wasagymnasiums, dass ich dieses Teamgefühl oft erleben durfte. Die Schulleitung, das Administrations- und Sekretariatsteam, die Lehrer*innen, die Schulwart*innen, Schüler*innen und Eltern haben wichtige Beiträge zum Erfolg des Gesamtsystems geleistet. Natürlich gibt es dabei immer wieder Reibungspunkte und unterschiedliche Zugänge; es gibt natürlich auch
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Menschen, die eigene Verantwortung nicht wahrnehmen, sich dafür in fremde Verantwortungen einmischen (das ist jener Punkt, wo es mir ganz besonders schwerfällt, „non turbulentus“ zu bleiben). Aber ohne im Rückblick allzu romantisierend auf das zu schauen, was wir in den fast sieben gemeinsamen Jahren erleben durften, kann ich guten Gewissens sagen, dass auch im sozialen Zusammenleben das Schöne bei weitem das weniger Schöne überwogen hat. Welche Rolle spielt Parteipolitik heute noch?
Auch um diese vom Redaktionsteam formulierte Leitfrage möchte ich mich nicht herumdrücken und eine ehrliche Antwort versuchen. Gar nichts anfangen kann ich mit der Forderung, Schule müsse „unpolitisch“ sein. Ist „politisch“ etymologisch betrachtet ein Mensch, der sich um die „Polis“, die Gemeinschaft, kümmert, so hat das Griechische den „ἰδιώτης“ als Gegenbegriff dazu formuliert. Das war ursprünglich keineswegs als Schimpfwort gedacht, sondern der Begriff für einen Menschen, der sich nur um das „ἴδιον“ – um seine eigene Angelegenheit – kümmert. Ich denke, gerade in einer Schule mit so langer Tradition auch des humanistischen Gymnasiums (was für mich übrigens eine ganz wesentliche Motivation war, mich gerade um die Leitung dieser Schule zu bewerben) darf man in einer Festschrift mit dieser Etymologie begründen, dass das Gegenteil von „politisch“ somit „idiotisch“ wäre, und das will wohl niemand! Etwas anders verhält es sich natürlich mit dem leider nicht immer präzise genug unterschiedenen Begriff „parteipolitisch“. Wie damit umzugehen ist, ist in Gesetzen und Erlässen klar geregelt, und auch in der Praxis wird dieser Einfluss meiner Erfahrung nach deutlich überschätzt. Ja, das Proporzsystem bei Postenbesetzungen hat in der Geschichte der 2. Republik eine lange – und historisch durchaus begründbare – Tradition, aber dieser Einfluss nimmt immer meh ab. Meine politische Gesinnung ist und war nie ein Geheimnis, aber eines ist schon klar: Heute wird niemand mehr Direktor*in, weil er oder sie einer bestimmten politischen Partei angehört! Viele treue und langjährige Parteimitglieder verschiedener Fraktionen sind in den letzten Jahren ganz einfach an den Hürden des Objektivierungsverfahrens gescheitert. Und im Berufsalltag einer Schulleiterin oder eines Schulleiters spielt das dann überhaupt keine Rolle. Ich musste natürlich – wie jede Führungskraft – in dieser Zeit viele Entscheidungen treffen, manche waren unpopulär, einige aus heutiger Sicht auch falsch (aber das ist ja das Wesen von Entscheidungen, dass man sie nicht ex posteriori trifft), aber ganz siche war keine einzige Entscheidung von meiner politischen Herkunft geprägt. Dazu sind pädagogische Fragen ganz einfach viel zu stark von pragmatischen Notwendigkeiten und individuellen Zugängen geprägt. Und es gibt in der Tat keine schwarze, rote, grüne oder sonst wie politisch färbige Pädagogik, sondern nur eine vernünftige oder eine unvernünftige. Umgekehrt möchte ich aber schon auch einen positiven Aspekt zu diesem The a einbringen: Wir sollten dankbar sein, dass es verschiedene politische und weltanschauliche Zu-
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gänge zu den Fragen des Lebens gibt; mir ist aus der Geschichte kein einziges Beispiel eines Einparteiensystems oder einer erzwungenen Meinungshomogenisierung bekannt, das einer Gesellschaft Erfolg gebracht hätte. Schule ist Leben. Und Leben ist Dialog und Kontroverse. Wenn ich vom Redaktionsteam um ein „Vermächtnis“ gebeten wurde, so ist mir der Begriff fast zu groß! Lieber schließe ich mit dem, was ich dem Wasagymnasium für die Zukunft wünsche: „Ama et fac quod vis“ – „Liebe, und mache, was du willst“ ist ein berühmter Satz des Augustinus, den wir gut auf unsere Schulwirklichkeit übertragen können: Ich wünsche allen am Schulleben des Wasagymnasiums heute und in der Zukunft Beteiligten, dass es gelingen möge, mit Wertschätzung und Respekt, ja, nennen wir es „Liebe“, miteinander umzugehen! Ich wünsche den Schüler*innen, den Lehrer*innen und der Schulleitung weiterhin viel Erfolg beim gemeinsamen Bemühen, die jungen Menschen auf den Weg vorzubereiten (was einem berühmten Sprichwort zufolge wichtiger ist, als den Weg für die jungen Leute vorzubereiten). Ich wünsche allen, dass es gelingt, demütig mit Erfolgen umzugehen. „Demut“ ist heute zwar kein populärer Begriff, aber im lateinischen Wort dafür – „humilitas“ – steckt das, was ich damit meine: „geerdet bleiben“, „auf dem Boden bleiben“ (in „humilitas“ steckt immerhin das bekannte Wort „humus“ für „Erde, Boden“). Natürlich brauchen wir alle auch Flügel, um zu fliegen, die werden uns aber keinen Segen bringen, wenn wir nicht auch ein Fahrwerk haben, mit dem wir immer wieder landen und auf den Boden zurückkehren können. Ich wünsche euch allen ganz einfach weiterhin viel Erfolg und viel Freude an der Arbeit! Ad multos annos! Michael Sörös
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Friedrich Lessky: Musiker, Musikpädagoge und Schulleiter aus Leidenschaft
Sie haben 1964 begonnen, im Wasagymnasium zu unterrichten. Wie hat es Sie beruflich hierher verschlagen? Ich habe 1953 inWien mein Studium in Musik und Geschichte begonnen, 57 abgeschlossen, und bin dann 59 in das The esianum als Erzieher gekommen, was mich am Anfang sehr enttäuscht hat. Aber ich bin im Nachhinein sehr glücklich darüber, dass man die Schüler auch von der anderen Seite kennengelernt hat. Das ist etwas ganz Wesentliches. Ich würde heute rückblickend sagen, jeder Lehrer sollte eigentlich, bevor er in die Schule geht, einmal zumindest ein, zwei Jahre Erzieherdienst machen. Dann wird er sehen, was nach dem Unterricht herauskommt. Also ich habe dann dort Erzieherdienst gemacht. Zunächst im Tagesschulheim, also am Nachmittag, und dazu auch Musikstunden irgendwo in Wien. Zwei Stunden dort, zwei Stunden da. Zu jeder einzelnen Stunde musste ich hinfahren (was heute kein Lehreranwärter mehr machen würde), aber damals waren wir froh und dankbar. Ich habe natürlich dadurch auch verschiedene Schulen kennengelernt, verschiedene Schultypen würde ich nicht sagen, aber Schulkulturen. Es war halt im 12.Bezirk anders als im 3. oder im 4. und so weiter. Man hat auch mit vielen Kollegen zusammengearbeitet. Also ich muss sagen, diese Zeit war eine sehr schöne. Ich bin dann ein sogenannter „Halber Vollerzieher“ geworden. Das heißt, nur zwei Tage Dienst, dafür einen Tag mit Nachtdienst; und dadurch habe ich auch Musikstunden im Theresianum bekommen. Als junger Lehrer habe ich Aktivitäten entwickelt, die dort nicht waren, und bald wurde mir der Chor übertragen und ich habe dann ein sogenanntes „Musikfest“, also eine Auffüh ung am Ende des Schuljahres, gemacht. Gleichzeitig war ich aber auch in der Kirchenmusik tätig und bin noch heute (seit 1958) im 3. Bezirk in der Salesianer Kirche der Chorleiter und Organist. Ich sage das deswegen, weil in der Nachbargemeinde Maria Geburt war ein gewisser Hofrat Doktor Zwölfer Chorleiter und es hat einmal eine Zusammenkunft der Chorleiter aus dem Dekanat gegeben, bei der ich zufälligerweise einem ehrwürdigen Herren gegenüber als junger Kollege gesessen bin und der hat sich sehr erkundigt: „Ja, was machen Sie in der Nachbarpfarre?“ und so weiter und dann habe ich ihm erzählt, ich bin im The esianum und habe ihm da ein bisschen was geschildert und er hat sich sehr interessiert dafür. Darauf habe ich mir gedacht: „Den lädst du ein zu diesem Konzert.“ Und ich habe ihn eingeladen und er ist tatsächlich gekommen und hat sich das Konzert angehört. Ich habe damals mit einem Schüler ein Doppelkonzert für zwei Klaviere gespielt und habe aus „Carmina Burana“ einiges dirigiert. Also er hat ein bisschen was gesehen, was ich in der Schule mache. Und diese Situation war eigentlich der Anfangspunkt, der Anknüpfungspunkt, und eines Tages hat er mich dann eingeladen. Der Herr, damals noch nicht Hofrat, Doktor Zwölfer. Ich möge zu ihm kommen.
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Wieso, wieso, warum? Und dann, drüben in der Direktion sind wir gesessen, „Ich habe eine Idee“ und da hat er mir die Idee eines neuen Realgymnasiums für Studierende der Musik vorgelegt. Und ich war natürlich als junger Kollege in den ersten vier, fünf Dienstjahren vollkommen weg, dass man einen jungen Kollegen fragt! Und er hat mir alles dargelegt, wie er sich das vorstellt und so weiter, und was ich dazu meine. Ich habe gesagt: „Ja, ich find das großartig, das ist ja wirklich toll!“ und nachdem ich ja im The esianum auch einen Privat-Musikunterricht eingeführt hatte, der an der Schule war, so habe ich auch einen Bezug in diese Richtung selbst bekommen: Was geschieht also mit Schülern, die auch ein Instrument lernen wollen? Dann hat mich Direktor Zwölfer wieder einmal eingeladen und mir gesagt, die Sache sei spruchreif und er möchte gerne haben, dass ich den Musikunterricht in der neuen Schulform übernehme mit der Begründung: „Wenn etwas neu ist, dann muss das jemand übernehmen, der auch das Neue schätzt. Wenn ich das einem erfahrenen Kollegen gebe, der ist in seinem Unterricht schon eingefahren. Der kann das in dieser Form nicht machen. Das muss jemand sein, der das ganz neu anfängt.“ Ich habe gesagt: „Ja gerne!“ Nach den Ferien hat mir der Direktor des The esianums mitgeteilt: „Herr Kollege, Sie sind versetzt an die Wasagasse.“ Und so habe ich also Abschied genommen vom The esianum und bin hierhergekommen. Das war also der Punkt. Es sind eigentlich Zufälle, wenn man es so will, die in meinem Leben eine Rolle gespielt haben. Wenn wir als Chorleiter nicht zusammengekommen wären, hätte Zwölfer vielleicht irgendwo gesucht, und wenn ich ihn nicht eingeladen hätte, hätte er mich nicht so kennengelernt. Also muss ich sagen: Ich habe sehr viel Glück gehabt. Ich bin unheimlich dankbar dafür, aber es war natürlich eine schwere Aufgabe nachher, etwas ganz neu zu machen. Wie darf man sich das Kollegium vorstellen, auf das sie hier gestoßen sind? Also, ich muss eines sagen: Ich bin hier überaus freundlich von den meisten Kollegen aufgenommen worden, allerdings auch deswegen, weil sie gewusst haben, dass der Direktor hinter mir steht, und dass es eine wichtige Sache vom Herrn Direktor ist, eine solche Schulform aufzubauen. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und bin mit fast allen Kollegen sehr gut zurechtgekommen. Sie haben mich als jungen Kollegen aufgenommen, haben mir geholfen, haben mich beraten. Ich habe den Eindruck gehabt, dass in dieser Schule ein wunderbares Verhältnis zwischen Direktion und Lehrkörper und im Lehrkörper untereinander herrscht. Also, es war eine schöne Gemeinschaft. Können Sie sich an Dr. Grobauer erinnern? Freilich kann ich mich an ihn erinnern. Und zwar insofern, weil der Doktor Grobauer ja früher Präfekt bei den Sängerknaben war und er sich dadurch mit der Musik und mit den Musikstudierenden sehr beschäftigt hat, und er hat immer erzählt: „Ja, ich war bei den Sän-
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gerknaben und ich kenne das alles.“ usw. Dadurch hat er sich mit mir eigentlich sehr gut verstanden. Aber er war kein leichter, kein einfacher Mensch. Er war auch gegenüber den Schülern, ich würde heute sagen, nicht freundlich, sondern, obwohl er, gerade er hat gewusst, was ein Musikstudierender ist, aber seine Ausdrucksweise war halt ein bisschen hart. Er hat ja nur kurz in den M-Klassen (M für Musik) unterrichtet, denn man hat dann gesagt: „Das geht nicht.“ Die ersten M-Klassen waren ja meist Ältere, die schon mit der Schule aufgehört hatten und nun eine neue Chance gesehen haben. Auch haben sie einen anderen Zugang zur Schule gehabt. Sie sind an der Hochschule, am Konservatorium, oder Akademie damals, natürlich anders behandelt worden, und jetzt kommt der Lehrer und sagt, was zu tun ist. Das haben sie nicht ausgehalten, also das war am Anfang die Schwierigkeit und der Doktor Zwölfer hat damals gesagt, das Schwierigste an der ganzen Sache ist, Lehrer zu finden, die mit diesen Schülern wirklich umgehen können, indem sie einerseits anerkennen, dass sie bereits Musikstudierende sind, andererseits aber doch, und das war ein wichtiges Ziel vom Zwölfer, ihre schulische Leistung erbringen müssen, also ihnen helfen, ihnen sagen: „Wie kann ich etwas besser machen?“ Oder wenn er kommt und sagt: „Ich habe jetzt ein Konzert.“, dann kann der Lehrer nicht sagen: „Das interessiert mich nicht“, was in anderen Schulen üblicherweise geschieht. Ich nehme an, Sie waren auch mit auf Tourneen. Das war ich, ja. Die Tourneen sind entstanden dadurch, dass aus Schülerinteressen ein Kammerchor gegründet wurde, also ein Auswahlchor. Die Musikstudierenden waren sehr interessiert am Chorgesang. Nun war aber der Chorgesang hier in der Schule zwar wunderbar organisiert, aber diese Schüler waren „musikalische Laien“, die viel Proben gebraucht haben, und das war natürlich für die Musikstudierenden nicht sehr angenehm, weil die haben gesagt: „Das könnte ich in zwei Proben singen.“ Und daraus kam die Idee, mit den Musikstudierenden einen eigenen Auswahlchor zu machen. Und diese Idee haben wir begrüßt. Und natürlich braucht ein Chor ein Ziel und das Ziel war damals das Bundesjugendsingen 1968. Da könnte man sich präsent zeigen und das haben wir dann auch angestrebt. Wir sind dann über das Landesjugendsingen in Wien zum Bundesjugendsingen nach Linz gekommen, haben dort den ersten Preis in einer bestimmten Kategorie gemacht und damit war dieser Kammerchor entstanden. Der Vater einer Schülerin vom normalen Gymnasium hat zufälligerweise damals einen Austausch „Amerikanische Chöre mit Österreich“ gemacht. Und der ist natürlich sofort zu mir gekommen und hat gesagt: „Wollt ihr nicht nach New York, nach Amerika, eine Tournee machen?“ Da habe ich gesagt: „Ja, nichts lieber als das!“ Das war aber damals noch eine Sensation, nicht so wie heute. Und dann war die Frage natürlich: Dürfen wir das? Und da hat natürlich der Hofrat so etwas wie eine schützende Hand darüber gehalten und hat gesagt: „Ja, wunderbar, aber alle Eltern müssen einverstanden sein.“ Und dann sind natürlich nach einer solchen Amerika-Tournee Einladungen in
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andere Länder gekommen und über verschiedene Kontakte haben wir dann bis in die letzten Jahre mit dem Kammerchor über 30 Tourneen gemacht. Einige von diesen Schülern, die damals im Kammerchor mitgesungen haben, singen heute noch mit mir als „FriedrichLessky-Chor“, also ist aus dieser Situation eine große Chor-Gemeinschaft geworden. Können Sie sich an eine Veranstaltung im Kulturinstitut in New York erinnern, wo sie nach Amerika emigrierte, ehemalige Schüler*innen des Wasagymnasiums getroffen haben? Darüber gibt es einen spannenden Bericht in einem Jahresbericht unserer Schule. Ja, das war natürlich für mich fremd, weil ich ja diese Namen vom Wasa-Gymnasium nicht gekannt habe. Da war ich zu kurz hier. Ich weiß nur, dass es im Kulturinstitut damals diese Begegnung gegeben hat und dass sie uns sehr beeindruckt hat, weil das war, glaube ich, man darf nicht vergessen, in dieser Zeit hat man eigentlich über den Krieg und über diese ganzen Sachen fast nicht gesprochen. Im Geschichtsunterricht, ich habe ja auch Geschichte unterrichtet, aber damals redete man nicht darüber. Und dann kommt man nach New York und erfährt dort, das waren ehemalige Schüler des Wasa-Gymnasiums, und hat das alles mitbekommen natürlich. Also, das war sehr beeindruckend. Diese ehemaligen Schüler*innen hatten ja auch eine eigene Schülerzeitung in den USA gegründet, die „Wasa Whispers“. Gerhard Schwarz hat nach diesem Treffen stets Kontakt zur Schule gehalten. Haben sie auch Felix Braun, mit dem Direktor Zwölfer intensiv in Kontakt war, kennengelernt? Den Dichter Felix Braun? Ja sicher! Den haben wir ja noch persönlich kennengelernt und bei der Hundertjahrfeier hat Felix Braun, glaube ich, eine Rede gehalten. Das war für uns natürlich sehr interessant, solche Zeitzeugen zu haben. Warum war es Direktor Zwölfer so wichtig, diesen Kontakt mit Felix Braun zu halten? Der Jahresbericht zeigt ja, dass auch dessen Geburtstage regelmäßig gefeiert wurden. Ich glaube, dass es dem Direktor Zwölfer ganz wichtig war, den Kontakt zu allen Persönlichkeiten, die aus dem Wasa-Gymnasium hervorgegangen sind, irgendwie aufrecht zu erhalten. Ich erinnere mich noch, dass wir nach einem Konzert einmal ein ganz lobenswertes Telegramm (hat es damals noch gegeben) von Marcel Prawy bekommen haben. Also das war, glaube ich, eine Grundsatzidee von Hofrat Zwölfer: Ich muss also diese Zeit des Wasa-Gymnasiums irgendwo realisieren, sichtbar machen. Dass sie bekannt wird und deswegen waren seine Kontakte natürlich, und gerade so Leute wie Felix Braun und dann eben einzelne Lehrer, der Komponist Richard Maux, den hat er sehr geschätzt und wir haben immer Konzerte gemacht mit Werken von Richard Maux. Es hat ein Chorwerk von Richard Maux gegeben mit dem Titel „Siziliens Berge leuchten löwenfarben überm Meer“ und ich war jetzt vor kurzem bei der 50-Jahr-Feier der ersten Maturaklasse des Musikgym-
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nasiums, die 69 maturiert hat, und alle haben diese Worte „Siziliens Berge leuchten löwenfarben überm Meer“ noch in Erinnerung gehabt. Also es ist etwas geblieben von dem, was Zwölfer damals initiiert hat. Sie haben die Anforderungen geschildert, die an junge Menschen gestellt werden, wenn sie eine außerordentliche Begabung haben. Dieses Thema wird zurzeit auch in den Medien diskutiert. Welche Opfer darf man von jungen Menschen verlangen, die in ihrem Fach eine herausragende Leistung bringen und bringen wollen? Wie sehen Sie das, wo Sie mit der Materie doch so vertraut sind? Ja also, da muss ich zunächst einmal sagen, die ganze Sache mit der Staatsoper, mit der Ballettschule (ist ja deswegen), hat mich sehr interessiert, weil ja ursprünglich sollten die Ballettschüler auch zu uns kommen. Wir haben damals gesagt, das lässt sich nicht vereinbaren, weil Ballett eine vollkommen andere Übungssituation hat als die Musikschüler und dadurch ist es auch nicht zu uns gekommen, sondern in die Schule in der Boerhaavegasse. Ich bin froh, denn es hätte noch mehr Probleme gegeben. Aber wenn sie das ansprechen, es war das Prinzip von Anfang an von Hofrat Zwölfer: Wir müssen einen Weg finden, wo beide Studien mitsammen verbunden werden können. Dieses Ziel ist eigentlich von der Akademie damals ausgegangen, denn die Akademie hat gesagt: „Wir möchten gerne, dass alle ihre Schulen behalten.“ Aber das Musikstudium lässt sich mit einem normalen Schulwesen nicht vereinbaren. Und daher hat es damals die Idee gegeben, ein eigenes Gymnasium nur für solche Schüler als Teil der Akademie zu gründen, und man hat damals an das Gymnasium gleich gegenüber vom Konzerthaus, ans Akademische Gymnasium gedacht. Aber die haben sofort abgeblockt, weil da wäre natürlich die Bildung ins Hintertreffen geraten. Dann hat der Akademie-Professor Ernst Tittel dem Zwölfer das gesagt und der Zwölfer hat dann die Idee mit den Schulversuchen ausgenützt. Man wusste nicht recht, wie man es machen sollte, aber es war das neunte Schuljahr, das damals eingeführt wurde und niemand wusste, was in der neunten Klasse geschehen soll. Und da hat der Zwölfer gesagt: „Ganz einfach, wir teilen den Lehrstoff der vier Jahre Oberstufe auf fünf auf, dann bleibt also mehr Zeit für die Schüler und dann können sie üben und das eine Jahr können sie verkraften, weil sie ja ihr Studium dort sowieso länger als bis 18,19 Jahre haben.“ Das war eigentlich die Grundidee und dadurch, dass man hier nun die Unterrichtsstunden einfach aufgeteilt hat, ist die Zeit entstanden, die man zum Üben braucht. Wenn sie natürlich jetzt fragen, wie weit das überhaupt denkbar oder möglich ist, dann sind folgende Punkte zu erwähnen: Der erste Punkt war, dass es keinen Nachmittagsunterricht gab. Wenn sie keinen Nachmittagsunterricht haben, sparen sich die Schüler viele Wege am Nachmittag in die Schule. Zweitens war natürlich wichtig, möglichst viel in der Schule schon zu arbeiten und wenig in die Hausübungen zu stecken. Das war eine Anforderung an alle Kollegen, speziell natürlich in den Schularbeitsfächern, die am Anfang nicht ganz einfach war, aber man hat sich daran
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gewöhnen müssen. Und das Dritte war, dass man sich natürlich auch mit der Akademie damals einigen musste, was kann von dort her an die Schule delegiert werden. Das war der theoretische Musikunterricht. Wir machen in der Schule Musiktheorie, diese Theorie soll jetzt ausgebaut werden und von der Musikakademie anerkannt werden. Dafür haben wir auch fünf Musikstunden gleich am Anfang bekommen und da sollte dieser theoretische Teil hier in die Schule kommen. Dazu kam die Zeitfrage, denn ein Schüler fährt sonst zu einer Stunde Musikgeschichte, einer Stunde Harmonielehre, einer Stunde Instrumentenkunde jeweils an die Akademie und das kostet Zeit. Und wenn Sie das zusammenzählen, dann kommen Sie darauf, dass also ein Schüler nachmittags zwei bis drei Stunden mindestens zum Üben Zeit hat. Mehr darf also von der Schule aus nicht verlangt werden und das hat sich also im Laufe der Jahre eingependelt. Sie sprachen eben Grenzen an. Ich kann mir vorstellen, dass vor Konzerten der Zeit- und auch der Leistungsdruck für Studierende der Musik enorm ist. War und ist dieser Druck im Musikgymnasium ein Thema? Natürlich gibt es Leistungsdruck, das ist keine Frage. Und man muss natürlich auch hier immer die Situation auch noch größer sehen. Der eine Leistungsdruck ist natürlich vom Lehrer der Akademie her, der andere Leistungsdruck ist zum Teil von den Eltern. Die Eltern wollen natürlich auch, dass der Schüler alles macht. Und dann gibt es aber noch die Schule. Ein Schüler steht also in diesem Dreieck drinnen und da ist die Frage: Hält er es aus oder nicht? Also wenn Sie nach Grenzen fragen, muss ich sagen: Wir waren nicht der Illusion erlegen, das sei jetzt wunderbar und gehe alles ganz leicht. Nein, es ist sehr schwierig und musste sehr bezogen werden auf die einzelnen Schüler: Gespräche, Gespräche, Gespräche und noch einmal Gespräche, sag ich. Mit dem Direktor, mit mir, mit dem Lehrer dort, mit den Eltern, um bei besonders begabten Schülern dann eine besondere Lösung zu fi den. „Ihr kommt in die Schule, wann ihr Zeit habt, und wir machen mit den Lehrern Prüfungen aus und sonst übt ihr zu Hause.“ Der vor Kurzem verstorbenen Heinrich Schiff, der weltweit der beste Cellist geworden ist, er war so ein Fall. Also, wir haben dann einfach im Einzelfall gesagt: „Gut, das geht so oder geht so nicht.“ Ich denke auch an Stefan Vladar, einen der tollsten Pianisten, der hat gesagt in der neunten Klasse: „Ich höre auf, weil ich muss Klavier üben den ganzen Tag, ich kann nichts ändern.“ und dann habe ich mit seinem Klavierprofessor eine Übereinkunft getroffen und wir haben dann gesagt: „ ut, okay, Stefan, wenn du üben musst, dann musst du üben. Und du musst das aber dann mit mir absprechen und mit deinem Lehrer.“ Das heißt also, wir waren in Kontakt und er hat gesagt: „Ja, also jetzt bin ich drei Tage nicht da, aber dann komm’ ich wieder.“ Und wir haben das sehr privat ausgemacht und es hat funktioniert. Und Stefan Vladar hat nachher als erster Österreicher den Beethoven-Klavierwettbewerb in Wien gewonnen. Und die wesentlichen Ergebnisse aus den ersten Jahren waren, da kann man nicht mit einem Kamm drüberfahren, sondern man muss also individuell Sachen ausmachen, wenn die Begabung da ist. Wenn
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die Begabung aber nicht reicht, dann bin ich auch gleich beim Negativen. Dann hat man also einem Schüler gesagt: „Bitte, geh lieber in eine andere Schule, bist um ein Jahr früher fertig.“ Und die Schüler haben das selbst mitunter bemerkt, weil sie ja in einem solchen Kreis drinnen waren. Wenn ich in einer normalen Schule bin und kann ein bisschen Klavier spielen, bin ich schon ein Kaiser. Wenn ich aber ans Musik-Gymnasium gehe und dort die anderen Pianisten sehe, die schon weit drüber sind, dann werde ich sagen: „Nein, das hat keinen Sinn, das Instrument als Beruf.“ Und das ist wichtig im Musikgymnasium: beraten, helfen, aber nicht um jeden Preis. Und ich muss aus meiner Erfahrung sagen, wenn Schüler vor der Matura aufgehört haben, und wenn ich sie nachher treffe, sagen sie, sie waren immer so erstaunt, dass ich nicht böse war, weil sie aufgehört haben. Das haben sie auch zu Hofrat Zwölfer gesagt: „Es geht sich nicht mehr aus bei mir.“ Und da hat er gesagt: „Ja, dann wünsche ich alles Gute.“ Die waren alle erstaunt und daraus habe ich gelernt, Schüler muss man so nehmen, wie sie sind, und man darf ihnen nicht das Gefühl geben, dass man jetzt böse ist, weil sie aufhören. Manche haben dann noch Externisten-Matura gemacht, später, manche haben es nicht gebraucht und sind doch etwas geworden. Sie waren dann ab dem Jahr 1976 fast vierundzwanzig Jahre lang Direktor am Musikgymnasium. Könnten Sie uns aus ihrer jetzigen, schon etwas distanzierten Sicht erzählen, was die Höhen und Tiefen dieser Jahre als Direktor waren? Also die Tiefen waren, dass das Gebäude in der Neustiftgasse baufällig war. Und als wir dorthin gekommen sind, habe ich zum Hofrat Zwölfer gesagt: „Nein, dort ziehe ich nicht ein, nicht um viel Geld!“ Das Gebäude war nämlich bombengeschädigt und es war eigentlich geplant, es abzureißen. Daher wurde nichts mehr investiert, es waren die Türen noch mit Bretterverschalungen und so weiter, die Fenster haben nicht geschlossen, die Heizung war noch im Urzustand usw. Aber wir sind draufgekommen, dass das Gebäude … das muss eine Schule bleiben, da gibt‘s eine Widmung. Und sie durften es nicht abreißen. Und so haben sie das Gebäude uns angeboten. Also dort einzuziehen, war ein Tiefpunkt. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, es war sehr schwierig am Anfang die nötigen Schritte zu setzen. Für die Schüler war das eine Katastrophe. Die kamen aus einem neu renovierten Wasa-Gymnasium in ein altes Gebäude in furchtbarem, wirklich furchtbarem Zustand. Es war so, dass, ich erzähle das noch immer gerne, wenn wir in den Unterricht gegangen sind und zurück ins Konferenzzimmer kamen, plötzlich irgendeine Mauer nicht mehr da war. Es wurde ja während des Schuljahres gearbeitet. Es war nicht anders möglich. Also das war ein Tiefpunkt. Höhepunkte waren eigentlich, muss ich sagen, die Ergebnisse, dass wir das Gefühl gehabt haben, dass die Schule, in der Akademie, dann später Hochschule, angekommen ist. Nicht alle Lehrer dort waren begeistert, sondern sie haben gesagt: „Nein, du hörʼ mit der
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Schule auf, du musst nur Musik machen.“ Und wir mussten, speziell ich musste das machen, die Leute dort überzeugen. Am Ende waren wir Musiklehrer selbst Lehrbeauftragte der Hochschule. Also das war ein ganz wichtiger Höhepunkt in der Zusammenarbeit mit den Institutionen. Ein weiterer Höhepunkt, würde ich sagen, ist auf alle Fälle dann 1994die Errichtung der Unterstufe gewesen. Es war von vornherein geplant, dass die Schule eine Langform ist. Es war nie daran gedacht, nur ein ORG zu machen, aber die politische Situation damals hat es nicht erlaubt, eine Langform zu machen, weil man gesagt hat, es kommt sowieso die Gesamtschule, daher kann man keine Langform machen. Daher wurde nur die Oberstufe bewilligt. Zwölfer hat das zu Kenntnis genommen, aber wir haben gesagt: „Es ist zu spät, mit 14 Jahren erst mit einem Musikstudium zu beginnen.“ 1994 gab es aber eine Situation mit dem damaligen Präsidenten des Stadtschulrates für Wien, Dr. Kurt Scholz. Er ist zu mir gekommen und hat gesagt: „Herr Direktor, was kann ich für die Musik machen?“ Ich habe gesagt: „Herr Präsident, die Unterstufe.“ „Ja wieso gibt es die nicht?“ Da habe ich ihm erklärt: „Ihre Vorgänger haben das strikt abgelehnt.“ Und er hat gesagt: „Nein, das werden wir machen.“ und ist in den Stadtschulrat gegangen und hat es dort bis zum Ministerium durchgedrückt, dass wir die Unterstufe bekommen. Damit wurde also zusätzlich zum ORG eine Langform geschaffen von der ersten bis zu achten Klasse. Das sind die zwei Formen, die wir jetzt haben, also erste bis achte und fünfte bis neunte Klasse, und jetzt kann man natürlich sagen: „Ja, warum geht es in vier Jahren Oberstufe?“ Die Antwort lautet: Weil wir die Unterstufe haben; wenn wir in der Unterstufe schon so viel Stoff in der usik unterbringen, dann können wir in der Oberstufe mit weniger Stunden und mit vier Jahren auskommen. Also, das war eigentlich, muss ich sagen, für mich der abschließende Höhepunkt, und damit war auch das Ziel Zwölfers verwirklicht. Ich muss ihnen sagen, es ist so schön gewesen, mit den jungen Menschen von der ersten Klasse an zu arbeiten. Negativ? Ich weiß es nicht. Ich war so glücklich, und wenn ich heute nach 19 Jahren in die Neustiftgasse hinein gehe, glaube ich, ich bin gestern als Lehrer, als Direktor herausgegangen. Ich habe noch guten Kontakt mit einzelnen Kollegen, die noch aus dieser Zeit sind. Nicht zu vergessen sind aber die Musikfeste, die ursprünglich in der Wasagasse stattgefunden haben. Diese hat Zwölfer hier organisiert, das war sein Aushängeschild, und wegen der Musikfeste hat man auch ihm den Zuschlag für diesen Schulversuch erteilt und auch ich dachte, da kann man etwas herzeigen. Diese Musikfeste haben wir dann in größerer Form übernommen. Heute wird im Musikvereinssaal zweimal das Programm gespielt, weil wir so viele Schüler haben. Ursprünglich war das Musikgymnasium ja nur eine Außenstelle? Nein, nein, nein. Die notwendige Eigenständigkeit der Schule ist nach einigen Jahren schon klar geworden. Dass man das „Realgymnasium für Studierende der Musik“, wie der Schul-
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versuch damals geheißen hat, nicht in eine andere Schule integrieren kann, sondern es muss eine eigene Schule werden. Daher hat Zwölfer von vornherein darauf hingearbeitet und es ist ja damals die sogenannte Lehrerbildungsanstalt in das musische ORG übergeführt worden und das hat er also ausgenützt und hat gesagt: „Ja, und das ist also jetzt so ein musisches ORG.“ Die ersten Maturanten hatten alle noch, als wir noch nicht selbständig waren, immer nur „Abgänger eines musischen Realgymnasiums“ im Maturazeugnis stehen. Weil es ja die Schule gesetzlich noch nicht gegeben hat. Die Vorstufen waren aber genau geplant: dislozierte Klassen in der Neustiftgasse 1972, 1975 rEhebung zur Expositur. Da bin ich Expositurleiter geworden, hatte also schon eine gewisse Selbständigkeit. Mit 1. September 1976 wurde das „Musikgymnasium“ eine selbstständige Schule mit der Bezeichnung „BundesOberstufenrealgymnasium für Studierende Musiker“.
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Türen öffnen – Rückblicke für die Zukunft
Spätestens zur persönlichen Anmeldung bei der Schulleitung muss jede Schülerin und jeder Schüler gemeinsam mit den Eltern hier durch. Gemeint sind die mächtigen Türen des „K.K. Staatsgymnasiums“ im 9. Wiener Gemeindebezirk, die seit 1871an jedem Schultag geöffnet werden. Der Blick der Eintretenden fällt auf jene Tafeln, die rechts und links vom Eingang an einige „Ehemalige“ erinnern: Stefan Zweig, Erich Fried, Friedrich Torberg oder Karl Landsteiner, um nur einige der späteren Berühmtheiten zu nennen. Was hatten sich wohl die Eltern jener damals erwartet, als sie ihre Kinder hier angemeldet haben? Was war unsere Erwartung und die unserer Kinder, als wir durch diese Türen schritten? 150 Jahre Wasagymnasium – eine lange Zeit und ein würdiger Anlass, das Jubiläum mit dieser Festschrift zu feiern. Und für uns als ehemalige Elternvertreter*innen der Schuljahre 2009/2010 bis 2014/2015eine wunderbare Gelegenheit, die Türen des Wasagymnasiums noch einmal zu öffnen und auf eine schöne und spannende Zeit zurückzublicken. Doch im Geiste unseres damaligen Wirkens wollen wir „Ehemalige“ diese Blicke nicht als Verklärung von Vergangenem verstanden wissen, sondern als kleinen Beitrag für all jene, die sich fortan um die Schulgemeinschaft an der Wasagasse kümmern werden. Es sind also Rückblicke für die Zukunft. Respekt und Wertschätzung
„Respekt und gegenseitige Wertschätzung“ sollen das Miteinander an diesem „Ort der Bildung und Kultur“ prägen, wie es die Präambel zur Hausordnung des BG9 ausweist. Nur im harmonischen und respektvollen Miteinander aller drei Interessensgruppen – Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern – kann es gelingen, Anforderungen zu erfüllen, Interessen zu vertreten und Schwierigkeiten zu überwinden, bis am Ende das steht, was sich wohl alle
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Beteiligten von Herzen wünschen: eine Schulzeit, an die man sich gerne erinnert, gekrönt vom Zeugnis über die bestandene Reifeprüfung – die Matura, Türöffner zu praktisch alle weiteren Formen der Aus- und Weiterbildung. Zusammen arbeiten
Als wir im Herbst des Jahres 2009 von der Generalversammlung des Elternvereins am Wasagymnasium zum Vorstand gewählt wurden, traten wir als Team ins Amt. Ein Team, das nicht zuletzt durch viele vorbereitende Treffen bereits zum vertrauensvollen Miteinander und zur harmonischen Einheit in Verschiedenheit gefunden hatte. Darüber hinaus hatten wir auch schon die Eckpfeiler unserer Arbeit ganz klar umrissen. Selbstverständlich wollten wir die Anliegen und Wünsche der Elternschaft bestmöglich vertreten. Wir wollten aber auch die Schüler*innen in der Realisierung ihrer Ideen unterstützen, und wir wollten uns darüber hinaus für Projekte der Lehrer*innen intensiv einsetzen. Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass wir dies so auch vom vorherigen Vorstand „gelernt“ hatten, der uns durch eine amikale und gut organisierte Übergabe einen reibungslosen Start ermöglichte. Zusammenarbeit auf wirklich allen Ebenen – dies war das Motto, unter dem unsere „Amtszeit“ von Anfang an stand. Fördern statt fordern
Die Motive zur Mitarbeit in einem Elternverein können sehr unterschiedlich sein. Sie reichen vom selbstlosen „Dienst an der guten Sache“ bis hin zur Selbstverwirklichung als Funktionsträger*in. Die Zusammenstellung des Elternvereins hat somit konsequenterweise große Auswirkungen auf dessen Selbstverständnis. Begreift er sich als reine „Anwaltschaft“ der Eltern, als Lobby der (eigenen) Kinder, als Kontrollinstanz gegenüber der Lehrerschaft oder verpulvert er seine Energie zur Gänze in endlosen Diskussionen über die eigenen Statuten? Und manch Elternteil fragt sich auch: Wozu braucht es Elternvereine? Was haben Eltern überhaupt an Schulen verloren? Die Elternarbeit an Schulen muss jedenfalls unter Berücksichtigung auf das besondere Spannungsverhältnis, in dem sie steht, betrachtet und beurteilt werden. Unsere, wohl auch intuitive, Antwort auf diese Fragen war von Beginn an, dass wir – neben den obligatorischen Aufgaben eines Elternvereins – das Fördern und nicht das Fordern in das Zentrum unserer Überlegungen und unseres Handelns gestellt haben. Denn fördern bedeutet im Gegensatz zu fordern, an erster Stelle selbst zu leisten. Und: Respekt vor dem Wirkungsbereich der Anderen zu zeigen. Die Schlussfolgerung für unser Engagement als Elternvertreter*innen war es jedenfalls, sich aktiv an alle anderen Schulpartner zu wenden und Unterstützung anzubieten. Dabei haben wir es uns nicht leicht gemacht und zum Teil an der Kapazitätsgrenze unserer Mög-
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lichkeiten gearbeitet. Denn fördern bedeutet in der Realität, tatsächlich eigene Ideen zu entwickeln, Projekte voranzutreiben, viele Gespräche zu führen, Finanzierungsquellen aufzutun, Veranstaltungen zu organisieren und vieles anderes mehr. Zuhören – beraten – unterstützen
Das drittelparitätische Gremium des Schulgemeinschaftsausschusses (SGA) bot uns ein erstes Forum. Hier wurde und wird ja seit Jahrzehnten das praktiziert, was ein gelungenes Zusammenleben in der Schule ausmacht. Ideen und Vorschläge werden von Vertreter*innen der drei Gruppierungen (Lehrerschaft, Eltern und Schüler*innen) präsentiert, diskutiert und – sofern möglich – letztlich auch umgesetzt. Schnell war uns klar, dass wir, ausgehend von der Zusammenarbeit im SGA, aktiv auf die beiden anderen Gruppen zugehen und ihnen unsere Ideen vorstellen müssen. Wichtig dabei war uns aber auch, ganz bewusst deren Wünsche anzuhören und gemeinsame Vorgehensweisen zu beraten. In den Gesprächen mit Lehrer*innen stellte sich schnell heraus, dass eine finanziell Förderung diverser Projekte zur Unterstützung und Erweiterung des Unterrichts, die nicht aus schuleigenen Mitteln finanzie t werden können, eine große Hilfe wäre. Mit vereinten Kräften – und der immer sehr tatkräftigen Unterstützung der gesamten Elternschaft, die nicht nur fleißig die lternvereinsbeiträge einzahlte, sondern auch Kontakte herstellte oder sonstige Wege eröffnete – konnten unzählige Materialien angeschafft oder Unterstützungen geleistet werden. So wurden neben Unterrichtsmaterialien wie Büchern und DVDs auch sehr leistungsfähige Mikroskope und Spiegelrefle kameras angeschafft die Basketballmannschaften der Mädchen und Burschen mit Wasa-Dressen versorgt und das Tagesschulheim unterstützt. Für die Teilnahme an diversen Spracholympiaden, wo Schüler*innen des BG9 immer wieder hervorragende Erfolge erzielten, wurden die Reisekosten übernommen und insbesondere jene Familien, für die die Sprach- und Sportreisen eine große finanzielle Herausforderung darstellen, konnten konkrete finanzielle Unterstützung erfahren. Gemeinsam handeln
Die Tatsache, dass der heutige Direktor des Wasagymnasiums, Mag. Johannes Bauer, praktisch gleichzeitig mit uns sein Amt angetreten hatte, trug dazu bei, dass die bereits vorhandene und bewährte Zusammenarbeit von Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen nun quasi neue Höhenflüge er eichen konnte. Von Seiten der Schüler*innen kam die Idee, das Zusammengehörigkeitsgefühl, das an der Schule herrschte, auch fühl- und tragbar zu machen. Die Schüler*innen entwarfen Sweatshirts und Jacken mit dem Wasa-Logo, wir halfen bei der Auftragserteilung an Produzenten, bei Vertrieb und Verkauf. Die Kreativität und der Einsatz der Schüler*innen verband sich somit aufs Beste mit dem Know-how der Eltern und machte die Sweatshirt-Aktion zu einem großen Erfolg – der übrigens bis heute anhält!
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Ebenso anhaltender Beliebtheit erfreut sich auch die sogenannte „Wasa-Lounge“, die das Erreichen der Oberstufe zu einem ganz besonderen Erlebnis macht, darf doch dann im 3. Stock in Designmöbeln „gechillt“ werden. Dieser langgehegte Wunsch der Schüler*innen konnte besonders kostenneutral realisiert werden. Nach einem Aufruf an die gesamte Elternschaft wurden Möbel, Dekorationen und sogar eine eigene Kaffeemaschine gespe det – und ein eher unscheinbarer Raum wurde so nach der feierlichen Eröffnung zu einem beliebten und gemütlichen Treffpunkt, um gemeinsam lernen, diskutieren und entspannen zu können. Miteinander feiern
Wo fleißig gearbeitet wird, darf auch das Feiern nicht zu kurz kommen. So durften wir uns auch in Projekte wie beispielsweise die „Nacht der Kunst“ einbringen. Den vielfältigen künstlerischen Darbietungen, die engagierte Lehrer*innen mit Schüler*innen erarbeiteten, konnten wir Eltern einen professionellen Rahmen verschaffen. Wir layoutierten und produzierten die gedruckten Einladungen, halfen bei der Administration und organisierten Buffets, die von den Oberstufenschüler*innen betreut wurden und nicht nur den zahlreichen Gästen der „Nacht der Kunst“ ihren Aufenthalt in der Schule versüßten, sondern deren Erlöse auch noch in die Klassenkassen wanderten. Auch beim traditionellen Schulball des Wasagymnasiums konnten Vorstandsmitglieder des Elternvereins, gemeinsam mit engagierten Schüler*innen und Lehrer*innen, bei der professionellen Umsetzung zusammenarbeiten, auf dass für alle Eventualitäten (inklusive Versicherung und ärztlicher Betreuung) gesorgt war. Wir organisierten hochwertige Tombolas – zu deren erstem Preis einmal ein Ferienflug, einmal ein echtes Kunstwerk gehörten, die immer von Seiten der Eltern gespendet wurden – kümmerten uns um den Verkauf der Eintrittstickets und legten Hand an, wo immer es nötig war. Das Ergebnis waren rauschende Ballnächte mit wunderbaren Tanzeinlagen in der herrlichen Atmosphäre des festlichen Palais Auersperg. Informieren und inspirieren
Ein Format, das uns besonders am Herzen lag und in einem wahren Kraftakt realisiert werden konnte, waren die Berufsinformationstage. Zwar bietet die Schule selbst Info-Veranstaltungen zum Thema weiterführende Schulen und Ausbildungen an, doch wir wollten den Jugendlichen einen direkteren Zugang zu verschiedenen Berufen ermöglichen und sie von Persönlichkeiten inspirieren lassen. Auch hier trafen wir auf die offenen Ohren des Direktors und der Lehrer*innen und konnten aktive Vertreter*innen diverser Branchen und Bereiche dafür gewinnen, ihren Werdegang und ihre Arbeit in kurzen Vorträgen den Schüler*innen zu präsentieren und danach für Fragen und persönliche Gespräche zur Verfügung
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zu stehen. So präsentierten sich im Laufe der Jahre Vertreter „klassischer“ Berufsgruppen wie Jurist*innen und Ärzt*innen ebenso wie Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen, Graphiker*innen, Künstler*innen, PR-Manager, eine Buchhändlerin und Verlegerin und nicht zuletzt der damalige kaufmännische Direktor des Burgtheaters. Sie alle nahmen sich viel Zeit, um den interessierten Jugendlichen Einblicke in ihr Berufsleben zu eröffne und neben Tipps und Tricks auch ihre persönlichen Sichtweisen zu schildern. Die Berufsinfo-Tage liefen über mehrere Jahre und waren ein entscheidender Beitrag zur Information und Inspiration vieler Jugendlicher am Wasagymnasium. Nachhaltige Investition
Zum Ende unserer fünfj hrigen Vorstandszeit konnten wir in enger Zusammenarbeit mit der Direktion, dem Lehrerkollegium und den Schüler*innen ein auch finanziell ausgesprochen ambitioniertes Projekt umsetzen – die Medienschränke. Nach grundlegenden Überlegungen der zuständigen Lehrer*innen, einigen Anregungen durch IT-Experten in der Elternschaft und genauer Evaluierung von Sinnhaftigkeit und Kosten wurden im Jahr 2014für praktisch alle Klassen des Wasagymnasiums Medienschränke angeschafft, die eigens von einem Tischler entworfen und angefertigt wurden sowie mit Laptop, Beamer und DVD-Player ausgestattet waren. Der Elternverein konnte durch die stetige Unterstützung der Lehrer*innen, der Schulleitung und aller Eltern, nicht zuletzt durch Rekordsummen an eingezahlten Mitgliedsbeiträgen und einem Extra-Spendenaufruf, tatsächlich als krönenden Abschluss unserer jahrelangen Arbeit im Frühling 2014nicht weniger als 22 vollausgestattete Medienschränke an die begeisterten Schüler*innen und Lehrer*Innen übergeben. Perspektiven eröffnen und Dank sagen
Hinter all den hier exemplarisch geschilderten Erfolgen stehen unzählige Stunden (unbezahlter) Arbeit, die immer der eigenen Freizeit – und somit auch letztlich dem Familienleben – abgetrotzt werden mussten. Fast jeden Monat trafen wir uns als Team, führten unzählige Telefonate, verbrachten Stunden am Computer und mit persönlichen Gesprächen. Bei den von uns betreuten oder initiierten Veranstaltungen war oft das gesamte Team anwesend, denn da wurde jede Hand gebraucht. Dies ist nur möglich, wenn im Team das gepfleg wird, was auch nach außen gelebt wird – Toleranz, gegenseitiger Respekt, Begegnungen auf Augenhöhe, einander Zuhören und ernst nehmen, Ideen vorbringen und aufgreifen, Verschiedenheit als Chance wahrnehmen, konstruktive Kritik üben und auch annehmen. Nur weil stets die Sache – nämlich die gemeinsame Arbeit für das „Ökosystem Schule“, das wirklich allen Kindern (nicht nur den eigenen!) ein Heranwachsen unter optimalen Bedingungen sichern kann – im Vordergrund stand, wurden Dinge ermöglicht und waren alle bereit, über sich selbst hinauszuwachsen. Und mit alle meinen wir sämtliche Eltern,
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Klassenelternvertreter*innen und Mitglieder der über die Jahre unterschiedlichen Elternvereinsvorstände. Ihnen allen sind wir, die Autor*innen dieses Beitrages und Kernteam des Elternvereinsvorstandes der Jahre 2009 bis 2015,zu Dank verpflichtet. Ohne die Unterstützung aller engagierten Eltern wäre „unsere Ära“ nie so erfolgreich gewesen – nur so konnten neue Lernräume eröffnet erden, die in besonderer Weise dazu beitrugen, die Schule auch als sozialen Raum erlebbar zu machen. Und so ganz nebenbei haben sich in unserem Team wunderbare Freundschaften entwickelt, die nicht mit der Matura unserer Kinder geendet haben. Wir werden weiterhin Türen öffnen und oller Neugier und Zuversicht hindurchtreten – das wünschen wir von Herzen allen, die durch die Türen des Wasagymnasiums hindurchgehen! Egal, in welche Richtung übrigens. Marco Mosar, Annette Höslinger-Finck, Julia Patuzzi, Stefan Cecerle und Angelika Röder
Abbildungsnachweis
Abb. 1 Eingangstor des Wasagymnasiums (Marco Mosar).
