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German Pages [315] Year 2023
Catharina Koke
Zwischen Ideologie und Bekenntnis Die Ausbildung von evangelischen Religions lehrkräften für die Volksschule in Bayern, Thüringen und Westfalen (1933–1945)
Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte
Herausgegeben im Auftrag der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte von Siegfried Hermle und Harry Oelke Reihe B: Darstellungen Band 92
Vandenhoeck & Ruprecht
Catharina Koke
Zwischen Ideologie und Bekenntnis Die Ausbildung von evangelischen Religionslehrkräften für die Volksschule in Bayern, Thüringen und Westfalen (1933–1945)
Vandenhoeck & Ruprecht
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber https://dnb.de abrufbar. 2024, Vandenhoeck & Ruprecht, Robert-Bosch-Breite 10, D-37079 Gçttingen ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Schçningh, Brill Fink, Brill mentis, Brill Wageningen Academic, Vandenhoeck & Ruprecht, Bçhlau und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschþtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: 3w+p, Rimpar
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage j www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN ISSN 2197-0874 ISBN 978-3-666-50044–2
Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Aufbau und die Fragestellung der Arbeit . . . . . . . . . 1.1.1 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Die Ausbildung von Religionslehrkräften für die Volksschule im Zuge der staatlichen Gleichschaltung und dem beginnenden Kirchenkampf (1933–1934) . . 1.1.3 Die Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht an den Hochschulen für Lehrerbildung (1935–1941) . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Die Reseminarisierung der Lehrerbildung und Ansätze kirchlicher Ersatzausbildung (1942–1945) . . . . . . . 1.2 Der Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Die Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Die Chancen und Grenzen der Fragestellung . . . . . . . . .
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2. Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis . . . 2.1 Die Nationalsozialistische Ideologie – eine Begriffsklärung . . 2.1.1 Die Problematik des Ideologiebegriffs . . . . . . . . . . 2.1.2 Zur nationalsozialistischen Ideologie . . . . . . . . . . . 2.1.3 Die Erziehungsvorstellungen in Hitlers Mein Kampf . . 2.1.4 Die Erziehungsvorstellungen in Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5 Die Erziehungsvorstellungen in Mathilde Ludendorffs Des Kindes Seele und der Eltern Amt . . . . . . . . . . . 2.1.6 Die Positionen Hitlers, Rosenbergs und Ludendorffs zu Erziehung und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Das Christliche Bekenntnis – eine Begriffsklärung . . . . . . . 2.2.1 Die Problematik des Bekenntnisbegriffs . . . . . . . . . 2.2.2 Zum Bekenntnisbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Der kirchenhistorische Hintergrund der Bekenntnisse im Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Die Bekenntnisse der Bekennenden Kirche . . . . . . . . 2.2.5 Das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen . . . .
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Inhalt
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2.2.6 Der Verkündigungsauftrag der Kirche als Erziehungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Spannungsfeld zwischen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Der Stand der Lehrerausbildung in der Weimarer Republik bis 1925 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Die Entwicklungen und Konzeptionen der Religionspädagogik in der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Das Verhältnis von Religionsunterricht und Schule bis 1925 . . 3.3.1 Das Schulwesen der Weimarer Republik . . . . . . . . . 3.3.2 Die Abschaffung der Geistlichen Schulaufsicht . . . . . . 3.3.3 Der Religionsunterricht in der Schule und der religiöse Charakter der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Die Bedeutung der Religion für das Lehrerbild . . . . . . 3.4 Das Verhältnis von Staat, Kirche und Schule in Bezug auf die Zuständigkeiten in der Ausbildung von Religionslehrerkräften 3.5 Der Streit um die Konfessionalität in der Lehrerbildung . . . . 3.6 Die Reform der Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Die Weimarer Reichsverfassung und ihre Bedeutung für die Ausbildung von Religionslehrkräften . . . . . . . . . 3.6.2 Die Errichtung der Preußischen Pädagogischen Akademien und die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern und Thüringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Der Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Das Fach Religion im Rahmen der Lehrerausbildung in Thüringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9 Der Religionsunterricht an der Pädagogischen Akademie in Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10 Die Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Tradition und Neuaufbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Ausbildung von Religionslehrkräften im Zuge der Gleichschaltung und im Schutze der kirchenfreundlichen Politik des Nationalsozialismus (1933–1934) . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Der Prozess der Gleichschaltung und seine Auswirkungen auf die Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die evangelische Kirche zu Beginn des Dritten Reiches . . 4.3 Von der Preußischen Pädagogischen Akademie zur Hochschule für Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . 123 . . 124 . . 130 . . 135
Inhalt
4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9
Die inhaltliche Neuausrichtung der bayerischen Lehrerbildungsanstalten und der Beginn der Umstellung auf die Hochschulen für Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . Zwischen Anpassung und Sonderweg. Das Pädagogische Institut in Jena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die religionswissenschaftlichen Vorlesungen am Pädagogischen Institut in Jena . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Religionsvorlesungen an der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Religionslehrerausbildung zwischen ideologischer Beeinflussung und Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Die reichsweite Ausbildung von Religionslehrkräften an den Hochschulen für Lehrerbildung (1935–1940) . . . . . . . . . . . . 5.1 Der kirchenpolitische Kurswechsel der NSDAP . . . . . . . . 5.2 Die kirchlichen Stellungnahmen zum evangelischen Religionsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Der Lehrplan für den Religionsunterricht in den Volksschulen in Thüringen . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Der Umgang der westfälischen Landeskirche mit dem Verschwinden des schulischen Religionsunterrichts . . 5.2.3 Die Denkschriften der Vorläufigen Kirchenleitung . . . 5.2.4 Die Schulkammer der Vorläufigen Kirchenleitung . . . 5.3 Die Religionslehrkräfte zwischen staatlicher Schulhoheit und evangelischer Gewissensfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Die Anpassung der bayerischen Lehrerbildung an das Reich: Gründung und Gestaltung der bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Die Einführung der Hochschule für Lehrerbildung in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Der Dozentenbestand an den bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Die Deutsche Aufbauschule . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Kontinuität in Thüringen: Das Pädagogische Institut in Jena 5.6 Die Etablierung der Hochschule für Lehrerbildung in Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Die Verdrängung des Religionsunterrichts aus der Lehrerbildung an den Hochschulen für Lehrerbildung . . . . 5.7.1 Die Verdrängung des Faches Religion aus der Lehrerbildung im Spiegel offizieller Erlasse und Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. 139 . 148 . 153 . 163 . 166 . 168 . 172 . 172 . 173 . 175 . 178 . 179 . 183 . 185 . 188 . 188 . 195 . 200 . 203 . 208 . 210 . 211
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Inhalt
5.7.2 Der Spielraum der Hochschulen bei der Umsetzung der reichsweiten und länderspezifischen Erlasse . . . . . . . 5.7.3 Die Verdrängung der Religionslehrerbildung aus den Hochschulen für Lehrerbildung durch die Agitation des NS-Studentenbundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.4 Die Handlungsspielräume der Kirche im Versuch den Religionsunterricht in der Lehrerbildung zu sichern . . 5.8 Der Religionsunterricht an den Hochschulen für Lehrerbildung und am Pädagogischen Institut Jena . . . . . . 5.9 Die Auswirkungen des beginnenden Krieges auf die Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10 Die nationalsozialistisch, völkisch beeinflusste Ausbildung von Volksschullehrern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Neuordnung der Lehrerbildung und Ansätze einer kirchlichen Ersatzausbildung (1941–1945) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Das Verhältnis von Staat und Kirche . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Die Neuordnung der Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Der Einsatz von Hilfskräften im Religionsunterricht in Bayern 6.4 Die Ausbildung von Hilfskräften für Pfarrer in Thüringen . . . 6.5 Die Ausbildung von Hilfskräften für die „Christenlehre der jungen Gemeinde“ in Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Der kirchliche Religionsunterricht zwischen Ideologie und Bekenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7. Die Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Ideologie und Bekenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Quellen- und Literaturverzeichnis Unveröffentlichte Quellen . . Veröffentlichte Quellen . . . . Darstellungen . . . . . . . . . Internetquellen . . . . . . . .
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Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität im Sommersemester 2021 als Dissertation angenommen. Für die Druckfassung wurden lediglich geringfügige Änderungen vorgenommen. Das Thema „Kirche im Nationalsozialismus“ beschäftigt mich bereits seit meinem Studium. Aus meinem Interesse am Thema heraus entstand zunächst eine Zulassungsarbeit für das erste Staatsexamen und in der Folge die Arbeit an der nun hier vorliegenden Veröffentlichung. Da der Erfolg eines solchen Projektes immer abhängig von einem fruchtbaren Austausch ist, möchte ich mich hierfür vor allem bei meinem Doktorvater und Erstgutachter Prof. Dr. Harry Oelke bedanken. Nach meiner Zulassungsarbeit ist es seiner Ermutigung und Unterstützung zu verdanken, dass dieses Projekt auf den Weg gekommen ist und erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Stets hat er die Arbeit konstruktiv begleitet und mich immer wieder durch wertvolle Hinweise zum Nachdenken angeregt. Prof. Dr. Harry Oelke und Prof. Dr. Siegfried Hermle danke ich für die Aufnahme in die Reihe Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat dieses Projekt ermöglicht, indem sie mir drei Jahre lang ein Stipendium gewährt hat, für welches ich sehr dankbar bin. Zudem möchte ich mich bei den Mitgliedern des Oberseminars von Herrn Professor Dr. Harry Oelke bedanken. Durch unablässige, ermutigende Rückmeldung und anregende Kritik haben sie meine Arbeit stets fruchtbringend in den Blick genommen. Namentlich zu erwähnen sind insbesondere Frau Dr. Nora Schulze, Herr Dr. Frank Krauss, Camilla Schneider und Carlotta Israel. Meinen Eltern, meinen Schwestern sowie Joseph Brandmaier danke ich für ihre stete Unterstützung und ihr immer offenes Ohr. Ohne ihren Rückhalt wäre vieles nicht möglich gewesen. Dank gilt auch Helena Meyer-Berg für ihre Unterstützung und hilfreiche Schlusskorrektur. Allen, die das Projekt auf die eine oder andere Weise mitbegleitet haben und an der wissenschaftlichen Beschäftigung mit ihrem Auf und Ab geduldig teilhatten und nicht namentlich erwähnt werden, sei ebenfalls herzlich gedankt. Weyarn, Mai 2023
Catharina Koke
1. Einleitung 1.1 Der Aufbau und die Fragestellung der Arbeit „Keinesfalls darf der evangelische Religionsunterricht freiwillig aus der Schule verschwinden. Wir müssen bis zum letzten um jede Stellung kämpfen. Freier kirchlicher Unterricht erreicht viel weniger Kinder. Auf die Lehrerbildung ist Einfluss zu nehmen.“1
So äußerte sich Wilhelm Florin, ein Mitglied der Schulkammer der Vorläufigen Kirchenleitung der Deutschen Evangelischen Kirche auf deren erster Sitzung am 13. November 1935. Florins Position macht deutlich, dass sich wenigstens einige der kirchlichen Handlungsträger über die Relevanz der Ausbildungsfrage von Religionslehrkräften2 bewusst waren. Verbunden mit dem Kampf um den Erhalt des evangelischen Religionsunterrichts in der Volksschule ist auch die Frage um die Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht – nicht nur in der Kirche – von Florins Zeitgenossen wiederholt diskutiert worden, wie auch diese Arbeit deutlich macht. Die vorliegende Arbeit befasst sich vor diesem Hintergrund mit der Ausbildung von evangelischen Religionslehrkräften für die Volksschulen. Dabei versucht sie diese inhaltlich und institutionell in das Spannungsfeld zwischen christlichem Bekenntnis und nationalsozialistischer Ideologie einzuordnen. Ausgegangen wird dabei von der Feststellung, dass sich in der Verantwortung für den Religionsunterricht mit Staat und Kirche seit der Weimarer Reichsverfassung (WRV) zwei Institutionen gegenüberstanden, deren unterschiedliche Interessen gerade im totalitär geführten Staat des „Dritten Reiches“ Anlass für Auseinandersetzungen besaßen. Unter dem Titel „Zwischen Ideologie und Bekenntnis. Die Ausbildung von evangelischen Religionslehrkräften für die Volksschule in Bayern, Thüringen und Westfalen (1933–1945)“ wird die Ausbildung, die angehende Volksschullehrkräfte an Pädagogischen Akademien (PA)3 und Hochschulen für Lehrerbildung (HfL), Universitäten sowie den dort angegliederten Pädago1 Bericht über die erste Sitzung der Schulkammer der VKL am 13. 11. 1935 (LAELKB Nürnberg, KKU 22.I). 2 Die Arbeit spricht von Religionslehrern und -lehrerinnen in der Regel als Religionslehrkräfte oder Religionslehrer*innen. In Fällen, wo die Ausbildung nach Geschlechtern getrennt organisiert war, ist explizit von Religionslehrern oder Religionslehrerinnen die Rede. 3 Die in dieser Arbeit verwendeten Abkürzungen orientieren sich unter anderem an den von Ulrike Gutzmann verwendeten Abkürzungen und werden gesondert im Abkürzungsverzeichnis aufgeführt.
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Einleitung
gischen Instituten (PI) und Lehrerbildungsanstalten (LBA) erhalten haben, in inhaltlichen und organisatorischen Aspekten beleuchtet. Die Arbeit zeigt, welchen Einfluss auf der einen Seite die zeitgenössischen Auslegungen des christlichen Bekenntnisses und auf der anderen Seite die verschiedenen Ausprägungen nationalsozialistischer Ideologie auf die Ausbildung der Religionslehrkräfte hatten. Dabei widmet sich die Untersuchung verschiedenen Aspekten. So werden die institutionellen Voraussetzungen, welche den Handlungsspielraum für Staat und Kirche schaffen, in den Blick genommen. Auch maßgebliche Akteur*innen in Kirche, Staat und Ausbildung werden dabei untersucht, ebenso wie die Lehrpläne von PA bzw. HfL und Volksschulen, welche den inhaltlichen Rahmen der Ausbildung markierten. Zuletzt werden auch das Verhältnis von Staat und Kirche in seinen Auswirkungen auf die Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht – hier spielt besonders die Auseinandersetzung um die Bekenntnisschule eine Rolle – sowie die (kirchen-) politischen Entwicklungen beleuchtet. Die Untersuchung gliedert sich in eine Vorphase sowie in drei Hauptphasen, in denen jeweils unterschiedliche Rahmenbedingungen die Gestaltung der Lehrerbildung bestimmten. Jede der Phasen wirkt sich dabei mit heterogenen Motiven, Strukturen und Hintergründen in unterschiedlicher Weise auf die Einordnung der Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht in das Spannungsfeld zwischen Ideologie und Bekenntnis aus. Exemplarisch werden in dieser Arbeit die Landeskirchen Bayern, Thüringen und Westfalen in den Blick genommen. Dabei sind sowohl kirchengeschichtliche als auch institutionsgeschichtliche Argumentationen ausschlaggebend für diese Auswahl gewesen. Während mit Bayern eine der intakten Landeskirchen in den Blick kommt, die im Kirchenkampf zwar im Austausch mit bekenntniskirchlichen Kräften stand, jedoch in Vielem dem Lager der Mitte zuzurechnen war, stehen Westfalen und Thüringen stellvertretend für die übrigen, ebenfalls zerstörten Landeskirchen. Dabei ist entscheidend, dass Westfalen mehrheitlich bekenntniskirchlich geprägt war, während in Thüringen die extreme Richtung der Thüringer Deutschen Christen (DC) vorherrschte. Daneben lässt sich in Bayern institutionsgeschichtlich mit der Einführung der HfL 1935 – wobei Bayern als eines der letzten Länder die HfL einführt – ein massiver Bruch beobachten. Demgegenüber war dieser institutionelle Bruch durch die strukturellen aber auch inhaltlichen Anknüpfungsmöglichkeiten der HfL an die PA in Westfalen geringer. In Thüringen vollzog sich ein derartiger Bruch erst mit der Wiedereinführung der LBA als Lernstätte der Lehrerbildung. Bayern, Thüringen und Westfalen repräsentierten somit vor 1933 alle drei Formen der Lehrerbildung: die LBA in Bayern, die Anbindung an die Universität in Thüringen und die eigenständige Hochschule mit der PA in Westfalen.
Der Aufbau und die Fragestellung der Arbeit
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1.1.1 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Die Arbeit setzt mit dem Blick auf die Errichtung der PA in Preußen mit der genannten Vorphase 1925 bis 1932 ein. Anlässlich dieser Neustrukturierung der Lehrerbildung wurden unterschiedliche Möglichkeiten der institutionellen Gestaltung der Lehrerbildung durch Lehrerverbände, Ministerien, kirchliche Gremien sowie in der Öffentlichkeit breit diskutiert. Einige der hier auftretenden Argumentationsstrukturen finden sich nach 1933 wieder, weshalb jenen Diskussionen in diesem Kapitel genauer nachgegangen wird. Grundlage für die Debatte um die Lehrerbildung waren dabei in dieser Vorphase stets die Schulartikel der WRV sowie das in diesem Zusammenhang in Aussicht gestellte, aber nie verabschiedete, Reichsschulgesetz. Die Darstellung der Reform der Lehrerbildung auf Basis dieser Schulartikel und in Erwartung des Reichsschulgesetzes ist Schwerpunkt dieser Vorphase. Daneben verdient die Diskussion um die Konfessionalität der Lehrerbildung, die in dieser Phase ebenfalls erneut aufflammte, besondere Aufmerksamkeit. Im Anschluss werden die unterschiedlich umgesetzten institutionellen Formen der Lehrerbildung in Bayern, Thüringen und Westfalen von ihrer inhaltlichen Seite her genauer betrachtet. Ziel dieses Abschnittes ist es insbesondere, eine vergleichende Grundlage für ähnliche Vorgänge nach 1933 zu schaffen. Da in diesem Zeitabschnitt sowohl in institutioneller als auch in inhaltlicher Hinsicht die Basis für die weiteren Entwicklungen gelegt wurde, verdient er im Rahmen dieser Arbeit eine detaillierte Darstellung. 1.1.2 Die Ausbildung von Religionslehrkräften für die Volksschule im Zuge der staatlichen Gleichschaltung und dem beginnenden Kirchenkampf (1933–1934) Der thematische Fokus der Arbeit liegt auf dem Zeitraum ab der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933. Im Zuge der staatlichen Gleichschaltung und der breitenwirksamen Durchsetzung der nationalsozialistischen Ideologie wurden die preußischen PA ab 1933 in Hochschulen für Lehrerbildung umgewandelt. Ziel war die reichsweite Regelung der Lehrerbildung, ein Ziel, welches erst 1935 erreicht werden konnte4. Mit der institutionellen Wandlung stand die gesamte Lehrerbildung unter geänderten Vorzeichen. In dieser Phase werden insbesondere die Gleichschaltungsprozesse von Kultusministerien und Lehrerverbänden in den Blick genommen, sowie die Beeinflussung 4 Eine Ausnahme war bis zur Wiedereinführung der LBA die institutionelle Form der Lehrerbildung in Thüringen. Hier blieb es bis 1942 bei der Angliederung des PI an die Landesuniversität Jena.
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Einleitung
der Lehrerbildung durch die nationalsozialistische Ideologie im Gebiet Preußen am Beispiel der Provinz Westfalen untersucht. In Bayern bestanden nach wie vor die LBA der Kaiserzeit, bei denen dementsprechend insbesondere die inhaltliche Ausrichtung des Religionsunterrichts sowie Veränderungen im schulischen Alltag dargestellt werden. In Thüringen steht dagegen die Ausbildung der Volksschullehrkräfte unter den Vorzeichen der Gleichschaltung der Universitäten besonders im Fokus. Da sich die institutionelle Form auch hier nicht änderte, werden infolgedessen ebenfalls die inhaltlichen Veränderungen betrachtet. 1.1.3 Die Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht an den Hochschulen für Lehrerbildung (1935–1941) Mit der Errichtung der bayerischen HfL ab 1935 war die Lehrerbildung – nach wie vor ausgenommen Thüringen – erstmals reichsweit einheitlich geregelt. An diesen rein nationalsozialistischen Institutionen interessiert daher vor allem die Stellung des Religionsunterrichts sowie seine inhaltliche Struktur. Die erneut aufflammende und bisweilen heftig geführte Auseinandersetzung um die konfessionelle Ausrichtung der Volksschule ist in diesem Zusammenhang hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Stellung des Religionsunterrichts an den HfL von besonderer Bedeutung. Gesonderte Beachtung verdient auch die massenhafte Niederlegung des Religionsunterrichts an den Volksschulen 1938 sowie die kirchlichen Reaktionen darauf. Erste kriegsbedingte Einschränkungen des Unterrichts an den HfL kommen dabei ebenfalls in den Blick. Mit der Etablierung der nationalsozialistischen Herrschaft ging die rechtliche und reichsweite Regelung der Lehrerbildung in Form von Richtlinien und Erlassen einher. Diese werden in diesem Abschnitt hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Religionsunterricht an den HfL sowie der konkreten Umsetzungen an den Hochschulen, welche einen gewissen Spielraum der Direktoren der HfL zeigen, dargelegt. Von vorwiegendem Interesse ist dabei auch der Entstehungs- und Entwicklungsprozess dieser Richtlinien, welcher ebenfalls dargestellt wird. Wie in den vorangehenden Kapiteln werden auch hier Bayern, Thüringen und Westfalen vergleichend in den Blick genommen. 1.1.4 Die Reseminarisierung der Lehrerbildung und Ansätze kirchlicher Ersatzausbildung (1942–1945) Im Zuge der Reseminarisierung der Lehrerbildung5, also der Schließung aller HfL und der Wiedereinrichtung von LBA, wurde die Ausbildung der Volks5 Zur These von der Reseminarisierung siehe Sandfuchs, Lehrerausbildung. Vgl. außerdem weiterführend Wieden, Seminar; Kemnitz, Forschung.
Der Forschungsstand
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schullehrkräfte im Fach Religion eingestellt. Somit werden in dieser Phase insbesondere die Kirchen in den Blick genommen. Seit 1939, also noch vor der Herabstufung des Ausbildungsniveaus der Volksschullehrkräfte durch die Wiedereröffnung der LBA, lassen sich hier Ansätze eigener religionspädagogischer Ausbildungen ausmachen, welche auch für den kirchlichen Unterricht vorbereiten sollten. Auch verschiedene Interventionen kirchlicherseits gegen die fehlende Ausbildung von Religionslehrkräften für den Volksschulunterricht werden dabei dargestellt. Angesichts des immer katastrophaler verlaufenden Krieges ist die Quellenlage für diese Phase jedoch sehr dünn. Dennoch lassen sich sowohl im bekenntniskirchlich dominierten Westfalen als auch in Bayern und dem deutschchristlich bestimmten Thüringen überall Ansätze einer kirchlichen Ersatzausbildung ausmachen.
1.2 Der Forschungsstand Die Situation des evangelischen Religionsunterrichts in Weimarer Republik und Nationalsozialismus war seit den sechziger Jahren Thema der wissenschaftlichen Forschung. Insbesondere die Frage nach der Erziehung unter dem Nationalsozialismus war vielfach Gegenstand der Veröffentlichungen. Dabei blieben jedoch vor allem Untersuchungen zur Ausbildungssituation von Volksschullehrkräften für den evangelischen Religionsunterricht aus. Namentlich liegen einige Arbeiten vor, welche sich mit der Ausbildung von Volksschullehrkräften befassen, wobei das Fach Religion dabei im Ganzen unbeachtet blieb6. Dennoch existieren auch zur allgemeinen Geschichte der Lehrerbildung bereits Publikationen, welche für die vorliegende Arbeit eine relevante Grundlage bieten. 6 In erster Linie liegen Untersuchungen vor, die sich mit der Schulpolitik in Weimarer Republik und Nationalsozialismus im Allgemeinen befassen, so beispielsweise die frühe Studie von Rolf Eilers, die sich auf die Funktion von Erziehung in einem totalitären Staat konzentriert. Unter Fokussierung auf Bündische Jugend, HJ und Reformpädagogik widmet sich Christoph Eppler auch dem Erziehungswesen in der Vorgeschichte des Dritten Reiches, wobei er Kontinuitäten und Diskontinuitäten herausarbeitet. Die Verflechtung von Ideologie und Pädagogik nimmt Wolfgang Keim in seiner zweibändigen Untersuchung in den Blick. Die Schulpolitik der Weimarer Republik, unter Einbeziehung der Lehrerbildung, wird bei Christoph Führ anhand umfangreicher Quellen dargestellt. Der evangelische Religionsunterricht in Weimarer Republik und Nationalsozialismus wird in den Regionalstudien von Traugott Mayer für Baden, Karl Dienst für die Evangelische Kirche Hessen-Nassau und von Manfred Pirner für Bayern untersucht. Auch die auf breiter Quellenbasis angelegten Studien von Friedhelm Kraft zu Richtlinienentwürfen zum Religionsunterricht aus dem Zeitraum zwischen 1933 und 1939 sowie von Veit-Jakobus Dieterich, der die evangelischen Religionslehrpläne zwischen 1870 und 2000 analysiert und darstellt, bieten grundlegende Erkenntnisse. Vgl. Eilers, Schulpolitik; Eppler, Erziehung; Keim, Erziehung, Bd. 1; Ders., Erziehung, Bd. 2; Führ, Schulpolitik; Mayer, Kirche; Dienst, Kirche; Pirner, Kooperation; Kraft, Religionsdidaktik; und Dieterich, Religionslehrplan.
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Einleitung
Die Forschung setzte mit zwei Regionalstudien zur Lehrerbildung in Braunschweig ein. So widmete sich die Veröffentlichung von Uwe Sandfuchs aus dem Jahr 19787 als erste der Lehrerausbildung an der Technischen Hochschule Braunschweig. Dabei konzentrierte er sich auf die universitäre Lehrerausbildung in Weimarer Republik und Nationalsozialismus. Claudia bei der Wieden8 stellte – ebenfalls am Beispiel Braunschweig – die Entwicklung der Lehrerausbildung zwischen 1918 und 1945 dar. Die erste umfangreichere Untersuchung für das Gebiet Preußen stammt von Gutzmann9, die in ihrer Monografie über die Volksschullehrerbildung von 1933 bis 1945 nach der Einflussnahme der nationalsozialistischen Ideologie auf die Lehrerbildung fragte. Untersuchungsgrundlage bot ihr die Volksschullehrerbildung in Schleswig-Holstein und Hamburg, die sie mit den Ereignissen des Dritten Reiches kontextualisierte. Die Neuordnung der preußischen Volksschullehrerbildung in der Weimarer Republik, mit Fokus auf Entstehung und Bedeutung der PA im Zeitraum zwischen 1919 und 1926, wird in der Studie von Rita Weber umfassend dargestellt10. Ihre Untersuchung liefert eine wichtige Grundlage für die vorliegende Arbeit. Weber geht in ihrer Arbeit am Beispiel Preußens dabei insbesondere der Frage nach, warum es nicht zu einer reichseinheitlichen Regelung der Lehrerausbildung gekommen ist, wodurch sie wertvolle Grundlagen für die vorliegende Arbeit liefert. Jutta Frotscher11 stellt anhand des 1923 eröffneten PI in Dresden in ihrer Regionalstudie ein anderes Modell der Volksschullehrerausbildung dar, das auch im Nationalsozialismus immer wieder als mögliche Form diskutiert worden ist. Ihre Untersuchung endet jedoch bereits mit dem Jahr 1932. Alexander Hesse12 liefert mit seiner, wie die Untersuchung Gutzmanns leider ebenfalls auf Preußen beschränkten, Sammlung biographischer Skizzen der Professoren und Dozenten, die an den Preußischen PA und deren Nachfolgeinstitutionen, den nationalsozialistischen HfL tätig waren, eine wertvolle Grundlage für die vorliegende Untersuchung, da auch die für den Religionsunterricht zuständigen Lehrpersonen mit in seine Darstellung einbezogen sind. Seine Abhandlung umfasst jedoch nur den Zeitraum zwischen Wiedereröffnung der PA 1926 und der Schließung der HfL ab 1941. Weiterführend ist besonders ein neuerer Aufsatz von David Käbisch13 hervorzuheben, der in einer umfassenden Darstellung das Personal- und Lehrprofil der für den Religionsunterricht zuständigen Dozenten der HfL sowie die in diesem Fach gehaltenen Vorlesungen – soweit aus den Quellen rekonstruierbar – darstellt. Unter dem Titel „Eine Typologie des Versagens“ stellte er resümierend fest, dass die 7 8 9 10 11 12 13
Vgl. Sandfuchs, Lehrerausbildung. Vgl. Wieden, Seminar. Vgl. Gutzmann, Hochschule. Vgl. Weber, Neuordnung. Vgl. Frotscher, Volksschullehrerausbildung. Vgl. Hesse, Professoren. Vgl. Käbisch, Typologie.
Die Quellenlage
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„Professoren, Dozenten und Hilfslehrkräfte, die das Fach Religion an den nationalsozialistischen Hochschulen für Lehrerbildung vertreten haben, […] bislang kaum erforscht worden [sind]. Die wenigen, meist biographisch ausgerichteten Beiträge zu dieser Zeit sind zudem von der Kirchenkampfforschung geprägt, bei der die Religionslehrerausbildung und die damit verbundenen institutionellen Kontexte kaum in den Blick kommen“14.
Die bisherige Forschung weist – bei einigen umfangreichen und durchaus weiterführenden Regionalstudien – dennoch ein erhebliches Defizit auf, was die Fragestellung der vorliegenden Arbeit betrifft. Während im Hinblick auf Schulwesen und nationalsozialistischem Erziehungsbegriff zahlreiche, eingehende Publikationen vorliegen, die mitunter ausführliche Quellendarstellungen umfassen, fehlen – wie Käbisch in seinem Aufsatz feststellte – Untersuchungen zur Ausbildung für den Religionsunterricht an Volksschulen bisher. Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag dazu diese Lücke zu schließen, indem sie die Landeskirchen Bayern, Westfalen und Thüringen in dieser Hinsicht in den Blick nimmt.
1.3 Die Quellenlage Die Quellenlage der vorliegenden Arbeit ist insbesondere für die Zeitspanne bis zum Kriegsbeginn sehr umfangreich. Eine Schwierigkeit ergibt sich aufgrund der hohen Zahl und Vielfalt an Institutionen und Interessensgruppen, die an der Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht beteiligt oder zumindest interessiert waren, was zu einer ebenso großen Quellenzahl und -vielfalt führt. Besonders aufschlussreich ist der Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München, der neben aussagekräftigen Akten des Ministeriums für Wissenschaft und Kultus ebenfalls eine Auswahl der Akten des Reichserziehungsministeriums, sowie der verschiedenen bayerischen LBA und HfL beinhaltet. Auch der Aktenbestand des Evangelischen Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg, das aufschlussreiche Akten des Landesbischofs und des Kirchenpräsidenten, des Landessynodalausschusses sowie der Kreisdekane und Regionalbischöfe enthält, ist für die vorliegende Arbeit von hohem Wert. Dazu kommt der umfangreiche Nachlass des Dozenten der LBA in Erlangen und späteren Direktors des Predigerseminars in Nürnberg, Gerhard Schmidt. Für die Landeskirche Thüringen sind neben den kirchlichen Quellen des Landeskirchlichen Archives Eisenach auch die Bestände des Staatlichen Archives in Weimar sowie des Universitätsarchivs in Jena bedeutsam. In Westfalen sind besonders die Bestände des Landeskirchlichen Archives Westfalen 14 Käbisch, Typologie, 155. Umstellungen durch die Verfasserin.
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Einleitung
in Bielefeld sowie die Akten der ehemaligen preußischen Provinz Westfalen im nordrhein-westfälischen Hauptstaatsarchiv, Abteilung Westfalen in Münster beachtenswert15. Als Grundlage für die Erarbeitung des Spannungsfeldes von nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis dient auf der einen Seite Adolf Hitlers Mein Kampf16, Alfred Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts17 und Mathilde Ludendorffs Des Kindes Seele und der Eltern Amt18. Von kirchlicher Seite ist die Sammlung der Bekenntnisschriften aus den Jahren zwischen 1933 und 1935 von Kurt Dietrich Schmidt19 diesbezüglich grundlegend.
1.4 Die Chancen und Grenzen der Fragestellung Die vorliegende Untersuchung widmet sich mit der bereits in Kapitel 1.1 ausgeführten Fragestellung einem Desiderat der bisherigen Forschung. Dabei will sie gleichzeitig Anlass geben zu weiterführenden Bearbeitungen, insbesondere die Zeit nach 1945 betreffend. Ihr Anliegen ist es dabei auch, Erklärungsansätze für die Lehrerbildungsreformen nach 1945 zu bieten. Durch die Fokussierung auf den Zeitraum zwischen 1925 und 1945 kann und will die Arbeit Kontinuitäten und Brüche in der Diskussion um die Reform der Lehrerbildung zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus aufweisen. Gleichzeitig ermöglicht die Konzentration auf das Fach Religion eine besonders intensive Beschäftigung mit der Thematik. Zugleich liefert die vorliegende Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Klärung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat im Hinblick auf Zuständigkeiten im Bereich Unterricht und Kultus. Ebenso muss indessen bewusst bleiben, dass nicht alle Einrichtungen gleich detailliert untersucht werden können, da dies den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde. Die Fortbildungen von bereits eingesetzten und tätigen Lehrkräften wäre vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes zwischen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis ebenfalls eine Untersuchung wert, kann aber in der vorliegenden Arbeit allenfalls am Rande thematisiert werden. Gleiches gilt für einen Vergleich zwischen evangelischer und katholischer Konfession oder die religionspädagogische Ausbildung angehender Pfarrer.
15 Möglicherweise bedeutsame Akten des Universitätsarchivs in Dortmund konnten aufgrund der Pandemielage leider nicht eingesehen werden. 16 Vgl. Hitler, Kampf Bd. 1; Hitler, Kampf Bd. 2. 17 Vgl. Rosenberg, Mythus. 18 Vgl. Ludendorff, Seele. Des Kindes Seele und der Eltern Amt ist der 1. Band der Trilogie Der Seele Wirken und Gestalten, die im Jahr 1930 erschien. 19 Vgl. Schmidt, Bekenntnisse Bd. 1; Ders., Bekenntnisse Bd. 2; Ders., Bekenntnisse Bd. 3.
2. Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis Die vorliegende Arbeit ordnet die religionspädagogische Ausbildung der Volksschullehrkräfte in ein Spannungsfeld zwischen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis ein. Grundlegend ist daher deren begriffliche Klärung, wobei beide Begriffe jeweils einen Eckpunkt eines Spannungsfeldes bilden und eine Vielzahl an Bedeutungsebenen beinhalten, die im Nachfolgenden dargestellt werden. In den Rahmen des sich zwischen den Begriffen spannenden Feldes wird im Laufe der Arbeit die religionspädagogische Ausbildung zwischen 1933 und 19451 eingeordnet und vor dem Hintergrund der (kirchen-)politischen Begebenheiten sowie der institutionellen Rahmenbedingungen gedeutet. Dabei geht es jedoch nicht darum eine Zuordnung im Sinne eines „entweder – oder“ vorzunehmen, sondern die verschiedenen Bedeutungsebenen von Ideologie und Bekenntnis, sowie die vielfältigen Motive und Ausprägungen der Lehrerbildung mit zu berücksichtigen.
2.1 Die Nationalsozialistische Ideologie – eine Begriffsklärung Im Folgenden wird nationalsozialistische Ideologie nicht im Allgemeinen beschrieben, sondern in ihrer Bedeutung für die Ausbildung von Lehrkräften bestimmt. Dabei werden insbesondere die Erziehungsvorstellungen dreier exemplarischer Vertreter*innen des Nationalsozialismus hinsichtlich ihrer Kennzeichnung als Ideologie dargelegt und zusammengefasst. Spezifische Erziehungsvorstellungen, die mit dem Fach Religion oder der christlichen Kirche als solcher verbunden sind, verdienen indessen für diese Arbeit besondere Beachtung. Als Exponenten des Nationalsozialismus werden an dieser Stelle Hitler, Rosenberg sowie Ludendorff herangezogen2. 1 Vgl. unten Kap. 3. Die Darstellung der Veränderungen in der Lehrerbildung zwischen 1925 und 1932 in Kapitel 3 dient in dieser Arbeit vor allem dem besseren Verständnis der ab 1933 erfolgenden Entwicklungen. Eine Einordnung in das in diesem Kapitel ausgearbeitete Spannungsfeld erfolgt hier nicht. Grund hierfür ist, dass die entsprechenden christlichen Quellen, die von K. D. Schmidt gesammelten Bekenntnistexte, erst ab 1932 entstanden sind. 2 Neben den genannten Quellen stützt sich dieses Kapitel dabei – insbesondere bezüglich Hitlers Mein Kampf und Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts – auf umfassende Literatur. Besonders wertvoll waren an dieser Stelle namentlich unter anderem die umfangreichen Studien von Othmar Plöckinger über die Geschichte der Entstehung und Rezeption von Mein Kampf und von
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis
Aus Hitlers Mein Kampf lassen sich Grundmuster der nationalsozialistischen Ideologie herauslesen3; das Buch stellt mit seiner Veröffentlichung 1925 ein frühes Dokument nationalsozialistischer Weltanschauung dar. Daneben gilt es – wie Rosenbergs Der Mythus des 20. Jahrhunderts – als weltanschauliches Buch, das im Unterricht als Grundlage herangezogen worden ist. Neben einer Darstellung seiner Weltanschauung äußerte Hitler sich hier zu seinen Vorstellungen von Erziehung, die zwar in der Forschung als „banal“ charakterisiert worden sind, jedoch durch ihre Unterordnung unter den Primat des Rassegedankens an Brisanz gewinnen4. An der Bedeutsamkeit dieser Aussagen für die erzieherische Wirklichkeit des nationalsozialistischen Staates herrscht in der Forschung kein Zweifel5. Obwohl die Frage lange umstritten war, wie und in welchem Umfang nach 1933 eine Rezeption des Buches stattgefunden hat, ist inzwischen gesichert, dass bereits seit 1933 daran gearbeitet worden war, „Mein Kampf als ein Symbol des nationalsozialistischen Herrschaftsanspruches zu inszenieren und zu etablieren“6. Daneben wurde es durch seine forcierte Verbreitung ab 1935/36 und später während des Krieges zu einem Instrument der Herrschaftsausübung7. Wenn es auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges lange Zeit von wissenschaftlicher Seite aus als „unzureichend“ und „literarisch missglückt“ eingeordnet worden ist, ist seit der Forschung von Joachim Fest längst anerkannt, dass das Buch bereits „alle Elemente der nationalsozialistischen Ideologie“ enthielt8. Da es auch das Schulwesen der NS-Zeit geprägt hat und als programmatische Grundlage der nationalsozialistischen Schulpolitik gilt, gewinnt das Buch für die Erarbeitung des Spannungsfeldes in dieser Arbeit besondere Bedeutung9. Neben Mein Kampf ist auch Rosenberg für den Ideologiebegriff in diesem Zusammenhang grundlegend. Dies resultiert vor allem aus seiner Rezeption und Diskussion seitens kirchlicher Akteur*innen und der sich daraus erge-
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Hermann Glaser, der die Schrift Hitlers in die Mentalitätsgeschichte des Nationalsozialismus einordnet. Daneben war Ernst Pipers grundlegende Veröffentlichung über Rosenbergs Mythus, in der er sich insbesondere der inhaltlichen Einordnung dieses Buches widmet sowie die frühe Publikation von Raimund Baumgärtner über die Rezeptionsgeschichte des Mythus von hohem Wert. Wertvoll für den Abschnitt über Mathilde Ludendorff waren die grundlegenden Forschungen Annika Spilkers, die sich vor allem mit den Themenkomplexen Geschlecht und Religion in den Schriften Ludendorffs befasst sowie Frank Schnoors, der das Verhältnis Ludendorffs zum Christentum in den Blick nimmt. Vgl. Plöckinger, Geschichte; Glaser, Hetzschrift; Piper, Rosenberg; Baumgärtner, Weltanschauungskampf; Spilker, Geschlecht; und Schnoor, Ludendorff. So konstatiert Ernst Nolte es in seinen Ausführungen über den Faschismus in seiner Epoche, wobei er neben Hitlers Mein Kampf all seine Schriften in den Blick nimmt. Vgl. Nolte, Faschismus, 54. Vgl. dazu bspw. Wippermann, Wahn, 171. Vgl. bspw. ebd. 178; Scholtz, Erziehung, 15. Plöckinger, Geschichte, 405. Hervorhebungen im Original. Vgl. ebd. Vgl. Fest, Hitler, 295. Vgl. Wippermann, Wahn, 178.
Die Nationalsozialistische Ideologie – eine Begriffsklärung
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benden Bedeutung für die Kirchengeschichte und den sogenannten Kirchenkampf. Gleichzeitig ermöglicht die Analyse der Rosenberg‘schen Schrift eine Darstellung des ideologischen Charakters des NS-Regimes im Allgemeinen. Ebenso kann Rosenberg eine zentrale Stellung in der „antisemitische[n] Ausrichtung der nationalsozialistischen Bewegung“10 zugeschrieben werden. Neben Mein Kampf ist Rosenbergs Buch als weltanschauliches Werk zur Grundlage des Unterrichts in der NS-Zeit herangezogen worden11. Auf diese Weise waren seine Gedanken in Form von Schulbüchern, aber auch durch Lehrpläne in den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens verbreitet12. Inwiefern dies auch an den nationalsozialistischen HfL und den LBA der Fall war, ist eine Fragestellung der vorliegenden Arbeit. Die Entscheidung für das Buch Des Kindes Seele und der Eltern Amt von Ludendorff erfolgt zum einen aus ihrer Zuordnung zum deutschgläubigvölkischen Spektrum und zum anderen aus dem dezidiert pädagogischen Charakter ihrer Schrift. Ihre Wirkung erzielte Ludendorff neben ihren Veröffentlichungen insbesondere durch eine rege Vortragstätigkeit im Umfeld bereits tätiger Lehrkräfte. Die Forschung zu Ludendorff ist jedoch noch außerordentlich lückenhaft, eine Untersuchung ihres Erziehungs- und Bildungsverständnisses wäre eine eigene Arbeit wert. Die vorliegende Arbeit kann dies nur in Ansätzen leisten. Im Folgenden wird zunächst der Ideologiebegriff als solcher problematisiert sowie der Nationalsozialismus in seiner Charakterisierung als Ideologie dargestellt, und im Anschluss werden die Erziehungsvorstellungen Hitlers, Rosenbergs und Ludendorffs in genannter Reihenfolge dargelegt. Den Abschluss bildet die Zusammenfassung der Positionen in ihren Ähnlichkeiten und Differenzen. 2.1.1 Die Problematik des Ideologiebegriffs Obwohl die Bedeutung der Ideologie für den Nationalsozialismus von Nolte grundsätzlich in Frage gestellt wurde13, lässt sich der ideologische Gehalt des Nationalsozialismus nicht anzweifeln14. Wesentlich ist an dieser Stelle aller10 11 12 13
Piper, Rosenberg, 17. Vgl. Plöckinger, Geschichte, 412. Vgl. Kroll, Utopie, 102. Vgl. Nolte, Faschismus. Gleichwohl scheint sein Einwand, ob es sich bei faschistischen Bewegungen nicht um reale Bewegungen handle, die aus realen Ursprüngen resultieren zunächst berechtigt. Dass jedoch Ideologien in der Lage sind, die realen Bewegungen in erheblichem Maße zu beeinflussen wird von Nolte an dieser Stelle nicht ausreichend berücksichtigt. 14 Aus der Vielzahl an wissenschaftlichen Publikationen sei an dieser Stelle auf folgende, maßgebliche Werke hingewiesen: Der Sammelband unter Mitarbeit von Wolfang Benz zum Thema Ideologie und Herrschaft sowie die umfassenden Studien von Frank-Lothar Kroll zu diesem Thema. Mit Blick auf das Verhältnis nationalsozialistische Ideologie und Religion ist die Un-
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis
dings der vorausgesetzte Ideologiebegriff, der daher im Folgenden kurz umrissen werden soll. Der Begriff Ideologie wird allgemein wertend als unvereinbar mit der Wahrheit verstanden. Der Ausgangspunkt dieser Zuordnung liegt im Ursprung des Ideologiebegriffes15 selbst begründet und ist durch seine Verbindung mit den faschistischen Ideologien des 20. Jahrhunderts verstärkt worden. Entstanden in der Spätaufklärung, lässt sich der Begriff zunächst allgemein als System von Ideen verstehen. Doch für die vorliegende Arbeit kann dieser allgemeine Begriff nicht vorausgesetzt werden. Weiterführend sind vielmehr die wissenssoziologischen Positionen, innerhalb derer die „prinzipielle Seinsverbundenheit des Denkens und die Perspektivität des Wissens betont [wird]. Dieses Verständnis von Ideologie hat die neuere Diskussion um den Ideologiebegriff wesentlich mitbestimmt“16. Davon ausgehend lässt sich der Ideologiebegriff nach Kurt Salamun als ein „werthaftes Deutungsmuster“ zur Interpretation der sozialen Wirklichkeit auffassen, wobei er im Hinblick auf den Nationalsozialismus insbesondere im „wertnegativen“ Sinne als „Gegenbegriff zu den Begriffen ,Rationalität‘, ,Objektivität‘, ,Wahrheit‘, ,Sacherkenntnis‘ und ,Wissenschaft‘ erschein[t]“17. Der in der Ideologieforschung – insbesondere hinsichtlich des Nationalsozialismus – meist als wesentlich untersuchte Aspekt des Entstehungszusammenhanges ist für die vorliegende Arbeit zweitrangig. Im Fokus steht vielmehr der funktionale Aspekt der Ideologie. Anhand der genannten Quellen wird aufgezeigt, welche Aufgabe bzw. Funktion dem Aspekt Erziehung innerhalb der nationalsozialistischen Ideologie im Rahmen der religionspädagogischen Ausbildung im System NS-Staat zukommt. Zwei Faktoren der Funktion von Ideologie sind dabei für die vorliegende Arbeit von Interesse. Erstens ist bedeutsam, inwiefern unter dem Primat der Erziehung der Ideologie eine Integrations- bzw. Stabilisierungsfunktion zukommt. In welcher Hinsicht trug das nationalsozialistische Erziehungsbild, wie es sich bei Hitler, Rosenberg und Ludendorff herausarbeiten lässt, im Rahmen der Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht zur Stabilisierung des nationalsozialistischen Herrschaftsgefüges einerseits und zur Integration des Einzelnen in das Ideologem „Volk“ andererseits bei? Zweitens wird danach gefragt, welchen Beitrag der Erziehungsbegriff im Gefüge der nationalsozialistischen Ideologie für die Weltorientierung leistet. Eine Typisierung, wie sie die Ideologieforschung häufig versucht18, wird in der vorliegenden Arbeit nicht unternommen. Viel eher kommt es darauf an,
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tersuchung von Claus-Ekkehard Bärsch von Bedeutung. Vgl. Benz / Auerbach, Nationalsozialismus; Kroll, Utopie; Kroll / Zehnpfennig, Ideologie; und Bärsch, Religion. Vgl. hierzu bspw. Ganslandt, Ideologie; Salamun, Ideologie, 2011. Salamun, Ideologie, 1219. Umstellung durch die Verfasserin. Ebd., 1220. Vgl. hierzu bspw. ebd., Ideologie, 1222.
Die Nationalsozialistische Ideologie – eine Begriffsklärung
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christliches Bekenntnis und nationalsozialistische Ideologie anhand des Erziehungsbegriffes und der Bedeutung von Religion für diesen Terminus hinsichtlich ihrer Funktionen – Integration des Einzelnen sowie Weltorientierung – vergleichend darzustellen und zu zeigen, inwieweit entgegen Noltes These die nationalsozialistische Ideologie beziehungsweise das christliche Bekenntnis praktischen Einfluss auf die Gestaltung der religionspädagogischen Ausbildung genommen haben. 2.1.2 Zur nationalsozialistischen Ideologie Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Ideologie an dieser Stelle ist weder notwendig noch möglich19. Es bleibt zu bedenken, dass es sich bei der nationalsozialistischen Ideologie weder um ein stringentes, in sich geschlossenes System handelt, noch dass dieses „System“ während der nationalsozialistischen Herrschaftsausübung bündig geblieben ist. Vielmehr fasst der Begriff „nationalsozialistische Ideologie“ eine Vielzahl von Positionen zusammen, die auch untereinander oftmals nicht miteinander zu vereinbaren sind und die im Verlauf des Dritten Reiches unterschiedlichen Veränderungen unterworfen waren. Für die vorliegende Arbeit wurde jedoch anhand der Schriften Hitlers, Rosenbergs und Ludendorffs der Versuch gemacht, im Rahmen des genannten Spannungsfeldes einen Arbeitsbegriff „NS-Ideologie“ zu entwerfen. Dieses ist gleichwohl nicht linear zu denken, sondern versteht sich als Koordinatensystem, innerhalb dessen die drei genannten Positionen Eckpunkte bilden, die eine Richtung nationalsozialistischer Ideologie abstecken. In einem zweiten Bereich des Koordinatensystems wurde der Bekenntnisbegriff bestimmt, der anhand der herangezogenen Quellen ebenso wenig einheitlich und kongruent zu denken ist wie die nationalsozialistische Ideologie. Innerhalb dieser Komponenten hat die vorliegende Arbeit die religionspädagogische Ausbildung im Rahmen der Volksschullehrerausbildung eingeordnet. Dabei ist auch hier nicht von einer eindeutigen Zuordnung auszugehen, sondern es ist vielmehr zu erwarten, dass sich diese in allen vorhandenen Spektren zwischen Ideologie und Bekenntnis bewegt, abhängig dabei von den Hauptakteur*innen, den kirchlichen Handlungsmöglichkeiten sowie dem Grad der durchgeführten nationalsozialistischen Gleichschaltung.
19 Vgl. Benz / Auerbach, Nationalsozialismus; Kroll, Utopie; Kroll / Zehnpfennig, Ideologie; und Bärsch, Religion.
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis
2.1.3 Die Erziehungsvorstellungen in Hitlers Mein Kampf20 Die Mehrzahl der Aussagen zu Hitlers Erziehungsvorstellungen lassen sich im zweiten Kapitel des zweiten Bandes, überschrieben mit dem Thema „Staat“, ausmachen. Doch über die restlichen Ausführungen hinweg finden sich ebenfalls viele Äußerungen zu Erziehung und Bildung, die sich zum Großteil mit den Schilderungen im Kapitel über den Staat decken. Was waren aber nun die zentralen Aussagen Hitlers über die Erziehung, und was charakterisiert diese als Elemente einer Ideologie? Für Hitler scheint der wichtigste Faktor die Funktion der Erziehung zur Bildung des Volkskörpers gewesen zu sein. Im Ganzen finden sich Darstellungen in diese Richtung sechzehnmal in seinem Werk. Unter diesem Aspekt war für ihn essenziell, dass alle Deutschen bereits von Jugend an zu einer subjektiven Einstellung zum Deutschtum erzogen werden. Er erkannte in einem Mangel in dieser Richtung einen großen Fehler der Vergangenheit, den er verantwortlich machte für den Zusammenbruch von 191821. Im Vergleich mit anderen Völkern begehe jedoch nur der Deutsche den Fehler „die Belange der eigenen Nation immer objektiv zu betrachten […] aber niemals der Jude etwa die des jüdischen Volkes“. Von diesem Missstand ausgehend forderte er, dass man die deutsche Jugend schon von Anfang an „mit jener ausschließlichen Anerkennung der Rechte des eigenen Volkstums“ erziehen solle22. Mit derartigen Aussagen befand sich Hitler im Konsens der völkischen Bewegung seit 191823. Das bedeutet, dass von ihm der Schule – als einer Erziehungsinstitution neben dem Militär als ebensolcher24 – ein wesentlicher Beitrag zur Größe einer Nation zugeschrieben wurde25. Aber wie hat eine Erziehung, die der Bildung des Volkskörpers zu dienen hat, auszusehen? Auch hierzu hatte Hitler genaue Vorstellungen, die er in Mein
20 Obgleich es eine Vielzahl von Auflagen von Mein Kampf gab, hat bereits Hermann Hammer festgestellt, dass sich nach 1933 nur geringfügige Änderungen in den unterschiedlichen Ausgaben finden. Die kritische Edition des Buches, die 2016 durch das Institut für Zeitgeschichte herausgegeben worden ist, trägt dieser Beobachtung Rechnung und weist etwaige Änderungen im Text der diversen Auflagen nach. In Fällen, in denen derartige Revisionen Auswirkungen auf den Inhalt der in dieser Arbeit zitierten Aussagen haben, werden diese genannt. Für die Arbeit wird die Erstausgabe der beiden Bände von Mein Kampf verwendet. Vgl. Hammer, Ausgaben, 178; Hartmann, Kampf. 21 Vgl. Hitler, Kampf, Bd. 1, 252. 22 Ebd., 118. 23 Vgl. Hartmann, Hitler, 342. Anm. 233. Zur Völkischen Bewegung sind insbesondere die umfassenden Publikationen von Uwe Puschner, sowohl zu ihren Anfängen als auch zu ihrer Beziehungs- und Konfliktgeschichte im Nationalsozialismus zu nennen. Puschner, Bewegung; Puschner / Schmitz / Ulbricht, Handbuch. 24 Neben der Schule diente ihm das Militär als Erziehungsinstanz. Vgl. Hitler, Kampf, Bd. 2, 47. 25 Vgl. Hitler, Kampf, Bd. 1, 249.
Die Nationalsozialistische Ideologie – eine Begriffsklärung
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Kampf darlegte, wenngleich er wenig Vorschläge zur konkreten Umsetzung geliefert hat. Er ging zunächst von der Annahme aus, dass die Erziehung bereits vorhandene Anlagen forme. Demgegenüber sei „wahre Genialität […] immer angeboren und niemals anerzogen oder gar angelernt“26. Die Möglichkeiten der Erziehung erscheinen vor diesem Hintergrund beschränkt. Das Erziehungsziel des völkischen Staates formulierte Hitler in Band zwei sehr drastisch. Im Zusammenhang mit seinen Aussagen über „Rassereinheit“ und „Volksgesundheit“ schrieb er: „Wer körperlich und geistig nicht gesund und würdig ist, darf sein Leid nicht im Körper seines Kindes verewigen. Der völkische Staat hat hier die ungeheuerste Erziehungsarbeit zu leisten.“27 Hier wird deutlich, dass auch dieses „Erziehungsziel“, nämlich die Menschenauslese, einerseits von Hitlers Primat des Rassegedankens bestimmt und andererseits dem Ziel untergeordnet war, die Deutschen zu einem gesunden Volkskörper zu erziehen. Dabei wurde die Erziehung gleichwertig neben die „praktische Tätigkeit“ der „Menschenauslese“ gestellt28. Um dieses „Ziel“ zu erreichen, müsse allerdings die aktuelle Form der Erziehung in der Schule einer Reform unterworfen werden. Die körperliche Erziehung spielte dabei für Hitler die wichtigste Rolle29. Auch dieser Aspekt war für ihn nicht vom Rassegedanken zu trennen. Aus der Erkenntnis, dass körperliche Erziehung die oberste Erziehungsaufgabe des völkischen Staates zu sein habe, leitete Hitler die Forderung ab, dass „körperliche Ertüchtigung“ eine „Forderung der Selbsterhaltung des durch den Staat vertretenen und geschützten Volkstums“30 zu sein habe. Mit Blick auf die schulische Bildung stellte er klar, dass die Schule in ihrem Lehrplan „unendlich mehr Zeit […] für die körperliche Ertüchtigung [freimachen muss]“31. Dass diese Forderung in der Schule des Dritten Reiches ihre praktische Ausführung erfahren hat, ist unumstritten32. Die körperliche Erziehung besaß in Hitlers Vorstellungen also oberste Priorität. An zweiter Stelle stand in seinem Konzept die Charakterbildung, welcher die wissenschaftliche Schulbildung nachgeordnet zu sein habe. Das „Heranzüchten kerngesunder Körper“ stehe vor dem „Einpumpen bloßen Wissens“. Die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten sei dabei zweitrangig. Zusätzlich habe die wissenschaftliche Schulung 26 27 28 29 30 31 32
Hitler, Kampf, Bd. 1, 310. Auslassungen durch die Verfasserin. Hitler, Kampf, Bd. 2, 37f. Hervorhebungen im Original. Vgl. ebd., 65. Vgl. ebd., 41. Ebd., 42f. Ebd., 43f. Umstellung durch die Verfasserin. Vgl. Hartmann, Hitler, 1044. Anm. 86. Siehe hierzu auch insbesondere mit Blick auf die Bedeutung von Mein Kampf für die Erziehungsmaximen des Nationalsozialismus die Studie von Hubert Steinhaus. Daneben die umfangreiche Publikation von Harald Scholtz, die besonders Erziehung und Unterricht im Nationalsozialismus in den Blick nimmt und zuletzt Klaus-Peter Horn, der die nationalsozialistischen Erziehungsansprüche mit ihrer Wirklichkeit vergleicht. Vgl. Steinhaus, Maximen; Scholtz, Erziehung; Horn, Erziehungsverhältnisse.
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis
auch in diesem Kontext an letzter Stelle, hinter der „Förderung der Willensund Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit“ zu stehen33. Neben der Verantwortungsfreudigkeit, der Willens- und Entschlusskraft waren ihm aber in der Schule insbesondere Treue, Opferbereitschaft und Verschwiegenheit wichtige Erziehungsziele. Dieser Forderung widmete er in seinen Ausführungen gleich mehrere Stellen34. Von der wissenschaftlichen Schulung verlangte Hitler im Wesentlichen, dass sie entrümpelt werden müsse35, und dass beispielsweise im Geschichtsunterricht die Betonung großer, deutscher Persönlichkeiten an erster Stelle zu stehen habe36. Zusammenfassend forderte er, dass der völkische Staat den wissenschaftlichen Unterricht zu kürzen und dadurch der „Ausbildung des Körpers, des Charakters, der Willens- und Entschlusskraft“ mehr Zeit zu widmen habe37. Doch welche Bedeutung besaßen Glaube und Religion für Hitler im Zusammenhang der Erziehung und spielten sie überhaupt eine Rolle? Es sei zunächst darauf verwiesen, dass der Glaube in Mein Kampf durchaus bedeutsam war. Die zentrale Stelle für den Kontext der vorliegenden Arbeit findet sich im ersten Band, also abgekoppelt von der konzipierten Darlegung seiner Erziehungsgrundsätze. Hitler verglich die konfessionelle Einstellung mit der politischen und schrieb: „So wie die konfessionelle Einstellung das Ergebnis der Erziehung ist und nur das religiöse Bedürfnis an sich im Inneren des Menschen schlummert, so stellt auch die politische Meinung der Masse nur das Endresultat einer manchmal ganz unglaublich zähen und gründlichen Bearbeitung von Seele und Verstand dar.“38
Hier sind drei Aspekte wesentlich. Erstens ging er davon aus, dass konfessionelle Einstellungen der politischen Meinung gleichgeordnet seien, zweitens, dass in jedem Menschen das Bedürfnis nach Religiosität schlummern würde und drittens, dass die persönliche Einstellung – konfessioneller oder politischer Art – das Ergebnis einer wie auch immer gearteten Erziehung sei. Zuletzt ist auffällig, dass bei ihm sowohl politische als auch religiöse Überzeugung sowohl in Seele als auch in Verstand verortet waren, was gemäß seiner Darstellung bedeutet, dass (religiöse) Erziehung in der Lage sei auf seelischer und verstandesmäßiger Ebene Einfluss zu nehmen. Eine wichtige Voraussetzung bildet Hitlers Annahme, dass der Glaube den Menschen über das Tier erhebe:
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Vgl. Hitler, Kampf, Bd. 2, 41f. Hervorhebungen im Original. Auch Hitler, Kampf, Bd.1, 249. Vgl. Hitler, Kampf, Bd. 2, 48f; 52–53. Vgl. ebd., 53. Vgl. ebd., 59f. Ebd., 57. Hitler, Kampf, Bd. 1, 87f.
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„Man nehme der heutigen Menschheit die durch ihre Erziehung gestützten religiös-glaubensmäßigen, in ihrer praktischen Bedeutung aber sittlich-moralischen Grundsätze durch Ausscheidung dieser religiösen Erziehung und ohne dieselbe durch Gleichwertiges zu ersetzen, und man wird das Ergebnis in einer schweren Erschütterung der Fundamente ihres Daseins vor sich haben.“39
Der zitierte Abschnitt ist in mehrfacher Hinsicht erhellend. Er stützt zum einen die vorhergehende These, dass in Hitlers Darstellung die religiöse Einstellung ein Ergebnis entsprechender Erziehung war. Zum anderen wird deutlich, dass religiös-glaubensmäßige Erziehung einen wesentlichen Beitrag zur moralischen Erziehung des Menschen leisten sollte. Nicht nur das, die religiöse Erziehung (oder Gleichwertiges40) sei sogar notwendig, um die Existenz des Menschen zu sichern und zu stützen. So scheint es, als sei die Religion oder der Glaube ein wesentlicher Teil des Menschseins, der in seiner vollendeten Form als Ergebnis entsprechender Erziehung verstanden werden könne. Die Positionen zu Hitlers Erziehungsgrundsätzen, wie er sie in Mein Kampf darlegt, sind vielfältig. Steinhaus urteilt über Hitlers Aussagen, dass sie auf den ersten Blick, und ohne Kenntnis über deren Kontext, wie ein idealistisches Erziehungsprogramm wirken, in dem pädagogische Leitbegriffe wie Bildung, Kultur, Menschentum etc. auftauchen. Der Staat erscheine in diesem Werk als „Träger einer idealistischen pädagogischen Mission“41, wobei die eugenische Zwangsregelung ausdrücklich als „Erziehungsmaßnahme“ charakterisiert werde42. Steinhaus macht deutlich, dass der Rassegedanke als Hintergrundfolie hinter allen Aussagen in Mein Kampf steht, die sich den Fragen der Erziehung widmen. Der hier entwickelte Erziehungsbegriff deckt sich laut Steinhaus dementsprechend auch mit einigen seiner späteren Äußerungen43. Glaser fasst Hitlers Vorstellung von Erziehung auf prägnante Weise zusammen. Aus den diffusen Vorstellungen zu Unterrichtsfächern, -stoffen und Lehrzielen träten klare Tendenzen hervor, wobei als Ziel der Erziehung die Heranzüchtung des soldatischen Menschen gelte. Die „Ausrichtung auf rassische Reinheit“ sei dabei als Grundlage jeder Erziehung eingestuft worden44. Wie lässt sich dieses Konglomerat an Aussagen als Element einer Ideologie charakterisieren und lassen sich die Aussagen überhaupt als Ideologie charakterisieren? Ausgehend von dem bereits ausgeführten und dieser Arbeit zugrunde gelegten Ideologiebegriff lässt sich feststellen, dass unter der Vor39 Hitler, Kampf, Bd. 2, 8. Mit dieser Passage versuchte sich Hitler offenbar von den Völkischen abzugrenzen, insbesondere von deren kirchen- und religionsfeindlichen Bestrebungen. Vgl. Anm. 27 bei Hartmann, Hitler, 972. 40 Gleichwohl bleibt an dieser Stelle offen, was der religiösen Erziehung als gleichwertig zugeordnet wird. 41 Steinhaus, Maximen, 39. 42 Vgl. ebd., 42. 43 Vgl. ebd., 47. 44 Vgl. Glaser, Hetzschrift, 68.
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aussetzung die Salamun anführt, Ideologie als Deutungsmuster zur Interpretation der sozialen Wirklichkeit zu verstehen, die bereits ausgeführten Aspekte als Elemente einer solchen Ideologie angesehen werden können. Grundlage ist, dass diese im Sinne einer Ideologie als Gegenbegriffe zu Rationalität, Sachkenntnis, Wahrheit, Objektivität und Wissenschaft verstanden werden können. Insbesondere die Erkenntnis, dass Hitler in seiner Fokussierung auf den Rassegedanken die traditionellen Erziehungsbegriffe entgrenzte, gibt Anlass zu dieser Zuordnung. 2.1.4 Die Erziehungsvorstellungen in Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts Wesentliche Aspekte der Rosenberg’schen Weltanschauung betreffen insbesondere seine Auffassung und Positionierung zu Christentum und Religion sowie zur Frage der Erziehung. Diese werden anhand seines Mythus des 20. Jahrhunderts herausgearbeitet, wobei zunächst die Aussagen die Religion sowie das Christentum betreffend und anschließend Rosenbergs Positionen zur Erziehungsfrage darstellt werden. Da Rosenbergs Mythus sich zentral mit der Thematik Religion befasst, wird dieser Gesichtspunkt nicht in seiner Vollständigkeit dargelegt. Stattdessen sei an dieser Stelle auf die entsprechende weiterführende Sekundärliteratur verwiesen45. Dennoch werden einige Punkte, die auch für die vorliegende Arbeit von Relevanz sind, kurz ausgeführt. Der wesentlichste Gesichtspunkt diesbezüglich ist Rosenbergs Auffassung, dass die „Rasseseele“ den Bereichen Religion, Kunst und Staat übergeordnet sei. Er schrieb dazu: „Die Rassenseele zum Leben erwecken, heißt ihren Höchstwert erkennen und unter seiner Herrschaft den anderen Werten ihre organische Stellung zuweisen: in Staat, Kunst und Religion.“46 Das Thema „Rasse“ erfuhr auf diese Weise durch Rosenberg eine Aufwertung, die sich auch in der religiös geprägten Terminologie niederschlug. Hinsichtlich seiner Stellung zum Christentum sind einige Standpunkte wichtig, die auch von der Sekundärliteratur immer wieder hervorgehoben werden, wobei Rosenberg – anders als Hitler in Mein Kampf – deutlich konkreter wurde. Das Alte Testament sowie Paulus erfuhren durch Rosenberg in seinem Mythus eine deutliche Abwertung. Er warf dem Alten Testament vor, dass in dem Moment, als das Christentum durch Kaiser Konstantin Staatsreligion geworden sei, der „alttestamentarische Geist des Hasses in Erscheinung“ getreten wäre47. An Paulus kritisierte Rosenberg zum einen dessen Sündenbe45 Vgl. Plöckinger, Geschichte; Glaser, Hetzschrift; Piper, Rosenberg; Baumgärtner, Weltanschauungskampf; Spilker, Geschlecht; und Schnoor, Ludendorff. 46 Rosenberg, Mythus, 22. 47 Vgl. ebd., 90f.
