Zwischen Konvention und Rebellion: Die Handlungsspielräume von Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada in der papsthöfischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts 9783847098393, 9783899718478, 9783862348473


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German Pages [315] Year 2011

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Zwischen Konvention und Rebellion: Die Handlungsspielräume von Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada in der papsthöfischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts
 9783847098393, 9783899718478, 9783862348473

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Carol Nater Cartier

Zwischen Konvention und Rebellion Die Handlungsspielräume von Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada in der papsthöfischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts

V&R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89971-847-8 ISBN 978-3-86234-847-3 (E-Book) Publiziert mit der Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Ð 2011, V&R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Titelbild: Unterschrift von Anna Colonna im Brief an Vater Filippo I. Colonna vom 9. September 1624 (ACS, Cart. Filippo I. Colonna). Druck und Bindung: Memminger MedienCentrum, Memmingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Für den Seifenblasenverkäufer

Inhalt

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Vorwort und Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I Einleitung und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. La Corte di Roma: eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Fragestellung und Gegenstand der Untersuchung . . . . . 1.2 Theoretische und methodische Konzepte . . . . . . . . . 1.2.1 Figuration und Performanz aus akteurszentrierter Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Geschlecht als mehrfach relationale Kategorie . . . 1.2.3 Netzwerk- und Mikroanalyse . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Umgang mit Gebrauchsschriftgut . . . . . . . . . . 1.3 Forschungsstand und Quellenüberblick . . . . . . . . . . 1.4 Struktur und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Umgang mit italienischen Ausdrücken und Eigennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Kirchenstaat und Papsthof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die strukturimmanenten Eigenheiten des papsthöfischen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Eine Wahlmonarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Vereinigung von geistlicher und weltlicher Macht . 2.2 Die außenpolitische Rolle des Kirchenstaats . . . . . . . 2.2.1 Hof- statt Staatspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die Auswirkungen der tridentinischen Reformbewegung 3 Die höfische Gesellschaft Roms . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Soziale Instabilität und gesellschaftliche Mobilität . . . . 3.1.1 Zeremoniell und Geschlecht . . . . . . . . . . . . .

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15

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15 17 19

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34 34

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35 35 36 38 40 41 43 43 45

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8

Inhalt

3.2 Religiös-moralisches Gedankengut und höfische Lebensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Kunst-Patronage und Kunst-Matronage . . . . 3.2.2 Traktatliteratur und »Gender« . . . . . . . . . 3.3 Familienstruktur und Familienpolitik . . . . . . . . . 3.3.1 Versorgungsstrategien für die Kinder . . . . . . 3.4 »Die Frau« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Ehe, Trennung und Witwenschaft . . . . . . . . 3.4.2 Besitz, Herrschaft und Gesetz . . . . . . . . . . 3.4.3 Korrespondenztätigkeit und kulturelle Bildung

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II Anna Colonna Barberini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die Familien Barberini und Colonna . . . . . . . . . . . 5 Jugend und Verheiratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Der Alltag hinter den Klostermauern (1623 – 1627) . . . 5.1.1 Erziehung zur Gesellschaftstauglichkeit . . . . . 5.1.2 Neapolitanische Protektion . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Expliziter Ehe-Wunsch . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Das Heiratsgeschäft (1624 – 1627) . . . . . . . . . . . . 6 Papstnichte und Colonna-Tochter . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Maßnahmen zur Stärkung der Familienallianz (1627) . 6.2 Repräsentation gegen außen… . . . . . . . . . . . . . . 6.3 … Konflikte im Innern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Geschäftliche Korrespondenz . . . . . . . . . . . 6.3.2 Muttersorgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Einfluss und Macht dank »Colonna«-Herkunft . . . . . 6.4.1 Auszug aus dem neuen Palazzo . . . . . . . . . . 6.4.2 Donna Annas bibbia an den Vater . . . . . . . . 6.4.3 Donna Anna und die Colonna nach dem Tod des Vaters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.4 Verhalten innerhalb der Ankunftsfamilie . . . . . 7 Turbulenzen nach dem Tod Urbans VIII. . . . . . . . . . . . 7.1 Quellenüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Politischer und gesellschaftlicher Überblick . . . . . . 7.3 Donna Annas Rollen und Aufgaben nach der Flucht der Barberini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Donna Annas Brief an den Senat . . . . . . . . . 7.3.2 Rückforderung der Aussteuer . . . . . . . . . . . 7.3.3 Die Klagebriefe an ihre Söhne . . . . . . . . . . .

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65 65 65 68 69 70 73 75 79 82 82 86 91 92 94 97 97 100

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9

Inhalt

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125 127 130 130 132 134 135 137 138

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7.3.4 Aufbruch nach Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Donna Anna in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 »weltliche Ehe«, »geistliche Partnerschaft« . . . . . . . . . 7.5.1 Donna Anna und Don Taddeo . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Donna Anna und Kardinal Francesco . . . . . . . . 7.5.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Die Klostergründung S. Maria Regina Coeli . . . . . . . . . 7.6.1 Das Klosterprojekt als Handlungsmotivation . . . . 7.6.2 Konflikte mit der neuen Papstfamilie Pamphilij . . . 7.6.3 Der Einfluss der Barberini auf die Fertigstellung des Klosters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Maria Veralli Spada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Die Familie Spada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Das Heiratsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Beziehung zur Herkunftsfamilie Veralli . . . . . . . . . . 9 Die Alltagskorrespondenz zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Bernardino . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Der Brief als Zeugnis des aristokratischen Familienalltags 9.2 Quellenüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Der Briefwechsel von 1642 . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Zeitliche und örtliche Präzision . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Schreibstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Emotionale Bindungen und Hierarchien . . . . . . . . . . . . 10.1 Kardinal Bernardino – Maria . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Maria – Kardinal Bernardino . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Maria/Kardinal Bernardino – Kinder . . . . . . . . . . . 10.4 Familienhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.1 Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Die Haushaltsführung in »geistlicher Partnerschaft« . . . . . . 11.1 Korrespondenzkoordination . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Bau-Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Politische und gesellschaftliche Beteiligung . . . . . . . . . . . 12.1 Information und Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Konflikt um das Herzogtum Castro . . . . . . . . . 12.2 Diplomatie und Taktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Gesellschaftlicher Aufstieg unter Innozenz X. . . . . . . . 12.3.1 Die Pilgerfahrt nach Loreto . . . . . . . . . . . . .

10

Inhalt

. . . . . . . .

203 204 206 208 210 214 215 218

IV Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine erweiterte Sichtweise auf die Mikrogeschichte der Corte di Roma: Resultate und Auswertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221 221

Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227

Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen . . . . . . . . . . .

249

Anhang B: Stammbäume/Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

291

Bibliografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

297

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

311

13 Der Tod des Kardinals Bernardino Spada . . . . . . 13.1 Maria im Familienporträt . . . . . . . . . . . . 14 Die Haushaltsführung in »weltlicher« Partnerschaft 14.1 Quellenüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Emotionale Bindungen und Hierarchien . . . . 14.3 Politische und gesellschaftliche Beteiligung . . 14.4 Haushaltsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . 14.5 Marias Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort und Dank

Es war in einer römischen Märznacht, ein halbes Jahr, nachdem ich mich entschieden hatte, eine Dissertation in Angriff zu nehmen. Ich war unterwegs mit einigen Historikern, wir hatten gut und viel gegessen und – wie es sich für solche Nächte gehört – auch genügend vino getrunken. Warum ich eine Dissertation schreiben würde, wurde ich irgendwann gefragt. Ungläubig schaute ich den Fragesteller an und meinte in meiner naiven Ehrlichkeit: »Weil es Spaß macht!« Der Fragende schüttelte den Kopf und meinte überzeugt: »Eine Doktorarbeit schreibt man nicht aus Spaß.« Später habe ich öfter an diese römische Märznacht und meine damalige, euphorisch-positive Antwort zurückgedacht – und ich hatte zeitweilig selbst meine Zweifel, ob es richtig gewesen war, eine solche Entscheidung aus Spaß zu fällen. Rückblickend muss ich aber sagen, dass es wohl gerade die Freude war, die mir geholfen hat, das Projekt abzuschließen – der Spaß am Thema, an der römischen Vergangenheit und nicht zuletzt an meiner Gegenwart in Rom. Vier Jahre lang hat mich die Dissertation begleitet. Es war eine in jeglicher Hinsicht intensive Zeit; ein Pendlerleben zwischen Zürich und Rom, zwischen Stipendien, Museumspraktika, und Gymnastikstunden, zwischen einsamen Archivaufenthalten, langen Nächten und ausgedehnten Joggingtouren in den frühen Morgenstunden, geprägt von Selbstdisziplinierung und völliger Selbstvergessenheit. Es war eine Zeit mit vielen Hochs und Tiefs, aber eine Zeit, die stark gemacht hat. In fachlicher Hinsicht verdanke ich der Dissertationszeit den kritischen Blick auf die Vergangenheit, das stetige Zweifeln an der historischen Wahrheit, das ständige In-Frage-Stellen aller Quellen. Die Gespräche mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern haben mich gelehrt, in neuen Kategorien zu denken und eine historische Distanz zu entwickeln, die mir in meiner gegenwärtigen Tätigkeit als Museumsleiterin zugute kommt. Viele Menschen und Institutionen haben mich auf diesem Weg begleitet. Ihnen soll an dieser Stelle ganz herzlich gedankt werden. Als erstes danke ich meinem Doktorvater Professor Volker Reinhardt, Universität Fribourg (CH), für

12

Vorwort und Dank

das Gewähren der nötigen Freiheit und das Vertrauen, dass das Projekt gut zu Ende gebracht werden würde, sowie Arne Karsten, Projektleiter von »Requiem« (Humboldt Universität Berlin/Universität Wuppertal), für die Begleitung, Prägung und Unterstützung in fachlicher Hinsicht während der ganzen Dissertationszeit. Ebenfalls gebührt ein großes Dankeschön der ganzen »RequiemTruppe« und deren erweitertem Freundes- und Wissenschaftskreis, die mich in den römischen Archiven und Bibliotheken unterstützt, bei den römischen cene beraten, inspiriert und aufgemuntert haben. Hierzu gehören unter vielen anderen insbesondere Julia Zunckel, Anett Ladegast und Almut Goldhahn. Zudem möchte ich mich auch bei Ulrich Köchli bedanken, er hat mir von Anfang seine minuziös aufgearbeiteten Archivrecherchen zu den Barberini zu Verfügung gestellt, mir hilfreiche Tipps erteilt, mich motiviert und schließlich den Teil über Anna Colonna Barberini kritisch lektoriert. Auch bedanken möchte ich mich bei all den Stiftungen und Institutionen, die mich während der Zeit unterstützt haben: Hierzu gehört die Fondation pour des bourses d’¤tudes italo-suisses (Lausanne), der Schweizerische Nationalfonds und die Janggen-Pöhn-Stiftung (St. Gallen). Ebenso geht ein Dank an das Istituto Svizzero di Roma, wo ich das letzte Recherche-Halbjahr in Rom als membro esterno verbringen konnte. Speziell erwähnen möchte ich an dieser Stelle einerseits den Direktor des Instituts, Professor Christoph Riedweg, der mich in dieser Endphase motivierte, sowie andererseits alle membri und Mitarbeiter des Istituto, die mich in jenem letzten römischen Sommer 2008 in ihrem Kreise aufgenommen, wöchentlich an meinen Yoga-Pilates-Lektionen teilgenommen und/oder beim Tangotanzen und den Grillfesten auf dem Dach für Abwechslung gesorgt haben. Zudem geht ein Dank an die Teilnehmenden der Fachtagungen 2007 und 2008 des »Arbeitskreises Geschlechtergeschichte der Frühneuzeit« (AKGG-FNZ), die mich inspiriert und mir Mut gemacht haben, die stark männlich geprägte RomForschung um die Kategorie Gender zu erweitern; insbesondere erwähnen möchte ich Professorin Claudia Opitz, die schließlich auch das Zweitgutachten der Dissertation übernommen hat. Des Weiteren bedanke ich mich bei meinen Helferinnen und Helfern in Zürich während der Schlussphase vor Abgabe, vor allem bei Claudia Moritzi und Ruedi Müller, die unter Hochdruck und in Fronarbeit das Manuskript lektoriert und korrigiert haben, sowie meinem heutigen Mann, Alexander Cartier, der für die Abgabe Bild- und Tabellenteil bearbeitet und das Layout erstellt hat. Im Zusammenhang mit der Publikation der Arbeit danke ich dem Schweizerischen Nationalfonds für den Druckkostenzuschuss, dem Verlag V&R unipress für die Flexibilität und Kooperation sowie Saskia Erdogan von scriptorat für das professionelle Lektorat.

Vorwort und Dank

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Ein großes Dankeschön geht schließlich an all die Menschen, deren persönliche Unterstützung mir während der ganzen Zeit aus unterschiedlichen Gründen sehr wichtig war, hierzu gehören unter vielen anderen Veronika Seifert, Karen Lloyd, Don Carlo Pioppi, Stefan Sacchi, Patrick Michel und Christoph Andris. Zum Schluss möchte ich mich auch bei meinen Eltern für ihr Vertrauen und ihren Glauben an mich bedanken – sie ließen mich ziehen und vertrauten, dass ich es schaffen würde. Zürich, im Mai 2011

Carol Nater Cartier

I Einleitung und Grundlagen

1.

La Corte di Roma: eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

»Du schreibst über Frauen im papsthöfischen Umfeld des 17. Jahrhunderts? Konnten denn die Päpste und Kardinäle damals heiraten? Oder hatten sie Mätressen?« Ich sah mich in Rom immer wieder mit solchen und ähnliche Fragen von meinen Schweizer Gästen konfrontiert, wenn ich von meinem Dissertationsthema erzählte. Die Mehrheit der Leute – auch wenn sie an Geschichte interessiert sind – haben keine konkrete Vorstellung vom römischen Seicento und projizieren moderne Vorstellungen, die mit den damals herrschenden Normen und Werten nicht übereinstimmen, auf die vergangene Epoche; der Kirchenstaat im 17. Jahrhundert wird so häufig anachronistisch mit dem heutigen Bild des Vatikans und ergo einer zölibatär lebenden Männergemeinschaft gleichgesetzt. Die Corte di Roma der Vormoderne war jedoch alles andere als eine reine Männerdomäne. Sie war vielmehr eine mit den Königs- und Fürstenhöfen zu vergleichende dynastische Monarchie, in der auch die Frauen Teil der höfischen Gesellschaft waren. Allerdings wies die päpstliche Monarchie zwei spezifische Eigenheiten auf, welche die höfische Gesellschaft Roms bis ins Innerste prägte: den Wahlcharakter und die geistlich-weltliche Doppelfunktion des Papsttums. Mit jedem Wechsel auf dem Stuhl Petri gelangte eine neue Familiendynastie und mit ihr eine neue Klientel an die Macht. Die herrschende Papstfamilie sowie die Familien der mit dem jeweiligen Papst freundschaftlich verbundenen Kardinäle setzten im Wissen um die beschränkte Zeit einer Herrschaft alles daran, ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital zu akkumulieren. Eine der erfolgversprechendsten Strategien dafür war die sorgfältige Pflege des persönlichen Netzwerkes, wobei der Heirat eine zentrale Rolle zukam. In einer Ehe fanden – für Familiendynastien der Vormoderne allgemein nichts Außergewöhnliches – in erster Linie zwei Familienclans und nicht zwei Menschen zueinander. Beide Familien erhofften sich durch die geschlossene Verbindung je Vorteile für

16

Einleitung und Grundlagen

die eigene soziale Position innerhalb der höfischen Gesellschaftsstrukturen. Die zur Heirat bestimmten aristokratischen Töchter »dienten« aber nicht nur der Aufstockung des familiären Kapitals und hatten zwecks Erhaltung des Geschlechts Kinder zu gebären – ihnen kam innerhalb ihrer »Ankunftsfamilie«1 in verschiedener Hinsicht eine zentrale Position zu. Worin diese bestand und wie sich diese ausdrückte, ist Gegenstand der vorliegenden Dissertation. Im Zentrum der Untersuchung stehen zwei weibliche Persönlichkeiten der römischen Oberschicht: Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada. Zwei Aristokratinnen, die in etwa zur gleichen Zeit Teil der höfischen Gesellschaft Roms waren, sonst aber nur sehr bedingt miteinander vergleichbar sind. Anna Colonna Barberini (1601 – 1658) entstammte der Familie Colonna, einer der altehrwürdigsten Adelsfamilien Roms, die mit Martin V. (1417 – 1431) einen Papst in ihrer Ahnenreihe vorzuweisen hatte. Sie wurde mit Taddeo Barberini, dem weltlichen Neffen Papst Urbans VIII. verheiratet, erhielt die Titel Principessa und Prefettessa und war während des Barberini-Pontifikats die wichtigste Frau Roms – vergleichbar heute am ehesten mit der Rolle einer »First Lady«. Maria Veralli Spada (1613 – 1687) ihrerseits war Alleinerbin der Veralli, einer römischen Kardinalsfamilie, und brachte so in ihre Ehe mit Orazio Spada, dem Neffen von Kardinal Bernardino Spada (1594 – 1661), den Titel des Marchese sowie das feudo Castel Viscardo ein. Im Vergleich zu Anna Colonna Barberini, die an der Spitze der römischen Elite stand, nahm Maria Veralli Spada einen klar untergeordneten, doch was die familiären Aufstiegsperspektiven angeht, aussichtsreicheren Platz ein. Die umfangreiche, gut erhaltene Alltagskorrespondenz der zwei Damen ermöglichte einen außergewöhnlichen Einblick in die höfischen Lebensstrukturen und erlaubte es, sich den Persönlichkeiten über die Briefe anzunähern. Erzählt werden aber keine Biografien, sondern die Mikrogeschichte zweier römischer Aristokratenfamilien aus der Perspektive der Frauen. Die vorliegende Dissertation beleuchtet bildlich gesprochen also die der Geschichtsforschung durchaus bekannte Bühne »Familiengeschichte« neu, indem sie die Scheinwerfer auf Szenen richtet, die bis jetzt im Dunkeln lagen.

1 Diesen Begriff verwendete Mag. Laura Brander zusammen mit dem der »Herkunftsfamilie« in ihrem Referat »Wenn Frauen wählen können. Beurteilungen weiblicher Herrschaft im Mittelalter« an der 14. Fachtagung des »Arbeitskreis Geschlechtergeschichte der Frühneuzeit« (AKGG-FNZ). Ich erachte die Unterscheidung der Familien in Herkunfts- und Ankunftsfamilie als sehr sinnvoll und werde deshalb die Begrifflichkeit im Folgenden übernehmen.

Eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

1.1

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Fragestellung und Gegenstand der Untersuchung

Ziel der vorliegenden Dissertation ist es, den einzelnen Menschen – in diesem Fall weiblichen Geschlechts – im Kontext seines Umfelds (Familie, Netzwerk, Stellung, Zeit, Herkunft usw.) darzustellen. Dabei geht es nicht darum, das »typisch Weibliche« an den Handlungen der Frauen aufzuzeigen oder die »Rolle der Frau« zu beschreiben. Auch sollen keine Frauenbiografien geschrieben werden. Damit es gelingt, die Protagonistinnen als Teil des römischen Mikrokosmos darzustellen, müssen die typisch nachaufklärerischen Kategorien, welche eine Gesellschaft in »Privatheit« und »Öffentlichkeit« unterteilen bzw. zwischen »formaler« und »informeller« Politik aufgebrochen werden. Die bisherige Geschichtsschreibung des Kirchenstaates blieb in derartigen Dichotomien trotz Öffnung für neue, kulturgeschichtliche Ansätze auch noch in jüngster Zeit verhaftet. In einem ersten Schritt müssen die traditionellen Geschlechterzuschreibungen »Frau – Haus/Privates/informelle Macht« und »Mann – Politik/Öffentlichkeit/formale Macht« dekonstruiert werden,2 um in einem zweiten Schritt – unter der Annahme einer ständigen Wechselbeziehung zwischen dem Mensch und seinem Umfeld – die handlungsrelevanten Interdependenzen zwischen den einzelnen Personen, Gruppen, Institutionen, Politik und Gesellschaft geschlechtsunabhängig beleuchten zu können. Auf diese Weise wird es möglich, den Alltag der zwei Damen im Kontext ihrer gelebten Zeit zu skizzieren und aufzuzeigen, durch welche äußeren bzw. inneren Umstände und Bedingungen ihre Handlungen motiviert waren. Es ist von Interesse, inwiefern äußere, politische Ereignisse (z. B. Papstwechsel, Kriege), gesellschaftliche Stellung (z. B. Titel, Herkunft, Position an der Kurie), familiäre Verhältnisse (z. B. Ehe, Mutterschaft, Witwenstatus), Beziehungen innerhalb des Familiengefüges (z. B. zum Ehemann, zum Familienkardinal, zu den Kindern, zur Herkunftsfamilie) und innerhalb des Hofsystems (z. B. zu »Freunden«, zu Verwandten), aber auch verinnerlichte Traditionen (z. B. Memoriapflege, Religion) oder gesellschaftliche Pflichten (z. B. Zeremoniell, Briefeschreiben) Anna Colonna Barberini bzw. 2 Dass die Unterteilung der »modernen Gesellschaft« in Privatheit und Öffentlichkeit und die entsprechenden Geschlechterzuschreibungen nicht eins zu eins auf vormoderne Gesellschaften übertragen werden können, daraufhin verwiesen erstmals explizit Wunder/Vanja in der Einleitung des Sammelbandes. Wunder/Vanja, Wandel der Geschlechterbeziehungen, S. 7 – 11. Wunders Aufsatz in demselben Band basiert auf der Annahme, dass auch Geschlechterbeziehungen dem historischen Wandel unterworfen und nicht als anthropologische Konstante oder biologische Tatsache zu verstehen sind. Entsprechend kann Gesellschaftsgeschichte nur durch die Integration der geschlechtergeschichtlichen Dimension angemessen erforscht und geschrieben werden. Diese von Wunder bereits anfangs der 1990er Jahre geforderte Prämisse wird erst in jüngster Zeit langsam auch von der Neueren Kulturgeschichte aufgenommen. Wunder, Überlegungen, S. 12 – 26.

18

Einleitung und Grundlagen

Maria Spada Veralli in ihren Handlungen beeinflussten. Wo liegen die Unterschiede zwischen den zwei höfischen Damen, wo die Parallelen und worauf sind sie zurückzuführen? Im Folgenden geht es also darum, dynamische Prozesse aufzuzeigen, in welche die zwei höfischen Damen involviert waren, und wo immer möglich Bezüge zwischen ihrem Handeln und den vorherrschenden Werten, gesellschaftlichen Normen und zeittypischen Phänomenen zu schaffen. Dem Geschlecht der zwei Akteurinnen kommt dabei insofern Bedeutung zu, als ihr biologisches »Frau-Sein« ihnen in der höfischen Gesellschaft spezifische Räume zuwies und Rechte einräumte. Geschlecht war in frühneuzeitlichen Gesellschaften – und so auch im Umfeld der Corte di Roma – zweifelsohne eine determinierende Kategorie: Es existierten Räume – sowohl in Palazzi (z. B. Frauengemächer) wie auch ausserhalb (z. B. bei Prozessionen und Festen) – welche klar dem einen oder dem anderen Geschlecht zugeordnet bzw. vorbehalten waren. Zugang zu Kirchenämtern besaßen nur Männer, bei Erbfolgeregelungen wurden Frauen und Männer nicht gleich behandelt, die väterlichen Versorgungsstrategien unterschieden zwischen Töchtern und Söhnen usw. Formal dominierten und durchdrangen also patriarchalische Strukturen die höfische Gesellschaft des frühneuzeitlichen Roms. Entsprechend war auch das »ideale«, geschlechtsspezifische Verhalten, wie es die zeitgenössischen Moralisten und Traktatschreiber forderten, in den Köpfen der Frauen und Männer verankert. Dennoch darf aus heutiger Sicht nicht jede Handlung der damaligen Frauen auf die traditionelle Geschlechterordnung zurückgeführt oder mit der Kategorie Geschlecht begründet werden. Die Recherchen machten immer wieder deutlich, dass sich die damaligen »Ideale« bezüglich Geschlechtervorstellungen oft nicht mit der »gelebten Realität« decken, wie sie Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada in ihren Briefen beschreiben. Gemessen an den moralischen Normen der Zeit, überschreiten die Frauen – aber auch die mit ihnen in Beziehung stehenden Männer – immer wieder gesellschaftliche Grenzen und brechen mit Konventionen. Ist es angepasst, in diesem Zusammenhang von »Normüberschreitungen« zu sprechen? Finden diese »Konventionsbrüche« im Bewusstsein der Handelnden statt? Wie reagiert das Umfeld darauf ? Werden sie entschuldigt? Auf welche Art? Gibt es diesbezüglich Unterschiede zwischen Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada? Wenn ja, worin bestehen sie und worauf könnten sie zurückzuführen sein? Um diese Fragen klären und die Rollen und Handlungsspielräume der zwei Aristokratinnen innerhalb der höfischen Gesellschaft aufzeigen zu können, wird der Mikrokosmos Familie und seine entsprechenden Interdependenzen beleuchtet, weil dort geschlechtsspezifische Rollen, Handlungs- und Umgangsweisen praktiziert werden und gut fassbar sind. Das auf diese Art entstehende

Eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

19

Verständnis für Aufbau, Hierarchie und Funktion aristokratischer Haushalte trägt schließlich auch dazu bei, die staatspolitische Entwicklung Italiens von innen her zu begreifen; die mikrohistorische Sichtweise führt über die der höfischen Gesellschaft innewohnenden Eigenheiten auf die Makroebene und öffnet so auch einen neuen Zugang zur frühneuzeitlichen Kirchenstaatspolitikgeschichte.

1.2

Theoretische und methodische Konzepte

1.2.1 Figuration und Performanz aus akteurszentrierter Perspektive Grundsätzlich liegen den folgenden Untersuchungen zur römischen Hofgesellschaft Konzepte von Pierre Bourdieu und Norbert Elias zugrunde, zwei der wichtigsten Theoretiker im Bereich der Neuen Kulturgeschichte.3 Bourdieu insofern, als sich die vorliegende Untersuchung zum einen an einer praxeologischen Erkenntnisweise orientiert: Von Interesse ist die Frage nach der sozialen Praxis der Akteure, die den »Habitus« zwischen objektiven Gesellschaftsstrukturen und subjektiven Erfahrungen schafft.4 Zum anderen, weil Bourdieus Unterteilung des »Kapitals« in ökonomisches, kulturelles und soziales im Hinblick auf das von Konkurrenz geprägte Klima Roms ein treffendes Analyseraster bietet.5 Da Vertreterinnen einer höfischen Gesellschaft im Zentrum stehen, ist auch das Figurationsmodell von Norbert Elias und seine theoretischen Überlegungen, die er in seinem Standardwerk »Die höfische Gesellschaft« zu den Mechanismen gegenseitiger Abhängigkeit zwischen Herrschenden und Untertanen sowie zu Etikette und Zeremoniell anstellt, von grundlegender Bedeutung – auch wenn die höfische Gesellschaft der Corte di Roma nicht eins zu eins mit derjenigen des Hofes von Versailles gleichzusetzen ist.6 Elias’ Begriff der Figuration, welcher besagt, dass das höfische Zusammenleben zu einer gegenseitigen Kontrolle führt, hat den Vorteil, dass er im Unterschied zu einem starren Systembegriff weder die Vorstellung von Harmonie noch von Abgeschlossenheit suggeriert.7 Vorbehalte gegenüber Elias sind allerdings bezüglich seines Um3 Burke spricht von vier Theoretikern, welche für die Entstehung der Forschungsrichtung der Neuen Kulturgeschichte zentral waren. Neben Bourdieu und Elias nennt er die Theorien von Michail Bachtin und Michel Foucault. Burke, Kulturgeschichte, S. 78. 4 Zum »Habituskonzept« vgl. Bourdieu, Die feinen Unterschiede, S. 277 – 354. 5 Bourdieu, Ökonomisches Kapital, S. 183 – 198. 6 Für wertvolle Überlegungen zu Parallelen und Unterschieden zwischen dem Hof von Versailles und dem Papsthof vgl. Büchel, Prolegomena, S. 203 – 219. Zu den spezifisch papsthöfischen Eigenheiten vgl. Kap. 2. 7 Elias, höfische Gesellschaft, S. 200 – 202.

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Einleitung und Grundlagen

gangs mit der Kategorie Geschlecht angebracht: Er klammert in seiner Figurationsanalyse die Interdependenzen zwischen den Geschlechtern oder unter Frauen aus.8 Wenn man aber seine Überlegungen zu Etikette und Zeremoniell und das Figurationsmodell, wie von Opitz vorgeschlagen, um die Kategorie Geschlecht erweitert, sind seine Theorien auch für die Geschlechtergeschichte nutzbar.9 Im Weiteren bewegt sich die Dissertation insofern im Bereich der Neuen Kulturgeschichte, als der gewählte Ansatz ein konstruktivistischer ist: Es wird davon ausgegangen, dass die historischen Quellen nicht eine soziale Realität widerspiegeln, sondern diese erzeugen. Die Frauen werden als Akteurinnen begriffen, deren Handeln in Interaktionen mit anderen Personen und sozialen Gruppen zur Erzeugung von Wirklichkeit(en) beitrugen. Eine solche konstruktivistische Herangehensweise ermöglicht es, Frauen nicht nur sichtbar zu machen, sondern sie auch aus weiblich-akteurszentrierter Sicht zu beschreiben.10 Für eine akteurszentrierte Perspektive plädierten in jüngster Zeit verschiedene Forschungsrichtungen wie etwa die Neue Diplomatiegeschichte,11 die Kulturgeschichte des Politischen12 oder die Kulturtransferforschung.13 Die 8 Der Kritik an Elias aus der Sicht der Geschlechterforschung widmen sich insbes. die zwei Sammelbände von Opitz, Macht sowie Klein, Zivilisierung. 9 Dafür plädiert Opitz, Macht, insbes. S. 95. 10 Von einem solchen Gender-orientierten, konstruktivistischen Ansatz gingen viele feministische Historikerinnen aus. Vgl. dazu Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S. 125 – 137. 11 Die aktuelle Diplomatiegeschichte nimmt neuerdings zunehmend nichtstaatliche Akteure ins Blickfeld ihrer Forschung. Sie analysiert die internationalen Beziehungen nicht aus der Perspektive der Staaten, sondern stellt die personale Verflechtung der Akteure in den Mittelpunkt. Diese neue Sichtweise auf das frühneuzeitliche Diplomatiewesen wurde intensiv diskutiert auf der im März 2008 vom Lehrstuhl von Prof. Dr. Christian Windler (Bern) organisierten internationalen Tagung mit dem Titel »Aussenbeziehungen in akteurszentrierter Perspektive«. 12 Mit der Frage, was genau unter dem Begriff »Kulturgeschichte des Politischen« zu verstehen ist, setzt sich der gleichnamige Tagungsband auseinander, der aufgrund der im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 496 in Münster »Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution« im Oktober 2003 organisierten Tagung entstanden ist. Die Einleitung von Stollberg-Rilinger fasst die Resultate der Tagung zusammen und streicht die Vorteile der politischen Kulturgeschichte heraus, ohne zu vergessen, auch auf die Einwände und Vorbehalte anderer Forschungsrichtungen einzugehen. Stollberg-Rillinger, Kulturgeschichte des Politischen, S. 9 – 24. 13 Die Vertreterinnen der Frauen- und Geschlechtergeschichte erweiterten die Forschungen zum »Kulturtransfer« jüngst um die Kategorie Gender, dabei sind insbes. die Tagung »Grenzüberschreitende Familienbeziehungen – Akteure und Medien des Kulturtransfers in Spätmittelalter und Früher Neuzeit« vom Januar 2006 (vgl. Nolde/Opitz, Kulturtransfer) sowie die 12. Schweizerische Tagung für Geschlechtergeschichte vom August 2007 »Gender in Trans-It – Transkulturelle und transnationale Perspektiven« (vgl. Ineichen/Liesch/Rathmann-Lutz, Gender) zu erwähnen.

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VertreterInnen dieser Forschungsfelder fragen nach Bedeutung und Rollen der Akteure und nehmen die verschiedenen Formen des Zeremoniells und der symbolischen Kommunikation14 ins Blickfeld, doch haben nur wenige bislang die Kategorie Gender in ihre Forschungen integriert.15 Dabei waren die Einflussmöglichkeiten und Aktionsradien von Frauen in der Frühen Neuzeit weitaus größer, als man aufgrund der eher auf männliche Akteure und Handlungsfelder konzentrierten Politik-Forschung annehmen würde.16 Dies wird sich hier insbesondere bei Anna Colonna Barberini zeigen. Als »First Lady« von Rom hatte sie immer wieder auch eine politische Funktion inne, die sich in zeremoniellen Handlungen äußerte und entsprechend von der Gesellschaft wahrgenommen wurde. Mithilfe des von der Ethnologin Candace West und dem Ethnologen Don Zimmerman 1987 vorgestellten Konzepts des doing-gender, welches davon ausgeht, dass gender ein Produkt performativer Handlungen ist, wird es zudem möglich, die höfischen Damen Roms nicht als Gefangene von starren Geschlechteridentitäten zu begreifen, sondern als Akteurinnen, die »in jeder Situation ein mehr oder weniger breit gefächertes Repertoire von Verhaltensweisen und Bedeutungen vorfinden, aus dem sie auswählen können (und müssen), um sich ›zu verhalten‹ (to perform, performance).«17

1.2.2 Geschlecht als mehrfach relationale Kategorie Es geht in der vorliegenden Arbeit nicht um eine Darstellung »der römischen Frau im 17. Jahrhundert«, ist doch das reine »Frau-Sein« eine äußerst fragwürdige Identifikationskategorie. Eine nur auf das biologische Geschlecht reduzierte Sichtweise würde von »der Frau« als kollektives Subjekt ausgehen und 14 Gerade für die Hofkultur ist die symbolische Kommunikation – auch zwischen verschiedenen Herrschaftszentren – von weitreichender Bedeutung. Mit der Frage nach den Beziehungen zwischen den Höfen sowie nach dem Stellenwert informeller Kommunikationskanäle für grenzüberschreitende Aushandlungsprozesse beschäftigen sich u. a. von Thiessen/ Windler, Nähe. Für hoch entwickelte Formen symbolischer Kommunikation am Papsthof vgl. die interdisziplinär angelegte, kulturgeschichtliche Studie von Visceglia, La citt” sowie Wassilowsky/Wolf, Werte. 15 Bislang wurde die Gender-Perspektive offiziell im Umfeld von Prof. Dr. Christian Windler (vgl. Anm. 11) mit dem SNF-Projekt »Weibliche Diplomatie? Frauen als aussenpolitische Akteurinnen (18. Jahrhundert)« in die Diplomatieforschung integriert. 16 Zu diesem Schluss kam man an der interdisziplinären Tagung zu »Grenzüberschreitende Familienbeziehungen – Akteure und Medien des Kulturtransfers in Spätmittelalter und Frühen Neuzeit« Januar 2006. Nolde/Opitz, Kulturtransfer, S. 8. 17 Opitz, Um-Ordnung, S. 73. Zum Konzept des performativ gedachten, jedoch nicht ethnomethodologisch, sondern diskursanalytischen doing-gender vgl. Butler, Unbehagen, S. 198 – 208. Die Vorteile des Performanz-Begriffs für die Kultur- und Geschlechtergeschichte zeigen im Weiteren Burke, Kulturgeschichte, S. 135 f. sowie Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S.135 – 139 auf.

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der einzelnen Akteurin nicht gerecht werden.18 Wie Heide Wunder schon 1992 festhielt, besaß die Kategorie »Geschlecht« in der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit nicht die universelle Strukturierungskraft wie in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Vielmehr war die Wirksamkeit der Geschlechtszugehörigkeit bis ins 18. Jahrhundert nach Lebensalter, Zivilstand und sozialer Schicht gestuft.19 Andrea Griesebner und Christina Lutter setzen Wunders Überlegungen fort und empfehlen, Geschlecht als »mehrfach relationale Kategorie« wahrzunehmen.20 Geschlecht soll stets in Relation zu anderen, gesellschaftlichen und sozialen Strukturierungsmerkmalen – neben den von Wunder genannten auch Verwandtschaft, herrschaftliche Abhängigkeiten, Position in der Erbfolge u. a. – in den Blick genommen werden. Dadurch lässt sich die konkrete Bedeutung des Frau- oder Mannseins nicht »fixieren«, sondern »ergibt sich aus spezifischen, sich historisch ändernden Bedingungen, Strukturen und Werten.«21 Hohkamp beschreibt die mehrfach relationale Verwendung von Geschlecht als soziale und analytische Kategorie bildlich als »ein Ensemble von Elementen […], dessen Gestalt sich kaleidoskopartig verändern und laufend neu figurieren kann.«22 In diesem Sinne soll die vorliegende Untersuchungen zu Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada verstanden werden: Die »Identität« der zwei Akteurinnen ist, wie sich zeigen wird, wandelbar und verändert sich durch den Einfluss verschiedener Faktoren bzw. Kategorien. Mit diesem Vorgehen soll der im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung nach wie vor verbreiteten Tendenz entgegengewirkt werden, Geschlecht über alle anderen Kategorien der Zugehörigkeit zu stellen und die »Frau« nur in Relation zum »Mann« zu untersuchen. Nicht vergessen werden darf, dass gerade in der römischen Gesellschaft die Kategorie »Zölibat« ein mindestens ebenso klar strukturierendes Element war wie die des Geschlechts.

18 Wie hartnäckig allerdings auch noch in den historischen Forschungen der 1980er und 1990er Jahre die Frau mit der Familie homogenisiert wurde, und in Überblicksdarstellungen Männer – anders als »die Frauen« – differenziert untersucht wurden (so z. B. in: Garin, Eugenio (Hg.): »Der Mensch der Renaissance«, Frankfurt a. M. 1988: Der Fürst; Der Condottiere; Der Kardinal; der Höfling; Der Philosoph; Der Reisende und Eingeborene; und schließlich: Die Frau), zeigt Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S. 96. 19 Wunder, Er ist die Sonn’, S. 264. 20 Griesebner/Lutter, Macht der Kategorien, S. 3 – 5, sowie Griesebner, Geschlecht, S. 129 – 137. 21 Griesebner/Lutter, Macht der Kategorien, S. 4. 22 Hohkamp, Gestrüpp, S. 7.

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1.2.3 Netzwerk- und Mikroanalyse Will man Lebensrealitäten von Menschen sichtbar machen und gleichzeitig erklären, warum sie handelten, wie sie handelten, wird man mit dem Problem der Gleichzeitigkeit von »gegebenen« und »produzierten« Verhältnissen konfrontiert. Ein methodischer Ausweg aus diesem erkenntnistheoretischen Problem bietet der »ethnologische Blick« und die Mikroanalyse,23 die sich für die Erforschung von Prozessen eignet. Wolfgang Reinhard arbeitete bereits in den 1970er Jahren mit dem mikroanalytischen Ansatz und wies mit seinen netzwerktheoretischen Gedanken der bis dahin stark historistisch und theologisch gefärbten Rom- und Papsthofforschung eine neue Richtung auf.24 Auch die aktuellste römische Kulturforschung, insbesondere die Nepotismusforschung um Volker Reinhardt, basiert auf Untersuchungen der verwandtschaftlich- und freundschaftlich-klientelären Netzwerke der Familienverbände und fragt auf einer mikropolitischen Ebene nach der Funktionsweise des frühneuzeitlichen päpstlichen Herrschaftssystems.25 Allerdings wurden in diesem Bereich bis heute die Frauen nur bei Überlegungen zu Heiratsstrategien in die Analysen miteinbezogen und kaum als eigene Akteurinnen wahrgenommen. In der gegenwärtigen Geschlechterforschung sieht man aber gerade in der Netzwerkanalyse eine Möglichkeit, auch die weiblichen Akteure zu integrieren und die Geschlechterbeziehungen ins Blickfeld zu nehmen.26 Bei der Erforschung frühneuzeitlicher Herrschaftsfamilien außerhalb Italiens findet diese Methode bereits eine breite Verwendung, wie zum Beispiel in Cordula Noltes Aufsatz 23 Medick, Missionare, S. 296 – 319. Medick empfiehlt eine Mikroanalyse, die auf vier Punkten basiert: 1. dem genauen, ethnologischen Blick, 2. der Einsicht, dass die Gesamtheit des sozialen Lebens kulturell geformt ist, 3. Kultur nicht nur ein System von Normen, Symbolen und Werten ist und 4. die Bereitschaft, Quellen zu kontextualisieren. Zu Medicks Ansatz vgl. auch Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S. 98 – 105. 24 Reinhard entwickelte in den 1970er Jahren das unterdessen von verschiedenen Forschungsrichtungen verwendete, soziale Interaktionsmodell für römische, frühneuzeitliche Führungsgruppen, dessen Funktionsweise und Dynamik sich über Verflechtung und Mikropolitik erschliessen lässt. Reinhard, Freunde; ders., Amici. 25 Für eine Zusammenfassung der verschiedenen, kulturgeschichtlich ausgerichteten Themenfelder der Romforschung, vgl. Karsten/Zunckel, Perspektiven. Speziell mit dem Netzwerkansatz arbeiten u. a. folgende größer angelegten Studien: Reinhard, Papstfinanz; Reinhardt, Kardinal Scipione und Emich, Bürokratie. Ebenfalls auf dem methodischen Ansatz der Netzwerkanalyse basiert die Literatur, die in den letzten Jahren um das Projekt »Requiem – Die römischen Papst- und Kardinalsgrabmäler der Frühen Neuzeit« unter der Leitung von Horst Bredekamp (Humboldt Universität, Berlin) und Volker Reinhardt (Universität Fribourg, Schweiz) entstanden ist. Zu den erkenntnisleitenden Forschungsinteressen, den Datenbanken und Publikationen vgl. www.requiem-projekt.de. 26 Die Geschichtswissenschaft versteht unter einem »Netzwerk« »eine Vielzahl von individuellen oder kollektiven Akteuren, die untereinander durch Beziehungen verbunden sind, wie sie etwa durch Verwandtschaft, Freundschaft, Kommunikationen, Transaktionen von Ressourcen usw. zustande kommen.« Nolde/Opitz, Kulturtransfer, S. 9.

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Einleitung und Grundlagen

»Gendering Princely Dynasties«. In der Mikroanalyse zum Hof der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach um 1500 zeigt Nolte aufgrund der Untersuchung von Korrespondenzmaterial die sozialen Netzwerke und Familienstrukturen auf und integriert ganz selbstverständlich die Kategorie »Gender«. Hinter Noltes Vorgehensweise liegt der Ansatz, dass aristokratische Dynastien, die stets von der Notwendigkeit getrieben wurden, Macht und Prestige zu halten bzw. zu akkumulieren, politische und konstitutionierende Elemente sind und Aktionen und Beziehungen zwischen Familienmitgliedern – unabhängig ob Mann oder Frau – eine politische Dimension besitzen.27 Ein vergleichbares Vorgehen wie Nolte zeigt Sophie Ruppel in ihrem Aufsatz »Geschwisterbeziehungen im Adel und Norbert Elias’ Figurationsanalyse«, in welchem die Briefwechsel unter kurfürstlichen Geschwistern im 17. Jahrhundert untersucht werden. Ruppel geht davon aus, dass der Briefwechsel »ein Zeugnis von Interdependenzen« darstellt und rückt die interpersonale Beziehung ins Zentrum ihrer Untersuchungen. Der Blick auf die Figuration, so Ruppel, hebe die klare Trennung von Individuum und Gesellschaft auf.28 Meine Untersuchungen orientieren sich am Vorgehen von Nolte und Ruppel, nehmen aber noch verstärkt – insbesondere bei Anna Colonna Barberini – die politischen und kulturellen Zeitphänomene und ihre Auswirkungen auf die Familiendynastien ins Blickfeld. Auch wenn die römischen Aristokratenfamilien den dynastischen Gesetzen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Herrscherfamilien unterworfen waren, wirkten sich gerade die spezifisch papsthöfischen Mechanismen und Eigenheiten (vgl. Kap. 2) in einem hohen Maße auf die Familien und ihre Mitglieder aus. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die vorliegende Arbeit in methodischer Hinsicht herkömmliche Familiendynastiegeschichte mikrohistorisch «gendert» und dabei nach der »Funktionsweise« des päpstlichen Herrschaftssystems fragt, in welchem Frauen wie Männer als in ein Netzwerk eingebundene, handelnde Akteure wahrgenommen werden. 1.2.4 Umgang mit Gebrauchsschriftgut Von der historischen Forschung wurde der Brief schon lange als eigene Quellengattung wahrgenommen, doch fand bisher kaum eine methodische Auseinandersetzung mit diesem Medium statt. Als Zeitalter des Briefes gilt erst das 18. Jahrhundert – dann wird der Brief allerdings der Privatsphäre zugeordnet 27 Nolte, Gendering, S. 705. 28 Ruppel, Geschwisterbeziehungen, S. 210 f. Dieser Aufsatz basiert auf Ruppels Dissertation, in welcher sie die kurpfälzische und die (kur-)hannoveranische Geschwisterreihe in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgrund von Briefwechseln untersucht und mit Elias Figurationsmodell interpretiert. Ruppel, Verbündete Rivalen.

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und zählt als literarische und nicht als historische Gattung.29 Dass auch der Brief im 17. Jahrhundert von großem, historischem Quellenwert ist, wurde bisher wenig beachtet.30 Wie sich im Folgenden zeigen wird, war der Brief in der frühneuzeitlichen Gesellschaft Roms das zentrale Medium zur zeit- und raumübergreifenden Kommunikation. Da das Briefeschreiben materielle und kulturtechnische Bedingungen voraussetzte,31 war es der gebildeten Oberschicht der römischen Hofgesellschaft vorbehalten. Ihr jedoch war der Brief unentbehrlich – Männer und Frauen tauschten fast täglich Informationen aller Art auf dem schriftlichen Weg aus. Entsprechend groß ist aus heutiger Sicht das Potenzial, das im Briefmaterial für die Erforschung aristokratischer Alltagsgeschichte vorhanden ist.32 Die in den römischen Archiven liegenden Briefe zu den Familien Colonna, Barberini, Veralli und Spada werden in der vorliegenden Arbeit als historische Quellen für die oben formulierten Erkenntnisse nutzbar gemacht und stehen im Zentrum der Untersuchung. Bei den erforschten Briefen handelt es sich um »Gebrauchsschriftgut«, also nicht um literarisch konstruierte Werke, wie sie das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat. Die Grenzen zwischen »privat« und »öffentlich« sind zu der Zeit noch fließend, sachliche Berichterstattung, philosophische Reflexionen und gesellschaftlich-politische Beobachtungen finden ebenso Platz wie emotionale und soziale Aspekte. Wie sich zeigen wird, deckt die römisch-aristokratische Alltagskorrespondenz ein breites Spektrum an Funktionen ab und behandelt soziale, politische, alltägliche, geschäftliche, gesellschaftliche und persönliche Themen. Eine Trennung der zwei Bereiche »Politisches/Geschäftliches« und »Privates« zeichnet sich erst im Laufe des 18. Jahrhunderts ab und geht mit einem tief greifenden Wandel der Gesellschaftsstrukturen einher. Im Bereich der römischen Alltagskorrespondenz finden sich ebenso viele Briefe aus weiblicher wie aus männlicher Feder. Auch in thematischer Hinsicht lässt sich grundsätzlich im familiären Austausch kein gattungsspezifischer 29 Schlaffer, Glück, S. 34 – 54. 30 Eine erste wegweisende Untersuchung stammt von Mathias Beer, der in seiner 1990 publizierten Dissertation »Eltern und Kinder des späten Mittelalters in ihren Briefen« exemplarisch aufzeigt, wie gross der sozial- und alltagsgeschichtliche Gewinn sein kann, der aus Briefquellen resultiert. Aktuell beschäftigt sich das Projekt »Briefe adeliger Frauen« am Institut für Geschichte der Universität Wien mit der Thematik, erschließt Briefe aus dem 16.–18. Jahrhundert als Quelle und macht sie in Bezug auf struktur- und mentalitätsgeschichtliche Fragestellungen zugänglich, vgl. www.univie.ac.at/Geschichte/Frauenbriefe. Mit der Thematik des Briefes als Medium des (familiären) Kulturtransfers beschäftigen sich verschiedene Autoren in dem von Dorothea Nolde und Claudia Opitz herausgegebenen Tagungsband »Grenzüberschreitende Familienbeziehungen«, insb. 211 – 286. 31 Nolde/Opitz, Kulturtransfer, S. 13. 32 Dieses Potenzial schöpfte unlängst Ruppel in ihrer Untersuchung zu den Briefen von Geschwistern im Hochadel des 17. Jahrhunderts vorbildlich aus. Ruppel, Verbündete.

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Unterschied zwischen »Männer-« bzw. »Frauenbriefen« ausmachen. Beide Geschlechter berichten, was sie in den letzten Tagen beschäftigte und tauschen relevante familiäre, gesellschaftliche oder politische Informationen aus.33 Bei der Analyse der Briefquellen werden die Ansätze der Schriftlichkeitsforschung mitgedacht.34 So interessieren neben dem Inhalt auch Fragen nach Entstehung, Gebrauch sowie Aufbewahrung (making-using-keeping) der Quellen.35 Es wird darauf geachtet, wer wem wie häufig schrieb, wer wie unterzeichnete, wer wem von eigener Hand schrieb, wer in welchen Fällen einen Schreiber beauftragte, ob die Briefe mündlich vorgelesen wurden usw. Zudem werden Gedanken zur Überlieferung, zur Archivierung und dem Überlieferungszufall angestellt. Zusammengefasst gesagt versteht sich die vorliegende Dissertation als Beitrag zur Neueren Kulturgeschichte Roms, ergänzt mit den aktuellsten Ansätze aus den Bereichen der Geschlechtergeschichte, der Kulturgeschichte des Politischen und der Schriftlichkeitsforschung. Im Sinne Griesebners sind alle hier angesprochenen Theorie- und Methodikansätze jedoch »nicht als hermetisch geschlossene[s] Gedankengebäude«, zu verstehen, sondern sollen »als Denkangebote und wissenschaftliche Werkzeuge […]« dienen.36

33 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Anna Colonna Barberini, insbes. die Kap. 6.3.1 und 7.41, sowie zu Maria Veralli Spada die Kap. 9 und Kap. 10.2.2. 34 In diesem Zusammenhang möchte ich insbes. zwei Projekte erwähnen, die sich mit dem Prozess der Verschriftlichung und des Schrifthandelns über längere Zeit intensiv auseinander gesetzt haben und meinen Umgang mit historischen Quellen und deren Interpretation maßgeblich beeinflussten: Einerseits das am Lehrstuhl des kürzlich verstorbenen Prof. em. Dr. Roger Sablonier (Zürich) angesiedelte SNF-Projekt »Schriftlichkeit, Kommunikationskultur und Herrschaftspraktiken im Spätmittelalter«, das sich mit Fragen der Kommunikationskultur im Mittelalter beschäftigte und Verschriftlichungsprozesse zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert im Gebiet der heutigen östlichen Schweiz untersuchte. Die Resultate dieses Projekts vermittelte der Methodik der Quelleninterpretation neue Impulse. Vgl. z. B. Meier/Sablonier, Wirtschaft. Andererseits verweise ich auf das am Lehrstuhl von Prof. em. Dr. Hagen Keller (Münster) angesiedelte Projekt »Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter«, welches sich vorwiegend mit der symbolischen Kommunikation des Schrifthandelns auseinandersetzte. Dazu vgl. z. B. Keller, Hagen/Meier, Christel/ Scharff, Thomas (Hgg), Schriftlichkeit und Lebenspraxis im Mittelalter. Erfassen, Bewahren, Verändern. Akten des Internationalen Kolloquiums 8.–10. Juni 1995. Münstersche Mittelalter-Schriften 76, München 1999. 35 Zum Making-Using-Keeping-Modell vgl. Hildbrand, Tanz. Hildbrand lehnt sich mit dieser phasenorientierten Dreiteilung des Schrift(gut)handelns an die von Clanchy verwendete Gliederung an. Clanchy, Michael T., From Memory to Written Record. England 1066 – 1307. London 19932. 36 Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S. 139.

Eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

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Forschungsstand und Quellenüberblick

Grundsätzlich liegt der vorliegenden Dissertation die neuere und neueste deutsch- und italienischsprachige, säkulare Literatur zum Papsttum des 17. Jahrhunderts zugrunde, die aus dem Netzwerkansatz von Wolfgang Reinhard37 und der Kirchenstaatstheorie von Paolo Prodi38 in den letzten dreißig Jahren hervorgegangen ist, und seither auch die vielschichtige Rolle des frühneuzeitlichen Papsttums als Impulsgeber für Modernisierungsprozesse aufgezeigt hat.39 Dazu gehören einerseits die im Umfeld der Patronage- und Nepotismusforschung entstandenen deutschsprachigen Werke von Volker Reinhardt40, Wolfgang Reinhard41 und Birgit Emich42 sowie die verstärkt familienpolitisch ausgerichteten Untersuchungen in italienischer Sprache von Maria Antonietta Visceglia43, Renata Ago44 und Irene Fosi45. Sie alle beschäftigen sich mit römischer Mikropolitik, insbesondere dem sozialen Auf- und Abstieg der einflussreichen Familien und den damit verknüpften Karrieren männlicher Familienvertreter an der Kurie.46 Daraus sind jüngst kulturgeschichtlich ausgerichtete Studien insbesondere in den Bereichen der Kunstpatronage47 – hier sei in erster Linie das Projekt »Requiem« unter der Leitung von Prof. Dr. Volker Reinhardt (Fribourg) und Prof. Dr. Horst Bredekamp (Berlin)48 erwähnt, welches die Entstehungsgeschichte von Kardinals- und Papstgrabmälern im Zusammenhang mit deren repräsentativer Aussage erforscht – sowie im Bereich des Zeremoniells hervorgegangen.49 Das frühneuzeitliche Rom wies hoch entwickelte 37 Reinhard, Freunde; ders. Amici. 38 Prodi, Il sovrano. 39 Mit der Frage nach Roms »Modellcharakter« beschäftigen sich etwa Büchel/Reinhardt, Modell. 40 Reinhardt, Der päpstliche Hof; ders. Kardinal Scipione sowie die Sammelbände, insbes. Büchel/ Reinhardt, Kreise sowie Reinhardt/Burschel/Häberlin, Historische Anstösse. Beim Letzteren handelt es sich um die Festschrift für Wolfgang Reinhardt zum 65. Geburtstag, welche mit beispielhaften Aufsätzen zum Nepotismus einen informativen, vielfältigen Überblick gibt. 41 Reinhard, Papstfinanz; ders. Nepotismus; ders. Papal power. 42 Emich, Bürokratie. 43 Visceglia, La nobilt”; Visceglia/Ago, Signori. 44 Ago, Carriere. 45 Fosi, All’ombra. 46 Für verschiedene Beispiele von Karrieremodellen römischer Kleriker vgl. Karsten, Jagd. 47 Für die Kunstpatronage der Kardinalnepoten im 17. Jahrhundert vgl. Karsten, Künstler. 48 Die Forschungsresultate sind abrufbar über die mit Bildern angereicherte Datenbank www.requiem-projekt.de. Für die Resultate in publizierter Form vgl. u. a. die Sammelbände Behrmann/Karsten/Zitzlsperger, Grab sowie Bredekamp/Reinhardt Totenkult. 49 Die aktuellsten Forschungsresultate zu den Werten und Symbolen im frühneuzeitlichen Rom erschienen im Sammelband von Günther Wassilowsky und Hubert Wolf. Darin versuchen

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Einleitung und Grundlagen

Formen symbolischer Kommunikation auf, was zuletzt aus interdisziplinärkulturgeschichtlicher Perspektive eingehend von Maria Antonietta Visceglia untersucht wurde.50 Das Beschreiben der zeremoniellen und rituellen Phänomene ermöglicht insbesondere, verstärkt auch die Frauen an der Corte di Roma ins Blickfeld zu nehmen und in die Politikgeschichte zu integrieren. Dies wurde in jüngster Zeit vor allem von italienischen Forscherinnen getan. Marina d’Amelia gelingt es so zum Beispiel in ihrem Aufsatz »Nepotismo al femminile. Il caso di Olimpia Maidalchini« das bisher von der Forschung konstruierte Bild der geizigen und machtgierigen Papstschwägerin Olimpia Maidalchini zu relativieren. Benedetta Borello51 versucht aufgrund von Recherchen im Familienarchiv der Doria-Pamphilij in ihrer wissenschaftlichen Publikation »Trame sovrapposte. La socialit” aristocratica e le reti di relazioni femminili a Roma« analog zur Analyse männlicher Netzwerke die weiblichen aufzuzeigen. Durch die reine Fokussierung auf die Kontakte zwischen den Frauen und den weitgehenden Ausschluss der Männer wirft die Studie insgesamt zwar ein etwas einseitiges Licht auf die römische Gesellschaft, doch ungeachtet dessen enthält die hervorragend recherchierte Untersuchung im Einzelnen viele wertvolle Informationen zu den Handlungsspielräumen und Rollen der höfischen Frauen. Es handelt sich hierbei um die bisher einzige fundierte und in Buchform publizierte Untersuchung zu den aristokratischen Frauen an der Corte di Roma. Im Gegensatz zu Borello zeichnet Renata Ago52 im Aufsatz »Giochi di squadra. Uomini e donne nelle famiglie nobili del XVII secolo« auf, inwiefern Männer und Frauen in der höfischen Gesellschaft Roms als Team funktionierten. Sie unterteilt die römische Gesellschaft aber nicht nur in Frauen und Männer, sondern macht darauf aufmerksam, dass für ein umfassendes Verständnis des höfischen Klimas die Kategorie der zölibatär lebenden Prälaten als weitere Gruppe mitgedacht werden müsse. Ihre theoretischen Überlegungen waren für meine Untersuchungen wegweisend. Renata Ago setzte selbst ihre Gedanken der giochi di squadra im Aufsatz »Maria Veralli Spada. La buona moglie« um, argumentiert aber noch immer mit traditionellen Geschlechterrollenbildern und verwendet die Kategorien formal/informell bzw. privat/öffentlich. Ähnliches ist bei Marina d’Amelias53 Aufsatz »Lo scambio epistolare tra Cinque e Seicento: scene di vita quotidiana e aspirazioni segrete« zu beobachten. Sie analysiert die Alltagskor-

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die Autoren die verschiedenen Ansätze über die Frage nach den visuellen und performativen Kommunikationsmedien zu verbinden. Neben dem Staatstheoretiker Prodi und der kirchenhistorisch-orientierten Herausgeberschaft kommen auch die wichtigsten VertreterInnen der Nepotismus-Forschung zu Wort. Wassilowsky/Wolf, Werte. Visceglia, La citt”; dies. C¤remoniel. Borello, Trame sovrapposte. Ago, Giochi, dies. Maria Veralli. D’Amelia, Lo scambio.

Eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

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respondenz höfischer Damen Roms (mit Schwerpunkt Familienarchiv Spada Veralli) und bespricht sie unter dem Aspekt der »weiblichen« Schreibtätigkeit. Dabei verfällt auch sie dem typisch nachaufklärerischen Denkmuster : Die zunehmende Fähigkeit des Schreibens hätte den Frauen eine Ausdehnung ihres Einflussgebietes von der »Haushaltseinheit« auf eine »breitere Kontaktzone« ermöglicht.54 Ungeachtet dessen stellt d’Amelia interessante Überlegungen zur Entwicklung der Schreibtätigkeit der Adelsfrauen vom 16. ins 17. Jahrhundert an; sie beobachtet insbesondere ein gewachsenes Selbstverständnis der Frauen durch die verstärkte Einbindung in das Korrespondenzwesen im 17. Jahrhundert. Abgesehen von einigen Aufsätzen zu ausgewählten höfischen Damen Roms, gibt es nur zwei Biografien zu Frauen aus dem römischen 17. Jahrhundert und zwar handelt es sich dabei um die lesenswerte Untersuchung von Donata Chiomenti Vasalli55 »Donna Olimpia o del nepotismo nel Seicento« sowie »Marie Mancini: La premiºre passion de Louis XIV« von Claude Dulong56. Zur Familie der Barberini und dem Pontifikat Urbans VIII. existiert zu diversen Teilaspekten umfangreiche Literatur, doch fehlt bis heute eine umfassende Familienstudie. Für meine Arbeit von Wichtigkeit war vor allem die Untersuchung zum Kardinalshaushalt der Barberini von Markus Völkel57, zum Palazzo Barberini von Patricia Waddy58 sowie der Aufsatz zur Krise nach dem Tod von Urban VIII. von Ulrich Köchli59. Zu Anna Colonna Barberini im Speziellen existieren Aufsätze, die sich vor allem mit ihrer Klostergründung beschäftigen. Hier leisten insbesondere die Aufsätze von Marylin Dunn60 »Piety and patronage in Seicento Rome: Two Noblewomen and Their Convents« sowie von Giuseppe Sacchi Lodispoto61 mit dem Titel »Anna Colonna Barberini ed il suo monumento nel Monastero di Regina Coeli« vor allem im kunsthistorischen Bereich wertvolle Erkenntnisse. Die Ausführungen zu Anna Colonna Barberini basieren aber alle auf der von Pio Pecchiai62 1959 in seinem Aufsatz »I Barberini« konstruierter Persönlichkeitsbeschreibung. Bei Pecchiai erscheint Anna Colonna Barberini zwar als charakterstarke, intelligente Frau, er rechtfertigt ihre Handlungen – insbesondere 54 »[La scena epistolare] cambia per la familglia il momento dell’inserimento dell’unit” domestica in un’area di relazione pi· vasta e sopratutto cambia lo spazio aperto alle donne.« D’Amelia, Lo scambio, S. 82. 55 Chiomenti, Donna Olimpia. 56 Dulong, Marie Mancini. 57 Völkel, Kardinalshaushalte. 58 Waddy, Seventeenth-Century. 59 Köchli, Krise. 60 Dunn, Piety. 61 Sacchi Lodispoto, Anna Colonna. 62 Pecchiai, I Barberini.

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Einleitung und Grundlagen

die Klostergründung – jedoch einzig mit ihrem starken Glauben an Gott. Maria Teresia Bonadonna Russo63 bringt als Einzige im Aufsatz »Anna Colonna Barberini fra mondanit” e devozione« den Aspekt von Annas ausgeprägtem Adelsstolz und Selbstbewusstsein zum Ausdruck und relativiert das bisher dominierende Bild der devoten Anna Colonna Barberini. Bonadonna Russos Ausführungen basieren vor allem auf der zeitgenössischen Literatur. Hierzu gehören neben den gedruckten Venezianischen Botschafterberichten64 die Einträge in den diarii von Giacinto Gigli65 und Teodoro Ameyden66 sowie die im Vatikanischen Geheimarchiv aufbewahrten avvisi67. Das Bild der devoten, gottesfürchtigen Donna Anna Colonna Barberini, welches Pecchiai und alle späteren Forscherinnen und Forscher zeichnen, geht zurück auf die panegyrisch gefärbte Biografie von Annas Schwester Vittoria Colonna, welche der Karmelitermönch Biagio della Purificatione68 in »Vita della Ven. Madre Suor Chiara Maria della Passione, Carmelitana Scalza« 1681 entwirft. Ein ähnlicher Text, bei dem jedoch stärker die Klostergründung im Vordergrund steht, befindet sich in der Handschriftenabteilung in einer busta mit dem Titel »Chiese conservatori e monasteri di monache della citt” di Roma« der Vatikanischen Bibliothek.69 In dieser Bibliothek im fondo der Barberini, liegt auch die für die vorliegende Arbeit untersuchte Korrespondenz von Anna Colonna Barberini mit ihrem Ehemann Taddeo Barberini sowie das Familienarchiv der Barberini. Die Durchsicht der Registerbände des Barberini-Archivs nach Anna Colonna Barberini haben bis auf einige wenige Ausnahmen jedoch keine speziell erwähnenswerten Resultate ergeben. Aufgrund der Schließung der Vatikanischen Bibliothek im Frühling 2007 für drei Jahre konnten gewisse Nachrecherchen nicht mehr geleistet werden. Doch war es vor der Schließung noch möglich gewesen, die Korrespondenz von Anna Colonna Barberini mit Taddeo Barberini aufzuarbeiten. Die Briefe, die Anna Colonna Barberini mit ihrem Vater und ihren Brüdern ausgetauscht hat, befinden sich im Familienarchiv der Colonna, welches in die Bibliothek des Klosterarchivs der Benediktiner in Subiaco integriert ist. Hier wird die Korrespondenz der Familienmitglieder in carteggi aufbewahrt, die nach Empfänger/Empfängerin und nicht nach Schreiber/ Schreiberin sortiert sind. 63 64 65 66

Bonadonna Russo, Anna Colonna. Barozzi/Berchet, Relazioni. Gigli, Diario. BAV, Barb. lat. 4853 und 4819, Diario di Roma, 1646 und 1650. Für eine Biografie und Werkübersicht des niederländischen avvisi-Schreibers Ameyden vgl. Bastiaanse, Teodoro Ameyden (1586 – 1656). 67 ASR, Segr. di Stato, Avvisi 99. 68 Della Purificatione, Vita. 69 BAV, Vat. lat. 11884, fol. 282 – 295.

Eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

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Das Familienarchiv der Spada befindet sich im römischen Staatsarchiv. Es ist dank Maria Raffaeli Cammarato in »Il Fondo Archivistico Spada Veralli, Ipotesi per un Inventario« gut erschlossen. Wertvolle Quellenarbeit zur Familie haben bis jetzt vor allem Arne Karsten und Renata Ago geleistet. Ersterem gelang es mit dem Buch »Kardinal Bernardino Spada. Eine Karriere im barocken Rom« die Geschichte einer außergewöhnliche Persönlichkeit mit den politischen Ereignissen der Zeit und der Familiengeschichte vorbildlich zu verknüpfen. Diese Biografie diente in vielerlei Hinsicht als wichtige Stütze. Im Weiteren beschäftigten sich mit der Bau- und Architekturgeschichte der Spada in allgemeiner Hinsicht Minna Heimbürger Ravalli70, in Bezug auf die Familienkapelle in Chiesa Nuova Antonella Pampalone71 und den Palazzo Spada betreffend Lionello Neppi72. Cesarina Casanova73, Irene Fosi und Maria Antonietta Visceglia74 verwendeten das Material aus dem Familienarchiv der Spada für Aufsätze zur barocken Heiratspolitik. Die Person Maria Veralli Spada findet in allen diesen Untersuchungen nur am Rande Erwähnung. Dies bewog sowohl Karsten wie auch Ago dazu, je einen kurzen Aufsatz zu dieser außergewöhnlichen Frau zu verfassen.75 Von Interesse war auch der Aufsatz von Marina d’Amelia zur weiblichen Korrespondenztätigkeit, der den Briefaustausch zwischen Maria Veralli Spada und deren Tochter Eugenia Spada zum Gegenstand ihrer Untersuchung hat.76 Zum Schluss sei noch eine wichtige Quelle anderer Art zu Maria Veralli Spada genannt: In der Galleria Spada (Palazzo Capo di Ferro) hängt ein vermutlich von Eberhart Keilhau gemaltes Familienporträt, das Maria im Kreise von fünf ihrer Söhne zeigt und von starker Aussagekraft ist (vgl. Kap. 13.1 und Abb. 25). Auf die Materialität der Briefe und die Handschriften von Anna Colonna Barberini und Veralli Spada wird im jeweiligen Untersuchungsteil genauer eingegangen.

1.4

Struktur und Aufbau

Die vorliegende Dissertation besteht neben einem Grundlagenkapitel mit Überlegungen zu Kirchenstaat, höfischer Gesellschaft und Kardinalsfamilie in der Frühneuzeit aus zwei getrennten wissenschaftlichen Untersuchungsteilen. 70 71 72 73 74 75 76

Heimbürger, Architettura scultura. Pampalone, La capella. Neppi, Palazzo Spada. Casanova, Le donne. Fosi/Visceglia, Marriage. Ago, Maria Spada; Karsten, Maria Veralli. D’Amelia, Lo scambio.

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Einleitung und Grundlagen

Der erste beschäftigt sich mit Anna Colonna Barberini, der zweite mit Maria Veralli Spada. Es wurden bewusst zwei separate biografisch aufgebaute Teile gewählt, um die Frauen je als eigenständige Akteure im Kontext ihres familiären Umfelds wahrnehmbar zu machen. Ein thematischer Aufbau hätte die Frauen zu sehr auf theoretische Parameter und ihr gemeinsames Geschlecht reduziert. Warum ausgerechnet Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada für die Untersuchung gewählt wurde, ist darauf zurückzuführen, dass bewusst keine »Ausnahmefrauen« wie zum Beispiel Donna Olimpia Maidalchini oder Königin Christina von Schweden untersucht werden sollten. Sondern es sollten »normale«, verheiratete höfische Damen im Zentrum stehen. Warum die Wahl ausgerechnet auf die Ehefrauen aus der Barberini- bzw. Spada-Familie fiel, liegt daran, dass es sich bei diesen zwei Geschlechtern um Aristokratenfamilien handelt, zu denen bereits Studien vorliegen, welche es ermöglichten, darauf aufbauend den Blick speziell auf die Ehefrauen zu richten. Darüber hinaus handelt es sich bei Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada um zwei Aristokratinnen derselben Generation, die jedoch bedingt durch Herkunft und Verheiratung in der höfischen Hierarchie unterschiedliche Plätze besetzten. Es war von Anfang an ein Ziel, möglichst nahe an den Originalquellen zu bleiben und mit vielen Originalzitaten zu arbeiten, um die Personen aus ihren selbst verfassten Briefen gewissermassen »von innen her« entstehen zu lassen. Aufgrund der unterschiedlichen Quellenlage sind zwei völlig verschiedene Untersuchungsteile entstanden. In ihnen spiegeln sich nicht zuletzt auch die verschiedenen Charakteren und Lebenskonzepte der zwei höfischen Frauen wider. Es sind schließlich diese Unterschiede, die einen Erkenntnis gewinnenden Vergleich erlauben und allgemeine Schlüsse zur Gesellschaftsstruktur im papsthöfischen Umfeld zulassen. Die Kapitelstruktur innerhalb der zwei Untersuchungsteile orientiert sich an der chronologischen Ereignisabfolge, doch beschreiben die einzelnen Kapitel an sich keine biografische Entwicklung. Sie beschäftigen sich vielmehr jeweils mit einem ausgewählten Thema, welches sich aus den Quellen ergab und im Hinblick auf die Hauptfragestellung relevant war. So werden wissenschaftliche Überlegungen und Interpretationen mit einem streckenweise lebendigen, quellennahen Erzählstil verknüpft. 1.4.1 Begriffsklärung Da die deutschsprachige Romforschung des 19. und 20. Jahrhunderts die an der Corte di Roma lebenden Menschen der Frühen Neuzeit noch nicht als eine höfische Gesellschaft wahrgenommen hat, die sich aus Frauen, weltlichen Männern und Prälaten zusammensetzt, stellen sich in begrifflicher Hinsicht einige Probleme. Im historischen Konzept von »Papsthof« und »papsthöfisch«

Eine höfische Gesellschaft von Frauen, weltlichen Männern und Prälaten

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haben Frauen ebenso wie in dem von Völkel geprägten Begriff des »Kardinalshaushaltes« und der »Kardinals-famiglia« keinen Platz.77 Deshalb wurde entschieden, im Folgenden auf den Begriff des »Papsthofs« zu verzichten und stattdessen den italienischen Begriff der Corte di Roma zu verwenden, wenn nicht das höfische System an sich, sondern die in der höfischen Gesellschaft lebenden Menschen gemeint sind; entsprechend wird zur Bezeichnung der »papsthöfischen Gesellschaft« der Ausdruck der »höfischen Gesellschaft Roms« benutzt. In diesem Sinne versteht sich die Corte di Roma als Hof, der neben dem päpstlichen Haushalt im engeren Sinne und der Kurie, d. h. den zahlreichen päpstlichen Behörden und den dort verkehrenden Beamten mitsamt den umfangreichen Haushalten (gemeint sind damit die in den Haushaltslisten (roli) vermerkten, vorwiegend männlichen Familiaren, vgl. auch Kap. 3.3)78 eben auch die Familien der Prälaten (gemeint sind blutsverwandte Frauen, Männer und Kinder) umfasst. Durch diese definitorische Erweiterung des römischen Hofbegriffs können auch Anna Colonna Barberini als Ehefrau des weltlichen Papstneffen Don Taddeo wie auch Maria Veralli Spada als Nichte Kardinals Bernardino als Teil der höfischen Gesellschaft Roms aufgefasst werden. Entsprechend werden sie im Folgenden auch als »höfische Damen« oder »höfische Frauen« bezeichnet. Dabei gilt es zu beachten, dass es in Rom anders als an anderen europäischen Fürstenoder Königshöfen keine eigentliche »Hofdamen« gab, die aufgrund ihres Standes oder einer speziellen Würde als solche hätten bezeichnet werden können. Der Grund dafür liegt darin, dass die Frauen der Corte di Roma nicht gezwungenermaßen von adliger Abstammung sein mussten, sondern sich durch den kurialen Aufstieg eines ihrer Familienmitglieder die Zugehörigkeit zur römische Aristokratie bzw. eben der »höfischen Gesellschaft« zwingend »erarbeiten« konnten. Darauf und die weiteren speziellen Eigenheiten der Gesellschaft der Corte di Roma oder eben des »papsthöfischen Systems« wird in Kapitel 3 genauer eingegangen und die Begriffe casa, famiglia, »Familiaren«, »Familienmitglieder« und »Kardinalshaushalt« besprochen. In Bezug auf Anna Colonna Barberini wird hin und wieder der moderne, wenn auch ahistorische Begriff der römischen »First Lady« als Bezeichnung für die wichtigste Frau an der Corte di Roma verwendet. Er umschreibt und erklärt der heutigen Leserin oder dem Leser die Position, die entweder die Ehefrau des weltlichen Papstneffen (z. B. Donna Anna Colonna Barberini) oder die Papstschwägerin (z. B. Donna Costanza Magalotti Barberini oder Donna Olimpia Maidalchini Pamphilij) einnahm, dem heutigen Lesenden am treffendsten.

77 Zu Völkels Definition des Kardinalshaushaltes und der famiglia vgl. Kap. 3.3. 78 So die bisherige Definition in der Papstforschung, Reinhard, Freunde, S. 54.

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Einleitung und Grundlagen

1.4.2 Umgang mit italienischen Ausdrücken und Eigennamen Im Haupttext werden italienische (bzw. allg. fremdsprachliche) Ausdrücke wie Titel (Contestabile), lokalisierbare Orte (Campo de’ Fiori) und Paläste (Palazzo Capo di Ferro) ohne besondere Hervorhebung ins Deutsche integriert, italienische Ausdrücke werden jedoch wie zum Beispiel casa oder famiglia, für die mir die deutsche Übersetzung unzureichend und nicht zutreffend erschien, kursiv und – mit Ausnahme der Corte di Roma – klein geschrieben (Transkriptionsregeln und Abkürzungen vgl. Anhang A, S. 227). Mit den Namen der zu bezeichnenden Personen wird folgendermaßen verfahren: Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada werden ab dem Zeitpunkt ihrer Verheiratung grundsätzlich mit ihrem vollen Doppelnamen bezeichnet, weil sie beide so auch ihre Briefe unterschrieben. Um unnötige Längen zu vermeiden, werden die Hauptpersonen jedoch innerhalb der jeweiligen Untersuchungsteilen beim Vornamen genannt. Anna Colonna Barberini wird das »Donna«79 vorangestellt, da sie auch von den Zeitgenossen so genannt wird und um ihrer im Vergleich zu Maria Veralli Spada gesellschaftlich überlegenen Stellung Ausdruck zu verleihen. Analog wird bei den Männern verfahren: Taddeo Barberini wird Don Taddeo, Orazio Spada hingegen nur Orazio genannt, den Familienkardinälen wird der Kardinalstitel vor den Vornamen gestellt.

2

Kirchenstaat und Papsthof

Zwei Pontifikate prägten das Leben und Wirken von Anna Colonna Barberini (1601 – 1658) wie auch von Maria Veralli Spada (1613 – 1687) hauptsächlich: dasjenige des Barberini-Papstes Urban VIII. (1623 – 1644) und dasjenige des Pamphilij-Papstes Innozenz X. (1644 – 1655). Es sind zugleich die letzten beiden Pontifikate des 17. Jahrhunderts, die aus heutiger Sicht im europäischen Kontext noch von Bedeutung waren, bevor das Papsttum Ende des Jahrhunderts zum Spielball der europäischen Grossmächte wurde. Der Bedeutungsverlust des Kirchenstaates machte sich schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts insbesondere bei den kriegerischen Auseinandersetzungen während des Barberini-Pontifikats (vgl. Kap. 2.2) bemerkbar ; unter Innozenz X. zeichnete sich der Machtverlust dann bereits deutlich ab: Beim Westfälischen Frieden von 1648, der das Ende des Dreißigjährigen Kriegs besiegelte, hatte der päpstliche 79 Denn: »[…] il vocabolo donna º nome maestoso e signorile, significante grandezza, nobilt” e maggioranza.« Moroni, Dizionario, Bd. XX, S. 206.

Kirchenstaat und Papsthof

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Gesandte (Fabio Chigi – der spätere Alexander VII.) auf die eigentlichen Verhandlungen keinen effektiven Einfluss mehr.80 Da es sich beim Papsthof um ein barockes Hofsystem handelte, das – im europäischen Vergleich – durch seine strukturbedingten Eigenschaften in besonderem Maße Einfluss auf Gesellschaft, Kultur und Mensch ausübte, sollen im Folgenden zuerst die spezifischen Eigenheiten des Papsttums skizziert, dann auf die Außenpolitik des Kirchenstaates und sein Lavieren zwischen Frankreich und Spanien eingegangen und abschließend einige Bemerkungen zu den Auswirkungen der gegenreformatorischen Bewegung auf Päpste und Papsttum gemacht werden.

2.1

Die strukturimmanenten Eigenheiten des papsthöfischen Systems

Grundsätzlich wies das römische Hofsystem des 17. Jahrhunderts feudalherrschaftliche Strukturen auf und ist insofern mit den dynastisch-oligarchisch organisierten Herrschaften des übrigen Europa vergleichbar :81 Auch zur Corte di Roma gehörten einflussreiche Aristokratenfamilien, denen es um Macht, Lehensbesitz (feudi), Prestige und Vergrößerung ihres Reichtums ging. Der Aufbau und die Pflege eines soliden, personellen Netzwerks, insbesondere durch eine geschickte Heiratspolitik, sowie Investitionen in Kunstpatronage zur Steigerung des eigenen Kapitals, waren Elemente, welche auch die frühneuzeitlichen Familien der römischen Elite auszeichneten. Das Agieren der römischen Aristokratie wurde jedoch zusätzlich durch zwei spezifische, dem päpstlichen Hofsystem immanente Eigenheiten maßgeblich beeinflusst: Erstens war (bzw. ist) der Papsthof eine Wahl- und keine Erbmonarchie und zweitens vereinte der Papst als Monarch in sich weltliche und geistliche Macht. Erst unter Beachtung dieser zwei Aspekte können die gesellschaftlichen Mechanismen sowie das Handeln und Verhalten des frühneuzeitlichen Menschen an der Corte di Roma wirklich verstanden werden. 2.1.1 Eine Wahlmonarchie Jeder neue Papst, der aus einem Konklave hervorging, trat sein Amt im Bewusstsein an, dass seine Regierung nicht ewig dauern und mit seinem Tod all das, was er während seiner Herrschaftszeit aufgebaut hatte, zu Ende sein würde. Deshalb ließ er möglichst unmittelbar nach seiner Wahl einflussreiche und 80 Zur Rolle des Kirchenstaates im Westfälischen Frieden vgl. Repgen, römische Kurie, ders. Dreißigjähriger Krieg. 81 Karsten/Zunckel, Perspektiven, S. 690.

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Einleitung und Grundlagen

einnahmestarke Posten und Ämter von seinen Neffen und sonstigen Verwandten besetzen. Damit stabilisierte er seine Herrschaft und sorgte zudem dafür, dass während der beschränkten Zeit seiner Regierung seiner Familie stets genügend Geld zufloss.82 Die mit dem Ableben eines jeweiligen Papstes schlagartig einhergehenden Veränderungen im papsthöfischen System bekamen somit jeweils in erster Linie die Familienmitglieder des Verstorbenen sowie die zum Netzwerk gehörenden Prälatenfamilien zu spüren. Gemäß einer ungeschriebenen Regel ging aus dem nächst folgendem Konklave in den meisten Fällen ein »Gegenpapst« hervor, welcher mit anderen Clans vernetzt war als sein Vorgänger und eine entgegengesetzt außenpolitische Position vertrat. Wenn also zum Beispiel ein Papst – wie Urban VIII. – die französische Krone unterstützte, so stand mehr oder weniger schon im Vornherein fest, dass der folgende Papst – wie Innozenz X. – ein Parteigänger der Spanier sein würde. Welche römischen Familien tendenziell französisch- bzw. spanischfreundlich gesinnt waren, war eine Frage der Tradition. So gehörten z. B. die Colonna, die Aldobrandini und die Ludovisi seit mehreren Generationen der spanischen Faktion an, die Orsini, die Farnese und die Barberini hingegen waren Parteigänger Frankreichs.83 Wie andere Königs- und Fürstenhöfe der Frühen Neuzeit basierte auch die Corte di Roma auf einem klientelären Netzwerksystem. Im Unterschied zu den Erbmonarchien existierten in der Wahlmonarchie Rom jedoch parallel mehrere Netzwerke, welche den sozialen, durch wechselnde Pontifikate bestimmten Konjunkturzyklen unterlagen.84 2.1.2 Vereinigung von geistlicher und weltlicher Macht Die zweite, grundlegende Eigenheit des Papsttums war, dass der Herrscher formal verschiedene zu unterscheidende Körperschaften in sich vereinte: Er war einerseits Papst und Bischof der Universalkirche und andererseits Bischof von Rom – womit er in spiritualibus als Stellvertreter Gottes geistliche Macht innehatte; zudem war er auch weltlicher Fürst und Landesherr des Kirchenstaates – damit machte er in temporalibus weltliche Machtansprüche geltend.85 Diese 82 Zum Nepotismus vgl. Anm. 86. 83 Zu den Wurzeln der römischen Familien und ihrer Gesinnung vgl. Visceglia, La giusta statera und Reinhardt, Familien. Das Schema der typischen Vernetzung der Familien, nicht den nächsten, sondern erst den übernächsten Papst zu unterstützen wird beschrieben von Reinhard, Papal power, S. 352. 84 Büchel, Prolegomena, S. 207. 85 Prodi, Plures, S. 21. Prodi bezieht sich bei dieser Aufteilung in vier Körperschaften auf die Ausführungen von De Luca, einem der größten Kanonisten der Frühen Neuzeit. De Luca, Giovan Battista. Theatrum veritatis et iustitiae, disc. II n. 1, Lugduni 1697 T. XV. 4 Bde., Rom 1669, S. 266. Prodi formulierte diese für das Papsttum typische Doppelnatur von geistlicher

Kirchenstaat und Papsthof

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außergewöhnliche, geistlich-weltliche Doppelfunktion des Papstes beeinflusste nicht nur die gesamte Geschichte des Kirchenstaates und erklärt die Heterogenität der höfischen Gesellschaft von Kurialen und Laien, sondern förderte auch den Nepotismus: Durch das gezielte Ausstatten der Neffen mit politisch einflussreichen Posten, konnte der Papst indirekt Machtpolitik betreiben, ohne sein Image des padre comune, des neutralen Richters, zu gefährden.86 Insbesondere dem Kardinalnepoten kam dabei eine zentrale Rolle zu. Indem ihm die Aufgabe oblag, sich um die repräsentative Kunstpatronage zu kümmern, legitimierte er den weltlichen Auftritt des Papstes und trug dazu bei, dass der Papst selbst sein Gesicht als geistlich-spiritueller Herrscher wahren konnte. Der Kardinalnepote hatte eine Art »Ableiter-Funktion«: Er und nicht der Papst konnte für Prunk und Verschwendung verantwortlich gemacht werden.87 Ihm oblagen zudem als eine Art »Vizepapst« zahlreiche Aufgaben des bürokratischen Alltags (die gesamte amtliche Korrespondenz trug seine Unterschrift), wie auch der Familien- und Klientelpolitik, wo er das Patronagenetzwerk seiner Familie koordinierte. Er war also weltliches Aushängeschild des Papstes, Amtsinhaber und Patronagemanager gleichzeitig.88 Die tatsächlichen, herrschaftlichen Machtbefugnisse waren im 17. Jahrhundert allerdings nicht mehr vergleichbar mit der Herrschaftsfunktion, die ein Kardinalnepote noch unter den Renaissancepäpsten innegehabt hatte. Ihm kamen zwar auch im Barock nach wie vor als Sopraintendente dello stato ecclesiastico umfangreiche Vollmachten im Regierungsgeschäft zu, doch beschränkte sich seine effektive Machtausübung auf die Rolle des Alter Ego des Papstes,89 was nicht selten zu einem Machtkonflikt zwischen dem Papst und seinem Neffen führte.90

86 87

88 89 90

und weltlicher Macht erstmals in seiner wegweisenden Studie zum Papsttum in den 1980er Jahren und entwickelte basierend darauf seine These, dass im Papsttum der Renaissance der Prototyp des modernen Staates angelegt sei. Prodi, Il sovrano. Zum Nepotismus-Phänomen, dessen Entstehung, Entwicklung und Ende vgl. u. a. Reinhardt, Kreise stören; Reinhard, Amici; ders., Papstfinanz; ders., Papal power; ders., Papaut¤. Reinhardt, Der päpstliche Hof, S. 713. Gemäß Reinhardt gingen ca. 20 % der gesamten Kirchenstaatserträge an den Kardinalnepoten und dienten der Herrschaftsinszenierung und Bereicherung der Papstfamilie. Ebd., S. 712. Karsten seinerseits hat in seiner sehr lesenswerten Dissertation konkret die Kunstpatronage der Kardinalnepoten Scipione Borgheses, Ludovico Ludovisi, Francesco Barberini, Camillo Pamphilij und Fabio Chigi aufgearbeitet und miteinander verglichen. Karsten, Künstler. Mit dieser Doppelfunktion des Kardinalnepotens setzt sich ausführlich auseinander : Emich, Bürokratie, S. 10 – 40. Im Weiteren zum Kardinalnepoten und seiner Funktion: Reinhard, Papal power, S. 341 – 343 ; ders., Amici, S. 317 – 319; Büchel, Raffe und regiere, S. 197 – 234. Reinhard spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer Dysfunktionalisierung der kardinalnepotischen Herrschaftsfunktion. Reinhard, Papal power, S. 332. Dieser These widerspricht allerdings Büchel, Raffe und regiere, S. 232. So zum Beispiel zwischen Kardinal Francesco Barberini und Urban VIII. Der BarberiniPapst wollte insbesondere in der ersten Hälfte seiner Regierungszeit möglichst wenig Macht

38 2.2

Einleitung und Grundlagen

Die außenpolitische Rolle des Kirchenstaats

Wie alle europäischen Herrscher leitete auch der Papst in seiner Rolle als Souverän die Geschicke seines Staates, vertrat territoriale Interessen und versuchte durch Einverleibung kleinerer Fürstentümer auf der italienischen Halbinsel zu expandieren. Die päpstliche Außenpolitik lässt sich mit der damaligen territorialen Situation erklären: Italien war ein Flickenteppich größerer und kleinerer, bis auf die Republiken Genua, Lucca und Venedig allesamt zu Herzog-, Fürstenoder Königtümern avancierter Territorien, von denen sich der Kirchenstaat umringt sah.91 Den beiden europäischen Großmächten Habsburg-Spanien und Frankreich diente das heterogene Italien als Schauplatz ihres Kampfes um die Vormachtstellung auf der Halbinsel. Mit Pensionszahlungen versuchten sie immer wieder die temporäre Loyalität der italienischen Herzöge und Fürsten zu gewinnen, die sich ihrerseits Schutz von ihnen erhofften. Zu welcher Großmacht die fünf größeren italienischen Territorien tendierten, hatte sich bereits im vorangehenden Jahrhundert deutlich abgezeichnet: Neben dem Vizekönigreich Neapel, zu dem Neapel und Sizilien gehörten, unterstand das Herzogtum Mailand der spanischen Krone und auch das Großherzogtum der Toskana war tendenziell hispanophil. Die Republik Venedig hingegen orientierte sich an Frankreich, weil sie sich dadurch Schutz vor den angrenzenden habsburgischen Gebieten Mailand und Österreich erhoffte. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) konnte der Kirchenstaat in machtpolitischer Hinsicht mit den europäischen Monarchien nicht mehr mithalten. Die Päpste – darunter vor allem Papst Urban VIII. – versuchten deshalb, den Status quo auf der italienischen Halbinsel zu bewahren und dafür zu sorgen, dass Spanien-Habsburg seine Vormachtstellung nicht weiter ausdehnte. Dieses politische Verhalten hatte automatisch eine Hinwendung zur französischen Krone zur Folge.92 Die profranzösische Haltung des Kirchenstaates, die sich verstärkt unter Urban VIII. abzeichnete, brachte den Papst als Souverän allerdings in Konflikte mit den seinem Amt innewohnenden Rollen: Als Oberhaupt der katholischen abgeben und die Fäden selbst in den Händen halten. Kardinal Francesco, sein Kardinalnepot, versuchte jedoch ehrgeizig, seinen Einfluss an der Kurie auszubauen. Zu Kardinal Francesco und seiner Karriere, seinen Aufgaben an der Kurie, seinem intriganten Charakter und der von ihm betriebenen Kunstpatronage vgl. Karsten, Künstler, S. 81 – 137. 91 Für einen informativen Überblick zur italienischen Staatenwelt in der Neuzeit vgl. Hersche, Italien, S. 23 – 66. 92 Zum Pontifikat Urbans VIII. vgl. die bis dato umfassendste Studie von Lutz, Rom. Unverzichtbar, vor allem wegen des unerschöpflichen Quellenfundus, ist ungeachtet ihres apologetischen und historisierenden Charakters nach wie vor die monumentale Papstgeschichte von Ludwig von Pastor. Im Weiteren vgl. Nussdorfer, Civic Politics; Kraus, Staatssekretariat; Petrocchi, Roma sowie Magnuson, Rome.

Kirchenstaat und Papsthof

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Kirche unterstütze er eine reformationsfreundliche Großmacht, als padre comune und Schiedsrichter wahre er nicht seine von Gott verliehene Neutralität, so lauteten die Vorwürfe. In den 1630er Jahren, als Gustav Adolf von Schweden – mit Frankreichs Unterstützung – seinen Siegeszug in Deutschland angetreten und damit die katholische Überlegenheit im Reich ins Wanken brachte, hätte dies beinahe zur Eskalation geführt. Man warf dem Papst seine profranzösische Haltung vor, mit welcher er indirekt Schweden und die Protestanten unterstützte. Der Vorwurf verstärkte sich durch die Tatsache, dass Urban VIII. die päpstlichen Subsidienzahlungen an die zwei spanisch-habsburgischen Höfe Wien und Madrid – anders als sein Vorgänger Papst Gregor XV. Ludovisi (1621 – 1623), der die Kriegspolitik dieser Höfe noch finanziell gefördert hatte – einstellen ließ. Dies alles führte dazu, dass der Barberini-Papst in den Augen seiner Gegnerschaft die Mitschuld an der Katastrophe der katholischen Sache jenseits der Alpen trug. Als im März 1632 die spanische Opposition an der Kurie um Kardinal Gaspare Borgia im Konsistorium heftige Kritik am Papst und seiner französischfreundlichen Politik ausübte, konnte sich Urban VIII. nur noch knapp aus der heiklen Situation retten.93 Die »Borgia-Krise« war nicht die einzige politische Krise, in welcher Papst Urban VIII. zwischen die beiden Großmächte, die katholische Sache und seine eigenen Interessen geriet. Auch im Veltlinkonflikt (1624/25)94, dem Mantuanischen Erbfolgestreit (1628 – 1631)95 und im Krieg um das Herzogtum Castro (vgl. Kap. 12.1.1) sah sich Urban VIII. in einem Zwiespalt, der auf seine Doppelrolle 93 Zu den Faktoren, die zur Borgia-Krise führen konnten und wie sich Urban VIII. von den Vorwürfen befreite vgl. Lutz, Rom, S. 82 – 83 sowie Karsten/Zitzlsperger, Bilderkrieg, S. 206 – 207, vgl. auch Anm. 121. 94 Der Konflikt, bei dem sich die katholischen Bewohner des Veltlins gegen die Herrschaft des protestantischen Graubündens auflehnten und in den sich sowohl Spanien wie auch Frankreich einmischten, brach bereits während der Regierungszeit Gregors XV. (1621 – 1623) aus. Spanien stellte sich hinter die katholische Bevölkerung, da für sie die Alpenpässe als Verbindung von ihren oberitalischen Besitztümern ins Reich von großer Bedeutung waren. Frankreich seinerseits versuchte gerade dies zu verhindern, indem es die Position der protestantischen Herrschaft Graubündens verteidigte. Papst Gregor XV. war es gelungen, die spanischen Truppen zum Abzug zu bewegen und päpstliche Truppen zur Friedenssicherung im Veltlin zu stationieren. 1624 jedoch, unter Urban VIII., vertrieben die Franzosen die päpstlichen Friedenstruppen, was für Urban VIII. ein schwerer Prestigeverlust war. Er musste einsehen, dass seine ideologische Position als padre comune, dem »gerechten Richter«, ein zu geringes politisches Gewicht besaß. Lutz, Rom, S. 75 – 77 sowie Karsten, Künstler, S. 87 – 94. 95 Nach dem Tod des Herzogs Vincenzo II. Gonzago von Mantua und Montferrat weitete sich die Frage nach dessen Nachfolge zum Mantuaner Erbfolgekrieg aus. Spanien wie auch Frankreich sahen im Herzogtum eine weitere Möglichkeit, je ihren Einfluss in Italien zu stärken. Urban VIII., der eine spanischen Übermacht befürchtete, unterstützte die französische Krone, versuchte aber gleichzeitig seine profranzösische Politik mit einer formalen Überparteilichkeit zu verbinden – eine Politik, die sich in der Folgezeit als umöglich herausstellte. Lutz, Rom, S. 78 – 84, Karsten, Kardinal Bernardino, S. 101 – 116.

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Einleitung und Grundlagen

als weltlicher Souverän des Kirchenstaates und geistliches Oberhaupt der Kirche zurückzuführen ist. Innozenz X. Pamphilij befand sich in einem ähnlichen Dilemma wie Urban VIII. Er sympathisierte zwar mit Spanien, doch sollte es auch ihm nicht gelingen, das Gleichgewicht zwischen Spanien und Frankreich herzustellen. Schon nach vierjähriger Amtszeit Innozenz’ X. zeichnete sich bei den Verhandlungen um den Westfälischen Frieden 1648 der Machtverlust des Papsttums auf der europäischen Bühne deutlich ab. Entsprechend führte Innozenz X. in den ersten Jahren seines Pontifikats im Unterschied zu seinem Vorgänger eine dezidierte Friedenspolitik im Dienste der katholischen Sache. In außenpolitischer Hinsicht gelang es ihm, einen bereits länger dauernden Konflikt mit der Republik Venedig zu lösen,96 innenpolitisch sah er sich jedoch ständig mit familiären Auseinandersetzungen konfrontiert.97 2.2.1 Hof- statt Staatspolitik Wenn, wie hier, von »europäischer Großmachtpolitik« in der Frühen Neuzeit die Rede ist, so ist zu beachten, dass es nicht um rivalisierende Nationen und Staaten ging, sondern um Politik zwischen Fürsten- und Königshöfen – und somit um Politik zwischen Familiendynastien. Wenn also von »Frankreich«, »Spanien«, »Schweden« oder auch »Rom« bzw. »dem Kirchenstaat« die Rede ist, muss in höfischen und weniger in staatlichen Strukturen und Mechanismen gedacht werden. Im Vergleich zu den übrigen europäischen, familiendynastisch-dominierten Erbmonarchien stellte auch in dieser Hinsicht der Kirchenstaat mit seiner Ämter- und Beamtenstruktur, der Hierarchisierung, Zentralisierung und Bürokratisierung98 sowie der Verschmelzung von geistlicher und weltlicher

96 Dazu vgl. Petrocchi, Roma, S. 26 f. 97 Zum Pontifikat von Innozenz X. Pamphilij und der innen- und außenpolitischen Rolle des Papstes, vgl. insbes. die äußerst lesenswerte Biografie über die Papstschwägerin Donna Olimpia, Chiomenti Vasalli, Donna Olimpia. Im Weiteren geben, neben Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. XIV, einen guten Einblick in die Zeit unter Innozenz X.: einerseits Karsten, Künstler, S. 139 – 178, der sich aus der Perspektive des Papstneffen Camillo und dessen Kunstpatronage mit dem Pamphilij-Pontifikat beschäftigt, sowie andererseits D’Amelia, Nepotismo, S. 353 – 399, die sich mit den Machtmechanismen am Papsthof aus der Sicht von Donna Olimpia auseinandersetzt. 98 Mit Aufbau, Ämterstrukturen, Staatsfinanzen, Aufgaben der Kammern und Kongregationen sowie dem Funktionieren des Kuriensystems beschäftigten sich u. a. in jüngerer Zeit detailliert: Ago, Carriere; Emich, Bürokratie; Reinhard, Papstfinanz; Reinhardt, Kardinal Scipione; Kraus, Staatssekretariat; Weber, Senatus; ders., Referendare. Zum Verhältnis zwischen der Kurie und den öffentlichen, städtischen Strukturen Roms vgl. Nussdorfer, Il popolo. Sie zeigt auf, dass es schließlich dieselben alten Baronals-, ehemaligen Papst- oder Prinzenfamilien Italiens waren, die sowohl in der munizipalen Administration wie auch an

Kirchenstaat und Papsthof

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Gewalt für die Frühe Neuzeit einen »höfisch-staatlichen« Sonderfall dar. Dies bewegte den italienischen Staatstheoretiker Paolo Prodi dazu, im Papsttum der Renaissance einen »Prototyp des modernen Staates« zu sehen, der sich jedoch »durch die Klerikalisierung des inneren Staatsapparates und durch die Verstaatlichung und Politisierung des Kirchenkörpers die Voraussetzung für seinen eigenen Niedergang« geschaffen habe.99 Im Gegensatz zu Prodis These vertritt der Kulturhistoriker Peter Hersche die Meinung, dass die fehlende politische Einheit in Italien, dieser Flickenteppich von Lehen – den »Staaten im Staate« – und die damit verbundene, ständige Rivalität zwischen Souverän, Städten und Familien, mit der Kirche als eine Art »Überheimat«, die Staatsbildung eben gerade verunmöglicht habe und deshalb auch bis heute den Italienern eine Staatsidentifikation fehlen würde.100 Wie sich im Folgenden zeigen wird, war der höfische Alltag an der Corte di Roma sowohl von vor-staatlichen wie auch feudalherrschaftlichen Strukturen durchdrungen.

2.3

Die Auswirkungen der tridentinischen Reformbewegung

Das Rom des 17. Jahrhunderts wurde lange Zeit als »gegenreformatorisch« bezeichnet. In Tat und Wahrheit wirkten sich die katholischen Reformen, die an den Sitzungen des tridentinischen Konzils zwischen 1545 und 1563 als Reaktion auf die Reformationsbewegung ausgearbeitet wurden, jedoch nur sehr bedingt auf den höfischen Alltag des 17. Jahrhunderts aus; anders als man gemeinhin annehmen würde,101 begann »nach Trient« kein neues Zeitalter für die Kirche. Das Konzil hatte sich vor allem damit beschäftigt, in theoretischer Hinsicht die katholische Glaubenslehre den Lehren der Reformatoren gegenüberzustellen und eine eigene theologische Identität festzulegen. Es konnten schließlich der Kurie einflussreiche Positionen besetzten (so z. B. die Orsini, Colonna, Farnese, Aldobrandini Medici und d’Este). 99 So fasst der italienische Staatstheoretiker Paolo Prodi seine These aus dem in den 1980er Jahren entstandenen, wegweisenden Werk »Il sovrano pontefice« 20 Jahre später zusammen. Prodi, Plures, S. 21. 100 Hersche, Italien, S. 46 – 60. 101 Die Beschlüsse des Tridentinums betrafen v. a. die Erziehung des Klerus und hatten Reform und Neuorganisation der Kongregationen und Kollegien sowie eine Verstärkung der päpstlichen Autorität zum Ziel. Verabschiedete Dekrete betrafen u. a. die Einrichtung von Priesterseminaren zur besseren Ausbildung der Seelsorger, die Einrichtung des Hochaltars als sichtbares liturgisches Zentrum, den Aufbewahrungsort des Allerheiligsten von den im Mittelalter üblichen Sakramentsnischen oder Sakramentshäuschen in den Tabernakel am Hochaltar, die Einführung eines geschlossenen Beichtstuhls, Bestuhlung im Kirchenraum, das Verbot der Ämterhäufung im Bischofsamt, die Abschaffung der Missbräuche im Ablasswesen usw. Esch, Immagine, S. 27.

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Einleitung und Grundlagen

weitreichende Reformdekrete verabschiedet werden – doch war das Reformwerk insgesamt ein Kompromiss.102 Eine entscheidende Schwäche zeigte sich in der Umsetzung der Beschlüsse: Nur gerade die Päpste während und kurz nach Trient setzten sich für die Neuerungen ein und gaben sich Mühe, eine Vorbildfunktion auszuüben. Nüchterne Feierlichkeiten ohne Turniere und Bankette anstelle der prunkvollen, festlichen Anlässe wie sie das Renaissancepapsttum gekannt hatte, prägten Rom nur für kurze Zeit. Die Strenge eines Pius V. Ghislieri (1566 – 1572), unter welchem der Papsthof beinahe nur noch aus Verwaltungsstrukturen bestand, war bald wieder vergessen. Bereits mit Clemens VIII. Aldobrandini (1595 – 1605) ging die Epoche des Reformpapsttums zu Ende und unter Paul V. Borghese (1605 – 1621) entwickelte sich der päpstliche Hof wieder zu einem pompös-festlichen Parkett der aristokratischen Gesellschaft. Erst im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts zog mit Innozenz XI. Odescalchi (1676 – 1698) und Innozenz XII. Pignatelli (1691 – 1700) in Rom wieder ein nüchterner, frommer, religiöser und reformatorischer Geist ein. Mit dieser als svolta innocenziana bezeichneter Wende, kamen auch das barocke Gedankengut sowie die intensive, barocke Bautätigkeit zum Erliegen.103 Am ehesten wahrnehmbar war der Geist der Gegenreformation in der Heiligenverehrung des Volks. Insbesondere erfreute sich in Aristokratenkreisen Filippo Neri (1515 – 1595), Gründervater der Oratorianervereinigung im 17. Jahrhundert, großer Beliebtheit, was Urban VIII. dazu bewegte, ihn bereits zu Beginn seines Pontifikats heilig zu sprechen.104 Der Heilige hatte sowohl im Hause der Colonna wie auch der Spada einen hohen Stellenwert; seine Verehrung war sowohl im Alltag von Anna Colonna Barberini105 wie auch von Maria Veralli Spada präsent.106 102 Allgemein zur Gegenreformation und dem Konzil von Trient vgl. Esch, Immagine, S. 7 – 30; Jedin, Europäische Gegenreformation; Jaitner, Hauptinstruktion sowie Alberigo, Geschichte der Konzilien, S. 349 – 383. LThK, Bd. 10, S. 225 – 231. 103 Zur Entwicklung, Auswirkung und effektiven Umsetzung der Gegenreformation vgl. Hersche, Italien, S. 183 – 196 sowie Büchel, Prolegomena, S. 204 – 206. 104 Filippo Neri war der Gründervater der Oratorianervereinigung, welche neben den Jesuiten und den Theatinern zu den wesentlichen geistlichen Neugründungen des 16. Jahrhunderts gehörte. Ihre Anhänger verkörperten mit asketischer Lebensweise das strenge Gedankengut der Gegenreformation. Im Gegensatz zu den Regularklerikern bildeten die Oratorianer jedoch keinen Orden, sondern bezeichneten sich als eine Vereinigung von Weltpriestern ohne Gelübde. Zu Filippo Neri vgl. Heimbucher, Orden und Kongregationen, S. 562 – 571; Chiozzotto, Filippo Neri sowie Haskell, Maler und Auftraggeber, S. 102 – 144. 105 Anna Colonna Barberini pflegte nach ihrer Rückkehr aus Neapel in Rom einen intensiven Kontakt mit den Oratorianern. Sie verschaffte den Oratorianern eines Klosters in Neapel eine Reliquie des verstorbenen Filippo Neri, dies allerdings ohne das Wissen der padri in Rom. Gigli, Vol. I, S. 304 – 306. 106 Orazio Spada sen., der Onkel von Kardinal Bernardino und Virgilio Spada bzw. Großonkel von Maria Veralli Spada, war ein Freund Neris gewesen. Er ließ eine Familienkapelle in San Girolamo della Carit” errichten, welche die Spada 1654 unter der Leitung von Virgilio

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Diese Beobachtungen verweisen auf die enge Verflechtung von Politik und Religion – darauf wird später noch detaillierter eingegangen (vgl. Kap. 3.2).

3

Die höfische Gesellschaft Roms

Die beschriebenen strukturellen und politischen Elemente des Papsttums prägten die höfische Gesellschaft und beeinflussten den Alltag der Menschen Roms maßgeblich. Im Folgenden sollen einige Bemerkungen zu Aufbau, Gliederung, Mechanismen und Funktionieren der höfischen Gesellschaft unter Berücksichtigung der Kategorie Gender gemacht werden. Aufgegriffen werden diejenigen Aspekte, die im Hinblick auf die Untersuchung zu Anna Colonna Barberini und Maria Spada Veralli relevant sind: Das von Konkurrenz und Machtstreben geprägte Klima, in dem sie lebten, das religiös-moralische Gedankengut, das ihre Denkweise beeinflusste und die familiären Strukturen, in die sie als Frauen eingebunden waren. Ziel dieser Ausführungen ist, grob das kulturelle, gesellschaftliche und soziale Umfeld der Damen zu umreißen und eine Grundlage für das Verständnis der Phänomene zu schaffen, denen im Untersuchungsteil immer wieder zu begegnen sein wird; dies nicht zuletzt, um eine Vorstellung des damaligen »Zeitgeistes« zu kreieren und die Leserin und den Leser auf das höfische Leben an der barocken Corte di Roma einzustimmen.

3.1

Soziale Instabilität und gesellschaftliche Mobilität

Insbesondere die wahlmonarchische Struktur des Papsttums bedingte eine Instabilität im höfischen System, welche grundlegende Auswirkungen auf das Verhalten der in der höfischen Gesellschaft lebenden Menschen hatte. Weil die Herrschaft eines Papstes jederzeit zu Ende sein konnte, befanden sich die aristokratischen Familien in einem ständigen Konkurrenzkampf um Macht, Prestige, Reichtum, Ämter und Titel. Das wirkte sich in hohem Maße auf das gesellschaftliche Klima aus. Wer unter dem einen Papst über einen lukrativen Posten verfügte, musste damit rechnen, diesen unter dem nächsten wieder zu verlieren. Diese dem Hofsystem immanente Instabilität und der damit verbundene Konkurrenzkampf begünstigte eine gesellschaftliche Mobilität, wie sie sonst in keiner aristokratischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit zu beobachten ist. Wer Karriere an der Kurie machte, hatte die Möglichkeit, sich auf diesem Weg in die restaurierten. Virgilio war der Tradition seines Onkels gefolgt und im August 1622 der Oratorianerkongregation von Santa Maria in Vallicella (Chiesa Nuova), wo sich das Oratorium des Heiligen Filippo Neri befand, beigetreten.

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Einleitung und Grundlagen

höchste Gesellschaftsschicht »hinaufzuarbeiten«. So kam es in Rom durchaus vor, dass sich eine Kaufmannsfamilie an der Kurie einen Namen machte und schließlich in eine traditionelle Adelsfamilie einheiraten konnte. Die gesellschaftliche Durchlässigkeit ermöglichte es den sogenannten Aufsteigern sogar, Ambitionen auf die Tiara zu hegen. Wichtig war es, sich auf dem Weg nach oben stets so gut zu vernetzen, dass ein jederzeit möglicher Papstwechsel der eigenen Karriere nicht schadete.107 Für die neu gewählten Päpste war es unter diesen labilen gesellschaftlichen Umständen keine leichte Aufgabe, ihr Regierungssystem aufzubauen; der Nepotismus war eine Möglichkeit, der systembedingten Instabilität entgegenzuwirken. Indem der Papst die Vertrauensämter mit Verwandten und amici (im Sinne »funktionaler« Freunde108) besetzte, stabilisierte er seine Herrschaft. Maffeo Barberini zum Beispiel ernannte kurz nach seiner Wahl zu Papst Urban VIII. seinen erst 26-jährigen Neffen Francesco zum Kardinalnepoten, setzte einige weitere Familienmitglieder und Bekannte aus der gemeinsamen Studienzeit in seinem näheren Umfeld ein und baute sich so sein Regierungssystem auf. Bernardino Spada, der Onkel von Maria Veralli Spada, profitierte von der vertrauensvollen Verbindung, welche schon sein Vater zur Barberini-Familie gepflegt hatte:109 Urban VIII. betraute ihn zuerst mit der Pariser Nuntiatur, verlieh ihm 1626 den Kardinalshut und schickte ihn 1627 als Legat nach Bologna. Im Weiteren wirkte ein äußerst ausdifferenziertes Zeremoniell stabilisierend auf das labile, von Unsicherheiten geprägte Hofsystem.110 Bis ins kleinste Detail geregelt, klärte es Abhängigkeiten, Interdependenzen und Vorrechte und diente der ständigen Bestätigung der hierarchischen Positionen, sei es beim Besucherzeremoniell, der Vortrittsregelung, der Anrede im Titel, der Aufstellung bei Prozessionen oder der Sitzordnung an öffentlichen Veranstaltungen.