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Alte Sprachen – alte Steine? Zur Relevanz humanistischer Bildung
Das Lernen ist ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Lebens. Von klein auf treibt uns die Neugier, wir wollen etwas wissen und entdecken. Die Menschheitsgeschichte ist geprägt von der Suche nach Wissen, nach neuen Ländern, nach Schätzen. Hochkulturen bilden den Boden für fruchtbare philosophische und wissenschaftliche Errungenschaften. Und sehr bald schon wurde versucht, das Wissen zu systematisieren, Fächer zu definie en und nicht zuletzt darüber zu diskutieren, was davon ein wichtiger Bestandteil der Bildung sei und was nicht. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Gesellschaft so schnell verändert und gewandelt wie wohl kaum jemals zuvor. Neue Bedürfnisse, weitreichende digitale und globale Dimensionen bedingen neue Herausforderungen an den Menschen und stellen zugleich Althergebrachtes in Frage. Neue Fähigkeiten und skills, die zu erlernen sind, stellen die Notwendigkeit und den Nutzen humanistischer Bildung, nicht zuletzt „toter“ Sprachen wie Latein oder Altgriechisch, in Frage. Kann man aus der Geschichte lernen? Brauchen wir heute noch das Wissen um eine Sprache, die nicht mehr aktiv gesprochen wird, die sich nicht mehr verändert und wächst? Brauchen wir Kunst und Kultur? Eine solche Diskussion gab und gibt es wohl bereits in der Schule: Welche Fächer sind denn wichtiger, und wird man das Gelernte jemals wieder brauchen können? Latein? Granit von Kalkstein, ein Insekt von einem Spinnentier unterscheiden? Überlebenswichtig sind viele dieser Kenntnisse wohl vorerst nicht. Und im Zweifelsfall lässt sich ohnedies alles jederzeit und überall online nachschlagen. Umgekehrt wollen wir aber unser Leben bereichern und neben dem Körper (Fitness, Gesundheit) auch den Geist bilden und pflegen. Längst kann man nicht mehr alles wissen, aber bei Bildung, Wissen und Kultur als geistige Nahrung verhält es sich vielleicht ähnlich wie beim Essen: Unterschiedliche, bunte Zutaten bereichern das Geschmackserlebnis ungemein, sind zudem auch gesünder und liefern für die unterschiedlichsten Ansprüche die nötigen Grundlagen, gleichsam Vitamine. Das Wissen und die genaue Kenntnis um die verschiedenen Zutaten ermöglichen wiederum ein gänzlich neues Kombinieren, ein im richtigen Verhältnis geschmackvolles Mischen und Kreieren. Das Lernen tendiert heute zusehends in Richtung Praxis, Anwendbarkeit und unmittelbare Ausbildung, weniger zur Vor- oder gar Allgemeinbildung. Der breite Fächerkanon, die „Orchideenfächer“, werden aufgegeben oder Stunden reduziert, stattdessen erhält die praktische Umsetzung in Präsentation und Auftreten einen größeren Fokus. Der gesellschaftliche Paradigmenwechsel zum Verzicht auf ein möglichst breites Wissen ist bemerkenswert. Früher schien es ein Privileg zu sein, Zeit zu haben, es sich leisten zu können (auch wirtschaftlich), Stunden, Tage und Jahre auf das Lernen, das Ansammeln von Erkenntnissen zu verwenden; dies war dabei auf wenige Wohlhabende beschränkt. Heute ist glücklicherweise die Grundversorgung mit Bildung und Schulen ungleich
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umfangreicher, in Frage gestellt werden aber die gelehrten Inhalte. Sinnvoll sei, was man unmittelbar nach der Schulzeit anwenden kann. Die Qualität und der Sinn einer breiten Allgemeinbildung lässt sich hingegen wohl erst über eine gewisse „Umwegrentabilität“ ablesen. Die Kreativität, die aus einem breiten Wissen schöpft, Lösungsansätze, die sich auf der Grundlage vieler bekannter Beispiele und Fälle formen lassen, Vernetzungen, die per definitionem nur zwischen bereits Bestehendem passieren können, Querverbindungen, die ohne das Wissen um das Andere gar nicht möglich wären, nicht zuletzt Ästhetik und Urteilsvermögen, die auf breitester Basis geschult sind, können eine solche Rentabilität sein. Dass unsere heute hochspezialisierten Berufe und Tätigkeiten einer entsprechend spezialisierten Ausbildung bedürfen, ist keine Frage. Ob eine solche Ausbildung aber besser gelingt, wenn noch früher damit begonnen und diese als „Monokultur“ betrieben wird, hingegen schon. Abgesehen von der geringeren Beweglichkeit und Mobilität, die eine zu enge Ausbildung auch auf dem Arbeitsmarkt bringen könnte, gibt es wohl kaum irgendeinen Fachbereich, für den ein breites, flexibles und perspektivenreiches Allgemeinwissen nicht mindestens ebenso viel brächte wie die eine oder andere zusätzliche Unterrichtsstunde in einem spezifischen Bereich, den man ohnedies erlernen oder sich spätestens in der Praxis rasch aneignen müsste. Ein ähnliches Phänomen lässt sich auch in den Lehrplänen der Universitäten ablesen, wo zusehends die konkreten Einzelthemen zugunsten von Überblicken und breiten Einführungen geopfert werden müssen. Es scheint, als ob das Lernen an sich, also das weitgehend selbstständige Erarbeiten neuer Inhalte, in den Hintergrund gedrängt wird. Von allem einmal gehört zu haben wird wichtiger als sich in einer konkreten Materie zu vertiefen, anhand derer sich einmal die grundsätzliche Methodik durchexerzieren und in der Folge auf andere Bereiche anwenden ließe. Der Fächerkanon auch in den Geisteswissenschaften durchläuft eine entsprechende Wandlung. Beispielsweise kann statt der Professuren für Frühmittelalter, Hochmittelalter und Spätmittelalter eine Professur für (mittelalterliche) Bildwissenschaften eingesetzt werden. Neben der damit einhergehenden Reduzierung qualifizie ter Stellen für das Fach reflektie en derartige Maßnahmen die Tendenz zur Inter- oder Transdisziplinarität (neuerdings cross-disciplinary). Eine Verschränkung von Fachrichtungen und Disziplinen ist unbedingt zu begrüßen, allerdings darf sie nicht mit dem Verlust des spezifischen Fachwissens einhergehen. Eine Brücke lässt sich erst dann schlagen, wenn zumindest zwei fundierte Pfeiler errichtet worden sind. Das Ziel muss die Zusammenarbeit sein, nicht das Ersetzen mehrerer Expertisen durch nur mehr eine, die aufgrund der neuen Breite nicht mehr in die Tiefe gehen kann. Während also in der Schule die Allgemeinbildung zugunsten einer praxisorientierten Ausrichtung verändert wird, bieten die Universitäten teils statt unmittelbarem Detailwissen eher breit angelegte Überblicke, wenn auch natürlich in den Grenzen des Faches. Fast kommt es hier also zu vertauschten Rollen. Eine früh angestrebte Spezialisierung wird zugunsten einer gewissen Breite später nicht mehr ganz eingelöst.
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Die Bedeutung von Fremdsprachen wird in einer globalisierten Welt weniger in Frage gestellt. Gerade Englisch in seiner Universalität muss zu Recht früh und gut gelernt werden. Französisch hat vermutlich nicht mehr die gleiche Bedeutung wie noch vor wenigen Jahrzehnten, während Spanisch als in vielen Teilen der Welt gebräuchliche Sprache und Chinesisch als die „Sprache der Zukunft“ interessanter werden. Sprache an sich und ihre Bedeutung für die Menschwerdung und für die frühesten Zivilisationen kann man kaum überbewerten. Erst durch die Sprache war ein Abstimmen in einer Gesellschaft möglich, das über eine unmittelbare Warnung oder eine aktuelle Nachricht hinausging. Planung und Arbeitsverteilung, ein soziales Gefüge schlechthin, wären ohne Sprache nicht möglich. Die komplexen Beschreibungen und Definitionen einer esellschaftsordnung, die Sorge füreinander ist ohne Absprache undenkbar. Zugleich spiegelt sich damit in einer Sprache auch immer etwas von der Gesellschaft und dem Denken jener Menschen, die sie gesprochen haben oder sprechen. Daher ist auch das Lernen einer nicht mehr aktiven Sprache durchaus wertvoll. An einem (mehr oder minder) abgeschlossenen Beispiel lassen sich Struktur und Grammatik erleben und das logische Denken üben, indem man versucht, ein derart komplexes Gefüge zu durchdringen und nachzuvollziehen. Das Altgriechische ist nicht nur die Sprache unzähliger Grundlagen für Philosophie, Theate , Literatur und viele Wissenschaften. Mit den für uns teils ungewöhnlichen Zeitformen eröffnet es buchstäblich neue Dimensionen. Der tiefsinnige und vielfältige Umgang mit diesen Zeitformen und deren Aspekten erlaubt neben der linear faktenorientierten Alltäglichkeit eine Verbreiterung von Denkstrukturen und schafft zusätzliche Perspektiven. Geradezu spielerisch wird die Einschränkung auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft relativiert und zum Nachdenken angeregt, wie diese Zeitstufen – und die in ihnen ausgedrückten Handlungen und ihre Folgen – miteinander verknüpft und ineinander verwoben sind. Gerade hier gilt in besonderem Maße, dass jede Sprache auch Spiegel der damit verbundenen Kultur ist. Man vermeint geradezu philosophische Tendenzen zu erahnen. Eine solche Erfahrung von „es gibt mehr“ – in diesem Fall sprachlich und philosophisch – ist in vielerlei Hinsicht bereichernd. Ein gutes Beispiel ist auch das Italienische. Diese Sprache wird nur in einem Land gesprochen, sie zu erlernen ist also wohl keine global-taktische Überlegung. Was viele dennoch dazu bewegt, sind der schöne Klang, die Emotionen, die untrennbare Verbindung mit dem Flair des Landes und vielleicht den eigenen Urlaubserinnerungen. Hier wird deutlich, wie sehr eine Sprache Ausdruck, ja geradezu Botschafterin eines Landes sein kann. Sich in fremden Sprachen zu üben ist insbesondere durch die Nuancen der Vokabel und Begriffe eit mehr als ein mechanisches Übertragen. Jedem Lateinschüler ist gut in Erinnerung, dass nicht immer der erste im Wörterbuch verzeichnete Begriff die richtige Lösung ist. Das Übersetzen (etwa von „toten“ Sprachen) führt mehr noch als das freie Formulieren (in lebenden Fremdsprachen) zur Auseinandersetzung mit diesen Nuancen und feinen Unterschieden.
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Latein ist zudem eine wertvolle Einführung in die Welt der Grammatik, an der sich Grundlagen erlernen lassen, die für viele Sprachen gelten, für die romanischen ganz besonders. Neben der Grammatik, dem Regelwerk, den Vokabeln und trickreichen Ausnahmen bieten Latein und Griechisch zudem die Auseinandersetzung mit einer Vergangenheit, die zeitlich weit zurück liegt, deren Bedeutung für die Gegenwart aber vermutlich kaum überschätzt werden kann. Die griechisch-römische Antike ist in vielerlei Hinsicht Grundlage und Fundament dessen, was man als „christliches Abendland“ oder die „westliche Welt“ bezeichnen kann. Auch die islamische Welt entwickelte sich in einigen Aspekten aus dieser gemeinsamen Vergangenheit und leistete mit der schriftlichen Überlieferung zahlreicher antiker Texte und Traditionen einen wesentlichen Beitrag zu unserer Kenntnis der Antike und zur Wiederaufnahme des damaligen Gedankenguts. Die antike griechische Welt mit ihren zahlreichen Kolonien und Stadtstaaten hat Grundlagen geschaffen, die bis heute unsere Gegenwart durchsetzen. In der Kunst wurde in der Auseinandersetzung mit orientalischen und ägyptischen Vorbildern um das Menschenbild gerungen. Die griechische Skulptur sollte über Jahrhunderte die nachfolgenden Kunstrichtungen bestimmen, entweder in direkter Nachahmung der meisterhaft entwickelten Formen oder in der Auseinandersetzung in der modernen und zeitgenössischen Kunst. Die (westliche) Weltliteratur wäre ohne den Auftakt durch Homers Epen, die griechischen Th ater und die Erfindung der Geschichtsschreibung undenkbar. Philosophie ist vielleicht die plakativste altgriechische Errungenschaft. Bereits im Begriff selbst d ückt sich die Lebenseinstellung dazu aus: Die Freude an der Weisheit, Klugheit, der Gewandtheit, die Begeisterung, den gut geschulten menschlichen Verstand zu nutzen. Der antiken griechischen Welt verdanken wir die Auseinandersetzung mit politischen Systemen und die Demokratie. Auch wenn diese im 5. Jahrhundert v. Chr. nur wenige Jahrzehnte überdauern konnte und mit ihren exklusiven und elitären Parametern nur wenigen tausend männlichen Bürgern Mitbestimmung gewährte, blieb sie ein richtungsweisendes Modell bis in die Gegenwart. Die Höchstleistungen in Architektur, Technik und Naturwissenschaften bilden Auftakt und Grundlage vieler Disziplinen. Die römische Antike bildet das zweite wichtige Element, ohne das vermutlich die griechische Vergangenheit nie diese Bedeutung erlangen hätte können. Die vereinfachte Darstellung, die Römer hätten nur übernommen und kopiert, was die Griechen erfunden haben, ist natürlich zu kurz gegriffen. Tatsächlich sind aber das Bewahren und die Auseinandersetzung mit der – damals bereits Jahrhunderte zurückliegenden – Vergangenheit von großer Bedeutung. Die römische Fähigkeit zu systematisieren und zu ordnen, wirkt ganz wesentlich bis heute weiter, nicht zuletzt im römischen Recht als Grundlage und Bestandteil vieler heutiger Rechtssysteme. Das Weiterentwickeln der Architektur und insbesondere der Bautechnik prägte spätestens seit der Renaissance fast konkurrenzlos die Bauprogramme der westlichen Welt. Die Erfindung des Porträts als reale Wiedergabe des tatsächlichen Aussehens einer Person ist ein wichtiger Meilenstein der Kunstgeschichte.
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Das vielleicht bedeutendste Erbe ist aber vermutlich, dass es etwa um die Zeitenwende unter Augustus zum ersten Mal gelang, große Teile der (damals relevanten) Welt zu verbinden. Durchgehende, gut ausgebaute Straßenverbindungen und Postwege, eine überall zivilisatorisch hochstehende Infrastruktur, eine einheitliche Währung und ein sicheres (von Piraten befreites) Mittelmeer als wichtigstem Verkehrsweg stellen gewissermaßen einen Vorläufer des heutigen Europa dar. Dass hier zudem eine gemeinsame Sprache – Latein – ein entscheidender Faktor war, steht außer Zweifel, auch wenn Griechisch neben verschiedenen lokalen Dialekten vor allem im östlichen Mittelmeerraum die Hauptsprache blieb und in großen Teilen des Reichs gesprochen wurde. Ein solches einheitliches Imperium bildete die Grundlage zur Verbreitung von Standards in Lebensqualität, Technik und Versorgung, die lange über den Bestand Roms hinaus Wirkung haben sollten. Der rege Austausch von Wissen und die hohe Mobilität der damaligen Bevölkerung – besonders etwa der Legionäre – bereitete den Boden für das Wachsen und langfristige Bestehen von Religionen. Während der griechisch-römische olympische Götterhimmel weiterhin als Ritus und Tradition fortleben konnte, gewannen zusehends Erlöserkulte aus dem Osten Bedeutung. Diese boten den Gläubigen eine Perspektive für ein Weiterbestehen nach dem Tod, im Gegensatz zum freudlosen Dasein des eigenen Schattens in der Unterwelt. Neben dem iranisch geprägten Sonnengott Mithras und dem syrisch-orientalischen Baal oder Bel konnte sich aufgrund der Kommunikations- und Reisemöglichkeiten innerhalb des römischen Imperiums auch das Christentum entwickeln und sich schließlich spätestens im 4. Jahrhundert n. Chr. als wichtigste, bald als einzige Religion behaupten. Es sollte Europa und viele Teile der Welt über Jahrhunderte prägen und auch in der Auseinandersetzung in der Reformation und der Aufklärung ein grundlegender Faktor für unser heutiges Weltbild bleiben. Mit der Wiederentdeckung der Antike in der Neuzeit erlangte diese nochmals ganz entscheidende Bedeutung. In Kunst, Wissenschaften, Literatur und vielen anderen Bereichen waren die Leistungen der Vergangenheit das Maß aller Dinge, dem man nacheiferte oder von dem man sich mehr oder minder bewusst distanzierte. Die Wiedergeburt antiker Errungenschaften in der Renaissance führte zu heute gefeierten Höchstleistungen in der Malerei und Skulptur, die in den Museen in aller Welt bewundert werden. Der Massenandrang in solchen international renommierten Häusern lässt erneut vermuten, dass diese „alten Werte“, Antike, Kunst und Kultur, im weiteren Sinne also cultural heritage oder humanities, keineswegs obsolet und vergessen sind. Allerdings sind die Parameter verschoben. Ein Museum wird inzwischen weniger als Ort des Lernens und der Bildung verstanden denn als Freizeitangebot. Der Weg ins Museum (oder auf eine Ausgrabung oder in eine Kirche) erscheint heute als Konkurrent von Kino, Freibad oder Sport. Und doch ist es überraschend, wenn beispielsweise die deutschen Museen mit ihren Besucherzahlen den Stadien der deutschen Bundesliga den Rang ablaufen. Stundenlange Wartezeiten vor den wichtigsten Museen oder Sonderausstellungen sind inzwischen die Regel, Millionen stehen jährlich Schlange, um einmal kurz die Mona Lisa zu sehen.
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Die große Herausforderung für die Museen ist es, die richtige Sprache zu finden. Und hier ist gar nicht die Fremdsprache gemeint, sondern eher der richtige Ton. Was darf man als bekannt voraussetzen? Was bringt der Museumsbesucher als Vorwissen mit? Die wesentlich höheren Besucherzahlen bringen eine Diversifizie ung des Publikums und dessen Bildungsniveaus mit sich. Die – zweifellos wenigen – Gäste einer Gemäldegalerie in den vergangenen Jahrhunderten hatten in ihrem Bildungskanon antike Mythologie und die Bibel sicherlich studiert und konnten daher einen Großteil der Gemälde lesen und deuten. Heute kann man die Schicksale von „Dido und Äneas“ oder „Susanna im Bade“ nicht als bekannt voraussetzen, sondern muss diese im Zusammenhang mit den Kunstwerken vermitteln. Um die Frage nach der Freizeitgestaltung nochmals aufzugreifen: Selbstverständlich tun wir heute unserem Körper etwas Gutes. Sport und Fitness, Spa und Thermenluxus sollen für Balance und Wohlgefühl im Leben sorgen. Warum stellen wir dann in Frage, ob wir für den Geist etwas Gutes tun, ihn nähren, pflegen, neuen Input zuführen sollen? So können Museumsbesuche, Kunst, Kultur und Wissen Katalysatoren sein, um Ideen zu entwickeln, weiter zu denken oder neue Kunst zu schaffen. Das Lernen und Sehen geht dabei über das Sammeln von Eindrücken oder Abarbeiten eines Reiseplans hinaus. Wer viele Versatzstücke kennt und viele Bausteine zur Verfügung hat, kann kreativ Neues zusammenfügen. Und wer viel kennt und weiß, kann auch abstrahieren und vor allem relativieren. Wir leben heute mit einer unglaublichen Informationsdichte, in der scheinbar alles transparent und objektiv nachzuvollziehen ist. Umso wichtiger ist es, selbst filtern zu können, Richtiges und Falsches, Wichtiges und Unwichtiges zu unterscheiden. Lexikalisches Wissen lässt sich nachschlagen, aber wer weiß, wo er dies tut, und wer gelernt hat, Nuancen zu erkennen, wird mehr herauslesen können. Mit bereits Bewusstem und Gewusstem ist es zudem möglich, Brücken und Querverbindungen zu entdecken und zu entwickeln. Eine humanistische Bildung, alte Sprachen, Fächer, die wir im Alltag nicht brauchen, zu erlernen ist also ein Mehrwert. Ein in alle Richtungen erweiterter Horizont und ein breitgefächertes Wissen erlauben neue Herangehensweisen und Ideen. Es ist fast undenkbar, dass Künstler, Philosophen, Erfinder alles neu aus dem Nichts heraus entwickelt hätten. Fast immer geht dem Schaffen ein iskurs mit bereits Vorhandenem voraus. In der Nachahmung oder bewusst konterkariert entstehen dann die nächsten Schritte. In diesem Sinn ist ein „Ausmustern“ von Wissen und Lehrfächern, das systemische Abgehen vom studium generale (das auch die strengen und effiziente Studienpläne an den Universitäten nicht mehr fördern) wohl ein Verlust. Das Lernen alter Sprachen und humanities, eine breite Allgemeinbildung ist kein Luxus, sondern vielmehr eine kluge Investition. Und hoffentlic ist es auch ein Gegengewicht in einer Zeit und Gesellschaft, in der zusehends (materieller) Gewinn das wichtigste Kriterium zu werden droht. Der Mensch hat und hatte immer eine philosophische, politische, künstlerische Seite, mit der – und gerade mit der – er sich von marktgetriebenen Automatismen abhebt und erst damit zum Individuum wird. Jedenfalls das kann man aus der Geschichte lernen! Georg Plattner
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Humanismus und Technik – ein Paradoxon? Die Bedeutung von Schulerfahrung für den eingeschlagenen Berufsweg und naturwissenschaftlichtechnische Forschung
Blickt man auf die Liste der Absolvent*innen des Wasagymnasiums, wird schnell klar, dass eine humanistische Ausbildung und eine technische Affinitä nicht konträr sein müssen. Karl Landsteiner, Hans Benndorf, Philipp Frank, Otto König oder Erwin Chargaff sind einige Absolventen der Wasagasse mit stark naturwissenschaftlichem Bezug, wobei von diesen genannten gerade Chargaff definitiv ein stark prägendes Element meiner Schulzeit war. Die Frage stellt sich dennoch, warum naturwissenschaftliche und technikaffine ersönlichkeiten ein Gymnasium und nicht eine HTL oder eine andere rein technisch fokussierte Ausbildung anstreben sollten. Wie jedes Wissen stellt uns das naturwissenschaftliche oder technische Wissen vor zweierlei Anforderungen. Zum einen vor rein fachliche, die im Falle der Naturwissenschaften wenig mit Humanismus zu tun haben (aber oft ja gerade die Schaffung einer „besse en Welt“ intendieren, also übergeordneten Zielen dienen), sondern eher mit Synthese, Berechnung oder Errichtung einer passenden Apparatur in einem Laboratorium. Darüber hinaus ist das naturwissenschaftliche und technische Wissen zum anderen aber eng mit der Gesellschaft verwoben und die Gesellschaft wirkt stark auf die Wissenschaft zurück, das gilt heutzutage in besonderem Maße. Gerade die Technik – ich habe Verfahrenstechnik an der TU Wien studiert – ist eine angewandte Naturwissenschaft. Dazu gehört natürlich die reine naturwissenschaftliche Lehre, aber genauso die Integration der Ergebnisse in die Gesellschaft und in diesem Kontext hat der Humanismus Bedeutung. Die Digitalisierung des 21. Jahrhunderts, die Möglichkeiten der modernen Medizin und Reproduktionsmedizin, der Wert des Menschen in einer vollautomatisierten Arbeitswelt, all diese Punkte werfen humanistische Fragen auf. Nach dem Sinn der Technik fragen, heißt nach dem Wesen des Menschen fragen, heißt den Bezug der Technik auf das Menschsein oder die Humanitas ins Auge zu fassen – das Wechselspiel Technik und Humanismus. Das Ziel des Humanismus ist die Humanitas, wörtlich das Menschsein der Sache nach, die Bildung des Menschen zum Geistesadel und freien und edlen Menschentum. Die griechische „Techne“ ist die Einheit des Handwerklichen und des Künstlerischen. Das technische Wissen und Schaffen kann sich nur da voll entfalten, wo auch der Humanismus mit einfließt 1 Ich war durch meinen Vater schon immer stark technisch und naturwissenschaftlich beeinflusst, dennoch war die humanistische Ausbildung der Wasagasse prägend für mich. Während die Ausbildung in einer HTL sehr fokussiert ist auf die Umsetzung von technischem Wissen in die Praxis, erhielt ich in der Wasagasse viele humanistische Impulse, die es mir immer wieder ermöglichen, eine andere Perspektive einzunehmen, Ansätze kritisch 1
Gottlieb Söhngen, Humanismus und Technik, Essen 1949, 211–213.
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zu hinterfragen und mich nicht der reinen Technikgläubigkeit hinzugeben. Diese Ansätze haben mich sowohl durch mein Studium als auch in meinem Berufsleben begleitet. Als ich die Wasagasse besuchen durfte, waren wir Teil eines Schulversuches und aufgrund der Klassengröße wurden in Englisch und Latein aus zwei Klassen drei Gruppen gebildet. Es kam zu einer intensiven Durchmischung des rein humanistischen Zweiges (Griechisch und Latein) mit dem neusprachlichen Zweig (Französisch und Latein) und dem realistischen Zweig (Darstellende Geometrie und Latein). Diese Symbiose aus unterschiedlichen Richtungen und Denkansätzen hat bei mir schon früh eine Offenheit für ande e Perspektiven, eine Akzeptanz von anderen Anschauungen und die Integration dieser in meine eigenen Ansätze bewirkt. Gerade in der heutigen Zeit mit ihren zahlreichen Herausforderungen, die allgemeine Fragen der Ethik und Gesellschaftsgestaltung ebenso betreffen wie sp ziellere Fragen, etwa der persönlichen Freiheit und des Rechts auf Privatsphäre, greift Technik als reiner Ausbildungszweig zu kurz. Die interdisziplinäre Bildung, die ich in der Wasagasse erhalten habe, hat sich auch in der Studienwahl niedergeschlagen. Die Wahl fiel auf kein rein technisches Studium, wie das Studium der Mathematik, der Chemie oder der Physik, sondern auf das Studium der Verfahrenstechnik, einer Mischung aus Maschinenbau und Technischer Chemie. Dieses Studium bietet die Möglichkeit, die erarbeiteten Synthesen der technischen Chemie mithilfe der entwickelten Maschinen des Maschinenbaus großtechnisch in angewandte Produktionsprozesse umzusetzen und damit die Technik direkt in das Spannungsfeld der Gesellschaft zu bringen. Die breite humanistische Ausbildung hat bei dieser Wahl des Studiums starke Impulse gegeben. Natürlich spielen die Lehrer, die die Neugier und Freude an dem zu Erlernenden erzeugen, eine starke Rolle für die Ausbildung der Interessen und die spätere Studienwahl – hier hatten Mag.a Lang in der Physik und Mag.a Rudischer in der Chemie definitiv einen prägenden Einfluss. Ich denke aber auch, dass sich die humanistische Ausbildung durch Dr. Jung in Philosophie oder auch die geographische Lehre von Mag.a Kaltenböck wesentlich auf meine Studienwahl ausgewirkt haben. Die Hauptrichtung ist durch die Wahl des Studiums vorgegeben, aber den wahren Wert erhält dieses durch die persönliche Note, die man ihm durch die Nutzung der Wahlmöglichkeiten gibt, die im Studienleben daneben gegeben sind. Das Verständnis der Mechanik, der Regelungstechnik und der Chemie sind grundlegende Anforderungen sowohl für den erfolgreichen Abschluss des Studiums der Verfahrenstechnik als auch für das Bestehen im Berufsleben. Jedoch spielen in der heutigen Zeit die Aspekte der Technikfolgenabschätzung, des Life-Cycle-Assessment und der techno-sozioökonomischen Interaktion eine ebenso wichtige Rolle wie die reine Lehre der Technik. Die Ausbildung in der Wasagasse hat wesentliche Impulse dafür gegeben, dass ich während meines rein technischen Studiums Vorlesungen genau in diesem Bereich besucht habe,
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wie die Vorlesung „Technik und Gesellschaft“ (mit nur fünf Studenten!) von Dr. Manfred E.A. Schmutzer2, einem Politologen und Ingenieur für Maschinenbau, einem intellektuellen Querkopf zweier Welten. Er studierte zunächst an der Technischen Universität Wien Maschinenbau, doch die dynamischen 1960er-Jahre führten zur Auseinandersetzung mit politischen Systemen, was zum Beginn des Studiums der Politikwissenschaft und schließlich auch zur Beschäftigung mit Anthropologie führte. Dies verändert sein technisches Weltbild fundamental. In Wien gründete und leitete er das „Institut für Technik und Gesellschaft“ an der Technischen Universität, und setzte sich intensiv mit der Entstehung von technischen und wissenschaftlichen Systemen im gesellschaftlichen Kontext auseinander. Noch immer habe ich seine Aussage über Technik und Gesellschaft in Erinnerung: Soll folglich die Gleichung TECHNISCHER FORTSCHRITT = SOZIALER FORTSCHRITT Sinn machen, dann muss ein PARADIGMENWECHSEL dort stattfinden, w Techniker ausgebildet werden. Nicht TECHNIK MACHT GESELLSCHAFT sollte das neue Paradigma lauten, sondern GESELLSCHAFT MACHT TECHNIK3.
Auch das Thema meiner Dissertation war nicht rein technisch fokussiert, sondern war breiter angelegt mit dem Titel Techno-economic assessment on the gasification of biomass on the large scale for heat and power production4. Dabei setzte ich den technischen Fortschritt der Produktion von Strom und Wärme durch die thermochemische Umwandlung in Bezug zur Ökonomie und den gesellschaftlichen Auswirkungen – ein Ansatz, der über den rein technischen Fokus weit hinausreicht. Eine breit gefächerte Basisausbildung ermöglicht es, ein solches Mindset auch im weiteren Studienverlauf zu erhalten und umzusetzen. Gerade die humanistische Ausbildung lehrt das Streben nach Neuem, Unentdecktem, das Verlassen alter eingeschlagener Pfade, um Neues kennenzulernen. Genau diese ganzheitliche Herangehensweise, die auch Ökologie und Nachhaltigkeit miteinschließt, wurde mir in der Wasagasse vermittelt und hat mich auch auf dem Weg meiner Dissertation begleitet – der Blick über den Tellerrand und das Streben nach Neuem. In meiner weiteren Ausbildung bin ich diesem Ansatz treu geblieben, denn in meinem Master of Business and Administration (MBA) widmete ich mich der Wissensvermittlung im industriellen Großanlagenbau, einem Cross-Over zwischen Technik, Management und Gesellschaft. Zum Abschluss dieser Betrachtung möchte ich gerne wieder an die Wasagasse zurückkehren. Prägend war während meiner Schulzeit Erwin Chargaff, den ich durch Mag.a Hügel im Fach Deutsch kennenlernen und sogar bei einer Schulauffüh ung rezitieren durfte. 2 3 4
Manfred Schmutzer, Woo-do-you, www.manfredschmutzer.at, 28.10.2020. Manfred Schmutzer, Technik Macht Gesellschaft, Wien 1997, 18. Markus Bolhàr-Nordenkampf, Techno-economic assessment on the gasification of biomass on the large scale for heat and power production, Dissertation, Technische Universität Wien 2004.
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Der Chemiker Erwin Chargaff entdeckte die DNA-Basen Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin, was eine entscheidende Vorarbeit für die Entdeckung des Doppelhelix-Modells war. Chargaff (geboren 1905)gehörte der Generation von Naturwissenschaftlern an, die sich noch „Naturforscher“ nannten und eine humanistische Bildung als unerlässlich für die Arbeit im Labor betrachteten. Er war trotz oder gerade wegen seiner Entdeckungen immer auch kritisch gegenüber den Naturwissenschaften eingestellt, wie unter anderem das folgende Zitat verdeutlicht. Wer sich Gedanken macht über den Nutzen und Schaden der Naturwissenschaften, wird bald zu dem Schluss kommen, dass dies ein hoffnungsloses Unterfangen ist. … Durch Schaden wird man dumm, zumindest noch etwas dümmer, als man vorher gewesen ist. Daher habe ich wenig Hoffnung, dass eine Abhilfe eintreten wird […]. Zu viele Leute glauben noch den schamlosen Versprechungen, mit denen es Commis voyageurs der Forschung gelingt, jeden Zweifel zu ersticken. Tatsächlich hat die Naturforschung in den letzten vierzig Jahren den Menschen erstaunlich wenig Segen gebracht und viel Schaden gestiftet. Aber wenn man einem Volk durch Reklame Kaugummi angewöhnen kann, warum nicht auch Krebsforschung und Raumsonden?5
Ich denke, dass diese kritische, hinterfragende, fordernde Grundhaltung, eine Ablehnung von Konformismus und eine intensive Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Gesellschaft, auch in mein Berufsleben stark eingeflossen ist. Bei dem Führen von Mitarbeiter*innen, die nicht alle an einem Standort arbeiten, sondern über 23 Länder verteilt sind, ist die Frage des Wirkens in einem anderen kulturellen Umfeld essenziell. Gerade bei der Mitarbeiter*innenführung im technischen Umfeld spielen neben dem fundierten technischen Wissen und den Prozessen genauso das Verständnis des Zusammenwirkens von Technik, Persönlichkeit der jeweiligen Mitarbeiter*innen und die Allgemeinbildung eine essenzielle Rolle. Die Errichtung einer neuen technischen Anlage verbindet neben dem neuesten Stand der Technik auch zahlreiche gesellschaftspolitische (Umweltverträglichkeitsprüfung, Bürgerbefragungen, etc.) sowie regional- und überregionalpolitische (Kohlendioxidemissionen, erneuerbare Energieversorgung, Ausstieg aus der Kohleverstromung, etc.) Elemente, das Berufsbild hat sich klar in eine techno-sozioökonomische Richtung gewandelt. Es geht auch darum, wie die Technik einerseits von den Mitarbeiter*innen und andererseits von den Kund*innen und der Gesellschaft gesehen wird. Haben die technischen Lösungsansätze tatsächlich die Auswirkungen, die vom Marketing und vom Lobbying versprochen werden, oder stiften sie vielleicht sogar mehr Schaden und die positive Konnotation wurde der Gesellschaft nur durch „Reklame“ angewöhnt, wie es Chargaff formuliert hätte? 5
Joseph Huber, Technikbilder: Weltanschauliche Weichenstellungen der Technologie- und Umweltpolitik, Wiesbaden 2013, 53–54 zit. nach rwin E Chargaff
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Als Beispiel möchte ich hier die erneuerbaren Energien anführen, die bis vor kurzem oft in Bausch und Bogen unkritisch als Allheilsbringer der Lösung des Klimawandels gepriesen wurden, ohne dass dabei Beachtung fand, dass auch die Erzeugung erneuerbarer Energie massive Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, etwa durch Monokulturen im Falle von Kurzumtriebsplantagen, durch Eingriffe in das Ökosystem oder starke landschaftliche Auswirkungen im Falle von Wind- und Wasserkraft. Auch die heute stark gehypte Elektromobilität ist nicht von der Thematik der Erzeugung und Verteilung der Energie zu entkoppeln. Hier zeigt sich, dass jegliche Form der Energieerzeugung, sei sie fossil, nuklear oder erneuerbar, stark mit der Gesellschaft „interagiert“. Gerade in diesen Bereichen ist eine rein technisch fokussierte Betrachtung nicht sinnvoll, ich würde sogar sagen gefährlich, da die Auswirkungen ohne humanistischen Diskurs dauerhafte Änderungen in der Gesellschaft erzeugen. Die derzeit größte Pandemie seit über 100 Jahren und die in diesem Kontext betriebene Forschung, sowie die daraus resultierenden Einschränkungen für die Gesellschaft sind Mahner dafür, dass das rein technisch Mögliche immer zusammen mit dem Humanistischen gesehen werden muss. Ich möchte mit zwei Zitaten Chargaffs schließen, die mich auf meinem Weg begleitet haben. Die großen Gelehrten stehen über ihrer Wissenschaft, die kleinen werden von ihr erzeugt. Jene wissen mehr als sie sagen, diese viel weniger.6 In der Wissenschaft der Gegenwart werden immer kleinere Zimmer immer luxuriöser und kompletter eingerichtet.7 Markus Bolhàr-Nordenkampf
Literaturverzeichnis
Markus Bolhàr-Nordenkampf, Techno-economic assessment on the gasification of biomass on the large scale for heat and power production, Dissertation Technische Universität Wien 2004. Joseph Huber, Technikbilder: Weltanschauliche Weichenstellungen der Technologie- und Umweltpolitik, Wiesbaden 2013. Manfred Schmutzer, Technik Macht Gesellschaft, Wien 1997. Manfred Schmutzer, Woo-do-you, www.manfredschmutzer.at, 28.10.2020. Gottlieb Söhngen, Humanismus und Technik, Essen 1949. Erwin Chargaff, Bemerkungen, Stuttgart 1982.
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Erwin Chargaff, Bemerkungen, Stuttgart, 1982, 34. Ebd.
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C’est la vie am BG9
I am sailing …
Zu jedem Anlass, sei es der Beginn eines neuen Schuljahres, zu Weihnachten oder zu Ostern, gab der Schulchor den Klassiker „Sailing“ zum Besten. So überkommt mich beim Hören des oft dargebotenen Liedes eine kitschige Form der Melancholie, die mir ein nostalgisch-übersteigertes Bild meiner eigenen Schulzeit vor Augen führt. Zu der altbekannten Melodie schunkelt die „MS Wasa“ über den asphaltierten Alsergrund, die oft für das Gymnasium verwendete Schiffsmetapher erscheint or den Klängen des Liedes geradezu selbstverständlich. Acht Jahre lang habe auch ich voll Inbrunst vom Segeln und Fliegen gesungen, bis zu meiner Matura im Jahr 2019. Als ehemalige Schülerin, die vor nunmehr zwei Jahren das Deck der „MS Wasa“ verließ, um sich auf den Großdampfer „MS Universität Wien“ zu begeben, freue ich mich, meine Schulzeit noch einmal schriftlich Revue passieren lassen zu dürfen. Dabei möchte ich betonen, dass meine eigene Erfahrung wohl kaum repräsentativ für die Erlebnisse meines Jahrgangs oder gar der ganzen Generation sein kann. Um es vorwegzunehmen, ich ging überaus gerne zur Schule, nicht jeden Tag und nicht zu jeder Unterrichtsstunde, aber im Großen und Ganzen habe ich meine Schulbildung tatsächlich genossen. So fiel es mir auch nach dem endgültigen Verlassen des Schulgebäudes schwer, den Titel „Schülerin“, den ich über mehr als ein Jahrzehnt wie selbstverständlich getragen hatte, durch das erhaben klingende „Ehemalige“ zu ersetzen. Hatte ich mich auch vor der offizi len Bescheinigung durch die Reifeprüfung des Öfteren schon selbst für reif erklärt, so fiel es mir letztendlich doch schwer, das Gymnasium, „mein“ Gymnasium, als Lebensabschnittspartner anzusehen. Denn an Bord der stattlichen „MS Wasa“, um noch einmal auf die Schiff metapher zurückzukommen, bin ich acht Jahre gealtert und gut einen halben Meter gewachsen, ich habe gelernt, vergessen und wieder gelernt, mich über die Mitschüler*innen geärgert und mich an der Klassengemeinschaft erfreut. In diesen allgemein gehaltenen Punkten deckt sich meine Erfahrung wohl weitgehend mit der jener Schüler und Schülerinnen, die in den vergangenen 150 Jahren in der Wasagasse ein- und ausgegangen sind. Da ich nun als Absolventin zu dem Kreis all jener gehöre, die ihre schulische Ausbildung schon hinter sich gelassen haben, blicke ich mit einem zarten Hauch Nostalgie auf eine ereignisreiche Zeit zurück, die ich an der Wasagasse verlebt habe. So werde ich im Folgenden versuchen, das Gymnasium fernab von Segeln, Schiffsmetaphern und rückblickender Sentimentalität so zu beschreiben, wie ich es erlebt habe.
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Von Schnitzeltagen und Sprachreisen
Vor einem Stapel Jahresberichte sitzend überlege ich, wie sich eine akkurate Beschreibung der Schule verfassen ließe, mit welchen Bildern nicht nur ich, sondern auch andere Schüler*innen und Nicht-mehr-Schüler*innen das Gymnasium Wasagasse verbinden. Der vergleichsweise kurze Abschnitt, den ich an der Schule verbracht habe, war von einigen geringeren oder größeren Veränderungen durchzogen, die nicht nur das rapide Wachstum der Mitschüler*innen betrafen, sondern auch den Schulalltag. Neue Wahlpflichtfäche , neue Projekte, neue Reifeprüfung, stets wechselnde Ausflugsziele und veränderte Innenausstattung. Doch sind auch bestimmte Facetten des Schullebens über die Jahre hinweg geblieben und kommen mir daher zuerst in den Sinn, wenn ich an das Gymnasium Wasagasse denke. Der Geruch nach Balsaholz vor dem technischen Werkraum, die ewig lange Wendeltreppe, deren Erklimmen kurz vor Stundenbeginn auch nach acht Jahren des harten Trainings noch dem Zieleinlauf eines Marathons gleicht, die lange Schlange vor der Schulcafeteria, die noch längere Schlange am allwöchentlichen Schnitzeltag. Eine Mischung aus Faszination und Übelkeit beim Anblick des Gehirnpräparates oder der Luftröhre eines Schweins, überschwängliche Euphorie bei der Flammenfärbung im Chemiesaal, grenzenlose Begeisterung beim Singen der eingängigen Lieder aus dem Englischbuch. An die Tische gesteckte Trennwände, deren penetrantes Gelb das Schreiben einer Schularbeit verhieß, das Dunkelblau des alljährlich auf mysteriöse Weise verschwundenen Klassenbuchs, bis es schlussendlich durch ein elektronisches ersetzt wurde. Das ständige Verlieren des mit dem eigenen Foto personalisierten Magneten in der Tagesbetreuung, die Verwunderung über kreative Bezeichnungen von Räumlichkeiten wie dem „Orangen Salon“, der „Wasa-Lounge“ oder des „Bewegungsraums“. Das Faszinosum des schmucken Festsaals, Schauplatz für Schulballproben, Feierlichkeiten und Abschlussprüfungen, die Aufschrift „K.K. Staatsgymnasium“ über dem hölzernen Schultor, die dem Gebäude etwas altehrwürdig Feierliches verlieh. Doch der Einflussbe eich des BG9 erstreckte sich weit über die Mauern des Ziegelgebäudes und den Horizont des Alsergrundes hinweg. In Anzug und Kapuzenpulli besuchten wir Theate vorstellungen, mit atmungsaktiven Wanderschuhen und weißen Sneakers gingen wir auf Wandertag, mit zentnerschwerem Koffer und unscheinba em Handgepäck stiegen wir ins Flugzeug. Die regelmäßig stattfindenden kleine en oder größeren Reisen waren ein über Monate herbeigesehntes Ereignis, doch wird mir erst im Nachhinein bewusst, dass das jährliche Verreisen mit gut zwanzig Gleichaltrigen, teils auch Gleichgesinnten, bei weitem keine Selbstverständlichkeit darstellt. Mit Händen und Füßen, Google-Übersetzer und tatsächlicher Sprachkenntnis haben wir uns fernab der Klassenräume verständlich zu machen versucht, kulinarisch ausgefallene Lunchpacks der Gastfamilien verglichen und uns selbst im fremden Land zurechtgefunden. Doch nicht nur ins Ausland, auch bis an die fernen Randbezirke Wiens und ins Hinterland Österreichs sind wir vorgedrungen, um über Schipisten zu rutschen und durch Naturschutzgebiete zu wandern. Die Ausflüge, deren viel-
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seitige Destinationen das Wissen der Welt unmittelbar begreifbar machen sollte, stellten nicht nur eine willkommene Abwechslung, sondern auch einen Teil des Schulalltages dar. Zu meinen persönlichen Highlights zählt der Kurztrip nach Straßburg, den wir als Klasse unternommen haben, um an einem Projekt des EU-Parlaments teilzunehmen. Wie ein Grüppchen frühreifer Abgeordneter durften wir in den Sitzungssälen über Themen disk tieren, deren Grundzüge uns mehr oder minder aus den Schulbüchern bekannt waren. So rückte der gelernte Schulstoff nicht in jene lebensweltliche Ferne, in der er bestenfalls noch als kompetenzorientiert abgestempelt, dann aber bei der nächsten Gelegenheit wieder vergessen wird. Die Abwechslung zwischen vertrautem Schulgebäude und der aufregenden „Fremde“, sei es nun Frankreich oder das Kraftwerk Freudenau, stellt somit die Quintessenz des Schulalltages dar, wie ich ihn erlebt habe, ein fortwährendes Wechselspiel zwischen Schnitzeltagen und Sprachreisen. C’est la vie
Wenn ich darüber nachdenke, welche zentralen Lebensweisheiten ich aus meiner Schulzeit mitnehme, kommen mir als Erstes die Worte meines Klassenvorstands in Erinnerung, die er mit penetrant österreichischem Akzent einstreute, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot: „C’est la vie, so ist es eben, selbst die sechste Stunde endet erst nach 50 Minuten.“ Eine Floskel, deren Anwendung auch mir zunehmend Freude bereitet, mein Denken und Handeln allerdings nicht in größerem Ausmaß verändert hat als die binomischen Formeln, deren Fortwirken auf mein post-schulisches Leben auffallend gering ist. Mit immer wieder gehörten und gerne rezitierten Sätzen wie „Zuerst denken, dann sprechen“, „Beistriche sind keine Gefühlssache“ oder „Die Dosis macht das Gift“ ließe sich wohl ein ansehnlicher Spruchkalender füllen. „Wo ist das Subjekt?“, die große Frage der Lateinstunden, „Wann ist der Haufen kein Haufen mehr?“, philosophische Gedanken beim Sortieren der losen Zettelsammlung im Spind. Und im Hintergrund die große Frage, wofür denn gelernt wird, die strikte Trennung von Schule und Leben, die dann verschwand, wenn der Schulstoff nicht nur zu floskelhaften Weisheitssprüchen, sondern zu tatsächlichen Erkenntnissen oder Diskussionen führte. In all ihren Details erinnere ich mich an die erste hitzige Debatte über Erbschaftssteuer, die Frage, wie mit der österreichischen Vergangenheit umzugehen sei, verknüpft mit einer Exkursion nach Mauthausen und dem Kinofilm Waldheims Walzer. Im Rahmen des Wahlpflichtfachs mit dem klingenden Namen „Wasa Sozial“ hatte ich die Chance, mit Menschen außerhalb meiner alltäglichen Lebensrealität in Kontakt zu treten, außerhalb der Blase des vertrauten Wasagymnasiums. Ich glaube behaupten zu können, dass diese Erfahrungen nicht nur mich, sondern auch einige meiner Mitschüler*innen nachhaltig geprägt oder auf Denkweisen aufmerksam gemacht haben, die bislang unhinterfragt geblieben waren.