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griff, der durch das Christentum über Rom zu den Germanen gekommen und ihnen fremd gewesen sei48. Zum anderen gab er Paulus die Schuld am Rassenchaos, welches er für den von ihm so wahrgenommenen Kulturverfall verantwortlich machte49. Ganz anders bewertete er hingegen die Person Jesu sowie das Johannesevangelium: „Die große Persönlichkeit Jesu Christi, […] wurde gleich nach ihrem Hinscheiden mit allem Wust des vorderasiatischen, des jüdischen und afrikanischen Lebens beladen und verschmolzen. In Kleinasien übten die Römer ein straffes Regiment aus und trieben unerbittlich ihre Steuern ein; in der unterdrückten Bevölkerung entstand folglich die Hoffnung auf einen Sklavenführer und Befreier: das war die Legende vom Chrestos.“50
Dieser „Chrestosmythos“ sei in Palästina mit dem Messiasgedanken verbunden und auf die Persönlichkeit Jesu übertragen worden. Gegen diese falschen Auffassungen, „diese gesamte Verbastardierung, Verorientalisierung und Verjudung des Christentums“ habe sich das Johannesevangelium gewehrt51. In Rosenbergs Aussagen über Erziehung lassen sich an manchen Stellen deutliche Parallelen feststellen, an anderen jedoch auch klare Abgrenzungen zu Hitlers Positionen. Das von Rosenberg als solches verstandene Ideal der Erziehung entsprach dem griechischen Erziehungsideal. Dieses verknüpfte er mit dem „Erziehungsideal der Germanen“, dessen undogmatische, freie Art von ihm positiv hervorgehoben wurde. Bei den Griechen seien Inhalt der Erziehung und Voraussetzungen für die „Züchtung“ des Staatsbürgers Gymnastik und Musik gewesen. Der „Wahnsinn“, dass Tugend „lehrbar“ sei, stamme erst von Sokrates, eine Entwicklung, die Rosenberg als Ursache für den Untergang der Griechen verantwortlich machte52. Hitler dagegen forderte eine Stärkung der humanistischen Fächer zugunsten der idealen Bildung. Seine Argumentationsgrundlage sowie Zielvorgabe waren dabei gleichwohl grundlegend andere53. Beide hatten allerdings die Vorstellung gemeinsam, dass die Erziehung zum Volk die Hauptaufgabe der Erziehung zu sein habe. Bei Rosenberg war dieser Anspruch direkt mit der praktischen Forderung verknüpft, der Mensch müsse sich seine „Staatsbürgerrechte“ selbst erwerben. Das Ideal der Erziehung hatte laut Rosenberg der selbstständig denkende und entschlossen handelnde Mensch zu sein54. Hier wird ein wesentlicher Unterschied zu Hitlers Auffassung deutlich. Während dieser ebenfalls entschlossenes Handeln forderte, geriet das selbstständige Denken bei ihm nicht in den 48 49 50 51 52 53 54
Vgl. Rosenberg, Mythus, 88. Vgl. ebd., 92. Ebd., 91. Auslassung durch die Verfasserin, Hervorhebungen im Original. Vgl. ebd., 92. Vgl. ebd., 95. Vgl. Hitler, Kampf, Bd. 2, 58. Vgl. Rosenberg, Mythus, 512f.
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Blick. Bei Rosenberg stand ebenfalls der Militarismus im Hintergrund dieses Postulats. Die deutlichste Übereinstimmung zwischen Hitlers und Rosenbergs Forderungen zeigt sich jedoch in Rosenbergs Anspruch, dass Erziehung nicht zuallererst „Wissensvermittlung“, sondern „Charakterbildung“ sein sollte. „Charakterbildung“ meinte dabei die „Stärkung jener Werte, wie sie zu tiefst im germanischen Wesen schlummern“. Die „Alleinherrschaft“ stand dabei allein dem „Nationalstaat“ zu55. Die Ähnlichkeiten dieser Passage zu Hitlers Aussagen in Mein Kampf wie sie oben bereits ausgeführt wurden, sind deutlich. Im Gegensatz zu Hitler wurde Rosenberg in seinem Mythus auch hinsichtlich der Lehrerausbildung und der Rolle von Religion in Erziehung und Ausbildung konkreter. Rosenberg forderte für die religiöse Ausbildung in der Schule: „Denn an Stelle der alttestamentlichen Zuhälter- und Viehändlergeschichten [sic!] werden die nordischen Sagen und Märchen treten, anfangs schlicht erzählt, später als Symbole begriffen. […] Von Odin an über die alten Märchen bis Eckehart und Walther von der Vogelweide.“56
Statt der Konfessionsschule, die er als überholt betrachtete57, sah er die neue Aufgabe der Schule darin, in der Darstellung der Geschichte zwar „auch Schwächen unserer Großen […] nicht [zu] vertusch[en]“, doch insbesondere „das über sie hinausragende Ewige, Mythische […] mit suchender Seele heraus[zu]fühl[en]“58. Diese Aufgabe sah er im Dienst der deutschen Zukunft. Bei der Beurteilung der Kirche hinsichtlich ihrer Aufgabe für die Erziehung wurde Rosenberg besonders deutlich: „Bei aller Duldsamkeit gegenüber Glaubensformen hat kein einziger deutscher Staatsmann das Recht, die Erziehung der Jugend einer Kirche zu übergeben, denn die Folgen dieses Nachgebens […] wäre [sic!] gleichbedeutend mit der Entwertung der Schöpfer unserer Kultur, soweit diese nicht im Dienst einer Kirche gestanden haben.“59
Baumgärtner fasst Rosenbergs Erziehungsverständnis, wie es sich im Mythus des 20. Jahrhunderts darstellt, folgendermaßen zusammen: Während Rosen55 Vgl. Rosenberg, Mythus, 612. 56 Ebd., 602f. Auslassung durch die Verfasserin. Von den „alttestamentlichen Viehhändler- und Zuhältergeschichten“ hat auch Reinhold Krause, Gau-Obmann der Deutschen Christen, auf seiner Rede am 13. 11. 1933 Berliner Sportpalast gesprochen. Krause forderte, wie Rosenberg, eine Abwendung vom Apostel Paulus und demgegenüber eine Verkündigung des „heldischen Jesus“. In der Folge des so bezeichneten „Sportpalastskandal“ verloren die Deutschen Christen einen Teil ihrer Mitglieder und somit einen Teil ihrer Macht, konnten jedoch in einigen Gremien ihre Positionen bis Kriegsende halten. (Hermle, Widerstand, 65). 57 Vgl. Rosenberg, Mythus, 613. 58 Ebd., 616f. Umstellungen durch die Verfasserin. 59 Ebd., 621. Auslassung durch die Verfasserin.
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berg den „metaphysisch-religiösen Regungen im Volke“ mit Behutsamkeit gegenübertrete, vertrete er in Sachen Erziehung eine nachdrücklichere Haltung60. Ausgehend von dieser Vorstellung forderte Rosenberg, im Rahmen der Möglichkeiten die ihm seine Dienststelle im Amt zur „Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP“ bot, eine Ausbildung von Lehrkräften, „die in der Lage sind, aus ihrem umfangreichen Wissen Spezialaufgaben zu bearbeiten und in fortlaufenden Kursen weiterzugeben“61. Seine Entwürfe der „Hohen Schule“ zeigten, dass dieser auch die Lehrerausbildung zukommen sollte62. Rosenberg ging davon aus, auf diese Weise einen besonderen Typus des*r Erziehers*in hervorbringen zu können: den „Reichsschulungsbildner“63. Wesentlich ist hier, dass – ausgehend von seinen Darstellungen im Mythus des 20. Jahrhunderts – ein neuer Erzieher*innentypus die Aufgaben der Erziehung im nationalsozialistischen Sinne übernehmen sollte. Für die vorliegende Arbeit ist nun interessant, ob sich die Erwartungen an diesen Erzieher*innentypus auch in der Ausbildung von Religionslehrkräften niederschlugen. Inwiefern lassen sich die vorhergehenden Aussagen als ideologische Elemente charakterisieren? Der dieser Arbeit zugrundeliegende Ideologiebegriff setzt voraus, dass eine Ideologie ein „werthaftes Deutungsmuster“ zur Interpretation der sozialen Wirklichkeit liefert und dabei einen Gegenbegriff zu Rationalität, Sachkenntnis, Wahrheit, Objektivität und Wissenschaft bildet. Obgleich Bollmus konstatiert, dass es aussichtlos sei, den Inhalt dieser Weltanschauung, wie sie auch Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts darstellt, systematisch bestimmen zu wollen64, lassen sich dennoch mit den Kategorien „Volk“ und „Rasse“ Elemente herausarbeiten, die für den Ideologiebegriff der vorliegenden Arbeit von wesentlicher Bedeutung sind. Insbesondere Rosenbergs Geschichtsauffassung, verbunden mit seiner Forderung nach einer wertenden Geschichtswissenschaft65 zeugten vom starken anti-objektiven Charakter seiner Weltanschauung. Zugleich übernahm Rosenberg in seinem Mythus des 20. Jahrhunderts an den entscheidenden Stellen wissenschaftlich mindestens fragwürdige, oder auch unhaltbare Behauptungen aus Sekundärquellen die als abwegig zu charakterisieren sind66. Mit Recht kann ihm so seine Wissenschaftlichkeit abgesprochen, und seine dargestellte Weltanschauung einer Ideologie zugerechnet werden.
60 61 62 63 64 65 66
Baumgärtner, Weltanschauungskampf, 67. Zitiert nach Ebd., 92f. Vgl. ebd., 93. Vgl. ebd., 94. Vgl. Bollmus, Amt, 17. Vgl. Kroll, Utopie, 151. Vgl. Iber, Glaube, 36.
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2.1.5 Die Erziehungsvorstellungen in Mathilde Ludendorffs Des Kindes Seele und der Eltern Amt Ludendorff bot mit ihrer Schrift Des Kindes Seele und der Eltern Amt einen weiterführenden Aspekt hinsichtlich eines Erziehungsbegriffes, der sich in das Konglomerat nationalsozialistischer ideologischer Vorstellungen einordnen lässt. Obwohl eine eindeutige Kategorisierung ihres völkisch-religiösen Denkens nicht möglich ist67 und die Deutsche Gotterkenntnis im nationalsozialistischen Staat keine wesentliche Bedeutung mehr hatte68, gilt Ludendorff als völkisch-religiöse Vordenkerin im Tannenbergbund, zu deren Ziel unter anderem die Erziehung zum völkischen Denken und Handeln gehörte69. Besonders Lehrkräfte galten als empfängliche Zielgruppe des Tannenbergbundes70. Vor allem die Vorbildrolle, die Ludendorff für Lehrerinnen besaß, liefert einen legitimen Grund für eine genauere Untersuchung ihres Werkes Des Kindes Seele und der Eltern Amt, welches neben dem 1932 publizierten Lehrplan der Lebenskunde für Deutschvolk-Jugend71 ihre Programmatik für die Kinder- und Jugendgruppen enthielt. Neben der Veröffentlichung dieser Schriften hielt sie Erzieher*innentagungen, gerichtet sowohl an Lehrkräfte wie auch an Eltern. Inwieweit sich ihr Einfluss auch auf die Ausbildung von Lehrkräften nachweisen lässt, ist Gegenstand dieser Untersuchung. Erwähnenswert ist darüber hinaus die Reaktion der beiden großen christlichen Kirchen auf Ludendorff und ihre Anhängerschaft. Beide nahmen sie „sehr frühzeitig zur Kenntnis und spätestens seit 1930/31 auch durchaus ernst – freilich weniger aufgrund der positiven Gehalte der ,Deutschen Gotterkenntnis‘ als vielmehr aufgrund des polemischen, die eigenen Gemeinden verunsichernden Potentials dieser Gruppierung und Weltanschauung“72.
In der theologischen Auseinandersetzung mit den Schriften Ludendorffs hatte die Evangelische Theologie ein deutliches Übergewicht. Sie widmete sich insbesondere ihren polemischen Schriften, wobei diese die Themen der apologetisch gehaltenen Veröffentlichungen seitens der evangelischen Theologie bestimmten. Des Kindes Seele und der Eltern Amt vertrat einen pädagogischen Anspruch und war vielfach Grundlage für Erziehertagungen, die Ludendorff später 67 Vgl. Spilker, Geschlecht, 80f. 68 Als völkisch-religiöser Verein Bund für Deutsche Gotterkenntnis (Ludendorff) durfte er sich jedoch 1937 neu formieren und wurde als Religionsgemeinschaft durch die Nationalsozialisten offiziell anerkannt. (Spilker, Geschlecht, 83). 69 Vgl. ebd., 210. 70 Vgl. ebd., 219. 71 Ludendorff, Lehrplan. 72 Schnoor, Ludendorff, 314.
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durchführte73. Schnoor weist in seiner Untersuchung über Ludendorffs Verhältnis zum Christentum darauf hin, dass die geringe Quellenverwertung in ihren „philosophischen Schriften“ auffällig sei74. Er macht außerdem deutlich, dass sich ihre religiöse Entwicklung, soweit sie in ihrer Autobiographie geschildert wird, in einer stufenweisen Abgrenzung zum Christentum vollzog, welches sie als ein System von Normen verstand und daher ablehnte75. Er führt diese Ablehnung auf ihre Prägung durch ihr Elternhaus zurück, in dem das „Christentum als ein fester Katalog von Glaubenslehren und fixierten ethischen Normen aufgefasst wurde“76. Dieses Verständnis von Religion, insbesondere auch Ludendorffs Verhältnis zum Christentum, spiegelte sich in starker Weise in ihren Ausführungen in Des Kindes Seele und der Eltern Amt wider. Ludendorff selbst sah in der Erziehung – neben den Bereichen Geschichte und Kultur – die wichtigsten Handlungsgebiete des Menschen. Sie verstand diese als „Seelengestaltung“, Geschichte als „Machtgestaltung“ und die Kultur als „Werkgestaltung des göttlichen Wollens im Menschen“. Erziehung greife dabei in Geschichte und Kultur über, ebenso wie ihrerseits Geschichte und Kultur die Erziehung beeinflussen würden77. Wie Hitler sah Ludendorff die Erziehung der Vergangenheit als fehlerhaft an, und verband dies mit der Annahme, dass diese nicht auf die den Völkern eigene Art Rücksicht genommen habe und so die „heiligen Abwehrgesetze verschüttet und Naturgesetze geschändet“ habe. Die auf diese Weise durchgeführte Missachtung der Arterhaltung hätte „die seelischen Gesetze“ gehemmt, sodass „in wenigen Jahrhunderten kaum mehr von einem Schutz der Kinder vor missgestaltender Erziehung“ die Rede sein könnte78. Auf diese Feststellung folgten ihre Vorschläge für eine Erziehung, die diese Entwicklung einerseits stoppe und andererseits korrigiere. Erziehung definierte sie als „Schaffen des Menschen am Menschen“, wobei sie bewusst machte, dass sich die „Weltanschauung des Erziehers […] unwillkürlich in der Art seiner Erziehung des Kindes“ auswirke. Als „ungeheuren Frevel“ beurteilte sie es „dem Kinde feste Glaubensvorstellungen aufzuzwängen, es zu suggerieren und für ganz bestimmte Zwecke abzurichten“79. Ausgehend von ihrem bereits geschilderten Verhältnis zum Christentum ist es naheliegend an dieser Stelle anzunehmen, dass sie mit diesem Frevel insbesondere die christliche Erziehung verband. Daneben betonte sie die besondere Vorbildfunktion des Erziehers, wobei sie voraussetzte, dass sich die Weltanschauung eines jeden Menschen in seinen Taten ausdrücke, und diese 73 74 75 76 77 78 79
Vgl. Schnoor, Ludendorff, 43. Vgl. ebd., 37. Vgl. ebd., 196. Ebd., 309. Vgl. Ludendorff, Seele, 1f. Vgl. ebd., 5. Ebd., 9.
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis
sich allein schon auf diese Weise auf sein Erzieheramt übertrage. Was auf den ersten Blick modern erscheint und augenscheinlich der nationalsozialistischen Erziehung widerspricht, gewinnt in den folgenden Aussagen an Deutlichkeit. Ludendorff unterschied drei mögliche Formen der Erziehung durch den Menschen, einerseits „durch seine Taten als Machtgestalter als auch durch seine Werke der Kultur“, sowie zuletzt „durch bewusste und gewollte Erzieherarbeit“80. Letztere könne besonders gut durch die Mutter ausgeübt werden81, da diese ein ureigenes Verständnis für die Kinderseele habe82. Ein Punkt, den sie außerdem hervorhob, war die Bedeutung des Vertrauens, das das Kind zum*r Erzieher*in brauche83. Ihre Ausführungen zeugen weiter von ihrer Ablehnung der christlichen Erziehung. Ludendorff ging von der Prämisse aus, dass das Kind noch das reine Göttliche, „de[n] Wunsche zum Guten, zum Schönen, zum Wahren und zum gottgelenkten Fühlen“ besitze. Dieser „Gottesstolz“ sei „noch nicht von der Vernunft verzerrt und noch nicht von den Erziehern missbraucht. Er ist aber auch noch nicht durch Erziehung zertreten“84. Die Anlage zum Glauben85 – wobei der Begriff Glauben bei Ludendorff stark völkisch-religiös geprägt war – sei im Kind selbst angelegt und entfalte sich von allein und frei von falscher Beeinflussung durch die Erzieher*innen besser. Um den Charakter der Kinder zu beschreiben, fügte Ludendorff dem „Gottesstolz“, den sie im Kind zu erkennen vermeinte, das „Säugetierchen“ hinzu. Dieses „wohnt [neben diesem Gotte] unmittelbar in der Kinderseele […] mit seinen ungehemmten Forderungen“86. Sie sprach den Kindern außerdem ein Vorhandensein von Vernunft zu. Diese drei Aspekte, die Ludendorff im Charakter des Kindes erblicken zu vermeinte, hätten ihre je eigenen Auswirkungen auf das Verhalten des Kindes und beeinflussten auch die Voraussetzung für die Erziehungsarbeit der Erzieher, welche die Arbeit und das Verhalten in der Schule prägten87. Was die Aufgaben der Erzieher betraf, wurde Ludendorff deutlicher. Der Selbsterhaltungswille des Kindes, beeinflusst vom „Säugetierchen“ müsse dem Willen des Erziehers untergeordnet werden88. Ludendorff übernahm hier Siegmund Freuds Theorie von Ich, Es und Über-Ich, welche sie jedoch mit ihrer eigenen völkisch-religiösen Folie 80 Ludendorff, Seele, 13. 81 Die naturgemäße Eignung der Frau für die Erziehung findet sich auch in den Überzeugungen Hitlers. 82 Vgl. ebd., 15. 83 Vgl. ebd., 17. 84 Ebd., 19. 85 Der Begriff Religion taucht bei Ludendorff an dieser Stelle nicht auf. 86 Ebd., 22. Ludendorffs Ausführungen erinnern an dieser Stelle stark an Freuds Theorie von Ich, Es und Über-Ich. Vgl. dazu Freud / Holder, Ich. 87 Vgl. Ludendorff, Seele, 32. 88 Vgl. ebd., 33.
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überzog und mit ihren Vorstellungen von idealer Erziehung verband. Während Ludendorff, basierend auf ihrer Dreiteilung des Kindes in Gottesstolz, Säugetierchen und Vernunftwesen, die Mängel der aktuellen Erziehung in Schule und Elternhaus anführte, kam sie an späterer Stelle in ausführlicher Weise auf ihre Missbilligung christlicher Erziehung zurück. Die „Suggestion von einem persönlichen Gott“ wirke sich auf die Seele des Kindes verheerend aus89. Obgleich sie die christlichen Kirchen sowie die konfessionelle Schule an dieser Stelle nicht nannte, wird doch deutlich worauf sie mit ihrer Kritik anspielte. Gleichzeitig schrieb sie dem Göttlichen im Kind Eigenschaften zu, die auch Teil des christlichen Gottesbildes sind, wobei sie die kirchlichen Erziehungsanstalten für den „Seelenmord“ an Kindern verantwortlich machte90: „Die widerlichsten Heuchler, die den Leichengeruch des plappernden Toten schon in der Kindheit an sich tragen, werden in den Anstalten gezüchtet, in denen man den Kindern starkes, religiöses Erleben suggeriert, also erzwingt, was der Kinderseele fernliegt […]. Wir treffen solche schon in der Kindheit tief herabgeglittene Seelen also hauptsächlich in den ,frommen‘ Anstalten […]. Wir treffen dort die Kinder mit dem glatten, halbgesenkten Blick widerlicher Heuchelei, süßlicher Ergebenheit, die nie mehr grade und ehrlich schauen, geschweige denn grade und ehrlich handeln, ja die meist auch noch (so in allen jesuitisch beeinflussten Erziehungsanstalten) zu Spionage und Verrat erzogen sind.“91
Deutlicher als an dieser Stelle wurde sie sonst nicht. Welche Aufgaben schrieb sie nun aber den Erziehern zu? Ludendorff ging davon aus, dass die Erzieher*innen auf die Kinder immer einen negativen Einfluss hätten, und dass es keine vergleichbare positive Beeinflussungsmöglichkeit gäbe92. Auch die elterlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Seele des Kindes seien – positive wie negative – begrenzt. Das Kind besitze eine Art „schirmende Hülle“, die „nur selten Zulass in das Innere der Seele“ gewähren würde. Die Zugänge, die das Kind gestattet, seien jedoch nicht bewusst gewählt. Die Erziehungsmöglichkeiten des „Berufserziehers“ seien somit begrenzt. Die Lehrkräfte dürften also nicht darauf hoffen das Gotterleben im Kinde entfalten zu können. Auch „theologisches Wissen oder ,geheimes Weistum‘ der ,Meister‘ und ,Väter‘ der Geheimorden gibt wahrlich nicht Gewähr für die Tauglichkeit zu solchem Berufe“93. Kurz gesagt: Erzieher*innen haben laut ihren Ausführungen nur geringen Einfluss auf die Kinder im allgemeinen und religiöse Erziehung sei im Grunde unmöglich und auch nicht gewollt, da diese die Eigenart der Kinder zerstöre. Stattdessen sei die Aufgabe 89 90 91 92 93
Vgl. Ludendorff, Seele, 54. Vgl. ebd., 98. Ebd., 105. Auslassungen durch die Verfasserin. Vgl. ebd., 109. Vgl. ebd., 127f.
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der Erzieher*innen das Verhindern der Seelenschädigung des Kindes und diejenige der Schule sei die Vernunftentfaltung sowie das Bilden der Denkund Urteilskraft94. Was jedoch kennzeichnet die Ausführungen, die Ludendorff zur Erziehung machte als Ideologie? Wie bei Rosenberg und Hitler auch sind insbesondere die Gegenpositionen zu Rationalität, Objektivität, Wahrheit, Sachkenntnis und Wissen in den Aussagen Ludendorffs kennzeichnende Elemente. Sie bot unter anderem mit ihrer expliziten Ablehnung christlicher Erziehung ein deutlich „werthaftes Deutungsmuster“ zur Interpretation der sozialen Wirklichkeit, wobei vor allem ihr Umgang mit Quellentexten für eine derartige Zuordnung spricht. 2.1.6 Die Positionen Hitlers, Rosenbergs und Ludendorffs zu Erziehung und Religion Wie deutlich geworden ist sind die Positionen Hitlers, Rosenbergs und Ludendorffs zu Erziehung und Religion in einzelnen Aspekten sehr ähnlich, während sie sich in anderer Hinsicht stark voneinander unterscheiden. Bei Hitler, wie bei Rosenberg – Ludendorff äußerte sich dazu nicht – spielte die Integration des Einzelnen in das Ideologem „Volk“ eine wichtige Rolle für die Erziehung. Bereits die Jugend habe zu einer subjektiven Einstellung zum Deutschtum zu finden, die Bildung des Volkskörpers sei erste Aufgabe der Erziehung. Hitler ging außerdem davon aus, dass Erziehung bereits vorhandene Anlagen forme, eine ähnliche Ansicht fand sich in Ludendorffs Ausführungen. Das bei Hitler klar formulierte Erziehungsziel der „Rassereinheit“ und „Volksgesundheit“ ließ sich – wenn auch nicht so eindeutig formuliert – sowohl bei Rosenberg als auch bei Ludendorff ausmachen. Damit charakterisieren sich alle drei als nationalsozialistische Weltanschauungen. Die körperliche Erziehung – bei Ludendorff unerwähnt – spielte explizit nur bei Hitler eine Rolle, auch wenn es Rosenbergs Ausführungen ebenfalls nahelegen diesem Aspekt der Erziehung eine wichtige Position zuzuschreiben. Übereinstimmend forderten sowohl Hitler als auch Rosenberg, dass die Charakterbildung der wissenschaftlichen Schulung übergeordnet zu sein habe, und auch Ludendorff schien der Charakterbildung eine besonders wichtige Rolle zuzuschreiben. Die zu erreichenden Charakterziele unterschieden sich hingegen jeweils. Während Hitler betonte, dass „Verantwortungsfreudigkeit“, „Willensund Entschlusskraft“, „Treue“, „Opferbereitschaft“ und „Verschwiegenheit“ zu erreichen seien, nannte Rosenberg den „selbstständig denkenden“ und „entschlossen handelnden“ Menschen als Ziel. Damit war er, was den entschlossen handelnden Menschen anbelangt, sehr nahe an der Position Hitlers, der jedoch explizit nicht den selbstständig denkenden Menschen erziehen 94 Vgl. Ludendorff, Seele, 131.
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wollte. Als Ziel der Charakterbildung bei Ludendorff lässt sich festhalten, dass die drei Kräfte im Menschen – „Säugetierchen“, „Gottesstolz“ und „Vernunftwille“ – ausgeglichen zu wirken haben. Konkrete Charaktereigenschaften wie Rosenberg und Hitler sie nannten, setzte sie nicht zum Ziel der Erziehung. Ein bei Hitler mit Blick auf religiöse Erziehung wesentlicher Aspekt war die Annahme, dass die konfessionelle Einstellung ein Ergebnis der entsprechenden Erziehung sei, während die Anlage zum Glauben im Menschen generell bereits angelegt sei. Interessanterweise decken sich an dieser Stelle die Ausführungen aller drei Ideologen. Während Hitler der religiösen Erziehung einen Beitrag zur moralischen Erziehung zuschrieb und diese im Ganzen positiv sah, äußerten sich sowohl Rosenberg als auch Ludendorff sehr kritisch gegenüber einer konfessionellen, christlichen Erziehung. Hitler nannte zwar die christlichen Kirchen in seinen Ausführungen zur religiösen Erziehung nicht, es scheint jedoch nahe zu liegen, dass er bei der konfessionellen Einstellung an die konfessionell christliche Überzeugung dachte. Rosenberg und Ludendorff äußerten sich dagegen konkret gegen den Einfluss der christlichen Kirche auf die Erziehung und werteten diesen als insgesamt negativ und im Falle Ludendorffs sogar als schädlich für die Entwicklung des Kindes. Während diese die christlich-religiöse Erziehung also im Ganzen ablehnte und kritisierte, ließ sich bei Rosenberg eine abgeschwächte Form der Kritik feststellen. Er forderte zwar eine Abschaffung der Konfessionsschule, und dass die Kirche keine Erziehungsaufgaben übernehmen solle, sah jedoch weiterhin eine „christliche“ Erziehung vor, die allerdings statt den alttestamentlichen Geschichten nordische Sagen und Märchen zu vermitteln habe. Mit den drei vorausgehend herausgearbeiteten Positionen zu (religiöser) Erziehung bildet sich ein Raum, welcher gegenüber dem im Anschluss ausgearbeitetem christlichen Bekenntnis in dieser Arbeit als Grundlage zur Einordnung inhaltlicher und institutioneller Entwicklungen in der Ausbildung evangelischer Religionslehrkräfte für die Volksschule dienen soll.
2.2 Das Christliche Bekenntnis – eine Begriffsklärung Dem nationalsozialistischen Ideologiebegriff, wie er in den vorausgehenden Ausführungen dargelegt ist, wird in dieser Arbeit der Begriff des christlichen Bekenntnisses gegenübergestellt. Im Folgenden wird dieser Terminus, verstanden als Arbeitsdefinition und Grundlage für die Fragestellung dieser Arbeit, anhand der von K. D. Schmidt95 gesammelten und herausgegebenen Bekenntnisse der Jahre 1933 bis 1935 entwickelt96. 95 K.-D. Schmidt, der zu Beginn des Nationalsozialismus in Kiel an der theologischen Fakultät lehrte, zeigte in seinen Positionierungen herkunfts- und ausbildungsbedingt einen der lutherischen Tradition verpflichteten, bekenntniskirchlichen Schwerpunkt. Den bekenntnisartigen
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2.2.1 Die Problematik des Bekenntnisbegriffs K. D. Schmidt sammelte unter dem Titel „Bekenntnisse“ verschiedene, von diversen kirchlichen Vertretern verfasste, unterschiedliche Standpunkte vertretende Texte. Im Rückgriff auf diese Texte, die sich in einzelnen Fällen selbst als „Bekenntnis“ bezeichneten, wird ein Spannungsfeld entwickelt. Innerhalb dieses Spannungsfeldes werden einerseits übereinstimmende Positionierungen zwischen abweichenden konfessionellen Standpunkten sowie zwischen Einstellungen von Vertretern der Bekennenden Kirche (BK) und denen der DC deutlich. Andererseits zeigen sich auch die Unterschiede zwischen allen Parteien. Ungeachtet der Bemühungen der DC, ihre christlichen Überzeugungen mit der nationalsozialistischen Weltanschauung in Einklang zu bringen, dürfen ihre Äußerungen entgegen gewisser terminologischer Vorsicht dem Begriff „Bekenntnis“ zugeordnet werden, wie im Folgenden gezeigt wird. 2.2.2 Zum Bekenntnisbegriff Der Bekenntnischarakter der von K. D. Schmidt gesammelten Texte mag umstritten gewesen sein. Im Sinne einer theologischen Neuorientierung und Standpunkterklärung lassen sie sich jedoch im Sinne Wolf-Dieter Hauschilds durchaus als Bekenntnisse bezeichnen97. Mit der Bezeichnung als „bekenntnisartige Texte“98 ist für diese Arbeit außerdem eine Terminologie gefunden, die der Abgrenzung dieser Texte zu den offiziellen Bekenntnissen der Evangelisch-Lutherischen Kirche99 Rechnung trägt. Gleichwohl soll an dieser Stelle betont werden, dass die Bezeichnung als „christliches Bekenntnis“ der hier
96 97
98 99
Texten, die er in seinen hier untersuchten Veröffentlichungen sammelte, kam im Zuge des Kirchenkampfes eine erhebliche ordnungsstiftende Funktion zu. (Oelke, Kirchengeschichte, 335). Vgl. Schmidt, Bekenntnisse Bd. 1; Ders., Bekenntnisse Bd. 2; Ders., Bekenntnisse Bd. 3. So stellt beispielsweise Hauschild heraus, dass die Gefahr der sogenannten Volkskirche vor allem in einer gewissen Oberflächlichkeit und Unverbindlichkeit zu sehen sei. Die Volkskirche als Bekenntniskirche biete dem das notwendige Korrektiv. Inhaltlich betont Hauschild dabei insbesondere den Charakter der Volkskirche als Bekenntniskirche, durch welche eine Sicherung gegen die Verabsolutierung des Staates gelinge. Vgl. Hauschild, Konfliktgemeinschaft, 95f. Im Hinblick auf die BTE stellt Hauschild diese in die Linie einer Bekenntnisproduktion im Sinne einer theologischen Neuorientierung nach dem Ersten Weltkrieg. So lasse sich in diesem Sinne nicht nur die BTE, die sich selbst nicht als ein solches bezeichnet, sondern auch die anderen so bezeichneten Texte durchaus im Sinne eines Bekenntnisses verstehen. (Hauschild, Konfliktgemeinschaft, 203f.). Vgl. Schneider, Barmen, 147. Vgl. die Sammlung der Bekenntnistexte bei Dingel, Bekenntnisschriften.
Das Christliche Bekenntnis – eine Begriffsklärung
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entworfenen Kategorie der Abgrenzung gegenüber der „nationalsozialistischen Ideologie“ dient und im nachfolgend definierten Sinne gebraucht wird. Die Diskussion um den Ausdruck „Bekenntnis“ beinhaltet einige Aspekte, die für die vorliegende Untersuchung beachtenswert sind. Johannes Wirsching stellt in der TRE den dreifachen Grundsinn des christlichen Bekenntnisses heraus, das „Bekenntnis“ als Akt (confessio) oder als Formel (symbolum), als welches es mündlich oder schriftlich tradiert wird. Zuletzt ist „Bekenntnis“ als Urkunde (doctrina) zu verstehen. „Bekenntnis“ trete hier auf als „christlicher Identitätswille, der sich in objektivierten Lehraussagen einer Kirchengemeinschaft behauptet“100. Insbesondere im Sinne des letztgenannten Grundsinns, der doctrina ist der in dieser Arbeit verwandte Bekenntnisbegriff zu verstehen, insofern Bekenntnisse als Teil der Bekenntnis-, aber auch Identitätsbildung zu verstehen sind; ein Bedeutungssinn, der vor dem Hintergrund des Entstehungshorizonts der Texte einleuchtend erscheint. 2.2.3 Der kirchenhistorische Hintergrund der Bekenntnisse im Nationalsozialismus An dieser Stelle wird in aller Kürze auf den Entstehungskontext dieser „Bekenntnisse“ eingegangen, um eine historische und kirchenpolitische Einordnung vornehmen zu können101. Sofern es im Einzelnen konkrete Anlässe zur Veröffentlichung der Bekenntnisschriften gegeben hat, werden diese im Zuge der Analyse der entsprechenden Schriften genannt. Die evangelische Kirche im Dritten Reich war besonders geprägt durch innerkirchliche Streitigkeiten, die auch und in besonderer Weise die Frage des Bekenntnisses betroffen haben. Durch den Zusammenbruch der Monarchie und des landesherrlichen Kirchenregiments sah sich der Protestantismus seines Selbstverständnisses beraubt und stürzte in eine politische, gesellschaftliche und theologische Krise, die durch neue theologische Entwürfe verstärkt wurde102. Bereits in der Weimarer Zeit bemühte sich die NSDAP, deutschkirchliche Elemente zurückzudrängen und sich als kirchenfreundlich darzustellen. Von protestantischen Gruppen wurde immer wieder auf den Punkt 24 des Parteiprogramms der NSDAP verwiesen, der diese auf den Standpunkt eines „positiven Christentums“ stellte.103 Dass dieser Programmpunkt zugleich Loyalität gegenüber dem rassistischen Kern der nationalsozialistischen Ideologie forderte, ist dabei nicht beachtet worden104. 100 Wirsching, Bekenntnisschriften, 488. 101 Die Bedeutung des politischen und historischen Entstehungskontextes ist auch in der Sekundärliteratur immer wieder betont worden. Vgl. bspw. Hauschild, Konfliktgemeinschaft. 102 Vgl. Nicolaisen, Nationalsozialismus, 82. 103 Vgl. Feder, Programm. 104 Vgl. Besier, Kirche, 22. Aber auch Scholder, Kirchen; Oelke, Gesamtschau.
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Schon im Sommer 1933 opponierten bereits zwei Bewegungen gegen die staatliche kirchenpolitische Entwicklung, die „Jungreformatorische Bewegung“ sowie Karl Barth105. Die „Jungreformatorische Bewegung“ (Walter Künneth, Dietrich Bonhoeffer106 u. a.) wollte an der kirchlichen Selbstbestimmung festhalten, zugleich forderte K. Barth, dass die Kirche zuerst Kirche werden müsse. Seine Schrift „Theologische Existenz heute!“, mit scharfer Kritik sowohl an den DC als auch an der „Jungreformatorischen Bewegung“, wurde zum Fanal und hob die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen auf die theologische Ebene107. Anlässlich seiner Schrift kam es zu ersten Veröffentlichungen der später zahlreichen bekenntnisartigen Texte. Durch Radikalisierungen des extremen Flügels der DC im November 1933 kam es auch innerhalb dieser Bewegung zu Konflikten, die zur organisatorischen Auflösung und damit einhergehend einem großen Verlust innerhalb ihrer Anhängerschaft führte108. Trotz dieser Krise der „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ zeugten die veröffentlichten Stellungnahmen und bekenntnisartigen Texte von den theologischen und kirchlichen Standpunkten, die Einzelne dieser Glaubensbewegung nach wie vor – auch nach außen – vertreten haben. Die bereits 1932 aus diversen Strömungen gegründete Glaubensbewegung hatte trotz dieser inneren Spannungen bis 1945 in unterschiedlichen Formen Bestand109. Es muss jedoch auch bei der folgenden Analyse der „Bekenntnisse“ im Bewusstsein bleiben, dass trotz der Verbreitung und der Erfolge der DC der Großteil der deutschen Protestanten weder zu den DC noch zur BK gehörte110. Die im Folgenden dargestellten Positionen stellten daher nicht die Mehrheitsmeinung des deutschen Protestantismus im Nationalsozialismus dar, sie bildeten vielmehr einen Rahmen, innerhalb dessen sich diese Meinungen verorten lassen. 2.2.4 Die Bekenntnisse der Bekennenden Kirche Das „Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des öffentlichen Lebens“ vom 11. Januar 1933 Die erste der untersuchten Schriften ist das sogenannte „Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des öffentlichen Lebens“111, veröffentlicht am 11. Januar 1933. Bereits 1932 anlässlich des Altonaer 105 Vgl. zu Karl Barth u. a. Trowitzsch, Barth; Tietz, Barth; Weinrich, Barth; und Korsch, Theologie. 106 Zu Bonhoeffer vgl. insbes. Bethge, Bonhoeffer. 107 Vgl. Besier, Kirche, 24. 108 Vgl. ebd. 109 Vgl. Bergen, Christen, 545. 110 Vgl. ebd., 546. 111 Das sogenannte Altonaer Bekenntnis war bereits früh Gegenstand eigener Forschung. Vgl. bspw. die Publikationen von Beyer, Bekenntnis; Jürgensen, Bekenntnis.
Das Christliche Bekenntnis – eine Begriffsklärung
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„Blutsonntags“112 entstanden, bildete es das früheste Zeugnis der „bekenntnismäßigen“ Äußerungen in der Zeit des Nationalsozialismus. Verfasst von Hans Asmussen113 sowie weiteren Altonaer Pastoren fiel es in eine Zeit, in der die BK noch nicht bestand. Das – im Nachhinein – so bezeichnete Altonaer Bekenntnis begann mit einer Feststellung der „Schäden des öffentlichen Lebens“, angesichts derer nach der Kirche gefragt wurde. In diesem Zusammenhang wurde die Verkündigung des Evangeliums als zentrale Aufgabe der Kirche betont114. Die Verfasser begründeten dies mit der Notwendigkeit der „Gesundung unseres Volkes“, welche davon abhänge, dass den Menschen „Gottes Wort gesagt“, es „von ihnen gehört und geglaubt“ werde115. Die folgenden Ausführungen strukturierten sich in die Artikel „Von der Kirche“, „Von den Grenzen des Menschen“, „Vom Staate“, „Von den Aufgaben des Staates“, sowie „Von den Geboten Gottes“ und schlossen mit einer zusammenfassenden Stellungnahme. Jeder der fünf Artikel begann – oder im Falle des zweiten Artikels schloss – mit der Formel „Wir glauben, lehren und bekennen“, wodurch die Bezeichnung als „Bekenntnis“ eine gewisse Legitimation erfuhr. Zur Kirche stellten die Verfasser fest, dass sie „die durch Gottes jetzt geschehendes Wort aufgerufene Schar ist, in welcher Christus wahrhaftig gegenwärtig ist.“ Spezifiziert wurde dies durch die Feststellung, dass die Gegenwart Christi nur dem Glauben gewiss sei und da Christus die Macht der Kirche ist, sei die Kirche auch nur von Christus abhängig. Eine Abhängigkeit von Staat oder Partei, sowie von Wissenschaft oder Weltanschauung, wurde entschieden abgelehnt. Durch die Formel von der freien Kirche die, „niemand untertan und gerade darin jedermanns Knecht“ sei, stellten sich die Verfasser in eine offensichtlich lutherische Tradition.116 Aufschlussreich für die vorliegende Arbeit ist die Feststellung, dass Kirche nicht allein dem Zweck diene, dem Volk durch Erziehung zur Religion eben diese zu erhalten, sondern dass Kirche auch – neben anderen Funktionen – eine Erziehungsfunktion habe, weil sie „zum Hören des Wortes“ erziehen müsse. Aber: „Wer die Kirche in ihrer Verkündigung dem Einfluss einer politischen Macht unterstellen will, macht damit die politische Macht zu einer dem Christentum feindlichen Religion.“117 Diese Feststellung ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam. Zum einen wurde der Kirche eindeutig nicht nur eine 112 Im Rahmen des sogenannten „Altonaer Blutsonntags“ kam es am 17. 7. 1932 bei Massendemonstrationen von Angehörigen der SA und SS aus Altona, Südholstein und Hamburg anlässlich der anstehenden Reichstagswahl zu Schießereien und Straßenkämpfen. (Vgl. Jürgensen, Bekenntnis, 9–15). 113 Vgl. zu Asmussen u. a. Konukiewitz, Asmussen; Lehmann, Asmussen. 114 Vgl. Schmidt, Bekenntnisse, Bd.1, 19. 115 Ebd., 20. 116 Vgl. ebd., 20. 117 Ebd., 21.
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Erziehungsfunktion, sondern vielmehr eine Erziehungspflicht auferlegt, zum anderen wurde deutlich gemacht, dass die Kirche sich dabei keiner politischen Macht unterstellen dürfe. Artikel zwei betonte die Grenzen des Menschen durch seine Stellung unter das Kreuz Christi und machte gleichzeitig im Übergang zu Artikel drei „Vom Staate“ deutlich, dass auch der Staat eine Schöpfung Gottes sei118. Auf diese Weise werde nicht nur der Mensch in seiner Macht begrenzt, sondern ebenso der Staat119. Gleichermaßen deutlich wurde die Abgrenzung des Staates von der Kirche bei der Schilderung seiner Aufgaben. Die Verfasser verwarfen die Vermischung von Politischem mit Religiösem, da auf diese Weise nicht nur der „Glauben an Gott, sondern auch [der] Bestand des Staates“ gefährdet sei120. Zuletzt bekannten sich die Verfasser deutlich zu den Geboten Gottes, verbunden mit der Forderung an jeden Einzelnen, sich trotz seiner menschlichen Sündhaftigkeit „doch alle Mühe geben zu tun, was die Gebote fordern“121. Das Altonaer Bekenntnis schloss mit der Betonung des Kreuzes als Kernstück kirchlicher Verkündigung: „Wenn auch scheinbar das Kernstück der kirchlichen Verkündigung in dieser Botschaft nicht hervortritt, glauben wir doch, dass alles, was hier ausgesprochen ist, auf das Wort vom Kreuz abzielt und von ihm her gestaltet ist. […] Das Evangelium stellt uns alle an den rechten Platz und ist damit alleinige Hilfe und völliges Heil auch für unser irdisches Vaterland. Das glauben, lehren und bekennen wir.“122
Die Bindung an die christliche Tradition tritt durch alle Aspekte, die das Altonaer Bekenntnis nannte, deutlich hervor. Das „Wort und Bekenntnis westfälischer Pastoren zur Stunde der Kirche und des Volkes“, Pfingsten 1933 Das sogenannte Westfälische Bekenntnis nahm einige Monate später, um Pfingsten 1933, an einigen Stellen ähnliche Positionen ein. Das „Wort und Bekenntnis westfälischer Pastoren zur Stunde der Kirche und des Volkes“ wurde auf Anregung eines Kreises jüngerer Pfarrer der Industriesynoden Bochum, Gelsenkirchen und Herne von Ludwig Steil verfasst und enthielt 100 Unterschriften. Die Schrift begann mit einem klar formulierten Bekenntnis zum „Dreieinigen Gott“. Dabei wurde betont, dass es den Unterzeichnenden „nicht nur um 118 119 120 121 122
Vgl. Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 1, 22. Vgl. ebd., 23. Ebd., 24. Ebd. Ebd., 25.
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die Treue gegen das Erbe der Väter [geht], es geht uns um Vollendung der Reformation“123. Dieses Bekennen zum „Dreieinigen Gott“ wurde in den folgenden Absätzen konkretisiert. Die Unterzeichnenden bekannten sich zum Auferstandenen, zum Herrn der Kirche, der aufruft, „heute Seine Bekenner zu sein.“ Ähnlich wie im Altonaer Bekenntnis wurde betont, dass der Mensch die Schöpfungsherrschaft Gottes verwirft, wenn er sich zum Herrn aller Herren macht, die menschlichen Grenzen sind Teil der göttlichen Ordnung. Auf diese Weise sahen sie den Mensch in die göttliche Schöpfungsordnung gestellt. Die Unterzeichnenden „bekennen, dass Gottes Schöpferwille das Leben des Menschen seiner ordnenden Gewalt unterstellt und um unserer Sünde willen für die Ordnungen Gebote erlässt“124. Auf diese Weise bekannten sie sich zum gesamten Bereich der Schöpfung, in den auch „Blut, Volkstum, Lebenskraft und Gesundheit“ mit einbezogen seien. Beinahe übereinstimmend mit dem Wortlaut des Altonaer Bekenntnisses wurde die Verkündigungsaufgabe der Kirche hervorgehoben125. Es wurde die Forderung an die Kirche gestellt, das ihr zukommende Lehramt auszuüben, da andernfalls die Kirche „Gegenwart und Ewigkeit zugleich [verliert], […] dem Staate [verfällt] und […] am inneren Sterben ihrer Gemeinden und ihrer Glieder [schuldig wird]“126. Die Bedeutung der Verkündigung des Evangeliums und damit verbunden die Wichtigkeit des Lehramtes für das Bestehen der Kirche und damit auch für das Volk wurde deutlich betont. Das Betheler Bekenntnis, 1933/34 Das Bekenntnis der Väter und die bekennende Gemeinde, das sogenannte Betheler Bekenntnis, ist von einem Kreis evangelischer Theologen unter Beteiligung Friedrich von Bodelschwinghs verfasst, und im Namen Martin Niemöllers um die Jahreswende 1933/1934 in seiner endgültigen Fassung veröffentlicht worden. Laut eigenen Worten richtete es sich „zunächst an Pfarrer, Lehrer und Presbyter der Kirche“. Die Verfasser sahen die „Beunruhigung in der Lehre“ als ein Problem, in der ihre Schrift „eine Hilfe bieten soll“. Dabei ging es ihnen „nicht um das volksmissionarische Wollen der Kirche, auch nicht um den wagemutigen Entschluss zu neuer Tat; […]. Es geht zunächst um die Frage, was es
123 124 125 126
Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 1, 33. Umstellungen durch die Verfasserin. Ebd., 34. Vgl. ebd., 34. Ebd., 35. Umstellungen durch die Verfasserin.
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis bedeutet, dass die Deutsche Evangelische Kirche sich feierlich auf ihre Bekenntnisgrundlage beruft“127.
Vor diesem Hintergrund stellten sich die Verfasser insbesondere auf die Grundlage der Wahrhaftigkeit. Im Vorwort wurde der Anlass für das Abfassen des Betheler Bekenntnisses deutlich: Die Kirchenwahlen 1933, und die Tatsache, dass Pfarrer bei ihrer Predigt überwacht wurden. Den eigentlichen Anstoß für das Abfassen der Schrift aber gaben einige jüngere Pfarrer, die sich mit der Bitte an Bodelschwingh wandten, ein theologisches Gutachten zu erarbeiten: „Es sollte die Pfarrer an das Bekenntnis erinnern, an das sie ihr Ordinationsgelübde bindet; es sollte ihnen und ihren Gemeinden zugleich zur Stärkung dienen.“128 Damit war das Anliegen und das Ziel des Betheler Bekenntnisses in seiner Kürze zusammengefasst: Es wollte – auf der Grundlage des Bekenntnisses und der Heiligen Schrift, und in Wahrhaftigkeit – die Lehren der Kirche für Pfarrer, Lehrkräfte und Presbyter in seiner Aktualität und bleibenden Gültigkeit deutlich machen. Dabei stellte es sich mehrfach betont auf den Boden der „Lehre der evangelisch-lutherischen Kirche“ als den Ort, von dem aus die Verfasser redeten. Es wurde ausdrücklich nicht der Versuch unternommen, „eine Unionslehre zu versuchen“129. Demnach ging es den Verfassern nicht darum, ein Bekenntnis zu entwickeln, das die unterschiedlichen protestantischen Konfessionen vereint130, sondern in deutlicher Bezugnahme auf die Lehre der evangelisch-lutherischen Kirche das lutherische Bekenntnis danach zu fragen, „was es uns heute zu sagen hat“131. Die Bekenntnisse der Väter sollten für die heute bekennende Gemeinde ausgelegt werden. Entscheidend war daneben die deutliche Abgrenzung von der Entfaltung völkischer Eigenkräfte, die sich nicht unter das Wort Gottes stellten. In der christlichen Kirche sei es „Jesus Christus allein als ihr Herr“, der durch sein Wort regiere. Indem diese Erkenntnis erneuert wurde, erhielt die Kirche der Reformation ihre bleibende Berechtigung132. Die Abgrenzung von als völkisch verstandener Religiosität wurde auch in den folgenden Ausführungen des Betheler Bekenntnisses deutlich. So grenzte es sich – wie die vorher beschriebenen „Bekenntnisse“ ebenfalls – deutlich von der Auffassung ab, dass Martin Luthers Reformation als Durchbruch germanischen Geistes verstanden werden könne. Die Verfasser betonten, dass Luther mit seiner Reformation nicht nur dem deutschen Volk gedient habe. Da er sich als ein Glied der 127 Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 1, 106. Hervorhebungen im Original, Umstellung durch die Verfasserin. 128 Ebd., 105f. 129 Ebd., 107. 130 Damit nimmt diese Schrift einen Punkt vorweg, den Hermann Sasse bei seiner Mitarbeit an der Denkschrift der VKL im Jahr 1936 immer wieder betont kritisiert. 131 Ebd., 107. Hervorhebungen im Original. 132 Vgl. ebd., 107.
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katholischen Kirche verstanden habe und die Bekenntnisse erhalten wollte, habe er seinen Dienst nicht auf das deutsche Volk beschränkt verstanden133. Auch mit dieser Auffassung grenzten sie sich daher in betonter Weise von den deutsch-christlichen und völkischen Gruppierungen ab, die das Deutsche der lutherischen Reformation immer wieder akzentuierten. So hoben die Verfasser des Betheler Bekenntnisses hervor, dass es notwendig sei, über die konfessionellen Spaltungen der Reformation hinaus nach der einen Wahrheit des einen Evangeliums zu fragen. Eine weitere Abgrenzung von den deutsch-christlichen und völkischen Gruppen war die Betonung, dass die Bibel die alleinige Quelle der Lehre der Kirche sei. Dabei bekräftigten Niemöller und Bodelschwingh, dass die Heilige Schrift als ein Ganzes zu verstehen sei, also auch das Alte Testament seine Gültigkeit als Wort des lebendigen Gottes uneingeschränkt besitze134. Zu diesem Aspekt zählte auch, dass Jesus Christus nicht außerhalb und ohne die Heilige Schrift bezeugt werden könne. Weiterhin sei die Heilige Schrift mehr als die bloße Urkunde einer vergangenen Geschichte. In dieser Heiligen Schrift habe Gott sich einmal offenbart, und in dieser Offenbarung redet und wirkt er durch das Wort der Heiligen Schrift heute und alle Tage135. Die nächsten Abschnitte betonten, dass die Welt nicht dem ursprünglichen Schöpfungswillen Gottes entspreche, da dies bedeuten würde, dass „die Sünde nicht tödlich und unsere Welt von ihr unversehrt geblieben sei“136. Die in dieser Schöpfung bestehenden Ordnungen seien „gültige und darum nicht gleichgültige, aber auch nicht endgültige Ordnungen Gottes“137. Die Ordnung der Rasse dagegen sei keine Schöpfungsordnung auf Grund der Heiligen Schrift. Zwar gehöre sie zu den Naturordnungen, die Lehre der Kirche von der Rasse dürfe allerdings nicht über die Tatsache hinausgehen, dass die Rasse „wie alle Ordnungen der Natur zu den divinae ordinationes“ gehöre138. Am Ende ihrer Schrift hoben die Verfasser hervor, dass die Bekenntnisse die kirchliche Verkündigung sichern. Es komme darauf an, dass richtig gelehrt werde, und daher müsse sich die kirchliche Lehre immer wieder neu an der Heiligen Schrift ausrichten139.
133 134 135 136 137 138 139
Vgl. Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 1, 108. Vgl. ebd., 109. Vgl. ebd., 110. Ebd., 113. Ebd., 119. Ebd., 119. Hervorhebungen im Original. Vgl. ebd., 124.
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Die Barmer Theologische Erklärung, Mai 1934 Bis heute bestehende Bedeutung und Wirksamkeit besitzt die Barmer Theologische Erklärung (BTE) vom Mai 1934140. Die BTE wurde – aufgrund des reformatorischen Verständnisses von Bekenntnis – durch die evangelischreformierte Kirche „als Stück […] weitergehender Bekenntnisbildung aufgenommen“141 und wird auch in der United Presbyterian Church in den USA zu den Bekenntnistexten gezählt142. Da ihr auf diese Weise auch heute bisweilen herausragende Bedeutung als Bekenntnistext zukommt, wird die BTE auch in dieser Arbeit als Quellenschrift für den Bekenntnisbegriff herangezogen. Wichtiger noch ist die Einordnung der Barmer Bekenntnissynode, als deren Ergebnis die BTE zu werten ist, als – neben der Dahlemer Bekenntnissynode – Höhepunkt des Kirchenkampfes. Die BTE bot auch für Zeitgenossen die Grundlage für verschiedene Stellungnahmen gegen die nationalsozialistische Politik. Als Beispiel sei die Stellungnahme der Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union im März 1935 mit dem Titel Wort an die Gemeinden genannt, die im Einklang mit der BTE den weltanschaulichen Totalitätsanspruch des nationalsozialistischen Staates entschieden zurückwies. Die Verfasser richteten sich damit insbesondere gegen die Politik der Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens143. Auch auf die politisch wirkmächtige Denkschrift der zweiten Vorläufigen Kirchenleitung (VKL) lässt sich ein Einfluss der BTE feststellen144. Carsten Nicolaisen konstatiert zur BTE treffend: „Die Entstehungsgeschichte der Barmer Theologischen Erklärung gehört unmittelbar hinein in das größere Ganze eines umfassenden Selbstbesinnungs- und Erneuerungsprozesses, der im Frühjahr 1934 innerhalb der damaligen Deutschen Evangelischen Kirche stattfand.“145 140 Reflex dieser Wirksamkeit ist eine Vielzahl an Veröffentlichungen und Forschungen zur BTE, von denen an dieser Stelle neben den bereits eingangs genannten Werken stellvertretend auf folgende Publikation hingewiesen sei: Heimbucher, Erklärung; Hüffmeier / BarmenSymposium, Erklärung; Arends, Ereignis Bd. 14; und Nicolaisen, Weg. 141 Wirsching, Bekenntnisschriften, 502. Auslassungen durch die Verfasserin. 142 Vgl. ebd., 504. 143 Vgl. Greschat, Widerspruch, 25. 144 In Folge der BTE kam es zu einer allmählichen Spaltung der Bekennenden Kirche, deren Mehrheit ihrer nationalkonservativen Überzeugung verhaftet blieb. Eine Minderheit aber – der Bruderrat – versuchte konsequent die BK mit selbstgewählten, aus dem Bekenntnis heraus legitimierten Leitungsorganen umzusetzen. Diese Minderheit war es, die sich aus den nationalprotestantischen Verhaftungen zu lösen begann und in ihrer Kritik nicht nur an den DC sondern nun auch am Staat immer deutlichere Distanzierungen vornahm. Der in der Folge der BTE auf die BK steigende Druck führte in der Konsequenz zu ihrem Widerstand und den folgerichtigen Äußerungen im Rahmen der Denkschrift der zweiten VKL. (Van Norden, Wort, 89f.). 145 Nicolaisen, Weg, 1.
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Zum Januar 1934 war die kirchliche Opposition aus verschiedenen Gründen entscheidend geschwächt. Die Gruppe der nicht-deutschchristlichen Kirchenführer zerfiel in sich selbst. Es zeigten sich verschiedene Gegensätze, einerseits auf der Ebene der faktischen und rechtlichen Situation der Opposition, sowie andererseits aufgrund differenter theologischer Konzeptionen und ekklesiologischer Vorstellungen. Der größte Unterschied jedoch, der zu den Spaltungen innerhalb der kirchlichen Opposition führte, lag in der „unterschiedliche[n] Beurteilung dessen, welche Schritte im praktisch-kirchenpolitischen Alltagsgeschäft jeweils zu unternehmen seien“146. In mehreren Schritten entstand nun die BTE, die ihren Beginn nahm in Frankfurt am Main, wo sich Asmussen, K. Barth und Thomas Breit als Unterkommission an einen ersten Entwurf machten, der letztlich – durch verschiedene Überarbeitungsebenen verändert – zur Grundlage auf der Bekenntnissynode in Barmen im Mai 1934 wurde147. Im Vorwort machten die Verfasser der BTE deutlich, dass sie sich auf dem Boden des ihnen je eigenen Bekenntnisses – also lutherischer, reformierter und unierter Prägung – sahen. Aus diesem Bewusstsein heraus sei ihnen die Notwendigkeit, ein „gemeinsames Wort“ zur gegenwärtigen, bedrängten Lage der Kirche zu finden, entstanden. Noch deutlicher wird dieser Aspekt – mit dem insbesondere dem Vorwurf eines „Unionsbekenntnisses“ entgegengewirkt werden sollte – wenn die Verfasser hervorhoben, dass ihnen nichts ferner liege, „als die Aufhebung des Bekenntnisstandes unserer Kirchen“148. Vielmehr ging es ihnen es darum, der „Zerstörung des Bekenntnisses und damit der evangelischen Kirche in Deutschland“ entgegenzutreten. Gleichzeitig wurde herausgestellt, dass die Einigkeit in der evangelischen Kirche Deutschlands nur im Glauben durch den Heiligen Geist geschehen könne. Die Urheber betonten außerdem im Bewusstsein und in der Hervorhebung ihrer konfessionellen Differenzen das sie einende „Bekenntnis zu dem einen Herrn der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche“149. Nur vor diesem Hintergrund und in diesem Sinne sind die nun folgenden Aussagen der Verfasser der BTE zu verstehen. In dem Abschnitt drei der BTE, der überschrieben ist mit dem Titel „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche“ wurden die inhaltlichen Aussagen über das Verhältnis von Kirche, Bekenntnis und Staat folgendermaßen eingeleitet: „Wir bekennen uns angesichts der die Kirche verwüstenden und damit auch die Einheit der Deutschen Evangelischen Kirche sprengenden Irrtümer der ,Deut146 Nicolaisen, Weg, 4. 147 Zur detaillierten Entstehungsgeschichte der BTE sei an dieser Stelle verwiesen auf Heimbucher, Erklärung; Hüffmeier / Barmen-Symposium, Erklärung; Arends, Ereignis Bd. 14; und Nicolaisen, Weg, 4. 148 Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 2, 92. 149 Ebd., 93.
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis schen Christen‘ und der gegenwärtigen Reichskirchenregierung zu folgenden evangelischen Wahrheiten“150.
Die im folgenden ausgeführten Thesen wurden jeweils an ein entsprechendes Bibelwort angeschlossen und somit in deutlicher Weise in Verbindung mit der Heiligen Schrift gesetzt. Nach der Nennung der als solchen verstandenen Wahrheiten wurden sie von den Irrlehren der DC abgegrenzt, die jeweils explizit verworfen wurden. An erster Stelle stand das Bekenntnis zu Jesus Christus als alleinige Quelle der kirchlichen Verkündigung, im Gegensatz zur Irrlehre der Deutschen Christen, die für die Kirche „als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen“151. In der zweiten These wurde Jesus Christus als alleiniger Herr bekannt, und die falsche Lehre verworfen, dass die Menschen anderen Herren als Jesus Christus unterstehen würden152. Die dritte These befasste sich mit der Aufgabe der Kirche, als die allein die Verkündigung Christi verstanden werden kann. Die christliche Gemeinde galt den Verfassern als Gemeinde von Brüdern, in der Jesus Christus durch den Heiligen Geist handelt. Durch Glauben und Gehorsam bezeuge sie als Kirche der begnadigten Sünder*innen, dass sie allein zu Christus gehöre. Diese Wahrheit wird der Behauptung entgegengesetzt, dass die Kirche ihre Botschaft durch die „jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugung“153 prägen lassen dürfe. Anschließend wurde das Führerprinzip in aller Deutlichkeit abgelehnt, und stattdessen die verschiedenen Ämter der Kirche als Dienst, welcher der ganzen Gemeinde anvertraut ist, betont. Im Hinblick auf das Verhältnis von Kirche und Staat haben die Verfasser die lutherische „Zwei Reiche Lehre“ akzentuiert und die weltanschauliche Beeinflussung des Staates auf „religiöse“ Art abgelehnt. Damit wurde auch die dritte These in Ansätzen erneut aufgegriffen154. In der sechsten und letzten These wurde der alleinige Auftrag der Kirche, nämlich die Verkündigung von Gottes Botschaft, die nicht im Dienst eigener Wünsche stehen dürfe, hervorgehoben. Die Verfasser führten aus, dass der Auftrag der Kirche die Verkündigung im Dienst durch Wort und Werk sowie durch Predigt und Sakrament sei. In diesem Zuge wurde verworfen, dass die Kirche das Wort Gottes unter menschliche Zwecke unterordnen könne155. Am Ende des dritten Abschnittes über die gegenwärtige Lage der Deutschen Evangelischen Kirche erklärten die Verfasser, dass nur diejenigen rechtmäßig im Namen der Deutschen Evangelischen Kirche sprechen und handeln würden, die an der Heili150 151 152 153 154 155
Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 2, 93. Ebd. Vgl. ebd., 94. Ebd., 94. Vgl. ebd., 94. Vgl. ebd., 94f.