107 Zu den spezifischen Mechanismen bei der Karriereplanung an der Kurie vgl. Ago, Carriere. In ihrer sorgfältig recherchierten Untersuchung zeigt sie anhand von Vertretern der Familien Spada, Santacroce, Corsini und Cybo die spezifischen Strukturen auf, die am Papsthof zwischen dem 15. und der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herrschten. Zu diversen kurialen Karrieremodellen vgl. zudem die Aufsätze in Karsten, Jagd; zur Karriere der Kardinäle aus der Familie Borghese im Speziellen vgl. Reinhard, Papal power, S. 345 – 346. 108 Zur Bezeichnung amici und der damit verbundenen Netzwerktheorie vgl. Reinhard, Amici, S. 308 – 334. 109 Maffeo Barberini kannte die Familie Spada seit er 1599 in ihrer Villa in Brisighella zu Gast gewesen war. Neppi, Palazzo Spada, S. 125. Für weitere Elemente der familiären Verbundenheit zwischen Barberini und Spada, welche die Karriere von Kardinal Bernardino begünstigt hatten, vgl. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 45 – 46. 110 Zum römischen Zeremoniell vgl. Visceglia, La citt” sowie dies., Cerimoniale; Wassilowsky/ Wolf, Werte.

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3.1.1 Zeremoniell und Geschlecht Zwei Faktoren bestimmten maßgeblich über die Position einer Person im höfischen Zeremoniell: Erstens der gesellschaftliche Status, zweitens das Geschlecht. Geregelt waren alle Situationen und Veranstaltungen, bei denen sich Vertreterinnen und Vertreter der höfischen Gesellschaft begegneten. Jedes Zeremoniell spiegelte die gesellschaftliche Hierarchie wider und diente der gegenseitigen Statusbestätigung. Geschlechterunterschiede finden sich zum Beispiel beim jährlich stattfindenden Karnevalspektakel auf der Piazza Navona, wo es eine geschmückte Tribüne gab, welche den nobildonne vorbehalten war (palco per le dame).111 Bei Prozessionen fuhren die Frauen in Kutschen oder standen als Zuschauerinnen an den Fenstern, die Männer gingen zu Fuß.112 Auch beim Besucherzeremoniell unterschied sich die Rolle der Frauen streng von derjenigen der Männer. Die Gemächer der Damen waren neutraler Begegnungsort zwischen nobildonne und gentiluomini, ministri und ambasciatori – ein Ort, wo »inoffiziell« über Geschäftliches verhandelt wurde. Die nobildonna zu besuchen, stellte oft eine Möglichkeit dar, »per Zufall« bei ihr den Ehemann anzutreffen. Dadurch konnte man einen »offiziellen« Besuch mit Voranmeldung und komplizierten, zeremoniellen Auflagen umgehen.113 Insbesondere heikle Angelegenheiten besprachen die Amtsinhaber gerne zuerst mit der weiblichen Vorsteherin der famiglia. So blieb ihnen im Falle eines Misserfolgs ein öffentlicher Prestigeverlust erspart. Weil die Frauen in andere Regeln und Normen eingebunden waren als die Männer, stellten die Visiten in den Gemächern der Frauen einen Weg dar, männliche Normen zu umgehen. Ebenso streng geregelt wie das Zeremoniell zwischen Männern und Frauen war das Zeremoniell unter Frauen. Wenn zum Beispiel eine nobildonna eine andere Dame von identischem gesellschaftlichem Status aus Stolz nicht besuchen wollte, blieb ihr die Möglichkeit, sich ins Bett zu begeben und eine Krankheit vorzutäuschen. Damit zwang sie die andere Dame, ihr einen Besuch abzustatten und sich ihr zu empfehlen; offiziell verantwortlich für ihr im Grunde genommen arrogantes Verhalten war die vorgetäuschte Krankheit.114 Unter Frauen konnte es auch zu zeremoniellen Streitigkeiten bzw. subtilen Machtkämpfen kommen. So brach zum Beispiel nach der Krönung Innozenz’ X. beim Ritual des possesso115 – dem feierlichen Umzug vom Vatikan zum Lateran 111 Zur Frauentribüne bei der Osterzeremonie und der männlich geregelten Prozessionshierarchie vgl. Ago, Sovrano pontefice, S. 230 – 231. 112 Borello, Trame sovrapposte, S. 95. 113 Chiomenti Vasalli, Donna Olimpia, S. 65 – 67. 114 Ago, Giochi, S. 263. 115 Zum Ritual des possesso vgl. Boiteux, Parcours rituels, S. 36 – 45.

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Einleitung und Grundlagen

zu Beginn einer Papstherrschaft – ein Konflikt zwischen der ehemaligen Papstnichte Donna Anna Colonna Barberini und der neuen Papstschwägerin Donna Olimpia Maidalchini aus, als sich Anna Colonna Barberini weigerte, den von ihr bisher eingenommene Platz der »First Lady« an Donna Olimpia abzutreten, der im Gegensatz zur Colonna-Tochter die adlige Abstammung fehlte.116 Zusammengefasst gesagt, war das Geschlecht sicher ein entscheidender Faktor innerhalb des Zeremoniellsystems. Über die zeremonielle Hierarchie entschied aber schließlich der gesellschaftliche Status der Familie; der Ruf der Familie war gleichzeitig die Identität des Einzelnen und bestimmte den Platz in der höfischen Gesellschaft und damit die Position im Zeremoniell.117

3.2

Religiös-moralisches Gedankengut und höfische Lebensweise

Noch immer werden in gewissen Forschungskreisen die römischen Adelsfrauen auf das Karitative oder Spirituelle reduziert und ihre Handlungen mit Devotion und Frömmigkeit begründet.118 Die religiösen, spirituellen Elemente gehörten zwar zum Alltag der höfischen Gesellschaft der römischen Frühneuzeit, doch waren die Handlungen der Frauen – wie im übrigen auch der Kurialen – in den seltensten Fällen rein religiös motiviert. Da in der Vorstellung des frühneuzeitlichen Menschen Tod und Leben eng beieinander lagen, kam dem Glauben an das Schicksal und an eine gerechte, gottgewollte Ordnung eine bedeutende Stellung zu. Religion war die Basis, auf der sich das Leben abspielte. Im Alltag strukturierten die Vorstellungen und Praktiken des Katholizismus Tage, Wochen und Jahre mit regelmäßigen Messebesuchen, religiösen Festivitäten aller Art, Prozessionen usw. und erfüllten auf diese Weise selbstverständlich das natürliche, spirituelle Bedürfnis der Menschen. Dio war allgegenwärtig, in seinen Händen lag das Schicksal, was sich an den standardisierten, sprachlichen Ausdrücken in der Alltagskorrespondenz wie »grazie da dio«, »se piaccia ” dio benedetto«, »per amor di dio« usw. zeigt. Das religiös-spirituelle Rom findet man im Herzen der höfischen Gesellschaft und nicht im Papsttum oder an der Kurie.119 Aus der gegen außen gelebten 116 Chiomenti Vasalli, Donna Olimpia, S. 91. 117 Zeman Davis gebraucht in diesem Zusammenhang den Begriff der family unit, der besagt, dass die einzelnen VertreterInnen der Familie in einer übergeordneten Identifikationseinheit durch Werte, Normen und Ideologien miteinander verbunden waren. Sie nennt die Familie in diesem Zusammenhang auch ein powerful and structured field. Zeman Davis, Boundaries, S. 55. 118 Im Bereich der Romforschung z. B. von Dunn, Piety ; dies. Spiritual; dies. Nuns; Scaraffia, Elena; Valone, Women; und Schulte van Kessel, Gender. 119 Esch, Immagine, S. 11.

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Spiritualität eines Einzelnen kann keine Handlungsmotivation abgeleitet werden; das gilt insbesondere für die Kunstpatronage von Aristokratinnen. 3.2.1 Kunst-Patronage und Kunst-Matronage Niemand würde heute noch bestreiten, dass die Kunstpatronage der Päpste nicht ein gezielt eingesetztes Instrument zur Legitimation und Repräsentation von gesellschaftlicher Stellung und politischer Macht war und der Steigerung des familiären Prestiges diente. Davon zeugen die Kirchen, Klöster, Palazzi, Grabdenkmäler und Plätze, die bis heute das Stadtbild des barocken Roms prägen: Familienwappen und andere unmissverständliche Bezüge zur den Auftraggebern sind überall zu finden. Die Barberini bieten hierfür ein nicht zu übersehendes Exempel: An unzähligen Orten Roms sind noch heute die Bienen – das Wappentier der Barberini – zu finden. Die Bauprojekte dienten damals nicht ausschließlich der Repräsentation und Demonstration des Reichtums in der gelebten Gegenwart, sondern besaßen immer auch eine zukunftsgerichtete Dimension. Das, was gebaut wurde, musste seinen Zweck auch im Hinblick auf die Ewigkeit erfüllen.120 All dies kam in einer für den damaligen Menschen unmissverständlichen Kunstsprache zum Ausdruck. Wie vielschichtig diese Sprache sein konnte, zeigt sich nicht zuletzt in den Papst- und Kardinalsgrabmälern, welche meistens von den Hinterbliebenen in Auftrag gegeben wurden und gezielt der Memoriakonstruktion der Familien dienten.121 Die Klostergründungen von weiblichen Vertretern der römischen Aristokratie wurden bislang von solchen Überlegungen ausgeschlossen. Auch die aus 120 Zur Memoria und dem »doppelten Ewigkeitsanspruch« in Gegenwart und Zukunft vgl. Flury-Rova, Wege in die Ewigkeit, S. 16; Bredekamp/Karsten/Reinhard u. a., Vom Nutzen des Todes, S. 14 – 17. 121 Vgl. die Publikationsliste auf www2.hu-berlin.de/requiem. Ein sehr schönes Beispiel für die frühneuzeitliche Kommunikation durch die Sprache der Kunst geben Karsten und Zitzlsperger in ihrem gemeinsamen Aufsatz »Bilderkrieg im Neu-St. Peter«, wo sie Algardis Grabmal für Papst Leo XI. de’ Medici (gewählt und gestorben 1605) im Kontext seiner Entstehung während der »Borgia-Krise« 1632 – 1634 betrachten. Kardinal Roberto Ubaldini, designierter Kardinalnepot des so kurz nach seiner Wahl verstorbenen MediciPapstes, ließ das Grabmal für seinen Onkel in einer Zeit errichten, in der Urban VIII. von der spanischen Faktion massiv unter Beschuss stand. In dem von Algardi ausgeführten Grabmal kommt die Kritik am Barberini-Papst – durch seine Unterstützung der Franzosen im Dreißigjährigen Krieg unterstütze er auch die Protestanten und verrate die Katholiken – deutlich zum Ausdruck. Urban VIII. quittierte den künstlerisch umgesetzten Angriff seinerseits ebenfalls mit einem Grabmal: Er ließ von Bernini für die Markgräfin Mathilde von Tuszien, welche beim Gang von Canossa eine entscheidende Rolle gespielt hatte und seither als politischer Genius des Papsttums galt, ein Grabmal errichten und antwortete so in derselben Kunstsprache auf die Kritik seiner Gegner. Karsten/Zitzlsperger, Bilderkrieg, S. 195 – 212.

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Einleitung und Grundlagen

kunsthistorischer Perspektive äußerst wertvollen Untersuchungen von Dunn zu den matron-patrons des römischen 17. Jahrhunderts (Camilla Orsini Borghese, Anna Colonna Barberini, Francesca Baglioni Orsini und Camilla Virginia Savelli Farnese122) begründen die »Kunstmatronage« mit der Devotion und Frömmigkeit der Frau und sehen im oftmaligen Rückzug der Auftraggeberin ins selbst gegründete Kloster die einzige Möglichkeit, der Ehe zu entkommen. Am Beispiel von Anna Colonna Barberini wird sich zeigen, dass diese Interpretation nicht zutrifft und sich die Motivation ihrer Klostergründung von derjenigen der Kunstpatronage ihrer männlichen Zeitgenossen in keiner Weise unterschied. 3.2.2 Traktatliteratur und »Gender« Im Selbstverständnis der höfischen Gesellschaft Roms war der Katholizismus allgegenwärtig. Aktiv über die Religion reflektiert wurde aber erst auf einer übergeordneten Ebene: Kirchenmänner schrieben in der antiken Tradition der Moralisten Traktate und Lebensanleitungen. Darin bestätigen sie häufig auch die aus der biblischen Tradition übernommenen klassischen Rollenbilder von Männer und Frauen.123 Im römischen Umfeld des 17. Jahrhunderts entstand »Il cavaliere e la dama« von Giovanni Battista De Luca (1675). Darin heißt es, die dama habe sich dem cavaliere unterzuordnen, sich ihm gegenüber demütig und geduldig zu verhalten, in Gottesfurcht zu leben und das spirituelle Leben zu pflegen. Darüber 122 Dunn, Piety ; dies., Spiritual; dies., Nuns. Auch Valone beschäftigt sich mit der weiblichen Patronage. Sie zeigt in ihrer Untersuchung auf, dass sich die Tradition der Kirchen- und Klostergründerinnen bis ins Alte Christentum zurückverfolgen lässt und somit auch im 17. Jahrhundert nichts Außergewöhnliches darstellte. Auch Valone sieht in der Devotion die Hauptmotivation für Klostergründungen von Frauen. Valone, Women, S. 129 – 146. Nur Andretta sieht in den Gründungen der römischen Aristokratinnen auch eine politische Implikation. Das Bild der weiblichen Devotion und Spiritualität ist für ihn eine bewusste Inszenierung der Päpste als Mittel ihres eigenen Machtstrebens. Andretta, Il governo, S. 397 – 430. 123 Die Tradition der Familientraktate erlebte im 15. Jahrhundert in Italien unter anderen mit Giovanni Dominicis »Regola del governo di cura familiare« (1403) und Leon Battista Albertis »Libri della famiglia« eine Blüte. Hier wird der Frau die Kontrolle über all das, was mit der Haushaltsführung zusammenhängt, zugeschrieben: »Elle est ” l’interieur, gardienne du foyer, cr¤atrice et protectrice du bien-etre domestique de son mari, administratrice avis¤e des bien qui lui sont confi¤s et qui proviennent de l’activit¤ de l’homme ” l’ext¤rieur, dans le monde – sem¤ d’embuches et de p¤rils – des n¤goces et de la vie publique.« zit. in: Romagnoli, La courtoisie, S. 69 und S. 73. Die Traktatliteratur des 16. Jahrhunderts brachte dann vor allem Abhandlungen über Etikette und gute Manieren hervor. Neben Castigliones »Il Cortigiano« (1528) gehören hier »Il Galateo« von Della Casa (1558) und »De civilitate morum puerilium« von Erasmus (1530) hinzu. Ebd., S. 71 – 77. Grundsätzlich handelt es sich bei all diesen Traktaten um keine Neuerfindungen, sondern um Gedanken und Regeln, die sich bis in die Antike zurückverfolgen lassen und einzig jeweils den sozialen und gesellschaftlichen Umständen angepasst wurden.

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hinaus beschreibt er, wie sie sich idealerweise kleiden solle, wie der Haushalt zu führen und die Kinder zu erziehen seien und verlangt, dass sie gleichzeitig gebildet sei und sich für die freien Künste interessiere, musizieren und auch tanzen könne. Im letzten Kapitel setzt er sich schließlich mit der Frage auseinander, wie damit umzugehen sei, wenn der Dame – zum Beispiel durch Erbschaft – ein Lehen mit entsprechenden Regierungsfunktionen übertragen werde.124 Die Geschlechterbilder, die De Luca vermittelt, orientieren sich an den humanistischen Werten und basieren auf den traditionellen Rollenmustern. Geschlecht ist bei De Luca eine zentrale Kategorie, die Frauen gehören klar einer anderen Gruppe an als die Männer. Und obwohl De Luca für eine patriarchalische Ordnung und die demütige Unterordnung der Frau plädiert, stellt er die dama nicht als minderwertig dar, sondern hebt im ihren Wert durch die Ehrerbietung und Achtung, die ihr der cavaliere entgegen zu bringen hat. De Lucas Traktat kann als Versuch gesehen werden, das strenge kirchlichmoralische Gedankengut im Hinblick auf das darin vermittelte Geschlechterbild mit der gelebten, höfischen Lebensweise zu vereinbaren. Doch De Luca entwirft schließlich ein Idealbild von Mann und Frau bzw. von cavaliere und dama, welches die tatsächlichen Lebensumstände der Männer und Frauen an der barocken Corte di Roma in keiner Weise widerspiegelt.125 Auch wenn von der Traktatliteratur nicht auf das tatsächliche Geschlechterverhältnis geschlossen werden kann, so geben solche Schriften dennoch Aufschluss über vorherrschende Normen und in der Gesellschaft verankerte Bilder und Konzepte. Im alltäglichen Handeln dominierten – wie die Forschungen zu Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada zeigen werden – die höfischen Elemente über die religiös-moralischen. So ist zum Beispiel von der disciplina femminile, welche sich in den occhi bassi manifestierte und in der post-tridentinischen Phase von Carlo Borromeo (1538 – 1584) in Frauenklöstern gefordert wurde,126 in den Briefen von Donna Anna aus dem Kloster, wo sie sich zu Erziehungszwecken vor ihrer Verheiratung aufhielt (vgl. Kap. 5.1), nichts zu spüren. Dieses religiös-moralische Gedankengut war unbestritten Bestandteil des klösterlichen

124 De Luca, Il Cavaliere, S. 547 – 580. 125 Ähnliches lässt sich im Hinblick auf die italienischen höfischen Damen des 16. Jahrhunderts feststellen. Castiglione entwarf in »Il cortigiano« ein Idealbild der Männer und Frauen am Hof des Conte Guidubaldo da Montefeltro, welches nicht die Wirklichkeit der Damen am Renaissancehof widerspiegelte. Eine Isabella d’Este führte ein deutlich aktiveres Leben, als von Castiglione beschrieben. Waddy, Seventeenth-Century, S. 25. 126 Zarri, Disciplina, S. 257 – 278. Zarris Ausführungen zugrunde liegt das Traktat Carlo Borromeos »Avvertenze ai confessori della Citt” e Diocesi sua«. Carlo Borromeo verkörperte den Idealtypus des christlichen Kirchenfürsten. Er hatte sein ganzes Wirken in den Dienst der Gegenreformation und der moralischen Erneuerung der katholischen Kirche gestellt.

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Lebens,127 doch hat es sich mit den Konventionen und Regeln der historisch gewachsenen, feudalherrschaftlich-dynastischen Hofstrukturen durchmischt. Dies wird insbesondere dann deutlich, wo zwischen »Ideal« und »Praxis« eine Kluft zu bestehen scheint: So deckt sich zum Beispiel die Aussage der repräsentativen Fresken im Palazzo Barberini, welche die Verbindung mit der Familie Colonna mit Rückgriff auf christliche und antike Motive ruhmvoll inszeniert, nicht mit dem Bild, welches die Alltagskorrespondenz vom Verhältnis der Barberini und der Colonna vermittelt (vgl. Kap. 6.2 und 6.3). Ähnlich scheinbare Widersprüche ergeben sich, wenn deutlich wird, dass die effektiven Handlungen der höfischen Frauen nicht dem entsprachen, was als Norm galt. Dies zeigt sich in den Briefen an den Stellen, wo die Damen in ihrem Verhalten von der »idealen« Geschlechterordnung abweichen, sich jedoch durch Unterwerfungsfloskeln und Berufung auf ihr Frau-Sein für eben dieses Verhalten entschuldigen (vgl. Kap. 6.4.4 und 10.4).

3.3

Familienstruktur und Familienpolitik

Das Besondere an den zu der Corte di Roma zählenden, höfischen Familien war die Tatsache, dass sie alle mindestens einen Kardinal in ihren Reihen vorzuweisen hatten. Dieser stand in engem Kontakt mit einem verheirateten Bruder oder einem Neffen und wohnte als Familienoberhaupt – wie das Beispiel der Spada zeigen wird – teilweise sogar mit dessen Frau und Kindern zusammen. Die geistlich-weltliche Doppelnatur des Papsttums lässt sich also auch im Alltagsleben einer Familiensippe beobachten. In der Familie von Anna Colonna und Taddeo Barberini war das geistliche Familienoberhaupt Taddeos Bruder Kardinal Francesco Barberini, bei Maria Veralli und Orazio Spada übernahm Orazios Onkel Kardinal Bernardino Spada diese Aufgabe. Wie sich in den folgenden Ausführungen zeigen wird, führte diese Familienstruktur zu einer ungewöhnlichen Partnerschaft zwischen dem Kardinal und der Ehefrau, welche entscheidend für die Stabilität des Haushalts war und maßgeblich zu dessen Funktion beitrug.128 Unter einem »Kardinalshaushalt« (famiglia del cardinale) versteht die deut127 Die christliche Lehre gehörte zum Erziehungskonzept und die SchülerInnen wurden zur Disziplinierung der propria anima angehalten. Dazu gehörte Mäßigkeit (temperanza), die wichtigste der vier Kardinalstugenden, Bescheidenheit (modestia) und die zwei rationalen Tugenden giustizia und prudenza. Knox, Disciplina, S. 96 – 98. 128 Auf diese Familienstruktur und der l’asse madri-parenti ecclesiastici verweist erstmals Ago, Carriere, S. 68 – 71. Wie sich diese Struktur auf die Rollenteilung in der Haushaltsführung auswirkte, wo entsprechend weibliche und männliche, geistliche und weltliche Familienmitglieder zusammenarbeiteten in: Ago, Giochi, S. 263.

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sche Romforschung – insbesondere seit der Untersuchung von Völkel zu den Haushalten der Familien Borghese, Barberini und Chigi – den Großhaushalt eines Kardinals, welcher in der Funktion mit einem kleinen Hofstaat zu vergleichen war.129 Aufgrund der roli di famiglia – den monatlichen Namenslisten mit Angabe zu Höhe und Zusammensetzung der Gehälter der vermerkten Angestellten (familiari)130 – war es Völkel möglich, ein Bild von den unterschiedlichen Positionen und Aufgaben der Familiaren zu entwerfen: Die Spannweite reicht von den gentiluomini (den Adligen und Patriziern, welche für den padrone direkt im Dienste standen), den Sekretären, den aiutanti di camera (Kammerdienern) über die palafrenieri (Mitglieder der Leibgarde), scopatori (Vertrauenspersonen, welche die privaten Räume des padrone säuberten), officiali (Ausübende mittlerer Ämter wie Buchhalter, Garderobier, Koch etc.) und über die Stallarbeiter bis hin zu den straordinari (Familiaren minderen Status’) und den Mitgliedern der famiglia bassa (Familiaren, welche grobe, körperliche Arbeiten verrichteten).131 Auch macht Völkel deutlich, dass nicht alle zur famiglia gehörenden Familiaren sich immer am Wohnort des padrone aufhielten; einige lebten auf den im römischen Umland liegenden Landbesitzen und feudi, wo sie sich um die Verwaltung und Bestellung der Ländereien kümmerten, andere waren stets unterwegs und begleiteten die Familienmitglieder auf ihren Reisen.132 Dank den roli ist es zwar möglich, sich eine Vorstellung von Ausmaß und Organisation des Lebens einer famiglia zu machen, doch geben diese statischen Listen nur begrenzt Auskunft über Dynamiken und schweigen ganz über die Koordination und das Funktionieren der Haushalte. So kommt Völkel auch zum Schluss, dass »Frauen keinen wirklichen Platz in Kardinalshaushalten« hätten und nur in den drei Funktionen lavandaria (Wäscherin), infermiera (Krankenschwester) und donna della biancheria (Weißnäherin) auftauchen würden.133 Hier bietet die Alltagskorrespondenz zwischen den Ehepartnern bzw. zwischen der Ehefrau und dem geistlichen Familienoberhaupt interessante Ergän129 Gemäß Völkel variierte die Größe der famiglia del cardinale je nach finanzieller Lage, Karriereverlauf, familiärer Stellung und persönlichen Bedürfnissen des Prälaten. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 48 – 84. 130 Roli sind keine Personalbögen; sie bezeugen die Existenz eines Individuums gemeinhin nur während seines Dienstes in der casa und nennen nur selten Verwandtschaftsbeziehungen. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 66 – 70. 131 Völkel, Kardinalshaushalte. Für eine Aufstellung des Aufbaus einer Kardinalsfamilie vgl. S. 188, für die Transkription der roli der Familie Barberini vgl. S. 418 – 470 und für die Ämterbezeichnungen vgl. das Glossar, S. 401 – 406. 132 Zur Reisegesellschaft, der »famiglia ohne casa«, welche Kardinal Francesco Barberini 1625 auf seiner Legation nach Frankreich begleitete vgl. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 345 – 376. 133 Völkel, Kardinalshaushalte, S. 80.

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Einleitung und Grundlagen

zungen und macht deutlich, dass die von Völkel gewählte Übersetzung der in den roli verzeichneten famiglia del cardinale mit »Kardinalshaushalt« nicht ganz glücklich gewählt ist. Aufgrund der Briefe von Anna Colonna Barberini bzw. Maria Veralli Spada ist nämlich ersichtlich, dass diese beiden Frauen an der Koordination des Haushaltes des Kardinals maßgeblich beteiligt waren und zusammen mit dem Familienkardinal und/oder dem Ehemann die Familiengeschäfte führten; darüber gibt insbesondere die sorgfältig geführte und archivierte Alltagskorrespondenz der Spada mustergültig Aufschluss. Um Verwirrungen in der Begrifflichkeit vorzubeugen, vermeide ich im Folgenden den bereits von Völkel besetzten Begriff »Kardinalshaushalt« und spreche statt dessen von der casa134 oder dem Haushalt der jeweiligen Familie bzw. des jeweiligen Kardinals und verstehe darunter die von einer Familiensippe gemeinsam geführten Geschäfte unter der formellen Leitung des kardinalizischen Familienoberhauptes. 3.3.1 Versorgungsstrategien für die Kinder Wie allgemein in familiendynastischer Praxis üblich, wählte eine Frau nicht, ob und mit wem sie verheiratet wurde; die ältere Generation – Eltern, Onkel und Großeltern – bestimmte über das Schicksal und setzte bei der Versorgung des Nachwuchses gezielte Strategien ein. Eines der wichtigsten Kriterien bei der Verheiratung einer Tochter war ihre Fruchtbarkeit. Sie sollte ihrer Ankunftsfamilie möglichst viele Nachfahren schenken und so den Fortbestand des Geschlechts sichern. Zudem ging es bei einem Heiratsgeschäft um die Steigerung oder zumindest Bewahrung des sozialen Kapitals der Familie, nicht nur im Hier und Jetzt, sondern auch im Hinblick auf spätere Generationen. Ruhm bis in die Ewigkeit – die Aussage, welche mittels aufwendiger Kunstpatronage visuell vermittelt wurde, war auch das leitende Prinzip bei der Versorgung der Kinder. Wie an Fürsten- und Königshöfen war auch an der Corte di Roma jedes Handeln von politischen Implikationen und dynastischen Strategien mitgeprägt und basierte auf einer Ethik, gemäß welcher jedes Individuum zu Ehre und Status der Familie beizutragen hatte. Die Ehre des Einzelnen – ob Frauen oder Männer – gründete auf der Ehre der Familie und setzte sich aus ihr zusammen.135

134 Diesen Begriff gebraucht auch Anna Colonna Barberini. Sie spricht ihrem Mann Taddeo Barberini gegenüber einmal vom »governo della casa«, bei dem sie immer wieder viele Fehler mache. BAV. Barb. lat. 10043, 1. 1. 1642, fol. 64. 135 Für Überlegungen zu Status, Ehre und Prestige von Individuum und Kollektiv unter Mitbeachtung der Kategorie Gender betr. papsthöfischer Gesellschaft vgl. Ago, Giocchi, S. 157 – 259 und Borello, Trame sovrapposte, S. 155. Ähnliche Gedanken betr. der deutschhöfischen Fürstenfamilien finden sich bei Ruppel, Geschwisterbeziehungen, S. 223 (vgl.

Die höfische Gesellschaft Roms

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In Rom gingen Heiratsgeschäfte, politische Absichten und kuriale Karriereplanung Hand in Hand. Jede Familie sorgte dafür, sich im weltlichen wie auch geistlichen Bereich angemessen zu etablieren, um Ansehen und Prestige bewahren oder steigern zu können. Den Adelstöchtern auf dem Heiratsmarkt kam eine entscheidende Rolle zu, da sie eine potenzielle Ressource darstellten, die das Kapital sowohl der Herkunfts- wie auch der Ankunftsfamilie zu vergrößern vermochte.136 Aus der Sicht der Familie des Stammeserhalters handelte es sich bei einer Frau dann um eine »gute Partie«, wenn sie von adliger Herkunft war, Besitz, Reichtum, Titel, Verbindungen zur Kurie und eine gute gesellschaftliche Stellung vorzuweisen hatte sowie eine hohe Mitgift in die Ehe einbrachte. Für die Herkunftsfamilie der Frau stellte die Mitgift eine Art Preis dar, der bezahlt wurde, um sich mehr Ansehen zu »erkaufen«.137 In einer Ehe fanden entsprechend weniger zwei Einzelpersonen zueinander, als vielmehr zwei Familienclans, die sich von der ehelichen Verbindung jeweils ihre Vorteile versprachen. Aufsteigerfamilien versuchten, sich durch ein Heiratsgeschäft die ihnen fehlende adlige Abstammung zu erwerben, nicht-römische Familien suchten in einer Verbindung römische Wurzeln oder direkte Anbindung an die Kurie.138 Diese Praxis wird sowohl bei der Verbindung von Colonna und Barberini wie auch von Veralli und Spada zu beobachten sein. Der verheirateten Frau schließlich kam eine zentrale Funktion zwischen Herkunfts- und Ankunftsfamilie zu; sie verließ mit der Heirat zwar physisch ihr Elternhaus, blieb ihm aber psychisch weiterhin sehr verbunden und ging nie ganz in der Familie des Ehepartners auf. Dies zeigt auch die Namenspraxis: Der Mädchenname wurde immer beibehalten und der Name des Ehemanns hinten angefügt. So unterschrieb Anna alle ihre Briefe stets mit dem vollen Doppelnamen »Anna Colonna Barberini«, Maria entsprechend mit »Maria Veralli Spada«. Wie stark sich die Frauen tatsächlich mit ihrer Ankunftsfamilie identifizierten, oder wie sehr sie sich noch mit ihrer Herkunftsfamilie verbunden fühlten, variierte im Einzelfall stark. Die Untersuchungen zu Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada liefern in dieser Hinsicht ganz unterschiedliche Resultate. Anm. 28). Ruppel verwendet in diesem Zusammenhang den von Elias für vormoderne Adelsfamilien geprägten Begriff der »Wir-Identität«. 136 Zu den Mechanismen der römischen Heiratspolitik vgl. u. a. Fosi/Visceglia, Marriage, S. 197 – 224; Casanova, Le donne, S. 56 – 78; Ago, Carriere, S. 46 – 50 sowie Karsten, Vier Hochzeiten, S. 21 – 42. 137 Visceglia, Signori, S. 122. Für Beispiele, welche Vorteile Mädchen aus verschiedenen Familien mit in die Ehe bringen konnten, vgl. Ago, Donne, S. 176 – 178. 138 Zu den auswärtigen Familien, die sich in Rom niederließen, um an der Kurie ihr Glück zu versuchen und sich zu diesem Zweck mit einer ortsansässigen Familie verbanden, gehörten die Borghese, die Aldobrandini und die Altemps im 16. Jahrhundert sowie im 17. Jahrhundert neben den Spada die Chigi, die Giustiniani und die Ottoboni. Ago, Maria Spada Veralli, S. 54.

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Einleitung und Grundlagen

Neben den Heiratsgeschäften war die geistliche Ausbildung der Söhne ein ebenso wichtiges Element der familienpolitischen Versorgungsstrategien.139 Oft bestimmte man anfänglich mehrere Söhne für eine geistliche Karriere, um sicherzugehen, dass einer von ihnen das Kardinalat erreichte. Der geistliche Vertreter der Familie hatte sich nämlich nicht nur auf intellektueller Ebene zu bewähren, sondern musste auf dem Weg nach oben auch seine politischen und netzwerkstrategischen Fähigkeiten beweisen. Eine kuriale Karriere war für das Familienbudget eine finanzielle Großinvestition. Neben den Reise- und Aufenthaltskosten für Ämter außerhalb Roms – Kardinal Bernardino Spada zum Beispiel war zuerst Nuntius in Paris, dann Legat in Bologna – kamen diverse weitere Aufwendungen hinzu: Geschenke, welche für das Aufbauen und Pflegen der persönlichen Netzwerke unabdingbar waren, Kaufämter, welche zwar oftmals nur noch aus Titeln bestanden, jedoch zur Steigerung des Ansehens beitrugen und mit Einkünften verbunden waren, sowie die Investitionen in Kunstprojekte und Bauwerke, wozu Kardinalsanwärter gezwungen waren. Die weltliche bzw. geistliche Versorgung der Söhne folgte immer einem ähnlichen Muster : Maffeo Barberini, der spätere Urban VIII. nahm als fünfter Sohn seiner Eltern Antonio Barberini und Camilla Barbadori eine kuriale Karriere in Angriff. Auch der Jüngste, Antonio, schlug eine geistliche Laufbahn ein. Er war Kapuzinermönch und wurde schließlich von seinem Papstbruder zum Kardinal ernannt und nach seiner Titelkirche allgemein als Kardinal d’Onofrio bezeichnet. Carlo, der Erstgeborene, heiratete Costanza Magalotti und war somit dazu bestimmt, das Geschlecht weiterzuführen. Von den Söhnen Carlos und Costanza Magalottis wurden ebenfalls zwei für die geistliche Karriere bestimmt, hier waren es der Älteste, Francesco, und der Jüngste, Antonio. Taddeo führte als mittlerer der drei Söhne das Familiengeschlecht weiter. Auch bei den drei Söhnen aus seiner Ehe mit Anna Colonna Barberini lässt sich das Modell »zwei Geistliche, ein Weltlicher« weiterverfolgen: der Erstgeborene, Carlo, wurde Kardinal, der jüngere Bruder Maffeo heiratete Olimpiuccia Giustiniani und der Jüngste, Nicolý, wurde Karmelitermönch. Das Versorgungsmodell der Spada-Söhne sah etwas anders aus. Hier wurde mehr Wert auf den weltlichen Zweig gelegt und stets mindestens zwei Söhne verheiratet. Dies läßt sich einerseits auf die kinderreicheren Familien, aber auch auf die gesellschaftliche Rolle der Spada als Aufsteigerfamilie zurückführen. Die Töchter, welche nicht verheiratet wurden – oftmals waren es die schwächeren und kränklichen Mädchen der Familie – brachte man in einem Kloster unter. Obwohl diese Versorgung günstiger war als eine Verheiratung, so war sie doch auch mit einer Mitgift verbunden.140 Die religiöse Mitgift lag im 17. Jahr139 Ago, Carriere, S. 46. 140 Zarri sieht in der steigenden Mitgiftpraxis einen Grund für die vermehrten Gründungen

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hundert mit 700 bis 1.000 scudi jedoch deutlich unter dem Wert einer guten Heiratspartie, welche zwischen 8.000 und 10.000 scudi kostete (bei Papstfamilien lag der Durchschnitt sogar bei 100.000 scudi – die Mitgift von Anna Colonna Barberini stellte mit 180.000 scudi eine große Ausnahme dar).141 Im 17. Jahrhundert gehörten die Klöster Tor de’ Specchi sowie San Sisto e Domenico zu den bekanntesten und besten Klöstern, in welche man aristokratische Töchter unterbrachte.142 Diese Klöster boten neben der Möglichkeit der monacazione, der Ausbildung zur Nonne, auch einfach Erziehungsplätze für Töchter, welche später verheiratet werden sollten.143 Die weiblichen Familienmitglieder im Kloster wurden nicht einfach abgeschoben und hatten mit der Familie nichts mehr zu tun, sondern spielten weiterhin eine zentrale Rolle. So besaß jede Familie mindestens ein Kloster, dem sie besonders verbunden war und pflegte mit der dort lebenden, verwandten Nonne intensiven Kontakt.144 Das Frauenkloster bot den weltlichen Familienmitgliedern in heiklen Situationen persönlichen Schutz145 und spielte auch im höfischen Zeremoniell eine bedeutende politische Rolle: Gezielte Besuche bei Nonnen oder das Empfangen bzw. Austeilen von Geschenken waren kalkulierte, diplomatische Missionen, die sich ähnlich wie in den weltlichen Palazzi nach genauen, hierarchisch abgestuften Verhaltensregeln abspielten.146 Den Söhnen, welche weder verheiratet wurden noch eine geistliche Ausbil-

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von Frauenklöstern. Viele Familien konnten es sich nicht leisten, alle Töchter gut zu verheiraten, sparten so für eine oder zwei und steckten die anderen ins Kloster. Mit dem Anstieg der Aussteuer vergrößerte sich insgesamt auch die Anzahl adliger Nonnen. Zur Entwicklung der Frauenklöster im 15.–18. Jahrhundert – allerdings mit Schwerpunkt auf den Städten Florenz und Bologna – vgl. Zarri, Monasteri. Diese Richtwerte, welche im Einzelfall jedoch stark variierten, nennt Fosi/Visceglia, Marriage, S. 220. Für Familien, welche sich keine Mitgift leisten konnten, existierten karitative Institutionen wie zum Beispiel die Confraternit” dell’Annunziata in Rom, hierzu vgl. D’Amelia, Economia familiare. Es kam aber auch vor, dass den Töchtern im Kloster keine einmalige Mitgift (dote) bezahlt wurde, sie jedoch regelmäßig mit einer Leibrente (vitalizio) ausgestattet wurden. Während die religiöse Mitgift dem Kloster für den Unterhalt der Nonne bezahlt wurde und der ökonomischen Sicherung der Gemeinschaft diente, stand den Nonnen aus reicheren Familien eine Leibrente zur Verfügung. Sie war eine private Ressource, die von der Äbtissin verwaltet wurde, und für Ausschmückung von Kirche und Kloster – natürlich mit der Absicht, der Familie weitere, visuelle Präsenz zu verschaffen – gedacht war. Dunn, Nuns, S. 452. Borello, Trame sovrapposte, S. 60. Zur Ausbildungsfunktion von Frauenklöstern vgl. den Aufsatz von Zarri, Istituzione. Vgl. hierzu insbes. bezüglich weiblicher Kontaktpflege Borello, Trame sovrapposte, S. 58 – 64. So begab sich z. B. Olimpia Aldobrandini Pamphilij vorübergehend ins Kloster San Sisto e Dominico, wo Suor Agata, die Schwester Innozenz X., als Nonne lebte, als die Situation unter ihrem Ehemann Camillo Pamphilij nicht mehr auszuhalten war. Borello, Trame sovrapposte, S. 161 – 165. Borello, Trame sovrapposte, S. 98 – 100.

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Einleitung und Grundlagen

dung in Angriff nahmen, stand die Option einer Militärkarriere offen. Hier verdienten sie als Kriegsmänner in diversen Konflikten Europas ihr Geld. Egal welchen Weg die Kinder der frühneuzeitlichen Aristokratenfamilien einschlugen – selbst gewählt war dieser nie. Töchter wie Söhne wurden von der älteren Generation strategisch versorgt, stets die Zukunft des Familiengeschlechts im Hinterkopf. Gesundheitliche Voraussetzungen, körperliche Statur und Intelligenz spielten bei der »Verteilung« der Kinder eine Rolle – auf individuelle Wünsche wurde kaum Rücksicht genommen.

3.4

»Die Frau«

Obwohl in der Einleitung der vorliegenden Arbeit gesagt wurde, Ziel sei nicht, primär »die Frauen« zu untersuchen und so mit dem Kriterium Geschlecht eine homogene Gruppe zu schaffen, heißt dieses Kapitel dennoch »Die Frau«. Damit soll noch einmal explizit die fragwürdige Kategorie »Frau« thematisiert, aber auch Aspekte aufgezeigt werden, die in direkter Relation mit der Rolle der Ehefrau stehen. Zugleich gibt das Kapitel einen kurzen Überblick über einige Untersuchungskategorien, mit welchen in den folgenden Forschungsteilen gearbeitet wird. 3.4.1 Ehe, Trennung und Witwenschaft Wenn Töchter verheiratet wurden, dann geschah dies – wie gesagt – gänzlich ohne Rücksicht auf emotionale Vorlieben oder gar Liebe. Die Ehepartner, die von ihren Familien zusammengeführt wurden, hatten sich zu arrangieren. Allerdings gelang das nicht immer, und es kam hin und wieder zu Trennungen. Olimpia Aldobrandini zum Beispiel verließ Camillo Pamphilij (1657) und ging solange in das Kloster San Sisto e Dominico zu der Schwester Innozenz X., Suor Agata Pamphilij, bis sich ihr Ehemann bereit erklärte, ihr mehr Lebensunterhaltskosten zu bezahlen (sie hatte sich diese Trennung allerdings erst nach dem Tod von Innozenz X. erlauben können)147. Auch Nicoletta Grillo trennte sich von Camillo Cybo, und Teresa Grillo, Nicolettas Schwester, verschmähte das Zusammenleben mit Camillo Pamphilij junior. Der wohl berühmteste Fall einer Frau im 17. Jahrhundert, die ihren Ehemann verließ, war Maria Mancini, die Nichte von Kardinal Mazarin. Mancini lebte vor ihrer Heirat mit Lorenzo Onofrio Colonna längere Zeit am Hofe König Ludwigs XIV., doch als das Gerücht einer Liebesgeschichte zwischen ihr und dem 147 Zu den Gründen, welche Olimpia Aldobrandini und die Grillo-Schwestern zu einer temporären Trennung bewegt haben, vgl. Borello, Trame sovrapposte, S. 165 – 166.

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König kursierte, wurde sie von ihrem Onkel nach Rom zurückgeschickt und verheiratet. Ludwig XIV. seinerseits hatte aus politischen Gründen die Infantin Maria Theresia von Spanien zu ehelichen. Mancini war nach ihrem langen Frankreichaufenthalt jedoch in Italien so unglücklich, dass sie ihren Mann verließ und nach Frankreich, anschließend nach Madrid floh, wo sie jeweils in Klöstern wohnte.148 In den seltensten Fällen waren Trennungen – wie bei Mancini – emotional motiviert oder gar auf einen Konflikt zwischen »Ehemann« und »Ehefrau« zurückzuführen. Vielmehr waren es politische und finanzielle Gründe, die es der Ehefrau erlaubten, die Situation in ihrer Ankunftsfamilie als nicht tolerierbar einzustufen und mit einer vorübergehenden Trennung den Ehemann unter Druck zu setzen, um gewisse Ziele – oft auch in Absprache mit der Herkunftsfamilie – zu erreichen.149 Trennungen waren also »Geschlechterkonflikte«, die weniger das biologische, als vielmehr das Familien-Geschlecht betrafen. Ein solcher Konflikt, der allerdings am Ende nicht ganz zu einer offiziellen Trennung vom Ehemann geführt hat, wird bei Anna Colonna Barberini anzutreffen sein. Wenn hier von »Trennung« die Rede ist, gilt es festzuhalten, dass es sich nicht um eine Scheidung im modernen Sinne handelte. Solange der Ehepartner lebte, kam nur eine separatio quoad thorum et mensam (Trennung von Tisch und Bett) in Frage. Eine zweite Ehe eingehen konnten die Gatten erst dann, wenn einer von ihnen gestorben war. In den meisten Fällen kehrte die Frau nach dem Tod des Gatten vorerst wieder zu ihrer Herkunftsfamilie zurück – ohne die Kinder, aber mit dem Rest ihrer Aussteuer. Die Kinder verblieben bei der Familie des verstorbenen Ehemannes. Auch dies lässt sich bei Olimpia Aldobrandini, der Alleinerbin der ehemaligen Papstfamilie von Clemens VIII. (1595 – 1605), beobachten. Sie hatte am 22. Juli 1638 den damals 16-jährigen Paolo Borghese, Principe di Sulmona, geehelicht und mit ihm fünf Kinder gehabt, von denen allerdings nur Gianbattista (1639 – 1717) und Virginia (1642 – 1718) das Erwachsenenalter erreichten.150 Nach dem unerwarteten Tod von Paolo Borghese 148 Zu Maria Mancini vgl. Dulong, Marie Mancini; Colonna, I Colonna, S. 278 – 296; Strunck, Bernini, S. 45 – 54, Clerici, Una romana. Speziell zur Trennung Mancinis von ihrem Mann Lorenzo Onofrio Colonna, vgl. Borello, Trame sovrapposte, S. 171. 149 Ausführlich zu den Gründen und Mechanismen bei Trennungen von Frauen von ihren Ehemännern vgl. Borello, Trame sovrapposte, S. 157 – 194. 150 Die Hochzeit fand lediglich drei Tage nach dem Tod von Kardinal Ippolito Aldobrandini statt, dem letzten Verwandten von Olimpia Aldobrandini, was darauf hindeutet, dass diese Heirat schon seit längerer Zeit geplant gewesen sein muss. Olimpia war bis zu ihrer Hochzeit im Kloster San Sisto e Domenico untergebracht worden, von wo aus sie ihrem Onkel Kardinal Ippolito regelmäßig Briefe schrieb. Für die Briefe vgl. ADP, Archiviolo, B. 324. Die Hochzeit wurde von den Barberini gar nicht goutiert, wären sie doch selbst gerne mit der Aldobrandini-Alleinerbin eine Verbindung eingegangen. Die auch in den Quellen immer wieder Principessa di Rossano genannte Olimpia Aldobrandini war bei der

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im Juni 1646 – Olimpia Aldobrandini war gerade 24 Jahre alt – überließ sie der Schwiegermutter Camilla Orsini Borghese die Verantwortung über ihre Kinder151 und ging bereits im Februar 1647152 mit Camillo Pamphilij, dem Neffen von Papst Innozenz X., der für diese Heirat den Kardinalshut zurückgab,153 eine neue Ehe ein. Ältere Frauen, die nach dem Tod des Ehemannes für eine zweite Heirat nicht mehr in Frage kamen, zogen sich oft in ein Kloster zurück oder verlebten ihren Lebensabend in der Herkunftsfamilie – aber auch hier gab es Ausnahmen, wie wiederum das Beispiel der Anna Colonna Barberini zeigen wird (vgl. Kap. 7.6). Das weitere Schicksal der Witwen war am Ende von unterschiedlichen Faktoersten Hochzeit wie Paolo Borghese auch erst 16 Jahre alt und soll schön gewesen sein. Gigli, Diario, S. 309. 151 Dunn, Piety, S. 655. 152 Gigli, Diario, S. 474. 153 Die Meinungen zu den Gründen für die Rückgabe des Kardinalshutes gehen auseinander und reichen von der These einer Liebesheirat (Karsten, Künstler, S. 156 – 161) über die eines Racheaktes des Sohnes gegen die dominante Mutter Donna Olimpia Maidalchini (Pastor, Geschichte der Päpste, Vol. XIV, S. 31), einer strategisch-politischen Aktion zur Bestätigung bestehender Allianzen (D’Amelia, Nepotismo, S. 383), bis hin zu der Meinung, dass Innozenz X. Camillo immer schon für die Weiterführung des Familiengeschlechts bestimmt hatte, ihn jedoch nur vorübergehend zum Kardinal gemacht hatte, um einer Ehe mit Lucrezia Barberini, einer Tochter von Donna Anna und Don Taddeo, auszuweichen (Chiomenti Vassalli, Donna Olimpia, S. 76). Schon die Zeitgenossen spekulierten über mögliche Gründe für Camillos undurchsichtiges Verhalten. Vgl. die Berichte der Venezianischen Botschafter Contarini und Giustiniani in: Barozzi/Berchet, Relazioni, Vol. 2, S. 69 – 73 und S. 97 – 103, die Einträge in den avvisi, ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, Januar und Februar 1647 (zit. auch bei Karsten, Künstler, S. 156 – 161) sowie die offizielle Stellungnahme von Camillo Pamphilj, ADP, Archiviolo, B. 108, fol. 166 – 169, »Manifesto dell’Emin.mo Sig. Cardinal Panfilio nel quale da le ragioni per le quali condescende ” prender moglie, e abbandonar la Porpora«. Ameyden nennt in seinem »Diario di Roma« die Schwierigkeiten, welche die Hochzeit mit sich brachte: »Il Casamento del Cardinal Pamfilio non º anche fuori di controversia, dimandando io al Cardinale … (sic!) che piu de gli altri stimo, che lo possi sapere, mi rispose, che egli lo credeva per molte e probabili conierture, come che il Cardinal Pamfilio lo chiedesse in gratia al Papa, e che il tutto si faceva per dar gusto ” lui, come innamorato della Principessa di Rossano, e che si toglievano le difficolt”, che potessero ostare queste nozze. La prima difficolt” º che questa Signora Principessa h” fatto una mano de figli uno appresso l’altro […]. La seconda difficolt” la primagenitura dovuta al Borghese […], la terza difficolt” º che non º solito di lasciare il cappello cardinalitio per casamento in persona, che non sia Prencipe libero, onde verrebbe vilipeso il Sacro colleggio, questa difficolt” º forsi la maggiore […]. Altri dicono, che il Cardinal Pamfilio non si affetto alcuno verso la Rossana, anzi, che egli distantemente dimonda al Papa la penitenza et il Papa non gli la vuol dare, dicendo apertamente, che non vuol che si ponga in sacris, al che risponde, che fin hora non gli d” entrate, che di pensione, e cosi vogliono, che il pensiero del casamento sia del Papa. […] il suo maritaggio penso, che sia svanito, poiche i studi di Palazzo sono differenti. Il Papa lo vuol et lo desidera, il Cardinal lo vuol, ma non lo desidera, Donna Olimpia ne lo vuole, ne lo desidera vero º, che dimostrer” di volerlo, e desiderarlo per secondare la volont” del Papa, m” ander” tagliando tutte le vie perche non s’effettua.« BAV, Barb. lat. 4853, Diario di Roma, Eintrag vom 13. 10. 1646, fol. 441 – 448.

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ren – insbesondere dem Verhältnis zwischen Ankunfts- und Herkunftsfamilie – abhängig. 3.4.2 Besitz, Herrschaft und Gesetz Römische Aristokratinnen konnten Besitz und Herrschaftsfunktionen innehaben – das war nichts Außergewöhnliches. Dazu gelangten sie entweder durch die Mitgift oder Erbschaft. Die Erbschaftspraxis einer Familie orientierte sich grundsätzlich an einer traditionellen, dynastischen Regelung, wonach Frauen erst dann zum Zuge kamen, wenn keine männlichen Erben mehr vorhanden waren. Zum persönlichen Besitz von Frauen konnte Geld bzw. Geldanleihen (luoghi di monti)154, Ländereien oder auch Objekte wie Schmuck gehören, wie vor allem ihren Testamenten zu entnehmen ist.155 Dabei ist allerdings zu beachten, dass Besitz vom Individuum nicht als etwas Materielles wahrgenommen wurde, sondern eher die Bedeutung eines »Schatzes« des Kollektivs hatte, welcher den Reichtum der Familie widerspiegelte.156 Ob eine Frau die Ländereien, welche zu ihrem Besitz zählten, selbst verwaltete und ob ihr dadurch auch eine Herrschaftsfunktion zukam, hing von den Lebensumständen ab. Die Alleinerbin Olimpia Aldobrandini, Principessa di Rossano, verwaltete die feudi der Aldobrandini, nominierte die governatori und äußerte sich zu Gerichtsfällen nur während der Zeit als Witwe: Die Verwaltungskorrespondenz der Lehen Rossano, Meldola und Sarsina trägt zwischen ihren zwei Ehen, also nach dem Tod von Paolo Borghese 1646 bis zur Wiederverheiratung 1647 und nach dem Tod Camillo Pamphilijs 1661, ihre Handschrift.157 Auch Maria Veralli Spada übernahm erst dann die Verwaltungsaufgaben des von ihr in die Ehe miteingebrachten feudo Castel Viscardo, nachdem sie Witwe geworden war. Dasselbe lässt sich bei Anna Colonna Barberini feststellen. Die oft mit Ländereien verbundenen Titel der Duchessa, Principessa oder Marchesa übernahmen die Frauen nicht nur von den Ehemännern, sondern ließen sich umgekehrt auch auf ihre Partner übertragen. Die mit dem Titel verbundene, »offizielle« Herrschaftsfunktion (also die Zeichnungsbefugnisse) 154 So besaß zum Beispiel Maria Veralli Spada ihre eigenen Staatsanleihen. ASR, FSV, B. 380, Notizie di Luoghi di Monte appartenenti a Maria Veralli Spada 1681. 155 Maria Veralli Spada zum Beispiel verfügte in ihrem Testament über ihre beni dotali, ihren Schmuck sowie über Castel Viscardo und die damit verbundenen Einnahmen. ASR, FSV, B. 364. 156 Zu Besitz und seiner Bedeutung für den Einzelnen bzw. das Kollektiv vgl. Ago, Il gusto. 157 Z. B. befindet sich in ADP, Archiviolo B. 331, die Korrespondenz mit den Vasallen aus Meldola, Rossano und Sarsina.

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über das Lehen oder das Landgut lag jedoch – solange beide Ehepartner lebten – beim Mann. Sobald die Frauen verheiratet waren, nahmen sie die offizielle Herrschaftsfunktion ihrer in die Ehe mitgebrachten Lehensbesitze nicht mehr selbst wahr, waren aber nach wie vor legitimer Teil der Herrschaft. Entsprechend wurden die mit dem Landgut verbundenen Aufgaben – dazu gehörten vor allem die Koordination, Aufsicht und Führung des Personals – vom Ehepaar bzw. mit dem geistlichen Familienoberhaupt gemeinsam erfüllt. In Anlehnung an Heide Wunders Begriff des »Arbeiterpaars«158 müsste man im Hinblick auf die römischen Verhältnisse entsprechend von einem »Arbeitertrio« sprechen. Allerdings variierte im Konkreten das tatsächliche Engagement der drei Beteiligten je nach Persönlichkeiten bzw. inneren und äußeren Umständen stark, wie der Vergleich der zwei hier untersuchten Familien zeigt. Es kann zudem beobachtet werden, dass Frauen der römischen Aristokratie ihren monetären Besitz in Immobilien investierten. Donna Olimpia Maidalchini kaufte zum Beispiel die feudi della Teverina und Flaminia Pamphilij, die Tochter von Donna Olimpia Aldobrandini Pamphilij, investierte in das feudo Albano.159 Sie taten dies nicht, um persönlich Profit daraus zu schlagen, sondern um den Familienbesitz – einmal mehr im Sinne des Kollektivs – zu vergrößern. Umgekehrt war es auch möglich, dass Frauen Teile ihres Besitzes verkauften. So erwarb die Familie Patrizi von Olimpia Aldobrandini – damals noch Borghese – den Palazzo San Luigi dei Francesi, was der damalige Wohnsitz der Aldobrandini war.160 Die Frühe Neuzeit kannte noch keine normative Rechtspraxis, in welcher die Rechte der Geschlechter definiert waren. Das diritto canonico ging zwar auf die Rechte und Stellung der verheirateten Frau ein,161 doch handelte es sich hier nicht um eine gesetzliche Grundlage, auf die bei Rechtsfällen Bezug genommen wurde.162 Diese knappen Ausführungen zu den römischen Besitz-, Herrschafts- und Gesetzregelungen sind bewusst sehr schemenhaft gehalten. Denn ob die »Frau« 158 Wunder, Er ist die Sonn’, S. 262 – 268. 159 Zu Verwaltung und Kauf von Besitz durch Frauen vgl. Borello, Trame sovrapposte, S. 195 – 224. 160 Pedrocchi, Le Stanze, S. 58. Diesen Hinweis verdanke ich Anna Maria Pedrocchi persönlich, die mich bei einem spontanen Gespräch in der BAV über meine Arbeit auf ihr Buch hingewiesen hatte. 161 Zur Stellung der Frau und ihren Rechten und Pflichten im Umfeld der Kirche vgl. Moroni Romano, Dizionario, »donna«, Bd. XX, S. 206 – 213. 162 Feci blickt in ihren Untersuchungen zu den »Rechten« und dem »Besitz« der höfischen Frauen des frühneuzeitlichen Roms etwas zu sehr durch die normative Brille und lässt sich in ihrer Argumentation von heutigen Rechtsvorstellungen leiten. Sehr wertvoll ist hingegen die von ihr geleistete Quellenaufarbeitung von Rechts- und Erbkonflikten, in welche Frauen involviert waren. Feci, Pesci.

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Verwaltungsaufgaben direkt wahrnahm oder nicht, und was ihre Stellung »vor dem Gesetz« war, hing schließlich von unterschiedlichen Faktoren ab, wie Zivilstand, den Verhältnissen der Herkunftsfamilie, der Mitgift usw. und muss – wie im Folgenden am Beispiel von Anna Colonna Barberini und Maria Veralli Spada – am Einzelfall aufgezeigt werden.

3.4.3 Korrespondenztätigkeit und kulturelle Bildung Um sich aktiv in die Familie einbringen zu können, musste die verheiratete, aristokratische Frau des Lesens und Schreibens kundig sein. Ihr oblag die Verantwortung für die Koordination der gesamten Alltagskorrespondenz.163 Hierzu gehörte, dass sie dem geistlichen Familienoberhaupt oder dem Ehemann vom Verlauf der Haushaltsgeschäfte regelmäßig Bericht erstattete, wenn diese abwesend waren. Ebenso hatte sie die Briefe der Familienmitglieder – der Töchter, Söhne, Eltern, Schwestern, Brüder usw., die regelmäßig berichteten, wie es ihnen erging – zu koordinieren, sowie Mandate, Aufträge, Quittungen, Devotionsschreiben u. ä. von Familiaren und Klientelen an die entsprechenden Adressaten weiterzuleiten. Sie erhielt und pflegte die Beziehungen innerhalb der Familie und reagierte zugleich je nach Aufgaben- und Verantwortungsbereich auch auf geschäftliche Post. Das Briefeschreiben im 17. Jahrhundert war ein zeitintensives Muss und gehörte zum Alltag des höfischen Menschen – unabhängig, ob Frau oder Mann164 (vgl. Kap.1.2.4 und Kap. 9.1). Die Sprache der Alltagskorrespondenz war offen und im Unterschied zu den offiziellen, formalisierten Gratulations-, Kondolenz-, Empfehlungs- oder Devotionsschreiben (lettere di cortesia) kaum standardisiert. Nur Anrede- und Schlussformel waren fix – hier lassen sich die Hierarchien und das soziale Verhältnis ablesen, das zwischen den Schreibenden geherrscht hatte, so zum Beispiel zwischen Ehepartnern, zwischen Ehefrau und geistlichem Familienoberhaupt oder zwischen Eltern und Kindern.165 Kardinäle hatten oft mehrere Sekretäre zur Seite, die einen großen Teil der 163 Mit dem Schreiben der aristokratischen Frauen beschäftigt sich auch Borello, Trame sovrapposte, S. 66 – 73. Sie untersucht allerdings nur die Korrespondenz unter Frauen, mit dem Ziel, weibliche Netzwerke rekonstruieren zu können. So findet man bei ihr zwar viele spannende Einzelresultate, die jedoch leider durch das Ausklammern der Männer insgesamt an Aussagekraft verlieren. 164 Für die Entwicklung der Rolle der römischen Frau in der Alltagskorrespondenz vom 16. ins 17. Jahrhundert vgl. D’Amelia, Lo scambio. Sie zeigt unter anderem auf, inwiefern das Schreibenkönnen der Frau einen größeren Einflussbereich öffnete und Zugang zu einem sozialen Austausch-Netzwerk ermöglichte. Ebd., S. 82 – 83. 165 Zu Sprache, Grammatik, Rechtschreibung und Ton in der Alltagskorrespondenz vgl. betr. Donna Anna Kap. 6.3, betr. Maria und Kardinal Bernardino Kap. 9.1 und betr. Maria und Orazio Kap. 10.2.2 sowie in allgemeiner Hinsicht Borello, Trame sovrapposte, S. 78.

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Einleitung und Grundlagen

Korrespondenz für sie erledigten. Nur hin und wieder schrieben die Kardinäle von eigener Hand, je nachdem, wo sie sich aufhielten und an wen sie sie sich richteten; das Schreiben von eigener Hand war grundsätzlich ein Zeichen von Respekt. Eine aussergewöhnlich intensive, innerfamiliäre Korrespondenztätigkeit wies die Familie Spada auf und insbesondere Maria Veralli Spada leistete hierzu einen immensen Beitrag. Nicht alle höfischen Damen korrespondierten so intensiv wie die Nichte von Kardinal Bernardino Spada; Donna Olimpia Maidalchini ihrerseits verabscheute das Schreiben. Die wenigen Briefe, die sie selbst verfasste, sind voller Fehler und in einer unsicheren Schrift geschrieben. Später, als Witwe und zugleich einflussreiche Schwägerin des Papstes, stand ihr stets ein Sekretär zur Verfügung, womit sie ihrem Schreibproblem – welches höchstwahrscheinlich auch auf ihre vergleichbar schlechte Ausbildung zurückzuführen ist – ausweichen konnte.166 Im Unterschied zu Olimpia Maidalchini wurde ihre spätere Schwiegertochter Olimpia Aldobrandini von deren Onkel Ippolito Aldobrandini schon in jungen Jahren zum Schreiben erzogen und hatte diesem zur Übung spanische Briefe zu schreiben.167 Die Handschrift und Flüssigkeit der Sprache in den Briefen der Frauen sind Indikatoren für die Ausbildung, die sie genossen hatten. Für eine AldobrandiniTochter, die zudem Alleinerbin des Familiengeschlechts war, war es wichtig, nicht nur fließend Italienisch schreiben zu können, sondern auch fähig zu sein, sich auf Spanisch auszudrücken. Bei Olimpia Maidalchini hingegen, deren Familie aus Viterbo stammte und einer deutlich niedrigeren gesellschaftlichen Schicht angehörte, wurde viel weniger Wert auf die Ausbildung der Tochter gelegt. Sie profitierte von der gesellschaftlichen Durchlässigkeit an der Corte di Roma und hatte das Glück, durch ihre Heirat mit dem Bruder eines zukünftigen Papstes schließlich zur einflussreichsten Frau der höfischen Gesellschaft aufzusteigen. Im Vergleich zu den höfischen Damen der Renaissance waren die Aristokratinnen des römischen Barocks – gemessen an humanistischen Werten – insgesamt jedoch verhältnismäßig ungebildet. Es existierte keine blühende literarische Szene mehr wie noch zwei Jahrhunderte zuvor, als Italien im Zuge des Humanismus berühmte Dichterinnen wie Lucrezia Tornabuoni, Ippolita Sforza oder Vittoria Colonna hervorgebracht hatte.168 Es gab in Rom seit 1600 zwar eine 166 Deshalb sind auch relative wenige Briefe von ihr überliefert. Borello, Trame sovrapposte, S. 30 – 35. 167 Die spanischen Briefe von Olimpia an den Kardinal Ippolito stammen vom 1., 3. und 6. März 1638 aus dem Kloster San Sisto e Domenico. ADP, Archiviolo, B. 324, fol. 207, 209 und 219. Am 15. 3. 1638 entschuldigt sie sich dafür, dem Onkel aus Zeitgründen nicht auf Spanisch geschrieben zu haben. Ebd. fol. 232. 168 Dies, so Fietze, stehe im Zusammenhang mit den Maßnahmen und Regelungen im Rahmen

Die höfische Gesellschaft Roms

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Accademia degli Umoristi, zu der viele Exponenten illustrer Familien (darunter der Aldobrandini, Barberini, Sacchetti und Colonna) gehörten und auch weibliche Partizipation in Gegenwart des Ehemannes erlaubt war, doch war dies eher eine Netzwerk-Institution mit Unterhaltungsangebot, als ein Ort, an welchem wirklich Kultur geschaffen und gelebt wurde. Kulturelle Zirkel mit aktiver Teilnahme von Adelsfrauen entstanden in Rom erst wieder gegen Ende des 17. Jahrhunderts im Umkreis von Königin Christina von Schweden.169 In den untersuchten Frauenbriefen bin ich auf keinen Hinweis gestoßen, der auf ein ernsthaftes Interesse an Kunst oder Literatur hingedeutet hätte. Zwar tauchen in den Briefen Berichte von Festivitäten und ausführliche Beschreibungen von Prozessionen und cavalcate auf, doch findet auf der theoretischen Ebene – zumindest in der Haushaltkorrespondenz – keine gedankliche Auseinandersetzung mit den Künsten statt. Theater, Musik und Kunst waren fester Bestandteil der römischen Hocharistokratie,170 doch dienten diese kulturellen Anlässe den Familien vor allem dazu, Macht, Reichtum und Status zur Schau zu tragen.

des Tridentinischen Konzils. Fietze, Spiegel, S. 78 – 80. Für weitere Überlegungen zum Zusammenhang zwischen gegenreformatorischem Gedankengut und dem Widerstand gegen humanistische Frauenbildung vgl. Meuthen, Frauenanteil. 169 Borello, Trame sovrapposte, S. 107 – 113. Zu den künstlerischen Interessen und dem Engagement der Königin von Schweden vgl. den Sammelband Magnusson, Cristina. 170 Einen Einblick in die Festkultur der römischen Hocharistokratie des 17. Jahrhunderts geben Clementi, Il Carnevale sowie Ademollo, I teatri. Im Weiteren geben gemalte Bilder von Prozessionen, Turnieren und sonstigen festlichen Anlässen einen Eindruck von der Pracht des kulturellen Lebens.

II Anna Colonna Barberini

4

Überblick

4.1

Die Familien Barberini und Colonna

Mit Francesco (di Carlo) Barberini (1528 – 1600), der in den 1550er Jahren eine Laufbahn an der Kurie einschlug, ließ sich ein Zweig der ursprünglich aus Florenz stammenden Kaufmannsfamilie Barberini in Rom nieder (Stammbaum vgl. Tab. I, Anhang B, S. 267). Sie stellte damit eine der typischen Aufsteigerfamilien im kurialen Umfeld des römischen Cinquecento dar, die das Ziel verfolgte, sich über die Platzierung eines ihrer Familienmitglieder im Kardinalskollegium in der römischen Oberschicht zu etablieren. Francesco selbst gelang der Sprung zum Kardinal noch nicht, doch als Protonotar und päpstlicher Schatzmeister förderte er die Karriere seines Neffens Maffeo – und diese war erfolgsversprechend: Mit der Nuntiatur in Paris (1604 – 1611) verdiente er sich bei Papst Paul V. den Kardinalshut, übernahm anschließend die Legation in Bologna (1611 – 1614) und wurde am 6. August 1623 überraschend zum Nachfolger von Papst Gregor XV. Ludovisi (1621 – 1623) gewählt.171 Maffeo Barberini herrschte als Urban VIII. einundzwanzig lange Jahre über den Kirchenstaat und prägte das Bild des barocken Roms nachhaltig.172 Urban VIII. nahm kurz nach seiner Wahl zum Papst seinen Neffen Francesco (1623), anschließend seinen Bruder Antonio sen. (1624) und den jüngeren Neffen Antonio (1628) aus der Ehe seines ältesten Bruders Carlo (1562 – 1639) 171 Überraschend deshalb, weil er mit seinen erst 55 Jahren noch als sehr jung galt. Lieber sah man auf dem Papstthron ältere, kränkliche Personen, deren Amtszeit nicht allzu lange dauern konnte. Zum Ablauf des Konklaves und der Wahl vgl. Karsten, Künstler, S. 81 – 83. 172 Zur Geschichte der Familie Barberini vgl. die bisher umfassendste Darstellung bei Pecchiai, I Barberini. Im Weiteren vgl. Köchli, Krise; Reinhardt, Familien, S. 43 – 53; Rendina, Le grandi famiglie di Roma, S. 82 – 91. Eine umfassend angelegte, dem aktuellsten Forschungsstand entsprechende Studie zur Familie der Barberini ist im Rahmen eines Dissertationsprojektes von Ulrich Köchli (Fribourg) in Bearbeitung.

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Anna Colonna Barberini

mit Costanza Magalotti (1575 – 1644) ins Kardinalskollegium auf. Ein weiterer Neffe, Don Taddeo (1603 – 1647), wurde mit der Adelstochter Anna Colonna (1601 – 1658) verheiratet (vgl. Kap. 5.2). Diesem oblag damit als weltlicher Papstneffe die Pflicht, für die Fortführung des Familiengeschlechts zu sorgen, und seiner Ehefrau Anna Colonna kam dadurch die Rolle der römischen »First Lady« zu, der wichtigsten Dame Roms. Wie sich zeigen wird, war diese Ehe von diversen Konflikten geprägt, die auf Unstimmigkeiten zwischen den zwei Familien zurückzuführen sind. Die Familie Colonna173 stand seit Jahrhunderten zusammen mit der Familie Orsini an der Spitze der römischen Aristokratie und oft auch mit dieser in Konkurrenz, konnten sich doch beide Familien auf eine weit zurückreichende, adlige Abstammung berufen. Die Wurzeln der Colonna lassen sich bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen174, seit dem 15. Jahrhundert konnten sie zudem mit Martin V. (1417 – 1431) einen Papst in ihren Reihen vorweisen. Um 1600 existierten noch drei Familienzweige: Die Colonna di Paliano (ursprünglich: di Genazzano), di Palestrina und di Zagarola. Anna Colonnas Familie gehörte zum Zweig der Paliano. Das Landgut Paliano hatte Papst Paul IV. Carafa (1555 – 1559) während einer vorübergehenden Phase der Enteignung für seine eigenen Verwandten zum Herzogtum erhoben.175 Als es wieder zurück an die Colonna gefallen war, wertete es Papst Pius V. Ghislieri (1566 – 1572) für Marcantonio II., der 1571 bei der Schlacht von Lepanto als Luogotenente Generale an der Seite von Giovanni d’Austria, Bruder des spanischen Königs Filippo II., mit dem berühmten Sieg über die Türken in die Geschichte einging, zum Prinzipat auf. Dadurch erfuhr der Familienzweig der Paliano (Stammbaum vgl. Tab. II, Anhang B, S. 268) eine Aufwertung und machte dem ursprünglich bedeutendsten Zweig der Colonna di Palestrina ihren ersten Rang streitig. Annas Vater Filippo I. (1578 – 1639) war ein Enkel von Marcantonio II. und hatte als junger Mann für die spanische Krone in Deutschland und Flandern gekämpft. Eine enge Bindung an Spanien wiesen die Colonna bereits seit dem 173 Zur Geschichte der Familie Colonna vgl. in erster Linie die aktuellste Untersuchung von Strunck, Berninis, S. 18 – 54. Im Weiteren vgl. Paschini, I Colonna, insb. S. 57 – 71; Reinhardt, Familien, S. 171 – 188; Colonna, I Colonna, S. 267 – 278; DBI »Filippo Colonna«, Vol. 27, S. 298 ff.; Rendina, Le grandi famiglie di Roma, S. 249 – 261. 174 Zur Bedeutung der Familie Colonna im 14. Jahrhundert vgl. Rehberg, Kirche und Macht. Für eine Übersicht über die Hauptlinie der Colonna-Familie seit dem 13. Jahrhundert vgl. die Stammbaumdarstellung bei Strunck, Berninis, S. 446 – 447. Für die Darstellung der verschiedenen Familienzweige vgl. Weber, Genealogien, Vol. V, S. 240 – 274. 175 Bei diesem Konflikt entwendete Paul IV. den Colonna unter Einsatz aller geistlichen und politischen Machtmittel das Lehen Paliano und übergab es seinen Neffen. Diese wurden nach dem Papsttod zum Tode verurteilt, womit Carafas Nepotenherrschaft, die zu rücksichtslos gesellschaftliche, politische und mentale Normen verletzt hatte, ein spektakuläres Ende fand. DBI »Decio Carafa«, Bd. 19, S. 521 ff.

Überblick

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frühen 16. Jahrhundert auf. So erhielt Fabrizio Colonna 1516 als Dank für seinen Einsatz bei der Eroberung des Königreichs Neapel von Ferdinand dem Katholischen den Titel des Gran Contestabile del Regno di Napoli. Dieser Titel wurde im Verlauf des 16. Jahrhunderts erblich und ging schließlich dauerhaft an die Colonna di Paliano über. Es handelte sich um einen Ehrentitel, mit dem Privilegien und Vorrechte – wie etwa bei öffentlichen Zeremonien – verbunden waren, der jedoch auch immer wieder Anlass für Konkurrenzstreitigkeiten mit den höchsten Adligen, den Granden, bot. Die ursprünglich mit dem Amt des Contestabile verbundene militärische Macht blieb jedoch beim Vizekönig von Neapel. Die Colonna versuchten stets, ihr Recht auf Vorrang in Rom mit der hohen Würde des Contestabile-Titels zu begründen, was von anderen Granden – die sich, wie etwa die Borghese, Ludovisi und Barberini, mit Titeln wie Tosone d’Oro (Orden vom Goldenen Vlies) oder Grandato schmückten – mit der Begründung zurückgewiesen wurde, die Vorrechte würden nur innerhalb des Königreich Neapels gelten.176 Als 1611 der damalige Gran Contestabile Marcantonio IV. starb, ging der Titel auf Filippo I. über. Das war zu einem Zeitpunkt, als die Familie Colonna hoch verschuldet war und man die finanzielle Krise unter anderem mit einer aktiven Heiratspolitik zu bewältigen versuchte.177 Durch die Ehe, die Filippo I. mit Lucrezia Tomacelli schloss, gingen etliche Landgüter im Königreich Neapel auf seine Familie über. In der Folgezeit betrieb Filippo I. eine ambitionierte Familienpolitik: Er verheiratete seinen ältesten Sohn Federico (1600 – 1641) 1624 mit einer Urenkelin Kaiser Karls V., Margherita d’Austria Branciforte (gest. 1659), die als Alleinerbin den Colonna neben den Titeln des Principe di Butera und di Pietrapercia reichen Grundbesitz in Sizilien einbrachte. 1629 gelang ihm zudem eine Eheschließung des jüngeren Sohnes Marcantonio V. (1602 – 1659) mit Isabella Gioeni (gest. 1655), welche ihrerseits das Fürstentum von Castiglione mitbrachte. Die Verbindung von Tochter Anna mit dem Papstneffen Barberini schließlich brachte den Colonna zwar Prestige, daneben aber auch eine Reihen von Konflikten ein. Worauf diese basierten und wie sie zustande kamen, wird sich im Folgenden noch zeigen. Der Pontifikat Urbans VIII. wurde nicht nur von einem außenpolitischen Bedeutungsverlust geprägt (vgl. Kap. 2.2). Auch innenpolitisch war nach dem Tod des Barberini-Papstes am 29. Juli 1644 die Stimmung in Rom gereizt und angespannt. Dem Usus des Nepotismus folgend hatte Urban VIII. seine Ver176 Zur prekären Stellung der Colonna im sozialen Gefüge Roms und zur Konkurrenzstreitigkeiten mit den Granden vgl. Strunck, Berninis, S. 27 – 29. 177 Zur Finanzlage der Colonna di Paliano und ihren Schulden am Ende des 16. Jahrhunderts vgl. Raimondo, La rete, S. 225 – 253.

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Anna Colonna Barberini

wandten während seiner Herrschaftszeit mit Titeln, Ämtern und Pfründen ausgestattet, wodurch ein großer Teil der Staatsfinanzen in seine Familienkasse umgeleitet worden war. Diese maßlose Bereicherung der eigenen Familie sowie die Investition in den kostspieligen Krieg um das Dukat Castro wurden den Familienmitgliedern der Barberini nach dem Ableben ihres Papstes zum Verhängnis. Als die Situation unter Innozenz X. – dieser hatte eine Untersuchung gegen die Finanzpolitik seines Vorgängers eingeleitet – für die Barberini prekär wurde, waren sie gezwungen, die Ewige Stadt zu verlassen. Mit der Hilfe von Kardinal Mazarin, dem Premierminister König Ludwigs XIV., gelang ihnen im Januar 1646 die Flucht nach Frankreich. Zwei Jahre später versöhnten sich die Pamphilij mit der ehemaligen Papstfamilie, worauf sie nach Rom zurückkehren und sich wieder in der Gesellschaft eingliedern konnten. Dank dem Heiratsgeschäft zwischen Maffeo Barberini und der Großnichte von Innozenz X., Olimpia Giustiniani, fanden die Barberini 1653 sogar den Weg zurück an die Spitze der römischen Oberschicht (vgl. Kap. 7.2). Soweit wurden kurz die der Forschung bekannten Fakten zur Familiengeschichte der Barberini und der Colonna skizziert. Im Folgenden soll nun dieselbe Geschichte aus der Perspektive von Donna Anna Colonna Barberini aufgerollt und kommentiert werden. Dabei interessiert, inwiefern Donna Anna in die turbulente Faktengeschichte verwickelt war bzw. wo sie diese aktiv mitbeeinflusste. Gegenstand der Untersuchungen ist in erster Linie die Korrespondenz der Papstnichte mit ihrem Vater, dem Fürsten Filippo I. Colonna, sowie mit ihrem Ehemann, Taddeo Barberini. Wo vorhanden und sinnvoll, werden die Zitate aus der Feder von Donna Anna den Stimmen von Botschaftern, avvisiund diarii-Schreibern gegenübergestellt und so die »Innensicht« ihrer Briefe mit der »Außensicht« der Zeitgenossen verglichen.

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Jugend und Verheiratung

Das folgende Kapitel widmet sich der Jugendzeit von Anna Colonna und dient als Grundlage für das Verständnis ihres Verhaltens später in der Rolle als wichtigste Frau Roms. Dank den überlieferten Briefen an den Vater kann Anna Colonnas jugendliche Persönlichkeit relativ deutlich skizziert werden. Anna war das dritte von elf (eines davon starb kurz nach der Geburt) Kindern von Filippo I. und Lucrezia Tomacelli und kam 1601 in Orsogna, einem Dorf in der Provinz Chieti in den Abbruzzen, zur Welt. Nach dem plötzlichen Tod seiner Ehefrau Lucrezia Tomacelli 1622178, schickte Filippo I. Colonna seine beiden 178 Die Mutter starb am 2. August 1622. Anna Colonna erinnert im Brief an ihren Vater vom 2. August 1624 an das zweijährige Todesdatum der Mutter : »oggi ” otto fara due anni che

Jugend und Verheiratung

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Töchter Anna (1601 – 1658) und Vittoria (1610 – 1675) im Januar 1623179 zur ältesten Tochter Suor Ippolita (gest. 1676) in das Kloster S. Giuseppe de’ Ruffi nach Neapel. Die Briefe, die Donna Anna in diesen Jahren ihrem Vater schrieb, zeigen nicht nur die eigenwilligen Charakterzüge Donna Annas und gewähren einen interessanten Einblick in den Alltag einer aristokratischen Tochter, die ohne Profess im Kloster lebte, sondern geben auch Aufschluss über Verhaltenskodizes, gesellschaftliche Mechanismen und Perspektiven einer jungen Frau der römischen Oberschicht. Wertvolle Zusatzinformationen bieten die Briefe der älteren Schwester Suor Ippolita an das väterliche Familienoberhaupt. Sie relativieren die teilweise stark emotional aufgeladenen Briefe der kleineren Schwester Anna und ergänzen deren Inhalte mit Fakten aus dem familienpolitischen Kontext.

5.1

Der Alltag hinter den Klostermauern (1623 – 1627)

Nach dem Tod von Donna Annas Mutter Lucrezia Tomacelli übernahm Suor Ippolita als älteste Tochter die Aufgabe, den Vater bei der Versorgung der Geschwister zu unterstützen. Aus ihrer Korrespondenz mit dem Familienoberhaupt wird deutlich, dass sie als Erstgeborene nun innerhalb der Colonna-Familie die weibliche Hauptansprechsperson für familiäre Angelegenheiten war, obwohl sie sich in Neapel aufhielt. Sie tauschten sich über Finanzangelegenheiten180, die Dienerschaft und die Versorgung der Geschwister aus. Ippolita berichtet darüber hinaus regelmäßig von den empfangenen Besuchen im Kloster und rapportiert über die politischen Ereignisse in Neapel.181 Donna Anna und Donna Vittoria waren der älteren Schwester zu Gehorsam verpflichtet.182 Von

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andý in paradiso la santa anima della Sig.ra madre.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 2. 8. 1624. Gemäß dem Panegyriker Biagio della Purificatione, der die Biografie von Vittoria Colonna (als Nonne nannte sie sich Suor Chiara Maria della Passione) verfasste, sei Anna schon als Dreijährige zusammen mit ihrer älteren Schwester Ippolita ins Kloster San Giuseppe de’ Ruffi zur Erziehung gegeben worden. 1608 seien sie zurück nach Rom gekommen, Ippolita sei dann 1614 definitiv in das Kloster in Neapel eingetreten. BAV, Rac. Gen. vite IV. 484, fol. 7. Diese Angaben fand ich jedoch weder in der Familienkorrespondenz noch in den libri mastri im Colonna-Archiv bestätigt. Z. B. »V. E. mi facci gratia veder minutamente la lista di questo conto per che non si h¤ speso un bajocho senza ordine mio, et senza molta necessit”.« ACS, Cart. FC, lettera da Suor Ippolita, 29. 10. 1623. So z. B. am 31. Juli 1627 zur Türkengefahr : »questa mattina si h¤ saputo in Napoli, come li turchi hanno preso qui vicino due galere die genova che venivano in Napoli, piene di dinari con non si s” quanti milioni di scudi.« ACS, Cart. FC, lettera da Ippolita, 31. 7. 1623. »Donna Vittoria e io stamo sotto l’obedienza di la Sig. Sor Hippolita si in questo come in ogni altra minima cosa.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 29. 4. 1623.

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Anna Colonna Barberini

klösterlicher Praxis oder religiösen Themen ist – mit Ausnahme der üblichen Devotionsfloskeln – in den Briefen nie die Rede. Ungeachtet der Tatsache, dass Suor Ippolita ein geistliches Leben in Neapel führte, war sie nach wie vor ein wichtiger Teil der Familie Colonna. Die Bindung zum Kloster war für die ganze Familie zentral:183 Während die Geistlichen der Familie im Kloster regelmäßig für das Seelenheil der übrigen Familienmitglieder beteten, bot umgekehrt das Kloster den weltlichen Familienmitgliedern bei Problemen aller Art Schutz.184 Es war kein Zufall, dass sich die Colonna-Töchter im Kloster San Giuseppe de’ Ruffi in Neapel befanden. Catarina Tomacelli, eine Verwandte von Donna Annas verstorbener Mutter Lucrezia Tomacelli, gehörte zusammen mit Donna Ippolita Ruffo und Madre Suor Caterina Ruffo zu den Mitgründerinnen des Augustinerinnenklosters (1604).185 Die Familie Ruffo war ein neapolitanisches Adelsgeschlecht, das seit mehreren Generationen immer wieder mit der Familie Carafa Heiratsverbindungen einging. Es sind denn auch diese zwei Familien, die mit den römischen Colonna – über die Töchter im Kloster – engen Kontakt pflegten.

5.1.1 Erziehung zur Gesellschaftstauglichkeit Donna Anna lebte im Kloster, ohne die Profess abgelegt zu haben – dies war damals nichts Außergewöhnliches. Oft wurden junge Mädchen aus aristokratischen Kreisen zur Ausbildung in ein Kloster gegeben, wo sie neben Lesen und Schreiben auch lernten, wie sie sich in der Gesellschaft zu benehmen hatten186 und warteten dort, bis eine entsprechende Heiratspartie für sie gefunden war. Anna Colonna war mit ihren zweiundzwanzig Jahren verhältnismäßig alt für einen solchen vorübergehenden Klosteraufenthalt. Doch nach dem Tod der Mutter musste Vater Filippo I. eine Lösung für die Unterbringung seiner Töchter finden. Es bot sich an, diese in die Obhut der älteren Schwester zu geben.187 Kurz nach ihrer Ankunft im Januar 1623 im Kloster in Neapel berichtet die junge Anna Colonna ihrem Vater : 183 184 185 186

Borello, Trame sovrapposte, S. 25. Andretta, Il governo, S. 406. Purificatione, Vita, S. 7. Zu den Funktionen der weiblichen Erziehungsinstitutionen monastero und casa, sowie ihrer Entwicklung im 16. und 17. Jahrhundert in Italien vgl. Zarri, Istituzioni. Für verschiedene römische Beispiele der Mädchenerziehung im 17. Jahrhundert vgl. Borello, Trame sovraposte, S. 23 – 64. 187 Anna gehörte damit zu den putte in serbanza (18- bis 25-Jährige), die darauf warteten, verheiratet zu werden. Im Normalfall durften die Töchter nur bis zum 25. Lebensjahr im Kloster leben, ohne die Profess abgelegt zu haben. Die Jüngeren (7- bis 18-Jährigen) waren putte in educazione, bei ihnen lag die Ausbildung und Erziehung im Vordergrund. Zarri, Istituzioni, S. 100.

Jugend und Verheiratung

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»Wir sind Gott sei gedankt gesund angekommen und haben hier Suor Ippolita Maria getroffen, der es prächtig geht, die aber seit der Ablegung ihres Gelübdes etwas dicker geworden ist […] Unsere Zimmer sind die besten, die es hier gibt. Damit haben uns die signore zwar die Ehre erwiesen, trotzdem sind sie aber sehr klein. […] Sie haben uns vier gegeben: jedem von uns je eines zum Schlafen, eines zum Essen und eines für die donne. […] Ich glaube, dass es hier sehr feucht ist und die Luft nicht perfekt, denn fast alle der Nonnen sind erkältet. Auch ich habe etwas den Schnupfen, ich denke, es liegt am Zustand der Zimmer und an der Reise. Donna Vittoria hatte gestern Abend etwas Bauchweh, aber jetzt geht es ihr gut. Seine Eminenz kann also ganz beruhigt sein, die signore hier behandeln uns sehr gut und auch das Essen ist so gut wie zuhause, es fehlt uns an nichts.«188

Nicht mehr lange fallen ihre Berichte so positiv aus. Bald sind ihre Briefe an den Vater verzweifelt: »Sie [Suor Ippolita und andere Nonnen] möchten nicht, dass ich so viel spreche, auch soll ich die Zelle nicht verlassen, die sie mir gegeben haben. Doch die ist so klein, dass ich krank werde vor Qual«,189 klagt sie bereits einen Monat nach ihrer Ankunft in Neapel. Donna Anna, so wird aus dem Kontext deutlich, hatte in den Augen der Nonnen mit zu vielen Leuten außerhalb des Klosters Kontakt gepflegt und diesen ihr Leid geklagt. Nicht nur schadete sie damit dem guten Ruf des Klosters, auch hielt sie sich mit einem solchen Verhalten nicht an die Regeln der sacra conversazione.190 Es wurde entschieden, dass Donna Anna fortan nur noch in Anwesenheit zweier Zuhörerinnen und der Madre Priora mit Leuten außerhalb des Klosters sprechen durfte. Eine Einschränkung, die ihr zu schaffen machte: »Mein Vater, ich bitte Euch mich zu entschuldigen, wenn ich zu viel preisgebe […], aber sie geben mir hier halt auch so viele Möglichkeiten, mich zu beklagen – mehr, als ich je erzählen könnte!«191 188 »Siamo arivate per gratia di Dio con salute et abiamo ritrovata Sor Ippolita Maria che sta benissimo e si º fatta piu grassa che non era quando fece professione […] le nostre stanze sono le meglie che ve siano che chosi ci anno fatto gratia queste Sig.re ma non di meno sono tanto piccole […], ce ne anno date 4 una per anco per dormire e una dove magniamo e una dove stanno le donne. […] ma chredo che sia umide e non so se sia in tutto perfetto aria per che quasi la magior parte de la moniche sono inferma […] Io sto con un po di chatarro chredo sia proceduto da la mantione de le stanze e dal viagio e Donna Vittoria ier matina stese un po mal de lo stomacho ma adeso sta bene V. E. pole stare riposatissimo in quanto che queste Sig.re ci fanno mille gratie e ci tratano benissimo di magniare come avevamo in chasa nostra – e non ci fanno manchar cosa nisciuna.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna Colonna, 3. 1. 1623. 189 »[…] perche non voriano che parlassi ne che uscissi mai di quella cella che me anno data che e tanta picola che amala pena«. ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 3. 2. 1623. 190 Bei der sacra conversazione musste mit leiser Stimme gesprochen werden und nur dann, wenn einem die Erlaubnis dazu erteilt wurde. »Come nel Cinquecento l’abito dimesso aveva rappresentato il simbolo della conversione, del distacco individuale dalla vita mondana, nel Sei- e Settecento la sacra conversazione esprime il raggiungimento di una disciplina comunitaria, perseguita attivamente nel vivere quotidiano e simbolizzata all’esterno nell’arte del parlare sommessamente.« Zarri, Disciplina, S. 277 – 278. 191 »Sig. Padre mio suplico a V. E. a perdonarmi se io o parlato tropo con sicureza […] le

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Die Bestrafungen bewegten sich nicht nur im Rahmen von Verboten, für ihre Ungehorsamkeit kassierte sie auch Schläge. Da es besser war, sich zu fügen, zwang sie sich, so zu tun, als ob sie glücklich wäre – wie der Vater ihr geraten hatte.192 Dieser hatte sie zu Gehorsamkeit ermahnt und ihr verboten, sich weiterhin zu beklagen.193 Donna Anna schreibt im Folgenden: »Ich beklage mich bei niemandem mehr über die zu kleinen Zimmer und auch sonst über nichts. Ich sage hier allen, dass alles gut und schön sei und ich nicht mehr verdiene [als das, was ich hier habe].«194 Ein halbes Jahr später sind Anna Colonnas Briefe an den Vater auffällig beruhigter und kürzer als zu Beginn ihres Klosteraufenthaltes (siehe Abbildungen 1 und 2). Dies ist auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass man ihre Korrespondenz kontrollierte: »Ich hatte nicht die Erlaubnis, Ihnen zu schreiben, ohne dass man meine Briefe anschaute. Sie [die Nonnen] zwingen mich, gewisse Sachen gegen meinen Willen zu schreiben.«195 Suor Ippolita hatte wenig Verständnis für das Benehmen der kleinen Schwester : »Ich erdulde die Sonderlichkeiten von Donna Anna«,196 ist ihr einziger Kommentar an den Vater zu diesem Thema. Die Korrespondenz der jungen Anna Colonna zeigt insgesamt eine intelligente, lebhafte Persönlichkeit, die es nicht gewohnt war, sich in Strukturen einzupassen. Im klösterlichen Alltag stieß sie mit ihren Ansprüchen und Erwartungen immer wieder an Grenzen. Anders als erwartet, erfuhr sie nicht primär eine religiöse Unterweisung, sondern lernte vor allem, dass es in gewissen Situationen angebracht war, nicht sofort auszusprechen, was sie dachte, sondern vorzugeben, es sei alles in Ordnung. Zur Wahrung des Scheins wird sie ihr Leben lang dazu gezwungen sein – sie wird es einmal meisterhaft beherrschen.

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ochasione che mi danno che io mi lamenti che sono piu di quelle che dico mai.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 19. 1. 1623. »[…] soporto ogni cosa allegramente se ben mi dasero bastonate quando penzo che obedischo a V. E. che mi a comandato che stia alegramente e mi sforzo di starci.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 3. 2. 1623. Die Briefe von Filippo I. an Anna sind nicht überliefert. Seine Antwort wird jedoch oft aus Annas Schreiben deutlich. »De le stanze che siano picole io non me ne son lamentata qui con nesuno ne di questo ne di altra cosa lo saressi a V. E. si come a mio padre potemo scriverli ogni cosa che qua io dico a tutte che ogni cosa e buono e bello e che io non merita tante grazie.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 3. 2. 1623. Ähnlich auch an anderen Stellen desselben Briefes. »[…] non [ho] avuto licienza di poter scrivere a V. E. senza che vedesero mie letere mi fecero scrivere contro mia voglia«. ACS, Cart. FC, lettera da Ippolita, 3. 2. 1623. »Vado sopportando le bizzarrie di D. Anna.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 17. 3. 1623.

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5.1.2 Neapolitanische Protektion Die Briefe an den Vater erzählen nicht nur von den Qualen, die Donna Anna zu erdulden hatte, sondern berichten auch immer wieder von Besuchen, die sie und die Schwestern im Kloster erhielten. Dabei fällt auf, wie viel Aufmerksamkeit Anna Colonna der Beschreibung von Höflichkeiten und zeremoniellen Details schenkt. Vom Besuch der Principessa di Scilla, Maria Ruffo Carafa,197 berichtet sie zum Beispiel, man habe sich in der dritten Person unterhalten.198 Der Principe di Stigliano jedoch, Lodovico Carafa, Neffe von Kardinal Decio Carafa,199 habe mit ihr in der dritten Person geredet, aber erst nachdem er zuerst Suor Ippolita begrüßt und diese mit Illustrissima angesprochen habe.200 Bei den zwei von Donna Anna erwähnten Personen handelt es sich um Vertreter und Vertreterinnen der neapolitanischen Adelsgeschlechter Ruffo und Carafa – beide Geschlechter waren an der Klostergründung S. Giuseppe de’ Ruffi beteiligt und hinsichtlich ihres gesellschaftlichen Status mit dem Colonna-Geschlecht in Rom vergleichbar. Die Familie Carafa hatte sich nicht nur im Königreich Neapel eine ansehnliche Stellung verschaffen, sondern auch auf der römisch-kurialen Bühne eine große Wirkungskraft entfalten können. Nicht weniger als fünfzehn Kardinäle hatte sie seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hervorgebracht und mit Paul IV. (1555 – 1559) sogar einen Papst stellen können. Allerdings endete dieses Carafa-Pontifikat nach dem triumphalen Aufstieg mit einem schmählichen gesellschaftlichen Absturz. Die Carafa wurden zwar später rehabilitiert, doch fanden sich ihre Mitglieder fortan in weniger exponierten, nach wie vor aber führenden Positionen wieder.201 Wie aus den folgenden Briefen Anna Colonnas deutlich wird, waren es vor allem Mitglieder der Familie Carafa della Stadera, die sich um die ColonnaTöchter im Kloster kümmerten. Wichtigster Mittelsmann für Vater Filippo war Kardinal Decio Carafa (gest. 1626), Erzbischof von Neapel.202 Kennengelernt hatten sie sich am spanischen Königshof, als Carafa vor seiner Kardinalser-

197 Maria, Tochter von Fabrizio Ruffo, Principe di Scilla, ist die zweite Frau von Tiberio Carafa della Stadera (1580 – 1647), Principe di Scilla, Bisignano und Belvedere. Weber, Genealogien, Vol. III, S. 216. 198 »[…] noi ci tratamo per terza persona«. ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 20. 2. 1623. 199 Lodovico Carafa della Stadera (1570 – 1630), Principe di Stigliano und Mitglied des Ordens zum Goldenen Vlies heiratete Isabella Gonzaga di Sabbioneta. Weber, Genealogien, Vol. III, S. 209. 200 »[…] venne una mattina a buon ora ci fece […] parlare a Suor Hippolita sul primo dopo la saluto a me e mi parla per terza persona a sor Hippolita li dette di Illustrissima […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 24. 2. 1623. 201 Zu den Carafa-Kardinälen, zum turbulenten, kriegsgeplagten Pontifikat von Paul IV. sowie zu dessen schrankenloser Nepotismus-Praxis vgl. Reinhardt, Familien, S. 142 – 147. 202 HC, Bd. IV, S. 11.

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nennung am 17. August 1611 als Nuntius in Madrid weilte und Filippo I im Kriegsdienst des spanischen Königs stand.203 Am 10. Februar 1623 – kurz nach der Ankunft der jungen Damen in Neapel – meldete sich Kardinal Decio Carafa bei Donna Anna und erkundigte sich bei ihr, was sie im Kloster essen und welchen Wein sie trinken würden, neun Tage später schenkte er den Colonna-Töchtern Früchte und Fisch. Zudem schickte er ihnen regelmäßig den gentiluomo Don Urbano – einen Verwandten von Don Giovanni Battista Carafa, dem Neffen des Kardinals Decio204 – vorbei, der ihnen im Namen des Kardinals Nachrichten überbrachte. Einmal soll er Donna Anna und Donna Vittoria erlaubt haben, »dass wir Ihnen [gemeint ist der Vater, Anm. d. V.] und den Brüdern Briefe schreiben dürfen, ohne diese den Nonnen zeigen zu müssen.«205 Dies alles verweist auf die zentrale Bedeutung, die dem Kardinal Carafa und seinen Verwandten im Auftrag des Contestabile Colonna zukam. Der Einflussbereich der Carafa ragte weit in den klösterlichen Alltag der Colonna-Töchter hinein und war größer als derjenige der Nonnen. Diesen begegnete die Familie Colonna vermehrt mit Misstrauen und gewährte wenn möglich keinen Einblick in Familienangelegenheiten. Hingegen zählte man die Familie Carafa zu den amici, zum persönlichen Vertrauensnetzwerk. Einen direkten Kontakt zwischen dem Contestabile und dem Kardinal Carafa bestätigen im Weiteren vier kurze, standardisierte Briefe im carteggio des Contestabile von Kardinal Carafa aus der Zeit, als er sich um Donna Anna und ihre Schwestern in Neapel kümmerte.206 Kardinal Carafa sorgte sich aber nicht nur um die Colonna-Töchter, sondern 203 Zur Biografie von Kardinal Decio Carafa vgl. DBI »Decio Carafa«, Bd. 19, S. 521 f., zu derjenigen von Filippo I. Colonna vgl. ebd., Bd. 27, S. 297 f. Nicht immer waren die Colonna und die Carafa befreundet gewesen. Papst Paul IV. Carafa hatte den Colonna vorübergehend das feudo Paliano unter Einsatz von Gewalt entwendet, vgl. auch Anm. 175. 204 Weber, Genealogien, Bd., S. 208. 205 »Il chardinal charaffa ci fa gran cortesi ci a regalate sino a 4 volte di fruti e pescie e ci º un creato suo che si chiama Don Urbano che questo sempre manda il chardinale quando manda a vedere come stamo e quando ci presenta questo gentil omo mi dichano che sia parente di Don Giuvan Batista Charaffa – e detto gentil omo ci a procurato dal chardinal la licienza di poter scrivere a V. E. e Sig.ri fratelli senza che le vedano le moniche e cosi le lettere che ricevemo da loro e questo con tanto stento acio le moniche si contentasero che ne o butate infinite lagrime.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 19. 1. 1623. 206 So z. B.: »Onde restando ” me il render gratie ” V. E. per l’onore che mi f”, con le molte, non lascio di pregarlo ” credere, che sempre sar” viva la mia prontezza d’incontrare i miei desideri per che conosco quanto si deva ” un suo pasi [?] le quali siano i meriti di V. E. et lo bacio le mani.« ACS, Cart. FC, lettera da Cardinal Carafa, 4. 2. 1623. Oder auch: »Io che li sono servitore suo ne hý sentito qual contento che non puý esser maggiore e li ne prego qui successi pi· insigni e pi· grandi che puý ella desidera[?] e rendole gratie della parte che si º compiaciuta darmene. Nel rimanento io mi son messo e messerý sempre volentieri ad haver ogni riguardo ” questo monastero di S. Gioseppe perche veramente º luogo che’l merita et bacio a V. E. la mano.« ACS, Cart. FC, lettera da Cardinal Carafa, 4. 8. 1624.

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überbrachte ihnen auch immer wieder wichtige Mitteilungen aus Rom. So erfuhr zum Beispiel Donna Anna durch ihn, dass man sich in Rom erzählte, ihr ältester Bruder Federico, Principe di Paliano, sei einer Dame in Sizilien versprochen. Als Donna Anna ihre Schwester Suor Ippolita auf dieses Gerücht ansprach, antwortete ihr diese bloß, dass nicht alles, was man sich erzähle, auch wirklich wahr sei.207 Es sollte sich aber kurz darauf herausstellen, dass es tatsächlich so war : Federico Colonna, Principe di Paliano, heiratete Margherita Branciforte, Principessa di Butera, eine Großnichte von Karl V.208 Die Vorbereitungen für die bevorstehende Hochzeitsfeier sind ein Thema, das im Jahre 1624 sowohl in Donna Annas wie auch Suor Ippolitas Korrespondenz viel Raum einnimmt. Aber nicht nur diese Hochzeit, auch Donna Annas accasamento ist immer wieder ein Thema.

5.1.3 Expliziter Ehe-Wunsch In Anna Colonnas Briefe finden sich neben den zitierten Klagen auffällig häufig auch Sätze, die einer tiefen Angst des Verlassenwerdens Ausdruck verleihen. Sie flehte den Vater öfters an, sie nicht zu vergessen: »denn ich habe niemanden sonst in diesem Leben außer Ihnen, der mir Vater und Mutter zusammen ist.«209 Erhielt sie über mehrere Tage keine Briefe von ihm, war sie sich sicher, »dass Ihr mich vergessen habt. Ich kann ohne Lebenszeichen von Euch nicht glücklich sein.«210 Hier drückt Anna Colonna eine der größten Ängste des frühneuzeitlichen Menschen aus: Die Angst davor, nicht mehr Teil des Kollektivs, der zentralen Identifikationseinheit Familie zu sein. Die Stellen, in welchen Donna Anna ihre Angst zum Ausdruck bringt, stehen immer im Kontext mit dem Wunsch, verheiratet zu werden. Schon bei ihrer Ankunft im Kloster weiß Donna Anna, dass sie ihr Leben nicht als Nonne ver207 »[…] dise una cosa tra i denti, dico o inteso ne le gazette che il Sig. Principe di paliano sia chasato con una signora in cicilia e ne domando a sor Hippolita se era nova vera e lei li rispose che le nove di gazette non sono tute vere e lui riplicho basta che se non e conchluso almen si tratta a le strette e non rispondendole altro Sor Hippolita.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 19. 2. 1623. 208 Margherita war die Tochter des Sizilianers Francesco Branciforte, Principe di Butera und Marchese di Pietraperzia und von Giovanna, Tochter des leiblichen Sohnes von Karl V., Don Giovanni von Österreich. Federico Colonna gehörte durch die Heirat mit der einzigen Branciforte-Tochter zum Baronaladel Siziliens. Vgl. DBI, »Filippo Colonna«, Bd. 27, S. 296. 209 »V. E. in tanto non si scordi di me per che io non o nisciuno in questa vita per me se non V. E. e lui mi a da esere padre e madre insieme.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 19. 1. 1623. 210 »Per fine suplicho a V. E. a non darci spesso di queste mortifichatione di non aver sue letere […] per che vedendo questo mi [son] asicurata che V. E. si sia gia scordato di me et anco io non posso star mai contenta non sapendo nova de vita.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 21. 1. 1623.

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bringen, sondern eine Ehe eingehen will.211 Diesen Wunsch äußert sie implizit mit folgender Erzählung an den Vater : »Er [Principe di Scilla, Tiberio Carafa, Anm. d. V.] fragte mich, ob Sie [gemeint ist der Vater, Anm. d. V.] uns ins Kloster geschickt hätten, damit wir Nonnen würden. Ich antwortete, dass nicht dieser Gedanke Sie dazu veranlasst hätte, sondern die Gegenwart unserer Schwester, die unser einziger Trost war, nachdem der Herr uns unsere Mutter genommen hatte […].«212 Der Principe di Scillo hätte sie darauf ausgelacht und gemeint, er hoffe nicht, dass es ihr gleich ergehen würde wie seiner Schwester, bei der die Heiratsverhandlungen drei lange Jahre gedauert hätten und sie schließlich trotzdem, gegen ihren Willen, hätte Nonne werden müssen.213 Donna Anna konnte damals noch nicht wissen, dass die Verhandlungen bei ihr sogar über vier Jahre dauern würden – aber immerhin ereilte sie schließlich nicht dasselbe Schicksal wie die Schwester von Tiberio Carafa. Über längere Zeit spricht Donna Anna in den Briefen den Wunsch, verheiratet zu werden, explizit aus: »Ich versichere mir immer wieder, dass Sie, mein Vater, daran denken, mich zu verheiraten, ja, ich bin davon so sehr überzeugt, weil ich genau weiß, was für einen guten Vater ich habe.«214 Neun Monate später beginnt sie daran zu zweifeln. Sie fordert den Vater auf, sie endlich aus dem Kloster zu 211 Diese Tatsache wurde in der Sekundärliteratur bisher vollständig übersehen. Annas Zeit im Kloster von 1623 – 1627 wurde stets als Hinweis auf ihre frühe Devotion und Frömmigkeit verstanden und diente den Autoren als Argument zur Unterstützung der These, Anna hätte in dieser Zeit ihre tiefe Religiosität entdeckt, die sie dann aber erst als Witwe mit der Gründung des Klosters Regina Coeli hätte ausleben können. Auch heißt es an verschiedenen Orten, Donna Anna habe das Kloster bauen wollen, weil sie sich dies nach der schweren Geburt ihres ersten Sohnes Carlo aus Erleichterung über den guten Ausgang vorgenommen habe. Dieses Bild entwarf erstmals Biagio della Purificatione in seiner panegyrischen Biografie im Jahre 1681 über Annas Schwester Vittoria »Vita della ven. Madre Suor Maria della Passione« und findet sich auch in der Beschreibung der Geschichte der Klostergründung BAV, Vat. lat. 118840, fol. 286v. Seine Darstellung wurde seither ungeprüft übernommen, so von Pecchiai, I Barberini; Dunn, Piety ; Bonadonna Russo, Donna Anna; Guglielmi, Anna Colonna und Sacchi Lodispoto, Anna Colonna. 212 »[…] mi domando […] se V. E. ci meteva al monasterio per moniche et io li rispose che V. E. non teneva questo pensiero ma che era questa stata nostra consolatione avendo a nostro Signore piaciuto di levarci nostra Madre in nisciuna parte meglio potevamo stare che qua in chompagnia di nostra sorella sino a tanto che a Dio piacera di far di noi quel che le sara magior servitio.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 3. 1. 1623. 213 »Il principe poi come per volermi burlare mi disse che io stasse in cervello che non mi ci facesero fare come anno fatto a sua sorella. Io restý meravegliata in sentir quello per che e cosi li risposi il Sig.re Padre la voleva chasare e la tenuta 3 anni con intratenerla e quasi per forza che a lei li pareva mille anni […] si e fatta monicha contro la sua volonta.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 3. 1. 1623. 214 »[…] mi dice che io mi asicuri che V. E. penza ad accomodarmi Sig. Padre mio io son sicurissima di questo per che ben conosco che padre tengo e quanto sia.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 3. 2. 1623.

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holen. Die Zimmer seien nicht für ein ganzes Leben gemacht, und außerdem habe Gott sie nicht zu einem religiösen Leben berufen.215 Es ist aus heutiger Sicht schwierig zu beurteilen, ob Anna Colonnas Worte den Vater beeinflussten. Im Briefwechsel mit Suor Ippolita erwähnt er erstmals im Juni 1624,216 dass er sich bemühe, einen Ehemann für Donna Anna zu finden und dafür den Papstneffen Taddeo Barberini im Auge habe. Von einer solchen Verbindung erhoffe er sich nämlich gleichzeitig für seinen zweiten Sohn Girolamo den Kardinalshut.217 Im September wurde Donna Anna von ihrer älteren Schwester in die Heiratspläne eingeweiht.218 Im Dezember zu Weihnachten verlieh Suor Ippolita ihrem Wunsch Ausdruck, das nächste Jahr möge der Familie den »Hut für Don Girolamo« und die Verheiratung der Schwester bringen.219 Auch die Barberini waren dabei, sich nach einer geeigneten Heiratspartie für Don Taddeo umzusehen. Die Zeitgenossen spekulierten seit 1625 über eine Verbindung mit Anna Carafa, Principessa di Stigliana, da die Enkelin von Isabella Gonzaga und Lodovico Carafa – dabei handelte es sich um denselben Mann, der im Kloster zu Besuch war und Suor Ippolita mit Illustrissima angesprochen hatte – der Papstfamilie das feudo Sabbioneta einbringen würde.220 Als 215 »[…] et questa speranza mi mantiene qui contenta, sapendo che V. E. non si scorder” una volta di accomodarmi, et cavarmi da questo monastero.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 24. 11. 1623. Und ähnlich: »Sono sicurissima che V. E. come padre amorevole tiene particolar pensiero di accomodarmi et io non prego mai altro dio benedetto, che dia vita et salute a V. E. che avendo V. E. posso star sicura che mi cavar” un giorno da questo monasterio non esendo questa stanza da farci tuta la vita mentre Nostro Sig.re non mi chiama alla religione.« ebd. 17.11.1623. 216 »[…] per mia particolar consolatione, et benefitio della casa adesso ne doverebbe venir appresso l’allegrezza di D. Anna e di D. Geronimo che desidero estremamente.« ACS, Cart. FC, lettera da Suor Ippolita, 24. 6. 1624. 217 »[…] mi rallegro infinitamente della conclusione del matrimonio del principe nostro Signore [Filippo Colonna] […] stý anco aspettando quest’alt’allegreza per D. Anna« ACS, Cart. FC, lettera da Suor Ippolita, 5. 1. 1624. Und einen guten Monat später schreibt sie: »[…] sto con grandissimo desiderio aspettando qualche bona nova, per la casa et particolare per la persona di D. Anna«, ebd. 23.2.1624. 218 »[…] ho comunicato con D. Anna, quel che V. E. mi scrive sopra i suoi negoti […].« ACS, Cart. FC, lettera da Suor Ippolita, 6. 9. 1624. Und: »Suor Hippolita Maria mi ” detto tutto quel che V. E. va negotiando intorno al mio accomodamento […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 13. 9. 1624. 219 »[…] desidero […] il cappello ” D. Geronimo mio, che pur lo voglio sperare presto, et veder anco questa sorella casata […]«. ACS, Cart. FC, lettera da Suor Ippolita, 20. 12. 1624. 220 »[…] et proponer ” Sua Santit” il matrimonio della Principessa di Stigliano per il Sig. D. Tadeo.« ASVe, Dispacci 93, 5v, 6. 9. 1625. Bei allen von mir zitierten Stellen aus den Venezianischen Dispacci handelt es sich um Transkriptionen von Ulrich Köchli, der mir sein Material grosszügig zur Vergügung gestellt hat. Dafür sei ihm an dieser Stelle herzlich gedankt. Im Weiteren erwähnt auch Fulvio Testi an Francesco d’Este von einer ursprünglich geplanten Verbindung zwischen Taddeo Barberini und Anna Carafa. Testi, Lettere, Vol. 1, S. 130 f.