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Durch Diskussionen und Debatten tat sich die Erkenntnis hervor, dass die eigene Meinung nicht die einzig wahre und gültige ist, was nicht nur für Heranwachsende oft schwer zu akzeptieren scheint. Was wie ein moralischer Fingerzeig wirken mag, erscheint mir dennoch erwähnenswert, da diese Einsicht fernab jenes Bildes von richtigen und falsch gesetzten Kreuzchen liegt, das spätestens nach der dritten Schularbeit im Matura-Aufgabenformat ein recht dominantes ist. Doch lässt sich eine Meinung zur Erbschaftssteuer nicht durch eine Markierung mit Rotstift ungültig machen, sondern durch die hohe Kunst des „Ich sehe das anders“-Sagens widerlegen. Auch das imposante „Ich“ am Satzanfang schreibe ich meiner Ausbildung an der Wasagasse zu, namentlich dem langjährigen KPR-Unterricht. Die hochgelobten Ich-Botschaften haben tatsächlich ihre Spuren in meinem Sprachgebrauch hinterlassen und das generische „Man kann Beistriche nach Gefühl setzen“ durch subjektivere Formulierungen ersetzt. Was das Verinnerlichen dieser Lehre für das Schreiben im universitären Kontext bedeutet, ist eine andere Geschichte. Auch in der Kunst der Entscheidungsfindung wurden wir unterrichtet, begonnen bei der Fülle an „unverbindlichen Übungen“, der Liste an Wahlpflichtgegenständen und den d ei Oberstufenzweigen, aus denen es zu wählen galt. So waren die Unterrichtsfächer nicht nur starres Gerüst, mit dem man sich abzufinden hatte, sondern ermöglichten ein gewisses Maß an Wahlmöglichkeiten. Ich selbst zähle die Wahl des Sprachenzweiges in der Oberstufe zu meinen vorteilhaft getroffenen Lebensentscheidungen, sowohl fremd- und deutschsprachige Kommunikation als auch die erlangten Sprachkompetenzen lassen sich im außerschulischen Alltag häufig zur An endung bringen. Neben den vergleichsweise „großen“ Entscheidungen für einen Oberstufenschwerpunkt haben auch die kleineren zu einer vielfältigeren Gestaltung des Schulalltags beigetragen. Die Teilnahme an Sport- und Redewettbewerben oder das erwähnte Projekt „Wasa Sozial“ stellen nur eine kleine Auswahl der Möglichkeiten dar, die uns eröffnet wu den. In der rückblickenden Erinnerung an die Schulzeit sind es daher nicht nur Bilder von Klassenzimmer und Frontalunterricht, die ich mit dem Gymnasium verbinde. Aber nicht nur die stückweise Interessensfindung, auch die rkenntnis, auf welche Gegenstandsbereiche ich gut und gerne hätte verzichten können, würde ich zu den Lehren zählen, die ich jenseits der Allgemeinbildung aus der Schulzeit gezogen habe. Nicht jedes Schulbuch gleicht einem aufregenden Pageturner, aber so ist das eben, c’est la vie. Daraus konnte ich zumindest lernen, in welchen Bereichen sich meine Begeisterung in Grenzen hält, oder über das Leben nach der Schulzeit sinnieren, das manchmal in kleinen, manchmal in allzu großen Schritten herannahte. Jenseits von „Ruhe, Respekt und Unterlagen“
Erschien man montags bis freitags auf seinem Platz im Klassenraum und hielt sich an das Credo „Ruhe, Respekt und Unterlagen“, so waren die Startvoraussetzungen für eine an-
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nehmbare Schullaufbahn gegeben. Tauchte man zu spät oder gar nicht auf, hatte man zumindest mit Nachfragen zu rechnen, und legte man das ausgefüllte Arbeitsblatt nicht am Abgabetermin auf den Tisch, so pochte die motivierte Lehrperson so lange auf die ausständige Abgabe, bis man sie schließlich doch ablieferte. Der Stundenplan war fix und fertig vorgelegt, die Schulbücher brauchte man nur zu Beginn des Jahres aus dem Werksaal zu holen, und seufzte man entnervt über ein solches Maß an vorgegebener Struktur und persönlichem Kontakt, so bekam man den Satz zu hören: „Seid doch froh, dass ihr das jetzt noch alles habt, später werdet ihr euch danach zurücksehnen“. Aus meiner jetzigen Perspektive als Ehemalige kann ich sagen: Die meist von vorwurfsvollen Blicken untermalte Aussage hat sich zumindest für mich nicht bewahrheitet. Aber anstatt so zu versuchen, die dichte Struktur des Schulwesens in ein positiveres Licht zu rücken, wäre es im Nachhinein betrachtet doch hilfreicher gewesen, ein bisschen mehr auf den Alltag vorzubereiten, der vielleicht an Universitäten folgt. Denn zumeist herrschen dort geradezu konträre Verhältnisse, keine Fragen nach der eigenen Anwesenheit, kein organisatorisch schlüssiger Stundenplan, kein teils übermäßig bemühtes Hinweisen auf nicht gebrachte Abgaben. Dabei möchte ich nicht Position dazu beziehen, welches System nun besser ist, sondern mit kritisch hochgezogenen Augenbrauen auf einen Aspekt hinweisen, der wohl nicht nur dem Gymnasium Wasagasse zu eigen ist. Es wäre dabei auch keine realistische Forderung, sämtlichen Schüler*innen die Gestaltung ihres Stundenplans selbst zu überlassen, aber ein etwas größeres Maß an organisatorischer Selbstständigkeit schon in der Schule zu lernen, wäre doch hilfreich. Und sei es nur, für manche Aufgabe mehrere Wochen zur Bearbeitung Zeit zu haben, um sich mit dem Ausufern des eigenen Prokrastinationsverhaltens vertraut zu machen. Stellte für mich zur Schulzeit die Anwesenheit das Kernelement dar, so ist es an der Universität die Selbstständigkeit, die Fähigkeit zur Zeiteinteilung und das ungefähre Einschätzen des eigenen Arbeitsverhaltens. Längerfristige organisatorische Aufgaben zählten kaum zum Zuständigkeitsbereich der Schüler, während Studierende in radikaler Weise mit der eigenen Organisationsfähigkeit konfrontiert sind, die im rein schulischen Kontext nicht merklich zur Entfaltung gebracht wurde. Damit möchte ich keine Projekte wie aufwändige Schulballplanungen, die auch von den Schüler*innen durchgeführt werden, degradieren, doch würde ich aus eigener Erfahrung das Manko des Schulwesens dahingehend festmachen, dass es kaum auf das Maß an Eigenständigkeit vorbereitet, das Universitäten oftmals fordern. „Nicht jammern, das müsst ihr später auch können“, als modifizie te Form der eingangs genannten Phrase, wäre wohl auch keine fruchtbringende Lösung. Statt des vorwurfsvollen Tonfalls beim Sprechen über das harte Leben nach der behüteten Schulzeit wäre eine schrittweise Vorbereitung auf das ominöse „Später“ weit hilfreicher. Ruhe, Respekt und Unterlagen sind zwar auch jenseits der Schulmauern nicht fehl am Platz, doch schafft man es selbst bei g ündlichster Befolgung dieser Forderungen wohl nicht einmal zur ersten STEOP-Vorlesung, für die man sich selbst hätte anmelden müssen. Denn die Universität, so wie ich sie erlebe, ist kein furchteinflößendes, aus den Fugen geratenes Gymnasium, sondern eine Institution mit an-
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deren Anforderungen, auf die eine stückweise Vorbereitung zumindest für mich recht hilfreich gewesen wäre. Dass ich allerdings nicht nur physisch den zehnminütigen Weg von der Wasagasse zur Universität geschafft, sondern auch die Lust am Lernen keineswegs verloren habe, ist neben der bereits gelobten, vielseitigen Gestaltung des Schulalltags einigen Lehrpersonen zu verdanken. Beschrieb der Schulabgänger Stefan Zweig den prototypischen Lehrer als unnahbare Autoritätsperson, die den Schulstoff enig enthusiastisch von der Kanzel predigte, so scheint dies im Fall der Wasagasse tatsächlich der „Welt von Gestern“ anzugehören. Natürlich lässt sich das Lehrerkollegium, eine durchwegs heterogene Abteilung, nicht an einem Personentypus festmachen, doch ist das Bild eines ermatteten Predigers nicht die erste Assoziation, die mir in Verbindung mit dem Lehrpersonal in den Sinn kommt. Teile des Schulstoffs wären wohl auch durch konzentriertes Lesen im stillen Kämmerchen erlernbar gewesen, aber oftmals hätte man das jeweilige Buch nach einigen Seiten wieder zugeschlagen, da es doch zu großen Teilen an der Vermittlung liegt, mit wie viel Begeisterung oder Langeweile der Stoff aufgenommen wird. Und so vermochten es einige Lehrer*innen, Themen, denen man mit überschaubarer Neugier entgegengetreten ist, durch das merkbare persönliche Interesse als tatsächlich ansprechende Wissensgebiete zu vermitteln. Sie brachten es nicht nur fertig, eine mindestens zwanzigköpfige Truppe an Pubertierenden in Schach zu halten, sondern diese diverse Ansammlung an Jugendlichen auch für Gegenstandsbereiche zu gewinnen, die fernab ihrer tatsächlichen Lebensrealität oder unbemerkt inmitten ihres Alltags lagen. Ganz zu schweigen von den Bemühungen um eine abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung, die weit über einen Wechsel von Einzel- und Gruppenarbeiten oder gelegentliche Ausflüge in den IKT-Saal hinausgingen. Besonders bleiben mir die häufigen Theaterbesuche in Erinnerung, aber auch in Kinosäle und Museen wurde der Unterricht ausgelagert. Wenn auch nicht jedes Unterrichtsfach von der grenzenlosen Begeisterung der Lehrkraft gezeichnet war, so hat sich der Großteil doch wirklich um einen ansprechenden Unterricht bemüht, um auch jenseits der Vorbereitung auf allzu kompetenzorientierte Maturaformate zu einer positiven Entwicklung der Heranwachsenden beizutragen. Das so vermittelte Interesse wirkt, so glaube ich, bei vielen auch nach Abschluss der Schulkarriere fort, sodass das Verlassen des Schulgebäudes keine Abkehr aus Überdruss, sondern eine Hinwendung zu individuellen Interessen darstellt, zu deren Bildung auch einige Lehrer und Lehrerinnen einen erheblichen Teil beigetragen haben. Abschließende Glückwünsche
Liebes Gymnasium Wasagasse, alt bist du geworden, doch merkt man es dir kaum an, bloß Äußerlichkeiten wie die Aufschrift „K.K. STAATS-GYMNASIUM“ oder die Namen der berühmten Ehemaligen, die an deiner Fassade prangen, lassen auf all die Jahre schließen, die schon hinter dir liegen. Doch im
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Inneren, da bist du jung wie die Horde an Erstklässlern, die das Erdgeschoß lautstark für sich beansprucht, modern wie die Laptopklassen, sowohl der alten als auch der neuen Sprachen mächtig. Bevölkert von wissbegierigen, neugierigen und dösenden Schülern und Schülerinnen, die frohlockend durch die Gänge hopsen oder am hauseigenen Kaffe automaten in der Wasa-Lounge lehnen. Belebt von Lehrern und Lehrerinnen, die unermüdlich „das schöne Lied aus dem Englischbuch“ singen, Stunde für Stunde die Maghreb-Staaten wiederholen oder verlässlich zu Unterrichtsbeginn ihre „Chancenliste“ zücken, um mögliche Kandidaten für die Stundenwiederholung zu verlesen. Ausgestattet mit WLAN, Spinden und Schulbuffet lässt es sich in deinen Hallen gut acht Jahre lang leben und lernen. In deinen Gemäuern haben es schon viele von der Bildgeschichte zur Erörterung, von der Prozentrechnung zum Konfidenzinte vall und von skeptischer Distanzierung zur Klassengemeinschaft gebracht, das Schulgebäude als Einzelgänger betreten und mit Freunden verlassen, die das eigene Heranwachsen aus nächster Nähe miterlebt haben. Unter deinem Namen sind zahlreiche Schulklassen um die Welt, durch Europa oder zumindest bis nach Obertauern gereist, haben ganze Kinosäle und Sitzreihen im Theater besetzt, um danach bereichert in das altbekannte Gebäude zurückzukehren. Die unterschiedlichsten Schülertypen und wild gestikulierende, mit Medienwägen hantierende Lehrende hast du unter deinem Dach so zusammengeführt, dass die Begegnung meist zum beidseitigen Vorteil ausfiel, kein Predigen von der Kanzel, sondern anregende Diskussionen, die Entscheidungen für den zukünftigen Bildungs- und Lebensweg beeinflussten. Vom Schulball im Palais Auersperg bis zum Fußball im Augarten, nicht zu vergessen das alljährliche Sportfest, hast du dich nicht nur als eindrucksvolle Bildungsanstalt etabliert, sondern warst auch Rahmen für unzählige Erlebnisse, die deinen Schüler*innen vergönnt waren und es hoffentlich auch in Zukunft noch sein werden. Denn 150 Jahre sind zwar ein stattliches Alter, doch bin ich mir sicher, dass auch in Zukunft noch die Melodie von „I am sailing“ durch das Schulhaus klingen, die Schlange am Schnitzeltag bis auf den Gang hinausreichen wird und euphorische Maturant*innen den Tag der achten Klassen gebührend feiern werden. Wenn du mit deinen 150 Jahren noch mit der Verhaltensweise sämtlicher Teenager mithalten kannst, so mache ich mir keine Sorgen, dass sich das in den nächsten Jahrhunderten verändern wird. Ich danke dir, dass ich selbst acht Jahre inner- und außerhalb deiner Mauern verleben und mit Kennenlerntagen und Zentralmatura die All-inclusive-Variante des BG9 genießen durfte, sodass ich jetzt auf eine ereignisreiche Schulzeit zurückblicken kann. So bleibt mir an dieser Stelle nichts anderes mehr übrig, als dir von meinem ganzen nostalgischen Ehemaligen-Herzen alles Gute zum Geburtstag zu wünschen, der „MS Wasa“ eine gute Weiterfahrt voll aufschlussreicher Diskussionen, guter Klassengemeinschaften und Ruhe, Respekt und Unterlagen. Es grüßt mit im Winde wehendem Taschentuch Marlene Marlene Haslinger-Fenzl
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Long Letter From John
I was born as Hans Wermer on April 4, 1927in Wien. My mother, Eva Wermer, born Raudnitz, had parents who grew up in Dresden, Germany. Her father, Leopold Raudnitz, came from a long line of German Jews, Raudnitz’s and Lehmann’s, and traces his ancestry back to that part of the world till the 18th century. (…) They moved to Vienna at the end of the 19th century and had a boy, Emil, and fi e daughters, Josephine, Leonie, Hanna, Carla, and my mother, Eva. (…) My father, Paul Wermer, traces his family, on his mother’s side, to Odessa in tsarist Russia. His mother Sonja (born Goldstern), was one of eleven siblings. The Goldstern clan left Odessa around 1900, and many of them settle in Vienna. Sonja’s brother, my Onkel Samoila, owned the Fango Heilanstalt in Vienna, which was a medical hotel whose name “Fango” came from the mud-bath treatments it provided. I grew up in close contact with Samoila’s family (…). Sonja Goldstern married my grandfather, Leopold Wermer. He was born in the Habsburg Empire in what is now Slovakia. (…) Grossvater Leopold Wermer was a dentist. Father had one younger brother, Heinz, 15years his junior. Father’s family was better off than mother’s. He had no difficult getting into Gymnasium. Both father and mother attended the University of Vienna medical school, which, to my understanding, was an outstanding school. Many foreigners came to study there, including one Japanese gentleman, Mr. Skamoto. Onkel Heinz (who later became uncle Henry) became a Freudian psychoanalyst. (…) Until I was four years old, we lived in the same house as my grandfather, in Nussdorferstraße. Then my parents got an apartment elsewhere, close to Votiv Kirche and Schottentor. (…) My Volksschule (elementary school) was a fiftee -minute walk from home. Volksschule was tolerable, but I have few sweet memories of it. I came home from the first day of school and said “Die Lehrerin glaubt sie ist die Hauptperson in der Klasse” (The teacher believes she is the principal person in the class”). This was first grade. (…) In 1937,I had finishe Volksschule, and entered Gymnasium. I remember that the list of subjects I was supposed to study there during the next eight years included the mysterious and glamorous words “Chemie” and “Physik”. I also recall that on my first day there I looked up the long staircase, and at the top there were young women, 18 years old. It was awesome. This glory period was
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only to last half a year. In March 1938,the Nazis took over Austria and of course, Jewish and Christian students could no longer be in the same schools. (…) My own experiences as an 11-year-old in Vienna were not as dramatic. Although modern antisemitism in Austria had a long tradition, going back well before the Nazis, I had not experienced it on my own skin. Our gym teacher had won my regard, in part by saying a good word about some of my work in gym. After the “Anschluss”, he called all of us Jewish boys together in a room, and made a little speech to us. “You must understand that you are now guests in Austria”, he told us. Sort of funny, to turn into a “guest” of the country in which you were born and in which your parents were born, and whose language was the only language you knew. After the “Anschluss”, the authorities decided to separate the Aryan students in my Gymnasium from the “non-Aryans”, by moving the “Aryans” to another school, and keeping the Jewish students there for the time being. This ange ed “Aryan” classmates, so there was a bit of a free-for-all fight between the two groups, something which had never happened before. No blood was shed, however, and feelings did not run deep in this combat. I have little memory of my schooling in Vienna past this point, although I do remember seeing my Lehrer Proksch of Volksschule-days sporting an elegant Swastika emblem on his jacket. If he had done this before March 1938,he would have been out of job for supporting an illegal party. The fact that the Jews of Austria were losing all of their economic rights opened up opportunities for properly placed non-Jews. Businesses with Jewish owners, had to be “aryanized”. One such business was the little Beatrix Kino belonging to my mother and her sisters. (…) The situation of the Jews in Austria became worse as time went on. It was increasingly hard to make a living. In particular, my parents lost their license to practise medicine, as I mentioned. It was extremely difficul to find any country that would allow German and Austrian Jews to emigrate to. My father and mother, together with me, had a US quota-number, for Austrians to emigrate to the US. Our number would “come up” only in fall 1939.It was too dangerous for my father to stay in Austria until then, and he investigated various possibilities of emigration. One of these was to move to India for Father to become court-physician to the Nizzam of Hyderabad. This did not work out. Because of Father’s profession, he had colleagues abroad. An English physician gave my family an “affi vit of support”, which meant that he would provide financial support to us while we stayed in Britain, waiting for our quota-number to come up. This all wed Father to enter Britain early in 1939,and my mother and I joined him in March’39. Each Jewish émigré from Nazi Austria was allowed to take with him 25 Austrian Schillinge in cash, plus no gold, jewelry, or other valuables. You could take some books and clothing and personal possessions. Thi meant that a great deal of property became available for acquisition at bargain prices, of course. I remember bursting into tears when I learned that we were not going to take the Encyclopedia along with us (which shows how profoundly I understood the gravity of the situation). Many of the older generation did not emigrate, and my parents’ generation had no real conception of what was ahead for those who stayed behind.
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Our good friend, Dr. Lotte Graf, did have the good sense and the guts to stand by her sister, Eva, whose husband was Jewish and so could not wait to leave, “I am not going without mother!” and she did get out Mutter Graf, who had many good years later on with her daughters in America. My grandfather, Leopold Wermer, his second wife, and his cousin Onkel Sima and Sima’s wife Masha, perished in the holocaust, during the 40ies. My friend and schoolmate, and fellow young egg-head, Paul Kessler, had a Jewish family without foreign connections, and he became a holocaust victim. I was shaken, a while ago, to find a postca d from Paul Kessler, sent to me (to London when we were there) in which he wrote to me “You promised, Hans, to help me out.” We arrived in New York Harbor on November 5, 1939.The first thing I remember is seeing skyscrapers on the Manhattan skyline. (No skyscrapers in my previous experience). Th next thing I remember was my father rushing ashore and returning with a copy of the New York Times. (…) Father’s practice started quite slowly as a newly arrived doctor. Often, he exclaimed, “Die Praxis ist tot!”, (the practice is dead), but it always recovered, and in time he was doing very well, professionally. In any case, without fitting the sentimental image of a doctor as someone who just loves mankind, or the cynical view of a doctor as someone who is in it for money, Father genuinely loved the practice of medicine. For Mother the story was quite diffe ent. After Father earned enough so he could hire a nurse-receptionist, she no longer had that occupation. She did not return to dentistry, and really did not take up a new profession. (…) Mother had a high order of aesthetic talents. (…) She made very fine drawings (not only anatomical drawings), and in particular, drew pictures to illustrate family events. In these pictures, father was always a rabbit with a stethoscope around his neck. The frontispiece of this book is her drawing of the room I rented on Mellen Street in Cambridge while I was writing my thesis. Despite her manifold talents, she never got a gainful occupation in America. The nited States is a marvelous country for people who come here with optimism and a strong drive to succeed. Mother had had such a strong drive in Austria, and been successful, but things changed when she came to America. (…) In fall 1941, I left Haaren High School and moved to George Washington High School, located high on a hill way up north in Manhattan, where Manhattan island narrows. I stayed there for the next two years, until I graduated. (…) I got admitted to Harvard, with a New York City Club tuition fellowship of $ 400, which, as I remember it, covered tuition. Because of the war (it is now 1943),the college ran regular sessions through the summer, starting in June. (…) Harvard provided an international array of famous scholars for its undergraduates. This did not always work out so well for the innocent student. Richard von Mises taught us an introductory course in Probability Theo y. He used his own foundation of the theory, where a basic element is an infinite sequence of experiments. I struggled mightily with this course, but did not learn much, unfortunately. I did learn a bit of Proba-
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Abb. 1: Zeichnung von Eva Wermer: Johns Zimmer
bility Theo y when I taught it many years later out of Feller’s text. Von Mises avoided being involved in conversation with his students by entering each class while lecturing, and exiting in the same manner. Another famous man I encountered was Arthur Darby Knock, a very English Professor of Religion. He taught a class in Latin. (…) A happy circumstance, for me, was that Harvard borrowed Raphael Salem from MIT to teach a course on “Advanced Calculus”. It was a completely delightful experience. Salem’s enthusiasm and good spirits made it so. (…) I guess this course started me off in the direction of Analysis within Mathematics. (…) Graduation day was June 5, 1947.The Commencement speaker was Secretary of State, George Marshall. My friend Phil Smith and I, who thought of ourselves as politically quite savvy, sat through this first announcement of the Marshall plan without realizing that something very important had happened. (…) It was now 1947.The news had fully come out about the Holocaust. My mother’s sisters,
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Josephine and Leonie, and Josephine’s husband Hugo Klein, had perished in concentration camps. (…) At some point, in the early 40ies, Tante Jo and Frau Dr. Ungar were transported to a concentration camp. My grandfather and his in-law Onkel Sima found out that they were going to be arrested. They then took their wn lives. My mother never got over these terrible losses, especially the loss of her dear sister Josephine. (…) In my first year of graduate school I took Real Function Theo y from George Mackey, Projective Geometry from Zariski, and Analytic Number Theo y from Lowell Shoenfield Mackey began his course with set theory. First there was the empty set, then there was the set whose only element is the empty set, and so on. Then Peano’s postulates, ordered sets, cardinal numbers, the Axiom of Choice, Zorn’s Lemma etc. I had never previously studied any set theory, and found it very interesting. Then a thorough introduction to point-set topology and then metric spaces. Then measu e theory, Lebesgue’s theory of measure and integration, and L-spaces. I took notes furiously in class, and spent a great deal of time figuring them out. (…) The mathematical cultu e I had grown up with at Harvard was quite diffe ent from that in the Uppsala mathematics department. As I have related, we had studied a variety of general theories such as point set typology, measure theory, locally compact groups, operators on Banach spaces, normed rings, etc. My knowledge, when I arrived in Uppsala, of classical analysis was quite limited. Subjects like Green’s functions, logarithmic potentials, Fourier Transform Theo y as in Paley-Wiener, etc. were at the edge of what I knew about. Beurling had once said, when he was teaching his Harvard courses, “You Harvard boys are afraid of integral signs”. The exact opposite was true, at that time in Uppsala. The students knew a great deal of classical analysis and were suspicious of “abstract nonsense”, and several of them let me know that the course I had been teaching was full of such stuff Göran Borg said, when my course had come to an end, “Here Wermer was lecturing all of these weeks, and what he was talking about, nobody knows”. Lennart Carleson told him “Well, if you don´t know, Göran, that is your fault”, which clearly was music to my ears. A particular bête noir, in this connection, was the Axiom of Choice. Göran Borg said to me “The Axiom of Choice is mostly used by Jews.” I was silly enough to argue with him about it, instead of laughing. (…) I decided to take a train trip through Europe, and in particular, to go to Vienna, before returning to the US. (…) The first big stop on my train ride south was in Hamburg. We are now in early June of 1950.It was the first time that I had seen the destruction of World War II, and it was awful to see. My first long stop was in Vienna, where I visited my baby-nurse Besse and her family, the Pauluses. They had saved some jewelry my mother owned, (and could not take along when we left), and some pre-1918Habsburg gold coins. (…) Herr Paulus had our valuables, as well as a stamp album of his own, in an ash-barrel in his house, covered with ash. The looters didn’t find it. Besse also had some mementos from my aunt Jo, whom she had helped in the early 40ies, before Jo was sent to the concentration camp. At that time, summer 1950,Vienna was still divided into US and Russian zones. Besse and I went to Kahlenberg, outside of town, with a Café and a fine view, and hiked down. This
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took us through the Russian zone. Since I had no permit for that, I was nervous, but I encountered no Russian soldiers. Although the two houses I had lived in were not destroyed, the city looked a deplorable state of disrepair. It had not been a major target for bombing, but artillery had done its bit, I guess. The beautiful oof of Stephanskirche was smashed to pieces. It was reconstructed many years later. The Austrians had it very thin economically in 1950and for years afterward. My mother sent innumerable “Care” packages to Besse and her family and some others, as of course, many people from the US did in those years. (…) I got back to Harvard eff ctively without a thesis, showed Mackey what I had, and asked him to supervise my further thesis work. The problem I had worked on in Uppsala, concerning translation-invariant subspaces of Hilbert spaces of functions on the x-axis, has a discrete analogue: let T be a bounded linear operator on a Banach space x, and assume that x equals the closed linear span of the eigen-vectors of T. Does each closed invariant subspace of T contain an eigen-vector? I have made the observation that the answer is yes, if A is a self-adjoint operator on Hilbert space whose eigen-vectors span the space. Mackey urged me to look at the case when T was a normal operator. I found that I could make good progress on this problem, and got very excited about it. I had a very happy time working on this problem. (…) I had three happy years as instructor at Yale, basically hired as part of a horde of new PhD’s to teach introductory calculus for three years, but (normally) without prospect to be kept on at Yale for the long term. (…) The environment for young mathematicians working on research, was ideal at Yale in those days, in my view, and certainly in analysis, my area of interest. Hille, Dunfort, Rickart, and above all, Shizuo Kakutani, were excellent mathematicians, and extremely willing to treat us young whipper-snappers as fellow scholars. The social atmosphere, including the atmosphere at parties at people’s homes, was warm and informal. At the end of my three instructorship-years, I was invited to give a “job talk” (Colloquium) at Brown, and to take along Christine, and bring her to the dinner at the Faculty Club, afterward. In privacy, after dinner, Christine and I agreed that this was the worst meal we had ever had, but that company at the dinner (the math department members) had been friendly and cheerful. I took the job, assistant professorship, offe ed to me. (1961–1994 Brown) (…) I retired from teaching in the late 90ies. John Wermer
2014 besuchte John Wermer gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Paul und Carl seine alte Schule und sprach als Zeitzeuge zu Schülern und Schülerinnen der 7. Klassen. Der Text wurde einem 110 Seiten umfassenden Skript „LONG LETTER FROM JOHN“, welches uns Professor Wermer für die Festschrift zur Verfügung gestellt hat, entnommen. Abbildungsnachweis
Abb. 1 Zeichnung von Eva Wermer: Johns Zimmer (Eva Wermer).
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Gerald Stourzh – von „Wasagasslern“ und „Schotten“
Der emeritierte Universitätsprofessor für Geschichte und Schüler der Wasagasse zur NS-Zeit erzählt im Interview mit Thesi Breunig, selbst Wasagassenabsolventin und -lehrerin, aus seiner Schulzeit. Der Text wurde ergänzt durch Kommentare von seinen Mitschülern Prof. Dr. Gerhart Hitzenberger, Dr. Robert Schigutt, Prof. Dr. Hans Poigenfürst, Dr. Wolfgang Breunig und dessen Frau Dr. Brigitta Breunig sowie Dr. Willi Hofmann aus dem Jahrgang unter Stourzh. Prof. Dr. Gerald Stourzh, geboren am 15. Mai 1929, besuchte das Wasagymnasium in der Zeit von 1939–1947. Die Aufnahmsprüfung für das Gymnasium legte Stourzh in der Kundmanngasse ab. Als Belohnung für die bestandene Prüfung wünschte sich der junge Fahrkartensammler von seiner Mutter, dass er so lange mit der Liliputbahn im Wiener Prater fahren dürfte, bis er eine Fahrkarte in jeder Farbe gesammelt hätte. Nach einem Umzug in den 19. Wiener Gemeindebezirk vor Beginn der 1. Klasse schrieben ihn seine Eltern – der Vater Protestant, die Mutter katholisch, aber nicht religiös – im Wasagymnasium ein. Doch obwohl er offiziel „Wasagassler“ war, verbrachte Stourzh keinen einzigen Tag seiner Schulzeit im Gebäude des heutigen Wasagymnasiums. Die Nazis hatten das Gebäude für ihre Zwecke umgewidmet – zuerst als reine Judenschule, später als Quartier der Hitlerjugend. Der gesamte Lehrkörper des Wasagymnasiums sowie alle Schüler waren in die Räumlichkeiten des Schottengymnasiums umgesiedelt. Den geistlichen Lehrern des Schottengymnasiums wurde die Ausübung ihrer Lehrtätigkeit untersagt. So war in Stourzh’ Klasse eine Mischung aus Schülern, die sich selbst als „Wasagassler“ oder aber als „Schotten“ identifizie ten. Stourzh erinnert sich, dass sie sich oft scherzhaft als das „weltliche Schottengymnasium“ bezeichneten, um am Prestige der „Schotten“ teilzuhaben, selbst fühlte er sich aber als Wasagassler. Seine Mitschüler Gerhart Hitzenberger, Robert Schigutt, Hans Poigenfürst, Wolfgang Breunig sowie der jüngere Willi Hofmann hingegen sahen sich als Schotten, da teilweise schon ihre Väter das Schottengymnasium besucht hatten. Laut Gesetz waren sie aber alle Schüler des Wasagymnasiums. Fast zeitgleich mit dem Beginn der 1. Klasse begann auch der Zweite Weltkrieg. Dieser dauerte bis zu der Zeit, als Stourzh die 6. Klasse besuchte. Stourzh’ Vater, ein überzeugter Gegner der Nazis, verstarb zu Kriegsbeginn an Krebs. Stourzh erinnert sich vieler Professoren aus der Kriegszeit. Als Sohn ausgesprochener Anti-Nazis sind ihm besonders die nationalsozialistischen Lehrer in negativer Erinnerung geblieben, die im Folgenden aus seiner Erinnerung beschrieben werden sollen: Der damalige Direktor Köhler war Nazi und Parteigenosse. Aus Stourzh’ Sicht war er aber relativ gemäßigt und griff nicht immer so ha t durch, wie es zur damaligen Zeit möglich gewesen wäre. Herr Professor Beer war Geschichtsprofessor, der „auch Sachen verzapft“ hat. Zwar entsprach der Inhalt des Geschichtsunterrichts laut Stourzh der Wahrheit, doch war er einseitig
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und garniert mit Propagandaslogans. Stourzh kritisiert, dass ausschließlich „Herrscher und Kriege“ auswendig gelernt werden mussten. Weltgeschichte, Zeitgeschichte oder Sozialgeschichte fanden im Unterricht keinen Platz. Für modernen Geschichteunterricht wünscht sich Stourzh daher einen breiteren Blick auf die Welt. Auch die Geschichte der Unterschichten sollte erzählt werden. Denn das Leben hat stets nur zu einem kleinen Teil in den „herrschenden Gruppen“ stattgefunden. Frau Professor Kann war Geografiep ofessorin. Stourzh empfand sie als schlechte Lehrerin. Nach Erinnerung der Rahlgassenschülerin Brigitta Breunig (Frau von Stourzh’ Klassenkollegen Wolfgang Breunig) schikanierte Prof. Kann mit großer Freude den Mitschüler Gerhart Hitzenberger, weil sie wusste, dass er und seine Familie gegen die Nazis waren. Nach dem Krieg wurde Prof. Kann in die sozialistische Rahlgasse versetzt. Als sie merkte, dass sie nun Hitzenbergers jüngere Schwester Lisi unterrichtete, tyrannisierte sie diese. Der Turnlehrer Bockhorn war ein „fescher, strammer Mann, genauso, wie man sich einen Nazi vorstellt“. Er war unangenehm, und das vor allem zu den schlechten Turnern, von denen Stourzh einer war. Dass er Stourzh einmal als „Seicherl“ bezeichnete, kränkte diesen sehr. Später wurde Bockhorn in den Krieg eingezogen, wo er fiel Professor Weinberger war Deutschprofessor, der aus der Pension zurückgeholt wurde, weil viele junge Lehrer in den Krieg einrücken mussten. Er war ein nuschelnder alter Mann, das Nazi-Parteiabzeichen stets sichtbar auf der Brust, und ein „Widerling erster Klasse“. Stourzh’ Banknachbar Norbert Linhart, ein „lustiger Kerl, einer zum Blödeln“, spielte dem unbeliebten Professor deshalb einmal einen Streich: Er hatte Maikäfer gefangen, die er in Prof. Weinbergers Stunde im Klassenzimmer aussetzte. Sie schwirrten herum, während Weinberger brüllte und tobte. Wütend stampfte der Professor herum, bis er einen der Maikäfer erwischte und tottrampelte. Linhart sammelte den platten Käfer vorsichtig ein. Am nächsten Tag kam Linhart mit dem Maikäfer in einem „entzückend gebastelten“, kleinen Sarg aus schwarzem Karton in die Schule und stellte ihn auf den Katheder. An die Tafel schrieb er: „Wir trauern um unseren lieben Maikäfer Bubi, der gestern einem grausamen Schicksal zum Opfer gefallen ist.“ Dass der Professor bei diesem Anblick erneut herumbrüllte, erheiterte die Schüler nur noch mehr. Doch es gab auch Antinazis unter den Professoren. Am Anfang der Stunde, wenn Lehrer hereinkamen, mussten alle Schüler aufstehen und den Hitlergruß machen, also die Hand ausstrecken und „Heil Hitler!“ rufen. Die Lehrer grüßten mit demselben Gruß zurück. Der Lateinlehrer Professor Hocevar und der Mathematiklehrer Professor Martin hoben dabei aber nur schlapp die Hand und sagten „Heitler“. Dass sie das zur damaligen Zeit wagten, wundert Stourzh heute noch, zeigte es doch, dass sie „eindeutig keine strammen Nazis“ waren. Beide waren menschlich sehr sympathisch, auch wenn sie keine enge persönliche Beziehung zu Stourzh’ Freundeskreis, der sogenannten „Hitzenbergerei“ (benannt nach dem Mitschüler Gerhart Hitzenberger), hatten. Die meisten Schüler in Stourzh’ Klasse waren Antinazis. Lediglich an zwei Mitschüler erinnert er sich, die hie und da mit der Uniform der Hitlerjugend in die Schule kamen. Einer
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davon hatte zwar Antinazis als Eltern, diese wollten aber ihren Sohn, so vermutet Stourzh, nicht mit ihren Überzeugungen „belasten“. Stourzh’ Mutter indes scheute nicht davor zurück, ihren Sohn mit ihren Überzeugungen zu „belasten“ und tat alles in ihrer Macht Stehende, damit er nicht die Hitlerjugend besuchen musste. Mithilfe eines befreundeten Arztes ließ sie ihm ein „Schwindelzeugnis“ ausstellen, das ihm einen Lungenschatten diagnostizierte. Somit galt er für die Hitlerjugend als dienstuntauglich. Mit 14 Jahren ließ seine Mutter ihn gemeinsam mit den Erwachsenen englisches Auslandsradio hören, was vom Regime strengstens untersagt war. Auch die meisten Familien von Stourzh’ Klassenkollegen waren Antinazis, doch nicht alle. Ein schlimmer Zwischenfall ist Stourzh tief Erinnerung geblieben: Günther Frisch, aus der Familie des Nobelpreisträgers Max Frisch, sprach in der Schule offen über seine Antinazi-Überzeugungen. So sagte er einmal „Die HJ ist ein Scheißverein“, ein andermal „Der Göring ist eine blade Sau“. Ein Mitschüler, der das gehört hatte, berichtete zuhause seiner Mutter von den Aussprüchen seines Kollegen. Besagte Mutter war nun aber überzeugte Nationalsozialistin und denunzierte den Buben beim Direktor. Mitten aus dem Zeichenunterricht – der Zeichenlehrer war bekennender Nazi mit sichtbar getragenem Parteiabzeichen – ließ der Direktor die Schüler in alphabetischer Reihenfolge holen, beginnend mit Wolfgang Breunig. Jeder Schüler wurde zu Günther Frisch befragt. Obwohl laut Wolfgang Breunig keiner der Schüler weitere belastende Aussagen machte, wurde Günther Frisch der Schule verwiesen und in eine Haupt- oder Handelsschule versetzt. Ein Gymnasium durfte er nicht mehr besuchen. Einige Mitschüler von Stourzh waren nach den Nürnberger Gesetzen „Halbjuden“, da ein Elternteil „jüdischer Herkunft“ war. Dass solche „Juden“ oft getauft waren, spielte bei der Definition der Nazis keine Rolle. Gerhart Hitzenberger erfuhr von seiner Mutter Annelies erst nach dem Krieg, dass er, obwohl er im Krieg als „Vierteljude“ gegolten hatte, eigentlich „Halbjude“ war. Ein mit seinem 1941verstorbenen Vater und seiner nunmehr alleinerziehenden Mutter befreundeter, einfluss eicher Nazi und Gerichtsmediziner hatte es trickreich ermöglicht, dass Annelies Hitzenberger ihre Ordination weiterführen und Gerhard in die Oberstufe aufsteigen konnte. Die Mitschüler Hansi Hock, Herbert Schwarz und Hans Sachsel, ebenfalls „Halbjuden“, hatten aber weniger Glück. Mit Abschluss der Unterstufe mussten sie 1943das Gymnasium verlassen und in eine Handelsschule wechseln. Hansi Hock kam dort in die Klasse mit dem späteren Maler Hundertwasser. Da Hocks Vater gut Latein und Griechisch konnte, wurde Hock von seinen Mitschülern mit Stoff versorgt, den ihm dann sein Vater beibrachte. So konnte er nach dem Krieg zurück in die Wasagasse wechseln. In den letzten Wochen des Krieges wurde Stourzh als 15-Jähriger zur Wehrmacht einberufen. Offiziel hieß es, er solle sich „freiwillig melden“. Sein Mitschüler Wolfgang Breunig versteckte als Verzögerungstaktik bei der Musterung seine Brille und meldete sich freiwillig zur besonders unbeliebten Marine, die eine gesonderte Musterung zu einem späteren Zeit-
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punkt hatte – im Wissen, dass man für die Marine tadellose Augen braucht und er somit nach der Marine-Stellung noch einmal zurückgeschickt werden würde. Breunig hoffte, bi das bürokratische Prozedere vorbei wäre, wäre der Krieg vorbei. Seine Rechnung ging auf. Stourzh selbst bedauert, nicht dieselbe Idee gehabt zu haben. Immerhin durfte er sich als Brillenträger aber die Waffengattung aussuchen. Er versuchte, der Meldung zu entgehen, indem er den ihn musternden Nazis erklärte, dass er sich rein rechtlich nicht freiwillig melden könne, da er noch minderjährig sei und daher die Zustimmung seiner Mutter brauche. Von den anwesenden Nazis erntete er mit dieser Aussage nur Spott und Hohn. „Na, denk ein bisserl nach“, sagte einer und sperrte ihn für drei oder mehr Stunden in den dunklen Keller. Dort überlegte Stourzh. Seine Mutter war verwitwet und er glaubte, ihr Schwierigkeiten zu bereiten, wenn er sich gar nicht meldete. Als er aus dem Keller wieder freigelassen wurde, meldete er sich also zur Sanität. Später ärgerte er sich aber sehr über die ganze Situation. Er legte sich für einige Zeit ins Bett und aß sehr wenig, „sicherheitshalber, als Hungerstreik“. Eine Woche nach der Musterung kam sein Brief zum Abtransport von Nussdorf oder Heiligenstadt in den Krieg. Stourzh ignorierte ihn. Es war bereits Ende März, das Nazi-Regime war im Verfall. Niemand kam ihn holen. Der Krieg war zu Ende. Doch nicht allen gelang die Verzögerungstaktik. Stourzh’ drei Wochen älterer Mitschüler Alfred Regele war kurz vor Kriegsende 16 geworden und musste leider einrücken. Prompt kam er in russische Kriegsgefangenschaft nach Sopron. Regeles Vater war ein hoher altösterreichischer Offizi . Mithilfe seines Einflusses arbeitete er sich bis zu hohen ussischen Offizi en vor und bekam seinen Sohn frei. Nach dem Krieg änderte sich einiges. Viele Nazi-Professoren wurden entlassen oder versetzt und durch neue Lehrer ersetzt: Prof. Lesowksi in Englisch beispielsweise war neu und Stourzh schätzte ihn. Auch Prof. Fiedler machte in Griechisch guten Unterricht. Der „lange, dünne Mann“ war während der Nazi-Zeit zwangspensioniert gewesen und wurde dann nach Kriegsende Direktor des Wasagymnasiums. Besonders gern hatte Stourzh den Deutschlehrer Prof. Paradeiser. Er war „witzig und gscheit“, hat seine Schüler als Erwachsene behandelt und alle begeistert. Die 6. Klasse war durch das letzte Kriegsjahr so beeinträchtigt gewesen, dass man nicht wirklich von Unterricht hatte sprechen können. In Westösterreich entschied sich die Politik daher, dass Schüler die Klasse wiederholen mussten. In Wien aber durften alle in die nächste Klasse aufsteigen. Doch auch in der 7. Klasse kam es zu Unterrichtsausfällen, und zwar zu sogenannten „Kohlenferien“: Es war ein besonders kalter Winter und durch den Krieg herrschte extremer Mangel an Heizmaterial. Stourzh erinnert sich, im Wintermantel in der Klasse gesessen zu sein. Brigitta Breunig hatte sogar Erfrierungen an den Fingern durch den Unterricht in der Rahlgasse, welche sie mit Wechselbädern aus benutztem Nudelwasser therapierte. Weil die Schulen so kalt waren, wurden Kohlenferien ausgerufen.
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Stourzh meint aber, durch den Unterrichtsentgang keinen lebenslangen Schaden erlitten zu haben. Er und seine Mitschüler hätten das Verpasste wieder aufgeholt, viele aus der Klasse haben akademisch Karriere gemacht. In Schulen mit Kindern aus nicht-bürgerlichen Familien mag es aber anders ausgesehen haben. Zwei Jahre nach Kriegsende legte Stourzh die Matura ab, mittlerweile aber nicht mehr im Schottengymnasium, denn dieses hatte mit dem Wiederaufbau einer eigenen Schule mit einer 1. Klasse begonnen und wollte die Wasagassler nicht mehr bei sich haben. Die Wasagasse aber war von 1945–55Stammsitz der Kommunistischen Partei. So wurden sie in das Gebäude der Schottenbastei (Lise-Meitner-Realgymnasium) verlegt. Es handelte sich bei der Matura um eine erleichterte Nachkriegsmatura. Statt vier schriftlicher Prüfungen musste Stourzh nur drei ablegen (Mathematik, Deutsch, Latein), statt drei mündlicher Abb. 1: Abschluss- und Reifezeugnis 1947. nur zwei, wo er Geografie und Geschichte wählte. Das Thema der Deutschmatura war das Truman-Zitat: „Die Gerechtigkeit ist die größte Macht auf Erden“. Das interessierte Stourzh und der Lehrer lobte seine Arbeit als den besten Aufsatz der Klasse. In Mathematik war Stourzh weniger begabt, weshalb er gemeinsam mit Gerhart Hitzenberger bei Hansi Hocks Tante Brezina Nachhilfe nahm. Bei der drei- oder vierstündigen Matura kam in der zweiten Stunde der Chemieprofessor Sames (späterer Direktor der Billrothstraße 73, liebevoll genannt das „Samesianum“) zur Aufsicht. An der Tafel rechnete er eine Maturaufgabe vor, eine Zinseszinsrechnung. Er bat die Schüler, nichts zu verraten und meinte, wenn man jemanden durchfallen lassen wolle, solle man ihn in der Fünften oder Sechsten durchfallen lassen. Ihn bei der Matura durchfallen zu lassen, davon hielt Sames nichts. Mit dieser Tat half der unorthodoxe Lehrer wohl so manchem Mitschüler von Stourzh. Gerald Stourzh hätte aber auch ohne seine Hilfe die Matura mit Auszeichnung bestanden. Mit der Reifeprüfung endete seine turbulente, ungewöhnliche Schulzeit. Die Mitglieder der „Hitzenbergerei“ aber sind einander auch heute noch in tiefer Freundschaft verbunden. Abbildungsnachweis
Abb. 1 Abschluss- und Reifezeugnis 1947(Gerald Stourzh).
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Erinnern Lernen
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Jahre
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Absolvent*innen 1876–2020
Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag
Wer wir sind – wer sind wir denn?
Das Selbstbild einer Schule lässt sich daran erkennen, wie sie ihre Feste gestaltet, welchen Inhalt die Feste haben und was als festwürdig und damit auch als erinnerungswürdig betrachtet wird. Das Selbstverständnis einer Schule lässt sich auch an Festschriften und Jahresberichten erkennen, an Personen und Ereignissen, die gewürdigt und bedacht werden, auch wenn jede Publikation eine Augenblicksaufnahme darstellt. Dir. Dr. Valentin Pollak bat anlässlich der 50-Jahr-Feier des Wasagymnasiums 1921Stefan Zweig und andere zu Berühmtheit gelangte Absolventen um Beiträge für die Festschrift, um die Bedeutung dieser Institution liebevoll-kritisch zu würdigen. Direktor Pollak sollte 1938 genau wie Stefan Zweig zu den Vertriebenen dieser Stadt gehören, beide wurden ihres Einkommens beraubt und konnten der rabiaten Gewalt nur durch Flucht entkommen. Sind Vergehen und Verbrechen Teil der Schulidentität? Wenn ja, wie kann und darf unter diesen Vorzeichen „gefeiert“ werden? Kann eine Vertreibungsgeschichte, kann die Schuldverstrickung unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft am Schulstandort in das Selbstbild der Schule integriert werden? Wenn ja, wie? Zunächst geht es darum, die Geschichte zu kennen: Die Brüche des 20. Jahrhunderts, die Zerstörung der Demokratie und Arbeiter*innenkultur, die Vertreibung der als jüdisch definie ten Schüler*innen und Lehrer*innen unter der nationalsozialistischen Herrschaft sind mehrfach belegt. Damit ein Erinnerungslernen im Sinne der Übersättigung, des „I can‘t hear it anymore“1, Erinnern nicht zum Scheitern bringt, sind die Quellen im Schularchiv, in den Jahresberichten, Klassenkatalogen am hiesigen Schulstandort, wertvolle Zugänge, um diese Geschichte neu zu erschließen. 1
Reinhold Boschki, Wilhelm Schwendemann, „I can’t hear it anymore“. Education after and about Auschwitz in Germany. Contribution for: Prospects – UNESCO Quatertly Review of Comparative Education Special Issue on ‘Policies and Practices of Holocaust Education: International Perspectives’, online unter https://www.eh-freiburg.de/inc/template/ehfreiburg/de/Pdf/hochschule/FIM/UNESCOjournal-Holocaust%20Education-Germany-deutsch-D-30-05-2009.pdf, 20.06.2016.
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Kontinuitäten und Brüche
Die Situation der Bildungseinrichtungen, der Schulen und Universitäten, des Jahres 1945 nach der Niederringung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und zu Beginn der Zweiten Republik glich einem „Trümmerfeld in physischer, politischer und moralischer Hinsicht“2. Die „Vertreibung der Vernunft“ von Wiener Schulen – hunderte Lehrer und Lehrerinnen und Schüler und Schülerinnen vertrieben, in der erzwungenen Emigration oder ermordet3 – hatte Folgen. Nur wenige kehrten zurück. Obwohl viele von ihnen in der erzwungenen Emigration Fuß fassen konnten, blieb die Traumatisierung durch den Verlust der Heimat, den Verlust der Familie in der Schoah und die Vertreibungserfahrung sowie das Wissen um die Schoah ein Leben lang. John Bunzl hält fest: Wie auch immer jüdische Lebensperspektiven und sinngebende Existenz-Deutungen nach dem Trauma der Massenvernichtung formuliert wurden, sie mußten das Faktum des unvorstellbaren Grauens ‚mitreflektie en‘, ‚verarbeiten‘ – soweit das überhaupt möglich war. Die alle düsteren Prognosen und auch leidvollen Erfahrungen übersteigernden Greuel prägen weiterhin das persönliche und politische Bewußtsein, prägen und durchkreuzen persönliche und politische Existenzentwürfe, vermischen sich ständig mit Gegenwärtigem […].4
Der mehrfache „Austausch“ der Lehrer*innenschaft zwischen 1938und 1945führte zum Zerbrechen des „Konferenzzimmers“ und der Verbundenheit des Lehrer*innenkollegiums, wenn auch vorausgesetzt werden muss, dass Lehrer*innenkollegien konfliktbehaftet und politisch sehr unterschiedliche Standpunkte einnehmen und auch in Konkurrenz und Gegnerschaft zueinanderstehen. Der Verlust dieser Schulgemeinschaft, als Kolleg*innenschaft und auch als Konfliktgemeinschaft und olidargemeinschaft bedeutet in jedem Fall den Verlust von Vertrauen in die Integrität des Kollegiums, den Verlust von Weltvertrauen, aber auch den Verlust von Erinnerungs- und Traditionsträger*innen.5 Weil Lehrer*innen der Erlebnisgeneration heute nicht mehr als Traditionsträger zur Verfügung stehen, ist es von Bedeutung, ob Lehrpersonen die Geschichte der Vertreibung der Kolleg*innen und Schüler*innen am eigenen Schulstandort kennen und als „sekundäre Zeitzeugen“ deren Geschichte als Vermächtnis weitererzählen: Letztlich entscheiden Lehrer und Lehrerinnen, ob die Vertrei2 3 4
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Herbert Dachs, Schule in der Ostmark, in: Emmerich Talos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer, Reinhard Sieder (Hg.), NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch, Wien 2000, 463. Vgl. ebd. John Bunzl, Trauma und Bewältigung in der Diaspora, in: Rolf Steininger (Hg.), Der Umgang mit dem Holocaust. Europa – USA – Israel. Schriften des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und des Jüdischen Museums Hohenems Bd. 1, Wien/Köln/Weimar 1994, 457–467, hier 457. Renate Mercsanits, Schule als Erinnerungsort. Vertreibungsschicksale und der Umgang mit Erinnerung an die Vertreibungen der jüdischen Lehrer und Schüler 1938 an Wiener Gymnasien. Ungedr. Diss., Wien 2017.
Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag
bungsschicksale des Schulstandortes gewusst, gewürdigt und im kulturellen Gedächtnis der Schulgemeinschaft verankert bleiben. Die Schüler*innengeneration, die im Schuljahr 1945/46die Schule besuchte, die einen mit Vertreibungserfahrungen, der angedrohten Vernichtung bzw. der tatsächlichen Vernichtung ihrer Familien, die anderen in nationalsozialistischem Geist erzogen und unterrichtet, als „Flakhelfer“ missbraucht, oder in der „Kinderlandverschickung“ oder als Kinder von aktiven NSDAP-Mitgliedern mit NS-Weltbildern erzogen, sie alle bildeten den Grundstock in den Bildungseinrichtungen, ihr Weltbild und ihre Traumatisierungen sollten weit bis in die 1980er-Jahre hineinwirken. Erinnern und Erinnern-Lernen wurde erst in der dritten Generation, nach der Waldheim-Affä e, ein Anspruch der politischen Bildung. Die Begegnung mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen, die Begegnungen der Generationen ermöglicht, dass Lernende und Lehrende gleichermaßen die „erzählte Geschichte“, verknüpft mit dem eigenen Schulstandort, als „Vermächtnisse lesen“6 und Verantwortung für die Weitergabe der Erinnerung mittragen.
Schule als Erinnerungsort
Den konkreten Schulstandort mit seiner Geschichte als Erinnerungsort zu deuten, ist mit dem Anspruch verbunden, dass die Schulgemeinschaft um den Zivilisationsbruch Auschwitz und um die Opfer am eigenen Schulstandort weiß, und nicht zulässt, dass diese anonymisiert oder unsichtbar gehalten werden. So muss der Schulstandort selbst zum Lernort und gleichzeitig Erinnerungs- und Gedenkort werden: „Eine Gedenkstätte, und das kann auch eine Schule sein (!), ist immer der konkrete Lernort über die NS-Gewaltherrschaft, der Zugang sollte sein: Hier geschah es, unter spezifischen Umständen und unter Beteiligung konkreter Menschen.“7 Schulen bieten Geschichtslernprozesse unter „institutionellen Rahmenbedingungen“. In diesem Zusammenhang ist die Schule Lernort, Erinnerungsort und Gedächtnisort gleichermaßen. In unserem konkreten Fall ist das Wasagymnasium auch ein Ereignisort, der die „Dimension der authentizitätsverbürgenden Wirklichkeitsnähe“8 beinhaltet. Als Erinnerungsort und Gedächtnisort ist die Schule als Gebäude und als Institution Trägerin von Zeichen und Symbolen, von Inszenierungen in Wort und Bild, und damit ein 6
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Doris Ingrisch, Von uns selbst nicht (mehr) schweigen. Reflexionen über Wissenschaft, Erinnerungsarbeit und ihre Subjekte, in: Helene Belndorfer, Siglinde Bolbecher, Peter Roessler, Herbert Staudt im Auftrag der Theodor Kramer Gesellschaft (Hg.), Zwischenwelt 12. Subjekt des Erinnerns, Klagenfurt 2011, 163–164. Eva Tesar, Schulische Vermittlungsformen des Holocaust und die Behandlung von Rechtsextremismus in der Schule, in: GRG3 Radetzkystraße (Hg.), Radetzkyschule 1938.Eine Spurensuche, Wien 2011,177. Bodo von Borries, „Orte“ des Geschichtslernens – Trivialität oder Schlüsselproblem?, in: Saskia Handro, Bernd Schönemann (Hg.), Orte historischen Lernens, Berlin 2008, 11–35, hier 26.
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„spezialisierter Symbolträger“ des kollektiven Gedächtnisses.9 Schularchive und Schulbibliotheken bilden einen Gedächtnisspeicher – dieser Gedächtnisspeicher ist gerade an unserem Schulstandort besonders gut erhalten –, der das kollektive Gedächtnis eines Schulstandortes und dessen Schulgemeinschaft speist. Aleida Assmann unterscheidet zwischen Gedächtnisort in Raum und Zeit. Die Unterscheidung zwischen Raum und Ort beinhaltet die Zeitachse: An Orten anders als an Räumen haften menschliche Schicksale, Erfahrungen, Erinnerungen, die zum Teil mit Hilfe von Denkmälern auf sie projiziert werden. Der Begriff des Raumes enthält ein Planungspotential, das in die Zukunft weist; der Begriff des Ortes dagegen hält ein Wissen fest, das auf die Vergangenheit bezogen ist.10
Gedächtnisorte in Raum und Zeit haben nach Aleida Assmann die Aufgabe, „eine bestimmte Vergangenheit in die Gegenwart hereinzuholen.“11 Der Lernort, Erinnerungs- und Gedächtnisort Schule ist durch die Topographie, Symbolik und die „Sicherungsformen der Dauer“ eine bedeutsame Schnittstelle zwischen „individueller Erfahrung und Erinnerung“, zwischen individuellem und kollektivem Gedächtnis über Generationen.12 Schulgemeinschaften, die in der Lage sind, die Gewaltverstrickungen am eigenen Schulstandort offen zu legen und die Opfer zu würdigen, integrieren die Abgründe der eigenen Schulgeschichte und bilden ein negatives Gedächtnis. „Historisches Erinnern“ wird damit auch zum pädagogischen Lernfeld „gesellschaftlicher Selbstreflexion“ 13 Schulgemeinschaften beanspruchen und bewahren damit Vertrauen in die Glaubwürdigkeit ihres pädagogischen Handelns, das auf Menschenrechtserziehung, Demokratie und Achtsamkeit im schulischen Miteinander aufbaut. Die nachfolgende Dokumentation der Vertreibungsschicksale von Lehrer*innen und in weiterer Folge der Absolvent*innen des Wasagymnasiums sind eben diesem Anliegen und Anspruch geschuldet.
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Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, München 2007, 55. Aleida Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit. Individuelles und kollektives Erinnern von Trauma und Schuld, München 2006, 218.undAleida Assmann, Das Gedächtnis der Orte – Authentizität und Gedenken, in: Aleida Assmann (Hg.), Firma Topf & Söhne – Hersteller der Öfen für Auschwitz: ein Fabriksgelände als Erinnerungsort?, Frankfurt/M. 2002, 197–212, hier 197. Assmann, Der lange Schatten, 217. Ebd. Volker Knigge, Europäische Erinnerungskultur. Identitätspolitik oder kritisch-kommunikative historische Selbstvergewisserung, in: Kulturpolitische Gesellschaft e.V. (Hg.) kultur.macht.europa – europa. macht.kultur. Begründungen und Perspektiven europäischer Kulturpolitik, Bonn 2008, 150–160, hier 157.
Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag
Vertreibungsschicksale Spurensuche
Lehrer und Lehrerinnen jüdischer Herkunft waren die ersten Opfer der nationalsozialistischen Vertreibungspolitik. Wenige Tage nach dem „Anschluss“, am 18. März 1938,wurden die jüdischen und als jüdisch geltenden Lehrer und Lehrerinnen vom Dienst suspendiert und zwangspensioniert.14 Ebenso wurden politisch unliebsame Personen verfolgt. In der vorliegenden „Spurensuche“ wurden auch Lehrpersonen erfasst, die Jahre zuvor am Wasagymnasium tätig waren und später an anderen Schulen unterrichteten. Es wurden auch Lehrpersonen recherchiert, die aus Altersgründen pensioniert waren, ebenfalls rassistisch oder politisch verfolgt wurden, in die Emigrationen gezwungen oder Opfer der Schoah wurden. Manche von ihnen absolvierten lediglich das Probejahr im Haus, manche gehörten über Jahrzehnte dem Lehrer*innenkollegium an, vermittelten jungen Menschen allgemein höhere Bildung und begleiteten sie zur Reifprüfung. Die Darstellung folgt in alphabetischer Anordnung. Im Anhang befindet sich eine Liste aller Lehrer und Lehrerinnen über den Zeitraum von 1871–2021,die jemals am Schulstandort tätig waren. Da es zwischen 1917/18und 1945keine vollständigen Jahresberichte gab, lediglich 1928/29/30,1931,1932,1934,1936,wurden die Gestionsprotokolle und die Kataloge zu Hilfe genommen, um möglichst viele Lehrpersonen zu erfassen, die Darstellung bleibt dennoch work in progress, die im Anhang befindliche Lehrer*innen-Liste umfasst mehr als 1000 Namen und kann Impulse zur weiteren Forschung geben. Die hier begonnene Spurensuche verlangt nach weiterer Forschung und ermöglicht damit Erinnern-lernen vor Ort.
Vertriebene Lehrer und Lehrerinnen Dr. Emmanuel Alt
Dr. Emmanuel Alt wurde am 16. Dezember 1880geboren. Er unterrichtete Mathematik und Physik im Schuljahr 1908/09am Maximilian-Gymnasium, dem k.k. Staatsgymnasium im 9. Wiener Gemeindebezirk. Sein weiterer Berufsweg konnte nicht eruiert werden. 1938 wurde er gezwungen, eine Vermögenserklärung15 abzugeben. Er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt. Er dürfte einer der vielen Lehrer in The esienstadt/Terezin gewesen sein, der den Lagerinsassen unter schwierigsten Bedingungen versuchte, durch die Vermittlung von Bildung und Wissen, Wert und Würde zu bewahren: 14
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Die Schicksale der vertriebenen Lehrpersonen vom Wasagymnasium 1938wurden bereits in der Projektdokumentation „umgeschult“ 2007 publiziert. Ebenso in: Renate Mercsanits, Schule als Erinnerungsort.2017. Hier wird nun weiter überarbeitet und ergänzt. ÖStA AdR, Finanzen VVSt./VA Zl. 45 048.
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Jews were interned in Terezin sometimes for as long as two years before being sent to extermination camps. The prisoners were mainly professional people from Czechoslovakia, Germany, Austria, Holland and Denmark, many of them a part of the European cultural elite and included thousands of children. Despite the miserable conditions and numerous deaths from starvation and diseases, hunger and other extreme conditions the prisoners clung to their cultural values - books, art, music, intellectual debate, humour and irony.16
Dr. Emmanuel Alt wurde am 02.12.1942 on v Brünn nach The esienstadt deportiert.17 Sein weiteres Schicksal konnte nicht eruiert werden. Dr. Gertrude Bamberger-Zuckerkandl
Gertrude Bamberger wurde 1904 in eine jüdische Familie geboren.18 Sie studierte an der Universität Wien Kunstgeschichte und Turnen. 1924 legte sie die Prüfung für das Lehramt für Turnen an Mittelschulen ab und übte diesen Beruf an mehreren Bundesmittelschulen in Wien aus. Sie wurde in den Schuljahren 1927/28 auch im Gesangsunterricht eingesetzt. Sie unterrichtete am Wasagymnasium Körperliche Übungen vom Schuljahr 1929bis 1935.19 Am 31. Mai wurde sie vom MRg Schwarzwald gekündigt und zwangspensioniert. Ihre Vermögenserklärung stammt vom 15. Juli 1938.20 Am 4. Dezember 1938flüchtete sie in die USA. Sie unterrichtete in New York am Mannes College of Music seit 1949, war Lehrerin am Teachers College der Columbia Universität und an der Juilliard School of Music. Nach Informationen des American Reference Center der U.S. Botschaft starb Gertrud BambergerZuckerkandl am 12. Oktober 1965 in der Schweiz. In einem Nachruf der New York Times vom 15. Oktober 1965wird sie als Fakultäts-Mitglied des Mannes College of Music seit 1949 geführt. Mehrere Familienmitglieder wurden Opfer der Schoah.21
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University over the Abyss, online unter https://www.geni.com/projects/The esienstadt-Terezin-Lecturers-and-Teachers/14842, 04.01.2021. University over the Abyss, online unter https://www.geni.com/projects/The esienstadt-Terezin-Lecturers-and-Teachers/14842, 04.01.2021. Gertrud Bamberger Zuckerkandl, online unter https://www.univie.ac.at/geschichtegesichtet/g_ bamberger.html, 13.12.2020. Jahresbericht des Staatsgymnasiums Wien IX 1928/29und 1929/30,1933/1936.Personalstand des Lehrkörpers und Lehrfächerverteilung, 3-4. ÖStA AdR, Finanzen VVSt./ VA Zl. 33700. Gertrud Bamberger-Zuckerkandl, online unter https://www.univie.ac.at/geschichtegesichtet/g_ bamberger.html, 13.12.2020.
Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag
Gedalie Berger
Gedalie Berger wurde am 7. Mai 1890geboren, seine Wohnadresse war Gentzgasse 90/5 im 18. Wiener Bezirk. Er kam mit den Czernovitzer Schülern, die infolge des Frontverlaufes im 1. Weltkrieg aus der Bukowina in die Metropole Wien verlegt wurden, an das Wasagymnasium, die hier in Parallelklassen im Schichtbetrieb unterrichtet wurden. Er unterrichtete Latein und Deutsch, zuletzt unterrichtete er am MRG II Novaragasse. Mit 31. Mai 1938wurde er in den dauernden Ruhestand versetzt. Er wurde gezwungen, eine Vermögenserklärung abzugeben, die vom 17. Juli 1938 datiert. Er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt.22 Gedalie Berger wurde 1942nach The esienstadt deportiert und 1944nach Auschwitz, wo er zu Tode kam. Julius Böhm
Julius Böhm wurde am 1. September 1863geboren. Seine letzte Wohnadresse lautet Wien 19, Hofzeile 19. Er war zwischen 1895und 1903Gesangslehrer am StG IX. In seiner Vermögenserklärung23, die er am 13. Juli 1938im Alter von 75 Jahren abgeben musste, wurde er als „Direktor im Ruhestand“ bezeichnet. Er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt. Sein weiteres Schicksal muss noch erforscht werden. Dr. Philipp Broch
Dr. Philipp Broch wurde am 2. August 1866geboren. Seine Wohnadresse war in der Hermanngasse 31.1895unterrichtete er Mathematik und Physik am StG IX. Er wurde rassistisch verfolgt und musste am 29. Juni 1938 eineVermögenserklärung abgeben.24 Darin wurde er als Hofrat und Realschuldirektor in Rente bezeichnet. Er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt. Sein weiteres Schicksal muss noch erforscht werden. Dr. Jakob Bronner
Dr. Jakob Bronner war von 1920bis 1938am Wasagymnasium als Religionslehrer für Mosaische Religion tätig, davor war er ab 1916Kurator des Wiener jüdischen Museums. Er wurde am 2. November 1885geboren, er studierte am jüdisch-theologischen Seminar in Breslau und in Frankfurt am Main und war ausgebildeter Rabbiner. Als das Wasagymnasium 1938zur „Jüdischen Sammelschule“ wurde, blieb Jakob Bronner an der Wasagasse und übersiedelte mit seinen Schüler*innen in die Kalvarienberggasse, da das Gebäude Wasagasse 10 von der 22 23 24
ÖStA AdR, Finanzen VVSt./VA Zl. 39872. ÖStA AdR, Finanzen VVSt./VA Zl.23632. ÖStA AdR, Finanzen VVSt./VA Zl.09828.
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NSDAP übernommen wurde. Am 14. Juli wurde er gezwungen, eine Vermögenserklärung25 abzugeben, am 2. September 1938ist seine zwangsweise Versetzung in den zeitlichen Ruhestand vermerkt.26 Er wurde seines Besitzes und seines Einkommens beraubt. Am 5. September 1938konnte er gemeinsam mit seiner Gemahlin Edith nach Palästina entkommen. In Israel konnte er noch Kontakte zu seinen überlebenden ehemaligen Schülern aufnehmen. Dr. Jonas/John Edelmann
Dr. John Edelmann wurde am 06.02.1892geboren. Er unterrichtete Geographie, Geschichte und Deutsch. Er war Lehrer am Wasagymnasium zwischen 1921und 1923.Er unterrichtete am Akademischen Gymnasium zwischen 1934und 1938,in der Kündigungsliste von April 1938wird er als Lehrer Abb. 1: Dr. Jakob Bronner 1936 am G III Kundmanngasse geführt. Seine letzte Wohnadresse war Wien 2, Glockengasse 8a/11.Dr. John Edelmann wurde am 09.10.1942 nach The esienstadt und am 29.09.1944nach Auschwitz deportiert. Er wurde ermordet. Dr. Hans Fischl
Dr. Hans Fischl war von 1908 bis 1919 Gymnasiallehrer für Latein, Griechisch und Deutsch. Er unterrichtete am k.k. Maximiliangymnasium 1908–1911 und 1913und an weiteren Schulstandorten der gesamten Monarchie. 1919 wurde er Mitarbeiter des großen Schulreformers Otto Glöckel und zählte gemeinsam mit Viktor Fadrus und Carl Furtmüller, den „drei großen F“, wie man die Schulreformer um Otto Glöckel damals nannte, zu den engagiertesten Pädagogen.27 Fischl war von 1919bis 1932Mitglied der schulwissenschaftlichen Abteilung im Unterrichtsministerium, und von 1932bis 1934als pädagogischer Referent im Stadtschulrat für Wien mitverantwortlich für die Umsetzung des großen Reformwerkes. Er wurde 1934 zwangspensioniert. Er emigrierte 1941 über Kuba in die USA. Nach Kriegsende war er von 1946bis 1949als ökonomisch-administrativer Referent im Stadtschulrat für Wien (heute: Bildungsdirektion Wien) tätig. 25 26 27
ÖStA AdR, Finanzen VVSt./VA Zl.36993. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 31. Fischl, Hans 16.7.1884–4.7.1965, online unter http://www.dasrotewien.at/seite/fisch -hans, 03.12.2020.
Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag
Dr. Samuel Gabe
Dr. Samuel Gabe kam 1916 mit den Czernowitzer Schülern ans Wasagymnasium, die im Schichtbetrieb am Schulstandort unterrichtet wurden. Er wurde am 16. August 1886geboren. Er unterrichtete Latein und Griechisch und blieb nach dem Zerfall der Monarchie in der Metropole Wien. Er wohnte bis 1938in der Kolingasse 9/8, ab September 1939wurde die Adresse Berggasse 30 angegeben. Er war Professor am privat geführten Chajes-Realgymnasium. Seine Vermögenserklärung stammt vom 14. Juli 1938und September 1939.Er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt.28 Sein weiteres Schicksal konnte noch nicht eruiert werden. Ilse Heller
Ilse Heller war an mehreren Schulen Lehrerin für Nadelarbeit. Am Wasagymnasium unterrichtete sie laut Jahresbericht zwischen 1928und 1930.Sie wurde 1938zwangspensioniert. Das RGM XVIII übermittelt am 05.05.1938dem SSR ein Schreiben, in dem die „Enthebung vom Dienst wegen nichtarischer Abstammung“ mitgeteilt wird.29 Die Realschule III Radetzkystraße meldet die „Enthebung vom Dienste da jüd. Abstammung“ ebenfalls am 05.05.1938an den SSR, die Pensionierung wird ebenfalls festgehalten.30 Dr. Friedrich Korger
Dr. Friedrich Korger kam im Schuljahr 1934/35an das Wasagymnasium und unterrichtete Deutsch und Geschichte. Vorher war er am RG XXI Franklinstraße und am G VIII JodokFink-Platz tätig. Friedrich Korger war in der Volksbildung sehr engagiert. Im Zeitraum zwischen 1928und 1937hielt Friedrich Korger insgesamt 46 Kurse mit historischem oder literaturgeschichtlichem Inhalt, einige Kurse gemeinsam mit Viktor Matejka und Josef Weiskirchner. Die meisten Kurse hielt er im Volksheim Ottakring, einige auch im Wiener Volksbildungsverein und der Urania. Das Österreichische Volkshochschularchiv führt von ihm auch einige Fachartikel zur Arbeiterbildung, so etwa Die Wiener Arbeiterbüchereien (1935)und Neue Wege der städtischen Volksbildungsarbeit (1934und 1935).31 Dr. Friedrich Korger wurde gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Otto Spranger am 7. Juli 1938im Zuge der sogenannten
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ÖStA, AdR, BMfF VVSt/VA Zl.14458. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 3932. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung IIa, Realschulen und Allgemeines 1938,Zl. 2712, 2719, 2720. Friedrich Korger, Österreichisches Volkhochschularchiv, http://archiv.vhs.at/vhsarchiv-home.html, 20.06.2021.
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„Neuregelung des Berufsbeamtentums“ entlassen. Friedrich Korger schrieb ein Gesuch32 um Belassung im Schuldienst, das von der Direktion Franz Ernst befürwortet wurde. Im September des Jahres 1938 vermerkt das Gestionsprotokoll des StG IX: „die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand der mit Juden oder Mischlingen verheirateten Angestellten: Erledigung am 27. September. Enthebung vom Dienst und Versetzung in den zeitlichen Ruhestand an Prof. Dr. Korger und Dr. Spranger durch Boten zugestellt“.33 Dr. Friedrich Korgers Name tauchte dann auch in der Anklageschrift gegen Roman Scholz auf. Er dürfte im Untergrund Verbindung zum katholischen Widerstand um die Gruppe Roman Scholz gehabt haben. Im Schuljahr 1945/46 scheint Friedrich Korgers Name wieder als Lehrer im Jahresbericht des BG IX auf, im Mai 1946 wechselte er in Abb. 2: Dr. Friedrich Korger den SSR. Mit Wirkung vom 1. Juli 1950 wurde Dr. Friedrich Korger zum Sektionsrat im BMU ernannt.34 Dr. Wilhelm Krause
Dr. Wilhelm Krause wurde am 6. Dezember 1910in Freiburg im Breisgau geboren.35 Er studierte an der Universität Wien Klassische Philologie, Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Albanologie, Iranistik, Indologie und Sprachpsychologie. Er promovierte 1936in Vergleichender Sprachwissenschaft und Iranistik und legte die Lehramtsprüfung aus Latein und Griechisch ab. Von 1931bis 1938war Dr. Krause Bibliothekar am Institut für Indogermanistik an der Universität Wien. Am 18. Juli 1938 wurde er wegen seiner gegnerischen Einstellung zum Nationalsozialismus von der Gestapo verhaftet und bis 4. Mai 1939 als Schutzhäftling im KZ Buchenwald interniert.36 Nach seiner Freilassung musste er 32
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Ein Einspruch Dr. Friedrich Korgers ist auch im Index des SSR vermerkt. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 4409. Gestionsprotokoll StG IX Wasagasse 1938–1945. WStLA, Stadtschulrat (Landesschulrat), A 23 – Personalakten Bundelehrer, Dr. Friedrich Korger, geb. 1900. Hans Zwölfer, In Memoriam Universitätsprofessor Dr. Wilhelm Krause, in: Jahresbericht BG IX 1975/76, 36f . Ebd.
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an Feldzügen gegen Frankreich, am Balkan und an der Eismeerfront teilnehmen. Am Wasagymnasium unterrichtete er von 1945 bis zu seiner Pensionierung 1975. Er verfasste zahlreiche Publikationen, gründete die Arbeitsgemeinschaft „Einführung ins Altindische“, von 1948bis 1968unterrichtete er auch Sanskrit als Freigegenstand am Schulstandort. Von 1952 bis 1975war er auch als Leiter des Seminars für Berufspraxis am Pädagogischen Institut der Stadt Wien tätig. Seine Habilitationsschrift wurde an der Universität Graz angenommen, wo er ebenfalls als Privatdozent tätig war. Dr. Wilhelm Krause verstarb am 12. Mai 1976.37 Dr. Hedwig Mautner
Dr. Hedwig Mautner wurde am 6. Mai 1902 geboren und lebte mit ihrem Gemahl Dr. Franz Mautner von 7. Juni 1929 bis 26. Juli 1938in Wien 19, Eichendorffgass 4. Dr. Hedwig Mautner unterrichtete an verschiedenen Schulen die Mädchenklassen in Turnen. Am StG IX unterrichtete sie 1928/29/30.Sie wurde vom Realgymnasium Wien VIII Albertgasse38 im Zuge der sogenannten „Doppelverdienerdebatte“ im Schuljahr 1936/37entlassen. Der Jahresbericht des RG VIII hält fest: Frau Prof. Dr. Hedwig Mautner wurde mit Ende Feber 1937 auf Grund der Verordnung der Bundesregierung über den Abbau verheirateter weiblicher Bundesangestellter in den dauernden Ruhestand versetzt. In der verhältnismäßig kurzen Zeit von drei Jahren, während der Frau Prof. Dr. H. Mautner an der hiesigen Anstalt tätig war, gelang es ihr, das Mädchenturnen auf ein hohes Niveau zu bringen, was sich besonders in den guten Ergebnissen der Wettkämpfe zeigte.39
Sie unterrichtete dann jedoch an der Realschule III Radetzkystraße bis März 1938.Dr. Hedwig Mautner wird laut handschriftlichem Jahresbericht 1937/38der Realschule III „als Jüdin am 18.3.1938 vom Dienst“ enthoben und am 31. Mai 1938im Alter von 36 Jahren zwangspensioniert. Dr. Hedwig Mautner wurde am 15. Juli 1938gezwungen, eine Vermögenserklärung abzugeben. Darin gab sie bekannt, dass sie beabsichtige den „Wohnsitz in das Ausland zu verlegen“.40 In den Meldedaten wird Amsterdam als Zielort angegeben. Die erzwungene Emigration in die U.S.A. ermöglichte dem Ehepaar Mautner das Überleben.
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Ebd. Jahresbericht 1936/37Robert Hammerling-Realgymnasium Wien VIII (Wien 1937)6. Auf Grund von Einsparungsmaßnahmen im Bildungsbereich wurden verheiratete weibliche Lehrkräfte abgebaut, gemäß Doppelverdienstgesetz durfte nur mehr ein Ehepartner im öffentlichen Dienst tätig sein. Vgl. Edith Rigler, Frauenleitbild und Frauenarbeit in Österreich vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. Sozialwissenschaftliche Studien Bd. 8, Wien 1976, 126–138. Jahresbericht 1936/37 R G VIII, 6. ÖStA AdR, Fianzen VVSt./VA Zl.35400.
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Dr. Alfred Nathansky
Dr. Alfred Nathansky wurde am 18. März 1874geboren und am 6. Mai 1942nach Mali Trostinec deportiert. Die Lebensgeschichte von Dr. Alfred Nathansky hat viele Spuren hinterlassen: von Czernowitz bis Triest, von Brünn bis Wien. Er muss ein leidenschaftlicher Pädagoge gewesen sein, ein umfassend humanistisch gebildeter Lehrer und Forscher, ein Feuilletonist und Erwachsenenbildner,41 ebenso ein brillanter Lehrer42 und inspirierender Kollege. Der Jahresbericht 1928/29gibt bekannt, dass Dr. Alfred Nathansky vom 1. September 1919bis 1. September 1928am StG IX Wasagasse unterrichtete und sich auf vielen Gebieten, besonders bei der Gründung der Schulgemeinde, große Verdienste erworben hat. Er wurde mit 1. September 1928 auf eigenes Ansuchen in den Ruhestand versetzt. Sein beachtenswerter Zugang zu seinen Schülern wird in folgenden Worten deutlich: „Das Interesse der Schüler aber ist einer der wichtigsten Factoren des Unterrichts. Wofür kein Interesse erweckt worden ist, das geht verloren; nur das wird behalten, was den Schüler von Anfang an gefesselt hat.“ (Jahresbericht 1898/99des k.k. II. deutschen Staats-Gymnasiums Brünn). Am 27. Juni 1938wurde Dr. Alfred Nathansky gezwungen, eine Vermögenserklärung43 abzugeben, er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt. In einem weiteren Schreiben vom 11.12.1938 wird Wien III, Ungargasse 54 als Adresse angegeben.44 Am 6. Mai 1942wurden Dr. Alfred Nathansky und seine Gemahlin Henriette mit dem Transport 19 nach Maly Trostinec deportiert und ermordet.45 Die Anregung zu einer Gedenktafel für Nathansky kam offensichtlich von ehemaligen Schülern, die, von den Nationalsozialisten in die Emigration gezwungen, in die USA geflüchtet waren. Gerhard Schwarz, Maturajahrgang 1930, der mit Wasa-Absolventen in den USA in Kontakt stand, schrieb an die Absolventen in Wien. Die Gedenktafel wurde im Mai 1980 in Anwesenheit von Nathanskys Tochter und seines Enkelsohnes Herbert Klein im Rahmen eines kleinen Abb. 3: Dr. Alfred Nathansky – Gedenktafel Festaktes enthüllt. Herbert Klein und 41 42 43 44 45
Von Alfred Nathansky sind 86 Kurse im Zeitraum von 1920bis 1938am Volksheim Ottakring nachweisbar. VHS Archiv, http://archiv.vhs.at/vhsarchiv_suche.html, 20.06.2021. Erwin Chargaff, Heinz Politzer, Fritz Kalmar, Marcel Prawy, Gerhart Schwarz, Franz Goldner u.v.a.m. waren z.B. seine Schüler. ÖStA, AdR, BMfF/VVSt/VA Zl.2273. Ebd. Yad Vashem Database, online unter http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=4935634&language=de, 13.08.2015.
Was eine Schule über sich selbst zu erzählen vermag
seine Nachkommen konnten in Australien überleben. 2009 besuchten sie die Schule ihres Großvaters und bewahrten den Kontakt zur Schule. Dr. David Ernst Oppenheim
Dr. David Ernst Oppenheim wurde am 20. April 1881in Brünn, in Mähren geboren. Er studierte in Wien Philologie und Archäologie. 1904 wurde er zum Dr. phil. promoviert und erhielt 1906 die Approbation für das Lehramt aus Latein, Griechisch und Deutsch. Mit Beginn des Schuljahres 1906/07 wurde er zum Supplenten am k. k. Maximiliangymnasium, dem heutigen Wasagymnasium bestellt, ein Jahr später zum wirklichen Lehrer am Staatsgymnasium im mährischen Nikolsburg.46 Am 1. September 1909 wurde er zum wirklichen Lehrer am Akademischen Gymnasium in Wien ernannt, wo er bis zum 11. März 1938unterrichtete. 1906heiratet er die ebenfalls aus einer mährisch-jüdischen Familie stammende Amalie Pollak, die 1899am Akademischen Gymnasium maturierte, und als eine der ersten Frauen in Österreich Mathematik und Physik studierte. Neben dem Schuldienst engagierte er sich in der individualpsychologischen Bewegung. Zunächst arbeitete er mit Sigmund Freud zusammen und wurde in die psychoanalytische Mittwoch-Gesellschaft aufgenommen. Nach dem Bruch zwischen Freud und Adler versuchte er zu vermitteln, 1911 schloss sich Oppenheim der Adler Gruppe an und arbeitete bis etwa 1930intensiv am Aufbau der individualpsychologischen Bewegung mit. Er wurde nach dem „Anschluss“ zwangspensioniert und in den Ruhestand versetzt. Er wird in der Kündigungsliste zur Enthebung von Lehrpersonen angeführt.47 Er wurde seines Einkommens beraubt. Seinen Töchtern gelang die Flucht nach Australien. Am 20. August 1942wurde das Ehepaar Oppenheim nach The esienstadt deportiert. David Ernst Oppenheim wurde Opfer der Schoah und starb am 18.02.1943in The esienstadt.48 Dr. Manfred Papo
Dr. Manfred Papo unterrichtete Mosaische Religion am Wasagymnasium von 1964 bis 1966. Er wurde am 17. Oktober 1898 geboren und „stammte in fünfter Generation aus einer orthodoxen Rabbinerfamilie“.49 Gemeinsam mit Rabbiner Dr. Kalman Kupfer leitete er das in den 1930er-Jahren neugegründete „jüdische Volksbildungsamt, die jüdische Volkshochschu46 47 48 49
Personalstand des Lehrkörpers und Lehrfächerverteilung. Jahresbericht des K.K. Maximiliangymnasium 1907. ÖStA. AVA Unterricht Allgemein (1984–1940), M ittelschulen Wien in genere 1938–1940. Kurzbiographien der Lehrer die das AKG verlassen mussten online unter http://www.akg-wien.at/ Projekte/Umgeschult/projekt/Page2b.htm, 13.12.2020. Evelyn Adunka, „Es kommt doch immer auf die Wesensart eines Menschen an“. Karl Lugmayer und das jüdische Volksbildungswesen, in: Erwin Bader (Hg.), Karl Lugmeyer und sein Werk. Seine politischsoziale Bedeutung und Aktualität (Wien/Berlin 2007) 112–144, hier 116.
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le“.50 Dr. Manfred Papo war nach der Errichtung von „I-Klassen“ und der Umwandlung des RG VIII Albertgasse in eine sogenannte „Jüdische Sammelschule“ für zwei Monate, Lehrer für Mosaische Religion am RG VIII. Vor dem 2. Mai 1938war er am StG VI Amerlingstraße und an der Realschule VII Neustiftgasse beschäftigt. Er wirkte seit den 1920er-Jahren als Rabbiner und Religionslehrer der sephardischen Gemeinde in Wien, Salzburg und St. Pölten. Am 1. Oktober 1938wurde er in den zeitlichen Ruhestand versetzt51 und seines Einkommens und Besitzes beraubt, die Vermögenserklärung datiert vom 15. Juli 1938, eine weitere Kontaktnahme mit der Vermögensverkehrsstelle erfolgte am 13. Dezember 1938.52 Er wurde verhaftet und ins KZ Dachau deportiert. Mit „Unterstützung des sephardischen Oberrabbiners von London und des Wiener Verlegers Bela Horowitz“53 konnte er nach England emigrieren, wo er nach seiner Internierung auf der Isle of Man als Rabbiner der sephardischen Gemeinde von Manchester wirkte. Von 1944 bis 1964 wir kte er als Rabbiner einer sephardischen Gemeinde in Südrhodesien.54 Einer der wenigen Menschen in Wien, außer zwei katholischen Theologen, Johannes Kosnetter und Josef Koroschetz, mit denen Papo auch im Exil in Kontakt blieb, war […] Viktor Matejka, mit dem ihn das gemeinsame Interesse an der Erwachsenenbildung verband. Der legendäre, von 1945 bis 1949 tätige Wiener Stadtrat für Kultur und Volksbildung, nahm 1947Kontakt mit Papo, „dem alten Kollegen und Freund der Wiener Volksbildung“, auf.55 Rabbiner Manfred Papo kehrte 1964 nach Wien zurück, wo er sich weiter der Unterrichtstätigkeit widmete, unter anderem am Wasagymnasium.56 Er verstarb im Alter von 68 Jahren 1966in Wien. Dr. Hans Pollak
Dr. Hans Pollak wurde am 28. April 1885 geboren und lebte mit seiner aus England stammenden Frau Marian Hamilton Pollak in der Hockegasse im 18. Bezirk. Er war mehrere Jahre als Lektor an der Universität in Lund in Schweden57 tätig und kam als Deutsch- und 50
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Evelyn Adunka, Die Veränderungen der Wiener jüdischen Gemeinde in der Zwischenkriegszeit 1918 bis 1938, Vortragsmanuskript, online unter www.misrachi.at/die%20veränderungen%20der%20wiener%20jdische%20gemeinde%20in%20der%20zwischenkriegsz eit.pdf, 13.04.2017. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 5002. ÖStA, AdR, BMfF/VVSt./VA. Zl. 4738. Adunka, Volksbildungswesen. In: Erwin Bader (Hg.), Karl Lugmeyer, 117. Ebd. Ebd. Vgl. Nachruf auf Dr. Manfred Papo im Jahresbericht des BG IX 1965/66,13. Dr. Hans Pollak hielt Schwedisch Sprachkurse an der Urania zwischen 1919und 1917,und 1920. VHS Archiv, http://archiv.vhs.at/vhsarchiv_suche.html, 21.06.2021.
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Lateinlehrer ans Wasagymnasium. Am Wasagymnasium begann seine Unterrichtstätigkeit im September 1934.Hans Pollak war Klassenvorstand der seit 1934eingeführten „Judenklasse“ und unterrichtete diese in seinen beiden Gegenständen bis März 1938.Dr. Hans Pollak wurde am 18. März 1938wie seine anderen jüdischen Kollegen vom Dienst suspendiert. Am 12. Mai 1938wurde Hans Pollak in den dauernden Ruhestand versetzt58 und am 14. Juli 1938gezwungen, eine Vermögenserklärung59 abzugeben. Er wurde seines Einkommens und seines Besitzes beraubt. Hans Pollak gelang die Flucht nach Australien. Direktor Dr. Valentin Pollak
Dr. Valentin Pollak war von 1920 bis 1928 Direktor des StG IX Wasagasse. Er wurde am 13. Dezember 1871 geboren und war Lehrer für Geschichte, Geographie und Deutsch. Direktor Pollak machte sich als Reformpädagoge einen Namen. Er erwarb sich Verdienste als Leiter der Wiener Arbeitermittelschule und als Direktorstellvertreter des Mittelschullehrerseminars.60
Abb. 4: Lehrerkollegium (1920–1928)
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WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 5086. ÖStA AdR, Finanzen VVSt./VA Zl. 33680. Nachruf Valentin Pollak, Jahresbericht BG IX 1948/49.
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In seiner Funktion als Direktor des Wasagymnasiums musste er die schwierige Nachkriegssituation, die im Schulbetrieb nach 1918 stark spürbar war, bewältigen. In seiner Direktionszeit wurde das Haus elektrifizie t. Es wurden eigene Klassen für Schüler, die aus allen Teilen der ehemaligen Monarchie nach Wien kamen, eingeführt. Diese wurden im Schichtbetrieb unterrichtet. Nach seiner Pensionierung war er unter anderem in der Erwachsenenbildung61 tätig, bis er infolge der „Gleichschaltung der Erwachsenenbildung“ unter Leo Gabriel von der Volkshochschule Ottakring 1936als Dozent ausscheiden musste.62 Dr. Valentin Pollak wurde infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und deren rassistischen Gesetzen 1938gezwungen, eine Vermögenserklärung abzugeben. Er wurde seines Einkommens und seines Eigentums beraubt. 1938flüchtete Dr. Valentin Pollak nach England. Der Jahresbericht des BG IX von 1949gibt die Todesanzeige bekannt. Hofrat Direktor Dr. Valentin Pollak starb am 5. Dezember 1948in Middle Lodge bei Farringdon in England im erzwungenen Exil. Dr. Joseph Sabath
Abb. 5: Dr. Joseph Sabath 1936/ rechts im Bild
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Dr. Josef Sabath wurde am 5. Jänner 1895in Itzkany (Rumänien, Bukowina) geboren. Er war mit Berta Sabath, geboren am 11. März 1895in Lemberg, verheiratet. Ihre letzte Wohnadresse war Wien 9, Währingerstraße 26. Dr. Joseph Sabath lehrte Mathematik, Geometrisch Zeichnen und Physik. Er war auch an den Schwarzwald‘schen Lehranstalten tätig, wie der Jahresbericht 1935/36vermerkt. Dr. Joseph Sabath wurde wegen seiner jüdischen Herkunft vom Schuldienst eliminiert und zwangspensioniert. In der Vermögenserklärung, die Dr. Sabath gezwungen wurde abzugeben, teilte er am 15. Juli 1938mit, dass er mit 31. Mai 1938in den dauernden Ruhestand versetzt worden war, nach vermutlich 18 Dienstjahren im Alter von 48 Jahren.
Dr. Valentin Pollak hielt zwischen 1920und 193649 Kurse mit dem Schwerpunkt deutsche Literatur und Literaturgeschichte am Volksheim Ottakring. Valentin Pollak, VHS-Archiv, http://archiv.vhs. at/vhsarchiv_suche.html, 21.06.2021. Für die Entlassungen war Leo Gabriel verantwortlich. „Ebenfalls noch im August ausgeschieden werden die Dozenten Arthur Brauch, Friedrich Waismann, Emanuel Wasser, Josef Dentsch, Alice Friedmann, Robert Friedmann, Erich Kollmann, Richard Wagner, Eduard März, Valentin Pollak und Franz Ibaschitz, der Leiter des Hiob-Chores.“ Renate Lotz-Limbach, Zur Biografie Leo Gabriels. Revision und Ergänzung der Selbstdarstellung eines Philosophen und Rektors der Universität Wien, in: zeitgeschichte 6, 31. Jg. (November/Dezember 2004), 381.
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Das Ehepaar Sabath wurde am 29. September 1942 nach The esienstadt deportiert. Dr. Josef Sabath kam am 25. März 1943in The esienstadt zu Tode.63 Seine Frau wurde am 16. Mai 1944 von The esienstadt nach Auschwitz deportiert und Opfer der Schoah. Ihr Sohn Friedrich, der als Schüler im RG II Sperlgasse ausgesondert wurde, überlebte und beantragte für seine Eltern 1958 eineTodeserklärung, die man im Wiener Stadt- und Landesarchiv unter der Signatur 48 T 453/58und 48 T 451/58findet Karl Schertz
Karl Schertz wurde am 24. Jänner 1891in Wien geboren und lebte mit seiner Gemahlin Johanna Schertz, geborene Kiko, in Wien 4, Weyringergasse 3. Er unterrichtete Zeichnen und Schriftpflege am Wasagymnasium von 1928bis 1932,im Schuljahr 1937/38unterrichtete er am Staatsgymnasium II Zirkusgasse und am G XVIII Klostergasse. Am 18. März 1938 wurde er infolge nationalsozialistischer Verfolgung auf Grundlage der „Nürnberger Gesetze“ vom Dienst enthoben und in weiterer Folge in den dauernden Ruhestand versetzt.64 Die erzwungene Vermögenserklärung datiert vom 12. Juli 1938.65 Karl Schertz ist am 25. Juni 1939 verstorben.66 Dr. Samuel Spitzer
Dr. Samuel Spitzer unterrichtete im Schuljahr 1917Griechisch und Philosophie am Wasagymnasium. Er wurde am 18. Februar 1886 in Galgoc, einer Stadt in der heutigen Slowakei, geboren. Seine letzte Wohnadresse war im 2. Wiener Gemeindebezirk, Große Mohrengasse 23/9. Er wurde mit dem Transport 17 am 9. April 1942nach Izbica deportiert und ermordet. Dr. Leonie Spitzer
Dr. Leonie Adele Spitzer wurde am 17. Mai 1891 inWien in eine jüdische Familie geboren. Sie erwarb die Lehrbefähigung für die Fächer Französisch und Englisch. Sie studierte bis 1920 an der Universität Wien Philosophie. Im Jahre 1923 legte sie eine Lehramtsprüfung für das Gymnasium ab und war in weiterer Folge als Lehrerin an diversen Wiener Mittelschulen
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Yad Vashem Database, online unter http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=4941519&language=de , 13.08.2015. Versetzung in den dauernden Ruhestand. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 5625. ÖStA, AdR, BMfF/VVSt/VA Zl. 4126. Matrikenamt der IKG Wien GB 144/1891.
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tätig, am Wasagymnasium im Schuljahr 1929/30.67 Sie gehörte dem Lehrer*innenkollegium am Realgymnasium XXI bis 18.03.1938 an: Sie wurde in den Ruhestand versetzt und ihres Einkommens beraubt. Sie flüchtete zunächst nach Italien und 1939weiter nach England, wo sie in Oxford ihrer Tätigkeit als Lehrerin nachging, zuerst am Cheltenham Ladies‘ College.und dann an der Crofton-Grange-Schule. Am 5. Juni 1940 verstarb Spitzer nach einer schweren Krankheit im Alter von 49 Jahren in Oxford.68 Dr. Otto Spranger
Dr. Otto Spranger wurde am 26. Februar 1901in Innsbruck geboren. Seine letzte Wohnadresse war Wien 3, Lustgasse 15/1/5.Otto Spranger blieb seinen Schülern wegen seiner unkonventionellen und modernen Methoden im Deutschunterricht lebhaft in Erinnerung.69 Er gehörte zum Freundeskreis des Lyrikers Theodor Kramer, den er auch finanziell unterstützte: Das Verbot der Sozialdemokratie, ihrer Nebenorganisationen, so auch der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller, und der Arbeiterpresse im Austrofaschismus ab Februar 1934treffe den Lyriker schwer. Es sind Freunde und Freundinnen, die Th. K. finanziell unterstützen, so u.a. Otto Basil, Anna Blaukopf, Fritz Hochwälder, Leopold Liegler, Viktor Matejka, Johann Muschik, Erika Mitterer, Paula von Preradović und Rosa und Otto Spranger. Es werden Lesungen in Privatwohnungen, z.B. bei Viktor Matejka, und die Einhebung eines ‚KramerSchillings‘ durch Freunde organisiert.70
Otto Spranger war ein „erfahrener Volksbildner“, er war in der Sozialdemokratischen Partei engagiert, setzte sich für die „Arbeiterbildung“71 ein und übernahm die Leitung des „Verein[s] Arbeiterbüchereien“72, die nach der Schließung unter der Dollfuß/Schuschnigg Diktatur 1934unter Karl Ernst Winter wiedereröffnet wurden. „Lugmayer gründete den ‚Verein Arbeiterbücherei‘ – auf Basis der umfangreichen Büche67 68
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Jahresbericht des Staatsgymnasiums Wien IX 1928/29und 1929/30Personalstand des Lehrkörpers und Lehrfächerverteilung. University Women’s International Networks Database Datenbank Internationale Netzwerke von Akademikerinnen, online unter http://uwind.mpiwg-berlin.mpg.de/en/fm13-dab-detail-en/527, 13.12.2020. Interview mit Ari Rath am 05.12.2013und zahlreiche Gespräche dazu seit 15.06.2004.Vgl. Ari Rath, Ari heißt Löwe. Erinnerungen, Wien 2012, 24. Theodor Kramer Gesellschaft, http://v1.theodorkramer.at/index.php_option=com_content&view=article&id=6&Itemid=6.html, 20.06.2021. H.C. Günzburg, Volksbüchereien und Politik, http://www.degruyter.com/view/j/comm.1990.15.is sue3/comm.1990.15.3.311/comm.1990.15.3.311.xml H.C. Günzburg, Volksbüchereien und Politik. Eine Episode (1934–1936) in der iBldungsarbeit der Wiener Arbeiterbüchereien, 21.06.2021. Ebd.
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reien, die die Sozialdemokratische Partei bis 1934besessen hatte […] und betraute mit der Leitung Prof. Otto Spranger, einen Schüler von Stern.“73 Der „Verein Arbeiterbüchereien“ wurde 1936zur „Selbstauflösung 74 gezwungen parallel zum provozierten Rücktritt Otto Sprangers.75 Bevor er ans Wasagymnasium kam, unterrichtete Otto Spranger am RG XV Diefenbachgasse. Er musste das Wasagymnasium 1938verlassen, da er sich weigerte, sich von seiner jüdischen Ehefrau Rosa Spranger scheiden zu lassen. Wie alle jene Lehrer*innen, die durch den von den Nationalsozialisten erlassenen „Arierparagraphen“ vom Dienst enthoben wurden, wurde auch Otto Spranger 1938 zwangspensioniert. Der Aktenvermerk des SSR unter dem Titel „Enthebung vom Dienst und Versetzung in den zeitlichen Ruhestand“ gibt Einblick in die Mitteilung an Otto Spranger: […] mit Ende Oktober in den zeitlichen Ruhestand zu versetzen, da ihre Ehe mit einer Jüdin Ihre weitere Dienstleistung auf einem Ihrer dienstlichen Stellung und Befähigung entsprechenden Posten aus wichtigen dienstlichen Rücksichten nicht zulässig erscheinen lässt.76
Otto Spranger flüchtete mit seiner Frau Rosa zu Fuß über die Berge in die Schweiz. Sein ehemaliger Schüler Erich Fried, dem Otto Spranger am 6. Mai 1938als Klassenvorstand an Frieds 17. Geburtstag das Abgangszeugnis ausgestellt hatte und der bereits im Londoner Exil war, verhalf seinem ehemaligen Lehrer zur Ausreise nach England. Otto Spranger bewarb sich um ein Affidavit für die USA und benötigte die Zwischenstation in Großbritannien. Otto Spranger hielt sich mit seiner Familie von Mitte September 1938 bis März 1939 in der Schweiz auf und reiste im März 1939nach England, wo Otto und Rosa Spranger bis März 1940 blieben. Etliche seiner ehemaligen Schüler77 nahmen nach 1945Kontakt zu ihrem ehemaligen Lehrer auf, der ein anerkannter Psychoanalytiker geworden war. Neben seiner psychoanalytischen Privatpraxis in New York betätigte sich Spranger in zahlreichen Institutionen, an der Universität in New York und verschiedenen Berufsorganisationen, wo er Trainings- und Ausbildungsprogramme leitete. „Ich war geschäftsführender Vizepräsident, Obmann des Mitgliederausschusses und Direktor der National Psychological Association for Psychoanalysis“78 – beschreibt Spranger 73
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Gertrude Brinek, Den Arbeiter und das Volk bilden. Volksbildung in der 1. Republik, in: Erwin Bader (Hg.), Karl Lugmayer und sein Werk. Seine politisch-soziale Bedeutung und Aktualität, Wien/Berlin 2007, 91–111. Zu den Folgen des Februar 1934für die Arbeiterbüchereien und die austro-faschistischen Literaturpolitiken siehe: Gisela Kolar, Ein „Vorspiel“: Die Wiener Arbeiterbüchereien im Austrofaschismus, ungedr. DA Wien 2008, 57–93. Ebd., 68. ÖStA. AVA Unterricht in genere 10 C-G 1943 – 1946 tadtschulrat S Zl. 54 58-II-1938. Darunter sind die Brüder Ari Rath und Maximilian Rath und George Strauss. Otto Spranger, Ein Stück Heimat und Jugend. Festschrift 50-Jahre RG XV Diefenbachgasse, Wien 1960/61, 55.