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gen Schrift und dem Bekenntnis festhalten156. Auf diese Weise wurde nochmals die Heilige Schrift und das Bekenntnis als solches als Lehrgrundlage der evangelischen Kirche bekräftigt. Deutlich wurde aber auch, dass sich die verfassenden Mitglieder der Bekenntnissynode als rechtmäßige DEK verstanden. Mit diesen Thesen positioniert sich die BTE außerdem klar zu den Inhalten des christlich-evangelischen Religionsunterrichts: Jesus Christus, als alleiniger Herr, dessen Verkündigung die zentrale Aufgabe der Kirche ist. Die Betonung der Bekenntnisse als Grundlage der Deutschen Evangelischen Kirche wurde an späterer Stelle der BTE nochmals hervorgehoben, wenn es in der „Erklärung zur Rechtslage der Deutschen Evangelischen Kirche“ zum Abschluss hieß, dass die DEK „[i]hre echte kirchliche Einheit […] nur auf dem Wege gewinnen [kann], dass sie a) die reformatorischen Bekenntnisse wahrt“ und „b) der Gemeinde als der Trägerin der Wortverkündigung ihren gebührenden Platz lässt“157. Für die vorliegende Arbeit besitzt der letzte Aspekt der „Erklärung zur praktischen Arbeit der Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche“ besondere Bedeutung als bekräftigt wurde, dass „[e]rnste theologische Schulung, um in bekenntnismäßig gegliederten Konventen eine weitgehende Übereinstimmung in den Fragen der Lehre zu erreichen“158 notwendig sei. Außerdem wurde die planmäßige Ausbildung für Predigt, Unterricht und Seelsorge, sowie die Betreuung des theologischen Nachwuchses gefordert159. Zum Aufbau der Bekennenden Gemeinde gehörte nach Meinung der Verfasser unmittelbar der „Dienst am Wort“. Darunter wurde insbesondere „Unterricht, Sammlung der konfirmierten Jugend (Christenlehre), Bibelstunde und Seelsorge“ verstanden, die alle „dem notwendigen, persönlichen Vertrautwerden mit der Bibel“ dienen sollten160. Evangelischer Religionsunterricht ist in diesem Sinne ein Postulat der Bekennenden Kirche. 2.2.5 Das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen Als Reaktion auf die bekenntniskirchlichen Texte entstanden auch innerhalb der DC vergleichbare Schriften. Im Rahmen dieser Arbeit wird dabei das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen herangezogen, der einzige Text der DC der unter der Selbstcharakterisierung als Bekenntnis in der Sammlung K. D. Schmidts aufgeführt ist.161 156 157 158 159 160 161
Vgl. Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 2, 95. Ebd., 96. Hervorhebungen im Original, Auslassungen durch die Verfasserin. Ebd., 96. Vgl. ebd., 97. Ebd., 97. Das Desinteresse der Deutschen Christen an theologischen Fragen und an Bekenntnissen resultierte insbesondere daraus, dass politische Interessen derartige Fragestellungen verdrängten. (Schneider, Gruppen, 102).
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Das sogenannte Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen wurde zur Weihnachtszeit 1933 veröffentlicht und ist damit zeitlich nach dem sogenannten Sportpalastskandal der DC zu verorten, der innerhalb der Bewegung zu Differenzen und nach außen zu einem – vermeintlichen – Bedeutungsverlust der Bewegung geführt hat162. Es bildete einen gemäßigten Standpunkt innerhalb der deutschchristlichen Bewegung ab. „Trotz der offenkundigen Krise der DC gelang durch die von ihnen dominierten Kirchenleitungen eine Eingliederung dieser ,zerstörten‘ Landeskirchen in die ,Reichskirche‘, nicht jedoch der ,intakten‘ Landeskirchen unter den weithin unversehrt gebliebenen lutherischen Kirchenleitungen in Bayern, Württemberg und zum Teil Hannover.“163
Da der Einfluss der DC auf die Kirche in ihrer Gesamtheit nicht zu unterschätzen ist, ist auch eine Untersuchung der von ihnen veröffentlichten, so bezeichneten „Glaubensbekenntnisse“ für die vorliegende Untersuchung von dringender Notwendigkeit. Maßgebliche Intention der 1932 aus verschiedenen Strömungen unter diesem Namen zusammengefassten „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ war eine aktive Synthese von Christentum und Nationalsozialismus. Proklamierte Ziele waren unter anderem die Abschaffung des Alten Testaments, die Eliminierung „verjudeter“ Elemente aus dem Neuen Testament und die Säuberung der Kirchenmusik von jüdischen Komponenten. Die DC sahen in Jesus einen „arischen“ Krieger, einen Helden164. Durch diese Auffassungen und Forderungen grenzten sich die DC auf starke Weise von den Mitgliedern der BK ab. Es bleibt jedoch zu bedenken, dass auch die DC – wie die BK – einerseits nicht einen einheitlichen Standpunkt vertraten, und andererseits die Mehrheit der deutschen evangelischen Christen sich weder der Bekennenden Kirche noch den DC zugehörig fühlte. Das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen zeigte auf eindrückliche Weise, wie sich die DC ein von „jüdischen Elementen gereinigtes“ Christentum vorstellten. Als Verantwortliche für die Abfassung des Pommerschen Bekenntnisses bekannten sich neben Karl Thom auch Emanuel Hirsch, Herman Wolfgang Beyer, Ernst Haenchen sowie Friedrich Klein. Das Bekenntnis umfasste fünf Artikel, die sich den Themen „Die Heilige Schrift“, „Jesus Christus“, „Unser deutsches Volk“, „Unsere Deutsche Evangelische Kirche“ und dem Verhältnis von „Kirche und Staat“ widmeten. Jesus galt den Verfassern als Vorbild „heldischer Mannheit“. Diese „heldische Mannheit“ Jesu äußere sich in seinem Leidensgehorsam sowie in der unerbittlichen Strenge seiner Gebote und der unergründlichen Liebe seines Dienstes. Allen Menschen, die von diesen Zuschreibungen Jesu „innerlich 162 Vgl. Besier, Kirche, 24. 163 Ebd., 25. 164 Vgl. Bergen, Christen, 545f.
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[ge]packt“ werden, wollten die Verfasser helfen, „dass ihre bloß menschliche Verehrung der Gestalt Jesu ihnen durch Gott einen Weg zu dem Glauben wird, der bekennt: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn“165. Neben der Betonung des heldischen, strengen Charakters Jesu – der jedoch nicht mit der Bezeichnung als „arisch“ versehen wurde – haben die Verfasser auch die Gotteskindschaft Jesu akzentuiert, sowie in ihrer Begründung den Katechismus Luthers hervorgehoben. Diese Betonung des christlichen Bekenntnisses und des Ureigentlichen des Christlichen macht einen wesentlichen Unterschied zu den sogenannten Deutschgläubigen aus, zu denen auch Ludendorff zu zählen ist. Der völkische, den deutschen Charakter unterstreichende Anklang findet sich direkt im folgenden Absatz über das deutsche Volk. In diesem wurde einerseits Gott als der Schöpfer und Herr aller Menschen betont andererseits jedoch hervorgehoben, dass jedem Volk seine besondere Eigenart gegeben sei. Durch die Art, die den Deutschen im Blut liege, erweise Gott sich als Quell allen Lebens: „Wir können der Geschichte unseres Volkes und der Gestalten unserer Väter nicht gedenken, ohne uns dankbar daran zu freuen, dass Gott uns gerade als Deutsche geschaffen hat.“166 In der „Not und dem Fluche des sündendurchwobenen irdischen Geschehens“ vermeinten die Verfasser „den Anteil unseres Volkes an der menschlichen Willensverkehrtheit“ zu sehen, „wissen aber auch darum, dass Gott in seiner Herrlichkeit und Güte unsere Art und unsere Kraft dennoch gesegnet hat und segnet“167. Die Verfasser verstanden sich nicht nur als Deutsche in besonderer Weise von Gott erwählt, sie erkannten in der Geschichte des deutschen Volkes auch – ein Widerspruch zu Auffassungen der Bekennenden Kirche – das geschichtliche Offenbarungshandeln Gottes. Die DEK wiederum habe als Kirche Jesu Christi die Aufgabe das heilige Evangelium zu verkünden „und alle, die auf sie hören zu einer Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe zusammen[zu]schließen“168. Im Verständnis der Kirche als Kirche Jesu Christi sahen die Verfasser sich unter das Wort Gottes gestellt, das als Gericht, Gnade und Leben aufgefasst wurde. In diesem Sinne verstanden sie sich selbst als ins Erbe der Reformation gestellt. Es lassen sich in dieser Hinsicht keine Unterschiede zu den bisher genannten Positionen wahrnehmen. Auch die Erziehungsaufgabe der Kirche ist betont worden. Erziehung wurde dabei nicht nur im Sinne der Verkündigung der Heiligen Schrift verstanden, sondern als Zucht und Erziehung zum Glauben formuliert169, was eine andere Schwerpunktsetzung zeigt als in den Bekenntnissen der Bekennenden Kirche vorliegt. 165 166 167 168 169
Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 1, 103. Ebd., 104. Ebd. Ebd., 104. Vgl. ebd., 104.
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Aufschlussreich ist, dass von den Verfassern konstatiert worden ist, dass in dieser so verstandenen Kirche deutsche und nichtdeutsche Menschen willkommen seien, sofern sie sich in die kirchliche Ordnung stellen. Alle Christen „deutsche und nichtdeutsche ohne Unterschied“ seien als „rechte Glieder an dem einen Leibe Jesu Christi“ anerkannt. In dem Bewusstsein des einen Gott und Vaters für alle Christen aus allen Völkern könne die DEK jedoch „Nichtdeutschen, die in ihrem Raum wohnen und von ihrer Predigt und Sakramentsgemeinschaft umfasst werden, nicht den Charakter der Deutschheit verleihen“170. Die Voraussetzung des „Ariertums“ wurde in diesem Zusammenhang allerdings nicht benannt. Vielmehr verlangten die Verfasser, dass alle Deutschen die nationalsozialistische Bewegung als „verbindliche neue Gestalt deutschen Lebens“ anerkennen171. Das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen scheint in diesem Sinne eine gemäßigtere Richtung der DC widerzuspiegeln. 2.2.6 Der Verkündigungsauftrag der Kirche als Erziehungsaufgabe Bei der Durchsicht der in den Jahren 1932 bis 1936 veröffentlichten „Bekenntnisse“ wird deutlich, dass die Verkündigung des Evangeliums – wie auch immer dieses bestimmt ist – als zentrale Aufgabe der Kirche anzusehen ist, auch wenn das Betheler Bekenntnis diesbezüglich nicht so deutlich geworden ist wie die anderen Texte172. Hier wird eine klare Übereinstimmung zwischen den Positionen der DC und der BK erkennbar, die in der Akzentsetzung wiederum differiert. Auf Seiten der BK wird mit der Verkündigung des Evangeliums das Ziel einer „Gesundung“ des Volkes verfolgt, welche davon abhänge, dass dem Volk Gottes Wort gesagt wird und dieses es hört und glaubt (Altonaer Bekenntnis). Das Kernstück kirchlicher Verkündigung hat daher gemäß dem Altonaer Bekenntnis das Kreuz zu sein. Im Westfälischen Bekenntnis dient die Verkündigung des Evangeliums dem Ziel zu verhindern, dass die Kirche dem Staat „verfällt“. Das Betheler Bekenntnis betont darüber hinaus die Funktion der Bekenntnisse zur Sicherung der Verkündigung. Die BTE nennt die Quelle der Verkündigung: Jesus Christus allein. Das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen betonte hinsichtlich der Erziehungsfunktion der Kirche, dass diese nicht nur in der Verkündigung liege, sondern auch in der Zucht und Erziehung zum Glauben, wobei an dieser Stelle in Frage gestellt werden muss, inwieweit Glaube lehrbar ist. Das Pommersche Be-
170 Schmidt, Bekenntnisse, Bd. 1, 104. 171 Vgl. ebd., 104. 172 Doch auch hier wird – indem die Bekenntnisse als Sicherung der kirchlichen Verkündigung aufgefasst werden – deutlich, dass diese Verkündigung, gemäß der Bekenntnisse, als Aufgabe der Kirche verstanden wird. Vgl. ebd., 124.
Das Christliche Bekenntnis – eine Begriffsklärung
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kenntnis steht mit seiner Forderung nach Zucht zum Glauben in klarer Konsequenz nationalsozialistischer Erziehungsvorstellungen. Die Aussagen der Bekenntnisse zu Jesus Christus zeugten dagegen von solchen unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Das Altonaer Bekenntnis sowie das Betheler Bekenntnis und die BTE sahen Jesus Christus als das Zentrum der kirchlichen Verkündigung; die Kirche sei allein von Jesus Christus abhängig. Auch im Verhältnis des Menschen zum Staat herrschte vielfach weitestgehende Übereinstimmung. So sah das Altonaer Bekenntnis den Menschen – wie den Staat – durch seine Stellung unter das Kreuz begrenzt. Für das Westfälische Bekenntnis und das Betheler Bekenntnis lag diese Grenze in der göttlichen Schöpfungsordnung, wobei das Betheler Bekenntnis hinsichtlich der Ordnungen, in die Mensch und Staat gestellt werden, zwischen göttlichen Schöpfungsordnungen und Naturordnungen, denen beispielsweise die Rasse zugeordnet wird, unterschied. Im Pommerschen Bekenntnis Deutscher Christen galt Jesus Christus dagegen ganz im deutsch-christlichen Sinne der Vereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus als Vorbild „heldischer Mannheit“, welche sich insbesondere in seinem Leidensgehorsam und der Strenge seiner Gebote äußern würde. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Bekenntnissen der BK und der DC liegt in der Auffassung, was die Quelle der kirchlichen Verkündigung sei. Während das Betheler Bekenntnis ausdrücklich die Bibel als Ganzes als Quelle der Verkündigung betont hat, sah das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen auch in der Geschichte des deutschen Volkes das Offenbarungshandeln Gottes wirksam. Ein letzter, zum Teil einigender Punkt der Bekenntnisse liegt in der Hervorhebung der Erziehungsaufgabe der Kirche. Aber auch hier sind die Akzente teilweise deutlich unterschiedlich. Das Altonaer Bekenntnis betonte, dass die Kirche seine Erziehungspflicht unabhängig vom Staat auszuüben habe, ebenso wie eine generelle Trennung von Politik und Religion gefordert wurde. Das Westfälische Bekenntnis sah die Aufgabe der Verkündigung durch das Lehramt übernommen, ebenso wie die BTE die Wichtigkeit der ordentlichen theologischen Ausbildung und des Unterrichtes prononcierte und für eine Trennung von Politik und Religion plädierte. Zuletzt machte auch das Pommersche Bekenntnis Deutscher Christen die Erziehungsaufgabe der Kirche im bereits genannten Sinne stark. Die Ausführungen zeigen, dass es zwischen deutsch-christlicher und bekenntniskirchlicher Stellungnahme teilweise nur geringfügige Unterschiede gegeben hat, die sich vor allem im Verständnis der Person Christi und der Bibel finden lassen, die beide wesentliche Bestandteile evangelischen Religionsunterrichts bilden. Doch eben diese Differenzen wirken sich auch auf die scheinbaren Gemeinsamkeiten aus. Die Verkündigung unterscheidet sich eklatant darin, was als ihre Quelle aufgefasst und auf welche Weise Jesus Christus verstanden wurde. Das „evangelische Bekenntnis“ zeigt sich demnach auch für diese Arbeit deutlich different und vielfältig. Gleichzeitig wer-
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Nationalsozialistische Ideologie versus christliches Bekenntnis
den zwei wesentliche Unterschiede zum nationalsozialistischen Ideologiebegriff sichtbar: Die Aufgabe der Kirche zur Erziehung und die – in vielen Fällen – geforderte Trennung von Religion und Staat. Innerhalb dieser Spannungsfelder lohnt es sich, in der Arbeit die darin enthaltenen Handlungsspielräume der Akteur*innen der Lehrerausbildung zu untersuchen.
2.3 Das Spannungsfeld zwischen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis Als Abschluss soll an dieser Stelle die Verhältnisbestimmung von nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis vorgenommen werden. Bei der Betrachtung der Stellungnahmen einerseits der nationalsozialistischen Ideologie und andererseits der christlichen Bekenntnisse ist auffällig, dass sich in manchen Punkten Übereinstimmungen finden. Bei Rosenberg ist beispielsweise eine hohe Wertschätzung der Person Jesu festzustellen, die selbstverständlich vor einem anderen Hintergrund zu sehen ist, als dies bei christlichen Positionen der Fall ist. Insgesamt jedoch lassen sich die Aussagen in Mein Kampf, Mythus und Des Kindes Seele sehr eindeutig der nationalsozialistischen Ideologie zuordnen, die sich vom christlichen Bekenntnis deutlich und betont abgrenzt. Das Gegenteil – also eine eindeutige Zuordnung zum Christentum mit definitiver Abgrenzung zu gewissen Positionen der nationalsozialistischen Ideologie – lässt sich für die Bekenntnisse der BK zeigen. Während die christlichen Bekenntnisse in der Regel keine Zwischenpositionen einnahmen, lassen sich bei den meisten nationalsozialistischen Positionen zwar Differenzen zwischen Hitler, Rosenberg und Ludendorff feststellen, die die Uneinheitlichkeit nationalsozialistischer Ideologie widerspiegeln, im Kern stimmen diese jedoch miteinander überein. Häufig finden sich jedoch zu den Aussagen der Ideologen keine entsprechenden Aussagen in den christlichen Bekenntnissen, was einen direkten Vergleich erschwert. Die klaren Positionen der Aussagen, die den christlichen Bekenntnissen entnommen sind, zeugen auch von dem Zweck, zu dem diese Bekenntnisse verfasst wurden – als klare Stellungnahme zum christlichen Bekenntnis und in den meisten Fällen gegen die DC. In Hinblick auf die Stellungnahmen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis zu Erziehung und Religion ist folgendes festzustellen: Hitler und Rosenberg forderten übereinstimmend, dass Erziehung der Integration des Einzelnen in das Ideologem Volk zu dienen habe. Es ging dabei darum, eine subjektive Einstellung zum Deutschtum zu vermitteln, die letztgültig der Bildung des Volkskörpers dienen sollte. Damit verbunden galten für
Das Spannungsfeld zwischen NS-Ideologie und christlichem Bekenntnis
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Hitler, Rosenberg und Ludendorff Rassereinheit und Volksgesundheit als oberste Erziehungsziele, die eng mit körperlicher Erziehung (bei Rosenberg und Hitler) verbunden waren. Charakterbildung sei dabei in jedem Fall (bei Hitler, Rosenberg und Ludendorff) der wissenschaftlichen Schulung überzuordnen. Währenddessen war die Verkündigungsaufgabe der Kirche in den Bekenntnissen ein elementarer Faktor, der im Charakter der Heiligen Schrift angelegt sei. Während die nationalsozialistische Ideologie der Religion zwar zugesteht als Anlage bereits im Menschen vorhanden zu sein, wurde die konfessionelle Erziehung (konfessionelle Einstellung als Ergebnis von Erziehung) von Rosenberg und Ludendorff kritisch beurteilt, wohingegen Hitler der religiösen (im Unterschied zur konfessionellen) Erziehung zumindest einen Beitrag zur moralischen Erziehung zugestand. Ludendorff lehnte christliche Erziehung als solche entschieden ab, wogegen Rosenberg für diese auf inhaltlicher Ebene statt des Alten Testaments nordische Sagen und Märchen vorsah. Die Verkündigungsaufgabe der Kirche, grundgelegt im Evangelium und im Selbstverständnis der Kirche, galt in den bekenntnisartigen Texten als zentrale Aufgabe. Zentrum hatte Christus zu sein (Altonaer Bekenntnis, Betheler Bekenntnis, BTE), wobei bewusst zu machen sei, dass Mensch und Staat zum einen durch ihre Stellung unter das Kreuz (Altonaer Bekenntnis) und zum anderen durch die göttliche Schöpfungsordnung (Westfälisches Bekenntnis, Betheler Bekenntnis) begrenzt seien. Ein Gedanke, der in den nationalsozialistischen Positionen nicht auftauchte. Zu betonen ist, dass die Erziehungspflicht der Kirche vom Staat unabhängig galt (Altonaer Bekenntnis); durch die Verkündigungsforderung der anderen bekenntnisartigen Texte war diese Annahme auch in diesen angelegt. Ebenfalls ist zu hervorzuheben, dass die Begrenztheit des Menschen durch Gott in den bekenntnisartigen Texten immer wieder akzentuiert worden ist. Das Spannungsfeld, in welches die Ausbildung der Religionslehrkräfte in dieser Arbeit nun einzuordnen ist, konstituiert sich dadurch, dass auf nationalsozialistischer Seite einerseits religiöse Anlagen angenommen wurden, auf die durch Erziehung eingewirkt werden könne. Andererseits wurde konfessionelle Erziehung definitiv abgelehnt, beziehungsweise modifiziert, indem „verjudetes“ durch nordische Sagen und Märchen ersetzt wurde. Ziel von Erziehung war stattdessen die Einordnung des Einzelnen in das Volksganze, Charakterbildung stand vor Wissen. Auf Seiten des christlichen Bekenntnisses stand demgegenüber, dass die Kirche – unabhängig vom Staat – mit ihrer Verkündigungsaufgabe auch einen Erziehungsauftrag wahrzunehmen habe. Inhalt dieser Erziehung, der christlichen kirchlichen Verkündigung, sei Jesus Christus als deren Zentrum.
3. Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Der Einstieg in die Herausarbeitung der Ausbildung von Volksschullehrkräften für den Religionsunterricht ist in dieser Arbeit die Eröffnung der ersten Pädagogischen Akademien in Preußen 1925. Dieses Kapitel bietet die Grundlage für die in den folgenden Kapiteln (Kapitel vier–sechs) vorgenommene Einordnung in das in Kapitel zwei ausgearbeitete Spannungsfeld. Eine Zuordnung in dieses Spannungsfeld erfolgt für dieses Kapitel noch nicht, da die als Grundlage verwendeten Quellentexte für die Ausarbeitung des „christlichen Bekenntnisses“ erst ab 1933 veröffentlicht wurden. Dennoch erscheint es für diese Arbeit wichtig, den Beginn der Entwicklungen in der Weimarer Republik zu verorten, da nach 1933 vielfach Bezug auf frühere Diskussionen genommen worden ist und die organisatorischen Strukturen, die 1933 vorgefunden worden sind, hier ihren Ursprung haben. Daher werden an dieser Stelle zunächst der Stand der Lehrerbildung sowie bedeutsame Entwicklungen und Konzeptionen der Religionspädagogik dargelegt. Auch das Verhältnis von Religionsunterricht und Schule sowie von Staat und Kirche im Hinblick auf Zuständigkeiten für die Ausbildung von Religionslehrkräften wird betrachtet. Der Streit um die Konfessionalität der Lehrerbildung verdient ebenso Beachtung wie der Ablauf der Reform der Lehrerbildung. Untersuchungsgegenstand bilden dabei die spezifischen Entwicklungen in Westfalen, Thüringen und Bayern, ebenso wie für diese drei Landeskirchen ein erster Blick auf die inhaltliche Gestaltung der Ausbildung von Religionslehrkräften geworfen wird. Eine Auswertung mit Blick auf die Grundlagen, die in dieser Phase für die Zeit nach 1933 gelegt werden, schließt dieses Kapitel ab.
3.1 Der Stand der Lehrerausbildung in der Weimarer Republik bis 1925 Religionslehrkräfte sind insgesamt mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in ihren Beruf eingestiegen, es gab Lehrkräfte an Volksschulen, die an Seminaren ausgebildet worden sind, Pfarrer, die an allen Schulstufen und Schultypen unterrichtet haben, sowie Gymnasiallehrkräfte, die an der Universität ein Theologiestudium absolviert hatten. Mit der 1919 beschlossenen WRV veränderten sich die Voraussetzungen der Lehrerbildung, insbesondere die Ausbildung der Volksschullehrkräfte war davon betroffen. Die Tradition
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der Lehrerseminare endete und die verschiedenen Länder richteten unterschiedliche Formen der Lehrerbildung ein. In Preußen wurden PA‘s eröffnet, eine Form der akademischen Lehrerbildung. Thüringen und einige andere deutsche Länder verlegten die Volksschullehrerbildung an die Universitäten und Technischen Hochschulen, wohingegen Bayern das mit der WRV versprochene Reichsschulgesetz abwartete und die vorhandenen Seminare lediglich reformierte1. In Bayern war die Ausbildung der Volksschullehrkräfte seit dem Normativ von 1866 durch die Einteilung in Präparandenanstalten und Seminare bestimmt. Erklärtes Ziel der Lehrerbildung war hier unter anderem „wahre Religiosität und sittliche Erziehung auf der Grundlage des positiven Christentums“2. Religion war auf diese Weise fester und wichtiger Bestandteil der Ausbildung der Volksschullehrkräfte. Das Normativ besaß bis 1926/27 Gültigkeit, bevor es von einer Denkschrift des bayerischen Kultusministeriums abgelöst wurde, die an späterer Stelle der Arbeit behandelt werden soll. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war die Volksschullehrerbildung in Bayern aufgewertet worden3. Zugleich wurde vom bayerischen Kultusminister Hoffmann der Versuch unternommen, die Volksschullehrerbildung dem kirchlichen Einfluss zu entziehen und die Bestimmung, dass das Ziel der Lehrerbildung die religiös-sittliche Erziehung zu sein habe aufgehoben4. Dennoch blieb die Volksschullehrerbildung konfessionell gebunden5. Bereits den Zeitgenossen war deutlich, dass die Form des Lehrerseminars in vielerlei Hinsicht bereits überholt war und mit den Reformbewegungen der Jahrhundertwende nicht Schritt halten konnte6. Die Lehrerseminare hatten auch in Westfalen eine lange Tradition. So bestand beispielsweise das städtische Lehrerinnenseminar in Hagen seit 18807. Der Abbau dieser Seminare wurde im Zuge der ersten preußischen bildungspolitischen Maßnahmen aufgrund der Überfüllung des Volksschullehramtes entschieden. Aufgrund dieser bestehenden Überfüllungssituation sah sich die preußische Regierung hinsichtlich der Neuordnung der Lehrer1 Vgl. hierzu ausführlicher Lachmann, Republik, 213. Oder bei Herrlitz / Hopf / Titze / Cloer, Schulgeschichte, 124. 2 So wiedergegeben im Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093). Die Referenz zu Punkt 24 des Parteiprogramms der NSDAP ist auffällig. Vgl. Feder, Programm. 3 So wurden Volksschullehrkräfte in Ausnahmefällen zum Hochschulstudium und somit auch zur Promotion zugelassen. Eine Erlaubnis, die in Preußen erst 1919 erteilt wurde. (Herrlitz / Hopf / Titze / Cloer, Schulgeschichte, 130 f.). 4 Vgl. Buchinger, Schule, 50. 5 Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 241 f. 6 Vgl. Zweite Denkschrift des Bayerischen Lehrervereins „Zur Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern“ (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308). 7 Vgl. Schreiben mit der Ziffer Sch-A über die Errichtung von vier Pädagogischen Akademien in Westfalen (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6845, Hagen (Westf.)).
58 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 bildung vorerst auch keinem zeitlichen Druck ausgesetzt, der entscheidende Reformimpuls ging schließlich von der Weimarer Nationalversammlung aus8. Die gegebenen Voraussetzungen für die mit der Einrichtung der PA beginnende Neuordnung der Lehrerbildung bildeten die in Art. 143 Abs. 2 der WRV vorgesehenen einheitlichen und allgemeinen Regelungen der Lehrerbildung für das Reich. Von diesen wurde seitens der Reichsregierung jedoch vorerst Abstand genommen. Da in Preußen die bisherigen LBA‘s – wohl in Erwartung des Reichsschulgesetzes – bis Ostern 1926 vollständig abgebaut werden sollten, wurde eine Neugestaltung der Regelung der Lehrerbildung dringlich9. Da die Erwartung an ein Reichsschulgesetz nach wie vor bestand, wurde die Lehrerbildung in Preußen, und damit auch für Westfalen, vorerst nicht endgültig neu geregelt. Als Argument wurde außerdem der generelle Wandel des Bildungswesens angeführt. Da die Lehrerseminare bereits in Auflösung begriffen waren, wurde auch eine Weiterentwicklung des damit bereits Bestehenden als unmöglich erachtet. In der Folge wurden vorerst lediglich drei Versuchsanstalten eingerichtet, aus den dort gemachten Erfahrungen wollte man Richtlinien für das weitere Vorgehen gewinnen10. Anders als in Bayern wurde in Thüringen die Lehrerbildung bereits sehr schnell umfassenden Änderungen, die mit der WRV in Verbindung standen, unterworfen. In diesem Zuge wurde die Ausbildung der Volksschullehrkräfte an die Universitäten verlagert11. Mit dem sogenannten „Lehrerbildungsgesetz“ vom 8. Juli 1922 bereitete das Land Thüringen die gesetzliche Grundlage für die akademische Ausbildung sämtlicher Lehrkräfte des Landes vor. Die Richtlinien in Folge der Ausführung des „Lehrerbildungsgesetzes“ vom 22. Januar 1923 forderten eine vierjährige Ausbildungsdauer, von denen zwei an der Universität und zwei weitere Jahre eine praktisch-pädagogische Unterweisung am PI stattfinden sollten12. Am 20. Dezember 1924 wurde nach vielfacher Kritik die Dauer der Lehrerbildung an der Universität auf drei Jahre angehoben13, eine Prüfungsordnung wurde noch nicht erlassen14.
8 Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 241. 9 Vgl. Denkschrift über „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“ (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Berlin). 10 Vgl. ebd., 6. 11 Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 241 f. 12 Vgl. Die akademische Lehrerbildung an der Universität Jena (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Bl. 70–85, Jena). 13 Vgl. Ausführungsbestimmungen zu § 2 des Gesetzes über die Lehrerausbildung (Lehrerbildungsgesetz) vom 8. 7. 1922 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Bl. 2 – Bl. 4, [Jena]). 14 Vgl. ebd., Bl. 4.
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3.2 Die Entwicklungen und Konzeptionen der Religionspädagogik in der Weimarer Republik Die Zeit der Weimarer Republik war in ihrer gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und sozialen Prägung stark von den Erlebnissen des Ersten Weltkrieges geprägt. Die wissenschaftlichen Diskussionen der Weimarer Republik waren auf diese Weise einerseits beeinflusst von Kontinuitätsbewegungen sowie andererseits von starken Brüchen und Abgrenzungen zu den Geisteshaltungen vor dem Weltkrieg. Die religionspädagogischen Konzeptionen dieser Zeit waren daher von großer Pluralität bestimmt. Die Kultusministerien der einzelnen Länder erarbeiteten bald nach Ende des Weltkrieges jeweils Lehrpläne für den evangelischen Religionsunterricht, die unterschiedlich religionspädagogisch beeinflusst waren. Die preußischen Richtlinien beispielsweise trugen die Handschrift des liberal geprägten Ministerialrats Hans Richerts15, der darin seinen religionspädagogischen Auffassungen aus der Zeit vor dem Weltkrieg in nahezu ungebrochener Kontinuität treu blieb16. Von Rainer Lachmann wird die liberale Religionspädagogik – wenn auch bedacht werden muss, dass dieser Begriff verschiedene Prägungen mit sich bringt – als religionspädagogische Hauptströmung der Weimarer Republik bewertet17. Angesichts der starken Beeinflussung der preußischen Schulreformen und Lehrplanentwürfe, durch welche wiederum die anderen deutschen Länder beeinflusst worden sind, liegt diese Einschätzung durchaus nahe. Auf diese Weise hat die liberale Religionspädagogik ihren Einfluss auf die konkrete Unterrichtspraxis wirksam gemacht. Neben Richert nennt Lachmann Hermann Schuster als profilierten Vertreter der liberalen Religionspädagogik. Schuster beeinflusste insbesondere den Religionslehrerverband in dessen Positionierung gegenüber Staat und Kirche, aber auch gegenüber den Religionslehrkräften. Durch Schusters Lehrbücher fand seine theoretische Konzeption Eingang in die schulische Praxis18. Insbesondere darf Friedrich Niebergall19, der bereits im späten Kaiserreich bedeutsam war, als Marburger Vertreter der liberalen Religionspädagogik nicht unerwähnt bleiben. Niebergall verband in seinem Entwurf der liberalen Religionspädagogik Persönlichkeitstheorie mit Kulturtheorie, wobei er damit seiner Unterscheidung von subjektiver und objektiver Religion entsprach. Letzten Endes hielt er jedoch an seinem Ziel der Bildung zur religiös-sittlichen Persönlichkeit fest und war – wie die liberale Religionspädagogik insgesamt – der Dominanz der 15 16 17 18 19
Vgl. Lachmann, Republik, 211; Margies / Bargiel, Richert. Vgl. Lachmann, Republik, 218. Vgl. ebd., 217. Vgl. ebd., 218 f. Zu Niebergalls Religionspädagogik vgl. u. a. Käbisch, Niebergall.
60 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 formalen Bildung verhaftet20. In der Diskussion um die Lehrbarkeit der Religion, die auch im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Richard Kabischs21 Werk Wie lehren wir Religion?22 stand, gestand Niebergall der Religion ihre Lehrbarkeit mit gewissen Einschränkungen zu. Er erkannte an, dass Frömmigkeit auf dem Weg des Erlebnisses angebahnt werden könne, nicht jedoch durch Intellektualität. Dass derartige Erlebnisse jedoch in der Schule herbeigeführt werden können, wurde von ihm bezweifelt, wirkliche Frömmigkeit müsse sich langsam entfalten23. Insgesamt lieferte Niebergall mit seinem Entwurf einer liberalen Religionspädagogik jedoch auch Anknüpfungspunkte für eine Verbindung von liberaler und deutscher Religionspädagogik, wie Lachmann betont. Ansatzpunkt für diese These ist vor allem die Bewertung des Alten Testaments, das dafür herhalten musste, den „Nationalund Rassenstolz“ der Deutschen zu fördern, und zwar auch im schulischen Religionsunterricht24. Gerade die biblischen Stoffe erwiesen sich für Verbindungen der liberalen mit der deutschen Religionspädagogik als besonders fruchtbar25. Mit seinen religionspädagogischen Entwürfen, die deutlich durch die Sicht einer Kontinuität von Vor- und Nachkriegszeit geprägt waren, insbesondere was das Verständnis politischer Begriffe wie Volk, Vaterland, Staat und Nation betraf26, stand Niebergall der kulturkritischen Geisteshaltung Gerhard Bohnes gegenüber. Bei Bohne dominierte das Bewusstsein eines Umbruchs, wobei dieses bei ihm erst gegen Ende der zwanziger Jahre bedeutsam wurde27. Mit seinem Krisenbewusstsein setzte er zwar Akzente, die durchaus Gemeinsamkeiten mit K. Barth aufwiesen, jedoch noch keine „regelrechte Barthrezeption“ darstellten28. Zu einem Einfluss der Dialektischen Theologie auf die Religionspädagogik kam es erst nach 192629. Das Konzept des „Deutschen Religionsunterrichts“ entwarf Kurd Niedlich, unter anderem Mitglied des „Bundes für deutsche Kirche“, bereits im Jahr 1923 mit seinem Buch Jahwe oder Jesus. Das hermeneutische Programm seines „Deutschen Religionsunterrichts“ war darin bereits grundgelegt. Demnach könne das Ziel eines „Deutschen Religionsunterrichts“ nur sein, religiöses Erleben zu wecken, und zwar gemäß deutscher Sittlichkeit. Auf diese Weise erhielt der Religionsunterricht nach Niedlich eine neue Einstellung. Dieser sei der Religionsform des germanischen Nordens verpflichtet und gleichzeitig 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
Lachmann, Republik, 220. Zu Kabisch und der Frage nach der Lehrbarkeit der Religion vgl. Heesch, Religion?. Kabisch, Religion?. Vgl. Lachmann, Religionsunterricht, 38. Vgl. ebd., 58. Vgl. ebd., 62. Vgl. Lachmann, Republik, 204. Vgl. ebd. Vgl. ebd., 227. Vgl. ebd., 217.
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müsse alles „Jüdische“ aus dem Religionsunterricht verbannt werden30. Neben den alttestamentlichen Stoffen, die entsprechend Niedlichs völkischer Auffassung reduziert worden sind, beinhaltete der „Deutsche Religionsunterricht“ Stoffe der „Deutschen Religionsgeschichte“, die unter anderem die deutsche Mystik, Luther, die „großen Deutschen“ und Geschichten der germanischen Mythen und Sagenwelt umfassen sollten31. Mit Lachmann lässt sich dieses Konzept eines „Deutschen Religionsunterrichts“ als Vorarbeit der nationalsozialistischen Indoktrination begreifen32. Abgesehen von liberaler Religionspädagogik und „Deutschem Religionsunterricht“ sind noch einige andere religionspädagogische Entwürfe der Weimarer Republik erwähnenswert. Zu entsprechenden Entwürfen gehörten auch Ideen Eduard Sprangers33, die „die Jahre der Weimarer Republik ungeachtet aller kulturkritischen Infragestellungen geradezu als Blütezeit geisteswissenschaftlicher Pädagogik erscheinen“ ließen34. In diesem Kontext standen Namen wie Herman Nohl, Wilhelm Flitner35, Theodor Litt und andere. Alle haben sie zu einem wissenschaftlich eigenständigen Profil der Pädagogik beigetragen. Spranger beeinflusste mit seinen pädagogischen Ideen auch die Entwicklung der neuen universitären Disziplin der Religionspädagogik. Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf die Jugendbewegung, die sich in gewisser Kontinuität zwischen Kaiserreich über die Weimarer Republik bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein erhalten hat. Verbunden mit der Jugendbewegung und der ihr inhärenten Wahrnehmung der Jugend, war unter anderem die Arbeitsschulbewegung insbesondere mit ihrem Vertreter Georg Kerschensteiner36, sowie weiteren Versuchen einer praktischen Umgestaltung des Schullebens37. In Weiterführung der Kerschensteiner’schen Ansätze ist Otto Eberhard38 beachtenswert, in welcher er dessen Arbeitsschulprinzipien für den Religionsunterricht nutzbar machte. Er plädierte „für eine Schrittfolge von der ,freien geistigen Arbeit‘ über den ,Erlebnisgrundsatz‘ zur ,Tatpädagogik‘ und ,Erziehung zur Gemeinschaft‘. Dahinter stand die für ihn grundlegend wichtige Überzeugung von der Orientierung am Leben, an der ,Lebensschule‘, an der Religion als Leben, am ,Erlebnisunterricht‘ als Weg religiöser Bildung“39.
30 31 32 33 34 35 36 37 38 39
Vgl. Lachmann, Republik, 223. Vgl. ebd., 223 f. Vgl. ebd., 224. Vgl. zu Spranger aber auch zu Nohl Ortmeyer, Mythos. Lachmann, Republik, 205. Vgl. zu Flitner und auch zu Litt Lischewski, Meilensteine. Zu Kerschensteiner vgl. u. a. die Beiträge in Tippelt, Tradition. Vgl. Lachmann, Republik, 205. Vgl. Kronhagel, Religionsunterricht. Lachmann, Republik, 225.
62 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Eberhard verknüpfte auf diese Weise die liberale Religionspädagogik mit Reformpädagogik, konservativem Luthertum und deutschtümelndem nationalem Gedankengut40. Viele der genannten (religions-)pädagogischen Entwürfe und Ideen beeinflussten scheinbar ungebrochen die (Religions-)Pädagogik nach 1945. Die häufige These, dass im Nationalsozialismus keine eigenständigen religionspädagogischen Entwürfe entstanden sind, gilt es auch in dieser Arbeit zu hinterfragen.
3.3 Das Verhältnis von Religionsunterricht und Schule bis 1925 3.3.1 Das Schulwesen der Weimarer Republik Wie bereits angedeutet fanden im Laufe der Weimarer Republik im Schulwesen zahlreiche Änderungen statt, die auch den Religionsunterricht und die Ausbildung der Religionslehrkräfte betrafen. An dieser Stelle sollen daher die wesentlichen Änderungen in aller möglichen Kürze benannt werden. Im Bildungsbereich wurde in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg vielfach die Synthese von Nationalem und Religiösem hervorgehoben, wobei diese in der publizistischen Diskussion der Lehrkräfte noch verhältnismäßig wenig Raum einnahm41. In der politisch und gesellschaftlich neuen Konstellation spiegelten sich in der Lehrplanentwicklung dieser Zeit die gegensätzlichen staatlichen und kirchlichen Interessenlagen wider. Neuere Ansätze, wie sie beispielsweise in der neuen theologischen Landschaft vorhanden waren, gingen nicht in die schulpolitische Diskussion ein, die sich eher rückwärtsgewandt zeigte42. Die Schulartikel der WRV von 1919 (die Artikel 142 bis 149) waren in vielerlei Hinsicht Kompromissformeln und Ergebnisse der in der Anfangszeit der Weimarer Republik und bereits im Kaiserreich diskutierten Themen. Bis zur Verabschiedung eines Reichsschulgesetzes – welches in der Weimarer Republik nie erlassen wurde – sollte mit der WRV die bestehende Situation garantiert werden. Mangels einer zentralen staatlichen Neuordnung des Schulwesens führten die einzelnen Länder ihre bisherige Schulpolitik weiter fort, was in einer pluralen Bildungslandschaft in Deutschland resultierte43. In Bayern wurde dementsprechend weitgehend an den Konfessionsschulen festgehalten, während in Thüringen beispielsweise die Simultanschulen dominierten, hier war bereits vor 1920 mehrheitlich die Gemeinschaftsschule 40 41 42 43
Vgl. Lachmann, Republik, 226. Vgl. Kliss, Schulentwicklung, 252. Vgl. Müller-Rolli, Schulpolitik, 63. Vgl. Lachmann, Republik, 205 f.
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verbreitet. Über den herrschenden Einzelgesetzen stand in Thüringen aber „das Gesetz über die vorläufige Regelung des Volksschulwesens in Thüringen vom 10. Februar 1920, das im § 9 sagt: ,Die Volksschule ist Gemeinschaftsschule, d. h. die für alle schulpflichtigen Kinder gemeinsame Schule‘“44. Für deren Erhalt setzten sich in Thüringen in der Folgezeit sowohl Lehrerbund als auch Kirchenbehörde ein45. In der preußischen Provinz Westfalen wurde, ebenso wie in Bayern, nach der Revolution von 1918/19 weitestgehend an den Voraussetzungen des Kaiserreiches festgehalten. Abgesehen von einer kurzzeitigen Unterbrechung durch die Leitung des preußischen Kultusministeriums durch die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) und Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), unter welcher eine Trennung von Schule und Kirche in Aussicht gestellt wurde, die auch die Abschaffung der konfessionell getrennten Schulen beinhaltete, blieb es auch hier faktisch bei dem Bestand von konfessionell getrennten Schulen. So hatte es auch das „Volksschulunterhaltungsgesetz“ von 1906 für Preußen vorgesehen. Einzig in Westpreußen, Posen und im ehemals nassauischen Gebiet war auch die Simultanschule verbreitet46. Der Religionsunterricht selbst blieb jedoch in allen deutschen Ländern als ordentliches Lehrfach Teil des Lehrplans und war „als Veranstaltung des Staates ohne geistliche Schulaufsicht“ verfassungsrechtlich garantiert47. 3.3.2 Die Abschaffung der Geistlichen Schulaufsicht Im Jahr 1918 wurde in Preußen, und damit auch für Westfalen, die geistliche Schulaufsicht abgeschafft48. Mit der Frage nach der geistlichen Schulaufsicht eng verknüpft war die Frage nach dem Ort der Schule als Stätte für den Religionsunterricht im Allgemeinen sowie nach der Art der Schule49. Verbunden damit wurde auch die Erteilung des Religionsunterrichts – die vorher für die Volksschullehrkräfte verpflichtend war – auf eine freiwillige Basis gestellt, ebenso wie der Besuch des Religionsunterrichts für die Schüler freiwillig wurde50. Auch in Bayern wurde mit Wirkung vom 13. Dezember 1918 die Geistliche Schulaufsicht an den Präparandenschulen aufgehoben und drei Tage später die kollegiale Fachaufsicht an den Volksschulen angeordnet. Diese Änderungen geschahen jedoch ohne Rücksprache mit den Kirchen, die dar44 Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach). 45 Vgl. ebd. 46 Vgl. Damberg, Kampf. 47 Vgl. Lachmann, Republik, 206 f. 48 In Sachsen-Meiningen und in Württemberg war durch die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht bereits 1909 bzw. 1910 die Verstaatlichung des Schulwesens vollzogen worden. 49 Vgl. Lachmann, Republik, 205 f. 50 Vgl. Müller-Rolli, Schulpolitik, 55.
64 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 aufhin gegen die „sogenannten atheistischen Bestrebungen der Revolutionsregierungen kämpften“51. Mit dem „Bamberger Abkommen“ 1919 wurde schließlich in Bayern die Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht gebilligt. Dies war das Ergebnis eines Kompromisses zwischen der Mehrheitssozialdemokratischen Partei Deutschlands (MSPD), Bayerischer Volkspartei (BVP) und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), führte jedoch innerhalb der BVP zu erheblichen Differenzen52. In Thüringen wurde mit den am 27. Januar 1921 veröffentlichten Grundsätzen, die zwischen Lehrerschaft und Kirche verhandelt und von staatlicher Seite anerkannt worden sind, auch jede Form der geistlichen Schulaufsicht abgelehnt53. De facto wurde die Aufsicht über den Religionsunterricht mittels evangelischer Schulaufsichtsbeamte durchgeführt, jedoch vom Staat verantwortet54. Auch die Frage nach der Bekenntnisschule war durch die WRV nur auf dem Papier geregelt. In der Praxis waren nach wie vor unterschiedliche Modelle verbreitet. Die verschiedenen Positionen zeigten die Schwierigkeiten, die in der Erarbeitung eines einheitlichen Verfassungsartikels vorprogrammiert waren55. Die Kontroverse verschärfte sich insbesondere zwischen den Positionen der linken und denen der bürgerlichen Parteien. Die Frage wurde nicht entschieden, sondern fand ihre Lösung in den zwei sogenannten „Weimarer Schulkompromissen“56. Der Religionsunterricht wurde als „res mixta“ charakterisiert, er stand nun also in Verantwortung von Staat und Kirche, womit einerseits deren radikale Trennung ausgeschlossen war, andererseits aber die Ausbildung an den Hochschulen ebenso wie die theologischen Fakultäten gesichert waren. Ausdrücklich wurde an anderer Stelle von „bekenntnisfreien Schulen“ gesprochen, was einen Kompromiss in der Frage nach dem im Reich zu errichtenden Schultyp darstellte. Dieser sollte die Simultanschule werden. Die konfessionellen und weltlichen Schulen sollten erst auf ausdrücklichen Antrag der Eltern hin eingerichtet werden. Durch Art. 174 WRV wurde diese als nahezu revolutionär einzuschätzende Bestimmung jedoch relativiert. Denn bis zur Verabschiedung eines Reichsschulgesetztes sollte die bestehende Situation garantiert werden57.
51 Buchinger, Schule, 18. 52 Vgl. ebd., 21. 53 Vgl. Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach). 54 Vgl. ebd., 5. 55 Vgl. Lachmann, Republik, 206. 56 Vgl. Müller-Rolli, Schulpolitik, 60 f. Die Frage nach der umstrittenen Missio Canonica wurde jedoch auch in diesen nicht geklärt. (Damberg, Kampf, 21 f.). 57 Vgl. Lachmann, Republik, 208.
Das Verhältnis von Religionsunterricht und Schule bis 1925
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3.3.3 Der Religionsunterricht in der Schule und der religiöse Charakter der Schule Als Aufgabe des Religionsunterrichts wurde beispielsweise durch die Konferenz von Religionslehrern der höheren Schulen Sachsens die Vermittlung von Geschichte und Wesen der christlichen Religion benannt. Es ging hier auch um ein „fachliches Verständnis“ und um die Erziehung zum „selbständigen Denken in der Welt der sittlichen und der religiösen Wahrheitsfragen“58. In der Denkschrift Johannes Starks, die als für die späteren nationalsozialistischen Positionen maßgeblich galt, wurde die religiöse Erziehung im betont christlichen Sinne mit der körperlichen, sittlichen und geistigen Ausbildung gleichgesetzt. Gleichzeitig wird jedoch die starke Betonung der körperlichen Erziehung deutlich, die sich in ähnlicher Weise auch in den bereits untersuchten nationalsozialistischen Positionen findet59. Das Judentum als Vorstufe des Christentums wurde in dieser Phase noch vielfach als bedeutsam für den Religionsunterricht betont, wobei das erklärte Ziel unter anderem das „Verständnis unserer Kultur“ war. Dieser religionskundliche Unterricht war bewusst und betont nicht als Bekenntnisunterricht entworfen, gewann seinen christlichen Charakter jedoch durch die – in diesem Fall in Sachsen – vorherrschende evangelische Konfession60. Als beispielhaft für inhaltliche Aspekte des Religionsunterrichts in dieser Phase können die bereits erwähnten Grundsätze Thüringens gelten, in welchen die Bibel als dessen Grundlage festgelegt wurde. Auf Basis dieser Festlegung sollten alle weiteren Austarierungen der Inhalte des Religionsunterrichts stattfinden. Diese Einigung beinhaltete einen Kompromiss. Die „alte protestantische Formulierung des Formal- und Materialprinzips“ wurde hier zum Fundament gemacht61. Davon ausgehend wurde im April 1922 zwischen Landeskirchenrat (LKR) und Pfarrer- sowie Lehrerschaft Thüringens eine Vereinbarung bezüglich des Lehr- und Lernstoffes des Religionsunterrichts der Volksschule getroffen, welche unter Vorbehalt angesichts des staatlichen Aufsichtsrechtes gelten sollte. Betont wurde, dass die im Anschluss aufgeführte Stoffreihe keine starre Vorschrift sei, sondern vielmehr einen Rahmen biete für die persönliche Auslegung und pädagogische Ausgestaltung durch die Lehrpersönlichkeit. Die nun folgende Stoffauswahl, im Neuen Testament beispielsweise insbesondere Leben, Wirken und Lehre Jesu in den Evangelien und im Alten Testament neben der Urgeschichte diejenigen Stoffe, die das 58 Konferenz von Religionslehrern an höheren Schulen Sachsens, Entwurf eines Lehrplans für Religionskunde, Bd. 36, 1925, 25. 59 Vgl. Stark, Nationalsozialismus, 8. 60 Vgl. Konferenz von Religionslehrern an höheren Schulen Sachsens, Entwurf, Bd. 36, 25. 61 Vgl. Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach).
66 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Gottsuchen Israels darstellen und für das Verständnis des Lebens Jesu notwendig seien, wurden mit Bekanntmachung vom 18. April 1922 unter Ziffer vier vom Thüringischen Ministerium für Volksbildung – gemeinsam mit den Grundsätzen – gebilligt62. Strittiger Punkt in Thüringen war die Frage, ob Choräle und geistliche Lieder Teil der schulischen Singstunden sein sollen, ebenso wichtig war der Kirche das tägliche Schulgebet, welches als Teil des Schullebens galt63. In diesen Punkten sagte das Ministerium am 16. September 1924 zu, dass der geistliche Gesang in künftigen Liederbüchern für die Singstunden berücksichtigt werde und dass auch keine Bedenken gegen die Beibehaltung des Schulgebets bestünden64. 3.3.4 Die Bedeutung der Religion für das Lehrerbild Das vorherrschende Lehrerbild erlaubt ebenfalls Rückschlüsse auf Gründe und Argumentationsmuster in der Diskussion um die Reform der Lehrerausbildung, weshalb es an dieser Stelle in aller möglichen Kürze angeführt werden soll. Wesentlich und bestimmend war vor allem das Lehrerbild Sprangers, laut dem Erzieher*innen zum sozialen Menschentypus gehörten. Auch Kerschensteiners Bild der Erzieher*innen ging in die Richtung Sprangers. Für ihn war Religion ein wichtiger Bestandteil der Erzieherpersönlichkeit. Als solche sei sie eine wesentliche Grundlage des Charakters, der Kerschensteiner als für das Handeln bestimmend galt65. Die bayerische Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern, die auf einen Entwurf von Ministerialrat Hans Lex zurückging, verband Erzieher*innen und Lehrkräfte zu idealen Pädagog*innen. Deren Fähigkeiten „umfassen Übersicht über Sinn, Ziel, Inhalt und Form der Erziehung; Erfassung und Leitung der Seele des Kindes; Beherrschung des Unterrichtsstoffes und sinngemäße Gestaltung des Unterrichtsvorganges; vorbildliche Lebensführung; Eingehenkönnen auf die vielen kleinen Dinge der pädagogischen Tätigkeit, Neigung zur Propaganda für die Erziehungsideen“66.
62 Vgl. Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach), 7–9. 63 Vgl. ebd., 15–20. 64 Vgl. ebd., 20–22. 65 Vgl. Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092). 66 In dieser Zusammenstellung berief sich die Denkschrift auf „Das Idealbild des Pädagogen“ aus dem Jahr 1926 von Loschitz. Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093).
Das Verhältnis von Staat, Kirche und Schule in Bezug auf die Zuständigkeiten 67
Dass zu diesem idealen „Lehrer-Erzieher“ auch die religiös-sittliche und vaterländische Bildung gehöre, hob Lex hervor67. In Thüringen wurde in dieser Hinsicht wiederholt die staatsbürgerliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Lehrer*innen gegenüber der Kirche betont68. Ebenfalls ist auffällig, dass in der Diskussion um die Reform der Volksschullehrerausbildung immer wieder die Gleichschätzung aller Lehrkräfte betont wurde, „ohne Rücksicht auf Vorbildung und Schulart“69. Ferner wurde häufig hervorgehoben und gefordert, dass Religionslehrkräfte als Glieder der Kirche anzusehen seien, auch wenn sie von staatlicher Seite angestellt seien70.
3.4 Das Verhältnis von Staat, Kirche und Schule in Bezug auf die Zuständigkeiten in der Ausbildung von Religionslehrerkräften Auch die Verhältnisbestimmung von Staat, Kirche und Schule sowie (Religions-)Lehrerverbänden und Elternschaft ist für die Frage nach der Regelung ihrer Ausbildung von Relevanz. Wenn Stark in seiner Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung 1932 schrieb, dass die Frage nach deren Akademisierung „vor das große Problem der Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche auf dem Gebiete der Schule“ führe71, so beschrieb er die Situation in den Augen mancher seiner Zeitgenoss*innen durchaus präzise. Die Trennung von Staat und Kirche spielte in der Schulfrage der Weimarer Republik eine parteipolitisch wichtige Rolle72. Dass insbesondere die evangelische Kirche nach 1918 neue theologische Begründungen für ihre Positionierung in Staat und Gesellschaft liefern musste, darf in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen werden73. Der Staat stand als gesetzgebende Instanz letzten Endes in der Verantwortung der Lehrerbildung – auch der evangelischen Religionslehrkräfte –, wie aus den Quellen deutlich wird74. Auf Antrag wurde in der WRV die Bestimmung aufgenommen, dass die Ausbildung der Lehrkräfte für das Reich 67 Vgl. Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093). 68 Vgl. Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach). 69 Plath, Leitsätze, Bd. 36, 79. 70 Vgl. Plath, Beziehungen, Bd. 36, 137. 71 Stark, Nationalsozialismus, 15. Hervorhebung im Original. 72 Vgl. Besier, Kirche, 2. 73 Vgl. Doering-Manteuffel, Suchbewegungen, 175. 74 So der Antrag des bayerischen Abgeordneten an den Bayerischen Landtag im Februar 1928, der vom Bayerischen Landtag wenige Wochen nach der Antragstellung genehmigt wurde. Vgl. der Antrag der Abgeordneten Timm und Genossen (BayHStA München, MK 42095, München); Antrag an den Bayerischen Landtag (BayHStA München, MK 42094, München).
68 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 einheitlich zu regeln sei75. Bis zum Erlass eines Reichsschulgesetzes blieben die Länder weiterhin in der Verantwortung der Lehrerbildung. Viele Länder reagierten auf das Ausbleiben des Reichsschulgesetzes, indem sie die vorhandenen Reformforderungen in Gesetze umwandelten und die institutionelle Form der Lehrerbildung veränderten, in dem Bewusstsein, dass ein Reichsschulgesetz ihre Änderungen rückgängig machen könnte. Ebenfalls in staatlicher Hand lag die finanzielle Verantwortung der Lehrerausbildung sowie ihrer Reform76. Im Hinblick auf die Ausbildung von Religionslehrkräften, formulierte 1925 ein Reichsschulgesetzentwurf, dass die „Erteilung des Religionsunterrichts […] nur solchen Lehrern und Lehrerinnen übertragen werden [darf], die auf dem Boden des betreffenden Bekenntnisses stehen und die nötige Befähigung besitzen; es bleibt aber zulässig, auch Bekenntnisverwandte zur Erteilung des Religionsunterrichts zuzulassen, wenn die Erziehungsberechtigten keinen Widerspruch erheben.“77
Die Erteilung der entsprechenden Ausbildung lag dem Entwurf gemäß in der Verantwortung der Länder. Dessen Formulierung berührte nun aber das sensible Thema der geistlichen Schulaufsicht, da nicht klar war, wie gesichert sein solle, dass die Religionslehrkräfte tatsächlich „auf dem Boden des betreffenden Bekenntnisses stehen“. In diesem Zusammenhang wurde daher insbesondere von Seiten der Lehrervereine die Frage nach der Schulaufsicht breit diskutiert. Die Geistliche Schulaufsicht, die zwar qua Gesetz bereits abgeschafft worden war, de facto an vielen Stellen jedoch weiterhin ausgeübt wurde, führte dazu, dass die Kirche bei den Lehrkräften das Gefühl erweckte, „die Kirche fungiere als Sittenpolizei der Regierungen“ und sie daher bei den Lehrern unbeliebt machte78. Eine ähnlich negative Sicht der geistlichen Schulaufsicht spiegelte sich auch in der Denkschrift Starks, der dem katholischen Zentrum vorwarf, dieses wolle durch die Beherrschung des Religionsunterrichts den Einfluss der Kirche auf die Lehrkräfte sicherstellen79. Das Verhältnis von Lehrkräften und Kirche war in den Zeitschriften der Lehrerverbände immer wieder ein Thema. Als Wunschvorstellung wurde dabei formuliert, dass die evangelischen Religionslehrkräfte sich „innerlich eng mit unserer Kirche verbinden“80 wollen, und dass die Kirche „wie ein starker Magnet anziehen, nicht wie einen Zaun einschließen, nicht als Auf75 Vgl. Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093). 76 Vgl. Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092). 77 Plath, Religionslehrer, Bd. 36, 229. 78 Vgl. Wright, Parteien, 5. 79 Vgl. Stark, Nationalsozialismus, 15. 80 Plath, Beziehungen, Bd. 36, 139. Hervorhebung durch die Verfasserin.
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seher überwachen, sondern durch ihr Vertrauen verpflichten“ solle. Sie solle „durch den Geist ihrer Grundsätze beleben und nicht durch den Buchstaben ihrer Lehre töten“. Das Fazit des Verfassers: „unsere missio stamme von dem in unserem Gewissen angeeigneten evangelium, nicht von starr gewordenen canones“81. Die Forderungen des Verfassers machen deutlich, dass die Kirche als einengend empfunden und die Aufsicht der Kirche als schädlich für das Vertrauen gesehen wurde82. Doch der Verfasser lieferte mit seiner Kritik an den gegenwärtigen Zuständen Möglichkeiten, das Vertrauen zwischen Religionslehrkräften und Kirche wiederaufzubauen83. Die vom Verfasser zu diesem Zweck vorgeschlagenen Arbeitsgemeinschaften zwischen Pastoren und Religionslehrkräften bestanden an einigen Orten bereits, seit die Geistliche Schulaufsicht 1919 abgeschafft worden war84. So wurde eine enge Zusammenarbeit von Kirche und Religionslehrkräften im Hinblick auf den Religionsunterricht als wichtig und notwendig anerkannt, die bisher ausgeübte Form der „Verflechtung“ jedoch kritisiert85. Dabei wurde deutlich, dass die Mitwirkung der Kirche dem Wunsch der Lehrervereine gemäß deutlich zu beschränken sei. Wesentliches Argument war dabei immer das fehlende Vertrauen der Lehrkräfte gegenüber der Kirche. Ein Vorschlag zur Verbesserung des Vertrauensverhältnisses war daher die Einrichtung staatlicher pädagogischer Beiräte. Diese sollten eine Position zwischen den kirchlichen Körperschaften einerseits und den freien Arbeitsgemeinschaften zwischen Pfarrern und Lehrkräften andererseits einnehmen86. Grundsätzlich wurde jedoch die Beaufsichtigung des Religionsunterrichts – und damit auch des Religionsunterrichts, den die angehenden Lehrkräfte erhielten – im Reich unterschiedlich geregelt. Während die bayerischen Kirchenverträge maßgeblich für die Bestimmungen in Baden, Hessen, Württemberg und Mecklenburg-Schwerin waren, galten in Preußen noch die Bestimmungen von vor 1919. In Thüringen war 1922 ein vorläufiges Abkommen in dieser Hinsicht getroffen worden87. Staatlicherseits war jedoch die Mitwirkung der Kirche an den entstehenden Richtlinien zur Lehrerbildung gewährleistet. Auch wenn diese nicht von Be81 Plath, Beziehungen, Bd. 36. Hervorhebungen im Original. 82 So zeugen einige Artikel in der Zeitschrift für evangelischen Religionsunterricht von dieser Distanz zwischen Religionslehrern und Kirche, wie auch einer der Verfasser in seinem Beitrag bemerkt: „Die Leser dieser Zeitschrift […] wissen, wie wir Religionslehrer uns eben jetzt mit diesen Dingen lebhaft auseinandersetzen. In Halle hat Dir. Spanuth die Bewegung mit dem Schlagworte ,zur Kirche hin‘ wohl richtig gekennzeichnet. Daß bei dem allen noch recht wesentliche Vorbehalte übrigbleiben hinsichtlich der Art, wie Religionsunterricht und Kirche werden zusammengehen können, darf keineswegs außer acht bleiben.“ (Pauls, Pfarrermangel, Bd. 37, 18). 83 Vgl. Plath, Beziehungen, Bd. 36, 140. 84 Vgl. ebd., 141. 85 Vgl. ebd. 86 Vgl. ebd., 140. 87 Vgl. ausführlicher hierzu Kap. 3.3 Religionsunterricht und Schule.
70 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 ginn an an den Verhandlungen beteiligt worden waren, wurde von staatlicher Seite deutlich gemacht, dass zumindest in Preußen „die endgültige Gestalt der Richtlinien […] erst nach Abschluß der Verhandlungen mit den Kirchen festgestellt werden“ würde88. Für die Religionslehrkräfte jedoch galt nach wie vor, dass sie als Beamte des Staates angestellt waren, sich ihrem Selbstverständnis nach „in ganz besonderer Weise als Glieder der evangelischen Kirche“ verstanden und „das größte Gewicht darauf [legten], mit den Organen der evangelischen Landeskirchen in einem aufrichtigen und lebendigen Vertrauensverhältnis zusammenzuleben“89. Im gleichen Zuge wurde jedoch eine Mitwirkung der Kirche an den Prüfungen der Religionslehrkräfte entschieden abgelehnt. Eine Ausnahme in ihrer Position stellten die sogenannten Katechet*innen beziehungsweise Hilfskatechet*innen dar. Eine Anfrage des Evangelisch-Lutherischen LKR, die in ihrer Ausbildung als Hilfskatechet*innen Religionsunterricht erteilenden Männer und Frauen als Beamte des Staates zu erachten, wurde von der Staatsregierung zunächst abgelehnt90. Auch in Bayern wurde 1927/28 an einer Denkschrift zur Lehrerbildung gearbeitet, in dem der kirchlichen Oberbehörde „das Aufsichtsrecht über die Religions- und Sittenlehre, das religiöse und sittliche Leben“ zugesprochen wurde91. Weitere Bestimmungen hinsichtlich der Rechte der Kirche sind der Denkschrift nicht zu entnehmen. In Thüringen war sich der LKR seiner Verantwortung gegenüber dem Thema Schule bewusst92. In verschiedenen Eingaben, die oftmals auf einer Zusammenarbeit zwischen Landeskirche und Lehrerschaft basierten, versuchte der thüringische LKR dieser Verantwortung gerecht zu werden. Die Antworten des Ministeriums wiederum zeugten davon, dass häufig Bemühungen zu finden waren, den Wünschen der Kirche in diesen Dingen zu entsprechen93. Ein Teilaspekt, der dabei immer wieder zur Sprache kam, war auch die Lehrerbildung. In Westfalen wurde seitens des Dortmunder Lehrervereins 1925 konstatiert, dass zwischen Kirche und Staat „auf dem Gebiet der Schule“ und in „ihrem beiderseitigen Verhältnis zu dem Lehrer in der Schule“ noch keine Klarheit herrsche und vielmehr die Rechtsgrundlage diesbezüglich „durch eine au-
88 Diehl, Generalsynode, Bd. 37, 42. Auslassung durch die Verfasserin. 89 Schroeder, Vertretertag, Bd. 37, 307. 90 Vgl. Befreiung der Religionslehrkräfte der evang. luth. Landeskirche von der Krankenversicherungspflicht (BayHStA München, MK 39357, München). Über die gültige Entscheidung in dieser Frage hat sich aus den Akten keine Erkenntnis gewinnen lassen. 91 Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093). 92 Vgl. Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach). 93 Vgl. ebd.
