111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie [1. Aufl.] 9783662611173, 9783662611180

Der alltägliche Einsatz im chemischen Produktionsbetrieb erfordert ein komplexes Bündel an Grundkenntnissen zur Berechnu

255 8 10MB

German Pages XIV, 247 [259] Year 2020

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Front Matter ....Pages I-XIV
Einführung (Günter Jüptner)....Pages 1-7
Grundlagen und Formelsammlung (Günter Jüptner)....Pages 9-36
Übungsaufgaben (Günter Jüptner)....Pages 37-247
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111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie [1. Aufl.]
 9783662611173, 9783662611180

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Günter Jüptner

111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie

111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie

Günter Jüptner

111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie

Günter Jüptner Hammah, Deutschland

ISBN 978-3-662-61117-3 ISBN 978-3-662-61118-0  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-61118-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Désirée Claus Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

In dankbarem Rückblick auf etwa fünf Dekaden erfüllter, herausfordernder und zufriedener Tätigkeit im Bereich Chemie und Verfahrenstechnik „Lernen ist wie gegen den Strom rudern, wer damit aufhört, treibt zurück.“ Xunzi (chinesischer Philosoph, 300 v. Chr.)

Vorwort

Der Anstoß zu diesem Buch erfolgte durch das Sichten der vom Autor gesammelten Übungsaufgaben zur Chemietechnik, die im Rahmen von mehr als einem Jahrzehnt Dozententätigkeit für angehende Industriemeister Chemie erstellt wurden. Aus meinen langjährigen Erfahrungen heraus besteht während der Ausbildung von Industriemeistern Chemie, aber auch im täglichen Betriebsalltag ein Bedarf an solchen praxisnahen Übungsaufgaben. Zudem habe ich im Laufe meines etwa 50-jährigen Werdegangs in der chemischen Industrie von einer Chemielaborantenlehre in einem Betriebslabor bis zum „Global Technology Leader“ in einem international aktiven Chemieunternehmen die Erfahrung gemacht, dass in einem chemischen Produktionsbetrieb direkt tätige Personen häufig mit relativ einfachen technischen Berechnungen überfordert sind – insbesondere an der Schnittstelle zwischen Chemie und Technik. Dies gilt oft für Betriebsingenieure, die ihre Hochschulausbildung zum Teil im Bereich Maschinenbau oder einem ähnlichen Fachgebiet erfahren haben. Auch Chemikern, die während ihres Studiums nicht mit technischer Chemie in Berührung kamen, sind solche in einem Chemiebetrieb üblichen und notwendigen Berechnungen oftmals fremd. Dieses Manko kann die gedeihliche Zusammenarbeit von Chemikern, Ingenieuren, Meistern und weiteren Teammitgliedern einer Chemieanlage erheblich erschweren. Das entstandene Buch soll hier Abhilfe schaffen. Neben den bereits angesprochenen Zielgruppen seien Chemielaboranten, Chemotechniker, Vorarbeiter, Chemikanten genannt, die sich fachlich weiterentwickeln wollen. In der vorliegenden Aufgabensammlung werden lediglich die wichtigsten, in den meisten Chemieanlagen vorherrschenden Themen behandelt, nicht jedoch Spezialgebiete der chemischen Technologie. Es wird nur sehr knapp auf Grundlagen der technischen Chemie und der Verfahrenstechnik eingegangen, da die Aufgabensammlung ein entsprechendes Lehrbuch nicht ersetzen will und kann. Es ist als Übungsbuch zur Anwendung und Vertiefung relativ einfacher Berechnungen in einem chemischen Betrieb konzipiert. Daher werden im Folgenden lediglich die hierzu benötigten Formeln mit einer sehr kurz gehaltenen Beschreibung

VII

VIII

Vorwort

wiedergegeben. Zur Aneignung des Hintergrundwissens und für Herleitungen der angeführten Beziehungen sei auf die entsprechenden Lehrbücher verwiesen. Ich wünsche dem Leser und Übenden viel Erfolg und Freude am Erkenntnisgewinn durch das Bearbeiten und Lösen der Aufgaben. Im Juli 2020

Günter Jüptner

Symbolverzeichnis, Konstanten & Umrechnungs-Faktoren

i. Symbolverzeichnis Die in diesem Buch verwendeten Symbole entsprechen den in der einschlägigen Literatur zumeist verwendeten Buchstaben und Zeichen. Da die chemische Industrie global aufgestellt ist, liegen bei der Benennung von solchen Daten im Wesentlichen Begriffe aus der englischen Sprache vor. Dem wird hier Rechnung getragen. Allerdings ergibt sich daraus in manchen Fällen eine Doppelbelegung der verwendeten Symbole. Als Hinweis für den Leser sei zusätzlich angemerkt, dass in den Lehrbüchern der chemischen Technologie und Verfahrenstechnik leider oft noch eine uneinheitliche Benennung der verwendeten Größen vorliegt. Symbol

Einheit

Bedeutung

A

m2

Fläche

ci

mol/L

Molare Konzentration

Ci

kg/L

Massenkonzentration volumenbezogen

Ci

gew%

Massenbezogene Konzentration

cpi

J/(mol * °C) = J/(mol * K)

Wärmekapazität des Stoffes i (molbezogen)

cpi

kJ/(kg * °C) = kJ/(kg * K)

Wärmekapazität des Stoffes i (massenbezogen)

da

m

Durchmesser außen

di

m

Durchmesser innen

E

kJ

Energie, Wärme, Arbeit (Joule) Elektrische Energie → kWh

EA

kJ/mol

Aktivierungsenergie Faktor der Reaktionsgeschwindigkeiten bei Temperaturänderung

FT g

m/s2

Erdbeschleunigung, Fallbeschleunigung

hgeo

m

Geodätische Höhe Pumpenförderung

hp

m

Höhen-Äquivalent Druckdifferenz Pumpenförderung

hr

m

Höhen-Äquivalent Reibungsverluste Leitungssystem Pumpenfördern

H

m

Gesamthöhe Pumpenförderung IX

Symbolverzeichnis, Konstanten & Umrechnungs-Faktoren

X Symbol

Einheit

Bedeutung

I

A

Stromstärke (Ampere)

ΔfHi0

kJ/mol

Bildungsenthalpie Stoff i unter Standardbedingungen (25 °C; 1 bar)

ΔLH

kJ/mol

Lösungsenthalpie

ΔSH

kJ/mol

Spezifische Schmelzenthalpie (molbezogen)

ΔSH

kJ/kg

Spezifische Schmelzwärme (massenbezogen)

ΔRH

kJ/mol

Reaktionsenthalpie

ΔVH

kJ/mol

Spezifische Verdampfungsenthalpie (molbezogen)

ΔVH

kJ/kg

Spezifische Verdampfungswärme (massenbezogen)

ko

s−1

Maximale Geschwindigkeitskonstante; Aktionskonstante

k1

s−1

Geschwindigkeitskonstante einer Reaktion erster Ordnung

k2

L/(mole * s)

Geschwindigkeitskonstante einer Reaktion zweiter Ordnung

bzw. L/(mole * s)

Molenbruchbezogene Gleichgewichtskonstante

kx Kw

W/(m2 * °C)

Wärmedurchgangskoeffizient

L

m

Länge

LP

(mol/L)Φ

   vi Löslichkeitsprodukt φ =

mi

kg oder t

Masse des Stoffes i

m ˙i

kg/s oder t/h

Massenstrom des Stoffes i

Mi

g/mol

Molmasse des Stoffes i Anzahl

n ni

mol

Molzahl des Stoffes i

n˙ i

mol/s

Molenstrom des Stoffes i

nEq

mol

Anzahl Äquivalente

p

Pa = kg * /(m * s2)

Druck (pressure → Pascal)

P

W = kg * m2/s3

Leistung (Power → J/s = Watt)