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etliche seiner beruflichen Stationen im Exil in New York. Nach Otto Sprangers Tod hielten seine ehemaligen Schüler auch mit Rosa Spranger die Verbindung aufrecht. Heinrich Teller
Heinrich Teller wurde am 28. März 1879 geboren. Er kam mit den Bukowinischen Klassen infolge des Frontverlaufes während des Ersten Weltkrieges von Czernowitz an das Wasagymnasium und unterrichtete die Bukowinischen Klassen im Schichtbetrieb. Er unterrichtete Logik, Psychologie und Philosophie ab 1917. Seine letzte Wohnadresse war im 2. Wiener Gemeindebezirk, Franz-Hochedlinger-Gasse 3/1.Heinrich Teller wurde am 9. Juni 1942 nach Maly Trostinec deportiert und ermordet. Samson Tyndel
Samson Tyndel wurde am 30. Juli 1878 in Kolomea geboren. 1916 unterrichtete er Mosaische Religion am Maximiliangymnasium. Er kam mit den Czernowitzer Schülern ans Wasagymnasium. Seine letzte Adresse vor der Deportation war Berlin, Uhlandstraße 46. Am 26. September wurde er nach Raasiku deportiert. Dr. Edgar Zilsel
Der Katalog des StG IX Wasagasse Schuljahr 1937/38führt Prof. Dr. Edgar Zilsel als „wirklichen Lehrer“ für Mathematik in der 5. Klasse. Edgar Zilsel wurde Opfer des 1938eingeführten „Arierparagraphen“, er wurde entlassen und zwangspensioniert.79 Es gelang ihm noch 1938,gemeinsam mit seiner Frau, der Lehrerin Dr. Ella Breuer, und seinem Sohn Paul80 nach England und 1939weiter in die USA zu flüchten, wo er an verschiedenen Colleges unterrichtete. Am 11. März 1944beging Edgar Zilsel Selbstmord.81 Edgar Zilsel war in seinen 29 Dienstjahren an verschiedenen Mittelschulen und Gymnasien in Wien tätig: jahrelang am RG III Hagenmüllergasse, später an der Realschule VII Neustiftgasse, am StG Wien XVII Kalvarienberggasse und zuletzt am StG IX Wasagasse. Edgar Zilsel legte am 18. November 1918die Lehrbefähigungsprüfung für die Fächer Mathematik, Physik und Naturlehre ab. Er war ein leidenschaftlicher Volksbildner82 und engagierte sich in der 79
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Versetzung in den dauernden Ruhestand Dr. Edgar Zilsel. WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und LehrerinnenBildungsanstalten 1938, Zl. 6304. Paul Zilsel war Schüler am RG II Sperlgasse und wurde am 30. April 1938 ausgesondert. Paul Zilsel, Über Edgar Zilsel. In: Friedrich Stadler (Hg.), Vertriebene Vernunft II, 929–932. Leo Gabriel verdrängte Edgar Zilsel 1934von der VHS Volksheim Ottakring, er übernahm einen großen Teil von Zilsels Lehraufträgen und die Leitung der Abteilung Philosophie. Vgl. Renate Lotz-Limbach, Zur Biografie Leo Gabriels. Revision und Ergänzung der Selbstdarstellung eines Philo-
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Schulreformdiskussion und in der Lehrerfortbildung: Er hielt Vorlesungen über Philosophie am Pädagogischen Institut der Stadt Wien und war an mehreren Volkshochschulen tätig.83 Seine Habilitationsschrift wurde nicht angenommen, auf Anraten von Heinrich Gomperz zog er die Habilitation zurück, seine „Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden auf geisteswissenschaftliche Gebiete“ 84 stieß auf heftigsten Widerstand seitens der traditionell ausgerichteten Fachphilosophen.85 Seine Beteiligung an Diskussionen und Tagungen des Wiener Kreises zeigen ihn in erlesener Gesellschaft, häufig in kritischer Position. Viktor Kraft zufolge ist er mit Schlick, Carnap, Neurath, Waismann und Hahn ein führender Teilnehmer. Karl Popper erinnert sich, seine kritischen Thesen gegenüber dem Wiener Kreis in der Wohnung von Edgar Zilsel erstmals öffentlich präsentiert zu haben.86 Diverse philosophische Zirkel fanden in den Privatwohnungen von Victor Kraft und Edgar Zilsel statt. Der Physiker, Philosoph, Wissenschaftshistoriker, Volksbildner und Pädagoge Edgar Zilsel „war von faschistischer und nationalsozialistischer Unterdrückung und Gewalt“ gleich mehrfach betroffen: „als Jude, als Sozialist und als Vertreter einer stark naturwissenschaftlich orientierten wissenschaftlichen Weltauffassung 87 Exkurs: Dr. Josef Feldner – Schularzt im Widerstand: ein Mensch
Dr. Josef Feldner war Schularzt an mehreren Wiener Schulen, unter anderem am Wasagymnasium und an der Radetzkyschule. Die Jahresberichte des StG IX von 1931,1932, 1934 und 1936enthalten ausführliche Berichte des Schularztes über den körperlichen Zustand
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sophen und Rektors der Universität Wien, in: zeitgeschichte 6 – November/Dezember (2004) – 31.Jg., 370–391.Vgl. auch die Ausführungen Klaus Taschwers zu den politischen Seilschaften und informellen Netzwerken wie der „Bärenhöhle“ um Richard Meister, den Taschwer für die Verhinderung von Zilsels Habilitation verantwortlich zeichnet. Klaus Taschwer, Schwarz-braune Kontinuitäten. Zur Geschichte der Universität Wien nach 1945, online unter https://www.academia.edu/11515023/ Schwarz_braune_Kontinuit%C3%A4ten._Zur_Geschichte_der_Universit%C3%A4t_Wien_ nach_1945._2015_ , 22.03.2015. Johann Dvorak, Edgar Zilsel und die Einheit der Erkenntnis, Veröffentlichung des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte der Gesellschaftswissenschaften, Wien 1981, 28–30. Ebd. 21. Vgl. Friedrich Stadler, Antisemitismus an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien – Am Bespiel von Moritz Schlick und seines Wiener Kreises, in: Oliver Rathkolb (Hg.), Der lange Schatten des Antisemitismus. Kritische Auseinandersetzungen mit der Geschichte der Universität Wien im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 2013, 207–237, hier 227f . Karl R. Popper, Unended Quest, London/Glasgow 1977, 82. Johann Dvorak, Edgar Zilsel, Wien 1981,12.Siehe auch Friedrich Stadler, Antisemitismus an der philosophischen Fakultät. In: Oliver Rathkolb (Hg.), Antisemitismus, 207–235,u. Friedrich Stadler, Philosophie – Wissenschaftstheorie – Mathematik – Logik. Prolog zu Emigrantenwissenschaften. In: Friedrich Stadler (Hg.), Vertriebene Vernunft, Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft 1930–1940, unveränderte Neuauflage, ünster 2004, 118–124.
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der Schüler und Empfehlungen zur (un)gesunden Lebensführung. Er war wöchentlich am Schulstandort präsent. Dr. Josef Feldner war gleichzeitig Kinderarzt, unter anderem auch der Kinderarzt der Familie Busztin. Hans Busztin war 1935Schüler an der Radetzkyschule. Hans Busztin lebte nach dem „Anschluss“ im Versteck bei Dr. Josef Feldner. Die Familie von Hans Busztin, seine Eltern und Geschwister, wurden 1942 deportiert und ermordet. Hans Busztin ist der einzige Überlebende der Familie. Anna Goldenberg, die Enkelin von Hans Busztin, veröffentlichte die Familiengeschichte: Mein Großvater vermutet, dass rund 100 Menschen von seinem Dasein wussten – und nicht nur schwiegen, sondern auch halfen. Als ich diese Zahl lese, stutze ich zunächst. So viele? Warum? ‚Wir bekamen Lebensmittel und Lebensmittelkarten geschenkt‘, schreibt mein Großvater. ‚Ich hatte den Eindruck, dass viele froh waren, dass Pepi den Mut aufgebracht hatte mich zu verstecken und dass sie deshalb auch aktiv Beihilfe leisteten.88
Hans Busztin nahm später den Namen von Pepi Feldner an und wurde ebenfalls Arzt, Dr. Hans Feldner-Busztin. Die Enkelin des überlebenden Hans Busztin, Anna Goldenberg, hat die Geschichte ihres Großvaters anhand seiner Unterlagen recherchiert und mehrfach publiziert, u.a. Versteckte Jahre. Der Mann, der meinen Großvater rettete. (Wien 2018). All das ist keineswegs vergangen, sondern bleibt, wie wir täglich in der Zeitung lesen können, beunruhigend aktuell. Neu ist demgegenüber eine ethische Prämisse, die das Erinnern an den universalistischen Wert der Menschenrechte bindet und damit die Verschränkung von Vergangenheit und Gegenwart eine ganz neue Qualität gibt.89 Renate Mercsanits
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Abbildungsnachweis Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5
Dr. Jakob Bronner (BG IX). Dr. Friedrich Korger (BG IX). Dr. Alfred Nathansky – Gedenktafel (BG IX). Lehrerkollegium (1920–1928)(BG IX). Dr. Joseph Sabath (rechts im Bild) (BG IX).
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Feiert eine Schule ihr 150-jähriges Jubiläum, so ist dies nicht nur Anlass zur Freude über das langjährige Bestehen des Gymnasiums, sondern auch, wie meine Kollegin Mercsanits das ausgeführt hat, ein Grund, sich mit dessen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Besonders an der Wasagasse ist die Beschäftigung mit den Verbrechen des NS-Regimes und dem Erinnern an die Opfer der Shoah unabdingbar, zumal das Gymnasium vor 1938einen äußerst hohen Anteil an jüdischen Schülern und Schülerinnen zu verzeichnen hatte. So etablierte sich im gegenwärtigen Schulalltag eine Vielzahl an Projekten, die sich von Gesprächen mit Zeitzeug*innen über Fahrten nach Mauthausen erstreckten, an denen die 7. Klassen jährlich teilnehmen. Besonders hervorzuheben sei hierbei die Arbeit von Kollegin Renate Mercsanits, die neben ihrer Recherche zu den vertriebenen jüdischen und als jüdisch definie ten Schüler*innen und der Enthüllung der Gedenktafel in der Aula des Schulgebäudes auch gemeinsam mit mir und der Organisation MoRah (March of Rememberance and Hope) Exkursionen nach Auschwitz organisierte, die im Rahmen des alljährlichen March of the Living stattfanden. Mir persönlich ist vor allem eine viertägige Gedenkreise 2015über ein langes Wochenende in ebenjenes Vernichtungslager in Erinnerung geblieben, die von dem damaligen Schulsprecher Ferdinand Altenburg und mir organisiert, sowie dem fachlich versierten Awi Blumfeld hervorragend begleitet wurde und bei allen Teilnehmenden, 36 Schüler*innen der 7. Klassen und 15 Lehrer*innen, einen besonders nachdrücklichen Eindruck hinterlassen hat. Dass wir bei all diesen Reisen nach Polen in einer gesonderten Zeremonie den bis dahin uns bekannten in Auschwitz ermordeten Schüler*innen der Wasagasse gedachten, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Um diese Erinnerungsarbeit auch weiterhin fortzusetzen, bekam ich vor drei Jahren die Anfrage, im Rahmen meines Wahlpflichtfachs Geschichte ein Projekt durchzuführen, im Zuge dessen die Schicksale der jüdischen und als jüdisch definie ten Maturant*innen während des NS-Regimes näher erforscht werden sollten. Eine solche Chance zur Aufarbeitung der Schulgeschichte, zum Betreiben von Archivarbeit für die Festschrift zum 150. Geburtstag des Gymnasiums, stellt weder für Lehrer noch für Schüler eine Selbstverständlichkeit dar. Abseits abstrakter Fakten durften wir uns damit beschäftigten, die konkreten, greifbaren Schicksale jener Menschen, die in der Umgebung unserer Schule gewohnt hatten und in diesem Gebäude ein- und ausgegangen waren, sichtbar zu machen.
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Abb. 1: Die Maturaklasse von 1930.
Die ersten Versuche unserer Erinnerungsarbeit ließen sich als ständiger Wechsel zwischen Frustration und Begeisterung beschreiben, Verzückung über verschnörkelte Schriftarten und gefundene Prüfungsunterlagen von berühmten Persönlichkeiten, Verwunderung über das „Genügend“, das der spätere Nobelpreisträger Karl Landsteiner auf seine Lateinmatura erhalten hatte, Verärgerung über die Unlesbarkeit der eben noch bewunderten Schriftformen und den zähen Fortgang der Arbeit. Einen Hoffnungsschimmer bot ein Fund in der Schulbibliothek am Ende unseres ersten Arbeitsjahres: Die Jahresberichte des K.K. Maximiliangymnasiums, dem heutigen Wasagymnasium, versprachen einen deutlich leichteren Fortgang der Recherchen sowie ein tieferes Vordringen in das ursprüngliche Arbeitsgebiet, dem Erforschen der Schicksale der ehemaligen Absolvent*innen nach dem „Anschluss“ 1938. Blickte ich daher im letzten Jahr mit einer teils neu zusammengesetzten, doch nicht weniger motivierten Gruppe noch hoffnungs oll auf die weitere Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, so wurden die Umstände unserer Erinnerungsarbeit durch ein Ereignis der Gegenwart abrupt verändert – Mitte März, als unsere Recherchetätigkeit in vollem Gange war, verlagerte sich unser Arbeitsort von der Schule und dem Schularchiv nach Hause vor den Bildschirm – eine zunächst für drei Wochen geplante Pause des Präsenzunterrichts dau-
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erte für das Wahlpflichtfach, da aus verschiedenen Klassen und Jahrgangsstufen bestehend, bis zum Sommer. Um mit dem Sammeln der Namen von den gesuchten Maturanten und Maturantinnen trotzdem voranzukommen, erklärte sich ein Großteil meiner Klasse, die jetzige 7A, dankenswerterweise dafür bereit, in seiner Freizeit sowie an üblicherweise für Projekte wie Ausflügen orbehaltenen Tagen im EDV-Saal unserer Schule Listen hunderter, an unserer Schule für reif erklärter Schüler*innen zu vervollständigen. Eine weitere Phase des Distance Learnings im Schuljahr 2020/21seit dem Nationalfeiertag erschwerte die Recherchearbeit und schien die zeitgerechte Fertigstellung des Projekts zu gefährden. Umso verblüff nder erscheint es mir daher, mit welcher Motivation die Gruppe die Erinnerungsarbeit unter den erschwerten Umständen weiterführte. Weit über die normale Unterrichtszeit hinaus, Wochenenden und Arbeitszeitgesetze ignorierend, recherchierten die 18 Schüler*innen von zu Hause aus mit Hilfe der Datenbanken von Yad Vashem, des Dokumentationszentrums des Österreichischen Widerstands (DOEW), aber auch des US Holocaust Memorial Museums und Google, die Schicksale von hunderten von Absolvent*innen. Mit einer derartigen Ernsthaftigkeit und Intensität eruierten sie Lebenswege und -schicksale, sodass es mir als Lehrer schlichtweg die Sprache verschlug. Stellvertretend für die Gruppe möchte ich zwei Beispiele nennen, die zeigen, wie intensiv sich alle Schüler*innen des Wahlpflichtfachs mit ihrer Aufgabe auseinandergesetzt haben: Nora Braun, Schülerin der 8B im Schuljahr 2020/21, stolperte über einen in unserer Maturant*innenliste als Leopold Blumenstock ausgewiesenen Absolventen (Maturajahrgang 1926)mit Geburtsdatum 31.6.1907, nachdem sie in den Datenbanken einen Bertold Blumenstock mit dem Geburtsdatum 31.7.1907gefunden hatte. Eine genauere Analyse der Reifeprüfungsprotokolle und , dass Klassenbücher (Jahresberichte gab es zwischen den Jahren 1918 und 1928 nicht) ergab der Name beim Erfassen fälschlich als Leopold gelesen wurde und der Geburtstag doch übereinstimmte, es sich daher um ein und dieselbe Person handelte. Noch interessanter war der Fall von Oskar Hirschensohn aus dem Maturajahrgang 1911 – in den Datenbanken von Yad Vashem und DOEW findet sich ein skar Hirschensohn mit dem gleichen Geburtstag, allerdings Geburtsjahr 1898.Theo Löcker aus der 7A befasste sich eingehender mit dem Fall und kontaktierte nach einem genaueren Blick ins Schularchiv das Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstands. Daraufhin schickte er ihnen als Beweis für das tatsächliche Geburtsjahr 1890 einen Auszug aus dem Klassenbuch des Schuljahres 1910/11, worauf man sich sofort bei Theo bedankte und die Daten in der Datenbank dementsprechend änderte. Unter den untersuchten 1574Absolvent*innen des Wasagymnasiums zwischen 1876,dem ersten Maturajahrgang, und 1938konnten die Schüler*innen nach derzeitigem Forschungsstand 89 Opfer der Shoah feststellen. Bei einigen Namensfunden sind noch weitere Nachforschungen notwendig, nicht jedes
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Schicksal war z.B. aufgrund von Namensähnlichkeiten oder ungenauen Datenbankergebnissen mit 100-prozentiger Sicherheit zu eruieren. Ebenso haben sich durch die Recherche zwei neue Arbeitsfelder eröffnet, die für Interessierte als Forschungsthemen z.B. für die Vorwissenschaftliche Arbeit im Zuge der Reifeprüfung aufgegriffen werden können: Die Schicksale der ausgewanderten und geflüchteten Absolvent*innen des Wasagymnasiums sowie die unglaublich große Zahl an Absolvent*innen unserer Schule, die in so vielen Bereichen nicht nur Österreich in großem Maße mitgeprägt haben. Die bereits genannten Absolventen, Stefan Zweig und Karl Landsteiner, sind in ihrer biographischen Verwobenheit mit dem Wasagymnasium wohlbekannt, doch verzeichnen unsere Jahresberichte, Klassenbücher und Reifeprüfungsprotokolle unzählige weitere Personen, die sich nach ihrer Schulzeit durch besondere kulturelle, wissenschaftliche, politische oder soziale Leistungen hervorgetan haben. So kann das Projekt, auf das wir trotz erschwerter struktureller Rahmenbedingungen stolz zurückblicken können, bei weitem noch nicht als abgeschlossen gelten. Die bisher aufgefundenen Schicksale sind dabei Auftrag und Verantwortung zugleich – ein Appell zur aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte unserer Schule, deren Vergangenheit nicht mit einem floskelhaften „niemals vergessen“ zu quittieren ist, sondern engagierte Erinnerungsarbeit erfordert, der sich die Schüler und Schülerinnen in den vergangenen Jahren mit großem Interesse gewidmet haben. Eine derart praxisbezogene Form der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hält nicht nur die Erinnerung an die ermordeten ehemaligen Mitschüler*innen aufrecht, sondern führt auch die heutigen Schüler*innen zu einem reflektie ten Geschichtsbewusstsein. Mit Hilfe des Schularchivs, aber vor allem durch die beständige Mitarbeit der stets neugierigen, engagierten und durchwegs emphatischen Schüler und Schülerinnen konnten wir an der Aufarbeitung der nunmehr 150-jährigen Geschichte der Schule teilhaben und damit zu einer aktiven Auseinandersetzung der Erinnerung an die Shoah in Österreich beitragen.
In der Shoah ermordete Absolvent*innen des Wasagymnasiums Aufgeschlüsselt nach Jahrgang, Name und Schicksal
Maturajahrgang 1881 Ernst Biach kam am 28.10.1863in Letovice, Tschechien, zur Welt. Sein letzter bekannter Wohnort ist die Seegasse 16 in 1090 Wien. Er wurde am 13.08.1942 von Wien mit dem Transport 35,Zug Da 501,mit Deportationsnummer 687 nach The esienstadt deportiert, und dort am 24.09.1942ermordet. Heinrich Brüll wurde in Wien am 02.02.1864 geboren. Seine letzte bekannte Adresse vor der Deportation ist die Liechtensteinstraße 22/9 in 1090 Wien. Er wurde mit dem Transport 33am 22.07.1942von Wien nach The esienstadt deportiert. Dort wurde er am 03.08.1942ermordet.
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Julius Hönigsfeld wurde am 17.06.1862in Velke Mezirici, Tschechien, geboren. Seine letzte bekannte Wohnadresse ist die Seegasse 8/8 in 1090Wien. Er wurde am 22.07.1942mit dem Transport 33(laut Yad Vashem) oder Transport IV/5 Nr. 225(Wien nach The esienstadt laut „holocaust.cz“) ins Ghetto The esienstadt deportiert und dort am 25.09.1942ermordet. Maturajahrgang 1882 Max Götzl wurde am 08.08.1865in Temesvar, Rumänien, geboren. Seine letzte Anschrift und Adresse ist die Untere Donaustraße 39/3 in 1020 Wien. Er wurde am 20.08.1942 mit dem Transport 37, Zug Da 504, von Wien nach The esienstadt deportiert und am 08.09.1942dort umgebracht. Maturajahrgang 1887 Julius Neudörfer wurde am 24.07.1869in Szalanitz, Ungarn, geboren. Während des Krieges wohnte er in der Nibelungengasse 1 in 1010 Wien. Er wurde mit Transport über Budapest in ein unbekanntes Konzentrationslager deportiert und an einem unbekannten Datum in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1890 Walter Breisky wurde in Wien am 08.07.1871geboren. In der Ersten Republik war er Vizekanzler, Unterrichts- und Innenminister unter Ignaz Seipel und sogar 1922einen Tag lang selbst Kanzler. Im Jahr 1944beging er jedoch nach seiner Verhaftung durch die Gestapo Suizid. Anton Horaz Mandel (Mallinek) kam am 20.7.1873zur Welt. Seine letzte bekannte Adresse lautet Czerningasse 14/20in 1020 Wien. Er wurde am 20.06.1942mit Transport 28 nach The esienstadt deportiert und am 11.11.1942 ermordet. Maturajahrgang 1891 Oskar Groag kam in Wien am 14.02.1874 zurWelt. Seine letzte registrierte Adresse ist die Kolingasse 10/4 in 1090 Wien. Er wurde am 19.10.1941 mit dem Transport 7, Zug Da 5 von Wien nach Lodz, Polen, deportiert und ermordet. Eduard Sucharipa wurde am 11.02.1873in Wien geboren. Seine letzte bekannte Adresse war Köllnerhofgasse 4/15in 1010Wien. Er wurde am 10.07.1942aus seiner Heimat Wien mit dem Transport 30 nach The esienstadt deportiert. Er wurde in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1893 Rudolf Czeczowiczka kam am 12.12.1875 in Wien zur Welt. Sein letzter bekannter Wohnv Wien nach Opole in ort ist die Florianigasse 44 in 1080Wien. Er wurde am 15.02.1941on Polen deportiert und dort ermordet. Friedrich (Fritz) Schenk kam am 17.07.1874in Wien zur Welt. Seine letzte bekannte Adresse ist die Obere Donaustraße 111/41 in 1020 Wien. Friedrich Schenk wurde 1938 von der
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Medizinischen Uni vertrieben und am 28.07.1942 mitTransport 34 von Wien nach The esienstadt deportiert und am 16.08.1942dort ermordet. Maturajahrgang 1894 Robert Brünauer wurde am 06.07.1876in Wien geboren. Sein letzter bekannter Wohnsitz ist in der Kinderspitalgasse 1 in 1090 Wien. Robert Brünauer wurde am 28.10.1941 mit Transport 9 von Wien nach Lodz, Polen, deportiert und am 01.06.1942dort ermordet. Bernhard Freiwillig wurde in Wien am 05.11.1871 geboren. Bernhard Freiwilligs letzter bekannter Wohnsitz ist die Hollandstraße 10/3in 1020 Wien. Er wurde am 28.10.1941mit demselben Transport wie Robert Brünauer, Transport 9, von Wien nach Lodz, Polen, deportiert und dort am 21.01.1942ermordet. Ernst Mittler kam am 13.08.1876in Wien zur Welt. Sein letzter bekannter Wohnsitz ist die The esianumgasse 10 in 1040 Wien. Ernst Mittler wurde am 13.08.1938in Wien im Alter von 62 Jahren ermordet. Maturajahrgang 1895 Arthur Brüll wurde am 02.09.1876 inWien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Kauergasse 4/6 in 1150Wien. Arthur wurde am 24.07.1942in Wien in der Shoah ermordet. Paul Honig wurde am 06.11.1876geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Novaragasse 40 in 1020Wien. Er wurde am 26.01.1942mit Transport 15von Wien ins Ghetto von Riga in Lettland deportiert und ermordet. Maturajahrgang 1896 Paul Groag wurde am 27.05.1878in Wien geboren. Während des Krieges lebte er in der Lichtenfelsgasse 5/11in 1010Wien und wurde am 09.10.1942mit Transport 45, Zug Da 525, von Wien nach The esienstadt deportiert und am 26.03.1943dort ermordet. Rudolf Hochmann wurde am 20.12.1876geboren. Seine letzte bekannte Adresse war die Nestroygasse 5/6 in 1020Wien. Er wurde am 27.05.1942mit Transport 23, Zug Da 204, von Wien nach Maly Trostinec deportiert und dort am 01.06.1942ermordet. Max Lengsfelder wurde am 27.11.1877 geboren. Während des Krieges wurde er von Prag mit dem Transport Ao nach The esienstadt und am 18.12.1943 mit Transport Ds von The esienstadt nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Oskar Manuel wurde am 25.08.1878geboren. Seine letzte Adresse war die Liechtensteinim Alter von 63 Jahren Selbststraße 23/1in 1090Wien. Oskar Manuel beging am 19.10.1941 mord. Maturajahrgang 1897 Siegfried Grünwald wurde am 26.11.1877 geboren. Während des Krieges wurde er mit Transport AAp am 09.07.1942von Prag nach The esienstadt deportiert und dort ermordet.
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Gustav Ganz wurde am 02.03.1879 geboren. Während des Krieges wurde er mit Transport Cq, Zug Da 101, am 20.01.1943 von Theresienstadt nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Robert Hirsch-Bing wurde am 08.08.1879 inWien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist der Heumarkt 27 in 1030Wien. Während des Krieges wurde er mit Transport 14 am 11.01.1942on v Wien ins Ghetto von Riga in Lettland deportiert und am 31.01.1942 ermor det. Richard Paul Steiner wurde am 25.01.1878 inWien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Habsburggasse 5 in 1010Wien. Während des Krieges wurde er mit einem Transport von Budapest in ein unbekanntes Lager deportiert, wo er ermordet wurde. Friedrich Winterstein wurde am 19.01.1879 inWien geboren. Er wurde nach Lublin-Majdanek deportiert und dort am 02.07.1942ermordet. Maturajahrgang 1898 Felix Klappholz Jarocinski wurde am 29.11.1879 in Wien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Gusshausstraße 19in 1040Wien. Er wurde am 23.5.1943in Warschau ermordet. Walter Leopold Plenk wurde am 11.01.1880 geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Marc-Aurel-Straße 6/6 in 1010Wien. Er wurde am 06.02.1942 mitTransport 16 von Wien ins Ghetto von Riga in Lettland deportiert und in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1899 Robert Hecht wurde am 09.03.1881in Wien geboren und war ein österreichischer Jurist und Spitzenbeamter zur Zeit des österreichischen Ständestaats. Es war Hecht, der die juristische Konstruktion erfand, welche das Notverordnungsrecht des Bundeskanzlers durch ein vergessenes kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz aus dem Jahre 1917rechtfertigen konnte. Im Zuge des deutschen Einmarsches 1938wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft sofort verhaftet und am 12.03.1938 mit dem ersten Transport in das Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er 18Tage später ermordet wurde.1 Erwin Jerusalem wurde am 27.04.1881in Nikolsburg, Tschechien, geboren. Laut dem offiziellen Bericht seines Bruders wurde er am 30.01.1943in Auschwitz ermordet. Maturajahrgang 1900 Moriz Glücklich wurde am 30.05.1881in Wien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Auhofstraße 1/11in 1130Wien. Moriz wurde am 11.10.1939 in Wien ermordet. Ernst Katscher wurde am 27.11.1881 geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Porzellangasse 13 in 1090Wien. Ernst starb am 05.09.1939 inWien, ein Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Verfolgung ist unsicher. 1
https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Hecht, 13.03.2021.
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Maturajahrgang 1901 Marcel Eibenschütz wurde am 01.02.1883 in Wien geboren. Während des Krieges wurde er mit einem Transport von Frankreich nach Auschwitz deportiert und am 11.11.1942 dort ermordet. Artur Hajek wurde am 04.05.1880geboren. Während des Krieges wurde er am 26.10.1939 mit einem Transport von Wien nach Nisko in Polen deportiert und in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1902 Raoul Fernand Jellinek-Mercedes wurde am 18.06.1883in Algier, Algerien, geboren. Er wurde am 10.02.1939in Baden bei Wien ermordet. Lazar Reischer kam in Odessa, Ukraine, am 24.03.1884 zurWelt. Er wurde am 18.09.1942 von Drancy in Frankreich mit Transport 34 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er ermordet wurde. Lothar Winter wurde in Wien am 21.03.1884 gebor en. Sein letzter bekannter Wohnsitz ist die Rembrandstraße 32/16in 1020Wien. Am 03.12.1941 wurde er mit Transport 13von Wien nach Riga, Lettland, deportiert, wo er auch ermordet wurde.2 Maturajahrgang 1903 Georg Eissler wurde am 22.04.1885in Wien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist in der Ebendorferstraße 10/11in 1010Wien. Am 19.10.1941wurde er mit Transport 7, Zug Da 5, von Wien nach Lodz, Polen, deportiert und in der Shoah zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet. Maturajahrgang 1904 Paul Goldberger kam am 05.10.1885 inWien zur Welt. Sein letzter bekannter Wohnort ist die Zirkusgasse 37/18in 1020 Wien. Am 19.10.1941 wurde er von Wien nach Lodz, Polen, mit dem Transport 7, Zug Da 5, deportiert. Er wurde am 28.02.1942(Datenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands)3 bzw. 04.09.1942 (Liste der Häftlinge des Ghettos von Lodz)4 in Lodz ermordet. Franz Oliver Grünwald kam am 18.02.1883in Wien zur Welt. Er wurde am 16.051944von Triest nach Auschwitz deportiert und dort am 23.05.1944ermordet.
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Unsicher, ein einziger Lothar Winter ohne Geburtsdatum in den Datenbanken, bei Geni.com als Dr. Winter 1884–? eingetragen. Paul Goldberger: https://www.doew.at/personensuche?gestapo=on&findall=&lang=de&sh ah=on&politisch=on&spiegelgrund=on&firstname=Paul&lastname=Goldberger&birthdate=&birthdate_to=&birthplace=&residence=&newsearch=10&iSortCol_0=1&sSortDir_0=asc&lang=de&suchen=Suchen, 21.06.2021. Paul Goldberger: https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=4514870&ind=1 , 13.03.2021.
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Max Lindner wurde am 28.12.1885 in Wien geboren. Er wurde in der Shoah ermordet.5 Norbert Reich kam am 09.05.1884 inWien zur Welt. Seine letzte bekannte Adresse ist die Berggasse 15/9in 1090 Wien. Er wurde am 09.04.1942mit Transport 17 von Wien nach Lublin-Majdanek deportiert und dort ermordet. Maturajahrgang 1905 Siegfried Brecher wurde am 07.03.1885 in Wien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Porzellangasse 14in 1090Wien. Er wurde in Wien am 05.05.1938ermordet. James Herbert wurde am 13.02.1887 inWien geboren. Seine letzte bekannte Wohnadresse ist die Komödiengasse 10 in 1020 Wien. James Herbert wurde am 27.04.1942mit Transport 18von Wien nach Lublin-Majdanek deportiert und dort ermordet. Alexander Salkind kam am 29.03.1887in Wien zur Welt, wohnhaft war er in der Berggasse 11in 1090 Wien. Alexander Salkind wurde am 16.07.1940von der Gestapo festgenommen. Am 31.08.1940wurde er in das KZ Dachau eingewiesen und wurde dort am 04.09.1940ermordet. Saul Schapira wurde in Wien, am 30.06.1885,geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Pramergasse 18/21in 1090Wien. Saul Schapira wurde am 14.06.1942mit Transport 27, Zug Da 38,von Wien nach Sobibor deportiert und dort ermordet. Willy Schulhof kam am 23.12.1886in Prag zur Welt. Seine letzte bekannte Adresse ist der Julius-Tandler-Platz 8 in 1090 Wien. Während des Krieges war er mit seiner Schwester in Drancy, Frankreich, interniert und wurde von dort am 09.09.1942, ebenfalls mit seiner Schwester, mit dem Transport 30 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gebracht und dort ermordet. Gustav Steger wurde in Wien am 31.12.1886 geboren. Seine letzte bekannte Wohnadresse ist die Blümelgasse 1 in1060Wien. Er wurde am 17.12.1942 mit Transport 28/Ch von Hradec Kralove in Böhmen nach The esienstadt deportiert. Er wurde dann am 28.10.1944von dort mit Transport Ev nach Auschwitz-Birkenau überstellt und dort umgebracht. Maturajahrgang 1906 Otto Eisler wurde in Wien am 12.03.1888 gebor en. Seine letzte registrierte Wohnadresse ist Liechtensteinstraße 119/17 in 1090 Wien. Er wurde am 27.05.1942 mit Transport 23, Zug Da 204, von Wien nach Maly Trostinec deportiert und dort am 01.06.1942ermordet. Norbert Pineles wurde am 17.02.1888in Wien geboren. Seine letzte Wohnadresse ist die Hörlgasse 9/8 in 1090 Wien. Norbet Pineles wurde am 05.06.1942aus Wien mit Transport 25nach Lublin-Majdanek deportiert und ermordet.
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Unsicher, da ohne Geburtsdatum!
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Maturajahrgang 1907 Alexander Solomonica wurde am 22.12.1889 inassy, J Rumänien, geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Pyrkergasse 21in 1190Wien. Am 28.10.1941wurde er mit Transport 9 von Wien nach Lodz deportiert und in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1908 Johann Beer wurde am 03.07.1889 in Gainfarn, Niederösterreich, geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Porzellangasse 8 in 1090 Wien. Am 11.01.1942 wurde er mit Transport 14von Wien nach Riga, Lettland, deportiert. Johann wurde in der Shoah ermordet. Felix Lenz wurde am 14.06.1889in Wien geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Nestroygasse 4 in 1020Wien. Er wurde mit Transport 23,Zug Da 204 am 27.05.1942nach Maly Trostinec deportiert und dort am 01.06.1942ermordet. Maturajahrgang 1909 Richard Hand wurde am 02.01.1891geboren. Er war 1941im Lager Sabac in Jugoslawien interniert und wurde am 12.10.1941 in Zasavica bei Sabac ermordet. Oskar Kohn wurde am 22.01.1890 inWien geboren. Während des Krieges war er im Lager Malines-Mechelen in Belgien und wurde am 15.08.1942 mit Transport III von dort nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Maturajahrgang 1910 Johann Kulka wurde am 26.07.1892 inWien geboren. Er wohnte am Volkertplatz 13/18 in 1020 Wien. Am 31.08.1942 wurde er von Wien nach Maly Trostinec deportiert, wo er am 04.09.1942ermordet wurde. Maturajahrgang 1911 Oskar Hirschensohn kam am 17.10.1890in Wien zur Welt. Er wurde am 26.02.1941von Wien mit dem Transport 3 nach Opole in Polen deportiert und ermordet. Hermann Koditschek wurde am 27.09.1893in Wien geboren. Er wurde am 06.05.1942von Wien mit dem Transport 19, Zug Da 201, nach Maly Trostinec deportiert und am 11.05.1942 dort ermordet. Hans Sadger wurde am 14.01.1893 in Wien geboren. Seine letzte bekannte Anschrift ist die Grünentorgasse 34/14 in 1090Wien. Er wurde am 14.06.1942 ovn Wien mit Transport 27, Zug Da 38nach Sobibor deportiert und dort ermordet. Wilhelm Stern kam in Baden bei Wien am 23.03.1893zur Welt. Er änderte seinen Nachnamen zu „Stöger“. Er kam während des 2. Weltkrieges nach Budapest, Ungarn, und wurde beim Todesmarsch Budapester Juden ermordet.
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Maturajahrgang 1912 Otto Sinek wurde am 09.08.1894in Wien geboren. Am 31.08.1942wurde er mit Transport 26 von Drancy nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Maturajahrgang 1913 Friedrich Golant wurde am 20.08.1893geboren. Während des Krieges lebte er in der Rotenturmstrasse 31/14in 1010Wien. Er wurde am 27.02.1944mit Transport XXIV/4 von Westbork in den Niederlanden nach The esienstadt (bzw. Auschwitz-Birkenau in einem zweiten Eintrag auf der Yad Vashem Datenbank) deportiert und ermordet. Maturajahrgang 1914 in Wien geboren. Flüchtete 1938wegen der jüdischen Ernst Kanitz wurde am 25.01.1896 Herkunft seines Vaters – er selbst war 1915aus der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten – nach Frankreich, von wo er am 07.09.1942 mitTransport 29 nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde.6 Heinrich Ahl (Steinhardt) wurde am 02.07.1896 in Wien geboren, er kam am 06.05.1938 im Zuge des „Anschlusses“ zu Tode.7 Maturajahrgang 1915 Hans Reis wurde am 08.04.1897geboren und lebte in der Margaretenstraße 76 in 1050 Wien. Am 16.11.1938 wurde er nach Dachau deportiert und wurde am 17.12.1938 dort ermordet. Maturajahrgang 1916 Wilhelm Grünbaum wurde am 31.07.1897geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Mariahilferstraße 202 in 1150Wien. Er wurde am 05.03.1941mit Transport 4 von Wien nach Lublin-Majdanek deportiert. Wilhelm wurde in der Shoah ermordet. Norbert Halberstam wurde am 19.06.1898in Wien geboren. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte er in Berlin, von wo er am 03.10.1942mit Transport I/71,Zug Da 523,nach The esienstadt deportiert wurde und am 23.01.1943mit Transport Cr, Zug Da 103,von The esienstadt nach Auschwitz-Birkenau, wo er ermordet wurde. Wilhelm Herzog wurde am 17.02.1899geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Odeongasse 5 in 1020 Wien, er wurde am 09.10.1942mit Transport 45, Zug Da 525,von Wien nach The esienstadt und am 29.09.1944mit Transport El von The esienstadt nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Ernst Lawner wurde am 12.04.1898in Wien geboren. Am 28.11.1941 wurde er mit Transport 12von Wien nach Minsk deportiert. Ernst wurde in der Shoah ermordet. 6 7
Ehepaar Kanitz, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_K/Kanitz_Ehepaar.xml, 13.03.2021. Heinrich Ahl, https://www.geni.com/people/Heinrich-Ahl-Mag/6000000022933826974 , 13.03.2021.
Erinnerungsarbeit in der Praxis
Maturajahrgang 1917/18 Robert Klinger wurde am 31.05.1899in Wien geboren und lebte in der Oberen Donaustraße 59 in 1020Wien. Er wurde während des Krieges von Stanislau, Polen, in ein Vernichtungslager deportiert und dort ermordet. Philipp Gertler (Gärtler) wurde am 10.09.1896 geboren und lebte in der Scheuchgasse 5/3 in 1090 Wien. Am 12.05.1942 wur de er mit Transport 20 von Wien nach Lublin-Majdanek deportiert, wo er ermordet wurde. Maturajahrgang 1919 Moritz Mosche Toprower wurde am 07.01.1901in Chernowitz, Rumänien, geboren. Er lebte als Arzt in Wien und wurde in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1920 Theodor Blum wurde am 25.10.1902in Wien geboren. Sein letzter Wohnort war Lazenhof 2 in 1010 Wien. Er wurde am 24.09.1942 nach Th resienstadt deportiert und am 01.04.1944 weiter nach Auschwitz überstellt, wo er ermordet wurde. Kurt Deutsch wurde am 22.05.1901 inWien geboren. Er wohnte zunächst in der Müllnergasse 15in 1090Wien, die letzte bekannte Wohnadresse ist die Grünentorgasse 16/6in 1090 Wien. Er wurde mit dem Transport 45, Zug Da 525,am 09.10.1942nach The esienstadt deportiert und kam am 19.10.1944nach Auschwitz, wo er ermordet wurde. Karl Ornstein wurde am 20.01.1901 inWien geboren. Seine letzte Wohnadresse ist die FaTransport 8, Zug Da 9, von sangasse 14/16 in 1030Wien. Er wurde am 23.10.1941 mit dem Wien nach Lodz, Polen, deportiert und wurde am 30.04.1942ermordet. Erwin Tedesco wurde am 06.12.1901 inWien geboren. Seine letzte bekannte Wohnadresse ist die Obere Donaustraße 85 in 1020Wien. Er wurde am 11.01.1942 mit dem Transport 14 von Wien nach Riga in Lettland deportiert, wo er ermordet wurde. Maturajahrgang 1921 Armand Fellner wurde am 16.11.1902 in Wien geboren. 1938wollte er in die Schweiz flüc ten, jedoch wurde er an der Grenze zurückgewiesen. Er kam höchstwahrscheinlich in der Shoah um. Maturajahrgang 1922 Franz Nyitrai wurde in Wien am 12.09.1904geboren. Er wurde von Drancy, Frankreich, am 06.11.1942ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Gustav Jänner kam am 05.05.1905 inWien auf die Welt. Am 02.02.1940 wurde er von der Gestapo erkennungsdienstlich erfasst und am 29.03.1941 in das KZ D achau deportiert. In Buchenwald wurde er am 02.09.1942ermordet.
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Erinnerungsarbeit in der Praxis
Maturajahrgang 1923 Zigmund Kurt Sternberg wurde am 17.10.1903 in C zernowitz, Rumänien, geboren. Während des Krieges war er in Brüssel. Er wurde am 05.04.1943in Auschwitz ermordet. Maturajahrgang 1925 Erich Silberfeld wurde am 27.05.1907in Wien geboren. Während des Krieges wurde er mit Transport 56 am 10.08.1944von Berlin nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Wien geboren. Gerhard wurde Gerhard Waksmann (Wachsmann) wurde am 11.12.1905 in am 25.11.1941 in Lwow, Polen, ermordet. Maturajahrgang 1926 Honig Engelberg wurde am 23.08.1907in Starysanbov, Polen, geboren. Am 28.08.1942 wurde er mit Transport 25 von Drancy, Frankreich, nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Berthold Rosenstock wurde am 31.07.1907 geboren. Die letzte bekannte Adresse ist die Czerningasse 12/17 in 1020Wien. Er wurde am 23.10.1941 mit Transport 8, Zug Da 9, von Wien nach Lodz in Polen deportiert. Er wurde in der Shoah ermordet. Maturajahrgang 1931 Louis Byk wurde am 19.08.1913in Czernowitz, Ukraine, geboren. Seine letzte bekannte Wohnadresse ist die Klosterneuburger Straße 84/10 in 1200Wien. Am 14.08.1941 wur de er von Wien nach Drancy in Frankreich und später nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er am 29.09.1942ermordet wurde. Franz (Frantisek) Neuschüler wurde am 26.01.1913 gebor en. Am 08.07.1943 wurde er nach Prag und später mit Transport Dh nach The esienstadt deportiert. Am 06.09.1943wurde er mit Transport Dl nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Maturajahrgang 1932 David Dermer wurde am 07.01.1913in Czernowitz, Rumänien, geboren. Seine letzte bekannte Adresse ist die Wasagasse 54 in 1090Wien. David wurde in der Shoah ermordet. Salo Windschauer wurde am 28.10.1913 in Stanislau, Ukraine, geboren. Er wohnte in der Müllnergasse 5/14,1090Wien. Am 09.10.1942wurde er nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort am 18.09.1944ermordet. Maturajahrgang 1935 Georg Lichtenstein wurde am 08.01.1917in Wien geboren. Seine letzte bekannte Anschrift ist die Liechtensteinstraße 119/181090 Wien. Am 1.2.1941wurde er vorläufig für das Bespucken eines Schaukastens des „Stürmers“ festgenommen. Am 15.10.1941 wur de er von Wien nach Lodz in Polen deportiert und dort ermordet.
Erinnerungsarbeit in der Praxis
Maturajahrgang 1938 Irma Königsberg wurde in Wien am 13.09.1920geboren. Ihre letzte bekannte Adresse ist der Spittelauer Platz 5/11in 1090 Wien. Vier Jahre nach ihrem Schulabschluss, am 31.09.1942, wurde sie von Wien mit dem Transport 39, Zug Da 225,nach Maly Trostinec deportiert und dort am 04.09.1942ermordet. Gabor Kovacs kam am 17.03.1920in Belgrad zur Welt. Er maturierte am Wasagymnasium, wurde aber 1938 aus dem Döblinger Gymnasium „zugeschult“. Er flü htete im Zeitraum 1941–1943durch Jugoslawien vor den Nazis, wurde aber gefangen genommen und entweder im Lager Kruschiwl/Krusevlje oder Rudolfsgnad/Knicanin interniert. Er wurde in der Shoah ermordet. Heinz Schulhof wurde am 12.05.1920in Wien geboren. Er maturierte am Wasagymnasium, wurde aber 1938 aus dem Döblinger Gymnasium „umgeschult“. Seine letzte Adresse ist die Reithlegasse 10 in 1190Wien. Er wurde 1942in Frankreich verhaftet und in das Sammellager Drancy in Frankreich gebracht. Am 09.09.1942wurde er mit dem Transport 30 nach Auschwitz deportiert und kam am 11.09.1942 an. rEwurde bei den Todesmärschen im Zuge der Evakuierung des Lager 1944/45ermordet. Günter Froneberg
Abb. 2: Die Gedenktafel von 2006 in der Aula des Wasagymnasiums.
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Literaturverzeichnis Jahresberichte des k.u.k. Staatsgymnasiums IX 1876–1895. Jahresberichte des k.u.k. Maximiliangymnasiums 1896–1917. Jahresberichte des BG IX 1928–1936. Klassen- und Hauptkataloge des k.u.k Staatsgymnasiums IX 1876–1895. Klassen- und Hauptkataloge des k.u.k Maximiliangymnasiums 1895–1918. Klassen- und Hauptkatalog des BG IX 1918–1938. Reifeprüfungsprotokolle des k.u.k. Staatsgymnasiums IX, k.u.k Maximiliangymnasiums und BG IX. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, https://www.doew.at/personensuche, 13.03.2021. Ehepaar Kanitz, https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_K/Kanitz_Ehepaar.xml, 13.03.2021. Heinrich Ahl, Geni Genealogy Website, https://www.geni.com, 13.03.2021. Robert Hecht, https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Hecht, 13.03.2021. Holocaust Survivors and Victims Database des United States Holocaust Memorial Museum, https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php, 13.03.2021. Shoah Names Database des Yad Vashem World Holocaust Remembrance Center, https://yvng.yadvashem.org, 13.03.2021.
Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Die Maturaklasse von 1930 (BG IX) So sind bei der Maturaklasse 1930 von den 21 Schüler*innen 20 mosaischen Glaubens. Nach derzeitigem Wissensstand konnten alle aus diesem Jahrgang überleben. Abb. 2 Die Gedenktafel von 2006 in der Aula des Wasagymnasiums (BG9).
Chronik 1871–2021
1869: Widmung des Areals für ein Gebäude in der Wasagasse. Ohne Inanspruchnahme öffentlicher ittel wurde „aus dem Vermögen des Wiener Stadtkonviktfonds ein Gebäude errichtet, das zugleich Schul- und Zinshaus sein sollte“.1 Mit der Planung und Errichtung des Gebäudes wurde Heinrich von Ferstel betraut. Abb. 1: Stiftungsurkunde.
Direktion Ptaschnik Johann, Dr. (1871–1893)
1871: 16.Oktober: Feierliche Eröffnung des k.k. Real- und Obergymnasiums im IX. Wiener Gemeindebezirk. Eröff et wurde mit vier Klassen und 110 Schülern, die von 12 Lehrern unterrichtet wurden. 1877: Auslaufen des realistischen Zweiges, Weiterführung als klassisches k.k. Staatsgymnasium. 1
Valentin Pollak, Fünfzig Jahre Gymnasium, in: Das Wasagymnasium. 50 Jahre einer Wiener Mittelschule. O.J., 10.
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Chronik 1871–2021
1876: Erste Maturitätsprüfung, von zehn Abiturienten wurden sieben für „reif“ erklärt, zwei auf den Herbsttermin verwiesen und ein Abiturient um ein Jahr zurückgestellt.2 1877/78: Die Schülerzahl von 400 wurde überschritten und wuchs weiterhin. Die rasch anwachsende Schülerzahl drängt zur Lösung der Raumnot, sodass zusätzlich auch das zweite Stockwerk des Gebäudes dem Gymnasium überlassen wurde. Religiöse, sprachliche und ethnische Diversität prägte die Schule und spiegelt den Vielvölkerstaat und die Multikulturalität der Donaumonarchie und deren Metropole. Die Bezeichnungen der Konfessionen und Nationalitäten wurden den jeweiligen Jahresberichten entnommen. Abb. 2: Religionsbekenntnisse im Jahr 1871.