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bekannt wurde, dass die Principessa di Stigliano den Duca di Medina – möglicherweise handelt es sich hier um Felipe Ram„rez de Guzmn221 – heiraten würde, war man in päpstlichen Kreisen gar nicht erfreut. Ein dispaccio aus Venedig berichtet, man habe gehofft, dass Don Taddeo diese Partie gewinnen würde. Erst jetzt war für den Papstneffen eine Tochter des Contestabile Colonna im Gespräch, daneben mutmaßte man aber auch über andere Verbindungen.222 Anna Colonna selbst erfuhr im Kloster von diesen Gerüchten um ihre Hochzeit nichts. Sie schreibt dem Vater weiterhin regelmäßig, sie hoffe, dass sich bezüglich ihrer Verheiratung bald etwas ergeben würde. Nach drei Jahren vergeblichen Hoffens resignierte sie. Sie glaube nicht mehr daran, so schreibt sie konsterniert, mit ihren 26 Jahren je wieder aus dem Kloster zu kommen und habe akzeptiert, dass es der Wille Gottes sei, hier zu sterben – im Bewusstsein, dass der Vater sich seit Jahren alle Mühe gegeben hätte, eine geeignete Partie für sie zu finden.223 Vier Monate später sah alles plötzlich überraschend anders aus. Donna Anna schreibt aufgeregt vom Besuch eines Kardinals – gemeint ist wahrscheinlich Kardinal Francesco Barberini – der ins Kloster gekommen sei, um ihre und Vittorias Gesundheit zu überprüfen. Er habe mit allen drei Schwestern gesprochen und alles über Suor Ippolitas Gesundheitszustand und die Lage des Klosters wissen wollen. »Mich selbst fragte er, ob ich wirklich gesund sei, denn er habe den Eindruck, dass es Donna Vittoria nicht richtig gut gehe.« Sie musste dem Kardinal mehrmals versichern, dass es ihr wirklich sehr gut gehe und immer gut gegangen sei. Sie wisse, so schreibt sie dem Vater, dass ein schlechter

221 Gemäß Weber, Genealogien, S. 210, hieß die Enkelin von Lodovico Carafa, Principe di Stigliano und Isabella Gonzaga, Anna und heiratete Felipe Ram„rez de Guzmn, Duca di Medina de las Torres. Allerdings gibt Weber als Datum der Hochzeit 1637 an; ich nehme an, dass dies 1627 heißen sollte. 222 »Sono finalmente per corriero espresso, che di subito º passato ” Napoli gionti di Spagna li dispiacci con l’assenso Reggio per il Matrimonio della Principina di Stigliano con Medina. Qui l’aviso non si º volentieri sentito, mentre tutavia vivevano le speranze, et si maneggiava qualche prattica di haverla per D. Tadeo. […] Hora, che viene intieramente ” perdersi la speranza di haer questa signora et che co’l ritorno da Parma del Cardinal Aldobrandino º caduto parimente ogni confidenza di ottener quella Principessa, si v” pensando al altro partito come ad una figliuola del Contestabile Colonna, ý Savelli, ý ad una sorella del Cardinal S. Giorgio, quando il Card. Borghese vogli riccamente addottarla.« ASVe, Dispacci 95, 180v, 181r, 18. 11. 1626. 223 »[…] deli negotii poi che V. E. me scrive circa il mio acomodamento, io e un gran tempo che ne sto con l’anima quieta vedendo evidentemente, che N. S. non lo volle, et cosi me ne quieto confformandomi con la sua santa volonta, et tenendo certo che N. S. voglia che io mora in questo stato che son oggi, mentre come V. E. dice nella sua et º certissimo sono molti anni che con tanto affetto et diligenzza V. E. cerca alocarmi.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 27. 4. 1627.

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Gesundheitszustand ein Hinderungsgrund für das Eingehen einer Heiratsverbindung sei.224

5.2

Das Heiratsgeschäft (1624 – 1627)

Wie für frühneuzeitliche Heiratsgeschäfte der römischen Aristokratie üblich, überprüften beide am Geschäft interessierten Familien ihre Vor- und Nachteile, welche eine eheliche Verbindung mit sich bringen würde. Die zu der Zeit in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Colonna erhofften sich von einer Heiratsverbindung mit der Papstfamilie Barberini, eines ihrer Familienmitglieder im Kardinalskollegium platzieren zu können und so auch die Familienkasse wieder etwas aufzustocken. Die Barberini ihrerseits suchten eine Verbindung zu einem Nepote di gran casati, wie Urban VIII. gesagt haben soll, und sahen in den Colonna das gewünschte Adelsblut, das ihnen als Kaufmannsfamilie fehlte.225 Zudem liebäugelten sie mit dem Prinzipat Palestrina und dem dazughörenden Palazzo, welcher die Colonna im 15. Jahrhundert auf den Ruinen des römischen Heiligtums der Fortuna hatten erbauen lassen (siehe Abbildung 8).226 Gemäß Angelo Contarini, venezianischer Botschafter am römischen Hof von 1627 – 1629, gab es noch weitere Gründe: Urban VIII. wolle sein Image als padre comune und guter Führer Italiens pflegen und auf keinen Fall den Eindruck erwecken, ein Abhängigkeitsverhältnis mit den Spaniern oder einem sonstigen fremden Führer einzugehen. Indem er sich mit dem Contestabile Colonna verbinde, der seinerseits über große Ländereien im Königreich Neapel verfüge, erhoffe er sich bei den Streitereien, die im Zusammenhang mit dem Erbfolgekrieg von Mantua entstanden seien, besseren Schutz für den Kirchenstaat.227 Contarini schließt seine Ausführungen mit folgender Erklärung: »Dies alles 224 »Et [il cardinale] volse parlarci ” tutte tre dalla grata, si trattenne poco, per che non discorse altro che questo circa l’infermit” di Suor Hippolita, l’aria del monastero et sito, et poi me domanda ” me se veramente io tenevo salute dicendo che avava inteso che D. Vittoria ancora stava male, io per vedere che me lo dimandava con tanta instanza, et che dopo che replicai due volte che ero stata sanissima, […] et ” lui ý detto, et ” ogniuno che me lo dimandava che io ci sono stata sana sempre per che son certa, che se si suspetasse che io sono inferma, potria dar fastidio al mio accomodamento; dopo aver discorso questo disse che voleva parlare con Suor Hippolita dal confesionale: […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 29. 8. 1627. 225 »Concluse che furono queste nozze, la Beatitudine Sua, valendosi dell’occasione, con molto artificio diede voce et lo disse a me particolarmente haver accasato nella colonnese il nepote di gran Casati.« Angelo Contarini in: Barozzi/Berchet, Relazioni, Vol. I, S. 266. 226 Als Anna Colonna mit Taddeo Barberini verheiratet wurde, vermachten die Colonna dem Papstneffen einen Wohnteil dieses Palazzo in Palestrina, 1630 ging dieser ganz an Don Taddeo über. Waddy, Taddeo Barberini, S. 196. 227 Angelo Contarini, in: Barozzi/Berchet, Relazioni, Vol. I, S. 266.

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verdeutlicht, dass die principi ihre Hochzeiten und Verwandtschaften aufgrund eigener Launen, Interessen oder Notwendigkeit schließen, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen. Das Wichtigste ist, dass Seine Heiligkeit möglichst viele Vorteile für die eigene Familie erlangen kann.«228 Nicht alle Familienmitglieder der Barberini unterstützten die Hochzeit mit der Colonna-Tochter. Im Vorfeld der Hochzeit kam es familienintern zu großen Diskussionen.229 Urban VIII. und sein Bruder Don Carlo, der Vater des Bräutigams, unterstützten die Verbindung. Der Papst, weil er um die Fortführung seines Familiengeschlechts besorgt war, Don Carlo wegen der Höhe der versprochenen Mitgift (180.000 scudi)230. Staatsekretär Magalotti und Kardinal Francesco Barberini sprachen sich jedoch gegen eine solche Verbindung aus, weil sie unter anderem befürchteten, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Colonna würden die Verwandtschaft zur Papstfamilie dazu nutzen, ihr Kapital aufzubessern.231 Man prophezeite eine Reihe weiterer Schwierigkei228 »Ma l’esito finora fa chiaramente apparire anco in ciý che i principi fanno i matrimonj et i parentadi per proprio capriccio, o interesse, o necessit”, senza pur minimo riguardo al pubblico servitio, e questo º quel pi·, succintamente che puý V. S. intendere della Casa Barberina in se stessa.« Angelo Contarini, in: Barozzi/Berchet, Relazioni, S. 266. 229 Die Barberini erwogen einige weitere Optionen für Don Taddeo. Gemäß eines anonymen, an Antonio Barberini gerichteten Dokuments von 1650, sollen neben der erwähnten Principessa di Stigliano auch eine Reihe weiterer Adelstöchter als mögliche Ehefrauen in Frage gekommen sein, unter anderem Margherita Branciforte, die 1624 den Bruder von Donna Anna, Federico Colonna, ehelichte. Vgl. Strunck, Berninis, S. 32, Anm. 155. 230 Im Durchschnitt lag die Mitgift für päpstliche Hochzeiten anfangs des 17. Jahrhunderts um die 100.000 scudi. Der Betrag, den Filippo I. für Donna Anna bezahlte, war also überdurchschnittlich hoch. Damit unterstrichen die Colonna zusätzlich die hohe Bedeutung, die man dieser Ehe beimaß. Fosi, Marriage, S. 220. Wieviel davon allerdings effektiv ausbezahlt wurde, müsste noch näher untersucht werden. 231 Die dispacci berichten im Detail, welche Familiemitglieder der Barberini aus welchen Gründen für oder gegen eine Verbindung mit den Colonna waren: »Corre voce universale, che sia stabilito il matrimonio di D. Tadeo colla figliola del Contestabile Colonna, m” io non vi comprendo tanta insistenza, che basti ” confermarlo. ð ben vero, che si son ritrovate le trattationi sopra d’esso; m” quanto bene lo sente D. Carlo, lo desidera, et ” quel solo, che apre la strada ” negotiati in questa materia, altretano lo malsentono, e dissuadono Magalotti, Barberino, e quest’altri signori di Palazzo. Tuttavia questi tutti non bastano insieme ” contrapesare una risolutione vehemente, e risoluta, che provenga dalla potenza con il Papa di D. Carlo, onde ” ragione si puý persuadere anche, che habbia ” seguire. Non mancano i discorsi ” prý, e contro questa materia, et i pi· savij concludono, che seguendo il matrimonio con questa Casa Colonna, si venga a punto ” sceminar materia, che stando coperta e marritandosi per lungo tempo nel terreno fertile del Pontificato, habbia dopo ad esso poi ” partorire frutti amari di discplicenta, di disunione, e disprezzo verso questa Casa Barberina, per l’alteriggia seguito, e pretensione della Colonna.« ASVe, Dispacci 97, 55v, 18. 9. 1627. Zudem: »Il Papa, desideroso di posterit”, non h” voluto pi· tardare. D. Carlo, che da buon’ economo havea la sola mira ai contanti, che sono m/180, proposti altri interessi, d’altro non h” voluto sapere. D. Antonio affannoso d’haver quanto prima il Capello di Cardinale, presupponendo, che con queste nozze si debba crear Cardinale il fratello della sposa, et fatto.« ASVe, Dispacci 97, 104r, 9. 10. 1627. Zu den Gründen für die vehemente

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ten, noch bevor die Hochzeit vollzogen war. So meint der Schreiber des dispaccio vom 25. September : »Nicht lange wird diese Freundschaft zwischen den Häusern dauern.«232 Und die Zeitgenossen waren sich einig: »Diese Heirat wurde aus Notwendigkeit geschlossen und ist nicht etwa durch freie Wahl zu Stande gekommen«.233 Die Braut wird in all diesen Quellen nie namentlich erwähnt, stets ist nur von einer »Colonese« die Rede. Wahrscheinlich wäre den Barberini auch die neun Jahre jüngere Schwester Vittoria recht, wenn nicht sogar lieber gewesen, zählte Donna Anna doch 1627 immerhin schon 26 Jahre – ein stolzes Alter für die erste Ehe einer Frau in der damaligen Zeit. Ob in der väterlichen Heiratspolitik Anna Colonnas inständiger Wunsch, nicht im Kloster bleiben zu müssen, eine Rolle spielte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Im Gegensatz zu Donna Anna hatte sich Donna Vittoria von Anfang an im Kloster wohlgefühlt und sich besser aufgeführt als die eigenwillige Schwester, die sich nur schwer an den Klosteralltag gewöhnen wollte.234 Anna Colonnas Briefe sind nach der offiziellen Bekanntgabe der bevorstehenden Hochzeit voller detaillierter Überlegungen zu teuren Kleidern und Hochzeitseinkäufen aller Art, für die sie den Vater immer wieder um Geld bittet.235 Der letzte Brief aus dem Kloster ist auf den 11. September 1627 datiert. Anschließend reisten alle drei Colonna-Schwestern nordwärts – auch Suor Ippolita. Sie hatte eine päpstliche Dispens erhalten, um das Kloster in Neapel verlassen zu dürfen. Sie wurde bei ihrer Ankunft in Rom bei den Karmelitinnen im Kloster Santa Teresa untergebracht.236 Die anderen zwei Töchter hielten sich einen guten Monat im Palazzo Colonna in Genazzano auf, wo sie auf das große Fest vorbe-

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Opposition des Staatssekretärs Lorenzo Magalotti in den Eheverhandlungen gegen die Verbindung der Barberini mit den Colonna vgl. Köchli, Verflossener, 140 – 155, insb. S. 149 – 150. »[…] poco durer” questa amicizia tra le case.« ASVe, Dispacci 97, 76v, 25. 9. 1627. »[…] maritaggio fatto pi· tosto per necessit” che per eletione.« Angelo Contarini in: Barozzi/Berchet, Relazioni, Vol. I, S. 266, und fast wörtlich auch: ASVe, Dispacci 97, 104r, 9. 10. 1627. Gemäß Suor Ippolitas Beschreibungen der kleineren Schwester war Vittoria viel ruhiger und angepasster als Anna: »D. Vittoria mia, m¤ certe mi tiene obligatiss.a non partendosi quasi mai da m¤ con un pensiero della mia cura, come fosse una vechiarella, creda certo V. E. che si cresce amorevoliss.a figliola, io li devo tutto il mio bene.« ACS, Cart. FC, lettera da Suor Ippolita, 27. 1. 1624. In aller Ausführlichkeit im Brief vom 29. 8. 1629, z. B.: »Per il vestito di campagnia che comanda che mi facia, ý dato ordine per una drapa con oro et argente, di color nero de scuro per che mi pare che sia colori modesto e signorile […]«. ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 29. 8. 1627. Oder : »[…] che V. E. me potria fare una rimessa di 1.000 ducati, che ” tanto potria arivare la spesa di tutte queste cose.« Ebd., 29. 8. 1627. »[…] una monaca sua sorella, dispensata gi” alcuni giorni dal Pontefice, ” levarsi da uno di quei Monasterij, e mettersi in uno di questi della Citt”.« ASVe, Dispacci 97, 56r,18. 9. 1627.

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reitet wurden.237 So kam zum Beispiel ein Schneider vorbei, um Maße für die Kleider zu nehmen, was Donna Anna einmal mehr zum Anlass nahm, sich lautstark zu beschweren. Ihr wäre lieber gewesen, wenn der Schneider aus Neapel gekommen wäre, denn dieser sei bestimmt besser und würde sie eher alla spagnola kleiden.238 Die starke Bindung der Colonna an die spanische Faktion wurde also auch über die Kleider öffentlich zur Schau getragen. Ob eine spanische Aufmachung allerdings die französisch-freundlichen Barberini goutiert hätten, ist eine andere Frage. Es ist nicht überliefert, in welchem Kleiderstil Donna Anna schließlich zur Hochzeit erschien. Bekannt ist jedoch, dass der Papst persönlich am 24. Oktober 1627 in Marino, in einem Palazzo des Contestabile Colonna am Lago Albano, die Zeremonie durchführte.239 Mit dem anschließenden prunkvollen Fest wurde die Vereinigung der Colonna und Barberini endlich besiegelt. Anna Colonna als Ehefrau des weltlichen Papstneffen gehörte nun offiziell der Papstfamilie an und war damit eine der wichtigsten Frauen der höfischen Gesellschaft Roms.

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6.1

Maßnahmen zur Stärkung der Familienallianz (1627)

Donna Anna Colonnas Wunsch verheiratetet zu werden, war in Erfüllung gegangen. Endlich gehörte das Klosterleben in den kleinen, stickigen Zellen der Vergangenheit an. Als Ehefrau des Papstneffens zog sie in den römischen Familienpalast der Barberini ein, der Casa Grande ai Giubbonari240 in der Nähe des Campo de’ Fiori (siehe Abbildungen 3 – 6).241 237 »[…] ” Gianzano, luogo due giornate lungi di qu”, vennero le figliole del Contestabile Colonna da Napoli, di dove furon richiamate, com’avvisai. La monaca f· fatta immediate venir in questa citt”, e introdotta nel Monastero assignatole, et le due altre si trattengono tuttavia fuori, d’ordine del Contestabile che º qu”, e s’adopera nell’avvanzamento dell’accasamento della prima di lor con D. Tadeo« ASVe, Dispacci 97, 99r, 2. 10. 1627. 238 »[…] voria che me la facesse il sarto che verra da Napoli che credo che poco potra far dare ” venire, per che son certa che fara meglio taglio et piu alla spagniola […]«. ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 10. 1627. 239 Gigli, Diario, S. 167. 240 Francesco Barberini, Onkel von Papst Urban VIII., kaufte die Casa Grande ai Giubbonari 1582, nachdem er von Florenz nach Rom gezogen war und nahm verschiedene Umbauten und Vergrößerungen vor. Maffeo Barberini wohnte mit seiner Familie bis zu seiner Papstkreation dort. Als Don Taddeo und Donna Anna nach ihrer Hochzeit einzogen, wohnten noch Don Taddeos Eltern, Carlo Barberini und Costanza Magalotti am gleichen Ort. Zur Architekturgeschichte der Casa Grande vgl. Waddy, Seventeenth-Century, S. 133 – 172 sowie D’Onofrio, Roma, S. 49 – 63. 241 Kurz nach der Hochzeit verbrachte das Ehepaar noch ein paar Tage im Papstpalast in Castel

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Zudem wurden drei Maßnahmen ergriffen, welche die Familienallianz weiter stärken und für die Gesellschaft wahrnehmbar machen sollten: a) Donna Annas Bruder Girolamo erhielt den gewünschten Kardinalshut, b) die Schwestern traten dem der Barberini nahe stehenden Orden der Karmelitinnen bei, c) man begann mit der Ausgestaltung des für das weltliche Papstnepotenpaar erworbenen Palazzo alle Quattro Fontane: a) Der rote Hut als Hochzeitsgeschenk war nichts Außergewöhnliches. Kardinalshüte wurden nicht nur bei Eheschließungen verschenkt, sie dienten auch als Geschenke zur Belohnung, zur Versöhnung, zur Aufrechterhaltung von Freundschaften oder zum Andenken an Verstorbene.242 Sie waren die begehrtesten und für den Papst die kostengünstigsten Geschenke, die er zu vergeben hatte. Gerade nach Beendigung von Heiratsgeschäften kam es häufig vor, dass als »Gegenleistung« ein Verwandter der Braut oder des Bräutigams ins Kardinalskollegium berufen wurde. Auch Paul V. Borghese (1605 – 1621) schenkte nach dem Zustandekommen der Ehe zwischen seinem weltlichen Nepoten Marcantonio mit Camilla Orsini 1615 Alessandro Orsini den roten Hut. Innozenz X. Pamphilij verschenkte sogar mehrere Kardinalshüte: Zwei erhielten die Familien der Ehemänner der beiden Papstnichten Constanza und Maria in Gestalt von Nicolý Albergati Ludovisi und Orazio Giustiniani zu Beginn seines Pontifikats. Einen weiteren erhielt Baccio Aldobrandini aufgrund der Ehe zwischen dem Papstneffen Camillo Pamphilij und Olimpia Aldobrandini (1647); allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung von fünf Jahren, da der Papst zuerst über den Rücktritt seines Neffen in den weltlichen Stand wütend und nicht sofort bereit war, die Verbindung zu unterstützen.243 Schließlich sei an dieser Stelle auch die Kardinalserhebung von Donna Annas und Don Taddeos Sohn Carlo von 1653 erwähnt, die mit der Hochzeit von dessen Bruder Maffeo mit Olimpia Giustiniani einherging und den Zeitpunkt der endgültigen Versöhnung der Barberini mit der aktuellen Papstfamilie Pamphilij kennzeichnete – darauf soll später noch genauer eingegangen werden (vgl. Kap. 7.6.2).244 Urban VIII. verlieh also dem damals 23-jährigen Bruder von Donna Anna, Girolamo Colonna, kurz nach der Hochzeit am 7. Februar 1628 den roten Hut. Zum gleichen Zeitpunkt berief er auch seinen Neffen Antonio Barberini, Bruder Gandolfo, wie aus vier kurzen Briefen von Donna Anna an ihren Vater zwischen dem 4. und 20. November deutlich wird. ACS, Cart. FC, lettere da Anna, 4.11. / 12.11. / 15.11. / 20. 11. 1627. 242 Ausführlich zu Kardinalshüten als Geschenke und Lohn für Verdienste vgl. Weber, Senatus, S. 115. 243 Vgl. Anm. 153. 244 Für ein Verzeichnis der Kardinalshüte als Hochzeitsgeschenke vgl. Weber, Senatus, S. 93 – 99.

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von Don Taddeo, in das Kardinalskollegium.245 Girolamo Colonna erhielt ertragreiche Pfründen, darunter das Erzbistum Bologna,246 der Bruder Prospero wurde in den Malteserorden aufgenommen und der Bruder Giovanni Battista erhielt den Titel Patriarca di Gerusalemme.247 b) Interessant ist, dass die Eheschließung zwischen Don Taddeo Barberini und Donna Anna Colonna nicht nur für die Colonna-Brüder Folgen hatte, sondern auch für deren Schwestern: Suor Ippolita und Vittoria mussten von Neapel nach Rom umsiedeln, den Augustinerorden verlassen und dem Orden beitreten, dem die Barberini besonders verbunden waren: dem der Karmeliten. Suor Ippolita trat unter dem Namen Suor Maria Teresa del Ges· noch im Oktober 1627 ins römische Kloster S. Teresa ein, Vittoria kam ein Jahr später, am 4. Oktober 1628, als Suor Chiara Maria della Passione ins Kloster S. Egidio in Trastevere (später S. Maria del Monte Carmelo).248 Bis anhin waren die Colonna-Töchter durch die mütterliche Tomacelli-Linie den Augustinerinnen verbunden gewesen, nun übernahmen sie die spirituelle Ausrichtung der Barberini-Frauen. Die enge Verbindung der Barberini zu den Karmelitinnen ist auf Costanza Magalotti, Ehefrau von Papstbruder Don Carlo Barberini und Mutter von Don Taddeo, zurückzuführen. Zeitgenossen beschreiben sie als eine äußerst vorbildliche, devote und durch und durch tugendhafte Frau,249 in deren Leben die heilige Teresa von Avila, die Gründerin des Karmeliterordens,250 einen hohen Stellenwert eingenommen hatte. Auch von Costanza schreibt Pecchiai, dass sie lieber Nonne geworden wäre; nur widerwillig habe sie mit der Papstwahl ihres Bruders 245 HC, Bd. IV, S. 21 f. 246 Der spanische König verweigerte dem neu kreierten Kardinal das Erzbistum in Mailand – wohl eine Art Racheakt gegen die Verbindung mit den frankophilen Barberini vgl. Strunck, Berninis, S. 32, Anm. 158. 247 Strunck, Berninis, S. 32, Anm. 159. 248 Entsprechend berichtet ein avviso vom 7. 10. 1628: »Mercordi [4. 10. 1628] mattina poi la signora D. Vittoria figliola del signor Contestabile Colonna si vest… Monaca delle Carmelitane scalze nel Monasterio di S.to Egidio in Trastevere alla cui cerimonia intervennero li Cardinali Francesco et Antonio Barberini con l’Ill.mo di S.to Honofrio, et li Cardinali Cesarino, et Colonna, gli Ecc.mi signori D. Carlo, et D. Taddeo Barberini con la signora sua sposa, Signora D. Costanza, Signor Contestabile et altri principi et signori lor parenti.« BAV, Urb. lat. 1098, fol. 549r. Die Forschung sah lange Zeit in Chiara Maria della Passione die vorbildliche, strenggläubige und fromme Nonne. Dieses Bild entstand aufgrund der panegyrischen Biografie des Karmelitermönchs Biagio della Purificatione. Andretta allerdings vermag das Bild der monaca subiecta zu widerlegen. Andretta, Il governo, S. 410 – 413, vgl. auch Anm. 122. 249 »[…] esempio di virt· in tutti li stati di vergine, di maritata, di vedova et di monaca, et a tutti tali stati di essempio ottimo.« BAV, Barb. lat. 4842, c. 2, zit. in: Andretta, Il governo, S. 408. 250 In Rom war der auf die heilige Teresa von Avila zurückgehende Karmeliterorden eng mit der Oratorianervereinigung von Filippo Neri verknüpft und verkörperte ein ähnlich gegenreformatorisches Gedankengut. Marchetti, La riforma, S. 61 – 80.

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die Rolle der wichtigsten Dame an der Corte die Roma übernommen und sei froh gewesen, als sie diese Funktion 1627 an Anna Colonna hatte weitergeben können.251 Ob dieses Bild von ihr tatsächlich stimmt, sei dahingestellt. Sie zog 1640, vier Jahre vor ihrem Tod und zehn Jahre nach dem ihres Mannes, zusammen mit ihren zwei Töchtern Camilla und Clarice in das römische, von Urban VIII. geweihte Kloster Carmelitano dell’Incarnazione ein.252 Der Wechsel der Colonna-Töchter von den Augustinerinnen zu den Karmelitinnen findet auch in der Panegyrik von Vittoria Colonna in Verbindung mit der Hochzeit von Donna Anna und der Person von Costanza Magalotti speziell Erwähnung. Allerdings heißt es dort, Vittoria hätte eines Tages in Begleitung von Costanza Magalotti ihrer innerer Berufung folgend »per Zufall« die hübsche Kirche S. Egidio entdeckt und sofort in das dazugehörende Karmeliterkloster eintreten wollen.253 Auch wenn sich dies kaum so zugetragen haben wird, so zeigen die Ausführungen dennoch, was für eine innenpolitisch wichtige Bedeutung der spirituellen Ausrichtung der weiblichen Familienmitglieder zukam: Mit der weltlichen Eheschließung der Schwester mussten Suor Ippolita und Vittoria die geistliche Ausrichtung der Ankunftsfamilie übernehmen. c) Die visuell eindrücklichste Maßnahme zur Stärkung der neuen Familienallianz war aber der Kauf des Palazzo Barberini alle Quattro Fontane (siehe Abbildung 7). Kurz nach der Hochzeit begann Taddeo Barberini den ehemaligen SforzaPalast, der seit 1625 im Besitz der Barberini war,254 seinen Vorstellungen gemäß umzubauen und auszuschmücken, wobei er sich in architektonischer Hinsicht, 251 »La buona Costanza era l’unica a non rallegrarsi di tanti cambiamenti, di tanti titoli e onori. Ella era incantata di avere per cognato il Vicario di Cristo, ma la sua sincera religiosit” ripugnava da ogni fasto e grandezza. Il trattamento di Eccellenza, impostole, non riusciva a tollerarlo; il vedersi attorniata da un gran numero di servitori la disturbava«. Pecchiai, I Barberini, S. 160 und ebd., Costanza, S. 11 – 41. Pecchiais Bild dieser Frau wird seither von der aktuellen Sekundärliteratur durchgehend übernommen. Eine neue Sicht auf diese Persönlichkeit ist ein Forschungsdesiderat. 252 Urban VIII. ließ das Kloster nahe der Kirche S. Susanna restaurieren und holte darauf auch seine zwei Nichten aus dem Florentiner Karmeliterkloster nach Rom. Pecchiai, I Barberini, S. 154. 253 »[…] e passando avanti la picciola chiesa di S. Egidio delle Carmelitane Scalze, hoggi detta S. Maria del Monte Carmelo, mirý ” caso fuori della Carozza D. Vittoria, e veduta quella chiesetta domandý ” D. Costanza ” qual Santo fosse dedicata? Rispose ella, che era sotto il titolo di S. Egidio, e delle Carmelitane Scalze figlie di S. Teresa«. Purificatione, Vita, S. 31. 254 Francesco Barberini kaufte im Jahre 1625 von Alessandro Sforza für 55.100 scudi das Grundstück auf der nördlichen Seite des Quirinalhügels zusammen mit dem damals dort stehenden Palazzo Sforza, der später in den Nordflügel des Barberini-Palastes integriert wurde. Waddy, Seventeenth-Century, S. 174 und S. 227. Gemäß Testi hatte Kardinal Barberini den Sforza den Palast jedoch für nur 40.000 scudi abgekauft. Testi, Lettere, Vol. 1, Nr. 758, Juni 1634.

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insbesondere der Unterteilung in zwei Flügel, am Palazzo in Palestrina orientierte255 (siehe Abbildung 8). Nirgends sonst lassen sich die mit der neuen Stellung verbundenen Erwartungen an die weltliche Papstnichte Anna Colonna deutlicher ablesen als an der Ausgestaltung dieses neuen Familienpalastes. Sowohl die Raumaufteilung wie auch das ikonografische Freskenprogramm spiegeln die Stellung wider, der Donna Anna Colonna als Frau des weltlichen Papstnepoten durch ihre Heirat verpflichtet war. Allerdings war die Kluft groß zwischen dem, was man nach außen kommunizierte und dem, was sich in der Beziehung zwischen den Ehepartnern abspielte. Aufgrund Donna Annas Privatkorrespondenz wird deutlich, dass sich das Eheleben des Papstnepotenpaars ähnlich zäh gestaltete wie die Heiratsverhandlungen im Vorfeld. Es wäre jedoch falsch, in diesem Zusammenhang von einem »Ehekonflikt«, also von einem Konflikt zwischen »Ehemann« und »Ehefrau« sprechen zu wollen. Vielmehr waren diverse gesellschaftsspezifische, zeittypische und traditionsbedingte Faktoren verantwortlich für die Disharmonien. Um diese Faktoren möglichst umfassend aufzeigen zu können, soll im Folgenden das repräsentative Außen, also das, was bewusst der Öffentlichkeit demonstriert wurde, dem gegenüber gestellt werden, was Donna Anna selbst dem Vater und dem Ehemann schrieb.

6.2

Repräsentation gegen außen…

Wie es sich für einen Papstneffen gehörte, dem die Verantwortung für die Fortführung des Familiengeschlechts übertragen worden war, wurde Don Taddeo (siehe Abbildung 9) von seinem Papstonkel Urban VIII. mit einer Reihe weltlicher Ämter und fürstlicher Titel ausgestattet: Er war Castellano di Castel S. Angelo, Governatore di Borgo, Luogotenente Generale dell’esercito pontificio und erhielt das Fürstentum Monte Rotondo.256 Am 26. Februar 1630 erhielt er zudem den bedeutenden Titel des Principe von Palestrina257 und am 6. August 255 Kardinal Francesco soll am 30. Januar 1626 seinem Bruder Taddeo die Hauptleitung über den Palazzo-Bau zugesprochen haben. Waddy, The Design, S. 154. Zur Rolle von Taddeo als Architekturmäzen und den Parallelen zwischen dem Palazzo in Rom und dem in Palestrina vgl. Waddy, Taddeo, S. 191 – 199. 256 Es war üblich, dass den weltlichen Papstnepoten Ämter militärischer Natur zugesprochen wurden. Neben den Aspekten Rang und Funktion offenbart sich hier auch ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt: Feldobristen und Festungsbefehlshaber waren damals Unternehmer, der Krieg ein auf Gewinn angelegtes Geschäft. Reinhard, Papstfinanz, S. 37 – 38. 257 Nach zähen Verhandlungen, geführt vom Vater Carlo Barberini, kaufte Taddeo im Herbst 1629 das feudo Palestrina von Francesco Colonna für 575.000 scudi, was ihm den Titel des Principe eintrug. Um eine solche Investition tätigen zu können, mussten die Barberini

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1631 wurde er zum Präfekten von Rom ernannt. Die Präfektur war ein prestigeträchtiges, seit 2000 Jahren bestehendes Amt, von dem nur noch der Titel übrig geblieben, das jedoch mit unzähligen zeremoniellen Vorrechten verbunden war.258 Mit diesen zwei letzten wichtigen Nominationen erhielt auch Donna Anna die Titel Principessa und Prefettessa, die sie stets mit Stolz und Würde trug. Die Casa Grande ai Giubbonari konnte den gesellschaftlichen Rang der Papstfamilie nicht mehr angemessen widerspiegeln. Entsprechend wurden die Arbeiten am neuen Palazzo unter der Hauptleitung von Gianlorenzo Bernini (ab 1629) energisch vorangetrieben. Man erweiterte den ursprünglichen SforzaPalazzo alle Quattro Fontane zu zwei Palastteilen, die über einen Mitteltrakt miteinander verbunden waren. Der nördliche Teil sollte vom weltlichen Nepotenpaar und dessen famiglia bewohnt werden, der südliche war für den Bruder Kardinal Francesco (siehe Abbildung 10) und seine Kardinalsfamiglia reserviert. Im verbindenden Mitteltrakt befand sich der sich über zwei Stockwerke erstreckende salone mit dem berühmten Deckenfresko »Trionfo della Divina Provvidenza« von Pietro da Cortona, das auf unvergleichliche Weise den göttlichen und weltlichen Ruhm der Familie Barberini zelebrierte.259 Sogar in der Architektur – in der Zweiteilung des Palazzo, wo der geistliche und der weltliche Neffe des Papstes gemeinsam wohnen sollten260 – spiegelte sich die Doppelnatur des Papsttums wider.261

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luoghi di monti aufnehmen und Besitze veräußern. Die hohen Ausgaben hinderten Taddeo nicht daran, ständig die familiären Besitztümer zu vergrößern. 1631 wurden die Einnahmen von Taddeo auf ca. 143.384 scudi geschätzt. DBI »Taddeo Barberini«, Vol. 6, S. 180. Urban VIII. übertrug den Titel auf Taddeo Barberini nach dem Tod des letzten Prefetto di Roma, dem letzten Herzog von Urbino (gestorben 1632) aus einem Zweig der Familie della Rovere. Don Taddeo bestand auf das damit verbundene Vortrittsrecht vor den römischen Gesandten bei feierlichen Anlässen, was ihm aber verweigert wurde. Damit wurde die Frage nach dem Präzedenzrecht zu einem Politikum, vgl. dazu Gigli, Diario, S. 206 – 210 und Visceglia, La citt”, S. 119 – 190. Zur künstlerischen Aussage des Freskos in seinem Entstehungszusammenhang betrachtet, vgl. Karsten, Künstler, S. 114 – 123. »Si era dato principio alla fabrica del Palazzo alle Quattro Fontane, secondo un primo disegno fatto dal prefetto, che era di una scala, la quale conduceva ” due gran sale, ” ciascuna delle quali erano congiunti uno, o pi· appartamenti, come una dovesse servire per gl’ecclesiastici, e l’altra per li secolari.« BAV, ABarb. Ind. IV, Nr. 1254, fol. 14v, Biografie über Taddeo Barberini von Kardinal Francesco, gesamtes Dokument transkribiert in: Waddy, Seventeenth-Century, Appendix 3, S. 331 – 341. Für die originalen Baudokumente Don Taddeos vgl. ABarb., Ind. II, no. 2888: »A di Aprile 1629 per tutto Dicembre 1638, Misura e stima di lavori d’opera di Muratore fatti per servitio dell’Ill.mo et Ecc.mo Sig.r Principe D. Taddeo Barberino Prefetto di Roma al Palazzo delle Quattro Fontane e suo ristretto da M.ri Nicolo Scala, Tomasso Damino, e compagni misurati e stimati.« Eine ähnliche Aufteilung weist der ehemalige Palazzo Colonna in Palestrina auf, der 1630 von Francesco Colonna zusammen mit dem Titel des Principe an Carlo Barberini verkauft wurde. Waddy weist darauf hin, dass Taddeo bei der Planung des Palazzo alle Quattro Fontane bewusst eine Verbindung herstellen wollte. Waddy, Seventeenth-Century, S. 229 f.

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1632 war der Palazzo einzugsbereit. Zwischen dem 26. April und dem 31. Mai zogen Donna Anna und Don Taddeo mit ihrem gesamten Hausstand von der Casa Grande ai Giubbonari262 in den Palazzo alle Quattro Fontane. Mit der Taufe der Tochter Lucrezia am 8. September desselben Jahres in der Kapelle des neuen Palazzo wird das Beziehen des neuen Wohnsitzes in den Quellen erstmals bestätigt.263 Der nördliche Palastteil sah für Donna Anna und Don Taddeo getrennte Wohnräume vor : Taddeo bezog das Untergeschoss mit drei Vorzimmern, sie bekam das darüber, im piano nobile liegende, größere appartamento, das vier Vorzimmer besaß.264 Die Anzahl der Vorzimmer ist ein Hinweis auf die wichtige Bedeutung, die Donna Anna beim Besucherzeremoniell einnahm. Je nach Rang und Stellung des Besuchs empfing sie diesen in den entsprechenden Vorzimmern. Sowohl Don Taddeos wie auch Donna Annas Gemächer besaßen eine eigene Kappelle und waren über eine kleine Treppe miteinander verbunden. Eine weitere Treppe führte zudem von Donna Annas Gemächern zum zentralen salone und dem Dachgeschoss, wo ihre Dienerinnen wohnten.265 Die unterschiedliche Wohnsituation von Donna Anna und ihrem Ehemann wurde auch von den Zeitgenossen kommentiert. So rechtfertigt Kardinal Francesco die weniger vornehmen Wohnverhältnisse seines Bruders Taddeo in der Biografie über diesen mit der Bescheidenheit (modest”) und Ehrerbietung Don Taddeos gegenüber seiner Frau und fügt an, sein Bruder habe auch schon als 20-jähriger damals das hässlichste Zimmer für sich ausgesucht.266 Dass man die Unterschiede der Wohngemächer nicht der Bescheidenheit Don Taddeos zuschreiben kann, sondern hier vielmehr die bedeutende Stellung von Donna Anna als wichtigste Frau der höfischen Gesellschaft hervorgehoben wird, wird insbesondere dann offensichtlich, wenn man ihre Gemächer mit denjenigen des Kardinalnepoten Francesco im Südflügel vergleicht: Diese waren quasi iden-

262 Der Palazzo Giubbonari wurde an den aus Genua stammenden Stefano Durazzo, der von Urban VIII. 1633 ins Kardinalskollegium berufen wurde, für 1.000 scudi im Jahr vermietet. Waddy, Seventeenth-Century, S. 242. 263 Waddy, Seventeenth-Century, S. 242. 264 Für die folgenden Ausführungen zu den privaten Wohnverhältnissen vgl. Waddy, Seventeenth-Century, S. 180 – 198 sowie Scott, Images, S. 105 – 212. 265 Es war üblich, dass die Dienerschaft der nobildonne ihren eigenen Hausteil besaß, meist im Dach- oder Zwischengeschoss und direkt erreichbar vom Stock der Hausdame. Sie hatte dort eine Gemeinschaftsküche sowie einen Essraum, womit es ihr möglich war dort zu wohnen, ohne in direkten Kontakt mit den Bewohnern des Palastes zu kommen. Die Dienerinnen von Donna Anna lebten im westlichen End des Nordflügels, gerade über der Wohnung ihrer »Matronin«. Waddy, Seventeenth-Century, S. 30. 266 Das Dokument richtet sich an die Schwester Camilla Barberini. Es muss zwischen 1653 (Maffeo Barberini ist bereits Kardinal) und 1666 (Camillas Tod) niedergeschrieben worden sein. ABarb., Ind. IV, no. 1254, zit. in: Waddy, Seventeenth-Century, Appendix 3, S. 331.

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tisch, lagen auch im piano nobile und umfassten ebenfalls vier Vorzimmer.267 Diese gleichwertige Raumaufteilung verweist auf die Wichtigkeit der Papstschwägerin im Vergleich zum Kardinalnepoten: Donna Anna war das weibliche Pendant zum geistlichen Familienoberhaupt. Ihr wurden als Gattin des weltlichen Nepoten Pflichten auferlegt, die an säkularen Höfen der Ehefrau des regierenden Fürsten oblagen.268 Dazu gehörte auch die Erfüllung des Besucherzeremoniells für den Papst, den Kardinal oder den Ehemann.269 Als Roms »First Lady« hatte sie zum Beispiel die fremden Würdenträger, die in diplomatischer Mission nach Rom kamen, angemessen zu empfangen, bevor oder nachdem diese beim Papst vorgesprochen hatten.270 Ein im Familienarchiv der Barberini überliefertes und von Waddy vollständig transkribiertes Dokument beschreibt detailliert das Empfangszeremoniell von Costanza Magalotti.271 Da Don Taddeos Mutter die gesellschaftlichen Aufgaben erfüllte, die später Donna Anna zu übernehmen hatte, kann man davon ausgehen, dass das Besucherzeremoniell bei Donna Anna in vergleichbarer Weise ablief. Nicht nur die Architektur, auch die Freskierung der Wände in Donna Annas Gemächern besaßen eine unmissverständliche Aussage. Das Fresko »La Divina Sapienza« von Andrea Sacchi im salotto von Donna Anna gilt als eines der originellsten Deckenfreskos des römischen Barocks. Die personifizierte Weisheit, die auf einem über einem Globus schwebenden Wolkenthron dargestellt ist, basiert nicht wie sonst zu der Zeit üblich auf der humanistischen Tradition, sondern nimmt konkret Bezug zur alttestamentlichen Weisheitslehre (siehe Abbildung 11). Im Buch des Jesus Sirach und der Weisheit erscheint la sapienza als Personifizierung einer Qualität, die in einem Individuum als Geschenk Gottes auftauchen kann. Wer diese im Gebet sucht, dem ist Weisheit garantiert.272 Das Fundament des Throns, auf dem Sacchis personifizierte Weisheit sitzt, ist eine Säule (colonna). Entsprechend sagt die Weisheit im Buch von Jesus Sirach: »In altissimi abitavi, et

267 Waddy, Seventeenth-Century, S. 199 – 201. Auch Elias wies darauf hin, dass Wohnstrukturen gesellschaftliche Strukturen widerspiegeln würden und die Stellung von Mann und Frau aus der Wohnsituation hergeleitet werden könne. Elias, Höfische Gesellschaft, S. 68 – 101, insb. S. 79 – 81. 268 Waddy, Seventeenth-Century, S. 26. 269 Handbücher des 16. und 17. Jahrhunderts geben die architektonische Anordnung der Räume je nach Etikette vor. Für Details bzgl. Raumabfolge, Möblierung, entsprechender zeremonieller Funktion bei Besuchen (inkl. Skizzen), aber auch Überlegungen zum Wohnkomfort vgl. Waddy, Seventeenth-Century, S. 4 – 24. Im Weiteren zum Besucherzeremoniell vgl. Visceglia, La citt” und Ago, Carriere, S. 60 – 72. 270 Scott, Images, S. 62. 271 »Nota di mano di Settimio Paliani, con copia di libretto del cerimoniale, che la Sgr.a D. Costanza Magalotti de Barberini praticava nel ricevere le visite« ABarb., Ind. IV, no. 598, transkribiert in: Waddy, Seventeenth-Century, Appendix 2, S. 529. 272 Zu diesem Schluss kommt Scott in seiner Studie. Scott, Images, S. 42 – 65.

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thronus meus in columna nubis.«273 Der als Säulenkapitell dargestellte Thronsockel verknüpft also den alttestamentlichen Weisheitsbegriff mit dem Wappenemblem der Colonna.274 In Ergänzung mit den Barberini-Bienen, die Armlehnen des Throns entlang kriechen, findet die Aussage, der in göttlicher Weisheit entstandenen Vereinigung von Barberini und Colonna, ihre allegorische Vollendung. Das ikonografische Programm wird thematisch in der Kapelle von Donna Anna fortgesetzt und ausgeführt:275 Wer nämlich vom salotto her in die Kapelle tritt, begegnet als erstes der Kreuzigung Christi von Cortona – was im salotto allegorisch angespielt wird, findet hier seine Erfüllung in der Fleischwerdung Gottes, gemäß dem Neuen Testament Ausdruck der umfassenden Wahrheit. Die Verbindung mit Anna Colonna ist auch hier nicht zu übersehen: Zu sehen ist die heilige Anna, die vom Jesuskind in der Darstellung der Heiligen Familie volle Aufmerksamkeit erfährt, direkt hinter Maria stehen erneut die Colonna-Säulen (siehe Abbildung 12). Insofern wird ein Zusammenhang geschaffen zwischen der Heiligen Familie als archetypische christliche Familie und der neu gegründeten Familie Colonna-Barberini. Die Darstellung bringt die Erwartung an Donna Anna zum Ausdruck: Sie hat die Aufgabe, den Barberini genügend Kinder zu gebären. Insgesamt zelebriert das Bildprogramm die Verbindung der zwei Familien und rechtfertigt diese durch die Bezüge zu den christlichen Weisheitsvorstellungen aus dem Alten und dem Neuen Testamen als zugleich göttlich und gottgewollt.276 Die Wohnsituation im Palazzo alle Quattro Fontane, die Vereinigung von Weltlichkeit und Geistlichkeit, die Fresken, die unterschiedlichen Gemächer von Donna Anna und Don Taddeo, die strukturell gleich konzipierten Wohnräume von Donna Anna und Kardinal Francesco – das alles macht deutlich, dass die von Donna Anna und Don Taddeo gelebte »Ehe« nicht mit einer bürgerlichen Ehe zu vergleichen ist. Sie war vielmehr eine Familienallianz, bei der Donna Anna nicht nur den für sie bestimmten weltlichen Partner Don Taddeo heiratete, sondern zugleich mit Kardinal Francesco eine Art »geistliche Partnerschaft« einzugehen hatte. Diese für unser modernes Empfinden unübliche Familienkonstellation ist für das Verständnis der familieninternen Konflikte zwischen den Colonna und den Barberini von zentraler Bedeutung. 273 Sir, 24,7. 274 Zur »Säulen-Exegese« im Hause Colonna vgl. Strunck, Berninis, S. 207 – 219. 275 Die gesamte Umsetzung des Bildprogramms vom salotto bis zur Kapelle inkl. genauster Lichtanalyse, entstand zwischen 1629 und 1632 unter der Hauptleitung von Gianlorenzo Bernini, in Zusammenarbeit mit Andrea Sacchi und Pietro da Cortona. Scott, Images, S. 52. 276 Ein kurz nach Vollendung der Fresken geschriebenes Manuskript beschreibt detailliert das Bildprogramm. Kern dieses Textes ist folgende Interpretation: »Conveniva tal Pittura al maestoso Edifitio della Casa Barberina, acciý che s’intendesse che, si come si felice fameglia º nata et eletta in luogo d’Iddio, per li primi governi della chiesa, cos…, con divina Sapienza, parimenti amata e riverita, la governa.« Barb. lat. 6529, msc. V, fol. 52r–v, zit. in: Scott, Images, Appendix B, S. 202 f.

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… Konflikte im Innern

Donna Anna und Don Taddeo wohnten nur knappe drei Jahre im Palazzo alle Quattro Fontane, 1634 zogen sie wieder in die Casa Grande ai Giubbonari um (vgl. Kap. 6.4.1). Einblick in das alltägliche Leben dieses kurzen Gastspiels im Barberini-Palazzo gewähren zwölf lange, ausführliche Briefe von Donna Anna an ihren Mann aus der Zeit zwischen dem 8. März und dem 29. April 1633. Es gehörte zu ihren Pflichten, Taddeo stets brieflich von den Ereignissen in und um den Haushalt zu berichten, wenn dieser – oftmals in Verbindung mit seinen militärischen Pflichten als Oberbefehlshaber der päpstlichen Truppen – außerhalb Roms weilte.277 Im Frühling 1633, zum Zeitpunkt, als die Briefe geschrieben wurden, die im Folgenden analysiert werden, war Don Taddeo in militärischer Funktion im Zusammenhang mit dem Rückfall von Urbino an den Kirchenstaat in den Marken unterwegs.278 Aus den Briefen von Donna Anna lassen sich nicht nur ihre Verantwortungsbereiche in der Haushaltsführung und ihre Position innerhalb der casa rekonstruieren, sondern auch die alltäglichen Schwierigkeiten und Probleme, mit denen sie zu kämpfen hatte. Ihre informellen Briefe sind nicht standardisiert und stellenweise chaotisch. Ihre Handschrift ist nachlässig und Sprache sowie Rechtschreibung erinnern eher an eine verschriftlichte Mündlichkeit als an eine formalisierte Schriftsprache. Dadurch sind sie aber reich an alltäglichen Berichten und tragen eine persönliche Note. Die meisten der Briefe sind selbst geschrieben, nur ganz selten lässt die Schrift darauf schließen, dass Donna Anna einen Sekretär für sich schreiben ließ. Wenn dies der Fall war, entschuldigte sie sich jeweils am Briefende dafür.279 Die inhaltliche Struktur ihrer Briefe ist immer etwa dieselbe: Meistens wird zuerst für den zuletzt erhaltenen Brief gedankt und über die Gesundheit aller Familienmitglieder berichtet.280 Dann wird häufig das Wetter kommentiert.281 277 Am 3. November 1641 blieb sie als einzige zuhause, um diese Pflicht erfüllen zu können: »et io sono rimasta in casa per poter scrivere ” V. E. circa delle cose di casa.« BAV, Barb. lat. 10043, 3. 11. 1641, fol. 40r. 278 Dies wird aus seinen Briefen an die Kardinalsbrüder und seine Kinder deutlich. BAV, Barb. lat. 10046. Leider sind aus dieser Zeit keine Briefe von ihm an seine Frau erhalten. 279 Z. B. »Priego scusarmi il non scritto di mio mani per che mi trovo con dolor di test ache mi travagli.« BAV, Barb. lat. 10043, am 26. 4. 1633, fol. 16. 280 Z. B. »L’ultima lettera che ricevo di V. E. º di Bagniaia il 18 del mese et sento gusto che stia con quella salute che mi acenna I Dio benedetto gliela conserva come io desidero.« BAV, Barb. lat. 10043, 23. 3. 1633, fol. 11. Oder : »Della lettera di V. E. de tre corente scritta d’Ancona sento la buona salute che gode, I dio lodato e priego conservarcelo cosi sempre.« BAV, Barb. lat. 10043, 9. 4. 1633, fol. 11. 281 So z. B. am 9. April 1633: »Qui noi ci ritroviamo nel core del inverno, non che nel principio di primavera, il vento che qui si sente e cosi terribile che io non mi averei creduto mai cosa simile, dichano che il fiume sia grossissimo […]«. BAV, Barb. lat. 10043, 9. 4. 1633, fol. 18.

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In den erwähnten zwölf Briefen vom Frühling 1633 nehmen die Schilderungen der Geschäfte in und um die casa sowie die Sorgen, die Donna Anna mit drei Kleinkindern hatte, am meisten Raum ein. Auf diese zwei Themenkreise soll im Folgenden näher eingegangen werden. 6.3.1 Geschäftliche Korrespondenz Eine von Donna Annas Aufgaben war es, Mandate von Don Taddeo an den maestro di casa, den computista oder den maggiordomo (bzw. umgekehrt) weiterzuleiten282 und zu überprüfen, ob die erteilten Aufträge entsprechend ausgeführt wurden.283 So schreibt sie zum Beispiel am 9. April 1633: »Ich habe dem maestro di casa aufgetragen, dass er das macht, was Ihr mir in Eurem Brief befohlen habt. Er sagt, dass er alles erledigen werde und Euch das bereits so geschrieben habe.«284

Die Rolle der Übermittlerin hatte den Vorteil, dass alle Geschäfte durch ihre Hände gingen, brachte aber den Nachteil mit sich, dass sie nicht eigenmächtig über geschäftliche Dinge entscheiden konnte. Es fiel Donna Anna nicht leicht, auf die Antwort anderer warten zu müssen. Wie schon in den Briefen aus dem Kloster an den Vater zeigt sie sich auch ihrem Ehemann gegenüber nicht sehr geduldig: Sie ergänzt die Briefe oft mit der Bitte, Don Taddeo möge sich doch mit der Antwort auf die beigelegten Mandate beeilen. Sie selbst dürfe ja nicht antworten, weil sie über die Geschäfte des Hauses zu schlecht informiert sei – auch wenn sie ihn ja eigentlich gut genug kenne, um zu wissen, wie er antworten würde.285 Wörtlich darf diese Aussage nicht verstanden werden. Vielmehr kommt hier ein Grundkonflikt zum Ausdruck, der sich in der Korrespondenz zwischen den Eheleuten zeigt: Don Taddeo versuchte seiner Ehefrau gewisse Informationen 282 Für eine Umschreibung der Haushaltsfunktionen vgl. das Glossar bei Völkel, Kardinalshaushalte, S. 401 – 406. 283 Z. B. »Mando qui inchluso il biglietto scritto da Monsignore Schannarola.« BAV, Barb. lat. 10043, 19. 3. 1633, fol. 2. Oder : »Mando qui inchluso un foglio che lui [maestro di casa] mi ” mandato per conto del grano.« BAV, Barb. lat. 10043, 23. 3. 1633, fol.13v. 284 »Ho ordinato al mastro di casa che vegga di fare quello che V. E. nella sua mi commanda et dice che fara il tutto et che ne haveria scritto V. E.« BAV, Barb. lat. 10043, 9. 4. 1633, fol. 19v. 285 »Ho detto al mastro di casa che scrivo ” V. E. il tutto come credo fare circa il giardino alla longara et quello che ha comandato ” lui ” chi ho data la lettera dopo averla sigillata come anco al computista che me ha data la qui inchlusa per risposta, come anco ” mon. Sign. Scannaroli et Collicola [der Hausarzt der Barberini]. V. E. mi ha fatto grazia singolare ha mandarne le sigillo volante per che delli negotii di chasa che io non sono informata; non so alle volte che mi[?] dire per non sapere il senzo di V. E. ma vedendo quello che V. E. accenna ” loro, senza che io ne parli averlo visto con nessuno, mi posso far forte con dire che io so la mente di V. E. […].« BAV, Barb. lat. 10043, 12. 4. 1633, fol. 22r, 22v.

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vorzuenthalten. Das führte immer wieder zu Missverständnissen, nicht zuletzt auch mit den Angestellten, die Donna Anna in Abwesenheit des padrone auszunützen versuchten.286 Sie beklagt sich bei Taddeo: »Ich schweige, denn es ist ungünstig, gewisse Dinge aufzuschreiben, aber wenn Sie zurück sind, werde ich Euch alles erzählen.«287 Diese Unzufriedenheit führte dazu, dass Donna Anna begann, die Geschäfte an sich zu reißen. Damit handelte sie sich Vorwürfe ein, gegen die sie sich verteidigt: »Wenn Sie mich nicht über alle Dinge des Hauses informieren, so handle ich nicht gegen meine Pflicht, auch nicht aus eigenem Willen, sondern so, wie ich es für richtig halte und nicht besser [zu machen] weiß.«288

Anklagend fügt sie hinzu: »Zwischen so vielen Chefs (capi) kann ich nichts bewirken, oder besser gesagt, habe ich überhaupt nichts zu sagen.«289 Auch an anderen Stellen wird deutlich, dass die Stimmung zwischen den Ehepartnern in Bezug auf die Führung des gemeinsamen Haushaltes angespannt war. Am 24. April 1633 verteidigt sich Donna Anna gegen den Vorwurf, einen nicht versiegelten Brief gelesen zu haben, der an Monsignore Scanaroli290 gerichtet und in welchem von wichtigen Geldgeschäften die Rede gewesen war. Obwohl sie ihrem Mann versichert, dass sie den Brief nicht aus Neugier gelesen habe und die entnommene Information für sich behalten werde, bittet sie ihn, ihr niemals mehr unversiegelte Briefe beizulegen.291

286 »V. E. fa benissimo di scrivere ad ogni uno che non si innovi cosa nessuna per la sua absenza; che mi creda che tutte le cose si vorebono fare oggi che l’ochio del padrone non guarda ” me so certo non me ingannariano: se fussi informata delle cose per che se bene sono igniorante: la nove che li porto mi insegnieria ma chaminare alla cieca si va ” cadere.« BAV, Barb. lat. 10043, 12. 4. 1633, fol. 22v. 287 »[…] che mi creda V. E. […] che conosco cose nella absenza di V. E. che resto stupita et, taccio perche non conviene ogni cosa mettere in carta ma se io saro viva al suo ritorno li diro il tutto.« BAV, Barb. lat. 10043, 12. 4. 1633, fol. 22v. 288 »V. E. fa bene che sempre e con me si usa di non farmi sapere molte le cose di casa et cosi io non fuori del obligo di far molte volte quello che io dovrei non per volonta ma per non saperlo.« BAV, Barb. lat. 10043, 20. 4. 1633, fol. 29v. 289 »[…] io potrei dire ” V. E. molte cose ma neggo che lo infastidiria […] et penza ero fatto per che la sua asenza causa molti disordini et io tra tanti capi non posso ý per dir meglio poco ” cala[?]vaglio« BAV, Barb. lat. 10043, 20. 4. 1633, fol. 28v. 290 Giovanni Battista Scanaroli (div. Schreibweisen bekannt) war maggiordomo im Haushalt von Anna und Taddeo. Seit 1630 Vescovo di Sidonia, bis 1643 für die Finanzverwaltung der Casa zuständig. Er wohnte in der Cancelleria. Völkel, Kardinalshauhalte, S. 418. Einige kurze, Familiengeschäfte betreffende Briefe an ihn von Donna Anna sind überliefert aus den Jahren 1630 und 1631. BAV, Barb. lat. 10074. 291 »[…] lo priego ” non mandarmi piu quella di monsig. Scannaralio aperta sigilo volante […], quella dello Scannarolio che contiene negotii gravi et che io non ý curiosita nessuna di sapere […] per che se bene io son sicura di me stessa et che so tenere in me quel che contiene pero sapendo io cosa alcuna di moneto sempre so certa che V. E. viverebbe inquieta che io

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Don Taddeo galt im Gegensatz zu seiner Ehefrau als nicht sehr intelligent, etwas naiv und von trägem Geiste. Von ihm sagte man, dass alle seine Handlungen nur darauf angelegt waren, für seine Familie weitere Privilegien, Titel, Reichtum und Besitz zu erlangen.292 Es ist somit anzunehmen, dass er mit der Koordination der Haushaltsgeschäfte teils überfordert war, teils aber auch ganz bewusst Donna Anna nicht immer miteinbeziehen wollte. 6.3.2 Muttersorgen Neben dem Bereich der Haushaltsführung machen sich in Donna Annas Briefen an Don Taddeo auch im Bereich der Kinderbetreuung Anzeichen von Spannungen bemerkbar. Wie sehr sie sich von ihrem Mann allein gelassen fühlte, wird an jenen Stellen deutlich, wo sie von den Sorgen erzählt, die ihr die drei kleinen Kinder Carlo (1630 – 1706), Maffeo (1631 – 1685) und Lucrezia (1632 – 1698) bereiteten (Nicolý, der letzte Sohn, kam erst 1635 zur Welt) (vgl. Tab. I, Anhang B, S.267).293 Am 16. März 1633 schreibt Donna Anna ihrem Mann, die Amme des damals dreijährigen Carlo habe plötzlich aus der Brust geblutet. Die Ärzte diagnostizierten eine Schwindsucht und empfahlen, Carlo abzustillen. Das Problem der kranken Amme und die Frage, wie Carlo zukünftig ernährt werden sollte, benon fusse tale; et pero con ogni affetto lo priego ” non mandarmelo piu aperta in conto nessuno.« BAV, Barb. lat. 10043, 24. 4. 1633, fol. 35r/35v. 292 Der Venezianische Botschafter Pietro Contarini schreibt in seinem Bericht von 1623 – 1627 über Taddeo: »Il signor Don Taddeo […] di nobilissime maniere, di grand’ingenuit”, et sommamente amato da tutta la Corte.« Pietro Contarini in: Barozzi/Berchet, Relazione, Vol. I., S. 214. Bei seinem Nachfolger, Angelo Contarini, (1627 – 1629) heißt es: »Don Taddeo, terzo nepote del Papa, laico e d’et” di 26 anni, gentiluomo veramente modesto che con la soavit”, de’ costumi attrae, a se l’animo di tutta la Corte; ove manca in lui l’isquisitezza del spirto onde in cose gravi non se ne possa far capitale et gran prestaggio […]« Angelo Contarini in: Barozzi/Berchet, Relazione, Vol. I, S. 266. Der nächste Botschafter aus Venedig, Giovanni Pesaro (1630 – 1630), weiß von Taddeo zu berichten: »Del signor D. Taddeo, Prefetto di Roma, io non posso riferire, che bont” di costumi, placidezza e fiacchezza di spirito, educato humilmente, vive ristretto in ogni maggior regola et economia, accumula per tutti li mezzi immensit” d’oro e d’aquisto […]«, Giovanni Pesaro in: Barozzi/ Berchet, Relazione Vol. I, S. 332. Von Don Taddeo berichtet man darüber hinaus, dass er in seiner Jugend einst in einen Mordkonflikt verwickelt gewesen war, der jedoch dank seinem Papstonkel, welcher ihm die Absolution erteilte hatte, seiner Karriere nicht weiter im Weg stand. Pecchiai, I Barberini, S. 161. 293 Das erste Kind (Camilla) starb keine zwei Jahre nach der Geburt im Jahre 1628. Pecchiai nennt andere Geburtsdaten der Kinder. Er hält Lucrezia für Annas erstes Kind und gibt 1628 als deren Geburtsdatum an. Pecchiai, I Barberini, S. 259. Die von ihm genannten Daten wurden bisher von der Forschung unüberprüft übernommen (auch von Weber, Genealogien, Vol. I, S. 90). Waddy weist jedoch darauf hin, dass gemäß dieser Daten Anna innerhalb von weniger als drei Jahren dreimal hätte schwanger sein müssen. Die von ihr erforschten und hier genannten Geburtsdaten stimmen mit dem, was ich den untersuchten Briefen entnehmen konnte, überein. Waddy, Seventeenth-Century, S. 128 – 131.

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schäftigte Donna Anna sehr. Seitenweise berichtet sie ihrem Ehemann detailliert von der Krankheit, räsoniert über mögliche Ursachen und gibt die genauen Worte der Ärzte wider. Diese hätten ihr gesagt, dass bei der Amme eine Brustvene geplatzt sei. Dafür gebe es drei Gründe: »Entweder [kann dies geschehen] bei großen Brüsten, bei einer großen Kraft oder aber, wenn das Blut zu sauer und bitter ist, sodass es die Vene angreift.« Wenn letzteres geschehe, mache sich ein Husten bemerkbar. Und da die Amme von Carlo auch hustete, kamen die Ärzte zum Schluss, dass der letzte Punkt der Grund dafür sein müsste, warum ihre Vene geplatzt war.294 Donna Anna schickte die Amme samt Ehemann mit 50 scudi für Reisespesen und ärztliche Betreuung zu ihrer Familie zurück.295 Vorübergehend bekam Carlo dreimal nachts und einmal am Tag Milch von Lucrezias Amme, doch, so berichtet Donna Anna, vertrage er diese nicht sonderlich gut. So ließ sie in mütterlicher Fürsorge ein Bett in das Zimmer ihres Sohnes stellen und schlief fortan an dessen Seite.296 Zur gleichen Zeit bereitete ihr auch der um ein Jahr jüngere Maffeo Sorgen. Er war krank und Collicola, der Hausarzt der Barberini, war der Meinung, dass die Milch seiner Amme ihn nicht genügend gut ernähren würde. Verzweifelt schreibt Donna Anna, Collicola habe ihr gesagt, dass sie einen Sohn zu verlieren riskiere, wenn sie die Amme von Maffeo nicht auswechsle.297 Donna Anna klagt: »Die Sorgen, die mir diese Kinder machen, sind unbeschreiblich.«298 Nun hatte Donna Anna also zur gleichen Zeit gerade zwei neue Ammen zu suchen. Das allerdings war kein einfaches Unterfangen. Mehrere junge Frauen aus dem Umland Roms kamen, um sich ihr vorzustellen, doch keine entsprach den Ansprüchen von Donna Anna und Collicola. Eine bekam nach der Ankunft Fieber, die andere hatte keine gute Milch, eine weitere besaß zu wenig davon, 294 »[…] et concordarme che li fusse rotta una vena del petto dicendo che per tre chause si puo rompere ý per la gran buste ý per una gran forza ý vero per la troppo l’hacidezza et acrinomia del sangue et questo che chorroda (angreifen) quella vena et incisi la tosse: conchlusero che per questo ultime modo fusse rotta la sua.« BAV, Barb. lat. 10043, 19. 3. 1633, fol. 8v. 295 »[…] cosi giovedi la rimandai ” casa sua con la chompagnia di suo marito et lei in lettigha li diedi 50 scudi et li disse che quello spendera alle spese avie[?] et medici […].« BAV, Barb. lat. 10043, 16. 3. 1633, fol. 8v. 296 »[…] io poi mi sono fatta mettere un lettino nella stanza di Carlo per poterli asistere la notte con manco mio travaglio et mi vado avendo quella cura che posso […].« BAV, Barb. lat. 10043, 16. 3. 1633, fol. 9. 297 »Maffeo seguissa con la stessa febre la notte et ieri che vi fu il chollichola mi disse liberamente che se io non muto la Balio che posse perdere il figlio vedendosi che questo latte non lo nutriscie bene et che abia in se qualche mal qualit”: poi che il figliolo non lo vuole;« BAV, Barb. lat. 10043, 23. 3. 1633, fol. 12. 298 »Li travagli che mi danno questi figlioli sono innesplichabili.« BAV, Barb. lat. 10043, 23. 3. 1633, fol. 12.

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eine andere war schwanger – ihr Fazit: »Eine ist schlimmer als die andere«299. Das Thema der vergeblichen Ammensuche zieht sich über einen Monat durch alle ihre Briefe hindurch. Zur Wichtigkeit der richtigen Milch beim Großziehen der Kleinkinder äußert sich auch De Luca in seinem Traktat »Il cavaliere e la Dama« im Kapitel über die Mutterschaft. Dort heißt es, die Mütter seien verpflichtet, ihre Kinder bis zu drei Jahre lang zu stillen – am besten von der Mutter selbst und nicht von einer fremden Amme. Sollte dies der Mutter nicht möglich sein, so solle man eine ehrliche Amme mit guten Manieren wählen und diese gut überwachen. Insbesondere dürfe sie nicht zu viel Wein trinken, denn das schade den Kindern.300 Die Tatsache, dass sich auch De Luca so differenziert mit der Mutterschaft und der Kleinkindernährung auseinandersetzt, zeigt die Wichtigkeit, die diesem Thema damals beigemessen wurde. Es war nicht selbstverständlich, dass die geborenen Kinder auch wirklich das Erwachsenenalter erreichten. Entsprechend bedurften sie einer sorgfältigen Pflege, bei der die Wahl der richtigen Milch ein zentraler Faktor war. Die Sorgen mit den drei kleinen Kindern lasteten neben den geschilderten Spannungen und Disharmonien im Bereich der Haushaltsführung auf Donna Anna, von ihrem Mann erhielt sie kaum Unterstützung. Sie schließt ihre Berichte über die Kinder an ihn mit den vorwurfsvollen Worten: »Diese Kinder ermüden mich, und ich fühle Eure Abwesenheit. Von Euch habe ich sonst in ähnlichen Situationen Trost und Hilfe bekommen, jetzt aber fühle ich mich allein.«301

299 »[…] una peggio del’altra.« BAV, Barb. lat. 10043, 23. 3. 1633, fol. 11v. Und ebenso schreibt sie am 12. April, nachdem sich über zehn Ammen vorgestellt hätten. BAV, Barb. lat. 10043, 12. 4. 1633, fol. 23v. 300 »Circa l’educazione de figli, le leggi obligano la madre al nodrimento del latte dentro lo spazio d’un triennio; E molti cosi antichi, come moderni scrittori ecclesiastici, e profani, lodano anche nelle dame, e nelle principesse, che i figli si debbano nutrire col proprio latte della madre, e che non si diano ” nodrire all’estranee nodrici, particolarmente ignobili, ed incivili costumi, cagionando ciý non pochi pregiudizij, cos… al temperamento, come ancora alla civilt”, & alla buona educazione de signori e de cavalieri, siche l’istessa sagra scrittura si vaglia di questo paralello, e lo supponga una cosa malfatta. […] E in obligo perý invigilare molto sopra la nodrice, che sia al possibile civil, e ben educata, & onesta, e particolarmente che non sia molto dedita al vino, perche ciý riesce molto pregiudiziale ” putti anche ne costumi, e nel genio, leggendosi appresso i scrittori degli effetti stravagantissimi della qualit” del latte;« De Luca, Il Cavaliere, S. 523 – 524. 301 »[…] sono stancha con questi figli et me ne sento piu con l’absenza di V. E. dal quale ricevevo in simili ochasioni sollevamento et aiuto ora sono sola.« BAV, Barb. lat. 10043, 19. 3. 1633, fol. 10.

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Einfluss und Macht dank »Colonna«-Herkunft

6.4.1 Auszug aus dem neuen Palazzo Gute zwei Jahre nach dem Einzug, zog Don Taddeo mitsamt Familienangehörigen und Familiaren wieder aus dem Palazzo alle Quattro Fontane aus – noch bevor alle Umbauarbeiten abgeschlossen waren. Betrachtet man den immensen, nicht zuletzt auch finanziellen Aufwand, der mit der Symbol beladenen Umgestaltung und Ausschmückung des neuen Palazzo Barberini einhergegangen war, und wenn man sich vorstellt, wie logistisch kompliziert ein Umzug damals abgelaufen sein muss, ist es unverständlich, wie der gesamte Barberini-Haushalt bereits zwei Jahre nach dem Einzug den Palazzo wieder verließ und sich ab dem 14. Oktober 1634302 erneut in der Casa ai Giubbonari niederließ. Was nur könnte der Grund für dieses kurze Gastspiel im Palazzo alle Quattro Fontane gewesen sein? Eine zeitgenössische Quelle nimmt Bezug darauf, doch klärt sie die Frage nicht abschließend. Bei der Quelle handelt es sich um die bereits erwähnte, von Kardinal Francesco verfasste Biografie über seinen Bruder Taddeo.303 Dort wird der Auszug damit begründet, dass Donna Anna die Luft im Palazzo alle Quattro Fontane schlecht ertragen und keinen Jungen geboren hätte. Da Carlo und Maffeo vor dem Umzug auf die Welt gekommen waren und im Palazzo alle Quattro nur Lucrezia geboren wurde, war man der Meinung, der neue Palazzo habe sich negativ auf Donna Annas Gebärfreudigkeit hinsichtlich männlicher Nachfahren ausgewirkt.304 Dieser Aberglaube wurde insofern bestätigt, als das nächste 1635 im Palazzo ai Giubbonari geborene Kind wieder ein Sohn war. Mit der »schlechten Luft«, die Donna Anna nicht ertragen haben soll, ist wahrscheinlich ihr Asthma gemeint, an dem sie in dieser Zeit litt. Dies geht aus ihren Briefen an den Vater hervor, welche sie ihm in den Monaten Februar und 302 Ein avviso vom 14. Oktober 1634 bestätigt, dass Don Taddeo mit seinem Hausstand wieder in der Casa ai Giubbonari wohnhaft war: »L’Ecc.mo Sig. Principe Prefetto di Roma con la Ecc.ma Signora Donna Costanza sua madre et l’Ecc.ma Signora Donna Anna sua Consorte º ritornato dal suo nuovo Palazzo a Capo le Case ad habitare nell’antico di Casa sua alli Giupponari sendo per servitio et commodit” delle loro famiglie stato ripreso a piggione ivi vicino al Palazzo del Signor Duca di Bracciano in Campo di Fiore.« Avvisi di Roma dell’Allegrucci (Magliabechiana),14. 10. 1634 zit. in: Ademollo, I teatri, S. 7. 303 Vgl. Anm. 267. 304 »A questa fabrica della casa f· non tanto portato dalla volont” sua, ý di Papa Urbano, quanto necessitato per l’offesa, che diceva la moglie ricevere dall’aria delle quattro fontane, et con non minore ansia volsutavi[?] tornare di quella con la quale all’altra era andate. Fusse per questa cagione, ý per haver fatto troppo ” sicurt” di quella aria, ý dove haveva hauto due figli maschij, havendo partorito la femina alle quattro fontane, con buono augurio volesse tornare ” fare il terzo, la prudenza del marito ben la serv…, et questa habitatione f· da lui ridotta in qualit”, che pi· commoda non ce n’º alcuna et ” quella migliore apparenza, che fosse possible.« ABarb, Ind. IV, Nr. 1254, fol. 21, zit. in: Waddy, Seventeenth-Century, Appendix 3, S. 331.

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März 1634 aus Nettuno schrieb. Hier, im Palazzo Colonna305 am Meer, wo sie sich zusammen mit ihren Kindern aufhielt – ab und zu war auch Don Taddeo dabei – schien es ihr bedeutend besser zu gehen.306 Kaum war sie jedoch Mitte April wieder zurück in Rom im Familienpalazzo, litt sie erneut an Atemnot und Fieber. Zudem bekam Carlo einen Infekt, Lucrezia und Maffeo eine Erkältung mit Fieber und Maffeo hatte Probleme mit einem Auge. Das alles erfährt man aus einem an den Vater gerichteten Brief vom 17. April, als dieser von Anna angefleht wird – bevor sie »Körper und Geist verliere« –, bei ihm einziehen zu dürfen, ihr reiche auch nur ein Bett.307 Sie schien nach ihrer Rückkehr aus Nettuno keinen Tag länger im Palazzo alle Quattro Fontane bleiben zu wollen. Da leider weder die Antwortbriefe des Vaters überliefert sind, noch in ihren folgenden Briefen308 noch einmal ihre desperate Situation thematisiert wird, kann nicht rekonstruiert werden, was im Weiteren geschah. In keinem der Briefe von 1634 erwähnt sie den Umzug zurück in den Palazzo beim Campo de’ Fiori; beim zitierten Brief vom 17. April handelt es sich um ein Einzelzeugnis, das in seiner klagenden, leidvollen Art an die ersten Briefe erinnert, die Donna Anna dem Vater aus dem Kloster geschrieben hatte. Für die Zeitgenossen war das Verhalten der Papstfamilie unverständlich. Zuerst investierte sie Unmengen an Geld in den Umbau des Familienpalastes, zog mit Sack und Pack ein und keine zwei Jahre später wieder aus. Und dies einzig, so schreibt Fulvio Testi, Gesandter des Herzogs von Modena, weil sich Donna Anna weigere, weiterhin im Palazzo alle Quattro Fontane zu wohnen. Sie sage, die schlechte Luft schade ihr und den Kindern.309 Testi, der für seinen

305 Die Colonna erwarben den im mittelalterlichen Zentrum des Städtchens Nettuno stehenden Palazzo im 13. Jahrhundert von den Orsini. Rendina, Le grandi famiglie di Roma, S. 261. 306 »[…] di me posso dire ” V. E. che subito arivata qui megliorai tanto del asma che ne resta senza affatto et ora sto i dio lodato bene […].« ACS, Carteggio FC, lettera da Anna, 17. 3. 1634. 307 »Intutto ch’io son tornata da Nettuno dove son stato sana e cosi ancora i miei figli, m’º tornata l’asma ed febre goglianda come fu mai, a Carlo e venuta una poferma[?] infetta, a Maffeo catarro ed febre e d’absento nell’occhio e Lucretia similmente ad febre e catarro, pero vengo alli piedi di V.Ecc.a e la supplico […] che io non perda il corpo e l’anima assieme a farmi gratia di accomodarme l’appartamento di sobra le stantie di V.Ecc.a […] e se V.Ecc.a me fara cosi presto di intorno la supplico ad ordinare che se prevengano quelle stantie ad accomodarle perche mi pasta mandare il letto.« ACS, Carteggio FC, lettera da Anna, 17. 4. 1634. 308 Diese stammen vom 1. und 5. Mai. Es handelt sich um zwei kurze, formalisierte Briefe aus Rom, die einzig davon berichten, dass es ihr und den Kindern gut gehe. Wo in Rom sie sich zu dem Zeitpunkt aufhielt, geht aus den Schreiben nicht hervor. ACS, Carteggio FC, lettera da Anna, 1. und 5. 5. 1634. Aus dem Brief vom 1. September 1634 wird jedoch deutlich, dass sich das Thema noch nicht erledigt hatte: »[…] qui alle quattro fontane che ve ne pare non l’aria bonissima.« ACS, Carteggio FC, lettera da Anna, 1. 9. 1634. 309 »Addesso perý che [il palazzo] º ridotto a perfezione, donn’Anna, moglie del Principe

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padrone als Diplomat in halb Europa unterwegs war und sich wiederholt für längere Zeit in Rom aufhielt, besaß die Gabe, in einer unterhaltsamen, literarisch anmutenden Sprache dem Herzog von Modena vom gesellschaftlichen und politischen Leben an der Corte die Roma zu berichten. Seine Briefe sind ungewöhnlich scharfsichtig und gleichzeitig von einer charmanten Boshaftigkeit,310 so auch hier, wo er sich zum Umzug der Barberini äußert: Der Papst erwäge jetzt, wo ihm bewusst geworden sei, wie viel Geld sein Papstneffe zum Fenster hinausgeworfen habe, sich den Palazzo von der Apostolischen Kammer abkaufen zu lassen. Testi kommentiert: »[Es heißt], diese Signori [Barberini] seien zu allem fähig; und wenn die Kammer [ja sowieso] schon mit drei oder vier Millionen verschuldet ist, kann man ruhig auch noch diese andere, kleinere Kommission (giuntarella) tolerieren.«311 Der Palazzo alle Quattro Fontane wurde nie mehr in seiner ursprünglich intendierten Form als Wohnsitz gebraucht. Don Taddeo vermietete nach dem Auszug seinen Teil dem jüngeren Bruder Kardinal Antonio für 3.000 scudi pro Jahr,312 Kardinal Francesco unterhielt eine Bibliothek im Südflügel und insgesamt diente der Palazzo den Barberini zu repräsentativen Zwecken, insbesondere für Theateraufführungen.313 Warum Donna Anna und Don Taddeo mit ihrer Familie den soeben bezogenen Palazzo wieder verließen, lässt sich aufgrund all dieser hier zitierten Quellen noch nicht abschließend klären. Doch weist alles darauf hin, dass Donna Anna für den Auszug verantwortlich zu sein schien. Diese These wird gestützt durch eine weitere Quelle, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. Es handelt sich um einen sehr langen Brief von Anna Colonna Barberini an den Vater vom September 1634 – er entstand also kurz vor dem Auszug aus dem Palazzo alle Quattro Fontane.

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Prefetto, nega d’abitarlo, allegando che l’aria º cattiva e ch’ella e suoi figlioli ne sentono straordinario et evidentissimo nocumento.« Testi, Lettere, Vol. 1, Nr. 758, Juni 1634. Karsten, Verkehrsprobleme, S. 60. »Il papa, a cui forse rincresce che tanto danaro si sia gettato dal nipote, ha messo in trattazione che la Camera Apostolica lo comperi; e si crede che il contratto sia per avere effetto, ma non si vede gi” a che possa servire cotesto palazzo, il quale senz’altro importer” meglio di quattrocentomila scudi. Tutto il mondo esclama, ma dicano gli altri ciý che si vogliano, questi signori sono risoluti di fare il fatto loro; e se la Camera º indebbitata di ventitr¤ o ventiquattro millioni, puý ben anche tolerare in pazienza quest’altra giuntarella.« Testi, Lettere, Vol. 1, Nr. 758, Juni 1634. Zu Antonio Barberinis Ein- und Auszug aus dem Palazzo vgl. Waddy, Seventeenth-Century, S. 244 – 251. Zu den Theateraufführungen im Teatro Barberini vgl. Ademollo, I teatri.

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6.4.2 Donna Annas bibbia an den Vater Bei dem Brief vom September 1634 handle es sich – so Donna schreibt Anna – »eher um eine Bibel als einen Brief«314 (siehe Abbildung 13). Wie im Weiteren zu erfahren ist, ließ sie den Brief dem Vater, der sich im Palazzo Colonna di Marino, einem Landsitz in den Castelli Romani, befand, auf verstecktem Weg zukommen. Thema des Briefes sind die Gespräche, die Donna Anna mit den drei Barberini-Brüdern – den Kardinälen Francesco und Antonio sowie ihrem Ehemann Taddeo im Zusammenhang mit einem Ehrkonflikt, der in einem Duell mit tödlichem Ausgang geendet hatte, führte. Donna Anna zitiert die geführten Gespräche streckenweise wörtlich und webt dabei verschiedene Erzählebenen ineinander. Sich selbst zitiert sie ebenso lebendig wie ihre Gesprächspartner. Dadurch ergibt sich ein einem Theaterstück ähnlicher Text, bei dem man das Gefühl hat, dem Geschehen unmittelbar beizuwohnen. Der Bericht beginnt mit der Schilderung eines Besuchs von Kardinal Francesco: »Dieser Fuchs säuselte mit honigsüßen Worten und stinkendem Atem, er bedauere die Sorgen, die mein Haus nach dem Geschehenen erleiden müsse. Er drückte mir seine Anteilnahme aus – zum Glück sei mein Bruder noch am Leben. Er sagte diese und ähnliche nichts sagende Worte und fügte dann hinzu, dass ich ihm hoffentlich erklären könne, warum Eure Exzellenz einen Ausflug nach Grottaferrata unternommen habe – an dieser Stelle hielt er inne. Ich hörte ihm zu ohne ihm ins Gesicht zu blicken, er seinerseits fixierte mich […].«315

Was für ein Ereignis hätte dem Bruder beinahe das Leben gekostet und verlieh dem Kardinal Francesco das Recht, bei Donna Anna Informationen über einen Ausflug des Contestabile einzuholen? Eine Schilderung des damit im Zusammenhang stehenden Schlüsselereignisses findet sich im Gesandtenberichte von Fulvio Testi vom 2. September 1634: »Am gestrigen Freitag traf der Herr Don Carlo Colonna […], Sohn des Contestabile, in seiner Kutsche auf die Söhne des Herzogs Caetani und des Herzogs Cesarini, die sich ebenfalls in ihrer Kutsche befanden, die miteinander verwandt sind und Jünglinge von 314 »[…] la quale [lettera] si potra piu tosto chamar una Bibia che una letera«. ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. Für die Transkription des gesamten Briefes vgl. Trans. 1, Anhang A, S. 299 – 231. 315 »Incominciý la volpe ” favellare con parole melate et fiato puzzolente et le parole in sustanza forma queste che lui sentiva disgusto grande delli travagli della mia casa nel caso sucesso, che compatisce[?] me grandemente, che ringratiamo i dio che mio fratello fusse vivo, et molte altre parole simili generali et di nulla sostanza, poi conchluse che io dovessi pigliare ogni cosa ” buon fine di quello che si faceva, che V. E. era andata un poco ” spasso ” grotta ferrata et poi in questa parola fece pausa. Io ero stata ad ascoltarelo senza levarli mai gli occhi di faccia, et lui con gli occhi fissi […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634.

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dreizehn- oder vierzehn Jahren; weil Don Carlo den Vortritt haben wollte, ließ er mit Gewalt ihre Pferde anhalten und die Kutsche wenden, in der sie saßen. Dieses Verhalten hat großen Unmut erregt, weil der Hochmut der Colonna, besonders während dieses Pontifikates, alle Welt reizt, denn sie wollen sich über alle anderen römischen Adelsfamilien erheben.«316

Hinter diesem Streit um das Vortrittsrecht zwischen den Kutschen der CaetaniCesarini und der Colonna steckten ältere Familienfehden, die bei diesem Zwischenfall eskalierten. Als Don Gregorio Caetani, ein Onkel der betroffenen Jünglinge, erfuhr, wie sich Don Carlo Colonna seinen Neffen gegenüber verhalten hatte, forderte er diesen kurzerhand zu einem Duell heraus. Er selbst fand dabei den Tod – Donna Annas Bruder Don Carlo überlebte mit leichten Verletzungen. Der eskalierte Ehrkonflikt hatte überregionale, politische Konsequenzen: Fast alle Herzöge und Fürsten der italienischen Halbinsel ergriffen geschlossen Partei für die Caetani, bzw. für die mit ihnen verwandtschaftlich verbundenen Cesarini, und richteten sich damit gegen die Papstfamilie, die durch die eheliche Verbindung von Donna Anna und Taddeo gezwungen war, mit den Colonna zu solidarisieren. Der Konflikt bot den italienischen Herrschern eine günstige Gelegenheit, sich dem Souverän des Kirchenstaates entgegenzustellen und sich für jederzeit mögliche, spätere Auseinandersetzungen den Rückhalt zweier mächtiger römischer Familien, der Caetani und der Cesarini, zu sichern.317 Der Kirchenstaat sah sich von den umliegenden Fürsten- und Herzogtümern plötzlich ausgeschlossen. Die Schuldigen waren die Colonna – das war für die Papstfamilie klar. Donna Anna stand zwischen den Familien: Sie fühlte sich dem ColonnaGeschlecht zugehörig, war aber durch die Heirat und die gemeinsamen Kinder auch der Papstfamilie verpflichtet. Von diesem Spannungsfeld zwischen Herkunfts- und Ankunftsfamilie, in dem sich Donna Anna befand, legt die bibbia – auf die nun zurückgekommen werden soll – einmaliges Zeugnis ab. Der Papst hatte nach dem für Gregorio Caetani tödlich ausgegangenen Duell den Kardinälen der involvierten Familien Luigi Caetani und Alessandro Cesarini sowie dem Contestabile, der als Vater für Don Carlo mit Rache rechnen musste, verboten, für zwölf Tage ihre Häuser zu verlassen.318 Contestabile Filippo I. hielt 316 Testi, Lettere, Vol. 2, S. 392. Deutsche Übersetzung aus: Karsten, Verkehrsprobleme, S. 61. 317 Vgl. dazu Karsten, Verkehrsprobleme, S. 60 – 65. 318 »Nro Sig.re e Vra Em.za (Kardinal Francesco] […] e il Sig. Cardinale Antonio ” significato ” sua Ecc.za [Contestabile Colonna] il gusto di Nro Sig.re di starsene (gemeint ist der Contestabile) per dodici giorni in casa, per sfugire le inconveniente di monalti[?] e di inquietitudine alla cita e governo di sua santit”.« Und weiter unten: »[…] fare precetto nel istessa forma al Cardinale Caetano et Cesarino che non uscisse di casa.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634.

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sich nicht an die päpstliche Anweisung und stahl sich kurz nach dem Duell aus Rom. Mit diesem Verhalten signalisierte er, dass die Colonna nicht bereit waren, sich der päpstlichen Autorität zu beugen.319 Im Gegensatz zu den Barberini, deren einflussreiche Position in Rom nur vorübergehender Natur und mit dem Tod Urbans VIII. zu Ende sein würde, mussten sich die Colonna als altadlige, traditionsreiche Familie um ihre Stellung keine Sorge machen und sahen entsprechend keinen Grund, sich irgendjemandem unterzuordnen. Ein Verhalten, das von Zeitgenossen – wie Testi – als hochmütig und arrogant empfunden wurde. Dem eingangs wiedergegebenen Gespräch mit Kardinal Francesco, der wissen wollte, warum Filippo I. trotz Verbot Rom verlassen habe, fügt Donna Anna an, der Kardinal misstraue dem Contestabile hartnäckig und gebe sich nicht mit der Erklärung zufrieden, dass in Marino das gesündere Klima herrsche. So schlecht sei es um die Gesundheit des Contestabile in der Stadt nicht bestellt.320 Darauf verteidigt Donna Anna ihren Vater : »Eure Eminenz [Kardinal Francesco] will mich wahrlich verspotten. Ich halte meinen Vater für einen Mann von fünfzig und mehr Jahren und nicht für einen Jungen. Wenn er in Rom bleiben wollte, wäre er nicht nach Marino gegangen, aber weil er nun mal gegangen ist, wollen wir uns [doch nicht] wie Kinder aufführen.«321

Sie schließt mit den Worten, es sei nicht ihre Aufgabe, den Kardinal in dieser Sache zu beraten. Ihr stehe es einzig zu, für den Ruf ihres Hauses und die Person ihres Vaters zu beten, müsse sich aber sonst von der Angelegenheit distanzieren.322 Sie gibt vor, auch den Vater gebeten zu haben, sie nicht mehr in die Sache zu involvieren, sie verweigere fortan auch ihm eine Antwort323 in dieser Ange319 Als Kardinal Barberini Anna nämlich versicherte, dass das Leben von Don Carlo nicht in Gefahr sei, reagierte sie verwundert und meinte, gar nicht an einen Racheakt gedacht zu haben. Der Bruder habe sich doch so verteidigt, wie es sich für einen Cavaliere gehöre: »[Kardinal Francesco] mi rispose non ci e pericolo della vita del Sig. Don Carlo per che io l’asicuro sopra alla mia. Io restai stupita che dicesse questo et replicai queste sue cose che non mi passano per la mente per che mio fratello non ” fatto cosa che si possa dubitar di cio s’º difeso valorosamente come ” da fare ogni cavaliere suo pari […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. 320 »[Kardinal Francesco] mi sogiunze, non cie gia mutatione d’aria di qua ” Marino et il Sig. Contestabile non pativa […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. 321 »V.ra Em.za mi vole davero burlare, per che io tengo mio padre per omo di cinquanta et piu anni et non per un ragazzo se voleva stare in Roma non sarebe andato ” Marino, ma esendo andato volemo fare il gioco che fanno li ragazzi ora vanno et ora vengano.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. 322 »Io non sono buona ” consigliare l’ofitio mio con V.ra Em.za non º altro che di pregare, come lo prego che rimane[?] bene alle riputazione della mia casa et persona di mio padre et che io non posso oggi far altro che stare alla scena ” vedere et non ” consigliare.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. 323 »[…] e ho pregato ora per sempre di questo fatto il mio padre non parlar meno mai piu per

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legenheit. Dies rechtfertigt sie mit den Worten: »Da ich als Frau nicht gut bin im Schreiben«324 und fügt hinzu: »Ich weiß nicht mehr, wem ich heute vertrauen kann, die Welt ist korrupt und die Seelen, die sie führen, sind angetrieben, meinem Haus und der Person meines Vaters Schlechtes zu wollen.« Bei dieser Emotionalisierung handelt es sich um ein von Donna Anna bewusst inszeniertes, defensives Verhalten, eine »Waffe«, die ihr als Frau zur Verfügung stand. Kardinal Francesco kannte diese Strategie und hatte zu akzeptieren, dass sie den Vater niemals verraten würde. Mit gespielter Freundlichkeit erwidert er ihr entsprechend, er sei über das Blut mit dem Contestabile verbunden und somit gezwungen, diesem zu dienen, ob er wolle oder nicht.325 Donna Anna schließt die Erzählungen der Unterredung mit dem Kardinal mit den Worten: »Ich danke Gott, dass Sie außerhalb des Einflussgebietes [im Original: Ragnia] weilen und denke, es wäre sehr vernünftig, wenn Sie nicht so bald zurückkommen würden.«326 Etwas anders verlief das Gespräch mit ihrem Ehemann, das sie mit diesem im Anschluss an den Besuch von Kardinal Francesco geführt hatte. Wütend soll sie zu Taddeo gesagt haben, sie sei überzeugt, dass einer der Kardinäle bewusst ihren Vater angegriffen hätte. Darauf hält sie ihm eine Rede, die sie ihrem Vater wörtlich wiedergibt. Hier zeigt sich auf unvergleichliche Weise, wie sehr sie sich mit ihrer Abstammung identifizierte: »Ich [werde] bis zu meinem Tod nicht aufhören, die Tochter meines Vaters zu sein und das sind die letzten Worte, die ich Seiner Exzellenz [Don Taddeo] zu sagen habe. Und wenn ich sehe, dass weiterhin auf diese Art gegen meinen Vater vorgegangen wird […] sei es mir im Herzen nicht drum, bei Seiner Exzellenz [Don Taddeo] zu bleiben […] mit diesem Blut bleibe ich meinem Haus treu […], ich kenne diese Fiesheit, die ich seit sieben Jahren erdulden muss, in denen ich mit Seiner Exzellenz zusammen bin und vier Kinder meinem Innern entsprungen sind. Ich sehe keinen Sinn darin, auf bessere Zeiten zu hoffen, auch nicht für die Person meines Vaters […] Ich sagte all dies nicht mit Verachtung, auch nicht angestiftet von weiblicher Streitsucht, die sich nach sieben Jahren angestaut hatte, sondern weil ich mit ansehen muss, wie mein eigenes Blut beleidigt wird.«327

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che mi protestatio che non gli averei da dato risposta alcuna […]«. ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. »Io potevo dire ” Sua Em.za e che io non volevo ingerirmi in tale trattato ne negotio con mio padre per essere donna che non so bene mettere in carta.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. »[…] in fine conchluse con una sparata di buone parole che lui º congiunto con il sangue con V. E. che º obligato ” esserli servitore che ben che non volesse.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. »Ringratio i Dio che V. E. º fuora della Ragnia et credo che sara prudentissimo ” non rientrare.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. »[…] se questo tiro che il papa ” fatto ” mio padre, e stata fattoli fare per istigatione di Barberino [Kardinal Francesco] ce[?] compiacenza de spagniouli Sua Em.za [Kardinal Francesco] conoscera con il tempo quel che ” fatto et se la fatto fare Antonio per compiacere

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Diese Ansprache zeigte Wirkung. Im ersten Moment habe Don Taddeo nicht reagiert, doch »dann hat er so gehandelt, wie ich es nie erwartet hätte«. Er verlangte eine Audienz beim Papst und brachte die Angelegenheit in Ordnung. Wie genau er das tat, geht aus dem Brief nicht hervor.328 Donna Anna hatte Taddeo angedroht, ihn zu verlassen. Damit setzte sie ihn so unter Druck, dass ihm keine andere Möglichkeit blieb, als den Papst aufzusuchen und den Konflikt in Ordnung zu bringen, bevor der Streit an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Denn eine Trennung des Ehepaares wäre für die Papstfamilie eine große Blamage gewesen. Möglich ist, dass der Auszug am 14. Oktober 1634 aus dem Palazzo alle Quattro Fontane mit diesem Konflikt im Zusammenhang stand und von Donna Anna, die sich dort nicht wohlfühlte, als willkommenes Druckmittel eingesetzt worden war. Donna Annas bibbia legt nicht nur Zeugnis von einem Konflikt zweier mächtiger Familiengeschlechter und ihrer eigenen Identifikation mit dem Herkunftsgeschlecht ab, sondern gibt auch Aufschluss über das Verhältnis zwischen ihr und den männlichen Vertretern der Ankunftsfamilie. Mit Papst Urban VIII. hatte Donna Anna in diesem Konflikt ihren Ausführungen gemäß nie direkt zu tun gehabt. Auch sonst lassen die Stellen in ihren Briefen, wo sie den Papst erwähnt, auf kein persönliches Verhältnis schließen. Dies wiederum zeigt, wer innerfamiliär das Sagen hatte: Kardinalnepot Francesco war zweifellos die mächtigste Person der Familie. Für diesen war Donna Anna, die – wie anhand der Wohnstruktur aufgezeigt werden konnte – sein weibliches Pendant war, ein Hindernis in seinem ehrgeizigen Streben nach mehr Macht und Ansehen. Donna Anna war ihm auch intelligenzmäßig ebenbürtig; sie durchschaute sein vordergründiges Spiel und misstraute ihm. Vielleicht standen sogar Donna Annas ai Caetani prova[?] listesso che ý detto di sopra; dico io benche ” V. E. che io non lasciaro insino al perdere della mia vita istessa di esere figlia di mio padre et che queste saranno l’ultime parole che io diro ” Sua Ecc.za [Don Taddeo] e che quando vedro seguitare in questa forma verso la persona di mio padre termini di tanta ingiustia[?] che non mi dara il core di conservare con Sua Ecc.za il quale se ben voglio credere che non abia parte in questo negio tutta via e pur di questo sangue cosi remerario verso la mia casa et penzo mendi mio padre pero conoscendo io che questa perfidia et volemo non a potuto per sette anni contiscono che io sono stata congiunta con Sua Ecc.za et dalle mi viscere uscitone quattro figli, non avevo cagione di aspettarme piu frutti di bene ne per la persona di mio padre […] et che dicevo questo ” Sua Ecc.za non per moto di sdegnie ne mi movevano querele feminile che per sette anni ý tutte passate et simulate, ma il vedere tordire il mio proprio sangue […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. 328 »Lui si rimessa buone parole, e ci levamo di tavola; dopo questa io non li ý parlato piu ne di quello che e, passato ne delle persona di V. E. ne mi sarei mai creduta che questo omo avesse fatto quello che ” fatto questo […] et mi dice lui questa sera che lui la matina di venerdi andý da Barberino et si dolse del tiero fatto ” V. E. et che disse che ne soleva parlare con N.ro Sig. […] Entrý dal papa et mi dice che il papa li fece una lunga dicendoli che questo fatto non si poteva far dimeno per il ben publico per la quiete del suo governo et mille altre pastochie.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634.

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Asthma-Anfälle im Palazzo alle Quattro Fontane, ihr Beklagen über die »schlechte Luft« – im übertragenen Sinne – im Zusammenhang mit der physischen Nähe zum verhassten Kardinalnepoten. Während sie ihn »Fuchs« nannte, verglich sie den jüngeren Bruder Kardinal Antonio mit einem »buckligen Füchslein«,329 womit deutlich wird, was sie von diesem hielt: In ihren Augen war er das unfähige Kind des großen Fuchses. Das Verhältnis zum Ehemann Taddeo war, wie die Korrespondenz an ihn gezeigt hat, nicht spannungsfrei, doch konnte sie ihm keine Bösartigkeit vorwerfen – dafür war er zu träge. Im geschilderten Konflikt instrumentalisierte ihn Donna Anna zu ihren Zwecken und brachte ihn dazu, mit dem Papst zu verhandeln. Zwei Jahre später findet sich – wiederum in einem Zitat aus Donna Annas Feder – der Eindruck bestätigt, dass Don Taddeo weder ein cavaliere noch ein ebenbürtiger Partner für seine Frau war. Donna Anna an Vater Filippo I: »Wenn ich einen cavaliere als geliebten Ehemann hätte, der ganz aus Fleisch bestehen würde, könnte ich von ihm Hilfe erwarten. Aber als Sie ihn mir gegeben haben, konnten Sie ja nicht wissen, dass er halb aus Fleisch und halb aus Stuck besteht.«330

Das in unseren Augen eher ungewöhnliche Attribut »Stuck« zur Charakterisierung einer Person, lässt an barocke Stuckaturen denken: Dekorativ, formbar, aber innerlich hohl.331 Wie unzufrieden und zugleich hilflos sich Donna Anna in ihrer Ehe und in der Barberini-Familie fühlte, wird noch deutlicher, wenn sie weiterfährt: »Ich frage mich immer wieder, ob ich, indem ich unser Blut weitergebe, es beeinflussen kann, dass dieser schlechte Einfluss [der Barberini] nicht weiterhin Spuren hinterlässt. Ich sehe zwar viele Möglichkeiten, die uns von diesen unendlichen Sorgen und der Hand, die sie regiert und die sich zu sehr gegen dieses Blut richtet, befreien könnten, doch betrübt es mich zu erkennen, dass ich nur ein dümmlicher Vogel bin, der weder Name noch Stimme hat. Und doch höre ich nicht auf zu kämpfen, um der unendlichen Liebe Willen, die ich Eurer Exzellenz gegenüber empfinde.«332

329 »[…] volpacchiotta picola et gobba.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 9. 9. 1634. 330 »Se io avessi per mio dilettiss.mo consorte un cavaliero tutto di carne potria sperare qualche aiuto ma V. E. che quando me la dato non lo sapeva che era mezo di carne et mezzo di stucco.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 27. 8. 1636. 331 Ich danke den Tagungsteilnehmenden des AKG FNZ vom November 2008 für die anregenden Ideen zur Interpretation von Stuck in diesem personifizierten Kontext. 332 »[…] vado sempre considerando se si potesse, et io con il proprio spargere il mio sangue rimediare che non segnitasse questo male influsso, ma per che dal altro canto vede molte cose che ci posiamo liberare da infiniti travagli et la mano di chi governa, troppo perversata verso questo sangue, mi sento afligare conoscendo che io sono come quel ucelli chucco che non ha se non piu nome et voce ma tutto questo non mi aresta, ma come ho detto per l’amore che porto ” V. E.« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 27. 8. 1636.

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6.4.3 Donna Anna und die Colonna nach dem Tod des Vaters Mit dem Tod des Vaters Filippo I. verlor Donna Anna ihre wichtigste Bezugsperson. Zuerst übernahm der erstgeborene Sohn Federico die Rolle des Familienoberhaupts und den Titel des Contestabile. Da Federico aber ebenfalls kurz darauf starb (25. 9. 1641), gingen der Contestabile-Titel und die mit der Position des Familienoberhaupts verbundenen Aufgaben auf den nächsten nicht-geistlichen Sohn Marcantonio V. über, der seit 1629 mit Isabella Gioeni in Sizilien verheiratet war.333 Von Donna Anna sind an Marcantonio V. ab 1641 bis zum Papsttod 1644 auch wieder viele lange Briefe vorhanden, doch fehlt diesen die Vertrautheit, welche die Briefe an den Vater aufwiesen. Sie geben aber weiterhin Aufschluss über das Verhältnis Donna Annas zu ihrer Herkunftsfamilie. 1641 ist die Übertragung des Titels des Contestabile – der große Colonna-Stolz – nach dem Tod Federicos das Hauptthema der Briefe. Donna Anna befürchtete, dass der Vizekönig von Neapel den Titel und die damit verbunden Ländereien nicht an Marcantonio übergeben würde. Dies bewegte sie dazu, sich vehement für die Familienehre einzusetzen und sich bei ihrem Bruder über den mangelnden Respekt, den man in ihren Augen den Colonna entgegenbrachte, zu beklagen.334 Ihre Ausführungen hierzu füllen mehrere lange Briefe, die sie innerhalb weniger Tage verfasst hatte. Es wird deutlich, dass ihr einmal mehr eine Scharnierfunktion zwischen ihrer Herkunfts- und ihrer Ankunftsfamilie zukam. Sie vermittelt zwischen Kardinal Francesco Barberini und ihrem Bruder und zeigt, dass sie über die politischen Ereignisse aufs Beste informiert ist.335 Dreimal hintereinander schließt sie ihre Briefe mit einem Satz der Art: »Eure Exzellenz soll meine Briefe verbrennen, damit sie von niemandem gesehen werden.«336 Marcantonio V. war dieser Aufforderung der Schwester nicht nachgekommen. 333 Bonadonna Russo, Donna Anna, S. 482. 334 »Mi sento scoppiare il cuore per cio parlo cosi ” V. E. et per che non vi sara nessuno che li dichi questo che li dico io, per che ogniuno tira all suo interesse et lasciano fare ” V. E., mai o se bene sono uscita dalla casa di V. E. sono pur figlia di un padre che mi fece quello che cento figlie insieme non l’hanno ricevuto, ne ho altro interesse che la riputatione et il sostentamento della casa et persona di V. E. et suoi figli, basta dio vole che io habbia dure tormenti uno e l’amore che porta ” loro altri Sig.ri miei fratelli […].« ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna, 21. 12. 1641. 335 »Dopo haver scritto ” V. E. et mandatoli la lettera per via dell Bianchi con un altro piego della Sig.ra Duchessa mia Sig.ra il Sig. Cardinale Barberini mi ha mandato ” dire per il Marcechini segretario che vedendo sua Em.za la lungezza che fa il Sig. Vicere di Napoli di dare ” V. E. il dovuto posesso de suoi stati in Regnio fra pero voluto sua Em.za per sua benignit” reiterare gli ufici col questi Sig.ri Cardinali Albertozi et Ambasciatore di Spagnia. Accio scrivevo di moto all vicere per questo negotio et cosi mi dice il Sig. Marchini che danno accettato di fare con molto calore, et puntezza. In piu sua Em.za ancora ne ha voluto scrivere all Sig.re Vicere una lettera et qui la mando ” V. E. ” mezza volante […].« ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna, 21. 12. 1641. 336 »V. E. abrugi le mie lettere per che non siano viste« und ähnlich in den folgenden Briefen:

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Auch in den folgenden Jahren bis zum Papsttod 1644 wird aus Annas Briefen an das neue Familienoberhaupt der Colonna deutlich, dass Donna Anna weiterhin Einfluss auf viele der Geschäfte ausübte und mit dem Bruder in engem Kontakt stand. Die Spannungen mit den Barberini sind wieder verstärkt ein Thema. Seit dem Tod Urbans VIII. war das Misstrauen zwischen den Familien gewachsen, was an Stellen wie dieser deutlich wird: »Ich habe Barberino [Kardinal Francesco] nicht mehr gesehen, aber gestern kam Signor Prefetto [Taddeo] gesund mit der Postkutsche zurück; er kann mir nichts vormachen, er spricht, als würde er aus Indien kommen, und wenn ich ihn frage, dann sagt er, er wisse von nichts.«337 Oder an einer anderen Stelle, wo Donna Anna im Zusammenhang mit den Diskussionen über die Nuntiaturbesetzung in Spanien, dem Bruder klagt, sie könne machen, was sie wolle, »in jeder Sache setzt er [Kardinal Francesco] sich über mich hinweg«338. Und sie fährt fort: »Und weil diese aus dem Palazzo [die Barberini] mir gegenüber jeglichen Respekt verloren haben, kann ich auch ihren Herren in keinen größeren Geschäften mehr dienen […]. Sie sind nicht ehrlich zu mir und erschweren mir jegliche Sache.«339 Dieser kurze Einblick in den Briefwechsel mit dem Bruder Marcantonio Colonna aus der Zeit von 1641 bis 1644 bestätigt den bereits aufgrund der Briefe an den Vater Filippo I. entstandene Eindruck: Donna Anna lebte zwar formal als Ehefrau des Papstneffen bei den Barberini, gehörte aber nicht zur Familie. Man begegnete ihr und ihrem Engagement für die Colonna mit Misstrauen und schloss sie bewusst aus vielen Geschäften aus. 6.4.4 Verhalten innerhalb der Ankunftsfamilie Einen Einblick, wie Donna Anna mit dieser schwierigen Situation in ihrem täglichen Leben – war sie doch formal Teil der Barberini – umging, geben ihre Briefe an Ehemann Taddeo vom 2. November 1642 bis 30. Dezember 1643. Er war als päpstlicher General für den Krieg um das Dukat Castro (vgl. Kap. 12.1.1) unterwegs und erhielt während dieser Zeit regelmäßig von Donna Anna Bericht »lo priego ” perdonarmi la lungezza et ” brugiare poi questa mia lettera accio non vada in mano d’altri;« sowie: »V. E. mi perdonera pigli in bene il tutto et la priego ” straciare questa mia lettera.« ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna, 12., 19. und 21. 12. 1641. 337 »Io non ho piu visto Barberino ma ieri sera ritorno per la poste il Sig. Prefetto con buona salute ma non me posso cavare niente tanto parla delle cose convente quanto uno che venisse dall’indie; et se io lo dimando dice di non sapere niente.« ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna, 2. 10. 1642. 338 »[…] alla fine in ogni cosa si sgabella sopra di me«. ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna, 12. 9. 1643. 339 »E come poi mi haveranno perso il respetto questi di palazzo non li posso servire ” loro Sig.ri in cose maggiori; […] et mi danno ad intendere il bianco per il nero per che mi fanno notevole(?) dificulta in tutte le cose.« ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna, 12. 9. 1643.