Q

J = kg * m2/s2

Energie, Wärme, Arbeit (Joule) Elektrische Energie → KWh

˙ Q

W = kg * m2/s3

Leistung bzw. Wärmefluss (J/s = Watt)

r

mol/s

Reaktionsgeschwindigkeit

s

m

Dicke (z. B. Rohrwand)

ScF

Scale-up-Faktor Selektivität Produkt P bezüglich Reaktant A

SP/A t

s

Zeit

T

°C

Temperatur beim Rechnen mit Temperaturdifferenzen

T

K

Absolute Temperatur (Thermodynamik & ­Gasgesetze)

Symbolverzeichnis, Konstanten & Umrechnungs-Faktoren Symbol

Einheit

Bedeutung

U

V

Spannung Elektrolyse-Zelle (Volt)

V

m3 oder L

Volumen



m3/s

Volumenstrom

VR

m3

Reaktorvolumen

w

m/s

oder L

Fließgeschwindigkeit

x

Molenbruch

XA

Umsatz Reaktant A Ausbeute an Produkt P bezüglich Reaktant A

YP/A αa, α1

W/(m2 * °C) = W/(m2 * K)

Äußerer Wärmeübergangskoeffizient

αi, α2

W/(m2 * °C) = W/(m2 * K)

Innerer Wärmeübergangskoeffizient

α

1/°C

Linearer Ausdehnungskoeffizient

γ

1/°C

Kubischer Ausdehnungskoeffizient

ρi

kg/m3

Dichte des Stoffes i

Δ

Differenz z. B. ΔT = Temperaturdifferenz oder Δp = Druckdifferenz

ηE

Elektrischer Wirkungsgrad

ηP

Pumpenwirkungsgrad

η

Wirkungsgrad

η

Pa * s = kg * m/s

Dynamische Viskosität

λ

W/(m * °C) = W/(m * K)

Wärmeleitfähigkeit

τ

s

Verweilzeit

νi

Stöchiometrischer Faktor

νe

Anzahl der bei der Elektrolyse gemäß Reaktionsgleichung zu- oder abgeführten Elektronen

ν

XI

m2/s

Kinetische Viskosität

Bei Massen, Volumen, Konzentrationen, Temperatur, Druck und weiteren Größen steht der Index o für die Bedingungen zu Beginn einer Reaktion beziehungsweise den Zufluss zu einem Reaktor.

ii. Konstanten & Umrechnungs-Faktoren Die bei chemisch-technischen Berechnungen häufig verwendeten Naturkonstanten sind im Folgenden aufgelistet: Allgemeine Gaskonstante R = 8,3146 J/(mol * K) = 8,3146 kg * m2/(s2 * mol * K) = 8,3146 Pa * m3/(mol * K) = 0,083146 bar * L/(mol * K) = 8,315 * 10−5 bar * m3/(mol * K) Erdbeschleunigung, Fallbeschleunigung g = 9,80665  m/s2 ≅ 9,81 m/s2

XII

Symbolverzeichnis, Konstanten & Umrechnungs-Faktoren

Euler’sche Zahl, Napiers-Konstante Zahl e = 2,718282  ≅ 2,718 Faraday’sche Konstante F = 96.485,33 A * s/Eq ≅ 96.485 A * s/Eq (Eq = Äquivalent = Quotient aus Molzahl und zu- oder abgeführter Elektronenzahl in der Reaktionsformel) Kreiszahl π = 3,1416  ≅ 3,14 Loschmidtsche Zahl N = 6,023 Moleküle/mol

In älteren Tabellenwerken, Diagrammen oder Berichten werden oft veraltete NichtSI-konforme Einheiten verwendet. Auch in einigen wenigen außereuropäischen Ländern, insbesondere in den USA, finden solche Einheiten leider immer noch Anwendung. Eine Besonderheit stellen Rohrleitungsdurchmesser dar. Hier werden nach wie vor auch in europäischen Ländern meist Zollmaße verwendet (1″ = 25,4  mm). Es sind an dieser Stelle nur fünf Größen mit ihren Umrechnungsfaktoren angeführt, die für die in diesem Buch behandelten Gebiete relevant sind: British Thermal Unit → 1  BTU = 1,055  kJ Kalorie → 1  cal = 4,19  J Atmosphäre → 1  atm = 1,013  bar = 101.325  Pa mmHg → 1  Torr = 1,332  mbar = 1332  Pa Pounds per Square Inch → 1  PSI  ≅ 0,07 bar = 700  Pa

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Größen, Zahlenwerte, Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Wichtige Zusammenhänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2.1 Mathematische Regeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2.2 Kraft, Druck, Arbeit, Wärme, Energie und Leistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2.3 Weitere Zusammenhänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2.4 Wirkungsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.2.5 Mittelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2 Grundlagen und Formelsammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1 Ideales Gasgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Massenwirkungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.1 Reaktionsgleichgewichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.2 pH- und pKa-Wert, Pufferlösungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.2.3 Löslichkeitsprodukt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3 Stoffbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3.1 Massenbilanzen und stöchiometrische Bilanzen. . . . . . . . . . 14 2.3.2 Umsatz, Ausbeute und Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.3.3 Reaktionsgeschwindigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.4 Wärme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.4.1 Erwärmen und Abkühlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.4.2 Schmelz- und Verdampfungswärme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4.3 Lösungswärme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.4.4 Reaktionswärme und Reaktionsenthalpie . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.4.5 Wärmedurchgang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.4.6 Wärmebilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.4.7 Thermische Reaktorstabilitäts-Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.4.8 Wärmeausdehnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.5 Elektrochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.6 Flüssigfördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.7 Maßstabvergrößerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.7.1 Scale-up-Faktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.7.2 Dimensionslose Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 XIII

XIV

Inhaltsverzeichnis

3 Übungsaufgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.1 Ideales Gasgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.2 Massenwirkungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.2.1 Gleichgewichtsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.2.2 pH-Wert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.2.3 Löslichkeitsprodukt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.3 Stoffbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.3.1 Massenbilanzen und stöchiometrische Bilanzen. . . . . . . . . . 64 3.3.2 Umsatz, Ausbeute und Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3.3.3 Reaktionsgeschwindigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3.4 Wärme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3.4.1 Erwärmen, Schmelzen, Verdampfen, Auflösen. . . . . . . . . . . 91 3.4.2 Berechnung der Reaktionsenthalpie aus Bildungsenthalpien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3.4.3 Heizwert/Brennwert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.4.4 Wärmedurchgang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3.4.5 Wärmebilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 3.4.6 Reaktorstabilitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 3.4.7 Wärmeausdehnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 3.5 Elektrochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3.6 Flüssigfördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.7 Maßstabvergrößerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3.8 Kombinierte Aufgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

1

Einführung

Eine chemische Produktionsanlage stellt ein komplexes System dar, in dem chemische Reaktionen gezielt und wohlkontrolliert durchgeführt werden. Hierzu bedarf es der chemischen Verfahrenstechnik als Kombination unterschiedlicher und vielfältiger naturwissenschaftlicher und ingenieurmäßiger Kenntnisse. Das phänomenologische Verständnis der Vorgänge in einer Produktionsanlage ist die Voraussetzung für ihren sicheren und optimalen Betrieb. Eine zweite, ebenso wichtige Bedingung hierfür ist die quantitative Betrachtung der Betriebsbedingungen und -abläufe. Hier setzt dieses Buch an. Anhand von Formeln, Beispielen und Übungsaufgaben werden Berechnungsmethoden für die wichtigsten Grundoperationen in einem chemischen Betrieb dargestellt. Es sind dies das ideale Gasgesetz, das Massenwirkungsgesetz (Reaktionsgleichgewichte, p­H-Wert, Löslichkeitsprodukt), Stoffbilanzen (Umsatz, Ausbeute, Selektivität), Reaktionsgeschwindigkeit, Wärme (Reaktionswärme, Wärmekapazität, Wärmedurchgang, Wärmebilanzen, Reaktorstabilität), elektrochemisches Äquivalent, Flüssigfördern und Maßstabvergrößerung. Zusätzlich werden Aufgaben aus der Kombination dieser verschiedenen Gebiete gestellt. Hierbei geht es um relativ einfache Probleme aus der Betriebspraxis, die zu ihrer Lösung keine Kenntnisse der Differential- oder Integralrechnung erfordern. Auf spezielle Gebiete der Verfahrenstechnik, wie z. B. Rektifikation, Extraktion, Kristallisation, Zentrifugieren, Filtration, Mahlen und vieles andere muss in diesem Buch verzichtet werden, da es seinen Rahmen sprengen würde. Hier sei auf die entsprechenden speziellen Lehrbücher verwiesen. Zu Beginn des Buches werden allgemeine Zusammenhänge beschrieben, wie Größen, Zahlenwerte, Einheiten sowie einige mathematische Grundregeln, Zusammenhänge zwischen mechanischen Größen (Kraft, Arbeit, Leistung, Druck usw.) und ausgewählte Methoden der Mittelung. Darauf folgt die Formelsammlung für die verschiedenen, bereits weiter oben erwähnten Teilgebiete. Es wird hierbei auf die Ableitungen zum Entwickeln der Formeln verzichtet – auch hier sei auf die entsprechenden Lehrbücher verwiesen. Allerdings werden in © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Jüptner, 111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61118-0_1