Abb. 3: Muttersprachen am Wasagymnasium im Jahr 1871.
Direktion Loos Josef, Dr. (1893–1898)
Direktor Loos, ein Pädagoge aus Leidenschaft, regte sofort die Einführung einer Schülerlade an, um „‚Minderbemittelten‘ Unterstützungen in verschiedener Form“ gewähren zu können.3 2 3
Franz Joseph Grobauer, Vom Gestern ins Heute, in: Jahresbericht BG IX. Wien 1971/72, 35. Franz Josef Grobauer, Vom Gestern ins Heute, in: Jahresbericht des BG IX. Wien 1971/72, 37.
Chronik 1871–2021
1893: Einrichtung des Probandenseminars als Seminarbetrieb am Wasagymnasium auf Initiative des Direktors Dr. Loos. Der Ausbildung der Lehrer und Lehrerinnen wurde damit pädagogisch und methodisch-didaktisch eine weitere Professionalisierung als Erweiterung des Probejahres direkt am Schulstandort hinzugefügt. Das Probandenseminar wurde vom jeweiligen Direktor und den einführenden Lehrern geleitet. 1896: 25-Jahr-Feier: Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Staatsgymnasiums IX wurde dieses mit der Namensgebung „Maximilian-Gymnasium“ ausgezeichnet, die kaiserliche Entschließung wurde im Jahresbericht 1896veröffentlicht Direktion Stitz Anton (1899–1911)
Direktor Stitz leitete die Schule am Beginn der kulturellen Blütezeit des Fin de Siècle. 1909: Die einheitlich humanistisch geprägte Bildungsidee des bisherigen Lehrplans wurde durch die Vielseitigkeit des Enzyklopädismus erweitert: Die realistischen Fächer und die neuen Sprachen wurden besonders gefördert. Darüber hinaus förderte Direktor Stitz Musikerziehung und körperliche Ertüchtigung und führte Listen über die Schülerleistungen: Von gemeinsamen Schülerwanderungen im Wienerwald und Radfahrten nach Langenzersdorf und Korneuburg abgesehen, wurde festgestellt, dass „von vierhundert Schülern der Anstalt die Hälfte Schlittschuhlaufen konnten, zweihundertsechzig Schwimmer waren und neunzig den Radsport betrieben“.4 Die Schülerpopulation im 9. Wiener Gemeindebezirk veränderte sich entsprechend dem Bevölkerungszuwachs der Metropole um die Jahrhundertwende: Abb. 4: Religionsbekenntnisse im Schuljahr 1898/99.
Direktion Halbich Hans, Dr. (1911–1919) Direktion Sofer Emil, Dr. (1914–1917)
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Ebd., 39.
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Direktion Wolletz Karl, Dr. (1917–1918)
1914: Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Am 19. Oktober 1914fand die erste „Not-Reifeprüfung“ statt. Direktor Halbich meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst und wurde drei Jahre lang von Dr. Emil Sofer als Schulleiter vertreten. Zahlreiche Lehrer wurden zum Kriegsdienst eingezogen, im Konferenzzimmer gab es ein „Kommen und Gehen“, das Unterrichtsgeschehen wurde dadurch massiv beeinflusst. Schüler der 6., 7. und 8., bisweilen auch der 5. Klassen, wurden zum Kriegsdienst eingezogen und vorzeitig für „reif“ erklärt. Schüler wurden aus ihrer Entwicklung herausgerissen, der Turnunterricht, seit 1895 ein Pflichtfach wurde militarisiert. Allein im Schuljahr 1917/18wurden 169Schüler eingezogen. „Zahlreiche Traueranzeigen in den Jahresberichten vermeldeten das grausame Auslöschen junger Menschenleben.“5 Abb. 5: Religionsbekenntnisse am Maximiliangymnasium 1915/16.
1916: Parallelklassen für insgesamt 350 Schüler aus Galizien und der Bukowina wurden im Schichtbetrieb am Wasagymnasium unterrichtet, mit eigenem Lehrerkollegium und Mitverwendung des Kollegiums des Wasagymnasiums und der hiesigen Direktion Dr. Sofer/ Dr. Wolletz und Dr. Halbich unterstellt. Abb. 6: 1917/18 Bukowinische u. Galizische Parallelklassen.
5
Ebd., 41.
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1916: Das erste Mädchen wurde aufgenommen und besuchte das k.k. Staatsgymnasium G IX von 1916–1919. 1921: Es besuchten 29 Mädchen das StG IX, 1931/32bereits 59. Zwischen 1918und 1920mussten auf Grund des Kohlemangels mehrmals Kälteferien stattfinden. Die Not der Nachkriegsjahre prägte das Schulleben. Direktion Pollak Valentin, Dr. (1920–1928)
In seiner Funktion als Direktor des Wasagymnasiums musste er die schwierige Nachkriegssituation, die im Schulbetrieb nach 1918 stark spürbar war, bewältigen. Eigene Klassen für Schüler, die aus allen Teilen der ehemaligen Monarchie nach Wien strömten, wurden weitergeführt und im Schichtbetrieb unterrichtet. Die Glöckel‘sche Schulreform führte auch an Gymnasien zur Demokratisierung der Schule durch Förderung des Arbeitsunterrichtes und der Selbsttätigkeit der Schüler, der Gründung von „Schulgemeinden“ zur Förderung der Selbstverwaltung des Schullebens und schließlich durch das als „Glöckel-Erlass“ bekannte Verbot, „auf Schüler einen Zwang auszuüben, um sie zur Teilnahme an den religiösen Übungen zu verhalten“6. 1924wurde die Reifeprüfung neu geordnet, 1927ein neues Mittelschulgesetz verabschiedet. 1921: Das Ansuchen um einen Telefonanschluss wurde von der Behörde gestellt. 50-Jahr-Feier: Valentin Pollak bemühte sich anlässlich der 50-Jahr-Feier um die Erstellung einer Festschrift und bat Karl Landsteiner, Stefan Zweig, Ludo Hartmann, Richard Wettstein, Walter Breisky und viele andere ehemalige Schüler um Beiträge.7 1924: beantragte Dir. Dr. Valentin Pollak die Elektrifizie ung des Gebäudes vorzunehmen. Der SSR für Wien befürwortete das Ansuchen vor dem Hintergrund der großzügigen Finanzierung des Vorhabens durch den Elternverein: Das Anerbieten der Elternvereinigung des Bundesgymnasiums im IX. Wiener Gemeindebezirke, Wasagasse 10, die Einleitung der elektrischen Beleuchtung in dieser Anstalt ohne Anspruch auf Zinsvergütung vorläufig auf eigene Kosten durchführen zu lassen, wird mit Befriedigung zur Kenntnis genommen u. der genannten Vereinigung hiemit die Zusicherung erteilt, daß die hiefür aufgewendeten Kosten bis zum Höchstbetrag von 28 Millionen K nach Maßgabe der h.a. zur Verfügung stehenden Mittel sobald als möglich zur Rückerstattung gelangen.8
1927:Für die Elektrifizie ung des Gebäudes wurde ein Betrag von 38 Millionen Kronen bezahlt, dem Elternverein wurden davon lediglich 23 Millionen Kronen rückerstattet.9 6 7 8 9
Ebd., 44. Vgl. Festschrift 50 Jahre StG IX Wasagasse 1921. AVA Unterricht Allgemein (1848–1940)Mittelschulen: Wien 9, 2162 Fasz. 1943,Sign. 10 A-B. Z. 13.732 – 5/II. Ob diesbezüglich Auseinandersetzungen stattfanden, konnte nicht eruiert werden.
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1928: Es wurde die versuchsweise Einrichtung einer Klasse mit Tischen und Stühlen, an Stelle von Bänken, als pädagogisch wertvoller Versuch erachtet und methodisch-didaktische Vorteile in den Blick genommen.10 Direktion Koppitz Alfred, Dr. (1928–1934)
1928: Direktor Koppitz musste vor allem mit der rapide gesunkenen Schülerzahl kämpfen, neue Schultypen und Schulformen im Bezirk sorgten für Konkurrenz und einen Tiefststand von 200 Schülern, die von zwanzig Lehrkräften und dem Direktor unterrichtet wurden. Innerschulische Spannungen wurden vor allem durch antisemitische Agitation des römischkatholischen Katecheten am Schulstandort geschürt. 1933: Die Zerschlagung der Demokratie und die Faschisierung von Politik und Gesellschaft unter BK Dr. Engelbert Dollfuß bestimmten die Bildungspolitik und den schulischen Alltag gleichermaßen. 19.5.1933: Abschaffung des „ löckel-Erlasses“, d.h., Schüler*innen wurden verpflichtet, a religiösen Übungen teilzunehmen. Schülern wurde die Teilnahme an „Selbstschutzverbänden“ untersagt. 1934 Februar: Pensionierung des sozialdemokratischen Direktors Dr. Alfred Koppitz. Interimsleitung: Dr. Karl Witzelhuber (1934) Direktion Ernst Franz, Dr. (1934–1938)
1934: Abschaffung der Ko-Edukation, Mädchen wurden nicht mehr am StG IX aufgenommen. 1934/1935: Per Erlass wurden Schüler und Schülerinnen an den öffentlichen und privaten Mittelschulen in den Parallelklassen nach ihrer konfessionellen Zusammengehörigkeit zusammengefasst, sodass rein katholische Klassenzüge ermöglicht wurden: Am StG IX entstanden „eine Christenklasse und eine Judenklasse“. Rabiater Kulturantisemitismus und religiös-motivierter Antisemitismus führten am Schulstandort zur Spaltung des Elternvereins: Angeführt vom römisch-katholischen Katecheten konstituierte sich der Christliche Mütterbund, als Antwort darauf der Jüdische Elternbund, der herkömmliche Elternverein bestand weiter. Somit bestanden drei Elternvereine vor Ort. Weitere Erlässe zielten darauf ab, die jungen Menschen zu „sittlich religiösem, vaterländischem und sozial-volkstreuem Fühlen, Denken und Handeln zu erziehen“. Die Militarisierung des Turnunterrichtes fand in zahlreichen Gepäcksmärschen seinen sichtbarsten Ausdruck, damit wurde die Faschisierung der Schule weiter betrieben. Die Schüler*innenpopulation von 1935/36blieb bis 1938unverändert. 10
AVA Unterricht Allgemein (1848–1940)Mittelschulen: Wien 9, 2162Fasz. 1943,Sign. 10 A-B. 2. Juli 1928Z. 183Valentin Pollak an SSR Versuchsweise Einrichtung einer Klasse mit Tischen und Stühlen. Zu Z: 2181/2 – II – 27
Chronik 1871–2021
Abb. 7: Religionsbekenntnisse 1935/36.
13. März 1938: Nach dem „Anschluss“ stellten die nationalsozialistischen Machthaber den öffentlichen Dienst und das gesamte Schulwesen auf die gesetzlichen Grundlagen des Deutschen Reiches mit allen Folgewirkungen der „Nürnberger Gesetze“. Die „Sekundarschulen und der tertiäre Bildungsbereich“ wurden binnen kürzester Zeit, innerhalb von wenigen Tagen, personell vollständig ausgetauscht.11 18. März 1938: Am Staatsgymnasium IX Wasagasse wurden die Lehrer Dr. Hans Pollak, Lehrer für Deutsch und Latein, Joseph Sabath, Lehrer für Mathematik, Geometrisches Zeichnen und Physik und Dr. Edgar Zilsel, Lehrer für Mathematik, Physik und Naturlehre, vom Dienst suspendiert. Dr. Jakob Bronner, Lehrer für Mosaische Religion, wurde im Juli 1938vom Dienst enthoben. Dr. Friedrich Korger, Lehrer für Deutsch und Geschichte, und Dr. Otto Spranger, Lehrer für Deutsch, wurden Ende des Schuljahres 1938vom Dienst enthoben, da sie mit jüdischen Partnerinnen bzw., nach nationalsozialistischer Diktion, mit „Mischlingen“ verehelicht als „jüdisch versippt“ galten und die Scheidung ablehnten.12 19. März 1938: Die nicht-jüdischen Lehrer legten am 19. März 1938 den Diensteid auf das nationalsozialistische Terror-Regime ab.13 Der Nachweis der „arischen Abstammung“ wurde am 7. Juli 1938dem Ssr für Wien übermittelt. 31. März 1938: Die Verhaftung von Lehrpersonen wurde in den Gestionsprotokollen des StG IX vermerkt. 28. April 1938: Das Wasagymnasium wurde in eine „Jüdische Sammelschule“ umgewan11
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Ursula Patzer, Die Wiener Schulen im März und April 1938, in: Felix Czeike (Hg.), Wien 1938.Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 2 (Wien 1978) 286–292. Vgl. Helmut Engelbrecht, Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden Öster. reichs. Von 1918 [neunzehnhundertachtzehn] bis zur Gegenwart, Bd. 5, Wien 1988, 305f Gestionsprotokoll StG. IX 1938:„325/7.VII. Neuordnung des ostm. Berufsbeamtentums: Erledigung: Entlassung der Professoren Dr. Pollak, Dr. Sabath, Dr. Zilsel V: IDr. Spranger V: IV, Dr. Korger V: IV an den SSR“. Ebd., „326./7.VII Erklärungen der Lehrer und Angestellten ihrer arischen Abstammung betreffend an den SSR. Erledigung: Ernst, Draxler, ?, Fieber(?), Haller, Horejschi, Kment, Meyer, Witzelhuber, Altmann, Dachsbauer, Buchmann, ?, Kerndorfer, ?, Zelinka, Zillner, Haslinger, ?“.
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delt. Schüler und Schülerinnen „verloren“ mit der am 27. April 1938erlassenen Segregation der als jüdisch geltenden Schüler und Schülerinnen von den nicht-jüdischen Schülern und Schülerinnen ihr an sich selbstverständliches Recht auf gemeinsamen Schulbesuch. Das StG IX Wasagasse war eine von sieben „Jüdischen Sammelschulen“. Die jüdischen und als jüdisch geltenden Schüler*innen der Gymnasien G XIX Gymnasiumstraße, G XVIII Klostergasse, G XVI Maroltingergasse, G XIII Fichtnergasse und G XII Rosasgasse wurden an das Staatsgymnasium IX Wasagasse „zugeschult“, wie die Aussonderung und vertreibungspolitische Vorgangweise im Katalog vermerkt wird. Die nicht-jüdischen Schüler wurden vice versa an diese Gymnasien verteilt, die meisten ins G XIX Gymnasiumstraße. Insgesamt wurden 171 „jüdische“ Schüler, davon drei Schülerinnen in der 8. Klasse, an das StG IX Wasagasse 10 „zugeschult“. Die 121 jüdischen und als jüdisch geltenden Schüler des Wasagymnasiums wurden gemeinsam mit den 171 „Zugeschulten“ als „Jüdische Sammelschule“ geführt. Gewalt und Terror in den Straßen begleitete den Alltag der Schüler und Schülerinnen. Ihren Eltern wurden die wirtschaftlichen Grundlagen entzogen. 6. Mai 1938: Das Wasagymnasium wurde nach seiner Umwandlung in eine „Judenschule“ in das Gebäude Kalvarienberggasse 31 verlegt. Direktor Franz Ernst hatte zunächst die Entlassung und Vertreibung der jüdischen Lehrer zu administrieren. Er begleitete dann seine „Judenschule“ in die Kalvarienberggasse bis 2. Juli 1938.Seine Dienstenthebung erfolgte mit 30. September 1938.14 Der weitere Schulbesuch war den jüdischen Schülern ab 1938 an öffentlichen Schulen untersagt. üdische Schüler durften nur mehr von als jüdisch definie ten Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet werden. Etliche Oberstufenschüler*innen kamen bis 1939im Chajes-Gymnasium unter, von 1939bis 1941führte die Israelitische Kultusgemeinde Pflichtschulen, Volksschulen und Hauptschulen in Selbstverwaltung. Ab 1. Juli 1942war jegliche Beschulung jüdischer und als jüdisch geltender Schüler und Schülerinnen verboten. Viele konnten durch Kindertransporte entkommen oder mit der Familie flüc ten. Wem die Flucht nicht gelang, wurde ermordet. Die nicht-jüdischen Schüler kamen im Schuljahr 1938/39in das aufgelassene Schottengymnasium, die Schulbezeichnung war hinfort G I Freyung 6a, die Schule wurde vom kommissarischen Leiter Dr. Köhler geleitet. Das Gebäude Wasagasse 10 wurde von der Gestapo beansprucht und die Gauleitung Niederdonau einquartiert. Die Kriegsjahre für Schüler waren geprägt von Erntearbeit, Sammlungen von Rohstoffen, Luftschutzdienst, vormilitärischer Ausbildung und Arbeitsdienst. Oberstufenschüler wurden als Luftwaffenhelfer missbraucht, Schüler und Lehrer zur Wehrmacht eingezogen. Direktion Fiedler Ernst, Dr. (1945–1948)
1945: Der Jahresbericht dokumentiert den ersten Schultag im September 1945folgendermaßen: 14
WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938, Zl. 3506.
Chronik 1871–2021
Das Schuljahr 1945/46begann am 10. September 1945.An diesem Tag versammelten sich die Schüler im Zeichensaal des Gymnasiums, woselbst der Direktor die Gelegenheit wahrnahm, zum ersten Male als Leiter der Schule das Wort zu ergreifen und die Schüler auf die neue Zeit und die damit verbundene neue Unterrichtsweise hinzuweisen.15
294 Schüler, darunter fünf Mädchen, wurden von 19 Lehrer*innen und Direktor Fiedler in meist ungeheizten Räumen bei teils zerbrochenen Fensterscheiben unterrichtet. Vor allem aber hinterließ die nationalsozialistische Gewaltherrschaft ein politisches, seelisches, moralisches und existentielles „Trümmerfeld“16, die „politische Sozialisation zumindest einer ganzen Generation (wurde) verbogen und gebrochen“ und vermachte den folgenden Generationen eine „nur schwer zu bewältigende Hypothek“17. Unter dem Einfluss der Alliie ten wurde re-orientation und re-education zum pädagogischen Prinzip, das Direktor Fiedler tatkräftig verfolgte und sich in entsprechenden Feierstunden, Ausstellungsbesuchen wie „Niemals vergessen“, Exkursionen ins Staatsarchiv, die Nationalbibliothek, das Historische Museum, ins Rathaus und Vorträgen zur staatsbürgerlichen Erziehung äußerte. Die Entnazifizie ung des Bildungswesens wurde anfänglich vom „Quadripartite Committee on Educational Affairs“, und ab 1947vom „Educational Directorate“, überwacht, die Entnazifizi rung des Unterrichtsmaterials, der Lehrpläne und der Lehrpersonen vor allem in Leitungspositionen standen unter der Kontrolle der Alliierten. Das Wasagymnasium wurde bereits unter Direktor Fiedler zur Besichtigungsschule und erhielt sowohl vom SSR Wien als auch den Alliierten und dem Field Service18 große Anerkennung. 12. November 1948: Gründung des Elternvereines des BG IX mit der ersten Hauptversammlung. Direktion Vogelsang Michael, Dr. (1949–1955)
Die Zusammensetzung der Schüler*innenpopulation nach dem „Zivilisationsbruch Auschwitz“ (D. Diner) zeigt folgendes Bild (siehe Folgeseite). Direktor Vogelsang war vor allem vom Bestreben geprägt, das Stammgebäude in der Wasagasse 10 zurückzuerhalten. Zunächst teilte sich das Wasagymnasium die Räumlichkeiten, teilweise auch manche Lehrpersonen, mit dem Schottengymnasium und ab 1946 mit der Realschule I Schottenbastei. Das Stammhaus wurde nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft als Deutsches Eigentum von den Alliierten, in weiterer Folge von der KPÖ 15 16 17 18
Jahresbericht BG IX 1945/46, derzeit Wien I Freyung (Wien 1946), 21. Herbert Dachs, Schule in der Ostmark, in: Emmerich Talos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebauer, Reinhard Sieder (Hg.), NS-Herrschaft in Österreich, 463. Ebd. Der Field Service organisierte Schüleraustauschprogramme mit den USA, an denen Schüler des BG9 bereits 1947 teilnahmen.
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Abb. 8: Schüler*innenpopulation/Religionsbekenntnisse 1950/51.
beansprucht, die das Haus 1953wieder verließ. Intensive Bemühungen des Direktors und von Seiten des Elternvereines unter der Ägide des Elternvertreters Univ. Prof. Dr. Hanns Mikoletzky, dem es gelang, aus den Beständen des Staatsarchivs, die von Kaiser Franz Joseph erste handgeschriebene und unterzeichnete Entschließung, also die Stiftungsurkunde aus dem Jahr 1869,aus der die Widmung des Hauses zu Schulzwecken eindeutig hervorging, ausfindig zu machen, nötigten die niederösterreichische Landesregierung, die Anspruch auf das Gebäude erhob, zum Einlenken.19 Die Bemühungen der Schulleitung, des Elternvereins, sowie auch des Elternvereins der Realschule Schottenbastei, schließlich beheimatete die Schottenbastei mit dem BG9 gemeinsam 800 Schüler mit zahlreichen Wanderklassen, führten schließlich zum Erfolg. Direktion Zwölfer Hans, Dr. (1955–1975)
Die vollständige Inbesitznahme des Stammhauses erfolgte schrittweise, die Instandsetzungsarbeiten erfolgten ab 1957,nachdem der Bund das Gebäude schließlich erworben hatte. Bis 1960 wurde dennoch an drei verschiedenen Orten unterrichtet, Sonderlehrsäle und der Turnsaal standen im Stammhaus noch nicht zur Verfügung. 1958: Ende Juni erfolgte die Übersiedlung der Direktion in das Stammhaus Wasagasse 10. Am 25.11.1958 fand nach zwanzig Jahren die erste Turnstunde im eigenen Turnsaal statt.20 1960 gelang die Neuadaptierung des Festsaales. „Am 30. April 1960 fand die offiziel Eröffnung der Anstalt mit Pontifikalamt in der Schottenkirche, Festakt im Festsaal und Kollegentreffen im Rathauskeller statt.“21 Schwerpunkt der Zwölfer‘schen Direktion war die Musikerziehung und die Etablierung eines eigenen Musikzweiges. Musikalische Darbietungen und Darstellendes Bühnenspiel wurden besonders gefördert, die „Kultivierung der Gefühle ebenso wie die Kultivierung des Verstandes“ galten als Leitsatz. 19 20 21
ÖStA, AdR 891, BMfU 10 – Gymnasium Wien IX 1945–1965, Zl.31536/ IV 15. eb.F1954. Grobauer, Vom Gestern ins Heute, 55. Hans Zwölfer, Das Wasagymnasium 1945–1975, Jahresbericht BG9 1974/75, 18.
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1962: Die Schulreform ermöglichte am Wasagymnasium die Wahl zwischen zwei Oberstufentypen: einem humanistischen Zweig mit Griechisch ab der 5. Klasse und einem realistischen Zweig mit Darstellender Geometrie. Die Schüler*innenzahlen nahmen in den folgenden Jahren rasch zu: 1962/63
330
davon 124Mädchen
1965/66
405
davon 159Mädchen
1970/71
698
davon 259Mädchen
1964: Einführung des Schulversuches „Realgymnasium für Studierende der Musik“ bestehend aus einer fünfklassigen Oberstufe realgymnasialen Typs mit Englisch und Latein. Zahlreiche Konzertveranstaltungen im Festsaal, im Musikvereinssaal oder im Konzerthaus zeigen die Leistungen und Erfolge des Musikgymnasiums durch das große Engagement der Musiklehrer*innen, vor allem Prof. Friedrich Lesskys: Tourneen in die Bundesländer, aber auch nach Italien, Frankreich, Großbritannien, Belgien, in die Bundesrepublik Deutschland und in die USA fanden statt.22 Begegnungen mit ehemaligen in die Emigration gezwungenen Schüler*innen im Kulturinstitut in New York führte zur Aufnahme regelmäßiger Kontakte und Begegnungen, die auch in den Jahresberichten mit der Veröffentlichung de „Wasa-Whispers“ sichtbar sind. Seit 1967/68 bestehen drei Schultypen: der humanistische Zweig, das Realgymnasium mit Darstellender Geometrie und das Realgymnasium für Studierende der Musik. Dies führte zu stark steigenden Schüler*innenzahlen mit Wanderklassen. Das dritte Stockwerk wurde zunächst für drei Klassen adaptiert. 1974: Inkrafttreten des neuen Schulunterrichtsgesetzes. Das Zusammenwirken von Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen wird intensiviert, Demokratisierung und Partizipation durch Schulgemeinschaftsausschüsse (SGA) intensiviert. 1. Jänner 1975: Der Schulversuch Realgymnasium für Studierende der Musik wurde zur Expositur erhoben, deren Leiter Friedrich Lessky wird. Die Expositur war seit 1972/73 in der Neustiftgasse 95-97 untergebracht und wurde schließlich zur eigenständigen Schule. Direktion Rebholz Erich (1976–1980)
1979/80: Generalsanierung des Festsaales. Die weitere Ausstattung der Schule mit audio-visuellen Medien wird möglich. Die Entwicklung und die Produktion von Kurzfilmen im Freifach Medienerziehung erhielten öffentliche Anerkennung in der Tagespresse und im ORF. Der Entwurf der Schulmedaille, die schließlich jährlich dem/der jahrgangsbesten Maturanten/Maturantin verliehen wurde, wird im Rahmen des BE-Unterrichtes erarbeitet. Die Ablösung des Musikrealgymnasiums wurde vollzogen. 22
Grobauer, 56–58.
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Direktion Gump Hans-Peter, Mag. (1980–2001)
Die Ära Gump war vor allem mit der Sanierung und Renovierung des Gebäudes und den damit verbundenen Belastungen für den täglichen Schulbetrieb geprägt. Klassen mussten disloziert an anderen Orten unterrichtet werden, Lehrer*innen fuhren mit dem Taxi an die jeweiligen Unterrichtsstätten. Klassen, die im Stammgebäude verblieben, mussten schwere Beeinträchtigungen durch Baulärm ertragen und mit der ständigen Anwesenheit von schulfremden Personen zurechtkommen. Das Haus wurde vollständig saniert, das dritte Stockwerk mit Sonderlehrsälen ausgestattet, der Stiegenaufgang wurde neu geschaffen. ie Bibliothek im ersten Stock wurde neu eingerichtet. 6. Oktober 1995: Die Wiedereröffnung des sanie ten und neugestalteten Hauses in Anwesenheit von Personen des öffentlichen Lebens und der Politik wurde im ganzen Haus, im Hof und in der Fußgängerzone mit einem Schulfest feierlich begangen. Die Eröffnung de neuen zentralen Schul-Bibliothek wurde mit Lesungen, vornehmlich aus den Werken der Wasa-Autoren an denen sich Schüler*innen, Lehrer*innen und Elternvertreter*innen beteiligten, gefeiert. Die Schriftstellerin Monika Pelz war Ehrengast und las aus ihrem Werk Der Talker. Interkultureller Austausch wurde durch Kulturreisen nach Griechenland und Rom sowie Sprachreisen nach London und Edinburgh weiter intensiviert. Mehrere Schulversuche wurden eingereicht, u.a. Ethikunterricht in der Oberstufe. Neben dem Humanistischen und Realistischen Gymnasium wird auch ein Neusprachliches Gymnasium als Alternativzweig angeboten. Besonders hervorzuheben ist ein breites Angebot an Freifächern und unverbindlichen Übungen im Dienste der Begabtenförderung. Direktion Sörös Michael, Dr. (2002–2008)
Die Etablierung des neuen Schulzweiges wurde durchgeführt: Neben dem humanistischen Zweig wurde IKT zum zweiten Bildungsangebot am Schulstandort. Informationstechnologie zählte zur Grundausstattung und Grundbildung in unterschiedlichsten Formen bereits in der Unterstufe. Das Unterrichtsangebot, um unterschiedliche digitale Fertigkeiten zu erwerben, wurde massiv erweitert, zunächst mit Helmut Bittermann und Helmut Langegger in federführender Position, fand digitale Bildung ein breites Angebot. KPR – Kommunikation, Präsentation und Rhetorik, wurde als neues Unterrichtsfach eingeführt. Schulinterne Lehrer*innenbildung wurde besonders gefördert, die Professionalisierung von Bildungsarbeit erhielt einen Schwerpunkt. Eine Vielzahl von Aktivitäten, vom Fest der 1. Klassen bis zur Nox Latina, von der Nacht der Kunst bis zu zahlreichen sprachlichen und sportlichen Wettbewerben fanden statt. Team-Bildung wurde mit Begegnungstagen gefördert, Peer-Mediation wird eingeführt – Schüler*innen werden zur Streitschlichtung ausgebildet. Gedenk- und Erinnerungsprojekte führten zu zahlreichen Begegnungen mit 1938vertriebenen ehemaligen Schülern und Schülerinnen. Eine Kultur der Anerkennung und des Erinnern-Lernens fand ihren Ausdruck in Gedenktafeln, Gedenkreisen und zahlreichen Zeitzeugenbegegnungen.
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Interimsleitung Langegger Helmut, Mag. (2008–2010)
Evaluation des schulautonomen Oberstufen-Schwerpunktes war das Thema und daraus folgend wurden Optimierungen gesetzt. Weitere Diffe enzierungen und Individualisierungen im Sprachunterricht wurden initiiert und umgesetzt. „Ergometerklassen“ wurden im Schulversuch ausprobiert. Direktion Bauer Johannes, Mag. (seit 2010)
2014/15: Die „Standardisierte kompetenzorientierte Reifeprüfung“ findet erstmals fläch deckend an allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) in ganz Österreich statt. Eine Zusammenarbeit mit außerschulischen Institutionen zur Suchtprävention, Gewaltprävention und Digitalen Grundbildung zum Schutz von Cybermobbing wird jährlich durchgeführt. Die Digitalisierung der Unterrichtsadministration – WebUntis, SOKRATES – und der Unterrichtsarbeit mit Teams und OneNote wird durch schulinterne Fortbildung unter der Leitung von Helmut Bittermann, Claudia Koroknai und Viktoria Nake weiter optimiert. Die Diversität und kulturelle Vielfalt der Schüler*innenpopulation zeigt sich auch heute an der Vielfalt der Muttersprachen. Von insgesamt 667 Schüler*innen haben 130eine nichtdeutsche Muttersprache, insgesamt wurden dreißig verschiedene Muttersprachen festgestellt. Sprachliche, kulturelle und religiöse Diversität kennzeichnen das Lernen und Lehren. Tabelle 1: Muttersprachen Schuljahr 2020/2021.
Albanisch
2
Hebräisch
1
Russisch
20
Arabisch
3
Italienisch
6
Serbisch
11
Armenisch
1
Koreanisch
3
Slowakisch
2
Bosnisch
3
Kroatisch
5
Spanisch
9
Bulgarisch
7
Kurdisch
1
Tschechisch
1
Chinesisch
7
Lettisch
1
Tschetschenisch
1
Deutsch
537
Makedonisch
3
Türkisch
3
Englisch
11
Montenegrinisch 1
Ukrainisch
1
Französisch
2
Persisch
2
Ungarisch
11
Griechisch
2
Polnisch
2
Vietnamesisch
1
Isländisch
1
Rumänisch
5
Sonstige
1
2020/21: Nach den Herbstferien wird ein mehrwöchiger Lockdown verordnet, DistanceLearning wird bis zu den Semesterferien verordnet. Mit Beginn des Sommersemesters wird im Schichtbetrieb unterrichtet, geteilte Klassen haben an unterschiedlichen Tagen Präsenzunterricht, freitags findet grundsätzlich Onlineunterricht statt. Trotz Krise konnten Lehrer*innen und Schüler*innen gleichermaßen ihre Kompetenzen in Unterrichtsorganisation,
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Abb. 9: Stefan Zweig für die Festschrift 1921: Wir sagten Schule.
Zeitmanagement und Resilienz entfalten. In diesen Monaten ermöglichen der OnlineUnterricht und das Distance-Learning auf Grund der Corona-Krise eine professionelle Unterrichtsgestaltung und einen ruhigen und beherzten Umgang mit den Herausforderungen der Pandemie. 16. Oktober 2021: Das Wasagymnasium feiert seinen 150.Geburtstag mit unterschiedlichen Festaktivitäten. Renate Mercsanits
Literaturverzeichnis Staatsarchiv (OeStA) AVA Unterricht Allgemein (1848–1940)Mittelschulen: Wien 9, 2162Fasz. 1943,Sign. 10 A-B. ÖStA, AdR 891,BMfU 10 – Gymnasium Wien IX 1945-1965,Zl.31536/IV 15. Amtsblatt der Stadt Wien Jahrgang 1938,Nr. 27, 2. Wiener Stadt u. Landesarchiv (WStLA) WStLA, Stadtschulrat für Wien, Kanzleiabteilung II, Gymnasien, Realgymnasien, Mädchen-Mittelschulen und Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten 1938 Schularchiv Gestionsprotokoll StG. IX 1938. Jahresberichte des k.k. StG IX 1871–1918. Jahresberichte und Festschriften des BG IX Wasagasse 1928–2020. Herbert Dachs, Schule in der Ostmark, in: Emmerich Tálos (Hg.), NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch, Wien 2000, 446–466.
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Abb. 10: Wir sagten Schule 2021.
Helmut Engelbrecht, Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden Österreichs. Von 1918 [neunzehnhundertachtzehn] bis zur Gegenwart Bd. 5, Wien 1988. Franz Joseph Grobauer, Vom Gestern ins Heute, in: Jahresbericht BG IX. Wien 1971/72. Ursula Patzer, Die Wiener Schulen im März und April 1938, in: Felix Czeike (Hg.), Wien 1938. Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 2, Wien 1978,286–292. Valentin Pollak, Fünfzig Jahre Gymnasium, in: Das Wasagymnasium. 50 Jahre einer Wiener Mittelschule. Festschrift. O.J. Hans Zwölfer, Das Wasagymnasium 1945–1975, in: Jahresbericht BG IX 1974/75.
Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10
Stiftungsurkunde (BG IX). Religionsbekenntnisse im Jahr 1871(BG IX). Muttersprachen am Wasagymnasium im Jahr 1871(BG IX). Religionsbekenntnisse im Schuljahr 1899/1900(BG IX). Religionsbekenntnisse am Maximiliangymnasium 1915/16(BG IX). 1917/18Bukowinische u. Galizische Parallelklassen (BG IX). Religionsbekenntnisse 1935/36(BG IX). Schüler*innenpopulation/Religionsbekenntnisse 1950/51(BG IX). Stefan Zweig für die Festschrift 1921:Wir sagten Schule (BG IX) Wir sagten Schule 2021(BG9).
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a e l e r · Ve Andre a Lie- an e a bri J G a n a b e r g Barbar d Emm mer · istina · r m · n i a hr chka a r g P H r fe th lde t·C s n n a lfensdö otte Hi Elisabe chmid rdo Ha Jin Kim era h S l e g a b a r Jo i o n r n a H d a h r a chu Su eo lian rche · C ntine M stoph U gler · L ayer · audia S ckmülle ler u J i m l a e s r e o r u r s k r h C ö L i e o G · l ron gelika ger · F hard C phan e esa H schka alena B bert K llak · l e i o n n t d h n A r h P i S g A e T c · r a · na m iela ter Ma er · · Na n l·B ul S ·M Kall xandra ias Red ard Zir ich · An jer · Pa Brandl sta Hue i · Dan erner a a a mn r W h i · Ale · Matth el Bern n Hein eter M · Georg r · Chr ena Pill ephan h · Her arina d l t i o P e l c i a p in alli Kath ger reit aE s·S abr rus Erw hitz rd P eck · G ayek · rf · Arm h Wusc e Hoch ia Mari ja Vale ukas M ittrich · Fürlin ia a w n o L d on Ed hönb citas H ne Lu istop Valeri Ann ra W e · A zlo · Ant r · c Clau ia S ate Feli r-Susan rk · Ch irsch · hofer · heuring nia Las ger · Ve · Ulrich anna- iz Koc r a M H · H r · Fil ta in uchs T a en Esthe So nz s i S a e · r e e R m i i n ö h r L o a n n c h W ar be ri sa Gy ha me eF h· an Barb us Koc aha · E ler · Su · Steph r · Step ntin Hu · Sophia se Beat hilipp schbau einer · T olharid chw sta es B rg P aR Ker ie llne nn he e Gog kola · Ni hilipp S l · Julia fael Kre grid Sö ri · Kon d Schm ude · T se · Geo arbara Johann · Johann tephan S B s a n n f P e e D f · I i o e a b i · a b r r p · r an e h nigg ard Gö · Otto R berger ya Ghan ich · Be idemari lheid G atharin ilia Sop Blauko nz Klein er · Flo ik g n h K e v a e a a c l in e d r o e a z ar R H r· sin on · Le rt Kouk Schwar Gasic · chiman rtner · laudia A Kahre ger · Ca e · Barb ecker · F nes Rei t · Dom itha a s S o n k g T e sa la a en an ri be sw ka ·C · Ro ina Tere Gabrije · Simon rd Baum Grosse eter Lu n Mah Dòra B lix Kalt ard Joh aniela aria Ro bine · o D e t h · P a t e r Sa · F h i n M n t h s n e t r c t e r c e n i l s a d sha a Rab ian Ri a Brig Va me toph A efan Au · Alfre eer · Be ckinge · Ann Valeri aller · u e l B r C t P K · re k dr r· ris to lo pf ha tasc a · And agiel · F Alexan edlicka aul Ch iesner · S ohanni Davina e esa S Blauko l Gloga garethe ényi · J · J k h r P h e l a l a Z a · c i e i T b h W g l l m é t v a z · l d e n u z Pa Dani lau aria ren a Is in M Ga aS zer ilhe ller z·J sabe · aria rina Eli man Lo nna-M thur W irowic chwein llein · C y · Mari un Kar · Fedor na Ho k l M r W nika A s w m r s S e o sa o d · s e e h e ath Fu Ni Gu dia o arz rW Sac Ter h·A a·R gorj · Ver ann · K Lischk lf Schw ianitsc gdalena g · Clau lexande r Diego Kager · Georg lja Gri erksa · Luo a a g m lm A ata h· ens lai · thu aM Hol eronik ian Rud rina Da dek · M uberni emens · Ar ruby · J ino Pil zwik · N z Mari Reinisc indl V k h l a r a l c c o a i t C l h i S n a l t · a ra r ·F Ste aM aC Ju uin ca ari rD aH ager ampf · K ca Mari · Bian r Webe exande The esi rich Q hristin arina F lerie M ederike rner l h c e h l n k i e C S a t k Hei nna Bian chlic aria ia Fr den a·V · Ka xand ia W ri · A Nor rhofer · oline S ilip Ale Cavalie irsch · A · Mario ndl · M a Lang ha Ran ner · Jul na Mar hilipp s i e i r l Mai ck · Ka ner · Ph ristine nder H atiasek aria Za Viktor er · Aye eth Söl · Angel regor P ika h g a b Sch ner Wa Elisa C ias Alex Georg M ttfried M lisabeth berleitn a Elisa rl Wally inzer · G ejcik · V n a Wer hardt · · Matth hannes inik Go renn · E haela O z · Vere ieter K gitte W Ota Kr Franz c g l i r o g K e D J m u g s Bri azda · Armin · i B aria · Do dia M Schm oma eth l ndn G ofer Gru Krakh Wagner · Julia M r · Clau eander kel · Th · Elisab a Linn mmer · r Ziege Lisa istoph Kovacs euhause orian-L na Tun ndtner atharin aela Sa lexande ts · vi N er · D a Vere esesli na · K Mich ek · A Chr thalie i obro aria r · h · Na anne M Schiem ger · No garete W ole Brez Rendl Zajitsc istine D Sus Sophie ria Stö fa Mar j · Nic ophie emarie a Chr cie isa Ma e Jose a Blaze Julia S · Ann atharin h ·L rlen c·K Katj vic · bric · Ma ollein · adojko lipp Ul Blazevi i W Ph aR ran tori engg · er · Ved T i a m
Absolvent*innen 1876–2020
Chronik 1871–2021
Anhang
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150
Jahre
a e Alen abin rena user a Ve Fink · S arbich · alchha · Phil- ze r o N stian K an lu ina H stine a ark a Pf onst · Seb nnes · N ne Chri Patrizi lich · K ba · M toph h c o a a e r e i r b r l e B ris H I a n p Fer Gisela streit · r · Nat gitte S Stefan hl · Ch a Hube el · j e s n i · c e r e g s n a k e n b n o B l i ik y · G ie Ag ·S hr He W ber · Isabelle reas Ma · Stefan Maria bastian ttinger · Alex M Poliacik h · u r e G a c l ö · a d i a S k a r t n n s k H t h i ic An bA uch ita rian awl d· ocha Wit ia H nz · Jako bara Pr · Teresa hs · Flo rbara R arek K einer · M upert Hufgar err a r R M Lore l c a M r r a l P e e u · F ·B ae Esth aB iet kn th pf hael Veronik ka Wer · Katrin Hayek nie Ko Elisabe r · Mich eorg D u Nan · el Andc i a x · M irkl · ölze abri roni a·G ariaoma Feli Stef hati -Rad arl P her · Ve urt Bus onrad he esa ner · M ia Schm Corne Andrei uco · G er · Th Kadi K p u r t V · t K T i ip Wal tefan K obert umer · Oberlei lian Ma -Horat zucato Marko a Brehm Agnes athaR i esia S · a az s ei in ne The ushati · berger · erschb Mariu · Maxim · Andr Karl M sslmayr Christ a Julia Pesl · K ngler r a K h s m n ü e B l t d a l d s e v r e e i i n h z n h a tin l i t-De S rb m Nus er Hau · Cleme uhr · O an Schm etra Br rf · Th tricia Sc a Elisa itsch · ary · M chmid nna Fü S p n a P d f i a u l A p e r e n P L t wig M e a a te is na ili aM Alex ra Josch Marth olger S f · Vere ig Ernst · Shilla r · Kath sther F usanne aria Lu Karolin ina Lud us s e r H · S p · ark m eis ha illa dw in ko hs aM rba r·E · Ba Ludm · Gerw rt Blau ann Lu ndrea R ula Breh artinge a Krenn ranzisk ria Fuc nna Kat chael M erger A rs ·F ari Ku db Joh yer ·A jam Ma Mi erh Mir iedlma arkus orenz · Reiner hanie U aria Eb bella M Schmid harina er · Julia amek · lias Wil · Th t M a L t p R l S E s k a · e s e e i M I i a s i t l l n Petr r Zingg hristia n Dan rbara S Larissa ottnig · tephan ölfer · K ilian Ku ernhard · Luka ie Haw r · Max r o S · C a e w L t n e B o K · t · B n a d n · n g Z Gre Jauker ilipp A schek · urghard Ulrich elswin Maria ina Jez iegler a Wied er · Stef ka Past esberger l r s R i n n H i h e b i a s o B a i a z p a i u P e a J h Flor Pauli · regor W a Trude er · Lot r · Gwen · Soph ngela · Hann a The one Gr ra Fran atrin S er · Ev e sl ri rm aas · A itsch G rin · Sim Barba ra · K lsberg Erol s i g a i t · e r g a v Z r l e e M K s e s K l g E e a · n a · · H u n ei er er alen der a Ad hom Ott imo ia R Wag a Pa ndn enb eber user reas l · Magd Georg S The es islaus T Alexan Angelik rstin W ena Gra t · Elias chwarz a Julian alchha a Franz S e K d ia li r r ri ld · · n Brei Kager na Mar nrad La r · Gera ichlits inzer · K rek · Ve Neidha Isabella · Corde Rainer kas Ma uber · a o n e u o · e i a n M gr h n r l n s A L i a c K t n e i a i b · n · m · e t S a · N lank nz an ha ria Gra hristia s Karl Julia G Manu chram itz Ulr Chris u a N Ann P w P rina mas Sch hea Ma rek · C Andrea Eiselt · Daniela stoph S pp Mor witzer · ei-Radu ristoph ristiana deh r h t i e o o · zu ri · · Th r · Doro tin Ma Stöger · David ehner rk · Ch y · Phil an Goll er · And per · C inger · C arg · Fri r i c r L e l n f a e i m K d i t a h e u d i g r k s o n t c a j a e d a a n P S M aM t u li · an reas S N tian W inhol etzelb Cuc n sia S erm ilipp anz s kler ulia e · Ph id · An i · Ivana toph H dl · And Anasta a Glöc auer · J h Seba thias Fr iedl · R ristine P hmelz e c c r e Schm fan Böd · Chris an Ren · Sabin ela Aur Mistelb c · Ulri ilip Ma Irene F line Ch arie S laM i s h · Ste Kovarik mens Iw Sroka an · Gi Florian ina Pas gner · P a Cvar · o · Caro · Delia- rger · Z e n mas er · Cle eniami cin Cyg tiasek · ki · Sab dra Wa n · Mirt a Kucsk berger min Sp Maria s n i r n a e n a B i r a e a j a h w a s l e o n M rebo R ndr Alex an C ine chae Vikt s Be k Ro ub M t · Mi d · Jak Christ mas O omana Songju Marie Veroni Denni Sarah A -Sophia Bran · Anna r · Tho · Lilly R Bauer · Stefanie e Nina motta · tehno · · Gloria Koc penaue aberer adette l Koc · riederik ndra Si phie S agner Op dreas W n · Bern n · Ero drea F · Alexa itte So ndra W ig a An ittman ia Klei er · An chodl a Br Alex W e Mar a Röd nna S lexandr arion rik ·A e es o·M na A · Th athari nojevic ma Vuc · K n Sta r · To · uth ta Stöh Warm Absolvent*innen 1876–2020
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Die Schuljahre 1920–1927und 1939–1945konnten auf Grund der Quellenlage nicht vollständig erfasst werden. Die Bezeichnungen und Abkürzungen der Unterrichtsgegenstände variieren. Name Achatz Ilse, Dr. Adam Eduard Adamson Rhonda Adel Karin Agbogbe Koffi S. Damien Aichmair Ingrid, Dr. Albrecht Gustav, Dr. Alcala Robert Allesch Clemens Alt Emmanuel, Dr. Altmann-Altinger, P. Dr. Altmann Peter Ch. Ames Carol Anders Ilse, Dr. Andres Elisabeth Andres Eva Angerler Johanna Angeler Thoma Antoni Rudolf Appel Birgit Appinger Christoph Artner Franz, Dr. Arzberger Andrea Aschauer Ingrid Ascher Enoch, Dr. Atzinger Ingeborg, Dr. Aubault Christa
Fächer E, L T E Ass. Ev. R RK Ng, PP M, Ph E Ass. Gr M, Ph Gg, G G, ME E Ass L ME PP, G RK Ch Gg, G Gg, LüM D L, Gr, D M Ph, Ch Mos.R L, Gr D, G
Zeitraum 1968/69 1892/93 1986/87 2006–2008 1995/96 1971/72 1883/84 1974/75 2013/14 1908/09 1895/96 1965/66 1972/73 1960/61 1977–1981 1967/68 1982/83 seit 2020 1873/74 1991/92 2008–2013 1907/08 2016/17 1981–1983 1878–1886 1961 seit 1984
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Bachler Richard Bahr Gustav Bakondy Beatrix Bamberger Gertrud, Dr. Bangert August Banzhaf Carla Bardolf Günther Bardos Ria Barleon Viktor Barsuglia Alfredo Bartel Engelbert Barth Gustav, Dr. Battisti Laura Bartosch Elfriede, Dr. Battenberg Benjamin Bauer Ernst Bauer Franz Bauer Friedrich, Dr. Bauer Johannes Bauer Josef Bauer Viktor M. Baumann Barbara Baumann Felizitas Baumgartner Elisabeth Baumgartner Gertraud Baumgartner Radegund Beck Otto Becker Anton, Dr. Becker Gerda Becker Ralf, Dr. Beer Karl, Dr. Behmann Evelyn Behr Alois, Dr. Bene Karl Benesch Johann, Dr. Beranek Rudolf, Dr. Berger Franz, Dr. Berger Gedalie Berger Helmut Bergauer Gerhard, Dr. Bernard Marie Berner Franz, Dr. Berner Lisbeth, Dr. Bernert The esa
L, Gr D, G BE, WTEX LüM Gg, T TAB E, Gg Mos.R Gg, G PP, BE T L, D RK D, E Ev.R M L, D L, Gr, D Direktor: M, BSM RK, D DG E, It Gg, LüM WTEX M, Ph PP, Ng Ev.R Gg, G D, L Ch, Ph Gg, G D, BE L, D Z, Handarbeit L, Gr T RK L, D Gg, G Ng F Ass L, Gr Ch, Ph E,
1967/68 1945/46 2013/14 1929–1935 1932/33 2012–2016 1977/78 1959–1961 1916–? 2005/06 1904–1906 1916–? 2017/18 1952/53 2009/10 1974–1976 1912/13 1894/95 1996/97,seit 2010 1871–1882 1955/56 2007/08 1951–1976 1975–1984 1970/71 1965/65 1949–1951 1894–1896 1972/73 1976/77 1912–1940 1991–1993 1917 1933/34 1890/91 1906 1894–1904 1918 1945–1947 1965/66 1955/56 1975/76 2007/08
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Bianchi Eva Binder Georg Binek Peter Binn Max, Dr. Birgmeier Franz Bischof Peter Bisiac Johann Bittermann Helmut, Dr. Blizenetz Franz, Dr. Blicher Siegbert, Dr. Böck Alois Böck Matthias Bödl Fritz Bodenstein Walther, Dr. Bogensberger Ingeborg Boehsau Regina Böhm Julius Böhm Viktor Böhm Viktor, Dr. Bohrnhofer Christoph Bokor Helmut Bors Kurt Bortot Günther Bosbach Tatjana Bottek Eduard Bouczek Heinrich, Dr. Bowman/Formanek Editha Bradl-Albrich Martina Brandl Hans, Dr. Brandstetter Heidi Brandstetter Johann Brandstetter Walpurga Braumüller/Maresch Wendy Braun Fritz, Dr. Braunschweig Rudolf, Dr. Breiner Georg Brenner Ephraim, Dr. Breunig The esa Breuss Othmar, Doz. Dr. Brezinschek Andrea Broch Philipp, Dr. Bronner Ferdinand, Dr. Bronner Jakob, Dr. Brosch Franz
D, G Ph M, Ph, Eth Gg, G Ph, M, EDV Sp L, Gr Ch, Inf, LüK Gg, G Ph Z M, BSM Ng L, D E F Mu D, G L, Gr It G Gg, LüK Gg, T F, Sp L, Gr L, Gr D, F L, It Proband E, G Ph, M Bio BSW, PP BE, WTEC LüK LüK L, Gr D, WTEX Bio D, G M, Ph L, Gr, D Mos.R Ev.R
seit 1993 2019/20 seit 1987 1896/97 1959–1988 2004 1877/78 seit 1990 1931/32 1947/48 1934/35 seit 2017 1968–1975 1907/08 1959 2004/05 1895–1903 1949/50,1954/55 1975/76 2018/19 1990 1948/49 1956/57 seit 2007 1885/86 1900/01 1969–1976 2012/13 1934/35 2005/06 1995/96 1978/79 seit 2008 1975–1985 1934 1979/80 1916–1918 seit 2020 1984–2020 1997/98 1896 1894/95 1920–1938 1971–1976
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Brossmann Susanna Bruder Katrin Brudniok Karl Bruner Annemarie Bruniak Rudolf, Dr. Brunnhuber Ludwig Bruno Karl, Dr. Brychta Angela Bubenicek Wilhelm Buchmann Alois Buchmann Dagmar, Dr. Buder Christoph Bujnicka Malgorzata Bulhart Vinzenz, Burger Ronald Bürger Julius Burkert Friedrich Caignard Anna-Sophie Call-Breitenecker Marie A Calvet Nathalie Camus Florence Caroll Sara Castle Kathryn Cavallar Georg, Doz. Dr. Chakler Karl Charous Otto, Dr. Christ Alexander Celerin Alfred, Dr. Cerha Friedrich, Dr. Cermak Renate Chmelar Ulrike Chmelka Fritz Chytil Franz Cichon Melina Claveria Josef Claus Fabiola Conde-Hall Conrath Ernst Czachor Andreas Czakler Katharina Czermak Hans, Dr. Czinczala Karin Dall´Agata Matteo Daltabuit Lydia
G, PP BE, WTEX Ev.R F Proband LüK M, Ph M, Ph Ph Z L, Gr, D E, G BE, WTEX G, D, Gg L, Gr Proband Z F Ass F, GSP F Ass F Ass E Ass E Ass E, GSP, PP DG D, G L L, G ME, Orch D, E G, M Proband L, Gr BE RK TAB E Ass G, ME RK, Inf, Eth M, F Schularzt E, It RK M, Inf, DG
1997/98 2015/16 1886–1894 1981–1983 1934/35 1902/03 1893/94 2007/08 1938/39 1935 1962–1982 seit 2009 2012/13 1909/10 1987/88 1934/35 1896 2016/17 2000/01 1992/93 1986–1988 2007/08 2008/09 seit 1993 1983/84 1949/50 1956/57 1955–1966 1969–2000 1981/82 1934/35 1886/87 2008/09 2000–2009 seit 2020 1989/90 1953/55 1986–2020 2008/09 1955–1963 1987–2021 2016/17 1984–1988
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Damev Michael Danninger Othmar, Dr. Danter Elisabeth Datler Marion Davies Harriet Deckenbach Bernhard Decker Philipp Denoth Emil Depisch Ewald Derganc Anton Deschka Karl Deseyve Adelina, Dr. Deutschmann Siegfried,Dr. Devoletzky Rudolf Diem Johanna Dimter Johann Diesenberger Peter Diessl Alois Dietschy Herbert Diot Anne Döbrentei Beda P. Dobrowolny Martin Dohnal Karin, Dr. Dolenz Victor Dolezal Franz Dolezal Robert Domkowitsch Ernst Dönt Hilde, Dr. Dönt Margit Doppler Anton Dorfer Cornelia Dostal Julius, Dr. Dorn Julie Dragschitz Margarete Draxler Nizetas, Dr. Drescher Hilde Dubsky Rudolf Dursun Ahmet Dusovsky Kurt Duval Audry Dworak Johann, Dr. Ebner Regina Eder Alois Edelmann Jonas, Dr.