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aus Rom.340 Hatte man aus den Briefen von 1633, kurz nach dem Einzug in den neuen Palazzo alle Quattro Fontane, oft noch den Eindruck, Donna Anna sei mit den vielen neuen Pflichten überfordert, so findet man nun knapp zehn Jahre später – die Familie wohnte zu dem Zeitpunkt seit sechs Jahren wieder in der Casa ai Giubbonari – vergleichbar sachliche Briefe vor. Im Durchschnitt schrieb Donna Anna ihrem Mann zwei bis drei Mal pro Monat und unterrichtet ihn über Bauprojekte, Haushaltsfinanzen, Kinder, die Familie, Weinberge, Dienerschaft usw. Im Vergleich zu den Briefen von 1633 sind die von 1641 bis 1643 viel strukturierter ; aus ihnen spricht eine Frau, die die von ihr erwarteten Verantwortungsbereiche kennt und die höfischen Spielregeln beherrscht.341 Auffallend sind die sprachlichen Formulierungen, in welchen sie sich den Anweisungen des Ehemannes unterwirft und ihre Handlungen »als Frau« entwertet.342 Die bereits Kardinal Francesco gegenüber beobachtete Rückzugsstrategie in der bibbia wendet sie öfters auch Don Taddeo gegenüber an und erfüllt in sprachlicher Hinsicht die traditionellen Geschlechterrollen, wie sie zum Beispiel im Traktat von De Luca beschrieben sind.343 In den alltäglichen Pflichtbriefen an den Mann verhält sie sich so, wie es die gesellschaftlichen Normen von ihr erforderten. Ungeachtet der Konflikte und Probleme, hatte sie sich in der Familienhierarchie formal den Entscheidungen ihres Mannes unterzuordnen. Doch gerade die weiblichen Normbilder boten ihr auch eine strategische Möglichkeit, Handlungen zu legitimieren. Zum Beispiel am 14. Dezember 1641: »Ich habe daran gedacht, dass wir dieses Jahr das Hauptabendmahl an Weihnachten in der Kapelle von Signora Costanza durchführen […] So habe ich gedacht und dem

340 Wie schon die Briefe von 1633, sind auch diejenigen von 1642 und 1643 überliefert in: BAV, Barb. lat. 10043. 341 Ein schönes Beispiel für die Struktur in diesen Briefen ist ihr Schreiben vom 10. Januar 1642. Hier gliedert sie die verschiedenen, abzuhandelnden Themen in acht Punkte: »1. Circa alle mancie […] 2. Circa alla vigna […] 7. Circa all mastro de paggi […] usw.« BAV, Barb. lat. 10043, 10. 1. 1643, fol.69 – 72. Ähnlich auch: ebd., 14. 12. 1641, fol. 52 – 56. 342 So z. B.: »[…] il computista mi haveva portato un mandato che io ho pasati per questi che V. E. mi vuole far gratia ” me. Ma io non l’ho intanto voluto passare, ho detto di volerlo prima scrivere ” V. E. come fo rimettendomi sempre alli suoi comandi.« BAV, Barb. lat. 10043, 28. 12. 1641, fol. 60r/v. Oder : »[…] ho ordinato all’auditore che ne scrissa ” V. E. ” pieno, et io mi meraviglio che nissuno ci penzi ” questo disagio pero io lo detto chiaro che non faro niente circa alli monti non vacabili se V. E. non me lo scrissi chiaramente« BAV, Barb. lat. 10043, 15. 2. 1642, fol. 73v. Oder auch: »Questo º quello che io ho discorso ma me rimettendomi sempre ” quello che piace pi· ” V. E.« BAV, Barb. lat. 10043, 14. 1. 1643, fol. 145. 343 »Sopra il modo col quale si debba portare col marito; […] Tuttavia maggiore studio deve fare la donna nel portarsi bene col marito, come suddita, e dipendente, […] onde l’umilt”, l’ossequio, e la pazienza sono parti necessarie […] mantenere sano il velo del rispetto […].« De Luca, Il cavaliere, S. 327 f.

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maestro di casa aufgetragen, vorausgesetzt, Eure Exzellenz wird nichts anderes befehlen.«344

Donna Anna hatte bereits entschieden, wo das weihnachtliche Abendmahl stattfinden sollte und die nötige Organisation in die Wege geleitet. Die Konvention erforderte es aber, dass sie als Ehefrau ihrem Mann das Gefühl gab, am Entscheidungsprozess teilgenommen zu haben. Durch die Floskel wurde die Hierarchie formal erhalten. Noch expliziter zeigt sich dies an folgender Stelle: »Ich möchte fähig sein, Eurer Exzellenz stets mit der Pünktlichkeit zu dienen, die Sie verdienen […]. Ich liebe es, die casa zu führen, aber ich glaube, ich mache dabei viele Fehler, für die ich Eure Exzellenz um Entschuldigung bitte, weil ich als Frau gewisse Dinge tue, die mich irren lassen. Aber Gott weiß um die Treue und Aufrichtigkeit meines Herzens; an ihn richte ich mich und er hilft mir, nicht zu irren. Und Eure Exzellenz bitte ich wie gesagt um Verständnis, denn kein Fehler geschieht mit Absicht.«345

Diese sprachliche »ge-genderte« Rückzugsstrategie benutzte sie immer dann, wenn sie sich von möglichen Vorwürfen oder Einwänden schützen wollte. Deutlich wird dies, wenn sie am 31. Oktober 1643 ihrem Ehemann von ihrem Entschluss berichtet, ein Kloster zu gründen.346 Sie führt ihn sorgfältig in die Thematik ein und schreibt ihm zuerst, sie trage seit sieben Jahren einen Gedanken mit sich herum, den sie nun endlich mit ihm teilen möchte. Weil er stets zu beschäftigt gewesen sei, habe sich keine Gelegenheit ergeben, ihm davon früher zu berichten. Nun aber : »[… habe ich] beschlossen, dass ich ein Kloster für die Nonnen der Barfüßigen Karmelitinnen, im Namen der heiligen Teresa von Avila, gründen werde […]. Meine Absicht dahinter ist, nur Gott zu gefallen und die Zahl derjenigen zu vergrößern, die Ihm wie die Barfüßigen Karmelitinnen […] dienen.«347 344 »Comunico con V. E. il mio penziero di far fare la comunione generale per questo natale nella capella di Costanza […] tanto ho pensato et ordinato al maestro di casa, se V. E. non comandera altrimente.« BAV, Barb. lat. 10043, 14. 12. 1641, fol. 54v. 345 »Vorei essere abile ” servire V. E. con quella puntualit” che lei merita […] et bramo nell governo della casa ma credo di fare molti mancamenti li quali V. E. scusera per essere io donna et non pratica di molte cose, che possono farmi per cio errare. Ma la fedelta et sincerit” dell mio cuore la sa dio che la vede, pero ” lui mi racomando accio non mi faccia errare; et ” V. E. priego ” compatirmi come dico, non ci essendo difetto in nulla di volont”.« BAV. Barb. lat. 10043, 1. 1. 1642, fol. 64. 346 BAV, Barb. lat. 100043, fol. 198 – 211. Eine Transkription des Briefes findet sich bei Dunn, Piety, S. 660 f. Diese ist allerdings teils unvollständig und fehlerhaft. Die hier zitierten Stellen basieren auf meiner Transkription des Originals. 347 »Mi son risoluta […] di fare una fondatione di un mio monastero delli religiosi monachi di scalze di Santa Teresa conforme all’inscritto della Santa sotto la sua regola et guida delli generali della Religione. […] Il mio fine in far questa opra º solo per far cosa per dar gusto ” dio et per ampliare il monastero di chi lo serva da dovere come sono le monache scalze.« BAV, Barb. lat. 10043, fol. 199 – 200.

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Das Schreiben behandelt im Folgenden drei Punkte: Erstens bittet sie Don Taddeo um die Bewilligung, den ersten Stein am Tag der Madonna della Presentazione legen zu dürfen. Zweitens fragt sie ihn um Erlaubnis, seinen Architekten Francesco Contini für das Projekt zu beauftragen. Und drittens gibt sie ihm ihr Ehrenwort, dass das Projekt, sollte sie sterben, ihn finanziell nicht belasten wird, da sie per Testament den zehnten Teil ihrer Mitgift (18.000 scudi), der ihr gemäß Gesetz zustand, für das Projekt hinterlegen wird.348 Die bisherige Forschung, die sich mit dem Kloster Regina Coeli beschäftigte, war der Meinung, dass Anna Colonnas Gründe für eine Klosterstiftung religiös motiviert waren.349 Damit einher ging die Interpretation, Donna Anna habe lange Zeit wegen der »familiären Heiratspolitik ihre Religiosität unterdrücken« müssen und »ihr persönliches Ziel, sich nur Gott hinzugeben«, erst verwirklichen können, »als sie von den familiären Verantwortungen losgelöst war«.350 Nach all dem, was bisher über Donna Anna, ihren Charakter und ihre Lebenssituation gesagt wurde, würde diese typisch religiös-spirituelle Begründung zu kurz greifen – auch wenn sie selbst ihre Pläne damit rechtfertigte. Von welchen Faktoren Donna Anna wirklich getrieben wurde und unter welchen Umständen sie das Klostergründungsprojekt vorantrieb, darauf soll später noch genauer eingegangen werden (vgl. Kap. 7.6). In der Haushaltskorrespondenz an Taddeo von 1642/1643 finden sich nicht nur Stellen, wo sie sich und die Gründe für ihre Handlungen hinter ihrem biologischen »Frau-Sein« oder ihrer Religiosität versteckt. Für gewisse Aufgaben übernimmt sie die volle Verantwortung. So schreibt sie ihrem Ehemann zum Beispiel, nachdem er ihr trotz mehrmaliger Erinnerung die Debitorenliste immer noch nicht geschickt hat: »Der computista und ich beschweren uns täglich, dass die Debitorenliste von Eurer Exzellenz noch nicht angekommen ist. 348 »Questa consiste in tre capi º primo ch’ella benigniante contentarnela ” darmi il suo placet per porre la prima pietra il giorno della madona della presentatione […], 28 º che io prego V. E. di contentarsi che al disegnio della chiesa et monastero vi assista in alcuna cosa il Sig.re Francesco Contini architetto di V. E. […]. 38 º che sucedendo la mia morte et il monastero non sia fenito si come io non intendo di gravar V. E. nella casa in vita mia di spesa di somme alcuna per detto monastero cosi anco non intendo di gravarla doppo la mia morte. Pero penso di lasciare per queste opra questa parte della mia dote che mi concede la legge et col statuto di Roma che º la decima parte di detta mia dote la quale essendo stata di cento ottanta mila scudi la decima parte sono dieceotto mila; li quali volendo io fare il testamento subito fatta la fondatione.« BAV, Barb. lat. 10043, fol. 200v–201. 349 Vgl. Anm. 212. 350 Dies ist die Schlussfolgerung von Dunn, nachdem sie die Kunstpatronage von Camilla Orsini Borghese (1603 – 1685) mit derjenigen von Anna Colonna Barberini verglichen und weitere Untersuchungen zur Matronage von Francesca Baglioni Orsini und Camilla und Virginia Savelli Farnese vorgenommen hatte. Dunn, Piety, S. 660; dies., Spiritual, S. 157. Ihre detailliert recherchierten Resultate zur Kunstpatronage von Anna Colonna sind jedoch insgesamt äußerst wertvoll.

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Die Erhebungen sind überfällig […]. Es ist keine Zeit zu verlieren, und ich will, dass die Liste bald in der computisteria ist.«351 Sie entschuldigt sich zwar auch hier wieder für ihre ungeduldigen Forderungen, begründet diese aber rational: Sie sehe, wie die Geschäfte hinterherhinken.352 Hier zeigt sich, wie gut informiert sie tatsächlich über die Haushaltgeschäfte und die finanzielle Situation der famiglia war und lässt vermuten, dass der Haushalt der Barberini ohne sie in diesen Jahren nicht hätte funktionieren können. Einen kleinen Eindruck von den vielen Aufgaben, die sie tagtäglich zu verrichten hatte, gibt folgende Stelle: »Ich bin drauf und dran krank zu werden wegen der Sorgen und der Aufgaben, die mir diese diversen Besuche bereiten: Ich hatte zwei Taufen und zwei Weihungen von Nonnen und das in dieser unsäglichen Hitze […]. Diese mühsamen Funktionen haben mich so sehr ermüdet, dass es mir nicht möglich war, mich Eurer Exzellenz früher mit Briefen zu empfehlen.«353

Allerdings sollte man den Stellen in Donna Annas Briefen, wo sie ihrer Überlastung Ausdruck verleiht, mit Vorbehalten begegnen. Bestimmt trug sie viel Verantwortung, hatte viele Aufgaben und Funktionen zu erfüllen, doch gehörte es – wie sich mehrmals gezeigt hat – zu ihrem Naturell, sich immer wieder lautstark zu beklagen. In dieser Hinsicht war Maria Veralli Spada, auf der kaum weniger Verantwortung lastete, ganz anders, wie noch zu sehen sein wird.

7

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7.1

Quellenüberblick

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Anna Colonna Barberini in der Zeit ab der Flucht der Barberini aus Rom im Januar 1646 bis zum Tod Donna Annas am 31. 10. 1658. Die gesellschaftliche Position der ehemaligen Papstnichte erfuhr mit dem Ende des Barberini-Pontifikats 1644 eine Neudefinition, nach dem Tod von Don Taddeo 1647 waren die Veränderungen für sie erneut einschneidend. Im Folgenden soll Donna Annas Verhältnis zu Herkunfts- und Ankunftsfamilie 351 »Mi lamento ogni giorno con il computista che ancora non posso arrivare ad havere la lista delli debitori di V. E. et li riscossioni stanno indietro assai […]. La lista non ha tempo […] ma io vorrei che stasse un poco pi· in computisteria.« BAV, Barb. lat. 10043, 15. 2. 1642, fol. 73v. 352 »V. E. mi scusi se io dico cos…, per che vedo le cose caminare zoppicando[?].« BAV, Barb. lat. 10043, 15. 2. 1642, fol. 74v. 353 »Ma mi creda V. E. Sig. mio che io mi son creda di amalarmi, per il travaglio et anedio[?] che mi anno date le visite con avere fatto doi batesimi et doi vestitiane di moniche, con tanto caldo et in tempi fastidiosi […], questi funtioni fastidiose mi anno tanto tenuta sta che […] del mio debito di riverire V. E. con lettere […].« ACS, Cart. FC, lettera da Anna, 5. 7. 1636.

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während der Zeit des Frankreich-Aufenthalts der Barberini sowie als Witwe genauer beleuchtet und ihre Handlungen – insbesondere auch ihre Klostergründung – in den politischen, familiären und gesellschaftlich-sozialen Kontext eingebettet werden. Dass es sich insgesamt um turbulente Jahre handelte, bei der die Familienstrukturen der Barberini zuerst durch den Papsttod, dann durch das Leben im Exil und schließlich die Wiedereingliederung in Rom aufbrachen, spiegelt auch die Quellenlage wider : Aus dieser Zeit sind nur vereinzelte Briefe von Donna Anna an ihre Familienmitglieder überliefert, sodass das Kapitel nicht nur auf Korrespondenz, sondern auf auch auf Berichten von Gesandten und anderen Zeitgenossen basiert. An familiärer Korrespondenz aus Donna Annas Feder sind – gemäß meines Wissens – nur die verzweifelten Briefe an ihre Söhne von Februar und März 1646 nach Frankreich sowie ein Briefentwurf vom 4. Februar 1646 an Don Taddeo vorhanden. Wertvolle Zusatzinformationen liefern die Briefe von Don Taddeo an den Bruder Kardinal Francesco. Während dieser sofort nach Paris reiste, blieb Taddeo vorerst mit den Kindern in der Provence. Dies führte zu einem regen, brieflichen Austausch zwischen den Brüdern. Die Briefe enthalten viel aufschlussreiches Material im Hinblick auf die Planung und Vorbereitung der Rehabilitierung der Barberini in Rom. Dieses auszuwerten war mir im Rahmen der vorliegenden Arbeit leider nicht vollumfänglich möglich. Ich beschränke mich daher auf die Stellen, in denen von Donna Anna die Rede ist. Im Weiteren sind noch einige Briefe von Don Taddeo kurz vor seinem Tod an seine Frau überliefert. Diese berichten vor allem von seinem Leben in Paris und geben Aufschluss über das Verhältnis zwischen den Ehepartnern, das sich jetzt vornehmlich noch über die gemeinsamen Kinder konstituierte. Aus der Zeit nach dem Tod von Don Taddeo habe ich – bis auf ganz wenige, für meine Untersuchung nicht relevante Briefe an die Brüder im Colonna-Archiv – kein Korrespondenzmaterial aus der Feder von Donna Anna finden können. Im Zusammenhang mit Donna Annas Distanzierung von den Barberini 1651 boten die bei Feci publizierten Dokumente zum Rechtsstreit um die Rückerstattung der Mitgift Einblick in das komplexe Thema. Hier wären weitere Recherchen in den Originalquellen wertvoll gewesen, doch war mir das aufgrund der Schließung der Vatikanischen Bibliothek (2007 – 2010) nicht mehr möglich. Einziges schriftliches Zeugnis aus Donna Annas Hand aus den 1650er Jahren ist ihr Testament. Dieses bietet insbesondere im Hinblick auf ihr Kloster S. Maria Regina Coeli wertvolle Informationen. Zudem taucht Donna Annas Name auch nach ihrer Distanzierung von den Barberini immer wieder im diario von Gigli auf. Ein Hinweis darauf, dass der Rückzug von den Barberini kein endgültiger Rückzug aus der römischen Gesellschaft gewesen sein konnte.

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7.2

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Politischer und gesellschaftlicher Überblick

Als der Papst am 29. Juli 1644 im Alter von 76 Jahren starb, änderte sich die Situation für die Barberini schlagartig: Nicht nur verloren sie damit ihren privilegierten Status als Papstfamilie, auch wurden sie plötzlich mit einem emotionsgeladenen Massenhass konfrontiert. Das Volk war wütend über die letzten verschwenderischen Jahre des Barberini-Papstes. Die Staatsschulden des Heiligen Stuhles hatten sich nämlich von 16 bis 18 Millionen scudi im Jahre 1623 auf nunmehr rund 40 Millionen scudi mehr als verdoppelt.354 Die Nachricht des Todes von Urban VIII. ließ das Volk zum Kapitol stürmen, um die dort aufgestellte, von Bernini geschaffene Ehrenstatue Urbans VIII. zu zerstören. Contestabile Marcantonio V. Colonna verteidigte die Ehre der Barberini mit dem Einsatz von Soldaten, was zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen dem Volk und den bewaffneten Truppen Colonnas führte.355 Aus dem Konklave ging schließlich der Kompromisskandidat Giovanni Battista Pamphilij hervor – ursprünglich eine Barberini-Kreatur,356 die jedoch seit seiner Zeit als Nuntius in Madrid (1626 – 1630) mit der spanischen Faktion sympathisierte. Anfänglich war die neue Papstfamilie versucht, möglichst jede Provokation der Barberini zu vermeiden.357 Doch kein Jahr nach der Papstwahl ließ Innozenz X. eine Untersuchung einleiten, die über die hohe Staatsverschuldung und die desaströse Finanzlage, die Urban VIII. hinterlassen hatte, Klarheit verschaffen sollte.358 Die ehemaligen Papstnepoten ahnten, was eine Untersuchung ihrer Finanzen mit sich bringen konnte und flohen, die Konsequenzen fürchtend, nach Frankreich.359 Jetzt machte sich die stetige Beziehungspflege der Barberini zur

354 Lutz, Rom und Europa, S. 119. 355 Über die Stimmung unmittelbar nach dem Tod Urbans VIII., die Gründe für die Flucht der Barberini nach Frankreich und die Zeit bis zu ihrer Rückkehr vgl. u. a. Köchli, Krise; Gigli, Diario, S. 424 ff. und Karsten, Bernini, S. 111 – 129. 356 48 der 56 in das Konklave einziehenden Kardinäle verdankten ihre Ernennung Urban VIII. und waren insofern theoretisch seiner Familie zu Dank verpflichtet. Doch konnten sich die Barberini nach der 23-jährigen Herrschaft kaum noch auf die Hälfte ihrer Kreaturen verlassen. Karsten, Künstler, S. 140. 357 Karsten, Künstler, S. 145. 358 Im Dezember 1645 zog Innozenz X. die Barberini-Nepoten persönlich zur Rechenschaft: »Il Cardinale Antonio Barberini fu dal Papa citato a comparire a Roma a rendere i conti sotto pena di scudi mille il giorno, et erano stati presi prigione diversi suoi servitori, et con il med.o rigore si procedeva contro il Card. Francesco Barberini, et D. Taddeo Principe di Pellestrina, e Prefetto di Roma.« Gigli, Diario, S. 458. 359 Zu den Umständen, die zu dieser Flucht geführt haben, vgl. Köchli, Krise sowie u. a. Karsten, Kardinal, S. 248 – 255.

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französischen Krone bezahlt.360 Kardinal Antonio verließ Rom am 28. September 1645,361 Kardinal Francesco und Don Taddeo mit den Kindern folgten ihm im Januar 1646.362 Die Flucht vom 16. Januar 1646 war eine im Voraus geplante, geheime Aktion, bei der die Erwachsenen als Jäger, die Kinder als Pagen verkleidet, nachts Richtung Genua aufbrachen, um von dort weiter mit dem Schiff nach Frankreich zu gelangen.363 Donna Anna blieb in Rom zurück, allerdings ausgestattet mit der umfassenden Vollmacht über die Barberini-Geschäfte.364 Sie folgte dann der Familie knappe drei Monate später, kehrte aber bereits im Jahr darauf wieder nach Rom zurück. In die Fluchtpläne der Barberini involviert war Kardinal Girolamo Grimaldi, 360 Zur Beziehung der Barberini zu Frankreich und insb. zu Kardinal Mazzarin nach dem Tod Urbans VIII. vgl. Köchli, Krise, S. 63 – 80; Chiomenti Vasalli, Donna Olimpia, S. 90. 361 Für Kardinal Antonio Barberini sah die Situation zu der Zeit am heikelsten aus. Man warf ihm vor, sich als Camerlengo Urbans VIII. maßlos bereichert zu haben. Zudem lief seit August 1644 ein Verfahren gegen ihn als Protektor eines Bologneser Frauenklosters. Als am 24. September 1645 den Nonnen dieses Klosters ein Prozess eröffnet wurde, sah er sich gezwungen, sofort nach Frankreich zu reisen. Chiomenti Vassalli, Donna Olimpia, S.88. Auch er floh wie später seine Brüder nachts, »travestito da barilaro con doi Compagni in una barchetta per fiume […]«. Gigli, Diario, S. 456. 362 Gigli beschreibt die Situation, die zur Flucht geführt hat: »Si procedeva rigorosamente contro il Cardinale Antonio Barberino, et perchº fu preso prigione un Servitore dell’Auditore del Principe D. Taddeo, l’Auditore e molti altri della sua famiglia si posero in fuga.« Gigli, Diario, S. 462. 363 »Ma a di 16. di Gennaro il Card. Francesco Barberino se ne fugg… di Roma, come si diceva, verso Genova. Part… a di 16. di Gennaro Marted… la notte alle otto hora travestito insieme con D. Taddeo suo fratello, et s’imbarcorno a Ripa alla volta di Genova per andare in Francia, et essendo gi” partiti, quel giorno, et il giorno seguente nelli loro Palazzi si tenevano l’anti camere aperte con le guardie solite come se fussero in casa, et poi nel gioved… fu publicato che se n’erano andati via. Partirno in habito da cacciatori, et menorno seco i figlioli di D. Taddeo, che sono tre maschi, et una femmina, tutti e quatro vestiti da paggi. Usc… D. Taddeo di casa a piedi con i figlioli, e D. Anna Colonna sua Moglie portý in braccio il figlio pi· piccolo sino a campo di fiore, dove stavano aspettando le carrozze con la guardia di molti Soldati, e Vassalli di Casa Colonna, et D. Anna se ne ritorný a Casa dicendo alli suoi figlioli, che dovevano andare alla Vigna, dove tra poco sarebbe venuta ancor lei. Ma il figliolo pi· piccolo gli rispose, Sig.ra Madre adesso º notte, noi non andiamo alla vigna, ma fuggimo. Fu la partenza de’ Barberini non solo secreta, ma con tanta arte governata, che non ostante li sbirri, et le spie, che continuamente stavano attorno ai loro Palazzi, lasciorno le stanze vote di tutta l’argentaria, et delle cose pi· pretiose, havendole a tempo trasportate in loco sicuro, che tutti si maravigliavano in sentirlo. Et si diceva, che per il giorno della Catedra di S. Pietro, che º alli 18. di Gennaro, il Card. Barberino quando andava a S. Pietro come Arciprete di quella Basilica, doveva esser menato prigione in Castello, ma lui essendoli ciý stato avvisato, se ne usci… di Roma a tempo.« Gigli, Diario, S. 462 f. Ähnlich wird die Flucht auch beschrieben in: Siri, Mercurio, Vol. VI, S. 187 und in einer leicht variierten Version in: Nouvelles de Rome, S. 22. 364 Köchli, Krise, S. 69 zit. BAV, Arch. Barb. Ind. IV 46, Copia di Procuara generalissima et amplissima fatta dal S.r D. Taddeo Barberini in persona della S.ra D. Anna. 1646.

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der noch 1643 von Urban VIII. zum Kardinal ernannt worden war.365 Beinahe hätte er die Verschwörung mit den Barberini ein paar Tage vor deren Flucht im Konsistorium verraten: Nachdem sich der Papst vehement gegen die Barberini ausgesprochen hatte, habe er so geschwitzt, als ob es Mitten im Sommer wäre und er bereuen würde, sich in die Angelegenheit eingemischt zu haben.366 Innozenz X. reagierte auf die Flucht der Barberini am 19. Februar 1646 mit einer Bulle, in der es hieß, dass die Apostolische Kammer die Güter der Kardinäle, die sich unerlaubt vom Hof entfernen würden, beschlagnahmen und die Kardinäle ihrer Ämter enthoben würden. Wer sechs Monate unerlaubt dem Papsthof fern blieb, dem drohte der Verlust aller Benefizien und Ämter, nach weiteren drei Monaten sogar der Verlust der Kardinalswürde.367 Mit dieser Regelung diskreditierte der Pamphilij-Papst nicht nur die Barberini, sondern richtete sich letztlich auch gegen Frankreichs Premierminister, Kardinal Mazarin, der im Hinblick auf die politischen Ereignisse zwischen Frankreich, Rom, den Pamphilij und den Barberini in den ersten Jahren nach der Wahl Innozenz X. zu einer entscheidenden Figur geworden war.368 Dem ursprünglich aus bescheidenen italienischen Verhältnissen stammenden Jules Mazarin war an der Kurie ein steiler Aufstieg gelungen: Seit er Kardinal Antonio Barberini 1629 auf eine Legationsreise nach Oberitalien begleitet hatte, herrschte zwischen den beiden ein freundschaftliches Verhältnis. 1641 empfing er von Urban VIII. den Kardinalshut und 1642 leitete er bereits als Nachfolger von Premierminister Kardinal Richelieu die französischen Staatsgeschäfte unter König Ludwig XIV. Nach dem Tod Urbans VIII. war er als Parteigänger Frankreichs entschieden gegen die Wahl des spanischfreundlichen Innozenz X., was in den folgenden Jahren zu ständigen Spannungen zwischen ihm und dem Pamphilij-Papst führte. In Mazarin – dem »Gegner« des aktuellen Papstes – fanden die Barberini wertvolle Unterstützung, als sie aufgrund der eingeleiteten Finanzuntersuchung 365 DBI »Girolamo Grimaldi«, Bd. 59, S. 536. Siri schreibt gar, Kardinal Grimaldi habe die ganze Flucht organisiert. Siri, Mercurio, Vol. VI, S. 187. Im Weiteren sollen sechs weitere Kardinäle die Barberini in jener Zeit untersützt haben, so: ValenÅay, Rocci, Rondinini, Rapaccioli, Lugo und Colonna. Pastor, Geschichte der Päpste, Vol. XIV,1, S. 45. 366 »Noi perý siamo risolutissimi di fare la Giustizia senza risguardo alcuno, et in caso di guerra, habbiamo tanta fede in Dio, et nei nostri amici, che speriamo di poterci difender, ne temiamo cosa alcuna. Il Papa fece questo discorso in forma tanto concitata, et vehemente, che fu osservato da tutti; e l’istesso Grimaldi sudý come se fosse stato di mezz’estate, essendosi pentito di esser entrato nella materia.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 13. 1. 1646, fol. 7r. 367 Köchli, Krise, S. 71 zit. BAV, Arch. Barb. Ind. IV 320, Esemplare stampato del Breve della S. M. di Papa Innocenzo super recess· S. R. E. Cardinalium ” stat· Ecc.co sine lic.a summi Pontificis, et reditu eorum, qui sine lic.a huiusmodi recesserunt ad Romanam Curiam 1646. 368 Folgender Abschnitt zur entscheidenden Rolle des Kardinals Mazarin während des Exils der Barberini nach Köchli, Krise, S. 63 – 80.

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in Rom unter Druck gerieten. Der französische Premierminister Mazarin seinerseits setzte sich gerne für die ehemalige Papstfamilie ein, sah er doch darin auch ein willkommenes Mittel zur Verfolgung seiner ehrgeizigen Pläne, die insbesondere die Etablierung seiner eigenen Familie zum Ziel hatten. Er setzte sich für die Rückkehr der Barberini aus dem Exil ein, mit der Hoffnung, seine Familie mit derjenigen des Papstes sowie derjenigen der Barberini mittels Heiratsprojekten zu verbinden.369 Mazarin bot im Februar 1648 für die Hochzeit einer seiner Nichten mit Donna Annas Sohn Carlo den Barberini die exorbitante Aussteuer von 250.000 scudi an. Diese Hochzeit kam vor allem wegen Donna Annas Einwand nicht zustande: Der Meister heirate nicht die Tochter eines seiner Hausdiener, soll sie gesagt haben und damit auf die frühere Stellung des Vaters von Mazarin im Haushalt ihres Vaters Filippo I. Colonna angespielt haben.370 Doch Mazarin gab nicht auf und schon am 23. Juli 1648 schien sein Ziel endlich in Reichweite: Die Barberini versprachen ihm, Sohn Carlo würde seine Nichte Laura Martinozzi ehelichen. Dies war zu einem Zeitpunkt, als ein Teil der Barberini wieder in Rom lebte und alles daran setzte, die gesellschaftliche Position durch geschicktes Agieren aufzuwerten. Kardinal Francesco Barberini war Ende Februar 1648 mit seinem Neffen Maffeo in der Ewigen Stadt angekommen und konnte seine Ämter unverzüglich wieder übernehmen. Don Taddeo verstarb kurz zuvor in Paris, Kardinal Antonio hielt sich zusammen mit dem Neffen Carlo und der Nichte Lucrezia noch in Frankreich auf. Zur Verwirklichung des von Kardinal Mazarin gewünschten Hochzeitsprojekts kam es nie. Er selbst geriet im Herbst 1648 in Frankreich aus finanziellen Gründen von der fronde unter Druck und musste kurz darauf aus Paris fliehen. Das Heiratsprojekt wurde somit vorerst zurückgestellt, was ganz im Sinne der Barberini war, die ihrerseits bereits andere Pläne verfolgten: Sie strebten eine Allianz mit der Papstfamilie an. Um jedoch das an Mazarin geleistete Heiratsversprechen nicht brechen zu müssen und sich dennoch davon befreien zu können, wandten sie einen geschickten Trick an: Der erstgeborene Sohn Carlo wechselte kurzerhand vom weltlichen in den geistlichen Stand und Bruder Maffeo gab im Gegenzug seinen bisherigen, kurialen Weg auf und übernahm den Titel des Principe Prefetto von Carlo.371 Nun war Maffeo frei und konnte mit der Papstnichte Olimpia Giustiniani verheiratet werden (1653) und zugleich erhielt Carlo noch im selben Jahr den Kardinalshut. Damit war die Versöhnung mit der Papstfamilie Pamphilij gelungen und das erstrebte Ziel der Barberini erreicht: Sie standen wieder da, wo sie schon einmal gestanden hatten: ganz oben an der Spitze der römischen Gesellschaft. 369 Für Mazarins Heiratspläne vgl. Köchli, Krise, S. 74. 370 Chiomenti Vassalli, Donna Olimpia, S. 200. 371 Büchel, Ebenbürtig, S. 54 – 55.

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Was bedeutete nun aber diese politische und gesellschaftliche Entwicklung für Donna Anna? Welche Rolle übernahm sie bei der Flucht der Barberini? Warum war sie nicht sofort mitgegangen? Was bedeutete für sie die Rückkehr der Barberini nach Rom, was hatte der Tod ihres Ehemannes für Folgen? Welcher Art war ihr Verhältnis zur Herkunfts-, bzw. zur Ankunftsfamilie?

7.3

Donna Annas Rollen und Aufgaben nach der Flucht der Barberini

Im Folgenden steht die Zeit von der Flucht der Barberini bis zu ihrem Aufbruch nach Frankreich im Zentrum der Untersuchung. Aufgrund der überlieferten Quellen entsteht der Eindruck, Donna Anna habe sich in dieser Zeit sehr stark mit den Barberini identifiziert und sich in Rom für diese eingesetzt. Dies soll im Folgenden anhand von vier Themen aufgezeigt werden: Erstens ihrem Einsatz für die Barberini im Zusammenhang mit der geplanten Abschaffung der Mahlsteuer, zweitens der Herauslösung ihrer Aussteuer aus dem konfiszierten Barberini-Vermögen, drittens den verzweifelten Klagebriefen an ihre Söhne in Frankreich sowie viertens ihrem eigenen Aufbruch nach Frankreich. 7.3.1 Donna Annas Brief an den Senat Einen Monat nach der Flucht der Barberini wurde im Senat über die Abschaffung der Mahlsteuer entschieden, welche Urban VIII. eingeführt hatte. Den dadurch entstehenden Ausfall an Staatseinnahmen gedachte man mit dem konfiszierten Vermögen von Don Taddeo zu decken.372 Aud der Versammlung vom 20. Februar auf dem Kapitol verlas Cesare Colonna, einer der treusten Diener Donna Annas,373 dem Senat einen von Donna Anna eigenhändig verfassten Brief. Darin macht sich die Colonna-Tochter dafür stark, dass die von Urban VIII. einst eingeführte Steuer nicht abgeschafft werden soll. Hervorgehoben wird das Gute, das Urban VIII. für das Volk während seiner Regierungszeit geleistet hat, und die 372 BAV, Barb. lat. 4853 Diario di Roma, fol. 290v ; Gigli, Diario, S. 464; siehe auch Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. XIV, 1, S. 45. 373 Cesare Colonna stammte von einem weniger bedeutenden Seitenzweig der Colonna ab, dem sizilianischen Zweig der Herzöge von Mont’Albano. Er wurde in den 1620er Jahren vom Contestabile nach Rom geholt und trat dann in den Dienst von Donna Anna, wo er viele Jahre als Page, dann als coppiere und schließlich als maestro di camera ihr persönlich gedient hatte. Er und seine Frau Flaminia de Magistris standen unter dem Protektorat der Colonna di Paliano. Davon berichten auch die Briefe, die Donna Anna ihrem Bruder, dem Contestabile Marcantonio, 1647 aus Paris schrieb, vgl. Anm. 425. Nach Donna Annas Tod forderte Cesare Colonna von den Erben eine monatliche Lebensrente von 25 scudi. Dieser Fall wurde vom Tribunale della Sacra Romana Rota zwischen 1664 und 1668 behandelt, vgl. Feci, Pesci, S. 197 – 226.

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eingeführte Lebensmittelsteuer wird mit den Kriegen, die zu führen er gezwungen war, entschuldigt. Der Brief schließt mit der Bitte, der Senat solle den Barberini doch nicht auf diese Weise schaden.374 Donna Anna soll in der Kirche Aracoeli die Antwort des Senats abgewartet haben,375 die ihr schließlich von Cesare Colonna überbracht wurde: Im Namen des herrschenden Papstes und zum Wohle der Stadt habe man entschieden, die Steuer abzuschaffen,376 doch wolle man die dadurch entstehenden Differenzen in der Staatskasse nicht mit dem konfiszierten Vermögen von Don Taddeo begleichen;377 kein ganzer, aber immerhin ein halber Sieg also für Donna Anna und die Barberini. In diesem von Zeitgenossen geschilderten Ereignis spielt Donna Anna als Verfechterin der Interessen der Barberini die Hauptrolle. Bald hieß es, Kardinal Grimaldi, derselbe, der die Barberini bereits bei ihrer Flucht unterstützt hatte, habe im Vorfeld der Senatssitzung mit Donna Anna eine geheime Unterredung geführt und gemeinsam mir ihr das besagte memoriale verfasst.378 Kardinal Colonna wusste nichts vom Brief seiner Schwester an den Senat.379 Das alles lässt vermuten, dass die geflohenen Barberini Donna Anna in Rom zurückließen und ihr die Vollmacht übertrugen, damit sie sich für sie und ihre Ehre vor Ort einsetzte. Allerdings fragt man sich aufgrund dessen, was bisher über sie und ihren Charakter gesagt wurde, zu Recht, ob sie sich tatsächlich instrumentalisieren ließ oder ob ihrem Verhalten nicht doch auch noch andere Gründe zugrunde lagen. Diese Vermutung verstärkt sich im Zusammenhang mit der Rückforderung ihrer Aussteuer, wo ihr Verhalten auch bei den Zeitgenossen Unverständnis hervorrief.

374 BAV, MSS. Chigi, Q III 70, lettera scritta dalla S.ra D. Anna Colonna al Senato Romano, fol. 184. 375 »Donna Anna fu in Araceli mentr’era il Consistorio del popolo Romano, et mandý un suo memoriale perche non si prendesse niuna rissoluzione contro il marito, et gli altri della Casa Barberina.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 21. 2. 1646, fol. 73r. 376 BAV, MSS. Chigi, Q III 70, lettera scritta dalla S.ra D. Anna Colonna al Senato Romano, fol. 186r–189v. 377 Pastor, Geschichte der Päpste, Vol. XIV, 1, S. 45. 378 »E la verit” º questa che Donna Anna il lunedi sera f· alla porta segreta di Grimaldi per pararli; che dopo volse salire nelle sue stanze, et che ivi fu concertato, et scritto il memoriale che doveva presentarsi al Popolo Romano. La rabbia dunque del Papa non puý esser maggiore con Grimaldi, et se si verr” ” rottura espressa, S. Em.a havr” poco buon tempo in questo Paese; se bene anche adesso º malamente veduto universalmente.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 28. 2. 1646, fol. 81v. 379 »[…] di vantaggio disse [Card. Colonna] a Nostro Signore che non haveva saputa cos’alcuna di quanto haveva fatta Donna Anna, ancorche nel suo memoriale fosse nominato Marc’Antonio, et che rimproverava la pazza risoluzione che haveva presa la sorella.« ASR, Segr. Stato, Avvisi 99, 28. 2. 1646, fol. 81v.

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7.3.2 Rückforderung der Aussteuer Donna Anna hatte sich bereits vor der Flucht der Barberini für die Rückerstattung ihrer Aussteuer eingesetzt, dazu die curatores ad litem ernannt380 und Papst Innozenz X. um Unterstützung gebeten. Drei Tage bevor die Barberini flohen, habe der Papst gesagt, dass er Donna Anna sehr schätze und wisse, dass sie Kardinal Francesco nie akzeptiert und unterstützt habe. Er sei deshalb bereit, ihre Aussteuer vom Gesamtvermögen der Barberini zu trennen.381 Wer eine Aussteuer zurückforderte, signalisierte damit klar ein Distanzierung zur Ankunftsfamilie. In den meisten Fällen kam dies nach dem Tod des Ehemanns vor und stand im Zusammenhang mit einer neuen, bevorstehenden Eheschließung. Es konnte aber auch sein, dass eine solche Rückforderung mit einer Trennung vom Ehemann (vgl. Kap. 3.4.1) einherging, wenn die Frau die Ehe für nicht mehr tolerierbar hielt.382 Die Antwort des Papstes verweist also darauf, dass angenommen wurde, Donna Anna würde die Aussteuer zurückfordern, weil sie sich nun, nach dem Tod Urbans VIII. von ihrem Gatten und damit von den Barberini distanzieren wollte; eine durchaus verständliche Reaktion auf all das, was Donna Anna während der Herrschaft Urbans VIII. und in den Konflikten mit dem machtgierigen Kardinal Francesco – die auch Innozenz X. bekannt gewesen waren – hatte durchmachen müssen. Wie weitere avvisi zeigen, spekulierte man in Rom allgemein, ob sich Donna Anna nun zu ihrer Herkunftsfamilie zurückbegeben oder weiterhin die Barberini unterstützen würde.383 Als man dann von der Flucht der Barberini erfuhr und vernahm, dass Donna Anna von Ehemann und Kindern verlassen worden war, ließ Innozenz X. ihr nahe legen, sich doch nun zu ihren Brüdern zu begeben. Sie jedoch lehnte dies stolz ab und gab zur Antwort, sie werde im Haus der Barberini sterben.384 Wie schon im memoriale entsteht auch hier der Eindruck, Donna Anna stehe hinter ihrer Ankunftsfamilie. Dieses Verhalten sorgte für Unverständnis, schien es doch dem zu widersprechen, was sie mit der Rückforderung ihrer Aussteuer signalisiert hatte. In der Folge hieß es entsprechend, man glaube nicht, dass der 380 ASR, Notai AC, uff. III, b. 3205 (1646), cc. n. n., 9. 1. 1646 zit. in: Feci, Pesci, S. 205. 381 »S. Beatitudine li rispose che amava Donna Anna, che sapeva che non si era mai ingerita nelle pazzie di Francesco; et che perý prima d’ogni altra cosa sarebbe separata la sua Dote.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 13. 1. 1646, fol. 10r. 382 Borello, Trame sovrapposte, S. 186. 383 »Solamente Donna Anna potr” havere ricovero sicuro in Casa dei fratelli, et di gi” se n’º dichiarato col Cardinale Colonna, non potendo pi· soffrire di habitare dove non si vedono altri che sbirri, et cursori.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 13. 1. 1646, fol. 10r. 384 »Le lagrime che sparge Donna Anna per la partenza del marito, et dei figli sono infinite, a segno che merita somma compassione. Il Papa l’ha fatta persuadere dal Padre Giustiniani suo Confessore perche si ritiri con i fratelli; ma ella ha risposto fieramente, e mostra di voler morire in Casa Barberini.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 24. 1. 1646, fol. 34r.

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Papst noch bereit sei, ihre Mitgift aus dem Barberini-Vermögen herauszulösen.385 Donna Anna selbst äußert sich zu diesem Thema in einem Brief an ihren Sohn Carlo. Sie schreibt ihm, die Konfiszierung des Barberini-Vermögens durch die Apostolische Kammer lasse sie in Rom in Armut leben,386 weshalb sie den Papst um Unterstützung gebeten habe. Dieser habe ihr jedoch geantwortet, ihr Ehemann sei gegen die Kammer höher verschuldet, als alle ihre konfiszierten Güter wert seien. Sie fügt hinzu: »Ich bin also sicher, dass ich meine Aussteuer nie mehr zurückbekommen werde.«387 Ein weiterer Hinweis von Donna Anna selbst zur Herauslösung ihrer Mitgift ist ein leider nur ausschnittsweise überlieferter und schlecht leserlicher Brief an Don Taddeo vom 4. Februar 1646; wahrscheinlich handelt es sich dabei um eine minuta, also um eine Vorlage, die später dem Originalbrief als Vorlage diente. Auch hier beschreibt Donna Anna zuerst die Konfiszierung der Barberini-Güter und kommt dann auf die von ihr vom Papst geforderte Mitgiftsrückerstattung zu sprechen.388 Sie vermute, dass ihr diese nicht mehr zurückerstattet werde – ein Gedanke, der ihr das Herz breche.389 Diese zwei Stellen vermitteln das Bild, dass Donna Anna unter ärmlichen Umständen leben musste und dringend auf ihre Mitgift angewiesen war, um überleben zu können.

385 »Circa la dote della Signora Donna Anna ci sono varie lezioni, perche alcuni affermano che Nostro Signore voglia usar seco gran larghezza in fargliela conseguire, et che se le dar” il Palazzo, et li mobili con le promesse fatte molte prima da Sua Beatitudine al Cardinal Colonna. Altri dicono che Sua Santit” si rida della elezzione fatta da Donna Anna, et che voglia che trovi li denari di Don Thadeo per ricuperare la sua dote in contanti.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 3. 2. 1646, fol. 38r. 386 Dass dem tatsächlich so war, bestätigt der Eintrag bei Gigli: »Furno dalla camera Apostolica sequestrate tutte l’entrate delli tre fratelli Barberini, et fu fatto Pro Vicecancellario il Cardinale Cecchino, et Pro Camerario il Card. Sforza.« Gigli, Diario, S. 463. 387 »Tanto che io º certo che mai pi· haverý dote.« [o.A.], Donna Anna an Carlo, 20. 3. 1646, zit. in: Pecchiai, I Barberini, S 184. Zur fehlenden Archivangabe vgl. Anm. 392. 388 »[Sono] stati sequestrati per tutti i luoghi, gli effetti fuori e qui in casa, […], che hoggi, nemeno ” un quattrino si puý far pi· capitale da una tenda. Due volte perciý se ne º trattato assai alla lunga nelle cong.ri[?] de nostri casi, sempre con diversi sentimenti, m” finalmente nell’ultima, che si º fatta hoggi, un intervento di Mons. Ferentilli, dell Carispolti, ed SS.ri Biccari, e di pi· del S. Torelli del Card.le Colonna mio fratello, e del don Maccaico[?] di benedetto, si º risoluto, che io debba andare[?] avanti Mons.re A.C., dal quale hý havuto, come l’E.V. s”, la Inhibitione dotale, gli’a curato della mia dote, e questi frutti di essa, conforme allo statuto di Roma, che d” ” ragioni dell’E.V.« BAV, Barb. lat. 10074, particola al S. Principe, fol. 73. 389 »[…] feci fare istanza ” Palazzo esserne io med.a ai piedi di N. S.re e riuscito vano il tentative […] che nihil dal che pare, che assia[?] chiaramente si pone[?] lo stabilimento che gi” vi sia di farmi restare senza dote. Mi crepa il cuore (come ho detto) di havere ” dare Ill. E. V. queste nuove, m” non si puý fare altro.« BAV, Barb. lat. 10074, particola al S. Principe, fol. 73.

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Innozenz X. kam der Rückerstattungsforderung nicht nach. Sah es ihm zu sehr danach aus, dass Donna Annas Rückforderung nicht in ihrem eigenen, sondern im Interesse der Barberini war, die versuchten, über Donna Annas Aussteuer einen Teil ihres konfiszierten Kapitals dem Zugriff der Camera Apostolica zu entziehen? Auch Kardinal Colonna war durch das Verhalten seiner Schwester verunsichert. Ein avviso vom 14. Februar berichtet: »Kardinal Colonna ist seiner Schwester Donna Anna gegenüber sehr beunruhigt, denn diese hat es abgelehnt, die Kardinäle Montalto, Albernoz und Cesi zu empfangen, die ihr als Kreaturen Urbans VIII. ihr Beileid über die Abscheulichkeiten, die sie zu erleiden hatte, ausdrücken wollten. Auch wenn sie es bedauere, so habe sie ihm [Kardinal Colonna] ins Gesicht gesagt, dass sie seinem Rat nicht folgen könne, weil er auf Seiten der Spanier sei; Ihr Mann habe ihr befohlen, nur auf das zu hören, was ihr Kardinal Grimaldi auftrage.«390

Donna Anna zeigt sich nun, nach dem Bedeutungsverlust ihrer Ankunftsfamilie, von einer ganz anderen Seite und stellt sie sich plötzlich klar hinter sie – wohl deshalb, weil auch ihr eigener Ruf vom Verlust des Ansehens der ehemaligen Papstfamilie abhing. Dies findet man in den verzweifelten Briefe, die sie ihren Söhnen nach Frankreich schrieb, bestätigt. 7.3.3 Die Klagebriefe an ihre Söhne In den Briefen an Carlo391 (17-jährig) und Maffeo392 (16-jährig) aus den Monaten Februar und März 1646 vermittelt Donna Anna von sich das Bild der verstoßenen Gattin, die sich aus Loyalität und Ehre für die Familie, von der sie verlassen wurde, einsetzt. 390 »Sta alteratissimo il Cardinale Colonna con Donna Anna sua sorella perchº ha ricusato di admettere alla sua visita Montalto, Albernozzo e Cesi, i quali come Creature di Urbano, et anche per far piacere a lui, volevano condolersi dei Disgusti che pativa […]. Pur anche li º rincresciuto che in faccia sua li habbia detto che non puo seguitare li suoi consigli come che sia tutto degli spagnuoli; et che h” ordine dal marito di fare solamente quello che le sar” persuaso dal Cardinale Grimaldi.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 14. 2. 1646, fol. 54r. 391 Pecchiai zitiert die zwei Briefe an Carlo vom 10. 2. 1646 und 20. 3. 1646 in voller Länge. Pecchiai, I Barberini, S. 182 – 187. Nicht deutlich sind bei ihm die Quellenangaben, sodass fälschlicherweise in der Sekundärliteratur seither die Quellenangabe »BAV, Barb. lat. 10043« zirkuliert, so z. B. bei Dunn, Piety und Bonadonna Russo, Donna Anna. Unter dieser Signatur sind diese jedoch nicht zu finden. Vielmehr liegen sie wahrscheinlich im carteggio von Kardinal Carlo Barberini, auf den Pecchiai verweist, ohne jedoch detailliertere Angaben zu machen. Aufgrund der Schließung der Vatikanischen Bibliothek im Sommer 2007 für mindestens drei Jahre, war es mir nicht mehr möglich, die richtigen Angaben ausfindig zu machen. 392 Für die Briefe an Sohn Maffeo vom 10. 2. 1646, 25. 3. 1646 und 16. 4. 1646 vgl. BAV, Barb. lat. 10074, fol. 58 – 65.

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Die bisherige Forschung folgte der Interpretation von Pecchiai und sah Donna Anna aufgrund dieser Briefe als Opfer, das nur dank des starken Gottesglaubens die schwierige Zeit überstehen konnte.393 Liest man nur die Briefe an die Söhne, ohne sich mit der Person Annas tiefer auseinandergesetzt zu haben, gibt es kaum Gründe, an Pecchiais Interpretation zu zweifeln, so anschaulich sind die Beschreibungen des eigenen Elends.394 Zum Beispiel am 10. Februar 1646 an Carlo: »Der Papst hat alle eure Sachen genommen, auch alle Grundbesitze: Palestrina, Valmontone, Lugniano, San Gregorio, Cas’Ape, Monte Lanico, Monte Rotondo und Monte Libretti […].«395 Und dem jüngeren Maffeo klagt sie: »Eure Abwesenheit ist das Schlimmste in meinem Leben, ein Körper kann nicht ohne Seele leben. Und doch lebe ich und kann nichts anderes tun als kniend täglich für euch zu beten, mir eure geliebte Präsenz stets vor Augen haltend.«396

Und: »Wie viele Tränen habe ich schon wegen euch vergossen! Ihr denkt nicht mehr an mich und seid nicht nur physisch weit weg von eurer Mutter, sondern auch mit dem Herzen. Wenn ihr mich liebt, dann bittet euren Vater, dass er mich kommen lässt.«397

Dieses Flehen, doch endlich ebenfalls nach Frankreich kommen zu dürfen, findet sich in den Briefen immer wieder, stets verbunden mit den ausführlichen Schilderungen ihres persönlichen Elends, ihres Leidens398 und der Angst, dass 393 Pecchiai, I Barberini, S. 182. Pecchiai vergleicht Anna Colonna mit Simon von Cyrene, welcher gemäß dem Neuen Testament das Kreuz Christi getragen haben soll. Er ist der Meinung, dass sich an ihr beobachten lasse, wie eine Tochter mit traditionellen Wurzeln eine tiefe Seelenstärke entwickle, die allein aus dem Glauben geschöpft werde. 394 So z. B. an Carlo: »Perch¤ nelle miserie et infiniti travagli in che io mi trovo, che sono ridotta in mendicit”, altro refrigerio non ho che patisco per fare la volont” di Dio, che vuol cos…, et per voi, miei figlioli, che non posso, ben che volessi, lasciarvi.« O. A., vgl. Anm. 392, Donna Anna an Carlo, 20. 3. 1646, zit. in: Pecchiai, I Barberini, S 182. 395 »Qui il Papa ha preso tutta la robba vostra, cioº tutte le terre: Palestrina, Valmontone, Lugniano, San Gregorio, Cas’Ape, Monte Lanico, Monte Rotondo et Monte Libretti, stato de’ Signori Orsini non ancora fenito di pagare. Ha gi” preso possesso di tutto il dominio, discacciati tutti li governatori messi da vostro Padre et ha posti tutti li governatori il Papa, di che io vi concludo che tutto il dominio º gi” perduto.« O. A., vgl. Anm. 392, Donna Anna an Carlo, 20. 3. 1646, zit. in: Pecchiai, I Barberini, S 184. 396 »[…] Piu altra sia la vita, mio amato figlio, non puo vivere il corpo privo dell’anima, et pero vivo […], caro mio Maffeo, non posso fare altro per voi che pregare ingenochioti ogni giorno piu et piu volte per voi; et la vostra cara presenza l’ho sempre avanti agli occhi« BAV, Barb. lat. 10074, Donna Anna an Maffeo, 16. 4. 1646, fol. 62. 397 »[…] ý mio caro bene si voi vedeste quante lagrime piango per la vostra absenza me nomestite piu bene ma voi non ci penzate piu ” me sento che state lontano con il corpo dalla vostra madre et con il cuore ancora; se voi mi amaste pregareste vostro Padre ” farmi costa venire.« BAV, Barb. lat. 10074, Donna Anna an Maffeo, 16. 4. 1646, fol. 62. 398 »Quanto ho patito per noi, oggi piu che mai io patisco.« BAV, Barb. lat. 10043, Donna Anna an Maffeo, 10. 2. 1646, fol. 58.

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die Kinder sie vergessen könnten: »Habe ich doch für Euch und Eure Geschwister meine Jugend hergegeben und darüber mich selbst vergessen«, klagt sie ihrem Jüngsten399, »ich will nichts anderes als eure Liebe, eure materiellen Dinge wollte ich nie und will ich nicht«.400 Tatsächlich lebte Donna Anna im Vergleich zu früher in dieser Zeit ein sehr ärmliches Leben. Bis auf drei Dienerinnen und zwei Diener, die sich um sie kümmerten, hatte sie das gesamte Dienstpersonal entlassen.401 Ein avviso berichtet, sie beklage sich, ihr sei nichts mehr zum Leben geblieben, sogar ihren Ehering habe sie ihrem Mann gegeben.402 Sie hätte die Option gehabt, die Barberini zu verlassen und sich zu ihren Brüdern zurückzuziehen. Doch daran wollte sie nicht denken: »Ich weiß nicht, was ich machen soll, um meinen Ruf zu wehren. Ich kann nicht hier in meiner Heimat bleiben und betteln. Und in das Haus meiner Brüder will und kann ich auch nicht mehr zurückgehen: Erstens, weil ich ihnen nicht auf der Tasche liegen will, nachdem sie doch einst eine so hohe Aussteuer für mich bezahlt haben. Zweitens, weil sie Anhänger und Diener der spanischen Krone sind und sich die Eifersucht der Franzosen, wenn ich nicht mehr bin, gegen euch richten würde. Und drittens und letztens, mein geliebter Sohn, weil ich in einem Haus geboren wurde, in dem sich die Frauen nie von ihren Männern getrennt haben.«403

399 Eine von vielen ähnlichen Stellen: »Voi se mi amate non ricevate che io venga costa. Ma sento che voi mi dite che non sta ” voi di farmi costa venire: Ma ” vostro Padre ch’º quello che non vuole: vi rispondo che se voi con piegi l’importanaste e certo che forse per la vostra importanit” lui mi farebbe venire: Ma º che voi lo temete in questo et per cio concorrete col il suo senza che io non tenga ma che qui mendica ” tale segnio che vado accusando il pane: Io me ne mattia: Ma sentite figliol mio quello che io mi dico; io gia che ho da mendicare il vivere […] Ho persa la mia gioventu per voi et per gli altri vostri fratelli senza riguardo di vita ý sonita. Ma tutta interra al vostro bene mi sono dimenticata di me stessa.« BAV, Barb. lat. 10043, Donna Anna an Maffeo, 25. 3. 1646, fol. 60. 400 »Ne io la voi[?] altro volgio che il vostro amore poi che la robba vostra ne di vostro Padre io non l’ho mai havuta ne la voglio poi.« BAV, Barb. lat. 10043, Donna Anna an Maffeo, 25. 3. 1646, fol. 60. 401 »Questa Signora ha ritenute tre donne, et due servitori per li suoi bisogni, et il resto della famiglia º stata da lei licenziato.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 14. 2. 1646, fol. 54r. 402 »Intanto la sudetta Signora esclama con tutti, et giura che non ha con che vivere, et che non li º rimasta cosa alcuna, perche ha dato al marito anche l’anello col quale fu sposata.« ASV, Segr. Stato, Avvisi 99, 3. 2. 1646, fol. 38r. 403 »Io non so per la mia riputatione dove andare, stante che il mendicare qui nella mia Patria non mi º permesso, n¤ in casa de’miei fratelli voglio n¤ posso mai andare, primo perch¤ havendomi data la mia dote non º di dovere che oggi io ritorni a gravarli di spesa; secondo perch¤ essendo loro aderenti et servitori della Corona di Spagnia, io progiudicaria a voi, figlioli miei benedetti, se io vi lasciassi, per la gelosia che potriano pigliare li francesi; terzo et ultimo, perch¤, o mio amato figliolo, perchº io sono nata di una Casa che non ha mai fatto divortii le loro donne con li mariti.« O. A., vgl. Anm. 392, Donna Anna an Carlo, 20. 3. 1646, zit. in: Pecchiai, I Barbeirni, S. 185.

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Vermutlich wusste Donna Anna, dass diese Briefe auch von Don Taddeo und Kardinal Francesco gelesen wurden. Das Repetitive in den verschiedenen Briefen weist darauf hin, dass sie sicher gehen wollte, dass ihre Nachrichten in Frankreich ankamen. Wie zu erfahren ist, erreichte sie anfänglich nämlich kaum eine Notiz von ihrer Familie. Am 16. April 1647 beklagt sie sich: »Niemand von euch schreibt mir viel, Lucrezia zwei Sätze, Carlo auch und Niccolý sogar nur einen. Jetzt hatte ich einen Monat keine Neuigkeiten von euch – und wie ich den Brief öffne, finde ich nur zwei Worte vor.«404 Auch in den Briefen von Don Taddeo an Kardinal Francesco finden sich Hinweise darauf, dass es Schwierigkeiten gab, mit Donna Anna in Kontakt zu bleiben. Am 17. Februar schreibt Taddeo seinem Bruder aus Aix, er habe keinen Brief von seiner Frau erhalten, und er würde den Dienern auch keinen seiner Briefe mitgeben, aus Angst, sie könnten ihnen unterwegs weggenommen werden.405 Am 6. März berichtet er zwar von Neuigkeiten aus Rom, doch bezieht er sich dabei auf Briefe, die Donna Anna am 4. und 5. Februar geschrieben hat – das seien die letzten, die er bekommen habe.406 Am 3. April schreibt er, es verwundere ihn nicht, dass Donna Anna seine Briefe von den ersten Tagen aus Aix nicht erhalten habe. »Auch wenn man oft annimmt, dass das, was man geschrieben hat, ankommt, kann es geschehen, dass die Briefe übers Meer ihren Adressaten nicht erreichen oder sich auf dem Weg verlieren.«407

404 »Maffeo mio io vi benedico mille volte l’hora per che nessuno mi scrive piu in longo di voi per che Lucretia mi scrive doi versi; Carlo pure cosi et Niccolý un verso solo; in tanto che io sto un mese ad havere nova di voi et quando poi apro la lettera ci leggo doi parole.« BAV, Barb. lat. 10043, Donna Anna an Maffeo, 16. 4. 1646, fol. 62. 405 »Da i miei che sono venuti non ho lettera della Sig.ra D. Anna mia moglie che mi portino avviso alcuno […] non havendole voluto dare alli miei Servitori per tema che li potessero esser levato per le strade ý ” Civita vechia.« BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 17. 2. 1646, fol. 61. 406 »Ho ricevuto lettere della parte D. Anna mia moglie delle 4 e 5 di febbraro, e sono l’ultime che ne hý. Stimo, senza dubio, che V. E. havr” avvisi pi· freschi, non solo per quelli, che h” portato dopo il S. Cerri; […] tuttavia gli mando copia del pi· esentiale, che vi sia, cioº, le difficolt” e durezze che incontrano per la sua dote, e frutti, le pretentioni tuttavia pi· aspre, et acerbe della camera, li sequestri, e le reaggiavatorie[?].« BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 17. 2. 1646, fol. 61. 407 »[…] e non mi meraviglio, che gli fussero mancati mie lettere per quei primi giorni, sino che venimmo qui in Aix, e doppo, sino che si puo potuti cominciare ” arrivare gli ordinarij, per quali cominciý ” scrivere e mentre non ci sieno cose urgenti mi par meglio di tener scrivere la lecada degli ordinarij, essendo scuso il recapito, e che caminano, che per mare puý l’huomo creder molte vollte d’haver scritto, e puý accadere, che le lettere non vadano, ý si strattenghino molto per strada.« BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 3. 4. 1646, fol. 89.

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7.3.4 Aufbruch nach Frankreich Wie oben angedeutet wurde, wollten die Barberini nicht, dass Donna Anna ihnen nach Frankreich folgte. In Donna Annas Augen gab es keinen Zweifel daran, wer für dieses Verbot und somit auch für ihr Elend in Rom verantwortlich war. Dies wird aus ihrem Schreiben vom 20. März an Maffeo deutlich: »Ich habe aber gemerkt, dass euer Vater nicht will, dass ich dorthin komme, wo ihr alle seid. Zum Schluss hat Kardinal [Francesco] Barberini, euer Onkel, doch erreicht, was er wollte. Nachdem ich euch alle aufgezogen habe, soll ich verjagt werden. […] Wegen ihm, da bin ich mir sicher, erlaubt mir euer Vater nicht, dass ich zu euch komme.«408

In Donna Annas Augen bestand keinen Zweifel daran, wer die Fäden zog: der »Fuchs« Kardinal Francesco. Dies lässt vermuten, dass hinter dem Zurücklassen von Donna Anna und ihrem uneindeutigen Verhalten in Rom der bereits angesprochene Machtkonflikt zwischen Donna Anna und Kardinal Francesco steckte. Wäre sie nämlich zu ihrer Herkunftsfamilie zurückgegangen, hätte er triumphiert; das hätte ihr persönlicher Stolz nicht zugelassen. Sie beschloss gegen den Willen ihres Mannes zu ihrer Familie nach Frankreich zu reisen. Am 25. März 1646 schreibt sie an Maffeo, sie habe beschlossen, der Königin von Frankreich, Anna von Österreich, Mutter von Ludwig XIV., ihre Ehre zu erweisen und habe diesbezüglich auch schon mit Kardinal Jules Mazarin gesprochen.409 Dass Donna Anna sich bei ihrem Entscheid auf Kardinal Mazarin beruft – von dessen Gunst die Barberini zu der Zeit vollständig abhängig waren – weist erneut darauf hin, wie gut sie über die politische Situation informiert war und es verstand, diese für ihre eigenen Interessen nutzbar zu machen. Don Taddeo wusste bereits zwei Tage nach Donna Annas Brief an Maffeo, dass seine Frau nach Frankreich kommen würde. Am 27. März schreibt er an Kardinal Francesco, Donna Anna ertrage die Situation in Rom nicht mehr und habe darum den Entschluss gefasst – unter dem Vorwand einer Pilgerfahrt nach Loreto – Rom zu verlassen und über Lucca und Genua nach Frankreich zu reisen. Ein Eintrag im diario von Ameyden vom Juni 1646 nimmt die angebliche Pilgerfahrt nach Loreto auf. Man sage sich, Donna Anna sei nur darum in Loreto 408 »Ma aggiungeva, mi vo accorgendo che vostro padre non vuole ch’io venga dove siete voi altri per quel fine che sempre ha tenuto di sodisfare il signor Cardinal Barberini vostro zio che, dopo havervi io allevati, io dovessi essere discacciata […]. Per sodisfare, dico a Sua Eminenza, tengo di certo che vostro Padre non mi permetter” il venire cost”.« O. A., vgl. Anm. 392, Donna Anna an Carlo, 20. 3. 1646, zit. in: Pecchiai, I Barberini, S 184. 409 »Mi sono risoluta di venirlo ” mendicare costa vicino et quando vi saro giunta ve lo avisaro accio che ” vuoi me impone impostiate da vostro padre che io venga in costessa regione dove sete voi […] io per vivere per che stia vicino ” voi mi voglio accomondare per serva della Regina gia l’ho scritto al Cardinal Mazzarini che mi fa mille grazie pero pregate vostro Padre che non me lo impedische.« BAV, Barb. lat. 10043, Donna Anna an Maffeo, 25. 3. 1646, fol. 60.

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gewesen, um den spanischen Botschafter Cabrera aus Neapel, Admiral von Castiglia, sprechen zu können.410 Vom besagten spanischen Admiral hatte Donna Anna ihrem Sohn Maffeo am 16. April berichtet, er habe mit seinen Leuten Quartier im Palazzo Colonna bezogen, wo er nicht wohnen, sondern auf Kosten der Barberini wüten würde.411 Diese Information war im Zusammenhang mit der zu dem Zeitpunkt in Rom herrschenden politischen Situation zwischen der spanischen und der französischen Faktion von höchster Brisanz: Im Palazzo Colonna hielten sich die Spanier unter Admiral Cabrera auf, im Palazzo Aldobrandini die Franzosen unter Kardinal d’Este. Man befürchtete eine Eskalation, da der Admiral Cabrera sich weigerte, Kardinal d’Este, Protektor der französischen Krone, den Vortritt zu überlassen.412 Am 29. April kam es dann zum befürchteten bewaffneten Zwischenfall, bei dem die Franzosen über die Spanier siegten.413 In dem Brief, in dem Donna Anna ihrem Sohn diesen Konflikt schildert, ergreift sie Partei für Frankreich und spricht sich gegen Spanien aus. Von ihren Neffen aus der Colonna-Sippe sagt sie, diese seien spagniolati, hätten sie doch den spagniolo in corpo.414 Bei dieser deutlich französischen Parteinahme fragt man sich, was es mit ihrem Zusammentreffen mit dem spanischen Admiral in Loreto, von dem Ameyden berichtet, auf sich gehabt haben könnte. Weist diese Begegnung darauf hin, dass Donna Anna nicht nur mit der französischen Faktion sympathisierte, sondern zugleich auch mit Vertretern Spaniens in Verhandlungen gewesen war? Eine Beobachtung im Zusammenhang mit ihrem Klosterprojekts bestätigt diese Vermutung (vgl. Kap. 7.6.1). 410 »Si º detto che la Signora Donna Anna Barberina sia stata ” Loreto non per altro, che per haver occasione d’abboccarsi per istrada con l’Almirante e ridurre li fratelli Barberini alla divotione di Spagna sendo stracchi della Francia.« BAV, Barb. lat. 4853, fol. 355v. 411 »In case dove allogiato la comandante[?] ambasciatore straordinario al papa et spendato tra[?] il cardinale et contestabile trecento scudi il giorno per l’alloggio ha portate otto cavalieri napoletani per cammerata tutti starna alle spese delli possesi vostri Signori zii; io non l’ho vedute ma mi dicono che sono pure le brutte mostre: non possano resistere per che gli rubano quanto ci º in casa sin hora sin la d’hoggi di matino et Roma hanno perso 30 piatti d’argento; tagliato dicano tutte le postiere et bensciato[?] le prime dono delli pasam.ti et le francie delli sedie, insomma non si chiama alloggio per quanto dicano […].« BAV, Barb. lat. 10074, Donna Anna an Maffeo, 16. 4. 1646, fol. 64. 412 »[…] si dubita per la cita di gran rumore per rispetto che questo Sign.e Almirante e non si vada fermare al cardinal d’Este protettore del nostro Re di francia; et se incontrano di certo verranno di casa alle Busse[?] sono gia dentro Roma piu di tre mila huomini tra spagnioli venuti da Napoli et gente del cardinal protettore […].« BAV, Barb. lat. 10074, Donna Anna an Maffeo, 16. 4. 1646, fol. 64. 413 Chiomenti Vassalli, Donna Olimpia, S. 83 und S. 96; Pastor, Geschichte der Päpste, Vol. XIV, 1, S. 47. 414 »[…] loro [li vostri cugioni colonnesi] sono tutti spagniolati per che hanno lo spagniolo in corpo]…].« BAV, Barb. lat. 10074, Donna Anna an Maffeo, 16. 4. 1646, fol. 64.

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7.4

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Donna Anna in Frankreich

Von Donna Annas Aufbruch nach Frankreich berichtet ein Brief von Don Taddeo an Kardinal Francesco vom 15. Mai: »Ich danke Euch unterwürfig für die Promptheit, mit der Ihr die Briefe betreffend Donna Annas Kommen behandelt habt; sie, die argwöhnisch ist, weil wir [ja] nicht möchten, dass sie kommt.«415

Wahrscheinlich ist Donna Anna anfang Juni in Vienne auf ihre Familie getroffen und dann gemeinsam mit dieser weiter nach Paris gereist.416 Allerdings erwähnt Don Taddeo Donna Annas Präsenz Kardinal Francesco gegenüber explizit erst am 22. September 1646 aus Montargis. Wo und wann genau Donna Anna auf ihre Familie getroffen ist, wird somit aufgrund der untersuchten Briefe nicht deutlich. Am 3. Oktober 1646 wurde Donna Anna Colonna Barberini von der französischen Königin Anna im Königspalast von Fontainebleau persönlich empfangen. Von diesem Empfang der »Fürstin von Palestrina, aus Italien stammend, Schwiegertochter der Kardinäle Barberini und Ehefrau des ehemaligen Präfekten« berichtet die Hofdame Madame Motteville in ihren Memoiren: »Die Prinzessin von Palestrina war in die Jahre gekommen: Ihre einstige Schönheit war verblüht; und was man kaum verliert, ist ihr geblieben, denn sie war von großer Intelligenz. Die Königin gebot mir, sie [die Fürstin von Palestrina] zuerst zu empfangen und mich um sie zu kümmern, da ich Italienisch spreche und weil sie Mitleid hatte, mit ansehen zu müssen, wie jene an einem Hof ankommt, dessen Sprache sie nicht spricht. Als sie ankam, war ich jedoch krank, sodass meine Schwester, die wie ich Italienisch sprach, mich ersetzte und ihr die ersten Instruktionen erteilte, wie sie sich zu verhalten hätte, um nichts falsch zu machen. Diese Dame [Donna Anna] passte sich leicht den französischen Sitten an. Sie fand viele Leute, die ihr zuhörten, um dem Minister zu gefallen, und sie genossen es, ihr zuzuhören, ohne sich darum kümmern zu müssen, ihr zu antworten. Sie selbst war glücklich, dass man ihr zuhörte, denn das Schweigen war nicht ihre Sache. Sie hatte den Ruf einer ehrlichen, aber hochmütigen Frau: Der Name Colonna schien ihr der berühmteste Name zu sein, den man tragen konnte.«417 415 »Rendo ” V. Em. Hum.e gratie della sollecitudine che la procurata alle lettere regite per la venuta della Sig.ra D. Anna la quale come sta insospettita che non vogliamo che venga, […].« BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 15. 5. 1646, fol. 98. 416 Den Briefen von Don Taddeo an Kardinal Francesco kann man folgende Reisestationen entnehmen: Vienne (2. Juni), über Lyon (3. August bis 7. September), Roanne (16. September), Montargis (22. September), Ferriºres (25. September), Fontainebleau (6. Oktober), Paris (9. Oktober). BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 2.6. bis 6. 10. 1646, fol. 102 – 121. 417 »La princesse Palestrine ¤toit avanc¤e en ’ge: elle avoit eu de la beaut¤, mais elle ¤toit pass¤e; et ce qui ne se perd point lui ¤toit rest¤, car elle avoit beaucoup d’esprit. Avant qu’elle arriv’t, la Reine m’’voit compand¤ de la voir la premiºre, et d’en prendre quelque soin, ” cause que je parlois italien, et qu’elle avoit piti¤ de la voir arriver dans une cour dont elle n’entendoit point la langue. Quand elle arriva, j’¤tois malade; mais ma soeur, qui parloit

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Madame de Motteville erfasste Donna Annas stolzen, eigenständigen Charakter in diesen wenigen Worten treffend: Nicht nur fiel es ihr leicht, sich den fremden Sitten anzupassen, auch zeigte sie Geschick im Umgang mit den Ministern. Wie das erste Zusammentreffen zwischen der Königin von Frankreich und der Fürstin von Palestrina effektiv verlief, ist nicht bekannt.418 Doch war es nicht die letzte Begegnung zwischen den zwei Annas: Auch am 30. Oktober und am 7. November wurde Donna Anna von der Königin von Frankreich empfangen, diese Male jedoch am Hof in Paris.419 An diesem Tag sollen sich die zwei Frauen über die mögliche Verheiratung von Donna Annas und Don Taddeos Tochter Lucrezia mit dem Papstnepoten Kardinal Camillo Pamphilij, der seinen geistlichen Stand aufzugeben gedachte, unterhalten haben. Eine solche Verbindung hätte den Barberini zu einer Rückkehr nach Rom verholfen. Schon 1644 hatten die Barberini eine solche Ehe gewünscht, doch damals verhinderte sie Innozenz X., indem er seinen Neffen Camillo kurzerhand zum Kardinalnepoten ernannte – wie man vermutete, um eben dieser Verbindung bewusst aus dem Weg zu gehen.420 Der Gesprächsverlauf zwischen Donna Anna und der französischen Königin ist bekannt aus einem sehr detaillierten Brief, den Don Taddeo am 9. November an Kardinal Francesco schrieb. Hier zeigt sich, dass Donna Anna einmal mehr politisch geschickt agierte und eine ähnliche Rückzugsstrategie anwandte, wie im Konflikt zwischen ihrem Vater und den Barberini vor rund zwölf Jahren. Die französische Königin wollte von Donna Anna wissen, ob sie denn nichts von der Absicht der Papstschwägerin Donna Olimpia Maidalchini gewusst hätte, die eine Verbindung ihrer Tochter Lucrezia mit dem Papstneffen wünsche. Donna Anna gab vorerst vor, nichts davon gewusst zu haben, lenkte dann aber zögernd ein und meinte, sich schwach daran zu erinnern, etwas davon von Kardinal Mazarin erfahren zu haben, doch stünden solcherlei Geschäfte im Dienste der königlichen Krone. Als die Königin erwiderte, das Geschäft geschehe nicht in ihrem Interesse, italien comme moi, suppl¤a ” mon d¤faut, et lui donna les premiºres instructions de la maniºre dont elle devoit agir pour ne rien faire de mal ” propos. Cette dame s’accoutuma ais¤ment ” la France. Elle trouva beaucoup de gens qui l’entendoient et qui, pour faire plaisir au ministre, s’amuseoient ” l’¤couter, sans se soucier de lui r¤pondre. En son particulier, elle ¤toit contente, pourvu qu’on lui donn’t audience; car elle n’aimoit pas ” se taire. Elle avoit toujours eu la r¤putation d’Þtre honnÞte femme et hautaine: le nom de Colonna lui sembloit le plus illustre qui se p•t porter.« Charpentier, M¤moires, S. 25. 418 Dass es aber tatsächlich stattgefunden hat, wird von Don Taddeo in einem Brief an Kardinal Francesco bestätigt: »[…] de 2 del corrente nel qual giorno pigliamono lettere da S. M.t” di venirsene ” Parigi come facemmo il giorno seguente havendo prima la Signora D. Anna et mia figlia nel giorno antededone di venerdi ricevuto il favorire della M.ta Sua.« BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 9. 10. 1646, fol. 121. 419 »Questa sera la Sig.ra D. Anna mia moglie º stata dalla maest” della Regina […]« BAV, Barb. lat. 10043, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 30. 10. 1646, fol. 130. Und: »Doppo la sera delli 7 estimelo la Sig. D. Anna mia consorte ” struir la regina, s’accostý S.M.ta […]« BAV, Barb. lat. 10043, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 9. 11. 1646, fol. 136. 420 Karsten, Künstler, S. 144.

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sondern in demjenigen des Hauses Barberini, welchem sie zur Rehabilitierung verhalf, meinte Donna Anna, dass solcherlei in ihrem Land nicht in den Händen der Frauen liege. »Wie, sagte die Königin, sind es nicht Sie, die über die Verheiratung ihrer Tochter mitentscheiden?«421 Diese rhetorische Frage der Königin beweist, dass beide Frauen genau wussten, wie sich die Tatsachen in Wirklichkeit verhielten und gerade auch Donna Anna die Heiratsgeschäfte maßgeblich mit beeinflusste. Don Taddeo berichtet dem Kardinal, Donna Anna habe sich im Gespräch mit der Königin sehr vorsichtig und geschickt verhalten.422 Nicht nur an dieser Stelle rapportiert er dem Kardinalsbruder von Donna Anna, auch in anderen Briefen erstattet er ihm immer wieder genaustens Bericht,423 was darauf hinweist, dass Donna Anna unter ständiger Beobachtung der Barberini stand. Aus ihrer eigenen Feder stammen nur zwei Briefe aus Paris vom März 1647 an ihren Bruder, Contestabile Marcantonio Colonna. Leider erfährt man darin nichts über den Konflikt mit den Barberini oder ihr Leben in Paris.424 Am 30. April 1647 reiste Donna Anna wieder zurück nach Rom.

421 »Havendomi il S. Card. Mazarino lunedi il 9 del corr. che fu ” riverirlo detto in discorso parlando delle cose di Roma: Che poteva accadere che il Card.le Panfilio applicasse allo stato secolare et quasi considerando se in Roma inchinassero ” D. Lucretia mia figliola al che come apparse da me per parole casuali et per la stretezza nella quale ero stato posto nell’entrar dal detto Sig. Card.le che dovesse spedirmi presto, fu da me fatta poca rifletione, et senza farmi sopra formato discorso, dissi solamente che se fussi stato per servitio di s. M.ta ci dovemo tutti ” questo sacrificar ma che la casa Panfilij non la ancora formato stato, et accennai con qualch’altra parola d’esterni da considerato, ci passý in altri discorsi: Doppo la sera delli 7 estimelo la Sig. D. Anna mia consorte ” struir la regina, s’accostý S.M.ta (essendosi levata per altro in piede), alla Sig. D. Anna et dissoli sommessamente: le sapeva che la Sig.ra D. Olimpia desiderassi detto casamento, rispose la Sig.re D. Anna che non lo sapeva. soggiungeva S. M.t” cosi scriveva: Allora replico la Sig.ra d. Anna; Ora mi sovviene che il S. Card.le Mazarino mi favori d’accennarmi che la corte ne diceva qualche cosa, seguitando ” dire che essa non vi haveva pensato, che se ciý fusse stato per servitio di S. M.ta et sua Real Corona tutti i suoi figli devono ” tal servitio sacrificarsi: Allora la Regina mostrý che non per rispetto del suo servitio ma per pensare se fussi stato bene per la casa. ÷ che rispose la Sig.ra d. Anna: Che questo al suo paese non toccava alle donne. Come, disse la Regina, non dovete voi haver parte nel casamento di vostra figlia?« BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 9. 11. 1646, fol. 136 f. 422 »La Sig.ra D. Anna alle parole della Regina, […], la risposto, credo io, molto prudentemente et cautamente, […]«. BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 9. 11. 1646, fol. 137. 423 Z. B. berichtet Don Taddeo auch sofort, dass seine Frau betreffend der Rückforderung ihrer Mitgift ein Mandat geschrieben und nach Rom geschickt hätte: »La Sig.ra D. Anna mia consorte scrive et manda ” Roma mandato de Procura per far l’elet.ne bisognando della sua dote et ne manda in parte ” Mons. Ferdatili[?] in foglia sottoscritto […]«. BAV, Barb. lat. 10042, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 16. 11. 1646, fol. 140. 424 ACS, Cart. Marcantonio, lettera da Anna da Parigi, 15. 3. 1647 und 21. 3. 1647. Es geht in diesen Briefen um die Verheiratung von Cesare Colonna, dem Mann, welcher für Anna vor dem Senat das Memoriale verlesen hatte, vgl. auch Anm. 377.

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»weltliche Ehe«, »geistliche Partnerschaft«

Aufgrund der bisherigen Ausführungen kann festgehalten werden, dass sich Donna Anna kurz nach der Flucht ihrer Familie auf die Seite der Barberini stellte und mit der französischen Faktion sympathisierte. Sie brach schließlich gegen den Willen des kardinalizischen Familienoberhaupts unter dem Vorwand nach Frankreich auf, sie werde vor Sehnsucht nach ihren Kindern krank, führte sich dann aber dort so merkwürdig auf, dass ihr Verhalten bei den Barberini Misstrauen hervorrief. Donna Anna erreichte Rom Ende Juni 1647,425 die Familie folgte ihr ein knappes Jahr später – ohne Don Taddeo. Er verstarb im November 1647 in Paris.426 Was hieß das nun für Donna Anna? Was änderte sich in ihrem Leben in Rom? Wo war jetzt ihr Platz in der höfischen Gesellschaft? Für die Beantwortung dieser Fragen ist auch nach den turbulenten politischen Ereignissen das Verhältnis zentral, welches Donna Anna zu Don Taddeo und Kardinal Francesco auch nach dem Ende des Barberini-Pontifiktas pflegte bzw. pflegen musste.

7.5.1 Donna Anna und Don Taddeo Am Tag von Donna Annas Abreise aus Frankreich schreibt Don Taddeo seinem Bruder : »sie [Donna Anna] scheint mir keine große Zuneigung entgegenzubringen.«427 Hier spricht Don Taddeo das aus, was Donna Anna ihrem Vater bereits vor Jahren geschrieben hatte: Von ihrem Ehemann hielt sie nicht viel (vgl. Anm. 331). Dennoch waren sie in ihrer Rolle als Ehepartner weiterhin verpflichtet, ihren gemeinsamen Aufgaben nachzukommen. Während aus der Zeit nach dem Barberini-Pontifikat keine Haushaltskorrespondenz mehr von Donna Anna vorhanden ist, sind interessanterweise Briefe vergleichbaren Charakters von Don Taddeo an Donna Anna aus Paris vorhanden. Er schrieb ihr nach ihrer Abreise bis zu seinem Tod im Durchschnitt zweimal pro Monat lange Briefe. Die Themen drehen sich zumeist um die Wohnsituation im Pariser Palazzo, die Gesundheit, die Kinder sowie deren Versorgung. Hinweise darauf, dass Donna Anna nach ihrer Rückkehr für ihn und die Barberini weitere, diplomatische Funktionen hätte ausüben müssen, gibt es in dieser Korrespondenz keine.428 425 Gigli, Diario, S. 501. 426 Sein Testament ist datiert auf den 17. November. BAV, Arch. Barb. Ind. II 4352, Testamento publico fatto da S. Ecc.za (D. Taddeo Barberini, Principe Prefetto di Roma) in lingua francese in Parigi li 17. 9mbre 1647. 427 »[…] Sig. ra D. Anna, la quale non mostro havermi grand’inclinatione, […].« BAV, Barb. lat. 10043, Don Taddeo an Kardinal Francesco, 30. 4. 1647, fol. 128v. 428 BAV, Barb. lat. 10042, lettere da Taddeo Barberini, fol. 244 – 286.

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Hauptthema ist zuerst der Eintritt Lucrezias ins Kloster Val di Gratia, der am 1. Juli 1647 in Frankreich erfolgte.429 Ähnlich wie damals die 21-jährige Anna Colonna, wurde nun auch Lucrezia vorübergehend ins Kloster gesteckt. Bei Donna Anna war damals der Tod der Mutter Lucrezia Tomacelli Grund gewesen, bei Lucrezia Barberini war die Rückkehr Donna Annas nach Rom für den Klostereintritt verantwortlich. Thema in den Briefen Don Taddeos ist aber auch die Verheiratung der Söhne. So bittet er seine Frau, doch die Nichten von Kardinal Mazarin genauer unter die Lupe zu nehmen und ihm über Sitte, Gesundheit, Alter und Aussehen Auskunft zu geben.430 Hier geht es um die von Mazarin geplanten Heiratsprojekte, die im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung der Barberini in die römische Gesellschaft, aber auch mit Mazarins Aufwertung der eigenen Stellung standen. Wie bereits gesagt, scheiterten die Projekte, weil sich Donna Anna weigerte, ihren Sohn mit einer Tochter eines ehemaligen Dieners ihres Vaters zu verheiraten.431 Donna Anna hatte also – entgegen dem, was sie der Königin von Frankreich gesagt hatte – sehr wohl Einfluss auf die Heiratsgeschäfte und dadurch auch auf die Politik und den Ruf der Barberini. Auch wenn das persönliche Verhältnis zwischen Donna Anna und Don Taddeo nicht besonders gut war, so zeigt diese Korrespondenz von Don Taddeos letztem Lebensjahr, dass das Ehepaar über ihre gemeinsamen Kinder und deren Versorgung unwiederbringlich miteinander verbunden waren. Don Taddeo wusste, dass seine Frau maßgeblich Einfluss auf die Wiedereingliederung der Barberini in Rom hatte; auch wenn sie der Familie und ihrem Mann persönlich keine große Zuneigung entgegenbrachte, so war es doch auch in ihrem Interesse, dass das Familiengeschlecht ihrer Kinder, in deren Körpern auch ihr eigenes Adelsblut floss, in Rom wieder einen angesehenen Ruf genoss. In seinem Testament ernannte Don Taddeo darum Donna Anna zusammen mit Kardinal Francesco zur cocuratrice des Nachwuchses.432 Damit verpflichtete er sie über seinen Tod hinaus für die Familiengeschäfte der Barberini und verhinderte die Rückerstattung ihrer Mitgift; die testamentarische Ernennung der hinterlassenen Ehefrau zur »Beschützerin« der Kinder war eine gängige Art, um einer Witwe die Mitgift nicht auszahlen zu müssen.433 Bei Don Taddeo war dies 429 Don Taddeo schildert seiner Frau im Detail vom Kloster, wie die Zimmer ausschauen, was vorhanden ist etc. BAV, Barb. lat. 10042, lettera da Don Taddeo, 5. 7. 1647, fol. 261. 430 »Con la confidenza et libert” che deve et puo esser tra di noi prego V. E. che mandarmi notitia de costumi, sanit”, et”, forma e aspetto delle nipote fimmine del Sig Card. Mazzarini restati in Roma tnato della Mattinozzo quanta Mancine.« BAV, Barb. lat. 10042, Lettera da Don Taddeo, 30. 8. 1647, fol. 265. 431 Vgl. Anm. 374. 432 Feci, Pesci, S. 205. 433 Casanova spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer Erpressung. Um die Witwe auf

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nicht der einzige Grund gewesen, er wollte so wohl auch erreichen, dass seine Ehefrau weiterhin rechtlich bei Fragen zur Versorgung der Kinder eingebunden war und sich um das Prestige seiner Familie und seiner Kinder bemühen musste. Dass er dadurch das persönliche Verhältnis zwischen seinem Bruder Kardinal Francesco und seiner Frau auf die Probe stellte, wird ihm bewusst gewesen sein.

7.5.2 Donna Anna und Kardinal Francesco Kurz nach der testamentarischen Ernennung Donna Annas als cocuratrice zusammen mit Kardinal Francesco, eskalierte der Konflikt zwischen den beiden rivalisierenden Persönlichkeiten. Ameyden notiert im März 1648, kurz nach der Rückkehr des Kardinals aus Frankreich: »[Kardinal Francesco] hat mit der Schwägerin gebrochen, er ließ ihre ganze Aussteuer beschlagnahmen […].«434 Nachdem die Barberini ihre konfiszierten Güter in Rom wieder hatten in Besitz nehmen können, wollten sie der verwitweten Schwägerin Donna Anna monatlich nicht mehr wie bis anhin sieben, sondern nur noch sechs Prozent der Mitgift zu ihrem Lebensunterhalt auszahlen.435 Donna Anna ließ den Fall zwischen 1649 und 1652 von einem Kammerauditor untersuchen. Ein in diesem Zusammenhang entstandener, bei Feci zitierter Dokumentauszug setzt sich mit dem Konflikt auseinander : Kardinal Francesco wollte Donna Anna von der gemeinsamen Sorgepflicht über die Kinder ausschließen und berief sich deshalb auf ein angebliches breve von Urban VIII., worin festgeschrieben sei, dass Donna Anna aus der Barberini-Familie ausgeschlossen werden müsse. Donna Anna, die nicht bereit war, dem Kardinal den Gefallen zu tun und sich zurückzuziehen, war der diese Weise zur Mitverantwortung zu ziehen, musste sie mindestens 25 Jahre alt sein. Casanova, Le donne, S. 68. 434 »[Cardinale Francesco] º rotto con la cognata, la quale gli ha fatto sequestrare tutti li suoi effetti per la sua dote […]«. Ameyden, Diario della citt” e corte di Roma, fol. 30, zit. in: Feci, Pesci, S. 205. 435 »Non mancai far l’esibitione di quel apparamente delle canc.e[?] de piu fusse gradino ” set¤, et mi rispose, che erano 22 anni, che S.Ecc. [Anna Colonna] era in casa Barberina, et che dal primo giorno sino ” questo posto haveva esprimentati i frutti ricevuti da V.Ecc. [Taddeo] et ad tale esibitione ne credeva anco la continuatione, ma che essendo piaciuto ” Dio mortificando con la privat.e del Padrone suo marito, non s” pensare che vivere a seicesta[?].« Diese Angaben soll Donna Anna einem Signore[?] Maria[?] Anini[?] im Auftrag von Kardinal Francesco gemacht haben. Das Dokument wurde von Donna Anna am 7. 10. 1649 beglaubigt: »Io Anna colonna Prefetessa dettai al S. Maria[?] Anini[?] la presente hoggi 7 di ottobre 1649.« BAV, Barb. lat. 10074, Copia di minuta di lettera [al card. Francesco Barberini] circa la restituzione della dote, 7. 10. 1649, fol. 71 – 72. Feci spricht von einer bisherigen monatlichen Summe von 100 scudi, von der Anna nach dem Tod Taddeos nur noch zwei Drittel erhalten habe. Sie stützt sich bei dieser Angabe auf eine Rechnungsaufstellung, die in BAV, AB, IV. 33 zu finden ist. Feci, Pesci, S. 223, Anm. 56. Aufgrund der Schließung der Vatikanischen Bibliothek war es mir nicht möglich, dieses Dokument zu überprüfen.

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Meinung, dass dieses breve keine Gültigkeit habe, solange die ihr gemäß Ehestatuten zustehenden 7,5 % der Aussteuer436 nicht zurückerstattet würden.437 Nach zweijähriger Verhandlungszeit entschied das Gericht zu Donna Annas Gunsten und im Juni 1651 wurden ihre Forderungen erfüllt.438 Ab diesem Zeitpunkt distanzierte sich Donna Anna von den Barberini. Hatte sie in den ersten Jahren als Witwe noch gefordert, im Palazzo der Barberini an der Via dei Giubbonari zu wohnen, ohne dafür Miete bezahlen zu müssen,439 zog sie nun 1652 in den selbst erworbenen Palazzo d’Olmo ein, einem Gebäudekomplex hinter dem Kloster SS. Apostoli, der sich direkt neben dem Palazzo Colonna befand und zum Teil im Besitz der Familie Colonna war.440 Auch im Jahre 1651 bricht die von Donna Anna seit dem Tod Taddeos mit den Ministern der verschiedenen Barberini-Lehen geführte Verwaltungskorrespondenz ab. Während vier Jahren hatte sie die Aktivitäten dieser Lehen als »madre e curatrice« – wie ihre Unterschrift zeigt – koordiniert.441 Donna Anna hatte sich nicht sofort nach dem Tod ihres Ehemannes von den Barberini distanziert, sondern gewartet, bis sie für all das, was sie in den Jahren von Kardinal Francesco hatte erdulden müssen, Genugtuung erhielt. Ihr Stolz hatte sie bis vor Gericht getrieben – erst nachdem sie erreicht, was sie gefordert hatte, war sie bereit, von den Geschäften der Barberini abzulassen. Aufgrund ihres Testaments ist zu vermuten, dass auch die Beziehung zu ihren 436 Gemäß Feci finden sich die Ehestatuten in: BAV, Arch. Barb., IV, 7, Breve motus proprii derogatorii Statuti Urbis et cuiuscumque alteriae obstantiae super excessivitate dotis D. Annae, 25. 12. 1627. Feci, Pesci, S. 223, Anm. 59. 437 »Per essergli stato gi” da qualche mese in qua detto pi· volte che il signor cardinale Barberino havea presso di se un breve i Urbano VIII che la escludeva dalla cura, in cui si trova, si era risoluta di far replicate instanze a Sua Eminenza perch¤ mostrasse detto breve, acciocch¤ essa potesse uscire da i scrupoli e dalle sospensioni d’anima, nelle quali era tenuta […]. Si dichiara perý ch’essa non º mai per fare rinuncia positiva della cura che gli fu lasciata dal suo marito, e che essa piglio servatis servandis con aperte instanze dell’Ecc.mo signor cardinale Barberino, ma che ben si º per sospendere (resi che havr” i conti del primo anno) tutti gl’atti positivi di detta cura fin che veda detto breve, e gl’effetti del medesimo, tra i quali apprende non poter essere la privatione della cura degl’altri doi figlioli, e della tutela che ancor dura dell’ultimo, et in ogni caso pensa che detto breve non potr” mai escluderla dall’insistenza che deve havere su tutta l’azienda come creditrice immessa per la sua dote, fin che gli sia restituita, soggiongendo che se gli fosse hora restituita la trovarebbe ad investire con buona, e sicura communit” a sette e mezzo.« BAV, Arch. Barb., IV. 285, zit. in: Feci, Pesci, S. 206 – 207. Das Dokument ist undatiert, Feci schätzt seine Entstehungszeit auf etwa Ende 1648. 438 Feci, Pesci, S. 224, Anm. 60. 439 BAV, Arch. Barb., IV. 285, zit. in: Feci, Pesci, S. 206. 440 Die entsprechenden Dokumente zum Kauf des Palazzo hat Sacchi Lodispoto aufgearbeitet und auf plausible Art aufgezeigt, dass Donna Anna im Palazzo d’Olmo ab 1652 gelebt hat und dort gestorben ist. Sacchi Lodispoto, Anna Colonna. 441 Für die Korrespondenz mit den Ministern der verschiedenen Lehen zwischen 1647 und 1651 vgl. Arch. Barb., Ind. II, 2467, zit. in Castiglione, Patrons, S. 34, Anm. 43.

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Kindern, insbesondere zu ihren zwei älteren Söhnen, unter den Zwistigkeiten mit Kardinal Francesco gelitten hatte. Nur zu ihrem Jüngsten, dem Oratorianerpater Niccolý, pflegte sie in den Jahren bis zu ihrem Tod noch persönlichen Kontakt. Ihn ernannte sie zu ihrem Haupterben. Damit – so schreibt sie im Testament – bedanke sie sich für seine Unterstützung und sein Vertrauen, das er ihr während ihrer letzten Lebensjahre als Witwe entgegenbracht habe.442 Als Niccolý 1662 die Oratorianervereinigung verließ und dem Karmeliterorden beitrat – dem Orden, dem die Mutter ihr Kloster Regina Coeli geweiht hatte – überließ er sein mütterliches Erbe dem älteren Bruder Kardinal Carlo. 7.5.3 Fazit Ein zentraler Faktor für das Verständnis des Verhaltens von Donna Anna in der Zeit nach der Flucht der Barberini nach Frankreich bis zu ihrer Distanzierung von der Ankunftsfamilie ist das Verhältnis zum Familienoberhaupt Kardinal Francesco – auch nach dem Tod des Ehegatten. Zwischen dem ehemaligen »exekutiven Regentschaftspaar« unter Urban VIII. – denkt man an die vergleichbare Wohnsituation der »First Lady« und des Kardinalnepoten im piano nobile im Palazzo alle Quattro Fontane – eskalierte im Streit um Donna Annas Unterhaltskosten der bereits bei der Hochzeit 1627 von den Zeitgenossen prognostizierte Familiengeschlechterkonflikt. Wie 1634 schon in der bibbia Donna Annas an den Vater zum Ausdruck kam, stellten sich die Colonna wegen des blauen Blutes, das in ihren Adern floss, über die Papstfamilie. Die Aufsteiger Barberini besetzten zwar durch ihre Stellung als Papstfamilie vorübergehend die Spitze der römischen Gesellschaft, doch war dies für Donna Anna nie ein Grund gewesen, sie als gleichwertig zu akzeptieren. Sie hatte in ihren Augen gewissermaßen unter ihrem Stand heiraten müssen – das hatte sie ihre Ankunftsfamilie immer spüren lassen. Kardinal Francesco, der mindestens eine ebenso stolze und ehrgeizige Persönlichkeit war wie Donna Anna, ertrug die Arroganz der Schwägerin von allen Barberini am wenigsten. Er unterließ es nicht, ihr gegenüber in seiner komfortablen Position unter Urban VIII. wo immer möglich 442 »Nel rimanente della mia heredit” universali heredi instituto e constituisco li sodetti Sig.ri miei figlioli nel modo infra.tto, cioº in primo luogo il mio dilettisimo e caro Nicolo mio figliolo, al quale benedico, e per mille volte prego Dio che lo benedica per l’affetto che mi ha portato. Per l’assistenza che mi ha prestata in tutta la mia vedovit” per le lagrime con che ha accompagniate li miei travagli doppo la morte del Prencipe suo Padre havendolo obedito di stantiare con me, et finalm.te per la confidenza havuta in me di farmi sua tutrice e curatrice per tutti queste cose et per la sua bonta lo lascio in primo luogo herede della mia heredit” […]«. ASR, Cong. relig. femm., S. Maria Regina Coeli, B. 4304, fasc. 4, fol. 12v–13. Im Weiteren hat sich mit dem Testament auch auseinandergesetzt: Guglielmi, Anna Colonna, S. 51 – 81 (vollständige Transkription S. 70 – 81) und Dunn, Piety, S. 644 – 663 (Teiltranskription S. 661 – 662).

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seine strukturbedingte, überlegene Stellung als geistliches Familienoberhaupt auszuspielen. Nach dem Tod des Barberini-Papstes hatte auch er seine starke Stellung verloren, durch die politischen Turbulenzen und das Exil waren die bisherigen Familienstrukturen auseinandergefallen. Donna Annas Besuch in Frankreich kann als ein rebellisches Auflehnen gegen das von Kardinal Francesco ausgesprochene Verbot gesehen werden; nach dem Tod Urbans VIII. und dem Untergang der Barberini-Dynastie, war sie nicht mehr bereit, sich der Autorität des geistlichen Schwagers zu beugen. Kardinal Francesco stand nur noch ein Gegenmittel zur Verfügung, um seine überlegene Machtposition gegenüber Anna Colonna geltend machen zu können: die Kinder und die Aussteuer. Donna Anna hatte während der ganzen Zeit bei den Barberini für ihre Herkunft gekämpft und sich für das Ansehen und die Ehre der Colonna-Familie eingesetzt. Die gesellschaftliche Durchlässigkeit des papsthöfischen Systems und die damit verbundene soziale Mobilität, die es den Aufsteigern Barberini ermöglicht hatte, sich vorübergehend in der gesellschaftlichen Hierarchie Roms über ein Adelsgeschlecht wie die Colonna zu stellen, hatten ihr den Kampf nicht leicht gemacht; 22 Jahre lang hatte sie sich in die Familie einordnen und vieles akzeptieren müssen. Der gerichtliche Sieg 1651 im Zusammenhang mit der Aussteuer war eine kleine Entschädigung für die ertragenen Strapazen. Zufrieden gab sie sich damit allerdings noch nicht. In der Don Taddeo gegenüber 1643 erstmals erwähnten Klostergründung kann ein Mittel gesehen werden, sich und den Colonna ein Denkmal zu setzen.

7.6

Die Klostergründung S. Maria Regina Coeli

Die Distanzierung von den Barberini 1652 bedeutete nicht, dass sich Donna Anna aus der römischen Gesellschaft zurückgezogen oder gar, wie es für Witwen ihres Standes und Alters üblich gewesen wäre, die letzten Jahre im Kloster verbracht hätte.443 Durch ihre Klostergründung S. Maria Regina Coeli, direkt am Tiber und zu Füßen des Gianicolo, blieb sie in der aristokratischen Gesellschaft Roms weiterhin präsent, auch über ihren Tod 1658 hinaus – und wäre es wohl noch heute, wenn das Kloster 1877 nicht einem Gefängnis hätte weichen müssen.444 Mit der Planung und Ausführung des Klosters konstruierte sie ihre Me443 Zur Klostergründungstradition von Frauen aus altadligen Familien vgl. Kap. 3.2.1. 444 Die letzten Nonnen hatten 1870 das Kloster verlassen. Sacchi Lodispoto, Anna Colonna, S. 472.

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moria und legitimierte noch einmal ihre adlige Abstammung.445 Wie die Kunstpatronage der Männer war auch ihre »Kunstmatronage« machtpolitisch motiviert.446 Drei zeitgenössische Quellen, die von der Klostergründung handeln, sind heute erhalten: Das Testament von Anna Colonna Barberini vom 28. Juni 1656 sowie zwei Texte, die nach Donna Annas Tod verfasst wurden. Bei einem handelt es sich um einen handgeschriebenen Text über das Kloster, der zusammen mit anderen Beschreibungen von Kirchen und Klöstern, die im 17. Jahrhundert gegründeten wurden, aufbewahrt wird. Das Dokument mit dem Titel »Chiese conservatori e monasteri di monache della citt” di Roma« liegt in der Handschriftenabteilung der Vatikanischen Bibliothek. Bei dem anderen Text handelt es sich um die gedruckte, bereits mehrmals erwähnte Biografie von Biagio della Purificatione über Donna Annas Schwester Vittoria, Suor Maria Chiara della Passione. Die Wichtigkeit, die das Kloster für Donna Anna besessen hatte, wird insbesondere aus ihrem Testament deutlich. Zwei Drittel des Inhalts handeln davon, wie das Kloster fertig gestellt und die Kapellen ausgeschmückt werden sollen. Sie nennt den Architekten Francesco Contini sowie den Künstler Gabriele Renzi, die für die Vollendung hinzuzuziehen seien, da diese ihre Vorstellungen kennen würden. Der Sohn Niccolý, ihr Haupterbe, wird angewiesen, Schmuckstücke zu verkaufen, um mit dem Ertrag die Ausführung der übrigen Arbeiten, insbesondere noch die Ausschmückung zweier Kapellen, finanzieren zu können. Aus diesen testamentarischen Ausführungen wird deutlich, dass Donna Anna nicht nur Klosterstifterin war, sondern sich auch aktiv am Projekt beteiligte, im Gespräch mit Architekten, Künstlern und Handwerkern war und sich um die Finanzen kümmerte.447 Der Beginn von Donna Annas Engagement für das Kloster fällt in die Krisenzeit nach dem Ende des Barberini-Pontifikats. Unter Beachtung dieses Aspekts könnte ein Zusammenhang bestehen zwischen den Handlungen nach der Flucht der Barberini nach Frankreich – der Brief an den Senat, die Rückforderung ihrer Aussteuer, die Klagebriefe an ihre Söhne, ja sogar das Zusammentreffen mit dem spanischen Admiral und ihre eigene Reise nach Frankreich – und dem Vorantreiben des Klosterprojekts. Diesen möglichen Zusammenhängen soll im Folgenden genauer nachgegangen werden. 445 Zur Bedeutung der Memoria im Kontext der römischen Grabdenkmäler vgl. Bredekamp, Totenkult, S. 9 – 18. 446 Bisher wurde die Klostergründung mit Religiosität und Spiritualität begründet, vgl. Anm. 212. 447 Dunn, Piety, S. 646. Dunn hat in diesem Aufsatz alle Quellen und Dokumente zum Bau und zur Ausschmückung des Klosters minuziös erfasst und aufgearbeitet. Daraus wird ersichtlich, wie intensiv sich Donna Anna persönlich am Projekt beteiligte.

Turbulenzen nach dem Tod Urbans VIII.

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7.6.1 Das Klosterprojekt als Handlungsmotivation Am kontinuierlichen Vorantreiben des Projekts seit der Grundsteinlegung 1643 bis zur offiziellen Weihung des Klosters 1654 findet man einige Hinweise, die Donna Annas zweideutiges Verhalten kurz nach der Flucht der Barberini erklären könnten: Hatte Donna Anna sich vielleicht nicht auch deswegen bereit erklärt, den Brief an den Senat zu verfassen und sich in Rom vor Ort für die Barberini einzusetzen, um weiterhin in der Nähe ihres Klosters sein und an der Konstruktion ihrer Memoria arbeiten zu können? Im Oktober 1643 hatte sie ihrem Mann von ihrem Entschluss berichtet, ein Kloster zu gründen und geschrieben, sie gedenke, den ihr zustehenden Teil der Aussteuer in das Kloster zu investieren: Hatte sie sich nicht vielleicht deshalb für die Herauslösung ihrer Aussteuer aus dem konfiszierten Barberini-Vermögen eingesetzt? Sogar der Entschluss, gegen den Willen der Barberini nach Frankreich zu reisen, kann mit dem Klosterprojekt in Verbindung gebracht werden: Donna Anna wollte für ihr Kloster den Finger der heiligen Teresa von Avila aus Spanien als Reliquie erwerben. Dazu war sie mit dem spanischen Nuntius, Monsignor Giulio Rospigliosi, und dem französischen Nuntius Guidi di Bagno in Verhandlungen.448 Die Reliquie wurde schließlich zusammen mit der Nachricht des Todes des am 9. März verstorbenen, erst 17-jährigen Prinzen Baltasar Carlos, Neffen der Königin von Frankreich, Anna von Habsburg, und dem spanischen

448 So jedenfalls erzählt es die Geschichte der Klostergründung: »[…] Nuntio in Spagna al Re Cattolico Filippo IV Giuli Rospigliosi […] che per la sua singolar sapenza e prudenza unita con estranamente bont” Urbano VIII. di Sant. mem. verso mundo che per promosso alla Sac. Porpora da Alex. VII. gli º havesse […] D. Anna scoperto il suo desiderio di havere una reliquia della Santa beata Teresa, e li come egli era di natura benefico, et ostioso, vi pose effecen.te[?] ogni indulcenza per ottenerla, e non f” vana, per che la contegni dal Pre Gle[?] de’ Carmelitani Scalze di Spagna, che la levý da un convento del suo ordine, e fu il dito intero con la sua carne et unghia e molta esser l’indice con cui la santa scrisse le sue amirabili opere di che il Nuntio hebbe le sue ante[…?] ottenuta dunque che il Prelato hebbe la reliquia e […] ne avviso con le sue lettere D. Anna richiedandola del luogo, ov’egli dovesse inviarla gli rispose con quei devoti ringraziamenti, che erano dovuti ” si degno ministro della Sede Apostolica ” misura matterie delle oblicationi che gli professava, e lo pregý de mandarla a Parigi, cosa che allora pativa molto difficolt” per non essersi comertio tra Spagna e Francia, stante le ardenam.e guerre, che paccavano tra quei due monarchie popoli dell’uno e l’altro regno; ma volendo la santa medesima dar il desiderato segreto del felice suo uterino ” Roma alla S. fondatrice, overse un lato vogente, fug.to la morte del Prencipe di Spagna figlio del Re, e Nipote della Regina di Francia, onde essendosi dalla Regna del Re Catolico spechi in francia un comerce per darne parte al Re Christian.mo et alla Regina gli consegný il Nuntio di Spagna al reliquia, che diresse al Nunzio di Francia allora Mons. di Bagni, che fu poi anch’esso da Alex. 78 levato al Cardinale avvio la consegnasse con le debite recognistioni a detta figlia questa prima di sapere l’invio della reliquia, stima con qualche afflittione per non alterarsi di tornare in Roma […].« BAV, Vat. lat. 118840, fol. 288.