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ßerordentliche Verworrenheit“ gekennzeichnet sei94. Daher wurde die klare Rechtslösung im Verhältnis von Staat und Kirche im Bereich der Schule gefordert95. Während Kirchenvertreter bei den Prüfungen der angehenden Volksschullehrkräfte für das Fach Religion eingeladen wurden96, hatte die Kirche bei der Universitätsprüfung der künftigen Religionslehrkräfte der höheren Schulen kein Mitspracherecht97. Die Mitwirkung der Kirche bei der Berufung der Religionsdozent*innen an den PA wurde dagegen unter der Bedingung anerkannt, dass sie in derselben Weise erfolge wie die Mitsprache der Kirche bei der Berufung von Universitätsdozenten98. Das Verhältnis von Kirche und Staat betreffend ging in Bayern die evangelische Kirche, mit dem Staatskirchenvertrag nach dem Vorbild des Konkordates, das mit der katholischen Kirche geschlossen worden war, einen Sonderweg. In beiden war die konfessionelle Lehrerbildung grundsätzlich vertraglich festgelegt99, eine Tatsache, die in den anderen deutschen Ländern von Seiten der Lehrerverbände scharf kritisiert worden war100. Die im Februar 1924 begonnenen Verhandlungen waren bis zu Vertragsabschluss auf Wunsch des bayerischen Staates streng vertraulich101. Insbesondere zwei der im Rahmen der Verhandlungen diskutierten Problemfelder sind für die vorliegende Arbeit von Interesse: Die Universitäts- und die Schulfragen. Hinsichtlich der Universitäten forderte die Kirche, neben dem Erhalt der evangelisch-theologischen Fakultät in Erlangen, evangelisch akzentuierte Lehrstühle in München und Würzburg im Bereich Pädagogik, Philosophie oder Geschichte. Letztere seien vor allem für zukünftige Lehrer erwünscht102. Der Gegenvorschlag des Kultusministers sah in diesem Punkt zwar vor, dass die Fakultät in Erlangen erhalten bleiben sollte, die Wünsche der Landeskirche bezüglich der evangelisch geprägten pädagogischen Lehrstühle wurden jedoch abgelehnt103. Hinsichtlich der Schulfragen forderte die Kirche im Rahmen der Verhandlungen, dass der Bekenntnisschule Gleichberechtigung mit anderen Schularten gewährt werden solle. Außerdem solle nur solchen Lehrkräften der Unterricht an der Volksschule übertragen werden, „die auf dem Boden der
94 Der Kampf gegen die Einsichtnahme. Denkschrift (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.5, Nr. 09, [Dortmund]). 95 Vgl. ebd., 7. 96 Vgl. Schreiben unter der Ziffer 279 betreffend die Prüfungen an der Pädagogischen Akademie in Dortmund (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.5, Nr. 29, [Münster]). 97 Vgl. Schroeder, Vertretertag, Bd. 37, 306 f. 98 Vgl. Schuster, Tagung, Bd. 38, 148. 99 Vgl. Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093). 100 Vgl. Plath, Beziehungen, Bd. 36, 137; Brede, Verein, Bd. 36, 242. 101 Vgl. Maser, Kirche, 73. 102 Vgl. ebd., 75. 103 Vgl. ebd., 87.
72 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Bekenntnisschule stehen und die entsprechende Vorbildung nachweisen“104. Dazu wurde erwartet, dass der Staat für die Ausbildung der Lehrkräfte an konfessionell ausgerichteten LBA sorgen solle. Außerdem wurde verlangt, dass Lehrpläne sowie Lehrbücher von der Kirche erstellt und vom Staat genehmigt werden sollten. Trotz einiger Einwände, vor allem seitens der Opposition gegen die Schulartikel, erhielt der bayerische Staatskirchenvertrag mit Wirkung vom 27. Januar 1925 Gültigkeit105. In den Publikationsorganen der Lehrerverbände kam es in Reaktion auf den Vertrag zu teils heftiger Kritik. In der Allgemeinen Religionslehrer Vereinigung Hannover gründete sich 1925 sogar ein Zweckverband gegen die bayerischen Staatskirchenverträge: „Die dringendste Aufgabe, für die alle für den evangelischen Religionsunterricht interessierten Kreise jetzt in Bewegung zu setzen sind, ist die, gegen den Geist der bayerischen Staatsverträge Stimmung zu machen“.106 Auch die akademisch gebildeten Religionslehrkräfte Schleswig-Holsteins sahen in den Kirchenverträgen „ein den Grundsätzen evangelischer Freiheit widersprechendes Abkommen, das für die Schule und den Religionsunterricht eine schwere Gefahr bildet“107. Hugo Maser sieht einen Grund für die heftige Kritik unter anderem in der Tatsache, dass die evangelischen Verträge meist nur in ihrer Zuordnung zum Konkordat gesehen wurden, welches bereits bei seiner Veröffentlichung im November 1924 heftiger Kritik ausgesetzt war. Er resümiert, dass zwar einerseits „eine große Zahl zustimmender und beglückwünschender Äußerungen“ an die bayerische Landeskirche eingegangen sei, es jedoch die kritischen Stimmen waren, die vor allem an die Öffentlichkeit drängten. Auffällig sei auch, dass intensive und anhaltende Kritik vor allem von außerbayerischen Autoren stammte108. Die Ausführungen zeigen, dass von drei Seiten, Lehrerschaft, Staat sowie der Kirche unterschiedliche Interessen und Inanspruchnahmen gegenüber dem Religionsunterricht einerseits und der Lehrerbildung andererseits geltend gemacht worden sind. Während in Bayern das Verhältnis zwischen Staat und Kirche durch den Staatskirchenvertrag geregelt war, wurden im übrigen Reich – um das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrerschaft und Kirche aufzubauen – Arbeitsgemeinschaften eingerichtet. Die Frage nach der Konfessionalität von Schule und Lehrerbildung war durch diese Debatten bereits angelegt, erfuhr jedoch weitere, zusätzliche Schwerpunkte, weshalb dieser Frage im Folgenden ein eigenes Kapitel gewidmet werden soll.
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Zitiert nach Maser, Kirche, 79. Vgl. ebd., 128. Plath, Beziehungen, Bd. 36, 143. Brede, Verein, Bd. 36, 242. Vgl. Maser, Kirche, 129.
Der Streit um die Konfessionalität in der Lehrerbildung
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3.5 Der Streit um die Konfessionalität in der Lehrerbildung Die Frage nach der Konfessionalität im Bereich der Bildung betrifft auch die Debatten um die Lehrerbildung. Die Voraussetzungen und Argumentationen sind dabei in den verschiedenen Ländern unterschiedlich. Im Rahmen einer Verhandlung des bayerischen Landtags zur Lehrerbildungsfrage am 26. Juni 1925 kamen auch im Hinblick auf die Frage nach deren Konfessionalität verschiedene Positionen zur Sprache. Von Seiten der BVP109 wurde dabei die konfessionelle Lehrerbildung gefordert, mit dem Argument, dass sie nach der Reichsverfassung von 1919 zulässig sei. Aufgrund des Wesens der Bekenntnisschule, die – obwohl auch diskutiert – in Bayern nach wie vor vorherrschend war, sei die konfessionelle Lehrerbildung notwendig110. Zuvor hatte sich Julius Streicher gegen die Bekenntnisschule ausgesprochen, wobei er betonte, dass es nicht auf die konfessionelle Ausrichtung ankomme. Wichtig sei, dass gute Deutsche gute Christen seien111. Zur Frage, ob die Lehrerausbildung konfessionell ausgerichtet sein solle, äußerte er sich nicht. Der Landtag legte fest, dass die bestehenden LBA in konfessionellem Sinn gestaltet sein sollten112. In seinem, im Auftrag des Ministeriums erstellten, Denkschriftenentwurf über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern fasste Oskar Vogelhuber113 die unterschiedlichen Argumente in der Konfessionalitätsfrage zusammen. Eine der häufigsten Begründungen sei demnach die Gestaltung der Hochschulbildung der Lehrkräfte nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Arbeit gewesen. Eine Abhängigkeit von bestimmten Konfessionen oder Weltanschauungen sei mit einer solchen wissenschaftlichen Arbeit nicht vereinbar. Ähnlich argumentierte auch die 27. Ausgabe der Bayerischen Lehrerzeitung von 1928114. Gleichzeitig wurden jedoch auch häufig die besonderen Erfordernisse der Bekenntnisschule in ihrer Bedeutsamkeit für die Ausbildung von Lehrkräften bedacht115. Dem gegenüber forderten die Kirchen, die an sich einer Revision der bestehenden Seminarbildung der Lehrkräfte nicht entgegenstehen würden, dass Änderungen nicht durchgeführt werden sollten, die den Grundsatz der Kon109 Bei dem Sprecher handelte es sich um Dr. theol. Anton Scharnagl, unter anderem Hochschulprofessor an der philosophisch-theologischen Hochschule in Freising. 110 Vgl. Bayerischer Landtag, Berichte, Bd. 3, 307. 111 Vgl. ebd., 293. 112 So sollten in Erlangen Volksschullehrerinnen evangelisch-lutherischen Bekenntnisses ausgebildet werden, in Kaiserslautern diejenigen des protestantisch-evangelisch-christlichen Bekenntnisses der Pfalz. In Aschaffenburg und München wurden katholische LBA für Lehrerinnen eingerichtet. Vgl. ebd., 317. 113 Zu Vogelhuber und seinem Wirken vgl. ausführlich Schindele, Vogelhuber. 114 Vgl. Winkle, Zukunft, 1. 115 Vgl. Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092).
74 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 fessionalität verletzen würden. Ein Argument der katholischen Seite war dabei, dass die konfessionelle Lehrerbildung den Eltern per Gesetz verbürgt sei. Aus diesem Grund werde sich die katholische Schulorganisation immer für eine konfessionelle und geschlechtergetrennte Ausbildung der Lehrkräfte einsetzen. An der Universität seien diese Bedingungen jedoch nicht gegeben. Auch die evangelische Kirche stünde einer höheren Ausbildung der Lehrkräfte nicht entgegen, forderte jedoch ebenfalls die konfessionelle Ausrichtung für die künftige Lehrerbildung116. Vogelhuber stellte dem entgegen, dass die Frage der konfessionellen Bildung nicht von den Anstalten abhängig sei und sprach sich somit gegen eine konfessionell ausgerichtete Lehrerbildung aus: „So wenig die konfessionelle Anstalt Gewähr für die bekenntnismäßige Gestaltung der Lehrerpersönlichkeit gibt, muß die Universität wesensmäßig nicht konfessionelle Erzieher liefern. […] Die Gestaltungsarbeit, Technik, Methodik ist nicht konfessionell bestimmt und bedingt.“117
Er betonte allerdings auch, dass eine Ausbildung der Lehrkräfte an der Universität nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem Verlust der Konfessionalität sei118. Eugen Emnet richtete sich in einem Brief an den bayerischen Staatsminister Franz Xaver Goldenberger und äußerte sich zu der in Bayern vorliegenden Denkschrift119. Er sah die konfessionelle Lehrerbildung ebenfalls als notwendige Konsequenz aus dem bayerischen Bekenntnisschulsystem. Emnet kritisierte jedoch, dass der Grundsatz der konfessionellen Lehrerausbildung in der Denkschrift nicht scharf genug herausgearbeitet sei120. Der Bayerische Lehrerverein äußerte sich nach Darstellung der Denkschrift kritisch gegenüber der konfessionellen Ausbildung der Lehrkräfte, eine Kritik, die mit der Forderung nach universitärer Lehrerbildung verbunden worden war. Hauptargument war die Furcht vor einer Zersplitterung der Lehrerbildung im Falle einer konfessionellen Trennung derselben. Dennoch wurde dieser die Aufgabe zugeschrieben, „eine tief religiös-sittlich veranlagte Erziehungspersönlichkeit zu erzeugen“121. Der Denkschriftentwurf schloss mit der Feststellung, dass die bayerische Volksschule überwiegend konfessionell sei und sich daran auch angesichts des 116 Vgl. Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092), 57 f. 117 Ebd., 60. 118 Vgl. ebd., 62. 119 Vgl. Neuregelung der Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42092, München). Die Denkschrift datiert auf 1927/28. Sie gleicht jedoch an vielen Stellen dem von Vogelhuber 1927 vorgelegten Entwurf. 120 Vgl. ebd. 121 Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093).
Der Streit um die Konfessionalität in der Lehrerbildung
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Wollens seitens der Religionsgesellschaften und der Erziehungsberechtigten nichts ändern werde, unabhängig vom erwarteten Reichsschulgesetz. Im Anschluss wurde auf die bestehenden Verträge zwischen katholischer und evangelischer Kirche verwiesen, wobei jedoch einige Bedingungen für die konfessionelle Ausbildung der Volksschullehrkräfte formuliert wurden. So sei deren konfessionelle Ausbildung nur an Anstalten möglich, die von Schüler*innen und Lehrkräften des gleichen Bekenntnisses besucht werden würden, an denen die Schüler*innen zum Unterrichtsbesuch verpflichtet seien und an denen „die Unterrichtsgebiete und Unterrichtsaufgaben besonders ausgeweitet, ausgewertet sowie aufeinander bezogen werden, die zur Erziehung im Geiste des Bekenntnisses Gelegenheit bieten“122. Eine weitere kritische Position gegen die konfessionelle Lehrerbildung stammte aus der Denkschrift Starks, der kritisierte, dass Politiker des Zentrums und der BVP die konfessionelle Lehrerausbildung an besonderen Akademien fordern würden, um ihre Herrschaft über den Volksschulunterricht zu sichern123. Die Konfessionalisierung der Lehrerausbildung sei unberechtigt. Grund dafür sei, dass die nationale über der konfessionellen Gesinnungsgemeinschaft stehe. Durch die Trennung nach konfessionellen Gesichtspunkten könne keine einheitliche nationale Gesinnung entstehen. Die BVP wurde von ihm in diesem Zusammenhang als antinational bezeichnet. Stark forderte abschließend: „aus dem gleichen Grunde in erster Linie muß der Nationalsozialismus sie [Anm. der Verf.: die konfessionelle Lehrerbildung] verwerfen und die Angliederung an die bestehenden Hochschulen fordern“124. Er griff damit eine Begründung auf, die bereits bei Streicher 1925 zu finden war. Überraschenderweise ergriff der bayerische LKR in dieser Debatte 1928 die Position gegen die konfessionelle Ausrichtung möglicher PA in Bayern. Zwar standen einzelne Mitglieder auf dem Standpunkt, dass die konfessionelle Erziehung generell die Bessere sei, aber angesichts der Situation an höheren Lehranstalten, die aktuell auch in Bayern nicht konfessionell gehalten seien, könne auch für die Lehrkräfte die konfessionelle Erziehung auf den höheren Bildungsanstalten nicht gefordert werden125. Auch die Begründung, dass eine zwangsmäßige konfessionelle Ausbildung keine evangelischen Lehrkräfte si122 Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093), 257. In der Praxis waren an den LBA in Bayern neben der konfessionell bestimmenden Mehrheit aber auch immer einzelne Schüler und Schülerinnen anderer Konfessionen. Dies belegen unter anderem die vorliegenden Jahresberichte der Lehrerinnenbildungsanstalt in Erlangen. Vgl. Bericht über den Verlauf des Schuljahres 1932/33 an der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen (BayHStA München, MK 42282); Jahresbericht der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen für das Schuljahr 1931/32 (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 123 Vgl. Stark, Nationalsozialismus, 7. 124 Ebd., 17. 125 Vgl. Sitzungsbericht über die 1. Sitzung des Landessynodalausschusses am Montag den 8. 10. 1928 (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308).
76 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 cherstelle, wurde gegen die konfessionelle Ausrichtung der Lehrerbildung angeführt126. Ein weiteres Argument lieferte die Befürchtung, dass bei bleibender konfessioneller Gestaltung der Lehrerbildung „die katholische Lehrerschaft vollständig klerikalisiert“ werde und so die katholische Pädagogik sowie die pädagogische Bildungsarbeit des Katholizismus bedeutend gesteigert werde. Auf diese Weise, so wurde befürchtet, „werde die Lage der evang[elisch]-luth[erischen] Kirche sicherlich nicht besser“127. Im Wissen des Selbstwiderspruches dieses kirchlichen Standpunktes wurde eine Erklärung des LKR formuliert, die im Laufe der Aussprache in Absatz sieben zu folgender, einstimmig beschlossener Fassung gelangte: „Auf allen Stufen der Lehrerbildung soll für den evangelischen Lehrerzuwachs die Erziehung im Geiste des evangelischen Christentums gesichert bleiben. Unter den Verhältnissen der Gegenwart und unseres Landes leiten wir daraus nicht die Forderung der Konfessionalisierung der Lehrerbildung ab.“128
In diesem Sinne wurde die Entschließung vom Evangelischen Presseverband für Bayern am 27. Oktober 1928 bekannt gegeben129. Die Landeskirche unterstützte damit eine Forderung, die auch vom Bayerischen Lehrerverband im Monat zuvor geäußert wurde, was in den Debatten innerhalb des LKR im Rahmen der Gespräche immer wieder thematisiert worden war130. In Thüringen lagen die Voraussetzungen für diese Diskussion grundsätzlich anders als im stark katholisch geprägten Bayern. Seit der politischen Eigenständigkeit Thüringens im Jahr 1920131 war hinsichtlich der Schulform insbesondere die Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage verbreitet. Einzig der Religionsunterricht fand bekenntnismäßig getrennt statt. Die Trennung der Kinder durch die Konfessionsschule wurde als Gefahr für das deutsche Leben angesehen, weshalb die in den vorher bestehenden Gebieten überwiegend vorhandene Gemeinschaftsschule auch von der evangelischen Kirche in Sachsen-Weimar-Eisenach auf ihrer zwölften ordentlichen Synode in Weimar im Februar 1920 akzeptiert worden war; eine Entscheidung, die von der werdenden Thüringer evangelischen Landeskirche übernommen
126 Vgl. Sitzungsbericht über die 1. Sitzung des Landessynodalausschusses am Montag den 8. 10. 1928 (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308), 7. 127 Sitzungsbericht über die 2. Sitzung des Landessynodalausschusses am 8. 10. 1928 (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308). 128 Ebd., 7. 129 Vgl. Stellungnahme des Landeskirchenrates zur Lehrerbildungsfrage (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308, Nürnberg). 130 Vgl. Bayerischer Lehrerverein September 1928, 27. 131 Vgl. Möller, Aufbau, 293.
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wurde132. Die Frage nach Bekenntnisschule oder Konfessionsschule stellte sich hier daher nicht im selben Maße wie in Bayern. Dennoch flammte die Frage nach der Konfessionalität im Rahmen des Schulwesens auch in Thüringen Mitte der 1920er Jahre nochmals auf. So positionierte sich Paul Oestreich133 im Namen des Bundes Entschiedener Schulreformer noch im Dezember 1924 in einem Schreiben gegen eine mögliche Neuordnung der Lehrerbildung nach konfessionellen Gesichtspunkten. Als Anlass hat hier die geplante Umstrukturierung der preußischen Lehrerbildung zu gelten, die ab 1925 an neu errichteten, nach Konfessionen und Geschlechtern getrennten PA erfolgen sollte. Beides wurde vom Vorstand des Bundes entschieden kritisiert. Statt an den geplanten PA wurde die Lehrerbildung an den Hochschulen gefordert. Eine Unterordnung der Lehrerbildung unter die Konfessionen würde die Lehrerschaft zerreißen. Als Negativbeispiel wurde der bayerische Konkordatsvertrag angeführt134. Hier zeigt sich, dass trotz der unterschiedlichen Ausgangslage auch in Thüringen das Argument auftauchte, dass die konfessionelle Trennung bei der Ausbildung der Lehrkräfte deren Gemeinschaftssinn, der als notwendig erachtet worden war, verhindere. Von Georg Wilhelm Rein, der sich 1925 zur Frage der Thüringer Lehrerbildung äußerte und die pädagogische Ausrichtung der Universität Jena bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts stark mitprägte135, wurde für die praktische Ausbildung der Volksschullehrkräfte an den Seminarübungsschulen gefordert, dass diese Stützpunkte für „echte Religiosität“ und „wahre Sittlichkeit“ sein sollten. Es ginge darum Werte zu vermitteln, die im Leben standhalten136. Eine konfessionelle Trennung kam bei ihm jedoch nicht in den Blick. Anders sah es der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss, der im Juni 1925 deutschlandweit evangelische Ausbildungsstätten forderte und damit ganz auf der preußischen Linie der geplanten PA lag. Darüber hinaus wurde jedoch auch eine Beteiligung der Kirche bei der Anstellung der Direktoren der konfessionellen Anstalten verlangt137, eine Forderung, die sich nicht durchsetzen sollte. 132 Vgl. Denkschrift über die Entwicklung der Schulfrage in der Thüringer evangelischen Kirche (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 1, Eisenach). 133 Zu Oestreich und dem Bund Entschiedener Schulreformer vgl. ausführlich Reintges, Oestreich. 134 Vgl. Der Hauptvorstand des Bundes Entschiedener Schulreformer wendet sich aufs Entschiedenste gegen alle etwaigen Pläne der Regierungen einzelner deutscher Länder (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Berlin). 135 Vgl. Möller, Aufbau, 293. 136 Vgl. Zur Frage der Thüringer Lehrerbildung (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Bl. 45, Nr. Nr. 44/1925, Jena). 137 Vgl. Anlage zum Schreiben von Dr. Böhme an die Evangelischen Kirchenregierungen vom 15. 9. 1925 mit der Aktenbezeichnung K. A. 2129 über Leitsätze für die Lehrerbildung (LKAE Eisenach, 21-002 463, [Eisenach]).
78 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Der Christliche Elternbund Thüringen, unter Schriftführung von Bohne, ging mit seinen Forderungen in eine ähnliche Richtung. In mehreren Schreiben wandte er sich an die Thüringische Landeskirche. In einem ersten Schreiben vom Juni 1925138, welches neben der Landeskirche auch dem Ministerium vorlag139, forderte der Elternbund, dass konfessionelle Elemente in die Lehrerbildung aufgenommen werden müssten. Die wissenschaftliche Erfassung der evangelischen Weltanschauung werde in der aktuellen Lehrerbildung vernachlässigt140. Damit tauchte in dieser Debatte ein neues Argument auf, welches auf die Ausbildung einer „evangelischen Religionspädagogik“ zielte. Ausgehend von diesen Mängeln legte der Elternbund dem Ministerium einen Antrag mit drei Forderungen vor. Erstens solle die theologische Fakultät veranlasst werden, Vorlesungen für die Studierenden der Pädagogik anzubieten. Zweitens wurde gefordert, dass auch im Rahmen des erziehungswissenschaftlichen Studiums der Religionsunterricht stärker beachtet werde und drittens solle dafür gesorgt werden, dass alle evangelischen Studierenden der Pädagogik eine akademische Ausbildung in Religion erhalten. Dafür solle ein besonderer Lehrstuhl der evangelischen Weltanschauung geschaffen werden, die Studierenden verpflichtet werden die dort angebotenen Vorlesungen zu hören und die evangelische Weltanschauung solle in die Prüfungsordnung aufgenommen werden141. Diese Forderungen waren, angesichts der tatsächlichen Lage, nicht erfüllbar, wie auch die weitere Diskussion zeigt. Die erste Forderung tauchte im Verlauf der Überarbeitungen der Prüfungsordnungen immer wieder auf, wurde jedoch bis zum Ende der Ausbildung am PI in Jena nicht erfüllt. Der Elternbund wandte sich auch 1926142 wiederholt mit seinen Forderungen an das Ministerium sowie an den LKR, wobei Bohne sich nun auf die „Minimalforderung“ beschränkte, dass die evangelische Religionswissenschaft als Grundfach der pädagogischen Bildung angesehen werden solle143. Doch auch damit war Bohne nicht erfolgreich. Der LKR wies darauf hin, dass die Lehrerbildung in Thüringen eben nicht als rein weltlich anzusehen sei und dass Religion in der Landeskirche keine geringere Rolle spiele als in den vorgesehenen Studienplänen Preußens. Es wurde jedoch betont, dass man im Grundsätzlichen mit dem Elternbund übereinstimme144. Die Veranstaltungen, 138 Vgl. Schreiben des Christlichen Elternbundes in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Altenburg). 139 Vgl. Schreiben des Thüringer Christlichen Elternbundes an das Thüringer Ministerium für Volksbildung über die Ausbildung der künftigen Religionslehrer (LKAE Eisenach, 21-002 463, Altenburg). 140 Vgl. ebd., 2. 141 Vgl. ebd., 2. 142 Vgl. Schreiben des Christlichen Elternbundes Thüringen über dessen Schritte bezüglich der Vorbildung der Lehrer für den Religionsunterricht (LKAE Eisenach, 21-002 463, Altenburg). 143 Vgl. Brief des Reichselternbundes über dessen Entschließung am Reichselterntag am 6. – 8. 4. 1926 (LKAE Eisenach, 21-002 463, Altenburg). 144 Vgl. Entwurf einer Stellungnahme des Landeskirchenrats der Thüringer evangelischen Kirche
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die in der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt der Universität angeboten würden, stimmten nach Angaben des LKR ganz mit den Verordnungen in Preußen überein. Darüber hinaus käme dem Fach Religion im Rahmen der Ausbildung sogar eine höhere Bedeutung als in Preußen zu, wo dieses in den genannten Studienfächern nicht eigenständig aufgeführt werde145. Da in Thüringen zusätzlich die Möglichkeit bestehe, Religion als Hauptfach zu wählen, könne daher nicht die Rede davon sein, dass die Lehrerbildung in Thüringen rein weltlich sei146. Die Teilnahme eines Vertreters der Kirche an den Prüfungen sei bisher in den Prüfungsordnungen noch nicht vorgesehen, der LKR betonte jedoch, dass der noch ausstehende Erlass zu diesen Prüfungsordnungen die Möglichkeit gebe, diese Angelegenheit im Sinne der Kirche zu regeln147. Im Kontext der geplanten Neuregelung der Lehrerbildung in Thüringen im März 1927 wurden diese Gegebenheiten durch einen Vertreter des thüringischen Ministeriums erneut in Frage gestellt148. Zuletzt sei auf die Position des PI in Jena im Februar 1931 hingewiesen. Im Zusammenhang mit der Regelung der Prüfungsordnung wurde hier festgelegt, dass das Abschlusszeugnis der Studierenden ein Prädikat über eine möglicherweise abgelegte Prüfung in Religionslehre enthalten solle. Ausgegangen war diese Anforderung vom Volksbildungsministerium. Dem Institut stellte sich nun jedoch die Frage, ob die Alternative Lebenskunde – die als Fach bereits vorhanden war – im Zeugnis aufgenommen werden solle. Gleiches galt für die Frage nach Sonderregelungen für Studierende der katholischen Konfession149. Da jedoch das Fach Lebenskunde nicht als gleichwertiges Fach zur evangelischen Religionslehre angesehen werden könne, wurde diese Frage vom Ministerium abschlägig beantwortet150. Im Vergleich zur Situation in Bayern zeigt sich, dass in der Debatte um die Konfessionalität der Lehrerbildung weniger die Kirche selbst zum Akteur wurde, als vielmehr der Christliche Elternbund Thüringens immer wieder und konsequent auf die konfessionelle Prägung der Lehrerbildung drängte. Erfolg hatte er damit gleichwohl nicht, wobei als Gründe hierfür besonders die Tat-
145 146 147 148 149 150
zum Schreiben des Thüringer christlichen Elternbundes (LKAE Eisenach, 21-002 463, Eisenach). Vgl. ebd., 2 f. Vgl. ebd., 3. Vgl. ebd., 3. Vgl. Einige Ergänzungen zu den „Vorschlägen zur Neuregelung der Lehrerbildung vom 10. 3. 1927.“ (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. B 288, Weimar). Vgl. Schreiben des Pädagogischen Instituts Jena an das Thüringische Volksbildungsministerium über das Zeugnis über die Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 293, Jena). Vgl. Auf das Schreiben vom 14. 2. 1931 betreffend das Zeugnis über die Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 293, Weimar).
80 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 sachen anzuführen sind, dass einerseits die Gemeinschaftsschulen bereits etabliert waren und andererseits das Land Thüringen konfessionell einheitlicher geprägt war als dies in Bayern der Fall gewesen ist. Im Bereich Preußens und seiner Provinzen wurde die konfessionelle Lehrerbildung größtenteils kritisiert, wie unter anderem die genannten Positionen zeigen. Paul Schwenk, Mitglied der KPD, kritisierte im Preußischen Landtag das christliche Schulwesen als unzeitgemäß151. Dennoch müsse die Ausbildung als Religionslehrkraft möglich sein; wenn Lehrkräfte an einer Konfessionsschule angestellt werden wollen, müssten sie in diesem Sinne erziehen. Dass die PA, um deren Errichtung es hier ging, konfessionell ausgerichtet seien, sei dagegen nicht notwendig, wenn auch in speziellen Kursen die Möglichkeit dazu gegeben sein müsse, sich als Religionslehrkraft ausbilden zu lassen152. Auch Fritz Doht, Mitglied der SPD, sprach sich gegen die Konfessionalisierung der Akademien aus. Grund für seine Position war der Gedanke des Nationalen. Ein Argument, das immer wieder in der Debatte aufgeführt wurde, war, dass nur an simultanen Schulen gegenseitiges Verständnis gewonnen werden könne153. Auch innerhalb des Preußischen Landtags wurde die Frage nach der konfessionellen Gestaltung der Preußischen PA diskutiert154. Der Preußische Lehrerverein positionierte sich in dieser Debatte entschieden gegen die „konfessionelle Einengung“ in der Lehrerbildung. Im besten Fall solle die Lehrerbildung an bereits bestehende Hochschulen gelegt werden155. Die Evangelische Korrespondenz forderte, aus Angst, dass an evangelischen Akademien durch die dort ebenfalls stattfindende Ausbildung von „Lehrern von sozusagen neutraler religiöser Haltung“156 die übrigen Studierenden negativ beeinflusst würden, dass die evangelischen Kirchenbehörden hier besonders aufmerksam auf die Wahrung der evangelischen Interessen dringen solle. Ähnliche Befürchtungen finden sich auch an anderer Stelle157. Die Entscheidung innerhalb des Preußischen Ministeriums, dass die Lehrerbildung an den PA konfessionell ausgerichtet sein würde, war allerdings bereits im September 1924 gefallen. Durch deren konfessionelle Gliederung sollte den Bedingungen der Volksschule Rechnung getragen werden158. Eine Ausnahme gab es jedoch: Die PA in Frankfurt/Main wurde von Beginn an
Vgl. 2. Wahlperiode 1. Tagung 1925 (BayHStA München, MK 42091). Vgl. ebd., 10. Vgl. R., Lehrerbildungsfrage. Vgl. 2. Wahlperiode 1. Tagung 1925 (BayHStA München, MK 42091). Vgl. Zeitungsartikel aus der Westdeutschen Rundschau Nr. 18 über „Erziehung und Unterricht“ (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 2). 156 Zeitungsartikel aus der Zeitung Tägliche Rundschau Nr. 351 über „Die konfessionelle Seite der künftigen Lehrerbildung in Preußen“ (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 3, Berlin). 157 Vgl. Die Neuordnung der Lehrerbildung in Preußen (LkA EKvW, 21-017 1 174 3). 158 Vgl. Denkschrift über „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“ (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Berlin).
151 152 153 154 155
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simultan eingerichtet159. Die Etablierung des Faches Religion im Rahmen der Lehrerbildung wurde in dieser Debatte allerdings nicht in Frage gestellt160. Nach den Bestimmungen der Reichsverfassung, die vorsahen, dass die Volksschullehrerbildung reichseinheitlich nach „den Grundsätzen, die für die höhere Bildung allgemein gelten“ zu regeln sei, hätten die PA nicht konfessionell organisiert werden dürfen: „Diese Rechtsposition entsprach jedoch nicht den kultur- und bildungspolitischen Absichten der katholischen Zentrumspartei und der der evangelischen Kirche nahestehenden Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die im Preußischen Landtag die Entscheidung für die Einrichtung konfessionell ausgerichteter Pädagogischer Akademien durchsetzten.“161
Begründet wurde die Konfessionalität der Lehrerbildung von Kultusminister Carl Heinrich Becker mit der konfessionellen Gliederung Deutschlands162. Diese konfessionelle Gliederung war es jedoch, die der PA vielfach als Schwäche vorgeworfen wurde163. Als Preußische Provinz wurde auch in Westfalen die PA eingeführt. Vertreter Westfalens äußerten sich dabei auch im Preußischen Landtag unterschiedlich über deren konfessionellen Charakter. So wurde die Möglichkeit der Ausbildung der Religionslehrkräfte zwar als unbedingt notwendig erachtet, diese müssten sich auch im Klaren darüber sein, ob sie später an einer Konfessionsschule zu unterrichten im Stande seien; eine konfessionelle Trennung der Akademien sei aber nicht notwendig164. Auch der Gedanke des Nationalen, dessen Einheitlichkeit durch die Trennung nach Konfessionen gefährdet werde, tauchte auf165. In Bethel lagen die Sorgen dabei etwas anders. Bei der Einrichtung konfessioneller Lehrerakademien sei darauf zu achten, dass der Lehrernachwuchs nicht im kirchlich-liberalen Sinne beeinflusst werde. Auf der Inneren Missions-Woche in Bethel 1924 wurde daher beschlossen, dass in Kaiserswerth und Bethel private Akademien gegründet werden müssten. Die Bereitschaft in Bethel eine derartige Akademie einzurichten, bestand offenbar, finanziell existierten dabei allerdings einige Hürden166. Letzten Endes wurde in Westfalen 1929 eine evangelische Akademie in Dortmund eröffnet. Der Verlauf der – unterschiedlich situierten – Debatten in Bayern, Thüringen und Westfalen bzw. Preußen zeigt, dass die Grundargumentationen 159 160 161 162 163 164 165 166
Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 241 f. Vgl. Wermke, ,Religionspädagogik‘, 277 f. Ebd., 279. Vgl. ebd., 281. Vgl. Gutzmann, Hochschule, 85. Vgl. 2. Wahlperiode 1. Tagung 1925 (BayHStA München, MK 42091). Vgl. ebd., 35. Vgl. Überlegungen über eine evangelische Lehrer-Akademie in Bethel (LKAE Eisenach, 21017 1 174 2).
82 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 immer wieder dieselben waren. Während auf der einen Seite die konfessionelle Lehrerbildung als einengend kritisiert worden war, und befürchtet wurde, dass diese der Ausbildung eines Gemeinschaftssinnes der Lehrerschaft entgegenstehe, wurde auf der anderen Seite betont, dass konfessionelle Erziehung das genaue Gegenteil bewirke.
3.6 Die Reform der Lehrerbildung Seit 1848 hatten insbesondere die Volksschullehrkräfte eine Verbesserung ihrer Ausbildung gefordert. Mit der WRV und der damit verbundenen Aussicht auf tatsächliche Veränderungen in der Lehrerausbildung setzte die Diskussion um die Art der künftigen Volksschullehrerausbildung erneut ein. Als in Preußen 1925 die PA eingeführt wurden, entwickelten sich diese in der Debatte zu einem häufigen Vergleichspunkt. 3.6.1 Die Weimarer Reichsverfassung und ihre Bedeutung für die Ausbildung von Religionslehrkräften Den Anstoß nahmen die Diskussionen um die Reform der Lehrerausbildung in der WRV. Diese bestimmte, dass einerseits die Lehrerausbildung reichseinheitlich geregelt werden, andererseits jedoch bis zum Erlass eines Reichsschulgesetzes die Hoheit in der Lehrerausbildung bei den Ländern liegen sollte. In einigen Ländern wurde im Landtag ausdrücklich gefordert, die „Staatsregierung zu ersuchen, gemäß Art. 143 Absatz 2 der Reichsverfassung die Vorbildung der Volksschullehrer sofort […] umzugestalten“167. Es kam in der Frage, nach welchen Grundsätzen die höhere Bildung und Lehrerbildung reichseinheitlich geregelt werden solle, zu keiner Einigung. Obschon die Notwendigkeit einer Reform – wie auch die nachfolgend dargestellte Diskussion zeigt – allgemein anerkannt wurde, konnte man sich auf die entsprechenden Grundsätze ihrer Umsetzung nicht einigen168. Ein Entwurf des Reichsschulgesetzes widmete sich unter § 29 der Lehrerbildung und forderte im Hinblick auf den Religionsunterricht, dass dieser nur Lehrkräften übertragen werden dürfe, die „auf dem Boden des betreffenden Bekenntnisses stehen und die nötige Befähigung besitzen“ würden. Zugleich wurde festgehalten: 167 So in einem Antrag der DDP in einer Landtagsverhandlung in Württemberg am 26. 1. 1925. Landtagsverhandlungen in Württemberg (BayHStA München, MK 42091, Stuttgart). Auslassung durch die Verfasserin. 168 Vgl. Buchinger, Schule, 51 f.
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„[E]s bleibt aber zulässig, auch Bekenntnisverwandte zur Erteilung des Religionsunterrichts zuzulassen, wenn die Erziehungsberechtigten keinen Widerspruch erheben. – Die Länder haben die nötigen Vorkehrungen zu treffen, daß für die Erteilung des Religionsunterrichts eine entsprechende Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen in ausreichendem Umfange gewährleistet ist. – Wo über die Ausbildung von Seelsorgern staatliche Bestimmungen gegeben sind, sind die diesen Bestimmungen gemäß ausgebildeten Seelsorger zur Erteilung von Religionsunterricht als wissenschaftlich befähigt zu erachten.“169
Der Entwurf wurde jedoch beispielsweise in der Zeitschrift für evangelischen Religionsunterricht vom Verfasser nur mit Einschränkungen befürwortet. Hauptkritikpunkt war, dass hier „Unverträgliches“ zusammengehen solle, nämlich die Bestimmungen des evangelischen und katholischen Religionsunterrichts. Außerdem kritisierte er, dass weiterhin Sonderbestimmungen für den Religionsunterricht an den Volksschulen gelten sollten170. Über einen Entwurf hinaus kam die Arbeit am Reichsschulgesetz während der Weimarer Zeit nicht. So kam es, dass die einzelnen Länder je unterschiedliche Regelungen trafen. Wegweisend war hier die Errichtung der PA in Preußen, die auch in der gesamtdeutschen Diskussion kontrovers gesehen wurden. 3.6.2 Die Errichtung der Preußischen Pädagogischen Akademien und die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern und Thüringen In Preußen schien die Neuregelung der Lehrerbildung dringlich. Die bisher existierenden LBA sollten zu Ostern 1925, beziehungsweise Ostern 1926 endgültig auslaufen. Daneben war im Februar 1922 im Staatsministerium beschlossen worden, dass die pädagogische Fachausbildung der Lehrkräfte nicht länger als zwei Jahre dauern und nicht an den Universitäten oder in Verbindung mit diesen stattfinden sollte. Außerdem war im Oktober 1924 entschieden worden, dass für die Allgemeinbildung eine Reifeprüfung nach Besuch einer höheren Schule als Voraussetzung gelten sollte und im September 1924 war die Fachausbildung auf besondere PA festgelegt worden171. Dabei sei zu diesem Zeitpunkt eine endgültige Neuordnung der Lehrerbildung nicht angezeigt, da das gesamte Bildungswesen im Wandel begriffen sei. Es fehle außerdem an ausreichenden Erfahrungsgrundlagen. Es käme daher „zur Zeit bei der Neuordnung der Volksschullehrerbildung nicht so sehr darauf an, Fertiges, als vielmehr Entwicklungsfähiges zu schaffen“172. Aus dieser Argu169 Plath, Religionslehrer, Bd. 36, 229. 170 Vgl. ebd., 230 f. 171 Vgl. Denkschrift über „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“ (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Berlin). 172 Ebd., 6.
84 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 mentation heraus wurden vorerst drei Versuchsanstalten eingerichtet, welche erproben sollten, inwieweit die Richtlinien praktisch durchführbar seien, die mit dieser Denkschrift des Ministeriums vorlagen. Um das Ziel der Lehrerbildung erreichen zu können, sah die ministerielle Denkschrift vor, dass Volksschullehrkräfte befähigt werden müssten, als Volksbildner*innen und Volkserzieher*innen zu wirken. Daher müsse die Pädagogik mitsamt ihren Hilfswissenschaften das Kernstück der Ausbildung bilden. Wesentlich sei sowohl die Lebensnähe der Ausbildung als auch Verständnis für das religiöse und sittliche Leben des Volkes. Die Volksschule fordere daher von ihren Lehrkräften: „Pädagogische Schulung, Vertrautheit mit den zu vermittelnden geistigen, religiösen, sittlichen, technischen und künstlerischen Bildungswerten und ihrer Verwurzelung im heimatlichen Volkstum und eine ausgeprägte Berufsgesinnung.“173
Aus diesen Zielen heraus entwickelte die ministerielle Denkschrift den Charakter der PA. Diese sollten mehr als andere Institute bisher „Pflegestätten der Pädagogik“ sein, sie müssten „ihre Besucher mit den Bildungsgütern vertraut machen, deren Vermittlung und Pflege Aufgabe der Volksschule und Volksbildung ist“. Sie sollten auch zu „Pflegestätten heimatlicher Natur und Kultur und heimatlichen Volkstums“ werden174. Auch der Lehrplan war in der Denkschrift enthalten. Dieser sah vor, dass die wissenschaftliche Ausbildung der Akademiebesucher*innen in Vorlesungen und Übungen erfolgte, während deren praktische Seite durch Unterrichtsbesuche und eigene Unterrichtserteilung sowie daran anschließende Besprechungen und Konferenzen stattfinden solle. Der Schwerpunkt lag auf der eigenständigen Arbeit in den wissenschaftlichen Übungen und Unterrichtsversuchen, wobei allerdings nicht verkannt werden dürfe, dass „eine vielseitige Ausbildung in der kurzen Zeit von zwei Jahren nur bei planvoller Durchführung, bei vollständiger und zweckmäßiger Ausnutzung der verfügbaren Zeit und unter Abweichung aller dem Bildungsgang wesensfremder Nebenzwecke erreicht werden kann“175.
Ebenfalls wurde hervorgehoben, dass es nicht Aufgabe der PA sein könne, den angehenden Lehrkräften bereits all das Wissen zu vermitteln, welches sie später im Beruf bräuchten. Dieses Wissen müsse stets von Neuem erworben werden. Auch solle nicht eine systematische Darstellung der Methodik jedes einzelnen Faches gegeben werden. Es ginge vielmehr darum „in fester Verbindung mit dem Unterricht der Übungsschule Beispiele methodischer 173 Denkschrift über „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“ (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Berlin), 7–9. 174 Ebd. 175 Ebd, 9–11.
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Durcharbeitung typischer Unterrichtsstoffe als richtunggebend“ zu verwerten176. Ein weiteres Mittel, das die Denkschrift zur Weiterbildung der Akademiebesucher nannte, waren Arbeitsgemeinschaften. Die Beteiligung an einer wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft war in jedem Halbjahr für die Studierenden verbindlich. Auch das Gemeinschaftsleben der Akademiebesucher*innen erhielt in der Denkschrift einen hohen Wert177. Von den Dozierenden an den PA wurde „Vertrautheit mit dem Volksschulwesen und der Lehrerbildung“ sowie eine „abgeschlossene akademische Bildung“ gefordert178. Für die praktische Ausbildung waren Übungsschulen vorgesehen179. Die Unterbringung der Akademiebesucher*innen war aus Kostengründen nicht in gemeinsamen Heimen vorgesehen, stattdessen sei die Unterbringung in Bürgerquartieren vorzuziehen. Um jedoch dem Gemeinschaftsleben der jungen Besucher*innen gerecht zu werden, sollten gut ausgestattete Tagesheime an die Akademien angegliedert werden180. Für die Lehramtsprüfung am Schluss des zweijährigen Bildungsganges an der Akademie sah die Denkschrift eine schriftliche Hausarbeit über ein pädagogisches Thema, eine Lehrprobe sowie eine mündliche wissenschaftliche Prüfung vor. Der Besuch der Arbeitsgemeinschaften solle im Zeugnis vermerkt werden181. Von den drei Akademien, die zuerst eingerichtet wurden, sollte eine der Ausbildung katholischer Lehrkräfte dienen, die anderen beiden waren für die Ausbildung evangelischer Lehrkräfte vorgesehen. Es wurde empfohlen, die Akademien in Kultur- und Bildungsmittelpunkte zu verlegen, „[u]m Erfahrungen bezüglich der Wirkung fremder Bildungseinflüsse auf sie zu sammeln“182. Als Grund für die Schließung der bisherigen LBA und die damit verbundenen bildungspolitischen Maßnahmen Preußens 1919, führt Sebastian Müller-Rolli die Überfüllung der Präparandenanstalten und Seminare an. Angesichts dieser Überfüllungssituation hätte man sich zunächst keinem Handlungsdruck ausgesetzt gesehen183. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise und den daraus resultierenden notwendigen Sparmaßnahmen kam es zunächst zu einem Ende bei der Errichtung weiterer Akademien, dann zu Auf-
176 Denkschrift über „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“ (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Berlin), 11 f. 177 Vgl. ebd., 13. 178 Ebd., 17 f. 179 Ebd., 18 f. 180 Vgl. ebd., 21 f. 181 Vgl. ebd., 24. 182 Ebd., 25. 183 Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 241.
86 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 lösungen. Bis 1932 wurden so acht der 15 bis dahin errichteten Akademien wieder geschlossen184. Da Westfalen preußische Provinz war, wurde hier in der Neuordnung der Lehrerbildung nach preußischem Muster verfahren. Am 4. Dezember 1928, nachdem bereits die ersten PA in Preußen eröffnet worden waren, fand auf Einladung des preußischen Kultusministers Becker in Dortmund eine Besprechung von Ministerialräten unter Einschluss des Preußischen Finanzministers statt. Dabei sollten hinsichtlich der Frage, ob in Dortmund eine PA errichtet werden solle, Fragen der Unterbringung sowie die Benutzung von geeigneten städtischen Volksschulen als Akademieschulen diskutiert werden185. Offenbar konnte diese im Einvernehmen mit dem Finanzminister Preußens zum 1. April 1929 eröffnet werden186. Auch zwei Akademieschulen wurden bestimmt187. Der Vertrag, der hinsichtlich der Errichtung der PA in Dortmund zwischen dem Preußischen Staat, vertreten durch den Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und der Stadtgemeinde Dortmund, vertreten durch den Magistrat, datierte auf den 29. Januar 1929188. Er bestimmte, neben den bereits genannten Aspekten, die Angelegenheiten der Finanzierung und die Bereitstellung des Akademiegeländes189. Auch in Bielefeld wurde offenbar die Errichtung einer evangelischen PA erwogen, die Arbeiten dazu waren bereits weit vorangeschritten190. Es kam aus finanziellen Gründen nicht zu weiteren PA, stattdessen unterlagen viele der Akademien den Schließungen angesichts der – von Müller-Rolli bereits als Ursache genannten – Weltwirtschaftskrise. Als eine von sieben PA konnte Dortmund im Frühjahr 1933 Besucher*innen aufnehmen191. Die Richtlinien für den Unterricht und das Studium an der PA in Dortmund entsprachen den preußischen Richtlinien. Für das Landschulpraktikum erließ der Dortmunder Direktor Prof. Dr. Kurt Körber im Oktober 1930 eigene Bestimmungen, anhand derer deutlich wird, dass die „Landbevölkerung“ hier als 184 Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 242. 185 Vgl. Schreiben des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung an den Magistrat in Dortmund unter der Ziffer U III Nr. 2556.1 (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Berlin). 186 Vgl. Schreiben unter der Ziffer U III Nr. 453 zur Gründung einer Pädagogischen Akademie in Dortmund (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Berlin). 187 Vgl. U III Nr. 938 UIIIB, UIIIC (LAV NRW W – Landesarchiv NRWAbteilung Westfalen, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Berlin). 188 Vgl. Vertrag zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und der Stadt Dortmund (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64165, Dortmund / Berlin). 189 Vgl. ebd. 190 Vgl. Schreiben zu U III Nr. 1106–1929 betreffend Errichtung einer pädagogischen Akademie in Bielefeld (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6845, Bielefeld). 191 Vgl. Bekanntmachung unter der Ziffer U III Nr. 1574.1 (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6845, Berlin).
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deutlich unterschieden von der „Stadtbevölkerung“ hinsichtlich ihrer Psyche aber auch ihrer Umwelt erfasst wurde192. Aus den Richtlinien wird aber auch deutlich, wie Körber die Aufgabe der Akademie interpretierte. Bei den Bestimmungen hinsichtlich der Aufgaben der Klassenlehrkräfte in der Betreuung der Studierenden betonte er, dass es unbedingt vermieden werden solle, dass diese in eine ihrer „Wesensart nicht entsprechenden methodischen Richtung hineingezwungen“ würden. Die Akademie gebe den Studierenden nicht „bestimmte Formalmethoden“ mit, sondern sehe ihre Aufgabe darin, diese „zu befähigen, sich von Fall zu Fall die Wege selbständig zu erarbeiten“193. Das Landschulpraktikum sollte dabei in Westfalen ein erster Versuch sein, über den aus Preußen bisher keinerlei vergleichbare Erfahrungen vorlagen194. Bis 1932 überarbeitete die Akademie in Dortmund diese Richtlinien aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre heraus195. Zunächst bedeutete die Einführung der PA in Preußen die Umsetzung von bereits lange geäußerten Reformanliegen. Ihre Institutionalisierung war jedoch von einer intensiven Debatte begleitet, in der nicht nur ihr geringer wissenschaftlicher Grad, sondern auch ihre konfessionelle Ausrichtung heftig kritisiert wurde196. In Bayern diskutierte der Landtag in einer Sitzung am 26. Juni 1925 über die Frage der Neuordnung der Lehrkräfte. Dabei wurde einerseits auf die drei unterschiedlichen Möglichkeiten einer solchen Neuordnung – Reform der bestehenden LBA, Angliederung der Lehrerbildung an die Universität oder Einrichtung einer eigenen Hochschule für die Lehrerausbildung – referiert sowie andererseits die Preußischen PA einer Kritik unterzogen. So richtete sich beispielsweise Michael Stapfer, Mitglied in der BVP, eindeutig gegen eine Ausbildung der Volksschullehrkräfte an der Universität197. Dr. Karl Scharnagl, ebenfalls bei der BVP, hob in diesem Zusammenhang hervor, dass sich die Volksschullehrerausbildung nach den Bedürfnissen der Volksschule zu richten hätte. Eine wissenschaftliche Ausbildung, wie sie im Rahmen der Universität erteilt wurde, schien seiner Meinung nach in diesem Zusammenhang nicht notwendig. Er betonte überdies, dass auch die finanzielle Seite bei einer etwaigen Neuordnung wichtig sei. Er führte seine Argumentation gegen eine Hochschulbildung der Volksschullehrkräfte in drei Punkten aus. So würde 192 Vgl. Richtlinien für das Landschulpraktikum der Studierenden der Pädagogischen Akademie Dortmund (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Dortmund). Hervorhebungen im Original. 193 Ebd., 2 f. Damit entsprachen die Dortmunder Richtlinien den Zielbestimmungen in der bereits ausführlich dargestellten Denkschrift. 194 Ebd., 4. 195 Vgl. Protokoll der Konferenz am 9. 1. 1932 über das Landschulpraktikum vom 3. – 29. 11. 1931 (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, [Dortmund]). 196 Vgl. Wermke, ,Religionspädagogik‘, 277 f. 197 Vgl. Bayerischer Landtag, Berichte, Bd. 3, 300.
88 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 eine derartige Ausbildung auf ein Fachlehrersystem hinauslaufen. Mit dem Klassenlehrersystem der Volksschule gehe das jedoch nicht zusammen. Als Negativbeispiele wurden hier vom Redner die bereits durchgeführten Reformen in Jena, Leipzig und Dresden genannt198. Sein zweites Argument gegen eine Hochschulbildung war, dass auf diese Weise die praktische Ausbildung nicht in genügender Weise gewährleistet werden könne. Zuletzt führte K. Scharnagl an, dass im Rahmen einer Universitätsausbildung auch die, von ihm als notwendig verstandene, konfessionelle Ausrichtung der Ausbildung nicht gesichert sei. Er forderte daher ausdrücklich die konfessionelle Lehrerbildung199. Zuvor hatte sich auch Streicher (fraktionslos) zur Reform der Lehrerausbildung geäußert. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Rednern sprach er sich für eine Hochschulbildung der Volksschullehrkräfte aus. Er dementierte jedoch den – anscheinenden – Vorwurf, dass es sich bei der Forderung nach Hochschulbildung seitens der Volksschullehrkräfte lediglich um Standesforderungen handle: „[E]s ist etwas Selbstverständliches, daß wir im Interesse der gesamten Volksbildung verlangen, daß der, der auf die Masse des Volkes erzieherisch einzuwirken hat, die Möglichkeit bekommt, sich auf der Hochschule das höchste Wissen zu holen, das zu holen ist.“200
In derselben Sitzung wurden zudem einige Beschlüsse zur Lehrerausbildung gefasst. Neben den Entscheidungen, die die konfessionelle Gestaltung der LBA in Bayern betrafen, ist vor allem der Antrag an den Landtag relevant, der forderte, dass eine Denkschrift zur Lehrerbildung vorgelegt werden solle. Dieser sozialdemokratische Antrag, der im Laufe der Sitzung beschlossen wurde, forderte: „Der Landtag wolle beschließen: Die Staatsregierung wird ersucht dem Landtage mit tunlichster Beschleunigung eine Denkschrift vorzulegen, in der die Fragen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung […], ferner die Reform der Lehrerbildung allseits dargetan wird.“201
Daneben lag ein Ergänzungsantrag aus den Reihen der DDP sowie der DVP vor, der forderte, dass ein Ausschuss unter Leitung des Kultusministeriums eingerichtet werden solle, der Richtlinien zur Frage der Lehrerbildung ausarbeiten solle. Bei der Ausarbeitung der Richtlinien solle der Ausschuss die Bestimmungen der Reichsverfassung berücksichtigen und die Lehrerbildung der anderen Länder im Blick haben202. 198 Vgl. Bayerischer Landtag, Berichte, Bd. 3, 300. In Dresden wurde mit dem Pädagogischen Institut eine Sonderform der Lehrerausbildung eingeführt. Eine ausführliche Studie liefert hier Jutta Frotscher. Frotscher, Volksschullehrerausbildung, Bd. 22. 199 Vgl. Bayerischer Landtag, Berichte, Bd. 3, 307. 200 Ebd., 294. 201 Ebd., 318 f. 202 Ebd., Berichte, 318 f.
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Der Antrag wurde angenommen und 1927/28 lag die geforderte Denkschrift vor, die jedoch vor allem ein erneuter Anlass zur Diskussion wurde. Ein Entwurf zu dieser Denkschrift aus dem Jahr 1927 stammte von Vogelhuber, der seit 1919 Referent für Lehrerbildung im Bayerischen Landtag war. Darin gab er zunächst verschiedene Aspekte des bayerischen Standpunktes zur Lehrerbildungsreform wieder, bevor er seinen eigenen Standpunkt erläuterte. Vogelhuber stellte zu Beginn fest, dass es aus Sicht Bayerns ausgeschlossen war, eine gemeinsame Verständigung der Länder im Hinblick auf die Lehrerbildung zu finden. Daher werde Bayern nach seinen Bedürfnissen eine Neuordnung vornehmen und sich dabei die Erfahrungen der anderen Länder zunutze machen203. Er verwies abermals auf den Standpunkt des bayerischen Unterrichtsministeriums, dass die Ausbildung der Volksschullehrkräfte nach den Bedürfnissen der Volksschule ausgerichtet sein müsste, und daher nicht an der Hochschule stattfinden könnte. Dennoch werde die Reformbedürftigkeit im Bereich der Lehrerbildung anerkannt204. Vogelhuber nannte erneut die Standpunkte von staatlicher, kirchlicher Seite, sowie der Eltern- und Lehrerverbände. Er stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die „weltanschauliche Richtung der Gesinnung“ das „Ausschlaggebende bezüglich der Konfessionalität der Lehrerbildung ist“ und dass diese „immerhin durch die Form der Lehrerbildung mitbeeinflußt wird“. Er erkannte: „Erziehungswissenschaft ist nicht in erster Linie Fachwissenschaft, sondern logisch geht Weltanschauung voraus“.205 Nachdem Vogelhuber nun die außerbayerischen Lösungen der Lehrerbildungsreform darstellte, und unter anderem die Standpunkte Sprangers und Franz Xaver Eggersdorfers sowie der preußischen Denkschrift wiedergab206, folgten nun auf dieser Grundlage seine eigenen Positionen. Vogelhuber definierte Lehrerbildung als „Bildung zur Persönlichkeit und zur Fähigkeit der Berufsausübung“207. Aus diesen Aufgaben, die der Lehrerbildung von ihm zugeschrieben wurden, resultierte die Frage nach der Notwendigkeit der wissenschaftlichen Bildung der Volksschullehrkräfte. Er griff damit die Kernfrage der Diskussion auf: Brauchen Volksschullehrkräfte eine wissenschaftliche Bildung, oder sind sie damit überqualifiziert für ihren Beruf an der Volksschule, für den sie mehr das praktische Handwerk brauchen? Er beantwortete diese Frage jedoch erst an späterer Stelle. Zunächst ging er weiter auf den Persönlichkeitsbegriff ein, der für ihn unter anderem eng mit Religiosität verbunden war. So definierte er Persönlichkeit als „Erhebung sämtlicher Seiten der Individualität in ihrer organischen Verbundenheit in das 203 Vgl. Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092). 204 Vgl. ebd., 31 f. 205 Vgl. ebd. 206 Vgl. ebd. Konkret ging er an dieser Stelle auf die PA Preußens, die Neuordnung der Lehrerbildung in Sachsen und Oldenburg ein. (Ebd., 72). 207 Ebd., 236.
90 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 religiös-sittliche Wertgebiet“208. In diesem Wertgebiet seien für Lehrkräfte drei Begriffspaare wichtig: Religion und Moral, Volk und Staat sowie Heimat und Beruf209. Die Werte, die mit diesen Begriffen verbunden seien, „müssen vom Lehrer und Erzieher erlebt sein und gewollt werden“. Mit ihnen sei eine „Werterfülltheit“ verbunden, „welche die wesentliche in seiner Persönlichkeit liegende Voraussetzung für seine Erziehertätigkeit ist“210. Lehrkräfte und Erzieher*innen bräuchten jedoch noch mehr. Da Volksschullehrkräfte die „Bildungskräfte“ kennen müssten, die im Kind wirken, müssten sie vor allem Wissen über das Wesen und die Entwicklung des Kindes besitzen, und zwar sowohl in religiös-sittlicher wie auch in intellektueller, körperlicher und geistiger Hinsicht. Pädagogik und Psychologie besaßen daher für die Lehrerbildung nach Vogelhubers Ansicht eine wichtige Bedeutung. Vogelhuber schilderte im Anschluss an die obigen Ausführungen die Zielbestimmungen für die Lehrerausbildung an den LBA. Das Ziel des Religionsunterrichts an den LBA formulierte er folgendermaßen: „Religion: Kenntnis des dem Religionsunterrichte der Volksschule zugewiesenen Lehrstoffes sowohl nach der dogmatischen wie geschichtlichen Seite, Kenntnis des Lebens und der Geschichte der Kirche. Befestigung im Glauben und in der Gesinnung und Erziehung einer religiösen Persönlichkeit. Befähigung zum Wirken an der Bekenntnisschule sowohl nach der persönlichen wie der pädagogischen Seite hin.“211
Die Reform der Lehrerbildung war seines Erachtens nicht möglich, wenn der Staat nicht bereit sei, die Kosten für eine derartige Reform zu übernehmen212. Die jetzige Form der Lehrerbildung beurteilte Vogelhuber jedoch als Sackgasse, er erachtete eine Reform dementsprechend für dringend notwendig213. Er stellte jedoch fest, dass es in der Diskussion um die Lehrerausbildung bisher keinen allgemein anerkannten Entwurf gäbe214. Vogelhuber führte die möglichen Formen der Reform aus. Der erste Vorschlag beinhaltete eine wissenschaftliche Berufsausbildung in schulmäßiger Form, der zweite die Ausbildung an der Universität und der dritte die Einrichtung von PA beziehungsweise Bildnerhochschulen215. Die 208 Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092), 236 f. 209 Mit den letzten beiden Begriffspaaren griff Vogelhuber Begriffe auf, die auch im Rahmen der derzeit stattfindenden Lehrerversammlungen und den erscheinenden Lehrerverbandszeitschriften in ihrer Bedeutung für den Religionsunterricht diskutiert wurden. 210 Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092). 211 Ebd., 245. Hervorhebungen im Original. 212 Vgl. ebd., 274. 213 Vgl. ebd., 277. 214 Vgl. ebd., 285. 215 Der Begriff der Bildnerhochschule stammte aus Entwürfen Sprangers, auf die sich Vogelhuber in seinem Denkschriftenentwurf bereits mehrfach bezog.
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Ausbildung an der Universität lehnte Vogelhuber ab216. Vom weltanschaulichen Aspekt her bevorzugte er die Bildnerhochschule, da diese bekenntnismäßig gegliedert werden konnte und eine weltanschauliche Durchdringung der Lehrpersönlichkeit ermögliche217. In seiner abschließenden Stellungnahme äußerte Vogelhuber sich folgendermaßen und fasste damit zugleich die wesentlichsten Aspekte seiner Denkschrift zusammen: „1. Inhalt und Rahmen der jetzigen Lehrerbildung sind unzureichend. 2. Eine wirkliche Reform bedeutet nur die volle Erhebung des Lehrerberufes auf die wissenschaftliche Ebene d. h. die Verlegung der Lehrerbildung auf die Hochschule nach erlangter Hochschulreife. 3. Einer Reform nach 2. stehen schwere Bedenken entgegen: Die Kostenfrage, die Bedarfsfrage, die Frage der Beschaffenheit des Nachwuchses. 4. Mehrere Länder machen trotz dieser Bedenken den Versuch; Bayern handelt klug, wenn es die Erfahrungen dieser Länder abwartet und nützt.“218
Ausgehend von dem Entwurf seiner Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern wurde diese Frage 1927 erneut diskutiert. Obgleich anerkannt worden war, dass „die Lehrerbildung eines Ausbaues und einer Fortentwicklung fähig und bedürftig ist“, wurde die entsprechende Neuordnung nicht als dringend erachtet219. Die Universität als Lehrerbildungsstätte wurde auch in dieser Phase der Debatte mehrheitlich abgelehnt220. Im Laufe der an die Denkschrift anschließenden Landtagsdebatte wurde lediglich beschlossen, dass die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern auf Grundlage der vorgelegten Denkschrift per Gesetz geregelt werden solle221. Weitergehende Anträge an den bayerischen Landtag, welche die Form dieser Neuordnung mitdachten, konnten keine Mehrheit gewinnen222. Der Bayerische Lehrerverein forderte im September 1928 erneut die Ausbildung der Volksschullehrkräfte an der Universität und bezog sich in seinen Darstellungen ausführlich auf die Denkschrift des Ministeriums. In dieser Position wusste sich der Bayerische Lehrerverein überdies in Übereinstimmung mit Universitätslehrern wie beispielsweise Prof. Peter Petersen223. Die Universitäten wurden – in deutlicher Abgrenzung zu möglichen PA – als „die berufenen 216 Vgl. Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092). 217 Vgl. ebd., 315. 218 Vgl. ebd., 319. 219 Neuordnung der Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42092, München). 220 Vgl. Bemerkungen des Ref.2 b zur Denkschrift über die Lehrervorbildung (BayHStA München, MK 42092, München). 221 Vgl. Antrag an den Bayerischen Landtag (BayHStA München, MK 42094, München) und Antrag der Abgeordneten Timm und Genossen (BayHStA München, MK 42095, München). 222 Vgl. Antrag an den Bayerischen Landtag (BayHStA München, MK 42094, München). 223 Vgl. Zweite Denkschrift des Bayerischen Lehrervereins „Zur Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern“ (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308).
92 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Stätten zur Übernahme der künftigen Lehrerfachbildung“224 angesehen. Neben ideellen Gründen führte der Verein auch finanzielle Argumente an und konstatierte, dass derartige „Gesonderte Akademien“ nur „Hochschulen zweiten Grades“ sein würden und teurer seien als die Übertragung der Lehrerbildung an die Universitäten. Im Zuge der Forderungen des Bayerischen Lehrervereins wurde betont, dass Bayern den anderen Ländern in der Neuordnung der Lehrerbildung bereits hinterherhinke. Die Kirche widmete sich, anlässlich der ministeriellen Denkschrift, der Debatte um die „Lehrerbildungsfrage“ mit dem Ziel, eine Erklärung des LKR zu diesem Thema zu erarbeiten225. Neben der Frage nach der Konfessionalität betonte Kirchenpräsident Friedrich Veit in dieser Auseinandersetzung, dass die Berufsfachbildung der Lehrkräfte im besten Fall an die Universität zu verlegen sei, wobei auch in dieser Entscheidung die Frage nach der Konfessionalität und das Interesse der evangelischen Kirche sich gegen die katholische Kirche zu behaupten im Hintergrund stand226. Wesentlicher Aspekt der Diskussion war in diesem Rahmen auch das Verhältnis zwischen Lehrerschaft und Kirche, das im besten Fall zu einem Vertrauensverhältnis werden sollte227. Im Ergebnis der Verhandlungen im Oktober 1928 wurde schließlich die „Erziehung im Geiste des evangelischen Christentums“ im Zusammenhang der Lehrerbildung verlangt. Ein Anspruch aus dem explizit nicht die Forderung der Konfessionalisierung abgeleitet wurde228. Abgesehen davon trat der LKR mit der nun veröffentlichten Stellungnahme zur Lehrerbildungsfrage „für eine weitgehende Angleichung der Lehrerbildung an den Bildungsgang der übrigen höheren Berufe ein“229. Der Anschluss der Berufsausbildung der Lehrkräfte an die Universitäten wurde gefordert, nicht jedoch die ausschließliche Ausbildung der Lehrerschaft an der Universität. Weiterhin wurde im Rahmen der Landtagsverhandlungen zur Neuordnung der Lehrerbildung keine Entscheidung getroffen; eine Tatsache, die von verschiedensten Seiten kritisiert wurde, da stark mit der Möglichkeit gerechnet werden musste, dass die aktuelle Zwischenlösung zum Dauerzustand werden würde. Die Befürchtung, dass Bayern was die Neuordnung der Lehrerbildung anbelangt hinter den anderen Ländern zurückbleibe, wurde wiederholt geäußert230. Als Argument dafür, dass die Lehrerbildung in Bayern nicht geän224 Zweite Denkschrift des Bayerischen Lehrervereins „Zur Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern“ (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308), 32. Hervorhebungen im Original. 225 Vgl. Sitzungsbericht über die 1. Sitzung des Landessynodalausschusses am Montag den 8. 10. 1928 (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308). 226 Vgl. ebd., 4. 227 Vgl. Sitzungsbericht über die 2. Sitzung des Landessynodalausschusses am 8. 10. 1928 (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308). 228 Vgl. ebd., 7. 229 Evangelischer Presseverband für Bayern, Stellungnahme des Landeskirchenrates zur Lehrerbildungsfrage, 27. 10. 1928, (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308, Nürnberg), 1. 230 Vgl. Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308, Augsburg).