Mu L, PP, D WTEX, WTEC E, F E Ass ME M RK M, Ph Gg, M, Ng LüK M, Ph D, G, Bühnenspiel Ng Gg, G Ng RK, G L, Gr E, G F Ass L, Gr L, Gr M, Ph Ng T Ph, Ch DG L, Gr L, Gr E, L BE, WTEC Gg, G E Ass LüM L, Gr, PE Ng G, PP Türkisch Gg, LüK F Ass G, Gg F, Sp D, G D, G, Gg
1971–1978 1952–1967 2004/05 1997/98 2015/16 2009–2016 1916 1949–1952 1980/81 1899–1904 1930/31 1931/32 1946–1980 1881/82 2000–2021 1881/82 2011/12 1888/89 1948/49 2006–2008 1945/46 1986/87 1970–2002 1894/95 1883/84 1972–1974 1971 1967/68 1981/82 1947–1959 2010/11 1890–1894 1992/93 1975–1977 1927–1942 1959 1977/78 1980–1982 1955/56 1997/98 1951/52 seit 2003 1975/76 1921–1923
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Egger Heinz Ehrenböck Erich Ehrlich Karl, Dr. Ehrmann-Falkenau Wilfried Eibl Johann Eichler Traudl Eigenseder Johann Eigenseder Karin Eisenberg Paul Chaim, Dr. Eisenberger Elsa Elger Ferdinand Ellenberger Hugo, Dr. Endlicher Ruth Engelhardt Maria Christina Enzenebner Daniel Erban Franz Erlacher Renate Ernst Franz, Dr. Ernst Karl Ertl Karl, Dr. Esser Guido Exner Carl, Dr. Eysank Josef v.Marienfels Faivre Fabienne Faleschini-Binder Mona Fallmann Roland Faßbinder Elfriede Fast Peter Fath Brigitte Feix Harald Feldner Josef, Dr. Fellner Verena Felling Julia-Maria Ferstl Friedrich Fiala Emil Fickert Angela Fiedler Ernst, Dr. Figar Brigitte Figl Anton Filippi Alexandra Fischer Emanuel Fischer Friedrich Fischer Gernot Fischer Rudolf
Ev.R Gg, LüK Mos.R G, PP L, Gr Bio RK Gg Mos.R Handarbeit M, Phy Gg, G, D It E E, Gg Gesang D, PP Direktor:M Gesang L, Gr TAB Leitung M, Ph M, Ph F Ass F GWK, BSM D, E RK M D, G Schularzt LüM Bio, Ch L, Gr, D Z Kurzschrift Direktor: Gr D, L Gg, G F, D Z E, D BE, WTEC M, Ph
1973–1975 1965–1970 1957/58 1979/80 1879/80 1977–1979 1956/57 1990 1979–1986 1928–1930 1903 1931/32 1992–1996 1972/73 2009–2011 1903–1920 1977/78 1934–1938 1928–1933 1893/94 seit 2008 1874–1894 1881–1883 1994/95 2004 2009–2011 1956–1987 1984 1997–1999 1977/78 1928–1938(?) 1986/87 2004–2007 1914–1931 1910–? 1980/81 1945–1948 1970/71 1929/30 2015/16 1896–1903 1949/50 1997/98 1950/51
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Fischl Hans, Dr. Fladerer Hannes Flamisch Stefan Fleisch Thoma Fleischanderl Bruno, Dr. Fleischanderl Lothar Fleischmann Heinrich, Dr. Flekatsch Eugen, Dr. Fluß Max, Dr. Folk Irmtraud Foremna Malgorzata Formanek Edita Forster Ruthilde Fousek Friedrich Frank Anton, Dr. Frank Heinrich Frank Johann Frank Leopold Frank Margarete Frank Werner Franke Stefan Frantar Petra Katharina Frantschi Johann Franz Irene Friedrich Ilse Friedrich Rudolf Fritsch Josef, Dr. Frittum Birgit Froneberg Franz Günter Frost Juliane Fuchs Georg Fuchs Hans Ludwig Fuchs Johann, Dr. Fugere Manon Füreder Doris Fürst Franziska Fürst Robert Füzi Ester Gabe Samuel, Dr. Gabler Birgit Gaberszig /Jiresch Annelies Gall Elsa Gamerith Herbert Gamperl Irina
L, Gr, D BE, WTEC D, G D, G Gg, G Gg, G L, Gr Russ Gg, G M, Ph TAB F D D, T L, D D, T WTEC, BE T Ev.R Ev.R Ng, PP D Ph, M, Ch D, G L, Gr D, G T, D Inf D, E, GSP E Ass DG L, D D, T F Ass F, ME G Bio, Ch PP L, Gr ME ME ME, Chor, WTEX G, D D, F
1908–1911, 1913–? 1987/88 seit 2010 seit 2018 1888/89 1882–1889 1887/88 1959–1962 1914 1971/72 2012–2015 1975/76 1982/83 1950 1896–1899 1949/50 1957/58 1875–1880 1997–2006 1997–2006 1966–1971 1994/95 1977/78 1949/50 1968–1976 1967/68 1896/97 2007/08 seit 2002 1998/99 1987/88 1910/11 1949/50 2018/19 seit 2005 1974 1982/83 1975/76 1916–1918 2000/01 1978–1996 1956–1964 1950/51 seit 2014
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Gamperling Renate Gams Ernst Garmy Olivier Gartner-Schwarz Meta Gauster Christine Gavois Yveline Gebhart Karl Geisler Gerhard Geist Hermann P. Genser Alfred Gerber Renate Geschl Harald Geyer Gerhard, Dr. Gidaly Hermine Gidaly Othmar, Dr. Gindl Paul Glitzner Maria Glock Silvia Gnambs Kurt, Dr. Göhring Gotthold Göhring Senta Gold Ferdinand Goldhammer Hans Goldmann Ferdinand Göldner-Gring Anna Golling Josef Golser/Schlögl Katharina Gorgon Gabriela Gotsbachner Ilse, Dr. Göttinger Heinrich Gorecan Josef Gottlieb Alexander Grams Alfred Graßl Anni Green Christopher Gretchen Elodie Griego Thoma Griesmayr Karin Grobauer Franz Josef, Dr. Gröbl Hans, Dr. Gross Thoma Groß Wilhelm, Dr. Grubeck Gerhard Gruber Franz
M, LüM M, DG F Ass E, D D, ME F Ass Ng Buddh.R D, G D, T F Ev.R G, Gg Ng Ng D E, L E M, Ph Ev.R D, G Z Mos.R Gg, G E, PP L, D E, GSP, It Bio, BSW Kurzschrift T T L, D L, Gr Ph, M E Ass F Ass ME F L, G Logik, Psy Mos.R Gg, G, D D RK
1976–1988 1954/55 2011/12 seit 2009 1964/65 1995/96 1952/53 2007–2011 1945/46 1950/51 1990/91 2007–2019 1963/64 1949/50 1948–1950 1994–1997 1990–2009 1986/87 1933/34 1947–1949 1973–1989 1907 1961–1962 1911 2012–2018 1889–1910 seit 2007 seit 2013 1970/71 1908–1925 1900 1905/06 1885/86 1985/86 2005/06 2009/10 1992/94 1982–1985 1962–1976 1908/09 1985/86 1931 1988 1956
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Grubmann Margot Grün Axel Grüner August Grünhut Paul Grünwald Max Grünmandl Isidor, Dr. Gugler Camillo, Dr. Gump Hans-Peter Günzl – Bayer Maria Guserl Stefanie Gwiazdomorski Josef Gyalai Stefan Györgyfalvay Inge Habacher Maria, Dr. Haberson Anna Haberson Rupert Hadamowsky Wilhelm, Dr. Hadjiannou-Wenz Christina Haefele Carl Hahn Magdalena Haider Alfred Haider Eleonore Haider Johann Haindl Herbert Hainisch Marianne Hainlen Adolf Hajek Inge Halbich Hans, Dr. Haller Franz, Dr. Hämmerle Rubina Handl Herbert Handler Elfriede Hanslik Elisabeth Harm Hubert Harrer Josef Hartl Franz Hartl Karl Harzer Rudolf Haschka Ferdinand Hasel Josef Haselböck Johann Haubner Josef Haydn Helmut, Dr. Hazivar Waltraud
RK L, Gr RK Gg, G M, Ph L, Gr L, Gr, D Direktor: Gg, D, LüK ME F T BE E D, G E, GSP D, G L, Gr Phy, M L, Gr, D E, M L GSP Ph, M, Ch Gg, LüK L, Gr Hilfslehrer M, Phy Direktor: Gr L, D BE, WTEX D, G LüM RK RK T Z L, Gr M, Ph Gg, G RK L, D M, Ph DG WTEX
1980/81 1987/88 1959–1962 1929/30 1879/80 1909 1899/1900 1981–2001 1981–1987 2019/20 1877/78 2004–2019 1967–1977 1951/52 1982–2002 1982–1984 1949/50 seit 1996 1871–1873 2017/18,seit 2019 1981–1987 1993–1996 1981–1985 1949/50 1953/55 1934/35 1974–1976 1911–1919 1934–1941 2014/15 1950/51 1969–1973 1979/80 1979/80 1896/97 1908/09 1968/69 1917 1882/83 1968–1979 1952 1879/80 1991/92 1984–2002
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Hechtberger Renate Heger Elfriede Heinrich Wolfgang Heinzl Rudolf Heissenberger Gertrude Heizmann Erich Held Karl Helfert Alois Heller Ilse Hellsberg Eugen Hemetsberger Gustav,Dr. Hennefeld Maria Herbedey Rudolf, Dr. Herbedey Philipp, Dr. Herbrich Ferdinand Herbst Mendel Herder Eva Herrmann Gertrude Hermann Ernst, Dr. Herzog Leopold Herzog Sandra Hießberger Friedrich, Dr. Hießberger Martha Hilgers Gerda Hirsch Friedrich Hirsch Elisabeth, Dr. Hitzl Yvonne Hocevar Johann Hochstöger Peter Hodan Rudolf, Dr. Hödl Hans Gerald Höfer Angela, Dr. Hofer August, Dr. Hoff Dorothea Hofmann Johanna Hold Johannes Holm Maria Holmann Helga, Dr. Hölscher Maria Raphaela,Dr. Holzer Maria Holzinger Brigitte Holzner Stefanie Höpflingen Heinrich v.,Dr. Horatschek Elisabeth
Ph ME, Chor DG D, LüK D, G D, G Ev.R Z Handarbeit ME L, D Gr, F L, Gr Gg, M, Ng Gg, G M L Z Gg L, Gr BE, WTEX L, Gr, PP LüM Ng D, Gr, G Gg, G F, G L, Gr LüK, GSP F R.k.R Kurzschrift L, Gr, D E, GSP Bio, LüM T D, E E RK ME WTEX E, BSW M, Ph E
1986/87 1968/69 1981–1984 1980/81 1980–1990 1946/47 1953–1955 1912/13 1928–1930 1946/47 1897 seit 2000 1887/88 1897–1899 1886–1889 1916–1918 1962–1964 1958/59 1950/51 1892/93 2008/09 1956–1971 1949–1951 1973/74 1900/01 1959/60 2007/08 1939–1952 1988/89 1962–1964 1983/84 1976/77 1911/12 1983/84 1977/78 1907/08 1959/60 1997/98 2013/14 1985/86 1988/89 2015–2017 1894–1914 1980/81
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Horawitz Adalbert, Dr. Hordok Deborah Horejschi Johann Horner Anton Horner Gerda Hornstein Salomon, Dr. Horvath Helmut, Dr. Horvath Renate Hrovath Anton Hubacek Herbert, Dr. Huber Ingrid, Dr. Huber Karl Hübner Gustav Huemer Johann Hügel Isabella Hülsenbeck Josef Hula Eduard, Dr. Humenberger Johann Hunek Waltraud Huss Max, Dr. Hussak Ludwig Huttmann Adolf Ikonomu Thekl Illichmann Artur Ivanisevic Alojz, Dr. Jahn Marina Jahn Willibald Jahoda Georg Jaklin Ingeborg, Dr. Jana Florian Jana Robert, Dr. Jandos Franz Jandrisits Ines Janecek Andrea Janauer/Schwenke Johanna, Dr. Jasbec Marian, Dr. Jauker Christoph, Dr. Jawanske Karl Jedek Helga Jelinek Karl, Dr. Jelusic Karl, Dr. Jenschke Franz Josef Jepsen Mathew Jernej Andreas
Gg, G E Ass L, Gr L, Gr D, L L, Gr M, Ph M, BSW GWK, GSP D, G L, E GWK, GSP L, D L, Gr, D GWK, Schul-Bibliothek L, Gr L, Gr M, LüK ME Mos.R M, Phy L, D ME G, Gg RK Buddh.R T Gg D, GSP L, BSW E, D G, Gg M, Ph E, F Bio, BSW Gg, G Ch, Ph Z D, GSP Gg, G, PE D, G M, Ph, T E Ass Gr, L
1874–1888 1994/95 1914–1938 1875 1982–2002 1916 1970–1989 1981–2016 1993–1996 1951/52 1978/79 1977–2010 1876–1881 1875–1888 1986–2000 1873–1883 1899–1901 1989/90 1983/84 1916 1953–1977 1918 1991 1924–1927 1983/84 2004–2007 1907/08 1948/49 seit 2003 1981–2022 1950/51 1949/50 seit 2012 1989–1991 1983–2017 1931/32 1977/78 1896 1999–2019 1931/32 1948–1972 1880/81 2010/11 2001/02
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Jörg Susanna Johnson Matthew Johnson Norma Jung Grete Jungmaier Sabine Junker Helmut Juranek Franz Juraszovich Johannes Jurek Harald Jurenka Hugo, Dr. Jüthner Julius Kacserik Walter Käfer Wolfgang Kästenbauer Andreas Kästenbauer Martin Kail Albert, Dr. Kaindl Heinrich Kaindl Hertha, Dr. Kaiser August Kaiser Irmgard Kalinka Ernst, Dr. Kaltenböck Margarita Kaltenecker Elfriede Kandl Brigitta Kania Josef Kann Edith, Dr. Kapp Stephan Kappelmacher Alfred, Dr. Kappelmüller Nikola Kardosch Schlomo Karlhofer/Scheuer Elisabeth Karny Heinrich, Dr. Karso Fazli Kasper Michelle Kasper Karl Katzenbeißer/Karner Alois Katzensteiner Petra Katzer Franz Kauer Robert, Dr. Kaufmann Dolores Kaufmann Helga Kaufmann Renate Kaya Abdul Kadir Kemetmüller Paul, Dr.
Gr, L E Ass E Ass Ng, PP L, Gr Ev.R Gg, G R.k.R, LüK GWK, BSM L, D L, Gr M, Ph M, PP M, Ph GSP L, D M, Ph Kurzschrift Gg, G Bio L, Gr D, GWK, GSP E, G RK Gg, G Erdkunde L, Gr, D, F L, Gr, D E, GWK Mos.R Ph M, Gg, Ng Türkisch It, WTEX T D, LüK, Kurzschrift E, Sp L, BE L, Gr E ME LüM L D, L
1992/93 2018/19 1971/72 1970–2003 1986/87 1954/55 1910/11 1988/89 seit 2004 1890–1910 1890/91 1953 2018/19 1988–1993 1992 1930–1938 1905/06 1969/70 1874/75 1942/43 1889/90 1970–2001 1977/78 1967–1969 1909 1942/43 1871–1890 1904–1924 2014/15 1968/69 1973–1988 1912–192? 1982/83 2008/09 1930 1945–1958 seit 2012 1945–1966 1894/95 1975/76 1972–1976 1974/75 2018/19 1953/55
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Kerndorfer Johann, Dr. Kidery Adelheid Kinzel Andrea Kinzel Josef Kirisits Manfred Kisser Johann, Dr. Klampfer Dominik Klaschka Franz Klauser Reinhard Klein Alexander Klein Elfriede Klein Robert Kleinlein Magdalena Klem Renate Klinger Edith Klingler Heinrich Klöckl Brigitta Klösch Valentine Kloimwieder Silvia Klose Oliver Kment Alfred, DI Kment Heinrich Knauer Blasius, Dr. Knill Roswitha Knoblich Ulrike Knopp Margarete, Dr. Köberl Ulrike Kocevar Heidi Koch Walter, Dr. Kofler Eva Kögl Richard, Dr. Köhler Anton, Dr. Köhler Christian Köhler-Wieder Rudolf Kohl Ingrid Kohout Rudolf Kolber Thoma Kölbl Gabriela Koller Johann Koller Margareta Koller Maria, Dr. Kompast Gabriela Komjati Gabriela Konetschny Viktor, Dr.
M, Ph D, Schulbibliothek Ph, M, Ch, PP L, Gr E, L RK M, PP L, D Ph T D, G Mos.R L M, Ph, Ch E L, Gr D, PP Kurzschrift F L, Gr Ch Gg Ng, Gesang M, Ng, PE ME, M M, Ch M, Ph Bio BE, WTEX L, Gr D E, D M, Ph Ph Ng Ng T, Kurzschrift, WTEC Ch E Gg, G LüM D BE D E
1938/39 seit 1998 1981/82 1901/02 1983/84 1903–? 2016–2018 1887–1893 2008/09 1935/36 1968/69 1966–1969 1971/72 1976/77 1960/61 1972/73 1988/89 1977/78 1987/88 1884/85 1961/63 1933–1936 1871–1892 1970/71 2006/07 1953 1980/81 2006/07 1968/69 1979/80 1930/31,1945–1954 1938–1945 1984–1987 1968–1970 1975–1985 1947–1967 2015/16 1994 1873/74 1958 1990–2001 1993 1987/88 1974–1976
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Königshofer Franz Koppensteiner Carina Koppitz Alfred, Dr. Köppl Anton Koprolin Herbert Korger Friedrich, Dr. Kornfeld Isabella Koroknai Claudia Kosczol Johann Kothbauer Karl Kowanz Brigitte Krachler Rudolf Kraitschek Gustav, Dr. Kranich Theodo Krandl Sylvia Kraus Walter Kraus Wilhelm Krauß Moses Krause Heinrich Krause Wilhelm, Doz. Dr. Krejcik Norbert, Dr. Kreijcik Elisabeth Kremer Wilfried, Dr. Kremser Richard, Dr. Kreutel Richard, Dr. Kreuzer Herbert Kriegleder Wynfried Krischker Edith, Dr. Kriz Heinrich Kröter Gerold Krug Josef, Dr. Kubik Josef, Dr. Kukacka Walter Kulnik Maria Kulnik Michael Kümmel Richard Kummer Carl Ferd., Dr. Kunert P. Josef Kühnert Wilhelm, DDr. Kuntner-Brownlow Renate Kurz Matthäus Kurzmann Renate Kusternig Andreas Kuzmits Augustin
GWK, GSP M, Bio Direktor: D T DG, Gr D, G L Inf, M Ev.R D, T BE Ch, Ph Gg, G Gg, G E, L G T Mos.R Z L, Gr, PP, Sanskrit Kurzschrift L Proband RK L, Gr Gg, LüK D, E L, Gr Z GSP M, Ph, PE L, D ME L L, Gr T L, Gr, D L, Gr Ev.R E, F, It L, D F, It L M, GSP
seit 2010 2016/17 1928–1934 1880–1895 1971–1985 1935–7.7.1938, 1945/46 2015/16 seit 2013 1883–1885 1952 1976/77 ? 1894–1898 1913/14 1959/60 1960/61 1909–1912 1958/59 1912/13 1945–1975 1930/31 1971–1973 1934/35 1955 1957/58 1961/62,1967/68 1985/86 1969/70 1897–1909 1989–1991 1914–1935 1893–? 1967–1976 1974 1969–1974 1872–1875 1872–1885 1895/96 1935–1947 1993–1995 1881–1886 1990–2003 1975/76 1980–1983
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Kyska Susanne Lach Karin Lachawitz Günther, Dr. Lager Karl Lande Osias Lande Paul Lang Elisabeth Langer Cäcilia Langer Klea Langer Leo, Dr. Langegger Christa Langegger Helmut Langhans Victor, Dr. Lasser Doris Last Hermann Laubichler Luisa Lauterbach Bruno Lavee Michael Layr Ernst Layr Paul Lebloch Susanne Lechleitner Herwig Leclair Anton, Edler v., Dr. Leditzky Walter Leemann Ernst Lehner-Soulek The ese Leisser Dagmar Leisser/Lukas Iris Leitner Annemarie Leitner Bettina Leitner Ludwig Leipold Gustav Lekusch Voncenz, Dr. Lenecek Ottokar, Dr. Lenneis Maria Lenoble Marie Lesowsky Winfried, Dr. Lessky Friedrich Lettmayer Franz Lichtenberger Josef Lichtenheld Adolf, Dr. Lidauer Simon Liebert Monika Liebich Ursula
RK E L, Gr G, Gg L, Gr, D Gr, ME, Chor M, Ph L, Gr T L, D B, BSW Inf, BSM Gg, G D, E L, Gr, D Sp, F Z Mos.R M, Ch, Ng, LüK M, LüK ME E, Gg L, Gr Bio Z BE L, RK E, BSW PP D, LüM RK, M L, Gr L, D L, D RK WTEX, WTEC L, Handarbeit G, ME Gg, G G, Gg L, D Phy, GWK Ev.R DG
1985/86 1994 1970–2002 1950–1952 1916–1918 1946–1978 1981–2021 1969/70 1952 1905–1910 seit 1992 1997–2014 1889–1891 1992–1995 1916 2019/20 1911 1963/64 1945–1969 1971–2008 1985–2008 1948/49 1887–1903 1980/81 1905 2006/07 1998/99 2001–2010 1974/75 1998/99 1978–1982 1895/96 1896/97 1893/94 1983 2011/12 1955 1964–1976 1950/51 1951/52 1874–1906 2018/19 2010/11,seit 2019 1990/91
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Lieger Paul, Dr. Liegler Rupert Lingg Sophie Linkesch Edeltraud Linninger/Buchelt Ulrike List Hans List Ingeborg Lohrmann Renate Loncar Heinrich, Dr. Loos Josef, Dr. Lönning Josef Loitlesberger Karl Lorenz Werner Löschel Hannes Löw Emanuel Löwenstein Eveline Löwy Heinrich Luderer Walter, Dr. Luft Ludwig Luger Alexander Lukas Franz, Dr. Lukas Gustav Lukasser Anna Maria Luksik Werner Machacek Friedrich, Dr. Machold Josef Maczak Andreas Magnini Massimiliano Mahovsky Adele, Dr. Maier Adelinde Maier Dominik Malachowski Emil Malcher Marianne Male Eva Male Ruth Malicsek Johann, Dr. Mandl Ursula Mangler Clemens, Dr. Manlig Josef, Dr. Manlik Heinrich Mann Erwin, Dr. Mantl Margaret, Dr. Manussi Otto, Edler v.,Dr. Manzana Laura
L, D D, G BE, WTEC Kurzschrift G, BWS, Eth M, Handarbeit M, BSW WTEX L, D Direktor: Gr, PE L, Gr Ng GSP ME L, Gr D, ME Z E, L DG RK M, Ng, Ph T F, GSP D Gg, D, G GZ u. Z L, Gr Bio D, G Ng, Ch GSP, PP L E L Ng L, Gr TeX M, Ph L, D M, Naturlehre RK D, Mu M, Ph, Gg, Ng It
1897 1951/52 2016/17 1975–1976 seit 1992 1955 1970–2006 1975–1977 1906/07 1893–1898 1886/87 1884/85 1989–1991 1989 1892/93 1974/75 1889–1891 1950/51 1956–1971 1952–1955 1892–1907 1878/79 1988/89 1997–2001 1904–1915 1871–1889 2000/01 seit 2020 1953 1976/77 2014–2018 1916 1985–1987 1990/91 1970 1947/48 1984 2011/12 1928/29 1911/12, 1920–? 1983–2000 2016–2018 1916–? 2011/12
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Mareiner Michael Margules Max, Dr. Markl Maria, Dr. Martha Anna Martin Engelbert de Martino Elisabeth Marzi Gertraud Maschek Dietrich Masek Michaela Matejcek Gertrude Matouschek Franz Matschneko Klaus Mattes Josef Matula Walter Mauer Hedwig Maurer Sabine Mautner Hedwig, Dr. Mautner Marianus May Ursula Mayer Anton Mayer Hertha Mayer Sibylle Mayr Bettina Mayrhofer Anton Mc Sherry Marquita Meduna Brigitte, Dr. Meidl Wolfgang Meier Katharina Meilinger Robert Meindl (Brunner) Erna Meindl-Hennig Thorbe Meindlhumer Franz Meisel Josef Menasse Myriam Mercsanits Renate, Dr. Mericka Stefan Meschkä August Mesk Josef, Dr. Metzner Karl Micek Ludwig Michl Adolf Michler Heinrich Michalek Franz Migliaccio Michael
D, L M, Ph M, Ph E M, Ph (karrenziert) D, L D, LüK L, Gr, PP RK M, Ng BSM Gg, G, D WTEC M, DG Bio T RK, Inf Ng Z, Handarbeit, M M, Ph Ng, Gg TAB RK, GSP E Ass D, G Ch E, It Gg, LüK Ch, M Ev.R L, Gr L, D, Kurzschrift F Ass RK, E, GSP M, LüK T L, Gr Proband Z ? Gg, G L, D E Ass
1970/71 1876/77 1931/32 1982 1938–1951 1971–1982 1970/71 1966–1996 seit 1983 1990/91 1907–? 2001 1932/33 1972 1973–2009 1995/96 1927–1930 1985–1990 1975/76 1928–1943 1933/34 1968–1970 2004–2007 1991/92 1983/84 1987/88 1984/85 seit 2007 1956–1959 1956–1987 seit 2020 1883/84 1895–1919 1988–1990 2000–2022 1983–1990 1895–1908 1895/96 1934/35 1910/11 1900 1889–1893 1888/89 2014/15
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Mikel Carl Mikosch Carl, Dr. Mikulcik Petra Mildner Artur Mistelbauer Markus Mittendorfer Gertraud Mlnarik Gertrude Mock Karl Molecz Daniel Molecz Gabriela Molisch Hans, Dr. Moll Brian Monori Emöke Mörth Otto Moser Hedwig Mosettig Klaus Moshkovitz Isac Mühl Heide Mühlbauer-Solar Claudia Mühlberger Sigrid Mühlgassner Gabriele Mujezin Minela Müllebner Monika Müller Andreas Müller Franz Müller Ignaz Müller Josef Müller Karl, Dr. Müller Robert, Dr. Müllner Johann, Dr. Murphy Eleonora Nadler Richard Nador Franz, Dr. Nagl Leopold Nake Viktoria Narnhofer Traude Nathanski Alfred, Dr. Naumann Anton Nedoma Robert Nefzger Elfriede Nemetz Alfred Nemetz Josef Neubauer Josef Neugebauer Gertraud
M, Ph Ng E Proband M, F E M, Ph RK D, LüK LüM Ng E Ass ME LüK M, DG BE Mos.R D, LüM, Bühnenspiel M, Inf D, RK GSP F, It Bio GWK Russ, F L, D T L, D E, Gg G, D E Ass L, Gr RK RK IKT, BSW D, G G, D, Lit. M, Ph, Ng ME, G LüM LüK RK RK Ch
1874/75 1879/80 2007/08 1934/35 seit 2006 1970/71 1957–1971 1983–1985 1952/53 1982/83 1882/83 1987/88 1977/78 1963–1966 1972/73 2004/05 1977–1986 1975–2000 seit 2008 1972/73 1990 2015/16 1981/82 1990 1955–1962 1899/1900 1915 1911–1932 1950,1952/53 1898–1913 1995/96 1949/50 1956/57 1958/59 seit 2015 1967/68 1919–1928 1875/76 1958/59 1966–1969 1951/52 1956/57 1942/43 1953–1956
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Neumann Robert, Dr. Neumayer Heinrich, Dr. Neumayer Johann Nidetzky Eva Nidzgorska-Buhr Anna Niederwimmer Kurt, Dr. Noltensmeier Hermann, Dr. Nöbauer Josef Noisternig Christian Novak Renate Novopatzky Friedrich Novacek Eveline Nowak Franz Nowak Franz Oberleitner Barbara Obitsch Marion Oehler Johann, Dr. Ogris Ruth Ohrlinger Ingrid Oppenheim David E., Dr. Ortmayer Herbert Österreicher Karl, DDr. Österreicher Melanie Osterider Stefan Özelt Daniela Otter Bernhard Palme Gerhild Paludo Emanuel Panesch Ernest Papak Franz Papo Manfred, Dr. Paradeiser Karl, Dr. Parrer Isabella Paul Ulrike Pawlowsky Max Payer Herbert-Fred Pechmann Angelika Pechmann Friedrich Peer Michael Peisker Anton Pelzl Anton Penka Carl Penz Friederike Perina Josef
Ng, Gg D D, G Ph TAB Ev.R Ev.R BE LüK It Gg, LüK LüM Proband LüK E, G E L, Gr, D Ng D, E L, Gr Chor L, Gr F, PP BE, WTEC M D, GSP GSP, LüM L. F T L, Gr Mos.R L, D E, F E, G E, Gg BE, TeW E RK E, GSP Z L, Gr L, Gr, D RK T
1923/24 1934 1948/49 1983/84 2014–2019 1955–1963 1952/53 1971/72 1980/81 1991–1993 1954/55 1971/72 1934/35 1959–1964 1976/77 1980/81 1901 1968/69 1969/70 1906/07 1973–1976 1945/46 2008/09 1997/98 1997/98 1986–1989 1989/90 2017/18 1893–1895 1895/96 1964–1966 19?–1946 1992–1996 1969/70 1952 1981–2022 seit 2005 2005–2008 2015/16 1890–1896 1902/03 1873–1906 1982/83 1880/81
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Perkonig Ernst, Dr. Perschinka Franz, Dr. Peschl Brigitte, Dr. Petak Alois, Dr. Petrak Franz, Dr. Petri-Fritsche Susanne Peyerl Werner Pfaffenede -Kmen Isabel Pfaffen oth Catherine Pfaffstaller Anton, Dr. Pfeffer Leopold Pfeffer Otto, Dr. Pfeifer Birgit Pfleger Johannes, Dr. Pfreimbtner Alois Pichler Alois Pichler Anton, Dr. Pichler The esia Pichl Karl, Dr. Pillendorfer Harald Pilpel Julian, Dr. Pink Karl, Dr. Piperek Max Pirstinger Petra Pittl Sebastian Plaimauer Edelraud Plank Sophia Plattner Maria Platz Alexandra Pleban Eveline Pleikner Waltraud Plobner Johann Pluta Alfons, Dr. Podhorsky Felix, Dr. Podrabsky Anton Pohl Sigrid Poimer-Stadler Katharina Pollak Hans, Dr. Pollak Heinrich, Dr. Pollak Valentin, Dr. Polt Matthias Porubski Franz Posch Josef, Dr. Posch Margarete
RK L, Gr D, ME G, PP M, Gg, Ng E, GSP Ev.R D E Gg, G Handarbeit Gg, G D, PP RK Ng M, Ph RK RK G, PE D, L D RK Gg, PE Bio RK L, Gr M, BSW D, F D LüM F, GSP Handarbeit L, Gr L, Gr RK BE, WTEX D, PP L, D Mos.R Direktor: Gg, G, D Inf. L, D D, GSP Ch, Ph
1985/86 1891/92 ? 1961–1964 1914–1916 seit 2008 1955 2013/14 2001/02 1931/32 1968–1973 1912/13 1987 1969–1979 1884–1886 1896–1905 1945–1962 2007/08 1931/32 1985/86 1916 1924–1926 1935/36 1998/99 2010/11 1976–2001 seit 2007 1987/88 seit 2007 1974 1988/89 1956/57 1955/56 1895/96 1881–1896 2002–2017 seit 2009 1934–18.3.1938 1886–1920 1920–1928 2007–2010 1916 1966–1975 1973/74
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Poschik Andreas Postl Brigitte, Dr. Postlmay Margret Pötzlberger Alois Prachner Franz, Dr. Prager Ingrid Pramhas Petra Prankl Karl Pratscher Eva, Dr. Prehsler Martina Preiss Lothar, Dr. Presslaber Birgit Prinz Angelika Prinz Christian Prinz Hubert Martin Prinz Johannes Prinz Karl, Dr. Prokschy Marianne Provaznik Helmut Prowaznik Bruno Ptaschnik Johann Pühringer P. Andreas Pullmann-Stummer Elisabeth Püttner Viktor, Dr. Putz Beatrix Quahl Brigitte Rab Regina Rachholz Elisabeth Radl Karin Radulescu Ricarda Raho Teresa Rainer Carl Rakich Christa Rammel Waltraud Rappersberger Petra Ratkowitsch Christine, Dr. Rauchensteiner Andreas Rausch Franz Rebholz Erich Rechter Michel Redl Sepp Rehm Liselotte Reichert Michael Reichmann Josef
M, BSM E, L PP, BE Gg, G E, Russ F Sp L, Gr E G, BSW L, Gr LüM ME GSP, BSM GZ ME L, D WTEX BE ME Direktor: Gg, G, L L, Gr LüM, Darstellendes Spiel L, Gr, D Bio, F E Bio D F, Ch, Ph E F Ass Ng E Ass ME, Chor LüM L, Gr T L, D Direktor: L GSP D, LüM BE RK Gesang
2016–2018 1967/68 2007/08 1948–1950 1949/50 1981/82 2004 1948/49 1973/74 2009/10 1947/48 1983–1985 1985/86 2011–2016 1990/91 1982/83 1897/99,1910–1917 1963/64 1983/84 1978/79 1871–1893 1894/95 seit 1997 1902 2013/14 1972/73 1989/90 1972 seit 2010 1971–1974 1997/98 1882/83 1976/77 seit 1983 2004–2007 1979/80 1893/94 1875–1902 1976–1980 1979–1984 1970–1984 1974/75 2004/05 1885
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Reihsner Walter, Dr. Reiner Naomi Reinemer Gabriele Reinhart Martin Reisinger Engelbert Rellig Theodo , Dr. Rendl Sieglinde Reppe Elisabeth Rethi Sabine Ribisch Karl Heinz Ribitsch Jutta Richart Franz, Dr. Richtarz Irmgard Riedel Karl Riedl Franz, Dr. Riedl Gustav Rimmer Franz Rischka Erwin Röblreiter Georg Rock Wilhelm Roher Aurelia Rohrweck Maria Magdalena Roller Elisabeth Roman Michael Rösch Adolf Roscher Johann Roschger Peter Rösel Franz Georg Rosendorf Margarete Rosmanith Adolf Roßmanith Iris Rosenauer Renate Rotter Hans, Dr. Rücker Adolf Rücker Franz, Dr. Rud Holger Rudischer Gabriele Ruetz Rupert Rupnik Renatus Rupp Norbert Rymarz Markus Sabath Isaak Sabath Josef, Dr. Sacco Karl
E, GWK Mos.R E BE, WTEC LüK M, Ph L, Ev.R D, M D E, D M, LüM D, E RK, PP Gg, G D, GSP L, D Ng GZ, Z Ph, M Ng BE RK, PP ME E Ass Z Ng RK Ph, GSP Russ Z BSW, It E L Ev.R Ph, Ng M, Ph Ch, M D, G Ph Gr, L M, RK ? M, Ph D, G
1954–1986 1966–1972 1987 1995/96 1954–1964 1871/73,1889–1896 1975/76 1979–2016 2004–2006 1968–1999 ? 1951/52 1974/75 1881/82 1972–1977 1904–? 1882/83 1928–1930 1994/95 1880/81 1986–2022 1973/74 1993–1995 1977/78 1913/14 1879/80 1980–1985 2004/05 1954 1895 seit 2015 1970/71 1942/43 1952 1933/34 2006/07 seit 1984 1951/52 1973 1950/51 2018/19 1925 1920–18.3.1938 1948/49
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Salomon Franz, Dr. Sames Maximilian Sanz Wilhelm Sasum Gerhard Satzer Adalberta, Dr. Sauer Herbert, Dr. Sauerzopf Adolf Scannel Trina Schachermayer Josef, Dr. Schadauer Erich, Dr. Schaedl Karl, Dr. Schaffer Marku Schantl Matthias Scharmitzer Josef Schauberger Carolin Schauer Karin Schauer Leopold Schefczik Heinrich Scheiwein Roland Schermann Sonja Schewczik Robert Schenk Susanna Schenkl Heinrich, Dr. Schertz Karl Scheuer Elisabeth Schiller Karolina Schiller Friedrich, Dr. Schiller Martina Schindl Inge Schindl Veronika Schira Ingeborg Schleifer Karl Schlerka Alfred Schlepnik Edith Schlintner Kurt, Dr. Schmid Helmut Schmidberger Barbara Schmidl Irmtraud Schmidt Johann Schmidt Karl Schmidt Werner Schmidtbauer Elisabeth, Dr. Schmöllerl Edith Schneider Helmut
L, Gr M, Ph, Ch D, G WTEC, BE D, L D, L E, LüK E Ass D, E D Ev.R Gg, G TAB Gg, Ng M Bio, Inf Z L, Gr ME M, BSW L, Gr D, LüM L, D Z, Handarbeit Ch, Ph L, It, TAB G, G BE, WTEX T F LüM Ng L, Gr M, Ph D, GSP LüK E, M WTEX SSR zugew. L, Gr M D, G M, Ph LüK
1946–1959 1946–1953 1945–1972 1965–1968,1971/72 1949/50 1953/54 1950 1993/94 1949/50 1955–1957 1956/57 1917–1919 2006 1961/62 seit 2020 2004–2010 1875–1910 1883/84 1985/86 2004/05 1884/85 1983–1993 1882–1884 1928–1932 1975–1988 seit 2020 1931/32 2017/18 1935/36 1994/95 1970/71 1883/84 1893/94 1931/32 1953–1988 1990/91 1970/71 1925 1886/87 1983/84 1972/73 1967–1980 1963/64
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Schneider Ilse Schneider Johann, Dr. Schneider Karl, Dr. Schneider Theodo Schöberl Christian Schöler Walter, DDr. Scholl Rosemarie Scholler-Vock Daniela Scholz Oskar, Dr. Schönbrunner Josef v. Schöngut Samuel Leo Schönthal Elisabeth Schopf Friedrich Schorm Erika Schramm Maria-The ese Schrammböck Franz Schrauder Edith Schreiber Max Schroth Stephanie Schüle Ingeburg Schuller Herbert Schultze Johanna Schulz Karl, Dr. Schulze Josef Schuster Renate Schuster Walter Schwab Ingrid Schwarz Johann Schwarz Maria Schwarz Yeshayahu Zwi Schwarzenbacher Tina-M. Schwarzenberger Renate Schwarzinger Elisabeth Schwarzinger Ernst, Dr. Schwediauer Johann Schweighofer Astrid Schweighofer Klaus Schwieger Werner Seeland Max Seeliger Emil Seemann Max Seher Beatrix Seher Gottfried Seidl Wenzel
G, Gg RK E, Gg L, D RK Schularzt G, Gg It, BSW Gg, G, D Z M, Ph Ph, M D, G M, LüM M, RK BSM BE Kurzschrift WTEX L, Gr Ph D M, Ph L, D LüM RK L, Gr M WTEX Mos.R PP, It BE, WTEX E, GSP D, T M, Ph F, GSP M, BSM DG T F Proband GSP, PP E, Russ M, Ph
1972/73 1958/59 1949/50 1884 2015/16 1963–1984 1969/70 2004–2020 1931/32 1903–1905 1889/90 1968–1971 1950/51 1975/76 1983/84 2000/01 1967–2002 1883–? 1931/32 1955/56 1986/87 1955 1948–1955 1906–1934 1977/78 1969–1981 1963/64 1980–1983 1974/75 1969–1979 2001/02 1975–1984 1978/79 1931/32 1885/86 2012/13 2007–2016 1986/87 1882/83 1873 1934/35 1983/84 1951 1904/05
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Semellechner Silvia Semmler-Rohrhofer, Irene Senger Gerda Serdinsky Andrea Shaw Thoma Sieber Ernst Siegl Erna Silberbauer Veronika Simon Ernst, Dr. Simonis Margot Sina Ilse Sinko Leopold Skricka Maria Sluka Bettina Smetanka Josef, Dr. Smith Tim Sochor Norbert Sofer Emil, Dr. Sofer Hubert, DDr.Dipl.Ing. Söllner-Fritscher Ingrid Sonderegger Andrea Sorger Helgit Sörös Michael, Dr. Sperk Walter Spitzer Samuel, Dr. Spitzer Leonie, Dr. Spieß Karl v., Dr. Spranger Otto, Dr. Stabl Gerhard Stangl Günter Stampf Peter Steckerl Friedrich, Dr. Stefan Franz, Dr. Steffan Rudolf Stehle Josef Stehr Margarete, Dr. Steiger Karl Stein Arthur, Dr. Steiner Andreas Steinert Wolfgang Steininger Dieter Stejskal Carl Stejskal Karl, Dr. Stettner Marko
GSP, GWK D Gg E, PP E M, Ph WTEX D, Darstellendes Spiel, TAB M, Ph RK Kurzschrift G, LüK BE M, GSP, Inf Proband E Ass RK Direktor: L, Gr Ch, M, Ph L, RK, Eth E ME, E Direktor: L, Gr GWK, GSP PE, Gr E Gg, M, Ng D, G BE, WTEC M, LüK GWK, BSM L, Gr T, D, E LüK, Gg GSP, LüK D T Gg, G RK Ph Ev.R L, Gr, D L, Gri M, Ph
1983/84 1993–1996 1972 2013/14 1982/83 1945–1968 1974/75 seit 2009 1895/96 1981–1985 1981/82 1953/55 1967–1970 1990–1992 1934/35 1981/82 1993/94 1904–1917 1970/71 seit 2006 1990/91 1994–1999 2002–2008 1978/79 1917/18 1929/30 1905 1936–7.7.1938 1977/78 1965/66 1981–2021 1935/36 1929–1940 1948/49 1980/81 1942/43 1887/88 1899 2009/10 1994/95 1979–1997 1871–1888 1876/77 1935/36
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Stieger Petra Stiegler Rotraud Stiller Franz Stitz Anton Stöcher Helmut Stockert Elisabeth Stockert Walter, Dr. Stockmayer Elisabeth Stöger Gottfried, Dr. Stola Rudolf, Dr. Stowasser Josef Specht Isabella Stradner Gerhard Strakosch-Grassmann G., Dr. Stransky Reinhold Strasser/ Wallner Birgit Strasser Erika Strasser Thoma Straub Viktor Strauß Richard, Dr. Streicher Gabriele Streicher Viktor Streinz Franz, Dr. Streller Maria Strer Franz Strigl Anton, Dr. Strohmayer Jutta Strzygowski Helga Stubenberg Carl Stuchla Valerie Sturm Josef Stuzka Walter Sunario Elisabeth Svoboda Renate Swoboda Alfred Swoboda Klaus Tanzer Gerhard Tarmastin Laura Teller Heini Tengler Wilhelm, Dr. Teply Karl Tersch Lisbeth Teufelbauer Hannelore Thaler Kornelia
M, Angew.Comp.Geometrie D, M Ev.R Direktor: Gr, Probanden-SE E, GSP F L, Gr RK G, Gg Russ L, D GWK, LüK M, Orchester Proband Gg, G E, GSP M, PP E, It L, Gr D, E L, E Gr, L L, Gr, D GSP M, Phy RK GWK GSP, GWK BE Handarbeit Gg, G Ph, Ch, M RK GSP, PP Ph E, GSP D, GSP Ch Logik, PE, Psy ? D, GSP M, Ph D, E F, L
seit 2014 1981–2019 1884–1886 1899–1911 1972–2010 1983/84 1963/64 1981–1988 1947–1978 1951–1955 1877–1882 1993/94 1968–1971 1896/97 1872/73 seit 2000 1971–1985 2005/06 1970–2001 1953–1956 seit 1991 2002–2008 1894/95 1993–1995 1883/84 1926–1936 2014/15 1969–2003 1990/91 1964–1967 1871/72 1980/81 1992–1994 2008–2010 1971/72 1981/82 1982/83 seit 2020 1917–? 1911/12, 1913/14 1956–1978 1983/84 1972–1993 1988–1990
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Theimer Alois Theisinger Rudolf Thetter Friedrich Thirring Ernst, Dr. Thoma Nadja Thomas Richard, Dr. Tho wartl Wolfram Thumb Renate ThumserVictor, Dr. Tichy Barbara, Dr. Tietz Elfriede, Dr. Titcumb David Tittel Gertraud Tlapa Irene Tölg Franz, Dr. Tomaschek Karl, Dr. Towns Stephanie Traumüller Ägid P. Trautenberger Ingeborg Trautner-Orthofer, Ulrike Travnicek Josef Treitler Andreas Trenkler Ludwig Tringl Hermann Trnavsky Ingrid Tschiassny Moriz, Dr. Tschoepe Walter Tschuschner Hermann Tüchy Ingrid Tuma August Türtscher Martin-Joh. Tursky Franz, Dr. Tyndel Samson Uccusic Hilda Unger-Crow Verena Ullreich Josef, Dr. Ulreich Eduard, Dr. Umlauft Franz, Dr. Unterberger Helga Urban Alfred Urban Hermine, Dr. Uschmann Elke Valeruz Serena Vamos Judith
L, Gr Proband Z Ng Gr Ev.R M L, Gr L, Gr, D L, Gr E E Ass F PP, LüM Gg, M, Ng Ph, Ng E Ass M, Ph BE, WTEX F, It M, Ph LüK T M, Ph D, PP Kurzschrift Gesang T Ph, M, Ch Gesang Bio M, Ng Mos.R WTEX BE, WTEC D, G Ev.R L, Gr, G Ng M, Ph LüM Ev.R It WTEX
1887/88 1934/35 1901 1948/49 2004/05 1954–1958 1973–1976 1991 1886–1894 1977/78 1966/67 2011/12 1967–1969 1985–1992 1904–1907 1950–1971 1991/92 1945/46 1983/84 1985–2019 1877–1879 1980 1890/91 1972–1974 1975/76 1892–? 1935–1939 1883/84 1979/80 1871–1885 2006/07 19??–1933 1916–? 1962–1964 1987/88 1963/64 1963–1979 1959–1964 1974/75 1880/81 1965/66 2006/07 2013/14 2008/09
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Vana Franziska Varga Hilda, Dr. Vedral Wolfgang Veith Hans Vettach Josef Vetter Magdalena Visintini Friederike Visontai-Perny Petra Voak (Ascher) Dieta Vogel Bernd Vogelsang Michael, Dr. Vogler Iris Völgyfy Hans Vötsch Ilse Vorreiter Ludwig Wacek Hedwig Wackerle Carmen Waiß Moriz Wagner Josef, Dr. Wagner Paul, Dr. Wagner Wilhelm, Dr. Wagner-Cermak, Marlis Wald Anton Walder Gottfried Wallach Alexandra Wallentin Ignaz, Dr. Wallner Helmut, Dr. Wallnöfer Paul, Dr. Warcollier-Wallaberger,L. Watkins, David Weber Barbara Weber Günter Weber Heinrich Weber Luzia, Dr. Weigel Florian, Dr. Weigl Franz Weinfurter-Kinsky Gottfried,Dr. Weingartner Leopold, Dr. Weingärtner Eva Weingartshofer Doris Weinhofer Friedrich Weinkopf Johann, Dr. Weinstein Siegfried, Dr. Weiser Johann, Dr.