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Thronfolger von einem spanischen Kurier nach Paris transportiert.449 War Donna Anna nicht vielleicht an den französischen Hof nach Paris gereist und hatte unterwegs den spanischen Admiral getroffen, weil sie mit Spanien verhandelte und sich die Reliquie nach Frankreich liefern lassen wollte? So jedenfalls wird die Reise Donna Annas nach Frankreich in der panegyrisch gefärbten Geschichte zur Klostergründung begründet. Die tatsächlichen politischen und familiären Hintergründe finden hier jedoch keine Erwähnung. Auch wenn kaum der Finger der heiligen Teresa allein Ausschlag zur Reise gegeben haben wird, so darf dennoch angenommen werden, dass Donna Anna tatsächlich mit den Nuntien von Spanien, Giulio Rospigliosi, und Frankreich, Niccolo Guido di Bagni,450 in Kontakt stand und – unter dem Vorwand der Erwerbung der Reliquie – mit den zwei Monarchien verhandelt zu haben schien. Abschließend lässt sich das Verhalten der Colonna-Tochter und ihre politische Einflussnahme auch mit dem Klosterprojekt nicht klären. Doch deutet vieles darauf hin, dass sie in den politischen Wirren während des Exils der Barberini eine wichtige Rolle spielte, bei der sie weder eine klare Haltung gegenüber Spanien und Frankreich, noch gegenüber den Colonna und den Barberini einnahm, sondern stets zwischen den Parteien stand und diplomatisch agierte. 7.6.2 Konflikte mit der neuen Papstfamilie Pamphilij Donna Anna verschwand mit dem Rückzug aus der Familie der Barberini nicht aus der römischen Gesellschaft. Ihr arrogantes Auftreten war weiterhin Gegenstand des höfischen Geredes. Sich auf ihre adlige Abstammung berufend, forderte sie nach wie vor eine soziale Sonderbehandlung und war darauf bedacht, ihre gesellschaftliche Stellung zu legitimieren. Dieses provokante Verhalten verunsicherte die römische Gesellschaft. Die Folge davon war, dass man sich nicht mehr einig war, wie Donna Anna zu grüßen und wie ihrer Kutsche zu begegnen sei.451 Gespannt war insbesondere das Verhältnis zu ihrer Nachfolgerin in der Funktion als »First Lady«452. Donna Anna war nicht bereit, sich Donna 449 Archivio Monastero Carmelitane Scalze Regina Coeli, Relatione et altro sulla fondazione del monastero di Regina Coeli, 8 – 9, zit. in: Dunn, Piety, S. 647. 450 med rov 1646 rebmevoN .16 ma etssum ingaB conseil in Frankreich erscheinen; ihm als päpstlichem Vertreter wurde dort die frankreichfeindliche Politik von Innozenz X. zum Vorwurf gemacht. Köchli, Krise, S. 68. 451 D’Amelia, Nepotismo S. 372 f. D’Amelia berichtet von weiteren zeremoniellen Konflikten mit Donna Anna in der römischen Gesellschaft und der Rivalität zwischen der alten und der neuen »First Lady«. 452 Donna Olimpia ist wohl die meist zitierte Frau im Kontext der Romforschung des 17. Jahrhunderts. Gerne wird sie als machtgierige, dominante und geizige Papstschwägerin dargestellt, die die Geschäfte des Papstes geführt haben soll. Ein differenzierteres Bild

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Olimpia Maidalchini, der Schwägerin von Papst Innozenz X – einer Nichtadligen – unter zu ordnen. Öffentlich demonstriert hatte sie dies der Rivalin beim Ritual des possesso, der offiziellen Machtübergabe an Papst Innozenz X. am 23. November 1644, wo sie von der neuen »First Lady« gefordert hatte, ihr weiterhin selbst den ersten Platz bei der Zeremonie zu überlassen.453 Im Colonna-Archiv findet sich im carteggio von Donna Anna ein formelles Schreiben von Donna Olimpia zu Donna Annas Rückkehr aus Frankreich, worin sich Donna Olimpia der Colonna-Tochter aufs Höflichste empfiehlt.454 Es handelt sich um ein standardisiertes Devotionsschreiben, in welchem Donna Olimpia der von Donna Anna geforderten Behandlung formal nachkommt. Im höfischen Alltag spielte Donna Olimpia jedoch ihre strukturbedingte Überlegenheit immer wieder aus. Am offensichtlichsten zeigt sich dies, als Donna Anna 1650 bei Papst Innozenz X. um die Bestätigung der 1643 von Urban VIII. erteilten Bewilligung, ihr Kloster unter die Aufsicht der Barfüßigen Karmelitinnen zu stellen, ersuchte.455 Innozenz X. verweigerte vorerst die Erneuerung des breve seines Vorgängers und verhinderte so den Bezug des Klosters durch die ersten Nonnen. Aufgrund der geschilderten Konflikte zwischen den zwei Frauen und dem Wissen über den Stellenwert Donna Olimpias an der Seite des Papstes, darf davon ausgegangen werden, dass bei diesem negativen Entscheid die Papstschwägerin maßgeblich beteiligt war. Erst vier Jahre später erhielt Donna Anna die päpstliche Erlaubnis für den Einzug der Nonnen.456 Diese Bewilligung war Zeichen der endgültigen Aussöhnung zwischen den Barberini und der aktuellen Papstfamilie und stellte den Abschluss der gemeinsamen Heiratsgeschäfte dar : Zum einen war es 1653 gelungen, den ursprünglich für eine kuriale Karriere vorgesehenen Maffeo Bar-

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dieser Frau unter Einbeziehung der gesellschaftlichen und politischen Umstände zeichnen D’Amelia, Nepotismo; Borello, Trame sovrapposte sowie Chiomenti Vassalli, Donna Olimpia. »Anna Colonna si prese la mano pi· degna nel Palazzo Apostolico sopra donna Olimpia, non senza lamento della medesima.« Siri, Del Mercurio, Vol, VI, S. 162, zit. in: Chiomenti Vasalli, Donna Olimpia, S. 91. »Il ritorno prospero di V. E. mi ha rallegrato infinitamente perche essendo io sua serva tanto obligata spero di ricevere il favore de vuoi comandamenti, de quali vivo molto abitiosa per mostrare in ogni tempo ” V. E. la mia vera osservanza º cosi la supplico ” credere, et ” farne prova […]«. Sie unterschrieb mit »devotissima serva Olimpia Pamphilij«. ACS, Cart. Anna, lettera da Olimpia, 5. 7. 1647. Am 30. 5. 1643 hatte Urban VIII. die Klostergründung unter der Voraussetzung autorisiert, dass die Gemeinschaft von zwanzig Nonnen und einer Oberin in administrativer wie disziplinarischer Hinsicht den superiori der Frati Scalzi della Congregazione d’Italia, auch einem Karmeliterorden, unterstehen solle. ASR, Congr. relig. femm., B. 4304, Nr. 1, fasc. 1. Dunn, Piety, S. 648. Die ersten Nonnen, die einzogen, kamen aus dem nahe gelegenen Karmelitinnenkloster S. Egidio in Trastevere. Unter ihnen befand sich auch Donna Annas Schwester Vittoria, Chiara Maria della Passione. Vgl. zu dieser della Purificatione, Vita.

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berini457 mit der erst zwölfjährigen Olimpia Giustiniani, Enkelin von Donna Olimpia, zu verheiraten. Zum anderen konnte Lucrezia Barberini,458 deren Verheiratung immer wieder, auch bei Mazarins Projekten, zur Diskussion gestanden hatte, schließlich mit Francesco I. d’Este, Herzog von Modena, verheiratet werden.459 Das Zustandekommen der Verbindung mit den französischfreundlichen d’Este wurde von den Pamphilij gefördert, da man sich davon Unterstützung beim Lösen der aktuellen politischen Probleme erhoffte. Der Rolle, die Donna Anna beim Abschließen der Heiratsgeschäfte gespielt hatte, müsste noch genauer nachgegangen werden. Dies war mir aufgrund der Schließung der Vatikanischen Bibliothek nicht mehr möglich. Man darf aber wohl davon ausgehen, dass Donna Anna auch hier, trotz ihrer Distanzierung von den Barberini, auf irgendeine Art Einfluss ausgeübt hatte. Bekannt ist, dass sie nach Abschluss der Verhandlungen die Gelegenheit nutzte und über ihre Tochter Innozenz X. bitten ließ, doch nun endlich die Bewilligung für die Klosterweihe zu erteilen. Gigli berichtet, wie Lucrezia zusammen mit der Mutter am 4. April 1654 Innozenz X. aufsuchte, um sich von ihm und Donna Olimpia vor der Abreise nach Modena zu verabschieden. Nach dem üblichen Zeremoniell verließen Donna Anna und Donna Olimpia den Raum, damit der Papst noch mit der Braut alleine reden konnte. Er übergab ihr Geschenke, worauf sie ihn im Namen der Mutter bat, er möge doch jetzt die Erlaubnis erteilen, dass das Kloster Regina Coeli offiziell in Betrieb genommen werden dürfe. »Man weiß nicht, was der Papst ihr darauf antwortete«, steht bei Gigli.460 Erst eine gute Woche später 457 Entsprechend wechselte Carlo Barberini, der ursprünglich für die Fortführung des Familiengeschlechts gedachte Erstgeborene, in den geistlichen Stand. Damit umgingen die Barberini bewußt das von Kardinal Mazzarini 1647 erteilte Versprechen, seine Nichte Laura Martinozzi mit Carlo Barberini zu verheiraten. Köchli, Krise, S. 77. 458 Ihre Verheiratung hatte – wie aufgezeigt wurde – bereits Don Taddeo vor seinem Tod beschäftigt. Auch in den folgenden Jahren war Lucrezia immer wieder im Gespräch. Die Barberini-Kardinäle Francesco und Antonio, Kardinalsminister Mazarin und Donna Anna – sie alle wollten aus diesem Heiratsgeschäft ihre Vorteile ziehen. Costantini gibt mit der Transkription der Korrespondenz zwischen der Barberini-Tochter und ihrem Kardinalsonkel Francesco von 1650 bis 1653 ein schönes Beispiel dafür, wie eine aristokratische Tochter Spielball unterschiedlicher Interessen war und – im Falle von Lucrezia eine zu Depression neigende junge Frau, die am liebsten Nonne geworden wäre – selbst keinerlei Einfluss auf die eigene Zukunft hatte. Costantini, www.quaderni.net/WebFazione/h1.htm, zit. Barb.lat. 7412 (Lucrezia an Kardinal Francesco bis 1653) und Barb. lat. 7413 (ab 1654); Barb. lat. 9895 (Kardina Francesco an Lucrezia. Die Briefkopien finden sich teilweise auch in: Arch. Barb., Indice IV, 1067. 459 Eigentlich hätte man dessen Sohn Herzog Alfonso IV. von Modena mit Lucrezia verheiraten wollen, doch war dieser bereits der von Carlo Barberini verschmähten Laura Martinozzi versprochen – ein kleiner Triumph für den enttäuschten Kardinalsminister Mazarin. Köchli, Krise, S. 79. 460 »La Sposa, si diceva, che domandý gratia al Papa per sua madre, che si vestissero le

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wurde bekannt, dass der Papst seine Zustimmung gegeben hatte. So wurde kurz nach dem Aufbruch Lucrezias Richtung Modena ein breve publiziert, in welchem der Papst das Kloster S. Maria Regina Coeli endlich anerkannte.461

7.6.3 Der Einfluss der Barberini auf die Fertigstellung des Klosters Vor Donna Annas Tod hatten die Barberini in baulicher und künstlerischer Hinsicht keinen erkennbaren Einfluss auf das Kloster Regina Coeli ausgeübt.462 Doch waren sie natürlich ebenso wie Kardinal Girolamo Colonna, Donna Annas Bruder, bei den öffentlichen Anlässen wie der Grundsteinlegung 1643, der Eröffnung aufgrund des breve von Innozenz X. und der Weihung der Kirche 1655 anwesend.463 Nach außen wurde also nach wie vor die ruhmvolle, perfekte Verbindung Colonna-Barberini kommuniziert – ungeachtet der persönlichen Konflikte und Donna Annas Distanzierung von ihrer Herkunftsfamilie in den letzten Jahren vor ihrem Tod. Diese message kommt auch in künstlerischer Hinsicht im Klosterbau zum Ausdruck. In ihrem Testament bittet die Colonna-Tochter noch um die Ausführung dreier Bilder : für den Hochalter der Klosterkirche wünscht sie eine »Presentatione al tempio della Madonna«, für die rechte Seitenkapelle eine »Santa Theresia che scrive« sowie eine Kopie einer Darstellung der heiligen Anna, dessen Original von Andrea Sacchi sich in der Kapelle S. Carlo ai Catinari befindet.464 Weitere Angaben zu ihren Vorstellungen oder zur Wahl der Künstler macht sie nicht. Aufgrund der detaillierten, allerdings auch hier panegyrisch gefärbten Ausführungen über die Geschichte der Klostergründung bis hin zum Begräbnis von Donna Anna in der Biografie über Annas Schwester Vittoria von Biagio della

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Monache nel Monasterio ch’ella haveva edificato in Trastevere nella Strada della Lungara, il che gli era stato prohibito per ordine del Papa negli Anni passati: non si s”, che cosa il Papa gli rispondesse.« Gigli, Diario, S. 704. »Si seppe la Risposta, che il Papa haveva dato a D. Lucretia Barberina quando gli domandý gratia per D. Anna Colonna sua Madre, di poter vestire le Monache, et serrare il Monasterio da lei edificato, che il Papa gli rispose, che li piaceva che ella se l’intendesse con la sua Sig.ra Madre; et poichº la detta Duchessa fu partita verso Modena, si fece portare il Breve di Papa Urbano in favore del detto Monasterio, et non solo lo confermý, ma l’ampliý ancora con nove gratie, et cos… il Monastero fu chiuso pochi giorni dopo.« Gigli, Diario, S. 705. Dieser Eindruck entsteht aufgrund der Untersuchungen der Baudokumente aus der Zeit von 1643 – 1655 bei Dunn, Piety, S. 646. Vgl. zur gesamten, panegyrisch gefärbten Geschichte des Klosters S. Maria Regina Coeli BAV, Vat. lat. 118840, fol. 286 – 295. »Di piu farvi fare li tre quadri cioº primo nell’Altare maggiore la Presentatione al Tempio della Madonna conforme quello che sara vista, 2.o un quadro di Santa Theresia che scrive alle Capella a mano dritta nel entrare della porta grande, 3.o copia del transito di Santa Anna che l’originale º fatto da Andrea Sacchi in una Capella a S. Carlo a Catinari.« ASR, Congr. relig. femm., B. 4304, fasc. 4, Kap. 3.

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Anna Colonna Barberini

Purificatione sind einige Informationen zu Werk und Künstler bekannt. So erfährt man zum Beispiel, dass die ersten zwei im Testament genannten Bilder von Giovanni Francesco Romanelli, das dritte von Fabrizio Chiari verwirklicht wurden.465 Dunn konnte nachweisen, dass sich die ersten zwei heute im Karmeliterkloster an der Via Monte Carmelo in Rom – auch Regina Coeli genannt – befinden. Romanelli war ein Künstler, der insbesondere von Kardinal Francesco sehr geschätzt wurde. Diesem hatte Romanelli bereits zwischen 1638 und 1642 ein identisches Bild der Presentazione della Vergine für S. Peter geschaffen (heute in S. Maria degli Angeli).466 Dass nun Donna Anna dieselbe Darstellung fordert, wie der Kardinal sie einst schaffen ließ, weist erneut auf den Mächtekampf zwischen dem kardinalizischen Familienoberhaupt und seiner Schwägerin hin: als einstiges weibliches Pendant zum Kardinalnepoten erlaubt sie sich auch jetzt eine unmissverständliche Bezugnahme zu diesem. Dass für die Ausführung die Wahl auf Romenelli fiel, lässt vermuten, dass es auch im Interesse der Barberini war, die Verbindung der adligen Colonna-Tochter und ihrem ehemaligen Kardinalnepoten in Donna Annas Kloster zum Ausdruck zu bringen. Auch Fabrizio Chiari war ein Künstler, der mit den Barberini in Verbindung gebracht werden kann. Interessant ist hier Donna Annas explizite Erwähnung, sich an Sacchis Darstellung, die dieser 1649 für die Kirche S. Carlo ai Catinari hergestellt hatte, zu orientieren: Zum einen erinnert es an Sacchis Fresken der heiligen Anna in Donna Annas Gemächern im Palazzo Barberini alle Quattro Fontane, in welchen ihre Aufgaben und Pflichten als Mutter zum Ausdruck kamen (vgl. Kap. 6.2 und Abbildung 12). Zum anderen könnte die Erwähnung des Namens Sacchi in diesen Jahren aber auch ein kleiner Seitenhieb gegen Kardinal Francesco gewesen sein: Wie Karsten nämlich aufzeigt, war zwischen den Kardinalsbrüdern Antonio und Francesco in den letzten Jahren ein »Künstlerkrieg« ausgebrochen: Während der ehemalige Kardinalnepote Pietro da Cortona favorisierte, förderte Kardinal Antonio den Künstler Andrea Sacchi.467 Es fällt auf, dass alle drei erwähnten Bilder Darstellungen von heiligen Frauen sind, die mit dem Leben von Donna Anna in Beziehung standen. Neben dem erwähnten Bezug zur heiligen Anna und zu den Fresken in ihren ehemaligen Gemächern, lässt sich die Darstellung der Madonna auf den Tag des Festes der heiligen Jungfrau (21. November) zurückführen, an dem 1643 die Grundsteinlegung des Klosters stattfand und am selben Tag zwölf Jahre später (1655) die Kirche offiziell geweiht wurde. Die Darstellung der heiligen 465 BAV, Vat. lat. 118840, fol. 294r. 466 Dunn, Piety, S. 651 f. 467 Cortona und Sacchi waren die zwei tonangebenden Maler dieser Zeit, doch vertraten sie diametral entgegengesetzte stilistische Positionen. Vgl. dazu Karsten, Künstler, S. 132 – 137.

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Teresa nimmt die Ordensgründerin der Karmelitinnen auf und stellt einen Bezug zu der aus Spanien importierten Reliquie, dem Finger der heiligen Teresa, her. Donna Anna orientierte sich also insgesamt an der Kunstsprache der Papstfamilie und unterließ es nicht, über Darstellungen und Künstler die Verbindung zur Ankunftsfamilie deutlich zu machen. Dies zeigt sich auch an ihrem Grabmal : Oberhalb der zwei Säulen, der colonne, kriechen links und rechts der Büste Barberini-Bienen. Nicht zuletzt weist auch die Wahl des Ordens darauf hin, wie sehr Donna Anna in ihrer Klostergründung den Bezug zu den Barberini aufrechterhielt : die Bindung an den Karmeliterorden stand mit der Schwägerin von Urban VIII. , Costanza Magalotti, in Verbindung (vgl. Kap. 6.1). Vom Grabmal ist heute leider nur noch Donna Annas Büste sowie der Inschriftensockel erhalten ; beides befindet sich in der Albright Knox Art Gallery in Buffalo (USA) (siehe Abbildung 14). Sacchi Lodispoto gelang aufgrund sorgfältiger Untersuchungen der Baudokumente und direkten Kontakten zur Gallerie in Buffalo eine Rekonstruktion des gesamten Grabmals (siehe Abbildung 15) und kommt in seinen Untersuchungen zum Schluss, dass Donna Anna das Grabmal noch zu Lebzeiten realisiert haben musste.468 Diese These stützt er mit der Argumentation, dass erstens keine Quellen vorhanden sind, die über Künstler und Auftraggeber des Grabmals Aufschluss geben, und zweitens mit der Beobachtung, dass die Grabinschrift weder Todesdatum noch -ort von Donna Anna nennt – eine für Grabmäler (jedenfalls von Männern) doch sehr ungewöhnliche Tatsache. Auch schreibt Donna Anna im Testament, sie wünsche sich ihr Begräbnis in der Kirche ihres Klosters, »wo ich mein Grab und Sarg aus Marmor machen liess.«469 Das Grabmal aufstellen ließ schließlich Sohn Niccolý, wie der Inschrift zu entnehmen ist:

468 Aufgrund seiner detaillierten Recherchen gelingt Sacchi Lodsipoto eine plausible Rekonstruktion der Grabkapelle von Donna Anna inkl. Fotos, vgl. Sacchi Lodispoto, Anna Colonna, S. 472 – 478. 469 »[…] l’hore debite, inchiodata la cassa e mandata senza pompa in una corrozza alla Chiesa di Regina Coeli dove le monache mi doveranno fare il funerale in detta chiesa e convento fabricato, e fondato da me, nella cui chiesa ho fatta la mia tomba e cassa di marmo […].« ASR, Cong. relig. femm., B. 4304, fasc. 4, cap. 6.

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Anna Colonna Barberini

Der Anna Colonna Barberini/ Stifterin dieses Klosters, Bild/ Das Du in Erz dem Leben nach dargestellt siehst/ Ließ Nicolaus Barberini, in der Kongregation der Oratorianer/ Priester, Sohn und Erbe aufstellen;/ Das andere Bild prägte sie selbst in Ewigkeit durch ihre Tugenden/ Religion, Klugheit und eheliche Sittsamkeit/ Beständigkeit gemäß der lobenswerten Familie der Colonna/ Und Großzügigkeit der Barberini;/ Aber sie hinterließ auch lebende Bilder von sich/ Die sowohl im Bereich des Heiligen und Purpur-Geschmückten als auch im Herrschaftlichen/ Und Würdigsten gekrönt, als Zeichen der Nachkommenschaft anschaulicher sind/ Weil sie durch [ihr] Blut und Erziehung geschmückt sind.470

Die Inschrift ist in zweierlei Hinsicht spannend: Erstens bezüglich der zweifachen Bildtheorie, zweitens in Bezug auf die Gewichtung der Herkunfts- und Ankunftsfamilie. Es werden nicht wie bei den weltlichen und geistlichen Männern die Ämter, Titel und besonderen Leistungen aufgezählt, sondern Donna Annas Leben wird in zwei symbolischen Bildern zusammengefasst. Das erste erwähnt neben den für eine Frau zu erwartenden Tugenden Religion und Sittsamkeit auch die Klugheit. Im zweiten Bild: »Aber sie hinterließ auch lebende Bilder von sich: Die sowohl im Bereich des Heiligen und Purpur-Geschmückten als auch im Herrschaftlichen […]«, wird Donna Annas effektiv ausgeübte, aber nicht durch einen Titel oder ein Amt definierte Herrschaftsfunktion, auch im Austausch mit den Purpurträgern, explizit erwähnt. Wie zu erwarten war, wird das Colonna-Geschlecht und ihr Adelsblut speziell hervorgehoben. Im Gegensatz dazu werden die Barberini nur in einer einzigen Zeile mit beneficentia gewürdigt. Der Verbindung mit der ehemaligen Papstfamilie verdankte Donna Anna die Zeit als mächtigste Frau, doch viel wichtiger war die adlige Herkunft – diese Aussage findet sich in der Ikonografie der ganzen Klostergestaltung wie auch in der Grabinschrift bestätigt. 470 ANNAE COLUMNAE BARBERINAE/HUIUS CAENOBII FUNDATRICIS EFFIGIEM/QUAM IN AERE SPIRANTEM VIDES/NICOLAUS BARBERINUS CONGREGATIONIS ORATORII/ PRAESBITER FILIUS ET HAERES POSUIT/IMAGINEM ALTERAM ISPA VIRTUTIBUS AETERNAVIT/RELIGIONE PRUDENTIA PUDICITIA MATRONALI/GENTILIS COLUMNAE LAUDE CONSTANTIA/ET BENEFICENTIA BARBERINA/SED VIVAS QUOQUE IMAGINES RELIQUIT SUI/TUM SACRAM ET PURPURATAM TUM PRINCIPATU/ET SERENISSIMO DIADEMATE INSIGNEM SOBOLEM EXPRESSIORES/QUIA SANGUINE ET EDUCATIONE COLORATAS. Inschrift zit. in: Sacchi Lodispoto, Anna Colonna, S. 472. Für die präzise Übersetzung danke ich dem Mediävisten Dr. Gerald Schwedler (Zürich). Die Inschrift müsste mit weiteren Inschriften an Grabmälern von Frauen verglichen werden. Dies zu leisten war mir im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht mehr möglich.

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Anna Colonna Barberini erlag am 31. Oktober 1658 im Alter von 57 Jahren den Folgen ihres Asthmas. In den letzten Tagen ihres Lebens litt sie so, dass sie kaum mehr zu sprechen vermocht hatte.471 Nach einem turbulenten Leben zwischen Konvention und Rebellion und unter höchstem gesellschaftlichem, sozialem, familiärem und politischem Druck ist es ihr so eng geworden, dass sie nach Jahren des stolzen Kampfs am Ende ihres Lebens buchstäblich keine Luft mehr bekommen hat.

471 »[…] il suo male era d’asma, quale per pi· anni della sua vita l’haveva non poco molestata, in quegl’ultmi giorni perý la strinse oltre modo, si che poco puoteva parlare.« Della Purificatione, Vita, S. 235.

III Maria Veralli Spada

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Überblick

So ganz anders als bei Anna Colonna Barberini verlief das Leben von Maria Veralli Spada. Obwohl auch sie zur selben Zeit in Rom lebte – sie war nur zwölf Jahre jünger als Anna Colonna Barberini – und zur aristokratischen Schicht gehörte, sind die Lebensverläufe der zwei Frauen kaum miteinander vergleichbar. Dies ist in erster Linie auf die unterschiedlichen Positionen, die sie aufgrund des gesellschaftlichen Status ihrer Familien in der römischen Hofgesellschaft innehatten, zurückzuführen. Maria Veralli Spada gehörte weder durch ihre Herkunft noch durch ihre Heirat mit Orazio Spada einer Altadligen- oder einer Papstfamilie an. Die Herkunftsfamilie Veralli stammte aus der besseren römischen Mittelklasse, die Ankunftsfamilie Spada war eine typische Aufsteigerfamilie ohne römische Wurzeln. Die Spada stammten ursprünglich aus der Romagna und erst Orazios Großvater Paolo Spada ließ sich 1602 in Rom nieder. Schritt für Schritt gelang es der Familie in der Folgezeit, sich in der römischen Aristokratie zu verankern: Zuerst durch die Kardinalskreation von Bernardino Spada, Sohn Paolo Spadas, dann durch die Verheiratung Orazios mit einer Veralli-Tochter. Anhand der Spada-Großfamilie lässt sich wunderbar nachzeichnen, wie gezielt und strategisch es einer Familie gelingen konnte, sich in der römischen Aristokratie eine ansehnliche Stellung zu verschaffen. Teil der Aufsteigerpolitik war die stetige Pflege des Familienarchivs – eine Art »MemoriaKonstruktion«, die es uns heute auf ungewöhnliche Art erlaubt, nachzuvollziehen, wie und mit welchen Mitteln diese Familie an ihrer gesellschaftlichen Etablierung gearbeitet hatte.472 472 Professionelle Archivare kümmerten sich laufend um die Archivierung der Dokumente. Auch jedes feudo hatte einen Archivar, vgl. dazu z. B. ASR, FSV, B. 406, lettere viglietti, Nr. 20, Lettera del Governatore di Castel Viscardo ad Orazio Spada relativa a una controversia fra l’archivista di Orvieto e quello di Castel Viscardo 1654 und Nr. 28, Lettere dell’archivista di Orvieto ad Orazio e Giuseppe Spada Veralli relative ai pagamenti annui dovuti dall’archivista di Castel Viscardo 1672.

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Maria Veralli Spada

Die Themen in den Briefen von Maria Spada Veralli bewegen sich, wie sich im Folgenden zeigt, vorwiegend in einem »innerfamiliären« Rahmen. Maria gehörte zwar ebenfalls ab den 1650er Jahren zur römischen Oberschicht und pflegte direkte Kontakte zu Verwandten von Papst Innozenz X., doch war sie selbst nie eine so bekannte Persönlichkeit wie Donna Anna. Entsprechend fand ihr Name auch keinen Eingang in zeitgenössische Botschaftsberichte, diarii oder avvisi. Dies wirkt sich in hohem Masse auf die Untersuchung aus: Da sie fast nur in der Familienkorrespondenz fassbar ist, fällt die Darstellung im Vergleich zu derjenigen von Anna Colonna Barberini einseitiger aus. Maria Veralli Spada ist wegen ihres nach Harmonie strebenden Gemüts die wohl weniger spannende Persönlichkeit. Dies liegt zum einen an den unterschiedlichen Charakteren der zwei Frauen, zum anderen aber auch an der stabileren Position, die Maria per se innehatte; im Gegensatz zu Donna Anna war ihre Position nicht von den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Rom abhängig, die jeweils mit einem Papstwechsel einhergingen. So fokussieren die folgenden Untersuchungen weniger die Person Maria, sondern stellen sie und ihre Beziehungen innerhalb des Spada’schen Familiensystems dar. Die Kapitelstruktur orientiert sich an der Spada’schen Familiengeschichte und unterteilt sich entsprechend in zwei Dekaden – in eine mit und in eine ohne Kardinal als Familienoberhaupt.

8.1

Die Familie Spada

Das Fundament für den Aufstieg der Spada zu einer der renommiertesten Familien Roms legte Paolo Spada (1541 – 1631), ein erfolgreicher Geschäftsmann aus dem Provinzadel der Romagna, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.473 Unter Papst Clemens VIII. Aldobrandini (1592 – 1605) war er Generalschatzmeister der Provinz Romagna und zog dann 1602 mit seiner zweiten Frau474, Daria Albicini, die aus dem Patriziat des Provinzstädtchens Forl… stammte, und den Kindern nach Rom, wo er mit intensiver Bautätigkeit und strenger Erziehung seiner Söhne das Ziel verfolgte, das soziale Kapital seiner Familie gezielt aufzuwerten. Von den vier Söhnen, die das Erwachsenenalter erreichten, bestimmte er Giacomo Filippo (1576) und Francesco (1593) für die Fortführung 473 Den Aufstieg der Familie Spada im 17. Jahrhundert schildert anschaulich: Karsten, Kardinal Bernardino sowie ders., Vier Hochzeiten. Für weitere Literatur zur Familiengeschichte der Spada vgl. Ago, Carriere; dies., Maria Spada Veralli; Casanova, Le donne; Heimbürger, Architettura scultura; Pampalone, La capella; Neppi, Palazzo Spada. 474 Die erste Frau war Francesca Ricciardelli aus Faenza, aus dieser Ehe gingen ein Sohn, Giacomo Filippo, sowie fünf Töchter hervor. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 21; vgl. auch Stammbaum Spada, Tab. III, Anhang B, S. 269.

Überblick

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des Familiengeschlechts, die zwei jüngeren, Bernardino (1594) und Virgilio (1596), sollten eine geistliche Laufbahn in Angriff nehmen. Paolo Spada, ein respekteinflößender Familienpatriarch, lehrte seine Kinder früh Disziplin und Respekt.475 Ein Sohn, Francesco, erkannte seine Autorität nicht an und heiratete eine Frau unter seinem Stand »ohne die Erlaubnis des Vaters, ohne die Teilnahme der Brüder, ohne das Wissen von irgendjemandem«476. Das büßte er mit Enterbung. Die anderen Söhne unterstützte Vater Paolo Spada zeitlebens großzügig und investierte insbesondere in Bernardinos Laufbahn ein Vermögen: Auf 130.000 scudi477 belief sich das väterliche Ausbildungsgeld insgesamt, welches Bernardino das Erklettern der kurialen Karriereleiter bis zum Kardinalat ermöglichte. Paolo Spada konnte seinen Sohn immerhin noch fünf Jahre lang als Kardinal erleben, bevor er 1631 im damals biblischen Alter von 90 Jahren starb. Das starke Familienbewusstsein des Vaters übertrug sich auf die zwei Familiengeistlichen Virgilio und Bernardino: Sie führten das Aufsteigerprojekt im väterlichen Sinne weiter. Die zwei weltlichen Söhne Francesco und Giacomo Filippo trugen insofern dazu bei, als sie für zahlreiche Nachkommen sorgten. Diese konnten dank der gezielten Heiratspolitik des Kardinals Bernardino kapitalsteigernd versorgt werden: Von den vielen Nichten und Neffen aus den Ehen seiner Brüder gelang es ihm, vier Töchter und einen Sohn mit Vertretern der Bologneser Adelsschicht zu verheiraten (Stammbaum vgl. Tab. III, Anhang B, S. 269).478 Die fünf Verbindungen der Spada mit dem Bologneser Adel stehen in engem Zusammenhang mit dem Legat Kardinals Bernardino in Bologna (1627 – 1631), wo dieser als eine Art Stadtverwalter die schwierige Aufgabe hatte, die dem Kirchenstaat gegenüber kritisch eingestellte Bevölkerung – Bologna war unter Papst Julius II. della Rovere (1503 – 1513) dem Kirchenstaat zugefallen – für sich zu gewinnen. Eine der prestigeträchtigsten, aber auch kostspieligsten Hochzeiten war die Verbindung zwischen seinem Neffen Gregorio und der reichen Bologneser Senatorentochter Camilla Fantuzzi.479 Zusammen mit den kunstpatronatischen Projekten der Renovierung der Kirchenfassade von San Paolo 475 476 477 478 479

Karsten, Kardinal Bernardino, S. 16. BAV, Barb. Lat. 4832, fol. 88v. Übersetzung nach: Karsten, Kardinal Bernardino, S. 23. Karsten, Vier Hochzeiten, S. 21. Dazu vgl. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 177 – 206 und Casanova, Le donne, S. 56 – 78. Federico Fantuzzi verlangte vom Bräutigam Gregorio Spada einen angemessenen Adelstitel, Kapital und Landgüter im Wert von rund 200.000 scudi. Da Camilla zur Zeit der Verhandlungen erst siebenjährig war, blieb den Spada noch etwas Zeit, alle gestellten Bedingungen zu erfüllen. Zu ausreichendem Grundbesitz gelangte die Familie schließlich dank der ehemaligen Papstfamilie Ludovisi, die sich während dieser Zeit (1633) gezwungen sah, ihre Besitzungen um Bologna und Ferrara herum zu verkaufen. Karsten, Vier Hochzeiten, S. 24.

150

Maria Veralli Spada

und der Ausschmückung der Familienkapelle in derselben Kirche480 leistete diese Verbindung einen entscheidenden Beitrag zur Etablierung eines Familienzweigs der Spada in Bologna. Von den ebenfalls zwölf Kindern (allerdings aus drei Ehen) des enterbten Francesco Spada wurden zwei Söhne und zwei Töchter verheiratet, dabei erwies sich die römische Verbindung des Erstgeborenen, Orazio Spada, mit der VeralliTochter in jeglicher Hinsicht als die fruchtbarste.481 Nicht in Bologna, sondern in Rom sollte sich nämlich die Familie Spada schließlich längerfristig etablieren. Hier gründete Kardinal Bernardino zusammen mit seinem Neffen Orazio und dessen Frau Maria Veralli einen gemeinsamen Haushalt und setzte damit den von Paolo Spada begonnenen gesellschaftlichen Aufstieg kontinuierlich fort.

8.2

Das Heiratsgeschäft

»Es ist ein anerkanntes Axiom, dass der Wert eines Menschen sich an seinen Bauten und seinen Heiraten misst.«482 Dieses Credo aus Virgilio Spadas hinterlassenen Aufzeichnungen trifft einerseits allgemein auf die höfische Gesellschaft des frühneuzeitlichen Roms zu, bildet andererseits aber auch die Maxime der Spada’schen Aufsteigerpolitik. Auch das Zustandekommen der Ehe von Orazio Spada mit Maria Veralli geht auf die gezielte Heiratspolitik der zwei Familiengeistlichen, Kardinal Bernardino und Pater Virgilio, zurück. Als Virgilio hörte, dass Kardinal Rocci gedachte, seine Nichte Maria Veralli zu verheiraten, setzte er alles daran, seinen Kardinalsbruder von einer Verbindung mit den Veralli zu überzeugen. Maria war nämlich nicht nur römischer Abstammung und Tochter und Alleinerbin des Giovanni Battista Veralli und der Eugenia Rocci, sondern hatte zudem drei Onkel, die es ebenfalls bis zum Kardinalat gebracht hatten: Girolamo und Fabrizio Veralli und Ciriaco Rocci (Stammbaum vgl. Tab. IV, Anhang B, S. 270). Somit würde eine Verbindung mit Maria nicht 480 Wie eng die Heiratspolitik und Kunstpatronage des Kardinals Bernardino miteinander verknüpft waren, zeigt Karsten, Vier Hochzeiten; betreffend Bologna ders., Kardinal Bernardino, S. 116 – 136. Zur Etablierung des Familienzweiges in Bologna vgl. auch Casanova, Le donne, 61 – 70. Im Unterschied zu Karsten widmet sich Casanova auch den Töchtern von Giacomo Filippo, Teresa, Francesca und Laura, die mit Vertretern der Bologneser Oberschicht verheiratet wurden. 481 Aurelia heiratete den Bologneser Senator Andrea Ghisilardi; Teodora bekam den Conte Camillo Rondinelli aus Ferrara zum Mann (und ging nach dessen Tod ins Kloster) und der jüngste Sohn, aus der dritten Ehe Francescos mit Ottavia Malaspina, Carlo Francesco heiratete Ippolita Rosario aus Spoleto. Casanova, Le donne, S. 72; Weber, Genealogien, Bd. 29,2, Tafel 7. 482 »E asioma ben ricevuto che il valore degli huomini si raccoglie dalle fabriche, e da i matrimonji.« ASR, FSV 463, Kap. 24, fol. 1r, zit. in: Karsten, Kardinal Bernardino, S. 192.

Überblick

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nur die fehlenden römischen Wurzeln und ein reiches Erbe mit sich bringen, sondern auch wertvolle Kontakte zur Kurie.483 Hier lassen sich Gemeinsamkeiten mit der Verbindung von Anna Colonna und Taddeo Barberini erkennen: Auch Maria Veralli hatte als Garantin und Akteurin im Kampf um Familienaufstieg und Rangbehauptung sowohl für die Herkunfts- wie auch die Ankunftsfamilie eine wichtige Rolle zu spielen. Auch Maria Veralli rangierte in der höfischen Gesellschaftshierarchie als Alleinerbin eines in der männlichen Linie erlöschenden Zweiges einer römischen Stadtadelsfamilie mit Kardinalsonkel eine Stufe über ihrem Gatten, der zwar ebenfalls den statusrelevanten Kardinalsonkel aufweisen konnte, jedoch keine römischen Wurzeln hatte. Sie war also für die Spada – wie Anna Colonna für die Barberini – Statusgeberin und somit eine hervorragende Partie für die Aufsteigerfamilie aus der Provinz. Kardinal Bernardino, der nach den großen Investitionen in die FantuzziHeirat nicht sofort bereit war, sich erneut auf ein so teures Projekt einzulassen, gab sich zwar anfänglich skeptisch: »In Rom gibt es mehr Sperber als Wachteln, und niemals fehlt es den Papstneffen an armen Verwandten, die sie unterstützen wollen, und der Ruhm eines Legaten von Bologna verliert sich in Rom durch den Vergleich mit vielen anderen von ähnlichem oder größerem Verdienst, und deswegen ist es überflüssig, der Sache weiter nachzugehen, und verrückt, Hoffnungen darin zu setzen.«484

Dies soll Kardinal Bernardino dem Bruder Virgilio damals gesagt haben – so jedenfalls berichtet Virgilio in seinen Aufzeichnungen über den Bruder, die er kurz nach dessen Tod 1661 verfasst hatte.485 Diese geben unter anderem sehr detailliert Aufschluss über die diversen Heiratsgeschäfte der Familie und enthalten Zitate der Art des oben wiedergegebenen. Da zwischen Begebenheit und Niederschrift jedoch gut 25 Jahre lagen, muss stets mitbedacht werden, dass Padre Virgilio sein »identitätsstiftendes Besinnungsbuch«486 mit traditionsbil-

483 Neben der Blutsverwandtschaft zu den Kardinälen Girolamo and Fabrizio Veralli väterlicherseits und dem Kardinal Ciriacco Rocci mütterlicherseits brachte Maria den Spada ein renommiertes Netzwerk mit in die Ehe und zwar zu den Kardinälen Ariggoni, Carpegna, Mellini und Jacovacci, sowie über Maria Jacovacci Schwester ihrer Urgroßmutter väterlicherseits, Giulia Jacovacci, zu Papst Urban VII. Fosi/Visceglia, Marriage, S. 213. 484 ASR, FSV, B. 463, Kap. 24, fol. 3r /v. Übersetzung gemäß: Karsten, Kardinal Bernardino, S. 193. 485 Karsten hat dieses Dokument seiner Biografie über Kardinal Bernardino Spada zugrunde gelegt und aufgearbeitet. Karsten, Kardinal Bernardino. Für Schilderungen insbes. zum Verlauf des Heiratsgeschäfts mit Maria Veralli vgl. ebd., S. 192 – 197, sowie Fosi/Visceglia, Marriage, S. 97 – 124 und Ago, Maria Spada Veralli, S. 51 – 70. 486 ASR, FSV, B. 463, Introduzione, fol. 1r, zit. in: Karsten, Kardinal Bernardino, S. 14.

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Maria Veralli Spada

dender Absicht niederschrieb und es entsprechend mit poetischer Ausdruckskraft bereicherte.487 Die auf das Eingangszitat folgenden Ausführungen von Padre Virgilio beschreiben detailliert den Verlauf der Heiratsverhandlungen. Die lebhafte Darstellung, die einem literarischen Text gleicht, beschreibt, wie und mit welchen Mittelsmännern bzw. Netzwerken die Verbindung schließlich zustande kam.488 Dies allerdings nicht ohne noch darauf hinzuweisen, dass die Spada mit diesem Geschäft zuerst einen Angehörigen der hoch renommierten römischen Baronalfamilie Orsini, dann den Kardinalnepoten Francesco Barberini ausgestochen hätten, welche ebenfalls um Marias Hand angehalten hätte. Die Verhandlungen im Vorfeld zur Verheiratung liefen auch hier ohne Beteiligung der Betroffenen ab, und die Familien waren möglichst daran interessiert, für sich persönlich den größten Nutzen aus der Allianz zu ziehen. Wie der ausführliche Bericht von Virgilio zeigt, hielten die beteiligten Parteien, wie auch schon bei Anna Colonnas Verheiratung, im Vorfeld des Geschäfts ihre Absichten versteckt, ließen den vermeintlichen Allianzpartner zuerst von Bekannten aushorchen und stellten erst nach und nach persönliche Forderungen. Dass Kardinal Rocci schließlich Maria und nicht etwa deren Schwester Giulia mit dem Spada-Sprössling verheiratete, lag daran, dass Giulia – wie schon Annas Schwester Vittoria – gesundheitlich schwach war. Maria hingegen galt als eine hübsche, schlanke und gutgebaute junge Frau von 17 Jahren ohne gesundheitliche Probleme. Wie aus den Briefen von Maria an ihren Vater Giovanni Battista Veralli hervorgeht, zog Giulia mit der Schwester Maria im Palazzo Spada ein und begleitete die Familie bis zu ihrem Tod 1643 auch in die Villen von Tivoli und Castel Viscardo.489 Hier lässt sich ähnlich wie bei Anna Colonna beobachten, dass die Heirat der einen Tochter auch eine Veränderung für die andere(n) bedeutete: Die Nonnen-Schwestern von Donna Anna wechselten in ein den Barberini genehmes Kloster, die Schwester von Maria zog in den Haushalt der Spada ein. 487 Padre Virgilio hatte sich zeitlebens um die Rekonstruktion der Familiengeschichte bemüht, laufend das Familienarchiv ergänzt und wohl auch die Biografie des Bruders aufgrund der aufbewahrten Originalbriefe geschrieben. 488 Salustio Bartoli, ein alter Bekannter und zugleich enger Vertrauter des Kardinal Rocci, vermittelte zwischen den Kardinälen Rocci und Spada. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 193 f., sowie ASR, FSV, B. 280, Matrimonio Veralli. Tomo I: Lettere, biglietti e minute fra familiari Spada e tra il Card. Bernardino Spada e Salustio Bartoli. Kammerauditor Kardinal Panziroli war es, der schließlich den schriftlichen Heiratsvertrag am 27. Oktober 1635 in Frascati, auf dem Landgut von Kardinal Rocci, aufsetzte, wobei neben den Kardinälen Spada und Rocci auch der Papst persönlich sowie seine Kardinalsneffen als Bürgen aufgelistet wurden. ASR, FSV, B. 280, zit. in: Fosi/Visceglia, Marriage, S. 211. 489 Für die Briefe von Maria und Giulia an den Vater Giovanni Battista Veralli vgl. ASR, FSV, B. 449, Corrispondenza Veralli.

Überblick

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Orazio Spada war nicht wirklich erfreut darüber, dass sein Onkel ihn für die Einrichtung der römischen Primogenitur bestimmt hatte. Lieber hätte er seine mit dem Studium der Rechte bereits in Angriff genommene kuriale Laufbahn weitergeführt. So willigte er erst nach längeren Gesprächen mit seinem Vater Francesco und dem Onkel Virgilio in die Heiratspläne ein. Am 6. Januar 1636 konnte schließlich geheiratet werden.490 Maria Verallis Mitgift betrug »nur« 8.000 scudi (Anna Colonna: 180.000 scudi) doch relativiert sich dieser Betrag, wenn man beachtet, dass sie als Alleinerbin das Erbe Castel Viscardo – ein Landgut von ca. 1000 ha491 (siehe Abbildungen 16 – 18), den damit verbundenen Titel der Marquise492 und den Palazzo Veralli am Corso mit in die Ehe einbrachte. Im Laufe der Zeit fiel Maria als Alleinerbin der Veralli weiterer Besitz zu.493

8.3

Beziehung zur Herkunftsfamilie Veralli

Anders als bei Anna Colonna Barberini spielte in Marias Leben nach der Hochzeit ihre Herkunftsfamilie eine untergeordnete Rolle. Es existieren zwar ein paar Briefe von Maria an den Vater nach ihrer Heirat, doch handelt es sich dabei um kürzere Notizen, die über den Gesundheitszustand der Familienmitglieder informieren, gute Wünsche oder Dank für Geschenke enthalten.494 Im Gegenteil zu Donna Anna pflegte Maria also nach ihrer Hochzeit keinen intensiven Kontakt mehr zu ihrem Vater. Die Schwester Giulia aber, die zuerst mit der Familie Marias zusammenlebte und anschließend, als es ihr schlecht ging, im Kloster Tor de’ Specchi unterkam,495 pflegte den Kontakt mit Vater Veralli und berichtete diesem vom Leben im Spada-Haushalt. Der Vater adressierte seine Briefe hin490 Karsten, Kardinal Bernardino, S. 196. 491 Raffaelli Cammarota, Il Fondo Archivistico, S. 27. 492 Urban VIII. erhob Castel Viscardo am 11. Dezember 1635 zum marchesato. Raffaelli Cammarota, Il Fondo Archivistico, S. 28. 493 Vorerst erbte Maria nur die Hälfte des Besitzes des feudo Castel Viscardo, doch beim Tod von ihrer Schwester Giulia Veralli 1643 kam deren Teil dazu. Fosi schätzt das von den Spada schließlich geerbte Gesamtvermögen der Veralli auf 70.000 scudi. Fosi/Visceglia, Marriage, S. 212. Für eine genaue Auflistung des Veralli-Erbes vgl. Neppi, Palazzo Spada, S. 144, Anm. 82. 494 Folgender Abschnitt basiert auf der Durchsicht der Briefe zwischen Giovanni Battista Veralli und seinen Töchtern zwischen 1637 und 1641. ASR, FSV, B. 449, Corrispondenza Veralli. 495 Dies erfährt man aus einem Brief von Maria an Kardinal Bernardino: »Di noi li posso dire che tutti stiamo bene detto che la mia povera sorella che sta peggio che sia mai stata e ieri la menai a Tor di Specchi dove rimase malissimo volentieri e quasi diro per forza grande che Sor Martia li fece per cominciar la purga londedi o martedi.« ASR, FSV, B. 619, 19. 4. 1641 aus Rom.

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Maria Veralli Spada

und wieder an beide Töchter, meistens aber nur an Giulia – mit dem Wissen, dass auch Maria vom Inhalt der Briefe erfahren würde. Er informierte die Töchter über die Haushaltsgeschäfte der Veralli, die wichtigsten Personen in seinem Umfeld und seinen sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustand. Sein letzter Brief stammt vom 8. Juni 1641. Einen Monat später, am 9. Juli, verstarb er. Allerdings schien nicht von Anfang an klar gewesen zu sein, dass man den Kontakt mit dem Vater Veralli aufrechterhalten würde. Wie aus einem Brief von Kardinal Bernardino an Maria von 1638 hervorgeht, hatte Maria das Spada-Oberhaupt um Rat gefragt, »ob die Signora Giulia weiterhin an Signor Giovanni Battista schreiben müsse, oder nicht.«496 Kardinal Bernardino behandelt diese Frage mit großer Umsicht: Er überlasse diese Entscheidung den Schwestern, auf keinen Fall wolle er dafür verantwortlich sein, dass der Kontakt zwischen Vater und Tochter abgebrochen werde.497 Während Maria als Vorsteherin des Haushaltes die Aufgabe der Koordination der Korrespondenz für die Spada übernahm (vgl. Kap. 11.1), fungierte Giulia bis zum Tod des Vaters als Verbindungsglied zwischen der Veralli-Familie und der Ankunftsfamilie ihrer Schwester.498 Der Ton der Veralli-Korrespondenz wird zwar nicht von der Herzlichkeit gekennzeichnet wie sie bei den Spada zu finden ist, doch scheint er insgesamt direkt, sachlich und ehrlich gewesen zu sein.

9

Die Alltagskorrespondenz zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Bernardino

Nach ihrer Heirat zog Maria zusammen mit dem Ehemann sowie Kardinal Bernardino in den Palazzo Capo di Ferro in Rom ein (siehe Abbildungen 19 – 21). Ihre Aufgabe war es fortan, den Haushalt zu koordinieren, was eine enge Zusammenarbeit mit dem Kardinal bedeutete. Davon berichten die Briefe, die sich die beiden in der Zeit von 1636 bis zum Tod des Kardinals 1661 regelmäßig schrieben. Aus dieser Zeit ist keine Korrespondenz von Maria mit Ehemann Orazio überliefert, erst nach dem Tod des Kardinals zirkulierten Briefe zwischen den Eheleuten. Hierbei kann es sich nicht um einen Überlieferungszufall handeln, denn tatsächlich führte vor allem der Kardinal zusammen mit seiner Nichte 496 »Ricevo la lettera di V. S. de 15 corrente […] e con la dimando del consiglio per la S. Giulia se deve seguitare ” scrivere al S. Giovanni Battista ý ný.« ASR, FSV, B. 491, fol. 93, 16[?].10.1638 aus Frascati. 497 »Quanto poi al seguitare ý non seguitare il commercio di lettere io mi riporto intieramente ” la predetta de la S. Giulia di V. S. e di Sor Maria […], e massime che trattandosi tr” padre e figlia, io non vorrei mai essere austore di separare il comercio tra l’uno e l’altra.« ASR, FSV, B. 491, fol. 93, 16[?].10.1638 aus Frascati. 498 ASR, FSV, B. 449, Corrispondenza Veralli (1637 – 1641).

Die Alltagskorrespondenz zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Bernardino

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Maria den Spada-Haushalt. Immer dann, wenn sich die zwei über kürzere oder längere Zeit an verschiedenen Orten aufhielten, kam es zu einem regen Briefaustausch. Die Korrespondez zwischen Maria und Kardinal Bernardino gibt Aufschluss über den Alltag im Spada-Haushalt, die Aufgaben und Pflichten von Maria, ihr Verhältnis zum Kardinal und zu den Kindern und informiert zugleich über politische Ereignisse und die gesellschaftliche Rolle der Familie.

9.1

Der Brief als Zeugnis des aristokratischen Familienalltags

Wie schon bei Donna Anna festgestellt werden konnte, war das Briefeschreiben fester Bestandteil des aristokratischen Familienalltags und erfüllte verschiedene Funktionen: Es diente der Errichtung und Aufrechterhaltung der höfisch-dynastischen Netzwerke und war sowohl Erhalter der sozialen und emotionalen Bindungen der oftmals verstreut lebenden Familienmitglieder als auch Bote politischer Entwicklungen. Daneben kam dem Brief aber auch eine interaktive Funktion zu, d. h. der Brief war auch ein Instrument des Handelns499 (vgl. Kap. 1.2.4). Im Folgenden sollen diese Funktionen des Briefes in der höfischen Gesellschaft anhand der Spada-Korrespondenz näher beleuchtet werden. Die Briefe weisen eine große Themenvielfalt auf und enthalten neben Informationen aller Art auch Handlungsanweisungen, dokumentieren Konflikte oder begleiten einen konkreten materiellen Austausch. Sie ermöglichen, die komplexen sozialen Beziehungen und Bezugssysteme innerhalb des Familienverbandes aufzuzeigen. Die Schwierigkeit bei der Untersuchung der Briefe besteht allerdings darin, dass sie kaum literarisch gestaltet sind und eher einem modernen Telefongespräch ähneln. Dadurch sind sie methodisch nicht immer ganz leicht in den Griff zu bekommen. Es soll nun versucht werden, die vielfältigen Informationsstränge aufzuschlüsseln und die Briefe auf struktur- und mentalitätsgeschichtliche Fragestellungen hin zu untersuchen.500 Dabei soll aber auch der Lebendigkeit des einst gelebten Alltags sowie den Emotionen der damaligen Menschen Raum gegeben werden. Im Zentrum der Analyse der Kapitel 9 bis 12 stehen die Briefe Maria Veralli Spadas und Kardinal Bernardinos, die sowohl in inhaltlicher wie auch sprachlicher Hinsicht miteinander verglichen werden sollen. Kapitel 14 499 Ähnlich umschreibt schon 1656 der Nürnberger Georg Philipp Harsdörfer in »Der Teutsche Secretarius« die Funktionen des Briefes für die höfische Gesellschaft, zit. in Ruppel, Pfand und Band, S. 211. 500 Mit einem ähnlichen Ansatz arbeitet das Projekt »Briefe adeliger Frauen« des Instituts für Geschichte der Universität Wien, vgl. Anm. 30.

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Maria Veralli Spada

schließlich beschäftigt sich mit der Korrespondenz zwischen Maria und Ehemann Orazio nach Kardinal Bernardinos Tod und vergleicht die »weltliche Haushaltsführung« zwischen den Eheleuten mit der »geistlichen Haushaltsführung« vor dem Tod des Kardinals.

9.2

Quellenüberblick

Die busta mit Marias Briefen enthält rund 100 Schreiben an den Kardinal aus der Zeit von Oktober 1640 bis Juli 1661, welche in chronologischer Reihenfolge gebündelt im Familienarchiv der Spada Veralli aufbewahrt werden.501 Mit Ausnahme einer kleinen Notiz vom 18. Mai 1647 schrieb Maria alle Briefe bis Oktober 1658 von eigener Hand (siehe Abbildung 22). Von den noch verbleibenden knapp 30 Briefen bis zum Tod des Kardinals 1661 stammt die Hälfte aus der Feder eines Sekretärs oder des Sohnes Bernardino. Briefe, die von eigener Hand geschrieben wurden, gelten als Zeichen von Respekt und Zuneigung.502 In den späteren Jahren will der Kardinal nicht mehr, dass ihm seine Nichte von eigener Hand schreibt. Wenn ihr das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich war, entschuldigte sie sich am Ende des Briefes dafür, dem Befehl des Kardinals nicht Folge geleistet haben zu können.503 Marias Briefe an Kardinal Bernardino stammen vorwiegend aus Rom, aus der Sommervilla der Spada in Tivoli oder aus Castel Viscardo, dem Landgut der Veralli. Ab 1656 kommen sie hin und wieder aus Viterbo, wo sie ihre Tochter Eugenia besuchte, die mit Marchese Domenico Maidalchini verheirat war. Nur aus den Jahren 1645 und 1653 sind zwei Serien von Briefen vorhanden, die von längeren Reisen berichten, die sie unternommen hatte. Diese »Reiseberichte« heben sich deutlich von der Alltagskorrespondenz ab; auffallend sind die Beschreibungen der gesellschaftlichen Regeln, Konventionen und Gewohnheiten, die auf einen sich wandelnden, gesellschaftlichen Status der Spada hinweisen (vgl. Kap. 12.3). Marias Sprache in den Briefen wirkt ungeschickt und ist grammatikalisch und orthografisch uneinheitlich. Ihre Formulierungen sind weit von der poetischen Sprache und dem reichen Wortschatz Padre Virgilios, des Kardinals oder auch Orazios entfernt. Sie bleibt oft sehr sachlich, beschreibt Dinge ohne große 501 ASR, FSV, B. 619. Die Briefe sind unpaginiert, jedoch chronologisch gebündelt. 502 Zu diesem Schluss kommt auch D’Amelia, die sich in ihrem Aufsatz mit Briefwechsel zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert beschäftigt. D’Amelia, Lo scambio, insbes. zum Schreiben di propria mano vgl. S. 83 – 87, zum Sekretär vgl. S. 88 – 92. 503 So z. B. am 22. Oktober 1660: »Chiedo perdono a V. E. se disobedisco ai suoi ordini in non mi valere dei segretari che mi comanda e scrivo di proprio pugno per rispetto che il Signor Marchese se trova de havere de scrivere.« ASR, FSV, B. 619, 22. 10. 1660.

Die Alltagskorrespondenz zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Bernardino

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Umschweife und verliert sich nicht wie Donna Anna in langen, umständlichen Beschreibungen. Trotzdem bleibt immer wieder Platz für ehrliche Herzlichkeit, insbesondere dann, wenn sie von ihren Kindern berichtet. Die Briefe von Kardinal Bernardino an die Nichte werden ungeordnet aufbewahrt und finden sich nachlässig verstreut inmitten von anderem Korrespondenzmaterial.504 Der erste überlieferte Brief an Maria stammt vom 18. Mai 1636, der letzte vom 16. Juli 1661.505 Sie wurden an diversen Orten verfasst, am häufigsten in Tivoli506 und Frascati und nur ganz selten in Rom. Im Unterschied zu ihren Briefen stellen bei ihm die von eigener Hand verfassten (siehe Abbildung 23) eine Ausnahme dar – diverse Schriften deuten auf wechselnde Sekretäre hin, die dem Kardinal an den verschiedenen Stationen zur Verfügung standen. Der Kardinal hatte sehr viel zu schreiben, sodass es ihm nicht möglich gewesen wäre, alle Briefe an Maria auch noch selbst zu schreiben.507 Im Vergleich zu denjenigen von Maria sind seine (sowohl die selbst geschriebenen wie auch die von den Sekretären) in einer fließenden, fehlerfreien Sprache gehalten und dank der Satzzeichensetzung – die gibt es in Marias Briefen kaum – strukturiert und anschaulich.

9.2.1 Der Briefwechsel von 1642 Um einen glücklichen Überlieferungsfall handelt es sich bei den Briefen vom September 1642 – hier konnten neben Marias Briefe auch die entsprechenden Antwortbriefe des Kardinals gefunden werden (vgl. Trans. 3, Anhang A, S. 237 – 257). Der Briefwechsel steht thematisch im Kontext mit dem Konflikt 504 ASR, FSV, B. 491 Epistolari, fol. 39 – 166. 505 ASR, FSV, B. 491, Epistolari, fol. 85 (Brief vom 18. 5. 1636) und fol. 75 (Brief vom 16. 7. 1661). Für eine Auflistung aller Briefe des Kardinals Bernardino an Maria mit entsprechender Paginierung vgl. Tab. V, Anhang B, S. 271. 506 Um die Möglichkeit zu haben, die heißen Sommermonate außerhalb Roms zu verbringen, mietete Kardinal Bernardino Spada am 25. Juli 1640 von Angelo Cesi, Bischof von Rimini, einen Palazzo in Tivoli mit einem angebauten casino. Die Anlage befand sich außerhalb der Mauern, umgeben von Weinbergen. Nach dem Tod von Angelo Cesi 1646, erneuerten die Spada den Mietvertrag mit dem neuen Besitzer, dem Herzog von Acquasparta, Governatore von Tivoli und Conte Cesare, dem Bruder von Angelo Cesi. Heimbürger, Architettura scultura, S. 149. 507 Virgilio berichtet in der Biografie über seinen Bruder von einer Anekdote, die sich mit einem seiner Neffen bezüglich der intensiven Korrespondenztätigkeit des Kardinals ereignet hatte: So soll das Kindermädchen eines Neffen diesen gefragt haben, was er später einmal werden wolle: Soldat, Mönch oder Kardinal. Darauf habe der Junge geantwortet: »Auf keinen Fall Kardinal!« Und auf die erstaunte Frage, warum gerade nicht Kardinal, habe dieser geantwortet, dass die Kardinäle ja nichts anderes täten, als immer nur zu schreiben. ASR, FSV, B. 463, Kap. 2, fol. 2r. zit. in: Karsten, Kardinal Bernardino, S. 11.

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Maria Veralli Spada

zwischen Papst Urban VIII. und Odoardo II. Farnese, Herzog von Parma und Piacenza, um das Dukat Castro. Kardinal Bernardino wurde von Urban VIII. für die Friedensverhandlungen zum Chef der päpstlichen Gesandtschaft nominiert,508 hatte also während des Konflikts eine wichtige politische Funktion inne. Inwiefern diese äußeren Umstände den Briefwechsel beeinflussten, wird sich noch zeigen. Kardinal Bernardino hielt sich im September 1642 in San Casciano dei Bagni auf, wohin er zur Badekur gefahren war. Von dort schrieb er zwischen dem 4. und dem 15. September fast täglich seiner Nichte nach Castel Viscardo, dem knapp 40 km entfernten Veralli-Sitz in der Nähe von Orvieto, wo sich Maria mit ihrem Ehemann, ihren Kindern und ihrer Schwester Giulia aufhielt. Padre Virgilio war in Rom, stand aber in regem Kontakt mit seinen Familienangehörigen und seine Briefe zirkulierten zwischen Rom, Castel Viscardo und San Casciano.509 In jenen zwölf Septembertagen 1642 schrieb der Kardinal zehn Briefe an Maria – das heißt jeden Tag, außer am 5. und am 12. September. Von Maria sind aus dieser Zeit fünf Briefe erhalten, und zwar vom 5., 7., 10., 12. und 15. September.510 Da sich die Briefe stets aufeinander beziehen, darf davon ausgegangen werden, dass der gesamte briefliche Austausch, der während dieser Tage tatsächlich zwischen Maria und dem Kardinal stattgefunden hatte, erhalten ist.

9.3

Zeitliche und örtliche Präzision

In formaler Hinsicht fällt auf, dass sowohl Maria wie auch Kardinal Bernardino stets den Erhalt der Briefe des anderen bestätigen und häufig auf die Stunde genau sagen, wann welcher Brief mit welchem Inhalt ankam.511 Insbesondere 508 Zur Rolle und den Aufgaben Bernardino Spadas während des Konflikts um Castro vgl. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 166 – 176. 509 Dies wird u. a. an folgenden Stellen deutlich: »Hý ricevuto per quest’ordine lettere longhe del Padre Vergilio che come me ne sanno[?] valso in rispondere, ne mandar” forse una ” V. S. per che siano vista perý da lei sola«. ASR, FSV, B. 491, fol. 149r am 6. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. Oder : »[…] ne ricevo una del Padre Vergilio quale la mando a V. Em.za« ASR, FSV, B. 619, am 12. 9. 1642 aus Castel Viscardo. Und darauf die Antwort: »Rimetto ” V. S. la lettera del P. Virgilio […]« und weiter unten: »[…] in una di quelle lettere del P. Virgilio che V. S. mi mandý indietro, ci era un capitolo del seguente tenore, cioº […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 145r am 13. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 510 Für die Transkription des ganzen Briefwechsels vgl. Trans. 3, Anhang A, S. 237 – 257. 511 Er schreibt z. B.: »Hý ricevuto la lettera di V. S. de 7 corrente che non ostante che mi presuponga il stato suo fr” timore et la speranza, mi h” recato grandissima cont.[?] poi de un giorno º arrivato ” l’altro, et ” poco ” poco la speranza diventa sicurezza, si come non giova di credere, che sia diventata ” quest’hora e ne aspetto l’avviso con le prime.« ASR, FSV, B. 491, fol. 79, an Pfingsten 1638 aus Massa. Und sie schreibt z. B.: »[…] l’arrivato in questo punto il messo con la lettera º avisi […] che vol partire adesso de ritorno me metto a

Die Alltagskorrespondenz zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Bernardino

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Maria ist in ihren Briefen sehr präzise und strukturiert. Formulierungen wie: »Der Bote, den Eure Eminenz geschickt hat, ist heute um 18 Uhr abends in Tivoli angekommen und von den Briefen, die mit der lettiga angekommen sind, erfuhr man […]. Die lettiga kam um 15 Uhr an, als wir in der Messe in San Giovanni waren«512, findet man in ihrer Korrespondenz immer wieder. Neben Uhrzeitangaben513 verwendet sie auch alltagsstrukturierende Angaben wie »vor dem Ave Maria«514, »im Bett«515 oder »als man das Tischtuch vom Tisch nahm«516, um einen genauen Zeitpunkt zu kennzeichnen. Sie fügt zudem oft auch nach Ort und Datum am Ende des Briefes an, um welche Uhrzeit sie den Brief verfasst hat. Hier gilt es zu beachten, dass es sich bei den häufig genannten Zeitangaben wie »um ein Uhr nachts« oder »um drei Uhr nachts«517 nicht etwa um nächtliche Schreibaktionen handelte, sondern Hinweise auf eine andere Zeitrechnung sind. Der Tag wurde zwar bereits in 24 Stunden – 12 Tages- und 12 Nachtstunden – unterteilt, doch begann man eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang zu zählen. Der durch das Fortrücken des Sonnenunterganges entstehende Unterschied der Tage wurde durch die Stellung der Uhren pro Viertelstunde ausgeglichen. Der Beginn des neuen Tages begann somit je nach Jahreszeit zwischen 17 und 21 Uhr unserer Zeit.518 Diese Genauigkeit diente der Überprüfung, ob die Briefe ihre Empfänger erreichten und ermöglichte eine klare Bezugnahme auf ein Schreiben. Mit dieser Präzision erstattete Maria dem Kardinal auch Bericht von Geschehenem:

512 513 514 515 516 517 518

scrivere questi doi versi acuso la ricevuta di tre lettre di V. Em.za una ricevuta per il ritorno del messo che porto le sarne[?] l’altra ieri per il famiglio di stalla e l’altra per il presente dalla prima lettra ho inteso come V. Em.za se doveva haver sangue quella mattina e che stavano aspettando le lettre de Roma V. Em.za poteva creder de certo che se ce ne fussino state per via de Orvieto se sarebe subito spedito uno apostarle come dicevo nela lettra che scrissi per il chochiero […].« ASR, FSV, B. 619, am 10. 9. 1642 aus Castel Viscardo. »Il messo spedito da V. Em.za º arrivato qui in Tivoli alle 18 in serata e dalle lettre portate dalla letigha se era inteso come […] la lettiga e arrivata alle 15 hore mentre eravamo alla messa al San Giovanni […].« ASR, FSV, B. 619, am 16. 5. 1659 aus Tivoli. Sehr häufig in der Art: »[…] ricevo il messo spedito da V. Em.za con la sua benignissima lettera in questa hore 22 e mezza e sento […].« ASR, FSV, B. 619, am 17. 5. 1656 aus Viterbo. »[…] º arrivato mezza hora prima della Ave Maria la lettra de V. Em.za ce ha censolati tutti.« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardo. »Ricevo la lettera de V. Em.za questa mattina in letto per che il messo arrivo ier sera alle 4 hore di notte […].« ASR, FSV, B. 619, am 19. 4. 1641 aus Rom. »[…] l’arrivato in questo punto il messo con la lettra º avisi in tempo che se leva la tovaglia de tavola e sono hore 17 […].« ASR, FSV, B. 619, am 10. 9. 1642 aus Castel Viscardo. »[…] di Castel Viscardo a una hora di notte le 14. 10. 1651;« »[…] Tivoli 15. 10. 1654 giovedi hore tre di notte;« »[…] Roma li 14 maggio 1656 domenica hore tre di notte;« »[…] Tivoli li 22 ottobre venerdi sera hore tre di notte.« usw. ASR, FSV, B. 619. Grotefend, Taschenbuch, S. 24.

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Maria Veralli Spada

»Ich schreibe diese zwei Verse […] Eurer Eminenz und gebe Euch die Meldung, dass heute Morgen um elf Uhr mein Signor Marchese Richtung Castello aufgebrochen ist und mit ihm ging der Bruder des maestro di casa, der Kämmerer und ein staffiero. Heute Abend wollen sie in Viterbo sein und morgen früh im Castello. Padre Virgilio hielt es für gut, dass der Bruder des maestro di casa mitging, um diesem zu ermöglichen, die Orte in der Umgebung kennen zu lernen […].«519

Diese formalisierte Art und präzise Übermittlung von Information findet sich durchgehend vom ersten bis zum letzten Brief Marias an den Kardinal und kann als einer der wichtigsten Gründe für das reibungslose Funktionieren des SpadaHaushalts angesehen werden.

9.4

Schreibstile

Kardinal Bernardino beherrschte die Kunst der Rhetorik hervorragend. Er verstand es, seine Erlebnisse so lebhaft zu schildern, dass man bei der Lektüre der Briefe manchmal das Gefühl hat, man sitze im Theater.520 »Ich beginne mit einer Tragödie, die dann in einer Komödie endet«,521 schreibt er zum Beispiel einmal. Solche Stellen verfasste er mit der Absicht, seine Familie – und nicht nur Maria – zu unterhalten. Briefe dieser rhethorisch-theatralischen Art waren dazu bestimmt, der ganzen Familie laut vorgelesen zu werden. Gerne frischte er seine Briefe mit einer Prise Ironie auf. Er schreibt zum Beispiel über die ihm überbrachte Nachricht, dass die brigata (damit sind die Enkelkinder gemeint) ihn vermissen würde: »Einer der Hauptgründe, warum ich Castel Viscardo verließ, war doch, weil ich mich der Verfolgung dieser Vögel entziehen wollte; es erscheint mir eigenartig, dass sie mich auch hier noch verfolgen.«522 519 »Scrivo questi doi versi per riverire V. Em.za e darle aviso come questa matina alle 11 ore per partito il Sig. Marchese mio per il Castello º con lui, e andato il fratello del mastro di casa il cameriero e un staffiero e questa sera voglieno essere a Viterbo e domani a bona hora al castello e il Pad.re Vergilio ha hauto per bene che ce vadi il fratello del mastro di casa accio veda un pocho quelli lochi li attorno […].« ASR, FSV, B. 619, am 4. 10. 1640 aus Rom. 520 Das Theater und die Rhetorik waren bis zur vorbürgerlichen Theaterreform als Künste nahe verwandt, vgl. Ueding/Streinbrink, Grundriss. 521 »Comincio da una tragedia che poi finisca in comedia.« ASR, FSV, B. 491, fol. 99, am 3. 6. 1638 aus Faenza. 522 »Hier sera levata che f· la tovaglia di tavola arrivý il messo con le starne il quale contristý grandemente la brigata, poiche essendo stata una delle principali cagioni di partire da Castel Viscardo, il volere sottrahersi dalla persecutorie di quelli ucelli ci º parso strano ci habbino da perseguitare ancora qua.« ASR, FSV, B. 491, fol. 40, am 8. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni.

Die Alltagskorrespondenz zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Bernardino

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Oder ähnlich, wo er aus San Casciano dei Bagni nach Beobachtungen zu den übrigen Badegästen lakonisch anmerkt, der einzige, der wohl hier sei, um sein Gedächtnis zu heilen, sei sein Kammerdiener Mons· Tantucci. Dieser, da er selbst nicht schreiben könne, »hat mich gebeten, angefleht, mit einem Kreuz in der Hand beschworen, Maria, deren Schwester Giulia, die Cousine […] Contessa Bonifatia, Marchesa Diana und Principessa Girometta« ganz herzlich von ihm grüßen zu lassen.523 Kardinal Bernardino stellt hier den Kammerdiener Mons· Tantucci als Charmeur dar, der sich mit seinen Grüßen nur an Frauen richtet und erinnert damit an die Dienerfigur in der Commedia dell’Arte, wo dies (der vermeintliche Frauenheld) ein typisches Merkmal dieser Figur ist. Kardinal Bernardino bedient sich seines Dieners, um die Familie zu amüsieren und zu unterhalten – ja, vielleicht auch ein bisschen mit der Absicht, sie zu belehren.524 An einer anderen Stelle berichtet er, wie Mons· Tantucci aus Unkenntnis des Baderituals mit den Kleidern im Wasser gelandet sei,525 dann erzählt er, wie sich dieser in eine Frau verliebt habe, welche sich ihrerseits jedoch über ihn lustig gemacht habe.526 Schilderungen dieser Art betonen ständische Unterschiede, welche von den Zeitgenossen wahrgenommen wurden und zeigen, wie viel weniger der Diener 523 »[…] Il primo ch’hebbi voluto far esperienza di questa que per guarir il cervello, sar” Monte Tantucci, il quale in difetto di scrivere mi prega mi straprega e mi scongiura etiam con un crocifisso in mano, ch’io facia cento mila saluti ” V. S. ” la S. Giulia e al cugina di cento cinquanta, ” la contessa Bonifatia, ” la Marchesa Diana, et ” la Principessa Girometta […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 40, am 8. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 524 Die Dienerfigur war in der Commedia dell’Arte die handlungstreibende, da intrigenspinnende Kraft. Mit Goldonis (vorbürgerlicher) Theaterreform wird der Diener zum verlachten Element, das durch seine Dummheit belehren soll. Dazu Carlo Goldoni, der zwar zeitlich etwas später gelebt hatte, jedoch auch durch das römisch-höfische Umfeld inspiriert, die schon länger herrschende Stimmung für seine Texte aufgriff: »La commedia l’º stada inventada per correger i vizi e metter in ridicolo i cattivi costumi.« Goldoni, Il Teatro comico. In: Ders., Teatro, (ed. von Marzia Pieri), Turin 1991, Bd. 1. Diese Ausführungen verdanke ich Myriam Kunz Licata (Turin), die mich als Theaterwissenschaftlerin und Goldoni-Spezialistin kompetent beraten hat. 525 »Mons· Tantucci non sapendo bene la prattica del bagnarsi, hier mattina si bagný la camicia le mutande e ciý che haveva, onde la sua nip.e che si trovava ” bever l’acqua, si sapendo il caso mandý ” regalarlo d’un paro di sciugato i novi col quale esempio egli pensa hoggi di lasciarsi bagnar fin la sottana e il mantello con speranza che la nip.e regalandolo ” stoporte gli doni un paro di letholi.« ASR, FSV, B. 491, fol. 39, am 7. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 526 »La saietta ch’ha colto Monsu Tantucci º stata da una bona quale pero se ride del compagnio e di quella sorte creda che anco la bona e li altri se ne pigliariano de putto una per stagione ha raggione de dire che neli dispiaceria in logo meno che nela scita atteso che non haveria che abbragiare da la bella chioma in poi ma ne la lingua ce averia da fare assai e lui saria de gran patimento ma potrebbe anco essere che fussi meglio li che in altro logo per che lui con il vento e fiato de le gran ciarle saria bastanze a smorlare il focho.« ASR, FSV, B. 491, fol. 39, am 7. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni.

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Maria Veralli Spada

dem höfischen Kodex verpflichtet war als sein padrone. In höfischen Theaterstücken diente das Dienerleben oft dazu, auf einer tieferen, natürlicheren Stufe die Emotionen der Hofleute zu widerspiegeln527; möglich, dass der Kardinal hier mit diesem stilistischen Mittel spielte, und ihm die Geschichten um den Kammerdiener dazu dienten, seinen Briefen eine gewisse Intimität zu verleihen. Für das Verständnis einer ironisch gemeinten Bemerkung ist Vertrauen Voraussetzung; erst wer sich sehr gut kennt, versteht auch das Implizite. Das war bei dem Kardinal und seiner Nichte gegeben. Umgekehrt finden sich in Marias Briefen häufig Erzählstellen, die dem Kardinal unmittelbare Teilnahme am Familienleben ermöglichen. Allerdings ist ihr sprachliches Werkzeug um einiges beschränkter als dasjenige des Kardinals; ihren Erzählungen fehlen die packenden Stilmittel und erinnern in der Erzählform eher an Schüleraufsätze als an rhetorisch-poetische Theaterstücke. Aber auch ihr gelingt es, ein Gefühl der Unmittelbarkeit zu erzeugen. So zum Beispiel wenn sie dem Kardinal nach San Casciano dei Bagni vom heftigen Gewitter berichtet, welches sie in Castel Viscardo überrascht hat: »Gestern Morgen hat uns dieses Gewitter ziemlich Sorgen bereitet. Es begann schon früh zu regnen und zu donnern, zuerst relativ ruhig, doch dann gegen 13 Uhr, während ich mich anzog, beziehungsweise mir die Hände in meiner kleinen Kammer, die ich bewohne, wusch, schlug es plötzlich und unerwartet in den Rebstock ein […]. Es war so schrecklich, dass wir alle meinten, es hätte ins Haus eingeschlagen.«528

Die Amme, die Daria auf dem Arm gehalten habe, sei gestürzt und habe sich verletzt – zum Glück, ohne dass Daria dabei etwas zugestoßen sei. Auch Cintia (eine Angestellte), die das Fenster im Zimmer von Signora Giulia schließen wollte, sei zu Boden, Fiorentino (ein Angestellter) die Treppe hinuntergestürzt. »Die Kinder hatten keine Angst […] und auch ich hatte keine Angst, sondern begann allen Mut zu machen und zu sagen, dass nichts passiert sei.« Nach über zwei Seiten detaillierter Schilderungen wird klar, dass nichts Schlimmes geschehen war, außer dass alle einen massiven Schock erlitten hatten.529 527 So zu beobachten in der Commedia dell’Arte wie aber auch z. B. in Theaterstücken von Shakespeare, u. a. »Wie es euch gefällt« (um 1599) oder »Was ihr wollt« (um 1601). 528 »Ier matina quel tempo tonante ce travaglio assai perche comincio a piovere a bonora e tonare ma assai piano ma poi verso le tredici hore mentre io me vestivo anzi me lavavo le mani nel mio camerino dove me acomodo la testa cascho al improviso e inaspettatamente una sacetta nella vignia nova dove quella dove V. Em.za voria fare la conserva da nove e fu cosi teribile che tutti credessimo che fussi caschata in casa […].«ASR, FSV, B. 619, am 5. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 529 »[…] e tanto piu che nela camera della torre cera a la finestra del cortile la Sig.ra Giulia e la Bona a una credenza con Daria in braccio la qual bona cascho in terra e dice che ce fu buttata da lampa che li diedi nela gamba dritta e nel braccio mancho dove tieneva Daria la quale non ebbe niente e veramente lo per miracolo dele croci de Spagnia per che il braccio dela bona era arazzato deroscio e nela forma de un grangio e tutto ieri lo tene cosi arazzato ce li

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Das Bild, das Maria von sich in dieser teils dramatisch anmutenden Erzählung entwirft, ist das der starken Frau, die der Gefahr furchtlos begegnete und versuchte hatte, alle anderen zu beruhigen. Kardinal Bernardino zeigt sich allerdings in seiner Antwort weniger von ihrem Verhalten als von der Naturgewalt beeindruckt: Er wundert sich über die Kraft von Blitz und Donner, die drei Personen zu Boden zu werfen vermochte.530 Solche Erlebnisberichte finden sich in Marias Briefen nur dann, wenn sie auf Reisen war und Dinge fern ihres Alltags erlebte, die sie mit Kardinal Bernardino teilen wollte.

10

Emotionale Bindungen und Hierarchien

Auch wenn es im frühneuzeitlichen Rom durchaus üblich war, dass der Familienkardinal mit der Frau des Bruders oder des Neffen in regem Kontakt stand und Geschäfte gemeinsam erledigt wurden, so stellt die emotionale Beziehung zwischen Maria und Kardinal Bernardino wie sie vom Kardinal im folgenden Zitat zum Ausdruck gebracht wird, dennoch eine Ausnahme dar. »Einer Sache könnt Ihr Euch sicher sein, [nämlich] dass ich in dieser meiner Absenz nichts mehr bedauere, als dass ich nicht einmal in der Woche mit Padre Virgilio und dreimal pro Tag mit Euch zusammen sein kann und glaubt mir, ich sage dies ganz abrusciava come lei faceva anco il piede dritto ma pero ne al piede ne a la gamba non si vedeva segnio nessuno e tutto ieri se sentiva il braccio e gamba adormentito ma pero caminava benissimo, Cintia poi che serrava la finestra dela camera dela Sig. Giulia lei ancora cascho in terra il fiorentino che veniva de sopra lui ancora cascho per li scale ma non si fece male nessuno. Li Putti erano tutti a letto ecetto Daria e non ebero paura nessuna ne si mossero punto come ne anco io habbi pauro nel principio anzi cominciai a fare animo a tutti con dire che non era niente e a dire deli sub[…?] ma quando vedi la Bona che sera fatta dala paura come una morta e che la levorno su e non se teneva in piedi e se lamentava da gamba e del braccio tutti dubitassimo che fassi stata offesa grandemente ma poi subito mosse il braccio e la gamba benissmio e non se sentiva altro che adormentita come le daro tutto ieri la Sig.ra Giulia che era nela medima camera dove cascho la Bona con Daria in terra. Il Sig. Marchese che era a una fenestra dela sala e senti la scielta vene coreno nele camere per vedere se avevamo auto paura e quando viddi la bona caschata e lamentarse dubito che fussi caschata in quella camera e la scielta e per sfogo comincia a gridare che voleva buttar giu la torre con una stezza tanto grande contro la torre che se lui avessi potuto l’averia in quel punto buttata a terra.« ASR, FSV, B. 619, am 5. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 530 »Non prima dura de le nove hore e mezzo l’hý vedute cominciando da quelle di V. S. e consegnate da i fracassi de la saletta. Veramente si conosce ch’º stata gratia di dio non solo che non habbi colpito in casa, m” che havendo il lampo od il vagone havr” forza di far cascare in terra tre persone situate in diversi luoghi, non habbi hauto forza d’offendere alcuna di quelle ne tampoco far impressione in un corpiciolo come º quello di Daria mentre h” abbattuto la Bona che la in seno teneva e instupidirgli un braccio et una gamba.« ASR, FSV, B. 491, fol. 149 – 150, am 6. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni.

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ehrlich und mit einem Gefühl von großer Zärtlichkeit, auch wenn ich hier in jeder Hinsicht mit mir verbundenen und liebenswürdigen Personen zusammen bin.«531

Dies schrieb Kardinal Bernardino (siehe Abbildung 24) schon kurz nach Marias Ankunft in der neuen Familie. Dank der überlieferten Korrespondenz, die sich insgesamt über gut zwanzig Jahre erstreckt, lässt sich im Laufe der Jahre eine Entwicklung in ihrem Verhältnis zueinander feststellen: Während in den Briefen der ersten Jahre vor allem die gegenseitige Fürsorge im Vordergrund stand, so tauchen in den späteren von Marias Seite auch gelegentlich heftigere Formulierungen auf, welche die natürliche Familienhierarchie in Frage stellen (vgl. Kap. 10.4). Wie schon in den Briefen Donna Annas festgestellt werden konnte, ist auch bei der Alltagskorrespondenz der Spada das Thema der Gesundheit zentral. Es existiert kaum ein Schreiben, in dem das Befinden der VerfasserIn und der Familienangehörigen keine Erwähnung finden. In einer Zeit, in welcher die Gesundheit des Menschen eng mit dem Schicksalsglauben zusammenhing und der Medizin ein noch sehr beschränktes Wissen über den menschlichen Körper zur Verfügung stand, war die Unsicherheit über den möglichen Verlust einer Person groß. Der gegenseitigen Information, wie es um einen stand, kam dadurch eine hohe Bedeutung zu. Das Außergewöhnliche an den Briefen zwischen Kardinal Bernardino und seiner Nichte ist allerdings die intensive Auseinandersetzung des einen mit dem anderen, welche über den üblichen Austausch von Floskeln hinausgeht. Im Folgenden sollen die Stellen aus den Briefen hervorgehoben werden, welche Auskunft über Bindungen und persönliche Verhältnisse geben. Zuerst steht die Beziehung, welche der Kardinal zu Maria pflegte, im Vordergrund, anschließend soll umgekehrt auf das Verhältnis Marias zu Kardinal Bernardino eingegangen werden.

10.1

Kardinal Bernardino – Maria

Der erste Brief des Kardinals Bernardino an die Marchesa Maria ist vier Monate nach der Hochzeit von Maria und Orazio überliefert. Der Kardinal befand sich auf dem Weg nach Bologna, als er seiner »liebsten Nichte«532 am 6. Mai 1636 aus 531 »D’una cosa V. S. si renda certa che in questa mia assenza io non provo passion maggiore che di non poter essere col Pre. Vergilio una volta la settimana e con V. S. tre volte il giorno, e creda ch’io lý dico con verit”, e con affetto di tenerezza grande, ancora che qua io stia fr” persone congiunte et amorerevoli da ogni banda.« ASR, FSV, B. 491, fol. 117, am 28. 5. 1636 aus Bologna. 532 In all seinen Briefen spricht er Maria mit »Signora nepote mia carissima« an.

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Otricoli schrieb, er sorge sich sehr um sie, insbesondere, da es ihm nicht möglich sei, zu jeder Stunde zu erfahren, wie es ihr gehe. Maria Veralli wartete darauf, schwanger zu werden, was nicht sofort nach der Hochzeit geklappt zu haben scheint.533 Der Kardinal tröstet und ermuntert die Nichte: »Eure Herrschaft soll in jedem Fall Besonnenheit üben und sich nicht um Sachen sorgen, auf welche man keinen Einfluss hat, es hat keinen Sinn, dass man über Gottes Wille – von dem man schließlich abhängt – betrübt ist; schlecht [aber] wäre, über uns selbst betrübt zu sein, wenn wir entweder einer Sache [unnötig] Gefahr zumessen, oder nicht versuchen, uns vor diesen Sachen zu bewahren, obgleich sie manchmal überflüssig oder übertrieben erscheinen. Aber Eure Herrschaft hat solche Ermahnungen nicht nötig.«534

Auf den ersten Blick haben diese Ratschläge etwas Belehrendes und man ist versucht, darin den Kardinal als philosophischen Lehrer zu sehen, der der Aufgabe in seiner Rolle als geistliches Familienoberhaupt gerecht wird. Ihm ging es aber nicht nur um die Lebensweisheiten, sondern um Maria selbst; er nahm intensiv Anteil an ihrem Zustand, betete für sie und ließ sich auf dem Monte Veronica Devotionalien für schwangere Frauen geben.535 Ein Verhalten, das sich auch aus der damaligen Zeit erklären lässt: Die Sorge der Familie um den Nachwuchs, um die Fortführung des Geschlechts war eine der zentralen Lebensaufgabe verheirateter Paare – und diese sollte Maria schon bald meisterhaft erfüllen. Maria gebar am 21. Februar 1637 ihre erste Tochter Cecilia. 13 Monate später schenkte sie ihrem ersten Sohn Bernardino (23. März 1638) das Leben und bekam fast exakt ein Jahr später die zweite Tocher, Eugenia (26. März 1639). In diesem Rhythmus ging es weiter, sodass keine Sorge mehr um die Fortführung des Familiengeschlechts bestehen musste: Am 15. Oktober 1640 erblickte Daria, ein Jahr später, nämlich am 28. Oktober 1641, Virginia die Welt. In fünfeinhalb Jahren gebar Maria also fünf Kinder – alle überlebten ihre Kindheit, was für die 533 Dies wird deutlich aus dem Brief vom 18. Mai 1636, in welchem es heißt: »Qui mi rinviscerebbe che l’opinione havuta de la gravidanza fusse riuscita vana […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 85, am 18. 5. 1636 aus Salice[?]. 534 »[…] in ogni caso V. S. usi de la sua prudenza e non si travagli che in quelle cose ne le quali non si h” colpa il dolersi altro non º che dolersi de la volont” del N. Iddio, de la quale finalmente dependono; Male sarebbe haver ” dolerci di noi medesimi quando ý diamo causa ” qualche pericolo, ý non proveriamo quelle cose che possono preservarcene, ancor che alcuna volta paijno[?] superflue ý troppo anticipate. Ma V. S. non h” bisogno di questi ricordi, e pero finisco il mio sermone con salutarla corialissimamente.« ASR, FSV, B. 491, fol. 86, am 6. 5. 1636 aus Otricolo. 535 »Resta che si habbi cura e non aspetti ad haversela quanto gli pare […] m” ogni poco di probabilt” et ogni principio di possibilt” gli basti: […] e essendo stato hieri al Monte de la Veronica e buscato alcuni coronine e scudelline per di molto devotione et esperienza per le donne gravide.« ASR, FSV, B. 491, fol. 85, am 18. 5. 1636 aus Salice[?].

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damaligen Verhältnisse alles andere als selbstverständlich war. Insgesamt gebar sie zwischen 1637 und 1657 vierzehn Kinder536 (von denen zwei im Kindesalter starben), sieben Mädchen und sieben Knaben, hinzu kamen sieben Fehlgeburten.537 Das Jahr 1642 war das erste Jahr seit 1637, in dem kein neues Spada-Kind zur Welt kam. Doch wurde Maria im Sommer jenes Jahres wieder schwanger und litt in den ersten Monaten der Schwangerschaft. Im September – sie war mit Fabrizio im dritten Monat schwanger – wurde sie von Magenschmerzen geplagt. Dies gab dem Kardinal, der während dieser Zeit selbst gesundheitliche Probleme hatte und sich darum zur Kur in San Casciano dei Bagni aufhielt, Anlass zur Sorge. Am 4. September, kurz nach seiner Ankunft in den Bädern, schickt er der Nichte Weiß- und Rotwein538 aus Montepulciano nach Castel Viscardo: »Ich schicke Euch von dem einen wie dem anderen ein bisschen zum Probieren, damit Ihr wisst, wie wir hier leben, aber natürlich soll er auch ihrem Bauch helfen. Vor allem der Weiße scheint mir sehr delikat zu sein. […].« Daneben gibt er ihr noch einen weiteren, in seinen Augen heilsamen Rat: »Neben dem Medikament [gemeint ist der Wein, Anm. d. V.] für den Bauch, habe ich gedacht, dass ich Eurer Herrschaft zudem raten möchte, das Zimmer zu wechseln und in meines umzuziehen […]. Ich war noch nie im Zimmer Eurer Herrschaft und [Euren] Begleiterinnen, ich will auch nicht das Reich beleidigen, [aber] halb wegen der Hitze, halb wegen der Enge und [weil] ich sehr sensibel reagiere auf den Modergeruch vieler Menschen und die Bedürfnisse, von denen sie regiert werden, so denke ich, dass es auch Eurer Herrschaft nicht viel nützt [dort zu bleiben]; denn schließlich sind der Kopf und der Bauch Brüder und Schwester. Das würde [ja] nicht bedeuten, dass Ihr die Frauengemächer (camerata feminile) verlassen müsstet, […] insbesondere da der kleine Saal,

536 Die Geburten aller Kinder erfasste Padre Virgilio in seinem Diario di cose domestiche, vgl. ASR, FSV, B. 283, vgl. Trans. 4, Anhang A, S. 257 – 259. 537 D’Amelia zitiert, leider ohne genaue Quellenangaben: »sette maschi, sette femmine e sette aborti«. D’Amelia, Maria Spada Veralli, S. 56. 538 Wie wichtig guter Wein war, zeigt ein Bericht über die verschiedenen Weinqualitäten der Region im Sommer 1656: »Haveri a questa hora sodisfatto al desidere di V. Em.za in mandare persona a porta a Montepulciano come se fatto nelli altri logi se la detta Sig.ra Marchesa de Nobili non me havessi detto che lei haveva fatto fare deligentie essattissime per mandarne al Sig. Ducha de Bracciano che era solita mandarcene ogni anno e non era stato possibili trovare altro che vini agri e percio non ce se mandato in questi altri le gli se fatta la deligentia e non ce sono cosa per al quale a Ficiulle se ne fermara uno che sara da doi some che il meglio che ce sia o voluto dire Citta della Pieve e no Ficiulle a Orvieto se resentiranno de novo e si capara il meglio fra tutti e se fermara. Ma a me dispiace che non riesciranno di gusto de V. Em.za perche ” noi non pareno tali e haverei havuto caro che V. Em.za havessi gustato quello che venuto da Orvieto per il Papa ma se pigliara il meglio che ce sara e se pagare meno che se pole.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 10. 6.1656 aus Castel Viscardo.

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in welchem man gut Betten und Frauen unterbringen könnte, zwischen dem Zimmer von Signora Giulia und dem meinigen liegt […].«539

Bei aller Fürsorge – dass der Kardinal seiner Nichte anbietet, in seinem Schlafzimmer zu wohnen, ist doch eher ungewöhnlich. Wie schon die Ausführungen zum Palazzo Barberini gezeigt haben, waren die Frauengemächer von denjenigen der Männer getrennt, auch die Gemächer der Eheleute. Der Kardinal durchbricht mit seinem Vorschlag die gesellschaftlich verankerten und räumlich wahrnehmbaren Geschlechtergrenzen, und stellt das Wohlbefinden der Marchesa über die Konvention. Indem er sich bereit erklärt, ihr seine Gemächer zur Verfügung zu stellen, unterstreicht er zum einen den hohen Wert, den er ihr innerhalb der Familie zuschreibt; die Zukunft seiner Familie hing von ihrer Gesundheit und Fruchtbarkeit ab. Zum anderen ist sein unkonventionelles Verhalten aber auch als persönlicher Vertrauensbeweis zu werten. Dass er in ihr eine Vertrauensperson sah, kommt immer wieder deutlich zum Ausdruck, auch explizit: »Ich schicke Eurer Herrschaft ein kleines Schreiben und wäre glücklich, wenn nur Ihr es sehen und es mir dann morgen mit dem Kutscher wieder zurückschicken würdet, und ich wünsche, dass Ihr mir beim Antworten versichert, dass es von niemandem sonst gesehen wurde, denn in Euch habe ich dieses Vertrauen und ich nehme an, dass Ihr von den anderen Respekt und Diskretion fordert.«540

Maria schlug das Angebot aus, in das Zimmer des Kardinals umzuziehen: »Ich bedanke mich für das Angebot, das mir Eure Eminenz bezüglich Eures Zimmers macht […], [aber] jetzt, wo es beginnt kühler zu werden, ist es in meinem Zimmer angenehm und mir geht es gut.«541 Und zum Schluss des Briefes meint 539 »[…] che D. Arcadio et il Lavanzia sono stati ” Montepulciano (anzi dice il Lavanzia ” Monte Cimiciano) n’haveva riportato due some di vino, un bianco e un rosso. Del’uno e de l’altro ne mando un po di saggi ” V. S. per sappia come viviamo, ma principalmente per de servino per il suo stomaco, che veramente il bianco mi pare una cosa delicata, e da che lo debbi hiersera, non hý contro il mio solito, sentito ne flati, ne flauti. Oltre questa medicina per lo stomaco, hý pensato d’insegnarne un altra ” V. S., et ” che muti camera, e vada ” star ne la mia, mettendo le scritture nela camera mia al meglio che si puý; che finalmente sar” manifattura d’un par d’hore al pi·. Non sý venuto mai ne la camera di V. S. et altre convicine, che non m’habbino per cosi dire offeso la tetta, parte per il caldo, parte per esser piccole, e render sensibilissima il tanfo di tante creature e lor bisogni e di che le governa, e credo che anco ” V. S. non giovi molto; che finalmente la testa e lo stomaco sono fratelli e sorelle. Questo non si chiamar” allontanarsi da la camerata feminile poi che de la camera de la S. Giulia ” la mia non v’º che la saletta di mezzo e ne la saletta istessa si ponno metter de i letti e dele donne.« ASR, FSV, B. 491, fol. 147 – 148, am 4. 9. 1642 aus S. Casciano de Bagni. 540 »Mando ” V. S. un pieghetto, che sarr” contento vederlo lei sola, e poi rimandarmelo domani per il cochiero, e nel rispondermi desidero mi assicuri che non sia stato veduto da altri, havendo in lei tal confidenza e prosupponendo in altri il dovuto rispetto e distretezza.« ASR, FSV, B. 491, fol. 39, am 7. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 541 »Ringratio V. Em.za del offerta che me fa de la sua camera e de la essortatio ne che io ce vadi

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sie sogar, sie sei von den Bauchschmerzen fast geheilt.542 Dass dem nicht so war, zeigt sich im weiteren Verlauf der Korrespondenz. Sie erwähnt in ihrem nächsten Brief vom 7. September mit keinem Wort, wie es um sie steht. Prompt wird sie vom Kardinal einen Tag später gebeten, ihn doch stets im ersten Abschnitt ihrer Briefe über ihre Gesundheit zu informieren.543 Am darauf folgenden Tag erfuhr er,544 dass es ihr noch nicht besser ging. So rät er ihr, sich noch mehr zu schonen und meint: »Wenn ich im Castello wäre, dann würde ich Euch nie erlauben, den Talar anzuziehen und auch nicht das Kissen einzusetzen. Ich möchte glauben, dass Orazio und Signora Giulia in meiner Absenz es mir gleich tun.«545 Vermutlich verweist der Ausdruck ponere al telaro e adoprare il cuscino auf das Besucherzeremoniell, welches Maria zu erfüllen hatte. Maria wiederholt die Ausdrücke in ihrem Antwortschreiben: Sie ziehe den Talar nur selten an, lege sich häufig für eine Dreiviertelstunde hin, um am Morgen nicht arbeiten zu müssen, stehe spät auf und ruhe sich während des Tages aus.546 Er schickt ihr daraufhin erneut den Weißwein aus Montepulciano, der ihm selbst gut bekommt und insistiert, dass Maria davon trinkt: »[…] ich lobe mir, beziehungsweise ich bitte Euch, wünsche und will, dass Eure Herrschaft davon trinkt und nicht von einer anderen Sorte.«547 Darauf antwortet Maria: »Eure Eminenz hat mir befohlen, diesen Wein zu trinken, [also] gehorche ich, aber ich glaube nicht, dass meine Bauchschmerzen vom Wein verschwinden werden.«548

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a stare non ce faro altro per che adesso che comincia a venire il fresco la mia camera e bona e adesso sto bene.« ASR, FSV, B. 619, am 5. 9. 1642 aus Castel Viscardo. »[…] e io del mio stomacho so quasi guarita.« ASR, FSV, B. 619, am 5. 9. 1642 aus Castel Viscardo. »V. S. non ci dice niente delo stato del suo stomaco, e pure vorressimo, ch’il primo capitolo delle sue lettere comminciasse da questo sicome dandole io nova dello stato mio […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 40 am 8. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. Am 9. September schreibt er : »Mi dispiace sentire che lo stomaco di V. E. piglia la longa.« ASR, FSV, B. 491, fol. 40 am 9. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. Mir ist jedoch kein Brief von ihr zwischen dem 7. und dem 10. September bekannt. Entweder fehlt dieser Brief von ihr oder der Kardinal wurde in einem Brief einer anderen Person – und das halte ich für wahrscheinlicher – über Marias Gesundheitszustand informiert. »[…] convien perý haversi buona cura e migliore del altre volte; s’io fussi al castello non lasciarei che mai si ponesse al telaro, e ne meno adoprasse il cuscino. Voglio credere che Oratio e la S. Giulia in assenza mia ne faranno altretanto […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 40 am 9. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. »V. Em.za me dice che non me doverci pone al telaro ne meno tienere il coscino lo assicuro che molto pocho ce sto qualche volta me ce metto per mezzo quarto de hora per spesso ý non per lavorare la matina me levo tardi il giorno riposa ma ad ogni modo lo stomacho accresce[?].« ASR, FSV, B. 619, am 10. 9. 1642 aus Castel Viscardo. »V. S. mandi qu” piu presto che puole una delle due mulette perchº con essa pensiamo d’inviare una sessa[?] di vin bianco di Montepulciano il qual vino dovr” servire per il mio ritorno, non habendo fin hora trovato alcun altro, che piu si confaccia al mio stomaca e perý lodo, anzi la prego, desidero e voglio che in questo mentre V. S. beva di questo, e non d’altra sorte […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 119, am 11. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. »In conformita di quanto V. Em.za ordina si manda una mulette e per che dice de volersene

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Am folgenden Tag rät er ihr dann, keine Früchte zu essen und genügend Wein – diesmal roten – zu trinken.549 Darauf antwortet Maria, seit sie den Wein aus Montepulciano getrunken habe, gehe es ihrem Bauch tatsächlich etwas besser.550

10.2

Maria – Kardinal Bernardino

Die bisher zitierten Briefe des Kardinals Bernardino von 1642 stammen aus den heilenden Bädern von San Casciano, wo er sich zur Kur aufhielt. Er erteilt der Nichte aber nicht nur gute Ratschläge, sondern berichtet auch von seinem Aufenthalt, dem Baden, den ärztlichen Methoden und Medikamenten. So erfährt man, dass die verschiedensten Leute mit unterschiedlichen Leiden zur Kur fuhren. Gemäß den Erzählungen von Kardinal Bernardino war auch eine gewisse Catharina, die Enkelin von seinem Kammerdiener Mons· Tantucci, sowie deren Onkel, ein Senese aus dem Hause Tolomei, anwesend. Zudem ist die Rede von »anderen gentiluomini mit ihren Ehefrauen und madameselle aus dem Maremma-Gebiet, und es fehlen auch nicht viele andere aus mittelmäßigen Verhältnissen.« Es hielten sich also sowohl Frauen wie Männer, Geistliche wie Weltliche und Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten am Kurort auf. Darunter seien »auch solche, die sich behandeln lassen, um von Bauchschmerzen geheilt zu werden«, fügt der Kardinal seinen Erzählungen an.551 Diese Bemerkung kann als Hinweis gedeutet werden, dass Bernardino es gerne gesehen hätte, wenn Maria mit ihm wegen ihrer Bauchprobleme zur Kur gefahren wäre. Wie die damalige Gesellschaft allerdings darauf reagiert hätte, wenn der Familienkardinal mit der Nichte zur Badekur gefahren wäre, ist aus heutiger Sicht schwierig zu beurteilen. Die Beschreibungen des Kardinals über seine Kur fallen sehr detailliert aus: servire per portar vino se mandano anche le ceste in quanto che qui V. Em.za mi me comanda che io beva del detto vino faro lubidientia ma il mio fastidio di stomacho non credo che ne sia causa il vino.« ASR, FSV, B. 619, am 12. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 549 »[…] sebene par che non hebbi da far niente con lo stomaco, nondimeno tutti scaricamenti avitano solo avverta di non dar nel troppo, non mangia frutta, e beva del vin rosso […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 145 – 146, am 13. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 550 »Di noi li do nova come tutti stiamo bene e io del mio stomacho sto al solito ma pero un pocho meglio de la sera che venne Antonio palafreniero ho cominciato a bevere il vino de Monte Pulciano che V. Em.za ha mandato […].« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 551 »V’º la Sig.ra Catherina nostra ciý º la pronipote di Mons· Tantucci col zio gi” detto di sopra. V’º un cavallier senese di casa Tolomei patrone d’una grosse terra detta la Toscania in Maremma di Siena. Vi sono altri gentilhuomini con le lor mogli e madameselle de la medesima Maremma, e non mancano molti altri et altre di mediocre conditione etiam di quelle che ttrattano di guarir lý stomaco.« ASR, FSV, B. 491, fol. 148r, am 4. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni.

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»Heute Morgen, Dienstag, bin ich zum ersten Mal ins Bad gestiegen und dort eine Stunde geblieben, dann habe ich mich in einem kleinen Zimmer ausgeruht, wo es eine schöne Liege gab. Ich habe nicht geschwitzt, aber sonst ist mir dieses Wasser ziemlich gut bekommen und hat mir gefallen, [es ist] grad so warm, dass man es ohne zu leiden aushalten kann.«552

Einen Tag später schreibt er dann, er habe am Vortag nach dem Mittagessen auf ein weiteres Bad verzichtet, da er viele Briefe nach Rom habe schreiben müssen. Dafür, so fährt er weiter, habe er im Sinn, am heutigen Tag länger zu baden. Ihm erscheine es zeitsparender, einmal am Tag zwei Stunden im Bad zu verweilen, als zweimal nur eine Stunde, zumal er sich so auch nur einmal eine Stunde zur Erholung hinlegen müsse, wie es nach dem Baden verlangt werde. Darüber hinaus verstelle er auf diese Weise auch den anderen Badenden nicht am Morgen und am Abend den Zugang zum Bad.553 Maria geht auf die beiden Berichte des Kardinals in ihrem Brief vom 10. September ein: »Ich hörte gestern erfreut, dass das Wasser der Bäder Erfolg zeigte, bereits beim ersten Mal stärkte und Eurer Eminenz gefiel. Doch gefällt mir nicht aus dem heutigen Brief zu erfahren, dass Eure Eminenz bereits begonnen hat [das Baden] zu umgehen und [nun] mit dem Gedanken spielt, nur einmal zwei Stunden zu baden, statt zweimal pro Tag. Ich möchte nicht, dass es Eure Eminenz kümmert, ob eine Stunde mehr oder weniger verloren geht […] es handelt sich um die Gesundheit und ich möchte, dass Eure Eminenz erholt wieder zurückkommt […], denn Eure Eminenz ging nicht in die Bäder, um zu arbeiten, sondern um zu kuren, so wie man es [dort] macht und Ihr selbst auch gesagt habt, dass Ihr es so machen wollt, bevor Ihr abgereist sind.«554

552 »Questa mattina martedi… per la prima volta sý andata al Bagno e dimoretovi un hora, poi mi sý riposato in un camerino […] fatto la fare ” posta in buon letaiolo […]. Non hý sudato, e per altro quell’acqua m’º parto assai confortativa e gustosa, tanto caldo quanto si puý soffrier senza disgusto.« ASR, FSV, B. 491, fol. 39, am 9. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 553 »[…] hieri dopo pranzo io non feci poi altramente la 2.a bagnatura poiche mi convenne attendere ” scrivere per Roma, onde questa matina penso di farla piu longa, che non feci hier matina […] non sarebbe gran cosa che mi cambio di bagnarmi due volte il giorno un’hora per volta seguitassi ” bagnarmi solamente la matina con trattenermi 2 hore nel bagno, perche cosi sparagnarei il tempo, e l’ingombro per me et per altri d’andare e venire matina e sera com’anco avanzarei un’hora di riposo, la quale si richiede ogni volta che si va dentro.« ASR, FSV, B. 491, fol. 42, am 10. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 554 »Mi ralegro che V. Em.za habbia cominciato cosi bene il medicamento e lo prego ad aversi bona cura e non patire fresco massime quando cominciara a bagniarse per che qui e rifrescato assai. Sentita ieri molto gusto che l’acqua di Bagni fussi rioscita e la prima volta cosi confortativa e gustosa a V. Em.za ma con la lettera di oggi me dispiace de intendere che cosi presto habbia cominciato a intralasciarla e il penziero che ha V. Em.za de volere piu tosto star doi hore in una volta nel bagnio che andarce doi volte il giorno non me piace per che le medicamenti vogliono esser presi e fatti come vanno e non vorei che V. Em.za abbadasse a perder tempo una hora piu o meno e in un pocho de scomodo de le persone e di V. Em.za dove se tratta de la sanit” e vorrei che V. Em.za esce ricopassi[?] che me none

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Es zeigt sich also, dass sich nicht nur der Kardinal um Maria sorgt, sondern umgekehrt auch Maria ihm Ratschläge erteilt. Sie scheut sich nicht, ihm ihre Meinung zu sagen und ihn zu ermahnen, die Arbeit auch einmal etwas zu vernachlässigen,555 Allerdings fügt sie noch hinzu: »Entschuldigt mich, wenn ich mich zu sehr einmische, aber es ist die Zuneigung, die mich zum Reden verleitet«.556 Bei dieser Rücknahme des soeben Gesagten handelt es sich um eine ähnlich Strategie, wie schon bei Donna Anna beobachtet werden konnte. Darauf soll später noch einmal zurückgekommen werden (vgl. Kap. 10.4.1). Kardinal Bernardino konnte den Vorwurf seiner Nichte trotz Entschuldigung nicht auf sich sitzen lassen, und es zeigt sich, dass er Marias Worte durchaus auch ernst nahm und auf ihre Briefe einging. Er versichert ihr umgehend, dass er sich sehr wohl an die Vorschriften des Arztes halten und in keiner Weise der Arbeit zuliebe auf das Baden verzichten würde. Erklärend fügt er hinzu: »Die Zeit, die man im Bad bleibt, wird nicht von den Ärzten begrenzt, sondern hängt vom Wohlbefinden oder Unwohlsein ab, welches man empfindet, in der Weise, wenn der Kopf beginnt sich zu erhitzen oder wenn man zu schwitzen beginnt […] und nicht selten wächst das Bedürfnis, [das Bad] zu verlassen, und wie oft man einsteigt, ein oder zweimal pro Tag, das hängt mehr oder weniger vom persönlichen Wohlbefinden ab, das einen erfasst […]. Ich blieb eineinhalb Stunden und gestern eineinviertel Stunden und es genügt zu sagen, dass mich stets der Arzt, der spettiale und der ceruscico betreuten, zudem [sind immer] weitere Personen zum Plaudern [da], nicht dass Zweifel aufkommen, ich würde mich nicht an die Regeln halten oder gar leiden«.557

10.3

Maria/Kardinal Bernardino – Kinder

Die Präsenz des Kardinals in der Spada-Familie war sehr zentral. War er abwesend, wurde dies von allen Familienmitgliedern wahrgenommen. Formulierungen wie: »Es scheint mir tausend Jahre her, seit ich das letzte Mal bei Eurer andato a Bagni per lavorare ma per fare il medicamento come va fatto º cosi disse de voler fare quando parti di qui […].« ASR, FSV, B. 619, am 10. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 555 Maria hatte guten Grund, den Kardinal anzuhalten, weniger zu arbeiten. Er schrieb zeitlebens viel und legte eine im Vergleich mit anderen Kardinälen seiner Zeit ungewöhnliche Arbeitswut zu Tage. Dazu vgl. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 11 – 13. 556 »[…] me perdoni se io entro troppo oltre poi che l’affetto º quello che me fa parlare.« ASR, FSV, B. 619, am 10. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 557 »Il tempo da stare nel bagno non º limitato da medici, se non proportione del commodo ý incommmodo che vi si sente, di modo che quando cominicia ” riscaldarsi la testa, o al principiare il sudore o altrimenti ” staccarsi[?] all’hora[?] e non pressa nasce il bisogno di uscirne e quanto all’entrarvi una ý due volte il giorno, questo depende dal pigliarsela pi· o meno commoda, e dall’haver pi· mi trattenuti un hora e mezzo et hieri un’hora et un quarto e basta il dire che sempre mi stanno assistente il medico il spettiale et il ceruscico, oltre qualche altra persona ” chiacherare, per non haver dubbio ch’io pecchi nella regole, ý ch’io patisca, […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 119, am 11. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni.

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Maria Veralli Spada

Eminenz war«558 oder »Wir erwarten Euch mit größter Sehnsucht; uns scheint es tausend Jahre her, seit Ihr abgereist seid«,559 sind in Marias Briefen häufig anzutreffen. Auch berichtet sie, wie stark ihn die Kinder vermissten: »Eugenia [einjährig, Anm. d. V.] vergisst nicht, jeden Morgen nach dem Aufstehen zu fragen, ob ›Nale‹ [von Cardinale] gekommen sei. Und zu Mittagszeit rennen alle drei [Kinder] zur Tür [der Gemächer von Kardinal Bernardino], um zu klopfen.«560

In beinahe all ihren Briefen grüßt Maria stets auch im Namen der putti oder figlioli,561 und wenn sie mit der Familie außerhalb Roms weilte, ließ sie den Kardinal mit Schilderungen von den putti am Familienleben teilhaben. So zum Beispiel, als sie mit ihrem Mann und den zum damaligen Zeitpunkt fünf Kleinkindern Cecilia (5-jährig), Bernardino (4-jährig), Eugenia (3-jährig), Daria (2-jährig) und Virginia (1-jährig) im Sommer 1642 auf dem Weg nach Castel Viscardo war : »Bernardino wollte immer bei den Kutschern sein, die meiste Zeit ging er neben ihnen her, und er sprang hin- und wieder auf die Pferde, wie es auch die Kutscher taten und lachte dabei ununterbrochen. Dann findet man wohl kein angenehmeres Kind für eine Reise als Daria – entweder lachte oder sang sie, die meiste Zeit schlief sie jedoch. Cecilia sagte ständig, wann kommen wir im Castello an und Eugenia sagte, sie wolle nach Hause zurück, um alles dem Zio Nale erzählen zu können, insbesondere dass die Kutsche schütteln würde. Virginia geht es ziemlich gut.«562

558 »[…] riverischo V. Em.za con questi doi versi dicendole che me pare mille anni di poter essere da V. Em.za per servirlo come devo […].« ASR, FSV, B. 619, Maria am 12. 7. 1660 aus Rom. 559 »[…] lo staremo aspettando sabbato sera con gran desiderio parendoci mille anni che sia partito […].« ASR, FSV, B. 619, Maria am 18. 4. 1647 aus Rom. Ähnlich auch ebd., am 12. 7. 1660 und im Oktober 1660. 560 »[…] Eugenia non si scorda ogni matina come levata de domandare se venuto nale e al hora del pranzo tutti tre vanno alla porta a bussare […].« ASR, FSV, B. 619, am 4. 10. 1640. 561 Z. B.: »[…] riverischo V. Em.za humilmente e poi in nome di tutti honamente donne e putti […]« 23. 5. 1659; »[…] resto facendo humilissimo Riverenza a V. Em.za cosi in nome de queste altre Signore e de li putti […]« 4. 10. 1640; »Qui per fine riverisco humilmente V. Em.za e il padre Verglio in nome anche del Sig. Marchese e de questi putti […]« 18. 10. 1646 bzw. »[…] con che fine le faccio humilmente riverenza in nome del S. Marchese di tutti questi figlioli grandi, e piccoli e il simile facciamo al Pre Virgilio […]« 17. 10. 1659 usw. Alle Bsp. in: ASR, FSV, B. 619. 562 »Bernardino che volse stare mentre fu giorno de la Banda del Chochiero in piedi bon parte del tempo salto come facevano li chochieri sa li cavalli e rideva del continovo Daria poi non se pol trovare creatura piu quieta da menare per viaggio per che o rideva o cantava ma bona parte dormiva. Cecilia diceva quando arrivaremo al castello Eugenia diceva che voleva tornare a casa e che voleva racontare ogni cosa a Zio Nale º imparticolare che la Carozza la sbatteva. Virginia se la ando lei ancora passando assai bene […].« ASR, FSV, B. 619, am 8. 7. 1642 aus Capranica.