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dert werden könne, wurde stets die Finanzlage des Staates angeführt231. So kam es in Bayern bis 1935 nicht zu einer Neuordnung der Lehrerbildung. Anders als Bayern war Thüringen eines der ersten deutschen Länder, das den Wunsch der Volksschullehrerschaft nach höherer Bildung aufgriff. Die Debatte um die Ausführung der Reform war dabei von unterschiedlichen Parteien bestimmt. Das thüringische Ministerium für Volksbildung und Justiz entschied sich bereits vor 1925 dafür, auch die Ausbildung von Volksschullehrkräften an die Universitäten zu verlegen. Im Februar 1925 begann das Land mit dem Abbau der alten Seminare, der bis Ostern 1927 abgeschlossen werden sollte232. Eine vorläufige formale Klärung der Gegebenheiten durch eine Prüfungsordnung erfolgte allerdings erst im Jahr darauf. Da die Umgestaltung der Lehrerbildung zu dieser Zeit noch nicht als abgeschlossen gelten konnte, äußerten sich Dozenten der Universität sowie der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt und Vertreter der Kirche zu den geplanten Maßnahmen. Von Seiten der Lehrerschaft wurde dabei beispielsweise eine kommende Junglehrernot befürchtet, die mit der Erhöhung der Studiendauer von angehenden Lehrkräften auf drei Jahre in Verbindung gebracht wurde. Die angehobenen Bedingungen hinsichtlich der verlangten Vorbildung bei Lehrkräften, verbunden mit der gleichzeitigen Verschlechterung der Anstellungsbedingungen wurden deutlich kritisiert233. Doch nicht nur aus den Reihen der Lehrerschaft selbst wurden die getroffenen Maßnahmen in der Umgestaltung der Lehrerbildung verurteilt. Auch der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss befasste sich mit der Thematik und beschloss im Juni 1925 in Eisenach eine Reihe von Leitsätzen, die auch für die späteren kirchlichen Stellungnahmen zur Lehrerbildung von Bedeutung waren. An erster Stelle wurde die Forderung nach wissenschaftlicher Lehrerbildung als berechtigt angesehen. Gleichzeitig wurde gefordert, dass jede Form der Lehrerbildung an Ausbildungsstätten mit dezidiert evangelischem Charakter stattzufinden hätte. Neben der methodischen Ausbildung wurde auch die Stärkung der wissenschaftlichen Ausprägung gefordert, ebenso wie gewünscht wurde, dass die verantwortlichen Dozierenden im Einvernehmen mit der Kirche berufen werden sollten, die Kirche an den Lehrerprüfungen beteiligt werde sowie ein Mitspracherecht beim Lehrplan erhalte234. 231 Vgl. Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003-4308, München). 232 Vgl. Schreiben an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus über die Neuordnung der Lehrerbildung in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Weimar). 233 Vgl. Zeitungsartikel in „Das Volk“ über die „Künftige Junglehrernot in Thüringen“ (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 2, Weimar). 234 Vgl. Anlage zum Schreiben von Dr. Böhme an die Evangelischen Kirchenregierungen vom 15. 9. 1925 mit der Aktenbezeichnung K.A. 2129 über Leitsätze für die Lehrerbildung (LKAE Eisenach, 21-002 463, [Eisenach]).
94 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Auch Bohne und der thüringische christliche Elternverband äußerten sich mit Erwartungen, die teilweise in eine ähnliche Richtung gingen, in einigen Teilen jedoch ein noch weitergehendes Mitspracherecht der Kirche verlangten. So wurde kritisiert, dass die derzeitige Ausbildung der angehenden Volksschullehrkräfte im Fach Religion nicht ausreichend sei und dass Vorlesungen über Religionspsychologie sowie Religionspädagogik fehlen würden. Die Ausbildung in der Verantwortung der theologischen Fakultät der Universität Jena wurde in diesem Zusammenhang im Ganzen kritisch gesehen235. Ausgehend von der Feststellung, dass die religiöse Schulung der Volksschullehrkräfte im Vergleich zu deren philosophischer Durchbildung vernachlässigt werde236, wurde gefordert, dass die theologische Fakultät auch theologische Vorlesungen anbieten solle, die für die Pädagogikstudierenden verständlich seien, dass generell die Belange des Religionsunterrichts im Rahmen der Lehrerbildung weiter berücksichtigt werden und dass die akademische Ausbildung stärker durch die evangelische Weltanschauung beeinflusst werden sollten237. Als Leiter der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt der Universität in Jena äußerte sich auch Petersen zur Frage der Lehrerbildung. Er sah keinen Grund, den in Jena für die Lehrerbildung eingeschlagenen Weg abzubrechen. Die angeführte finanzielle Belastung, die durch die Neuordnung entstehe, blieb nach seiner Ansicht hinter der – zu diesem Zeitpunkt auch in Thüringen diskutierten – Errichtung einer PA weit zurück238. Die Erziehungswissenschaftliche Anstalt sorge für die wissenschaftliche Ausbildung der angehenden Volksschullehrkräfte. Um den neuen Anforderungen an diese Ausbildung genügen zu können, habe die Erziehungswissenschaftliche Anstalt „Didakti235 Vgl. Schreiben des Christlichen Elternbundes in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Altenburg). 236 Vgl. ebd., Bl. 92. 237 Insbesondere die letzte Forderung, die von Seiten des Elternbundes mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für protestantische Weltanschauung verbunden war, wurde vom Dekan der theologischen Fakultät entschieden abgelehnt. Eine Stellungnahme, die auch das Ministerium teilte. Auf das abschlägige Schreiben wandte sich Bohne im November desselben Jahres nochmals an das Ministerium wobei betont wurde, dass die theologische Fakultät nicht in der Lage sei, die religionspädagogische Ausbildung zu übernehmen und der dringenden Bitte, die Mängel in der Lehrerbildung zu beheben. Vgl. Schreiben des Christlichen Elternbundes in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Altenburg), Bl. 92v-Bl. 93v; Eingabe des Christlichen Elternbundes Thüringen (UAJ Jena, J 145, Jena); Schreiben mit der Aktennummer IV. 1643A 4 zum Schreiben des Thüringer Christlichen Elternbundes über die Ausbildung der künftigen Religionslehrer (LKAE Eisenach, 21-002 463, Weimar); und Schreiben an das Ministerium für Volksbildung und Justiz über die Ausbildung der künftigen Religionslehrer an der theologischen Fakultät der Universität Jena (LKAE Eisenach, 21-002 463, Altenburg). 238 Vgl. Denkschrift über den Stand der akademischen Ausbildung der Volksschullehrer an der Landesuniversität Jena und ihre Organisation zu Ostern 1926 nach Erscheinen der preußischen Denkschrift zur Errichtung Pädagogischer Akademien (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Jena).
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sche Kurse“ eingerichtet. Dozierende der Universität hielten diese an der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt ab und berichteten darin unter anderem über Religionswissenschaft, aber auch über thüringische Heimatkunde und Wohlfahrtspflege. Petersen akzentuierte den hohen Wert dieser Kurse, der auch von den sie erteilenden Dozierenden stets hervorgehoben werde239. Anfang 1926 verdeutlichte Petersen gegenüber einer Anfrage des thüringischen LKR hinsichtlich der Regelungen zur Ausbildung von Religionslehrkräften240, dass die Erziehungswissenschaftliche Anstalt von Anfang an ein besonderes Interesse für die Ausbildung von Lehrkräften für den evangelischen Religionsunterricht gehabt habe. Die geltende Regelung sehe vor, dass Religionswissenschaft als Haupt- oder Nebenfach studiert werden könne241. Petersen hob hier außerdem den Unterschied zwischen der allgemein stofflichen und der methodischen Ausbildung hervor. In den „Didaktischen Kursen“ würden daher Kernfragen der einzelnen Fächer behandelt, die im direkten Zusammenhang mit der Schule stünden. Für Religion hätten bisher die Professoren Willy Staerk, Heinrich Weinel und Karl Ludwig Schmidt der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Jena derartige Kurse abgehalten. Außerdem war ein eigener Kurs zur Methodik des Religionsunterrichts in Planung242. Die „jugendkundlichen Fragen“ behandelte Petersen selber, wobei er besonderes Gewicht auf die religiöse Entwicklung der Kinder legte243. Nachdem im April 1926 von Seiten des thüringischen Ministeriums deutlich gemacht wurde, dass noch keine endgültige Regelung in Sicht sei, da die Ergebnisse der anderen deutschen Länder abgewartet würden und die bisherigen Maßnahmen noch nicht ausreichend erprobt seien244, wurde im Juli desselben Jahres eine neue Prüfungsordnung erlassen. Diese ersetzte die bisherigen Ausführungsbestimmungen des § 2 des Lehrerbildungsgesetzes von 1924 und die bisherige Prüfungsordnung. Es wurden zwei Prüfungsabschnitte vorgesehen, ein wissenschaftlicher sowie ein praktisch-pädagogischer Teil. Während im wissenschaftlichen Teil erziehungswissenschaftliche, psychologische und philosophische Kenntnisse geprüft werden sollten, testete 239 Vgl. Denkschrift über den Stand der akademischen Ausbildung der Volksschullehrer an der Landesuniversität Jena und ihre Organisation zu Ostern 1926 nach Erscheinen der preußischen Denkschrift zur Errichtung Pädagogischer Akademien (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Bl. 128. 240 Vgl. Bitte des Landeskirchenrats der Thüringer evangelischen Kirche um Auskunft beim Thüringischen Ministerium für Volksbildung und Justiz unter der Ziffer A.I 4170 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Eisenach). 241 Vgl. Antwort von Peter Petersen auf das Schreiben des Ministeriums für Volksbildung und Justiz mit der Ziffer IV 98A 4 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Jena). 242 Vgl. ebd., Bl. 2v-Bl. 2r. 243 Vgl. ebd., Bl. 2r. 244 Vgl. Beantwortung der kleinen Anfrage der Abgeordneten Frl. Dr. Schulz vom 27. 04. 1926 betreffend die Lehrerbildung (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Weimar).
96 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 der pädagogische Teil die Befähigung der Kandidat*innen für den Schuldienst245. Im Rahmen der schriftlichen Prüfung war eine Hausarbeit zu Fragen der Erziehungswissenschaft zu fertigen246. In der mündlichen Prüfung wurden die Fächer Erziehungswissenschaft, Psychologie und Philosophie abgefragt, eine herausragende Neuerung gegenüber den früheren Formen der Lehrerbildung. Es wurde auch verfügt, dass die Prüflinge anstatt in Psychologie oder Philosophie eine Prüfung in einer beliebigen Fachwissenschaft ablegen konnten. Die Prüfungsanforderungen entsprachen dann denen eines Nebenfaches247. Eine große Veränderung der thüringischen Lehrerbildung erfolgte 1927 mit der Errichtung des PI, eine Bestimmung, die erhebliche Diskussionen zur Folge hatte. Im März 1927 fand, im Anschluss an die im Vorfeld stattgefundene Lehrerabschlussprüfung in Jena, eine Besprechung zwischen Ministerialrat Karl Schnobel, Petersen und Prof. Otto Scheibner statt248. Schnobel machte ihnen in diesem Rahmen den Vorschlag, die praktisch-pädagogische Ausbildung während des Studiums stärker zu fördern und eine zusätzliche praktische Ausbildung neben das bereits vorhandene Schulpraktikum sowie die Schulhelferzeit zu stellen. Dafür sollte ein praktisch-pädagogisches Institut eingerichtet werden, welches der Universität angegliedert und der Aufsicht des Ministeriums unterstellt werden sollte249. Mit der Betonung der praktischen Ausbildung setzt sich die die Lehrerbildung in Thüringen an dieser Stelle stark in einer innovativen und modernen Weise von den anderen Ländern ab. Die Leitung würde Scheibner übertragen werden. Hinsichtlich der Finanzierung sollte das einzurichtende Institut nachträglich über den laufenden Haushalt abgedeckt werden. Die Ausbildung der Lehrkräfte in den bereits stattfindenden „Didaktischen Kursen“ sollte, ebenso wie deren Weiterbildung in den technisch-künstlerischen Fächern, Aufgabe des PI werden250. Die Erziehungswissenschaftliche Anstalt könne sich dann auf ihren eigenen Aufgabenkreis beschränken. Diese von Schnobel unterbreiteten Vorschläge stießen, laut seinem eigenen Bericht, auf die Zustimmung der anwesenden Professoren251 und wird mit der institutionellen Neuordnung der Lehrerbildung am 1. Oktober 1927 in Thüringen de facto umgesetzt. Von kirchlicher Seite erfolgten im Mai Ergänzungen zu den Vorschlägen zur 245 Vgl. Neue Ausführungsbestimmungen zu § 2 des Gesetzes über die Lehrerausbildung (Lehrerbildungsgesetz) vom 8. 7. 1922 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Bl. 17v-Bl. 19r, Weimar). 246 Vgl. ebd., Bl. 17r-Bl. 18v. 247 Vgl. ebd., Bl. 18v. 248 Vgl. Vorschläge für Neuregelung der Lehrerbildung (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. B 288, Weimar). 249 Vgl. ebd., Bl. 37 f. 250 Vgl. ebd., Bl. 38. 251 Vgl. ebd., Bl. 39.
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Neuregelung der Lehrerbildung. So wurde die Frage gestellt, ob während der Studienzeit noch weitere Einrichtungen für die angehenden Lehrkräfte für das „rein Stoffliche“ geschaffen werden müssten. Dabei wurde davon ausgegangen, dass nur wenige der Studierenden freiwillig die entsprechenden Fachvorlesungen der theologischen Fakultät hören würden252. Der LKR erinnerte auch im Juli nochmal an seine Wünsche für die Lehrerbildung. In einem Schreiben vom 13. Juni 1927 verwies er auf Vereinbarungen des Jahres 1924253. Hinsichtlich dieser Bedenken wurde im Juli vom Ministerium mitgeteilt, dass vorgesehen sei, Einrichtungen für die Studierenden zu gründen, die eine gründliche Vorbildung für die Erteilung des Religionsunterrichts sicherstellen sollten. Betont wurde hier vor allem die methodische und didaktische Vorbildung der Studierenden254. Zufrieden war der LKR mit diesen Zusagen nicht255. Auch die Jenaer Universität zeigte sich von den Plänen der Regierung nicht überzeugt. So wandte sich Professor Max Wundt, Dekan der Philosophischen Fakultät und Mitglied der Pädagogischen Kommission der Universität, nach einer gemeinsamen Besprechung mit Ministerialrat Schnobel an das Ministerium. Die Pädagogische Kommission sei überzeugt, dass eine wissenschaftliche Durchbildung der Lehrkräfte nur möglich sei, „wenn alle Lehrerstudenten mindestens eine Einzelwissenschaft (Wahlfach) hinreichend beherrschen und sich darüber auch in einer Prüfung ausweisen müssen“256. Unter den Bedingungen, die das Ministerium offenbar für die Lehrerbildung vorsehe, sah sich die Universität nicht mehr zu einer vollen Beteiligung an der Lehrerbildung – wie dies bisher der Fall war – in der Lage. Anfang August 1927 wurde vom Thüringischen Ministerium die Abänderung der Ordnung der Prüfung für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen vom 22. Juli 1926 bekannt gegeben. Unter den Fachwissenschaften, in denen die Prüflinge auf Antrag anstelle von Philosophie oder Psychologie geprüft werden konnten, wurde nun explizit auch Religionswissenschaft ge252 Vgl. Einige Ergänzungen zu den „Vorschlägen zur Neuregelung der Lehrerbildung vom 10. 3. 1927.“ (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. B 288, Weimar). 253 Vgl. handschriftliche Notiz zum Schreiben unter der Ziffer IV 1290A 4 (LATH – HSTA WEIMAR, 6-32-0040 THÜRINGISCHES VOLKSBILDUNGSMINISTERIUM NR. A 280, Weimar). In einem zweiten Schreiben wenige Wochen später erinnerte der LKR erneut an seine Ansprüche. Vorbildung der Volksschullehrer für die Erteilung des Religionsunterrichts (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Eisenach); Schreiben des Landeskirchenrats der Thüringer evangelischen Kirche unter der Ziffer A.I.5974/27 an das Thüringische Ministerium für Volksbildung und Justiz (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Eisenach). 254 Vgl. handschriftliche Notiz zum Schreiben unter der Ziffer IV 1290A 4 (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Weimar). 255 Vgl. Antwort auf das Schreiben unter Ziffer IV 1290A 4 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Eisenach). 256 Erklärung der Philosophischen Fakultät über die künftige Gestaltung der Lehrerbildung (UAJ Jena, BA 532, Jena).
98 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 nannt. Außerdem wurde die Einrichtung des PI ab dem 1. Oktober 1927 offiziell gemacht. Als seine Aufgabe wurde die „praktisch-pädagogische Ausbildung der Studierenden während des akademischen Studiums“ genannt257 – ganz so, wie Schnobel es in seiner Besprechung mit den Universitätsprofessoren vorgeschlagen hatte. In der Folge der Einrichtung des Instituts kam es zwischen Universität und Ministerium einerseits, aber auch zwischen Ministerium und LKR andererseits zu Briefwechseln, die zeigen, dass weder die Universität noch der LKR mit der geplanten Neuregelung zufrieden waren258. Auch Petersen wandte sich in Zeitungsartikeln gegen die Einrichtung des PI. In einem ersten Artikel vom 20. November schrieb er, dass seine Kritik die Auffassung der ganzen Universität ausdrücke. Zwei Aspekte wurden dabei von ihm nachdrücklich betont: Erstens sei die neue Lehrerbildung keine akademische Lehrerbildung mehr und zweitens verursache die Einrichtung des PI erhebliche Kosten, die bei einer vollständigen Übernahme der Lehrerbildung durch die Universität nicht anfallen würden. Er unterstrich abschließend, dass die Universität ihren Widerstand aufrechterhalten würde259. Andere Professoren teilten diese Kritik jedoch offenbar nicht, denn am 2. Dezember 1927 teilte Wundt dem Ministerium mit, dass die Universität mit der Einrichtung des PI einverstanden sei. Hervorgehoben wurde, dass dieses Institut der Universität nur an- nicht jedoch eingegliedert sein könne260. Auch vom Großen Senat wurde dem Ministerium die Zustimmung zur Einrichtung des PI mitgeteilt sowie die Unterstützung bei der Ausbildung der angehenden Volksschullehrkräfte zugesagt261. Entgegen seiner Behauptung sprach Petersen mit seiner Ablehnung des PI nicht für die gesamte Universität. Um der negativen Bewertung und dem Widerstand durch die Kirche entgegenzutreten, wurde vom Ministerium für Anfang 1928 eine Besprechung anberaumt, die sich den Kritikpunkten widmen würde262. Zunächst griffen 257 Abänderung der Ordnung der Prüfung für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen vom 22. 7. 1926 (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Bl. 80v, Weimar). 258 Vgl. Schreiben des Landeskirchenrats der Thüringer evangelischen Kirche an das Thüringische Ministerium für Volksbildung und Justiz unter der Ziffer A I 6625 / 27 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Eisenach); Schreiben unter der Ziffer IV 1957A 4 über die Neuregelung der Ausbildung künftiger Volksschullehrer (UAJ Jena, BA 532, Weimar). 259 Vgl. Zeitungsartikel veröffentlicht in der Thüringer Allgemeinen Zeitung über „Die Stimme der Landesuniversität. Für vollakademische Ausbildung der Volksschullehrer“ (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 4, Jena). 260 Vgl. Erklärung der Philosophischen Fakultät zur Einrichtung eines Pädagogischen Instituts zum Zweck der praktisch-pädagogischen Ausbildung der Lehrerstudenten (UAJ Jena, M 760, Jena). 261 Vgl. Beschluss des Großen Senats in seiner Sitzung vom 3. 12. 1927 über das Pädagogische Institut (UAJ Jena, BA 532, Jena). 262 Vgl. Handschriftliche Notiz zum Schreiben mit der Ziffer IV 2174A 4 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Weimar).
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jedoch einige Zeitungsartikel die Thematik sowie die Diskussion auf, wobei unter anderem erneut der finanzielle Aspekt der geplanten Neueinrichtung hervorgehoben wurde263. Eine Besprechung zwischen Ministerium und LKR264 zeigt, dass bisher über den eigentlichen Charakter der Neuordnung weitestgehende Unklarheit geherrscht hatte. Es war davon die Rede, dass eine PA in Jena eingerichtet werden solle265; ein Plan, der an der Realität vorbeiging. Bei der Besprechung bekräftigte die Kirche erneut ihren Anspruch auf die Sicherung des schulamtlichen Nachweises zur Erteilung des Religionsunterrichts266. Der zweite, auch zuvor schon häufig geäußerte, Wunsch betraf die inhaltliche Seite der Ausbildung. So verlangte der LKR, dass nicht nur die didaktisch-methodische Ausbildung der angehenden Lehrkräfte sichergestellt werden, sondern auch für deren inhaltliche Seite Sorge getragen werden solle267. Eine Denkschrift von unklarer Verfasserschaft aus dem Universitätsarchiv Jena fasste die 1928 getroffenen Regelungen für die Ausbildung von Religionslehrkräften folgendermaßen zusammen: Im Rahmen von vierstündigen Arbeitsgemeinschaften unter der Leitung von Prof. Richard Barth wurde in Inhalt, Lehrplan und Methode des Religionsunterrichts eingeführt. Die Teilnahme war wahlverbindlich. Darüber hinaus sei die Praxis von Schulpraktikum und Schulhelferzeit beibehalten worden, wobei darauf geachtet wurde, dass den Studierenden die Gelegenheit zu eigenständigem Unterricht gegeben wurde268. Auch im Rahmen des akademischen Studiums an der Universität sei der Religionsunterricht berücksichtigt worden. So gäbe es nicht nur Kurse zur Didaktik des Religionsunterrichts, sondern auch in allgemeinen Vorlesungen der Erziehungswissenschaft werde beispielsweise die religiöse Entwicklung der Kinder in den Blick genommen269. Auch weiterhin galt die Mitarbeit der Fakultäten als unverzichtbar270. Ungeklärt war nach wie vor allerdings die Frage nach dem Zeugnisvermerk über den Erhalt der Befähigung zur Erteilung des Religionsunterrichts271. Die Frage nach dem schulamtlichen Nachweis war Anfang 1929 noch un263 Vgl. Zeitungsartikel veröffentlicht in der Thüringer Allgemeinen Zeitung über „Landbund und Lehrerbildung. Volksschule und Landvolk“ (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 4, Erfurt). 264 Vgl. Besprechung am 21. 3. 1928 über die innere Gestaltung des Pädagogischen Institutes (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, [Jena]). 265 Vgl. Niederschrift über die Besprechung im Volksbildungsministerium am 21. 3. 1928 betreffend die Einrichtung der Pädagogischen Akademie in Jena (LKAE Eisenach, 21-002 463, Eisenach). 266 Vgl. ebd., 1. 267 Vgl. ebd., 2. 268 Vgl. Die Ausbildung der Lehrerstudenten in Religion (UAJ Jena, J 145, [Jena]). 269 Vgl. ebd., Bl. 180. 270 Vgl. ebd., Bl. 181. 271 Vgl. ebd., Bl. 181 f.
100 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 geklärt. Neben den Kirchenvertretern waren einzelne Professoren, so beispielsweise Scheibner, dafür, dass die Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft in Religion oder an einer theologischen Vorlesung Voraussetzung sein müssten272. Aus einer Besprechung im Ministerium vom März 1929 geht schließlich hervor, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des schulamtlichen Nachweises in einer speziellen Prüfung examiniert werden sollten und dass dieses Vorgehen bereits Usus für die Erteilung dieses Nachweises sei273. Nach einer neuen Prüfungsordnung müsse auch die Teilnahme aller Studierenden an einer Arbeitsgemeinschaft in Religion oder Lebenskunde nachgewiesen werden274. Mit einem Nachtrag zur Neuordnung der Prüfung für die endgültige Anstellung im thüringischen Volksschuldienst wurden für die mündliche Prüfung die Fächer Methodik des Religionsunterrichts und Methodik des Lebenskundeunterrichts gleichgestellt. Auch die Zeugnisbemerkung über den Religionsunterricht wurde hier schriftlich fixiert275. Insbesondere die erste Regelung wurde von der Kirche begrüßt, genauso wie die Tatsache, dass der Vermerk über den schulamtlichen Nachweis in Zukunft im Zeugnis verankert sein würde276. Verbunden mit den notwendigen Sparmaßnahmen wurde auch in Thüringen die Lehrerbildung von drei auf zwei Jahre gekürzt sowie die Zahl aufgenommener Studierender am PI beschränkt277. Missbilligt wurde diese Maßnahme – wenig überraschend – von Petersen in einer Denkschrift betreffend die Einsparungen in der Lehrerbildung in Thüringen. Er kritisierte, dass die Lehrerstudierenden den Studierenden der Universität nicht gleichgestellt seien278. Er schlug vielmehr vor, die Umstrukturierung in der Lehrerbildung in der Weise vorzunehmen, wie sie 1927 gedacht gewesen sei279 und pochte erneut auf die Akademisierung der Lehrerbildung280. 272 Vgl. Niederschrift über eine Unterredung mit Professor Scheibner am Montag, den 25. 2. 1929 in Jena in seiner Wohnung (LKAE Eisenach, 21–003A 832-1, Eisenach). 273 Vgl. Niederschrift aus einer Besprechung im Volksbildungsministerium mit Ministerialrat Schnobel und Oberregierungsrat Wicke und Landtagsabgeordneten Dr. Witzmann über die Vorbildung der Religionslehrer (LKAE Eisenach, 21-003A 832-1, Eisenach). 274 Vgl. Niederschrift über eine Besprechung im Volksbildungsministerium mit den Herren Ministerialrat Schnobel und Oberregierungsrat Wicke am 15. 4. 1929 (LKAE Eisenach, 21-003A 832-1, Eisenach). 275 Vgl. Abschrift von einem Nachtrag zur Neuordnung der Prüfung für die endgültige Anstellung im thüringischen Volksschuldienst vom 1. 3. 1925 aus dem Amtsblatt des Thür. Ministeriums für Volksbildug Nr. 1/1930 (LKAE Eisenach, 21-003A 832-1, Weimar). 276 Vgl. Entwurf für eine Stellungnahme zum Nachtrag zur Neuordnung der Prüfung (LKAE Eisenach, 21-003A 832-1, Eisenach). 277 Vgl. Verkürzung der Ausbildungszeit für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Weimar). 278 Vgl. Die Ausbildung der Lehrerstudenten in Religion (UAJ Jena, BA 532, Jena). 279 Vgl. Denkschrift betreffend Einsparungen in der Lehrerbildung Thüringens (UAJ Jena, BA 532, Jena), Bl. 258.
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In einem – vom Pädagogischen Ausschuss der Universität beschlossenen – Schreiben wurde in klarer Abgrenzung zur Denkschrift Petersens betont, dass die Kürzung der Ausbildungsdauer auf zwei Jahre ein unerträglicher Zustand sei. Die Universität könne die Verantwortung für die Ausbildung der Volksschullehrkräfte nur unter der Voraussetzung übernehmen, dass diese sechs Semester dauern würde281. Im März 1932 wurde in Thüringen die – vor dem Nationalsozialismus – letzte neue Prüfungsordnung bekannt gegeben. Wesentlichster Unterschied zur Prüfungsordnung von 1926 war die Gruppierung der Fachwissenschaften. Nach wie vor aber blieb Religion Teil der Fachwissenschaften, von denen aus jeder Gruppe ein Fach im Rahmen der mündlichen Prüfung zu testen war. Innerhalb der Fachwissenschaft wurden nunmehr drei Fächer nach Wahl abgeprüft282. Die Ausführungen zeigen, wie unterschiedlich sich die Reformforderungen seitens der Lehrkräfte in ihrer tatsächlichen Umsetzung in den deutschen Ländern manifestierten. Während Bayern – vornehmlich unter Bezugnahme auf die finanzielle Situation – zwar Reformen in Aussicht stellte, diese jedoch nicht umsetzte, befand sich die Lehrerbildung in Thüringen zwischen 1925 und 1932 in einem Zustand des stetigen Wandels, wenngleich auch hier vielfach auf die finanziellen Aspekte solcher Neuordnungen referiert worden war. Westfalen setzte dagegen an der PA Dortmund die Vorgaben Preußens um, passte diese jedoch den Gegebenheiten vor Ort an. Auch die jeweils voneinander abweichenden Stellungnahmen und Einflussmöglichkeiten der kirchlichen Akteure sind auffällig. Während das Ziel der preußischen Neuordnung der Lehrerbildung war „Entwicklungsfähiges“ anstatt „Fertiges“ zu schaffen, wollte man in Bayern die Reformen der Lehrerbildung in den anderen Ländern abwarten, sodass es bis 1935 unter den Nationalsozialisten nicht zu einer Änderung in der Lehrerbildung der Volksschullehrkräfte kam. Thüringen dagegen reformierte seine Lehrerbildung bereits im Oktober 1927 maßgeblich. Inhaltlich lässt sich konstatieren, dass insbesondere in Preußen und Bayern ein hoher Wert auf die Ausbildung in Religion gelegt worden ist, wobei in Preußen religiöses und sittliches Leben gleichberechtigtes Ziel der Lehrerbildung sein sollten. In Bayern wurde dagegen vor allem die Konfessionalität der Lehrerbildung betont, wobei es zugleich auch hier in der Wertevermittlung an die angehenden Lehrkräfte um eine Betonung von Volk und Staat sowie Heimat und Beruf ging. In Thüringen dagegen gewinnen besonders didaktische Ausrichtungen der Fächer an Wert. Wenngleich der LKR die Ausbildung der Lehrkräfte in 280 Vgl. Denkschrift betreffend Einsparungen in der Lehrerbildung Thüringens (UAJ Jena, BA 532, Jena), Bl. 263. 281 Vgl. Beschluss des Pädagogischen Ausschusses aus seiner Sitzung vom 19. 12. 1931 über die Ausbildung der Volksschullehrer (UAJ Jena, J 145 Bl. 300, Jena). 282 Vgl. Ordnung der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an der Thüringer Volksschule (BayHStA München, MK 42096, Weimar).
102 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 evangelischer Weltanschauung forderte, wurde in der Umsetzung der Reform 1927 vor allem die Vermittlung pädagogischen und psychologischen sowie fächerdidaktischen Wissens betont.
3.7 Der Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten in Bayern Neben den konkreten Aufgaben, die dem Religionsunterricht an den LBA zugeschrieben wurden, besaßen die LBA auch allgemeine Bildungsaufgaben, die im Blick auf die Ausbildung der Religionslehrkräfte von Bedeutung sind. Dazu gehörte nach Vogelhuber, dass Lehrkräfte zu selbständiger und kritischer Stellungnahme sowie zur eigenständigen Vertiefung der wissenschaftlichen Fortschritte auf dem Gebiet der Pädagogik befähigt werden sollten. Sein Fazit: „Neuzeitliche Lehrerbildung ist wissenschaftliche Bildung.“283 Vogelhuber betonte auch an späterer Stelle, dass Lehrer wissenschaftlich geschult sein müssten284. Für die Lehrkräfte des Faches Religion bedeutete diese Forderung – wie Vogelhuber sie auch in seinem Denkschriftenentwurf 1927 festhält – eine Ausbildung an der Universität, in Religionspädagogik und Theologie. Im Allgemeinen wurde Lehrerbildung oftmals als Persönlichkeitsbildung angesehen, in dessen Kontext Religion und Moral, Volk und Staat, Heimat und Beruf eine besondere Bedeutung erhielten. Die Werterfülltheit des künftigen Lehrers sei die wesentliche Voraussetzung für seine spätere Berufsausübung285. Über die inhaltliche Ausgestaltung des evangelischen Religionsunterrichts an der LBA in Erlangen geben insbesondere die Jahresberichte des Schulleiters Dr. Wolfgang Blos, sowie Unterrichtsskizzen und Berichte des Religionslehrers der Anstalt, G. Schmidt, Auskunft. G. Schmidts Unterlagen zeugen davon, dass er die Geschichte der Reformation sowie ihrer Reformatoren ausführlich und detailliert vermittelt hat, beispielsweise im Jahr 1927 die Reformatoren Philipp Melanchthon286 und Huldrych Zwingli287. Auch 1928 verwies G. Schmidt auf die Rolle „von tüchtigen Freunden der reformatorischen Ideen“ für die Verbreitung dieser Ideen in Nürnberg und nannte daneben als eigentliche „Führerpersönlichkeiten“ Wen283 Denkschrift über die Neuerung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42092). 284 Vgl. ebd., 310. 285 Vgl. Entwurf einer Denkschrift über die Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42093). 286 Vgl. Unterrichtsskizze über Philipp Melanchthon (LAELKB Nürnberg, 101 142–5). 287 Vgl. Unterrichtsskizze über Huldreich Zwingli (LAELKB Nürnberg, 101 142–5).
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zeslaus Link, Lazarus Spengler und Andreas Osiander288. Im Schuljahr 1928/29 lag sein Schwerpunkt auf dem Thema der Reformation und Gegenreformation in Bayern289, wobei er die Überzeugungen der Schwärmer in seinen Unterricht einband290. In Bibelkunde unterstrich er, dass die Evangelien in erster Linie „Zeugnis“ und „nicht neutrale uninteressierte historische Aufzeichnungen seien“291, für das gesamte Neue Testament hob er dessen eschatologische Ausrichtung hervor292. In diesem Schuljahr äußerte sich G. Schmidt auch zu den Bestimmungen des Lehrplans für den Unterricht der LBA von 1925, nach welchen er seinen Unterricht erteilt habe. Er resümierte, dass der Lehrplan zwar in seiner Gesamtanordnung befriedige, kritisierte allerdings die Liederauswahl für die dritte Klasse sowie die Tatsache, „dass der Unterricht in der Kirchengeschichte mit dem der profanen nicht parallel geht“293. Generell scheint G. Schmidt mehr Gewicht auf den Stoff aus Katechismus, Bibel und Kirchengeschichte gelegt zu haben, Lebenskunde und Lebensordnung (Klasse zwei) oder auch der apologetische Teil des Lehrbuches von Philipp Georg Otto Bachmann294 (Klasse drei) sei dagegen kürzer erledigt worden. Zu letzterem fügte G. Schmidt hinzu, dass dies „vielleicht zu verschmerzen“ sei, da die dort erwähnten Strömungen nach dem Weltkrieg nicht mehr aktuell seien. Stattdessen stellte G. Schmidt die Frage, ob „nicht eine Abwehr des Antisemitismus, der Astrologie und der Christengemeinschaft wie auch eine gründlichere Antwort auf die Frage der Religionsgeschichte zeitgemäßer wären“295. Hinsichtlich der Abschlussprüfung hatte G. Schmidt ebenfalls Verbesserungsvorschläge: Da die Lehrbücher nicht allen Ansprüchen genügen würden, wäre es eine Erschwerung, dass nicht eine Reihe von Fragen – wie dies an den anderen Anstalten der Modus sei – zur Auswahl gestellt würde296. Methodisch orientierte sich sein Unterricht „trotz aller Schätzung des Arbeitsschulprinzips“ in der Theorie an der Lernschule297, sowie an der Emil Pfennigsdorfschen Methodik im Methodikunterricht der sechsten Klasse298. Auch 1930/31 orientierte G. Schmidt sich in seinem Unterricht am Lehrplan und stellte in seinem Bericht 288 Vgl. Unterrichtsskizze über Nürnberg und die Reformation (LAELKB Nürnberg, 101 142–5). 289 Vgl. Unterrichtsskizze über Bayern und die Gegenreformation (LAELKB Nürnberg, 101 142–5). 290 Vgl. Unterrichtsskizze über „Der Glaube der Reformatoren und die Anschauung der Schwärmer“ (LAELKB Nürnberg, 101 142–5). 291 Unterrichtsskizze über die 4 Evangelien (LAELKB Nürnberg, 101 142–5). 292 Vgl. Unterrichtsskizze zu § 37 und § 38 „Eschatologie“ (LAELKB Nürnberg, 101 142–5). 293 Jahresbericht über den Religionsunterricht der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen im Schuljahr 1928/29 (LAELKB Nürnberg, KDM 2.2.0004-24, Erlangen). 294 Gemeint ist hier das Lehrbuch von Bachmann, ein Standardwerk, das in Bayern auch nach 1933 noch Verwendung fand. Vgl. Bachmann, Unterricht. 295 Jahresbericht über den Religionsunterricht der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen im Schuljahr 1928/29 (LAELKB Nürnberg, KDM 2.2.0004-24, Erlangen). 296 Vgl. ebd., 4. 297 Vgl. ebd., 2. 298 Vgl. ebd., 5.
104 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 abschließend fest: „Von politischer Beeinflussung von völkischer oder gar antisemitischer Seite, zeigt sich dagegen so gut wie gar nichts in unserer Anstalt.“299 Für die folgenden Schuljahre berichtete Schulleiter Blos über den lehrordnungsgemäßen Unterricht der Anstalt, die besonderen Bildungsgelegenheiten (eine Bachfeierstunde, Hans-Sachs-Spiele sowie ein Heimatfilm über die Hugenottenstadt Erlangen seien hier erwähnt)300 und über die aktive Beteiligung der Schule am Verein für das Deutschtum im Ausland301. Im Schuljahr 1932/33 wurde der Unterricht ebenfalls nach amtlichem Lehrplan erteilt302, Blos nannte an Schulfeiern eine Haydnfeier, eine Hindenburg- sowie eine Weihnachtsfeier und – bereits 1933 – am 21. März „die vaterländische Feier zur Eröffnung des neuen Reichstages in Potsdam“303. Aus der LBA in Coburg sind es insbesondere die ausführlichen Jahresberichte des Anstaltsleiters August Reukauf, der an der Anstalt zeitweise neben Karl Güntzel einen Teil des Religionsunterrichts erteilte, die Auskunft geben über dessen inhaltliche Ausgestaltung sowie das Schulleben der Anstalt. 1926 äußerte Reukauf, mit Blick auf die Tatsache, dass sich weder Ostern 1925 noch Ostern 1926 neue Schüler für die Anstalt angemeldet hätten, die Befürchtung, dass diese zu einer „Zwerganstalt“ schrumpfen würde304, wobei er auch auf die innenpolitische Bedeutung der Angelegenheit hinwies305. Für das Schuljahr 1927/28 berichtete Reukauf davon, dass die Unterrichtserteilung dem geltenden Lehrplan entsprochen hätte306. Hervorzuheben ist, dass bereits explizit auf die Erziehung zu Heimat- und Vaterlandsliebe an der Anstalt verwiesen wurde307. Auch im folgenden Schuljahr erfolgte die Unterrichtserteilung nach Lehrplan308. Daneben berichtete Reukauf von der Jahrestagung des Bayerischen Lehrerbildungsverbands, welche mit einem „eindrucksvollen Vortrag über die Geschichte der Lehrerbildung in Bayern“ durch Ministerialrat Vogelhuber geendet habe309. Interessant sind die Lehrbücher, welche für den Religions299 Jahresbericht über den Religionsunterricht der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen im Schuljahr 1930/31 (LAELKB Nürnberg, KDM 2.2.0004-467, Erlangen). 300 Vgl. Jahresbericht der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen für das Schuljahr 1931/32 (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 301 Vgl. ebd., 3. 302 Vgl. Bericht über den Verlauf des Schuljahres 1932/33 an der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen (BayHStA München, MK 42282). 303 Ebd., 4. 304 Vgl. Abgrenzung des Einzugsgebiets der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 305 Vgl. ebd., 3 f. 306 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, Ernst-Albert-Seminar, für das Schuljahr 1927/28 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 307 Vgl. ebd., 32. 308 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, Ernst-Albert-Seminar, für das Schuljahr 1928/29 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 309 Vgl. ebd., 11.
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unterricht der Anstalt herangezogen worden sind. Unter ihnen befanden sich, neben Bibel, Gesangbuch und Katechismus drei Bücher von Mehlhorn310, sowie Bachmanns Unterricht in der christlichen Religion und Reukauf-Heyn, Lesebuch zur Kirchengeschichte311. Über Güntzel wurde für dieses Schuljahr erstmals die Befreiung zur Stahlhelmtagung erwähnt312. Daneben betätigte sich dieser außerdem im Stadtrat und im Coburger Kirchenvorstand. Reukauf war – neben seiner Mitgliedschaft in der Kirchenvertretung der Stadt Coburg sowie der Landessynode – Leiter der Ortsgruppe des VDA313. Unter Leitung des Schulgruppenleiters Studienrat Wilhelm Frühwald waren wie in den Vorjahren sämtliche Schüler der Anstalt Mitglieder des VDA314. Reukauf berichtete außerdem über einen erstmaligen gemeinsamen Eröffnungsgottesdienst aller drei höheren Knabenschulen der Stadt, sowie von wöchentlichen Andachten, welche im Wechsel von Reukauf selbst sowie von Güntzel gehalten worden seien. Dabei seien besondere Gedenktage – genannt sind Kriegertotenfeier und Katechismus-Jubiläum – berücksichtigt worden. Darüber hinaus sei auch der Gottesdienst in anderen Kirchen an einigen Sonntagen besucht worden315. Weihnachten war, nach Reukaufs Bericht, für Seminar und Seminarschule gemeinsam, unter Teilnahme der Familien der Lehrer und der Seminarschüler gefeiert worden316. Für das Schuljahr 1929/30 ist in der Hinsicht nichts anderes berichtet worden: Unterricht nach Lehrplan, gemeinsame Weihnachtsfeiern und Gottesdienst, keine Änderungen hinsichtlich der Verantwortlichkeiten im Religionsunterricht sowie Mitgliedschaft aller Schüler im VDA unter Leitung Frühwalds317. Erwähnenswert ist die Schuljahres-Schlussfeier, welche „gemäß ministerieller Anordnung zu einer Gedenkfeier für Walther von der Vogelweide“ ausgestaltet worden sei, da sich hier in für bayerische LBA typischer Weise die Durchdringung von kulturellen Themen mit religiösen Deutungen zeigt. Während Schüler der Anstalt Gedichte des Autors vorgetragen hätten, feierte der Rektor diesen in seiner Ansprache „als edlen Menschen, als lyrischen und politischen Dichter, als religiös-sittliche Führerpersönlichkeit“318. Im Schuljahr 1930/31 änderte sich ebenfalls wenig im Vergleich zu den Vorjahren,
310 Gemeint ist wohl Paul Mehlhorn. 311 Vgl. Verzeichnis der im Schuljahr 1929/30 an der Lehrerbildungsanstalt Coburg gebrauchten Lehrbücher (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 312 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, Ernst-Albert-Seminar, für das Schuljahr 1928/29 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 313 Vgl. ebd., 12 f. 314 Vgl. ebd., 15. 315 Vgl. ebd., 18. 316 Vgl. ebd., 24. 317 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, Ernst-Albert-Seminar, für das Schuljahr 1929/30 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 318 Ebd., 21. Hervorhebungen im Original.
106 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 erstmals wurde hier über die Schulreisen berichtet, welche „im Zeichen vaterländischer Begeisterung durch Abend- und Morgenfeier“ stattgefunden hätten. Reukauf betonte dabei ebenso den „Höhepunkt von Naturgenuss“ bei der Fahrt von Salzburg zum Königssee319. Im Schuljahr 1931/32 berichtete Reukauf von der Unterrichtserteilung nach neuem Lehrplan, welcher aufgrund einiger Verbesserungen im Vergleich zum früheren Lehrplan „von der Lehrerschaft freudig begrüßt wurde“, auch wenn zugestanden wurde, dass seine Zielvorgaben nicht in voller Gänze erreicht werden könnten320. Über das schulische Leben wird Gleiches berichtet wie über die Vorjahre321. Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle ein Vorgang in der Stadt Coburg im Jahre 1931, der durch personelle Linien mit der LBA eng verbunden war. Am Umgang der LBA Coburg mit den Vorgängen vom Januar 1931 zeigt sich, dass zwar einerseits von Seiten einzelner Lehrkräfte bereits vor 1933 eine Begeisterung und ein Einsatz für den Nationalsozialismus vorhanden war, dieser jedoch durch die Leitung der Anstalt offenbar nicht als problematisch empfunden worden ist und das Verhalten der entsprechenden Lehrkraft durch diese sogar noch verteidigt wurde. Erwähnenswert ist auch, dass eine der beiden beteiligten Lehrkräften – der Religionslehrer der Anstalt – in einer Stellungnahme deutlich machte, dass er zwar einerseits von tiefem Gottesglauben durchdrungen war, andererseits jedoch auch von den nationalsozialistischen Überzeugungen geprägt war. Ein Zeitungsartikel in der Münchner Post vom 21. Januar 1931 berichtete über die Reichsgründungsfeier in Coburg. Bei dieser habe das Rathaus „neben den Farben der vergangenen Hohenzollernmonarchie an vorderster Stelle eine riesige Hakenkreuzfahne“ geschmückt, auch der Festsaal sei entsprechend ausstaffiert gewesen. Bürgermeister Franz Schwede habe eine Rede auf das „erwachende Deutschland“ gehalten, bevor er in Abwesenheit der übrigen Fraktionen einstimmig eine „Entschließung“ abnehmen lassen habe, die „wüste Beschimpfungen der Mehrheit des deutschen Volkes“ enthalten habe. „Als Dank für ihre Hilfestellung durfte schließlich noch einer der beiden Stahlhelmräte, die Professoren an der dortigen Lehrerbildungsanstalt sind, eine Erklärung gegen den heutigen Staat abgeben“. Auf einer Kundgebung der vaterländischen Verbände auf dem Marktplatz habe neben Streicher, der „anderthalb Stunden lang gegen die Juden“ gehetzt habe, auch Hitler eine halbe Stunde lang „für die Wiederherstellung der Bismarck-Autokratie“ gesprochen322. Bis Mai schlugen diese Ereignisse in Coburg Wellen. So wurde Reukauf am 319 Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, Ernst-Albert-Seminar, für das Schuljahr 1930/31 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 320 Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, ,Ernst-Albert-Seminar‘, für das Schuljahr 1931/32 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 321 Vgl. ebd. 322 Wie man in Koburg die Reichsgründung feiert (BayHStA München, MK 42248, München). Hervorhebungen im Original.
Der Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten in Bayern
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30. Januar 1931 durch das Staatsministerium um eine Stellungnahme gebeten. Reukauf stellte hier richtig, dass von zwei Lehrern der Anstalt, die Mitglied im Coburger Stadtrat seien, nur Prof. Güntzel dem Stahlhelm angehöre. Frühwald, der zweite Lehrer im Stadtrat, sei Mitglied in der NSDAP. Reukauf legte die Erklärung, die Güntzel auf der Reichsgründungsfeier abgegeben habe, dem Schreiben an das Ministerium bei, mit der Bemerkung, dass dieser ihm auf Befragen die Richtigkeit, der über ihn in dem Bericht gemachten Angaben bestätigt habe. Laut der beigegebenen Darstellung sei die Stadtratsfraktion der SPD der Sitzung geschlossen ferngeblieben. Die in der Münchner Post genannte Entschließung habe sich mit der Bedeutung der Reichsgründungsfeier befasst. Zu dieser Entschließung habe schließlich Güntzel als Vertreter des Stahlhelms eine Erklärung abgegeben. In dieser erinnerte Güntzel daran, „dass die Fundamente des Bismarckreiches Opferbereitschaft, Gefolgschaftstreue und Wehrhaftigkeit“ gewesen seien, und dass die Krone getragen worden sei „von tiefem Gottesglauben, hohem Pflichtbewusstsein und ernstem Verantwortungswillen“. Seit 13 Jahren würde das deutsche Volk „im undeutschen Zwischenreich des bismarckfeindlichen Marxismus“ leben, welches „die völkischen, sittlichen, kulturellen und auch die wirtschaftlichen Grundlagen der deutschen Nation völlig zu zerstören“ drohe. Diesem „undeutschen Zwischenreich“ sagte Güntzel in seiner Erklärung den Kampf an, um „aus dem Geist der Frontkameradschaft und der Volksgemeinschaft das wahre deutsche Reich“323 entstehen zu lassen. Reukauf stellte sich in seiner Erklärung an das Ministerium auf dieselbe Grundlage und stimmte der bereits verlesenen Erklärung zu. Auch Monate später nahm Reukauf noch zu diesen Vorgängen in ähnlicher Weise Stellung324. Die Äußerungen des Religionslehrers Güntzel zeigen, dass dieser überzeugt hinter einem völkisch-nationalsozialistischen Geschichtsbild stand. Es ist anzunehmen, dass er dieses auch in seinen Unterricht an der Anstalt hereingetragen hat. Den Schülern der Anstalt ist in diesem Fall eine Überzeugung vermittelt worden, die eine Verbindung von christlichem Glauben mit nationalsozialistischen Vorstellungen bejaht. Die vorliegenden Jahresberichte der LBA Bayreuth, aus der Hand des Leiters Heinrich Opitz, berichteten zunächst von einem Wechsel in der Religionslehrerstelle. Anstatt zweier Studienräte /-professoren, die auf eigenes Ansuchen nach München-Pasing und Kaiserslautern versetzt worden waren, trat der bisherige Pfarrer aus Mühlfeld, Wilhelm Hermann, als Studienrat für Religionslehre zum 1. September 1926 seinen Dienst an der LBA an325. Neben W. Hermann erteilte ein Hilfsgeistlicher Religionsunterricht an der Anstalt326. 323 Reichsgründungsfeier (BayHStA München, MK 42248, Coburg). Hervorhebungen im Original. 324 Vgl. Stellungnahme zum Artikel im sozialdemokratischen Pressedienst (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 325 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Schuljahr 1926/27 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]). 326 Vgl. ebd., 1–4.
108 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Religiöses Leben war, gemäß dem Bericht des Anstaltsleiters durch einen gemeinsamen Schulgottesdienst zu Beginn des Schuljahres Teil des Anstaltslebens327. Weiter wurde über das Schulleben berichtet, dass die Schüler fast sämtlich Mitglieder des Verein für Deutschtum im Ausland (VDA) seien, an Gedächtnisfeiertagen wurden das Gedächtnis „der im Weltkrieg gefallenen“, die „Wiederkehr des 100. Totentages Joh. Heinrich Pestalozzis“ sowie ein Jean Paul Gedächtnistag genannt328. Das einwandfreie religiös-sittliche Verhalten der Schüler, sowie der freiwillige Kirchenbesuch derselben wurde als zufriedenstellend hervorgehoben, wobei mangelnder Kirchenbesuch in der Hauptsache in der „in religiösen Dingen immer mehr versagenden elterlichen Erziehung“ festgemacht wurde329, nicht einmal die Kinder vom Land würden dieselbe Gewöhnung wie früher an den Kirchgang mitbringen. Diese Äußerungen von Opitz weisen eine kirchlich geprägte Sprechweise auf. In den kommenden Schuljahren an der LBA in Bayreuth gestaltete sich das schulische Leben ähnlich330. Erwähnenswert ist hier der Besuch der Synagoge durch die Absolventen der LBA im Schuljahr 1927/28331. Das Schulgebet wurde durch den Religionslehrer der Anstalt im Schuljahr 1928/29 neu organisiert, auch der freiwillige Kirchenbesuch war nach wie vor Teil des schulischen Lebens, wie auch die Beteiligung der Schüler am VDA erneut alle Schüler umfasste332. In seinem Jahresbericht über das Schuljahr 1929/30 erwähnte Opitz, dass keiner der Schüler politischen Organisationen angehören würde, auch nicht jenen, die gebilligt seien. Er fügte seine Ansicht hinzu, „dass die Schule besser als jede besondere vaterländische Jugendorganisation dem vaterländischen Denken und Fühlen zu dienen vermag“333. Erwähnenswert ist für Bayreuth überdies ein Bericht des W. Hermann über das Schuljahr 1928/29, in welchem dieser betonte, dass der Religionsunterricht unberührt von den in der Öffentlichkeit diskutierten Fragen erteilt worden sei334. Der Lehrstoff, auch für den Methodikunterricht, sei in normaler Weise vermittelt worden, sämtliche Schüler hätten am Religionsunterricht teilge327 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Schuljahr 1926/27 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]), 15. 328 Ebd., 20. 329 Ebd., 22 f. 330 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Schuljahr 1927/28 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]); Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth für das Schuljahr 1928/29 (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth); Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Jahresbericht Schuljahr 1929/30 (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth); und Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Jahresbericht Schuljahr 1930/31 (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth). 331 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Schuljahr 1927/28 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]). 332 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth für das Schuljahr 1928/29 (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth). 333 Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Jahresbericht Schuljahr 1929/30 (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth). 334 Vgl. Jahresbericht über den Religionsunterricht an der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth im Schuljahr 1928/29 (LAELKB Nürnberg, KDM 2.2.0004-24, Bayreuth).
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nommen, eine Tatsache, die W. Hermann nicht allein auf praktische Erwägungen der Schüler zurückgeführt wissen wollte335. Für das Schuljahr 1931/32 berichtete Opitz über die neue Lehrordnung für den pädagogischen Betrieb der Anstalt, nach welcher die praktische Ausbildung der Seminaristen erfolgt sei336. Über Gottesdienstbesuch und Vereinszugehörigkeit der Schüler berichtete Opitz wie in den Vorjahren337. Insgesamt lässt sich für den Religionsunterricht und die religiös-christliche Prägung des Schullebens an den bayerischen LBA festhalten, dass beides selbstverständlicher Teil der Anstalten war, während zugleich nationale Elemente besonders in Coburg stärker in den Blick rückten, ohne jedoch bereits in jedem Fall mit nationalsozialistischen Überzeugungen im Zusammenhang zu stehen. An den Ereignissen aus Coburg zeigt sich gleichwohl bei einigen Lehrkräften bereits vor 1933 eine – in diesem Fall überzeugte – Zugehörigkeit zum Nationalsozialismus und dessen Weltanschauung, die im Falle Güntzel eindeutig als völkisch ausgerichtet zu verstehen ist.
3.8 Das Fach Religion im Rahmen der Lehrerausbildung in Thüringen Das allgemeine Bildungsziel der thüringischen Volksschullehrerbildung wird besonders deutlich anhand der Gestaltung derselben. An dieser Stelle sollen insbesondere jene Ziele genannt werden, die in Beziehung stehen zum Lehrerbild, insofern als es sich auf das Selbstverständnis der Religionslehrkraft auswirkt. Entsprechende Aussagen lassen sich hierzu vor allem den Prüfungsordnungen entnehmen. Die Richtlinien von 1923 sahen in ihrer Bestimmung für die mündliche Prüfung in § 8 vor, dass die Studierenden in der Lage sein sollten über Grundfragen der Psychologie und Ethik, der Logik und Erkenntnislehre zu reden. Wichtig war dabei deren Bedeutung für die künftigen Erzieher*innen und das Seelenleben der Jugendlichen. Auch ein für die Pädagogik wichtiger Philosoph sollte den Studierenden bekannt sein. Darüber hinaus wurde von ihnen gefordert, ein kulturwissenschaftliches Verständnis der Entwicklung der Bildungsideale zu besitzen und mit der Geschichte des Erziehungs- und Bildungswesens vertraut zu sein. Dabei waren auch neuere Strömungen zu berücksichtigen338. Insbesondere Philosophie hatte in dieser Fassung der 335 Vgl. Jahresbericht über den Religionsunterricht an der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth im Schuljahr 1928/29 (LAELKB Nürnberg, KDM 2.2.0004-24, Bayreuth), 2. 336 Vgl. Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Jahresbericht Schuljahr 1931/32 (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth). 337 Vgl. ebd., 16. 338 Vgl. Die akademische Lehrerbildung an der Universität Jena (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Bl. 70–85, Jena).
110 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Prüfungsordnung einen hohen Stellenwert, sowie auch kritisches Denken und wissenschaftlicher Erkenntniswert von hoher Bedeutung waren. Hier zeigt sich einmal mehr die thüringische Besonderheit weniger religiöse Ideale als vielmehr pädagogische und philosophische Werte in die Lehrerbildung einzutragen. Im Jahr 1926, als Petersen sich gegenüber dem Thüringischen Ministerium für Volksbildung und Justiz über die „Didaktischen Kurse“ der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt äußerte, beschrieb er es als deren Aufgabe, Kernfragen der Fachdisziplinen in ihrer Beziehung zur Schule zu behandeln339. Die Anforderungen der 1927 erlassenen Prüfungsordnung standen in einer Linie mit den Bestimmungen von 1923 indem weiterhin ein hoher Wert auf philosophische Erkenntnisse und ihre Bedeutung für die Schularbeit gelegt wurde. Eine Annahme, die auch durch die Bedeutung philosophischer Vorlesungen für Lehrerstudenten gestützt wird. Auch die praktische Ausbildung war in Jena von hoher Bedeutung, und das bereits vor Beginn der Diskussionen um die Form der Lehrerbildung. Im Jahr 1925 schrieb Petersen über die Akademische Lehrerbildung und bezog sich dabei auf Richtlinien, die von der Theologischen Fakultät für den Studiengang in der Religionswissenschaft aufgestellt worden waren340. Diese sahen aus den vier Hauptwissenschaften je eine Vorlesung sowie eine weitere Vorlesung im Neuen Testament vor. Inhaltlich sollten die Vorlesungen im Alten Testament für die Studierenden der Religionswissenschaften bestenfalls die „Religion der Propheten“ oder eine „Einleitung in das Alte Testament“ behandeln. Im Neuen Testament kämen beispielsweise Vorlesungen wie „Einleitung in das Neue Testament“ oder „Biblische Theologie“ in Frage. Für Kirchengeschichte wäre für die Studenten der Religionswissenschaft insbesondere der dritte oder vierte Teil, also Reformationsgeschichte oder Neuzeit interessant. Die Übungen sollten abhängig von den Sprachkenntnissen gewählt werden341. Für das Sommersemester 1925 kamen in diesem Fall eine Vorlesung von Staerk über „Biblische Theologie des Alten Testaments, Teil II (Reste primitiver Religion)“, von Prof. K. L. Schmidt über „Literaturgeschichte des Urchristentums (Einleitung in das Neue Testament)“ und eine Vorlesung von Prof. Karl Heussi in Kirchengeschichte „Kirchengeschichte III (Reformation und Gegenreformation)“ in Frage. Auch eine Vorlesung über Religionsphilosophie von Weinel war für diese Studierenden von Interesse342. 339 Vgl. Antwort von Peter Petersen auf das Schreiben des Ministeriums für Volksbildung und Justiz mit der Ziffer IV 98A 4 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Jena). 340 Das Original dieser Richtlinien liegt leider in den eingesehenen Archivalien nicht vor. 341 Vgl. Die akademische Lehrerbildung an der Universität Jena (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 279, Bl. 70–85, Jena). 342 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis für das SommerHalbjahr 1925, 16.
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Im Wintersemester 1925/26 konnten die Studierenden der Religionswissenschaft in Kirchengeschichte die Vorlesung von Heussi „Kirchengeschichte IV (von 1689 bis zur Gegenwart)“ und eine Vorlesung über Religionspsychologie des Assistenten Theodor Siegfried besuchen343. Auch in der Philosophie widmete sich eine Vorlesung von Prof. Eberhard Grisebach in diesem Semester dem Thema Religion344. Im Rahmen der „Didaktischen Kurse“ der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt hielt Weinel in dem Semester für die Religionsstudierenden eine Vorlesung über „Moderne Probleme der Theologie (Bibel und Wort Gottes; Offenbarung und Entwicklung; Jesus oder Christus)“345. Die Vorlesungen waren an dieser Stelle vor allem von der aktuellen Theologie und dem Wunsch geprägt, die Inhalte der Theologie den Lehrerstudierenden zu vermitteln. Im Sommersemester 1926 unterschied sich das Lehrangebot im Rahmen der Vorlesungen der Theologischen Fakultät nicht von den vorherigen Semestern346. In der Philosophischen Vorlesung widmete sich Prof. Carl August Emge in einer Vorlesung den „philosophischen Grundlagen der religiösen Dogmatik“347 und in den Didaktischen Kursen las K. L. Schmidt über den „Apostel Paulus und das Urchristentum“348. Die versprochene Übung über die religiöse und sittliche Entwicklung des Kindes findet sich dagegen nicht im Vorlesungsverzeichnis349. Im Wintersemester 1926/27 lassen sich im Rahmen der Didaktischen Kurse keine Veranstaltungen für die Studierenden der Religion feststellen350. Im Sommersemester 1927 schlug Petersen der Theologischen Fakultät die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften vor, die im Rahmen der bisher regelmäßig abgehaltenen „Didaktischen Kurse“ geplant waren. Diese sollten im viersemestrigen Turnus stattfinden und Kernfragen aus dem Stoffgebiet des evangelischen Volksschulunterrichts behandeln. Als mögliche Beispiele nannte Petersen die Themen Mosaismus und Prophetismus, das Alte Testament im Licht der Ausgrabungen (beides für den Bereich Altes Testament), Jesus und die Evangelienfrage, Urchristentum und Paulinismus (für den Bereich Neues Testament). Auch Lutherforschung und das Evangelium in der
343 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis für das Winter-Halbjahr 1925/26, 17. 344 Vgl. ebd., 29. 345 Ebd., 31. 346 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1927, 17. 347 Ebd., 29. 348 Ebd., 30. 349 Vgl. Antwort von Peter Petersen auf das Schreiben des Ministeriums für Volksbildung und Justiz mit der Ziffer IV 98A 4 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 280, Jena). 350 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis 1926, 31 f.
112 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 Gegenwart waren für ihn in diesem Zusammenhang denkbare Themen351. Petersen berichtete außerdem von den bisher stattfindenden Kursen, dass sie das größte Interesse gefunden hätten und ein weiterer Ausbau dieser Einrichtungen unbedingt angezeigt wäre352. Die Theologische Fakultät reagierte auf diesen Vorschlag jedoch mit Ablehnung353. Vorlesungen aus dem Bereich der Theologischen Fakultät, die für die Lehrerstudierenden in Frage kamen, gab es im Sommersemester 1927 nur aus dem Bereich der Kirchengeschichte354. In der Philosophischen Fakultät wurden dagegen zwei Vorlesungen angeboten, die für Religionslehrerstudierende geeignet waren. Grisebach las einerseits über „Philosophie und Religion“ und bot anschließend ein dazugehöriges Kolloquium an. Andererseits hielt er eine Vorlesung über „Wert und Unwert der Kultur“355. Auffällig ist, dass trotz der angeblich geringen Zahlen katholischer Studierender an der Universität Jena, Petersen in diesem Semester im Rahmen der „Didaktischen Kurse“ eine Veranstaltung über Katholische Pädagogik anbot356. Im Wintersemester 1927/ 28 berichtete Petersen, dass sieben von insgesamt 83 Studierenden Religionswissenschaft als Wahlfach genommen hätten357. Für diese bot die Theologische Fakultät erneut zwei Vorlesungen im Bereich Altes und Neues Testament an358. Grisebach las erneut über „Wert und Unwert der Kultur“ sowie über „Humanismus und Christentum“ und bot ein passendes Kolloquium an359. Spannend sind diesmal die „Didaktischen Kurse“ der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt, in deren Rahmen Heussi einen Kurs über „Probleme der neuen Lutherforschung“ durchführte und eine Übung zur „Einführung in die geschichtliche Arbeitsmethode mit Rücksicht auf die Heimatgeschichte“ anbot360. Diese Übung, vermutlich in Verantwortung von Petersen, deutete an, was 1932 mit der neuen Prüfungsordnung schriftlich fixiert wurde: die Prägung der Lehrerbildung durch volks- und heimatkundliche Elemente. Im Sommersemester 1928 tauchten die bereits 1927 von Petersen vorgeschlagenen Arbeitsgemeinschaften in der Lehrerbildung auf. Als vierstündige Arbeitsgemeinschaften für Religion wurden sie wahlverbindlich. Sie sollten 351 Vgl. Schreiben von Peter Petersen an den Dekan der Theologischen Fakultät über die Einrichtung von Didaktischen Kursen (UAJ Jena, J 145, Jena). 352 Vgl. ebd., Bl. 138v-Bl. 138r. 353 Vgl. Antwort der Theologischen Fakultät an Peter Petersen betreffend die Einrichtung von Didaktischen Kursen (UAJ Jena, J 145, Jena). 354 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1927, 17. 355 Ebd., 30 f. 356 Vgl. ebd., 32. 357 Vgl. Übersicht über die Wahlfächer der Studenten der Erziehungswissenschaft (UAJ Jena, M 760, Jena). 358 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1927/ 28, 17. 359 Vgl. ebd., 31 f. 360 Ebd., 33.