BE GSP, PP Instrumentalmusik M, Ph L, D BE, WTEC LüM M, Ph Ch E, GSP Direktor: Gr E, It ME L, Gr T M, Ph BE, WTEX L, Gr D, Lit. Ph, M, Ch Gg, G, T WTEX, PP GSP RK Bio M, Ph M, Ph Gg, G F Ass E Ass L Instrumentalmusik E, D E L, Gr, D RK ME, PP
1987/88 1976/77 seit 1985 1933/34 1872/73 2009/10 1942/43 1989–2000 1955 1998–2012 1949–1955 2009/10 1940–1946 1964–1968 1912–1914 1969/70 2005/06 1900/01 1947–1953 1982/83 1924–1939 seit 2006 1977–1979 1979–1985 seit 2020 1879–1889 1935/36 1871–1874 2000/01 1975/76 2011/12 1989/90 1950 1960/61 1893–1896 1963–1965 seit 1985
Gg, G Kurzschrift Instrumentalmusik GSP Gg, G L, D Ph
1892–1904 1982/83 1999–2007 1972 1929/30 1909/10,1916 2010–2012
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Weiss Adolf, Dr. Weiß August, Dr. Weiss Franz, Dr. Weiss Mirjam Weissel Josefin Weißenböck Elisabeth Weissenböck Josef Weissensteiner Fritz Weisshäupl Rudolf, Dr. Weissmann Azevedo Weithofer/Forstreiter Erika Weitschacher Hans J., Dr. Wekerle Gabriele Wenk Friedrich Wenzl Josef Werenka Daniel, Dr. Werner Gustav, Dr. Wesenick Gertrude, Dr. Wesely Christian Wessely Rudolf Weyrich Dieter Wichtl Martin, Dr. Widhalm Gloria, Dr. Wiedenhofer Franz Wiener Kurt, Dr. Wiesenthal Eva Wiesflecker Hermann, Dr. Wild Josef Wild Rupert, Dr. Wilder Otto Wildner Martin, Dr. Willfahrt Maria Wilschowitz Johann Wimmer Tina Maria Windisch Kevin Windsteig Karl Winkler Bernhard Winkler Leopold Winzer Brigitte, Dr. Wita Judith Wittmann Alfred, Dr. Witzelhuber Karl, Dr. Wödl Barbara Wohlmut Hans Wolf Karin
Mos.R Gg, G Schularzt Mos.R E Inf M, Ph, Ch BE, WTEC L, Gr L L, Gr D, E D, E F D, G Gg, G M, Ph, D L, D D, GSP Z D Ch, Ph L D, L, Gr Gg, G, D L D, G Gg, G E, D L, Gr, D RK M, PP Gg, M, Ng WTEX Inf RK M, ME L, Gr, D E GSP, PP Gg, LüK L, D M, Ch L D, PP
1876–1878 1883/84 seit 1984 1962–1964 1927–1929 2012/13 1979/80 1973–1975 1889/90 1975/76 seit 1987 1971/72 1979/80 1875–1878 1949/50 1883/84 1871–1878 1963/64 1986/87 1899–1903 1982/83 1977/78 1972/73 1873–1877 1931/32 1975/76 1945(?)–1947 1875–1885 1945–1972 1904/05 seit 2008 1981/82 1907–1912 2012 2011/12 1957/58 2015/16 1903/04 1971–1977 2004/05 1955/56 1910–1940 2005/06 1979/80 1988/89
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Wolf Leopold, Dr. Wolf Max Wolfesberger Elisabeth Wolfram Markus, Dr. Wolleitner Ingeborg Wolletz Karl, Dr. Woods Hollis Wosicky-Demel Luzia Wostry Olga Wottawa-Posch Marlis, Dr. Wrzal Friedrich Wurzer Romuald Wurzinger Elfriede Wyskowsky Erich Zachar Leopold Zack Ludwig Zak Irmtraud Zand Gertraude Zankl Pamela Zahlbruckner Karl Zeger Hans-Gerhard, Dr. Zehetmayr Beatrix Zehetmayer Hans Zeidl August, Dr. Zeiler Marianne Zeitz Susanne Zelenka Rudolf Zellwecker Edwin, Dr. Zelzer Etta Zenger Gabriela Zenka Hilmar Zetik Monika Zillner Franz Zilsel Edgar, Dr. Zimmermann Johann Zlabinger Johann Zöllner Wolfgang Zorn Christine Zwernemann Gustav H. Zwölfer Hans, Dr.
RK D, LüK E, GSP L, Gr, D Ng, Naturlehre Direktor: M, Ph E LüM ME Schulpsychologien M, Ph L Ng LK M, Ph, Ch RK L GSP, PP E, F M, Ph M LüM D, LüK Gg, G F Bio Z D, L ME L, Gr D, LüK Ev.R M, Ph, Ch M, Ph L, E L, Gr M, Ph, Ch LüM Ev.R Direktor: L, D
1957–1976 1949/50 1978–2017 1916–? 1970–1974 1906–? 1953–1955 1971/72 1970/71 seit 2014 1875/76 1916–? 1975/76 1964–1968 1977/78 1962–1964 1991 1987/88 2010/11 1884/85 1982/83 1972 1951–1953 1945–1947 1990/91 1977/78 1903–1908 1923 1969/70 1985–1987 1964/65 2008–2010 1935–1939 1937–18.3.1938 1953/55 1935/36 1979/80 1990/91 1905–1914 1955–1975
arild an a s t i eber · M nna W · Karol er · b e a S h W o n a n eitegg Mald sJ eopo · The e na Axm org Br ugger · ann · L d e e r n e Alfr Werne ina Ver dreas G ndrea F Hirschm · Floria ir g A M n b n e n i l a a A e a f i i S · g o m K olf ickl · fan d Pour nd · Claud Benja e n a t i W r r S B n h ia ti a el · es at Zw ria ik lisa atharin Dahlv tin Jam adi · K na Ma irkl · M inhapp ert E a e n K K n ca ub fP ar · Kl Maria Rebec Konsta · Justin raus · A an Jose Karl W ilipp H · Karl · g · r K h ia i h e l n er aula g p a k a P k u u i e ö c J l g · t u a r e · u a S lf Bart Brinda lia Gyö lentin J ranzl · J Pflu · rt · Wo nhauser Mistelb enk · P adji l Sch Do sK dia · Va elie l · Ju brie · inha ai-W Clau Gabrie ra Ivkic · Marku nise Am etta Ste · Luzia kes · Ga Roman e Bagh Franta a l r i i l l n e r d r e o e e a e f i a a r an ili hael lM ar hl ·D ab xim escu · S ton Kö arsian cken · M Diendo Raphae ier · M arah Is as Mich r · Rap ate M P n ai Sa ias Io as An cel l·S an Luk gald Ana an Karl Sebasti ornelia Matth ic · Mar Rung s Appe rczny · Clara M er · Luk ghofer · n e h C · n · i i c i a a c t t i l · e i i t i s s r t w t d· r i k a a Chr Elias O ie Prus · Chris Vesna M niel Ul er · Ma ina Fol ciejews traud P olf Schw led Abe ik t g r a a l · · a h r r d e a a Er e h p D u u ie M ts kuli ian · So man A iang L hiner · Adelsb einl · M Joanna artina W mens R eder · K fbauer · tina L s c o r d h e o l n a g n B M n ol ds len Sade Alan K rall · Su ulia Ra er Rola Gerald · Marth racek · mid · C Willvo alerie H er · Va seka · d n V h J n s m · K c n e · a ia o Pa in ai Kev · Carina Pleiner lk · R a Brand a Hann ilian O ndreas S s Christ Victori beth Kr atthias Louise · W Ros li m a s n a i s A s i u M e a m i s h x J i l i · n c a o n r a · ch na M lem Xe aE Fu ak tia ranz Gr t Joa · Annam erthold · Cateri Nicola · Chris ran · C artina i · Ann ia Nov rojan · nnes F va r e b Al erkis a B hwald er · cheed eter Ty ic · M Kilarsk s · Lyd ilian T s · Joha raff · E S S P s ndre it Mos m ü zm G Ewa thea-A iane Fr aniela ristina p-Paul din Ci asz Jan Michl · Maxi g Amsü andra Alexan a x p m arina K D E k i n ro e n i l o ist e · l a i a a i o r r r n T r t g S A k h i h f · a D u lo n la a i P · C ia öc ol ·P th run ayer · L recht · F Stöger Besenb Kilarsk fer · Ka n Floria hael W Anton Jauker · ie Made ina d u i a c r t a i G i a n o r a in m · Ma ina M ar Ru Mari and Mar nM yerh arol epha egin · Ra Rom Balthas Linda uer · C li · Alex tto Ma Siegler Christia Fuchs · aria R zler · St el Pflu · Berna A l M l s · rc O i· s ut d thia Shirvan oloman anuel Ja vecky · · Haral lcaide mandu anisch · hael Kr nik Ma a Schod mana i o A i J A c o r i K a R e m M s m a h L r y a · o e n a M p m a l e T as · D anna M ichel Ala ufgard Sophie Schra ren-K · Andr hristo omer · y n Luk i n · v ian g · Ka Egger Ke dikt H arina el C ert Kr Ogrod r · Joh lfer · M witzer nes r u o l n n F h y a ö b a e a Ben nz · Kat Pürstl · un Zh Florian uby · M Karl Al Ricard lüsslma eth Zw in Gollo ul Johan · Y a b r t ia h Lore s Maria Wang · nhöfer aria H Florian Martin erre Sc es Elisa c · Mar ner · Pa er · Jul · i e e e · h g n i M r P c n g u r g e e e g e e l E m l i p O L A Jo Kof arian er · A Gole oph Nag rina hie id S ch · dt · Ulri r · Cate inge · S · Stefan a · Paul iner · M ael Web s Claus lia Sop ax Dav urghar ria r u e l Bau ia Höf -Santne Lucia M lene Re er Mich Hanne andra J uti · M ichael B phie Ma · e k h Sop Jönsson tharina eresa H stin Pet yi Chu se · Alex ra Som aria M ross · So ehner · der ger · Ka gnes T · Augu · Hong das Kö ta · Pet obias M rina G remsl p K a Lan nner · A Tjaden ndauer up Cag chupit chna · T tler · C Georg a Philip t S a a k i u o el r r a j B r g n e G P Ha An rd ria na B n·Y nna ario oph hard k · Oxa ausman rea M lla Joha eth Glo Christ rkuch · Leonha d e c · i b f · ö n a H r B Op ·A au olf Elis Cam h rger Rud leining muth · ariella n der M Leopold persbe hristop h r i p M · a c C a · a z S · i R r g W s l a u e Rita nnes D · The ranz K a Petra n Sper esi ha ilia hF ber Gru hristop ria The Maxim inger · · a C n i · M Riebl Ste
Absolvent*innen 1876–2020
· ia aldtak t o r stine W fael Wi r · Johan ra Jo- r c i i e a a e r V l g R h K · Kais r· a zin sC rilie Werkne eth Alt ühwald tharina Bernard mi a M b r a · · Sa a a F s s K a r i r é e Tat a The rer · El rmgard lmayr · f Lehne · Ren erendes o h k e el Zöh rud I hlic rik B h r i s t nzis aH r Jos · Fra Florian · Gert Johann · Arthu ate Roe n Frede muel C s Chris a r ö h · h · e a a a c l i t h s B i r n S e r c i c a · a in ri le li ia an og ierv omas F einem n Kuszt -Anton ang · M Siqi Fu nn · Fe nger · M DayZ a i a h i h H · Z Av ra ic rm oti anin ·T aria erst nS her r · Sand mela K en · M y · Ting a Djok s Liebe ebastia al · Naz egin H ina c s i r e t F e S y a c s t d M n · s s i k a P · a · thar an an ar ne ns ek k sre iem ushchy · Aleks nn · Joh ija Serd Petru D as Hoc lene Ka tz Dauuch azazia F R a k · r t · i n S K k han affael r Patric antyn chmann Hofma er · Ma tsching lik · Lu g · Ma ef Mor rancan io R xande · Kosty Deuts r Josef buchn e Brei a Haw ng Tan er · Jos line K agler · r a i e e n o · M · Ale Bau arin oph ael N ld · Kar irgit arac oph l·M othe ovic stian S rahi · B · Christ rkus R he esa S ff · Kath n Sper e Maria r · Lisa · Raph Rosenfe lep o P Seba yai-Sha auser oph Ma ski · T ria Gra aximilia leonor Kiewele r Mann Judith Tom A el · w H m· Sali h Chir Elena · Christ Bobro rina Ma ge · M Bartl · E nziska arla Pila r · Jana tmann Emanu a t e n s a i r n ia f c be nigg · i K i r a r a Gi l h F z i f f v t o o a W i o e i h e t t ra uth · Luz isc a Vik er · Ka a Sche Matt · R rund ers · St slinger · ea a i R r m M h · e · r s i am la ge ian en ss rna gg eim oth ia C ieh rG phe etz · Mi Xue · D onne G · Sara L e Amsü ano Gu Lenzin · Max R na Mar Franz L Peter P g · Dor siar r v t i f i r e t at t e r r b g e Y i M e r t e p t d l o · K n tine l · Cha hauser a Pich ine Brig cher · S Alexan ban Pe · Cath ser · Ku ky · Jak n Auers erger · mon i o d u l i s a o b d s l n S r n o B v V a b h l n o o · r Trai Lisa D si · Elise er · Ca sa Fisch tt · Luk ristian hu Ha riel Ko el Obro tas Car ina Buc r Helk e Lui i h b z T i · a e n r e r c a t a n i r i a t g h C a l l him -Sara K line Ai rina Te Leisen a Pan · · Mari udolf G an Mic ner · Fe a Kath ver Wa Consta onore li ri ri R ja ue le an ha nn r· er ies · An r · Jacq k · Kat · Marl a Vikto na Urb inger · tal · Flo rkus W ardt · A Graf · O enhofe gnes E ann fl c i t a r A m a n s r te e h e v ö i · g h a a r n n n h c n M i g ec sK ath ter l· irs rom tha W an es H h fga Ber ky-S haela K ch · Ka hie · K Johann nacio N Strond harina io Wol · Marlie Yan W trick H uzmic s b e · r t a T K g u d c · a l a I r i a bl k P a e a n h g r n j ·M mi erh ber pfe elix nto it M uci ablo a Se na K i Ag Birg phie O istian A el Fried akuz · P efan Eb ulia An e Fritsch ar Haj r · Alin ander F ahn · L · Benja ie t J e o d a r r J k x k S a b S a h · e h N i a n Pia hard C a · Mic Selim Song · rendt e · Ulr Jafar M h Scho roz · Al h Mari ha Pla tina M h t s t n e k t n i e e n s a a o G e e p n l r i b o l B w a a · R ey om n Be er Cz ne os rix isa sab Va · Th Piucco · hristia lores F erger · L her · El ie Hele n · Eli e esa R Visy · Cuderm p d g n g a i h C F a x c a Mar mo hilip · Th der riell schn zenb ca Ja Luk tina Schi Mar a Giaco · Alexan a Agus ph Hit Maria · Emilie Angeli hnikov an · Ma itner · ovic · P z · c o e c t r c s l a i t anlu a Bauer · Mon s Chris Pebble nzinger Claudi hail Pe ezija Ty s Bach a Joksim Rakowi a i a r r k e · h n i e a a e h E i a n r l r r n n· e M ana T K · Sar Buly And · Sab Tara risti ohan bau jade j ks · ryna mayr · J Malissa · Jessica ver Hof Naujo · Mari l Maria Haghi ch · Ch olker T e l s Hel ohanna lthasar anz Xa arlene s Tengg · Danie Armin er Krit tefan V · Desire r J a u · d r M F a e B e · n l z s t · S ou Assi is ann iko lexa ifar uka n Au gard chü Hel ilipp L oayed Franz N n Kilia Grossm ukas A dreas S oni Ab · Ph oxana M etsch · neth Ja ichard witz · L oph An ttori · R · R ney Pr · Ken vic · R Kasso Christ eria Vi o l Syd ilfinge Lisa itz · a Va jond W arija D Isabella a Rakow ck · Len M aiser · a Ann gerbö K iel k· Un Dan artin tte Böc M Ane
Absolvent*innen 1876–2020
Lehrer, Lehrerinnen und Schulpersonal im Schuljahr 2020/21
Johannes Bauer
Elisabeth Lang
Eva Bianchi
Peter Binek
Matthias Böck
The esa Breunig
Thomas Angeler
Christa Aubault
Helmut Bittermann
Tatjana Bosbach
Othmar Breuß
Ulrike Buchelt
540
Lehrer, Lehrerinnen und Schulpersonal im Schuljahr 2020/21
Christoph Buder
Georg Cavallar
Andreas Czachor
Fabiola Claus
Karin Czinczala
Johanna Diem
Regina Ebner
Guido Esser
Stefan Flamisch
Thomas Fleisch
Franz Günter Froneberg
Doris Füreder
Irina Gamperl
Meta GartnerSchwarz
Katharina Golser
Gabriela Gorgon
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Christina Hadjiioannou-Wenz
Magdalena Hahn
Maria Hennefeld
Ingeborg Jaklin
Florian Jana
Ines Jandrisits
Harald Jurek
Petra Katzensteiner
Adelheid Kidery
Gottfried KinskyWeinfurter
Franz Königshofer
Claudia Koroknai
Christa Langegger
Monika Liebert
Massimilliano Magnini
Michaela Masek
541
542
Lehrer, Lehrerinnen und Schulpersonal im Schuljahr 2020/21
Katharina Meier
Thorben MeindlHennig
Renate Mercsanits
Markus Mistelbauer
Viktoria Nake
Herbert Alfred Payer
Angelika Pechmann
Susanne Petri-Fritsche
Sophia Plank
Katharina Poimer-Stadler
Suna Polat
Karin Radl
Waltraud Rammel
Aurelia Roher
Manuel Roth
Iris Roßmanith
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
Gabriela Rudischer
Carolin Schauberger
Karolina Schiller
Veronika Silberbauer
Ingrid SöllnerFritscher
Claudia Solar
Peter Stampf
Petra Stieger
Birgit Strasser
Gabriele Streicher
Laura Tarmastin
Marlis WagnerCermak
Alexandra Wallach
Erika Weithofer
Martin Wildner
543
542
Lehrer, Lehrerinnen und Schulpersonal im Schuljahr 2020/21
Anita Müller (Sekretärin)
Jan Kolodziej (Verwaltungsassistent)
Snezana Jovanovic (Schulwartin)
Dr. Franz Weiß (Schularzt)
Angelina Wapper (Schulwartin)
Bojana Karic (Schulwartin)
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
545
· tta Br e i e u n i g ui · edik Ben Franz org Br arbecho a Hoti ha b ch af Dajan limsc va Inge nG Ul r i m · isabeth · Marti mann · ophie K erger · E · Deh ö l r B S g b e i E · n t n i s ele a er un rt es ro Agn ele Bre dwig H e Kindl egina K hea Ma ger · Jan abe· g i d t u n n schi igitta A nger · L · Stefan Maria R h Doro iel Spri arter · N nd Err i a h n la W e B n c n a er i s a a n i a r n D r s a n a · e · Ro G ülln Ja le h The olfgang sabella r · Step ann · H u Shao Magda ardinar ens M ristian I m e M angy h K e aria rah lov · rg W · Cle lehn arie u ld C Ros Geo Ismayi Krems osa-M ova · G rost · M hart · Sa iscevic i · Gera Marie- HeiT f R n · n l d n M dia ge do ja iela kha Yaz liva nz · cke ie · Or ntin Ru er Lore lena Se i · Dan ukas En Lu · An hekari- la Brü g · Clau · Stefan l u n S a e L h d E i a i t l · J · s i n P m n T i e a · n ö n · Pau n · Ko h · Alex Schaffe Barbara Egorshi iu · We habedd r-Beck Anna H ühlstr ehany anek a M e c eL ay Sh na ne ita hM mi icia abhafr Kuz ria Let n Johan ck · Nik i · Tianh Schöll · ela Allm · Marle pp Kor le · Sara rina Sc r Zaghl a i i i a a b l a o r n n h i l e i h n a l c n h M r t i h M i a t B t a nise er · Ka tz Karl da Kus z Heinr e ese D ika Har ander P einrich nna Ka ner · M · Sebast k g n u i i h A x z r n g n l n v H e · a F o T l o ti tc ra l Sun ghlula · sanna O nnes F Marie- tina Ver ofer · A lt · Pau monov tanze W Dimitr e Hora acz · a u d o s h a i· ha S p et S u d n eb n i Z a i o · l r z e v B s o i J t t o r a h · y r · ga uz elrahim harbi ns Kas aria L ostysl her · C er · Ph na Ge or Pog pitta · eck k p a o c N G M K ri a Je d au hu ·R kt win Dilara ari Ab Yasmin Ivkic · a Clara korny Seisenb regor B · Katha e · Vi lena Sc · Hanm o a a l ja k k · B ger · a i P a n es G d i d u r n t a g o · P b a e z i i a o o v · N as Th in ber · I r · Ver h Nur · Vict Bader ratc h mas nja M esia Do oswith d o E H e a a r e u a R r A r r T e i e n d a · r o · m H k h h n t a m a lz T m et in e ir ár An · Barb dette ik a Ku Petzl · H ich Sch he esa M uard V t Ozsv lix Scho ephanie · Elisab imon L igg n ny Berna i r e n l r E C Am lande · · T der Ed · Báli · Fe rtl · St Hack orian S arschn itz · ntin ann l a o y jum n a mid nem ix Kosch vsky · Y Consta oya An · Alexa grodn iel Sch omas B The es wski · F regor M er · Gre · · e h O n o r n Z z G arfett r r a t l z T r a n · e a b l o o · a a n D e e r r i d a j n m · O a i s B m pK r o d G t s r ame Sch ens hris aber u-A rme · An p Sche arie ha K Clem a Livia bd El-H thias H l · Phili rg Schi alie Abo chs · M l · Mart lissa · C Miriam lia Cui ssauf · a a o r l e u t A u u la e · Cla errim lezel · M Lamm ilian G an · Na stian F pe Kno ndra M ea Car Boos · J rstin H Elias a e p · rb xa ha · L er e · K n Do a b m r K s e i r e d l e U a · a x u l S n y l i t A a r u mi lexa fe · M Vincen nedikt oris G harina isa Pic ock · C lzbaue ria Ma rager · a j A n a P Be istoph a Raf chael Be elic · L a Kat ath · L lla Bl ic Ho licia i Evam t e r na i eis · in · Ch Kathar vic · M e Find rin Kas · Anton allikunn erer · H Domin Mayer · auer · A er · An n · o h ß b a b a t l e P a k r a i l a a e aldJul er Sim t · He hie K lipp M reddy ina W Hinge xandr a Petz ara Str aW i e l i t p u F j v l r t i h · o b h l n C e A o P S o n t · h · A B O Eise El itsc ibl · · Jak ich · m· ch · rtin · Vic ber t nah a Herw tiane Lo er Much Schram einrich ria Ma Pemp e Schu Wabits c · Reem a i s d n n a i d n tin lara H rina M imilia oli · Alen ondov r Edu Lin via Kr lexa Kar j e Mar x i C · Ol kolaus A erge · rote · l · Katha er · Ma hmelz · nsdorff ilos D lexand der A a G b i M c u e f n · · a f S a m a in m ugeb · N Schö autt ar th ario Alex Kot arol iurc gor dic · C er · Jan lice Ne lögl · D iskus Tr stoph B dru G istoph Gor l Kössl eyer · A ie Sch · Franz · Chri · Alexan ci · Chr r · Pau rin M te Soph a Thei renner thaler e Krej tterhofe b n in r Mi Lau nadet hen ude onik arol Ber e esa M min Asc niel Fre zuk · C es · Pete a c Th r · Ar ra t ·D Men hö awawy tor Ho atrick P · M rd Vik mel a Lam
Absolvent*innen 1876–2020
546
Lehrer, Lehrerinnen und Schulpersonal im Schuljahr 2020/21
n ng ta · e f a m Phuo chupit dnicka · St S a tu a jum N S e uan agdalen xander ahra An tephani ne X · r e S e l M Z · i n · A l a r an Mül l · Anj decek · Zhang ia Erich ig · Ma igar Is rs a N · Ma n f l n r f · o a e S f t i u r r e n e P t e G in utt Pet hat ne r·A s·S nore · Arm kovic · lix Veit Ellmeye tte Hele efanie H ela osc sa Eleo nna t e m e a e i l · A te S f F n e Raf ber S PiaThe yk · tin S sma · Jea Mar Szymcz · Emil I a Fally a Hirt · Nicole · Luise ea Scho tarevic · Dietl r a r n e r r k t d i o f n e h t e e k f n t a r r i A z i P j a a l A · c n a i ny · · Jen scha Bu s · Irene livia M Keider Julia M ermer · Mak B Maxim Konec asi · · O · a h o n e l Sc nn au fer · Seb ilia alk er · id J öck Dav ophie F raning Linda P umi Ma a Marie ngerb iendor Maxim a Libal na Pohl An tell arin wig er · ia J ia S ria U na G on D hael Mar agdale rie Kais Anton uong · S line Ma ia Mari n · Mic s · Kath Pauline er · Lud anl a a · u M b h n r a ik P aro es ha ho rne onst au -M Agn a · Lisa mer · L eu-Thu any · C er · Co g Kaufm niel Len la Muc nuel Sc cher · K s · Jona ro ös eis Da hae ma ilov ar tn ns a St gan · Di may hanna K Mveto Kristin Baumg el Wolf ackner · ika Mic ukal · E r Paul Z s Paul G kus Ha k l e r a · a a t a e o L a l a h i e J r h r g r k c t ic a li tina ko · Ju padinge na Ma el · Rap ne · Juli ner · An aria S ickler · P ler · Ni anfer · M idt · Pa ic · n a M k u t S m a h o c h K d S sev z o c c t h a Mba atharin uer · Jo ander E bel Lac ella Mi erl · Le ilhelm reuden Nathan omasz S Andro schik b k x a F b a l W s c T e u K I l B e sa s el z em ri Sara xander avid A · Laura Ulrike I ichard R rt Alfon · Dani · Rapha · Bartos er · Pat rich D ager · D tsch n e e H b i i l l c e · R a e u e e k a b A r s n l g v c h a k i i H a l o fan n Don na Kri thar Andre einer · A rina D oph Jir hilipp O le Alten alentin ina Ete rah Ern a K i e l r u · r · r t t o w e P a V e s a S r r b i a N · · b h d e · hr ne er · Y a Kat ath De ela ck an Isa all s Lo h · Alex k · Dani ailsheim usic · C ichlmay Louisa tefan C Anna-K bauer · s Schach ma es u e i r h T Cr min H ian M ide Rauc iedrzi k· n S auer · Neuge ic · Iri ia Tho Des Wal a e il Tim r v ia loria tian e-Sophi lm Schw uveris · rl · Benj Maxim ictoria üser · F Gatterb hristine Savko ine Ma oria Jul a t l r V a t e r e s n c i C r i B i G r l ch · An as Wilh eteris B Hamm Heribe · Arleen -Luisa is · Oliv he esa · Mi hie Ch ugnits · ia Jokes e a P · T s l e i r r p f a · i · r e f d B n d e o An Attalas Andr iyun L er Vett is · Ma tta Fin imovic ick Pu ler · S Stefan · Anto a Picha n n s · ck tr id ·S s et er gi tino · Doria berger istian P ogianz ine Bri im Mak mon Pa bella Sti nbrand ösling tler · An mmler B t e n H s r n e a a s Se Glad tian Kro urf · Ch e-Alessa rie Chri s · Mak llak · D arina Is ha Ank Moritz bert Mä Georg amela · u p · t s h o n e o i t e r k i l n r P i s d a ·R ad K Jo Va er · P ele en · aue mi Ch vo n Ve mer · N zinger · ophia L orny · I harlotte Wenz · Hagen nny Liu elix Sch Demm Glade e w a e a e m n S n G i k F i C J o n a r · a o · · · a i E o aZ er aB n un ini ry Ma ast aP ky Liob in Kara so Kusr Debor hlapans arbara n · Ann hia Ku hierhub ik · Seb annah M o Pallik i p n s B b c a c i n u v o · e s t o S i S S H a i S L n g · · r Z ie · · R nder m · S Matth a Wan ra Fü oph ron a cht itsch ege raha uder Alex nna Pfl rich Ab aoping all · Cla rg Kna nberg · S lula · Aa se Filip Lampre imilian a Sine x o Joha itz Fried alus · D alerie C fer · Ge a Rotte or Zagh ie The Patrick rs · Ma hia Fion ae W Mor harina urda · V Kloiho dl · Leen ny · No r · Soph mmer · Prömp na -Sop ögel · M t · Ka istabel B hristina lara Rie Weilgu n Ebne ucas Ku Mirjam ger · An amuel T anna Chr toria C hler · C · Georg aximilia aber · L Vilela · l Seidin jamin S ophie H · Vik uise Pic mmler eter M ens Kr Patino · Danie a · Ben ama · S icz · Ly · Lo renz Se zieza · P n Clem ebecca saryan ymansk adim Z Leonow · Lo ieta D c · Stefa gerl · R chahna ndra Sz eck · V Nicole Elzb ia Jadri rian Pan Davit S Aleksa in Wud hum · t · · m Jul h · Flo Fitz aff l Stan · Jas nat lmut R jamin Weber ephanie · n r e t e p H r · Be illip alkeis · S erthan ge d l Ph nue urelia F osa Ma A dia R Absolvent*innen 1876–2020
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
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Absolvent*innen 1876–2020
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Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
uder as d e ian Ma esa Th Pensch ias a T b l e i l h r im a a Jo· To -T Max · Anna icitas C egkal endez · Abu· y l m e sk ic h m lil Lan ksimov uzzi · F aria Sc boda M i · Kha Bertra ödl o t t a d t v a r H M S u e P M a a o a r W ian G ea ulin Ann l va r jan odo Tab ulin · Te ser · Pa hanna tobal A h · Fab · Sebast Lena Pa Elena · Dora · o s c nger is s · esser Jo ie aM Wel · Cr l er · Kap oph we i s neld Ramm ckovic atthias Lotta A n Gott sabeth Anna P arz · S uböck i w i e a A · Sch a ro l rian h El a Sr rina u · M Saar aus aria · Flo · Marin tschga burg · erle · C Hanna · Katha avanka elia M fan Fil oi · · e c n n S n H i t V lte Ce ezö ·S dy k· vic d Cor mid Sch lisabeth opold A Fanny ia Janko Julia M chrame Arab · ltinger ter · Cin Marhol r e u a e · S t f i E a l ä d L o me u ea ik S Ju da d fst aD na han rdinan r Büll · · Nina livia L ine Lin ele · H · Laur uel Ho · Veron e Schlem stian e h O e c an nt hri ·F ete r· tter phi ovi Sab aT zaid iktor P in Hu a Lange uddu · Marci De Mo Max Em Manojl nna-So annes C e · Felix a m · i a V A P h a g a e l r d · · n j n ph a o bc a Jo u Blin aus Ben ela Cla Claudi meli · O ara Lili Harriso u · Tam nsteiner utti · in Kara Christo rl r W l i l a e · L ü o Ka L ff r tt · S ra ko Se ri am · Ni ck · Ra er · Da a Özge hinger n Willi · Oliver eter Ro er · Cla Halzl · Schere imilian ina t x c n l p a n a u am h et ch la ild ia ra ili ns Kob ina Pra ger · H aybrit B Maxim ura Joic lois Ha arkus V · Barba er · Jul mel · M i Ho · Y nnah r n a e m A L M ki M r· Ha rg rim ha Kat th Stoc elanie nberge slinger · Röder · homas riedbe nz Pram aria T uan - Wewski · · Rosa e F e ö -M M b u ·T re sz ·K ler a ict Elisa Brühl · iska Fra orenz H Bened Tomac leonor er · Lau l · Sarah astillo eon Ol lia Schil a Arab E z x -C · n · m in ·L nd ·L an Ju ind · Ma rina Fra achner r · Flori r · Mart dlinger n Pram nes Stei Cacsire lewicz arlotta um · L inandy a a i e b a d e n n n C t b t h r a l n g i a h a · u c n e i r t e e n i n e h e Fr · Flor gl · Jo z · Viv ka M a Rose Ka ah Ho Oberr Spadi chs pany F g · An Wei n i n e ie e p es riam sk zis a Han h Sophi ie Louis hi · Mi asin Lar omos S a Abul r · Fran Franzi ts · Julia ich · Ko ng Hua orentin o n l r r st a e la Y ca n e t · r a F i o s n H · e E n r a s r i a · k a A e S y M g s i V a r · · e v n a kl au er · B r D man · Ch hur r La r·A ader The aM becc Win nde · Re rsberge l · Oska Senycia bdul K hristin Putting · Ida T Alexa ef Hoff otter · Bernd an Yiu R e l e d r C u A e an os Dob i Kiege · Nicol · Sarah · Anna la Aimé iegmun · Trist imon J · Stefan nd · Pau any · G Klein r l r i e S k r S t c a d · B e o n i a i l e f n W a i C v s e g f e n e r s · e o e e S c t inn N ra Vale a Rö h eo L fohs Valk in D stian oub n Re liam · Vin Wil · Luka ler · Th aire Pro · Fanny Benjam uth G a Adind ja Chri h · Julia berger muk Sc o R l t l p n o y n e · s e r a i ö o y p C i I r o z a e e n S r r Tm H ie T an lze h · Ni Aljid Maria eiß · en · oph nn N · Sue iam nho n-St Myr ann · S churia lipp Ba el Goet Palme rilena W r · Nora · Anna n · Joha rika Ch · ChrisS x m z n i Pöll dalena in · Ph n Wen ee · Feli atja Ma l Wöhre n Grkic euma elik · E amzo mar N H Mag em Ayd tl · Simo · Bom L chta · K Manue Kristija · Philip · Ece C harbel nda Kra a j k n · n r i C li r y c o r a e a T o hia i ö K F e o i t g k i r · oria Lackin exande · Sebas nder Ed Nadas na Aub Anton hia Th e · Sop t c i V dia · Al Sop irth lzl · dale azeorg lexa bäch Clau ermann hael W ljan · A ttila G na Mag ard Ha raimi · Offen ilia Str c A b u v a i m i Sau iel M van D ehrer · · Susan as Ed tina I · Laur atja E Dan n · Ste iggy L ebach · Thom · Laun asznitz ürz · K Che icolas Z rian Se ringen Hamzo uisa M lix Sch chta · e a L · N e · Flo g-Loth aria an F ie Tr er · del bsbur mzo · M enzing aximili tephan Ha a Ha ·M rie S ria L tin isa Ma a Parfy rie-Vale n L a i l · o Car icky · M n
Absolvent*innen 1876–2020
Lehrer und Lehrerinnen des Wasagymnasiums 1871–2021
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ssi kas na m a e r · Lu Abou A staller · Seo R · g liver Bur ttila raun ison l a T yton · O phanie e Harr aster · A äche · e a h a e a n b R a p Leila Z lene St osephi Nora L Offen ig · Priy arJ · e K el n m r a · a a H h i e i l r h c g · l r s a i c da nmü Benger jic · M ayr · M rg · Mi e Pogat in Rülin Mathil ija i e W erie u t n u a r s m e b i c l n r rl c G lom Val ristina ara Kre Mütze e · Ma arie Ch e · Rebe ini · So t Hera n k c g i L ik t i i e rg M e r · L ina · K ffaela end iska Pfl hanna ard Sw y-Pallav t Bened an Geo ge a v H a · R l z i o n n k i · r J in e n G L o r c sa a a eo Leo Höple i Yung rjam Fr Antoni derik L aulus C er · Vin eibl · Fl inger · X ebass i S S g h · e h a er es P ·C ·M on Eic · Fr ger ssin enz Jon lim Leitner nhaupt ücklin h Stich r · Joann lian Gö lian Sim ne Kira h · Laur hie Mad rz · i R t i i i c l e p a e e i d a au au ab So ra ·K sP rd lm hw xim Kon atthia es Rica nna Elis ander B on Ma Reichel Beck · P esa Hel a Leth · Susi Sc ah Abe M Agn l · x a l e a L m e n r e r n h l h · a a a e na b o i o Sim euter · bzda · J ilian A Filippi c · Flor er · Chi hanna T ania Isa ne Rott gram · S a Marti si m a i s f R o e l b s i o j i e r e d e x S J a t H a e a d i a e l · s Mar eronika ed · M Alessan an Mag annes W annak urer · E eich · N izitas W ro · Th ne Lisa Lea a e e l · m a i l h H e h R n h r L s F ar Jo ut ri di aW n olin Salwa A l Rachi ang · O bastian Nikolau ikolaus ebastia Annika iara Ca mer · M r · Cate r · Rosa L · e S h E e · N r z ze n · m S · n r h i e C y i a n r · l c o · a Tes a · Am u · Ant onelli Benjam Kinde Radere Szirm astillo n Halh Kumm rina Ta · Lauren y h T l a · s a e o s o i C i s b a d z H h r n h r e t h u o m e i i n Do · Kewe iel Lin e Goert · Lore ian Jak · Tam Cacsir m · Flo ra Sop er · Ka ipp He as Neg na l l a i u l k k n i l e i k m n n o a a i i u h d N t r C n ma nger · D ise Eun ou Kin · Maxim isa Sve rt · Kev zzo Fat Kim · Schlem ilian P ilian L und · allri im k W gm he ou ki he na -L eL xim Stoc arie-L · Clara rda Prac · Sophi ie Borc Sami G th · Gyu Kathari er · Max ri · Ma Paul Sie Rudolf onia M a t n s a g a r t · s a a o n f a u c e l i a K i e i i n o e li H R ng ·P el M att aA on Ga offma ina tötti Blin · M ein · M Emanu oessler ristoph hannes eider · E k · Ant Paulin e Kott N S H · e r n n · h n n b n R z a o w a e r i o J n h r C l n t g tia Natte e h a r k c e t s l e g i i r b Pau r · Ja r Tsc lfgan r Sin · Ma ob S Petr ia sber Chr · Lo el E · Jul Simic hamme manu fbauer ias Wo e Gale · chner · mil-Jak lexande arie Es Elena lexande nhold m c o E A A rs na ni M ei tth y· Jova · Rosa A Lukas E arina H kl · Ma r · Stefa lias Ma chmer · imilian Masri · onecn ichner · rhard R briele · K h e x c E e a S i t d l a uzai rsberger nja Ka Filip P Dulting rkusuz · artin erg · M Attia E ephanie rsula M aub · G dette G hrisr M f U A a t e t b C x s o · e l · s i S n S b s Do -Fenzl ski · Jo rif · Fel Sibel K chimik erg-Sto · Yunu ophie d Agne Liam ic · Ber eatrice ayci r l · S r n n b B i e S al A l i w a · o · g r n e B o g a K en St lin lsz n ra fer ece use tha anu ori lde ix O ints · B Holzha a Vikt rdinand ikt Ca Karab as · Hi orska · Z din · La Doblho e · Viya Röder · l e F a n r · y e ed r ub a Sik rand ndra norin r -V ar A nde ar-F Salm a Lj ndra Ben Thu g Alexa bert · C r · Casp taller · elmy · omenic agdalen nn · Sid a Alexa Hoch G e Alexa ub · We i l i s a r a a e Geo rin Sch ter Stift a Burg Salma H anes · D ikola M esa Am ric · Sof exandra · Soph rlize Str l Anato k l n l N u a l u u · e r e j n i I · a oll torre Th ofia D arlen A ung Pa ee Ch er · Pa vska · · L lka · D e Joha ao a n ena o a Gr m J a Sh Smo Karolin ra Ann arian L rica · In wad · L trich · S ann · M r · You olz · Ai es Brun a Juruk am t e · o lj e a i w M n S iri m u n O a a a r · M ner ner · C asser · Lara S bdelga beth D Hart b a h · i eu e Chi Jo ag lian rsk · l t d h L N a A o t l e s l i h o a i o u a t r e w i l n p a F a Ra iel M ximi man arle r · Ja Mar Leo Salm an J ssa E baue uz · Alin tscher · n · Lari ohner · · Clara erka · M erger · E Jakub J es · Dan ibl · Ma renz t l i e · r k e u t i B au k s r F Na ian W en Ch Ida lie Mu lina Sie Tyrone r Hölle man Lo Leon S ran · L a r i l W o T i e s l o a e e a l F ich eon ·H s·R hae · Em · Am Luk eand Call Dreyer isielow · Julia M mer · L oah L per Pire otzer · h · Mic han · · c N m l p s Z · K m i a ib tin niel Sch ang as K Ach rt Te weis s Se · Da b Jona · Anna in Gott · Thom r · Felix n Robe d · Qiw s e in eo nt Jako Thele Kap umm el W r·L nsta zel en · Ko enjamin Platzg tockne r Manu Ch spar B · Anna nder S xande Ka ischl lexa · Ale Ne dreas A roither An iener W
Absolvent*innen 1876–2020
Autor*innenverzeichnis
Johannes Bauer ist seit 2010Direktor des Wasagymnasiums. Helmut Bittermann unterrichtet seit 1990/91am Wasagymnasium Bewegung und Sport, Chemie und Informatik. Markus Bolhàr-Nordenkampf, Matura 1994,hat an der TU-Wien in Verfahrenstechnik promoviert und ist Director for Energy Sales and Service Operations bei Valmet GesmbH. Tatjana Bosbach unterrichtet seit 2007 am Wasagymnasium Französisch, Spanisch und KPR. Theresa Breunig unterrichtet seit 2020 am Wasagymnasium Deutsch und Technisches Werken. Othmar Breuss unterrichtete von 1984bis 2020 Biologie und Umweltkunde am Wasagymnasium. Christoph Buder unterrichtet seit 2009 am Wasagymnasium Englisch, Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung. Georg Cavallar unterrichtet seit 1993Englisch, Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung sowie Psychologie und Philosophie am Wasagymnasium. Karin Czinczala unterrichtet von 1987–2021am Wasagymnasium Englisch und Italienisch. Regina Ebner unterrichtet seit 2003 am Wasagymnasium Französisch und Spanisch. Guido Esser ist seit 2008 am Wasagymnasium in der Tagesbetreuung tätig und leitet diese seit dem Schuljahr 2010/2011. Günter Froneberg unterrichtet seit 2002 am Wasagymnasium Deutsch, Englisch, Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung sowie Kommunikation, Präsentation und Rhetorik.
Autor*innenverzeichnis
Meta Gartner-Schwarz unterrichtet seit 2009 am Wasagymnasium Englisch und Deutsch. Katharina Golser unterrichtet seit 2007 am Wasagymnasium Englisch, Geschichte, Sozialkunde, Politische Bildung und Italienisch. Marlene Haslinger-Fenzl, Matura 2019,Germanistikstudentin. Maria Hennefeld unterrichtet seit dem Jahr 2000 am Wasagymnasium Französisch und Griechisch. Martin Jäggle, Matura 1966, Univ.-Prof. i. R. für Religionspädagogik und Katechetik an der Katholisch-Theologischen akultät der Universität Wien und Präsident des Koordinierungausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Petra Katzensteiner unterrichtet seit 2012am Wasagymnasium Englisch und Spanisch. Adelheid Kidery unterrichtet seit 1998 amWasagymnasium Deutsch und leitet die Bibliothek. Gottfried Kinsky-Weinfurter unterrichtet seit 1985am Wasagymnasium Musik, Psychologie und Philosophie Claudia Koroknai unterrichtet seit 2013am Wasagymnasium Informatik und Mathematik. Friedrich Lessky leitete das Musikrealgymnasium in der Neustiftgasse, das aus dem RGMusik-Zweig des Wasagymansiums 1962 installiert und 1972 als Expositur zur eigenen Schule wurde, als Direktor. Michaela Masek unterrichtet seit 1983 amWasagymnasium Latein, Altgriechisch, Psychologie/Philosophie. Renate Mercsanits unterrichtet seit dem Schuljahr 2000 Katholische Religion, Englisch und Geschichte am Wasagymnasium. Viktoria Nake unterrichtet seit 2014am Wasagymnasium Informatik und Bewegung und Sport. Georg Plattner, Matura 1991,Direktor der Antikensammlung, Ephesos Museum
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Autor*innenverzeichnis
Katharina Poimer-Stadler unterrichtet seit 2009 Deutsch, Psychologie und Philosophie am Wasagymansium. Waltraud Rammel unterrichtet seit 1983am Wasagymansium Musik, Klavier und Chorgesang. Aurelia Roher unterrichtet seit 1987am Wasagymnasium Bewegung und Sport sowie Bildnerische Erziehung. Veronika Silberbauer unterrichtet seit 2009 am Wasagymnasium Deutsch und Darstellendes Spiel. Michael Sörös war von 2002 bis 2008 Direktor des Wasagymnasiums. Gabriele Streicher unterrichtet am Wasagymnasium seit 1991Englisch und Latein. Bernd Vogel unterrichtete am Wasagymnasium von 1998bis 2012. Emanuel Welten ist derzeit Vorsitzender des Elternvereins des Wasagymnasiums. John Wermer, Professor Emeritus of Mathematics, Brown, BA Harvard 1947;PhD Harvard 1951;Instructor, Yale 1951–1954; Assistant Professor, Brown, 1954–1957; Associate Professor, Brown 1957–1961; Professor, Brown 1961–1994;Professor Emeritus, Brown 1994–1956/57 und 1967/68 Institute for Advanced Study. 1962 Fellow der American Association for the Advancement of Science, Speaker auf dem Internationalen Mathematiker-Kongress in Stockholm. Im selben Jahr wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1963/64Sloan Research Fellowship. 1969–1971Chairman, Department of Mathematics, Brown. 1973Mitglied der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala. 2012 Fellow der American Mathematical Society. Marco Mosar (EV-Vorsitzender), Annette Höslinger-Finck, Julia Patuzzi, Stefan Cecerle (Vors.-Stellvertreter*innen) und Angelika Röder (Kassierin) bildeten am Wasagymnasium den Elternvereins-Vorstand von 2009/2010bis 2014/2015. Redaktionsteam: Renate Mercsanits, Franz Königshofer, Christa Aubault, Stefan Flamisch, Günter Froneberg, Meta Gartner-Schwarz, Viktoria Nake, Sissy Reppé, Aurelia Roher, Marlis Wagner-Cermak und das Kollegium des Wasagymnasiums.