1

2

1 Einführung

einigen Fällen zur besseren Anschaulichkeit phänomenologische Erklärungen oder auch Problembeispiele angeführt. Abschließend folgen die Übungsaufgaben. Zunächst wird der Text der Aufgabe gegeben, gefolgt von der Schilderung der Lösungsstrategie, der ausführlichen Lösung und gegebenenfalls einer Erläuterung des Ergebnisses.

1.1 Größen, Zahlenwerte, Einheiten In der Regel besteht eine Größe aus einem Zahlenwert und einer Maßeinheit (Dimension). Die Angabe von Produktionsanlagenparametern, Stoffgrößen oder entsprechenden Rechenergebnissen ohne die zugehörige Einheit ist sinnlos und kann zu kostspieligen oder gar gefährlichen Missverständnissen führen. Das konsequente Einsetzen der zugehörigen Einheiten in die Gleichungen zur Lösung einer Aufgabe sollte dem Übenden „in Fleisch und Blut“ übergehen, ist doch ein mit einer falschen Dimension behaftetes Ergebnis ein guter Indikator für ein Versehen beim Einsetzen der Größen in die entsprechenden Gleichungen oder ein Fehler im Rechenweg. Man kann die Größen mit ihren Einheiten direkt in die entsprechenden Formeln einsetzen oder aber eine gesonderte Einheitenbetrachtung durchführen. In den Lösungsbeispielen zieht der Autor das Erstere vor. In der vorliegenden Aufgabensammlung werden bei den Lösungswegen konsequent SI („Standard International“)-Einheiten verwendet. Diese Einheiten wurden auch in der vorhergehenden Tabelle des Symbolverzeichnisses angeführt. Wie bereits erwähnt, sind in Tabellen älterer Bücher, Datensammlungen und firmeninternen Aufzeichnungen oft noch veraltete Einheiten wie Kalorien, Atmosphären, Pounds-per-Square-Inch (PSI), Galonen und Ähnliches zu finden. In einigen wenigen Ländern mit einer stark entwickelten chemischen Industrie, wie zum Beispiel in den USA, sind solche veralteten Einheiten leider nach wie vor gang und gäbe. Auch in Europa sind Rohrleitungssysteme oft aus zölligen Rohren und Fittings erstellt. Solche Daten sollten vor Beginn einer Berechnung konsequent in ­ SI-Einheiten umgerechnet werden, um aus einem Durcheinander von Dimensionen folgende Fehler zu vermeiden. Die entsprechenden Umrechnungsfaktoren wurden im Abschn. ii angeführt. Eine oft gestellte Frage ist die, wie genau ein Rechenergebnis dargestellt werden muss. Generell kann festgehalten werden, dass man nicht mehr Ziffern einer berechneten Zahl angeben sollte, als aus der Genauigkeit der eingesetzten gemessenen Größen hervorgehen, da sonst eine größere Exaktheit des errechneten Wertes impliziert wird, als es der Realität entspricht. Als Faustregel ist die Darstellung eines Rechenergebnisses in der Chemietechnik mit drei Ziffern meist ausreichend genau, da z. B. die übliche Abweichung einer Messung eines Massenflusses bei etwa ±1 % liegt. Bei verfahrenstechnischen Berechnungen werden oft Näherungen verwendet, die ebenfalls zu einer leichten Abweichung des errechneten Ergebnisses von der Realität führen. Bei komplexen Berechnungen treten Differenzen durch die Rundung der Zwischenergebnisse auf. Solche leichten Abweichungen wird auch der Übende beim Vergleich seiner Rechenergebnisse

1.2  Wichtige Zusammenhänge

3

mit den im Buch wiedergegebenen Zahlenwerten der Lösungen feststellen. Der Autor empfiehlt die Darstellung eines errechneten Zahlenwertes mit vier bis sechs Ziffern, um dann gegebenenfalls eine Reduktion auf die „sicheren“ Ziffern durchzuführen, demgemäß z. B. ein Volumen V = 12,345  m3 ≅ 12,3  m3.

1.2 Wichtige Zusammenhänge Bei der Ausbildung zu einem naturwissenschaftlich geprägten Beruf werden die wichtigsten mathematischen Regeln, die Grundkenntnisse der Geometrie und die Zusammenhänge verschiedener mechanischer Größen vermittelt. Sie seien neben weiteren Gesetzmäßigkeiten in diesem Kapitel nochmals zur Erinnerung angeführt.

1.2.1 Mathematische Regeln Im Rahmen der Übungsaufgaben kommen die Operatoren der Summen- und Produktbildung zur Anwendung. Auch Kenntnisse der Potenzrechnung sind gefordert. Bei einigen Berechnungen werden Flächen und Volumina berechnet. Die entsprechenden Grundformeln sind an dieser Stelle zusammengefasst: Summenzeichen:



Ai = Summe aus A1 + A2 + A3 + A4 . . .

i

 Produktzeichen:



i

Ai = Produkt aus A1 ∗ A2 ∗ A3 ∗ A4 . . .

  Potenzrechnung:

Aa ∗ Ab = Aa+b Beispiele: 105 ∗ 103 = 108

108 ∗ 10−2 = 106

104 ∗ 10−7 = 10−3

Aa /Ab = Aa−b Beispiele: 105 /103 = 105 ∗ 10−3 = 102

Kreisfläche:

10−6 /10−8 = 10−6 ∗ 108 = 102

104 /109 = 104 ∗ 10−9 = 10−5

A = d2 * π/4

z. B. Rohrquerschnitt z. B. Wärmeaustauschfläche Rohr

Mantelfläche Zylinder:

A = L * d * π

Volumen Zylinder:

V = L * d2 * π/4

Kugeloberfläche:

A = d2 * π

Kugelvolumen:

V = d3 * π/6

1 Einführung

4

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass meist der Außendurchmesser von Rohren oder Behältern angegeben wird, während für die Berechnung von Stoffströmen durch Rohre oder für die Berechnung des Reaktorinhalts der Innendurchmesser maßgebend ist. Hierzu muss vom Außendurchmesser die doppelte Wandstärke abgezogen werden.