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einführen in Inhalt, Lehrplan und Methode des Religionsunterrichts und zeigen einmal mehr die spezifisch thüringische Betonung der Didaktik. Leiter der Arbeitsgemeinschaften war R. Barth. Zusätzlich sollten wahlfreie Arbeitsgemeinschaften für Fortgeschrittene eingerichtet werden361. Erziehungswissenschaft, Philosophie und Psychologie, nach wie vor bestimmende Elemente in der Thüringer Lehrerbildung, erhielten religionspädagogische sowie religionswissenschaftliche Einschläge. Eine Beeinflussung, die bereits vorher in manchen Vorlesungen sichtbar war, die auch den Lehrerstudierenden offenstanden. Daneben sollten in vierstündigen Kollegs die „Didaktischen Kurse“ auch den Religionsunterricht in den Blick nehmen, die von Scheibner vom PI gehalten wurden362. Über das Sommersemester 1928 wurde von zwölf teilnehmenden Studenten an diesen Arbeitsgemeinschaften berichtet363. Veranstaltungen im Rahmen der Erziehungswissenschaft für Religionslehrerstudierenden lassen sich für dieses Semester allerdings nicht feststellen364. Vier Veranstaltungen der Theologischen Fakultät des Sommersemesters 1929 richteten sich auch an Studierende des Volksschullehramts. Prof. Paul Glaue hielt eine Vorlesung „Bibelkunde I“, Staerk gab eine „Einleitung in das Alte Testament“, K. L. Schmidt widmete sich der Biblischen Theologie des Neuen Testaments und Heussi las in Kirchengeschichte den vierten Teil über Aufklärung bis Gegenwart365. Scheibner, Leiter des PI, erteilte außerdem die „Didaktischen Übungen“366, die sich auch dem Religionsunterricht widmeten367. Die Vorlesungen im Wintersemester 1929/30 dagegen waren deutlicher dem Religionsunterricht gewidmet. So las nicht nur Glaue „Bibelkunde II“, sondern Staerk widmete sich in einer ganzen Vorlesung dem „Alten Testament im Religionsunterricht“. Daneben las Weinel über „Religionsphilosophie (einschließlich Religionspsychologie)“368. Scheibner hielt erneut einen Kurs über „Spezielle Didaktik“369. Auch 1930 bot das Sommersemester eine theologische Vorlesung speziell für angehende Religionslehrkräfte an und kam damit den früheren Forde361 Vgl. Die Ausbildung der Lehrerstudenten in Religion (UAJ Jena, J 145, [Jena]). 362 Vgl. ebd., Bl. 180. 363 Vgl. Niederschrift über den gegenwärtigen Stand der Lehrerbildung in Thüringen (LKAE Eisenach, 21-003A 832-1, Eisenach). 364 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1928, 33 f. 365 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1929, 5. 366 Vgl. ebd., 22. 367 Vgl. Besprechung am 21. 3. 1928 über die innere Gestaltung des Pädagogischen Institutes (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, [Jena]). 368 Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1929/30, 5 f. 369 Vgl. ebd., 24.
114 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 rungen des thüringischen Landeskirchenrat nach. Weinel las über „Christliche Weltanschauung und Lebensgestaltung im Religionsunterricht“, Glaue über „Bibelkunde I“ und Heussi erneut über Kirchengeschichte III „Reformation und Gegenreformation“370, während Scheibner wiederholt seine Übungen zur Didaktik gab. Mit der Übung von Petersen zur Vorgeschichte der „Neuen Erziehung“ kamen erstmals auch Vordenker des Nationalsozialismus in den Blick371. Im Wintersemester 1930/31 bot die Theologische Fakultät „Bibelkunde II“ von Glaue, eine „Einleitung in das Alte Testament (Literaturund Kanongeschichte)“ von Staerk, „Biblische Theologie des Neuen Testaments“ von Prof. Erich Fascher und Kirchengeschichte IV „Von der Aufklärung bis zur Gegenwart“ von Heussi an372. Im Sommersemester 1931 bot die Theologische Fakultät neben der Vorlesung „Bibelkunde I“ von Glaue und der „Einleitung in das Neue Testament“ von Fascher, sowie der Vorlesung „Religionsphilosophie“ (einschließlich Religionspsychologie) von Weinel auch eine Vorlesung über „Gestalten und Probleme der Kirchengeschichte vom 2. bis zum 20. Jahrhundert (mit Berücksichtigung der Aufgaben des Religionsunterrichts)“, gehalten von Heussi an373. Daneben gab es auch wieder die Didaktischen Übungen Scheibners374. Für Studierende aller Fakultäten bot Fascher darüber hinaus eine Vorlesung über „Rasse und Religion in biblischer Beleuchtung“ an375. Die folgenden Semester boten dem gegenüber keine weiteren Neuerungen, auch Vorlesungen speziell bezogen auf den Religionsunterricht fanden nicht statt. Einen neuen und anderen Einschlag erhielt die Lehrerbildung in Thüringen 1932. Das Ministerium bestimmte mit einer neuen Ordnung die Regeln für die wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt der Thüringer Volksschule, die am 1. April 1932 in Kraft treten sollte und die Ordnung vom Juli 1927 aufhob376. Auffällig ist hier, dass im Rahmen der fachlichen Unterrichtslehre, die in der mündlichen Prüfung nach wie vor geprüft werden sollte, verlangt wurde, dass die Prüflinge zeigen können mussten, dass sie mit dem Bildungsgut der Volksschule nach Maßgabe der Richtlinien für den Lehrplan der Thüringer Volksschulen vertraut waren. Eine Anforderung, die stärker als bisher die inhaltliche Seite der Fächer in den Fokus stellte. Darüber hinaus sollten die Prüflinge auch zeigen, dass sie in der Lage waren, den Bildungsstoff 370 Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1930, 6 f. 371 Vgl. ebd., 26. 372 Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1930/31, 12. 373 Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1931, 22. 374 Vgl. ebd., 35. 375 Ebd., 43. 376 Vgl. Ordnung der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an der Thüringer Volksschule (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 293, Weimar).
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„unter Berücksichtigung seiner Beziehungen zu Heimat und Volkstum“ unterrichtlich zu gestalten377. Ohne dass Fächer wie Volkstum oder Heimatkunde in den Lehrplänen der Studierenden auftauchten wurde dem Thema Volkstum und Heimat somit eine überragende Bedeutsamkeit zugesprochen, die ihre Auswirkungen auf alle Fächer hatte. Durch die steigende Bedeutung volks- und heimatkundlicher Elemente in der thüringischen Lehrerbildung wird deutlich, wie anschlussfähig diese auch hier ab 1933 für die nationalsozialistische Ausrichtung war. Der Blick auf die Vorlesungen, welche sich zum Teil explizit, in ihrer Mehrheit jedoch nur implizit an die angehenden Religionslehrkräfte Thüringens richteten, verdeutlicht einen wesentlichen Unterschied in der Ausbildung im Gegensatz zu Bayern: Das studentische Leben selbst war in Thüringen keineswegs so stark von kirchlichen und religiösen Gepflogenheiten geprägt, wie dies an den LBA in Bayern der Fall war. Auch die institutionell bedingte Unterschiedlichkeit in der Art der Ausbildung der angehenden Lehrkräfte zeigt sich deutlich. So hatten die Studierenden in Thüringen den Inhalt ihrer religionswissenschaftlichen Ausbildung selbst in der Hand. Inhaltlich lässt sich, resultierend aus der neuen Prüfungsordnung, ab den 1930er Jahren eine Zunahme heimat- und volkskundlicher Themen beobachten. Zuvor waren die Themen der Vorlesungen stark theologisch sowie philosophisch geprägt. Aussagen über den tatsächlichen Inhalt der Vorlesungen lassen sich jedoch anhand der Vorlesungsverzeichnisse nicht treffen. Insgesamt jedoch lässt sich in Thüringen eine hohe Anschlussfähigkeit für die Etablierung nationalsozialistischer Weltanschauung konstatieren. Durch die Zunahme heimat- und volkskundlicher Themen sowie der in Thüringen typischen Geringerschätzung des religiösen Inhalts gegenüber philosophischen und pädagogischen Stoffen ist anzunehmen, dass sich die Religionslehrkräfteausbildung in der weiteren Entwicklung ab 1933 im Spannungsfeld zwischen Ideologie und Bekenntnis weniger auf Seiten des Bekenntnisses als vielmehr an nationalsozialistisch-ideologischen Kontexten orientieren wird.
3.9 Der Religionsunterricht an der Pädagogischen Akademie in Westfalen Die Denkschrift des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung von 1925, deren Ursprung auf Johannes von den Driesch zurückgeführt wird378, bestimmte das Ziel der Lehrerbildung von den Bedürfnissen der Volksschule her. Dementsprechend müssten angehende Volksschullehrkräfte befähigt werden als Volksbildner*innen und Volkser377 Vgl. Ordnung der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an der Thüringer Volksschule (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 293, Weimar), Bl. 74v–Bl. 75v. 378 Vgl. Wermke, ,Religionspädagogik‘, 281.
116 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 zieher*innen zu wirken. „Lebensnähe“ wurde als ein Wesensmerkmal bestimmt, wobei damit unter anderem das Verständnis für das „geistige, religiöse, sittliche, soziale und wirtschaftliche Leben des Volkes“ umfasst wurde. Daneben wurde von Volksschullehrkräften eine „Verwurzelung im heimatlichen Volkstum“ verlangt. Aus diesen Bildungszielen der Lehrerbildung bestimmte die Denkschrift die notwendige Eigenart der PA als „Pflegestätten der Pädagogik“, die neben der systematischen Pädagogik auch deren Hilfswissenschaften bedienen müsse. Im Zusammenhang mit den oben genannten Zielen stand die Forderung an die PA, dass diese „ihre Besucher mit den Bildungsgütern vertraut machen [muss], deren Vermittlung und Pflege Aufgabe der Volksschule“ sei. Wichtig sei, dass die PA eine vielseitige Bildung lehren müsse, wobei die Vermittlung von „Vielwisserei“ zu vermeiden sei. Da jedoch die „Entfaltung der geistigen und sittlichen Kräfte des Kindes“ im Mittelpunkt aller Bemühungen der PA zu stehen habe, sei diese Befürchtung unberechtigt. Aus der „Eigenart der volksbildnerischen Arbeit“ folgerte die Denkschrift als wesentliche Bildungsaufgabe der PA, dass diese „Pflegestätten heimatlicher Natur und Kultur und heimatlichen Volkstums werden müssen“. Die zu erziehenden Lehrerpersönlichkeiten müssten an der Akademie zum Dienst an der Gemeinschaft angehalten werden, dazu bedürfe es einem gemeinsamen Ringen „nach einem in gemeinsamer Welt- und Lebensanschauung begründeten Berufsideal“379. Bei den Verfügungen der Denkschrift hinsichtlich der Übungsschulen, welche die praktische Arbeit an den PA verantworteten, wurde betont, dass es hier darauf ankomme, „die Bekanntschaft mit den tatsächlichen wirtschaftlichen, hygienischen, kulturellen, sittlichen und religiösen Verhältnissen“ zu machen380. Wie bereits ausgeführt, ging es in der Umstellung der preußischen Lehrerbildung auf die PA insbesondere darum, die praktische Seite der Ausbildung, beispielsweise durch Festlegung von Übungsschulen, stärker zu gewichten als zuvor. An den Übungsschulen sollten die angehenden Lehrkräfte durch die praktische Arbeit die Realität an den Schulen kennenlernen. Religion war als Fach an den PA ab dem zweiten Semester mit je viermal einer Übungsstunde vorgesehen und wurde dabei in den Bereich der „Einführung in die Bildungsgüter der Volksschule und ihrer unterrichtlichen Verwertung“ eingeordnet381. In diesem Rahmen war das Fach als wichtiges und wesentliches Element der Volksschullehrerbildung angesehen und wurde mit der Eigenart der Volksschule begründet. Eine Aufwertung erhielt Religion als Fach oder als Bildungsziel nicht, auch wenn es weiterhin als Prüfungsfach bestehen blieb382. Michael Wermke sieht in der volkserzieherischen Aufgabe 379 Denkschrift über „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“ (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Berlin). 380 Ebd., 18 f. 381 Vgl. ebd., 30 f. 382 Vgl. Wermke, ,Religionspädagogik‘, 286.
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der akademischen Volksschullehrerbildung eine einheitsstiftende kultur- und bildungspolitische Bedeutung, die sich in den Quellen vielfach spiegelt383. In einem Schreiben des Kultusministers Adolf Grimme Ende Dezember 1931 stellte dieser fest, dass die Arbeit der PA in den vergangenen Jahren „von starker innerer Bewegung erfüllt“ gewesen sei. Die Wissenschafts- und Bildungsaufgabe sowie Ziele und Wege der Bildungsarbeit waren neuartig und problematisch. Aus diesen Erfahrungen heraus sollte eine neue Prüfungsordnung erarbeitet werden. Für die Prüfung wurde bestimmt, dass diese feststellen müsse, welche Einblicke in den inneren Zusammenhang der Lehrund Übungsgebiete der Volksschule erworben worden seien und ob die Prüflinge in der Lage seien, die erziehungswissenschaftlichen Erkenntnisse auf gegebene erzieherische Lagen anzuwenden. Grimme folgerte, dass eine neue Regelung „auf eine sinngemäße Zusammenfassung der Prüfungsfächer und eine zweckmäßigere Gestaltung des Prüfungsverfahrens“ abzielen müsse384. Realiter erhielten dadurch die einzelnen Prüfungsfächer einen niedrigeren Stellenwert. Die Aufgaben und Ziele der PA Dortmund wurden von deren Direktor Körber auf einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Elternbeiräte und Lehrerschaft der evangelischen Volksschulen Großdortmunds in einem Vortrag zusammenfassend dargestellt. Da den einzelnen Akademien, abhängig vom Personal, ein gewisser Spielraum in der Gestaltung der Lehrerausbildung zukam385, werden die diesbezüglichen Ziele Körbers an dieser Stelle kurz dargestellt. Körber betonte, dass den Volksschullehrkräften dieselbe Ausbildung zustehe, wie sie den anderen akademischen Ständen bereits zukam. Er beurteilte die erfolgten Neuordnungen in diesem Bereich als ein Zurückdrücken des Bildungsstandes auf das Niveau von 1880. Die PA entsprächen aber in ihrer Arbeit den Wünschen, welche die Eltern in dieser Hinsicht haben müssten. Die Erziehungswissenschaft stünde in der Arbeit der PA im Mittelpunkt. Auch die praktische Ausbildung an den Akademieschulen wurde betont386. Generell schien der praktische Teil der Ausbildung an der PA in Dortmund einen hohen Stellenwert gehabt zu haben. Häufig findet sich die explizite Abgrenzung zur PA in Kiel auch in den Quellen zum Dortmunder Landschulpraktikum. In Kiel hätten die Studierenden, die ja später in allen Fächern zu unterrichten hätten, teilweise nicht einmal während ihres gesamten Studiums im Rechnen Unterricht erteilen müssen387. Ein besonderer 383 Vgl. Wermke, ,Religionspädagogik‘, 295. 384 Ordnung der 1. Prüfung unter der Ziffer U III Nr. 1839.1 (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.5, Nr. 29, Berlin). 385 Vgl. Sandfuchs, Geschichte, 23. 386 Vgl. Die Aufgaben und Ziele der Pädagogischen Akademie (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307). 387 Vgl. Zur Verfügung der Regierung vom 7. 2. 1931 II. 2. Nr. 450 betreffend Erfahrungen bei der Durchführung des Landschulpraktikums (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Dortmund).
118 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 religiöser Charakter, Religion als Teil der Ausbildung generell, wurde von Körber in diesem Vortrag nicht thematisiert388. Prof. Karl Danzfuß berichtete 1931 von dem vergangenen Landschulpraktikum der PA Dortmund insbesondere, dass das Verhältnis zwischen den Studierenden und den betreuenden Lehrkräften im vergangenen Praktikum „im allgemeinen gut, stellenweise herzlich“ gewesen sei. Er wies in diesem Zusammenhang auf die bereits erwähnte Tatsache hin, dass es den Studierenden im Rahmen des Praktikums – anders als in Kiel – möglich gewesen war „den Unterricht in fast allen Volksschulfächern kennen zu lernen“. Er unterstrich im gleichen Zuge, dass es für viele Studierende auch „ganz segensreich gewesen sei […], durch die volle Verantwortung, die [sie] in erziehlicher und unterrichtlicher Hinsicht zu tragen hatte[n], auf die realen Grenzen einer überstiegenen Ideologie aufmerksam gemacht worden zu sein“389. Das Praktikum habe sich bewährt. Die Funktion des Praktikums, durch die Praxis der Theorie ein Korrektiv zu setzen, hob Danzfuß in seinen Berichten über das Praktikum wiederholt hervor. Es ist auffällig wie betont praxisnah die Ausbildung an dieser Stelle ausgerichtet war, was möglicherweise in Verbindung mit der im Nationalsozialismus üblichen antiintellektuellen Einstellung zu sehen ist. Der Unterricht in Religionswissenschaft wurde an der Akademie von Prof. Ilse Peters erteilt390. Sie unterrichtete bis 1933 in Dortmund, anschließend in Berlin und wurde als sogenannter Mischling ersten Grades im August 1933 entlassen391. Ab dem Wintersemester 1932 war neben ihr Hermann Schafft als Dozent für Religionswissenschaft nachweisbar. Zu diesem Zeitpunkt bekleidete bereits Arno Koselleck den Posten als Direktor der Akademie392. Zwischen dem Sommersemester 1930 und dem Wintersemester 1931/32 hielt Peters unter anderem Vorlesungen, die sich mit aktuellen Themen („Einführung in die deutsche protestantische Theologie der Nachkriegszeit“) oder dem Alten und Neuen Testament im Religionsunterricht befassten. Sie widmete sich ebenfalls der wissenschaftlichen Grundlegung des Religionsunterrichts und Luther („Luthers Glaube in der Anwendung auf praktische Fragen seiner Zeit“)393. Nicht alle Vorlesungen dienten dabei – dem Titel nach zu urteilen – den rein methodischen Fragen des Religionsunterrichts. In den 388 Vgl. Die Aufgaben und Ziele der Pädagogischen Akademie (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307). 389 Zur Verfügung der Regierung vom 7. 2. 1931 II. 2. Nr. 450 betreffend Erfahrungen bei der Durchführung des Landschulpraktikums (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Dortmund). Hervorhebungen im Original, Umstellungen durch die Verfasserin. 390 Vgl. Verzeichnis der hauptamtlichen Mitglieder der Pädagogischen Akademie in Dortmund nach dem Stande vom 1. 8. 1930 (LAV NRW W – Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Dortmund). 391 Vgl. Aktennotiz über Ilse Peters (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31861). 392 Vgl. Vorlesungsverzeichnis der Pädagogischen Akademie Dortmund für das Winterhalbjahr 1932/33 (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.5, Nr. 29, [Dortmund]). 393 Vgl. Käbisch, Typologie, 183 f.
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Prüfungen widmeten sich den Berichten zufolge ihre Fragen nicht ausschließlich den methodischen, sondern ebenfalls den didaktischen und fachlichen Aspekten394. Die Vorlesungen, die ab dem Sommersemester 1932 unter Leitung von Schafft hinzukamen, unterschieden sich den Titeln nach zu urteilen nicht wesentlich von denen von Peters. Auch Schafft widmete sich aktuellen Themen („Hauptprobleme des Lebens Jesu im Anschluß an Bultmanns ,Jesus‘“) sowie ebenfalls den methodischen Grundfragen. Rein biblische Themen tauchten bei ihm allerdings nicht auf395. Auch er widmete sich den Prüfungsberichten zufolge in seinen Prüfungen den inhaltlichen Aspekten ebenso wie den methodischen396. Daneben lassen sich von beiden Dozierenden Veranstaltungen in gemeinsamer Verantwortung mit Dozierenden aus anderen Fachbereichen nachweisen. So war Peters beispielsweise im Wintersemester 1931/32 Teil eines Colloquiums zum Thema „Industriekind und Industriepädagogik“397. Ein Thema, das in Dortmund angesichts seiner geographischen und sozialen Lage offensichtlich sehr präsent war. Schafft beteiligte sich im Wintersemester 1932/33 an zwei pädagogischen Übungen, von denen sich eine den Bildungszielen politischer Gruppen widmete und die andere, gemeinsam mit Ernst Krieck, Pestalozzis Einwirkung auf die Gegenwart behandelte. Auch in diesem Semester widmete sich Peters dem Thema der „Industriepädagogik“. Zusammen hielten sie in diesem Semester außerdem die Vorlesung „Aus dem Leben der evangelischen Christenheit in der Gegenwart, mit besonderer Berücksichtigung Westfalens“398. Die Titel der Vorlesungen zeigen einerseits im Unterschied zu Thüringen und Bayern ein hohes Maß an Zusammenarbeit zwischen den Dozierenden der Akademie, aber auch, dass die Themen durchaus von der geographischen und sozialen Lage der Akademie mitbestimmt waren. Für die Vorlesungen zum Thema der Industriepädagogik war sicherlich auch das Landschulpraktikum der Akademie mit bestimmend. Vorlesungen im Fachbereich Religion mit einem expliziten und eindeutigen politischen Einschlag lassen sich aber für diese Zeit in Dortmund nicht feststellen. Gleichwohl zeigt die Zusammenarbeit Schaffts mit Krieck in deren Vorlesung über Pestalozzi mindestens eine Offenheit Schaffts gegenüber nationalsozialistischen Erziehungsvorstellungen, auch wenn dieser offenbar aus politischen Gründen später aus dem Dienst an der PA entlassen wurde.
Vgl. 244 Betr. Erlaß vom 6. 3. 1933 – E.O.I. 6596 – (LkA EKvW, Best. 0.5, Nr. 29, [Münster]). Vgl. Käbisch, Typologie, 184. Vgl. 244 Betr. Erlaß vom 6. 3. 1933 – E.O.I. 6596 – (LkA EKvW, Best. 0.5, Nr. 29, [Münster]). Vgl. Vorlesungsverzeichnis für das Winter-Halbjahr 1931/32 (LAV NRW W – Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6845, Dortmund). 398 Vgl. Vorlesungsverzeichnis der Pädagogischen Akademie Dortmund für das Winterhalbjahr 1932/33 (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.5, Nr. 29, [Dortmund]).
394 395 396 397
120 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 In Westfalen zeigt sich insbesondere ein wesentlicher Unterschied zu Bayern und Thüringen: die pragmatische Einbeziehung der Übungsschulen in die Ausbildung der angehenden Lehrkräfte. Auf diese Weise wird an der PA Dortmund auf eine eigene Weise der Praxisbezug, der in Thüringen durch die Betonung von Pädagogik und Psychologie hergestellt werden sollte, vollzogen. Im Hinblick auf eine mögliche Entwicklung ab 1933 ist davon auszugehen, dass die Fortsetzung der Ausbildungstätigkeit der Akademie einerseits und die enge Zusammenarbeit mit den Übungsschulen andererseits ein hohes Maß an Beeinflussung durch nationalsozialistische Anschauungen ermöglichen.
3.10 Die Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Tradition und Neuaufbruch Die Vorzeichen für die Ausbildung von Lehrkräften änderten sich in der Weimarer Republik erheblich. Durch die Notwendigkeit einer neuen Verhältnisbestimmung zwischen Staat und Kirche war dabei in besonderer Weise die Ausbildung von Religionslehrkräften betroffen, wie die wiederholten und intensiv geführten Debatten nicht nur um die Konfessionalität des Schulwesens im Allgemeinen, sondern auch der Lehrerbildung im Speziellen zeigen. Neben kirchenpolitisch bestimmten Argumenten wie der protestantischen Furcht vor Bedeutungsverlust gegenüber der katholischen Erziehung, welche in Bayern die evangelische Landeskirche angesichts der möglichen Einführung von weltlichen Schulen äußerte, tauchten vermehrt nationalpolitisch bestimmte Begründungen gegen die Bekenntnisschule auf. Genannt sei hier neben dem Argument, die konfessionelle Unterteilung führe zu einer Trennung des Volkes, die Befürchtung, dass durch die Trennung der Schulen in Bekenntnisschulen die Lehrerschaft selbst unnötig gespalten würde. Dennoch kam es in Preußen zur Einrichtung bekenntnismäßig getrennter PA, während es in Bayern bei der Erhaltung der konfessionell bestimmten LBA blieb. Wenngleich auch in Westfalen die konfessionelle Ausbildung der Lehrkräfte als nicht notwendig angesehen wurde, unter der Voraussetzung, dass sich die künftigen Religionslehrkräfte über das konfessionelle Moment ihres Unterrichts im Klaren sein müssten, wurde mit der Einrichtung einer evangelischen Akademie in Dortmund auch hier die konfessionelle Lehrerbildung durchgesetzt. In Thüringen wurde der weltliche Aspekt der Ausbildung von Seiten der Elternverbände kritisiert, durch die Einführung des schulamtlichen Nachweises 1929 als Voraussetzung sollte schließlich auch hier sichergestellt werden, dass die Ausbildung der thüringischen Volksschullehrkräfte den Besuch von religionswissenschaftlichen Vorlesungen und religiösen Arbeitsgemeinschaften beinhaltete. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Religionslehrkräfte insbesondere hinsichtlich der pädagogischen Ausgestaltung
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der Lehrstoffe war immer wieder zentraler Aspekt in den Debatten um den Religionsunterricht. Die inhaltliche Gestaltung des Religionsunterrichts zeigte in Bayern einen starken Einfluss bekenntnismäßiger Ausrichtung. Hervorzuheben ist, dass sowohl an der LBA in Erlangen als auch in Bayreuth betont wurde, dass der Unterricht nicht politisch beeinflusst gewesen sei. Demgegenüber ist in Coburg – angesichts der Zugehörigkeit zweier Lehrkräfte zu NSDAP bzw. Stahlhelm – von einer entsprechenden Beeinflussung des Unterrichts auszugehen. Der Religionslehrer der Anstalt schien dabei religiösem Erleben, im Sinne des Nationalsozialismus als politischer Religion, einen hohen Stellenwert zu geben. Erwähnenswert ist die starke Prägung des Schullebens durch christliche Traditionen in Schulgottesdiensten sowie gemeinsamen Kirchenbesuchen. Der Besuch der Synagoge durch die Absolventen der Bayreuther Anstalt zeugt von einer gewissen religiösen Offenheit. Religiös-sittliches Verhalten war, ganz im Sinne Vogelhubers, wesentlicher Teil der Erziehung der Anstalten. In Thüringen war die Lehrerausbildung dem gegenüber stärker durch die Philosophische Fakultät geprägt. Beziehungen des Unterrichtsstoffes zu Heimat und Volkstum wurden hier bereits 1932 durch die Ordnung der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Volksschulen in der Ausbildung der Lehrkräfte verankert. Die angebotenen Vorlesungen und Übungen im Fach Religionswissenschaft bildeten in dieser Phase noch ein breites Spektrum theologischer Forschung ab. Neben Vorlesungen zu biblischer Theologie des Alten und Neuen Testaments widmeten diese sich dem Urchristentum, der Reformation sowie verschiedenen Fragen der Religionsphilosophie. Dabei waren auch aktuelle Fragestellungen impliziert, wie beispielsweise die Vorlesung von Weinel im Wintersemester 1925/26 zeigt, die sich unter dem Titel „Moderne Probleme der Theologie“ den Themen „Bibel und Wort Gottes“, „Offenbarung und Entwicklung“ sowie „Jesus oder Christus“ widmete. Gleichzeitig ist hervorzuheben, dass im Rahmen der „Didaktischen Kurse“ nicht in jedem Semester Veranstaltungen der Religionswissenschaft angeboten wurden. Die Themen „Heimat“ und „Heimatverbundenheit“ tauchten beispielsweise in Vorlesungen unter dem Titel „Einführung in die geschichtliche Arbeitsmethode mit Rücksicht auf die Heimatgeschichte“ auf. Im Sommersemester 1930 kamen mit der Übung von Petersen zur Vorgeschichte der „Neuen Erziehung“ erstmals auch explizite Vordenker des Nationalsozialismus in den Blick. Westfalen war als preußische Provinz stark von den preußischen Entwicklungen bestimmt. Das Ziel der Lehrerbildung war hier explizit, auch im Religionsunterricht, von der Volksschule her bestimmt. Neben dem Verständnis für das religiöse Leben des Volkes wurde die Verwurzelung in der Heimat als Bildungsziel genannt. In der Dortmunder PA besaß die praktische Ausbildung der Studierenden einen hohen Stellenwert wie die Betonung des Praktikums zeigt. Aktuelle Themen wie die „Einführung in die deutsche
122 Die Ausbildung von Religionslehrkräften in der Weimarer Republik ab 1925 protestantische Theologie der Nachkriegszeit“ sowie Altes und Neues Testament sind erwähnenswerte Inhalte der angebotenen Vorlesungen. Dabei ist zu betonen, dass nicht allein methodische Fragen Gegenstand der Prüfungen waren, sondern auch die inhaltliche Seite der Themen einen hohen Stellenwert besaß. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt der Dortmunder PA war die sogenannte Industriepädagogik, der sich auch die Religionsdozierenden der Anstalt mit Vorlesungen widmeten.
4. Die Ausbildung von Religionslehrkräften im Zuge der Gleichschaltung und im Schutze der kirchenfreundlichen Politik des Nationalsozialismus (1933–1934) Die ersten beiden Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft standen auch in der Lehrerbildung ganz im Zeichen der Gleichschaltung. So wurden nicht nur die Kultusministerien der Länder gleichgeschaltet und mit nationalsozialistisch gesinnten Mitarbeitern besetzt, sondern auch die Lehrerverbände in den Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) eingegliedert. Für die evangelische Kirche bedeutete die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 die Notwendigkeit sich einer, im Vergleich zur Weimarer Republik, neuen Situation anpassen zu müssen. Die Machtübernahme wurde seitens der evangelischen Kirche an vielen Stellen freudig begrüßt, was auch vor dem Hintergrund der häufig zu findenden Ablehnung des demokratischen Weimarer Staates gesehen werden muss. Schon bald begann jedoch eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen den Deutschen Christen und der Bekennenden Kirche darum, was die rechtmäßige evangelische Kirche sei1. Auch in der Lehrerbildung kam es zu weitreichenden Veränderungen. So wurde bald nach der Machtübernahme ein Aufruf seitens des NSLB veröffentlicht, Ideen zur Reform der Lehrerausbildung einzusenden. Die Preußischen PA wurden umbenannt, was reichsweit weitere Diskussionen um die Lehrerausbildung hervorrief. Bis zur länderübergreifenden Einführung der HfL ab 1935, bzw. der Umstellung der Lehrerbildung auf die LBA 1941, war der Religionsunterricht im Rahmen der Lehrerbildung in Bayern, Thüringen und Westfalen weiterhin unterschiedlich geregelt, weshalb jeder Landeskirche nachfolgend ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Dabei werden jeweils, nach einem kurzen Blick auf die institutionellen Rahmenbedingungen vor Ort unter dem Vorzeichen der nationalsozialistischen Machtübernahme, insbesondere der Dozentenbestand sowie der Inhalt der Vorlesungen untersucht. Örtliche Besonderheiten, wie das Landschulpraktikum in Jena oder die Aufbauschulen in Bayern stehen dabei ebenfalls im Fokus.
1 Vgl. für einen Überblick Hermle u. a., Zeitgeschichte.
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Die Ausbildung von Religionslehrkräften im Zuge der Gleichschaltung
4.1 Der Prozess der Gleichschaltung und seine Auswirkungen auf die Lehrerbildung Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurden nach und nach alle Bereiche des öffentlichen Lebens „gleichgeschaltet“. Dazu gehörte auch die Vereinheitlichung der Lehrerbildung im gesamten Reich. Zwei Bereiche fließen bei der vorliegenden Fragestellung der Arbeit mit ein: Zum einen die Gleichschaltung der Kultusministerien sowie zum anderen die Gleichschaltung der Lehrerverbände. Ebenfalls von Interesse für die Arbeit ist das nationalsozialistische Erziehungsverständnis, welches insbesondere im Hinblick auf die Gleichschaltung der Lehrerverbände Bedeutung besitzt. Das Verständnis von Erziehung im Rahmen der nationalsozialistischen Ideologie war geprägt von den Vorstellungen Kriecks, Alfred Bäumlers sowie Hitlers. Darüber hinaus äußerten sich auch andere nationalsozialistisch gesinnte Pädagogen zu ihren Erziehungsvorstellungen. Kraft bezeichnet diese Vielzahl an verbreiteten Vorstellungen als „Ideenkonglomerat“ und beruft sich dabei auf Scholtz, der in seinen Arbeiten darauf hinweise, „dass im Nationalsozialismus ,niemand für eine Systematisierung der NS-Weltanschauung in Form einer schulischen Lehre die Verantwortung übernehmen wollte‘ und ebensowenig von einer ,aus der politischen Ideologie abgeleitete(n) nationalsozialistische(n) Didaktik‘ gesprochen werden kann“2.
Dennoch lassen sich einige zentrale Begrifflichkeiten der nationalsozialistischen politischen Ideologie ausmachen, die auch für die Erziehung von Bedeutung waren. So zeigten sich die nationalsozialistischen Antihaltungen – Gutzmann benennt an dieser Stelle Antiindividualismus, Antiintellektualismus, Antiliberalismus sowie antidemokratische Einstellungen3 – auch im Bereich der Erziehung und Bildung. Eine zentrale Stellung besaß außerdem der Rassegedanke, der im Zusammenhang mit den verbreiteten völkischen Vorstellungen zu einem „Blut-und-Boden-Kult“ führte. Damit verbunden sei auch die Militarisierung des Alltags zu sehen, welche aus sozialdarwinistischen Vorstellungen sowie der „real eintretenden Kriegssituation“ resultierte und mit den „soldatischen Tugenden“ in Verbindung gebracht wurde4. Als bestimmend für die nationalsozialistische Erziehungsvorstellung, sofern das Bestehen einer solchen angenommen werden kann5, galt sowohl 2 3 4 5
Kraft, Religionsdidaktik, 2. Vgl. Gutzmann, Hochschule, 10. Vgl. ebd. Während Michael Buddrus – im Gegensatz zu anderen Wissenschaftlern – das Bestehen eines nationalsozialistischen Erziehungsideals konstatiert, das im Kontrast zum bürgerlichen Bildungsbegriff zu sehen sei, spricht Folkert Rickers in diesem Zusammenhang von einer Antipädagogik, die das nationalsozialistische Bildungs- und Erziehungswesen bestimmt hätte. Bildung
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Zeitgenossen als auch verschiedensten Untersuchungen zur Erziehung im Nationalsozialismus die Denkschrift Starks. Stark, wenngleich fachfremd, verfasste bereits vor der Machtübernahme seine Denkschrift zu Nationalsozialismus und Lehrerbildung6. In dieser stellte er, wie damals durchaus üblich, seinen Ausführungen Zitate aus Hitlers Mein Kampf voraus, um im Anschluss seine eigenen Vorstellungen zu entfalten. Stark kritisierte dabei unter anderem die Forderungen von Zentrum und BVP nach einer Lehrerbildung an gesonderten Akademien, also an den Preußischen PA. Zentraler Punkt dieser Kritik war die Trennung nach Konfessionen. Er betonte dabei jedoch, dass der Nationalsozialismus die Erziehung deutscher Kinder „auf der Grundlage christlicher Religion“ voraussetze7. Indem Stark direkt im Anschluss als wichtigste Aufgabe des nationalsozialistischen Staates die „Erziehung ihrer Schüler zu Nationalbewußtsein und sozialer Gesinnung“ benannte8, wird der Anschluss an Forderungen Hitlers in Mein Kampf besonders deutlich. Die Diskrepanz zu Hitlers Bewertung der religiösen Erziehung wird bei Stark in der Gleichordnung religiöser Erziehung mit der körperlichen, geistigen und sittlichen Erziehung sichtbar9. Starks weitere Forderungen nach Neuordnung der Lehrerbildung und die Schaffung einer eigenen, pädagogischen Fakultät an den bestehenden Universitäten zu diesem Zwecke10, nach einer reichseinheitlichen Lösung der Lehrerbildung11, sowie die Ablehnung der Preußischen PA12, waren – wie Gutzmann treffend feststellt – dieselben der deutschen Lehrerschaft13. Starks Denkschrift, die zunächst als richtungsweisend für die nationalsozialistischen Forderungen hinsichtlich der Neuordnung der Lehrerbildung erachtet wurde, da sie als von Hitler autorisiert galt, war jedoch nach der Machtübernahme zunehmend kritisiert worden14. Anders lag die Sache bei den Erziehungsvorstellungen Kriecks, dessen Ausführungen viele der bereits genannten Aspekte nationalsozialistischer Pädagogik aufgriffen, und der unter anderem an der PA in Dortmund selbst als Lehrerbildner tätig war15. Von Vogelhuber wurde Krieck 1928 neben Spranger und Paul Natorp als Erziehungswissenschaftler genannt, den jeder Pädagoge kennen müsse16 und noch im Sommersemester 1937 waren Kriecks Thesen
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
gilt hierbei als Instrument politischer Schulung. Vgl. Buddrus, Erziehung, 853; Rickers, Ära, 237. Stark, Nationalsozialismus. Vgl. ebd., 7. Ebd., 7 f. Vgl. ebd., 8. Vgl. ebd., 9. Vgl. ebd., 10. Vgl. ebd., 11. Vgl. Gutzmann, Hochschule, 49. Vgl. ebd., 51 f. Vgl. oben Kap 3.9. Vgl. Zu Nr. II 26880 Z.A. (BayHStA München, MK 42176, München).
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Vorlesungsinhalt an der HfL in München-Pasing17. Kriecks Positionen besaßen demnach einen gewissen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Lehrerbildung18. In seinen Ausführungen erfüllte Erziehung eine Hauptaufgabe in der „Rassenzucht“. Sie diente der Auslese und Typenformung des als „ideal“ empfundenen deutschen Menschen, notwendig dazu war auch ein bestimmter Lehrertypus. Maßgebliches Leitbild war für Krieck die Vorstellung des heroischen Menschen. In der Anfangsphase des Nationalsozialismus war auch die Verwurzelung auf dem Land, die „Landverbundenheit“, elementar. Insgesamt übernahm Krieck dabei in vielen seiner Ausführungen Grundgedanken der Reformpädagogik. Im Hinblick auf die so verstandenen Aufgaben der Erziehung und des dafür als notwendig gesehenen Lehrertypus wurde aus nationalsozialistischer Perspektive auch eine Änderung in der Lehrerbildung notwendig19, die im Anschluss an die Machtübernahme in Angriff genommen wurde. Die Gleichschaltung der Länderkultusverwaltungen erfolgte innerhalb weniger Monate nach der „Machtergreifung“. Für Braunschweig, Oldenburg und Thüringen galt hierbei, dass die Kultusministerien bereits vor dem 30. Januar 1933 unter nationalsozialistischer Leitung standen. Während zu Beginn Bildung und Kultur noch Angelegenheiten der einzelnen Länder waren, wurde schnell klar, dass ein solcher Föderalismus mit dem zentralistischen Staatsverständnis des totalitären Systems im Nationalsozialismus nicht vereinbar war. Am 30. Januar 1934 erließen die Nationalsozialisten daher das „Gesetz zur Neuordnung des Reiches“, welches die Länder als politisch selbständige Organe auflöste. Sie wurden in dem Zuge zu organisatorischen Verwaltungsinstanzen herabgestuft. Das Gesetz bildete den formalen Schlusspunkt im Prozess der Gleichschaltung. Die Länderkultusverwaltungen wurden nachgeordnet, die Initiative lag jedoch noch bis 1937 bei ihnen. Erlasse und Verordnungen, welche die Schulbildung betrafen, gingen zwar vom 1934 gegründeten Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (RMWEV) in Preußen aus, besaßen aber in ihrer Übertragung auf das Reich keine absolute Dominanz wie das Beispiel der 1933 gegründeten Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (NAPOLA) zeigt, die in Bayern nicht übernommen wurden. Die Schulpolitik lag also zunächst nicht allein beim RMWEV20. In Bayern ließ die Neubesetzung des Kultusministeriums nach der Machtübernahme lange auf sich warten. Fritz Schäffer macht als Grund dafür geltend, dass zwei aus Sicht der Nationalsozialisten vielversprechende Kan17 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung Pasing vor München. Vorlesungs-Verzeichnis Sommer-Semester 1937 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 18 Vgl. Krieck, Erziehung 1932. 19 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 31. 20 Vgl. Schäffer, Volk, 19.
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didaten für die Leitung des Kultusministeriums in Aussicht standen. Am 16. März 1933 übernahm Franz Xaver Ritter von Epp zunächst dessen kommissarische Leitung, das Unterrichtsressort hatte Hans Schemm inne. Auf Grundlage des Reichsstatthaltergesetzes vom 7. April 1933 behielt Schemm diesen Posten und blieb auch im endgültig installierten Kabinett unter der Leitung von Ministerpräsident Ludwig Siebert am 12. April 1933 bis zu seinem Tod 1935 in dieser Position. Unter Schemm kam es im Unterrichtsressort zu umfangreichen personellen Änderungen, eine eigene Abteilung die speziell für die Lehrerbildung zuständig gewesen wäre, gab es nicht. Durch die personellen Änderungen Schemms wurde die gesamte Führungsebene ausgewechselt; nach dieser ersten Säuberungswelle 1933 erfolgten jedoch keine weiteren Kündigungen21. Nach der zunächst kirchenfreundlichen Politik des Kultusministeriums unter Schemm kam es im März 1934 zu einem deutlichen Umschwenken in der Politik, welches sich unter anderem durch Repressalien gegen Geistliche ausdrückte, die den Hitlergruß verweigerten. Schäffer konstatiert, dass diese antikirchlichen Maßnahmen von höherer Stelle vorgegeben gewesen seien22. Die Gleichschaltung des Schulwesens dagegen war – anders als in anderen Bereichen von Politik und Gesellschaft – nicht nach einem Jahr abgeschlossen. Dabei galten die Kirchen den Nationalsozialisten als das größte Hindernis in der vollständigen Gleichschaltung23. Was für die Kultusministerien der Länder galt, galt ebenso für die Lehrerverbände. Wie jene wurden diese im Zuge der Machtübernahme gleichgeschaltet und auf diese Weise als selbständige, gewerkschaftsähnliche Organisationen ausgeschaltet. Laut Willi Feiten erfolgte die Gleichschaltung der alten Lehrerverbände auf zwei unterschiedlichen Wegen. So wurden zum einen die Vereinsvorstände mit Mitgliedern des NSLB oder der NSDAP besetzt und die Vereine so „subversiv unterwandert“, zum anderen erfolgte die Fusion der bereits bestehenden Verbände mit dem NSLB. Auf diese Weise fand die freie Arbeit der Lehrerschaft ihr Ende24. Rainer Bölling stellt den Vorgang der Gleichschaltung der Lehrerverbände am Beispiel des Deutschen Lehrervereins (DLV) dar. Während sich die „nationalsozialistische Machtergreifung“ im Januar 1933 zunächst im DLV nicht bemerkbar gemacht habe, wurde der zu erwartende Umgang der neuen nationalsozialistischen Regierung mit den freien Lehrerverbänden bereits im März 1933 an Vorgängen in Thüringen deutlich. Dort war es im Oktober 1932 zu Spannungen zwischen dem Thüringischen Lehrerverein und der thüringischen, dort bereits nationalsozialistischen, Landesregierung gekommen, die an der Kritik des Vereins an einem Erlass zur Behandlung des Versailler Vertrages in den Schulen entstanden 21 22 23 24
Vgl. Schäffer, Volk. Vgl. ebd., 131. Vgl. ebd., 262. Vgl. Feiten, Lehrerbund, 55.
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waren. Stimmzettel über eine eventuelle Neuwahl des dortigen Vereinsvorstandes anlässlich dieser Kritik waren Anfang März 1933 auf Anweisung des Ministeriums von der Polizei beschlagnahmt worden25. Nachdem die Leitung des DLV nach den Reichstagswahlen ihre politische Zurückhaltung aufgegeben hatte, glaubte sie durch Loyalitätsbekundungen gegenüber dem neuen Staat die eigene Selbständigkeit bewahren zu können. Doch auf den DLV wurde in der Folgezeit sowohl durch die nationalsozialistisch ausgerichtete Vereinsbasis als auch durch die Reichsleitung des NSLB Druck ausgeübt26, sodass auf der „Magdeburger Veranstaltung“ im Juni 1933 schlussendlich die Eingliederung des DLV in den NSLB erfolgte27. Neben dem korporativen Beitritt der Vereine selbst wurde von den Einzelmitgliedern erwartet dem NSLB beizutreten. Dabei galt für die Vereine ein „Reinigungsparagraph“, der schon vorher im DLV Verbindlichkeit besaß. Ziel war es, Juden, Freimaurer und jene, die für die neue Staatsgewalt als „untragbare Mitglieder“ galten, von einer Vereinsmitgliedschaft auszuschließen28. De facto wurden auf diesem Weg bis Ende 1933 alle bestehenden Lehrerverbände – einzig der Deutsche Philologenverband sowie der Verein katholischer Lehrerinnen überstanden die Gleichschaltung – in den NSLB überführt bzw. aufgelöst. Mit dem Gesetz über die Aufhebung der Beamtenvereinigung 1937 wurde schlussendlich jede Lehrerorganisation außerhalb des NSLB verboten und somit auch der Philologenverband und der Verein katholischer Lehrerinnen stillgelegt, sodass die Gleichschaltung der Lehrerverbände 1937 als abgeschlossen betrachtet werden konnte29. Nach Abschluss der Gleichschaltung der Lehrerverbände widmete sich der NSLB der Ausrichtung der gesamten Erzieherschaft auf die Ideologie des Nationalsozialismus30. Ein Ziel, für das Religionsunterricht und Lehrerbildung im NSLB große Relevanz zugesprochen wurde, bis auch dieser Verein im Zuge der Kriegsführung im Februar 1943 aufgelöst wurde31. Die nationalsozialistische Schulpolitik selbst wird vielfach als instabil und uneinheitlich charakterisiert. Als Grund dafür gelten einerseits die häufigen Wechsel in der Zuständigkeit für Schulwesen und Erziehung sowie andererseits die vielfachen Kompetenzstreitigkeiten zwischen den unterschiedlichen, mit der Schulpolitik verbundenen Instanzen. Zu Beginn des Nationalsozialismus lag die Zuständigkeit für den Bildungssektor in den Händen von Reichsinnenminister Wilhelm Frick. Frick hatte schon früh damit begonnen eine reichseinheitliche Schulreform vorzubereiten. Seine Absicht lag darin, die Kompetenzen des Reiches auf Kosten 25 26 27 28 29 30 31
Vgl. Bölling, Volksschullehrer, 219 f. Vgl. ebd., 220 f. Vgl. ebd., 223. Vgl. ebd., 222. Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 254. Vgl. Feiten, Lehrerbund, 54. Vgl. Gutzmann, Hochschule, 47 f.
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der Länder zu erweitern. Mit der Bildung des RMWEVam 1. Mai 1934 ging die Verantwortlichkeit für den Bereich Erziehung und Unterricht auf Bernhard Rust über. Rust, der als schwache, vermeintlichen Autoritäten ausweichende Persönlichkeit galt, war in der Folge immer wieder in Kompetenzstreitigkeiten verwickelt. Die Kompetenzen verteilten sich im Bereich Verwaltung auf den Staat und hinsichtlich der politischen Führung und der damit verbundenen politischen Erziehung auf die Partei. Gutzmann macht diesen Dualismus zwischen Partei und Staat für die in der Folgezeit immer wieder ausbrechenden Machtstreitigkeiten verantwortlich32. Wie Frick vor ihm war auch Rust im Bereich der Lehrerbildung seit 1934 bestrebt, die Arbeit der einzelnen Hochschulen zu koordinieren und auf eine einheitliche Grundlage zu stellen. Auf diese Weise versuchte er die bestehende Zersplitterung des Schul- und Bildungswesens zu überwinden und der laufenden Gleichschaltung entgegenzuarbeiten33. Die Zuständigkeiten im Bereich der Lehrerbildung unterlagen im Verlauf des Nationalsozialismus einem steten Wechsel. Seit 1933 war die Abteilung U II B – Lehrerbildung und Lehrerfortbildung – im Reichsinnenministerium für die Fragen der Lehrerbildung verantwortlich. Durch einen Hauserlass im August 1934 wurde die Abteilung für Unterricht und Erziehung im RMWEV in das Amt für Erziehung umgewandelt, innerhalb dessen die allgemeine Abteilung E I die Zuständigkeit für die Lehrerbildung innehatte. Im Herbst 1934, also nur wenige Monate nach dem Hauserlass vom August, machte das Amt für Wissenschaft seinen Anspruch auf die Verantwortung für die Lehrerbildung geltend. Hier wurde ein Hauptreferat Lehrerbildung eingerichtet, welches jedoch lediglich die Ausbildung der Volks- und Mittelschullehrer regelte. So unterlag die Zuständigkeit in den Fragen der Lehrerbildung ab 1919 bis 1942 einem steten Wechsel34. Die Instabilität in der nationalsozialistischen Schulpolitik rührte auch daher, dass Hitler Konflikte in diesem Bereich nicht schlichtete und kaum Vorgaben machte. Zwischendurch nahm er durch Führerbefehle in seinem Sinne Einfluss auf die Lehrerbildung, „was die provisorische Ausrichtung, Instabilität und die geringe Direktion der Schulpolitik durch den Erziehungsminister deutlich machte“35. Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Machtkämpfen kam es mit der Umbenennung der Preußischen PA in HfL neben den Streitigkeiten zwischen staatlichen Instanzen und dem Führungsanspruch der Partei zu erheblichen Differenzen zwischen dem Erziehungsministerium und den Finanzministerien, die bis 1941 andauern sollten. In dieser Auseinandersetzung ging es weniger um die Bezeichnungen der Institutionen als vielmehr um die aus 32 33 34 35
Vgl. Gutzmann, Hochschule, 35. Vgl. ebd., 35 f. Vgl. ebd., Hochschule, 39 f. Ebd., 33.
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diesen womöglich abzuleitenden besoldungsrechtlichen Konsequenzen der daraus hervorgehenden Lehrkräfte, sowie um die Einstufung der Hochschule als wissenschaftliche oder nichtwissenschaftliche Institution, was wiederum Auswirkungen auf die Stellung der dort ausgebildeten Lehrkräfte haben würde. Die Umbenennung erfolgte intern durch den preußischen Kultusminister, ohne dass die anderen Länder- und Reichsministerien davon in Kenntnis gesetzt wurden36. Dies war ein weiterer Grund für die vielfältigen Kompetenzstreitigkeiten. Zwischen 1936 und 1937 strebte Martin Bormann die Führung in der Schulpolitik an, gepaart mit dem Versuch, ihr eine stark antikirchliche Prägung zu geben. Gleichzeitig versuchten Philipp Bouhler und Rosenberg über die Lehrmittel, August Heißmeyer und Robert Ley über Partei- und SSSchulen sowie Baldur von Schirach über die Heimerziehung Teile des Schulsektors zu beeinflussen37. Diese Machtkämpfe auf verschiedenen Ebenen um den Einfluss auf das Schul- und Erziehungswesen und somit auch auf die Lehrerbildung prägten die gesamten zwölf Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft. Zusätzlich zu den bereits genannten Aspekten der staatlichen Kompetenzstreitigkeiten, waren sowohl HJ und Nationalsozialistischer Studentenbund als auch der NSLB und der NSDD um Einflussnahme auf die Lehrerbildung bemüht. Gerade letzterer war um die „Durchdringung des gesamten Lebens der Hochschulen im nationalsozialistischen Geist“ bestrebt38. An welchen Stellen die Einmischung insbesondere des NSLB und des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSDDB) deutlich wird, ist an späterer Stelle der Arbeit zu zeigen. Auch auf den Studentenbund wird noch einzugehen sein.
4.2 Die evangelische Kirche zu Beginn des Dritten Reiches Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft war das Verhältnis von Staat und Kirche einerseits sowie die Geschichte der evangelischen Kirche andererseits von einer wechselvollen Entwicklung geprägt. Um den Verlauf der Ereignisse in der Ausbildung von Religionslehrkräften vor diesem Hintergrund angemessen bewerten zu können, sollen die wesentlichen Entwicklungen und Ereignisse der ersten beiden Jahre des Nationalsozialismus an dieser Stelle in aller gebotenen Kürze dargestellt werden. Während Hitler bereits in Mein Kampf deutlich machte, dass Religionen als ideologischer Faktor im Nationalsozialismus keine Bedeutung mehr haben 36 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 89. 37 Vgl. Schäffer, Volk, 21. 38 Feiten, Lehrerbund, 84.
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dürften, signalisierte er den Kirchen in der Öffentlichkeit nach seiner Machtübernahme erhebliches Entgegenkommen. So verkündete er in seiner Regierungserklärung am 23. März 1933, dass „die ,nationale Regierung‘ ‘in den beiden christlichen Konfessionen wichtige Faktoren der Erhaltung unseres Volkstums‘ sieht. ,Sie wird die zwischen ihnen und den Ländern abgeschlossenen Verträge respektieren; ihre Rechte sollen nicht angetastet werden. Die nationale Regierung wird in Schule und Erziehung den christlichen Konfessionen den ihnen zukommenden Einfluss einräumen und sicherstellen.“39
Besonders diese letzte Bemerkung war geeignet, jene zu gewinnen, die professionell mit religiöser Erziehung zu tun hatten, nämlich Lehrerinnen und Lehrer, insbesondere Religionslehrerinnen und Lehrer sowie Pfarrer“. Die Quellen werden auch im Folgenden im Blick auf kirchliche Stellungnahmen zur Lehrerbildung häufige Rückbezüge auf speziell diese öffentliche Zusage Hitlers zeigen. Im April 1933 entwickelte Hitler seine Kirchenpolitik mit Hauptaugenmerk auf den Katholizismus. Erst nachdem das angestrebte Konkordat mit dem Papst bereits nahezu abgeschlossen war, wandte er seine Aufmerksamkeit der evangelischen Kirche zu. Dass Hitler zu Beginn seiner kirchenpolitischen Handlungen davon ausging die evangelische Kirche ebenso einfach „abzuschalten“ zeigt, dass Hitler in seiner Politik gegenüber der evangelischen Kirche ganz von seinen katholischen Vorstellungen geprägt war. Er hatte scheinbar nicht verstanden, dass die organisatorischen Strukturen der evangelischen Kirche weniger hierarchisch waren als jene der katholischen Kirche. So lag auch sein Hauptinteresse hinsichtlich der protestantischen Kirche in der Schaffung eines Gegengewichtes zur katholischen Kirche, das er sich von einer Einigung des Protestantismus erwartete40. Für Juli 1933 wurden Kirchenwahlen anberaumt, in deren Vorfeld Hitler seine zuvor behauptete Neutralität aufgab und die Partei der DC und die Wahl des von ihm zuvor als seinen persönlichen Beauftragten für Kirchenfragen eingesetzten Wehrkreispfarrers Ludwig Müller unterstützte41. Diese Kirchenwahl gilt als Beginn des Kirchenkampfs. In einer ersten Phase spaltete dieser den Protestantismus in zwei Lager, er führte zu einer ersten schweren Krise im Verhältnis Kirche und Staat und endete in einem Kompromiss, welcher jedoch bereits im Herbst desselben Jahres erschöpft war42. Dieser Kompromiss, die Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche vom 11. Juli 39 Stenographischer Bericht der 2. Sitzung. Donnerstag den 23. 3. 1933, 28. http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_w8_bsb00000141_00032.html. 40 Vgl. Scholder, Kirchen, 388. 41 Auch wenn trotz dieser Unterstützung offensichtlich eine freie Wahl möglich war, wie Doris Bergen betont. Vgl. Bergen, Christen, 557 f. 42 Vgl. Scholder, Kirchen, 422 f.
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1933, war mit ihrer Neigung zum Führerprinzip deutlich von ihrer Zeit und der Phase ihrer Entstehung geprägt43. Gleichzeitig veränderte sich auch das Verhältnis der Kirchen zum nationalsozialistischen Staat. Während die ersten kirchlichen Äußerungen zur Machtübernahme bis Mitte März deutlich distanziert waren, wurde mit der Osterbotschaft im April deutlich, dass die kritische Distanz gegenüber dem Staat nicht aufrechterhalten wurde, eine Entwicklung, die Klaus Scholder als Voraussetzung für den folgenden Aufstieg der DC sieht44. Insbesondere für die evangelische Kirche war, gerade in der Anfangszeit des Nationalsozialismus, die neue Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche die primäre Problemstellung45. Im folgenden Jahr, ab Januar 1934, kam es zur systematischen Gleichschaltung der meisten protestantischen Kirchen. Der Anfang wurde in der Preußischen, der größten deutschen Landeskirche gemacht. Verantwortet wurde diese von August Jäger, dem späteren Rechtswalter der Deutschen Evangelischen Kirche, und dem späteren Reichsbischof Müller. Indem Jäger zuerst jeweils die landeskirchlichen Befugnisse auf die Reichskirche übertrug, stand ihm im Anschluss die Übernahme der Leitung dieser Landeskirche offen. Auf diese Weise, die rechtlich ungültig war, vollzog Jäger in der Folgezeit die Gleichschaltung der weiteren Landeskirchen. Innerhalb von drei Wochen hatte Jäger auf diese Weise die preußische Kirche gleichgeschaltet und ihren verfassungsrechtlichen Umbau in eine Führerkirche realisiert46. In Preußen waren auch die theologischen Fakultäten durch zahlreiche Umbesetzungen in die kirchliche Gleichschaltung einbezogen47. Das Ziel war ganz im deutschchristlichen Sinne eine überkonfessionelle deutsche Nationalkirche, wobei Jäger sich selbst in der Leitung dieser Nationalkirche sah. In seinem Vorgehen setzte Jäger auf die Wirkung von politischen und organisatorischen Maßnahmen, von denen er annahm, dass diese „die inhaltlichen Veränderungen von selbst nach sich ziehen würden“48. Abgesehen von den Landeskirchen Hannover, Württemberg und Bayern wurden nach diesem Modell alle anderen deutschen Landeskirchen in die Reichskirche eingegliedert. Die Landesbischöfe der „intakten“ Landeskirchen, August Marahrens, Theophil Wurm und Hans Meiser waren in den nun folgenden Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft bemüht, ihre Handlungsfreiheit so weit wie möglich zu erhalten. Ein Aspekt, der auch bei Meisers Zurückhaltung in Kritik an den Umstrukturierungen der Lehrerbildung bedacht werden muss. Von einem Treffen mit Hitler im Oktober 1934 erhofften Meiser und Wurm sich, zu den bekenntnismäßigen und rechtlich geordneten Maßnahmen zu43 44 45 46 47 48
Vgl. Scholder, Kirchen, 479 f. Vgl. ebd., 299. Vgl. ebd., 355. Vgl. ebd., 88. Vgl. ebd., 91. Ebd., 159.
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rückkehren zu können. Daneben kam es zu zahlreichen Forderungen nach dem Rücktritt des in weiten Kreisen unbeliebten Reichsbischofs Müller49. Doch sowohl das Treffen der beiden süddeutschen Landesbischöfe mit dem Reichskanzler als auch die klare Frontstellung gegen Müller blieben ergebnislos. Die DC, die als gegnerische Gruppe der BK aufzufassen sind, haben ihre Wurzeln noch in der Zeit vor 1933. Gegründet wurde die „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ von Siegfried Leffler und Julius Leutheuser im Wieratal. Ihre Bewegung war geprägt von völkisch-christlichen Vorstellungen50. Ihren Ursprung hatte die Bewegung in diversen Strömungen. Das erklärte Ziel war eine Synthese von Nationalsozialismus und Christentum. Intention war die Gründung einer Volkskirche auf den Prinzipien von Blut und Rasse. Christen jüdischer Herkunft – „Nicht-Arier“ – sollten aus der Kirche ausgeschlossen werden. Gleichzeitig wurden die „jüdischen Wurzeln des Christentums“ vehement bekämpft. Während das Alte Testament ganz abgeschafft werden sollte, wollte man das Neue Testament umschreiben. Jesus galt als „‘arischer‘ Krieger“, die Kirchenmusik sollte von der „Sprache Kanaans“ gesäubert werden51. Bei den bereits genannten Kirchenwahlen am 23. Juli 1933 konnte die Glaubensbewegung 70 % der Stimmen für sich gewinnen52. Hier wurde ihr Einfluss auf die protestantische Bevölkerung deutlich. Zu Beginn desselben Jahres waren auch die Beziehungen der deutsch-christlichen Bewegung zu den nationalsozialistischen Repräsentanten von Staat und Partei vielfach noch sehr positiv. Wie bei der Kirchenwahl 1933 wurden sie wurden zunächst von den Nationalsozialisten unterstützt53. Doch mit dem „Sportpalastskandal“ im November 1933 büßten die DC an öffentlichem Ansehen ein. Krause, vor der Machtübernahme ein führendes Mitglied im Bund für Deutsche Kirche54 und der DC, vertrat hier öffentlich den Standpunkt der völkischen Religion Rosenbergs55. Er beschrieb seine Vorstellung einer Volkskirche, in der wesentliche Elemente des Christentums – das Alte Testament, Paulus, das Kreuz – als unakzeptable Zeichen jüdischen Einflusses bewertet und in der Folge entfernt werden müssten. Seine Rede führte zu zahlreichen Austritten aus der Glaubensbewegung, insbesondere bei den Theologen56. Der von Kurt Freitag vor der Sportpalastkundgebung angekündigte Lehrplan für den evangelischen Religionsunterricht, der im Frühjahr 1934 eingeführt werden sollte, musste
49 50 51 52 53 54 55 56
Vgl. Besier, Kirchen, Bd. 3, 19. Vgl. Scholder, Kirchen, 167 f. Bergen, Christen, 546. Vgl. Oelke, Gesamtschau, 17. Vgl. ebd., 559 f. Vgl. Kühl-Freudenstein, Religionspädagogik, 91. Vgl. Scholder, Kirchen, 704. Vgl. Bergen, Christen, 553.
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aufgegeben werden57 und die vorher guten und engen Verbindungen der DC zur Parteispitze brachen ab. Allein auf lokaler Ebene konnten sie ihren Einfluss aufrechterhalten58. Deutlich wird dies an der kompromisslosesten der Gruppen, den Thüringer DC. Diese erhielten auch nach dem Zusammenbruch der gesamtdeutschen Bewegung weiter Zulauf. Scholder konstatiert, dass man diese Entwicklung nur verstehen könne, wenn man „den religiösen Enthusiasmus der Thüringer ernst nimmt“59. Dieser Enthusiasmus zeigte sich unter anderem im Umgang der Thüringer DC mit den ministeriellen Forderungen für die Neuordnung der Lehrerbildung. Als kirchliche Opposition zu den DC formierte sich aus dem Kreis um die Jungreformatorische Bewegung, die sich bereits bei den Kirchenwahlen im Juli 1933 zur Wahl stellten, die BK.60 Während die kirchliche Opposition sich organisatorisch entwickelte, wurde – auf lokaler Ebene unter Einbezug und mit massiver Mithilfe der DC – die Zentralisation der Kirche weitergeführt61. Im Rheinland dagegen hatte die kirchliche Opposition schon im Februar 1934 organisatorisch Fuß gefasst. Neben der bestehenden Mehrheit der DC existierten in allen Kreissynoden bereits synodale Arbeitsgemeinschaften aus Pfarrern und Presbytern, die sich zu den Zielen der Pfarrerbruderschaft bekannten62. Am 11. April 1934 wurde der sogenannte Nürnberger Ausschuss, das künftige Leitungsgremium der Bekennenden Kirche, gebildet und dessen Führung Karl Koch übertragen. Das Gremium übernahm die Vorbereitungen für die erste Reichsbekenntnissynode, die vom 29. bis 31. Mai 1934 in Barmen stattfand und konstituierte sich danach als „Bruderrat der Bekenntnissynode“63. Das Ergebnis der Barmer Synode war die Annahme der BTE, deren Autorität für die kirchliche Opposition jedoch bereits direkt im Anschluss an die Bekenntnissynode in Frage gestellt wurde. De facto waren die Bekenntnissynoden – auf die im Mai 1934 in Barmen folgten weitere – diejenigen Foren, denen noch am meisten kirchliche Entscheidungsgewalt zugetraut wurde. So waren sie auch Träger der bekenntniskirchlichen Schulpolitik64. Außerdem wurden auf der Barmer Synode die Ansätze für eine neue Kirchenleitung gelegt65. Nach der Synode von Barmen bemühte man sich nicht nur um die möglichst rasche und weite Verbreitung der theologischen Ergebnisse – namentlich der BTE – sondern auch die organisatorischen Beschlüsse der Synode wurden umgesetzt: 57 58 59 60 61 62 63 64 65
Vgl. Kühl-Freudenstein, Religionspädagogik, 187. Vgl. Bergen, Christen, 560. Scholder, Kirchen, Bd. 1, 246. Scholder, Kirchen, Bd. 2, 84. Vgl. ebd., 85. Vgl. ebd., 78 f. Ebd., 113. Vgl. Müller-Rolli, Schulpolitik, 101. Vgl. Scholder, Kirchen, Bd. 2, 189.