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Auch noch siebzehn Jahre später, nachdem sie bereits das zwölfte Kind zur Welt gebracht hatte und mit dem 13. im siebten Monat schwanger war,563 schreibt sie am 13. Oktober 1654 kurz nach ihrer Ankunft in Tivoli vom dreijährigen Sohn: »Nach dem Abendessen wollte Ciriaco wieder zurück nach Rom. Doch dann beschloss er, dass er zuerst schlafen und erst dann nach Rom fahren würde.«564 Diese lebendigen Erzählungen von den Kindern zeigen, dass Maria – obwohl sie bis dahin jährlich ein Kind zur Welt gebracht hat – jedes einzelne der Kleinen auf seine Art wahrnahm. Aus der Perspektive der Aufsteigerpolitik der Familie Spada dienten die zahlreichen Kinder der Erhaltung des Spada-Geschlechts, im Kleinen jedoch, im Alltag, besaß jedes Einzelne einen eigenen Charakter, der von der Mutter beobachtet und dem Familienoberhaupt entsprechend geschildert wurde. Und der Kardinal teilte die Freude an den Kindern offensichtlich. Ihm schien es sogar wichtig gewesen zu sein, bei den Geburten in Marias Nähe zu weilen. So schreibt sie ihm zwei Tage vor der Geburt von Virginia, sie hoffe, dass er nicht später heimkomme als geplant. Noch gehe es ihr gut, doch stehe der Mond im letzten Viertel, und sie glaube, dass sie bei Neumond niederkomme – mit einem Mädchen, so ihre Vermutung.565 Ob der Kardinal bei der Geburt schon wieder in Rom war, oder nicht, kann aufgrund der untersuchten Quellen nicht gesagt werden. Hingegen lag Maria damit richtig, dass sie ein Mädchen gebären sollte. Anders als Donna Anna berichtet Maria dem Kardinal erstaunlich selten von den Sorgen, die ihr die Kinder bereiteten, nur ab und zu erwähnt sie, dass eines krank war. Erst 1661, vier Jahre nach der Geburt ihres 14. Kindes, spricht aus Marias Worten Erschöpfung. Sie schreibt dem Kardinal am 22. Juli 1661 – und dabei handelt es sich um ihren letzten Brief vor seinem Tod –, dass sie eigentlich zu ihm nach Tivoli kommen wolle.566 Doch hielten sie ihre zwei kranken Jüngsten, Guido (9-jährig) – der sich »weder im Himmel noch auf Erden« be563 Dabei handelte es sich um die kleine Liberata, die kurz nach der Geburt (13. 12. 1654) verstarb und Marias Leben in ernsthafte Gefahr gebracht hatte: »A di 13 dicembre ” hore 9 1/2 di notte precedente nacque del Marchese Oratio Spada e Marchesa Maria sua moglie una figlia con grandissimo pericolo della madre e li f· porto nome Liberata, per inovare la memoria di Liberata Naldi, che f· moglie di Venturo mio 3.o avo.« ASR, FSV, B. 285, 13. 12. 1654. 564 »Siamo arrivati tutti sani qui in Tivoli alle 20 ore e mezza […] Ciriaco come ha avuto cenato voleva tornare a Roma. Ma poi se risoluta de andar prima a dormire e poi andare a Roma.« ASR, FSV, B. 619, am 13. 10. 1654 aus Tivoli. 565 »Io le dicho che ho speranza se V. Em.za non tarda piu di quello che noi ce prosuponiamo che saro la prima per che ancora sto salda e questa sera fa lultimo quarto de la l’una e io sto benissimo se che credo che andaro a la l’una nova ma me rincrescie che l’abbia da esser femmina ma bisognara aver patienza.« ASR, FSV, B. 619, am 26. 10. 1641 aus Rom. 566 Sie schrieb schon am 7. Juli: »Io penso da poter venire sabbato o domenicha piacendo a dio se non sopra viene altro impedimento con tutto che non credo.« ASR, FSV, B. 619, am 22. 7. 1661 aus Rom.

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finde und Bartolomeo (4-jährig) in Rom zurück: »Ich weiß nicht mehr was sagen, denn immer, wenn ich sage, ich möchte losfahren, werde ich von den Kindern wieder von Neuem aufgehalten,« obwohl ihr bewusst sei, wie sehr auch der Kardinal sie in dieser Zeit brauchen würde.567 Vergleicht man diese leisen Klagen Marias mit den Sorgen, die Donna Anna laut und unüberhörbar kommunizierte, so fragt man sich, ob die 12 SpadaKinder in all diesen Jahren der Mutter weniger Anlass zu Sorge gaben als die vier Barberini-Kinder ihrer Mutter. Dass Maria mehrheitlich die heiteren Kindergeschichten weitergab und nicht die Schwierigkeiten groß zum Thema machte, sagt mehr über die beiden Frauen aus als über die realen Umstände. Während es in der Natur von Donna Anna lag, sich über alles und alle zu beklagen, verhielt sich Maria ausgleichend und harmonisierend568 – zwei Charaktereigenschaften, aber auch zwei unterschiedliche Strategien, welche nicht zuletzt auch auf die gesellschaftliche Zugehörigkeit und die familiären Umstände zurückzuführen sind: Während Maria hinter dem Ziel der Spada-Familie stand, sich als Aufsteigerfamilie in der römischen Gesellschaft zu etablieren und ihre Person in den Dienst dieses höheren Zwecks stellte, hatte es die Colonna-Tochter nicht nötig, sich zurückzunehmen.

10.4

Familienhierarchie

Wie sich an verschiedenen Stellen im ersten Teil zu Anna Colonna Barberini gezeigt hat und mehrmals erwähnt wurde, vergewisserte sich die höfische Gesellschaft immer wieder ihres Ranges innerhalb der gesellschaftlichen Hierarchie im Zeremoniell. Wenig Beachtung fand bisher das Zeremoniell innerhalb der Familie.569 Bei der näheren Untersuchungen der Alltagskorrespondenz aristokratischer Familien stellt man fest, dass auch hier, en famille, hierarchisch festgelegte Rollen existierten, welche sich bei Begrüßung, Danksagung, Grussformeln etc. ausdrückten. Auch wenn die emotionale Bindung, wie oben aufgezeigt werden konnte, zwischen Maria und Kardinal Bernardino auf Gegenseitigkeit beruhte, so stand 567 »[…] di me non so piu che me dire per che questi putti quando io dicho de voler partire li sopragiunge qualche cosa de nova che me tiene dubiosa V. Em.za me aspetta piu che quella volta che sono venuta poch¤ seno rivoluto de nolo dir piu Bartolomeo questa matina stava de maniera che me lo credevo guarito questa sera li premeti e lascieti e come ieri con il sangue alla ave Maria li ho fatto un servitiale[?] de latte cosi ordenato dal Sig. Fonsecca º non ha voluto mangiar niente havendo perro l’appetito Guido ancora lui il male che lettime lo travaglia si che tomo a dire che non voglio piu dare altro ma non sto n¤ in cielo nº in terra e in questa maniera º un cativo stare.« ASR, FSV, B. 619, am 22. 7. 1661 aus Rom. 568 Vgl. Marias Zitat Anm. 557. 569 Darauf aufmerksam macht Ruppel, Verbündete, S. 142.

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die Hierarchie innerhalb des Familiensystems mit dem Kardinal als Oberhaupt dennoch fest. Dies macht sich insbesondere bei den feststehenden Anrede- und Schlussformel bemerkbar : Maria spricht den Kardinal stets mit »Em[inentissi]mo e Re[verendissi]mo Sig[nor]e zio e P[ad]rone mio colen[dissi]mo« an und verabschiedet sich mit »Hum[ilissi]mo dev[otissi]mo oblig[atissi]ma nipote e serva Maria Veralli Spada«, wohingegen er sie einzig mit »Sig[nor]a Nipote mia cariss[issim]a« anspricht und mit »zio ill[ustrissi]mo« unterschreibt. Kardinal Bernardino Spada war das unangefochtenes Familienoberhaupt, er war es, der die Entscheidungen fällte. Sätze der Art: »Wir erwarten die Briefe von Montag um die Anweisungen, die Eure Eminenz […] schicken wird, zu hören«,570 welche die Spitzenposition des Kardinals innerhalb der Familie unterstreichen, sind in der Korrespondenz von Maria nichts Außergewöhnliches. Auch Formulierungen wie: »betreffend Altartafel und anderem wird Eure Eminenz, wenn Ihr zurückkommt, sehen, wie Ihr es [haben] wollt«571 oder das immer wieder auftauchende »gemäß Euren Befehlen«572 bestätigen die hierarchischen Positionen innerhalb des familiären Gefüges. Maria selbst war nicht nur von den Alltagsbefehlen des Kardinals abhängig, sondern auch von seinem Urteil. In einem Brief von 1659 will sie von ihm wissen, ob sie der Marchesa Camilla Fantuzzi in ihrem Schreiben die entsprechende Achtung entgegenbringe. Dazu legt sie ihm dieses unversiegelt bei, mit der Bitte, es sich anzuschauen, dann zu versiegeln und schließlich an die Marchesa weiterzuleiten.573 Die Abhängigkeit der Familie vom Kardinal zeigt sich auch im finanziellen Bereich. Öfter bittet ihn Maria, ihr Geld zu schicken.574 Dieses benötigte sie

570 »Staremo aspettando le lettere de lonedi per sentire con quelli li ordini che V. Em.za la mandara per conto dela carozza […].« ASR, FSV, B. 619, Maria am 12. 7. 1642 aus Castel Viscardo. Ähnlich auch: »Staremo aspettando le carozza domani e attendendo le ordini di V. Em.za cercha […]« Ebd., 9. 10. 1643 aus Rom. Oder : »Sono con queste quattro righe a rappresentare ” V. Em.za che volendo eseguire l’ordini di […].« Ebd., am 30. 6. 1661 aus Rom. 571 »Per conto del parato del altare e altro quando V. Em.za tornara vedera come lo vole […].« ASR, FSV, B. 619, Maria am 9. 10. 1643 aus Rom. 572 »[…] conforme l’ordine di V. Em.za.« Z. B.: FSV, B. 619, am 9. 10. 1643, 4. 5. 1653 und 22. 4. 1661. 573 »Nel partire ch’h” fatto V. E. questa mattina mi sono scordata di dirgli che mi pareva fusse mio debbito di dover scrivere alla Sig.ra Marchesa Camilla e perciý me son fatta fare una minuta di lettera da Bernardino e poi fatta copiare da Lorenzo e sottoscritta da me la mando qui inclusa ” Sigillo volante, acciý possa vedere se la stima ” proposito, e cognoscendola tale mi honori? di sigillarla et inviarla alla sud.a Sig.ra Marchesa Camilla.« ASR, FSV, B. 619, am 15. 10. 1659 aus Tivoli. 574 Z. B.: »V. Em.za […] fara gratia de farcene mandare un pochi de denari a noi che ne havemo bisognio.« ASR, FSV, B. 619, am 27. 9. 1642 aus Orvieto. Oder : »Se caso V. Em.za non venissi domani o posdomani faccia che siano mandati un pochi de denari per che de 160 scudi che me portai ormai non ce no sono piu.« Ebd., am 6. 6. 1648 aus Tivoli. Oder : »Li denari che

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immer wieder, um die Angestellten bezahlen zu können. So zum Beispiel im Sommer 1648 als sie nach der Abreise des Kardinals die Umbauarbeiten in der Villa Tivoli beaufsichtigte. Eine Aufgabe, die sich allerdings als nicht ganz einfach erwies. Sie hoffe auf eine baldige Rückkehr des Kardinals, da die Arbeiter ohne seine Autorität nichts tun würden, als Geld zu verlangen »und wenn man nein sagt, sagen sie, dass sie nicht mehr arbeiten wollen. Und als sie mich am anderen Tag gefragt hatten und ich ihnen sagte, dass ich keines hätte, sagten sie, sie würden zu arbeiten aufhören.«575 Ein anderes Mal verlangt sie Geld, um vor ihrer Rückkehr nach Rom noch einige Sachen in Ordnung bringen zu können. Dazu reiche der Rest, den sie noch habe, nicht mehr aus. Maria schickt ihm die gesamte Abrechnung ihrer Ausgaben aus Tivoli sowie die Zahlungseinforderungen (mandati), die der Rechnungsführer (computista) erstellt hatte. Sie bittet den Kardinal, diese zu unterschreiben und vom maestro di casa eintreiben zu lassen.576 Der Kardinal war also unbestritten auch in finanziellen Angelegenheiten letzte Kontrollinstanz. Erst mit seiner Unterschrift besaßen die Zahlungseinforderungen Gültigkeit. Ihre dem Kardinal klar untergeordnete Position bedeutete jedoch nicht, dass sie nichts zu sagen hatte – im Gegenteil, sie konnte ihre Meinung äußern und war an wichtigen Entscheidungsprozessen beteiligt. Insbesondere in der Korrespondenz ab Mitte der 1640er Jahre zeigt sich verstärkt, wie wichtig dem Kardinal auch die Meinung der Nichte war. So schreibt er ihr am 3. Juli 1655 aus Tivoli, was er in einem Rechtsfall von zwei Zeugenaussagen hält und fügt hinzu: »jedoch ist es nötig, dass wir diese Ereignisse klären, indem wir darüber in Tivoli sprechen.«577 Hier teilt der Kardinal Maria seine Gedanken nicht nur mit, sonV. Em.za me lascia[?] […]« Ebd., am 3. 5. 1653 aus Rom. Und: »Supplico V. Em.za ” far gratia di […] mandarmi li denari per il ritorno.« Ebd., am 22. 10. 1659 aus Tivoli. 575 »[…] la persona di V. Em.za la quale pero aspettiamo presto ý vero che ce mandi a pigliare ma secondo il discorso che V. Em.za fece quando parti di qui era quasi necessario che V. E. tornassi su prima per dar sesto e lasciare ordine qua de quello si ha da fare e sarebbe bene de agiustare il falegniame come se disse e anco de vedere quello che hanno auto li muratori e quello restano de havere sino adesso per che non fanno altro che domandare denari e quando se li dice de no, dichano che non vogliono piu lavorare e l’altro giorno che me ne domandarno a me e io li dissi che non havevo, dissero che volevano lasciare de lavorare […]« ASR, FSV, B. 619, am 17. 6. 1648 aus Tivoli. 576 »[…] ricever” V. Em.za alcune lettere delle spese fatte qui in Tivoli fin delli 15 del presente con il ristretto e mandato fatto gi” dal compotista, e rivisto da noi supplico V. Em.za ” far gratia di segnarlo via[?] il mastro di casa possa riscoterlo e mandarmi li denari per il ritorno, che far” il lettighiero venerdi ý per meglio occasione acciý si possa prima del nostro ritorno, lassar aggiustate, e pagate alcune cose che vi restano di non havendo poco denaro da spendere che non mi puole bastare.« ASR, FSV, B. 619, am 22. 10. 1659 aus Tivoli. 577 »Hý visto la nota delle cose, che posono deporre li due testimonii praticati dal cause [?], e mi pare che vi siano cesti pratichi assai buoni m” resto ben meravigliato, che uno di questi testimoni parli della persona di Francesco o di checco, come di persona, che fusse nata anzi concepita, nel tempo che il Sig.re Giovanni Battista haveva quella amicitia, il che sicome non º vero il fatto, cosi bisogna guardarsi di farlo dire, poiche non servirebbe ad altro, che ”

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dern äußert darüber hinaus auch den Wunsch, sich mit ihr direkt in dieser Sache unterhalten zu können. An einer anderen Stelle bittet der Kardinal Maria um Rat und es wird deutlich, dass er diesen auch befolgte. Auf seine Anfrage, was sie von der Idee einer Pilgerreise halte, antwortet sie: »Ich gehorche Euren Befehlen und sage Euch, was ich von der Reise denke, die Ihr nach Assisi machen möchtet: Ich kann [der Idee] in keiner Weise zustimmen.« Ihre Haltung begründet sie mit seiner Gesundheit, die es nicht zulasse, im Sommer eine solche Reise auf sich zu nehmen und sie empfiehlt ihm, die Reise auf den Herbst zu verschieben.578 Aus ihren folgenden Briefen und den Schreiben im Oktober geht hervor, dass er die geplante Reise schließlich – wie von Maria geraten – tatsächlich erst im Herbst unternommen hatte.579 Maria äußerte ihre Meinung aber nicht nur, wenn sie danach gefragt wurde. Dies zeigt sich zum Beispiel an den immer wieder auftauchenden Diskussionen um das Abreisedatum der Familie aus Tivoli oder Castel Viscardo. Es war üblich, dass Kardinal Bernardino bestimmte, wann die Familie von ihren Aufenthalten zurückreiste.580 Allerdings waren diese Entscheide nicht immer im Sinne Marias: »Gestern Abend kam der Bote Seiner Eminenz ungefähr um Mitternacht an, als wir tanzten und musizierten, und die Ankündigung, dass wir alle sofort heute oder morgen zurückkommen müssen, hat uns ziemlich überrascht, waren wir doch alle darauf eingestellt, bis zu den Feiertagen hier zu bleiben.«581 Oder noch etwas expliziter am 26. Oktober 1659 aus Tivoli: »Jetzt bitte ich

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discreditare la deposite anco nel resto; tuttavia di queste faccende hormai bisogna che ci rissolviamo ” parlarne ” Tivoli.« ASR, FSV, B. 491, fol. 131, am 3. 7. 1655 aus Tivoli. »[…] per ubedire ” suoi commandini dire il mio parere circa il viaggio, che pensarebbe di fare ad Assisi: non posso in conto alcuno approvarlo, stante le premura che ho della salute di V. Em.za non parendomi hora tempo di viaggiare, ma pi· tosto se vuol fare questa gita aspettarei il mese d’ottobre […].« ASR, FSV, B. 619, am 9. 7. 1660 aus Rom. Dass er die im Sommer geplante Reise nach Assisi nun im Herbst unternahm, lässt sich aufgrund von Marias Briefen vom Oktober 1660 annehmen: Aus ihrem Schreiben vom 15.10. wird deutlich, dass der Kardinal soeben Spoleto verlassen hatte. Am 22.10. erfährt man, dass der letzte Brief, den sie von ihm erhalten habe, aus Montefalco, einem ca. 30 km von Assisi entfernt gelegenen Dorf stammte und jetzt würde sie gespannt warten, ob er für die Rückkehr die Straße nach Rieti nehme. ASR, FSV, B. 619, am 15. und 22. 10. 1660 aus Tivoli. Dies wird an verschiedenen Stellen deutlich. So z. B. auch hier : »Risolviamo di ritornare ” Roma lunedi ý marted… della prossima settimana piacendo ad Iddio, m” con le lettere che dovremo mandar sabbato potremo scrivere piu precisamente quando V. Em.za ci dovr” favorire di mandar l’altra carrozza ” lei[?] e quando volesse, che noi ci servissimo solo di questa carroza ” quattro ci converr” di venire in due partite.« ASR, FSV, B. 619, am 22. 10. 1659 aus Tivoli. »Arrivý hier sera il messo di V. E. circa mezza hora di notte in tempo, che si stava ballando e sonando, et all’avviso di dover tornar subito tutti hoggi ý domani arrivý assai all’improviso essendosi messi tutti gi” ” capitale di stare sino alle feste. « ASR, FSV, B. 619, am 19. 5. 1659 aus Tivoli.

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Eure Eminenz, wenn es Euch gefällig ist, dass wir ein paar Tage früher als Donnerstag zurückkommen, denn wir müssen zwei oder drei Tage vor Mariä Himmelfahrt in Rom sein, um die Kinder einzukleiden, da sie keine anderen Kleider als die Landkleider besitzen.« Hier fügt sie eine langatmige Begründung an: Die Landkleider, seien dazu gemacht, um zuhause getragen zu werden und sie bezweifle, dass die Messe an Mariä Himmelfahrt zuhause gelesen werde. Zudem habe sie bereits zu viele Sachen zurück nach Rom geschickt, die sie eigentlich in Tivoli noch brauchen würde. Es war der letzte Brief aus dieser Serie aus Tivoli – es scheint Maria in diesem Fall also gelungen zu sein, den Kardinal davon zu überzeugen, dass die Familie früher als geplant nach Rom zurückkommen durfte. Ähnlich wie Donna Anna fügte auch Maria solchen Situationen, in welchen sie indirekt etwas erreichen wollte, was nicht in ihrer Entscheidungskompetenz lag, oft einen Satz der Art an: »Aber auf jeden Fall unterwerfen wir uns dem Befehl Eurer Eminenz.«582 Auch sie erhält so mittels der Sprache formal die Hierarchie aufrecht und erfüllt das Zeremoniell. 10.4.1 Konflikte Trotz formaler Einhaltung aller Normen hatte Maria die Möglichkeit, dem Kardinal gegenüber ihre Meinung frei zu äußern und Einfluss auf Entscheidungsprozesse auszuüben. Am 10. Oktober 1644 wirft sie Kardinal Bernardino vor, dass das an sie adressierte piego des Kardinals aus Tivoli nichts Weiteres als einen Brief eines Domenico Vantaggi sowie eine Liste mit Bestellungen und Anweisungen enthielt und er sich mit keinem Wort an sie persönlich gerichtet hatte: »Es enthielt nicht einmal einen Satz zu dem, was ich machen soll. Und was mich am meisten verunsichert, es gab auch keine Auskunft über die Gesundheit Eurer Eminenz – ich bin beunruhigt und sage, wie ein Sprichwort sagt: Aus den Augen, aus dem Sinn.«583 582 »Hora son ” pregare V. E. che se compiaccia che torniamo qualche giorno prima de giovedi per che havemo bisognio de stare in Roma doi o tre giorni prima de li santi per poter far vestire questi figlioli non havendo altri vestiti che da campagnia tuti quanti si che per li santi li converria de stare in casa e in detto giorno dubbito che non si possi sentir messa in casa e trattenerse sino doppo li santi ce trovemo de haver mandate de molte cose a Roma che qua ce servivano se che non sapiemo piu che ce fare e anche per che dubito che laria non faccia piu per la mia testa havendo cominciato li ochi a star peggio e il medico di qua sta con la[?] che sono molti giorni il peggioramento pero e come al solito ma quando dovessi far qualche cosa da scarichare piu tosta dubito che non bisogni aspettare che se moridischino li sempre ma in ogni cosa ce si meteremo alle commanda di V. Em.za« ASR, FSV, B. 619, am 26. 10. 1659 aus Tivoli. 583 »[…] e un piego per me nel quale non ce niente altro che una lettra che scrive Domenico Vantaggi a V. Em.za e una lista de offitij e un ordine e non ce ne pure un verso de quello ne

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In einem anderen Zusammenhang kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden. Einem glücklichen Überlieferungszufall ist es zu verdanken, dass hierzu sowohl Marias anklagendes Schreiben, als auch die Antwort des Kardinals erhalten ist.584 Es ging darum, dass Kardinal Bernardino angeordnet hatte, die Vorratsschränke in der Loggia des Palazzo di Ferro auszuräumen, weil er diesen Raum in Zimmer umzuwandeln gedachte. Maria machte keinen Hehl daraus, dass ihr diese Idee nicht gefiel, diene ihr doch die Loggia dazu, Gepäck zu verstauen und schmutzige Küchentücher, Tischtücher und die Bettwäsche der Stallarbeiter aufzuhängen, die jeweils vor Schmutz strotzen würden. Sie unterstreicht die Wichtigkeit eines Raumes dieser Art und meint, sie halte es für unmöglich, dass die Handwerker neben allem anderen auch noch diesen Umbau vor Weihnachten realisieren könnten.585 Abschließend schreibt sie: »Man macht […] was man kann und nicht was man will; wenn es mir recht ist, habe ich meinen Willen immer an die Art der anderen angepasst, so gut ich konnte. Jetzt warte ich auf neue Befehle Eurer Eminenz, denn ich bin ziemlich in Verlegenheit […].«586

Umgehend kommt die Antwort des Kardinals und ohne Umschweife schreibt er : »Meine liebste Nichte. Zwischen Eurer Herrschaft und mir war noch nie etwas nicht in Ordnung, weil, wo sie sich nicht danach fühlen, es auf meine Art zu machen, werde ich es auf Ihre Art machen.«587 Er lobt anschließend ihre Fähigkeiten, die sie schon in größeren Geschäften bewiesen habe und gibt zu

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devo fare e quello che piu me imposta che non[?] dia nova della salute di V. Em.za […] me fara stare con lanimo sospeso e inquieto e dirro come dice il proverbio che lontano dal ochi lontano dal core […].« ASR, FSV, B. 619, am 10. 10. 1644 aus Rom. Eine Kopie der Antwort des Kardinals ist dem Brief Marias unmittelbar beigelegt, in: ASR, FSV, B. 619, Maria am 30. 6. 1661 aus Rom. Derselbe Brief ist zudem zu finden in: ASR, FSV, B. 491, fol. 66. »Sono con queste quattro righe a rappresentare ” V. E. che volendo eseguire l’ordini di far sgombrare la loggia de li credenzoni per convertarle in camere se V. E. se compiacessi piu tosto valere delle camere che hora godiamo de sopra quanto ne vale a me per esser de meno incomodo che privame de quel pezzo de loggia che serve per tenere tutte le bagaglie de casa e tutti li panni sporcati della cucina tavola e tutte le lenzole sporche de la famiglia stalla che alle volte sono piene de sporcheze a che camina e per queste certe de cose ce vole una camera grande appertata dalle altre e per tutte le cose ce sono de queste camerone per queste sorte de servitij. Oltre de questo considero che per questo tempo che se stasse a Tivoli li muratori hanno tanto da fare per stabilire tutto quello che º cominciato de la parte de V. E. e da la nostra che se non entrieno muratori non finiranno ne meno a Natale senza che stiano a imbarazzare altrove.« ASR, FSV, B. 619, am 30. 6. 1661 aus Rom. »[…] se fa come se pole e non come se vole se bene io la mia volonta ho fatta fare sempre a modo de altri per quanto ho saputo. Honde stavo aspettando novamenti li ordini di V. E. per che io me trovo assai imbarazzata […].« ASR, FSV, B. 619, am 30. 6. 1661 aus Rom. »Signora nipote mia carissima. Tra V. S. e me non si sarr” mai niente di guasto, per che dove V. S. non si sentir” di far ” modo mio, io farý ” modo suo;« ASR, FSV, B. 619, beigelegt zu Marias Brief vom 30. 6. 1661.

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verstehen, dass er sich bewusst sei, wie oft sie sich schon anderen habe anpassen müssen.588 Doch auch von seiner Seite aus sei die Sache nicht einfach: »Wenn ich mich mit dem Bauen beschäftige, dann beginnt man zu sagen, dass es nicht nötig sei, und wenn man damit aufhört, wird bezweifelt, ob es genüge.«589 Maria zeigt sich von seinem herzlichen Brief berührt: Voller Angst hätte sie seine Antwort erwartet und bereits mit dem Schlimmsten gerechnet. Bisher habe sie, anders als im letzten Brief, stets lieber geschwiegen, als ihm ihren Ärger und Widerwillen zu offenbaren. Umso erleichtert zeigt sie sich über das große Verständnis, das er ihr entgegenbringt und entschuldigt sich dafür, dass sie »mit zuviel Gefühl und zu unüberlegt« geschrieben habe.590 Sie bezeichnet es als ihre »natürliche Schwäche«, »frei und unüberlegt« zu reden und gleich im ersten Moment das darzulegen, was sie fühle.591 Auch Maria entschuldigt also ihr Verhalten damit, zu emotional und schwach zu sein. Auch ihr bieten die klassischen Rollenmuster eine willkommene Rückzugstrategie aus Konflikten. Die Diskussionen über den geplanten Umbau weisen zudem auf das besondere Verhältnis zwischen Maria und dem Familienkardinal hin: Der Kardinal akzeptiert es, dass Maria die hierarchischen Konventionen überschreitet; anders als bei Donna Anna und Kardinal Francesco kommt es hier nicht zu einem Machtkonflikt. Vergleicht man das zitierte Antwortschreiben des Kardinals mit den allerersten Briefen an die Nichte, ist eine Entwicklung festzustellen: Der väterlichbelehrende, allzu fürsorgliche Ton ist verschwunden. Gewachsen ist der Respekt vor Maria und deren Aufgabenbereichen. Auch wenn der Kardinal formal das Familienoberhaupt war, so zeichnet sich deutlich ab, dass Maria nun, nach 23 Jahren in der Spada-Familie, eine mitbestimmende Instanz war. Hin und wieder – vor allem in den letzten Jahren vor dem Tod des Kardinals – übernahm sie 588 »[…] e l’ho potuto vedere anco per il passato ne maggiori negoti che potesse haver le case, e ne matrimonij che si sono presentati per Bernardino ben conosco che V. S. abbonde di piu detto[?] e di buona volont” che altre volte º costretta d’accommodare ad altri […].« ASR, FSV, B. 619, zu Marias Brief vom 30. 6. 1661 beigelegt. 589 »Se io tratto di fabriccare, si comincia del dire che non ce n’º bisogno, e poi si finisce col metter in dubbio se basta.« ASR, FSV, B. 619, beigelegt zu Marias Brief vom 30. 6. 1661. 590 »La gentilissima e amorevolissima lettera di V. E. del presente non posso negare che me ha rimesso al meldo[?] per che me trovavo in grandi stima affittione e in un mare de affanne[?] in considerare che V. E. se era desgustata tanto maggiormenti quanto che so che non ho mai havuto altro scopo o fine che de levare tutte le ochasione e sempre piu tosto tacere che appertar cose di noie e di disgusto a V. E. quale gia che me ha fatto gratia con la sua benignissima lettera […].« ASR, FSV, B. 619, am 4. 7. 1661 aus Rom. 591 »[…] pare domandarli perdono come faccio se scrivo con troppo sentimento e troppo sconsideratamente e mando questo mio defetto naturale de parlare troppo liberamente e sconsideratamente rappresentare tutto quello che sento al primo istante e per cio di novo glie ne domando humilmente perdono.« ASR, FSV, B. 619, am 4. 7. 1661 aus Rom.

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selbst die Führung, ohne sich dafür zu entschuldigen: Als der Kardinal einmal mit zu vielen Leuten nach Tivoli kommen wollte, befiehlt sie ihm, nur mit wenigen zu kommen »weil weder Betten noch Zimmer für eine weitere camerata zur Verfügung stehen.«592 Es hat sich gezeigt, dass die Beziehung Marias zu Kardinal Bernardino nicht nur für die Stabilität der Spada-Familie von großer Wichtigkeit, sondern auch von aufrichtigen, echten Gefühlen geprägt war. Dem Wohlergehen des anderen kam eine zentrale Bedeutung zu und die gegenseitige Fürsorge stellte in der Korrespondenz ein wichtiges Element dar. Insgesamt zeichnet sich das Verhältnis zwischen dem Kardinal und seiner Nichte durch großes gegenseitiges Vertrauen aus. Es erlaubte neben Spötteleien auch kleinere und größere Unstimmigkeiten und es kam vor, dass dabei auch hin und wieder die konventionellen gesellschaftlichen Positionen überschritten wurden. Der Spada-Alltag war zwar formell streng hierarchisiert, doch zugleich auch von emotionalen Bindungen geprägt: Kardinal Bernardino war nicht nur das strenge Familienoberhaupt, sondern auch der (groß)väterliche, verständnisvolle Familiengeistliche, den auch die Kinder liebten. Maria Veralli Spada nahm eine wichtige Funktion an der Seite des Kardinals ein. Im Unterschied zu Donna Anna ging sie mit ihrer Machtposition anders um: Harmonisierung der Interessen statt Machtkampf war ihre Taktik. Eine Strategie, die sich in einer patriarchalisch verrechtlichten Gesellschaft anbot: scheinbar zu gehorchen und dabei unter dem Deckmantel des Konsenses sehr wohl in eigene Richtungen zu steuern und selbstständige Ziele zu verfolgen.

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Die Haushaltsführung in »geistlicher Partnerschaft«

Maria Veralli Spada kam als wichtigster Frau des Spada-Haushaltes in der familiären Alltagskorrespondenz eine Schlüsselfunktion zu. Sie erfüllte alle ihr aufgetragenen Aufgaben und Pflichten vorbildlich und gewährleistete den innerfamiliären Informationsfluss. Dank ihrer strukturierten Arbeitsweise, ihrer Präzision und ihrer Transparenz war es dem Chef des Haushaltes, Kardinal Bernardino, möglich, das »Aufsteigerprojekt Familie Spada« sicher und ohne Schiffbruch durch drei Pontifikatsphasen durchzusteuern. Im Folgenden sollen die konkreten Aufgaben und Pflichten Maria Veralli Spadas als Vorsteherin des Haushaltes genauer beleuchtet und ihre Freiheiten und Grenzen aufgezeigt werden. 592 »V. Em.za conducha pocha gente per che non ce sono ne letti ne camere per una altra camerata […].« ASR, FSV, B. 619, am 23. 5. 1659 aus Tivoli.

182 11.1

Maria Veralli Spada

Korrespondenzkoordination

Die Koordination der Korrespondenz, welche die Familie oder die Geschäfte des Haushaltes betraf, sowie das Weiterleiten von Informationen, Mandaten und anderen Schreiben, war eine der wichtigsten Pflichten, die Maria zu erfüllen hatte. »Durch einen Brief des maestro di casa habe ich erfahren, was Eure Eminenz befiehlt«, schreibt sie im Herbst 1643 dem Kardinal nach Tivoli, und zählt auf, was sie ihm alles schicken lassen wird. Sie habe die Liste zudem Padre Virgilio gezeigt und der habe diese für vollständig gehalten.593 Der Inhalt der Briefe des maestro di casa an den Kardinal ist ihr stets bekannt, sie handelt entsprechend und involviert oftmals auch Padre Virgilio. Auch zehn Jahre später koordiniert sie auf eine ähnliche Art und Weise: »Heute morgen erhielt ich die Meldung von Eurer Eminenz betreffend des Geschäfts von Malta, die ich, nachdem ich sie gelesen hatte, ohne Zeit zu verlieren an Monsignor Virgilio weiterleitete und noch zwei Zeilen von mir beifügte.«594 Anders als Donna Anna wurde sie aktiv in die Geschäfte der Familie miteinbezogen, war informiert, trug Verantwortung und konnte entsprechend handeln. Die Briefe, die sie zu koordinieren hatte, richteten sich selten nur an die Person, an die sie adressiert waren. Sie zirkulierten innerhalb der Familie und waren meistens mit der Intention verfasst worden, von mehreren Personen gelesen zu werden: »Ich habe einen [Brief] von Padre Virgilio erhalten, den ich Eurer Eminenz schicke, sowie einen vom maestro di casa, in welchem dieser mir sagt, dass er mit Maruscelli [der Architekt der Spada, Anm. d. V.] in Tivoli war und Befehle erteilte betreffend des

593 »[…] per una lettra del Mastro di casa ho inteso quanto[?] V. Em.za comanda pero in confermita del suo ordine siente[?] vengono questa sera il Sig.re Fracassi[?] Don Cosimo, il capitano non pol venire per che se sente un pocho male, il tedescho, il credentiere, doi staffiere l’aiutante de cocena e una soma de coperte e Biancaria questa sera se mandata l’altra soma con le robbe da mangiare. Ho mandato dal Padre Vergilio ha farli vedere l’ordine che havevo e se commandava niente me ha mandato a dire che non voleva altro.« ASR, FSV, B. 619, am 8. 10. 1643 aus Rom. Weitere Stellen, die auf den offenen Informationsaustausch hinweisen: »Alle 22 hore da una lettra scrittami dal mastro di casa per il ritorno del lettighiero havemo inteso con gusto di tutti il felice arrivo de V. E. con bona salute […].« Ebd., am 9. 10. 1644 aus Rom; »Per una lettra del mastro di casa ricevuto per la posta ho inteso l’arrivo che fecero in Roma le Signori Conti Michele e Gioseffo Nepoti de V. Emz.a con bona salute […].« Ebd., am 17. 10. 1651 aus Castel Viscardo; »Non ho potuto mancare de scriverli questi doi versi perche il Mastro desideraria de poter sapere se ce intentione o impegnio de darlo o conferirlo a altra persona che quando questa fossi desideria de fare altre deligentie che deve fare al Paere […].« Ebd., am 5. 10. 1655 aus Tivoli. 594 »Questa matina alle 18 hore ho ricevuto il dispaccio di V. Em.za sopra al negotio di Malta quale doppo haverlo letto senza perder punto di tempo lo indirizzato a Monsignior Vergilio e acompagniatolo con doi versi miei […]«. ASR, FSV, B. 619, am 27. 10. 1653 aus Rom.

Die Haushaltsführung in »geistlicher Partnerschaft«

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Vernagelns der Tür in Tivoli. Ich erhielt zudem einen [Brief] von Suor Martia […]. Ich schicke Eurer Eminenz alle [diese Brief].«595

Wenn etwas nicht weitergegeben werden sollte, wird das explizit gesagt. So schreibt Kardinal Bernardino an einer Stelle: »Ich habe […] lange Briefe von Padre Virgilio bekommen und weil das Antworten von Bedeutung ist, schicke ich Ihnen einen davon, aber dieser soll nur von Ihnen allein gesehen werden.«596 Maria koordinierte nicht nur die Informationen betreffend der casa, sondern auch die der Familienmitglieder. Nahe und entfernte Verwandte adressierten ihre Briefe an Maria, wenn sie etwas zu berichten hatten, im Wissen, dass sie den Inhalt ihrer Briefe innerhalb der Familie bekannt machen würde. Als sich Nicola Spada – Signor Bal…, der Sohn von Giacomo Filippo Spada, einem Bruder von Kardinal Bernardino597 – auf dem Weg nach Bologna befand, schickte er zwei Nachrichten nach Rom, von denen Maria dem Kardinal zu berichten weiß: »[…] die eine enthielt [die Information, dass] […] es Signor Bal… gut gehe, wie Eure Eminenz aus dem ersehen kann, was er mir schreibt, und die andere Meldung [besagt, dass] die Maultiere aus Perugia am Mittwoch Abend zurückkommen […].«598

Sie legt ihm die beiden erwähnten Briefe des Neffen bei. Umgekehrt verhielt es sich gleich: Auch Kardinal Bernardino schickte Maria Briefe zum Lesen, deren Inhalt an ihn gerichtet war : »Ich schicke Euch einen Brief von Signora Lorenza [eine der wichtigsten Dienerinnen von Maria, Anm. d. V.] […] nachdem ich ihn gelesen habe, und [ich schicke auch] einen von [A…?], adressiert an Orazio.«599 Oder er informiert seine Nichte über Inhalte, die er

595 »[…] ne ricevo una del padre Vergilio quale la mando a V. Em.za una del mastro di casa nela quale me dice de essere stato a Tivoli con il Maroscelli e havevano dato ordine de la ferrata per la porta de Tivoli ne ricevo anco una de Sor Martia la quale riveriscie V. Em.za la mandarvi tutte […].« ASR, FSV, B. 619, am 12. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 596 »Hý ricevuto per quest’ordine lettere longhe del Pre Vergilio che come me ne sanno valso in rispondere, ne mandar” forse una ” V. S. per che siano vista perý da lei sola.« ASR, FSV, B. 491, fol. 149r, am 6. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 597 Nicola machte seine Laufbahn am Hof in Florenz, wo er dem Großherzog als Page diente. Dank seines diplomatischen Geschicks wurde er von seinem Herrn als Botschafter nach Innsbruck, an den Hof des Erzherzogs Leopold von Tirol, geschickt. Dort wurde ihm 1647 das baliato des Stefansordens in der Provinz Romagna verliehen, welches mit Jahreseinkünften von 1.000 scudi verbunden war. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 216. 598 »Delli SS.ri viaggianti per Bologna ne havemo hauto aviso doi volte una per il ritorno del cavaliere dalla tavernelle dove che stessero quella notte male per rispetto del tempo fortunose de vento che fu e il Sig. Bali la passo bona come V. Em.za vedera da quello me scrive e l’altro aviso per il ritorno delle mule da Perugia che tornarno mercordi sera e a Perugia serano provisti de una lettiga e de cavalli per seguitare il vaggio. Rimetto a V. Em.za l’una e l’altra lettra scrittami dal Sig. Bali […].« ASR, FSV, B. 619, am 21. 10. 1651 aus Castel Viscardo. 599 »Mando una lettera de la S. Lorenza capitata sotto un mio piego doppo haverla veduta e una

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Maria Veralli Spada

abschreibt: »In einem der Briefe von Padre Virgilio, die Ihr mir nachgeschickt habt, gab es ein Kapitel von folgendem Inhalt: […].« Er kopierte den Abschnitt aus dem erwähnten Brief und führte seine Antwort aus.600 Kardinal Bernardino und Maria tauschten Briefe aus und befanden sich damit immer ungefähr auf demselben Informationsstand. Sie funktionierten als Team – im Gegensatz zu Donna Anna, die innerhalb der Barberini-Familie Einzelkämpferin war. Zieht man in Betracht, was für eine Flut an Briefen der Kardinal täglich zu bewältigen hatte, kann man sich unschwer vorstellen, wie sehr er auf Marias Mitarbeit und Koordination angewiesen war und wie dankbar er war, dass sie gewisse Verantwortungen übernahm. Wie eine gute Assistentin ihrem Chef rapportiert Maria Veralli dem Familienkardinal: »Mit den Briefen aus Rom erhielt ich einen vom computista mit zwei mandati zu den Gehältern der famiglia. Ich bewahre sie bei mir auf, bis Eure Eminenz sich fix an einem Ort aufhält […].«601 Es fällt auf, wie oft in der Korrespondenz zwischen dem Kardinal und der Nichte Padre Virgilio erwähnt wird, Orazios Name taucht bedeutend seltener auf. Maria pflegte mit Padre Virgilio keinen regelmäßigen Briefkontakt. Es sind nur wenige, sehr kurze und inhaltsarme Briefe von ihm an sie überliefert602 und umgekehrt sind mir keine Briefe von Maria an den Oratorianerpater bekannt. Jedoch stand der Kardinal regelmäßig mit seinem Bruder in Kontakt.603 Von Heimbürger wird Padre Virgilio als eine der »sympathischsten Personen des Barocks« beschrieben, der nie zu seinen persönlichen Vorteilen, sondern stets im Namen der Familie oder der Kongregation gehandelt habe.604 Padre Virgilio spielte bei vielen architektonischen Projekten der Spada eine zentrale Rolle. Er trieb diese nicht nur ideell voran,605 sondern engagierte sich auch, indem er unzählige Pläne zeichnete und viele Fragen mit Borromini, Paolo

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de l’Antili[?] diretta ad Oratio.« ASR, FSV, B. 491, fol. 149r, am 6. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. »In una di quelle lettere del P. Virgilio che V. S. mi mandý indietro, ci era un capitolo del seguente tenore, cioº: […]. Io risposi che […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 145r, am 13. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. »Con le lettre di Roma ne ricevo una del computista con doi mandati de le salari de la famiglia le ritemo appresso di me sino che V. Em.za sara in logo fermo […].« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardi. ASR, FSV, B. 491, Epistolari, fol. 167 – 186: Lettere scritte da Mons. Virgilio Spada alla Sig.ra March.a Maria Veralli Spada (Kurze Notizen). Z.B. ASR, FSV, B. 574. Heimbürger, Archittetura scultura, S. 24 – 28. Während vieler Jahre trieb er die Verwirklichung des von seinem Vater gewünschten Projekts einer Familienkapelle in Sant’Andrea della Valle voran, fertigte Skizzen an und sprach mit allen möglichen Beteiligten. Allerdings wurde die Kapelle nie verwirklicht. Zu Padre Virgilios Engagement und den Gründen, warum seine Ideen nie umgesetzt wurden, vgl. Nater, Streit.

Die Haushaltsführung in »geistlicher Partnerschaft«

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Maruscelli, Gianlorenzo Bernini und anderen wichtigen architektonischen Beratern der Spada,606 besprach und sich austauschte.607 Möglich ist es, dass Padre Virgilio in seinen Aktivitäten durch die Dominanz von Kardinal Bernardino und dessen engem Verhältnis zu Maria gebremst wurde, und er nicht nur im Schatten des grossen Bruders, sondern auch der Marchesa stand.608 Allerdings kam ihm eine wichtige Aufgabe in der Familienmemoria-Konstruktion zu. Dies zeigt sich an seinen regelmäßigen Einträgen zur Geschichte der Familie in dem »Diario di cose domestiche«,609 seiner Arbeit im Zusammenhang mit der Platzierung des Neffen Alviano im Malteserorden,610 seinem großen, architektonischen Engagement und nicht zuletzt natürlich in der bereits erwähnten Biografie über den Kardinalsbruder, die er selbst als »identitätsstiftendes Besinnungsbuch« bezeichnete.611

11.2

Aufträge

Neben den mandati und pieghi hatte Maria dem Kardinal Naturalien oder Alltagsutensilien zu schicken: »Man schickt mit dem vorliegenden die Briefe und all das, was Padre Virgilio auftrug, dass man es sofort schickt, wie ich es [hiermit] mache. Mit der Post kam [noch] eine Schachtel Gemüse, die ich [jedoch] nicht schicke, weil ich annehme, dass Seine Eminenz morgen in der Früh oder sicher morgen Abend wieder zurückkommen wird.«612

In diesem Beispiel war es Padre Virgilio, welcher Maria auftrug, was sie dem Kardinal zu schicken hätte. Oftmals sagte der Kardinal aber seiner Nichte auch gleich selbst, was er benötigte. Kurz nach seiner Ankunft in San Casciano dei Bagni am 4. September 1642 bestellt er zum Beispiel bei Maria einen kleinen Tisch, um im Bett essen zu können sowie das kleine Tischchen, »das über den 606 In den Jahren 1640– 1650 beteiligten sich an den Umbauten in Tivoli neben Paolo Maruscelli und Francesco Borromini auch Giovanni Battista Soria, Girolamo Rainaldi, Gianlorenzo Bernini, Francesco Righi und ein Freund von Giulio Buratti. Heimbürger, Archittetura scultura, S. 152. 607 Zur Person Virgilio Spadas, seinem Charakter und seiner Ausbildung vgl. Heimbürger, Archittetura scultura, S. 24 – 28, betr. der Zusammenarbeit mit Borromini vgl. ebd., S. 82. 608 Diesen Eindruck hatte auch Raffaelli Cammarota, Il Fondo Archivistico, S. 25. 609 ASR, FSV, B. 283, storia familiare, Diario di cose domestiche. 610 Vgl. Anm. 654 und 709. 611 Vgl. Anm. 486. 612 »Si manda il presente con le lettre con tutto che […] il Padre Virgilio ha mandato a dire che si spedischi subito come fo e venuta dalla posta una scatola de ortolani quali noli mando per che prosupongo che V. Em.za torna domatina o vero domani a sera al piu longa e venuto anco un canestro con dentro fiaschi di acqua di scorza nera.« ASR, FSV, B. 619, am 10.11. 1643 aus Rom.

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Maria Veralli Spada

Armlehnen meines Stuhls neben dem Bett steht und auf das ich Getränke und ein paar Bücher zu legen pflege«.613 Ein anderes Mal braucht er ein neues weißes Hemd und Taschentücher.614 Maria lässt ihm beides prompt noch am selben Tag zusammen mit Unterhosen, einem »colaro[?]«, zwei Paar Schuhen sowie einem Badetuch zukommen.615 Und als er seinen Aufbruch plant, wünscht er, »dass Ihr mir morgen, Sonntag in der Früh, den Karren schickt mit den Vorräten und dem Sattel für die dicken, furchterregenden Pferde«.616 Er fordert alle diese Dinge auf eine selbstverständliche Art – manchmal mit einer Prise Humor wie bei den »furchterregenden Pferde« –, die darauf hinweist, dass es zu Marias Aufgaben gehörte, sich um seine alltäglichen Bedürfnisse zu kümmern und seine Wünsche zu erfüllen. Der Kardinal seinerseits schickte der Nichte und der Familie von seinen Reisen immer wieder Esswaren als Geschenke. Neben dem bereits oben im Zusammenhang mit Marias Bauchschmerzen erwähnten Wein aus Montepulciano schickte er zum Beispiel Pflaumen und ciambelle, eine Art Kranzkuchen, für die Kinder.617 Diese hätten – so meldet Maria anschließend – damit »ein großes Fest veranstaltet«.618 Aus S. Casciano dei Bagni schickt er zudem acht Paare indischer Hähne nach Castel Viscardo, welche er selbst als Geschenk von einem Kardinal bekommen hatte.619 Auf diese Weise ließ Kardinal Bernardino 613 »Intanto hý pensato di rimandare le mulette e dire ” V. S. che vorrei mi mandasse con una di esse doi annesi che non hý trovati qui. Il primo º il tavolino da magnar in letto, la seconda º la mia seggetta[?] che se bene qui ce n’º una di legno (per quel che s’usa) assai buona nondimeno hý pi· cara la mia. Aggiungerý per terzo quella tavoletta liscia che st” sopra i bracci de la mia sedia ” canto al letto, s· la quale solevo tenere il bere e qualche libro, che se bene ” cosa facile da far fare […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 147, am 4. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 614 »Spedisco il p.nte messo, cos… per dar nuova de fatti miei, come per dirgli, che sebene mi trovo una camicia bianca et un fazzoletto secondo che Girolamo mi riferisce, nondimeno se V. S. mi mandar” un’altra comicia, e tre o 4 altri fazzoletti, non mi sar” se non caro […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 144r, am 15. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 615 »Mando per il presente doi camiscie un paro de sotto calzoni quattro fazzolete e un colaro e doi para de scarpini e uno asciucatore e per non infastidire piu V. Em.za.« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 616 »Desidero che domattina domenica ” buonissim’hora V. S. rimandi in qua la muletta e e con essa li fornimenti, e la sella dei cavalli grossi da timore […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 145, am 13. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 617 »Io gli mando un poco di prugne che mi furno dati hiersera, e che mi paiono bonissime come anco a li putti altre ciambelle, che pur non sono cattivi.« Und ganz am Endes des Briefes fügt er hinzu: »Le brugne sono 15 e le ciambelle 12.« ASR, FSV, B. 491, fol. 119, am 11. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 618 »[…] ho ricevuto la letra de V. Em.za assieme con le ciambelle e brugnie e de quale lo ringratiamo infinitamente e li putti hanno fatto una gran festa a quelle belle ciambellone.« ASR, FSV, B. 619, am 12. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 619 »Vi rimanda indietro la muletta e con essa otto para di galli d’Indi in una cesta […]. Detti galli d’India sono il residuo di dieci para, che in compagnia d’altretante para di polli, e di

Die Haushaltsführung in »geistlicher Partnerschaft«

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die Familie auch kulinarisch – und nicht nur literarisch – immer wieder an seinem Leben teilhaben. Wenn Maria dem Kardinal Esswaren schickte, dann waren das Dinge, von denen sie wusste, der Kardinal würde Gefallen daran finden. Einmal ließ sie ihm extra Kranzkuchen und Kekse backen, weil »ich glaube, dass sie Ihnen schmecken.«620 Den Chianti-Rotwein bekam er dann jedoch nicht, weil er sauer und sie sich sicher war, »dass er Eurer Eminenz nicht gefällt.«621

11.3

Bau-Aufsicht

Maria Veralli Spadas Name findet in den offiziellen Baudokumenten der unzähligen architektonischen Projekte der Spada keine Erwähnung.622 Sie betrieb keine eigene Kunstmatronage wie Donna Anna, war also weder bei der Ausarbeitung und Planung der Bauprojekte der Familie beteiligt, noch setzte sie ihre eigenen Ideen um. Doch war sie in die Projekte der Familie involviert, indem sie die unmittelbare Umsetzung zu beaufsichtigen und die Arbeiter zu betreuen und vielfach auch auszuzahlen hatte. Sie stand mit Borromini in Kontakt und koordinierte die Korrespondenz zwischen ihm, dem Kardinal und Padre Virgilio. Sie schreibt am 13. Oktober 1647: »Ich habe Monsignor [Virgilio] das piego geschickt und das Kapitel aus dem Brief, den Eure Eminenz mir schrieb, kopieren lassen und an Borromini weitergeleitet, der mir das antwortete, was ich Ihnen [nun anbei] schicke.«623 Zwei Tage später liest man: »Ich erhielt den Brief Eurer Eminenz vom Gärtner […] und schickte ihn sofort weiter an Borromini.« Dieser habe versprochen, sich darum zu kümmern, drei Männer des Maestro Antonio aus San Giovanni am folgenden Morgen in den Dienst von Kardinal

620 621 622

623

piccioni mi furno mandate due giorni sono dal S. Cardinale Cennino, che anco spedi qu” ” verdermi […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 145 – 146, am 13. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. »Mando per il presente un canestrino de ciambelete e biscottini fatti fare oggi a posta per V. E. e credo che li piaccera.« ASR, FSV, B. 619, am 9. 10. 1644 aus Rom. »[…] anco il detto abbate ha mandato 9 fiaschi de vino rosso de chianti ma e acito assai pero no ne mando lo assaggio a V. E. per che so certo che no le piace. Il guardagniole ” mandato questa sera 10 tordi quali li mando a V. E.« ASR, FSV, B. 619, am 9. 10. 1644 aus Rom. In Heimbürgers detaillierter Studie zu den Architekturprojekten der Spada stehen die Rolle von Padre Virgilio und sein Einfluss auf die Bauprojekte im Zentrum der Untersuchung. Heimbürger, Archittetura scultura. Neppi widmet sich den diversen Umbauprojekten des Palazzo Spadas in Rom. Neppi, Palazzo Spada. Die Forschungen beider AutorInnen basieren auf den »offiziellen« Baudokumenten, also auf Verträgen mit Künstlern und Handwerkern, Skizzen, Bewilligungen und Abrechnungen. »[…] ho mandato il piego a Monsigniore e ho fatto copiare il capitolo de le lettra che me scrive V. Em.za e lo mandata al Boromino e me ce ha fatto sotto la risposta quale mando a V. Em.za […].« ASR, FSV, B. 619, am 13. 10. 1647 aus Rom.

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Maria Veralli Spada

Bernardino nach Tivoli624 zu schicken. Wie Marias Schilderung weiter zu entnehmen ist, war dann allerdings Borromini am besagten Morgen selbst nicht mehr auffindbar.625 Maria kontrollierte also auch, ob Abmachungen eingehalten und Aufträge ausgeführt wurden. Hin und wieder äußerte sie sich aber auch selbst zur Architektur. Betreffend der Treppe, die man im Palazzo di Ferro in der Loggia plante, meint sie, es sei wichtig, dass diese nicht zu viel Platz einnehme, praktisch und die Stufen nicht mehr als dreieinhalb palmi lang seien.626 Als sie eine knappe Woche später vom Kardinal erfuhr, dass der Schreiner es mit der Fertigstellung der Treppe nicht eilig habe, bemerkt sie ungeduldig: »Ich hätte wirklich gehofft, die Dinge in Ordnung gebracht aufzufinden […] wir können uns nicht immer nur in einem Zimmer aufhalten.«627 Ihre Einwände und Überlegungen zu den Umbauten sind stets pragmatischer Natur. Sie argumentiert aus der praktischen Perspektive und zeigt wenig Verständnis für verzögerte Arbeiten oder nicht eingehaltene Versprechen.

624 Zu den Umbaumaßnahmen in Tivoli und Borrominis Rolle als offizieller Architekt der Spada um 1647 vgl. Heimbürger, Architettura scultura, S. 149 – 156. 625 »Arrivo il giardinero alla ave Maria dal quale ricevei la lettra di V. E. e subbito la mandai dal Boromino quale disse che questa matina se fussi andato a San Giovanni da Mastro Antonio da parte sua che dassi tre hommini che avevano da venire a Tivoli per servitio di V. E. e che poi lui li haveria aggiustati questa matina ho mandato e hanno detto che alle 18 ore sarranno a santo Antonio a aspetare il caretto, hordinai che questa matina a bonissima hora fussi andato Giulio dal Boromino per intendere meglio come intendeva de darli […] o vero a lavoro ma ha trovato lo[?] che era partito di casa doi hore inanzi giorno se mandato a cercare ma non se potuto trovare […]« ASR, FSV, B. 619, am 15. 10. 1647 aus Rom. 626 »[…] e anco per dirle che se la scaletta, che va in loggia si potesse far quadra in luogo di tonda ” lumaia[?] ci riuscirebbe di maggior servitio e commodit” intendendo perý che non ocupi piu luogo di quello farebbe la lumara, bastando che il scalino sia longo tre palmi e mezzo conforme ” questa qui di Tivoli.« ASR, FSV, B. 619, am 17. 10. 1659 aus Tivoli. 627 »Sento come V. E. mi dice, che al falegnamo non d” l’animo di sbrigare la scaletta, ne meno per tutta quest’altra settimana, veramente io havrei havuto sodisfattione di trovare le cose aggiustate in maniera, che almeno se fussero potute serrare con i fusti[?] tutte le finestre e porte dell’appartamento di [?] e da basso perche andiamo incontro all inverno e masse che non si puol stare sempre in una sola camera, m” vedremo di aggiustarci al meglio che si potra e perý (quando V. Em.za non commandi altrimente) […] Il descorso che V. E. me fa delle camere de sopra cercho al modo de valerne e del destribuire come saremo a Roma se potra meglio aggiostare ogni cosa in sul logo e in tanto se li muratori finiscono de stabilire e imbianchere la camere de sopra che prima guardava in giardino che ce la scaletta lamacha me sarria caro che per altro me serveria per sgobro.« ASR, FSV, B. 619, am 22. 10. 1659 aus Tivoli.

Politische und gesellschaftliche Beteiligung

12

Politische und gesellschaftliche Beteiligung

12.1

Information und Unterstützung

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Maria Veralli Spada hatte, anders als Donna Anna, keine Funktionen zu erfüllen, die direkt mit der Politik des Kirchenstaates im Zusammenhang standen. Doch durch ihre Nähe zum Kardinal, der selbst eine wichtige Figur am Papsthof war, war auch sie stets informiert darüber, was sich in Rom ereignete und unterstützte den Kardinal in seinen politischen Geschäften. Dafür sind die Berichte des Kardinals an Maria aus dem Castro-Krieg ein schönes Zeugnis. Sie zeigen insbesondere, wie stark personenbezogen die »Politik« der Frühen Neuzeit in Rom war und wie sehr die heute klar getrennten Bereiche Politik und Familie damals ineinander übergingen und sollen deshalb im Folgenden etwas näher beleuchtet werden. 12.1.1 Konflikt um das Herzogtum Castro Als Kardinal Bernardino zwischen dem 11. und 13. September 1642 in S. Casciano dei Bagni erfuhr, dass Kardinal Antonio Barberini unterwegs nach Castro war, schreibt er Maria sofort nach Castel Viscardo: »Ich spiele mit dem Gedanken, ihn [Kardinal Antonio Barberini] morgen zu treffen«, auch wenn er nicht daran glaube, »dass Kardinal Antonio mich nach Castro mitnehmen möchte.«628 Diese Worte verweisen auf den seit längerer Zeit schwelenden Konflikt zwischen der Papstfamilie Barberini und der Familie Farnese um das im Kirchenstaat gelegene Herzogtum Castro. Odoardo Farnese, Herzog von Parma und Piacenza, startete am 10. September mit 3000 Reitern und ebenso viel Fußvolk seinen Feldzug Richtung Kirchenstaat. Am 13. September stand er vor Bologna.629 Der Marsch des Herzogs gegen Rom war die Reaktion auf die Einnahme Castros unter Don Taddeo Barberini vom 13. Oktober 1641. Zu diesem Schritt war es gekommen, nachdem sich der schwerstverschuldete Herzog Farnese den Forderungen der römischen Etikette nicht hatte beugen wollen. Die Barberini nahmen Castro unter dem Vorwand ein, die Rechte der Gläubiger des Herzogs sicherstellen zu wollen. Tatsache aber war, dass Urban VIII. über die Einnahme Castros seinem Nepoten das selbstständige Herzogtum Parma verschaffen wollte.630 628 »Io stý in pensiero domani […] d’andar ” trovarlo […]. Non credo che al Cardinale Antonia possa venir voglia di condurmi ” Castro […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 146r, am 13. 9. 1642 aus S. Casciano dei Bagni. 629 Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13,2, S. 870. 630 Lutz, Rom, S. 92.

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Maria Veralli Spada

Die Nachricht des geplanten Einmarsches des Herzogs Farnese in den Kirchenstaat im September 1642 bewog Kardinal Spada – als Chef der päpstlichen Gesandtschaft –, seinen Kuraufenthalt sofort zu beenden. Am 14. September kehrte er zurück nach Rom, wo er erfuhr, dass Odoardo Farnese in Arezzo, wenn nicht schon in Cortona angekommen war und man damit rechnete, dass er sich in den nächsten drei oder vier Tagen im Kirchenstaat einfinden würde. Umgehend berichtet Kardinal Bernardino nach Castel Viscardo, was er über den Feldzug Farneses erfahren hat und informiert im Weiteren, dass sich Kardinal Antonio zur Aufrüstung auf dem Weg nach Viterbo befinden und er selbst eine Kompanie nach Orvieto schicken würde.631 Einen Tag später ist Kardinal Bernardino in Montefiascone. Im Brief an Maria schildert er lebendig und ausführlich, wie er vergeblich versuchte, Kardinal Antonio zu treffen: Als er gegen 17 Uhr in Montefiascone ankam, sagte man ihm, Kardinal Antonio sei vor zwei Stunden hier durchgekommen, jedoch sofort weiter nach Capodimonte gereist. Darauf schickte Kardinal Bernardino sofort einen Eilboten hinterher, der Kardinal Antonio von seiner Ankunft in Montefiascone Nachricht geben sollte und setzte sich kurz darauf selbst in den Sattel und ritt ebenfalls Richtung Capodimonte. Kurz vor Erreichung seines Ziels begegnete ihm sein Eilbote, der mit der Nachricht auf dem Rückweg war, er habe den Kardinal um eine halbe Stunde verpasst. Erschöpft und verschwitzt machte Kardinal Bernardino in Marta sul lago di Boldeno Halt. Der Zufall wollte es, dass er dort auf eine lettiga des Kardinals Antonio traf, in der sich ein gewisser Antonio Benetti befand. Von diesem erfuhr er, dass Kardinal Antonio am folgenden Tag in Bagniai sein würde.632 Die atemlose Schilderung des Kardinals gibt nicht nur Einblick in das angespannte Klima, das herrschte, sondern auch in die Probleme frühneuzeitlicher Kommunikation, die eine sofortige Lokalisierung von reisenden Personen nicht möglich machte. Gerade wenn die Zeit eilte und die Reisepläne der Protagonisten sich den äußeren, heiklen Umständen wie einem Feldzug anpassen 631 »[…] per comunicargli alcuni avvisi mio trovati del viaggio del S. Duca di Parma il quale questa sera dove essere in Arezzo, e forse ” Cortona, lontano cioº Cortona circa 45 miglia dal lago di Bolsena, che si considera camino di tre giornati, le quali forse diventaranno quattro, se prima di entrare nello stato ecclesiastico vorr” dare un giorni di riposo come si crede […] basta che lunedi al pi· lungo, e sabato alla pi· corta sar” mi coteste vicinanze, e far” la strada di Ponte Centino, S. Lorenzo, e Bolsena: Quest’avviso h” fatto rissolvere il S. Card.le Antonio, ch’era venuto ” Civita Castellana ” tornare ” Viterbo, et ivi far piazza d’arme, ma credo non potra incamminarvisi prima che fr” tre ý quattro giorni, volendo dar tempo al arrivo dell’Artiglierie per marciare con esse. Hý scritto e repeto che ” Orvieto si mandar” un’altra compag.a per diligenza, che n’hý fatt’io questa mattina.« ASR, FSV, B. 491, fol. 141 – 142, am 14. 9. 1642 aus Rom. 632 ASR, FSV, B. 491, fol. 143 – 144 am 15. 9. 1642 aus Montefiascone. Für die Zitierung des Briefs in voller Länge vgl. Trans. 3, Anhang A, S. 52 – 253.

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mussten, war es schwierig, die Beteiligten rechtzeitig zu erreichen. Entsprechend flexibel mussten alle sein. Auch die Reisepläne von Kardinal Bernardino änderten sich in dieser Phase ununterbrochen: Nach seinem vergeblichen Ritt ist klar, dass er es nicht mehr nach San Casciano dei Bagni schaffen würde und wohl erst am kommenden Mittwoch in Castel Viscardo sein konnte.633 Maria antwortete auf die ausführlichen Schilderungen der Erlebnisse des Kardinals am 15. September : »[Die Briefe Eurer Eminenz] haben uns alle getröstet, weil wir mit großer Sehnsucht auf Neuigkeiten von Eurer Eminenz gewartet haben.«634 Sie unterlässt es nicht, sein geschildertes Abenteuer zu kommentieren und ihrem Missfallen Ausdruck zu verleihen: »[…] Sie haben nicht den Körperbau für solche Anstrengungen«.635 Die Sorge um den Kardinal, das angespannte Warten auf Neuigkeiten und die Erleichterung, wenn wieder eine Nachricht eintraf – man kann sich vorstellen, wie besorgt die Familie die Reise ihres Kardinals – dessen Gesundheit für das Überleben der casa von entscheidender Bedeutung war – mitverfolgte und wenig erfreut war zu hören, welchen Gefahren er sich aussetzte. Auch in Castel Viscardo hatte man von der Absicht des Herzogs von Parma gehört und erfahren, dass in Orvieto Soldaten erwartet würden.636 Da es sich am 15. September für eine gute Woche um den letzten Brief von Maria handelte, kann angenommen werden, dass Kardinal Bernardino seinen Plan, nach Castel Viscardo zu kommen, umsetzen konnte und die Truppen des Herzogs noch nicht soweit vorgedrungen waren, wie man Kardinal Bernardino in Rom gesagt hatte. 633 »Comincio ” temere di non havere pi· tornare ” S. Casciano, ma si bene spero di tornar ” Castello, dove processerý di essere mercordi ” sera […].« ASR, FSV, B. 491, fol. 144 am 15. 9. 1642 aus Montefiascone. 634 »Ieri ale 21 hore per il ritorno di quelli che con dassero li cavalli ad Acuqua pendente ricevessimo la lettra di V. Em.za e avessimo da quella aviso del arrivo de V. Em.za ad Acuqua Pendente e che seguita il suo viaggio a Montefiascone e a hora de pranzo avevamo saputo de lo storto la partita da San Casciano questa sera e arrivato il messo spedito da V. Em.za da Montefiascone dove º arrivato mezza hora prima della ave maria la lettra de V. Em.za ce ha consolati tutti per che stavamo con gran desiderio de saperne nova dove se trovava º come stava º domatina penzavamo de mandare uno ad Acuqua Pendente per sappere se era ripassato.« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 635 »Hora sia ringratiato Dio che dopo tanto patimento sta bene e che essendosi rivoltato il carozzino none habbia fatto male a nissuno m” ad ogni modo V. Emza deve essere molto pisto[?] e desideraria de sapersi se caddi da la banda dela gamba offesa di gratia V. Em.za se ne vada in lettiga e non habbia tanta fretta e quel correri la posta non me piace non essendo la sua corporatura da fare queste fatige ne meno la terza da pigliare il sole hora a quel che fatto non ocorre dire altro de nova ringratio Iddio che passava bene.« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 636 »Del penziero del Ducha di Parma qui ne havevamo inteso qualche cosa e oggi anco ce ne stato acenato da Roma in una lettra de la Sig. Giulia Camilla quale scrive alla Sig.ra Giulia havevamo anco saputo che Orvieto se aspettavano soldati […].« ASR, FSV, B. 619, am 15. 9. 1642 aus Castel Viscardo.

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Maria Veralli Spada

Denn am 24. September, nach der Abreise des Kardinals aus Castel Viscardo, berichtet Maria, sie habe aus Orvieto erfahren, der Herzog von Parma befinde sich nun auf dem Weg nach Cortona. Aufgrund dieser Neuigkeit brach die Familie am folgenden Tag selbst nach Orvieto auf.637 Vor ihrer Abreise schreibt Maria: »Eure Eminenz und Padre Virgilio sollen sich um mich keine Sorgen machen,638 aber auf sich selbst aufpassen, dass Ihr gesund bleibt und es sich so gut es geht selbst regiert. Sollte der Herzog unglücklicherweise nach Rom kommen, [so] zieht Euch frühzeitig zurück, denn es handelt sich um Personen, welche uns in Bedrängnis bringen.«639

Dann reiste sie zusammen mit Orazio und der famiglia nach Orvieto, wo auch Padre Virgilio640 zu ihnen stieß. Zuerst verbrachten sie ein paar Tage im Hause eines Signore Guido in Orvieto, da – so erfährt man weiter – ihre eigene Bleibe noch nicht fertig vorbereitet war.641 Interessante politische Informationen aus Orvieto gibt Maria am 27. September dem Kardinal weiter : Am Tag zuvor sei eine Kompanie von Soldaten aus Acquapendente angekommen und man sage, dass noch eine weitere komme. Außerdem würden in Orvieto Gerüchte kursieren, von denen man aber nicht wisse – so betont sie immer wieder –, wie wahr sie seien: »Man sagt, dass der Papst in Rom heute in San Pietro den Herzog von Parma exkommunizieren würde und [man sagt auch] dass ein Kurier nach Spanien geschickt worden sei, um zwischen dem Papst und den Spaniern zu vermitteln«.642 Zudem erzähle man sich, dass der Herzog von Parma heute in Castiglione weile, bald aber die Sol637 »L’arrivo del messo di V. Em.za con le lettre ci ha consolati tutti in sentir nova dela bona salute di V. Em.za le nove che V. Em.ze ci da del duca di Parma e sono alquanto arrivate nove ma questa sera havemo auto aviso de Orvieto che il ducha sia a verso Cortona e noi al sentir questo domatina ce ne andiamo tutte ” Orvieto […].« ASR, FSV, B. 619, am 24. 9. 1642 aus Orvieto. 638 Dies bezieht sich auf ihr geschwollenes Knie, von dem sie am 23.9. ausführlich berichtet. ASR, FSV, B. 619, am 23. und 24. 9. 1642 aus Castel Viscardo. 639 »[…] V. Em.za e il Padre Vergilio non se piglino travaglio di me ma attendino a star sani e governarse piu che se pole e se per desgratia il ducha viene a Roma se retirino presto che le persone loro sono quelle che premeno a noi.« 640 Dies erfährt man in der Schlussformel, in der Maria dem Kardinal von beiden Grüße bestellt. ASR, FSV, B. 619, am 27. 9. 1642 aus Orvieto. 641 »Haveva di gia V. Em.za saputo come giovedi venissimo tutti qui in Orvieto e siamo stati in casa del Sig.re Guido sino tutto sabbato doppo pranzo auto pero che la famiglia deli homini non siamo potute andare prima a stare alla casa nostra per che e bisogniato metterla in ordine e in spetie far fare de le impanate e telare alle finestre e altre acomodamenti.« ASR, FSV, B. 619, am 27. 9. 1642 aus Orvieto. 642 »Ieri venne qui una compagnia de soldati che viene da Acqua Pendente e stara qui ier sera a un’ora de notte ne entro una altra che de passaggio qui se dice de molte cose ma non se pol sapere la verita se dice che a Roma oggi il papa scomunicassi in San Pietro il ducha di Parma e che se fussi spedita corrierere in Spagnia con la giustament.[?] tra il papa e li Spagnioli ma niente se sa di sicuro […]« ASR, FSV, B. 619, Maria am 27. 9. 1642.

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daten anführen und das Castello in Orvieto zerstören würde. Dieses letzte Gerücht habe eine »Venetiana« verbreitet, die mit dem Herzog näher zu tun gehabt habe. Diese Nachricht sei für eine große Anzahl von Vasallen der Auslöser gewesen, voller Angst Orvieto zu verlassen, doch habe Orazio diese abfangen, ihnen Mut machen und sie zur Umkehr überreden können.643 Dann bricht die Korrespondenz zwischen Maria und dem Kardinal für einen guten Monat ab, was wohl daran lag, dass er sich nun selbst bei der Familie in Orvieto befand. Er verhandelte den ganzen Oktober 1642 mit der päpstlichen Gesandtschaft im Castel Giorgio bei Orvieto.644 Sein diplomatisches Ziel war es, möglichst viel Zeit zu gewinnen, damit während der Verhandlungszeit in Rom die Befestigungsanlagen ausgebaut und die Truppen mobilisiert werden konnten. Kardinal Bernardino erarbeitete zusammen mit dem französischen Gesandten Huges de Lionne einen Vertrag aus, demzufolge Castro unter Garantie Ludwigs XIII. dem Herzog von Modena in Verwahrung gegeben werden sollte. Farnese hätte sich damit einverstanden erklärt, doch die Barberini wollten von einer solchen Kompromisslösung nichts wissen.645 Dass die Barberini nicht unbedingt nach einer friedlichen Lösung suchten und mit Kardinal Spada und der Gesandtschaft kooperieren wollten, zeigt der Vorstoß Kardinal Antonios am 17. Oktober 1642, als die Truppen unter seiner Leitung in der Gegend von Acquapendente die gegnerischen Streitkräfte zu stellen versuchten. Die Truppen des Herzogs von Parma wichen jedoch einer Schlacht aus, weil die Unterstützung durch die Bündnispartner – Odoardo Farnese hatte sich in einer Liga mit der Republik Venedig, dem Herzog von Modena und dem Großherzog der Toskana gegen den Papst verbündet – zu dem Zeitpunkt nicht gesichert war.646 Vielleicht war auch der ausführlich geschilderte, jedoch vergebliche Versuch Kardinal Bernardinos, Kardinal Antonio Barberini zu treffen, ein Hinweis darauf, dass die Barberini an einer diplomatischen Lösung nicht interessiert waren und ihre eigenen Ziele verfolgten. Möglich, dass Kardinal Antonio Kardinal Spada bei seinem abenteuerlichen Ritt auch ganz bewusst ausgewichen war. 643 »[…] che il ducha di Parma fussi oggi a Castiglione e che diceva a verso Re de cofani[?] volio dar nova a V. Em.za come ieri se levo una bella voce al castello e fu che dicevana che la venetiana avesse auto comercio con il ducha di Parma e che le avessi detto che anche aveva robba al castello ce che glie la volessi ricuperare e che era con l’esercito il fratello de l’angiolo e il ducha li aveva detto che se menassi tutti li soldati che voleva e che rovinesse il castello e facessi quello li pareva li vasalli tutti erano impavoriti e tutti se ne fuggivano questa matina il Sig. marchese e andato un po’ al Castello e tornato oggi alle 22 ore ne ha trovati una quantita che se ne fuggivano a Orvieto li ha fatti tornarla e li ha fatto animo.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 27. 9. 1642. 644 Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 13,2, S. 872. 645 Karsten, Kardinal Bernardino, S. 173. 646 Karsten, Kardinal Bernardino, S. 172 sowie ebd. Fußnote 257.

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Maria Veralli Spada

Diese These ist mit Blick auf die Ausführungen im Teil zu Donna Anna und den Barberini durchaus plausibel. Am 1. November verließ Kardinal Bernardino die Familie in Orvieto und machte sich auf den Rückweg nach Rom,647 wo er am 3. November zusammen mit Padre Virgilio ankam und auf Maria und die Familie wartete, die am folgenden Tag zurückreisten.648 Der briefliche Austausch zwischen dem Kardinal und seiner Nichte während der heiklen politischen Phase zeigt insgesamt sehr anschaulich, wie sehr die Sphären »Politik« und »Privates« damals miteinander verbunden und ineinander verflochten waren. Die ganze Familie war informiert und nahm insofern Anteil an den politischen Ereignissen, als sich die Soldaten in unmittelbarer Nähe befanden. Dass Maria mit der Familie nach Orvieto reiste, wo der Kardinal mit der Gesandtschaft zu verhandeln hatte, ist ein Hinweis darauf, dass Maria während der Verhandlungen als »Kardinals-Partnerin« zeremonielle Verpflichtungen zu erfüllen hatte und es für den Verlauf der Geschäfte wichtig war, dass die ganze Familie des Kardinals anwesend war.

12.2

Diplomatie und Taktik

Informationen, wie sie Maria im Zusammenhang mit den Ereignissen in Orvieto dem Kardinal weitergab, finden sich in ihren Briefen immer wieder. Sie berichtet von Gerüchten, Dingen, die »man sagte« und dem, was gerade von gesellschaftlichem oder politischem Interesse war. Manchmal waren es Fakten, wie zum Beispiel wenn jemand gestorben war.649 Manchmal handelte es sich um Informationen, die Maria für den Kardinal herausfinden musste. So liest man am 8. Oktober 1643: »[…] heute Morgen tagte die congregatione de stato. Ich ließ [einen Boten] zum Hause Falconieri schicken, um unter der Hand zu erfahren, ob dieser in Rom sei. Ihr sagtet, dass er heute Morgen zu einem Mittagessen zu einem Weinberg gefahren sei und morgen mit Kardinal Roma nach Tivoli gehe. [Darauf] ließ ich [einen Boten] zum Hause Franciotti schicken, um mehr zu erfahren. Ich erfuhr, dass er heute [also nicht 647 »Stiamo con desiderio aspettando novo del arrivo di V. Em.za a Roma […].« ASR, FSV, B. 619, am 1. 11. 1642 aus Orvieto. 648 »[…] ho ricevuto la lettra di V. Em.za da la quale ho inteso con molto mio gusto la bona salute di V. Em.za e salvo arrivo in Roma e anco del padre Vergilio che del tutto sia ringratiato Dio. Noi avemo risoluto di partire mercordi matina […].« ASR, FSV, B. 619, am 3. 11. 1642 aus Orvieto. 649 Z. B.: »[…] de farli sapere come questa notte alle otto hore º morto il Card.le de Torresi quale ieri stava benissimo e fu for di casa li e sopragionto il suo catarro che la portato via.« ASR, FSV, B. 619, am 1. 5. 1641 aus Rom.

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morgen, Anm. d. V.] nach Tivoli gehe und im Kloster San Gregorio übernachten werde und das ist alles, was ich Eurer Eminenz an Neuigkeiten geben kann.«650

Eine wichtige Funktion kam Maria auch dann zu, wenn andere Personen etwas über den Kardinal erfahren wollten. Als das Kanonikat von Perugia vakant wurde, sei ein gewisser Signor Pietro Binozze bei ihr vorbeigekommen und habe gefragt, ob der Kardinal nicht einen Befehl hinterlassen habe, wem er das vakante Kanonikat vergeben würde.651 Maria war die engste Verbündete des Kardinals, was sie wusste, gab sie ihm weiter. Das wird auch in der römischen Gesellschaft bekannt gewesen sein; wer etwas vom Kardinal wollte, nahm nicht selten den Weg über Maria. Sie ihrerseits wusste, wie sie diplomatisch und taktisch geschickt mit dieser Machtposition umgehen musste und nahm ihre Vermittlungsrolle voll und ganz zu Gunsten der Spada-Familie wahr. Auch Donna Anna besaß, wie aufgezeigt werden konnte, viel diplomatisches Geschick in ihrer Rolle als Vermittlerin. Im Vergleich zu Maria Veralli Spada galt ihre Loyalität jedoch nicht der Ankunfts-, sondern der Herkunftsfamilie.

12.3

Gesellschaftlicher Aufstieg unter Innozenz X.

Auch wenn Kardinal Bernardino Spada seinen Karrierestart an der Kurie in erster Linie Papst Urban VIII. verdankte, stieg das gesellschaftliche Ansehen der Familie Spada auch nach dem Barberini-Pontifikat weiter an und erreichte gegen Mitte der 1650er Jahre ihren Höhepunkt. Mit der Deklaration Orazios zum cittadino nobile e patrizio romano 1652,652 der Aufnahme Alvianos in den Malteserorden 1654653 und der Verheiratung der Tochter Eugenia mit Domenico 650 »V. Em.za deve sapere che questa mattina e stata congregatione de stato. Ho mandato a casa Falconieri per sapere sotto mano se era a Roma o hanno detto che questa matina andava a pranzo a una vignia e che domatina andava con il Card.le Roma a Tivoli ho mandato ha casa de Franciotti per imparare qualche cosa ho saputo che oggio andava a Tivoli e che alloggiava al convento de San Gregorio e questo e quanto ho di novo da dare a V. Em.za […].« ASR, FSV, B. 619, am 8. 10. 1643 aus Rom. 651 »Questa sera a una hora de notte e venuto qui il Sig. Pietro Binozze a dimandarme se V. E.mza aversi lasciato ordine nessuno a che voleva dare il canonicato di Perugia che aveva la bona memoria del Auditore […].« ASR, FSV, B. 619, am 8. 10. 1643 aus Rom. 652 Pampalone, La cappella, S. 14. 653 Für die Aufnahme in den Malteserorden (vgl. auch Anm. 709) war der Nachweis einer altadligen Abstammung nötig. Da diese den Spada fehlte, bemühte sich Padre Virgilio mithilfe Kardinal Bernardinos um genealogische Studien, die eine solche Abstammung rechtfertigen sollten. Die Spada stellten dabei keine Ausnahme dar, auch viele andere Aufsteigerfamilien der Frühneuzeit, wie z. B. die Santacroce, konstruierten ihre Stammbäume, um den Widerspruch zwischen den nur kurz zurückliegenden Anfängen ihrer Erfolgsgeschichte und dem Anspruch auf eine legitimierende Traditionslinie entgegenzu-

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Maria Veralli Spada

Maidalchini 1656, dem Neffen der Papstschwägerin Donna Olimpia, war es den Spada gelungen, sich in der römischen Oberschicht zu etablieren. Auf den ersten Blick erstaunt dieser kontinuierliche Aufstieg nach dem Tod ihres Förderers Urban VIII., brachen doch unter dem neuen Papst Innozenz X. Konflikte zwischen der ehemaligen Barberini-Klientel, zu denen die Spada gehört hatten, und der neuen Entourage aus. Kardinal Bernardino Spada jedoch hatte schon während des Konklaves politisches Geschick bewiesen und sich für den Kandidaten stark gemacht, der das Rennen machen sollte: Giovanni Battista Pamphilij. Kurz nachdem dieser am 15. September 1644 als Papst Innozenz X. die Tiara empfangen hatte, ernannte er Virgilio Spada zum elemosiniere segreto und kurz darauf zum cameriere segreto.654 Marias Ehemann Orazio taucht in den roli der Familie Pamphilij 1644 als cameriere d’onore auf und wurde 1649 vom neuen Papst zum conservatore di Roma ernannt. Auch persönlich war Innozenz X. den geistlichen Spada-Brüdern verbunden: An Kardinal Bernardino schätzte er dessen Intelligenz und diplomatische Qualitäten,655 von Padre Virgilio ließ er sich immer wieder in Architekturfragen beraten. Ähnliche Verflechtungen lassen sich unter den Frauen der zwei Familien feststellen: Marchesa Maria ging bei der verwitweten Papstschwägerin Donna Olimpia, der aktuellen »First Lady«, ein und aus und traf dort auf weitere Damen der Oberschicht, unter anderen die Principessa di Rossano (Olimpia Aldobrandini Borghese, die spätere Ehefrau von Camillo Pamphilij).656 Ein guter Kontakt zur Papstfamilie Pamphilij war für die Spada von zentraler Bedeutung, denn dieser unterstützte ihr angestrebtes Familienprojekt: den kontinuierlichen, gesellschaftlichen Aufstieg und die Etablierung in der römischen Oberschicht. Was am 10. April 1645, als Donna Olimpia Maidalchini und deren Sohn Kardinal Camillo Pamphilij den frisch geborenen Alviano Spada

wirken. Zu den Folgen dieser Praktik vgl. Weber, Papstgeschichte, S. 331 – 400. Die Studien der Spada fanden schließlich Verwendung in der Familienkapelle in S. Girolamo della Carit”, die eher an eine religiös eingekleidete Ahnengalerie eines zeitgenössischen Palazzo als an eine Grabkappelle erinnert. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 219 – 236. 654 Folgende Ausführungen zum Verhälnis Innozenz X. und seiner Familie zu den Spada nach Pampalone, La cappella, S. 12 – 17. 655 Davon berichtet der venezianische Botschafter Giustinian: »Dall’imperante Pontefice Innocentio vien molto amato per le sue insigni qualit”, et anco perchº esso molto si adoprý nel conclave di Urbano acciý venisse eletto esso al Ponteficato: che per ciý questo soggetto di presente vien annoverato et inserito fra li cardinali amati et ben visti da Sua Santit”, et nella Corte gradito.« Barozzi/Berchet, Relazioni, Vol. II, S. 109. 656 »Oggi sono stata dalla Signora Donna Olimpia Pamphili quale mi ha detto che quando scriverý a V. E. lo riverisca in nome suo che se ne rallegrava assai della recuperata salute di V. E. e io ho ricevuto molti rallegramenti di dame che erano l” e in particolare dalla Signora Principessa di Rossano.« ASR, FSV, B. 619, am 9. 10. 1644 aus Rom.

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tauften,657 begann, mündete 1656 mit der Hochzeit zwischen Eugenia Spada und Domenico Maidalchini in einer freundschaftlich-verwandtschaftlichen Verbindung der zwei Häuser. Zwei Briefe von Donna Olimpia, einer an die Marchesa Maria, der andere an Kardinal Bernardino, erwecken sogar den Eindruck, dass sich Olimpia nach dem Tod des Schwagers Innozenz X. (1655) und dem Verlust ihrer Stellung als »First Lady«, bewusst um die Gunst der Spada bemühte. Dass das Verhältnis zwischen den zwei Familien allerdings nicht ganz konfliktfrei war, zeigen die Zwistigkeiten zwischen Eugenia Spada und ihrer Schwiegermutter Pacificia Filiziani Maidalchini, die mit dem frisch vermählten Paar in Viterbo zusammenlebte.658 Davon berichten zum einen Eugenias Briefe an die Mutter659 und zeugen zum andern die vielen Besuche der Marchesa Maria bei der Tochter in Viterbo.660 Die steigende gesellschaftliche Stellung der Spada während der 1650er Jahren macht sich auch in Marias Korrespondenz zunehmend bemerkbar : Vor 1650 finden sich in Marias Briefe nur am Rande Bemerkungen, die eine Interaktion mit der höfischen Gesellschaft außerhalb der Familie bezeugen. Dies änderte sich mit dem sozialen Aufstieg der Spada unter Innozenz X., nachdem sich die Familie mittels Kunstpatronage vermehrt Zeichen setzte und sich mit je einem 657 »A di 10 aprile f· battezzato e tenuto al S. fonte dal S. Card.le Camillo Panfilio col D. Olimpia sua madre, e li f· posto nome Alviano Francesco ed altri nomi.« ASR, FSV, B. 283. 658 Donna Olimpia nimmt in ihrem Brief Bezug auf den Konflikt, der zwischen Pacifica Filiziani Maidalchini und deren Sohn Kardinal Francesco, Bruder von Domenico, ausgebrochen war. Dieser war mit seiner famiglia aus dem Palazzo in Viterbo wegen »stretezza grande« weggezogen und lebte nun im Palazzo di San Sisto von Kardinal Bancaccio, »dove starci pi· commodo con tutta la mia famiglia.« ASR, FSV, B. 347, fol. 349, Kardinal Maidalchini am 8. 10. 1656 an Kardinal Spada. Donna Olimpia schreibt dazu an Maria: »Non lo meritando la S.ra Eugenia sua figlia, ch’io dico per verit”, che mi pare habbi conditioni d’Angela«, und schliesst mit den Worten: »Mi faccia favore riverire il S. Card.le in mio nome, e dirgli che io gli vivo devotiss.ma serva. Al Pre Virgilio che dia un Avemaria per me a S. Filippo, e che qui º grandem.te desiderato per diversi, et ” SS.a Ill.ma bacio le mani.« ASR, FSV, B. 327, Matrimonio Maidalchini, fol. 347, Donna Olimpia am 10. 10. 1656 aus S. Martino an Maria. Und an Kardinal Bernardino schreibt sie im gleichen Zusammenhang: »Il S. Card.le ch’º tanto mio Sig.e mi vuole sempre superare allegra[?], sicome h” fatto hora ed la benig.ma lettera sua, la quale obedirý puntualmente in servire sempre la S.a Eugenia sua nipote, e questo sar” con poca mia fatica, conoscendo io molto bene i suoi meriti […].« Ebd., fol. 358. 659 Eugenia schreibt von der Schwiegermutter : »[…] me guarda con certi occhi torti che pare mi voglia mangiare […].« ASR, FSV, B. 410/3, Eugenia am 15. 10. 1656 aus Viterbo. 660 Spannend sind insbes. die Briefe von Maria an Orazio von Februar und März 1662, als Maria in Viterbo weilte, um ihrer Tochter bei der Geburt beizustehen. ASR, FSV, B. 616 /B. 617. Aus diesen Schilderungen erfährt man nicht nur vieles über den Umgang und Verlauf einer Geburt, sondern auch über das Verhältnis Marias zu ihrer Tochter Eugenia. Diese Quellen sowie die Korrespondenz zwischen Eugenia und Maria (ebd., B. 410) würden genügend Material für eine detaillierte Untersuchung zur Mutter-Tochter-Beziehung bieten. Diese zu untersuchen ist ein Forschungsdesiderat.

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Maria Veralli Spada

Familienzweig in Rom, Bologna, Faenza und seit Kurzem – dank der Verheiratung von Carlo Francesco Spada mit Ippolita Rosario 1652 – auch in Spoleto etabliert hatte. Fortan bezeugen die Briefe, dass auch Maria Veralli Spada – als Marchesa – aktiv Teil der höfischen Gesellschaft war und entsprechend zu interagieren hatte. Maria schreibt auffällig häufiger von Empfängen, Gästen und Begegnungen als in den ersten zehn Jahren.661 Ein von Maria an Kardinal Bernardino gerichteten Reisebericht einer Pilgerfahrt nach Loreto im Mai 1653 gibt Einblick in den neu erreichten gesellschaftlichen Stand der Spada. Bei der Pilgerfahrt handelt es sich um die einzige mir bekannte Reise Marias, die nicht im Zusammenhang mit der Verlegung der Familie nach Tivoli oder Castel Viscardo bzw. dem Besuch der Tochter in Viterbo stand. Der Bericht bietet einen kulturgeschichtlich wertvollen Einblick in den Alltag reisender Hofdamen: Die Marchesa registrierte die vielen Empfänge, Geschenke und Höflichkeiten, die ihr unterwegs entgegengebracht wurden und rapportierte dem Kardinal detailliert, wem sie wo unter welchen Umständen begegnet war und wie sie behandelt wurde. 12.3.1 Die Pilgerfahrt nach Loreto Maria pilgerte 1653 zusammen mit ihrem Ehemann und den drei Töchtern Cecilia (26-jährig), Eugenia (24-jährig) und Daria (23-jährig) im Mai 1653 nach Loreto.662 Von dieser Reise sind vier Briefe erhalten: Vom 13. Mai aus Spoleto, vom 18. Mai aus Macerata, vom 20. Mai aus Case Nuove und schließlich der letzte vom 24. Mai aus Castel Viscardo.663 Es darf davon ausgegangen werden, 661 Ein typisches Beispiel für die verstärkten, sozialen Verpflichtungen, die sich in den Briefen der Marchesa niederschlagen: »Questi doi giorni me lo sopessata in ricever visite. Ieri ce fu la madre del Sig. Card.le Santa Croce la Sig.ra Fonsecha la Sig.ra Orighi e il padre procurator generale de Capuccini. Oggi ce stato il Card.le Santa Croce la Sig. Abberice la Roncetti e una Sig.ra Caterina Rotelli che stava in santa cecilia al tempo che ce stava la marchesa Camilla. Ier sera venne la Sig. Renzi quale ho veduta passare questa matina e questa sera de qua e va con gran corteggio de cavalieri che se trovano qui.« ASR, FSV, B. 619, am 15. 10. 1654 aus Tivoli. 662 Dass sie mit diesen drei Töchtern unterwegs war, lässt sich aus den Briefschlüssen herleiten: Am 13. 5. 1653 bestellt sie durch den Kardinal allen Kindern, die bei ihm in Rom waren, Grüße: »[…] finisco riverendolo umilmente assieme con Monsignore Vergilio per parti di tutti in finite racommandatione e bagio mani alla Sig.ra Lorenza a Bernardino Fabritio Virginia Alviano Lucretia Ciriaco Guido mille saluti e abracci per parte di tutti […].« Und am 18. wie auch am 20. 5. 1653 schreibt sie von den Mädchen, die mit ihr unterwegs waren: »V. Em.za me ricordo serva humilissima come fanno il Sig. Marchese con tutte le ragazze quale stanno benissmio e allegramente ma la matina li rincrescie un pocho de levarci Daria e stata sempre bene ma il caldo e la polvere li anno abraciato un pocho li ochi […].« ASR, FSV, B. 619. fol. 358. 663 Padre Virgilio notierte in seinem Diario »Di cose domestiche« im Jahre 1653: »A di maggio

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dass alle Briefe überliefert sind, die sie in dieser Zeit dem Kardinal geschrieben hat, da sie stets auf den letzten von ihr geschriebenen Brief Bezug nimmt. Dank dieser präzisen Art zu schreiben, ist es zudem möglich, ihre Reise ziemlich gesnau nachzuvollziehen. Die Erzählungen beginnen am 11. Mai 1653, als die Reisenden von Civita Castellana Richtung Otricoli aufbrachen und weiter über Narni und Terni nach Spoleto reisten, von wo der erste Brief stammt. Am 13. Mai verließ die Reisetruppe Spoleto und nahm den Weg über Foligno nach Case Nuove, wo sie übernachtete. Am nächsten Tag ging es dann weiter über Muccia, Tollentino und Recanati bis nach Loreto und von dort wieder zurück über Recanati nach Macerata. Hier verbrachten Maria und ihre Begleitung eine Nacht, bevor sie am 19. Mai wieder über Tolentino nach Camerino reisten. Am 20. Mai ging die Reise wieder nach Case Nuove und Foligno, dann allerdings machten sie einen Abstecher nach Assisi und waren am 21. Mai abends in Perugia. Hier verweilten sie bis am Morgen des 23. und kamen gegen Abend in Castel Viscardo an. Marias Reiseschilderungen fallen erstaunlich emotionslos aus. Es handelt sich um eine lange, detaillierte Aufzählung von Ortschaften, Zeiten, Personen und besuchten Pilgerstätten ohne persönliche Gedanken oder Eindrücke. Das Reiseprogramm war so dicht, dass für Reflexionen weder Zeit noch Musse blieb. Doch nicht nur das dichte Zeitprogramm, auch die vielen Begegnungen und sozialen Interaktionen strengten an: »Erlaubt mir, Eure Eminenz, dass ich nicht von eigener Hand schreibe […], es ist nicht die Reise, sondern die Höflichkeiten und Gefälligkeiten, die ich überall erhalte, die mich ermüden«,664 schreibt Maria. Das »fare le belle parole« war sehr wichtig und entsprechend viel Platz nehmen ihre Erzählungen ein, von wem sie begrüßt, eingeladen oder beschenkt wurde. In Loreto zum Beispiel, wurden sie von einem gewissen Monsignor Dondino beherbergt, der sie bereits beim Abendessen zuvorkommend und äußerst liebenswürdig behandelt habe. Sie selbst, so schreibt sie dem Kardinal, habe stets ihre Pflicht erfüllt und sei ihm mit Dankbarkeit begegnet, wie es die Konventionen verlangten. Am folgenden Morgen habe sie kaum einen Schritt alleine machen können, ohne dass Monsignor Dondino sich ihr nicht aufs Höflichste

il M.e Oratio mio nipte cola moglie e le prime 4 figlie femine andarono alla Madonna di Loreto, e poi si fermarano ” Castel Viscardo fino al Corpus Domini et alli 15 giugno furono in Roma.« ASR, FSV, B. 283, storia familiare. Für die Transkription aller Briefe von Maria an Kardinal Bernardino von der Pilgerreise vgl. Trans. 5, Anhang A, S. 259 – 266, für eine Übersichtdarstellung der einzelnen Pilgerstationen vgl. Tab. VI, Anhang B, S. 272. 664 »V. Em.za mi permetta ch’io non scrivo di proprio pugno per raguaglianza[?] del progresso del nostro viaggio da Spoleti in qua […] per che non il viaggio ma le cortesie e i favori che ricevo dapertutto sono quelli che mi staccano.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 18. 5. 1653 aus Macerata.

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Maria Veralli Spada

empfohlen hätte. Sie hätte ihn noch so darum bitten können, er habe sich von seinem Verhalten nicht abbringen lassen.665 Es war eine große Ehre, so wird aus den Briefen deutlich, die Familie des Kardinals Bernardino Spada zu empfangen. Nicht jedem, der sich darum bemühte, sollte es gelingen: Das Angebot eines Monsignor Spinola, die Familie zu beherbergen, wurde ausgeschlagen, mit der Begründung, dass man bereits anderweitig unterkommen würde. So begnügte sich Monsignor Spinola mit zeremoniellen Höflichkeiten und liess der Familie guten Wein und reifen Spargel schicken.666 Der Kampf ums gesellschaftliche Ansehen und das Aushandeln und Bestätigen der Hierarchien im Zeremoniell wurde auf einer solchen Pilgerreise sichtbar und war Teil davon. In Recanati wurden die Reisenden bei einem üppigen Bankett mit exquisitem Wein und delikatem Fisch verwöhnt. Allerdings schreibt Maria dazu, sie vermute, dass dieser fürstliche Empfang nicht ihnen gegolten habe, sondern der ebenfalls anwesenden Duchessa von Mantua (Isabella Clara von Österreich, Frau von Carlo III. Gonzaga).667 Wie sensibel Maria auf die gesellschaftliche Hierarchie reagierte, zeigt sich nicht nur an der Erzählung aus Recanati. An einer anderen Stelle berichtet sie, wie ihre Entourage auf dem Weg nach Tolentino derjenigen eines polnischen Fürsten mit seiner Frau – einer Strozzi – mit famiglia begegnet sei. Die Brigade der Spada wollte zuerst nicht anhalten, tat es dann aber doch und führte ein Gespräch mit den Reisenden. Maria beschreibt im Detail, wie jene famiglia unterwegs war, so als ob sie den Stopp der Spada-Kutsche Kardinal Bernardino gegenüber rechtfertigen müsste. Die Fürstin saß in einer lettiga, der Fürst in einer carozza della polaccha. Sie führten zwei Karren mit, einer davon war ganz verschlossen, der

665 »[…] e trattavi con termini di santa gentilezza, benignit” e cortesia, che non mi scordavo mai della obbligationi che li devo e questa mattina ha voluto usare ogni volta ch’io sono uscita dalla camera non lasciandomi quasi far passo che non mi sia venuto a favorire con induibile compitezza ne io per quante preghieri gli n’habbia fatte ho potuto mai ottenere di rimoverlo da questo sino contesi proposito.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 18. 5. 1653 aus Macerata. 666 »Me so scordata de dire che a Tolentino trovassimo un gentilomo mandato da Monsignior Spinola che ce voleva fare allogiar li ma sentendo che ci aspettavano li Signori Porcelli fece una mano de cerimonie e ce manda a regalare de vino in neve assai bono e da sparagi bellissime […].« ASR, FSV, B. 619, Maria am 13. 5. 1653 aus Spoleto. Zur Theorie und der gesellschaftlichen Bedeutung des Schenkens mit Fokussierung auf männliche und weibliche Geschenke vgl. Ago, Donne, doni, S. 181 f. 667 »[…] ci portassimo al rinfresco preparatoci volsi dire al Banchetto perche qui cominciorono i regali maggiori e pi· ecessivi il vino pretiontissmo e pesci esquisiti e delicatamente imbaditi che pareva col apparecchio pi· per la duchessa di Mantova che per noi […].« ASR, FSV, B. 619, Maria am 13. 5. 1653 aus Spoleto.

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andere war gefüllt mit »zweihundert Dingen«. Zudem wurden sie noch von drei oder vier anderen Kutschen begleitet.668 Kein Zögern gab es bei der Begegnung der Spada mit der Marchesa Nare, ihrem Mann, Schwiegersohn und einer Schwägerin in der Nähe von Valcimarra. Hier sei man sofort aus den Kutschen ausgestiegen und habe noch mitten auf der Straße »belle parole« ausgetauscht. Erneut beschreibt Maria, wie die Leute unterwegs waren: Sie reisten mit einer Kutsche für sechs und einer für vier Personen und führten eine Sänfte mit.669 Unspektakulär, aber immerhin einer Erwähnung wert, hielt Maria gewisse gentildonne, denen man in Perugia begegnete und die ihrerseits, so kommentiert Maria, mit drei Sänften und einer Kutsche unterwegs waren. Die Größe und Pracht der Entourage der anderen Reisenden war deshalb wichtig, weil sich daran der soziale Rang ablesen ließ;670 dies erlaubte ein sofortiges Einstufen der Leute, denen man begegnete, und ermöglichte allen Beteiligten das adäquate Zeremoniell. Insgesamt lässt sich aufgrund Marias Schilderungen schließen, dass ihr und ihrer Familie auf der Reise ein hohes, gesellschaftliches Ansehen zuteil wurde; wo immer sie waren, wurden sie zuvorkommend behandelt. Maria, die bis dahin noch nicht oft auf diese Art gereist war, schien an der Reise trotz den damit verbundenen Anstrengungen Gefallen gefunden zu haben: »Alles in allem erhalten wir so viele Liebenswürdigkeiten und Höflichkeiten, dass ich bezweifle, dass wir uns nicht daran gewöhnen könnten.«671 Obwohl die Reise offiziell als Wallfahrt deklariert war,672 handelte es sich eher 668 »Giovedi partiti dalla Muccia incontrassimo un principe polacho che vieni a Roma con la moglie e famiglia che dicamo siano de bon persone e doppo passato domando che erano e sentendo dire il Marchese Spada mando indietro uno paggio e gentilomo a far scusa se non sera fermato […] la prencipesse sua moglie la quale dichano sia de casa strozzi e parenti della Marchese de questo cogniome la moglie era in lettiga e lui in una carozza alla polacha avevano doi carri uno tutto serrato e l’altro con duecento robbe e da tre o quattro altre carozze a vettara e altri a cavallo.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 18. 5. 1653 aus Castel Viscardo. 669 »[…] vicino a Valcimara se incontro la Marchesa Nare con il marito e socero e una cogniata titella smontassimo tutti in mezzo alla strada dove se fece le belle parole erano la carozza e sei e una da Vitara a 4 e la lettiga venivano da Tolentino dove erano stati la notte dalla duchessa Seneria e la sera se fermavano alla madalena villa del Sig. Card.e Giori.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 18. 5. 1653 aus Castel Viscardo. 670 Die Ausstattung einer Reisegesellschaft spiegelte stets auch ihren gesellschaftlichen Rang wider. Als die Legationsfamilie der Barberini unter Kardinal Francesco 1625 zum Beispiel nach Frankreich reiste, versuchte man die schwierige diplomatische Situation durch die Pracht und Größe der Reisegesellschaft zumindest zeremoniell zu retten. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 345 – 378. 671 »[…] in somma sono tante le carezze a cortesie che si ricevano da per tutto che dubbito ce avvezzaremo male.« ASR, FSV, B. 619, am 13. 5. 1653 aus Spoleto. 672 »Per il ritorno del lettighiero vettarino che e partito questa mattina sabbato scrissi a V.

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Maria Veralli Spada

um ein Pilgern zur sozialen Kapitalsteigerung als um eine religiöse Pilgerfahrt. Die besuchten Kirchen, Klöster, Heiligen und Reliquien werden von Maria mit derselben Selbstverständlichkeit erwähnt wie die Begegnungen mit den Personen. Nie ist aus ihren Worten eine besondere Devotion gegenüber einer Reliquie oder ein religiöses Gefühl spürbar. Erstaunlich oft erwähnt Maria Geistliche, welche ihr, ihrem Ehemann und den Töchtern die Ehre erwiesen. Fast überall, wo sie Halt machten, wurden sie von einem Governatore, einem Monsignor Vescovo, einem Archivescovo oder einem Abbate empfangen und gebührend begrüßt.673 In Terni besuchten die Spada den Dom, wo die Messe gehört und neben anderen Reliquien »il sangue de Nostro Signore« besehen wurde. In Roccha[?], in der Nähe von Spoleto, besuchten sie »il chiodo de Nostro Signore« in Macerata hörten sie die Messe in Santa Croce, ein Harfenkonzert mit Gesang im Kloster Santa Chiara und waren zu Besuch bei den Nonnen in Santa Caterina. In Loreto stand natürlich das Santuaria auf dem Programm, mehr erfährt man über den Besuch dieser wichtigen Pilgerstation allerdings nicht. In Tolentino besahen sie in der Basilika San Nicola »le braccie del santo«, und in Camerino in der Kirche San Venetio zeigten die Priester diverse Reliquien. In Assisi schließlich besuchten sie die Madonna in der Basilika Madonna degli Angeli und hörten in der Kirche San Francesco die Messe. Letzte Pilgerstation war die Wallfahrtskirche Madonna de Mongiavino in Perugia, wo sie »il velo delle beatissima vergine« und andere Reliquien sehen konnten. Besondere Erwähnung finden bei Maria vor allem die Reliquien, welche nicht einfach so besucht werden durften, sondern exklusiv nur ihnen gezeigt wurden. In Perugia allerdings wurde ihnen »l’anello della beatissima vergine« vorenthalten. Dieser durfte nur gezeigt werden, wenn ein Kardinal oder ein hoher Fürst anwesend war. Ein gewisser Capitan Montasco Neri setzte sich dann zwar dafür ein, dass der Governatore persönlich vorbeikam, um den Spada diese außergewöhnliche Reliquie zu zeigen, doch ließ sich dieser entschuldigen, da er bereits Besuch eines Monsignor Lonellino hatte. So verließ man schließlich die Kirche, ohne den Ring gesehen zu haben.674 Em.za il resto de nostro pellegrinaggio.« ASR, FSV, B. 619, am 24. 5. 1653 aus Castel Viscardo. 673 Dies wird z. B. hier ersichtlich: »[…] havemo trovato lettre del Sig.re Ottavio Coccino [il governatore] che ce invitasse con grande istanze a Foligno e mentre eramo a Tavola e arrivato un mandato dal Vescovo a fare le medeme istanze se acettato per il recomo l’invito del Vescovo e Domatina se non potremo fare altro acetteremo quello del governatore.« ASR, FSV, B. 619, Maria am 20. 5. 1653 aus Case Nove. 674 »[…] arrivassimo a Perugia al sono della Ave Maria aspettati del capitan Montasco Neri con molta amorevolezza ma stava travagliato per che se fatto un decreto che l’anello della beatissima vergine non se possa mostrare se non a Card.le e Prencipe grande ma che il governatore lo potuto[?] acredire[?] una volta l’anno e che averia detto de volerlo veder lui e con se saria visto la matina la sera il governatore mando il suo segretario dal Sig. Marchese e

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Diese Beschreibung weist darauf hin, dass es ein symbolischer Akt war, der gesellschaftliche Positionen und Machtverhältnisse widerspiegelte, eine wertvolle, nicht für alle zugängliche Reliquie sehen zu dürfen. In der Exklusivität des »Sehen-Dürfens« zeigt sich einmal mehr das für die Frühe Neuzeit typische Ineinandergreifen von Gesellschaft und Religion, von sozialem Rang und Privilegien.