1.2.2 Kraft, Druck, Arbeit, Wärme, Energie und Leistung Die Verwendung etwas komplexerer Einheiten wie z. B. Newton oder Joule wird erleichtert, wenn die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Größen verstanden werden. Ihre Erklärung als „Wort-Gleichung“ mag als „Eselsbrücke“ dienen. Die Zusammenhänge von Kraft, Druck, Arbeit, Wärme, Energie und Leistung sind nachfolgend mit den entsprechenden Einheiten wiedergegeben: Kraft = Masse * Beschleunigung F = kg ∗ sm2 = N(Newton) Arbeit, Energie, Wärme = Kraft  * Weg E=Q=

kg ∗ m2 kg ∗ m ∗m= = J (Joule) 2 s s2

elektrische Arbeit wird auch in kWh angegeben

1 kWh = 3600  kJ Leistung = Arbeit oder Energie oder Wärme pro Zeiteinheit

P =

kg * m2 s2



1 s

=

kg * m2 s3

= W(Watt)

Für die elektrische Leistung:

P = Spannung ∗ Stromst¨arke = V ∗ A = W Druck = Kraft/Fläche

P =

kg * m s2



1 m2

=

kg s2 ∗ m

= Pa(Pascal) = 10−5 bar

1.2.3 Weitere Zusammenhänge Strömungsgeschwindigkeit: Volumenstrom pro Querschnittsfläche → w = ˙ bei Rohrströmung → w = di42∗∗Vπ Verweilzeit in einem Reaktor → τ = VV˙R

V˙ A

1.2  Wichtige Zusammenhänge

5

1.2.4 Wirkungsgrad Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis von Nutzenergie zu zugeführter Energie bzw. Nutzleistung zu zugeführter Leistung. Als Beispiel sei der Betrieb eines Elektromotors genannt. η = Nutzenergie/zugeführte Energie Ein Elektromotor wird stets eine geringere mechanische Arbeit verrichten, als er an elektrischer Energie verbraucht. Eine weitere Definition ist der Anteil von Nutzenergie an insgesamt erzeugter Energie. η = Nutzenergie/erzeugte Energie Der Betrieb eines elektrischen Generators oder eines Dampfkessels seien hier als zwei Beispiele gegeben: Ein Stromgenerator wird immer weniger elektrische Energie abgeben, als hinsichtlich der erzeugten Energie der ihn antreibenden Turbine zu erwarten wäre. Die Leistung einer Pumpe wird stets geringer sein als die, die der sie antreibende Elektromotor abgibt. Eine Verbrennungsanlage wird immer weniger Nutzwärme liefern, als von Masse und Heizwert des Brennstoffs theoretisch zu erwarten ist. Viele solcher Beispiele ließen sich hinzufügen. Der Wirkungsgrad wird also im Bereich von 0 bis 1 liegen. Man findet auch prozentuale Angaben des Wirkungsgrades, die das genannte Verhältnis multipliziert mit 100 % darstellen. Werden mehrere Apparate in Serie geschaltet, z. B. ein Elektromotor treibt eine Pumpe an, multiplizieren sich die Wirkungsgrade:

ηGesamt = ηMotor ∗ ηPumpe

1.2.5 Mittelungen Das arithmetische Mittel einer Eigenschaft, z. B. eines Stoffstroms, dessen Temperatur schwankt, darf gebildet werden, wenn nur ein Stoff vorliegt und seine Masse oder der Massenstrom konstant ist:

T1 + T 2 T¯ = 2 Liegen mehrere Stoffe vor, muss mit dem Anteil des jeweiligen Stoffes gewichtet werden. Als Beispiel sei die Mittelung der Wärmekapazität genannt:   (cpi ∗ ni ) i (cpi ∗ mi )  oder molbezogen: cp = i  Massenbezogen: cp = i mi i ni

1 Einführung

6

Mittlerer Rohrdurchmesser Für die Berechnung des Wärmedurchgangs durch Rohrwandungen wird die Fläche des Rohrmantels benötigt. Im Allgemeinen reicht zu diesem Zweck die Genauigkeit des arithmetischen Mittels des Rohrdurchmessers aus:

da + d i d¯ m = 2 Im Fall von Rohren, bei denen die Gesamtwandstärke (z. B. Rohrwand + Wärmeisolierschicht) eine ähnliche Größe wie der innere Rohrdurchmesser aufweist, ergibt das arithmetische Mittel zu kleine Werte. Dies ist z. B. der Fall bei dicken Stein- oder Glaswolleschichten zur Wärmeisolierung. Ist die Gesamtdicke der Rohrwandung gleich dem inneren Rohrdurchmesser, liegt diese Abweichung bei etwa 4 %. In solchen Fällen sollte das logarithmische Mittel des Rohrdurchmessers verwendet werden: da − d i d¯ m = ln ddai Mittlere Temperaturdifferenz In Wärmetauschern, z. B. einem Doppelrohrtauscher (siehe Abb.1.1), nimmt die Temperatur des zu kühlenden Stoffstroms im Verlauf der Länge des Rohres ab, während gleichzeitig die des Kühlmediums steigt. Zur Berechnung des Wärmedurchgangs gemäß der später angeführten Formel 30 muss somit eine mittlere Temperaturdifferenz zwischen Stoffstrom und Kühlmedium bestimmt werden. Da die Temperaturprofile beider Ströme entlang des Wärmetauschers nicht linear sind, wird die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz gemäß nachfolgender Formel berechnet:

T¯ m =

T1 − T2 T1 ln T 2

Dies sei im folgenden Beispiel an einem im Gegenstrombetrieb laufenden Doppelrohrtauscher demonstriert: Innenrohr: Zu kühlende Flüssigkeit Eintritt = 90  °C Austritt = 30  °C Außenrohr: Kühlflüssigkeit Eintritt = 10  °C Austritt = 55  °C

1.2  Wichtige Zusammenhänge

7

=

Abb. 1.1  Berechnung der mittleren logarithmischen Temperaturdifferenz am Beispiel eines Doppelrohrtauschers im Gegenstrombetrieb

2

Grundlagen und Formelsammlung

In der vorliegenden Formelsammlung werden die wesentlichen Beziehungen gegeben, die zur Berechnung von Größen in einer Chemieanlage wichtig sind. Wie bereits angeführt, erhebt dieses Werk nicht den Anspruch eines Lehrbuchs der Verfahrenstechnik, daher wird auf die Herleitung solcher Beziehungen verzichtet. Es werden zur Behandlung der Übungsaufgaben keine Kenntnisse der Differentialoder Integralrechnung vorausgesetzt, wohl aber die Beherrschung von Rechnen mit Potenzen und Logarithmen. In einigen Fällen sind die wissenschaftlichen Hintergründe phänomenologisch geschildert, um über eine gewisse Anschaulichkeit ein Verständnis für die Formeln zu vermitteln. Die Schwerpunkte dieser Formelsammlung liegen im allgemeinen Gasgesetz, dem Massenwirkungsgesetz, Kinetik, Stoffbilanzen, Wärmebilanzen und Flüssigfördern. Zusätzlich werden noch einfache Beziehungen der Maßstabvergrößerung und der Elektrochemie behandelt.

2.1 Ideales Gasgesetz Das ideale Gasgesetz beschreibt den Zusammenhang von Volumen, Druck und Temperatur eines idealen Gases. In der Realität gibt es jedoch, bedingt durch zwischenmolekulare Kräfte, leichte Abweichungen vom idealen Verhalten. Da im Allgemeinen jedoch die Genauigkeit des idealen Gasgesetzes den Bedürfnissen der Berechnungen in einem chemischen Produktionsbetrieb Genüge tut, wird es im Rahmen dieses Übungsbuches ausschließlich verwendet. Die Temperatur muss hierbei grundsätzlich in der Einheit K (Kelvin) eingesetzt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass bei betrieblichen Daten oft der Überdruck eines Gases angegeben wird. Im Gasgesetz muss jedoch der absolute Druck eingesetzt werden. 1 mol eines idealen Gases hat unter Normbedingungen (0 °C = 273,15  K und 1,013 bar) ein Volumen von 22,414 Litern. Diese Bedingungen gelten auch für die Definition des „Normkubikmeters“ (Nm3). Der Zusammenhang zwischen © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Jüptner, 111 Rechenübungen zum Gebiet Chemische Technologie, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61118-0_2

9

2  Grundlagen und Formelsammlung

10

Volumen, Druck und Temperatur eines Gases ist durch die folgenden Formeln gegeben, wobei anstatt des Volumens auch der Volumenstrom eingesetzt werden kann: V2 ∗ p2 T2

= ...

bzw. bei Volumenströmen V0T∗0 p0 =

V1 ∗ p1 T1

Formel 1 :

V0 ∗ p0 T0

=

V1 ∗ p1 T1

=

.