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„Der wichtigste betraf die Einrichtung einer ständigen Vertretung unter dem westfälischen Präses Koch. So richteten Asmussen und Fiedler schon Anfang Juni in Kochs Superintendentur in dem kleinen westfälischen Badestädtchen Oeynhausen eine theologische und eine Rechtsabteilung ein, die in Zukunft für ein gemeinsames Vorgehen der Bekenntnisgemeinschaft sorgen sollten. Es waren dies die Anfänge der späteren ,Vorläufigen Kirchenleitungen‘ der Bekennenden Kirche, im Ansatz nichts anderes als eine Gegenkirchenregierung zur Kirchenleitung von Müller, Jäger und den deutschchristlichen Landesbischöfen.“66
4.3 Von der Preußischen Pädagogischen Akademie zur Hochschule für Lehrerbildung Wie alle anderen Bereiche des Lebens sollte die Ausbildung der Volksschullehrkräfte im Nationalsozialismus den Ansprüchen der nationalsozialistischen Ideologie angepasst werden. Ziel war es, nationalsozialistische Erzieher*innen heranzubilden. Dafür wurde bald nach der Machtübernahme die Form der Lehrerbildung verändert. Diese Neugestaltung vollzog sich jedoch nicht in einem Zug, sondern verlief über mehrere Jahre. Begonnen hat sie im Gebiet Preußens im Anschluss an die Machtübernahme. Wie sich diese Umstellung vollzog und inwiefern diese Veränderung den Ansprüchen nationalsozialistischer Ideologie entsprach, soll in diesem Kapitel mit besonderem Fokus auf die Provinz Westfalen dargestellt werden. Viele der Gedanken, die hinter der Reform der Lehrerbildung im Nationalsozialismus standen – beispielsweise der Begriff der „Verwurzelung“ als zentrales Erziehungsziel – hatten schon vor 1933 Eingang in die Erziehung gefunden. So wurden auch im Umfeld der Lehrerbildung nach 1933 antidemokratische Positionen und militaristische Momente übernommen, welche Teilen der Jugendbewegung der 1920er Jahre entnommen waren. Deutlich wurden Mittel, Formen und Inhalte der Erziehung von der politischen Zielsetzung her bestimmt. So wurden die genannten Elemente einerseits in die Inhalte der Lehrerbildung hereingetragen, sowie andererseits die institutionelle Form der Lehrerbildung diesen Elementen angepasst67. Auf einer am 22. Februar 1933 stattfindenden Lehrertagung in einem evangelischen Gemeindehaus in Bayreuth sprach Bayerns Kultusminister Schemm über das nationalsozialistische Erziehungsprogramm, wobei seine Äußerungen sich in nichts von dem bereits 1930 durch den NSLB veröffentlichten Schulprogramm der NSDAP unterschieden. Der wesentliche Punkt, von dem Schemm in seinen Reden nie abwich, war neben dem Anspruch auf uneingeschränkte Staatsaufsicht über die Schule, Simultanität und staatlicher 66 Scholder, Kirchen, Bd. 2, 203. 67 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 19.
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Festlegung der Bildungsinhalte, die Forderung nach akademischer Lehrerbildung68. Auch andere Parteimitglieder hatten bereits vor 1933 immer die Forderung der Lehrer nach akademischer Lehrerbildung unterstützt69. Neben der geplanten Verlagerung der Volksschullehrerbildung in den Hochschulbereich liefen im August 1933 zusätzlich Maßnahmen an, um die Unterbringung der angehenden Lehrkräfte in Internaten und Studentenwohnheimen zu organisieren. Die Gründe dafür waren neben ideologischer vor allem wirtschaftlicher Art. Eingeführt wurden die sogenannten Kameradschaftshäuser aber erst 193570. Auch auf den Dozentenbestand hatte die Machtübernahme zeitnah eine Auswirkung. Dieser wurde schon früh massiv ideologisch beeinflusst. Die Dozierenden der neu eingeführten HfL mussten „im nationalsozialistischen Sinne zuverlässig sein“. Ihre wissenschaftlichen Fähigkeiten mussten durch Veröffentlichungen nachgewiesen sein, zugleich durften sie nicht „Nur-Wissenschaftler“ sein, sondern mussten selbst über Erzieher- und Lehrereigenschaften verfügen, die auch aus praktischer Erfahrung und Kenntnis des deutschen Bildungswesens hervorgegangen sein sollten. „Schließlich musste ein Dozent die ,Grundgedanken einer dem Geist nach deutschen Erziehung in geschichtlicher und systematischer Form und mit persönlichem Einsatz vertreten können‘.“71 Ab 1934 bemühte sich Rust, die Arbeit der einzelnen Hochschulen zu koordinieren und auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen. Indem er die Ausbildung angehender Lehrkräfte an den Hochschulen inhaltlich einheitlich ausrichtete, hoffte er die Zersplitterung des Schul- und Bildungswesens zu überwinden und der Gleichschaltung entgegenzuarbeiten72. Die zu Beginn des Nationalsozialismus öffentlich geführte Diskussion um die zukünftige Form der Lehrerbildung war geprägt von Unsicherheit, Konzeptionslosigkeit und widersprüchlichen Forderungen. Konsens herrschte allerdings darüber, dass die Ausbildung der künftigen Volksschullehrkräfte große Bedeutung besaß. Über deren Form gingen die Meinungen dagegen auseinander. So wurde in den Zeitschriften Deutsches Bildungswesen (November 1934) und Wirtschaft und Recht (Januar 1935) um Stellungnahmen zur zukünftigen Gestaltung der Lehrerbildung gebeten. Die breiteste Zustimmung fanden Forderungen nach einer hochschulmäßigen Form – in welcher Gestalt auch immer – der Ausbildung. Häufig wurde auch eine einheitliche Ausbildung der Lehrer aller Schularten gefordert73, ein Ziel welches Rust durchgehend verfolgt hat. Der NSLB selbst, der den Aufruf zur Stellungnahme 1934 in 68 Vgl. Feiten, Lehrerbund, 52. 69 Vgl. ebd. So unter anderem Streicher als – zu dem Zeitpunkt fraktionsloser – Vertreter im bayerischen Landtag 1925. Bayerischer Landtag, Berichte, Bd. 3, 294. 70 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 118. 71 Ebd., 121. 72 Vgl. ebd., 35. 73 Vgl. ebd., 41.
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der Zeitschrift inseriert hatte, entwickelte während des Nationalsozialismus keinen eigenständigen Entwurf einer Lehrerbildungsreform74. Schlussendlich kam es jedoch, anders als in der Weimarer Zeit, mit der Umwandlung der PA in HfL zum Anstoß der von Rust favorisierten und konsequent verfolgten reichsweiten Vereinheitlichung der Volksschullehrerbildung. Die in der Weimarer Republik aus finanziellen Gründen geschlossenen PA wurden nach einer Verfügung Rusts vom 1. Mai 1933 unter der Bezeichnung HfL, zum Teil an anderen Standorten wiedereröffnet75. Quellen aus dem folgenden Monat belegen, dass auch andere Länder sich das Preußische Vorgehen zum Vorbild nehmen wollten76. Der Aufbau der Lehrerbildung blieb in Form der HfL zunächst der gleiche. Dennoch hatten die HfL gegenüber den PA einige Veränderungen erfahren77. Kontinuität zu den PA zeigten die HfL jedoch besonders bei der Betonung von heimatlichen und volkskundlichen Elementen, die bereits in der Weimarer Republik im Zentrum der Ausbildung gestanden hatten. Die Umwandlung der PA in die HfL wurde durch die vielfach übereinstimmenden Bildungsziele vereinfacht78. In der darauffolgenden Entwicklung der HfL macht Gutzmann im Wesentlichen zwei Phasen aus. Die erste Phase der Neuordnung der Volksschullehrerbildung in ihrem Gesamtaufbau im Nationalsozialismus durch die Umbenennung der PA endete mit deren reichsweiten Einführung 1938. Der Erlass von Studienordnungen, der die inhaltliche Seite der Lehrerbildung regelte, setzte erst hier ein. Letztlich kam es nicht zu einer wirklichen Etablierung der HfL, da diese bereits drei Jahre nach ihrer reichsweiten Einrichtung wieder aufgelöst wurden79. Die Argumente Rusts im Streit mit den Finanzministerien um die Umbenennung der PA in HfL wurden auch bei den Eröffnungsreden der Hochschulen deutlich. So betonte Rust bei der Eröffnungsfeier der HfL in Lauenburg / Pommern am 24. Juni 1933 den Grenzcharakter der Schule sowie ihre Bedeutung als „landgebundene“ Hochschule. In Lauenburg sollte einerseits die Wendung nach Osten als Element nationalsozialistischer Erziehungsideologie verwirklicht werden, wie andererseits auch die „Wendung zur Scholle“ wesentlich war. Grundlage der Hochschularbeit war die Arbeit in der Landschaft. Neue Fächer wie Volks-, Grenzland-, Rassenkunde und Wehrgeografie sollten zur „Rücksiedelung auf das Land“ beitragen. Die ersten umfassenden Regelungen zur Neugestaltung der Volksschullehrerbildung an den HfL wurden jedoch erst im Dezember 1933 herausgegeben. Grundlagen 74 75 76 77 78 79
Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 252. Vgl. Wermke, ,Religionspädagogik‘, 278. Vgl. Umbenennung der Pädagogischen Akademien (BayHStA München, MK 42094, Berlin). Vgl. Gutzmann, Hochschule, 52. Vgl. ebd., 78. Vgl. ebd., 87.
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Die Ausbildung von Religionslehrkräften im Zuge der Gleichschaltung
waren ebenso Vorschläge Ernst Bargheers wie die Gestaltung der Preußischen PA80. Auch die PA Dortmund der preußischen Provinz Westfalen war von dieser Umbenennung betroffen. Quellen über möglicherweise von den preußischen Regelungen abweichende Bestimmungen, welche lediglich für die westfälische Provinz Geltung besessen hätten, liegen nicht vor. Wie für die übrigen PA ist auch für Dortmund davon auszugehen, dass es vor allem zu personellen Umstrukturierungen kam. Der vorherige Leiter der Anstalt und Dozent für Religionswissenschaft, Körber, wechselte bereits 1932 an die PA Weilburg, er blieb dort bis zur Schließung der HfL 194181. Ideologische Gründe für einen Wechsel sind hier daher nicht anzunehmen. Sein Nachfolger ab 1933 als Dozent für Religionswissenschaft wurde Prof. Hermann Werdermann. Diesem wird von Rickers ein Gefühl der nationalsozialistischen Verpflichtung unterstellt, welches sich in dessen pointiert ausgedrückten Antijudaismen zeige. Am wichtigsten sei ihm die unterrichtliche Behandlung des Alten Testaments82. Abseits von der institutionellen Rahmenbedingung, die durch die Umbenennung der PA und den mit der Neubenennung inhärenten nationalsozialistischen Implikationen bei den Studierenden in Dortmund sicherlich bis zu einem gewissen Grad spürbar gewesen ist, lag der größte Bruch 1933 in Dortmund wohl in den diversen Neubesetzungen der Lehrstühle. Interessant ist überdies, dass im Zuge der Umbenennung der PA, ganz im Sinne der nationalsozialistischen Vorstellung der Landverbundenheit, die meisten HfL in kleinere Städte verlegt worden sind. Bei der PA Dortmund war dies nicht der Fall. Ursachen für diese räumliche Kontinuität lassen sich in den Quellen nicht ausmachen. Der hohe Grad an Bewusstsein für die Unterschiede zwischen Industrie- und Landkindern, wie sie durch die in Dortmund eingeführten Praktika deutlich werden, welche sich insbesondere diesen Themen widmeten, lässt sich hier als möglicher Grund anführen. Mit der Organisation dieses Praktikums hatte Dortmund schon vor 1933 eine eigene Einrichtung, die in den Landschulpraktika, die später für alle Studierenden der HfL verpflichtend gemacht worden sind, ein Äquivalent besaß.
80 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 98. 81 Vgl. Dienst, Kirche, 337. 82 Vgl. Rickers, Kreuz, 114.
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4.4 Die inhaltliche Neuausrichtung der bayerischen Lehrerbildungsanstalten und der Beginn der Umstellung auf die Hochschulen für Lehrerbildung Die eigentliche Veränderung in der Lehrerausbildung in Bayern während des Nationalsozialismus fand erst 1935 mit der Eröffnung der HfL in MünchenPasing, Würzburg und Bayreuth statt, ganz im Sinne der nationalsozialistisch bevorzugten reichseinheitlichen Regelung der Lehrerbildung83. Doch bereits 1933/34 kam es zu verschiedenen Umgestaltungen im Bereich der bayerischen Lehrerbildung. Eine dieser Änderungen war ein neuer Lehrplan für den Unterricht an den LBA, der 1934 durch das bayerische Kultusministerium veröffentlicht wurde. Dieser brachte eine „nationalsozialistische Umstrukturierung der Lehrinhalte, die die Fächer Leibeserziehung und Biologie und den ,deutschkundlichen‘ Bereich stärkte“84. Der Religionsunterricht dagegen verlor an Bedeutung. Auch personell kam es an den bayerischen LBA zwischen 1933 und 1934 aus unterschiedlichen Gründen zu Neuerungen. Zuletzt sei auf die beginnende Umstellung auf die HfL auch in Bayern verwiesen, die – obgleich erst mit dem neuen Semester 1935 vollzogen – ihren Anfang bereits 1934 nahm. Die Gerüchte um eine Änderung in der Lehrerbildung führten zu internen Diskussionen um die möglichen Standorte der neuen HfL, dessen Darstellung den Abschluss dieses Kapitels bilden. Wie die bayerischen Schulen war auch die bayerische Lehrerbildung konfessionell geregelt. Die LBA waren dabei bis 1935 zu über 50 % in klösterlicher Trägerschaft. Das bedeutete, dass – bis vor der Machtübernahme – nahezu 40 % des bayerischen Lehrernachwuchses klösterliche Anstalten besuchte85. Die LBA Erlangen gehörte nicht zu den Anstalten in klösterlicher Trägerschaft. Als staatliche Einrichtung war der Hauptträger die Stadt Erlangen. Während der Staat die Hälfte der Kosten, sowie die Finanzierung des Personals zu leisten hatte, war die Stadt für die Unterbringung der Schule verantwortlich. Ein Aspekt, der vom Stadtrat Erlangen Anfang 1934 als nicht tragbar gesehen und bei den neuen Machthabern geltend gemacht wurde86. Die erhoffte finanzielle Unterstützung blieb, mit Verweis auf die finanzielle Lage und eventuell folgende Forderungen anderer Anstalten, aus87. Mit wenigen Ausnahmen sind in Erlangen evangelische Schülerinnen ausgebildet worden88. 83 Vgl. Dienst, Kirche, 332. 84 Schindele, Vogelhuber, 210. 85 Vgl. Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung in Pasing, Würzburg und Bayreuth (BayHStA München, MK 42096, München). 86 Vgl. Staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 87 Vgl. Nr. III 20603 (BayHStA München, MK 42282, München). 88 Vgl. Bericht über den Verlauf des Schuljahres 1932/33 an der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen (BayHStA München, MK 42282).
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Anders als andere Anstalten besaß die LBA in Erlangen keine angegliedert Seminarübungsschule, ein Zustand, den der Direktor der Anstalt, Blos, im Oktober 1933 gegenüber dem bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus geltend machte. Da für die Lehrproben der Besuch der Erlanger Volksschulen notwendig sei, ginge bei den auf die Lehrproben und Hospitationen folgenden Unterrichtsstunden jedes Mal Zeit verloren. Auch wies Blos darauf hin, dass der Besuch der Volksschule „immer von dem guten Willen der betreffenden Volksschulklassen“ abhänge. Diese seien – da der normal laufende Unterricht durch die Hospitationsbesuche und Lehrproben unterbrochen werde – verständlicherweise, so Blos, „nicht erbaut“. Blos verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es in den Fällen besonders peinlich sei, „wenn zwischen unseren Seminarlehrern und den Lehrkräften der anderen Schule Meinungsverschiedenheiten in methodischer Hinsicht“ auftauchen würden, da die Seminaristinnen dann „irre an dem, was in mühsamer Kleinarbeit ihnen bei uns eingehämmert wurde“, würden89. Wie in Erlangen war auch die Coburger LBA als staatliche Anstalt in städtischen Gebäuden untergebracht. Ihr Bestand wurde durch die Stadt Coburg im Staatsvertrag vom 14. Februar 1920 gegenüber dem Bayerischen Staat gesichert. Auch hier wird der Stellenwert der LBA deutlich, wenn der ehemalige Bürgermeister vom „mangelhafte[n] Zustand der Räume“ sprach, den diese bereits 1920 aufgewiesen hätten. Der von Bayern versprochene Neubau war offenbar nicht errichtet worden90. Im Vergleich zu Erlangen beispielsweise wurde die LBA in Coburg auch von deutlich weniger Schülern besucht. Für Dezember 1934 nannte das Ministerium 87 Schüler, die in Coburg für den Volksschullehrerberuf ausgebildet würden91. Erlangen dagegen verzeichnete für dasselbe Schuljahr im Ganzen 120 Schülerinnen zu Schuljahresschluss92. Anders als in Erlangen bestand in Coburg jedoch eine Seminarübungsschule, an der die Seminaristen in die Unterrichtspraxis eingeführt werden konnten. Dabei waren die Lehrkräfte der Pädagogik an der LBA zugleich die Klassenleiter der Übungsschule93. Die Schlussprüfung erfolgte nach der Prüfungsordnung vom 13. Februar 1933 unter Einschluss der Ergänzungen vom 20. November 1933 und vom 18. Januar 193494. Für die Lehrproben im Fach
89 Lehrpersonal (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 90 Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 91 Vgl. Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung; hier Auslegung des Staatsvertrags mit Coburg (BayHStA München, MK 42248, München). 92 Vgl. Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen Jahresbericht über das Schuljahr 1934/35 (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 93 Vgl. Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 94 Vgl. Lehrerbildungsanstalt Coburg. Schlußprüfung. II. Abschnitt (BayHStA München, MK 42248, Coburg).
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Religion als Teil der Prüfungen der praktischen Pädagogik war als kirchlicher Vertreter der zuständige Dekan anwesend95. An der LBA in Bayreuth wurde im November 1934 feierlich der neue Leiter der Anstalt, Dr. Eduard Kolb, in sein Amt eingeführt. Anwesend unter anderem: Staatsminister Schemm96. Opitz, Kolbs Vorgänger in dieser Position, war im August offensichtlich überraschend verstorben, zwischenzeitlich übte ein Stellvertreter die Funktion der Leitung aus97. Bayreuth besaß, wie Erlangen, eine eigene Seminarübungsschule, die es ermöglichte Theorie und Praxis eng zu verbinden. Um dies sicherzustellen waren auch in Bayreuth die Leiter der Schulklassen zugleich Lehrkräfte der pädagogischen Fächer an der Anstalt98. Kolb vertrat in seinem Jahresbericht darüber hinaus den Anspruch, dass die LBA Bayreuth mehr sein solle als eine Lern- und Arbeitsstätte99, eine Anforderung, die auch an der dortigen Gestaltung des Schullebens eindrücklich deutlich wird. Anders als in Erlangen und Coburg war der LBA in Bayreuth ein Schülerheim angegliedert100, ein Aspekt, der ebenfalls im Hinblick auf die Gestaltung des Schullebens von besonderer Bedeutung ist. Der neue Lehrplan von 1934 – dessen Bestimmungen an dieser Stelle im Hinblick auf den Religionsunterricht dargestellt werden sollen – für die LBA sah im Fach Religion für die Klassen eins bis sechs insgesamt zwölf Wochenstunden vor. Das bedeutete im Vergleich mit der bisherigen Stundentafel pro Jahrgang mit je zwei Wochenstunden eine Stunde weniger101. Eine Verkürzung, die den vielfach in der Forschung für dieses Fach im Vergleich mit anderen Fächern der LBA konstatierten Bedeutungsverlust stützt. Von der ersten bis einschließlich der dritten Klasse verteilte sich der Unterrichtsstoff auf die Fachbereiche Bibelkunde, Kirchengeschichte und Lernstoff. Dabei wurde in Bibelkunde in das Alte Testament ebenso eingeführt wie in das Neue Testament, unter Einschluss der Briefe des Apostels Paulus. Inhaltlich wurde für die Betrachtungen der biblischen Texte immer der Bezug auf die Glaubensartikel der Bekenntnisschriften Luthers verlangt. In der Kirchengeschichte kamen neben der Christenverfolgung in der ersten Klasse vor allem die Reformation mit Bezug auf die heimatliche Kirchengeschichte (Klasse zwei) und „Bilder aus dem kirchlichen Leben der neueren Zeit“ (Klasse drei) in den Blick. Auffällig ist in den ersten beiden Jahrgängen ein 95 Vgl. Lehrerbildungsanstalt Coburg. Schlußprüfung. II. Abschnitt (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 3. 96 Vgl. Feier der Amtseinführung des Studienprofessors Dr. Kolb als Leiter der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]). 97 Vgl. Jahresbericht der Lehrer-Bildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214). 98 Vgl. ebd., 19. 99 Vgl. ebd., 22. 100 Vgl. ebd., 22. 101 Vgl. Lehrordnung für die bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten 1934 (BayHStA München, MK 42096).
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gewisser biografischer Zugang zur Kirchengeschichte über Personen wie Konstantin, Augustin, Bonifatius und Karl der Große, Bernhard von Clairvaux in der ersten und Luther, Zwingli und Calvin sowie Paul Gerhardt in der zweiten Klasse. Inhalt des Lernstoffes waren Psalmen (in der ersten Klasse) und Lieder102. Ab der vierten Klasse ersetzte die neue Lehrordnung den Lernstoff mit dem Fachgebiet Glaubenslehre. In Bibelkunde sollten nun ausgewählte Stücke, beispielsweise der Propheten in Verbindung mit der „Geschichte des Reiches Gottes im alten Bund“ in der vierten Klasse, oder die Paulinischen Briefe in Verbindung mit der Glaubenslehre in der fünften Klasse gelesen werden. Die Kirchengeschichte griff in den Klassen vier und fünf die Stoffe der Klassen eins bis drei erneut in gekürzter Form auf, wobei im Hinblick auf die Reformation in der fünften Klasse die Arbeit mit reformatorischen Quellen dazu kam. Die Glaubenslehre orientierte sich an den Lehrbüchern von Bachmann und Braun103, beide waren bereits vor 1933 an der LBA in Bayern verwendet worden. Der Titel von Bachmann war in dritter und vierter durchgesehener Auflage zuletzt 1927 erschienen104. Der Stoff der sechsten und letzten Klasse widmete sich in Bibelkunde ausgewählten Abschnitten des Johannesevangeliums, anhand der bereits genannten Lehrbücher und der Ethik von Dr. Heinrich Weber und Dr. Johannes Wirth den „Hauptstücken evangelischer Sittlichkeit“ und in Kirchengeschichte der Zeit ab dem Rationalismus. Auch dieses Lehrbuch stammte aus der Zeit von vor 1933105. Zusätzlich sollte die Methodik des Religionsunterrichts behandelt werden. Auffällig ist, dass im Bereich „evangelischer Sittlichkeit“ die Themenfelder Familie, Volk, Rasse, Staat, Kirche und Wirtschaft genannt wurden106. Das Thema Rasse tauchte in diesem Kontext erstmalig auf. Abseits der – in der Lehrordnung für den evangelischen Religionsunterricht genannten – hier aufgeführten Themen finden sich jedoch keine weiteren sichtbaren inhaltlichen Beeinflussungen durch nationalsozialistische Ideologie. Für die anderen Fächer ist dem gegenüber eine stärkere Durchdringung von nationalsozialistischer Ideologie feststellbar, etwa wenn unter dem entsprechenden Abschnitt zum Fach Leibesübungen aus Hitlers Mein Kampf zitiert wird, dass im dritten Reich nicht nur das Wissen, sondern auch die Kraft gelte107. Auch in der Zielformulierung der Fächer der Besonderen Unterrichtslehre, der das Fach Religion zugeordnet wurde, wurde festgehalten, dass es in diesen Fächern darum gehe, „die Seminaristen auf der Grundlage ge102 Vgl. Lehrordnung für die bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten 1934 (BayHStA München, MK 42096), 8. 103 Vgl. ebd., 9. 104 Vgl. Bachmann, Unterricht. 105 Vgl. Weber / Wirth, Ethik. 106 Vgl. Lehrordnung für die bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten 1934 (BayHStA München, MK 42096). 107 Vgl. ebd., 81.
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genstands- und bildungstheoretischer Überlegungen zur Unterrichtsgestaltung“ zu befähigen. Eine schematische Behandlung sämtlicher Volksschulfächer sei dabei nicht das Ziel. Vielmehr sei „auf die Erlangung eines Verständnisses für nationalsozialistisches Bildungsgut und nationalsozialistische Bildungsgestaltung“ besonderes Augenmerk zu legen.108 Auch hier wird Religion der Besonderen Unterrichtslehre zugeordnet. Für das Fach Religion wurde somit – wie für alle anderen Fächer der LBA gleichermaßen – zwar eine Beeinflussung durch nationalsozialistische Bildungsvorstellungen verlangt, inhaltlich tauchten derartige Vorstellungen für das Fach Religion allerdings nur in der Behandlung der Ethik in der sechsten Klasse durch die Bearbeitung der Themenfelder Rasse, Volk und Staat auf. Dabei war jedoch nur die Thematik der „Rasse“ neu. Auch das Fehlen neuer Lehrbücher zeigt, dass nur ein geringer Grad an ideologischem Einfluss von außen vorgegeben war. Letzen Endes kam es auf die inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts und die Ansichten der unterrichtenden Lehrkraft an. Aus welchen Gründen es nur ein Jahr vor der Umstellung auf die HfL auch in Bayern zur Veröffentlichung eines neuen Lehrplans kam, lässt sich den Quellen nicht entnehmen. Zu vermuten ist aber, dass man in Bayern noch hoffte, die LBA halten zu können. Personell kam es an den bayerischen LBA in der Folge der nationalsozialistischen Machtübernahme zu wenigen Änderungen, die auch nicht politisch motiviert gewesen zu sein scheinen, wobei für diese Arbeit nur die Rektoren sowie Religionslehrkräfte in den Blick genommen worden sind. Während in Erlangen bis 1934/35 weiterhin Blos als Leiter der Anstalt wirkte109 und auch G. Schmidt als Religionslehrer bis zu seiner Kündigung 1935 weiterhin tätig war110, blieb in Bayreuth vorerst der langjährige Rektor Opitz im Amt. Erst mit seinem Tod im August 1934 kam es hier zu einem Wechsel in der Leitung der Bayreuther LBA. Ab November 1934 war mit Kolb ein neuer Leiter für die Anstalt verantwortlich111. In diesem Fall zeichnete sich auch eine deutliche Neuausrichtung in der Gestaltung des Schullebens an der Anstalt ab. Als Religionslehrer blieb W. Hermann an der Bayreuther Anstalt tätig112. Eine weitere Änderung, bei der die ausschlaggebenden Gründe allerdings aufgrund fehlender Quellen nicht zu rekonstruieren sind, war der Wechsel in 108 Lehrordnung für die bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten 1934 (BayHStA München, MK 42096), 119. 109 Vgl. Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen Jahresbericht über das Schuljahr 1934/35 (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 110 Vgl. Die Studienrate Gerhard Schmidt und Max Arnold, hier Entlassung. (BayHStA München, MK 42282, München). 111 Vgl. Feier der Amtseinführung des Studienprofessors Dr. Kolb als Leiter der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]); Jahresbericht der LehrerBildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214). 112 Vgl. Jahresbericht der Lehrer-Bildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214).
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der Leitung der Coburger Anstalt. Während diese bis zum Schuljahr 1931/32 in den Händen von Reukauf lag113, unterstand die Leitung spätestens ab dem Schuljahr 1934/35 dem Studiendirektor Frühwald114, der bereits früher als Lehrer an der Anstalt tätig war115. Unterschiedliche Gründe sind für den Leitungswechsel möglich. Reukauf, Jahrgang 1867, war zwischen 1932 und 1934 bereits zwischen 65 und 67 Jahre alt, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Stelle der Leitung aufgrund seines Ruhestandes für Frühwald frei wurde. Dessen Berufung in diese Position liegt infolge seiner früheren Beteiligung an Stahlhelmtagungen und als Mitglied der NSDAP spätestens seit 1929 nahe. Aufgrund der anzunehmenden politischen Neutralität Reukaufs sind für seine Absetzung politische Gründe nicht auszuschließen. Am wahrscheinlichsten scheint jedoch, dass Reukauf zwischen 1932 und 1934 in den Ruhestand versetzt wurde116. Entscheidend ist, dass an der Coburger Anstalt mit dem Übergang der Leitung an Frühwald das nationalsozialistische Gesellschaftsleben großen Raum gewann. Als Religionslehrer blieb in Coburg Güntzel im Amt117. Ende Dezember 1934 erging aus Berlin die Direktive nach München, sich zu den Plänen bezüglich der Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern zu äußern118. Offenbar begannen intern die Vorbereitungen für die Errichtung bayerischer HfL bereits im August 1934119. Die Quellen legen nahe, dass bis dahin davon ausgegangen worden ist, dass die noch aus der Weimarer Republik bestehenden LBA weiter Bestand haben würden, eine Annahme, die durch die Veröffentlichung einer neuen Lehrordnung für die bayerischen LBA gestützt wird. Die Zustimmung des Staatsministers Rust zur Einrichtung der ersten bayerischen HfL in München-Pasing zu Ostern 1935 erfolgte im Januar 1935120. Noch im April 1934 wandte sich der Erlanger Stadtrat mit der Bitte um finanzielle Unterstützung der dortigen LBA an das Ministerium für Unterricht 113 Für die Schuljahre 1932/33 und 1933/34 liegen keine entsprechenden Unterlagen vor. Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, ,Ernst-Albert-Seminar‘, für das Schuljahr 1931/32 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 114 Vgl. Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 115 Vgl. Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt Coburg, Ernst-Albert-Seminar, für das Schuljahr 1929/30 (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 116 Gerhard Pfister, der in seiner Darstellung von Reukaufs Religionspädagogik auch seinen Werdegang in Kürze darstellt, spart das Ende der Wirkungszeit Reukaufs an der Coburger Anstalt – möglicherweise aufgrund fehlender Quellen – aus. Vgl. Pfister, Väter. 117 Vgl. Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 118 Vgl. Zu Nr. II 60649 vom 4. Januar 1936 und Nr. II 3459 über Schuldaufnahme der Städte Würzburg und Bayreuth (BayHStA München, MK 42096, Berlin). 119 Vgl. Neugestaltung der Volksschullehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42096, München). 120 Vgl. Zustimmung zur Gründung der Hochschule für Lehrerbildung Pasing (BayHStA München, MK 42096, Berlin).
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und Kultus in München121. In der Ablehnung der Anfrage sowie in dem Schreiben aus Erlangen deutet nichts darauf hin, dass eine Neuregelung der Lehrerbildung für Bayern zu diesem Zeitpunkt bereits geplant war122. Auch aus Coburg kam dabei ein entsprechendes Gesuch, hier gestaltete sich der Bearbeitungsprozess der Beantwortung dieser Anfrage jedoch aus juristischen Gründen ungleich schwieriger. In den Gutachten der unterschiedlichen Referate des bayerischen Kultusministeriums zur coburgischen Anfrage werden in diesem Zuge darüber hinaus die Gründe deutlich, welche die Einrichtung einer HfL in München-Pasing, Würzburg und Bayreuth gestützt haben. Es ist daher lohnend diesen Prozess genauer zu betrachten. Im November 1934, nachdem in Bayern die Vorbereitungen der Umstellung der Lehrerbildung auf die HfL bereits begonnen hatten, richtete Coburgs Bürgermeister ein Schreiben an das bayerische Kultusministerium und an Innenminister Frick, in welchem unter Hinweis auf den Vertrag zwischen dem bayerischen Staat und Coburg aus dem Jahr 1920, „auf den vertraglichen Anspruch unserer Stadt“ hingewiesen wurde, angesichts der Erwartung, dass die Lehrerbildung vor einer umfassenden Reform stehe123. Der Brief enthielt eine Anlage des ehemaligen nationalsozialistischen Coburger Bürgermeisters, inzwischen Gauleiter Pommerns, Schwede. Schwede formulierte angesichts der geplanten Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern das „besondere[…] Interesse“, welches die Stadt Coburg an speziell dieser Form der Lehrerbildung – nämlich der Errichtung einer Pädagogischen Hochschule sowie der Umwandlung der ehemaligen LBA in Aufbauschulen, welche „die eigentliche Vorbildung zum Besuch der pädagogischen Hochschule“ vermitteln würden – habe. In diesem Zuge verwies Schwede explizit auf § 10 im Schlussprotokoll des Staatsvertrags vom 14. Februar 1920 über die Vereinigung Coburgs mit Bayern, welcher den Erhalt der „in Coburg bestehenden staatlichen Bildungsanstalt“ vorsehe, „vorbehaltlich solcher Änderungen, die durch eine allgemeine Neuordnung im Unterrichtswesen notwendig werden sollten“124. Schwede legte diesen Absatz des Vertrages nun dahingehend aus, dass in Coburg das Lehrerseminar der Neuordnung gemäß eingerichtet werden müsse und verwies auf die damaligen mündlichen Verhandlungen, welche auf die „Notwendigkeit der Errichtung einer Aufbauschule und einer pädagogischen Hochschule“ hingewiesen hätten. Darüber hinaus sei damals eine Zusage für einen Neubau der Gebäude der bestehenden LBA in Coburg gemacht worden125. Schwede betonte überdies, dass Coburg in seiner Geschichte „wie keine andere gleichgroße oder auch größere Stadt“ Bildungsmöglichkeiten aufgewiesen hätte, welche der Ausbildung der Volksschullehrkräfte dienstbar 121 Vgl. Staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen (BayHStA München, MK 42282, Erlangen). 122 Vgl. Nr. III 20603 (BayHStA München, MK 42282, München). 123 Weiterleitung eines Schreibens von Franz Schwede (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 124 Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 125 Ebd., 2.
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gemacht werden könnten. Abschließend äußerte Schwede sein Vertrauen auf die Einhaltung der im Vertrag von 1920 gemachten Rechtsverpflichtungen und zog die parteipolitische Bedeutung der Stadt Coburg heran, da die Stadt einen besonderen Stellenwert für das Dritte Reich und die Entwicklung der Bewegung habe, da sie bereits seit 1929 nationalsozialistisch regiert worden sei126. Schwede führte damit drei Argumente für die Errichtung einer HfL in Coburg an: das juristische mit Verweis auf den Staatsvertrag von 1920, das Argument der kulturpolitischen Bedeutung der Stadt sowie zuletzt den Hinweis auf die lange nationalsozialistische Tradition der Stadt. Dem Schreiben Schwedes wurde nun, insbesondere hinsichtlich des ersten Argumentes, im Kultusministerium Bayerns große Aufmerksamkeit gewidmet. So wurde zunächst festgestellt, dass der Staatsvertrag – und damit auch die „Bestimmung über die Erhaltung der staatlichen Bildungsanstalten in der Stadt Coburg“ – noch heute Geltung besäße, auch wenn Coburg, einer der beiden Vertragsteile, mit Abschluss des Vertrages seine Eigenständigkeit verloren habe und die Regierungsverhältnisse in Bayern sich in der Zwischenzeit geändert hätten. Bayern sei jedoch noch heute an den Vertrag gebunden127. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass der Staatsvertrag kein Schiedsgericht oder ähnliche Einrichtungen vorsehe, um nach Verlust der Eigenständigkeit Coburgs dessen Rechte zu vertreten und dass Verträge auch dann Anspruch auf Geltung hätten, wenn es keine Stelle gibt, die deren Einhaltung sicherstellt. Bisher habe Bayern seine Vertragspflichten erfüllt128. Hinsichtlich der geplanten Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern wurde konstatiert, dass anstatt der bisher vorhandenen insgesamt 37 LBA nunmehr drei HfL geplant seien, welche in München-Pasing, Würzburg und Bayreuth zu errichten seien. Für die Vorbereitung der Schüler*innen auf die HfL sollten darüber hinaus zwölf Aufbauschulen eingerichtet werden. Die Standorte für die HfL seien dabei mit Bedacht „im Anschluß an die Universitäten München und Würzburg und an die besonderen Bildungsmöglichkeiten, die das Haus der deutschen Erziehung und die darum entstehenden Institute in Bayreuth bieten“ gewählt worden. Die Universitäten sowie das Institut in Bayreuth sollten der „Erweiterung der Bildungsmöglichkeiten für die Studierenden und zur Verstärkung des Lehrkörpers der Hochschule für Lehrerbildung“ dienen129. Hinsichtlich des Charakters der Aufbauschulen wurde hervorgehoben, dass diese nicht die ehemaligen Präparandenschulen ersetzen sollten, sondern „allgemeinbildende höhere Lehranstalten werden“ sollten, „die auf der vollendeten Volksschule aufbauend und vor allem das Deutschtum betonend zu jeder Berufslaufbahn vorbereiten“. Abgangsschüler*innen sollten auch zum 126 Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern (BayHStA München, Mk 42248, Coburg), 3. 127 Vgl. Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung; hier Auslegung des Staatsvertrags mit Coburg (BayHStA München, MK 42248, München). 128 Vgl. ebd., 3. 129 Ebd, 4.
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Besuch der Universität berechtigt sein. Dennoch sei gewünscht, dass die Besucher*innen der HfL in der Hauptsache von den Aufbauschulen kämen, denn „die Vorbildung auf diesen Schulen entspricht am ehesten dem, was man sich von der neuen Lehrerbildung erwartet“130. Aus diesem Grund wurden im gleichen Zuge mit der Errichtung der HfL Aufbauschulen eingerichtet. Nun verlangte der Stadtrat von Coburg die Errichtung einer Aufbauschule und einer HfL, mit Verweis auf den bereits genannten Staatsvertrag. Bayern sei auch gewillt, „seinen vertraglichen Bindungen nachzukommen“131. Doch enthielten diese nicht die Verpflichtung in Coburg eine HfL einzurichten. Begründet wurde dies hauptsächlich damit, dass es sich bei der geplanten Hochschule nicht um eine Schule handle, und die Neuregelung daher nicht unter Ziffer XI des Schlussprotokolls von 1920 falle und der Vertrag nur vorgesehen habe, in Coburg unter allen Umständen die LBA zu belassen. Bei der Einrichtung der HfL könne aber nicht von einer „Beibehaltung“ gesprochen werden, es handle sich vielmehr um eine „Neuschöpfung“132. Daneben wurde das Einwohnerverhältnis Coburg – Bayern in die Argumentation eingebunden. „Bayern, das rund [sieben] Millionen Einwohner, also fast das hundertfache der Einwohnerzahl des Landes Coburg zählte“ habe 40 LBA besessen. Wenn man die Einwohnerzahl heranziehe, „so tritt die Lehrerbildungsanstalt gegenüber der Gesamtheit der bayerischen Lehrerbildungsanstalten noch erheblich weiter zurück“133. Ein ähnliches Ergebnis ergäben die Vergleiche der Schülerzahlen. Es sei bei Vertragsschluss auch nicht bedacht worden, dass anstatt der vorher 40 LBA nur drei Anstalten zur Lehrerbildung eingerichtet werden könnten134. Die weiteren Ausführungen gelangten zu dem Schluss, dass in Bayern keine vertragliche Verpflichtung bestehe in Coburg eine HfL einzurichten, dass jedoch zu klären bliebe, ob Coburg nicht wenigstens eine Aufbauschule zustünde, eine Annahme, die bejaht wurde. Diese würde die Interessen der Coburger weitgehend wahren, insbesondere was die „Sicherung einer heimischen Bildungsstätte für den Lehrernachwuchs des Landes“ betraf135. Auch Referat zwölf des Ministeriums sah für Coburg nicht das Recht bestehen, eine HfL zu verlangen, die Einrichtung einer Aufbauschule in Coburg dagegen wurde befürwortet136. Eben dieser Entschluss wurde Anfang 1935 von Schemm nach Coburg mitgeteilt137. Die Entwicklungen in Bayern zeigen zweierlei. Zum einen bestand zu130 Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung; hier Auslegung des Staatsvertrags mit Coburg (BayHStA München, MK 42248, München), 4 f. 131 Ebd., 5. 132 Ebd., 7 f. 133 Ebd, 9 f. 134 Vgl. ebd., 10 f. 135 Ebd., 13 f. 136 Vgl. Bemerkung des Ref. 12. (BayHStA München, MK 42248, München). 137 Vgl. Neuordnung der Lehrerbildung in Bayern, dem Schreiben vom 28. 11. 1934. (BayHStA München, MK 42248, München).
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nächst, sowohl personell als auch institutionell, eine relative Kontinuität zur Regelung der Lehrerbildung vor 1933. Zugleich wurden auch die bayerischen Anstalten, einerseits durch die Neuausrichtung der Inhalte im Lehrplan 1934, andererseits durch die beginnende Umformung der LBA in die HfL, die bereits im August 1934 ihren Anfang nahm, den Entwicklungen im Reich angeglichen.
4.5 Zwischen Anpassung und Sonderweg. Das Pädagogische Institut in Jena Anders als in Bayern kam es in Thüringen während der ersten beiden Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft nicht zur Neuverortung der Lehrerbildung an die HfL. Die Ausbildung an dem der Friedrich-Schiller-Universität Jena angegliederten PI fand noch 1935 statt138. Dennoch war man sich auch in Thüringen der Bestrebungen, die Lehrerbildung für das Reich einheitlich zu regeln bewusst, möglicherweise ist dies die Ursache dafür, dass man dezidiert bis August 1933 noch nicht über Neuordnungen in der Lehrerbildung nachdachte139. Dagegen wurden für die Volksschulen neue Lehrplanrichtlinien ausgearbeitet, die im Dezember 1933 bekannt gegeben wurden und auch den Religionsunterricht umfassten. Diese Richtlinien, im Einvernehmen und in Zusammenarbeit mit dem thüringischen Landesbischof und dem Obmann des Gaues Thüringen erarbeitet, wiesen eine starke Vermischung von nationalsozialistischer Idee (genannt sei an dieser Stelle die Erziehung als Mittel zur „Aufrichtung einer wahren deutschen Volksgemeinschaft“140) mit deutschchristlicher Weltanschauung thüringischer Prägung (Jesus, der als heldischer Kämpfer verstanden wurde und dessen Kampf den Menschen „zu gleicher Tapferkeit um Gottes und seines Volkes willen“ verpflichtete141) auf. Im Rahmen des Landschulpraktikums, das als Teil der praktischen Ausbildung der angehenden Lehrkräfte im März 1934 neu geregelt wurde142, betrafen derartige Umprägungen der Lehrpläne selbstverständlich auch die Lehrerbildung. 138 Vgl. Verfassung der Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Weimar). 139 Vgl. Bericht über eine Besprechung mit Oberregierungsrat Dr. Arnold (LKAE Eisenach, 21003A 832-1, Eisenach). 140 Richtlinien für die Religions-Lehrpläne der Thüringer Schulen erschienen in Nr. 231 des Amtsblatts des Thüringischen Ministeriums für Volksbildung (LKAE Eisenach, 23-003 217, Weimar). 141 Ebd., 198 f. 142 Vgl. Regelung zur Durchführung eines Landschulpraktikums (LATh – HStA Weimar, 6-320040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Jena).
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Noch vor der Veröffentlichung der neuen Lehrplanrichtlinien für die Volksschule wurde durch Beschluss des Thüringischen Staatsministeriums am 12. April 1933 die Dauer des Erziehungswissenschaftlichen Studiums der Volksschullehrkräfte auf sechs Semester angehoben. Damit einhergehend wurde für sämtliche Studierende der Erziehungswissenschaften der Besuch von Vorlesungen über Rassekunde sowie die Prüfung in demselben Fach verpflichtend gemacht143. „Rassenkunde“, das bereits seit dem Sommersemester 1925 als Vorlesung für alle Studierenden Bestandteil des Jenaer Vorlesungsverzeichnisses war144, erhielt damit einen der nationalsozialistischen Ideologie gemäßen Platz im Studienplan der angehenden Volksschullehrkräfte. In Reaktion auf diesen Beschluss, der vom Leiter des PI hinsichtlich der Länge der Ausbildungszeit „[m]it freudiger Dankbarkeit begrüßt“ worden war145, wurden von diesem, gemeinsam mit Prof. Dr. Hans F.K. Günther, mögliche Regelungen zur Durchführung des Beschlusses bezüglich der Einbindung der „Rassekunde“ in das Studium der angehenden Volksschullehrkräfte erarbeitet. Vorlesungen über Rassekunde wurden verbindlich, was als Lösung einer bisher bestehenden Lücke im Ausbildungsplan beurteilt wurde146. In der Folge beschlossen der Leiter des PI Georg Weiß und Günther, dass den Studierenden in drei Semestern auferlegt werden sollte mindestens eine zweistündige Vorlesung über „Eugenik und Rassenkunde“ zu hören, wobei insbesondere die Themen „Vererbungslehre“, „Erbgesundheitslehre (Rassenhygiene)“ und „Rassenkunde (im Sinne der erblichen Gruppenunterschiede innerhalb der Gattung Mensch und ihre Einwirkung auf die Geschichte der Völker)“ behandelt werden sollten147. Aus jedem dieser Gebiete sollten die Studierenden je eine Vorlesung hören. Der Nachweis über den Besuch der entsprechenden Vorlesungen musste vor der Prüfungsanmeldung gebracht werden. In weiteren Ausführungen einige Monate später wurden die Stunden „für die bisher verbindlichen Arbeitsgemeinschaften (Deutsch, Religion, Rechnen mit Raumlehre, Grundschule)“148 von vier auf drei Stunden reduziert. Diese Reduktion erfolgte zugunsten der bisher wahlverbindlichen Arbeitsgemein143 Vgl. Beschluss über die dreijährige Ausbildungszeit für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium B 288, Weimar). 144 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis für das SommerHalbjahr 1925, 36 f. 145 Schreiben über die dreijährige Ausbildungszeit für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Jena). 146 Vgl. ebd., Bl. 123r. 147 Ebd., Bl. 124v. 148 Schreiben zu IV A IV 30,2 über die Neuordnung des Studiums der Mitglieder des Pädagogischen Instituts Jena (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Jena).
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schaften Biologie, Erdkunde, Geschichte, Physik und Chemie, die auf zwei Stunden festgelegt und ebenfalls verbindlich gemacht wurden. In Kraft trat diese Regelung allerdings erst zum Sommersemester 1935. Ein wesentliches Element in der Ausbildung der angehenden Volksschullehrkräfte waren diverse Schulpraktika. Zu diesem Zweck war der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt der Universität Jena bereits seit längerem eine Übungsschule angegliedert, welche die praktische Ausbildung der Studierenden gewährleisten sollte. Im Zuge der sogenannten „Landverbundenheit“, die bei den angehenden Lehrkräften ganz im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie gefördert werden sollte, wurde auch in Thüringen ein „Landschulpraktikum“ eingerichtet. Die Initiative für die Einrichtung des Landschulpraktikums ging vom Leiter des PI Weiß aus. Sein Argument für die Notwendigkeit ein solches Praktikum einzurichten war, dass „ein sehr großer Teil der Thür. Volksschulen zu den wenig gegliederten Landschulen gehört“. Da der „landständigen Bevölkerung“ bei dem Aufbau des Volkes eine besondere Bedeutung zukomme, sei für die praktisch-pädagogische Ausbildung der künftigen Volksschullehrkräfte „eine gründliche Einführung in die Praxis des Landschullehrers und in seinen vielfältigen Aufgabenkreis als Träger einer bodenständigen Volks- und Heimatkultur notwendig“. Zu den Aufgaben, die Weiß für das Praktikum festschrieb, gehörte es erstens durch Schulbesuche eine sichere Anschauungsgrundlage zu vermitteln, wobei besonders in die „gegenwärtige Lage der allgemeinen deutschen Landschulbewegung“ eingeführt werden sollte. Zweitens sollte der Blick der Studierenden „für Land und Leute, für Heimat und Volkstum in jeder Hinsicht“ geschult werden. Durch gemeinsame Feiern, beispielsweise beim Kirchgang, sollte eine Gemeinschaft „zwischen der bodenständigen Bevölkerung und ihren Gästen“149 gepflegt werden. Interessant ist besonders, dass als Arbeitsleiter neben den Lehrkräften der Schulorte gegebenenfalls Pfarrer herangezogen werden sollten. Die technische Leitung wurde selbstverständlich den Lehrkräften des PI übertragen. Religion und religiöses, kirchliches Leben wurden zu diesem Zeitpunkt offenbar noch bedenkenlos, jedenfalls soweit es die Landbevölkerung betraf, als Teil des gesellschaftlichen Lebens betrachtet. Auch hinsichtlich des Personalbestandes kam es am PI im Zuge der Umwälzungen der nationalsozialistischen Machtübernahme zu Veränderungen, die jedoch erst ab 1935 besonders umfangreich wurden. Für den in dieser Phase betrachteten Zeitraum betrafen die Änderungen am PI lediglich die beiden Dozentinnen Dr. Mathilde Vaerting, die ab dem Wintersemester 1933/
149 Regelung zur Durchführung eines Landschulpraktikums (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Jena).
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34 nicht mehr am PI tätig war150, sowie Anna Siemsen, die bereits im Sommersemester 1933 nicht mehr am PI beschäftigt worden war151. Vaerting war bereits seit 1923 als ordentliche Professorin der Erziehungswissenschaft an der Universität beschäftigt. Sie wurde am 10. November 1923 durch Erziehungsminister Max Greil als Mitglied der Erziehungswissenschaftlichen Abteilung eingesetzt152 und blieb bis zum Wintersemester 1933/ 34 an der Universität. Die Dozentin Siemsen dagegen fehlte bereits im Sommersemester 1933. Auch sie wurde, wie Vaerting, zum 10. November 1923 als Mitglied der Erziehungswissenschaftlichen Abteilung eingesetzt153. Bereits 1932 wurde sie vom nationalsozialistischen Innenminister Thüringens, Frick, in den einstweiligen Ruhestand versetzt und emigrierte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang des Jahres 1933 in die Schweiz154. Die Professoren Weiß, der bereits genannte Leiter des PI, Petersen und Scheibner verblieben am Erziehungswissenschaftlichen Lehrstuhl der Universität, sie hielten auch im Wintersemester 1934/35 noch Vorlesungen155. Weiß war, wie Siemsen und Vaerting, seit 1923 Mitglied der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt156, bevor ihm die Leitung des PI übertragen wurde. Als Leiter desselben hatte er erheblichen Einfluss auf die Ausbildung der Volksschullehrkräfte in Thüringen, einen Einfluss den er – beispielsweise in der Erarbeitung von Richtlinien für das Landschulpraktikum157 oder der Festlegung von Rassenkunde als verpflichtendes Unterrichtsfach für Lehramtsstudierende158 – durchaus nutzbar machte. Aufgrund fehlender Quellen oder Sekundärliteratur lässt sich jedoch zu seinen pädagogischen Überzeugungen und Schwerpunkten wenig Aussagekräftiges nennen. Klar ist, dass er gemeinsam mit Günther die ministeriellen Vorgaben für die Einführung von Rassenkunde als verpflichtendes Unterrichtsfach der Lehramtsstudierenden in Richtlinien umwandelte. Anders sah dies bei den beiden Pädagogen Scheibner und Petersen aus. Scheibner galt als Vertreter der Arbeitsschul- und Reformpädagogik. Petersen, Leiter der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt, ebenfalls Vertreter der Reformpädagogik, war vor allem für seine sogenannte Jenaplan-Pädagogik be150 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1933/ 34. 151 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1933. 152 Vgl. Greil, Schreiben. 153 Vgl. ebd. 154 Vgl. Zeuner / Faulstich, Erwachsenenbildung, 177 f. 155 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1934/ 35, 12–14. 156 Vgl. Greil, Schreiben. 157 Vgl. Regelung zur Durchführung eines Landschulpraktikums (LATh – HStA Weimar, 6-320040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Jena). 158 Vgl. Schreiben über die dreijährige Ausbildungszeit für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Jena).
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kannt und umstritten. Seine Pädagogik war dabei geprägt von einem, aus den Vorstellungen von Familie abgeleiteten Bild einer „natürlichen“ Lebens- und Volksgemeinschaft mit konservativ-ständisch-patriarchalen Zügen159. Diese pädagogischen Vorstellungen beurteilen Käbisch/Wischmeyer als „anschlussfähig an das nationalsozialistische Erziehungsdenken“. Sie konstatieren schon für den Beginn der 1930er Jahre die Etablierung einer deutschchristlich geprägten Religionspädagogik an der Universität Jena.160 Für die Ausbildung im Fach Religion sind insbesondere die Dozenten der Theologischen Fakultät Jena von Interesse. Auch hier kam es bis zum Wintersemester 1934/35 vorerst nicht zu entscheidenden Veränderungen im Dozentenbestand, zum Sommersemester kam ein neuer Lektor für Griechisch hinzu161, Staerk wurde zum Wintersemester 1932/33 von seinen Amtspflichten entbunden, an seine Stelle trat Gerhard von Rad als ordentlicher Professor für Altes Testament162. Die Umwidmung des alttestamentlichen Lehrstuhls überrascht angesichts der deutsch-christlichen Prägung Thüringens wenig. Inwiefern wirklich ideologische Gründe für die Amtsenthebung Staerks ausschlaggebend waren, muss offenbleiben, es liegt allerdings nahe163. Ebenfalls neu berufen wurde ab dem Sommersemester 1934 der Professor für Praktische Theologie, Wolf Meyer-Erlach164, der auch die Stelle als Universitätsprediger innehatte165. Andr Postert attestiert diesem bereits früh antiintellektuelle Affekte in politischer Ideologie und Praktischer Theologie166. Völkisches Engagement und missionarische Arbeit gingen bei MeyerErlach Hand in Hand, er trat bereits seit 1922 als Redner auf Veranstaltungen der NSDAP auf167. Dies zeigt auch sein Engagement im Zusammenhang mit dem Eisenacher „Entjudungsinstitut“168. Bis 1933 kam er dennoch nicht in Konflikt mit der bayerischen Landeskirche169, seine Predigten blieben bis dahin von politischen Stellungnahmen frei, auch wenn Postert ihm zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Weg in die nationalsozialistische 159 Vgl. Keim, Erziehung, Bd. 1, 38. 160 Vgl. Käbisch / Wischmeyer, Praxis, 210 f. 161 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1933, 6. 162 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1934/ 35, 6. 163 Von Rad kam später wegen Widerspruchs gegen die Ablehnung des Alten Testaments durch die Deutschen Christen mit diesen in Konflikt, blieb jedoch bis 1945 als ordentlicher Professor in Jena. (Braun / Grünzinger, Personenlexikon, Bd. 12, 200). 164 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1934, 6. 165 Vgl. ebd., 4 f. 166 Vgl. Postert, Volk, 220. 167 Vgl. ebd., 220 f. 168 Vgl. hierzu die neueste Publikation von Spehr u. a., „Entjudungsinstitut“; sowie Schuster, Lehre. 169 Vgl. Postert, Volk, 221.
Der Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten in Bayern
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Ideologie hinein zuschreibt170. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten entstand bei Meyer-Erlach der Wunsch, Christentum und nationalsozialistische Weltanschauung in Einklang zu bringen171. Sein Weg in die DCKirchenbewegung Thüringens war vor diesem Hintergrund nur konsequent und erfolgte mit seiner Berufung an die Universität Jena172. Postert konstatiert, dass für Meyer-Erlachs Berufung nach Jena insbesondere ideologische Beweggründe ausschlaggebend gewesen seien173, angesichts der mangelnden wissenschaftlichen Qualifikation Meyer-Erlachs ein schlagendes Argument. Der Blick auf die hier skizzierten Änderungen der Lehrerbildung am PI in Jena zeigt, dass diese trotz der ausbleibenden Umstellung der Lehrerbildung auf die HfL, nach der nationalsozialistischen Machtübernahme nicht frei von den Auswirkungen der Umwälzungen blieb. Besonders auffällig ist dabei die Institutionalisierung des Faches „Rassenhygiene“, welches – bereits vor 1933 an der Universität vertreten – nun einen hohen Stellenwert innerhalb der Lehrerbildung erhielt. Inwieweit sich inhaltliche Aspekte aus den Lehrplanrichtlinien für den Religionsunterricht an den Volksschulen auch innerhalb der stattfindenden Ausbildung der Lehrer auswirkten, wird in Kapitel 4. 8 dargestellt.
4.6 Der Religionsunterricht an den Lehrerbildungsanstalten in Bayern Während in den anderen Regionen Deutschlands die Form der Volksschullehrerbildung bereits kurz nach 1933 umgestellt wurde, behielt Bayern vorerst die LBA bei. Das neue Herrschaftssystem und die nationalsozialistische Ideologie zeigten sich jedoch auch innerhalb dieser Institutionen. Anhand ausgewählter LBA – laut Ernst Boepple, Staatsminister der Finanzen in Bayern gab es in Bayern davon bis 1935 40 Stück – soll der Grad der Beeinflussung an den LBA in diesem Kapitel dargestellt werden. Herangezogen werden hierfür die Akten der LBA Erlangen sowie der Anstalten Coburg und Bayreuth. In seinem Bericht über das Schuljahr 1934/35 schrieb der Leiter der LBA Erlangen, Blos, dass das Schuljahr mit einem Gottesdienst und Flaggenhissung begonnen habe. Anlässlich des Reichsparteitags vom 3. bis 15. September musste der Unterricht ausgesetzt werden, da im Schulgebäude SA-Männer einquartiert worden waren174. Der Einfluss des Parteilebens auf die Schule 170 171 172 173 174
Vgl. Postert, Volk, 222. Vgl. ebd. Vgl. ebd., 223. Vgl. ebd., 226. Vgl. Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen Jahresbericht über das Schuljahr 1934/35 (BayHStA München, MK 42282, Erlangen).
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wird hier an zwei Stellen deutlich: Während bisher eine Flaggenhissung zu Beginn des Schuljahres nicht üblich war, wie frühere Berichte aus der Anstalt zeigen, gehörte diese nun selbstverständlich neben dem Gottesdienst zu Beginn des Schuljahres dazu. Parteitätigkeiten, die in irgendeiner Weise das Schulleben beeinträchtigten, hatte es bis dahin auch noch nicht gegeben. Unterrichtsausfall aufgrund des Reichsparteitages und der damit verbundenen Unterbringung von SA-Männern in den Schulgebäuden, stand außerhalb des Einflusses des Anstaltsleiters. Wie bereits gezeigt, war die LBA Erlangen eine staatliche Einrichtung in städtischen Gebäuden. Als Schulleiter hatte Blos wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Einquartierung der SA-Männer. Ansonsten wurde der Unterricht in allen Fächern lehrplanmäßig erteilt, auch die Entwicklung der nationalsozialistischen Bewegung gehörte hier dazu175. Auffällig sind die schulinternen Gedenkveranstaltungen, die laut Darstellung von Blos „naturgemäss vor allem im Zeichen der politischen Bewegung“ standen. Aufgeführt waren hier unter anderem die Saarkundgebung am 28. Juni 1934, die Reichsgründungsfeier am 28. Januar 1935 sowie die Feier zur Übernahme der Kanzlerschaft am 30. Januar. Kirchliche Gedenktage wurden nicht aufgeführt. Blos summierte dazu: „Der neue Zeitgeist drückte sich auch in der regen Teilnahme unserer Schülerinnen an den nat.-sozialistischen Organisationen und Veranstaltungen aus. 106 Schülerinnen [Anm. d. Verf.: von insgesamt anfangs 121 Schülerinnen] gehören dem BDM an; 27 lesen die nat.-soz. Jugendzeitschrift Hilf mit!“176.
Eine Vereinstätigkeit selbst war auch vorher nichts ungewöhnliches, in den früheren Schuljahren waren die Schüler und Schülerinnen der bayerischen LBA nahezu ausnahmslos Mitglieder im VDA. Daneben gehörte auch die körperliche Ertüchtigung zum Schulleben,177 wobei dies auch in den Berichten vor 1933 erwähnt, wenn auch nicht in so ausdrücklicher Form betont wurde. Der Rektor schloss seinen Bericht mit einigen allgemeinen Anmerkungen. So wurden „Lehrer- und Schülerbücherei […] im Geist der Zeit weiter ergänzt“ wobei Anschaffungen für den geschichtlich-geographischen Unterricht vor allem Material hinsichtlich der deutschen Urgeschichte sowie der Rassenkunde umfassten178. Das Schuljahr endete, wie es begonnen hat mit Flaggeneinholung und einem Gottesdienst179. Aufschlussreich ist an diesem Bericht vor allem, mit welch unkommentierter Selbstverständlichkeit der nationalsozialistische „Zeitgeist“ Eingang in die LBA gefunden hat und dabei scheinbar unwidersprüchlich neben dem christlichen Gottesdienst stand. Der Vergleich mit den Vorjahresberichten 175 Vgl. Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen Jahresbericht über das Schuljahr 1934/35 (BayHStA München, MK 42282, Erlangen), 2. 176 Ebd., 4. 177 Vgl. ebd., 5. 178 Ebd., 56. 179 Vgl. ebd., 6.
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zeigt, dass die so bezeichneten außerordentlichen Bildungsgelegenheiten nunmehr keinen kirchlichen Bezug aufwiesen. War im Jahresbericht über das Schuljahr 1932/33 die Weihnachtsfeier noch ausdrücklich erwähnt180, findet sich in diesem Schuljahr außer dem Eingangs- und Schlussgottesdienst kein Hinweis auf christliche Feiern im Schuljahr. Es sei jedoch erwähnt, dass zu keiner Zeit ausschließlich christliche Feiern das Schuljahr geprägt haben. Auch in der LBA Coburg waren entsprechend der Schilderungen Frühwalds über das Schuljahr 1934/35 Schulfeiern nun ein prägender Bestandteil des Schullebens. Neben der körperlichen Erziehung, die nach dem neuen Lehrplan in der Stundenzahl verdoppelt worden ist, nahmen auch sportliche Wettkämpfe der Coburger Schulen untereinander großen Raum im schulischen Leben ein. Stolz konnte der Rektor berichten, dass „[ü]ber 75 % aller Schüler […] im Besitz irgend eines Sportabzeichens“181 seien. Teil des Sportunterrichts war dabei auch Geländesport, die Sportlehrer hätten sich dazu in Kursen qualifiziert. Es ist daher wenigstens für Bayern nicht zutreffend, wenn Gutzmann für den preußischen Raum konstatiert, dass wehrsportliche Übungen, im Sinne einer Militarisierung, erst mit der Wiederumstellung auf die LBA großen Raum im schulischen Leben eingenommen hätten182. Erste Anzeichen dafür waren, wie im Bericht Frühwalds deutlich wird, bereits in der ersten Phase des Nationalsozialismus im Rahmen der Lehrerbildung angelegt. Die Schulfeiern waren, wie in Erlangen, „Höhepunkte des nationalen Lebens“ und sind „in Erkenntnis ihrer großen erzieherischen Bedeutung zu einem wichtigen Stück der Schule geworden“. Diese seien gestaltet worden durch einen thematischen Vortrag, der von „musikalischen und deklamatorischen Vorträgen“ gerahmt worden sei, wobei auch Wert auf die entsprechende Ausschmückung des Raumes gelegt worden ist183. Häufig sei dabei auch Gelegenheit gewesen, Reden von Führern der Bewegung am Radio zu verfolgen184. Als Anlässe für Schulfeiern listete Frühwald, abgesehen von der Feier der Machtübernahme am 30. Januar 1935, interessanterweise ganz andere Daten auf, als Blos dies tat. So nannte Frühwald den Tag der nationalen Arbeit am 1. Mai 1934, den Todestag Albert Leo Schlageters am 20. Mai, das Jugendturnen am 26. Juni, den Tag des deutschen Bauern am 1. Oktober, die Erinnerung an Luthers Bibelübersetzung am 31. Oktober, die Erinnerung an die Gefallenen der Bewegung am 9. November, eine Weihnachtsfeier am 21. Dezember sowie die Saarabstimmung am 15. Januar und die Reichs180 Vgl. Bericht über den Verlauf des Schuljahres 1932/33 an der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen (BayHStA München, MK 42282). 181 Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 182 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 17. 183 Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 184 Vgl. ebd., 8.