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Der Tod des Kardinals Bernardino Spada

Während seines ganzen Lebens war Kardinal Bernardino, abgesehen von einer Erkrankung im Kindesalter, nie ernsthaft krank gewesen. In den letzten zwei Jahren seines Lebens machten sich allerdings Zeichen von Schwäche bemerkbar.675 Nach einem Zusammenbruch im September 1661 in Tivoli verschlechterte sich sein Zustand zusehends. Am 11. Oktober kehrte er fiebrig auf Rat des Hausarztes Fonseca von Tivoli nach Rom zurück, wo er am 10. November im Alter von 68 Jahren starb. Padre Virgilio widmet der Krankheitsgeschichte seines Bruders in der Biografie 21 Seiten. Diese minuziösen Schilderungen der Symptome lassen vermuten, dass er den Folgen einer Tumorerkrankung erlag.676 Das Ableben von Kardinal Bernardino stellte für die ganze Familie Spada einen großen Verlust dar und war insbesondere für Maria ein schwerer Schlag. Ihr Schmerz läßt sich aus einem Kondolenzschreiben von Claudia Malatesta Spada aus Faenza erahnen, welche der Schwägerin in aller Form ihr Beileid ausspricht: »[…] Ich stelle mir die Qual eures Herzens vor, gerne würde ich Eure Herrschaft trösten […] aber weil dies nicht in meiner Macht steht, werde ich zu Gott beten, er möge Ihnen das Leiden […] aushaltbar machen […].«677 far scusa che non era venuto in persona per che aveva Monsignior Lonellino da aloggiare la matina il Marchese ando per visitando non era levato ce retorno doppo le 10 hore dissero che sino alle 13 non se levavane volsero fare imbasciata il capitano Monino puro fece istanza per che se poteva vedere l’anello ma non era stato dato ordine nessuno per quanto dicevano alle deputati me che loro erano pronti in somma ancora nola avemo saputa capire so che aspetassimo sino alle 12 hore e poi ce risolverarimo de partire […].« ASR, FSV, B. 619, am 21. 5. 1653 aus Castel Viscardo. 675 Im Zusammenhang mit seinem sich verschlechternden Gesundheitszustand standen auch die Ermahnungen von Maria, seine geplante Reise nicht im Sommer sondern erst im Herbst zu unternehmen, vgl. Anm. 579. 676 Zur Krankheitsgeschichte und zum Tod des Kardinals vgl. Karsten, Kardinal Bernardino, S. 282 – 287. 677 »Se la perdita fatta del Sig.re Card.le nostro zio mi habbia abbattuta, lascio considerarlo ” V. S. ll. ma che conosce il danno della perdita e successa nel stato nel quale mi ritrovo, s’imagioni che pregiuditio mi apporta, […], io in quest’affare sento quello di V. S. Ill. ma e la condolgo continuamente perche havendo esperimentata la sua cordialit” mi figuro presentem.te l’angoscie del di lei core, io vorrei poterli apportar qualche conforto ma non

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Maria Veralli Spada

Der Tod Kardinals Bernardino Spada und auch derjenige seines Bruders Virgilio kurze Zeit später (1662) war eine einschneidende Zäsur in der Familiengeschichte der Spada. Die Familie hatte nun ohne die bis dahin stabilisierende Achse Maria – Kardinal Bernardino zu funktionieren, was eine grundlegende Reorganisation des Familiengefüges bedeutete. Völkel hält in seiner Untersuchung zu den Kardinalhaushalten fest, dass der Tod des Familienkardinals zwar nicht die sofortige Auflösung der famiglia zur Folge gehabt habe, doch dass ein Haushalt ohne padrone nur noch ein »Gerüst von Verwaltern« gewesen sei.678 Diese Aussage möchte ich im Folgenden bezüglich der Spada widerlegen und aufzeigen, was für eine Rolle insbesondere der Person Marias unter den veränderten Umständen zukam. In der Alltagskorrespondenz richtet sie sich jetzt neu an ihren Ehemann. Heißt das nun, dass Orazio die Rolle des Familienoberhaupts übernahm? Inwiefern beeinflusste die neue Situation die Entwicklung der Spada-Familie? Inwiefern die Rolle Marias? Eine Antwort auf diese Fragen gibt das im Palazzo Spada hängende, außergewöhnliche Gemälde von Eberhart Keilhau, auf das im Folgenden kurz eingegangen werden soll.

13.1

Maria im Familienporträt

Vermutlich war es der aus Dänemark stammende Maler Eberhart Keilhau, auch Mons· Bernardo genannt, der das eindrückliche Bild der Marchesa Maria im Kreise fünf ihrer Söhne gemalt hatte. Das Familienporträt der Spada, in dem die Trauer über den Verlust des Kardinals zum Ausdruck kommt,679 hängt heute in der Galleria Spada in Rom, ist jedoch nicht Teil der Sammlung der Familie, sondern in Privatbesitz. Es gilt als ein Meisterwerk in der Geschichte der Porträtkunst Italiens und spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Genres Gruppenporträt.680 Maria dominiert das Bild mit ihren strengen, männlichen Gesichtszügen und blickt voller Trauer, aber stark und gefasst, dem Betrachter entgegen. Dass es sich wirklich um sie handelt, beweist ihr eingravierter Name, den man auf den Buchrücken der Bücher oberhalb ihrer Schultern findet, wo bei genauem Hinschauen »E.ma [Marche]sa Spada« zu lesen ist (siehe Abbildung 25). Der Tod ist auf der Darstellung allgegenwärtig: Nicht nur trägt Maria essendone capace io pregherý S. d. M. che ci[?] doni sofferenza da sopportar il colpo datoci da lui.« ASR, FSV, B. 620, Claudia Malatesta Spada am 19. 11. 1661 aus Faenza. 678 Völkel, Kardinalshaushalte, S. 78. 679 Warum es sich mit grösster Wahrscheinlichkeit beim Maler des Bildes um Eberhart Keilhau handelt, macht Vicini in ihren Ausführungen zum Gemälde plausibel. Vicini, La famiglia, S. 14 – 16. 680 Vicini, La famiglia, S. 3.

Der Tod des Kardinals Bernardino Spada

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Trauerkleidung, auch stützt sie sich mit der rechten Hand auf einer Sanduhr ab und die Finger ihrer Hand weisen auf die Darstellung eines Skeletts vor ihr. Die genaue Datierung des Bildes ist unklar, doch nimmt man an, dass das Bild zwischen 1663 und 1665, also kurz nach dem Tod Kardinals Bernardino entstanden sein muss. Daraufhin weist vor allem das Alter des Jüngsten, Bartolomeo (1657), ganz rechts abgebildet, der ungefähr zwischen sechs und acht Jahre alt sein muss. Er ist der einzige der fünf Söhne, der zusammen mit der Mutter dem Betrachter entgegenblickt. Links außen sitzt der männliche Erstgeborene, Bernardino (1638), und spielt die Laute. Alviano (1645) und Ciriaco (1651) halten zusammen einen Spiegel, ersterer berührt ihn, zweiterer betrachtet sich darin. Guido (1652) hält eine abgeknickte Rose in den Händen und neben Bartolomeos roten Lippen sind zwei Kirschen abgebildet. So stellen die fünf Brüder zusammen die fünf Sinne dar, den Hör-, Tast-, Seh-, Geruchs- und Geschmackssinn.681 Der zweitälteste Sohn Fabrizio (1643), späterer Kardinal, ist nicht mit abgebildet. Er hielt sich anfangs der 1660er Jahre in Perugia zum Studium der Rechte auf. Wer auch fehlt – und dies ist eher ungewöhnlich –, ist Marchese Orazio. Auch wenn er oft zur Verwaltung der Güter in Castel Viscardo weilte, so darf doch angenommen werden, dass hinter seiner Abwesenheit auf dem Gemälde eine tiefere Aussage steckt. Was der Hund rechts vorne zu bedeuten hat, ist unklar. Keilhau folgte jedoch damit der nordischen Tradition, welche oft Objekte oder Tiere mit allegorischer Bedeutung in das Bild integrierte. Möglich, dass es sich beim BernhardinerHund um eine versteckte Selbstdarstellung des Malers, Mons· Bernardo, handelt. Oder hat vielleicht der verstorbene Kardinal Bernardino auf diese Weise Eingang in die Darstellung gefunden? Das Bild ist mehr als ein bloßes memento mori, mehr als eine Darstellung der vanitas oder eine Inszenierung der Sinne; es spiegelt auf einzigartige Weise die zentrale Monopolstellung von Maria wider. Gemäß dieser Darstellung nimmt sie jetzt, nach dem Tod des Familienoberhauptes, die Führungsrolle ein, trägt die Verantwortung für die Familie und ihr Ehemann Orazio ist daran nicht beteiligt. Nur noch sie alleine verkörpert das Familienbewusstsein der Spada. Diese Aussage findet man in den Untersuchungen des Korrespondenzmaterials bestätigt.

681 Vicini, La famiglia, S. 14.

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Die Haushaltsführung in »weltlicher« Partnerschaft

Bis jetzt war kaum die Rede von Marchese Orazio (siehe Abbildung 26) und der Beziehung zu seiner Ehefrau. Das liegt daran, dass aus der Zeit von der Heirat 1636 bis ein Jahr vor dem Tod Kardinals Bernardino kein regelmäßiger Briefaustausch zwischen den Ehepartnern überliefert ist, sondern erst nach dem Tod des Familienkardinals. Einen Eindruck von Person und Charakter Orazios gibt ein Brief an einen Verwandten kurz vor der Hochzeit mit Maria 1636. Er lobt die Qualitäten seiner zukünftigen Frau: Sie sei zwar eine echte Römerin, aber im Unterschied zu anderen weder langweilig noch eine Müßiggängerin. Er selbst sei ein Mann, der sich nicht von der Leidenschaft verleiten lasse und sich nicht in Personen verliebe, die im Sinne hätten, ihn zu ändern.682 Orazio war, wie sich später noch deutlicher zeigen wird, ein humanistisch gebildeter Mann, der im Leben nach Idealen strebte, sich an traditionellen Moralkonzepten orientierte und an sich wie auch an sein Umfeld hohe Erwartungen stellte. Aus der Zeit zwischen 1636 und 1662 sind von Orazio neben den Dokumenten betreffend der von ihm verwalteten Landgüter in Brisighella, Romagna, Bolsena, Cerveteri, Orvieto und Castel Viscardo683 nur wenige persönliche Zeugnisse überliefert. Die Einträge in den memorie domestiche sind vor den 1660er Jahren unregelmäßig, erst ab dem Tod der Familiengeistlichen (Kardinal Bernardino, Padre Virgilio) werden sie deutlich häufiger und ausführlicher.684 Padre Virgilio 682 »La signora Maria mia […] se bene º romana non º perý come le altre che sono in concetto di vane, di otiose e di da poche […]. Io ne sto contentissimo, et Iddio sa se io, che pur non l’ho veduta se non una volta e furtivamente n¤ la conosco per relatione, Iddio sa se l’amo teneramente se mi vorria sviscerare per far cosa che le piacesse […] mi distruggo in amore, solo perch¤ so d’amarla, n¤ so se meriti d’esser[lo] dall’amata… [Eppure] voi sapete, che vi ho detto, che son un huomo senza affetti e che non mi invaghisco delle persone, che mi facciano mutar natura.« ASR, FSV, B. 459, zit. in: Ago, Maria Spada Veralli, S. 52. 683 Z. B. ASR, FSV, B. 302, Orazio Spada – Cerveteri, interessi di Cerveteri e altri luoghi, dopo la vendita fatta al duca S. Gemini il 26 novembre 1650, 1643 – 1651; ebd., B. 422, Beni di Viceno e Bolsena Viceno 1659 – 1663, lettere relative al progetto di Orazio Spada per una conduttura d’acqua destinata al molino; ebd., B. 424, Beni di Imola, Brisighella e »Romagna«, lettere di governatori di Brisighella relative alla »colletta« dovuta da Orazio Spada 1644 – 1679; Ebd., B. 439, interessi diversi, lettere di Orazio Spada relative ad un deposito di danaro fatto in seguito ad una controversia con la comunit” di Orvieto per le imposizioni camerali nei suoi castelli 1654 – 1655; Ebd., B. 841, Orazio Spada – eredit” G. Battista Veralli, Nr 1, Libro giornale di Castel Viscardo 1641 – 1649, Nr. 2, Libro delle rendite di Orazio Spada 1641 – 1649 (»In questo libro si notaranno da me Horazio Spada le rendite mie di Romagna, cioº di beni che spettano a me et anco i luoghi di monte in Roma e tutto quello che spetta a me liberamente, senz’altra dipendenza e con pi· diligenza che negli altri libri ” uso il computistario«), Nr. 3, libro giornale degli effetti di Roma 1641; Ebd., B. 985, Registro dei mandati per Cerveteri e beni di Romagna 1646 – 1654. 684 ASR, FSV, B. 285.

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hatte während seiner Lebenszeit alle wichtigen Ereignisse, welche den SpadaHaushalt betrafen, regelmäßig vermerkt. Nach dessen Tod 1662 übernahm Orazio diese Aufgabe.685 Während sich Kardinal Bernardino um Maria kümmerte und sie in ihren Aufgaben unterstützte, förderte und betreute Virgilio seinen Neffen Orazio. In einem der Briefe Orazios an den Vater, knapp zwei Jahre nach der Heirat mit Maria, heißt es: »Ich sehe noch keinen Grund, nach Rom zurückzukommen. Es geht mir hier gut […], ich verkaufe, kaufe, miete und verhandle auf meine Art, Padre Virgilio will davon nichts wissen, er will, dass ich alles selbst mache und so bin ich, würde ich sagen, absoluter padrone. Was ich mache, wird gut gemacht und in allen Sachen überlasse ich es Padre Virgilio über mich zu urteilen. Inzwischen bin ich ein sehr guter Landwirt geworden.«686

Allerdings schienen ihn seine Pflichten als Landwirt nicht immer allzu sehr eingenommen zu haben: »Ich verbringe die Zeit auf der Jagd, ansonsten lese ich und gehe spazieren, die Tage sind wunderschön«,687 schreibt er dem Vater zu einem Zeitpunkt, als seine Frau in Rom weilte, ein zehnmonatiges Kleinkind hatte und wieder im sechsten Monat schwanger war. Auch bei einigen Architekturprojekten arbeiteten Padre Virgilio und Orazio eng zusammen, so zum Beispiel bei der Konstruktion der Familienkapellen in Rom und Bologna. Als Padre Virgilio starb, führte Orazio die Kapellenprojekte alleine weiter.688 So übernahm Orazio nach dem Tod der Familiengeistlichen die Aufgaben von Padre Virgilio. Inwiefern er auch solche erfüllte, die bisher in den Verantwortungsbereich des Kardinals gefallen waren,689 ist Gegenstand des folgenden Kapitels. Im Zentrum steht der Briefwechsel zwischen den Ehepartnern nach dem Tod des Familienoberhauptes. Herausgehoben werden Parallelen und Un685 ASR, FSV, B. 283. 686 »Io non vedo per ancora rissolutione di tornar a Roma, ne sý per che stia fuori. Io qui f· altro, e bono, vendo, compro, affitto, e negotio ” modo mio, il Pre Virg.o non ne vuol saper niente, vuol ch’io faccia ogni cosa, io lo fý e sono dirý come padrone assoluto, quelche fý io e ben fatto, ogni cosa rimette all’arbitrio mio il Padre Virgilio. Ormai son diventato fattor da campagna bonissimo.« ASR, FSV, B. 280, Orazio an Vater Paolo am 7. 12. 1637 aus Stallano[?]. 687 »Me la passo ” caccia, del resto leggendo, et andando ” spasso, hý giornate bellissime, et ” propostito per istar in campagna, e certo se questo non fussero la passare male.« ASR, FSV, B. 280, Orazio an Vater Paolo am 7. 12. 1637 aus Stallano[?]. 688 ASR, FSV, B. 490, Cappella Spada, Scritture, conti e disegni relativi alla costruzione delle cappelle di famiglia in Roma e Bologna a cura di mons. virglio e Orazio Spada 1625 – 1686. Zu den Kapellenprojekten der Spada in Rom und Bologna vgl. Karsten, Vier Hochzeiten und Nater, Der Platz. 689 Z.B. übernahm Orazio nach 1661 die Pflege der Mandatsregister (ASR, FSV, B. 987 – 995), welche vorher Kardinal Bernardino (ebd., B. 975, 977), aber auch Padre Virgilio (ebd. B. 970) geführt hatten.

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terschiede im Vergleich zur Korrespondenz zwischen Maria und dem Kardinal, die anschließend Rückschlüsse auf die Rolle Marias sowie auf das Spada’sche Familiensystem ermöglichen sollen.

14.1

Quellenüberblick

Die vollständige Korrespondenz zwischen Maria und Orazio ist – obwohl sie erst in den 1660er Jahren einsetzt – sehr umfassend und besteht aus sechs (Orazio) bzw. vier (Maria) dicken buste mit Briefen bis 1685 (Maria starb im März 1686).690 Die ersten in Serie überlieferten Briefe von Orazio an seine Frau stammen vom 13. April bis zum 9. Juni 1658 aus Castel Viscardo und berichten von seinem Alltag auf dem und um das Landgut. In den folgenden Jahren wiederholt sich dieser Aufenthalt – mit Ausnahme der Jahre 1661, 1662 und 1663 – regelmäßig im Frühling, ab 1664 zusätzlich auch noch im Spätherbst. Wie aus dem Briefkontakt zwischen Kardinal Bernardino und Maria deutlich wurde, hielt sich Maria früher jeweils zusammen mit ihrem Mann über längere Zeit in Castel Viscardo auf. Nach dem Tod der Familiengeistlichen trennten sich die Ehepartner, um allen Geschäften gerecht werden zu können. So reiste Orazio zweimal jährlich alleine nach Castel Viscardo, während Maria in Rom blieb. Ab und zu besuchte ihn Maria für einige Tage – dies lässt sich dann feststellen, dass Orazio in seinen Briefen auf ihre bevorstehende oder soeben gemachte Reise Bezug nimmt.691 Im Durchschnitt berichtete Orazio alle drei bis vier Tage von den Geschäften und den Angestellten aus Castel Viscardo nach Rom. Stets widmete er einen großen Teil seiner Ausführungen den Erzählungen über die Kinder, sei es, weil diese zusammen mit ihm in Castel Viscardo weilten, sei es, weil er von ihnen Post erhielt. Seine Briefe verfasste er fast ausnahmslos von eigener Hand. Er besitzt eine auffällig sorgfältige, wenn auch winzig kleine Handschrift, drückt sich sehr gewählt aus und macht im Vergleich zu Maria bedeutend flüssigere Sätze (siehe Abbildung 27). Seine Erzählungen sind nicht theatralisch wie die von Kardinal Bernardino, erscheinen aber je nach Thema mitunter literarisch-philosophisch. Maria schrieb ihrem Mann zum ersten Mal regelmäßig in der Zeit vom 8. Mai 1660 bis zum 5. Juni aus Viterbo, wo sie hingereist war, um ihrer Tochter Eugenia 690 ASR, FSV, Orazio an Maria: B. 607 (1658 – 1670); 608 (1671 – 1672); 609 (1678 – 1681); 610 (1684 – 1685); 1110 (1681 – 1683); 1112 (1682 – 1684); Maria an Orazio: B. 616 (1660 – 1670); 617 (1671 – 1677); 618 (1678 – 1681); 620 (1682 – 1685). 691 Z. B.: »[…] e essendone V. S. partita penza l’aria cominciava ” […].« ASR, FSV, B. 607, Orazio am 22. 11. 1664 aus Castel Viscardo. Oder : »Io mi rallegro del buon viaggio che h” V. S. e del bel tempo che l’accompagno […].« Orazio am 22. 11. 1672 aus Castel Viscardo.

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bei der Geburt beizustehen.692 Von dort schreibt sie ihrem Mann nach Castel Viscardo exakt alle drei Tage einen Brief. Die Briefe der folgenden Jahre von Maria stammen hin und wieder aus Viterbo, meistens jedoch aus Rom und korrespondieren zeitlich sehr häufig mit den Briefen Orazios aus Castel Viscardo. Es ist also auch hier von gewissen Briefserien die unmittelbare Antwort des Partners überliefert. Die Themen kreisen auch bei ihr um die Geschäfte in Rom, schildern soeben Erlebtes und erzählen von den Kindern. Die Briefe von Maria an den Ehemann Orazio verfasste beinahe ausnahmslos ein Sekretär – ein auffälliger Unterschied zur Korrespondenz zwischen Maria und Kardinal Bernardino, bei der Marias Briefe meist von eigener Hand geschrieben waren und nur der Kardinal sich eines Sekretärs bediente. Die zweite, längere Briefserie an den Ehemann schrieb Maria, als sie Kardinal Bernardino auf seiner letzten Reise vom 6. Mai bis 8. Juni 1661 nach Umbrien begleitete, sie dann allerdings mit dem vierjährigen Bartolomeo nach Rom zurückkehren musste, da dieser an einer schlimmen Augenentzündung erkrankt war.693 Es war die letzte Reise des Kardinals vor seinem Tod am 10. November, was er wahrscheinlich gewusst hatte: Er traf noch einmal einen großen Teil seiner Verwandtschaft wie die Söhne seines Bruders Giacomo Filippo Nicola, Conte Bal… di S. Stefano und dessen Bruder Rodolfo mit der Ehefrau Claudia Malatesta aus Faenza sowie den Sohn des Bruders Francesco, Carlo Francesco mit Ippolita Rosario aus Spoleto.694 Der Korrespondenz von Maria an Orazio liegt die geplante Reiseroute des Kardinals bei. Sie lässt vermuten, dass neben dem Besuch bei der Verwandtschaft auch einige der 1653 von Maria besuchten Pilgerstationen auf dem Programm standen.695 Dass die Korrespondenz zwischen Maria und Orazio bereits drei Jahre vor dem Tod der Familiengeistlichen begann, deutet darauf hin, dass die Familie sich in dieser Zeit bereits mit der Frage auseinandersetzte, wie es nach dem Tod des Kardinals und Padre Virgilios weitergehen sollte. Die Überlieferungslücken in der Korrespondenz Orazios in den Jahren 1661 bis 1663 spiegeln wohl die Umstrukturierungsmaßnahmen der Familie nach dem Verlust der Familiengeistlichen wider und deuten darauf hin, wie einschneidend diese Ereignisse für 692 ASR, FSV, B. 616, 8.5.–5. 6. 1660 aus Viterbo. 693 »Questa matina lunedi se mutato pensiero e risoluto de none fare altro ma andare ne a Roma tutti quelli che ne siamo venuti. Il pretesto se piglia della mutatione se dice per Bartolomeo al quale sono de 4 giorni o cinque che li º venuta una flussione de ochi a uno imparticolare e ieri mattina se li atacho dove mingiatte al braccio e prima se le essa fatto un lavativo e speravo che non havesse esere altro per che per il resto sta bene […].« ASR, FSV, B. 616, Maria am 16. 5. 1661 aus Cesi. 694 ASR, FSV, B. 616, Maria an Orazio 6.5.–8. 6. 1661 aus Cesi und (ab 20.5.) aus Rom. 695 Hinweise auf spirituelle Besuche finden sich hin- und wieder : »[…] a Ficelle e a Orvieto dove se pensa de vedere le monache la facciata e il domo […].« ASR, FSV, B. 616, Maria am 15. 5. 1661 aus Cesi.

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die Familie waren. Ab 1664 schien man sich reorganisiert zu haben; auffallend regelmäßig fallen nun Orazios Aufenthalten in Castel Viscardo auf.

14.2

Emotionale Bindungen und Hierarchien

Im Vergleich zur Korrespondenz zwischen Kardinal Bernardino und seiner Nichte erscheint diejenige zwischen den Eheleuten institutionalisierter, weist aber dennoch einige Ähnlichkeiten auf. Auch zwischen ihnen ist der Ton von aufrichtiger Herzlichkeit, und Maria sorgt sich ähnlich mütterlich um ihren Ehemann wie früher um den Kardinal. So schickt sie ihm im März 1679 Kniestrümpfe aus weißer Wolle, damit er sich keine Erkältung zuziehe »weil diese geht nicht mehr so rasch vorbei […], wie wenn man jung ist«696 und rät ihm, nach der Fastenzeit aufzupassen, dass er nach der Ernährungsumstellung nicht leiden muss.697 An einer anderen Stelle ermahnt sie ihn: »Höret auf Schweinefleisch [porcarie] zu essen, denn der Magen wird es büßen und ich habe genug von Kranken.«698 Interessant im Hinblick auf das Verhältnis zu Orazio sind die Stellen, wo deutlich wird, dass sie ihrem Mann sagt, was sie für Richtig hält: Als er Ende November 1673 nach einem halben Jahr wieder einmal in Castel Viscardo ist, berichtet er nach Rom, wie zufrieden er mit dem Gärtner sei. Alles sei sehr sauber und gepflegt und der Gemüsegarten sehe aus wie der in Rom.699 Maria antwortet ihm, sie sei erfreut zu hören, dass er die Dinge in Ordnung vorgefunden habe und äußert sich glücklich darüber, dass die Gärten, insbesondere der Gemüsegarten, gut gepflegt sei und mit dem Gärtner der passende Mann für den Betrieb gefunden werden konnte.700 Diese Art zu antworten, bei der sie 696 »Se guardi di non figliare qualche raffreddore perche non passano cos… presto nº si sopportano come quando si º giovane […] le mandarý un altro paio di sotto calzette di lana bianca […].« ASR, FSV, B. 618, am 16. 3. 1679 aus Rom. 697 »Ho molto gusto di sentire che la quaresima l’habbia trattata cosi bene, che non se ne senta, m” si guardi della Pasqua, che nella mutare de’ cibi non la travagli.« ASR, FSV, B. 618, am 6. 4. 1679 aus Rom. 698 »V. S. non faccia tanto del bravo in mangiare porcarie, per che poi lo stommaco lo scontar”, et io son stufa d’amalati.« ASR, FSV, B. 616, am 27. 10. 1666. 699 »Doppo pranso hý dato una vista ” queste cose, e di tutto son restato sodisfatto, m” in specie de giardini era che tiene molto pulitam.te, le spalli era benfati[?], le robbe ben custodite, et un ortagli che pare cerhi di Roma, e non pi· di tempo, me ne ho rallegrato piu il sentire che tutti ne dicono bene.« ASR, FSV, B. 608, Orazio am 25. 11. 1673 aus Castel Viscardo. 700 »Ricevo la sua delli 25 nella quale sento come il danno dell’oliveto non le sia riuscito tale quale glie l’haveasso descritto, et hý gusto che V. S. Ill. m. o habbia ritrovate le cose aggiustate, et imparticolare il giardino, et orta custodito ” sua sodisfattione. Vorrei che il Giardiniero si mantenasse buono, conforme dicono che sia, dispiacendomi la mutationi; cos… haveria caro di sentire che trovasse huomo ” proposito per la fattoreria.« ASR, FSV, B. 617, Maria am 29. 11. 1673 aus Rom.

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zuerst noch einmal das wiederholt, was der Ehemann ihr berichtet hat und anschließend ihre eigenen Gedanken dazu äußert, zeigt sich auch an einer anderen Stelle: »Ich vernehme von Ihrem Gedanken betreffend Filippo, ihm weiterhin die Aufsicht über das Buffet701 zu überlassen […]. Ich halte es jedoch für besser, wenn wir ihn nicht dort belassen […]. Aber diese Dinge besprechen wir besser, wenn Ihr wieder zurück seid.«702 Orazio geht in keinem seiner Briefe in dieser Weise auf das ein, was Maria ihm berichtet und äußert seine Meinung nie in der offenen Art, wie es Maria ihm gegenüber tut. Es ist dann auch Maria, die ihren Mann höflich daran erinnert, was es in Castel Viscardo noch zu tun gebe. Im März 1679 rät sie ihm zum Beispiel, er solle sich doch um die Samen zur Züchtung der Seidenraupen kümmern. Sie informiert ihn, wo er die besten bekommen könne und an wen er sich dafür brieflich wenden solle.703 Wenn sie ihm von ihrem Alltag berichtet, so geschieht das in einem sehr lockeren, offenen Ton. Das lässt sich insbesondere auch dann feststellen, wenn sie sich über die Architekten und Handwerker beklagt. Im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Familienkapelle in der Chiesa Nuova schreibt sie, ein scarpellino würde von ihr für die fünf Leute, die er in der Kapelle beschäftige, ständig mehr Geld verlangen. Ihr Kommentar : »Diese Art, wie sie die Architekten pflegen, die immer im Voraus bezahlt werden wollen, gefällt mir nicht.«704 Meinungsäußerungen aus Marias Feder sind bekannt aus dem Briefwechsel

701 In der credenza wurden Silber- und Glassachen sowie die kostbare Tischwäsche aufbewahrt. Der credenziere war der Aufseher über das Buffet und trug zum Teil mit auf. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 402. 702 »Sento il suo pensiero circa ” Filippo, che sarebbe di fargli seguitare la credenza. Io stimo che sia meglio di non l’impiegare[?] tanto pi· che Bernardino si contento di tener questo che c’º e di lasciargliela fare, e che serva ” tutti; pi· tosto se gli porr” dare la Butigliaria[?], […] che la faccia una della parte nostra, essendo aggravare tutti li loro, m” queste cose se ne discuter” meglio al suo ritorno.« ASR, FSV, B. 617, Maria am 1. 7. 1674 aus Rom. 703 »Mi sono pi· volte scordata di scriverle se quest’anno V. S. vuol tenere ý far fare i Vermi da seta, perche ” quest’hor bisognaria haver previsto il seme, ý almeno sul tardare da vantaggio, e quando lo voglia di Bologna, sarebbe bene che lei scrivesse ” dirittura alla Contessa Segni, che quantit” ne vuole, perche quello º di buona qualit”, come pare anco di poco prezzo, se me lo provasserý qui m” non bisogna tardare pi·.« ASR, FSV, B. 618, Maria am 23. 3. 1679 aus Rom. 704 »Lo scarpellino continuamente strapira, che vi vogliono quatrire per pagare gli huomini, che dice tenere contivamente cinque persone ” lavore alla Cappella e per qui il sento, ci º da fare ancora qualche mesi quando si diceva, e credeva esser finita. Hieri volse parlare con mre. et io gli disse il fatto mio. ÷ sentire lui dire d’haver havuto di molto di V. S., m” io dubito che intervengo come f” dell’altro scarpellino, che haveva havuto da vantaggio e poi ci º stato da chiaitare et ” sentire lui parr” che sia stato assassinato. Questo modo di fare, che costumano gli architetti di pagare sempre ” buon conto, non mi piace.« ASR, FSV, Maria am 13. 4. 1679 aus Rom.

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mit Kardinal Bernardino. Diesen folgte jedoch sogleich eine sprachliche Unterwerfung oder Entschuldigung. Dies lässt sich bei Orazio nicht feststellen. Ein bedeutender Unterschied in der Korrespondenz der Eheleute im Vergleich zum Austausch zwischen dem Kardinal und seiner Nichte ist beim Thema Kinder auszumachen. Es nimmt in den Briefen sowohl von Orazio wie auch von Maria viel Raum ein und ist beidseitig mit großer Emotionalität verbunden. Die Versorgung der Kinder für das Erwachsenenalter war in der Spada-Familie grundsätzlich Aufgabe der Männer. Wie bereits gesagt wurde, waren es vor allem die zwei Familiengeistlichen, die sich um die Unterbringung ihrer Nichten und Neffen kümmerten.705 Auch in der Korrespondenz zwischen Maria und Orazio ist mir keine Stelle begegnet, die explizit darauf hinweisen würde, dass Maria auf die Versorgung ihrer Kinder in dem Maße Einfluss nahm, wie dies bei Donna Anna der Fall war. Nach dem Tod von Kardinal Bernardino und Padre Virgilio waren die meisten der Kinder von Maria und Orazio schon versorgt worden: Von den sieben Töchtern hielten sich Cecilia, Daria und Maria Giulia im Kloster Tor de’ Specchi auf (wo sie regelmäßig von Maria besucht wurden706), Virginia (1641) hatte am 3. November 1658 den ebenfalls aus einer römischen Kardinalsfamilie stammenden Giovanni Battista Verospi geheiratet und Eugenia (1639), war seit dem 20. April 1656, wie bereits erwähnt, die Ehefrau von Marchese Domenico Maidalchini, einem Neffen der damaligen Papstschwägerin Donna Olimpia Maidalchini. Als Domenico Maidalchini keine zehn Jahre nach der Hochzeit starb, ging Eugenia im September 1666 eine zweite Ehe mit Girolamo Ducha Mattei ein. Ebenfalls im September 1666 heiratete der älteste Sohn Bernardino (1638) die römischen Adelstochter Vittoria Patrizi. Bernardino war der einzige Sohn der Familie, der verheiratet wurde. Sein Bruder Fabrizio (1643) machte eine geistliche Karriere und brachte der Familie 1675 die Kardinalswürde zurück.707 Alviano (1645) wurde Malteserritter708 und Bartolomeo schaffte es gerade mal zum Kammerkleriker. Was mit Lucrezia (1650),

705 Mit der Versorgung der Kinder von Maria und Orazio und der Rolle des Vaters setzt sich Ago intensiv auseinander. Ago, Carriere, S. 60 – 70. 706 Maria berichtet von Besuchen im Kloster z. B.: »[…] la riverisce, come farno le fig.le monache, quali hý vedute hoggi.« ASR, FSV, B. 617, Maria am 22. 11. 1673 aus Rom. 707 Die Karriere von Fabrizio Spada hat Ago detailliert aufgearbeitet in: Ago, Carriere. 708 Der zur Zeit der Kreuzzüge mit dem Auftrag der Befreiung des Heiligen Landes gegründete Malteserorden hatte seine militärischen Aktivitäten im 17. Jahrhundert weitgehend eingestellt und war v. a. noch eine beliebte Lösung für die Versorgung jüngerer Söhne italienischer Adelsfamilien, die weder für eine kuriale Karriere noch für eine Heirat vorgesehenen waren. Zum Malteserorden vgl. Flavigny, Bertrand Galimard: Histoire de l’ordre de Malte, Paris 2006 sowie Bradford/Ernle: Johanniter und Malteser. Die Geschichte des Ritterordens, München 19963. Zu den Bemühungen der geistlichen Spada-Brüder zur Platzierung von Alviano Spada im Malteserorden vgl. Anm. 654.

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Ciriaco (1651) und Guido (1652) geschah, ist nicht bekannt.709 Aufgrund der Korrespondenz zwischen Maria und Orazio kann überlegt werden, dass Guido seinen Bruder Fabrizio auf seinen Reisen begleitete und in seinen Geschäften unterstützte; im Winter 1673 hielt er sich jedenfalls bei Fabrizio in Turin auf, wo dieser Nuntius war, und im Mai und Juni 1674 weilten sie zusammen in Paris.710 Ciriacos Name taucht sehr oft im Zusammenhang mit Orazio auf. Es scheint, dass er den Vater bei der Verwaltung der Güter in Castel Viscardo711 unterstützte. Dieselbe Aufgabe übernahm für die Mutter der Älteste, Bernardino. Ihm kam in den Geschäften in Rom und Tivoli eine wichtige Bedeutung zu.712 Orazio und Maria tauschten sich in ihren Briefen vor allem darüber aus, was sie von den Kindern wussten. Oft schickten sie einander die Briefe zu, die sie von den Söhnen und Töchtern erhalten hatten.713

709 Zu den Spada-Kindern vgl. Vicini, La famiglia, S. 13; Karsten, Kardinal Bernardino, S. 207 – 218; Neppi, Palazzo Spada, Anhang Genealogie sowie Weber, Genealogien, Bd. 2, S. 900. 710 ASR, FSV, B. 1110, lettere di Guido Spada da Parigi al fratello Bernardino e alla madre Maria Veralli (1674). Ein Jahr vorher war Guido mit Fabrizio in Turin, vgl. Anm. 714. 711 Dies wird nicht nur deutlich aus den Briefen von Orazio und Maria vom November/Dezember 1673, z. B.: »Mando li guanti che V. S. h” ordinato, et anco un paro per Ciriaco, considerando che ne possa haver bisogno.« ASR, FSV, B. 617, Maria am 2. 12. 1673 aus Rom, sondern u. a. auch schon im Februar 1663 und Oktober 1666; Ebd., B. 616. 712 Dies wird aus den Briefen von Orazio und Maria vom November/Dezember 1673 deutlich, z. B.: »[…] sino hora le cose caminano bene e ieri matina disse ” Bernardino che oggi […].« ASR, FSV, B. 617, Maria am 9. 12. 1673 aus Rom. 713 Zum Beispiel Maria: »Questa mattina mercordi hý fatto il piego per Torino con la lettera di V. S. e due delle mie una per Guido e l’altra per Mons. [Fabrizio] [dieser war zum damaligen Zeitpunkt Nuntius in Turin, Guido hatte den Bruder begleitet, Anm. d. V.]. […] Ciriaco fa bene ad imparare ” cortiggiare, per che in questa maniera non potr” essere gabbato. […] Nell’isterno lunedi f· qui da me il S. Leone de Massimi, ch’º tornato da Parma per le poste ” causa che la Madre stava male; mi diede nuova di Bartolomeo che stava benissimo e ch’erano tre giorni ch’era arrivato quando lui partei volea visitare anco V. S. […]. Dal Cavaliere mi disse hieri l’Ambasciatore di Malta, che hoggi, ý domani aspettava lettere di l”, non sý se ce ne saranno per noi. […] e non havendo per hora che dire solo che stiamo tutti bene, fr” Suor Caterina Angelica, che non mi ricordo, se l’ordinnario passato glie lo scrissi, h” cominciata un poco di purga per che era travaliata da certi suoi soliti fastidij uterilie. Domenica prese le medicina, e ne st” piu tosto meglio.« ASR, FSV, B. 617, Maria am 6. 12. 1673 aus Rom. Und im nächsten Brief erwähnt sie auch noch Virginia: »Hieri sera fui un poco ” casa Mattei, e discorressimo del marchese circa quanto V. S. mi scrive […] La S. Virginia lei ancora giovedi prese l’ultima medicina, la quale doppo havergli operato assai bene, gli riscogliý un poco di flati, onde hieri stava un poco fiacca.« Und in diesem Brief berichtet sie, noch immer nichts von Alviano gehört zu haben: »Del Cavaliero ne meno questa settimana se ne havuto avviso nessuno.« Ebd. am 9. 12. 1673 aus Rom. Orazio erwidert: »La lettera di Bartolomeo non mi º dispiacciuta in sostanza […]. Quando io viddi Caterina Angelica l’ultima volta stava con buona cieno […]. Di Virginia pare sento la continovatione de suoi flati risagliati dalla medicina per la purga, io la compatisco che gli hý provati […].« ASR, FSV, B. 608, Orazio am 12. 12. 1673 aus Castel Viscardo.

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Maria Veralli Spada

Auch die Kinder standen in regem Kontakt mit den Eltern. Dabei richten sich Söhne und Töchter sowohl an die Mutter wie auch den Vater. Was für ein Verhältnis die einzelnen Kinder zu ihren Eltern hatten und was genau ihre Rollen in »Marias Haushalt« waren, müsste noch genauer untersucht werden. Dies zu leisten war mir im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich.

14.3

Politische und gesellschaftliche Beteiligung

An vielen Stellen berichtet Maria dem Ehemann von ganz alltäglichen Dingen wie zum Beispiel, dass der schöne Tag es erlaubt hätte, die Wäsche draußen zu trocknen714 oder dass sie aufgrund des guten Wetters Lust bekommen hätte, den Pilgerweg der Sieben Kirchen abzulaufen.715 Auch stets Erwähnung finden gesellschaftliche Aspekte; so berichtet sie ausführlich von neu geschlossenen Ehen oder Festivitäten, wo ihr gesellschaftliches Know-how und ihre eigene, etablierte Position deutlich zum Ausdruck kommen.716 714 So z. B.: »Oggi ” stata bellissima giornata, e si ” asciugata una gran parte della bugata, e spero che domani si finira di sciaquare et asciugare gl’altri perche questa volta se n’era fatta anco gran reddonata.« ASR, FSV, B. 618, Maria am 2. 3. 1679 aus Rom. 715 »La bella giornata di hieri, et hoggi, questa mattina mi h” fatta venir voglia di far le sette chiese doppo essere prima stata ” messa ” S. Francesco di Paola, e hý cominciato da S. Maria Maggiore e sono tronata ” casa doppo le 17 hore, havendo poi hoggi fatto San Pietro.« ASR, FSV, B. 616, am 2. 4. 1668 aus Rom. Der Besuch der sieben Kirchen wurde Ende des 16. Jahrhunderts unter Sixtus V. populär, dem dieser Pilgerweg als strategische Maßnahme zur Stadtrepräsentation diente. Vgl. Boiteux, Parcours, S. 61. Ein anderes Mal erzählt sie von ihrer Freizeitbeschäftigung in Tivoli: »[…] l… ho fatto dare da pranzo da loro […] e imediatamente se sono incamminati de ritorno. Oggi cercharemo de andare a spasso in qualche logo che pare il tempo ce lo voglia permettere se non altro alla madonna de casciano o verso le oliveti.« ASR, FSV, B. am 16. 5. 1659 aus Tivoli. 716 So z. B.: »Domenica li mettono l’anello due, ý tre spose, una º la capranica col fratello di Mons. Cavellerini, l’altra una Molera col Gottifredi, da 3.a non mi sovviene. Mercordi ” otto poi si mette l’anello la Principessa di Venafro col Pallavicini, quale dicono che faccia di gran spese in una bellissima carrozza, che si havera ” furia tre livree, e che siano in ordine per pi· di 30 mila scudi di gioe, la funtione si dice che si far” ” frascati, e vi si tratterranno qualche giorno.« ASR, FSV, B. 618, am 26. 4. 1679 aus Rom. Oder : »Mercordi f” presentato la chinea dal S. Principe di Pelestrina [Maffeo Barberini], il quale portava un superbissimo habito, tutto ricamato di perle fatto fare con l’assistenza della S. Principessa sua moglie [Olimpiuccia Giustinian, Enkelin von Donna Olimpia] et il giorno di S. Pietro ne portý un’altro, ricamato d’oro con molti diamanti. La cavalcata f· numerosa, e benissimo guidata, che dicono che l’h” veduta che sono di molti anni, che non se n’e fatta una simile. Il giorno f· veduto la Sig.ra Principessa per la piazza di Spagna con i figli maschi in carrozza, et hier mattina sento che fusse alla Chiesa Nova con essi, m” bisogna che vi andasse tardi, perche io quando partij non ve la viddi. Io doveva essere ” vedere la cavalcata in casa Altieri, havendoci le SSe Principesse invitate, e poi mi mandý anco la S. Principessa di Gravina ad invitare, ma [?] io per che mi trovavo con un po’ di mossa di corpo, non mi basta l’animo andarci, tanto pi· che andando con detta Signora dubitavo d’impegnarmi di dover anco

Die Haushaltsführung in »weltlicher« Partnerschaft

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Politische Themen behandelt Maria ebenso scharfsichtig wie in den Briefen an Kardinal Bernardino. Nicht nur zeigt sich erneut, wie gut sie informiert war über das, was in ihrem Umfeld geschah, auch wird noch einmal verstärkt deutlich, wie gut sie die Mechanismen und taktischen Spielregeln beherrschte, die es in heiklen Situationen zu befolgen gab. Ein schönes Beispiel dafür ist eine Stelle in einem Brief an Orazio, wo sie beschreibt, wie ein gewisser Monsignor Respone im Auftrag von Papst Alexander VII. von ihr die Schriften zur Frankreichlegation von Kardinal Barberini aus dem Spada-Archiv verlangt hätte; der Papst wisse, dass Kardinal Bernardino diese Dokumente einst besessen habe. Maria wandte dieselbe Taktik an, die schon bei Anna zu beobachten war : Sie gibt vorerst vor, darüber nicht informiert zu sein und entschuldigt sich, vom Archiv nichts zu wissen. Nach dem Tod von Virgilio habe man alles neu geordnet und nun wüssten nur ihr Ehemann und Sohn Bernardino Bescheid, die jedoch beide nicht in Rom weilten. Als man ihr allerdings genauer erklärte, aus welchem Grund man die Schriftstücke dringend brauchte, wurde sie aktiv, begann die gewünschten Dokumente zu suchen und gab sie schließlich sogar aus eigenem Antrieb weiter.717 Darüber informiert sie ihren Ehemann, ohne um seine Erlaubnis oder seine Meinung gefragt zu haben. Auch hier zeigt sie sich von seiner Entscheidungsgewalt nicht abhängig – weder formal noch real. Eine ähnliche Unabhängigkeit lässt sich bei Maria im Bereich der Finanzen feststellen. Dieser Aspekt soll im Folgenden etwas genauer beleuchtet werden.

14.4

Haushaltsgeschäfte

Orazio reiste Ende November 1673 von Rom nach Castel Viscardo. Nach seiner Ankunft am 25. November berichtet er Maria: »Hier habe ich alle in guter gesundheitlicher Verfassung vorgefunden. Ich habe die Briefe, das Gepäck und das Geld denjenigen übergeben, an die [die Sachen] gerichtet waren. Was Eure essere la sera ” vedere i fochi, il che non mi bastava l’animo di fare, che so fosse stato solamente per la cavalcata, me ci sarei arrischiata.« Ebd., B. 617, am 1. 7. 1674 aus Rom. 717 »[…] ritrovai qui uno mandato da Mons. Responi, quale mi si accostý alla carrozza prima che smontassi, e mi disse, che N. S. desiderava di vedere la rilatione o scritture concernenti la legatione del S. Card.le Barberino in Francia, e che le voleva quella sera medesima, con dire che Sua S.t” sapeva, che il S. Card.le nostro le haveva, io gli risposi, che essendo fuori di Roma V. S. et i figli con questa stretezza di tempo non sapevo come fare per servire S.S.t” per che io non ero informata dove fossero mi soggionse che io haverei potuto far cercare […] il che sentendo gli replicai subito, che ný, perche doppo la morte de Mons. era stato rivolsato ogni cosa, e che non potevano essere informati altri che V. S. e Bernardino […].« Und dann aber nach weiteren Informationen: »[mi] messi subito ” cercare [?]ione all Indice e poi mandai ” chiamare Agostino, et il Moro e pregare Mons. Rocci, che volesse trasferirsi qui da me per consegliarmi […] et risolveremo unitamente di mandare l’uno e l’altro tomo ” Mons. Rasponi, acio vedesse, che ciera fatta diligenza […].« ASR, FSV, B. 616, am 7. 5. 1664 aus Rom.

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Maria Veralli Spada

Herrschaft mir gegeben hat, werde ich morgen verteilen.«718 Nicht nur hier erfährt man, dass Maria ihrem Mann Geld für die Angestellten mitgab. Sie selbst schreibt zum Beispiel ihrem Mann nach Castel Viscardo: »Ich schicke euch im Korb mit den ciambelle aus dem Palazzo 27 giulij […] mit einer Notiz, wem Ihr diese geben müsst, also 21 an Belgiardino, der 15 für sich behalten und sechs demjenigen geben soll, von dem seine Frau geschrieben hat, und von den übrigen fünf giulij gehen zwei an die Heiligen von Polidoro […] und zwei giulij an Signor Antonio, um Öl und anderes für den Dienst in der Kirche zu kaufen.«719 Es finden sich aber auch Stellen, wo deutlich wird, dass Orazio manchmal auch Geld an sie schickte, welches sie dann wiederum zu verteilen hatte: »Vom lettighiero habe ich alle Sachen bekommen, die [Ihr] zusammen mit den denari geschickt [habt] und von denen ich bereits begonnen habe, den Handwerkern etwas zu geben […].«720 Über die Familienfinanzen verhandelten sie oft gemeinsam und tauschten sich aus. Doch scheint die Hauptverantwortung bei Maria gelegen zu haben. Wenn sie ihrem Ehemann Geld auslieh, so forderte sie dieses von ihm stets auch wieder zurück.721 Was ihr als verheiratete Frau allerdings nicht zustand, war das Unterschreiben der Quittungen. Die »Mandate zum Unterschreiben«, die Maria 718 »Qui hý trovato tutti in buona sanit”. Ho ricapitati le ltre il fagotto e i denari ” chi andavano, ma[?] quelli datimi da V. S. li distibuirono domani.« ASR, FSV, B. 608, Orazio am 25. 11. 1673 aus Castel Viscardo. 719 »Per il med. lettighiero se gli mandano tutte le robbe, che lei h” avvisato conforme la nota ammessa, et anco le mando nella canstrezza delle ciambelle di Palazzo giulij ventisei in un grippetto con la nota ” che V. S. glie deve far dare, cioº giulij 21 ” Belgiardino, che quindici ne tenga per se, e sei giulij gli dia ” chi la moglie gli scrive gli altri cinque giulij tre vanno ” Santi di Polidoro, che gli li manda sua moglie, e due giulij ” s. Antonio per comprare oglio ” altro per servitio della chiesa.« ASR, FSV, B. 617, Maria am 2. 12. 1673 aus Rom. 720 Z. B.: »Dal lettighiero si sono ricevuto tutte le robbe mandate assieme con i denari e di gi” hoggi si º cominciato ” darne un pochi ” gli Artisti, […].« ASR, FSV, B. 618, Maria am 9. 4. 1679 aus Rom. Oder : »Della moneta che V. S. h” mandata; le prezze da otto si sono distribuito quasi tutto ” ragione di Persone et in questo non si º venuto ” perdere. Le altre monete, chiamato ottave non si trovano il smaltino ” voglio un giulio l’una per che non corrono, et agli Argentieri che per troppo, come meglio sentir” dal Agostino […].« Ebd., am 13. 4. 1679. 721 Eigentlich war es Orazios Aufgabe, dem maestro di casa Geld zu geben, damit dieser die Angestellten bezahlen konnte. Doch hatte er dies 1674 nicht gemacht, worauf Maria das Geld vorschießt: »Il maestro di casa mi dice, che la fameglia deve esser pagato per maggio e giugno, e gli hý detto che per hora gli puol dare il mese di maggio, e quando sar” tornato V. S. si aggiuster” ogni cosa, e perche il S. Prospero h” detto di non haver denari di V. S. m” certi de’ miei supplirý con questi, et al suo ritorno me ne rimborsarý«. ASR, FSV, B. 617, am 24. 6. 1674 aus Rom. An einer anderen Stelle wird deutlich, dass sie ihrem Ehemann Geld von ihrem persönlichen Erbe der Schwester Giulia auslieh: »1649, 23 Genn.o. Il S.re March.e Horatio Spada dare per spese di messe fatte in Roma da me, dell quali doverý rimborsarmi; cioº ” 10 luglio 1646 per frutti del censo del Rosario per un’anno per la met”, che tocca ” lui di pagare come Amministratione dell’heredit” del S. mio Padre b.m. e della mio dote per 24. e spesi dalli 25 d’Ag.o sino alli 24 Novembre 1649 per casa sc. 50.« ASR, FSV, B. 784, fol 57r.

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217

vom computista erhielt, schickte sie jeweils weiter an Orazio.722 Ansonsten verwaltete sie das Geld, pflegte engen Kontakt zum computista und führte über die Haushaltsfinanzen Buch.723 Sie war es, die wusste, wie es um die Familienfinanzen stand und die ihren Mann über die wirtschaftliche Situation auf dem Laufenden hielt.724 Auch zögerte sie nicht, ihrem Mann zu sagen, wenn sie es für günstig hielt, die Staatsanleihen (monti) aufzulösen.725 1674 beklagt sie sich bei Orazio über die ungünstige Finanzlage der Familie, die durch die Bankette, Umbauten und Reisen entstanden sei. »[…] im Moment scheint es mir, mangelt es ständig an Geld.« Der Grund dafür ist ihr allerdings ein Rätsel: Auf Prunk würden sie verzichten und an den Personalspesen könne es nicht liegen. Entweder seien die Rückzahlungen verzögert726 oder die Einnahmen gesunken. »Mir missfällt es, aber ich finde keine Lösung, außer dass man den Arbeitern keine Aufträge mehr erteilt.«727 Hier machen sich erste Anzeichen einer familiären Finanzkrise bemerkbar. Inwiefern diese mit dem Niedergang der Familie Spada gegen Ende des 17. Jahrhunderts stand, müsste noch genauer untersucht werden.728 Alle diese Stellen lassen vermuten, dass sich hauptsächlich Maria um die Familienfinanzen kümmerte, den Überblick hatte und den Geldfluss koordinierte. Dabei war Orazio ihr erster und wichtigster Ansprechpartner. Anders als Donna Anna und Don Taddeo spürt man zwischen Maria und Orazio echtes, 722 »Dal computista V. S. ricever” alcuni mandati da sotto scrivere […].« ASR, FSV, B. 618, Maria am 13. 4. 1679 aus Rom. 723 Vgl. hierzu die libri mastri, ASR, FSV, B. 1002 – 1004 sowie B. 752, »Maria Veralli Spada: Conti economici ricevute e bilanci di ministri 1639 – 1685«. 724 Z. B. »Dall’ordinario pasato mi scordai che scrivere, che lo spenditore h” bisogno di denaro per che l’ordine che V. S. mandý di settanta scudi erano gi” spesi nel meze passato, et hora io gli hý gi” dato, ý imprestati scudi quaranta, e bisognar” che gliene dia degl’altri.« ASR, FSV, B. 618, Maria am 9. 3. 1679 aus Rom. 725 »[…] non vorrei che fosse come laltra volta che tenne tanto tempo il denaro sul monte de la pieta morto e ce perse bene pieta non habbia fretta de vendere li monti se prima non sono aggiustate tutte le dificulta e supito ogni cosa se pero questa ricordo non arriva tardi.« ASR, FSV, B. 616, Maria am 23. 7. 1662 aus Tivoli. 726 Schon drei Wochen vorher hatte sie sich darüber beklagt, dass es »[…] gran fattica il levare denaro da questa gente« sei und »D. Andrea ancora resta in dietro del riscont[r]o[?].« ASR, FSV, Maria am 12. 3. 1679 aus Rom. 727 »[…] conosca che questo tanti diviscone[?] di case aperto e tavole separate, e viaggi inanzi e dietro non sia buona ecconomica per che adesso mi pare che sempre si stia in penuria di denaro, da che proceda io non lo sý; della servit· ce n’º, e non ce n’º d’assenzo, de sfoggi non se ne fanno, ý bisogna che le risertioni[?] siano molto in dietro, ý che l’entrati siano molto calato, ” me dispiace, m” non ci sý trovo rimedio, mentre una volta non si dia bando[?] alli muratori, che sono riuna delle case […].« ASR, FSV, B. 618, Maria am 5.[?]4.1679 aus Rom. 728 Eine detaillierte Studie über die Entwicklung der Spada’schen Familienfinanzen fehlt bis jetzt. Ein kleiner Einblick in die wirtschaftlich soliden Verhältnisse von 1643 gibt Karsten, Kardinal Bernardino, S. 151 – 159. Wie es jedoch um die Finanzen in den letzten Lebensjahren von Maria und nach ihrem Tod stand, müsste noch genauer untersucht werden.

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Maria Veralli Spada

aufrichtiges Vertrauen. Von Maria kamen die entscheidenden Impulse; mit ihrem ausgeprägten Geschäftssinn leitete sie den Haushalt und erteilte nicht selten auch dem Ehemann explizite Anweisungen. Ähnlich wie früher der Kardinal und Maria als Team zusammengearbeitet hatten, koordinierte jetzt das Ehepaar die Haushaltsgeschäfte. Allerdings war es nicht etwa wie man vermuten würde Orazio, der innerhalb der Familie die Rolle des verstorbenen Kardinals übernahm, sondern Maria selbst. Die Aussage von Keilhaus Porträt korrespondiert also mit dem Eindruck, den man aus den Briefen gewinnt.

14.5

Marias Tod

Maria verstarb am 21. März 1686 in Rom im Alter von 70 Jahren nach vierjähriger Krankheit an einer Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe (Hydropsie) und wurde in der Familienkapelle in S. Maria in Vallicella begraben. Ihr Mann Orazio starb ein gutes Jahr später am 23. Juli 1687, 76-jährig, an einer Fieberattacke.729 Diese genauen Angaben sind den Einträgen in den »Memorie della famiglia Spada« von Bernardino, dem erstgeborenen Sohn von Maria und Orazio, zu verdanken. Er war der Haupterbe seiner beiden Eltern; auf ihn ging auch das sich bis dahin in Marias Besitz befindende marchesato Castel Viscardo über730, womit er zudem zum ersten Träger des Doppelnamens Veralli Spada wurde. Doch sollte es ihm nicht gelingen, den Haushalt seiner Eltern im gleichen Stil weiterzuführen. Unter ihm stoppte das stetige Wachstum, das die Zeit von Maria, Orazio und den beiden Familiengeistlichen gekennzeichnet hatte.731 Zwar war es den Spada gelungen, mit Fabrizio Spada 1675 einen zweiten Familienkardinal zu stellen, doch lässt sich nach der durch besondere Talente der Akteure und Nähe zur Macht erfolgreich bewältigten Aufstiegsphase die typische Sta729 »Maria Veralli mia madre mor… a d… 21 marzo 1686 in Roma doppo 4 anni di malatia, che fin… in hydropsia. Era di anni 70, et º seppellita in S. Maria in Vallicella nella cappella di Casa. Orazio [mor… a d…] 23. 7. 1687 a Roma dopo 9 giorni di febbre maligno.« ASR, FSV 1133, Memorie della famiglia Spada, divise per indice di materie. »Raccolto da me Bernardino Spada Veralli hoggi il pi· anziano a beneficio de posteri […].« Den Hinweis auf die Stelle verdanke ich Arne Karsten. 730 Maria ernannte in ihrem Testament Bernardino zusammen mit ihrem Ehemann Orazio, solange dieser noch lebte, zu ihren Erben: »[…] per Instrumento con decreto del giudice per compiacere ” detti SS.ri Marchese Horatio mio consorte, e Marchese Bernardino figlio sottoposti tutti li miei beni dotali […] E quanto ” Castel Viscardo, suoi beni e giurisd.e stanti la part.e affett.e che sempre vi hý havuta, come proveniente dalli miei Antenati, maggiori, voglio che in quello succeda solamente il march.e Bernardino mio figlio primogenito, salvo perý sempre l’usufrutto pieno con l’ammistrat.e governo e giurisd.e ” favore del S. Marchese Horatio mio consorte sino che viver” […].« ASR, FSV, B. 364, Testament vom 19. 4. 1681. 731 Raffaelli Cammarota, Il Fondo Archivistico, S. 29.

Die Haushaltsführung in »weltlicher« Partnerschaft

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gnation mit Abstiegsgefährdung feststellen. Es ließen sich keine neuen Einnahmequellen mehr erschließen, weil neue Aufsteiger zum Zuge kommen. Zugleich wächst der Druck, den einmal gewonnen Rang durch eindrucksvolle Repräsentation zu bewahren und entsprechend in Kunst- und Architekturprojekte zu investieren. Hinzu kam, dass Bernardino der einzige der fünf Brüder war, der das Familiengeschlecht weiterführte – allerdings nur noch über eine Generation: Mit seiner Ehefrau Vittoria Patrizi hatte er einen Sohn, Clemente (1679 – 1759). Aus dessen Ehe mit Maria Pulcheria Rocci gingen jedoch keine weiteren männlichen Nachkommen hervor, sodass mit Clemente Spada der römische Familienzweig der Spada Veralli ausstarb.732 Dies alles macht noch einmal deutlich, wie sehr die Spada-Familie ihren Erfolg im 17. Jahrhundert der guten Zusammenarbeit unter den Familienmitgliedern zweier Generationen verdankte. Dabei war insbesondere die Partnerschaft von Maria und Kardinal Bernardino von Bedeutung; dank ihrer Zusammenarbeit, gelang es ihnen, den Haushalt zu koordinieren und gemeinsam zu führen. Als treue, verlässliche »Mitarbeiter« kamen aber auch Orazio und Padre Virgilio wichtige Rollen im Familiensystem zu. Mit dem Tod des Familienkardinals lastete die Leitung des Haushaltes auf Maria; sie fühlte sich für die Familie verantwortlich, wie ihre Sorgen um die Finanzen 1674 gezeigt haben. In Orazio fand sie zwar einen Partner, dem sie herzlich verbunden war und von dem sie Unterstützung erhielt, doch war die blühende Zeit, wie sie vor dem Tod Kardinals Bernardino geherrscht hatte, nach 1662 vorbei. Und mit dem Ableben von Maria und Orazio erlosch der Geist, der das Spada’sche Unternehmen »Familie« bis dahin geprägt hatte. Wie viel ihres Erfolgs die Spada der Marchesa Maria verdankten, war sich schon Padre Virgilio 1661 bewusst gewesen. In der Biografie über seinen Bruder schreibt er: »[…] den größten Schatz, den das Haus Spada […] erwarb, war die Person der Marchesa Maria, die, was ihr Urteil, ihre Klugheit und ihre Güte betrifft, niemandem in der Stadt nachsteht, und dafür auch allen bekannt ist, aufs engste dem Haus verbunden, unermüdlich um das buon governo bemüht und höchst zärtlich im Umgang mit den Kindern, in solchem Maße, dass Kardinal Spada in seinem Leben […] keine größere Hilfe und keinen größeren Trost hatte, als durch ihre Person.«733

Und diese Einschätzung haben die vorliegenden Untersuchungen vorbehaltlos bestätigt. 732 Rendina, Le grandi famiglie di Roma, S. 576. 733 »M” il maggior thesoro, che acquistasse la casa Spada con questo matrimonio f· la persona della Marchesa Maria, quale in giuditio, prudenza, e bont” non º inferiore ad alcuna nella citt” di Roma, e per tale conosciuta da tutti, affettionatissima alla casa, applicatissima al buon governo, e tenerissima de figlioli, ” segno che il Card.le Spada non hebbe in vita sua, e maggior.te nelle morte maggiore aiuto, e consolatione, che della persona di lei.« ASR, FSV 463, Kap. 24, fol. 9v ; Übersetzung in: Karsten, Kardinal Bernardino, S. 198.

IV Schluss

Eine erweiterte Sichtweise auf die Mikrogeschichte der Corte di Roma: Resultate und Auswertungen Gegenstand der vorliegenden Dissertation ist die Untersuchung von Verhalten und Handeln zweier Aristokratinnen in der Interaktion mit ihren Familienmitgliedern im Umfeld der Corte di Roma im Seicento mittels der überlieferten Alltagskorrespondenz. Ziel war es, die bereits geschriebene Mikrogeschichte über römische Aristokratenfamilien um die Kategorie »Geschlecht« zu ergänzen und dadurch eine neue Perspektive auf das papsthöfische Umfeld zu öffnen. Auf einer grundsätzlichen Ebene war die höfische Gesellschaft der Corte di Roma stark geschlechterspezifisch organisiert, wobei allerdings nicht nur weltliche Männer und Frauen, sondern auch die Prälaten spezifische Räume besetzten und die damit verbundenen Rollen erfüllten. Diesen Gesellschaftsmechanismen entsprechend wurden sowohl Anna Colonna und Taddeo Barberini wie auch Maria Veralli und Orazio Spada ohne ihr Zutun von ihren Familien verheiratet. Die Frauen verließen ihre Herkunftsfamilien mit einer Mitgift und zogen zur Ankunftsfamilie, wo ihnen innerhalb des jeweiligen Grosshaushaltes neben dem Kardinal als Oberhaupt eine wichtige Position zukam. Insofern teilten diese beiden Frauen der römischen Aristokratie dasselbe Schicksal; verantwortlich dafür waren die traditionell familiendynastisch geprägten Strukturen der Frühneuzeit und ihr biologisch bedingtes »Frau-Sein«. Damit ist jedoch noch nichts über das Verhalten, Handeln und die Lebensweise der zwei Akteurinnen ausgesagt. Um die Handlungsmotive der untersuchten Frauen zu verstehen, habe ich sie in Verbindung mit den Personen, mit welchen sie interagierten, und ihren Positionen innerhalb des familiären und gesellschaftlichen Gefüges analysiert. Es kann festgehalten werden, dass sich die entscheidenden Faktoren, welche beide Frauen in ihrem Verhalten, Handeln und ihrer Lebensweise beeinflusst haben, in drei Punkten – die sich gegenseitig bedingen – zusammenfassen las-

222

Schluss

sen: 1. Der Status in der Familien in der römischen Gesellschaft; 2. das Verhältnis zwischen Herkunfts- und Ankunftsfamilie vor und während der geschlossenen Ehe und 3. die persönliche Beziehung der verheirateten Frau zum geistlichen Familienoberhaupt.

1.

Der Status in der Gesellschaft

Anna Colonna gehörte dank ihrer altadligen Wurzeln qua Geburt der höchsten Gesellschaftsschicht an. Eine Ehe der Adelstochter mit dem Aufsteigersohn Taddeo Barberini kam aus dem Grund in Frage, da es den Barberini gelungen war, sich dank der erfolgreichen Karriere von Maffeo Barberini an der Kurie – und mit etwas Glück – als Papstfamilie zu etablieren. Es handelte sich also um eine Eheverbindung zweier Familien, die beide an der Spitze der römischen Gesellschaft standen – dies allerdings aus unterschiedlichen Gründen: Während die adligen Colonna seit Jahrhunderten zur Elite gehörten, hatten sich die Barberini den Weg ganz hinauf über die kuriale Laufbahn eines ihrer Familienmitglieder erarbeitet. Die Verheiratung von Anna Colonna und Taddeo Barberini brachte beiden Parteien das, was ihnen zu dem Zeitpunkt fehlte: Papstnähe den Colonna, Adelsblut den Barberini. Für Donna Anna bedeutete es, dass sie durch die Eheverbindung mit dem Neffen des herrschenden Papstes Urban VIII. die Rolle der wichtigsten Frau, der römischen First Lady, einnahm; eine Aufgabe, welche mit vielen zeremoniellen und repräsentativen Verpflichtungen verbunden war. Mit dem Tod des Barberini-Papstes verloren dann allerdings nicht nur die Barberini auf einen Schlag ihre einflussreiche gesellschaftliche Position, auch Donna Anna musste ihre privilegierte Stellung abgeben. Der tiefe Fall der Barberini kurz nach dem Verlust ihrer Herrschaft erwies sich auch für das Ansehen der Colonna-Tochter als nachteilig. Nach dem Pontifikatswechsel kam ihr eine komplett veränderte Position innerhalb der römischen Gesellschaft zu. Wie schlecht sie mit dem Verlust ihrer privilegierten Stellung zurechtkam, drückte sich in den zeremoniellen Streitigkeiten mit ihrer Nachfolgerin, der Papstschwägerin Donna Olimpia Maidalchini, aus. Bei Maria Veralli Spada sah die Situation insgesamt etwas anders aus, obwohl auch ihr Leben von der Position beeinflusst wurde, welche ihre Familie(n) in der Gesellschaft einnahmen: Sie entstammte keiner altadligen, jedoch einer gut etablierten römischen Kardinalsfamilie. Auf einer gesellschaftlich vergleichbaren Stufe befanden sich seit Kurzem die Aufsteiger Spada, denen es soeben mit der Platzierung von Bernardino Spada im Kardinalskollegium gelungen war, ihr soziales Kapital um ein Vielfaches zu steigern. Was ihnen noch fehlte, waren die römischen Wurzeln. Diese fanden sie bei den Veralli, welche ihrerseits wiederum in den Spada eine Möglichkeit sahen, ihr aussterbendes Geschlecht weiterleben

Eine erweiterte Sichtweise auf die Mikrogeschichte der Corte di Roma

223

zu lassen. Insofern war Maria Veralli für die Ankunftsfamilie ebenso wie Anna Colonna »Statusgeberin«. Im Unterschied zu den Barberini lässt sich bei den Spada ein stetig steigendes gesellschaftliches Ansehen beobachten. Inwiefern dieses auch Marias Alltag beeinflusste, kam in ihren Schilderungen an den Kardinal vor allem in den 1650er Jahren deutlich zum Ausdruck. Im Vergleich zu Donna Anna, die Teil der päpstlichen Herrschaftsfamilie war, bewegte sich Maria in einem Umfeld von vergleichsweise geringerer gesellschaftlicher Wichtigkeit. Die Instabilität der Gesellschaft, die in hohem Maße dem politischen Mächtewandel – insbesondere den wechselnden Pontifikaten – unterlag, wirkte sich jedenfalls auf den gesellschaftlichen Rang beider Ankunftsfamilien aus und hatte insofern auch Einfluss auf das Leben der Frauen.

2.

Beziehung zwischen den Herkunfts- und Ankunftsfamilien

Bei Maria war von vornherein klar, dass sie als Alleinerbin Besitz und Status der Veralli in ihre Ehe mit Orazio Spada einbringen würde; das Veralli-Geschlecht lebte durch Maria in die Spada-Familie integriert weiter und wurde nach ihrem Tod sogar ganz von den Spada aufgenommen. Da die Veralli nach der Verheiratung von Maria ausstarben, konnten keine vergleichbaren Konflikte entstehen wie zwischen den Familien Colonna und Barberini. Entsprechend spielte die Herkunftsfamilie bei Maria im Vergleich zu Donna Anna, die sich ein Leben lang zwischen Herkunfts- und Ankunftsfamilie hin- und hergerissen fühlte, eine untergeordnete Rolle. Der persönliche Identifikationskonflikt Donna Annas zwischen Barberini und Colonna ging zurück auf die bereits vor der Hochzeit schwelenden Streitigkeiten zwischen den zwei Familien; wie Zeitgenossen prognostiziert hatten, vermochte auch eine Ehe die gesellschaftspolitischen und von Konkurrenz geprägten Familienkonflikte nicht zu lösen. Inwiefern sich dies auf die Handlungen von Donna Anna in ihrer Ankunftsfamilie auswirkte, wurde am Auszug aus dem Barberini-Palast und in der bibbia an den Vater ebenso deutlich wie in der heiklen Situation nach dem Barberini-Pontifikat, als die Familie ins Exil nach Frankreich fliehen musste und um das Sorgerecht der Kinder und die Auszahlung der Mitgift gestritten wurde. Sogar im Kloster S. Maria Regina Coeli, dem persönlichen Vermächtnis, welches Donna Anna als Witwe und mit Distanz zu ihrer Ankunftsfamilie verwirklicht hatte, kommt der Identifikationskonflikt, der ihr Leben geprägt und mitbestimmt hat, zum Ausdruck.

224 3.

Schluss

Die persönliche Beziehung zum geistigen Familienoberhaupt

Bei beiden Hofdamen hat sich gezeigt, dass nicht primär die Beziehung, die sie zu ihren Ehemännern hatten, für die Familiensituation entscheidend war, sondern das Verhältnis zum Familienkardinal, zum »geistlichen Partner«. Die Antipathie zwischen Donna Anna und Kardinal Francesco – die »Verkörperung« des geschilderten (Familien-) Geschlechterkonflikts – beeinflusste das Funktionieren bzw. eben Nicht-Funktionieren der casa in hohem Maße. Im Gegensatz dazu trug das von echter Zuneigung geprägte Verhältnis zwischen Maria und Kardinal Bernardino maßgeblich zum sozialen und gesellschaftlichen Erfolg und den intern perfekt organisierten Abläufen in der Spada-Familie bei. Erst in zweiter Linie war das Verhältnis zwischen den Eheleuten von Bedeutung. Während sich Donna Anna über Don Taddeo stellte, ihm wenig Zuneigung entgegenbrachte und ihn abschätzig als »halb aus Stuck, halb aus Fleisch« bezeichnete, spürt man zwischen Maria und Orazio zwar gegenseitige Wertschätzung und Respekt, doch war auch Maria ihrem Ehemann in mancherlei Hinsicht überlegen. Der Wichtigkeit der »geistlichen Partnerschaft« entsprechend, kam auch der »geistlichen Witwenschaft«, wie sie bei Maria nach dem Tod des Kardinals zu beobachten war, eine entscheidende Bedeutung zu; wie das Bild von Eberhard Keilhau auf unvergleichliche Weise deutlich macht, hatte sie nach dem Tod von Kardinal Bernardino eine zentrale Rolle innerhalb der Familie. Bei Donna Anna zeigten sich die Auswirkungen ihrer »weltlichen Witwenschaft« nach dem Tod von Don Taddeo nicht unmittelbar, sondern manifestierten sich erst im Konflikt mit dem verhassten geistlichen Familienoberhaupt. Aufgrund dieser Erkenntnisse kann festgehalten werden, dass das Verhältnis zwischen dem Familienkardinal und der im selben Haushalt lebenden Ehefrau des Neffens bzw. Bruders ein Indikator für das Funktionieren der Kardinalsfamilie ist. Ob dieser auch auf weitere Kardinalsfamilien angewendet werden kann, müsste in einer weiterführenden Arbeit untersucht werden. Nicht zuletzt haben meine Untersuchungen zu den höfischen Damen Anna Colonna Barberini und Maria Spada Veralli gezeigt, wie unterschiedlich die Frauen waren. Dies mag eine Typen- und Charakterfrage gewesen sein – wohl steckten aber auch gezielt eingesetzte Strategien hinter den Verhaltensmustern. Machtkampf und Emotionalität hieß die Strategie der Colonna-Tochter, Harmonisierung der Interessen und Versöhnung diejenige von Maria Veralli Spada. Wie sich gezeigt hatte, neigte Anna Colonna schon als junge Frau zu emotionalen Ausbrüchen, hielt sich nicht zurück in ihrem Urteil und besaß neben dem ausgeprägten Stolz auf ihre Herkunft Kampfgeist und persönlichen Ehrgeiz. Wo andere schon lange resigniert hätten, setzte sie sich mit einer schier unerschöpflichen Kraft für die Rettung ihrer Familienehre ein. Sie hätte nach dem

Eine erweiterte Sichtweise auf die Mikrogeschichte der Corte di Roma

225

Tod von Don Taddeo die Möglichkeit gehabt, zu ihrer Herkunftsfamilie zurückzugehen und sich von der ehemaligen Papstfamilie, die an Bedeutung und Einfluss verloren hatte, zu distanzieren. Zwei Faktoren hinderten sie aber daran: Die Kinder, denen sie das adlige Colonna-Blut weitergegeben hatte, und der eigene Stolz, der es nicht zuließ, sich aus den Familiengeschäften der Barberini zurückzuziehen und Kardinal Francesco kampflos die Verantwortung für die Kinder zu überlassen. Denselben überzeugten Kampfgeist zeigte sie auch bei der konsequenten Verfolgung der Klostergründung. Obwohl ihr von der neuen Papstfamilie Pamphilij immer wieder Steine in den Weg gelegt wurden, trieb sie das Projekt selbstständig und hartnäckig voran. Im Gegensatz zu Donna Anna verhielt sich Maria ausgeglichener, angepasster und gefälliger – eine ganz andere Strategie, mit der sie nicht weniger dominant und erfolgreich war. Maria Veralli hatte gegenüber Anna Colonna den Vorteil, dass sie ihre Stärken ungehindert in die Ankunftsfamilie einbringen konnte und dieser damit maßgeblich zum Aufschwung verhalf. Ihr Engagement galt auch den eigenen Interessen: Als weibliche Alleinerbin der Veralli war es die einzige Möglichkeit, ihr Herkunftsgeschlecht weiterleben zu lassen. Zudem war das Familienziel der Aufsteiger Spada eindeutiger als derjenige der Barberini: Die Spada strebten nach oben, an die Spitze der Gesellschaft. Die Papstfamilie jedoch war schon oben – sie konnte nur noch vorbeugen, dass der Weg nach dem Pontifikatsende nicht allzu weit runter ging. Der Vergleich zwischen den beiden hier untersuchten höfischen Damen der Corte di Roma hat gezeigt, dass mit einer erweiterten Sichtweise auf die römische Hofgeschichte neue Erkenntnisse für das Verständnis der beschriebenen Zeit gewonnen werden können. Das in der Einleitung erwähnte Durchbrechen der nachaufklärerischen Denkstrukturen und das Betrachten des römischen Mikrokosmos mit dem »ethnologischen Blick« hat ermöglicht, die Handlungsspielräume und Rollen der Aristokratinnen zu beleuchten, ohne sie dem »privaten« oder dem »öffentlichen« Raum zuordnen, ohne ihre Handlungen als »nicht offiziell« oder »informell« werten zu müssen. Auch konnte deutlich gemacht werden, wie sehr Kirchen-»Staats«-Politik Hofpolitik, Hofpolitik Familienpolitik und Familienpolitik Politik zwischen weiblich-weltlichen, weiblichgeistlichen, männlich-weltlichen und männlich-geistlichen Vertretern der höfischen Gesellschaft war. Die Einbindung der Frau in die Familiengeschäfte und die damit eng verflochtene höfische Politik wie zum Beispiel über die verschiedenen Formen des Zeremoniells – seien sie nun wie im Falle Donna Annas mit länderübergreifender Ausstrahlung oder wie bei Maria von regionaler Bedeutung – war höfischer Alltag und für damalige Verhältnisse nichts Außergewöhnliches. Und hier schließlich, im politisch-diplomatischen Familien- bzw. Hof-Alltag, steht das Handeln der Akteurinnen in Relation zu ihrem Geschlecht

226

Schluss

bzw. der religiös-moralischen Konzeption davon: Sowohl Donna Anna wie auch Maria benutzten ihr »Frau-Sein« bewusst, um Handlungen zu legitimieren, die auf der Ebene der traditionell-theoretischen Geschlechterkonzepte nicht der gängigen Vorstellung entsprachen. Ich habe in der Einleitung danach gefragt, ob von »Konventionsbrüchen« oder »Normüberschreitungen« gesprochen werden kann, wenn das »reale« Verhalten der Frauen nicht mit dem moralisch »idealen« übereinstimmt; diese Frage kann mit »Nein« beantwortet werden: Wie aufgezeigt werden konnte, handelte es sich um eine bewusst eingesetzte Strategie der Frauen, sich auf ihr Geschlecht zu berufen, um gewisse Ziele zu erreichen, zu gewissen Themen Stellung zu nehmen oder Handlungen zu entschuldigen. Diese war Teil des höfischen Spiels, war den Männern bestens vertraut und wurde gerne von allen Familienmitgliedern gemeinsam zur Erreichung familien-, sozial-, gesellschafts- oder machtpolitischer Ziele eingesetzt. Es lohnt sich, bei der Aufarbeitung der Geschichte und der Politik des frühneuzeitlichen Kirchenstaates ethnomethodologisch vorzugehen und Phänomene und Mechanismen zu beschreiben. Als Werkzeuge bieten sich die akteurszentrierte Perspektive und die Erforschung der innerfamiliären Mikromechanismen, wie sie in der Alltagskorrespondenz aufgezeigt werden können, geradezu an; eine größere Gewichtung familiendynastischer Mechanismen auf Kosten der Darstellung von staatlichen Verwaltungsstrukturen trägt zu einem differenzierten Verständnis für die Kultur der höfischen Gesellschaft im römischen Seicento bei und vermag neue Erkenntnisse hervorzubringen.

Abbildungen

Abb. 1. Schriftbeispiel: Anna Colonna an Vater Filippo I Colonna, 3. Februar 1623, Neapel (ACS, Cart. Filippo).

Abb. 2. Schriftbeispiel: Anna Colonna an Vater Filippo I Colonna, 5. Mai 1623 (ACS, Cart. Filippo).

Abb. 3. Piazza Monte di Piet” mit Casa Grande ai Giubbonari (rechts), Stich von Vasi, Biblioteca Apostolica Vaticana (Waddy, Patricia: Seventeenth Century Roman Palaces. Use and the art of the plan, New York 1990, S. 163).

Abb. 4, 5, 6: Die ehemalige Casa Grande ai Giubbonari und heute erhaltene Details (Privatfotos 2008).

Abb. 7. Palazzo Barberini alle Quattro Fontane mit Nord- und Südflügel, Stich von Specchi, Biblioteca Apostolica Vaticana (Waddy, Patricia: Seventeenth Century Roman Palaces. Use and the art of the plan, New York 1990, S. 180).

Abb. 8. Palazzo Colonna Barberini di Palestrina (Privatfoto 2008).

Abb. 9. Giovanna Garzoni, Ritratto di Don Taddeo Barberini, o.O. (http://nautilus.ashmm.com/ 9608it/arte/garz3.gif).

Abb. 10. Ottavio Leoni, Ritratto del Cardinale Francesco Barberini, Rom, Privatbesitz (Tittoni, Maria E. (Hg.): La porpora romana. Ritrattistica cardinalizia a Roma dal Rinascimento al Novecento. Roma 2006, S. 89).

Abb. 11. Andrea Sacchi, La Divina Sapienza, Deckenfresko für Anna Colonna Barberinis salotto, Palazzo Colonna, Rom (Scott, John Beldon: Images of Nepotism. The painted Ceilings of Palazzo Barberini, Princeton, New Jersey 1991, Plate I).

Abb. 12. Pietro di Cortona u. a., Heilige Anna mit Maria, Josef und dem Jesuskind, Freskendetail in Anna Colonna Barberinis Hauskapelle, Palazzo Barberini, Rom (Scott, John Beldon: Images of Nepotism. The painted Ceilings of Palazzo Barberini, Princeton, New Jersey 1991, Fig. 54).

Abb. 13. Schriftbeispiel: Auszug aus der bibbia (Seite 1 von 23), Anna Colonna Barberini an Vater Filippo I. Colonna, 9. September 1634 (ACS, Cart. Filippo).

Abb. 14. Büste mit Inschrift von Anna Colonna Barberinis Grabmal, Albright Knox Art Gallery (Sacchi Lodispoto, Giuseppe: Anna Colonna Barberini ed il suo monumento nel Monastero di Regina Coeli, in: Strenna die Romanisti (1982), S. 463).

Abb. 15. Büste mit Inschrift von Anna Colonna Barberinis Grabmal, Albright Knox Art Gallery (Sacchi Lodispoto, Giuseppe: Anna Colonna Barberini ed il suo monumento nel Monastero di Regina Coeli, in: Strenna die Romanisti (1982), S. 469).

Abb. 16, 17, 18. Das feudo Castel Viscardo heute (Privatfotos 2007).

Abb. 19. Palazzo Spada, Stich aus dem 17. Jahrhundert, Galleria Spada, Rom (Vicini, Maria Lucrezia, Guida alla Galleria Spada, Rom 1998, S. 5).

Abb. 20. Palazzo Spada heute, Fassade (Vicini, Maria Lucrezia, Guida alla Galleria Spada, Rom 1998, S. 7).

Abb. 21. Palazzo Spada heute, Innenhof (Vicini, Maria Lucrezia, Guida alla Galleria Spada, Rom 1998, S. 6).

Abb. 22. Schriftbeispiel: Maria Veralli Spada an Kardinal Spada, 24. September 1642, Castel Viscardo (ASR, FSV, B. 619).

Abb. 23. Schriftbeispiel: Kardinal Spada an Maria Veralli Spada, 7. September 1642, S. Casciano dei Bagni (ASR, FSV, B. 491).

Abb. 24. Giovanni Francesco Guercino, Ritratto di Cardinale Spada, Galleria Spada, Rom (Vicini, Maria Lucrezia, Guida alla Galleria Spada, Rom 1998, S. 8).

Abb. 25. Eberhard Keilhau, Ritratto della Marchesa Maria Veralli e di cinque suoi figli, Galleria Spada, Rom (Vicini, Maria Lucrezia. La famiglia Spada Veralli. Ritratto della Marchesa Maria Veralli e di cinque suoi figli. Roma 1999, Titelseite).

Abb. 26. Gian Domenico Cerrini, Ritratto di Orazio Spada, Galleria Spada, Rom (Vicini, Maria Lucrezia. La famiglia Spada Veralli. Ritratto della Marchesa Maria Veralli e di cinque suoi figli. Roma 1999, S. 12).

Abb. 27. Schriftbeispiel: Orazio an Maria, 27. November 1673, Castel Viscardo (ASR, FSV, B. 616).

Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Abkürzungen Eindeutige Abkürzungen wie zum Beispiel »car.ma« oder »veram.te« werden in den Trankriptionen der besseren Lesbarkeit wegen zu »carissima« und »veramente« aufgelöst, hingegen werden die immer wieder auftauchende Abkürzungen sowie die abgekürzten Titel in Verbindung mit einem Namen, wie zum Beispiel bei »P. Virgilio« oder »Card.le Bernardino«, belassen. Verzeichnis der häufigsten Abkürzungen:

aff.ma/o Card.(l)e Contestab. col.ma/o comp.[a] e.mo ecc.mo hum.ma/o ill.ma/o ltra matt.a med.a/o mro Mons. M./March. N.ro Sig.re/N.S. ott.mo

affettissima/o Cardinale Contestabile colendissima/o computista1 eminentissimo eccellentissimo humilissima/o illustrissima/o lettera mattina medesima/o maestro (della casa2/della posta) Monsignore Marchesa/e Nostro Signore ottimo

1 Der computista war der Buchhalter. Er führte das Hauptbuch und stellte Mandate aus. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 402. 2 Der maestro di casa war der Beauftragte für alle häuslichen Angelegenheiten ausgenommen der anticamera und der capella, wo er nur für die Ausrüstung verantwortlich war. Es handelte sich um eine Position, die wegen ihrer Nähe zum padrone Aufstiegschancen mit sich brachte. Völkel, Kardinalshaushalte, S. 404.

250 P. pnte p.rone rev.ma/o S. S.” S.(ua) Beat.e S./Sig.(r)a / Sig.(r)e SS.re / SS.ri S. Em.za S. Ecc.za V. Em.za V. S. V.ro/a […] […?] xxx[?]

Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Padre presente Padrone reverendissima/o Sua Santit” Sua Beatitudine Signora/e Signore/Signori Sua Eminenza Sua Eccelenza Vostra Eminenza Vostra Signoria Vostro/a Auslassung unverständlich/unleserlich unsicher/schwer lesbar

Anmerkungen zu den Transkriptionen Die für die vorliegende Dissertation untersuchten Briefe waren bis auf einige wenige über weite Strecken unbeschädigt und somit relativ gut lesbar. Unleserliche Wörter oder Satzteile sind vorwiegend auf die individuellen Handschriften zurückzuführen und werden in der Transkription mit […?], unsichere Lesarten werden mit xxx[?] gekennzeichnet. Die italienische Satzstruktur der Originalzitate ist oftmals sehr verschachtelt, eine Interpunktionssetzung fehlt meistens – auch am Satzende – und Betonungsstriche und Apostrophs sind mehr oder weniger willkürlich gesetzt. Dies hat zur Folge, dass die deutschen Übersetzungen im Haupttext der Dissertation relativ frei und ein Stück weit Interpretation sind. Im Folgenden werden einige längere Schlüsselpassagen als Transkriptionsentwürfe aufgezeichnet, um künftigen Forschungsarbeiten zur Verfügung zu stehen. Bei den Transkriptionen werden folgende Regeln befolgt: Uneinheitliche, oft beliebig erscheinende Schreibweisen werden ebenso wie offensichtliche Schreibfehler mehrheitlich übernommen. Da in den Quellen alle möglichen Formen der Gross-/ Kleinschreibung anzutreffen sind und mitten im Satz gewisse Wörter mal gross und dann wieder klein geschrieben werden, wird in der Transkription alles klein geschrieben – mit Ausnahme der Eigennamen (z. B. »Cardinal Caraffa»), Ortschaften (z. B. »Orvieto«) und zu Satzbeginn. Titel wie »principe«, »cardinale« oder »padre« werden nur in Verbindung mit einem Namen gross geschrieben, also zum Beispiel in »Cardinale Bernardino«, »Principe Taddeo« oder »Padre Virglio«. Unlogisch erscheinende Interpunktionszeichensetzungen und Betonungsstriche werden grösstenteils weggelassen, bei offensichtlichem Satzende oder Themenwechsel hingegen Punkte gesetzt.

Transkription 1

251

Transkription 1 2 Briefe von Anna an den Vater aus dem Kloster S. Giuseppe ACS, Cart. Filippo, lettera da Anna, 3. 2. 1623 Ill.mo et Ecc.mo Sig.or Padre et Pa.ne mio ott.mo3 Il sabbato[?] pasato scrissi a V. E. che non avevamo ricevute letere sue ma poi […?] il lunedi e rosilio ce disse che vole trasportare alcune volte qualche giorno ma adeso fu piu di un giorno per che le ricevemo il luned… e con contento grande per sapere la bona salute che gode V. E. con tuti li Sig.ri fratelli che avuti sempre ce la prego da Dio benedetto. Giovedi sera arivo qui Magnio che pure ci porto letere di V. E. e a bocca ci disse che laveva lasciati tuti con salute e a Marino i dio benedetto ce li conservi sempre – noi per gratia di dio stamo con salute. Da la letera che mi a portato Magnio ý inteso quanto V. E. mi scrive intorno de lo stare io qui allegramente dico a V. E. che io questo lo fo prima per ubedire a V. E. come e mio obligo e poi perche cosi igniorante come sono conosco che lo da fare e cosi mi conviene, che qui ci siano molte monache e che potrebero notar questo e riferirlo a parenti V. E. dice benissima […?] che loro lo notino cosi questo come qualsivogli minima atione che io facci per che non potranno per gratia di Dio notar cosa nisuna non conta niente – e poi io non pratico con moniche ma fo corriste a tute e se par mi fermo con loro alcuna volta io mostro di starci contentissima e di questo V. E. ne pol star sicuro che cosi quando intrai con chi parlai fuora del monasterio et intrata dentro a tuti che mi domandorno io dissi che venia[?] contentissima e dopo che sono qui il chardinale che ci vole mandare un suo gentilomo qui a saper come stamo io sempre li dico che sto benissima e contentissima. De le stanze che siano picole io non me ne son lamentata qui con nesuno ne di questo ne di altra cosa lo scrissi a V. E. si come a mio padre potenno[?] scriverli ogni cosa che qua io dico a tutte che ogni cosa e buona e bella e che io non merita tante grazie che ci anno fatte come e in effetto – In quanto de la Sig.ra Sor Hippolita io mi par di portarli tuta quella obedienza e rispetto che mi conviene portarli e con tuto che io abia 20 anni io li porto obedienza e rispetto come se io ne avesi lamenta manco e se V. E. non lo crede lo potra conocsiere in questo che e occorso di Magnio che il volerlo qui avio ci serva a noi non e stato mio pensiero ne mio gusto per che mentre io avevo ricerchato Angelo e V. E. per farmi gratia volse che venisse del servitio suo mi contentano e ci dava sodisfatione e lui il pover omo non si partiva mai da la rota 3 Ill[ustrissi]mo et Ecc[ellentissi]mo Sig[n]or Padre et Pa[dro]ne mio ott[issi]mo. Da es sich immer um dieselbe Anrede handelt, wird sie in den folgenden Transkriptionen weggelassen.

252

Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

voglio dire che io non ricerchava altro quando io intrai Sor Hipolita mi disse queste formate parole mi meraveglio di noi che vi siate portata per servire a voi uno che serviva le donne, io li rispose che per farci i servitii che ci aveva da fare era buno e non inportava che avesse servito le donne per che V. E. me aveva detto che quando volevamo qualche cosa particolare cera Rosilio e il Sig. Alfonso lei mi replicha che aveva promeso a Magnio di farlo restare e che lui ce lo aveva ricerchato e che lei sapeva meglio di me quel che conveniva pero voleva che Magnio restasse e per[?] che[?] allora ancora non aveva avuto licienza di poter scrivere a V. E. senza che vedesero mie letere mi fecero scrivere contro mia voglia che io lo desiderava. Et io per ubedirla feci ogni cosa quanto mi comando come mentre staro qua far sempre ubedendola in qualsi voglia cosa si ben mi fuse di disgusta – come e stata questa parola povero Angelo dice io stavo al servitio la in casa adeso dubita che non ci sia intrato altro in loco suo io suplico V. E. quanto posso a farmi questo favore di farlo tornare a servire le donne per che lui e omo da bene e servitiente V. E. non mi manchi di farmi questo favore lui ritornera questa altra setimana per che adesso non sta troppo bene e mi a pregato che io lo facci stare quatro o cinque altri giorni e poi subito vera. Questo e quanto posso dire intorno al rispetto et obedienza di Sor Hipolita. V. E. mi dice in tute due le sue che mi a favorito scrivermi di suo pagnio che me sono state tanto care che non potrei in questa esprimerlo mi dice che io mi asicuri che V. E. penza ad accomodarmi Sig.re Padre mio io, son sicurissima di questo per che ben conosco che padre tengo e quanto sia. V. E. amorevole asicurasi V. E. che io non penzo ad altro se non pregare sempre i Dio benedetto che dia salute e vita a V. E. che avendo questo son sicura di avere ogni bene e non sento altro disgusto se non che V. E. mi tenga per tanto poco amorevole et poco obediente che io mostri qui che ci stia per forza altro non posso dire solo che io se stassi ne linferno staria contenta pur che sia gusto di V. E. e facci la sua obedienza non per che io scrivo qualche minima cosa che mi occore qua tengo di avere a mostrare che ci stia di mala voglia tanto piu che V. E. mi disse che li scrivessi tuto quel che mi occoreva per questo lo fatto V. E. stia sicurissimo che io fo quel tanto che mi conviene e come lo faro sempre suplichandolo a perdonarmi se lo infastidito con si lunga letera fo fine col pregarlo che mi dia la sua beneditione e li fo umilissima riverenza di Napoli dal monasterio di San Giuseffe a di 3 di febraro 1623. Aff.ma et obedientissima serva et figlia umilissima4 Anna Colonna

4 Wie die Anredeformel wird im Folgenden auch die immer identisch lautende Schlussformel weggelassen.

Transkription 1

253

ACS, Cart. Filippo, lettera da Anna, 5. 5. 1623 Ringratio V. E. quanto devo de laviso che mi da de la sua salute che questo e il magior contento che possa ricevere pregando sempre i Dio benedetto a conservarcela perfetissima. Noi similmente stamo con salute e qua si cominza a sentir bravamente il caldo. Noi gia ci abiamo messi i vestiti che V. E. ci a fatto gratia e Sor Hippolita manda a V. E. la lista de la spesa fatta io mi rimetto a quella non voglio piu infastidirlo fo fine con pregarlo de la sua beneditione facendoli umilissima riverenza di Napoli dal monasterio di San Gioseffe a di 5 di magio 1623.

254

Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Transkription 2 Annas bibbia an den Vater ACS, Cart. Filippo, lettera da Anna, 9. 9. 1634 Sig. Padre mio caro scrivo questa ” V. E. la quale si potra piu tosto chamar una bibia che una letera ma V. E. scusera la mia ignioranza, et acettara il mio amore. Incominciaro prima con acusare la ricevuta della risposta della mia lettera, da V. E. portatami in proprie mani dal istesso omo il quale non e qui in questa casa conosciuto da nessuno et cosi potessi essere sicuri che le lettere vadino con sicurezza; le lettere che V. E. mi scrive subito lette le contempio al foco; altre tanto suplico V. E. far delle mie. Scrissi ” V. E. ieri dal monastero delle mie sorelle dove mi tratenni insino ” sera; et nel ritorno venne meco il Sig. D. Giovanni maestro che veniva da D. Carlo et diede nova ” me et alle sorelle dalla sua salute, nel arivare che feci ” casa giu alle scale mi fa fatta l’ambasciata che il Cardinale Barberino voleva venir da me risposi che era padrone; salij su et D. Giovanni ando via per non farsi trovare in casa aspetai la gran magnificenza per spazio di due ora, che tante erano di tutte quando lui finalmente venne, et io lo ricevei con le solite hum. Incominciý la volpe ” favellare con parole melate et fiato puzzolente et le parole in sustanza forma queste che lui sentiva disgusto grande delli travagli della mia casa nel caso sucesso, che compatisce[?] me grandemente, che ringratiamo i dio che mio fratello fusse vivo, et molte altre parole simili generali et di nulla sostanza, poi conchluse che io dovessi pigliare ogni cosa ” buon fine di quello che si faceva, che V. E. era andata un poco ” spasso ” Grotta Ferrata et poi in questa parola fece pausa. Io ero stata ad ascoltarelo senza levarli mai gli occhi di faccia, et lui con gli occhi fissi inserra li risposi queste fermate[?] parole; rendo gratie infinite ” Dio benedetto et alla vergine mia Sig.ra della vita che ” concessa ” mio fratello ne potemo io dubitarne altrimente per che so certa et so per fede che i Dio protegge la bonta la realta et la virtu, le qua, le conosco io esere nella persona di mio fratello, che mi dolevo come donna cristiana della morte del aversario ma del altro canto mi rallegiano di vedere cosi palesi gli affetti della giustitia divina; per lassasinio che volevavo cosi ” man […?] fare al mio fratello; ebbe ardire di dirme che li Caetani non portavano piu di otto persone quanti erano li stafieri di mio fratello ” questo io risposi non so quelli che fussero so bene che quelli erano […?] et i nostri senza, ma che io non mi volevo cimentare colui delle cose che tutto il mondo ” visto; li dissi con buone parole et con debiti modi questo che io mi doleva come moglie di suo fratello et madre de suoi nepoti che mio fratello avesse auto cosi poca fortuna in aver dato in gente che erano cosi amici di Sua Em.za ma mi rallegrato per […?] dal altro canto che il vedere il mio sangue strapazato per costoro de mie vendette me le averiano fatte costono[?] istesse;

Transkription 2

255

per essere razza de traditori et che io sapia certo che sono tanta inimici de Barberini chome de Colonnesi qui terminai questo intorno a mio fratello ne volevo nominar V. E. ma il gastone[?] per […?] se V. E. nel licenziarsi da me mi aveva detto il tiro fattoli da li tre cani barbari mi sogiunze non cie gia mutatione d’aria di qua ” Marino et il Sig. Contestabile non patira, allora mi parse conveniente da risponderli in questa forma, mio padre ” cosi buon petto che resiste ” qualsivoglia aria meritabile, masime quando la muta si fa in aria megliore et in casa propria la quale conosco per meglio che in qualsivoglie gran cita quando cie, poco gusto de principi padroni et supremi come e oggi in questa di Roma. N.ro Sig.re e V.ra Em.za, lui mi rispose, il Sig. Cardinale Antonio ” significato ” Sua Ecc.za il gusto di N.ro Sig.re di starsene per dodici giorni in casa, per sfugire le inconveniente di monalti[?] e di inquietitudine alla cita e governo di sua santit”. et sua Ecc.za ” detto piutosto l’andarsene ” marino io ridendo li rispose gia ý detto ” V.ra Em.za che tenga per meglio aria Marino che il palazo di Santo apostolo per che quello risiede in Roma dove oggi l’aria e grossa et da fastidio allo stomaco ” digerire ma ” Marino et alli stati di mio padre sono arie sotili et fresce che aiutano ” conoscere sino al tempo debito li […?] ingiustiti; che sua Em.za mi diceva che il Sig. Cardinale Antonio aveva significato il gusto di N.ro Sig.re che mio padre in questo credo non potranno dolersi per che Sua Em.za ” obedito sine dimora et questi li ” presi come comandamenti mi sogianze, non vorei che per Roma si publicasse che mio Sig.re gli ” significato questo senzo. Io allora risi di novo dicendo, se V.ra Em.za aveva senzo in questo non bisogniava farlo per che il dopo fatto non si puotra celare per lungo tempo, mi sofri[…?] do’ sarebe pur meglio scriverli che ritorni domatina, e che si contenti di starsene in casa et venire solo da me ” palazo et da noi qui alle Quattro Fontane che ve ne pare non laria bonissimo partito questo consigliante dire il vostro parere Sig. Padre mio confesso ” V. E. che alora me ebbe ” scapare la flemon[…?] ma i dio mi tenne la mano in capo che non lo feci, et li risposi con listessa pace queste parole V.ra Em.za mi vole da davero burlare, per che io tengo mio padre per omo di cinquanta et piu anni et non per un ragazzo se voleva stare in Roma non sarebe andato ” Marino, ma esendo andato volemo fare il gioco che fanno li ragazzi ora vanno et ora vengano. Io non sono buona ” consigliare l’ofitio mio con V.ra Em.za non º altro che di pregare, come lo prego che rimane[?] bene alle riputazione della mia casa et persona di mio padre et che io non posso oggi far altro che stare alla scena ” vedere et non ” consigliare, ma che li dicevo bene che mio padre stava contentissimo ” Marino et tanto ando con lanimo ripostato[?] di fermar[…?]si un pezzo che mi disse ” me per un bel tempo non ci rimetteremo, io suplico V.ra Em.za contentarsi che mio padre viva et se ne sta nelle sue terre, et non ho intermetano piu in questo negotio per che lui non ci a che fare; se suo figlio se disfidato con un altro cavaliere, trattimo con lui quelli agustamenti che siano convenienti alla riputatione della casa; la quale di novo racomando ” V.ra

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Em.za et la buona giustitia di mio fratello non sia sopraffatta; ” questo ultimo mi rispose e non ci e pericolo della vita del Sig. Don Carlo per che io lasicuro sopra alla mia, io restai stupita che dicesse questo et replicai; queste sue cose che non mi passano per la mente per che mio fratello non ” fatto cosa che si possa dubitar di cio s’º difeso valorosamente come ” da fare ogni cavalieri suo pari, in fine conchluse con una sparata di buone parole che lui º congiunto con il sangue con V. E. che º obligato ” esserli servitore che ben che non volesse bisognia che lo sia che lui non ” nesuno per lui che la potensa di V. E. e stimata fin da ier[?] et tante e tante altre di queste cose che o per farlo fenire lo ringratiai con dirli che erano gia tre ore et mezza di notte che si metteva con troppo fastidio per farmi gratia, si che se ne ando con […?] che se lo portino, et io feniro di questa volpe il raconto et metaro mano ” dire della volpachiotto picola et gobba, ma prima diro che andassimo ” cena con il D. Taddeo, et dopo cena io li dissi il Sig. Cardinal Barbarino e stato da me et mi ” detto che vorebbe far ritornare mio padre questo motivo di donde procede mi rispose che lui non sapeva penetrarlo io Taddeo, ma diro ” presso ” V. E. quello che in cio ý scoperto dal istesso Taddeo questa sera, ritorno nel filo incominciano questa matina sabato mi son levata et la madre di questi icolpachiosti, e venuta ” scalzarmi che mai non º stata da me dopo la […?] anzi ý saputo che ” mandato ” condolersi con la moglie di Cesarini sorella del morto questa matina dicevo e venuta da me et mi ” detto come sta il Sig.r Contestabile io gli ý risposto bene lodato i Dio et lui non e in Roma non e gli o risposto, et lei digniando come sta il Sig. Duca sento che se sia gia levato et stia bene affatto io li risposi sta bene in ogni modo che stia e servitore di V. E. et cosi se ne ando ancor lei con cento altri mila ma[…?] oggi dopo magnare mi sono un poco riposata et alli 21 ora sono stata chiamata che veniva il Cardinale Emin.mo Antonio, sono andata et ricevutolo con somissione corporale sua[?] mentale non troppo, costui subito venuto prima che cominciasse ” parlare dopo astito si incomincio ” magniar lognie delle mano, et io guardandolo stavo aspetando che in cominciasse, finalmente incomincio, con questo modo: Sig.ra D. Anna io di piu della congiuntione del sangue sono tanto affetionato alla casa di V. E. che tra di me ý penzato che saria bene che io pregassi N.ro Sig.re ” contentarsi che il Sig. Contestabile ritornassi in Roma et che potesti venire ” vedere V. E. et ” palazzo, et questo lo facene quando voli uscire mandarlo ” dire ” me accio si potessere evitare gli incontri con Caetano et Cesarino voria che V. E. ce lo scrivesse, non mi protessa che questo e, penziero mio solamente: ne sa niente Barberino ne il Papa; io lera[?] di me li diedi una mentita per che come V. E. ” inteso di sopra il Barberini me aveva deta listesso la sera avanti, io risposi sig. Cardinale Antonio se mi e lecito vorei sapere da Vra Em.za che lo move ” dirmi questo et a di averlo penzato lei stessa; stette un poco et poi mi rispose, il dubito che ý che gia per Roma si sapia et si comincie ” sussarare che il Contestab. si scordato[?] via per il gusto (che cosi questi cani lo bateza et lo chiamano il tiro fatto ” V. E. del

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ordine[?] di star in casa) del Papa, mostratoli et significatoli da me in nome di sua beatitudine, et ritornando non si porria piu chiachiarare, per che vedendolo uscire da V. E. et ” palazo quando non escie diviano che lo fa per suo gusto. Io ” questo li risposi mi meraviglio che V.ra Em.za che eletta dal pontefice per tratare negoti grandi, prima di incominciarli, non discontra un poco di questo dopo fatto che ne risultava, io son donna che non sono per questo et riesto quando mi fusse stato ordinato una cosa simile ar[…?] per prima di farlo, penzato chi era il Contestabile la sua persona da per se la qualita della casa et volesi altri particolari che lui[?] sa meglio di me, et fatta questa consideratione dare di mano a la sua amorevolezza che allora era tempo di adoprarla per distogliere N.ro Sig.re da questi penzieri cosi poco amorevoli verso la mia casa et persona di mio padre, ricordo et dico ” V.ra Em.za che Papa Paolo fu inimico della mia casa; et nel suo pontificato sucessero tre cose gravissime et una fu il far bestonare in mezo Roma il nepote di Giustiniano che pure era Cardinale, et egli prelato. la seconda usci dalle carceri di Tor di Nona che stava in segreta uno che era governatore di macisuo[?] fatovi mettere per avere fatto forza in detta terra alli sbirri del Papa – per di piu fu cavato fuora di Roma senza letone alcuna et oggi di vive, la terza al caporale de sbirri che maltratto di parole il principe mio fratello fu mandato ” fare la pappa ” carotte[?]; sapeva benissismo Papa Paolo che mio padre aveva fatto bastonare il nepote di Giustiniano poteva credere che se rincontravano per Roma averiamo posato fare qualche zuffa non dimeno disimulo, ne ebbe cuore di fare alla persona di mio padre motivo alcuno sapeva bene Papa Paolo che mia padre aveva cavato di Roma il governatore di Marino et fatto li per cosi dire un afronto in cosa propria essendo uscito dalle carceri di Tor di Nona; tutto cio disimulo ne abbe ardire di fare cosa nesuna ne alla cosa ne alla persona di mio padre, sapeva finalmente che lo sbirro non laveva fatto avanzare il Principe di Butero per che era ragazzo di quatordici anno ma che ho av[…?] fatto mio padre cioº per cognioture[?] tutta via non se la piglio con mio padre ma con il principe sforzando con mio padre o detto messo[?] questo ” V.ra Em.za acio conosca che mio padre ne tempi che corrono sta volentierissmo fuori nelle sue terre le quale i Dio la date per goderle come fara et come me disse ” me nel partire, che per qualche tempo non ci sariamo visti, mio padre ” obedito sine dimora alli cenni di Mons.re che º quanto in questa particolare. Io potevo dire ” Sua Em.za e che io non volevo ingerirmi in tale trattato ne negotio con mio padre per essere donna che non so bene mettere in carta pero poteva conferirlo con D. Giovanni mio fratello che forse lui potrebbe servire Sua Emi.za et ho pregato ora per sempre di questo fatto il mio padre non parlaremo mai piu per che mi […?] che non gli averei dato risposta alcuna, et che io conoscevo benissimo il tiro di dove veniva et mi acorgere del modo di fare che non aveva pero Sig.e penzato ” questi ripiegi ma ben si gli erano stati superiti da che si sia io non posso sapere per che non so piu di chi fidarmi oggi di che il mondo º corrotto et gli animi di chi governi

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

istigati da malevoli della mia casa et persona di mio padre; il fin quale questa negotio non ” che piu star[…?]; esendoci per la malvagita[?] de suoi nemici errato pur tropo, ma che io non sapevo vedere a che piu per questo nominare sua Ecc.za tratassero con mio fratello il quale e stato chiavato da colmi che e morto et si e difeso da buon cavaliere, lui sogiunze mi […?] che N.ro Sig.re abia voluto che io mi innomessa in questa negotio come amica di Caetano et io volentieri mi ci sono innomesso per la feno[…?] che porto alla sua casa; io risposi che in quanto ” mio fratello ce si poteva innomettere ma che mio padre di gratia lo lascino stare che sara la meglio; lui mi sogiunge il Sig.re Contestabile non puo gravarsi un punto di questo se glie fatto per che volevamo fare precetto nel istessa forma al Cardinale Caetano et Cesarino che non uscisse di casa et questo non era per egagliar le cose ma per che quelli erano cardinali et sua Ecc.za ne se ci faren state in Roma il Duca di Sermoneta allora non averiamo trattasi tutti ” un modo lui come al Contestabile. Io li risposi sana et prudente giuditio io replico di nol[…?] ” V.ra Em.za che non mi parli piu di mio padre per simile negotio per che io pigliaro[?] buona lecenza da Sua Em.za et cosi si partii lui ancora concento migliara de milioni de ma[…?] che se lo portino, nel uscire incontro Don Giovanni ritorno dentro echo dire D. Giovanni che potra scrivere quello che io ý detto al Contestabile io fece cenno ” D. Giovanni et dissi ” lui V.ra Em.za gli lo dica da lei quello che vole che D. Giovanni faccia cosi glielo disse con dirli che domani vada da lui io parlai da me et D. Giovanni et li dissi che scrivesse tutta ” V. E. gesitera per poterne avere la risposta domani et lo consigliato che cerchi di andare a palazzo domani quando sapia che lui sia uscito di casa; che cosi avera piu tempo di potere avere la risposta da V. E. ho detto ” V. E. quello che º pasato[?] con costoro mi resta ora di dire per ultimo quello che ý scoperto, per che costoro abiano fatto questo motivo di dire che V. E. ritorni in Roma, io e infine ” questa sera nel mio cervello machinata gran cose che le diro ” presto ma ý scoperto che e stato per paura et per pregiera fattali da D. Taddeo; giovedi sera V. E. si licenzio da me et io andai subito dalle mie moniche dove mi tratenne intimo ” notte dentro da loro et poi ritornai ” casa cenai et dopo cena mi disse Don Taddeo durante mio parto che N.ro Sig.re si sia risoluto di trattare in questo modo il Contestabile io li sogiungi io ringratio i Dio che mio padre e notato di tanto prudenza che sa passare tutte le cose per […?] che siano, perche me º pasate del altre, ma questa e stato il segillo de tutti, so che non puo lasciare di essere mio padre et come tale amar V. E. et suoi figli, ma lasci vero bene che non e omo che abia mai comportato che litia stato tochato in un pelo l’onore ne la riputatione della sua casa et persona, ne questo la comportato ma ne da pontefici ne da il Re istesso; io credo che se non ” mutato matura oggi fara listesso, ma confido tanto nella sua prudenza che se non lo ingiustimo affato lo terra questo bocone ” mezza gola per nominarlo al suo tempo. Dico bene ” V. E. che se questo tiro che il Papa ” fatto ” mio padre, e stata fattoli fare per istigatione di Barberino

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ce[?] compiacenza de spagniouli Sua Em.za conoscera con il tempo quel che ” fatto et se la fatto fare Antonio per compiacere ai Caetani prova[?] listesso che ý detto di sopra; dico io benche ” V. E. che io non lasciaro insino al perdere della mia vita istessa di esere figlia di mio padre et che queste saranno l’ultime parole che io diro ” Sua Ecc.za e che quando vedro seguitare in questa forma verso la persona di mio padre termini di tanta ingiustia[?] che non mi dara il core di conservare con Sua Ecc.za il quale se ben voglio credere che non abia parte in questo negio tutta via e pur di questo sangue cosi remerario verso la mia casa et penzo mendi mio padre pero conoscendo io che questa perfidia […?] non a potuto per sette anni contiscono che io sono stata congiunta con Sua Ecc.za et dalle mi viscere uscitone quattro figli, non avevo cagione di aspettarme piu frutti di bene ne per la persona di mio padre et seguitando questi termini non mi avrebbe bastato lasciarme di sperare[?] di novo figli del ira et della maleditione; et che dicevo questo ” Sua Ecc.za non per moto di sdegnie ne mi movevano querele feminile che per sette anni ý tutte passate et timulate, ma il vedere tordire il mio proprio sangue et quello che dopo i Dio mi aveva dato lettere, lui si rimessa buone parole, e ci levamo di tavola; dopo questa io non li ý parlato piu ne di quello che º passato ne delle persona di V. E. ne mi sarei mai creduta che questo omo avesse fatto quello che ” fatto questo fa la sera del giovedi il venerdi matina io andai dalle mie sorelle et vi stetti tutto il giorno come ý detto; et mi dice lui questa sera che lui la matina di venerdi ando da Barberino et si dolse del tiero fatto ” V. E. et che disse che ne soleva parlare con N.ro Sig.re per fare ritornare V. E. che stasse pero con ogni liberta Barberino mi dice D. Taddeo che li rispose con poco buona cera et che li disse per ultimo che ne lui se il Papa si movevano per lagrime ne per tenereze, volendo alludire che D. Taddeo si moveva per tenerezza mia, il che io mi glorio che lui stesso e il fratello […?] io lo detto cosa dava finalmente dice Don Taddeo che si rompemo in parole et che lui (mi dice che li disse) sempre ý conosciuto la poca buona volonta che V.ra Em.za ” auto con mio socero et casa sua ma mi sono dato ad intendere che non fusse vero oggi che me ne acerto caminero in altra forma et gia so che V.ra Emin.za non ci bisognio della mia gratia ne che la stima ma listesso faro io che fanno gli altri volendo, alludire ad Antonio, disse di volere parlare al Papa et lui volse che parlasse prima con Antonio et […?] mentre il Barberini ando ” fischiare al orechio dal Papa con Antonio fecero un altra stramazata gagliarda poi mi dice che si era tanto turbeto quando fu chamato dal papa che prese […?] un poco di vino per che dubitava di venirse meno; entro dal Papa, et mi dice che il Papa li fece una lunga dicendoli che questo fatto non si poteva far dimeno per il ben publico per la quiete del suo governo; et mille altre pastochie; et finalmente se ne venne ” casa et me la detto questa ” me con uchasione che io questa sera di notte lo detto, che il Cardinale Antonio mi aveva detto listesso di fare ritornare mio padre che non sapevo per che si movesse º cio et lui mi disse si saranno mossi per

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

questa et questo che ý detto io, et cosi mi rianto tutto il soprascritto, io lo ringratiai et lo pregai ” non parlarne piu per che non vedevo che vere fusse necesita, questa º tutta la bibia che ý scritto ” V. E. et la mando per listesso omo accio V. E. labia sicura. Ringratio i Dio che V. E. e fuora della Ragnia et credo che sara prudentissimo ” non rientrare. Lo prego ” stare allegramente guardarsi bene della sua bocha; che come ci º vita si fanno gran cose io fenisco per che questa mi pare che abia passati li sermoni di lettera li scrivero apresso ogni giorno quello che andera sucedendo e che io possa sapere: li fo divota riverenza et lo prego che mi benedichi et ” dio che ne lo conservi Roma ” 9 di settembre 1634 Hum.ma et dev.ma serva et figlia aff.ma et oblig.ma Anna Colonna Barberini Prefetessa5

5 Ab dem Zeitpunkt ihrer Verheiratung lautet die Schlussformel in den Briefen an den Vater : «Hum[ilissi]ma et dev[otissi]ma serva et figlia aff[etissi]ma et oblig[atissi]ma«, und sie unterschreibt fortan mit: «Anna Colonna Barberini Prefetessa«.