.

.

=

V2 ∗ p2 T2

= ...

Daraus folgt gemäß Formel 2 das allgemeine Gasgesetz für ideale Gase. Für das Volumen kann auch der Volumenstrom eingesetzt werden, wenn anstatt der Molzahl der Molenstrom verwendet wird:

Formel 2 : p ∗ V = n ∗ R ∗ T . bzw. bei Volumenströmen p ∗ V˙ = n ∗ R ∗ T mit der allgemeinen Gaskonstante R = 8,315 * 10−5 bar * m3/(mol * K) → Weitere Einheiten von R sind in Abschn. 1.2 gegeben.

2.2 Massenwirkungsgesetz Viele Reaktionen laufen nicht vollständig ab, sondern es besteht ein Gleichgewicht zwischen Hin- und Rückreaktion. Als Beispiel sei hier die technisch wichtige Ammoniak-Synthese genannt:

N2 + 3H2 ⇄ 2 NH3 Die Lage solcher Reaktionsgleichgewichte wird durch Gleichgewichtskonstanten beschrieben. Hieraus lassen sich die Drücke bzw. Konzentrationen bzw. die Molenbrüche der Reaktanten und Produkte im Gleichgewicht berechnen. Das Massenwirkungsgesetz findet in abgewandelter Form auch im Löslichkeitsprodukt und bei der Berechnung von pH-Werten Anwendung.

2.2.1 Reaktionsgleichgewichte Die Gleichgewichtskonstanten beschreiben wie folgt die Drücke, die Konzentrationen und die Molenbrüche der Reaktanten und Produkte im Gleichgewicht. Ihre Berechnung erfolgt mittels thermodynamischer Größen durch die van’t Hoffsche Gleichung, worauf jedoch in diesem Werk nicht näher eingegangen wird. Gleichgewichtskonstanten sind gemäß dem „Prinzip des kleinsten Zwanges“ von LeChatelier druck- und temperaturabhängig: Bei einer Reaktion, bei der in der Reaktionsgleichung die Molzahl abnimmt, also die Molzahl der Reaktanten größer ist als die der Produkte, drängt ein hoher Reaktordruck das Gleichgewicht in Richtung Produkte. Bei einer exothermen Reaktion wird durch eine hohe Reaktionstemperatur das Gleichgewicht in Richtung der Reaktanten

2.2 Massenwirkungsgesetz

11

­verschoben. Die Definition der druckbezogenen Gleichgewichtskonstante kp, die der konzentrationsbezogenen kc und die der molenbruchbezogenen kx wird im Folgenden in allgemeiner Form und am Beispiel der Reaktion 3A + B ⇄ 2C + 4D wiedergegeben:

Formel 3a : kP = Beispiel kp =



i

pυi i

p2C ∗ p4D p3A ∗ p1B

Ist in der Reaktionsgleichung die Molzahl der Reaktanten gleich der der Produkte, ist die Summe von νi gleich 0. Daraus folgt, dass kp in einem solchen Fall nicht mit einer Einheit behaftet ist. Ist jedoch in der Reaktionsgleichung die Molzahl der Reaktanten nicht gleich der der Produkte, erhält kpsu eine Druckeinheit. Im Falle des obigen Beispiels werden aus vier Reaktanten-Molekülen sechs ProduktMoleküle. Die Gleichgewichtskonstante kp hätte damit die Einheit bar2 bzw. Pa2. Ähnliches gilt für die konzentrationsbezogene Gleichgewichtskonstante kc. Für das angeführte Beispiel hätte kc die Einheit (mol/L)2. Es sei darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Konzentrationen zwingend als molare Größen verwendet werden müssen.

Formel 3b : kc = Beispiel kc =



υi i ci

cC2 ∗ cD4 cA3 ∗ cB1

Die Gleichgewichtkonstante des Molenbruchs kx ist grundsätzlich nicht mit einer Einheit behaftet.

Formel 3c : kx = Beispiel kx =



υi i xi

xC2 ∗ xD4 xA3 ∗ xB1

Die Gleichgewichtskonstanten kp, kc und kx können mittels nachstehender Formel ineinander umgerechnet werden:

Formel 3d : kp = kc ∗ (R ∗ T )



υi

= kx ∗ p



υi

Wie schon erwähnt, ist die Gleichgewichtskonstante temperaturabhängig. Die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstante kp ist gemäß der van’t Hoffschen Gleichung durch die Reaktionsenthalphie gegeben.

Formel 3e :

kp2 kp1

=e



R H ∗ R

1 T1

− T1

2



2  Grundlagen und Formelsammlung

12

2.2.2 pH- und pKa-Wert, Pufferlösungen Der pH-Wert ist der negative dekadische Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration (als mol/L) einer Lösung, während der seltener verwendete ­pOH-Wert der negative dekadische Logarithmus der Hydroxylionenkonzentration (mol/L) darstellt: Formel 4a : cH+ = 10−pH

cOH− = 10−pOH mit den Konzentrationen eingesetzt als mol/L

Über das Massenwirkungsgesetz gelangt man zum Ionenprodukt des Wassers:

Formel 4b : cH+ ∗ cOH− = 10−14

 mol 2 L

f¨ur 25 ◦ C

Das heißt, dass die Summe aus pH und pOH 14 beträgt:

Formel 4c : pH + pOH = 14 Streng genommen gelten diese Beziehungen nur für eine vollständige Dissoziation einer Säure oder einer Lauge, was für „starke“ Säuren und Basen in verdünnter Form weitgehend zutrifft. Die „Stärke“ einer Säure oder einer Base wird beschrieben durch die Säurekonstante pKs (teilweise auch als pKa bezeichnet), die einschlägigen Tabellen entnommen werden kann. Je niedriger dieser Wert ist, desto „stärker“ ist eine Säure, je höher, desto „stärker“ ist eine Base.

Formel 5a : ks =

cH+ ∗cA− cHA

ks = 10−pKs

Der pH-Wert einer Säure des Typs HX ⇄ H+ X− berechnet sich gemäß Formel 5b : pH = (pks − lg[cS ])/2(mit der S¨aure- oder Basenkonzentration cS in mol/L).

Der pH-Wert einer Base des Typs YOH ⇄ Y+ OH− berechnet sich gemäß

Formel 5c : pH = (pks + lg[cB ] + 14)/2(mit der Basenkonzentration cB in mol/L). Der pH-Wert von Pufferlösungen aus schwachen Säuren und ihrer Salze mit starken Basen, z. B. Essigsäure und Natriumacetat, berechnet sich gemäß der Henderson-Hasselbalch-Formel wie folgt:

Formel 5d : pH = pks + lg ccS¨Salz aure Analog dazu folgt der pH-Wert von Pufferlösungen aus schwachen Basen und ihrer Salze mit starken Säuren, z. B. Ammoniumhydroxid und Ammoniumchlorid:

Formel 5e : pH = pks + lg ccBase Salz

2.3 Stoffbilanzen

13

2.2.3 Löslichkeitsprodukt Das Löslichkeitsprodukt basiert auf dem Massenwirkungsgesetz und beschreibt Konzentrationen der Anionen und Kationen in der gesättigten Lösung einer schwerlöslichen Substanz:

Formel 6 : LP =



υi i ci

Dies sei an den folgenden Beispielen beschrieben: Beispiel 1: A+ + B− → AB ↓

LP−AB = cA1 + ∗ cB1 − = cA+ ∗ cB− Beispiel 2: A+ + 2B− → AB2 ↓

LP−AB = cA1 + ∗ cB2 − = cA+ ∗ cB2 − Daten für die Löslichkeitsprodukte verschiedener Substanzen finden sich in einschlägigen Tabellenwerken.

2.3 Stoffbilanzen Im chemischen Produktionsbetrieb wird meist mit Massen, Massenströmen oder Gewichtsprozent (gew %) gerechnet. Dies hat unter anderem seine Ursache darin, dass Rohstoffe im Allgemeinen massenbezogen, also in Kilogramm bzw. Tonnen, eingekauft werden. Gleiches gilt für den Verkauf der Produkte. Auch die Produktionsleistung einer Anlage wird meist in „Jahrestonnen“ = t/ Jahr angegeben. Viele chemisch-technische Berechnungen müssen allerdings auf molarer Basis durchgeführt werden. Bei Massenbilanzen gilt der Grundsatz, dass die Summe der Stoffmassen, die in ein System (z. B. einen Reaktor) geführt wird, grundsätzlich gleich ist der Gesamtmasse, die das System wieder verlässt. Dies ist anders bei molaren Bilanzen, da sich die Gesamtmolzahl durch chemische Reaktionen verändern kann. Die Zusammenhänge zwischen massen- und molarbezogenen Größen werden in diesem Abschnitt dargestellt. Es sei auch auf die Konzentrationsangaben ppm oder auch ppb hingewiesen. Beide Größen können entweder massen- oder volumenbezogen sein. ppm steht für „parts per million“, also ein Teil pro eine Million Teile (106). 1 ppm des Stoffes A bedeutet, dass 1 kg einer Substanz 1 mg des Stoffes A beziehungsweise 1 m3 eines Gasgemisches 1 mL des Gases A enthält. ppb steht für „parts per billion“, also ein Teil pro Milliarde Teile (109). Noch kleinere Konzentrationen werden auch in „parts per trillion“ (1012), also ppt, angegeben. Der Fortschritt bzw. der Status einer Reaktion wird durch den Umsatz quantifiziert, die Effektivität durch Ausbeute und Selektivität. Diese drei Prozessgrößen werden grundsätzlich mittels molarer Parameter (Molzahl, Molstrom, molare Konzentration) berechnet.

2  Grundlagen und Formelsammlung

14

2.3.1 Massenbilanzen und stöchiometrische Bilanzen Im Folgenden wird die Berechnung von molaren und massenbasierten Konzen­ trationen sowie Molenbrüchen beschrieben. Molare Konzentration = Molzahl-A/Volumen → mol/L bzw. Molstrom-A/Volumenstrom

Formel 7a : cA =

nA V

=

n˙ A V˙

Molenbruch = Molzahl Stoff-A/Gesamtmolzahl i

Formel 7b : x =

nA i ni

Massenkonzentration = Masse-A/Volumen → kg/m3

Formel 7c : CA =

mA V

Massenprozent = 100 * Masse-A/Gesamtmasse → %

Formel 7d : CA′ = 100 ∗

mA i mi

Masse & Molzahl: Formel 7e : Masse = Molzahl ∗ Molmasse → mi = ni ∗ Mi f¨ur Stoffstr¨ome → m ˙ i = n˙ i ∗ Mi

Masse & Volumen:

Formel 8a : Masse = Volumen ∗ Dichte → m = V ∗ ρ Formel 8b : f¨ur Stoffstr¨ome → m ˙ = V˙ ∗ ρ

2.3.2 Umsatz, Ausbeute und Selektivität Bei chemischen Reaktionen sind meist zwei oder auch mehrere Einsatzstoffe (→ Reaktanten, Edukte) beteiligt, und es ergeben sich oft auch mehrere Produkte, z. B. bei der Reaktion A + 2B → C + 3D Somit lässt sich sowohl für den Reaktanten A als auch für den Reaktanten B ein Umsatz formulieren. Ähnliches gilt für die Ausbeuten und die Selektivitäten der Stoffe C bzw. D. Hier ist zusätzlich ein Bezug zu den Einsatzstoffen nötig. Grundsätzlich werden diese drei Größen aus den Molzahlen oder den Molströmen berechnet, keinesfalls jedoch aus den Massen der eingesetzten Stoffe und der Produkte. Im Falle einer volumenkonstanten Reaktion können zwar statt der

2.3 Stoffbilanzen

15

Molzahlen auch die Konzentrationen eingesetzt werden, dieser Sonderfall wird hier jedoch nicht betrachtet. Zur Berechnung des Umsatzes, der Ausbeuten und der Selektivitäten wählt man als Edukt in der Regel die Unterschusskomponente. Im Falle eines starken Preisunterschiedes der Reaktanten wird in selteneren Fällen auch das Edukt des deutlich höheren Preises gewählt, selbst wenn es nicht die Unterschusskomponente ist. Bei der Berechnung der Ausbeuten und Selektivitäten wird in den meisten Fällen das Produkt, das ein Zwischenprodukt darstellt und weiterverarbeitet wird, oder das wertvollste Produkt betrachtet. Es ist üblich, den Umsatz, die Ausbeute und die Selektivität als relativen Anteil von 1 oder auch in Prozent darzustellen. So kann beispielsweise ein Umsatz von XA = 0,747 auch als XA = 74,7 % ausgedrückt werden. Der Umsatz XE gibt an, welcher molare Anteil eines Einsatzstoffes (Reaktant, Edukt) reagiert hat. Für den Umsatz eines Edukts gilt: Umsatzberechnung für den Satzbetrieb →

Formel 9a : XE =

nEo −nE nEo

z. B. für das Edukt A der zuvor beispielhaft angeführten Reaktionsgleichung nA XA = nAon− Ao Umsatzberechnung für den kontinuierlichen Betrieb →

Formel 9b : XE =

n˙ Eo −˙nE n˙ Eo

nA z. B. für das Edukt A der zuvor angeführten Reaktionsgleichung XA = n˙ Aon˙−˙ Ao Hierbei steht nAo für die Molzahl von A zu Beginn der Reaktion (t = 0) und nA für die Molzahl von A am Ende der Reaktionszeit (t). Ändert sich das Volumen während der Reaktion nicht, kann der Umsatz analog mittels der Konzentrationen berechnet werden →

Formel 9c : XE =

cEo −cE cEo

Die Ausbeute YP/E gibt an, wie viel Mole Produkt (nP) relativ zu den eingesetzten Molen an Edukt (nEo) entstanden sind. Es müssen auch die stöchiometrischen Zahlen νi aus der chemischen Gleichung berücksichtigt werden. Die der Edukte sind per Definition grundsätzlich negativ, die der Produkte positiv. Als Beispiel sei die oben angeführte Reaktionsgleichung angeführt: νi: für Edukt A → νA = −1 für Edukt B → νB = −2 für Produkt C → νC = +1 für Produkt D → νD = +3 Oft werden bei unvollständiger Reaktion nicht umgesetzte Edukte aus dem Produktstrom entfernt und dem Einsatz an frischen Edukten zugesetzt. Somit kann

2  Grundlagen und Formelsammlung

16

ein solches Einsatzgemisch dann auch eine gewisse Menge an Produkt enthalten. Dem wird durch den Term nPo Rechnung getragen. Im Falle des Einsatzes von reinen Edukten ist nPo = 0. Ausbeuteberechnung für den Satzbetrieb →

Formel 10a : YP/E =

υE ∗(nPo −nP ) υp ∗nEo

Für die oben angeführte Reaktion lassen sich damit prinzipiell vier Ausbeuten definieren: Für Produkt C bezogen auf den Reaktanten A → YC/A sowie bezogen auf das Edukt B → YC/B. Gleiches gilt für das Produkt D bezüglich des Edukts A → YD/A und bezüglich Reaktant B → YD/B. Allerdings wählt man, wie bereits angeführt, die sinnvollste Definition der Ausbeute. Es seien als Beispiele die Ausbeute von Produkt D bezüglich Edukt A und C bezüglich Edukt B gegeben:

−1 ∗ (nDo − nD ) υA ∗ (nDo − nD ) → YD/A = und υD ∗ nAo 3 ∗ nAo υB ∗ (nCo − nC ) −2 ∗ (nCo − nC ) = → YC/B = υC ∗ nBo 1 ∗ nBo

YD/A = YC/B

In analoger Weise lassen sich auch die Ausbeuten YC/A oder YD/B berechnen. Im Falle eines kontinuierlichen Betriebs sind analog zu den Formeln des Umsatzes anstatt der Molzahlen ni die Molströme n˙ i einzusetzen: Ausbeuteberechnung für den kontinuierlichen Betrieb →

Formel 10b : YP/E =

υE ∗(˙nPo −˙nP ) υp ∗˙nEo

Ändert sich das Volumen während der Reaktion nicht, kann die Ausbeute analog mittels der Konzentrationen berechnet werden →

Formel 10c : YP/E =

υE ∗(cPo −cP ) υp ∗cEo

Die Selektivität beschreibt die Ausbeute eines Produkts bezogen auf die umgesetzte Molzahl an Edukt. Während die Ausbeute nicht berücksichtigt, wie viel Edukt in Nebenreaktionen verloren geht, sondern lediglich das Verhältnis gebildetes Produkt zu eingesetztem Edukt angibt, wird mit der Selektivität beschrieben, wie viel umgesetztes Edukt zu dem gewünschten Produkt führt. Hiermit wird der Einfluss von Nebenreaktionen auf die Ausbeute quantifiziert.