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Transkription 3 Der Briefwechsel zwischen Maria Veralli Spada und Kardinal Spada, Sept. 1642 ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 4. 9. 1642 (fol. 147 – 148 Sig.ra Nip.e mia cariss.a6 Non ci volse poca manifattura ” ritrovar la strada de le carozze in queste estremit” del’Alfina, ma pi· ce ne volse ” trovarla per i monti due miglia lontan da S. Casciano, che perý sendo una volta presa una drittura per un altra, convenne poi per superare un’esta (longa un longo tiro di moschetto) che Don Cosimo con i tre quinti de la comp.a portasse la sua panzetta in processione Giungessimo ” l’Avemaria non sý se sonante ý sonata, et un quarto di miglio lontano havessimo incontro Marco et Antonio (non dico Marc Antonio) con una fiasca di legno che veniva ” refo[…?] i suoi compagni, accompagnato da cento cinquanta e da un altro contadino, che non faceva perý centocinquant’uno. Don Arcadio, il fratello, il Fabricci, il Lavachia, il medico et altro vennero anch’essi ” misurar due volte una salita come quella di Monte […?], et in somma, smontassimo sani e slavi, e dire sani, e savij se non c’era Mons· Tantucci, il quale feci subito comerata col medico, e gli scroccý sei fiaschi di vino bonissimo con alcuni capponi e piccioni; poi introdusse da me, che secondo la mia usanza incont.e ero andato ” letto) un suo nepotone, che per grandezza gli puole esser zio, sicome º del G. Salustio, quale Sig. Salustio sar” qua martedi ” la pi· longa, m” cessando una certa sua occup.e potrebbe anco esserci stasera. seitlich hinzugefügt: Se venissero forastieri per vedermi, e fr” questi l’Ondedei Governatore le li stato di lettra, il Vescovo di Bagnasca, il Arcivescovo & ý altri lodo che se pi· ne meso se gli faccia carezza e si mossi di stimare lo scommodo che havranno preso per farmi contesca. Trovai che D. Arcadio et il Lavachia sono stati ” Montepulciano (anzi dice il Lavachia ” Monte Cimignano[?]) n’haveva riportato due some di vino, un bianco e un rosso. Del’no e de l’altro ne mando un po di saggi ” V. S. per sappia come viviamo, ma principalmente […?] servino per il suo stomaco, che veramente il bianco mi pare una cosa delicata, e da che lo debbi hiersera, non hý contro il mio solito, sentito ne flati, ne flauti. Oltre questa medicina per lo stomaco, hý pensato d’insegnarne un altra ” V. S., et ” che muti camera, e vada ” star ne la mia, mettendo le scritture nela camera mia al meglio che si puý; che finalmente sar” manifattura d’un par d’hore al pi·. Non sý venuto mai ne la camera di V. S. et altre convicine, che non m’habbino per cosi dire offeso la tetta, parte per il caldo, parte per esser 6 Die Anrede des Kardinals an Maria lautet immer «Sig[no]ra Nip[ot]e mia cariss[im]a« und wird in den folgenden Transkriptionen weggelassen.

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

piccole, e render sensibilissima il tanfo di tante creature e lor bisogni e di che le governa, e credo che anco ” V. S. non giovi molto; che finalmente la testa e lo stomaco sono fratelli e sorelle. Questo non si chiamar”[?] allontanarsi da la camerata feminile poi che de la camera de la S. Giulia ” la mia non v’º che la saletta di mezzo e ne la saletta istessa si possa[?] metter de i letti e dele donne. Vengo da la cura di V. S. ” la mia, e gli dico de questa matt.a per il primo esperimento hý preso doi cuchiai di consenca d’agro di cedro, il medico disse ” 7 hore m” l’horologgio di Monsu Tantucci et il letto mi hanno portato ” le [?]. Qual letto per tornar un passo ” dietro, subito ch’arrivai lý feci mutar di luogo, mettendo i fianchi dov’erano prima i piedi, e gli feci levare il vielo de la trabava (nel stimar il cielo de le trebava, in verit” ch’il cielo h” cominciato ” tonare e quasi ” sdgnarsi del’affronto che feci ” questo letto) le bandinelle e le colonne – Torno ” dire ch’il cielo torna ” tonare e mi f” credere che quelle poche gioccia di hieri le quali ci smorzarno la polvere fussero inditio di maggior acqua nel giorno d’hoggi e ne seguenti. Il medico diche che nissuna aqua etiam d’inverno pregiudica ” quelle di questi bagni, per che vene e […?] loro sono troppo profonde, onde mantengono l’istessa temperie e qualit” anco di mezzo genaro se bene chi le piglia scieglie la staggione moderate prof. di medicamento m” che si lava e non f” […?]; domatt.a pigliaro un altro cucchiaro d’agro di cedro secondo il prescritto del Fonseca (benche il medico non l’hebbi per necess.a) e poi tirarý inanzi secondo pur le regole del med.o, che V. S. h” vedute. D. Arcadio hiersera benche di notte mi chiese licenza d’andar ” dormire ” celle sua latria lontana di qu” due miglie, e che io viddi hieri non molto de lontana in partando, e domatt.a poi ne tornar” al castello. Intanto hý pensato di rimandare le mulette e dire ” V. S. che vorrei mi mandasse con una di esse doi annesi che non hý trovati qui. Il primo º il tavolino da magnar in letto. la seconda º la mia seggetta che se bene qui ce n’º una di legno (per quel che s’usa) assai buona nondimeno hý pi· cara la mia. Aggiungerý per terzo quella tavoletta liscia che st” sopra i bracci de la mia sedia ” canto al letto, s· la quale solevo tenere il bene[?] e qualche libro, che se bene ” cosa facile da far fare ancora qu” come feci far cost” nondimeno l’occasione di mandar l’altre cose sudette f” che cos… facilit” possa venir anche questa. Mons· Tantucci che tutt’hieri stette pensando ” un mar di chiachere (se bene non h” bisogno di consumar molto tempo ” pensarci) per che[?] vede ” V. S. et ” la Sig.ra Giulia, questa mattina sentendo che le mulette partono me manda ” dire che si trova la medicina in porco, e che se non fý che le mule aspettino che l’habbia risa, bisognar” che ritenga in corpo le chiachere preparate[?] per mette de poi gi· verso l’hora di pranso, e mandarle ad altra occasione. Qua havemo trovato un m.to numero di bagnaiouoli m” per essere la seconda bagnatura (ordinariamente pi· scarsa assai de la prima) dicono di potersene contentare. V’º la Sig.ra Catherina nostra ciý º la pronipote di Mons· Tantucci col zio gi” detto di sopra. V’º un cavallier senese di casa Tolomei patrone d’una

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grossa terra detta la Toscana[?] in Maremma di Siena. Vi sono altri gentilhuomini con le lor mogli e madameselle de la medesima Maremma, e non mancano molti altri et altre di mediocre conditione etiam di quelle che trattano di guarir lý stomaco. Il primo ch’hebbi voluto far esperienza di quest’acqua per guarir il cervello, sar” Mons· Tantucci, il quale in difetto di scrivere mi prega mi strapega e mi scongiura etiam con un crocifisso in mano, ch’io facia cento mila saluti ” V. S. ” la S. Giulia e al cugina di cento cinquanta, ” la contessa Bonifatia, ” la Marchesa Diana, et ” la Principessa Girometta. Tanto dura e stupisco[?] e per conto mio saluto V. S. la Sig. Giulia Oratio e i putti, mettendo fra questi anco le putte e tutte le donna de la Cinzia in s·. V. S. riposi il giorno e la mattina si levi tardi, se vuole darci buono nuovo di se stessa e resto tutto suo S. Casciano 4. 7mbre 1642 in tempo che resta ma non […] star con l’animo quieto zio Aff.mo Cardinale Spada.7 ASR, FSV, B. 619, Maria am 5. 9. 1642 E.mo e Rev.mo Sig.re zio e p.rone mio col.mo8 Il giorno che V. Emz.a parti di qua venero per riverirlo il Conte Gabriello e il Sig.re Antonio Lavachia quando sentirno che V. Em.za era partito per i Bagni pocho prima se ne tornarno per la strada che erano venuti verso la sera venne uno mandato dal Sig.re Barile con regali li quali furno un sacho de cipolle gambari e tinche[?] che ce le mangiaremo oggi o domani e a Mons. Tantucci una lettra con un mazzo di fiori de cipolle le quale ce le volevo mandare ma ho dubitato che lui nole mangiassi che li facessino male adesso che sta in purga pero cele ho fatto ripose per quando torna del Sig.re Barile non ce lettre per V. Em.za ma solo scrisse a me per conto de certo lino e filato come vedra dalla lettra che li mando. Ier mattina venne una soma de vino de Bagniarea mandata dal priore che sono stati quaranta fiaschi e quello che la porto disse che sariano stati qui a pranzo il vescovo e priore de Bagni Arca[?] facessimo subbito tirare il collo a un capone deli polastri e piccione e subito se ammane da pranzo ma ce avanza la provisione per che aveva detto de venire doppo pranzo ma il messo sbaglio per che erano restati a mangiare ale case rosse del Sig. Aurelio aveduti e veneto poi subito mangiato se bene per noi era avanti pranzo che li stavamo aspettando ma pero no n’era fora della nostra hora venero de sopra con il Sig. Marchese due se trattenero un pocho e poi fecero domandare de me ce andai se descorte un pochetto e ci invitorno a Bagniarea e poi se licenziorno, e noi pranzassimo facessimo pero invito ali dette che volessino restare anco la sera che il tempo era 7 Die Schlussformel wird in den folgenden Transkriptionen weggelassen. 8 Die Anredeformel Marias an Kardinal Bernardino lautet immer : «E[minentissi]mo e Rev[erendissi]mo Sig[no]re zio e p[ad]rone mio col[missi]mo« und wird in der folgenden Transkriptionen weggelassen.

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

non molto bono e che V. Em.za averia avuto dispiacere che non se fussino trattenuti ma se scusarno con dire che erano aspettati dal Sig. Aurelio […?] ma che la sera volevano essere a Bagniarea e qui veniro con il carozzino del governatore ali venti uno hore arrivorno le mulette con li fiaschi de vino che ce li goderemo per amore de V. Em.za ma me dispiace che mentre il vino e de suo gusto se le sia levato volevamo rimandare la muletta con le robbe che V. Em.za comanda questa mattina a bonora ma poi avemo risoluto di aspettare le lettre e poi subbito parta si mandano sei fianchi de vino del priore che V. Em.za potra gabare Mons. Tantucci come si fece con quello de Benano[?] e se V. Em.za comanda che si mandi laltro lo potra aiutare che si mandara se non se conservara per quando torna qui. Mi ralegro che V. Em.za habbia cominciato cosi bene il medicamento e lo prego ad aversi bona cura e non patire fresco massime quando cominciara a Bagniarse per che qui e rifrescato assai noi tutti per gratia del Sig.re stiamo tutti bene e io del mio stomacho so quasi guarita. Ier matina quel tempo tonante ce travaglio assai perche comincia a piovere a bonora e tonare ma assai piano ma poi verso le tredici hore mentre io me vestivo anzi me lavavo le mani nel mio camerino dove me acomodo la testa cascho al improviso e inaspettatamente una sacetta nella vignia nova dove quella dove V. Em.za voria fare la conserva da nove e fu cosi teribile che tutti credessimo che fussi caschata in casa e tanto piu che nela camera della torre cera a la finestra del cortile la Sig.ra Giulia e la Bona a una credenza con Daria in braccio la qual Bona cascho in terra e dice che ce fu buttata da lampa che li diedi nela gamba dritta e nel braccio mancho dove tieneva Daria la quale no nebbe niente e veramente lo per miracolo dele croci de Spagnia per che il braccio dela Bona era arazzato deroscio e nela forma de un grangio e tutto ieri lo tene cosi arazzato ce li abrusciava come lei faceva anco il piede dritto ma pero ne al piede ne a la gamba non si vedeva segnio nessuno e tutto ieri se sentiva il braccio e gamba adormentito ma pero caminava benissimo, Cintia poi che serrava la finestra dela camera dela Sig. Giulia lei ancora cascho in terra il Fiorentino che veniva de sopra lui ancora cascho per le scale ma non si fece male nessuno. Li Putti erano tutti a letto ecetto Daria e non ebero paura nessuna ne si mossero punto come ne anco io habbi pauro nel principio anzi cominciai a fare animo a tutti con dire che no nera niente e a dire deli substam[…?] ma quando vedi la Bona che sera fatta dala paura come una morta e che la levorno su e non se teneva in piedi e se lamentava da gamba e del braccio tutti dubitassimo che fassi stata offesa grandemente ma poi subito mosse il braccio e la gamba benissimo e non se sentiva altro che adormentita come le daro tutto ieri la Sig.ra Giulia che era nela medima camera dove cascho la Bona con Daria in terra. Il Sig. Marchese che era a una fenestra dela sala e senti la scielta vene corendo nele camere per vedere se avevamo auto paura e quando viddi la Bona caschata e lamentarse dubito che fussi caschata in quella camera e la scietta e per sfogo comincia a gridare che voleva buttar giu la torre con una stezza tanto grande contro la torre che se lui avessi potuto l’averia in quel punto buttata a terra, so che

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se ce fussi stato Monsu Tantucci ce ne averia detto lui ancora la sua parte e ne averia dopoi ritrovate de le bolle ma lui che ha bon giuditio e lo spirito e la providenzia se ne va dove trova del bon vino e meglio acqua e del resto che ce ha da penzare ce penzi. Del resto poi tutti stiamo benissimo e oggi º una bellissima giornata e frescha ringratio V. Em.za del offerta che me fa de la sua camera e de la essortatio ne che io ce vadi a stare non ce faro altro per che adesso che comincia a venire il fresco la mia camera e bona e adesso sto bene. Don Arcadio non se ancora veduto facilmente il tempo de ieri lo aveva trattienuto non saro piu longa resto fecendoli humil.ma riverenzia come fanno il Sig. Marchese mio, Sig. Giulia e putti, le donne lo riveriscono con ogni humil.e Monsu Tantucci un sacho de salutti a nome de tutti di Castel Viscardi li 5. 9. 1642. Humil.ma devot.ma et oblig.ma Nipote e ser.a Maria Veralli Spada9 ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 6. 9. 1642 (fol. 149 – 150) Hiersera venerdi in punto ch’ero gi” posto ” letto e che Girolamo era uscito de la mia stanza per andar ancor lui ý ” dormire, ý ” cenare, giunse il messo con le ltre di Roma e con quelle di V. S. e de la Sig.ra Giulia. Io presago di qualche cosa che m’havesse ” far perder il sonno le feci metter la banda e mass.e havendo questa mattina ” prender accascia. Non prima dura de le nove hore e mezzo l’hý vedute cominciando da quelle di V. S. e conseg.e da i fracassi de la saetta. Veramente si conosce ch’º stata gratia di dio non solo che non habbi colpito in casa, m” che havendo il lampo od il vagone havr” forza di far cascare in terra tre persone situate in diversi luoghi, non habbi hauto forza d’offendere alcuna di quelle ne tampoco far impressione in un corpiciolo come º quello di Daria mentre h” abbattuto la Bona che la in seno teneva e instupidirgli un braccio et una gamba. La prima volta che Mons· Tantucci dipinge la ves[…?] di D.S. Giuseppe con quei soldati che stramazzano in terra attorno al sepolcro; ý vero l’incontro di Guido[?] che con la terba[?] andava ” pifiarlo e che ” le prime parole caddero riversi in terra dice che vuol effigarci i ritratti de la Bona di Cinzia e del Fiorentino nel rimanente si ride de la saetta dicendo e […?] cascata adosso una ancora ” lui che gli h” coperto le spalle e la met” de la persona, poi che il freddo finalmente gli h” fatto non sod.fe un sottanino di seta m” col ferraiolo di saetta di Milano. Interrompeto dove pi· gli dispiaccerebbe che la saetta lo coglierse h” risposto ne la lingua a dove manco gli dispiacerebbe h” risposto nel cervello, ý ne la borsa; concludendo finalmente che la consenca de la neve non si faccia pi· nel luogo distinto pur che se mi fusse stata la saetta l’haverebbe li que fatta. Ors· ad alia. 9 Maria unterschreibt immer mit «Humil[issi]ma devot[issi]ma et oblig[atissi]ma Nipote e ser[v]a« und fügt ihren vollen Namen «Maria Veralli Spada« hinzu. Die Schlussformel wird in der folgenden Transkriptionen jeweils weggelassen.

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Sý che i forastieri hanno preso il tempo ch’io non potevo riceverli sendo venuti immediatamente doppo la mia partita, e certo me ne riverisce. Di pi· si contenta[?] (dice Mons· Tantucci) che il Barile h” cervello, che quando se no in paese viate ” vaderei, e quando non si siano manda robba non bisognata di convestare. Ancio il buon errore[?] di bagnare vedo ch’h” fatto l’istesso, e V. S. non stia gi” ” mandar pi· qua il suo vino, m” pi· presto ne adopri per lý stomaco, che qu” (come gi” scrissi) se siamo previssti. Mando ” V. S. una lettera del mastro di casa diretta ” lei ch’era dentro un mio piego e ne mando anco un altra che scirve ” me, ” la quale non hý da rispondere. Invio parimente una ltre che mi scrive il computista con alcuni mandati, che se bene gli hý sottoscritto[?] desidero siano veduti da lei, e se gli pare che stiano bene gli puý rimettere al med. computista e supplire in via[?] mia. A proposito di vino m’ero scordato di dire che se gi” non si ” licentiato puý licentiare quello di Beneno con mandare ” ringratiare D. Tostato[?], e dirli che habbiano trovato ” provederci e ci siamo preceduti per il bisogno, onde non occorere che tenga piu il suo ” post tranne come h” fatto fin qui. Mando una ltra de la S. Lorenza capitata sotto un mio piego doppo haverla veduta e una de l’Antili diretta ad Oratio soggiungendo ” V. S. che di qua inanzi se capitaranno lettere che si conoschino essere di carattere del mro di casa, V. S. le apra pure, e non solo vegga le sue m” anco le mie. Hý ricevuto per quest’ord.o lettere longhe del Pre Verg. che come me ne sanno valso in rispondere, ne mandar” forse una ” V. S. per che siano vista perý da lei sola. D” qualche cenno ch’io possa havermi ” trasferire ” Caprarola ý vero ” Capeno[?] m” perý non conduce cosa nissuna per determinata, e si puý credere concetto che svaner”. Mando una ltra per la March. Vitelli che si potr” consegnare al solito mastro di citt” de la Pieve, che dover” capitare costa[?] domattina ” qualche hora. Hiermattina venerdi presi doi altri cuchiai d’acro di cedro; stamattina hý preso un omia[?] e mezza di cestia verso le 11 hore; adesso sono 12 12 et il corpo f” qualche poco di escludi m” assai leggieri. Domattina faremo sangue, poi continuaremo ” bagnarsi. Mons· Tantucci h” cominiato questa mattina et ” buon hora col suo nipote e con la sua pronepote s’º aviato verso i bagni, onde non sý se col riposa di questa st” compariranno costa lettere sue. Io penso d’haver tempo ” scriver per nome si no ” l’Avemaria, nel qual punto distesso spedi huomo ” cavallo che posti le ltre sino ” Montefiascone acciý il […?] d’Orvieto, in passando un pai[?] d’hore inanzi giorno di matt. Mi trovo ” San Casciano, ed hý la cascia in corpo, onde mi conviene ý cassare ý finire la presente lettera con salutare V. S. e tutti con tutto l’affetto, 6. Settembre 1642

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hinzugefügt: lodo che come si sarr” tenuta ce la ltra di la S. Lorenza la mandi il Pre Verg. etiam che la non gli scrivesse niente con una semplice coperta: tuttavia anco il scrivergli per ord.rio non º se non bene e ep.o[?] tocarebbe ad Oratio ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 7. 9. 1642 (fol. 39) Rissoluto da poi che la carozza grande º inutile in queste bande (e forse puý servir ” qualche cosa cost”) di rimandarle in dietro, ý per dir meglio di far un cambio col carozzino rosso. E perý in questo giorno di domenica ” hora 14 spedito il cochiero che condeva cost” la grande, e conduca domani qu” il carozzino sudetto con 4 cavalli. Hier la mia cascia mi f” cinque inviti, et operý quanto bastava stram.a et hoggi me ne stato ” riposo (se bene per sbaglio scritto hieri diversamente) e domattina luned… mi far” cavar sangue. Mando ” V. S. un pieghetto, che sarr” contento vederlo lei sola, e poi rimandarmelo domani per il cochiero, e nel rispondermi desidero mi assicuri che non sia stato veduto da altri, havendo in lei tal confidenza e preocupponendo[?] in altri il dovuto rispetto e distretezza. V. S. ci avisi sempre qualche cosa del suo stomaco, poi che quell’esser quasi guarita non mi basta. Mons· Tantucci non sapendo bene la prattica del bagnarsi, hiermattina si bagný la camicia le mutande e ciý che haveva, onde la sua nipote che si trovava ” bever l’acqua, si sapendo il caso mandý ” regalarlo d’un paro di sciugato i novi col quale esempio egli pensa hoggi di lasciarsi bagnar fin la sottana e l mantello con speranza che la nipote regalandolo ” […?] gli doni un paro di […?j]. Hier sera mi […?] il letto se cost” fusse uno de le mie rimarra […?] ý di velluto, ý di pelle, me si mandi, altrimente si faccia venir da Roma col prima occasione e qui ” V. S. e ” tutta la comp.a mi reverisco et con affetto con tutto l’acio rallegrandomi che la S. Giulia sia cosi bone poetessa come dimostra la sua scritta ” Mons· Tantucci che me recitý solamente hiersera et hieri la lesse in pubblico mentre stava ” bagni. ASR, FSV, B. 619, Maria am 7. 9. 1642 Arriva il messo con le lettre di V. Em.za alle 21 hore dal quale ricevei tutte le lettre e mandati che V. Em.za de dice nella sua me rallegro che habbia preso la carica senza travaglio e che cominciassi a far loffitio ma me dispiace che habbia incontrato a pigliare il medicamento il giorno che se scrive per che se vole che il medicamento facci bono effetto non bisogno tienere la testa occupata e de gratia V. Em.za se habbia bona cura e quando se tratta dela sanita lasci andare li negoti da banda. La saietta ch’ha colto Monsu Tantucci º stata da una Bona quale pero se ride del compagnio e di quella sorte creda che anco la Bona e li altri se ne pigliariano

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de putto una per stagione ha raggione de dire che neli dispiaceria in logo meno che nela scita[?] atteso che non haveria che abbragiare da la bella chioma in poi ma ne la lingua ce averia da fare assai e lui saria de gran patimento ma potrebbe anco esere che fussi meglio li che in altro logo per che lui con il vento e fiato de le gran ciarle saria bastanze a smorlare il focho. Scrissi ier sera al mastro di casa e anco al compotista e li rimandai li mandati poi che avendoli veduti non ce conobi cosa in contrario e a luno e l’altro dissi che V. Em.za noli scriveva non avendo che sogiungere e che si ritrovava a li bagni e in quel giorno un pocho d medicamento in corpo al padre Vergilio digia il Sig.re Marchese aveva scritto. Dopoi sogiunse doi righi e ce se manda la lettra de la Sig.ra Lorenza. Ier sera a le tre hore di notte vene una con un cavallo e un canestro con vini starne mandato dal Sig.re Ulisse Orsino il messo venne da Amelia ma la lettra viene da Roma se ben la porto il detto e dele dette starne me mandarno otto e quattro altre che il cavaliero Tronetore[?] di ne ha mandate nove a V. E. […?] in questo punto quattro vive e in que[?] morti le vive le conservaremo ne […?] mandar piu ma ho dubitato de fare troppo dispiacere a Monsu Tantucci e pero se ne mandano solo queste poche: Del resto poi stiamo tutti con bonissima salute per gratia del Sig.ri le biancharie e robbe che scriveno il Vanni e Monsu Tantucci se mandaranno domai per quello che portara le lettre che vera a cavallo º quia V. Em.za faccio humil.a riverenzia come fanno il Sig.re Marchese mio Sig.ra Giulia e putti di Castel Viscardo li 7 Sett. 1642. hinzugefügt: Di V. Em.za Rev.mo rimando le due lettre del mastro de casa e il compotista il messo de lista dela Pieve non se ancora veduto come vera si li dara la lettra e qui di novo a V. Em.za. ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 8. 9. 1642 (fol. 40) Hier sera levata, che f· la tovaglia di tavola arrivý il messo con le star[…?] il quale consistý grandemente la brigata, poiche essendo stata una delle principali cagioni di partire da Castel Viscardo, il volere sottrahersi dalla persecutorie di quelli ucelli ci º parso strano ci habbino da perseguitare ancora qua; Onde se V. S. ce ne manda pi· Monsu Tantucci si protesta, che si slontanar” davantaggio, se bene io gl’hý detto che V. S. ce li h” mandati per farci tornare al Castello, mentre veniamo ” conoscere, che non º stato buon espediente di partirne ” posta di credere che anco altrove non siamo per havere questo tormento. La sostanza º questa che se ne mandaranno 4 alla Sig.ra Caterina visitata hieri da me, e trovato non tanto bella come dicevano, m” si bene piena di bont”, di dolcezza, et di buon tratto. VS non ci dice niente delo stato del suo stomaco, e pure vorressimo, ch’il primo capitolo delle sue lettere comminciasse da questo sicome dandole io nova dello stato mio gli dico, che questa matina mi cavarý sangue, et domatina

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martedi comminciarý ” bagnarmi, se perý le lettere di Roma di questa sera non mi mettessero il cervello ” partito, le quali lettere non sý se capitarammo prima al castello, ý pure se mi verranno per Aquapendete e qui non havendo altro de dire saluto V. S. et tutta la compagnia con tutto l’animo di S. Casciano lunedi matt.a 8. 7mbre 1642 a buon hora in letto. ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 9. 9. 1642 (fol. 41) Giunse il carozziono hieri lunedi verso le 22 hore e con essa ricevai la ltra di V. S. consegnata al cocchiero si come si ricevano l’altre robbe mandate qu” con tale occasione. Mi dispiace sentire che lo stomaco di V. E. piglia la longa: convien perý haversi buona cura e migliore del altre volte; s’io fussi al castello non lasciarei che mai si ponesse al telaro, e m.to meno adograsse il cuscino. Voglio credere che Oratio e la S. Giulia in assenza mia ne faranno altretanto, e che V. S. per se med. conoscer” che v” guidate per questa strada e lasciar” andare ogni altro risp. ch’altrimente non sarebbe sufficienza m” simplicit” e parebbe haversino[?] ” pentire con qualche longa tirata di letto per il meno. Siamo ” hore 15 e ci troviamo nel maggior scompiglio d’animo del mondo; poi che se per via d’Acquapendente se per via del Castello habbiano ancora ricevuto alcuna lettra di Roma, onde non sappiamo da pensarci, e se le lettere siano state portate inanzi per […?] ý del corrente di […?] ý di Milano ý del […?] di Firenze, ý pure siano rimesse in Roma ý altrove. V. S. non si meravigli se non vede comparire il messo di citt” de le Pieve, poi che havendo quel messo de la posta saputo che io ero a S. Casciano in cambio di spedirmi al castello mi sped… qu” le lettere delo Mons. Vitelli et una di […?] e cos… credo che far” inavenire durante la mia residenza in questo luogo. Hiersera verso le 13 hore mi feci cavare sei oncie e mezzo di sangue, e quasi per la giornata di hieri me ne stetti ” riposo, se non quanto mi fui sturbata da certi starnotti mandatimi del mro dela posta d’Aquapendente Mons· Tantucci e l’O[…?] dicevano ch’erano serviti ý costiti[?] ma presso di me ” tutto uno comparvano anco cesti benefichi di […] qualche era venuto il regalo et alcuni pochi altri del […?] che perý non ne mando ” V. S. e cosi altrimenti vagliono un da niente. Questa mattina marted… per la prima volta sý andato al Bagno e dimoretovi un hora, poi mi sý riposato in un camerino di tavole fatto la fare ” posta in buon letaiolo poco meno d’alteranto. Non hý sudato, e per altro quell’acqua m’º parto assai confortativa e gustosa, tanto caldo quanto si puý soffrier senza disgusto. V’era anco il medico il chirurgo e lý spetiale, et hý dato ordine per certe mene[?] anzi testuche[?] che saranno fatto stasera […?] tornarý ” 22 hore. Il tempo hier et hoggi º […?] m’h” servito saluto V. S. e tutti con tutto l’animo 9. 7mbre 1642.

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ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 10.9. 1642 (fol.42) Con occasione d’un pittore che va ” Monte Rubiaglia mando ” V. S. la galletta di Roma et gl’altri fogli d’avisi che s’hebbero hier matina facendole sapere che stiamo tutti bene, e che hieri dopo pranzo io non feci po altram.te la 2.a bagnatura poiche mi convenne attendere ” scrivere per Roma: onde questa matina perso di farla piu longa, che non feci hier matina e se la testa mi regger¤ non sarebbe gran cosa che mi cambio di bagnarmi due volte il giorno un’hora per volta seguitassi ” bagnarmi solamente la matina con trattenermi 2 hore nel bagno, perche cosi sparagnarei il tempo, e l’ingombro per me et per altri d’andare e venire matina e sera com’anco avanzarei un’hora di riposo, la quale si richiede ogni volta che si va dentro. Hieri fece giornata saprissima[?], ma questa matina si mostra bona; onde tanto meno mi dispiace di non esser tornato hieri al bagno sud.o Ch’º quanto per adesso m’occorre mentre sto vestendomi per andare ai bagni et ” V. S. mi raccomando con tutto l’animo com’anco a tutta la comp.a ricordandola e darci sempre qualche segno del suo stomaco et dell’essere di tutti di S. Casciano mercordi matina 10. 9. 1642. ASR, FSV, B. 619, Maria am 10. 9. 1642 L’arrivato in questo punto il messo con la lettra º avisi in tempo che se leva la tovaglia de tavola e sono hore 17 e per che vol partire adesso de ritorno me metto a scrivere questi doi versi acuso la ricevuta di tre lettre di V. Em.za una ricevuta per il ritorno del messo che porto le […?] laltra ieri per il famiglio di stalla e laltra per il presente dalla prima lettra ho inteso come V. Em.za se doveva cavar sangue quella mattina e che stavano aspettando le lettre de Roma V. Em.za poteva creder de certo che se ce ne fussino state per via de Orvieto se sarebe subito spedito uno apostarle come dicevo nela lettra che scrissi per il chochiero con tutto che quel giorno fussi sempre piovoso. V. Em.za me dice che non me doverci porre al telaro ne meno tienere il coscino lo assicuro che molto pocho ce sto qualche volta me ce metto per mezzo quarto de hora per spesso ý non per lavorare la matina me levo tardi il giorno riposa ma ad ogni modo lo stomacho increscie[?] ricevei ieri li mandati e lettre mandate dal computista a V. Em.za e nole potei rimandare a Roma per che un quarto di hora prima sera spedito quello che va a portare le lettre a Orvieto con questo altro ordinario le mandaro in tanto rimando la lettra del computista e quella che andavo alla Marchesa Vitelli. Sentita ieri molto gusto che lacuqua di Bagni fussi rioscita er la prima volta cosi confortativa e gustosa a V. Em.za ma con la lettra di oggi me dispiace de intendere che cosi presto habbia cominciato a intralasciarla e il penziero che ha V. Em.za de volere piu tosto star doi hore in una volta nel Bagnio che andarce doi volte il giorno non me piace per che le medicamenti vogliono esser presi e fatti come vanno e non vorei che V. Em.za abbadasse a perder tempo una hora piu o meno e in un pocho de scomodo de le persone e di V. Em.za dove se tratta de la

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sanit” e vorrei che V. Em.za esce rilassato[?] perche[?] none andato a Bagni per lavorare ma per fare il medicamento come va fatto º cosi disse de voler fare quando parti di qui, me perdoni se io entro troppo oltre poi che laffetto º quello che me fa parlare lonedi doppo partito il carozzino al hora di pranzo il Sig.re Marchese mio si posi in leto per causa de una grataturetta che haveva in una gamba e per che se cera strapazzata con caminarci se era sdigniata e li haveva causitato che se ci era gonfia un pocho e li doleva che non poteva caminare se non malamente […?] de la attacatara de la coscia se che li convene metterse in letto con un pocho di freddo e deli a doi hore che li pariva de star meglio e il freddo li era passato dopo[?[ mangiare un pocho che io non haveri voluto che ce havesse fatto altro sino alla sera doppo mangiato de li a tre hore se comincio ha sentire agravare la testa e se riscaldo notabilmente che senza tochar il pozzo se conoscieva che cera la febre non prese niente altro se no che se sciacuquo doi o tre volte stette con inquieto e […?] sino alla matina tardi se volse poi levare a hora di pranzo e sta benissimo ma se ier matina stava travagliato come la sera havevo di gia fatto penziero de spedire uno a V. Em.za e anco mandare a pigliare il dottor Gori[?] sia ringratiato dio che non e bisogniato nessuna cosa del resto tutta la brigata sta bene ieri havessimo giornata assai ventosa oggi bona ma se va nuolando non so quello se fara avanti notte e qui a V. Em.za faccio humil.ma riverenza come fanno il Sig.re Marchese mio Sig.re Giulia e putti º a Monsu Tantucci una racomandatione e che se degni qualche volta almeno di un saluto del Castel Viscardi li 10 7mbre 1642. […] ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 11. 9. 1642 (fol. 118 – 119) V. S. mandi qu” piu presto che puole una delle due mulette perchº con essa pensiamo d’inviare una sesta di vin bianco di Montepulciano il qual vino dovr” servire per il mio ritorno, non habendo fin hora trovato alcun altro, che piu si confaccia al mio stomaca e perý lodo, anzi la prego, desidero e voglio che in quest mentre V. S. beva di questo, e non d’altra sorte, sicome anco considero, che alcuna di quelle cose di Portugallo potrebbe riuscirli assai stomacali e quando non facesse altro, che sigillare il pranzo, e la cena con quale di quei confetti scrisso se ne troverebbe bon servita. Io gli mando un poco di prugne che mi furno dati hiersera, e che mi parono bonissime come anco a li putti altre ciambelle, che pur non sono cattivi. Hiersera capitý qua da Siena il S. Salustio, e da Perugia sendosi havuto aviso, che l’auditore º sbrigato de suoi negoti domestici, h” dato ordine che gli sia mandato una cavalcatura per venir in qua lo qual cavalcata sar” sabbato sera ” Perugia, e no credendo che l’havremo qua lunedi sera, ý martedi mattina. Il tempo da stare nel bagno non º limitato da medici, se non proportione del commodo ý incommmodo che vi si sente, di modo che quando cominicia ”

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

riscaldarsi la testa, o al principiare il sudore o altrimenti ” staccarsi all’hora e non pressa nasce il bisogno di uscirne e quanto all’entrarvi una ý due volte il giorno, questo depende dal pigliarsela pi· o meno commoda, e dall’haver pi· vi trattenuti un hora e mezzo et hieri un’hora et un quarto e basta il dire che sempre mi stanno assistente il medico il spettiale et il ceruscico, oltre qualche altra persona ” chiacherare, per non haver dubbio ch’io pecchi nella regole, ý ch’io patisca, e se cotesto male di stomaci di V. S. gli tornasse l’anno che viene hý presa una grande […?] ” questa acqua per sperare ch’ella se ne liberebbe, ma voglio che al rientro speriamo, che non ce n’habbi ad essere de bisogno; sento gli effetti perdutti dalla grattatura dalla gamba di Oratio e come che seben da principio paiono bagatelle in ogni modo sogliono qualche volta fare di […?], non º bene di trascurarle e non sar” stato mal nessuno mandare ” chiamare il medico Gori[?] dala bella prim’hora della febbre: sopra tutto averta[?] di guarire bene inanzi tornare ” Roma perche in quella citt” ogni poco di mal di gamba si f” perpetuo; Hieri havessimo una buona giornata, et anco vi qualche parte calda, sicome questa mattina, ch’º assai ” buon hora mostra pur anco segno, che voglia esser giornata buonissima Monsu Tantucci la mattina viene ” lavarsi in mia compagnia et il giorno va ” deviarsi e forse anco ” bever l’acqua in compagnia dela sua prenepote et hiersera cený con lei, havendo hiermattina ricevuto un regalo mandatogli da una sua cognata che st” ” […] 11. sett. 1642. hinzugefügt: Le brugne sono 15 e le ciambelle 12. ASR, FSV, B. 619, Maria am 12. 9. 1642 Questa matina a le i 4 hore e arivato lo storto muratore[?] dal quale ho ricevuto la letra de V. Em.za assime con le ciambelle e brugnie e de quale lo ringratiamo infinitamente e li putti hanno fatto una gran festa a quelle belle cimbellone. In conformita di quanto V. Em.za ordina si manda una mulette e per che dice de volersene servire per portar vino se mandano anche le ceste in quanto che qui V. Em.za mi me comanda che io beva del detto vino faro lubidientia ma il mio fastidio di stomacho non credo che ne sia causa il vino dele cose di Portugallo ho considerato che siano meglio per V. Em.za pero ne mando non so che poche º come sono finite queste ne mandero de le altre se pero li gustano º per me per adesso stimo che le cose dolce non siano molte bone per rispetto che ho il corpo assai lubrico con reverenzia parlando e quando me ne sentiro voglia me valero de lordine e regola che V. Em.za me da se tardato sino a questo hora 20 de spedire il prescente con la mula per aspettare le lettre di Roma se per sorta cera cosa nissuna da scrivere ne ricevo una del padre Vergilio quale la mando a V. Em.za una del mastro di casa nela quale me dice de essere stato a Tivoli con il Maroscelli e havevano dato ordine de la Ferrata per la porta de Tivoli ne ricevo anco una de Sor Martia la quale riveriscie V. Em.za la mandarvi tutte ma per rispetto de

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rispondere le retengo mentre sto scrivendo viene una pioggia cosi gagliarda che impedisce che il prescente possi parire se il tempo se slargara niente partiva se no se ne vera domatina a bonissima hora e qui non avendo altro da dire solo che per gratia del Sig.re stiamo tuti bene e ce ralegniamo che il simile segua di V. Em.za e li ricordo de non se affatigar troppo intorno ale scritture e qui a V. Em.za faccio divotissima riverenza come fanno la Sig.ra Giulia e Sig.ra Marchese quale e quasi guarito de la sua grattatura li putti con ogni humilta lo riveriscono de Castel Viscardi li 12. 9. 1642. ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 13. 9. 1642 (fol. 145 – 146) La lettera di V. S. de 12 portata da Zapitellino[?] mi h” trovato nel bagno, che in questa giornata di spaccio[?] sar” unico, volendo attender hoggi ” scrivere: si rimanda indietro la muletta, e con essa otto para di galli d’Indi in una cesta e nel’altra tanti fiaschi di Montepulciano, che pareggino il peso dela prima: Detti galli d’India sono il residuo di dieci para, che in compagnia d’altretante para di polli, e di piccioni mi furno mandate due giorni sono dal S. Card.e Cennino, che anco spedi qu” ” verdermi un suo fratel cugino. Rimetto ” V. S. la lettera del P. Virgilio, e la prego di render i saluti ” Suor Martia, quando gli risponder”: Mi piace di sentire che Oratio sia appresso de guarito della sua grattatturo, et ancho che V. S. si […?] col benefitio che mi dice, che sebene par che non hebbi da far niente con lo stomaco, nondimeno tutti scaricamenti acitano solo avverta di non dar nel troppo, non mangia frutta, e beva del vin rosso. Qua seguitiamo ” passarla bene, et io […?] oltre il bagnarmi cominciarý ” ingrettarmi, cioº ” coprir di creta ý soto la gamba offesa, poi lasciarla asciugare al sole, e successivam.e levarla via con l’acqua del’ istesso bagno, che portar” un’altr’hora di manifattura, e sar” una volta il giorno: e per li farlo si hý ricevuto lettere et appar.e del Fonseca. Desidero che domattina ” buonissim’hora V. S. rimandi in qua la muletta e con essa li fornimenti, e la sella dei cavalli grossi da timore, che al rieentro[?] si mandano ” V. S. i fornimenti della S.a Giulia, ch’erano stati portati qua. In desidero che pur anco domattattina domenica V. S. mandi i doi cavalli […?] da carrozza ad Acquapendente insieme con i loro fornimenti, dand’ordine ” chi gli condurr”, che gli metta nela stalla del mr.o dela posta, e si trattenga ad haver cura di detti cavalli finche ricever” qualche ordine mio; il qual ordine gli potrebbe capitare domansera, e credo che lunedi ” qualche hora potranno tornare cost” non solo il garzone, che gli havr” condotti, m” anco i cavalli medesimi. Stamattina si º mandato il […?] ” Perugia per condurre qua l’auditore si come scrissi con altra. In una di quelle lettere del P. Virg.o che V.S. mi mandý indietro, ci era un capitolo del seguente tenore, cioº:

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Mi sono scordato per due ordiniarij di sentire che Mons. Damasceno f· da me, e mi disse che centrivarebbe la locat,ne per uno ý due anni, se segli facesse una contina verso il giardino, che sarebbe di poca spesa, e farebbe locat.e lunga, se gli fusse calato 50 scudi di pigione, nel qual esso vorebbe fare non sý che mattonato ad un soffitto, et altri miglioramenti, e farebbe la cantina ” spese sue. Io risposi che grando si fusse rinovata la locat.e almeno per tre anni, sperano di persuadere V. S. e la S. Giulia ” fare la cantina sudetta, tuttavia che quando fussi tornato al Castello, havrei meglio esplorato l’animo loro, tanto circa l’una partito, quanto circa l’altro: Non hý poi pi· sentito niente; se la S. Giulia ý V. S. havranno qualche cosa da dirmi, intorno ” questo par.e melo potranno accennare. Non si maravigli, se la lettera non º di mio pugno, perche scrivo di letto, non tanto per sentirmi un poco stracco, quanto per poter hoggi straccarmi manco, nelo spaccio che havrý da fare; e qui saluto V. S., e tutta la compagnia con tutto quanto l’affetto. Da S. Casc. de Bagni 13 Sett.re giunta che sar” qu” domattina la muletta, torneremo ” mandarla al Castello gi” domanisera con altri 30 ý 50 fiaschi di vino, da poi che col punto viaggio non se ne mandano piu di venti. Mi ero scordato di dire, che desideriamo una […?] di carta. Von eigener Hand hinzugefügt: Questa mattina ” hore 15 º giunta una stafetta di Roma con avviso che il Card. Antonio questa sera sabbato sar” ” Bagnaia: Domansera domenica ad Acquapendente ý li attorno, e lunedi ” Castro per trattenerci 4 ý 5 giorni. Io stý in pensiero domani (giunti che saranno i finimenti di costi) d’andar ” trovarlo conducedo meco Mons· Tantucci col carozzino, et il Vanni con livrea ” cavallo, ý pure D. Cosimo in cambio di Mons· Tantucci. Il cantiero h” trovato modo di slogare il timore e si assicura anche col sei cavalli d’andar bene. Non vedo che al C. Antonio possa venir voglia di condurmi ” Castro, e io in ogni caso hý in mano le […?] del medicamento fin hora non hý communicato e non penso communicar” ne io il contenuto de la staffetta. V. S. mandi questa prima ” Orvieto […?] al vicario. ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 14. 9. 1642 (fol. 141 – 142) Siamo ” mercordi sera, et ad un’hora di notte, nel qual punto io giungo ” Roma di ritorno da Civita Castellana e per che subito entrato in casa mi sono posto ” letto, benche solamente per riposo e non per altro, di qui º che non scrivo di proprio pugno. Ma oltre di questo sarý anco bene perche con occasione d’essere stato ” Civita Castellana, et avvicinatomi ” Orvieto tre poste pi· che non º di qu”, mi son rissoluto ” spedire da detto luogo un messo, cioe Antonio Parafreniero, per dare ” V. S. ragguaglio di me, per riceverne di lei, e per comunnicargli alcuni avvisi mi trovati del viaggio del S. Duca di Parma il quale questa sera deve essere in Arezzo, e forse ” Cortona, lontano ciýº Cortona circa 45 miglia dal lago di Bolsena, che si considera camino di tre giornati, le quali forse diventaranno quattro, se prima di entrare nello stato ecclesiastico vorr” dare un giorni di riposo come si crede ” la

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solamente basta che lunedi al pi· lungo, e sabato alla pi· corta sar” mi coteste vicinanze, e far” la strada di Ponte Centino, S. Lorenzo, e Bolsena: Quest’avviso h” fatto rissolvere il S. Card.le Antonio, ch’era venuto ” Civita Castellana ” tornare ” Viterbo, et ivi far piazza d’arme, ma credo non potra incamminarvisi prima che fr” tre ý quattro giorni, volendo dar tempo al arrivo dell’Artiglierie per marciare con esse. Hý scritto e repeto che ” Orvieto si mandar” un’altra compagnia per diligenza, che n’hý fatt’io questa mattina. Giunto ” Roma, hý trovato Mons· Tantucci e la compagnia, arrivata hiersera, che mi h” dato nuove d’haver incontrato prima la carozza de putti, poi quell a dele SS.re Rocci, et ultimamente la soma; Piaccia ” Dio, che tutto giunga ” salvamento. Credo che faremo soldato il nro Paolo, e che lo manderemo fra sette ý otto giorni ” Viterbo, havendone io questo mattina parlato al Sig.re Card.le Antonio, et al S. Giulio Buratto, al quale particolarmente parte di appoggiarlo. Giunto qu”, mi º stato reso il piego d’Oratio portato da Mons· Tantucci, e per che il messo in esso hý vista una relatione dello stato della marchesa, e medicamenti usati fui hora, hý fattto mettere in ordine subito una carrozza, e mandato l’auditore e mro di casa ” trovare Nicolý dela consolatione ý mi difetto suo Gio. da Veroli, per communicare quel che s’º fatto, e sentire il parere suo interno ” quello che s’h” da fare, e procunserý che venga in compagnia di questa; per fine dela quale prego V. S. ad andare consolando, e […?] al meglio che ella puý, perche finalmente non si tratta di male pericoloso, benche doglioso, et incommodo al possibile; nel resto V. S. faccia i miei bacciamani ” tutte quelle SS.re compresa […?] riga la S.ra Giulia, salutando l’abbate, i quattro putti, Rocci, e Spadi, e i cinque pupi, che vanno sotto la bandiera di Bernardino: Anco alle donne i miei saluti, e di tutti questi complimenti insieme, compreso quello d’Oratio, V. S. ne faccia un comporto pienissimo per se medesima e sene vaglia per medicamento, che l’assicuro che sar” cordiale. Di Roma 14 Sett.re 1642. ASR, FSV, B. 491, Kardinal Bernardino am 15. 9. 1642 (fol. 143 – 144) Giunti a le 17 hore ” Montefiascone, e sentendo che il Sig.re Card.e Antonio n’era passato due hore prima, et andato ” pranzo ” capodimonte sette miglia lontana, lasciati i miei cavalli stracchi ” riposare, con ordine che poi mi seguissero, spedij in diligenza un corriero ” S. Em.za, che l’avvisasse de la mia prossima venuta, e sensa perder tempo mi posi in sella anch’io con D. Cosimo, Girolamo, et il mr.o dela posta: Mi trovano senza sprone[?], senza stivali, e con la met” di una tacchetta, nondimeno fui si valente, che corsi con cinque miglia di posta, et essendo vicino ” Capo di Monte poco pi· d’un miglio e mezzo, rincontra il corriero che tornava ” darmi avviso, che al’arrivo suo il S. Card.e era partito mezz’hora prima: dato dunque di volta mi ferma mezzo miglio piu in qua a la terra di Marta sul lago di Bolsena, di dove scrissi, e spedij mi diligenza una lettera al S. Card.e per dargli avviso del mia inutile viaggio, e signifacarli che quando

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

fusse vero che S. Em.za tornasse hoggi ” Bagniai, sicome m’era stato detto, io l’havrei aspettato ” Montefiascone per andarmene poi questa sera ” S. Casciano, verso per venire al Castello, e di l” puo tornare in lettiga a i Bagni: Spedito questo secondo corriero, aspettai per mezz’hora l’arrivo del mio carrozzino, sul quale send’io montato con la compagnia di D. Cosimo et havendo cominciato la met” dela strada, incontrai una lettiga del S. Card.le Antonio che mi fece gran gola d’entrarmi dentro, da poiche mi trovavo alquanto stracco e sudato, et ecco che il S. Iddio diede occasione ” cavarmi la voglia di con buona commodit”, poiche il mio carrozzino, che camminassa assai forte, ad una svolta che fece si riversý, e si roppe una colonna: Allhora il S. Antonio Benedetti, ch’era nela lettiga, smontato di essa, e conosciutomi, fatta una mano di belle parole, volsi ch’io entrassi in luogo suo, et egli seguitý il suo viaggio ” cavallo, ma prima di salire mi disse che il S. Card.e Antonio la sera innanzi haveva ordinato al S. Giulio Buratto, che mi invitasse ” venire ” Bagnaia: Basta che s· l’Ave Maria giunsi ” Montefiascone dove havendo fatto incoparare due letti in vescovato, trova che il governatore dela citt” nel medesimo vescovato mi havva fatto preparare da cena, e questa mattina lunedi h” voluto anco darmi da pranzo, ond’io non hý potuto partir di qua, come disegnavo, per andare ” Bagnaia, e massima desiderando pure prima di partire d’haver rispetata dela lettera sentir hiersera al S. Card.e Antonio questa risposta º giunta doppo ch’io mi sono levato di tavola, e mi ricerca di andare, et aspettarlo ” Bagnaia, professando di haver” ad essere domattina: comincio ” temere di non havere pi· tornare ” S. Casciano, ma si bene spero di tornar ” Castello, dove processerý di essere mercordi ” sera, per quanto sar” in mio potere, e anco passato di qu” il Card.e Altieri, che hiermattina f· qui ” Montefiascone spedito dal S. Card.e ” Orvieto, e che adesso andandosene ” Bagnaia, mi h” fatto messo in passando: Anch’io penso di seguitarlo verso le 21 hora, essendo gi” il carrozzino […?] quanto basta, e potendo ” Viterbo finire d’accomodarsi. Spedisco il pnte messo, cos… per dar nuova de fatti miei, come per dirgli, che sebene mi trovo una camicia bianca et un fazzoletto secondo che Girolamo mi riferisce, nondimeno se V. S. mi mandar” un’altra camicia, e tre o 4 altri fazzoletti, non mi sar” se non caro; e con tal fine ” V. S. mi raccomanda con tutto l’animo, come anco al resto dela compagnia, desidero particolarmente, e con la risposta di questa mi mandi avviso dela sua salute; non lasciando di dirli che qui in Montefiascone hý ricuperato le lettere di Roma scritte sabbato sera, che m’erano inviate ” S. Casciano, e non mi danno cosa di nuovo necessaria di essere scritto, solo dicendomi che tutti stanno bene. Di Montefiascone 15 Sett.bre 1642. Von eigener Hand hinzugefügt: S’intende che f· pochi giorni il Duca di Parma […?] di trovarsi sotto Castro. Si farra per ciý soldati ” […?]; et in Orvieto e sua circostanze veranno almeno 3 compagnie di soldati. Il Card.e Antonio forse non tornar” ” Roma per adesso m” si tratter” in Viterbo. In quest’istesso punto serano ” S. Casciano e dý ordine che

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l’Amb.e domattina martedi se ne venga al Castello subito ch’egli arriva V. S. gli mostri questo capitoletto col quale li dico che mi saria caro (se si trova il stato da porterla far senza incommodo) che domattina si trasferisce personalmente ” Bagnaia e se il cochiero fusse stato desidero che Oratio gli presti la sua chinea. ASR, FSV, B. 619, Maria am 15. 9. 1642 Ieri ale 21 hore per il ritorno di quelli che con dassero li cavalli ad Acuqua Pendente ricevessimo la lettra di V. Em.za e avesimo da quella aviso del arrivo de V. Em.za ad Acuqua Pendente e che seguita il suo viaggio a Monte Fiascone e a hora de pranzo avevamo saputo de lo storto la partita da San Casciano, questa sera e arrivato il messo spedito da V. Em.za da Monte Fiascone dove º arrivato mezza hora prima della Ave maria la lettra de V. Em.za ce ha consolati tutti per che stavamo con gran desiderio de saperne nova dove se trovava º come stava º domatina penzavamo de mandare uno ad Acuqua Pendente per sappere se era ripassato. Hora sia ringratiato Dio che dopo tanto patimento sta bene e che essendosi rivoltato il carozzino none habbia fatto male a nissuno m” ad ogni modo V. Em.za deve essere molto […?] e desideraria[?] de sapersi se caddi da la banda dela gamba offesa di gratia V. E.mza se ne vada in lettiga e non habbia tanta fretta e quel corriere la posta non me piace non essendo la sua corporatura da fare queste fatige ne meno la terza da pigliare il sole hora a quel che fatto non ocorre dire altro de nova ringratio Iddio che passava bene. Del penziero del Ducha di Parma qui ne havevamo inteso qualche cosa e oggi anco ce ne stato acenato da Roma in una lettra de la Sig. Giulia Camilla quale scrive alla Sig.ra Giulia havevamo anco saputo che Orvieto se aspettavano soldati º che se sia dato ordine che se […?] quanto prima. Subbito che il Sig.re Auditore capitara qui li mostrato quanto V. Em.za ordina e se vora[?] venire se li dara tutto quello li bisogniara. Di noi li do nova come tutti stiamo bene e io del mio stomacho sto al solito ma pero un pocho meglio de la sera che venne Antonio palafreniero ho cominciato a bevere il vino de Monte Pulciano che V. Em.za ha mandato di noi V. Em.za non se pigli penziero che stiano tutti bene e non viaggiamo ma stamo a casa nostra de gratia V. Em.za se habbia cura e penzi a la persona sua e non se strapazzii[?] tanto. Mando per il presente doi camiscie un paro de sotto calzoni quattro fazzolete e un colaro e doi para de scarpini e uno asciucatore e per non infastidire piu V. Em.za finisco con riverirlo di tutto core come fanno il Sig. Marchese mio, Sig.ra Giulia e tutti questi putti di Castel Viscardi li 15.9. hinzugefügt: con le lettre di Roma ne ricevo una del compotista con doi mandati de le salari de la famiglia le ritemo appresso di me sino che V. Em.za sara in logo fermo e qui di novo me ricordo a V. Emza.

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

ASR, FSV, B. 619, Maria am 23. 9. 1642 La lettra di V. Em.za portatami dale Sig.re Rocci le quale sono arrivate oggi alle 20 hore me ha recato consolatione particolare avendo inteso la bona salute di V. Em.za essendo questa una dele maggiore consolatione che io possi ricevere massime adesso che me trovo cosi indisposta. Del mio ginochio ancora sta gonfio º da ier matina in qua assai roscio se bene questa sera e calato il rossore e anco un pocho il dolore ma ” cominciato il dolore gonfiare e un pocho de rossore ne la gavolla del piede si che se vede che il male cala abasso e spero con laiuto de dio benedetto che presto passara e subito che staro piu alegerita se andara a Orvieto e quando […?] andarci prima andaro in lettiga […?] in un matarazzo come se stassi in letto V. Em.za non se piglia travaglio di me che non me mancha cosa nissuna e sono da domenicho a sera in qua che ce ha il ceruscico e lui me lo ridiede[?] ltre[?] e quattro volte il giorno e ce apedicha li medicamenti che bisogniono dubitavano che il ginochio volessi venire a capa ma hora non se ne dubita piu. Delle altre cose º negotij ne lasciaro rispondere al Sig.re Marchese mio V. Em.za me fara gratia de dire al Padre Vergilio che ho ricevuto il castino de le gioie e che se bene il asettino[?] era perso[?] sono tutte e non ci manca niente e che lo riverisco de tutto core e lo ringratio dell’oratione che fa far per me e qui a V. Em.za me ricordo humil.ma serva. E lo prego quanto so º posso ad averse bona cura º governare e de gratia ce dia nova de quello che se fa e que di novo […] ASR, FSV, B. 619, Maria am 24. 9. 1642 L’arrivo del messo di V. Em.za con le lettre ci ha consolati tutti in sentir nova dela bona salute di V. Em.za le nove che V. Em.ze ci da del Duca di Parma e sono […?] arrivate nove ma questa sera havemo auto aviso de Orvieto che il ducha sia a verso Cortona e noi al sentir questo domatina ce ne andiamo tutte ” Orvieto e io per gratia de Dio questa sera sto un pocho meglio se bene me cominciato a dolere la gavolla del piede manco e me dicano che sia […?] dove de quella spetie tanto che saro doventata […?] come saro in Orvieto lo faro vedere a quanti medici bone […?] se trovaranno e con la gratia de Dio benedetto me ne liberaro V. Em.za e il Padre Vergilio non se piglino travaglio di me ma attendino a star sani e governarse piu che se pole e se per desgratia il ducha viene a domenica se retirino presto che le persone loro sono quelle che premeno a noi e qui a V. Em.za e al Padre Vergilio faccio humil.ma reverenza come fanno questi putti quali stanno tutti bene queste SS.re […]. Maria am 27. 9. 1642 Haveva di gia V. Em.za saputo come giovedi venissimo tutti qui in Orvieto e siamo stati in casa del Sig.re Guido sino tutto sabbato doppo pranzo auto pero

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che la famiglia deli homini non siamo potute andare prima a stare alla casa nostra per che e bisogniato metterla in ordine e in spetie far fare de le impanate e telate alle finestre e altre acomodamenti e anco il Sig. Guido none ha voluto che ce partiamo prima e vorriano che io stasse qui in casa sua sino che tutti quanta bene mai o li ho rengratiato e ci siano scusate con dire che non potemo star cosi […?]. Il mio ginochio e piede che ancora lui me dava gran fastidio per essere calato lumore a basso luno e laltro sta meglio e li move con un pocho piu facilita e ce ho meno dolore e il ginochio se va sgonfiando matina e sera ce vengono tutti e doi il ceruscico e il medicho e me […?] il ginocchio con unguento de musc[…?] e olio de camomilla e vede che questo li ha giovato doppo questo che per ancora lo venno seguitare tutto domani anno detto de volerci fare qualche bagniolo o altra cosa da finire de risolvere perche sperano fra pochi giorni […?] la grati de dio leberarmene a fatto. Ieri venne qui una compagnia de soldati che viene da Acuqua Pendente e stara qui ier sera a un’ora de notte ne entro una altra che de passaggio qui se dice de molte cose ma non se pol sapere la verita se dice che a Roma oggi il Papa scomunicassi in San Pietro il Ducha di Parma e che se fussi spedita corriere in Spagnia con la giustamenti tra il Papa e li Spagnioli ma niente se sa di sicuro che il Ducha di Parma fussi oggi a Castiglione e che diceva a verso Re de cofani[?] volio dar nova a V. Em.za come ieri se levo una bella voce al castello e fu che dicevano che la Venetiana avesse auto comercio con il Ducha di Parma e che le avessi detto che anche aveva robba al Castello ce che glie la volessi ricuperare e che era con lesercito il fratello de l’Angiolo e il Ducha li avva detto che se menassi tutti li soldati che voleva e che rovinesse il castello e facessi quello li pareva li vasalli tutti erano impavoriti e tutti se ne fuggivano questa matina il Sig. Marchese e andato un po al Castello e tornato oggi alle 22 ore ne ha trovati una quantita che se ne fuggivano a Orvieto li ha fatti tornarla e li ha fatto animo V. Em.za senta se questa e bella vengo prestata dal ceruscico che me medicha e anco dal Sig.re Guido de un favore appresso a V. Em.za de una racomandatione appresso a chi bisognia per un suo fratello come V. Em.za vedera dal qui anesso ricordo prego V. Em.za a volere anteporre il suo favore per servitio del detto stante la bona servita che me fa º lettere venuto doi volte al Castello. Quando V. Em.za parti a porto il Sig. Guido cento cinquanta scudi conforme li scrisse V. Em.za e lui medemo per Girolamo come viene scritte a V. Em.za come poteva far l’ordine de la remessa e a chi se potevano pagare in Roma il doto e venuto al palazzo in tempo che bisognia che V. Em.za fussi livita pero devidera il denaro quanto prima per averne gran bisognio V. Em.za potra dare ordine che sia pagato quanto prima: Come anco fara gratia de farcene mandare un pochi de denari a noi che ne havemo bisognio e qui per non piu tediare V. Em.za resto pregandolo ad averse bona cura e stare alegramente piu che se pole e […?] e qui lo riverisco humilmente come fo anco il Padre Virgilo de tutto core queste SS.re rendino gratie a V. E. e lo riveriscono come fanno il Sig.re Marchese […]

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

anesso: Recordo Si desidera dall’Ill.ma Sig.ra Marchesa Spada che scriva all’E.mo Sig. Card.le Spada che voglia interporsi d’ottener […?]soldato ” cavallo di questa citt” sotto il comando del Sig. Cap. Cesare Parisio ritrovandosi male affetto di stomaco et altre indispositione et al pnte amalato […?] di famiglia di quattro figlioni et moglie quale per simile cause nell’impresa di Castro (havendo fatto l’obedienza di coparire come hora ha fatto) ne riceve la gratia libera dall’ Ill.mo Sig. Marchese Luigi Matthei che si river” per gratia singolare da V. S.Ill.ma

ASR, FSV, B. 619, Maria am 1. 11. 1642 Stiamo con desiderio aspettando novo del arrivo di V. Em.za a Roma con bona salute questa sera sono arrivati di doi cavalli de la carozza che V. Em.za lascio a Viterbo che trovassino qui in Orvieto e ho ricevuto la lettra del Sig.re Auditore nella quale me da nova come V. Em.za andava inanzi con la carozza de Monsignior Carafa. Di noi altri li do nova come stiamo Dio gratia tutti bene e io al solito e tutti stiamo con desiderio aspattando le carozze e la lettiga per poter tornare a Roma. Ieri fussimo a Santa Maria e vedessimo il santissimo corporale e poi andassimo a San Domenicho a vedere il crocifisso che parlo a San Tomaso il Sig.re Marchese e al Castello il Vanni venne ier sera da Castel Giorgio e domani verranno tutti li altri si sono ricevute una mano de lettre per V. Em.za le quali le rimando in dietro ricevei lordine di V. Em.za circha al provedere qui in Orvieto un servitore per il Sig.re Conte Pauolo se ne trovato uno che soldato nella compagnia de Amelia che ha quartiero qui e da Amelia e se ne auto bona in formatione se aspetta la licentia de poterlo levare da la compagnia e per questa licentia ne ho scritto al Sig. Pauolo che la procurý dal compo per che tocha de darla a quelli offitiali subito che vera la risposta se fara la leverera a tutti doi e questo se contenta dele spese e 15 giuli de salario il mese tanto li hofferto per che me ricordo che sentij dire a V. Em.za una volta che tanto avevano intentione de dare a che ce andava e questo e quanto me ricordo dover dire a V. E. faccio humilissima riverenzia […]

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Transkription 4 Liste der Geburtstage von Marias Kinder ASR, FSV, B. 283, storia familiare, Diario di cose domestiche di Padre Virgilio Spada (Auszüge) 1636 A di 9 detto [maggio] la S.ra Marchesa Maria mia nipote si […?] e poteva esser gravida di 20 giorni. 1637 Alli 21 in giorno di Domenica [febbraio] ad un’ hora di notte nacque dalli Signori Marchesi Oratio Spada, Maria Veralli una putta, qual f· battezzata e portoli nome Cecilia oltre altri nomi. 1638 A di 23 di marzo di martedi ” hora 21 1/4 la Marchesa Maria moglie del March.e Oratio Spada mio nipote partor… un figlio maschio felicissimamente chiamato Paolo Bernardino ed doi altri nomi. 1639 A di 26 marzo giorno di sabbato hora 1 3/4 di notte pi· presto pi· tardi la M.e Maria moglie del M.e Oratio Spada mio nipote partor… una figlia femina ad grandissima facilit”, et alli 10 d’aprile battezzata e tenuta ” battesimo da Mons.re Franc. Visconti in S. Lorenzo in Damaso, et portoli nome Eugenia nome dell’Anna materna. 1640 A di 17 ottobre di mercord… nacque Daria del Marchese Oratio e della Marchesa Maria ” hore 12 in circa e la tenne al battesimo Mons.re Panzirolo. 1641 A di 28 Ottobre ” hore 5 1/2 della notte seguente venendo il giorno 29 la March.a Maria partor… una figlia femina, alla quale f· porto nome Virgilia, e la tenne al battesimo Mons. Raggi. 1643 A di 18 marzo in Roma nacque dalla S.ra Marchesa Maria et S. Marchese Oratio Spada miei nipoti ” hore […] un figlio maschio chiamato Fabritio, e f· battezzato privatamente molte settimane dopo.

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

1644 A di 30 marzo ” hore 17 1/4 in mercord… nacque un figlio maschio al Marchese Oratio Spada mio nipote della Marchesa Maria Veralli sua moglie, e f· battezzato alli 3 d’aprile e chiamato Gio.Battista compare f· il S.re Card.le Francesco Barberino. 1645 A di 30 marzo la notte antecedente di sabato ” hore 7 la Marchesa Maria moglie del M. Oratio Spada mio nipote partor… un figlio maschio. A di 10 aprile f· battezzato e tenuto al S. Fonte dal S. Card.le Camillo Panfilio col D. Olimpia sua madre, e li f· posto nome Alviano Francesco ed altri nomi. Alviano per la memoria di Bartolomeo Alviano, dal quald descende la M.a Maria madre, Francesco per il padre del M. Oratio, e f· porto in 2.o luogo, per che il figlio dela M.e Ottavia fratello del M. Oratio f· chiama Francesco, la parochia f· S. Lorenzo in Damaso. 1650 A di 7 febbraio la Marchesa Maria moglie del M.e Oratio partor… una figlia femina, quale f· battezzata li 9 e f· compare Mons. Rocci, e commare la S.ra Marchesa Paleotta, e li f· porto nome Lucretia nome della madre della S.ra Daria mia madre. A di 27 agosto hore 4 mor… Maria Giulia figlia del M.e Oratio d’infantiglioli. [Geburtsdatum nicht notiert] 1651 A di 24 aprile vigilia di S. Marco ” hore 1 2/3 nacque un figlio al M. Oratio mio nipote della Marchesa Maria sua moglie, e f· battezzato li 4 maggio in S. Lorenzo in Damaso, e li f· porto nome Ciriaco per conservase il nome del S. Card. Rocci zio della Marchesa e f· tenuta ” battesimo dal S. Card. Carpegna, e la contessa moglie del S. Co. Mario fratello di S. Eminenza. 1652 A di 25 giugno ” hora 9 nacque al M.e Oratio Spada mio nipote della Marchesa Maria sua moglie in Roma uno figlio maschio al quale f· porto nome Guido in memoria del Beato Guido Spada. A di 13 dicembre ” hore 9 1/2 notte precedente nacque del M.e Oratio Spada, e Marchesa Maria sua moglie una figlia con grandissimo pericolo della madre e li f· porto nome Liberata, per rinovare la memoria di Leberata Naldi, che f· moglie di Ventura mio 3.o avo.

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1657 A di 13 Gennaio nacque un figlio maschio del Marchese Oratio mio nepote e della Marchesa Maria sua moglie a hora dodici scarso al questo si porta nome Bartolomeo e fu comparto da Prencipe di Palatina e S. B.a Giustinano. Mariti ch’in questo giorno ella entrý in casa nostra 21 anni sono e questo º il 12. figlio che vivono senza i nostri egli altri, 6 maschi e 6 femine. Il batesimo f· fatto solo all 27 di gennaio […].

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

Transkription 5 Marias Pilgerreiseberichte 1653 ASR, FSV, B. 619, 13. 5. 1653 aus Spoleto Domenica ” sera scrissi da Cevita seguieto bona a dire […] de un certo Basian[?] Colutio[?] che conosce il Monsignior Vergilio e mando 4 fiasche de vino 4 pellastri delle ova un piatto de papardelle e uno de rende nel mele la notte se dormi bene e la matina montassimo in letiga a 8 hore e mezzo fussime a Otricole verso le 12 hore e le sentissimo la messa e poi che incamenassimo verso Narni e 4 miglia lontano fussimo incontrati dal cancelliere del governatore quale fece scusa che non haveva potuto avere una carozza da venire incontro arrivassimo in Narni alle 16 hore e doppo riportati un pocho ando a tavola che se stiette molto bene si […?] come de ogni altra cosa e non se feniva mai deportar robba doppo pranzo se riposo un pocho e poi venne da me la Sig.ra Angela Margenia[?] se parte sonate 21 hore e vicino atorna un meglio fussimo incontrati dal Sig. Conte Spada e dal Sig. Girolamo Vitelli e in una altra carozza erano le moglie. Doppo fatte le belle parole arrivassimo alle Ave Maria in Terni per che cera la moglie del Sig. Girolamo Vitelli gravida che bisognava andare adagio, se stette un pezzo andare a tavola la quali fa lautissima ma senza appettito. Di se le fece pochissimo honore avanti che facimo sbrigati e vane vicino, a 4 hore questa matina non ce siamo potuti levar prima de giorno e subbito che siamo state in ordine siamo andati al Domo a vedere il sangue de Nostro Signore e altre reliquie e intanto che se sono messe in ordine le lettig[h]e se sentito messa e subbito finita siamo montate in lettiga che erano diece hore e mezzo avendo avuto da fare da spiccarse da quelle Signore che volevano venire acompagniare un pezzo fora della Porta a strettare avemo trovato Monsigniore che era venuto con la carozza e nel istesso tempo aveva acompagniato il Sig.re Michele Angiolo Mattei che tornava dalla Santa Casa smontato il Sig. Marchese di lettiga e entrato in carozza siamo venuti a Spoleti e diritto[?] ” Roccha che per arrivare ce che fare e credo che pocho piu su sia il Paradiso. Siamo giunti alle 16 hore Monsignore sta assai bene diceva ma me pare un pocho dimagreto ma non gran cosa dice de star meglio del catarro e ” risolato de non fare altra purga in queste staggione siamo state allegramente e doppo deri[…?] e riposato ha mandato la cogniata da Monsignior Rosario che voleva esser da me li ho risposto che non se incomodassi che volevo allora calere alla citta e […?] stata da lui come ho fatto e siamo doppo essere state un pezzetto a descorrere andati a vedere il chiodo de Nostro Sig.re e doppo siamo andate a casa del Sig. Conte che ce havevano preparato una merenda de galanterie de moniche se sentito il vino quale e bono e ce ne siamo ritornati in Rocha dopo essere stati a vedere il Ponte e se fatto notte, questa mattina havemo trovato lettre del Sig.re Ottavio Coccino che ce invitasse con

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grande istanze a Folegno e mentre eramo a Tavola e arrivato un mandato dal Vescovo a fare le medeme istanze se acettato per il recomo l’invito del vescovo e domatina se non potremo fare altro acetteremo quello del governatore, ecco racontato il nostro viaggio sino questa sera martedi del resto tutta la brigata sta bene e allegramente e ogni giorno e trovamo piu sodisfatte de le lettige le quale ce riscono molto bene. Stiamo anziosi de sentir novo de V. E. e che tutti e per che ho un po sonno finisco riverendolo ummilmente assieme con Monsignore Vergilio per parti di tutti in finite racommandatione e bagia mani alla Sig.ra Lorenza a Bernardino Fabritio Vergilio Alviano Lucretia Ceriaco Guido mille saluti e abracci per parte di tutti, una calda racommandatione alla Bona Balia le […?] Costanza e sino a Lilla a tutti le moniche di Tor di Specchi e Monte Magnia Napoli di Spoleto li 13 maggio hor doi e mezza de notte. ASR, FSV, B. 619, 18. 5. 1653 aus Mercana V. Em.za mi permetta ch’io non scrivo di proprio pugne per raguaglianza del progresso del nostro viaggio da Spoleti in qua in dove gli e ne diedi aviso con le seconde mie lettere per che non il viaggio ma le cortesie e i favori che ricevo dapertutto sono quelli che mi straccano e per farne parte a V. E. dico che da Spoleti donde partissimo un poco tardi menº de i buoni trattamenti di Mons. nostro si di tavola, come di letto, ci portassimo a Foligni verso le 16 hora incontrati al Borgo di C[…?] dal S. Ottavio cucciono Em.za che ci tratta molte cautamente e doppo haver il S. Marchese visitato Mons. Vesti e ricevuta apresso la visita di lui acompagnati dal med. S. Governatore sino a piedi la salita di colle prosseguissimo il viaggio alle Case Nove arivandoci alle ventitre e mezza, posata molto necessaria per il bisognio ch’havevamo di ricreare con la dieta i nostri stomachi fosse aggravati dalla cautezza delli antecedenti pasti levati la mattina seguente a sette hore e partiti alle otto e mezza fussimo alla Muccia alle 13 e mezza in circa dove trovassimo il S. Abbate Pier Benedetto invecchiatosi et ingrevito di vita, ma sano nel resto e desidero di riveder V. Em.za che ricorda con gran tenerezza e col lacrime. La sera ” Tollentino su l’Ave Maria ricevessimo le sollite cortesie dal S. Archivescovo Povelli. La mattina seguente alle nove hore e inviassimo ” udir messa alla Chiesa di S. Croce fuori di Macerata, che serve anco per occ[…?] di dare una zuppa alle mule doppo la questa andando verso Recanati fussimo incontrati su miglia discorso dalla nipote del S. Tomaso mastro di camera di V. Em.za in compagnia d’una sorella del S. Cesare Antici e con essa ci portassimo al rinfresco preparatoci volsi dire al banchetto perche qui cominciorono i regali maggiori e pi· ecessivi il vino pretiontissmo e pesci esquisiti e delicatamente imb[…?] che pareva col apparecchio pi· per la Duchessa di Mantova che per noi, oltre che fammo facemo favorischi[?] di coppa da i principali gentilomini della citt”, non posso dir di vantaggio a V. E. per la scarsezza del tempo ma si fig[…?] pur gran cose perche non si dilungar” dal

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

vero. Doppo un bon riposo fossimo ” visitare le sue Ill.me sorelle monache, dove ricevessimo altri regali e gi” che parlo di questi sono indietro a due di quello farei ” Foligni dal S. Vincenzo Ugolini, che f· di molte scatole di confettura, vino e candele di cera. Mentre ci trattenevamo col le monache ” Recanati arriva la carozza di S. Cesa nota per condurci a Loreto, che veramente ci f· gran rest[…?]. Mons. Dondino mancý una certa imbasciata che portata nel poco confusa f· inteso che ci offerisce la carozza suddetta e cos… f· accettata ma come intendessimo poi egli ebbe animo di venire sino ” Recanati ad incotrarci, lo trovassimo per a mezza piazza di Loreto e doppo molti complimenti ci volse lui medesimo introdusse in Santa Casa trattenersi sin che ivi dimorammo accompagnarsi sino alle stanze sciendere dalle sue a cena ed poi, e trattavi con termini di santa gentilezza, benignit” e cortesia, che non mi scordavo mai della obbligationi che li devo e questa mattina ha voluto usare ogni volta ch’io sono uscita dalla camera non lasciandomi quasi far passo che non mi sia venuto a favorire con indubile compitezza ne io per quante preghieri gli n’habbia fatte ho potuto mai ottenere di rimoverlo da questo sino contesi proposito. Carica d’honori di gratie e di favori ricevuti ne son partita hoggi domenica doppo pranzo doppo dimora di tutto il sabbato e prima di giungere alla porta di Recanati ho havuto col ascalto di rinfreschi da Santa Fattore del S. Tomaso sopra nominato e poco appresso col altro in piazza dal S. Giulio Antici che lasciasami finalmente andare, ma ha perý caricata di varie regali e cosi mi son portata qui in Macerata dove mi trovi incontrata perý da quattro dame di molto garbo fuori della citt” che si hanno condutta subito al monastero di S. Chiara e fattami godere d’un mosetto cantato da una monaca molto delicatamente e d’una sonata d’Arpa d’un altra monaca Romana, doppo questo girando per la citt” siamo state al monastero di S. Catherina dove si veste una sorella del S. Bernardino Adriani nostro ospite, e poi venute a casa ho poco doppo ricevuto con l’honore della invita di Mons. Spinola governatore che non contento di questo ha mandato anco a regalarei d’vino fresco in neve di sparaci belissimi passe di Genova et altre galanterie. Il Marchese º poi andato a rendergli la visita e s’aspetta il suo ritorno per metterci a cena V. E. me scusi se ho fatto scrivere ad altri il raguaglio sin qui del nostro viaggio per che sono un pocho stracha e insonnita tra Loreto e Recanati me sono giunte le lettre di V. E. quale ce hanno tutti rallegrati in sentire la sue bona salute di Monsigniori e di tutti li figlioli le lettera di Bernadino me state molto cara come anco quella della Sig.ra Lorenza e la prego scusarme se nole rispondo riser[…?] con tutti come saro al Castello a Bernardino pero che seguiti a raguaglierme di tutti puntuamente come ” fatto sen qui finisco riverendo V. E. per parte de tutti cominciando da me il simile facciamo a Monsignori Vergilio Sigr. Lorenza mille bagiarmi alli figlioli […]

Transkription 5

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ASR, FSV, B. 619, 20. 5. 1653 aus Case Nove Nella lettra scritta da Macerata me scordai de dire che il giovedi partiti dalla Muccia incontrassimo un principe polacho che vieni a Roma con la moglie e famiglia che dicamo siano de bo’ persone e doppo passato domando che erano e sentendo dire il Marchese Spada mando indietro un ý paggio o gentilomo a far scusa se non sera fermato e che desiderava de sapere se che parentada avevano con li SS.ri Spadi che sono in Germania da quali diceva aver ricevutto sua Ecc.za gran cortesie se da dove venivamo dove andavamo le fu risposto alla Santa Casa e che sarriamo stati de ritorno in Roma al mezzo de giugnio e che se Sua Ecc.za non fussi stato partito se saria andato a riverirlo come io la prencipesse sua moglie la quale dichano sia de casa Strozzi e parenti della Marchese de questo cogniome la moglie era in lettiga e lui in una carozza alla polacha avevano doi carri uno tutto serrato e laltro con duecento robbe e da tre o quattro altre carozze a vettara e altri a cavallo, vicino a Valcinarra se incontro la Marchesa N[…?] con il marito e socero e una cogniata zitella smontassimo tutti in mezzo alla strada dove se fece le belle parole erano la carozza e sei e una da vitara a 4 e la lettiga venivano da Tolentino dove erano stati la notte dalla Duchessa Seneria e la sera se fermavano alla Madalena ville del Sig. Card.e Giori. Hora ripiglio da Macerata dove la cena fu bonissima e serviti a tavola da gentilommini se ando a letto alle 4 hore sonate e se dormi pochissimo rispetto al gran caldo che era in quella casa la quale e assai angusta e camere picole se levamano alle otto e se parti alle nove e mezzo arrivessimo a Talentino alle 14 hore e ando a San Nicola dove ce farno mostrati le braccie del santo e sentessimo messa ce trovai la Sig.ra Duchessa Seneria quale avevea sentito che io andavo se tratte me per vederme se discorre delle Marchesa Paliotta e delle altre novit” e lui sta li bonissma cera come anco li figlioli andati a casa de SS.ri Porcelli se pranzo e doppo riposato alle 18 hore se incaminassimo alla volta de Camerino dove se arriva doppo la 23 hore smontammo a vedere la chiesa[?] de San Venantio nella quale non era altro che una gentildonna vedova con una zitella e una altra la quale venne subbito alla volta mia e me domando dove aloggiavo che se non ce voleva ricever lei e molte cortesie come anco da certe preti della chiesa quale ce volsere mostrare le Reliquie senza che noi ce ne ricercassimo e senza tratti ne ve niente in somma si farý gran concetto de li persone da Camerino che siano molto cortesie e amorevoli con forastiere arrivassimo casa del Sig Abbate per Benedetto che sonava l’Ave Maria quale ce stava aspettando con tutte tre le Nipote se ando a tavola prima de una hora de notte e poi a dormire e cera bon fresco la cena fu assai bella e con amorevolezze grande che quel vechio giubilava e non dice altro se non che al improviso V. Em.za se lo vedera a Roma per che lui more de voglia de rivedere V. E. questa matina doppo sentito messa ce siamo incamminati verso le dieci hore e vemo auto viaggio assai freno, siamo arrivati qui alle Case Nove de dove scrivo alle 16 hore e verso le 20 ce incaminaremo ” Folignio. Me so scordata de

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

dire che a Tolentino trovassimo un gentilomo mandato da Monsignior Spinola che ce voleva fare allogiar li ma sentendo che e aspettavano li SS.ri Porcelli fece una mano de cerimonie e ce mando a regalare de vino in neve assai bono e da sparagi bellissime in somma sono tante le carezze a cortesie che si ricevano da per tutto che dubbito ce avezzaremo male, me ero anco scordata de dire che venerdi sera trovassimo ” Loreto il Sig. Federico Valenti con la moglie una sorella cogniato e una nipote del Sig.e Federico quali cerano arrivate la matina a pranzo e Monsignior Rondino sentendo che erano nostre parente voleva che venissero in palazzo ma per che erano di gia acomodati in casa de un coronaro osc[…?] non se volsero ma vere[?] domenicha ce li lasceremo perche volevano andare in Ancona e lonedi incamenarsi per il ritorno. Ieri lonedi tra Valcimara e Tolentino se incontro la nipote del Card.le Poli che andava alla Santa Casa in lettiga lei e un altra donna de tempo e una altra a cavallo e da 4 o cinque altri a cavallo e perche ce ne acorgessimo doppo passato mandai D. Tomaso a complire che rimando da me a far scusa non so se era il marito e cogniato oggi e assai bona giornata e se novolando se piovessi un pocho serviria a smostar[ la polvere ma non ce ne saremo finesco per che se avvicina hora che deve passar la posta e qui a V. E. me ricordo serva humilssima come fanno il Sig. Marchese con tutte le ragazze quale stanno benissimo e allegramente ma la matina li rincrescie un pocho de levarci Daria e stata sempre bene ma il caldo e la polvere li anno abraciato un pocho li ochi riverisco Monsignior Vergilio e Bernardino non scrivo sapendo che V. E. fara gratia participarli questa come anco alla Sig. Lorenza alla quale faccio me le bagiamene in nome de tutti a tutti li mei ragazzi mille racommandationi abbracci cominciando dal primo al ultimo me ricomando alla Bona con tutte li altre come fanno le ragazze Angiola e Camilla in fine me ricomando a tutti di Casa de di Novo a V. E. me inchino humilmente dalle Case Nove hore 18 Martedi 20 maggio 1653. ASR, FSV, B. 619, 23. 5. 1653 aus Castel Viscardo Scrivo dalla Case Nove il nostro viaggio sin li e dalla lettra de Bernardino V. E. havera sentito larrivo a Folignio dove fussimo ricevute da Monsignior Vescovo con molta amorevolezza e cortesia subbito venne il governatore a visitare come ce tomo anco la matina prima de partire ce fu anco il Sig. Ugalino quale ce mando de novo a regalare de doi rima de carta 4 pre[…?] e 6 panetti di tuchara[?] e fa sventare[?] anco il nipote de Monsingior Albize che se trovava li per ochasione che acceva fatto la reveg[…?] delli soldati partisimo il mercordi matina verso le 10 hore ci fussimo verso 14 alla Madonna de li Angiole dove ce trovessimo tre lettige e una carozza che cerano certe gentildonne […?] che andavano alla Santa Casa e doppo aver veduta la Madonna che ne salissimo su a San Francesco dove sentissimo la messa e quel guardiano con altre frati ce fecero de grande acoglienze e se oferno che se ce trattenavamo sino alle 18 hore ce haveriano fatto

Transkription 5

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vedere il velo delle Beatissima Vergine con le altre relique come fecero[?] partissimo alle 20 hore e arrivassimo a Perugia al sono della Ave Maria aspettati del Capitan Montasco Neri con molta amorevolezza ma stava travagliato per che se fatto un decreto che lanello della Beatissima Vergine non se possa mostrare se non a card.le e prencipe grande ma che il governatore lo potuto acr[…?] una volta lanno e che averia detto de volerlo veder lui e con se saria visto la matina la sera il governatore mando il suo segretario dal Sig. Marchese e far scusa che non era venuto in persona per che aveva Monsignior Lonellino da aloggiare la matina il marchese ando per visitando non era levato ce retorno doppo le 10 hore dissero che sino alle 13 non se levavano volsero fare imbasciata il capitano Monino puro fece istanza per che se poteva vedere lanello ma non era stato dato ordine nessuno per quanto dicevano alle deputati me che loro erano pronti in somma ancora nola avemo saputa capire so che aspetassimo sino alle 12 hore e poi ce risolverimo de partire per che per la matina mostravano che non se potessi il giorno nola dicevano sicura la cita pocho la vedessimo le persone non me piaceno non conoscendoce cortesie del governatore ne posso dir pocho bene e dirro che e tutto il contrario de Monsignior Dondino e Monsignior Spinola per di […?] alla doppo essere stati alla Madonna de Mangiavino la sera del giovedi fussimo citta […?] nel palazzo della cornia oggi dalla S. figliola della Sig.ra Madalena Varese questa matina siamo partiti alle nove hore doppo aver sentita messa e havemo rifrescato hostaria […?] ma tempo e siamo arrivati qui al castello doppo le 21 hore tutte sani e con bonissima salute. La lettiga […?] de cera ce anno servito tutti benissimo e la mula ultima compra rientre una bona bestia e de la favorita del Martino: Dicevo le letra di V. E. delli 21 del presente e ringratio delle nove che me da del Sig. Card.le Piementelli pregaro Iddio che lo […?] a pigliare il palazzo. Me despiace che il vino del colonello tofano non li ha piacuti que in casa non ce niente; a proposito V. Em.za se fara deligentia in tutti questi contorni se ce sara niente il viaggio no ne siamo stati male ma in casa del Sig. mastro de camere ce ne uno regalato che non se ne sentito meglio finirý reserbandomi per la posta se altro me occoreva e quia V. E. faccio hum. riv. come fo a Mons. V. e il simile fa il S. Marchese con tutte le ragazze me ricomando caramente a tutti li ragazzi di Castel Viscardo li 21 maggio 1653 ASR, FSV, B. 619, 24. 5. 1653 aus Castel Viscardo Per il ritorno del lettigiero vettarino che e partito questa mattina sabbato scrissi a V. E. il resto de nostro pelegrinaggio e per che questa me resta pocho che dire solo domandarli perdono delli mancamenti che ho fatto nel scrivere e in darli le risposte poco approposito a quelle che V. E. me ha scritte delle deligentie de vini se fara il possibile e se ce sara niente che ce paia approposito se ne mandara la mostra me dispiace che qui in casa ce ne uno vechio che la botte li ha dato odore di seno che so certo sarria stato approposito e se provato de mutarlo ý per dir

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Anhang A: Abkürzungsverzeichnis/Transkriptionen

meglio lo fecero sabbato che se ne acorsero ma nolo levia questo de questo anno non ce niente de bono queste notte qui ” piovuto un pocho e oggi e nuolo e sara un gran vento se che se sento piu torto fresco che altro ma dichano che questi giorni in dietro ce stato caldo assai me pare de sentire che questo anno V. E. sino havra non habbia auto tempo de far viaggio a Tivoli come al solito il nostro Sig.re non sa trovar la strada de far la segniatura e cosi tiene tutti sospesi e lui attende a andare a spasso revederci sapere che e il parentado che V. E. ne deve essere mezzano il Marchese T[…?] e se la nostra vicina Capranica sia ancora sposata che credo la stella di V. E. ne havera auto alegrezza[?] per che spero bisogniava carozza per lei del Padre Don Dionerio[?] non me ne meraviglia parendomi non molto approposito per trattar negotii de consideratione. Sto con desiderio aspettando le lettre di lonedi per sentir che stiano tutti bene e che la Bona e Costanza siano guarite penzando al fastidio della Sig.ra Lorenza in avere le ammalate con tutti quelli ragazzi da combattere ricevono lettra della Sigr.a Marchesa Camilla delle 8 del presente che vorebbe li mandassi certa fil[…?] per far punti franchesi ma bisogniava che aspetti che io sia tornata in Roma che la serviro. Ricevo anco una lettra del Sig. Conte Pauolo quale mando qui inclusa a V. E. e per nolo tediar piu con mie lettre la fo hum. riverenza pregandole de recordami se una a Monsignior nostro il Sig. Marchese mio e queste ragazze fanno il medemo e me recommando a tutta la ragazzeria […] Castel Viscardo li 24 maggio 1653.

Anhang B: Stammbäume/Darstellungen

Tab. I: Überblicksdarstellung mit den relevanten Personen und Beziehungsverhältnissen (nach: Waddy, Seventeenth-Century, S. 129).

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Anhang B: Stammbäume/Darstellungen

Tab. II: Überblicksdarstellung mit den relevanten Personen und Beziehungsverhältnissen (nach: Strunck, Barberinis, S. 446 und Weber, Genealogien, Vol. 29, 1, S. 244).

Anhang B: Stammbäume/Darstellungen

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Tab. III: Überblicksdarstellung mit den relevanten Personen und Beziehungsverhältnissen (nach: Weber, Genealogien, Vol. 29, 2, 894, 900, und Karsten, Kardinal Bernadino, S. 293, 294).

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Anhang B: Stammbäume/Darstellungen

Tab. IV: Überblicksdarstellung mit den relevanten Personen und Beziehungsverhältnissen (nach: Weber, Genealogien, Vol. 29, 4, S. 946, 947).

Anhang B: Stammbäume/Darstellungen

Tab. V: Übersicht Briefwechsel Maria Spada Veralli mit Kardinal Spada, September 1642

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Anhang B: Stammbäume/Darstellungen

Tab. VI: Rekonstruktion der Pilgerreise 1653 aufgrund der Briefe in ASR, FSV, B. 619

Bibliografie

Verzeichnis der konsultierten Archive ACS ADP ASR, FSV ASV, Segr. Stato ASVe, Dispacci BAV, Barb. lat. BAV, Vat. lat.

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Abkürzungen der verwendeten Nachschlagewerke DBI HC LThK Moroni

Dizionario Biografico degli Italiani Hierarchia Cattolica Lexikon für Theologie und Kirche Dizionario di erudizione storico-ecclesiastico

Register

Ago, Renata 27 f., 31, 40, 44 f., 50, 52 – 54, 59, 89, 148, 151, 200, 206, 212 Albicini, Daria 148 Aldobrandini, Familie 36, 41, 53, 57, 59 f., 62 f., 83, 126 Aldobrandini, Ippolito 57, 62 – Clemens VIII. (1595 – 1605) 42, 57, 148 Aldobrandini, Olimpia (Principessa di Rossano) 55 – 60, 62, 83, 196 Ameyden, Teodoro 30, 58, 125 f., 132 Anna von Österreich (Königin von Frankreich) 125, 127 Barbarini, Anna siehe Colonna Barberini, Anna Barberini, Antonio di Carlo (gest. 1571) 54 Barberini, Antonio sen. (Kardinal S. Onofrio; 1569 – 1646) 54, 65, 84 Barberini, Antonio (1608 – 147) 54, 65, 80, 83 f., 99 – 101, 103, 205, 113 – 116, 140, 142, 189 f., 193, 225 f., 259, 274 – 276 Barberini, Carlo (1562 – 1630) 54, 65, 80, 82, 84, 86 f., 121, 134, 254, 256 Barberini, Carlo (1630 – 1706) 54, 76, 83, 94 f., 97 f., 116, 120 – 125, 140 Barberini, Familie 12, 25, 29 f., 32, 36, 44, 47, 50, 51, 53, 57, 65, 68, 76 f., 79 – 87, 89, 90, 94 f., 97, 99, 102, 105, 107, 111 – 123, 125 f., 128 – 144, 151 f. 184, 189, 193 – 196, 201, 222 f., 225, 255 Barberini, Francesco (d. J.) 37 f., 44, 50 f.

54, 65, 78, 80, 85 – 88, 90, 97, 99 – 104, 106 – 108, 112, 114, 116, 119, 124 f., 127 – 135, 140, 142, 152, 180, 197, 201, 224 f., 235, 282 Barberini, Lucrezia 58, 88, 94, 97, 116, 124, 128, 131, 140 Barberini, Maffeo 44, 54, 65, 82, 222 – Urban VIII., (1623 – 1644) 16, 29, 34, 36 – 40, 42, 44, 47, 54, 65, 67, 79 f., 82 f., 85 – 88, 102, 104, 107, 111, 113 – 115, 117, 119, 121, 132, 134 f., 139, 143, 153, 158, 189, 195 f., 222 Barberini, Maffeo (d. J.) 54, 68, 82 f.,, 88, 94 f., 97, 98, 116, 121 – 126, 139, 214, 222 Barberini, Niccolý 124, 134, 136, 143 Barberini, Taddeo 16, 30, 33 f., 50, 52, 54, 58, 66, 68, 77 – 80, 82 – 94, 97 – 101, 103 – 105, 107 f.m 110 – 114, 116 – 118. 120, 124 f., 127 – 133, 135, 140, 151, 189, 217, 221 f., 224 f., 234, 250, 256, 258 f. Barozzi, Nicolý 30, 58, 79 – 81, 94, 196 Berchet, Guglielmo 30, 58, 79 – 81, 94, 196 Bernini, Gianlorenzo (Architekt/Künstler) 47, 57, 66 f., 80, 84, 87, 90, 113, 185 Bona (Amme der Spada-Kinder) 162 f., 264 f., 285, 288, 290 Bonadonna Russo, Maria Teresa 30, 76, 106, 121 Borello, Benedetta 28, 45, 52, 55 – 57, 60 – 63, 70, 119, 139 Borghese, Camillo 37, 42, 44, 48, 51, 53, 58, 60, 67, 78, 83, 110, 196 – Paul V. (1605 – 1621) 42, 65, 83

312 Borghese, Paolo (Principe di Sulmona) 57 – 59 Borgia, Gaspare 39, 47 Borromini, Francesco (Architekt/Künstler) 184 f., 187 f. Bourdieu, Pierre 19 Branciforte, Margherita (Principessa di Butera) 67, 75, 80 Caetani, Familie 101, 104, 254, 259 Caetani, Gregorio 101 Carafa, Anna (Principessa di Stigliana) 77 Carafa, Decio 66, 73 f. Carafa, Familie 70, 73 f. Carafa, Gian Pietro – Paul IV. (1555 – 1559) 66, 73 f. Carafa, Lodovico 73, 77 f. Carafa, Tiberio (Principe di Scilla) 73, 76 Cesarini, Familie 100 f., 256 Chiari, Fabrizio (Künstler) 142 Chigi, Fabio 35, 37 – Alexander VII. (1655 – 1667) 215 Christina Königin von Schweden 32, 63 Collicola, Taddeo (Hausarzt der Barberini) 92, 95 Colonna, Carlo 100 – 102 Colonna, Cesare 117 f., 129 Colonna, Familie 16, 25, 30, 42, 50, 66 – 70, 74, 79 f., 82, 90, 98, 101 f., 106, 117, 126, 133 – 135, 144, 223 Colonna, Federico (Principe di Paliano) 75, 80, 67, 106 Colonna, Filippo I. (Contestabile) 66 – 70, 72, 68, 74, 78 – 80, 82, 84, 100 – 103, 105 f., 116 f., 126, 229, 255 – 258 Colonna, Giovanni Battista (Patriarca di Gerusalemme) 84 Colonna, Girolamo (Kardinal) 77, 83 f., 118, 121, 141 Colonna, Ippolita (Suor Maria Teresa del Ges·) 69, 73, 75, 77 – 79, 81, 84 f., 251, 253 Colonna, Marcantonio II. 66 Colonna, Marcantonio V. (Contestabile) 67, 106 f., 113, 117, 129 Colonna, Prospero 84

Register

Colonna, Vittoria (Suor Chiara Maria della Passione) 30, 69, 71, 74, 76, 78 f.,81, 84 f., 136, 139, 141, 152 Colonna Barberini, Anna 12, 16 – 18, 21 f., 24, 26, 29 – 34, 42 f., 46, 48 – 50, 52 – 55, 57 – 59, 61, 65 – 145, 147 f., 151 – 153, 155, 157, 171, 173 f., 178, 180 – 182, 184, 187, 189, 194 f., 212, 215, 217, 221 – 226, 229 f., 236 – 239, 251 – 254, 256, 260 Contarini, Angelo (Venezianischer Botschafter) 58, 79 – 81, 94 Contarini, Pietro (Venezianischer Botschafter) 94 Contini, Francesco, (Architekt) 110, 136, da Cortona, Pietro (Künstler) 87, 90, 142, 236 d’Amelia, Marina 28 f., 31, 40, 55, 58, 61, 138 f., 156, 166 de Luca, Giovanni Battista 36, 48 f., 96, 108 de Motteville, Madame 127 f. della Purificatione, Biagio 30, 69 f., 76, 84 f., 136, 139, 142, 145 d’Este, Francesco I. (Herzog von Modena) 77, 140 Elias, Norbert

19 f., 24, 53, 89

Fantuzzi, Camilla 149, 175 Farnese, Familie 36, 41, 189, 193 Farnese, Odoardo II. (Herzog von Parma und Piacenza) 158, 189 f., 193 Feci, Simona 60, 112, 117, 119, 131 – 133 Fonseca, Gabriel (Hausarzt der Spada) 203, 262, 273 Ghislieri, Antonio Michele – Pius V. (1566 – 1572) 42, 66 Gigli, Giacinto 30, 42, 58, 82, 87, 112 – 114, 117, 120, 130, 140 f. Gioeni, Isabella, 67, 106 Giustiniani, Olimpia 53 f., 68, 83, 116, 140 Griesebner, Andrea 20 – 23, 26

Register

Grimaldi, Girolamo (Kardinal) 114 f., 118, 121 Guidi di Bagno, Giovanni Francesco 137 Karsten, Arne 12, 23, 27, 31, 35, 37 – 40, 44, 47, 53, 58, 65, 87, 99, 101, 113, 128, 142, 148 – 153, 157 f., 171, 183, 193, 196, 203, 207, 213, 217 – 219 Keilhau, Eberhart (Künstler) 31, 204 f., 218, 224 Köchli, Ulrich 12, 29, 65, 77, 81, 113 – 116, 138, 140 Ludovisi, Alessandro – Gregor XV. (1621 – 1623) 39, 65 Ludovisi, Familie 36, 67, 149 Ludwig XIV. (König von Frankreich) 56 f., 68, 115, 125 Magalotti, Costanza 33, 54, 66, 82, 84 f., 89, 143 Magalotti, Lorenzo 80 f. Maidalchini, Domenico 156, 196 f., 212 Maidalchini, Donna Olimpia 28 f., 32 f., 40, 45 f., 58, 60, 62, 114, 116, 126, 128, 138 – 140, 196 f., 212, 214, 222 Maidalchini, Pacificia Filiziani 197 Malatesta, Claudia 203 f., 209 Mancini, Maria 29, 56 f. Martinozzi, Laura 116, 140 Maruscelli, Paolo (Architekt) 182, 185 Mattei, Girolamo Ducha 212 Mazarin, Jules 56, 68, 115 f., 125, 128 f., 131, 140 Neri, Filippo (Gründer Oratorianervereinigung) 42 f., 84, 202 Opitz, Claudia 12, 20 f., 23, 25 Orsini, Familie 36, 41, 66, 98, 152 Pamphilij, Camillo 37, 40, 55 f., 58 f., 83, 128, 196 f., 282 Pamphilij, Familie 68, 83, 115 f., 138, 140, 196, 225 Pamphilij, Giovanni Battista 113, 196

313 – Innozenz X. (1644 – 1655) 34, 36, 40, 45, 55 f., 58, 68, 83, 113, 115, 119, 121, 128, 138 – 141, 148, 195 – 197 Patrizi, Vittoria 212, 219 Pecchiai, Pio 29 f., 65, 76, 84 f., 94, 120 – 123, 125 Prodi, Paolo 27 f., 36 f., 41 Reinhard, Wolfgang 23, 27, 33, 36 f., 40, 44, 47, 86 Reinhardt, Volker 11, 23, 27, 36 f., 40, 65 f., 73 Renzi, Gabriele (Künstler) 136, 198 Rocci, Ciriaco (Kardinal) 115, 150 – 152, 282 Rocci, Eugenia 150 Rocci, Maria Pulcheria 219 Romanelli, Giovanni Francesco (Künstler) 142 Rosario, Ippolita 150, 198, 209 Rospigliosi, Giulio (Monsignor) 137 f. Ruffo, Familie 70, 73 Ruffo, Ippolita 70 Ruffo, Madre Suor Catarina 70 Sacchi, Andrea (Künstler) 89 f., 133, 135, 141 f., 236 Scanaroli, Giovanni Battista (maggiordomo der Barberini) 93 Spada, Alviano (Malteserritter) 185, 195 – 198, 205, 212, 282, 285 Spada, Bartolomeo 174, 205, 209, 212, 212, 213, 282 f. Spada, Bernardino 16, 31, 33, 39, 42, 44, 50, 54, 61 f., 147 – 161., 163 f., 169, 171 f., 174 f., 177 – 179, 181, 183 – 186, 188 – 191, 193 – 200, 203 – 210, 212 f., 215, 217, 219, 222, 224, 261, 263, 265, 267, 269 – 271, 273 Spada, Bernardino (d. J.) 156, 165, 172, 175, 180, 198, 205, 211 – 213, 215, 218 f., 275, 281, 285 f., 288 Spada, Carlo Francesco 150, 198, 209 Spada, Cecilia 165, 172, 198, 212, 281 Spada, Ciriaco 173, 198, 205, 213, 282 Spada, Clemente 219

314 Spada, Daria 162 f., 165, 172, 198, 212, 264 f., 281, 288 Spada, Eugenia 31, 156, 165, 172, 195, 197 f., 208, 212, 281 Spada, Fabrizio (Kardinal) 166, 205, 212 f., 218 Spada, Familie 42, 44, 53, 62, 147 – 157, 164, 171, 173 f., 180 – 182, 184, 187 f., 195 – 198, 200 – 202, 204, 207, 212, 217 – 219, 222 – 225 Spada, Francesco 149, 150, 153, 209, 282 Spada, Giacomo Filippo 148 – 150, 183, 209 Spada, Guido 173 f., 198, 205, 213, 282, 285 Spada, Maria siehe Veralli Spada, Maria Spada, Nicola (Signor Bal…) 183 Spada, Orazio 16, 34, 50, 61, 147, 150, 153 f., 156, 164, 168, 183, 192 f., 196 f., 204 – 219, 221, 223 f., 247 f. Spada, Paolo 147 – 150, 207 Spada, Rodolfo 209 Spada, Virgilio (Padre Virgilio) 42 f., 149 – 153, 157 f., 160, 163, 166, 172, 182 – 185, 187, 192, 194 – 198, 204, 206 f., 121, 215, 219, 273, 281 Spada, Virginia 57, 165, 172 f., 198, 212 f. Tantucci, Mons· (Kammerdiener der Spada) 161, 169, 261 – 269, 271 f., 274 f.

Register

Testi, Fulvio 77, 85, 98 – 102 Tomacelli, Catarina 70 Tomacelli, Lucrezia 67 – 70, 131 Vanni (Angestellter der Spada) 268, 274, 280 Veralli, Fabrizio (Kardinal) 150 f. Veralli, Familie 16, 153 f., 223, 225 Veralli, Giovanni Battista 48, 150, 152 – 154 Veralli, Girolamo (Kardinal) 150 f. Veralli, Giulia 152 – 154, 158, 161 – 163, 167 f., 191, 216, 262 – 265, 267 – 269, 271, 273 – 275, 277 Veralli Spada, Maria 16, 18, 22, 26, 28, 31 – 34, 43 f., 50, 52 f., 59, 61 f., 111, 147 – 219, 261 – 290 Verospi, Giovanni Battista 212 Visceglia, Maria Antonietta 21, 27 f., 31, 36, 44, 53, 55, 87, 89, 151 – 153 Völkel, Markus 29, 33, 51 f., 92 f., 201, 204, 211, 249 von Avila, Teresa (Gründerin Karmelitenorden) 84, 109, 137 f., 143 von Castiglia, Admiral 126, 136, 138 von Pastor, Ludwig 38, 40, 58, 115, 117 f., 126, 189, 193 Waddy, Patricia 29, 49, 79, 82, 85 – 89, 94, 97, 99, 231, 233

Weibliche Religiosität im Mittelalter

Nava Mediaevalia 9

Alice Otto Weibliche Religiosität – weibliches Erzählen Versuche zur Identitätskonstruktion von Frauen in den galego-portugiesischen ›Cancioneiros‹ des Mittelalters

Alice Otto Weibliche Religiosität – weibliches Erzählen Versuche zur Identitätskonstruktion von Frauen in den galego-portugiesischen ›Cancioneiros‹ des Mittelalters Nova Mediaevalia, Band 9. ca. 290 Seiten, gebunden ISBN 978-3-89971-833-1 27.04.2011 13:15:30

Religiöse Motive finden sich häufig in den mittelalterlichen galegoportugiesischen ›Cancioneiros‹, wurden in der Forschung aber bislang nur wenig beachtet. Dieser Band stellt erstmals den Aspekt weiblicher Religiosität in den Fokus und gewinnt so neue Erkenntnisse über weibliche Identität in den ›Cantigas‹. Religiosität von Frauen wird ebenso wie weibliches Erzählen als politischer Diskurs gewertet, der Frauen Teilhabe an der öffentlichen Sphäre ermöglicht. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht der Zusammenhang zwischen weiblicher Frömmigkeitspraxis, Liebesdiskurs und Neusituierung weiblichen Erzählens. Eine Neuordnung der Geschlechterverhältnisse wird sichtbar, die für die Protagonistinnen der ›Cantigas‹ einen Verlust von gesellschaftlicher Handlungsmacht sowie einen veränderten Zugriff auf Raum bedeutet.

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