2.3 Stoffbilanzen

17

Selektivitätsberechnung für den Satzbetrieb →

Formel 11a : SP/E =

υE ∗(nPo −nP ) υp ∗(nEo −nE )

Wie bei der Ausbeute lassen sich für die zuvor beispielhaft angeführte Reaktion prinzipiell auch vier Selektivitäten definieren: Für Produkt C bezogen auf den Reaktanten A → SC/A sowie bezogen auf das Edukt B → SC/B. Gleiches gilt für das Produkt D bezüglich des Edukts A → SD/A und bezüglich Reaktant B → SD/B. Allerdings wählt man, wie zuvor angeführt, die sinnvollste Definition der Selektivität. Entsprechende Beispiele der Berechnung der Selektivitäten für die zuvor beispielhaft angeführte chemische Gleichung sind wie folgt gegeben:

υA ∗ (nDo − nD ) → SD/A = υD ∗ (nAo − nA) υB ∗ (nCo − nC ) → SC/B = = υC ∗ (nBo − nB)

SD/A = SC/B

−1 ∗ (nDo − nD ) und 3 ∗ (nAo − nA) −2 ∗ (nCo − nC ) 1 ∗ (nBo − nB)

Selektivitätsberechnung für den kontinuierlichen Betrieb →

Formel 11b : SP/E =

υE ∗(˙nPo −˙nP ) υp ∗(˙nEo −˙nE )

Ändert sich das Volumen während der Reaktion nicht, kann die Selektivität analog mittels der Konzentrationen berechnet werden →

Formel 11c : SP/E =

υE ∗(cPo −cP ) υp ∗(cEo −cE )

2.3.3 Reaktionsgeschwindigkeit Die Reaktionsgeschwindigkeit ist die Abnahme der Konzentration eines Reaktanten A oder die Zunahme der Konzentration eines Produkts P pro Zeiteinheit bei volumenkonstanten Reaktionen, wie in Formel 12 als einfache Differentialgleichung dargestellt.

Formel 12 :

r=

dcA dt

Für die Reaktionsgeschwindigkeit r wird nun das Zeitgesetz der entsprechenden Reaktion eingesetzt und die Differentialgleichung gelöst. Dies kann insbesondere bei zusammengesetzten Reaktionen, wie Gleichgewichtsreaktionen (A + B ⇄ C + D), Folgereaktionen (A + B → C C + A → D) und weiteren zusammengesetzten Reaktionsabläufen, zu sehr komplizierten Gleichungen führen.

2  Grundlagen und Formelsammlung

18

Diese und die zugehörigen Ableitungen mögen den entsprechenden Lehrbüchern entnommen werden. Es werden daher an dieser Stelle lediglich Lösungen für vier einfache Reaktionstypen gegeben. Sie gelten nur für homogene Systeme, also nur beim Vorliegen einer Reaktionsphase, nicht jedoch für Mehrphasen-Reaktionen. Hierbei wurden der Satzbetrieb und kontinuierliche Reaktoren, wie der kontinuierliche Rührkessel („continuous stirred tank reactor“ = CSTR) und der Rohrreaktor („plug flow reactor“ = PFR) betrachtet. Die Lösungen gelten nur, wenn neben den angegebenen Reaktionen keine weiteren ablaufen. Laufen weitere Reaktionen ab, wie z. B. Nebenreaktionen, Gleichgewichtsreaktionen, Folgereaktionen und andere, ergeben sich als Lösung der Differentialgleichungen sehr komplizierte Funktionen, die teilweise nicht mehr explizit zu lösen sind. Diese Fälle übersteigen den Rahmen dieses Buches und werden daher hier nicht behandelt. Die entsprechenden Differentialgleichungen der Zeitgesetze wurden in den Grenzen t = 0 mit cA = cAo und t = t mit cA = cA gelöst. Mit daraus folgenden Gleichungen berechnet sich, beginnend mit den Anfangsbedingungen t = 0 und cA = cAo, die Konzentration von A in Abhängigkeit der Reaktionszeit t für den Satzbetrieb bzw. der Verweilzeit τ für kontinuierliche Reaktoren. Die Einheit der Geschwindigkeitskonstante k für Reaktionen 1.Ordnung ist s−1 und für Reaktionen 2.Ordnung L/(mol * s). Die Geschwindigkeitskonstante ist temperaturabhängig, wie später in diesem Kapitel im Detail erläutert wird. Reaktion 1. Ordnung: A → C Zeitgesetz → Formel 13a : r = k ∗ cA =

dcA dt

Lösung: Satzbetrieb: Formel 13b :

ln ccAoA = k ∗ t

Formel 13c : cA = cAo ∗ e−k∗t PFR: Formel 13d : cA = cAo ∗ e−k∗τ CSTR: Formel 13e : cA =

cAo 1+k∗τ

Reaktion 2. Ordnung: 2A → C Zeitgesetz → Formel 14a : r = k ∗ cA2 = Lösung: Satzbetrieb: Formel 14b :

Formel 14c : cA =

dcA dt

1 cA



1 cAo

cAo (1+cAo ∗k∗t)

PFR: Formel 14d : cA =

cAo (1+cAo ∗k∗τ )

=k∗t

2.3 Stoffbilanzen

19

CSTR: Formel 14e : cA =



cAo k∗τ

+

1 4∗k 2 ∗τ 2



1 2∗k∗τ

Reaktion 2. Ordnung: A + B → C (Sonderfall des stöchiometrischen Verhältnisses von cAo = cBo) Im Falle, dass die Anfangskonzentrationen der Reaktanten A und B im stöchiometrischen Verhältnis der Reaktionsgleichung eingesetzt werden, vereinfacht sich die Gleichung zu Formel 15a. Die zeitlichen Konzentrationsverläufe der Reaktanten A und B sind identisch. Zeitgesetz → Formel 15a : r = k ∗ cA ∗ cB = k ∗ cA2 = k ∗ cB2 Lösung: Satzbetrieb: Formel 15b : cA = cB =

PFR: Formel 15c : cA = cB =

cAo (1+cAo ∗k∗t)

cAo (1+cAo ∗k∗τ )

CSTR: Formel 15d : cA = cB =



cAo k∗τ

+

=

=

cBo (1+cBo ∗k∗t)

cBo (1+cBo ∗k∗τ )

1 4∗k 2 ∗τ 2

1 − 2∗k∗τ =



cBo k∗τ

+

1 4∗k 2 ∗τ 2

1 − 2∗k∗τ

Reaktion 2. Ordnung: A + B → C (cAo und cBo liegen nicht im stöchiometrischen Verhältnis vor) Zeitgesetz → Formel 16a : r = k ∗ cA ∗ cB Lösung:

Satzbetrieb: Formel 16b : Formel 16c : cA =

1 cAo −cBo

θ ∗ cAo ∗ (cBo −cAo ) cBo −θ ∗ cAo

PFR: Formel 16d : cA =

∗ ln



cBo ∗ cA cAo ∗ (cBo −cA0 +cA )



=k ∗ t

mit θ = e(cAo −cBo ) ∗ k ∗ t

θ ∗ cAo ∗ (cBo −cAo ) cBo −θ ∗ cAo

mit θ = e(cAo −cBo ) ∗ k ∗ τ

Eine Lösung für den CSTR wird aufgrund ihrer Komplexität an dieser Stelle nicht gegeben.

Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt von der Temperatur ab. Mit steigender Temperatur nimmt die Geschwindigkeitskonstante exponentiell zu. Von der Anwendung einer oft genannten sehr groben Faustregel, nach der sich die Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperatursteigerung von 5 °C verdoppelt, muss wegen Ungenauigkeit und Unsicherheit der Aussage abgeraten werden. Für homogene Reaktionen, also für nicht-katalysierte Reaktionen in einer Phase,

2  Grundlagen und Formelsammlung

20

gilt das Gesetz von Arrhenius einer Zunahme der Geschwindigkeitskonstante mit steigender Temperatur:

−EA/

Formel 17a : k = k0 ∗ e

R∗T

Mit k0 als theoretisch maximale Geschwindigkeitskonstante, EA als Aktivierungsenergie, R als allgemeine Gaskonstante und T als absolute Temperatur. Je größer die Aktivierungsenergie EA, desto temperaturempfindlicher ist die Reaktion. Mit der nachfolgenden Formel kann der Faktor der Reaktionsgeschwindigkeiten berechnet werden, wenn die Temperatur von T1 auf T2 geändert wird.

Formel 17b : FT =

k2 k1

EA

=eR

  ∗ T1 − T1 1

2

2.4 Wärme Zum Erwärmen eines Stoffes muss Energie zugeführt werden, während zum Abkühlen Wärme entzogen wird. Jedes Material hat eine spezifische Wärmekapazität, mit der sich in Anhängigkeit der Temperaturerhöhung bzw. -senkung die hierfür nötige Wärmemenge berechnen lässt. Wird ein Material geschmolzen, wird hierfür die Zufuhr von Wärme benötigt. Erstarrt eine Flüssigkeit, wird Wärme freigesetzt. Jeder schmelzbare Stoff hat eine spezifische Schmelzwärme, die gleich der Erstarrungswärme ist. Ähnlich verhält es sich beim Verdampfen und Kondensieren von Flüssigkeiten: Der Übergang von flüssig zu gasförmig geht mit Wärmezufuhr vonstatten, während bei der Kondensation Wärme freigesetzt wird. Auch hier ist diese Wärmemenge stoffspezifisch. Bei der Auflösung eines Stoffes kann Wärme freigesetzt (z. B. Kaliumhydroxid in Wasser) oder verbraucht werden (z. B. Kaliumjodid in Wasser). Jede chemische Reaktion geht mehr oder minder mit Wärmeentwicklung (exotherme Reaktion) oder Wärmeverbrauch (endotherme Reaktion) einher. Somit ist eine Quantifizierung solcher Wärmemengen nötig, um Reaktionen in sicherer, optimaler und energiesparender Weise durchführen zu können. Die Geschwindigkeit der Wärmefreisetzung nimmt mit wachsender Reaktionsgeschwindigkeit zu. Bei ungenügender Wärmeabfuhr aus dem System steigt seine Temperatur an. Die Reaktionsgeschwindigkeit ihrerseits vergrößert sich exponentiell mit steigender Temperatur, womit die Temperatur weiter ansteigt. Dies ist das Szenario für eine durchgehende Reaktion. In einem stabilen System muss gewährleistet sein, dass die freigesetzte Wärme mittels Kühlung abgeführt wird. Wichtig hierfür sind die Kenntnisse der Gesetzmäßigkeiten des Wärmedurchgangs und des Formulierens von Wärmebilanzen. Wie im Folgenden gezeigt wird, können hieraus auch Stabilitätskriterien wie die adiabatische Temperaturerhöhung oder die Berechnung stabiler Betriebspunkte abgeleitet werden.

2.4 Wärme

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Im Unterschied zu Gasen sind Feststoffe und Flüssigkeiten in der Regel Materialien mit einer äußerst geringen Kompressibilität. Somit kann die Ausdehnung solcher Stoffe mit steigender Temperatur zu Schäden führen, wenn man ihnen keinen Raum zu ihrer thermischen Expansion lässt. Gleiches gilt für sinkende Temperaturen. Die angesprochenen Themen werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels quantitativ behandelt.

2.4.1 Erwärmen und Abkühlen Die zum Erwärmen eines Stoffes zuzuführende oder die zum Abkühlen abzuführende Wärmemenge lässt sich aus der Menge des Stoffes, der spezifischen Wärme (cp) bzw. Molwärme (cp) und der Temperaturdifferenz vorher (T0) zu nachher (T1) berechnen. cp beschreibt die Wärmemenge (kJ), die nötig ist, um 1 kg bzw. 1 mol eines Stoffes um 1 °C aufzuheizen bzw. abzukühlen. Die spezifische Wärme bzw. Molwärme ist den entsprechenden Tabellen zu entnehmen. Vorsicht ist bei älteren Tabellen geboten, die teilweise noch auf Kalorien basieren. Aber nicht nur aus diesem Grund ist auf die angegebene Einheit von cp zu achten: Die spezifische Wärme ist massenbezogen und daher mit der Einheit kJ/(kg * °C) behaftet, während die Molwärme molbezogen ist und daher hierfür als Einheit kJ/ (mol * °C) verwendet wird. Es sei darauf hingewiesen, dass cp selbst in einem gewissen Maße temperaturabhängig ist, was in manchen Tabellenwerken berücksichtigt wird. Hierauf wird in diesem praxisbezogenen Buch allerdings nicht eingegangen und in guter Näherung mit konstanten Werten der Wärmekapazität gerechnet. Bezüglich der Einheit von cp findet sich teilweise statt des Bezugs auf °C auch ein Bezug auf K. Da es sich bei den Berechnungen um Temperaturdifferenzen handelt und die Spreizung der °C-Skala gleich der der K-Skala ist, sind beide Angaben der Wärmekapazität identisch. Die Wärmemengen für einen Aufheiz- bzw. einen Abkühlvorgang berechnen sich wie folgt. Massenbezogen (Einheit cp →

kJ kg ∗ ◦ C

=

kJ ) kg ∗ K

Für den Satzbetrieb: Bei Vorliegen nur eines Stoffes → Formel 18a: Q =m ∗ cp ∗ (T1 − T0 ) Bei einem Mehrstoffgemisch → Formel 18b: Q = i [mi ∗ cpi ∗ (T1 − T0 )] Für den kontinuierlichen Betrieb: ˙ =m Bei Vorliegen nur eines Stoffes → Formel 19a: Q ˙ ∗ cp ∗ (T1 − T0 )  ˙ = i [m Bei einem Mehrstoffgemisch: → Formel 19b: Q ˙ i ∗ cpi ∗ (T1 − T0 )] Molbezogen (Einheit cp → molkJ∗ ◦ C =

kJ ) mol ∗ K

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2  Grundlagen und Formelsammlung

Für den Satzbetrieb: Bei Vorliegen nur eines Stoffes → Formel 20a: Q = n ∗ cp ∗ (T1 − T0 )  Bei einem Mehrstoffgemisch → Formel 20b: Q = i [ni ∗ cpi ∗ (T1 − T0 )] Für den kontinuierlichen Betrieb: ˙ = n˙ ∗ cp ∗ (T1 − T0 ) Bei Vorliegen nur eines Stoffes → Formel 21a: Q  ˙ = i [˙ni ∗ cpi ∗ (T1 − T0 )] Bei einem Mehrstoffgemisch → Formel 21b: Q Ist T1 > T0, so handelt es sich um einen Aufheizvorgang. Ist T1