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gründung am 18. Januar185. Diese Auflistung zeigt neben der Häufigkeit der Feiern, die deren Wichtigkeit für das Schulleben betonte, dass der politische Einfluss auf das Schulleben auf diesem Weg vergleichsweise hoch anzusetzen ist. Davon zeugen neben der Erinnerung an den „NS-Märtyrer“ Schlageter und „nationalsozialistische Vordenker“ wie W. Hermann Löns, Feiern wie das Jugendturnen oder der Tag des deutschen Bauern, welcher mit dem nationalsozialistischen Gedanken zur Hinwendung zum Land(volk) in Verbindung zu sehen ist. Die Erinnerung an die Reichsgründung und die Machtübernahme scheinen vor diesem Hintergrund selbstverständlich. Auffällig sind zunächst die beiden christlichen Gedenktage am 31. Oktober und 21. Dezember. Mit der Erinnerung an Luthers Bibelübersetzung ist aber vermutlich weniger das Gedenken an Luthers reformatorische Leistungen verbunden worden, als tatsächlich der – auch vom Nationalsozialismus anerkannte – Beitrag Luthers zur „Deutschen Sprache“ und der durch die Reformation erreichten „deutschen Unabhängigkeit“186. Wie in Erlangen gehörten sämtliche Schüler der LBA, daneben auch die Schüler und Schülerinnen der Übungsschule, zu Hitlerjugend (HJ), Jungvolk (JV) und Jungmädelschaft, wobei Frühwald hervorhob, dass viele von ihnen „in den einschlägigen Organisationen Führerstellen“ bekleiden würden. Daneben seien sämtliche Schüler sowie Lehrer Mitglieder im VDA, wobei der „ordentliche Unterricht und der Besuch von öffentlichen Veranstaltungen […] zu einer Vertiefung des volksdeutschen Gedankens“ geführt hätten187. Das Schulleben der Coburger Anstalt zeigt, deutlich mehr noch als in Erlangen, ein Bestreben des Rektors, den Zielen der nationalsozialistischen Bewegung zu entsprechen. Seine Betonung der Bekleidung von Führerstellen in HJ und JV sowie der Rate an Sportabzeichen der Schüler zeugen davon ebenso wie die Ausgestaltung der Schulfeiern. In besonders hohem Maße schlug sich das nationalsozialistische Leben an der Bayreuther LBA unter Leitung von Kolb nieder. Schon zu seiner Amtseinführung war die Festfolge durch feierliche Flaggenhissung, eine Ansprache Schemms sowie eines Grußes an den Führer geprägt188. Die Darstellung des Schullebens in Kolbs Jahresbericht zeugte von dessen Einstellung gegenüber dem nationalsozialistisch geprägten Leben. So berichtete Kolb begeistert vom Fest der deutschen Jugend, welches – am Tag der Sommersonnenwende am 23. Juli 1934 – „am lohenden Feuer im freudigen Bekenntnis zu Art und Sitte unserer Väter“ gefeiert worden sei. Auch „das Schicksal unserer deutschen Saar“ habe wiederholt Anlass zu Gedenk- und 185 Vgl. Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg), 7 f. 186 Vgl. zur Lutherrezeption 1933 bspw. Bräuer, Luthertag; Buss, Luthertag. 187 Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). Auslassungen durch die Verfasserin. 188 Vgl. Feier der Amtseinführung des Studienprofessors Dr. Kolb als Leiter der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]).
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Feierstunden gegeben: nach seiner Schilderung insgesamt fünf Mal, am 28. Juni im Rahmen eines Versailles-Gedenkens, am 9. Juli als Abschluss des ersten Schuljahresdrittels, am 13. und 14. Januar anlässlich „der glorreichen Saar-Befreiung“ sowie am 1. März 1935 anlässlich der Saar-Rückgliederung. Darüber hinaus wurden der Todestag Paul von Hindenburgs, Erntedank – „bei welcher Gelegenheit [der Studienprofessor] der neugewonnenen Verbundenheit zwischen Stadt und Land in trefflichen Worten gedachte“ – , der „Tag von Potsdam“ am 30. Januar sowie die Heldengedenkfeier am 18. März feierlich begangen. Die jeweiligen Ansprachen des Anstaltsleiters hätten bei diesen Gelegenheiten „zu tiefer vaterländischer Besinnung und zu freudigem Deutschbekenntnis im Sinne Adolf Hitlers“ aufgerufen. Hervorgehoben wurden auch die feierlichen Flaggenhissungen, „denen Anstaltsleiter Kolb durch eine Art von deutschem Ritus, der ganz aus nationalsozialistischem Fühlen erwachsen ist“ eine zeitgemäße Form gegeben habe. Dieser Ritus bestand, so die Darstellung des Jahresberichts, aus Wechselgesprächen zwischen Lehrern, Schülern und Sprechchören, in welchen sich „die Schulgemeinde zu dem nach langer Irrsal durch Hitler wieder zu sich selbst erwachten Deutschland[…]“ bekannt habe, sowie „zum Kampf- und Siegeszeichen des Hakenkreuzes“189. Auch Luther wurde, wie in Coburg, am 31. Oktober mit einer „MartinLuther-Feier“ geehrt, zu deren Anlass W. Hermann, der Religionslehrer der Anstalt, „der großen Sprachschöpfungs- und Übersetzungstat des Reformators in seinem Vortrag ,Die Bibel als Volksbuch in Vergangenheit und Gegenwart‘ gedachte“. Die Betonung der „Sprachschöpfungskraft“ Luthers als seiner größten Leistung, schließt an die am Coburger Beispiel gemachten Beobachtungen an. Auch am „Tag der Mutter“ sprach W. Hermann, der aus diesem Anlass „Herzen und Sinne der Schüler auf das große Werk der Liebe lenkte, das still und heroisch immerfort durch die Mutter an unserem Volk geschieht“190. In Bayreuth wird sehr viel offensichtlicher als in Coburg die Begeisterung der Lehrerschaft für diese „[b]edeutsame[n] Feiern vaterländischen Charakters“, welche die Schule zu einer „allem Großen und Edlen in deutscher Vergangenheit und Gegenwart freudig huldigende[n] Lebens- und Erlebnisgemeinschaft“ gemacht hätten, sichtbar191. Am augenfälligsten wird die Offenheit der LBA in Bayreuth für den Nationalsozialismus, wenn der Leiter der Anstalt betonte, dass diese „lebendigen, lebhaften Anteil am politischen Geschehen der Gegenwart nehmen“ wolle. Die Angehörigen der Anstalt stellten sich „in den Dienst nationalsozialistischer
189 Jahresbericht der Lehrer-Bildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214). Hervorhebungen im Original. Auslassungen durch die Verfasserin. 190 Abschnitt verfasst von Studienrat Reinhardt. Ebd. Hervorhebungen im Original. 191 Ebd., 22.
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Aufbauarbeit“192. So hatte beispielsweise Kolb das Amt eines Gauschulungsleiters inne, einige andere Lehrkräfte seien Mitglied in SA oder der SS gewesen. Die hohe Beteiligung an Veranstaltungen des NSLB wurde ebenso betont wie die Unterstützung der Veranstaltungen der HJ, indem beispielsweise nach Möglichkeit Räumlichkeiten für Heimatabende bereitgestellt wurden. Die Schüler der Anstalt waren ausnahmslos Mitglieder in den nationalsozialistischen Gliederungen, wobei anders als in Coburg und Erlangen auch einige Schüler Mitglieder in SA und SS waren. Auffälliger Weise waren an der Übungsschule weit weniger und bei weitem nicht alle Schüler und Schülerinnen Mitglieder der nationalsozialistischen Gliederungen. Erklärungsansätze für diese Tatsache liefert der Jahresbericht nicht. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Schüler der LBA Nachteile erwarten mussten, sofern sie nicht Mitglieder der genannten Gliederungen waren, insbesondere unter Berücksichtigung der Begeisterung des Lehrkörpers der Anstalten für die „nationale Erhebung“. Wie in Coburg waren auch hier Lehrkräfte und Schüler der Anstalt zusätzlich Mitglieder im VDA193. Erwähnenswert sind an dieser Stelle auch die Ausführungen des Leiters des Schülerheims, der über das Leben in diesem schrieb, dass die Tage mit einer Andacht begännen. Jede dieser Andachten, an deren Ausgestaltung besonders sorgfältig gearbeitet worden sei, sei „von dem Bewusstsein getragen, vor dem ewigen Gott zu stehen, in dessen Hände unser Schicksal des gesamten Volkes gelegt“ geworden sei. Inhalt und Form der Andachten seien dabei von Schemms Wahlspruch „Gott und Volk“ geprägt gewesen. Bei der Darstellung des Ablaufes dieser Andachten betonte der Leiter des Schülerheims, dass – soweit möglich – „das unmittelbare Leben unserer Nation“ in diese aufgenommen worden sei, sonst hätten Gedanken wie „Vaterland“, „Arbeit“ und „Heldentum“ den Mittelpunkt gebildet. Lieder, Dichtungen, Schrifttum und eigene Gestaltungen religiösen und nationalen Gehalts seien zusätzlich eingebunden worden. „Zu den Liedern unseres Gesangbuchs traten solche aus der Bewegung. Stellen aus dem Neuen Testament und manche Psalmen berührten unser persönliches Erleben. In Luthers Gebeten und den Thüringischen Schulgebeten suchten wir Kraft.“194
Als Beispiele nationaler Literatur nannte der Verfasser des Berichts Mein Kampf sowie Paul de Lagarde mit seinen Gedanken über die deutsche Frömmigkeit. Zusammenfassend hielt er betonend fest: „Die Andachten wollen unbewusst Gefühltes in das Bewusstsein, zur Erkenntnis erheben, um das in seiner Klarheit Erfasste wiederum in der Seelentiefe zu ver192 Jahresbericht der Lehrer-Bildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214), 23. 193 Vgl. ebd., 28. 194 Ebd., 24 f.
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ankern: Gott wirkt in uns und in unserem Volk. Wir kommen im Volk zu ihm, dienen ihm durch das Volk.“195
Die Beschreibung der Weihnachtsfeier, die mit der gesamten Schulgemeinde begangen worden war, war den obigen Darstellungen gegenüber auffällig unpathetisch gehalten196. Mehr noch als in Coburg wurde in Bayreuth überdies Wert auf die Körpererziehung gelegt, in welcher die Schüler „Kartenlesen, Orientierung, Geländekunde (Beschreibung und Beurteilung), Entfernungsschätzen, Meldung, Gefechtsverhalten, Exerzieren und Schießen“ gelernt hätten197. Die Beobachtungen stützen die bereits zu Erlangen gemachte Feststellung bezüglich der Militarisierung des Anstaltslebens bereits vor der Rückführung der Lehrerbildung auf die LBA ab 1941. Die ausführliche Darstellung des Bayreuther Schullebens zeigt – insbesondere im Vergleich mit Erlangen aber auch mit Coburg – in welch starker und vielfältiger Weise der Nationalsozialismus Einzug in diese Anstalt genommen hat. Die Quellenlage hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung des evangelischen Religionsunterrichts an den bayerischen LBA ist unterschiedlich. Während für Erlangen vor allem die Akten aus dem Nachlass G. Schmidts aufschlussreich sind, muss für Coburg und Bayreuth auf die genannten Prüfungsthemen in den Jahresberichten zurückgegriffen werden. Im Jahr 1934 veröffentlichte G. Schmidt ein Sonderheft der Bekennenden Kirche unter dem Titel Das Alte Testament und der evangelische Religionsunterricht. Dieses Thema zog sich durch nahezu alle seine Notizen und Schriften aus der Zeit zwischen 1933 und 1945198. Da sich inhaltlich mit der Zeit keine wesentlichen Änderungen in seinen Unterlagen erkennen lassen und einige der undatierten Materialien mit denselben Aussagen klar für den Unterricht gedacht waren, soll anhand des Sonderheftes der Bekennenden Kirche von 1934 G. Schmidts Position zu dieser Frage dargestellt werden. Es ist anzunehmen, dass er diese Position auch in seinem Unterricht vertreten hat. 195 Jahresbericht der Lehrer-Bildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214), 24 f. 196 Vgl. ebd, 25. 197 Ebd., 26. 198 So liegt unter seinen Akten unter anderem ein Typoskript, bei dem es sich offenbar um ein Vortragsmanuskript handelt, vor, das sich dem Aspekt des Alten Testaments unter Berücksichtigung der Bekenntnisschriften widmet. Es trägt den Titel „Das Alte Testament in den Bekenntnisschriften“ und spiegelt im Wesentlichen die Positionen die Schmidt im Sonderheft der Bekennenden Kirche darlegt. Daneben liegen weitere Unterlagen, ebenfalls Vortragsnotizen, vor die sich dem Thema „Das AT und der evang. Unterricht“ widmen. Auf die weiteren, zahlreichen Vortragsmanuskripte zu diesem Thema kann und soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. (Vgl. Typoskript über „Das Alte Testament in den Bekenntnisschriften“ (LAELKB Nürnberg, 101 142–1); Typoskript über „Das Alte Testament und der evangelische Unterricht“ (LAELKB Nürnberg, 101 142–1); Typoskript über „Das Alte Testament und der evangelische Unterricht“ (LAELKB Nürnberg, 101 142–1)).
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G. Schmidt sah das Alte Testament in der Gegenwart in Frage gestellt und nahm insbesondere für Lehrkräfte, „die wir im Religionsunterricht die alttestamentlichen Geschichten zu behandeln haben“ an dieser Stelle die Notwendigkeit an, sich hier Klarheit über die Frage zu verschaffen: „Ist das Alte Testament nicht das Buch einer fremden Rasse, eben der verabscheuten und gehaßten jüdischen Rasse?“.199 Auf den folgenden Seiten versuchte G. Schmidt nun diese Frage zu beantworten, indem er zunächst die Aufgabe des evangelischen Religionsunterrichts bestimmte – es ging um das Evangelium, nicht um Religion200. Dieses Evangelium ließe sich jedoch nur von Gott her verstehen. Und Gleiches galt laut G. Schmidt für das Alte Testament. Er zog das Fazit: „Nur wenn man die Dimension des Göttlichen im Alten Testament erkennt, ist man gefeit gegen die Anfechtung, die uns zu unserer Zeit in der Tatsache entgegentritt, daß das Volk des Alten Testaments das israelitische ist. Es ist ja nicht die geniale Rasse, die den Gottesgedanken erfindet oder schöpferisch aus sich hervorbringt […], sondern Israel ist lediglich die Stelle, an der die Herrschaft, der Angriff des ewigen Gottes in die Menschenwelt hereinbricht.“201
Das Alte Testament berichte von der „wirklichen Begegnung zwischen dem wirklichen Menschen und dem wirklichen Gott“202. Von diesem Standpunkt aus sei auch die Rassereligion abzulehnen. So sei das Alte Testament nicht nur wichtig für den Religionsunterricht, sondern vor allem in seinem Zusammenhang mit dem Neuen Testament unentbehrlich203. G. Schmidt zeigt trotz seiner offensichtlich kritischen Positionierung zu deutschchristlichen Positionen, dass auch sein Denken auf der Basis des Rassedenkens steht. In seiner Betonung der Bedeutung des Alten Testaments für das Neue Testament lassen sich jedoch auch bei G. Schmidt antijudaistische Denkstrukturen erkennen. G. Schmidt schloss seine Ausführungen mit dieser Feststellung. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass G. Schmidt in seiner Verteidigung der Bedeutung des Alten Testaments für den Religionsunterricht ausdrücklich von Ludendorffs Vorstellungen abwich und schrieb, dass diese – anders als andere die behaupten würden, nur das Alte Testament abzulehnen – „konsequenter und viell[eicht] auch ehrlicher“ sei, wenn sie nicht nur das AT als „Judenbuch“, sondern Jesus Christus und damit auch das NT ablehnte204. An den hier zitierten Ausführungen wird deutlich, dass G. Schmidt sich in seinen Ausfüh-
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Schmidt, Testament, 4. Vgl. ebd., 5. Ebd., 7. Hervorhebungen im Original. Ebd., 8. Hervorhebungen im Original. Vgl. ebd., 17. Vgl. Notizen zum Alten Testament und dem evangelischen Religionsunterricht (LAELKB Nürnberg, 101 142-29).
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rungen explizit an Religionslehrkräfte richtete, für die er hervorhob, dass das Alte Testament für die christliche Unterweisung unersetzlich sei205. Augenfällig ist an seinen Ausführungen vor allem eines: auch wenn die offizielle Lehrordnung für die LBA in Bayern das Alte Testament in seiner Verbindung mit dem Neuen Testament für den Religionsunterricht als Stoff vorsah – die Angriffe auf das Alte Testament als Bestandteil des Religionsunterrichts scheinen bereits zugenommen zu haben. Die Anzahl und Intensität mit der G. Schmidt in Vorträgen und Veröffentlichungen das Alte Testament gegen diese Angriffe verteidigte und zeigte, dass das Alte Testament als Teil des Religionsunterrichts unentbehrlich sei, macht dies auch für die Phase 1933/34 deutlich. G. Schmidt für seinen Teil lässt sich jedoch im Rahmen des dieser Arbeit zugrunde gelegten Spannungsfeldes mit seinem Einsatz für das Alte Testament auf der Seite des Bekenntnisses verorten. Für den Religionsunterricht an der LBA in Coburg ist die Quellenlage nicht so ergiebig, wie dies durch den erschöpfenden Aktennachlass G. Schmidts für Erlangen der Fall ist. Dennoch lassen sich auch hier aufgrund der Quellenlage einige Aussagen treffen. Neben dem Hinweis im Jahresbericht für das Schuljahr 1934/35, dass der Unterricht nach der Lehrordnung von 1934 erteilt worden sei206, wurden die Themen der mündlichen Abschlussprüfungen in den Berichten über diese genannt. Güntzel prüfte demnach über die Lehre des Apostel Paulus nach dem Römerbrief, über das Verhältnis dieser Lehre zur Predigt Jesu und in Kirchengeschichte über Inhalt und Bedeutung der drei Lutherschriften aus dem Jahre 1520 sowie über Wesen und Verlauf der Gegenreformation. Die Prüfung, der sich zwei Schüler unterzogen, dauerte zehn Minuten207. Weitere Aussagen lassen sich anhand der Quellen nicht treffen. Die Auswahl der Themen für die Abschlussprüfung legt allerdings nahe, dass in diesem Fall keine expliziten nationalsozialistischen Beeinflussungen anzunehmen sind, wenngleich diese auch nicht vollständig ausgeschlossen werden können, insbesondere wenn man Güntzels Rede zur Reichsgründungsfeier 1932 berücksichtigt. Aus Bayreuth sind ebenfalls die Prüfungsaufgaben der Abschlussprüfungen überliefert. In der ersten Frage sollte Luthers Bibelübersetzung als nationale und kirchengeschichtliche Tat unter Berücksichtigung ihrer Entstehung gewürdigt werden. Dabei sollten auch Luthers Grundsätze bei seiner Übersetzungsarbeit aufgezeigt werden. Die zweite Aufgabe verlangte eine biblische Beleuchtung des „Mensch[en] vor Gott“208. Das Verständnis Luthers, welches in demselben Jahresbericht auch in der Beschreibung seiner Gedenkfeier 205 Vgl. Notizen zum Alten Testament und dem evangelischen Religionsunterricht (LAELKB Nürnberg, 101 142-29), 2. 206 Vgl. Jahresbericht 1934/35 der Lehrerbildungsanstalt Coburg (BayHStA München, Mk 42248, Coburg). 207 Vgl. Lehrerbildungsanstalt Coburg. Schlußprüfung 1935. I. Abschnitt (BayHStA München, MK 42248, Coburg). 208 Jahresbericht der Lehrer-Bildungsanstalt Bayreuth 1934/35 (BayHStA München, MK 42214).
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deutlich wurde, lässt sich als Hintergrund für die erste der genannten Fragen annehmen. Der Blick auf die LBA Coburg und Bayreuth sowie Erlangen zeigt, dass besonders in Coburg und Bayreuth die Begeisterung für den Nationalsozialismus und seine Erziehungsanschauungen groß war. Vor allem an der Feiergestaltung und dem Leben im Schülerheim in Bayreuth wurde dabei auf völkisch-religiöse Art auch die religiöse Erziehung der Schüler beeinflusst, wie die Darstellung der Andachtsfeiern zeigt. Hier ist der Versuch unternommen worden, christliche Religion mit nationalsozialistisch verstandener, auf jeden Fall völkisch geprägter Religiosität zu verbinden. Unvereinbarkeiten, wie diese die BK gesehen hat, wurden dabei von den Akteuren augenscheinlich nicht wahrgenommen. Eine Ablehnung des Alten Testaments oder die Darstellung Jesu als heroische Gestalt sind Topoi, die dabei nicht auftauchten, viel mehr wurde auf religiöses Erleben abgezielt, welches durch die sprachliche Ausdrucksweise, die an vielen Stellen unspezifisch blieb, offen für persönliche Interpretation war. Weniger deutlich sind derartige Einflüsse in Coburg auszumachen, wenngleich auch hier der neue Zeitgeist in ganz betonter Weise Einzug gehalten hat. Auswirkungen auf den Religionsunterricht zeigen sich hier – vor allem wenn man sich die Forderungen des Lehrplans von 1934 für den Religionsunterricht an den LBA bewusst macht, der nur im Themenfeld Rasse eine nationalsozialistische Beeinflussung des Unterrichts aufweist – nicht und sind auch bei der Themenstellung der Abschlussfragen nicht zwangsläufig anzunehmen, wenngleich sie allerdings auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Diese Erkenntnisse zeigen, dass für Coburg anzunehmen ist, dass der Religionsunterricht im Großen und Ganzen nur in begrenztem Maße durch nationalsozialistische Ideologie beeinflusst worden ist und der Religionsunterricht selbst eher dem Spannungsbereich des Bekenntnisses zuzuordnen ist. Interessant ist dem gegenüber die LBA Erlangen, in welcher der Jahresbericht des Anstaltsleiters Blos weitaus weniger Pathos und Begeisterung für den „neuen Zeitgeist“ aufwies. Auch für den Religionsunterricht G. Schmidts ist, wenn nicht mindestens eine Resistenz gegen nationalsozialistische Ideologeme religiöser Art, so möglicherweise sogar eine gewisse Form der Ablehnung anzunehmen. G. Schmidt, der wie gezeigt bereits vor 1933 das Aufkommen des Antisemitismus kritisch beobachtet hat, äußerte sich ab 1934 nachweislich wiederholt und sehr vehement gegen den Ausschluss des Alten Testaments aus dem Religionsunterricht, wenngleich auch er sichtbar dem Rassedenken verhaftet war. Seine Position war sicher auch für die Gestaltung seines Unterrichts an der LBA in Erlangen prägend. So lässt sich für Bayern feststellen, dass an den einzelnen LBA – inwieweit dies auch an den übrigen Anstalten festzustellen ist muss weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben – ein sehr unterschiedlicher Grad an einerseits nationalsozialistischer Prägung und andererseits Betonung des christlichen Bekenntnisses vorhanden ist. Zurückzuführen sind diese Unterschiede in
Die religionswissenschaftlichen Vorlesungen am Pädagogischen Institut 163
hohem Maße auf die einzelnen Lehrerpersönlichkeiten, da die institutionellen Voraussetzungen an den Anstalten – insbesondere was den Lehrplan anbelangt – die gleichen waren.
4.7 Die religionswissenschaftlichen Vorlesungen am Pädagogischen Institut in Jena Die inhaltliche Ausrichtung der Ausbildung am PI Jena, sowie der Dozentenbestand, war 1933/34 von einigen Veränderungen geprägt. So wurde der Besuch von Vorlesungen in dem Wissensgebiet „Eugenik und Rassenkunde“ und die Prüfung desselben für die Studierenden des Lehramts verpflichtend209 und die Studiendauer in dem Zuge auf drei Jahre verlängert210. Dennoch konstatierte der bei der Besprechung anwesende Kirchenrat, dass sich an den Einrichtungen des PI in Jena bisher so gut wie gar nichts verändert habe211. Im Sommersemester 1933 wiesen die an der theologischen Fakultät angebotenen Vorlesungen nach wie vor eine hohe Kontinuität zu den vor 1933 angebotenen Vorlesungen auf. So wurden gleichermaßen Vorlesungen zur alttestamentlichen wie zur neutestamentlichen Theologie angeboten und auch die Vorlesungen in den übrigen theologischen Disziplinen wiesen dem Namen nach größtenteils keine spezifisch nationalsozialistisch geprägte Lesart auf. Staerk bot explizit für Philolog*innen und Pädagog*innen eine Vorlesung über das Alte Testament im Religionsunterricht an. Trotz fehlender weiterer Quellen zur inhaltlichen Ausrichtung dieser Vorlesung ist dies ein Hinweis auf seine möglicherweise ideologisch begründete Amtsenthebung212. Es wurde auch eine Vorlesung zur thüringischen Kirchengeschichte angeboten, aber angesichts der bereits länger bestehenden heimat- und volkskundlichen Strömungen auch innerhalb der Theologie ist auch diese Vorlesung wenig aussagekräftig was den Grad der ideologischen Beeinflussung anbelangt. Auch, dass im Bereich der Apologetik eine Vorlesung den geistigen Strömungen der Gegenwart gewidmet war, ist noch wenig gehaltvoll, wenn auch die Beschäftigung mit der – durch die nationalsozialistische Machtübernahme neu bewusst gewordenen – nationalsozialistischen Ideologie wahrscheinlich ist213. Eine ähnliche Beobachtung lässt sich bei der Betrachtung der angebo209 Vgl. Schreiben über die dreijährige Ausbildungszeit für das Lehramt an der Volksschule in Thüringen (LATh – HStA Weimar, 6–32–0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Jena). 210 Vgl. ebd., Bl. 123v. 211 Vgl. Bericht über eine Besprechung mit Oberregierungsrat Dr. Arnold (LKAE Eisenach, 21–003 A 832–1, Eisenach). 212 Zur Geschichte der Fakultät vgl. Heschel, Fakultät. 213 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1933, 24 f.
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Die Ausbildung von Religionslehrkräften im Zuge der Gleichschaltung
tenen Vorlesungen für das Sommersemester 1933 im Fach Erziehungswissenschaft machen214. Dasselbe gilt für das Wintersemester 1933/34 in der theologischen Fakultät215. An der erziehungswissenschaftlichen Fakultät dagegen traten nun Vorlesungen von Weiß über „Staatspolitische Erziehung“, die „Nationalpolitische Erziehung“ Kriecks, sowie Übungen zur Geschichte der wehrsportlichen Erziehung auf den Plan216. Die Prägung der Vorlesungen wird hier auch ohne weiter aussagekräftige Vorlesungstitel deutlich. Mit den Änderungen im Dozentenbestand ab dem Sommersemester 1934 – hier steht voraussichtlich das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom Oktober 1933 im Hintergrund, welches nun wirksam wurde – wurde die verstärkte nationalsozialistische Beeinflussung der Vorlesungen und damit auch der Lehrerbildung deutlich. So las Prof. Friedrich Weinrich im Bereich Religionsgeschichte – eine Lehrstuhlbezeichnung, die in dieser Form neu war – über „Glaube und Kultus der Germanen“, Meyer-Erlach am Lehrstuhl der Praktischen Theologie über „Die Kirche unter dem Bolschewismus, Kirche im Faschismus, Kirche im Dritten Reich, Nationalkirche“ und Glaue an demselben Lehrstuhl über „Religiöse Volkskunde“. Wenngleich weiterhin unter den gleichbleibenden Titeln Vorlesungen in Bibelkunde und Kirchengeschichte angeboten wurden, zeigt sich doch eine verstärkte Ausrichtung der theologischen Vorlesungen auf die nationalsozialistische Weltanschauung217. Im Bereich der Erziehungswissenschaft bleibt es bei den Feststellungen, die zum Vorsemester gemacht worden sind218. Im Wintersemester 1934/35 lässt sich eine derartige Prägung durch Elemente der nationalsozialistischen Ideologie an der theologischen Fakultät punktuell feststellen. So kam in einer Vorlesung zur Religionsgeschichte der „fernere Osten“ in den Blick, Weinrich widmete sich außerdem der Religionstypologie219. Währenddessen ist für den Bereich der Erziehungswissenschaft anhand der Vorlesungstitel weiterhin keine dezidiert nationalsozialistisch-weltanschauliche Prägung erkennbar220. Zuletzt ist auf die – im Vorlesungsverzeichnis des Sommersemesters 1934 für diese Phase einmalig abgedruckten – Fachschaftsveranstaltungen einzugehen. Hier wurde darauf hingewiesen, dass – geltend für die Erziehungs214 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1933, 38 f. 215 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1933/ 34, 24 f. 216 Vgl. ebd., 38 f. 217 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1934, 39 f. 218 Vgl. ebd., 55. 219 Vgl. Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Winterhalbjahr 1934/ 35, 39 f. 220 Vgl. ebd., 54 f.
Die religionswissenschaftlichen Vorlesungen am Pädagogischen Institut 165
wissenschaftliche Fachschaft – diese „in engster Zusammenarbeit mit dem NSLB. und der HJ. den zukünftigen Lehrer für seine ganz konkreten Aufgaben in der Schule und Jugendbund vorbereiten“ wolle221. Neben zwei bis drei Vorträgen, deren Besuch für die Fachschaftsmitglieder verpflichtend war, wurden Arbeitsgemeinschaften gebildet, die sich der Landschulpädagogik, Fragen zur Volkskunde, Problemen der deutschen Grenzlande, vererbungsund rassenkundlichen Fragen, Jugendarbeit und Jugendschrifttum, Vorgeschichte und Erziehungswissenschaftlichen Problematiken anhand von kulturpolitischen und pädagogischen Zeitschriften widmeten. Die Themenauswahl der Arbeitsgemeinschaften sowie die sich eigens gestellte Aufgabe zeigt die klar nationalsozialistisch-weltanschaulich ausgerichtete Tätigkeit der erziehungswissenschaftlichen Fachschaft. Religion als Unterrichtsfach oder als Teil des schulischen Lebens tauchte dabei nicht auf. Der Blick auf das PI in Jena zeigt, dass – sichtbar nicht nur an den institutionellen Rahmenbedingungen, sondern auch an dem Dozentenbestand sowie dem Vorlesungsangebot – sich mit der Machtübernahme 1933 erst allmählich ein neuer Zeitgeist in der Volksschullehrerbildung zeigte. So kam es nur schleichend zu zunächst geringfügigen Veränderungen. Die Kirche war zu diesem Zeitpunkt nicht an etwaigen Umstrukturierungen der Religionslehrerausbildung beteiligt, war dabei jedoch anders als in Bayern zu jeder Zeit über dieselbe im Bilde. Das wesentlichste Element, eine Regelung in der sich am deutlichsten die Einflussnahme des Nationalsozialismus auf die Volksschullehrerbildung zeigte, war – neben der Einführung von verpflichtenden Vorlesungen in Rassenkunde – die Regelung des Landschulpraktikums. Hier war die christlich-kirchliche Prägung der Volksschule sichtbar, wie sie in Bayern noch vorhanden war. Religion war hier – implementiert als Kirchgang und durch die Beteiligung der Dorfpfarrer am Praktikum der Studierenden – noch wesentlicher Teil des Schullebens, blieb aber ausschließlich darauf beschränkt, anders als dies insbesondere in Bayern der Fall war. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass in Thüringen, anders als in Bayern, die Gemeinschaftsschule die Regel war und Religion auf diese Weise als Element der Volksschullehrerbildung bereits erheblich an Bedeutung und Einfluss verloren hatte und das lange vor der nationalsozialistischen Machtübernahme. Auffällig ist zuletzt die Aneignung von Elementen der nationalsozialistischen Weltanschauung durch die Themen der Arbeitsgemeinschaften, welche die Erziehungswissenschaftliche Fachschaft der Universität für alle Studierenden der Fachschaft verpflichtend anboten.
221 Thüringische Landesuniversität Jena, Vorlesungsverzeichnis Sommerhalbjahr 1934, 69.
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Die Ausbildung von Religionslehrkräften im Zuge der Gleichschaltung
4.8 Die Religionsvorlesungen an der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund Wie bereits dargelegt war die PA in Dortmund die einzige, welche als HfL an ihrem Standort verblieb. Da die größte Umstellung in Dortmund, betreffend das Fach Evangelische Religionslehre, die Neubesetzung dieses Lehrstuhls mit Werdermann war, scheint es lohnend diesen, sowie einige seiner in Dortmund nachgewiesenen Vorlesungen zu betrachten, um die inhaltliche Ausrichtung der HfL Dortmund nachvollziehbar zu machen. Werdermann erhielt den Lehrauftrag an der Dortmunder HfL bereits 1933 und löste damit die bisher dort tätigen Professor*innen Peters und Schafft für den Religionsunterricht ab. Die ordentliche Professur für diese Stelle erhielt er im Herbst 1934222. Werdermann galt als Dogmatiker, gleichzeitig war er Mitglied bei den Deutschen Christen und bejahte den nationalsozialistischen Staat, eine Tatsache, die sich auch in seiner Mitgliedschaft im Eisenacher „Entjudungsinstitut“ spiegelte223. Aus seinen Veröffentlichungen, die er während des Nationalsozialismus tätigte, werden seine Positionen zu Hitler, Luther und gegenüber christlichem Bekenntnis und nationalsozialistischer Einstellung auch im Rahmen der Religionspädagogik besonders deutlich. So veröffentlichte Werdermann 1933 eine Schrift unter dem Titel Luther als Erzieher und die Religionspädagogik der Gegenwart, in welcher er auf Grundlage einiger Vorträge aus den Jahren 1931 und 1932 seine Vorstellung von Luther als Religionspädagoge darlegte. Laut eigener Aussage schöpfte er dabei auch aus seiner praktischen Erfahrung, die er in Berlin an der Universität und an der Pädagogischen Akademie gemacht hatte224. Werdermann nahm in diesem Text einerseits Luther als Erzieher, auf Grundlage seiner eigenen Aussagen, in den Blick und stellte andererseits die Religionspädagogik der Gegenwart dar. Luther galt ihm dabei in erster Linie als Pädagoge225. In diesen Kontext stellte er neben Luthers Bibelübersetzung, welche er als seine auch aus religionspädagogischer Sicht bedeutsamste Tat wertete226, dessen Katechismen227 sowie die Kirchenlieder228. Daneben hob Werdermann hervor, dass und auf welche Weise Luther dem heutigen Erzieher als Maßstab zu gelten habe. So betonte Werdermann Luthers Rolle als Religionspädagoge229 und forderte, – in Abgrenzung von den religionspädagogischen Entwürfen Bohnes 222 223 224 225 226 227 228 229
Vgl. Buddrus / Fritzlar, Professoren, 437. Vgl. ebd. Vgl. Werdermann, Luther. Vgl. ebd., 9. Vgl. ebd., 16. Vgl. ebd., 18. Vgl. ebd., 20. Vgl. ebd., Vorwort.
Die Religionsvorlesungen an der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund 167
– dass Luther wieder stärker als Grundlage der Religionspädagogik herangezogen werden solle.230 Als ein Argument zog Werdermann dabei die „männlichen“ Erziehungsgrundsätze Luthers heran, sowie dessen „männliche“ Frömmigkeit, wobei Werdermann sich hier wiederum betont von den als „weiblich“ verstandenen Entwürfen Pestalozzis und Franckes abgrenzte.231 Auch Luthers pädagogisch bedeutsamste Tat, die deutsche Bibelübersetzung, unterstellte Werdermann dem Zweck der religiösen Erziehung.232 Im zweiten Teil seiner Darstellung positionierte Werdermann sich zunächst zu aktuellen religionspädagogischen Strömungen, wobei er mit der Skizzierung der Arbeitsschulbewegung und deren Fruchtbarmachung für den Religionsunterricht durch Eberhard endete233. Werdermann schien diesen religionspädagogischen Ansatz zu priorisieren und setzte ihn in seiner Schilderung immer wieder in Bezug zu Luther. Er stellte ausführlich seine Gedanken dazu dar, mit dem Ziel die religiöse Erziehung durch das Arbeitsschulprinzip zu „befruchten234. Als Zentrum der religiösen Erziehung, auch ausgehend von der Arbeitsschulbewegung, hob Werdermann Gott, der sich in Christus offenbart habe, als Gegenstand des Religionsunterrichts hervor235. Den Abschluss seiner Betrachtung bildete die Thematisierung der Frage von Deutschtum und Christentum, wobei er in deren Beziehung zueinander einen Mittelweg zwischen einerseits der Anschauung, dass das Christentum als ein „Glück“ den Germanen die wahre Religion gebracht hätte und der Ansicht, dass das Christentum bei den Germanen etwas Wesensfremdes gewesen sei, favorisierte236. Werdermann akzentuierte dabei die Vorstellung, dass auch das Christentum durch verschiedene Linien beeinflusst worden sei, und dass über all diesen unterschiedlichen Einflüssen mit dem Neuen Testament die eine Linie laufe: Gott wolle, dass allen Menschen geholfen werde237. Werdermanns Schrift zeigt, im Gegensatz zu seiner späteren Beteiligung beim „Eisenacher Entjudungsinstitut“, zu diesem Zeitpunkt zwar eine deutliche Beeinflussung durch zeitgenössische Ideen (genannt sei an dieser Stelle die Höherstellung des Gemeinschaftsgedankens gegenüber dem Individuum, den er jedoch durch das Christentum begründet sieht238) zugleich lehnte Werdermann allerdings explizit Vorstellungen des Tannenbergbundes, Dinters oder Ludendorffs ab, wenn es ihm darum ging die besondere deutsche Linie in der Kirchengeschichte hervorzuheben und zu diesem Zweck dem
230 231 232 233 234 235 236 237 238
Vgl. Werdermann, Luther, 2. Vgl. ebd., 10. Vgl. ebd., 15 f. Vgl. ebd., 66. Vgl. ebd., 67. Vgl. ebd., 49. Vgl. ebd., 97 f. Vgl. ebd., 101. Vgl. ebd., 81 f.
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deutschen Volk alles Gute zuschreibt, während „alle anderen Völker und Rassen mit dem Minderwertigen und Schlechten“ beladen würden239. Mit seiner Veröffentlichung zeigte Werdermann sich somit vielschichtig. Er betonte die Bibel und die darin enthaltene göttliche Offenbarung als wesentliches Element des Religionsunterrichts und stellte die Anforderung an Religionslehrkräfte sich in ihrem Unterricht an dem Pädagogen Luther zu orientieren. Zugleich zeigte er, insbesondere im abschließend abgedruckten Vortrag über Die deutsche Linie in der Kirchengeschichte, den er bereits 1932 gehalten hatte, auch eine intensive Beschäftigung mit völkischen und deutschchristlichen Ideen. Eine gewisse Anschlussfähigkeit zu den DC ist bei ihm anzunehmen. Aus den Vorlesungen, die Werdermann an der HFL in Dortmund an seinem Lehrstuhl anbot, lassen sich keine deutlichen Stellungnahmen zu diesen Themen entnehmen. So bot Werdermann neben einer zweistündigen Vorlesung über „Didaktik und Methodik des Religionsunterrichts (Mit Unterrichtsversuchen)“, welche in den Rahmen des Landschulpraktikums einzuordnen ist, an welchem der Lehrkörper der Anstalt beteiligt war240, ein religionspädagogisches Seminar für Mittelschullehrkräfte, welche auch an den HfL ausgebildet wurden, und eine Vorlesung zu den „Hauptfragen deutschevangelischer Erziehung im evangelischen Religionsunterricht“241 an. Verbunden mit seiner Veröffentlichung vom Herbst 1933 lässt sich hier annehmen, dass Werdermann noch nicht explizit deutsch-christlich geprägt war, auch wenn die Bezeichnung „deutsch-evangelische Erziehung“ derartige Schlussfolgerungen nahelegen könnte. So ist vielmehr anzunehmen, dass Werdermann mit dieser Vorlesung Anschluss gesucht hat an seine Veröffentlichung über Luther als Erzieher.
4.9 Die Religionslehrerausbildung zwischen ideologischer Beeinflussung und Tradition Die Phase 1933/34 stand wie gezeigt vor allem unter dem Zeichen der „Gleichschaltung“, die jedoch auch innerhalb der Lehrerbildung – wie die reichseinheitlichen Prüfungsordnungen zeigen werden – erst ab 1935 allmählich vollendet wurde. Die nationalsozialistische Erziehungsvorstellung zeigte sich dabei insbesondere in einem gewissen Antiindividualismus, der sich unter anderem im Bereich des schulischen Lebens niederschlug, sowie in einem gewissen Antiintellektualismus, der sich in der Vorstellung der Men239 Werdermann, Luther, 102. 240 Vgl. Arbeitsplan der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund für das Winterhalbjahr 1934/35 (LAV NRW W Münster, Provinzialschulkollegium Münster, Nr. 6425, Dortmund). 241 Ebd., 4.
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schenformung niederschlug. Außerdem lagen die Rassenideologie sowie die sozialdarwinistischen Vorstellungen eines Lebenskampfes zugrunde, oft verbunden mit stark militaristischen Prägungen, die sich auch an den bayerischen LBA widerspiegelten. Laut Stark setzte nationalsozialistische Erziehung die Erziehung deutscher Kinder „auf der Grundlage christlicher Religion“ voraus, religiöse Erziehung wurde jedoch in der Praxis der körperlichen, geistigen und sittlichen Erziehung gleichgeordnet. So wurde von ihm auch die PA zugunsten eigener pädagogischer Fakultäten abgelehnt. Krieck lehnte die PA ebenso ab, forderte allerdings eine Bildnerhochschule, welche eine ganzheitliche, national-völkisch ausgerichtete Bildung vermitteln sollte. Erreicht wurde dieses Ideal in der neu eingerichteten HfL. Am 1. Mai 1933 verfügte Rust die Umbenennung der PA in HfL, in Kontinuität zur PA waren an dieser heimatliche und volkskundliche Elemente Schwerpunkte der Ausbildung. Gleichzeitig war in Übereinstimmung mit Hitlers Mein Kampf der Militarismus wesentliches Element der Ausbildung, wie diverse Eröffnungsreden zeigen. Auch die PA in Dortmund wurde im Zuge der Umstellung von der PA auf die HfL umbenannt. Anders als die meisten übrigen PA wurde die Dortmunder Akademie jedoch nicht verlegt, was auf die dort bereits vorhandene Fokussierung auf die Industriepädagogik als lokale Herausforderung zurückzuführen ist. Die Praktika, die sich an den anderen HfL der Landschulpädagogik widmeten, fanden hier ihr Äquivalent. Die größten Veränderungen in Dortmund lassen sich am Dozentenbestand feststellen, für Religion wurde Werdermann an der HfL der Lehrauftrag erteilt. Als Professor für Religionsunterricht, Didaktik und Methodik des Religionsunterrichts hielt unter seinem Einfluss die „deutsche-evangelische Erziehung“ Einzug an der Dortmunder Hochschule. Deutsch-christliche Einflüsse lassen sich dagegen für diese Phase in seinen Vorlesungen, basierend auf seiner Veröffentlichung zu Luther als Erzieher, noch nicht explizit feststellen. Institutionell herrschte sowohl in Bayern als auch in Thüringen in dieser Phase noch eine große Kontinuität. Die HfL wurden in Bayern erst 1935 eingerichtet, wenngleich sich bereits Vorarbeiten für deren Einrichtung ausmachen lassen. In Thüringen blieb das PI bestehen, allein die Studiendauer wurde – gegenläufig zum NS-Trend an den HfL, an denen das Studium zwei Semester dauerte – auf drei Jahre angehoben. Inhaltlich muss das Urteil sowohl im Hinblick auf Bayern als auch auf Thüringen differenziert ausfallen. Im Jahr 1934 wurde in Bayern ein Lehrplan für den Unterricht an den LBA erstellt und verpflichtend gemacht, welcher einerseits einen hohen Grad an nationalsozialistischer Beeinflussung aufwies, im Bereich Religion den Umfang des Unterrichts auch um zwei Wochenstunden pro Schuljahr reduzierte und sich im inhaltlichen Bereich durch den Einschluss des Themenfeldes „Rasse“ niederschlug. In Thüringen wurde diesem Thema auf andere Weise ein neues Gewicht gegeben, indem für alle Volksschullehrerstudierenden
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Vorlesungen in Rassenkunde verpflichtend gemacht wurden. Bisher verbindliche Arbeitsgemeinschaften, u. a. in Religion, wurden zugunsten der Arbeitsgemeinschaften in Biologie, Erdkunde, Geschichte und Physik reduziert, eine Maßnahme, die auch mit der generell verminderten Wertschätzung der Geisteswissenschaften in Verbindung zu sehen ist. In der inhaltlichen Ausgestaltung lassen sich folgende Aussagen treffen: In Jena ist inhaltlich bei den Vorlesungsthemen generell eine hohe Kontinuität festzustellen, so wurden weiterhin Vorlesungen zu alttestamentlichen Themen angeboten, ohne dass bei der Themensetzung ein nationalsozialistisch oder spezifisch deutsch-christlicher Einschlag der Vorlesungen sichtbar ist. Eine nationalsozialistisch geprägte Lesart ist aus den wenigsten Vorlesungstiteln zu entnehmen. Wie bereits vor 1933 ist ein starker Heimatbezug vor allem in den kirchengeschichtlichen Vorlesungen erkennbar. Im Bereich der Apologetik war zwar eine Vorlesung den geistigen Strömungen der Gegenwart gewidmet, was jedoch noch wenig aussagekräftig ist. Dennoch ist die Beschäftigung mit der durch die nationalsozialistische Machtübernahme neu bewusst gewordenen nationalsozialistischen Ideologie wahrscheinlich. Im Wintersemester 1933/34 fallen nun allerdings im Rahmen der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät Vorlesungen über „Staatspolitische Erziehung“ und „Nationalpolitische Erziehung“ (Krieck) auf. Die Beeinflussung durch nationalsozialistische Ideologie wurde somit deutlicher. So las auch Weinrich am neuen Lehrstuhl Religionsgeschichte über „Glaube und Kultus der Germanen“, Meyer-Erlach am Lehrstuhl der Praktischen Theologie über „Die Kirche unter dem Bolschewismus, Kirche im Faschismus, Kirche im Dritten Reich, Nationalkirche“ und Glaue über „Religiöse Volkskunde“. Die Themen Landschulpädagogik, Volkskunde und Vererbungslehre traten im Bereich der besonderen Bildungsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät mit dem NSLB und der HJ in den Vordergrund. Die (Religions)Lehrerausbildung war hier fest in der Hand nationalsozialistischer Ideologie, die Prägungen durch deutsch-christliche Vorstellungen begannen sich auszuwirken. Für Bayern ist dieses Bild weiter zu differenzieren. Während in Erlangen das Schuljahr zwar mit einem Gottesdienst und der Flaggenhissung begann, zeigte sich eine innere Distanz des Schulleiters gegenüber der sonst so allgegenwärtigen Euphorie im Blick auf den Nationalsozialismus. Der neue, nationalsozialistische Zeitgeist – der unzweifelhaft auch in Erlangen Eingang in die LBA gefunden hat – stand unkommentiert neben den weiterhin bestehenden christlichen Einflüssen durch den Gottesdienst. Bei G. Schmidt, dem Religionslehrer der Anstalt, lässt sein hoher Grad an Engagement für das Alte Testament im Religionsunterricht annehmen, dass er diese Einstellung auch in seinen Religionsunterricht getragen hat. In diesem gehe es nicht um Religion, sondern um das Evangelium, die Rassereligion sei auch vor dem Hintergrund des Alten Testaments abzulehnen. G. Schmidt lehnte auch Ludendorffs Vorstellungen explizit ab. Eine Opposition zu deutsch-christlichen Vorstellungen
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ist bei G. Schmidt offensichtlich, auch seine Ablehnung des Antisemitismus ist auffällig und lässt trotz des bei ihm vorhandenen Antijudaismus eine ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus annehmen. In krassem Gegensatz dazu stand das schulische Leben der Coburger und Bayreuther Anstalten. Hier waren nationalsozialistisch geprägte Schulfeiern wesentlicher Bestandteil des Schullebens, sportliche Aspekte des Schullebens wurden hervorgehoben, eingeschlossen wehrsportlicher Übungen. Die Erinnerung an Luther, die an beiden Anstalten nachweisbar ist, stand ebenfalls unter nationalsozialistischem Vorzeichen indem nicht der Reformation, sondern seines Beitrags zur deutschen Sprache gedacht wurde. In Bayreuth zeugten die Jahresberichte Kolbs vom nationalsozialistischen Geist, der im Sinne politischer Religion zu deuten ist. Religiöses Leben fand hier nahezu ausschließlich in nationalsozialistischer Prägung statt, wenngleich einige christliche Traditionen – wie das Lesen von Psalmen – unreflektiert danebenstanden und scheinbar kein Widerspruch darin gesehen worden war. Auf inhaltlicher Ebene dagegen war auch hier der Lehrplan des Ministeriums von 1934 maßgebend, der keine wesentlichen Beeinflussungen des Religionsunterrichts durch den Nationalsozialismus aufwies. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Nationalsozialismus und auch die Ideologie der DC deutlichen Einfluss auf die Lehrerbildung genommen haben. Gleichzeitig ist insbesondere in Erlangen, ansatzweise aber auch in Jena ein gewisses Desinteresse in einzelnen Veranstaltungen einerseits und in der grundsätzlichen Haltung der Akteure andererseits festzustellen. Kirchliche Interventionen gegen diesen Einfluss schienen noch nicht notwendig, sie lassen sich jedenfalls weder in Westfalen noch in Bayern für diesen Zeitraum feststellen. In Thüringen ist dagegen eine kirchliche Beteiligung an der inhaltlichen Ausgestaltung von Religion in der Schule feststellbar. Das christliche Bekenntnis spielte dementsprechend allein für G. Schmidt, hier allerdings in besonders hohem Maße, eine Rolle, wenn er die Bedeutung des Evangeliums und des Verkündigungsauftrags der gesamten Heiligen Schrift – unter explizitem Einschluss des Alten Testaments – betonte. Auf der anderen Seite verloren Kirche und Religionsunterricht, ganz entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie, ihren vormaligen Einfluss auf die Ausbildung von Religionslehrkräften.
5. Die reichsweite Ausbildung von Religionslehrkräften an den Hochschulen für Lehrerbildung (1935–1940) 5.1 Der kirchenpolitische Kurswechsel der NSDAP Nachdem die ersten beiden Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft von einem weitgehend „neutralen“ Verhältnis der NSDAP zu den Kirchen geprägt waren, setzte ab 1935 das so bezeichnete und in der Forschung vielzitierte Ziel der „völligen Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens“ ein. Intendiert war mit der „Entkonfessionalisierung“ die Durchsetzung des nationalsozialistischen weltanschaulichen Totalitätsanspruches gegenüber den Kirchen. Der schulische konfessionelle Religionsunterricht war von dieser Intention unmittelbar berührt, wie seine schrittweise Verdrängung aus der Schule und seine endgültige Liquidierung deutlich machen.1 Mit Blick auf die Schulen waren sowohl die Lehrerverbände – zuletzt wurden 1937 mit dem Gesetz über die Auflösung der Beamtenvereinigung der Deutsche Philologenverband sowie der Verein katholischer Lehrerinnen aufgelöst2 – als auch die Eltern als Akteure neutralisiert3. Der Einfluss der Kirche war zwar bereits weitgehend unterbunden, sie besaß jedoch durch ihre Stellung im schulischen Religionsunterricht sowie vor allem in Bayern in Gestalt der Konfessionsschule noch eine Konkurrenzstellung zur totalitären nationalsozialistischen Weltanschauung. Die ab 1935 im ganzen Reich eingeführten HfL waren bereits – anders als die noch bis zum Schuljahr 1934/35 in Bayern bestehenden LBA – nicht mehr konfessionell getrennt und wurden mit einem Erlass von Rust Anfang Juni 1935 auch hinsichtlich der Verwaltung vereinheitlicht4. Zur gleichen Zeit begann ein politischer Prozess, in dem die Konfessionsschule zugunsten der Gemeinschaftsschule auch in Bayern beseitigt wurde. In Thüringen war die Gemeinschaftsschule bereits vor 1933 verbreitet. Die „Kampagne gegen die Konfessionsschule wurde in München eröffnet“5. Die zuvor in den Behörden vorherrschende Unsicherheit bezüglich der religiösen Erziehungsanteile in der Schule wurde nun zugunsten einer intensiven ProVgl. Rickers, Ära, 236. Vgl. Müller-Rolli, Lehrer, 254. Vgl. Buddrus, Erziehung, 852. Vgl. Anlage zu den Richtlinien zur Vereinheitlichung der Verwaltung der Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Berlin). 5 Rickers, Ära, 240; vgl. hierzu auch Schäffer, Volk, 141.
1 2 3 4
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pagandakampagne für die Gemeinschaftsschule aufgegeben. Damit eingeleitete antikirchlichen Maßnahmen wirkten sich hinsichtlich des Schulwesens in der Folgezeit ab 1936 auf mehreren Ebenen massiv aus, wie auch das nachfolgende Kapitel zeigen wird. Neben dem Kampf gegen die Bekenntnisschule, der vor allem in Bayern massiv und mit allen Mitteln der Propaganda und des nationalsozialistischen Machtapparates geführt wurde, nahmen in den Ländern die Reichsstatthalter durch Richtlinienerlasse für den Religionsunterricht, die ohne Rücksprache mit den Landeskirchen ergingen, Einfluss. Fritz Wächtler, der inzwischen Sachverständiger für alle Schulfragen war, nahm über die Gliederungen des NSLB Einfluss auf die weltanschauliche Ausrichtung der Lehrkräfte6. In Reaktion auf die massiven Maßnahmen der NSDAP übernahm 1936 die Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) die Initiative in der Richtlinienarbeit, unter Federführung von Theodor Ellwein, Professor für Religionspädagogik an der HfL in Weilburg7.
5.2 Die kirchlichen Stellungnahmen zum evangelischen Religionsunterricht Anlässlich der 1935 beginnenden, staatlichen politischen Maßnahmen gegen den Religionsunterricht, war mit unterschiedlichsten Stellungnahmen und Positionierungen von kirchlicher Seite aus zu rechnen. Im sogenannten Münchner Schulkampf erfolgte eine direkte, kirchenbehördliche Stellungnahme jedoch erst spät. Aussagekräftig im Hinblick auf die Ausbildung von Religionslehrkräften sind vor allem die Denkschriften der VKL, die bereits Mitte August 1935 veröffentlicht worden sind, sowie die Gründung der Schulkammer bzw. Kammer für Kirchliche Unterweisung und Erziehung im November 1935. Auch ein Lehrplan für den Religionsunterricht an den Volksschulen in Thüringen aus dem März 1936 ist maßgebend. Die staatlichen Maßnahmen gegen den konfessionellen schulischen Religionsunterricht ab 1935 standen in Zusammenhang mit dem Ziel der „Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens“8. Die von kirchlicher Seite getroffenen Maßnahmen und Stellungnahmen gegen die staatlichen Vorgänge zeugten von der engen Beziehung zwischen Kirche und Schule und kulminierten im Kampf um die Bekenntnisschule, der seinen Ausgangspunkt in Bayern nahm. Auseinandersetzungen um die Bekenntnisschule hatte es bereits vor dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft gegeben. So forderte bei6 Vgl. Kraft, Religionsdidaktik, 12. 7 Vgl. ebd., 77. 8 Rickers, Ära, 236.
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Die reichsweite Ausbildung von Religionslehrkräften
spielsweise der preußische Evangelische Oberkirchenrat im März 1919 die Beibehaltung der „ihrer ,geschichtlichen Grundlage nach christlichen Schule‘“9. Auch im katholisch geprägten Bayern kam es in der Revolutionszeit 1918/ 19 zu Umwälzungen auf schulpolitischem Gebiet10. Die Bekenntnisschule wurde dadurch jedoch noch nicht in Frage gestellt. Als die Nationalsozialisten 1935 ihre Kampagne gegen die Konfessionsschulen begannen, propagierten sie die Gemeinschaftsschule nicht nur als moderne Schulform, sondern auch als Weg zum nationalen Heil11. Ziel der Auseinandersetzung um die Bekenntnisschule war es, den kirchlichen Einfluss aus dem Bildungswesen herauszulösen. Neben den staatlichen konfessionell getrennten Schulen wurden daher vor allem die kirchlichen Schulen – trotz des mit der katholischen Kirche abgeschlossenen Konkordats – bekämpft und 1939 durch die Einführung der deutschen Einheitsschule abgeschafft12. Kirchlicherseits kam es nun – außer im von den Deutschen Christen dominierten Thüringen, wo die Gemeinschaftsschule bereits vor 1933 Bestand hatte – zu zum Teil heftigen Protesten gegen diese Entwicklung13. Der Beginn dieses Schulkampfes fand bereits im Herbst 1934 in Nürnberg statt. Die Nationalsozialisten versuchten hier durch massiven Druck auf die Eltern die Umwandlung der Konfessionsschulen in Gemeinschaftsschulen zu erreichen14. Neben Nürnberg war München Hauptaustragungsort des Schulkampfes. Die Ursache hierfür lag in der noch gültigen „Hoffmannschen Simultanschulverordnung“. Schon in der Weimarer Republik wurde hier der bayerische Schulkampf um die Bekenntnisschule geführt15. Der Verlauf dieses Kampfes war in allen deutschen Ländern unterschiedlich, auch weil die Voraussetzungen gänzlich andere waren. Im Ergebnis wurden bis 1940 zusätzlich alle konfessionellen Privatschulen geschlossen. Allein – soweit bisher bekannt – die Friedrich-von-Bodelschwingh-Schule in Bethel sowie die katholische Internatsschule in Sasbach überlebten diese Direktive Hitlers16. Von der Öffentlichkeit wurde der Auftakt des Münchner Schulkampfes intensiv verfolgt, wie Schäffer herausarbeitet. Besonderes Interesse erregte dabei die öffentlich geführte Debatte zwischen dem katholischen Kardinal Michael von Faulhaber und NSDAP-Ortsgruppenleiter Josef Bauer17. Eine derartige öffentliche Auseinandersetzung von protestantischer Seite ist nicht 9 10 11 12 13 14
Besier, Kirche, 3 f. Vgl. Sonnenberger, Schulkampf, 253. Vgl. ebd., 326. Vgl. Schreiner, Bekenntnisschule, Sp. 144. Vgl. Rickers, Ära, 241. Vgl. Müller-Rolli, Schulpolitik, 110; anders bei Rickers, Ära, 240. Hier wird München als Ausgangsort des nationalsozialistischen Schulkampfes bezeichnet. 15 Vgl. Schäffer, Volk, 139. 16 Vgl. Rickers, Ära, 242. 17 Vgl. Schäffer, Volk, 150.
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bekannt. Die Ursache mag hier auch darin begründet liegen, dass in Bayern überwiegend katholische Konfessionsschulen existierten. Bis 1936 lässt sich laut Schäffer keine evangelische Aktivität in diesem Münchner Schulkampf feststellen18. „Für 1937 ist dagegen erstmals nennenswerter Widerstand der evangelischen Kirche in München gegen die Gemeinschaftsschule zu verzeichnen. Neben der Verlesung einer Schrift von Landesbischof Meiser, in der für die Bekenntnisschule geworben wurde, predigten die Pfarrer in der Matthäuskirche und der Markuskirche, der Entkonfessionalisierung der Schulen werde ihre Entchristlichung folgen.“19
Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung sind die folgenden Quellenuntersuchungen zu sehen. 5.2.1 Der Lehrplan für den Religionsunterricht in den Volksschulen in Thüringen In einem anderen Kontext, aber dennoch von Relevanz für diese Arbeit, steht der Lehrplan für den Religionsunterricht an den Volksschulen in Thüringen. Gemäß Rickers gab es keine vom Reichserziehungsministerium herausgegebenen, reichsweit verbindlichen Richtlinien für den Religionsunterricht. Stattdessen lagen verschiedene Entwürfe vor, in denen das Alte Testament immer weniger Gewicht einnahm. Während die – in der Regel von kirchlichen Stellen erarbeiteten und dann als Eingabe an staatliche Stellen gesendeten – Richtlinienentwürfe gewöhnlich nicht realisiert und in der Praxis die Lehrpläne und Schulbücher der Weimarer Republik weiterhin verwendet wurden20, gründete sich in Thüringen ein Schulausschuss, dem sowohl Vertreter der Kirche als auch des Staates angehörten, und der mit der Aufgabe betraut wurde, die Schul- und Erziehungsfragen durchzuarbeiten21. Mitglieder dieses Schulausschusses waren, neben einigen Pfarrern unter anderem ein Schulrat aus Jena und ein Studienrat aus Altenburg. Bei einer Oberpfarrkonferenz in Eisenach am 21./22. April 1936 berichtete der Landesbischof Martin Sasse von einer Kommission, welche aktuell an einem neuen Religionsunterrichtsplan für die Volksschule arbeite. Mitglied dieser Kommission war unter anderem R. Barth vom PI in Jena22. Bereits im März 1936 lag ein Entwurf dieses Lehrplans vor. In den Vorbemerkungen wurden sechs Punkte aufgeführt, die als Grundlage für die deVgl. Schäffer, Volk, 155. Ebd., 159. Vgl. Rickers, Ära, 248. Vgl. Maschinenschriftlicher Bericht des Schulausschusses über dessen Beratungen am 31. 3. (LKAE Eisenach, 23-003 226, Elgersburg). 22 Vgl. Protokoll über die Oberpfarrkonferenz (LKAE Eisenach, KSE 459, Eisenach).
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taillierteren Stoffpläne der einzelnen Schuljahre zu verstehen sein sollten. So wurde hervorgehoben, dass der Religionsunterricht in jedem Schuljahr einem gewissen Leitgedanken unterstellt sein solle. So legten die Vorbemerkungen fest, dass die „religiöse Wahrheit […] weder begrifflich zerdacht und zerklärt werden, noch […] die Religionsstunde in der Herausstellung einer dürren Moral gipfeln“ sollten. Es ginge darum, dass der religiöse Sinn unmittelbar erkennbar werde. Außerdem sollte der Religionsunterricht der Schule mit einem Lied und Gebet beginnen, dabei sollten Gebete zu verschiedenen Tageszeiten erlernt werden. Auch im Elternhaus sollten religiöse Sitten wiederbelebt werden. Außerdem sei in der Verteilung der Unterrichtsstoffe dem Kirchenjahr Rechnung zu tragen, „[d]ie angegebenen Lieder und Sprüche sind zu lernen, die Lieder singend einzuprägen“23. Zuletzt gehörten auch Schulandachten selbstverständlich zur religiösen Erziehung: „Ausserdem ist die Schulgemeinde jährlich zu religiösen Feierstunden zum Gedächtnis der Toten des Weltkrieges und der nationalsozialistischen Bewegung zu versammeln.“24 Im Einzelnen wurde in den Stoffplänen für die Schuljahre selten konkreter Inhalt aufgeführt. Stattdessen waren beispielsweise für das erste und zweite Schuljahr, welche in diesem Lehrplan zusammengefasst wurden, die Themenkreise Familie, Glockengeläut, Jahreszeiten und Advent genannt, es sollte darum gehen, dass das „Kind die Spuren Gottes […] in seiner Welt und Umwelt [entdeckt]“ und es „zur Ehrfurcht vor den Wundern der Schöpfung“ geführt werde25. Im dritten Schuljahr wurden die „Feste und Feiern im Jahreslauf“ dargestellt: „Es soll gezeigt werden, wie sie herausgewachsen sind aus der Begegnung des Volkes mit dem Heiland und mit Gott in der Natur und Geschichte, wie sie die Schicksale der Menschen begleiten von der Geburt bis zum Tode, zusammenhängend mit dem Leben und Sterben der Natur und sollen das Kind erziehen zu lebendigen Gliedern der feiernden Gemeinde.“26
Neu hinzu kam die Behandlung Luthers. Für das vierte Schuljahr war der Mensch in seiner Arbeitswelt als Thema vorgegeben. Hier sollten Bibelstellen und vor allem Dichtungen zum Thema Arbeit gebracht werden, dann Wunder aus dem Neuen Testament. Jesus sollte „als Heiland und Helfer in Krankheit und Not“ vermittelt werden. „Die Wunder müssen den Kindern nahe gebracht werden als Ausfluss einer göttlichen Kraft, die nur dort wirken kann, wo Glauben und Vertrauen wohnt und
23 Abschrift des Lehrplans für den Religionsunterricht in den Volksschulen (Thüringen) (LKAE Eisenach, 23-003 217, Jena). 24 Ebd. 25 Ebd., 1–3. 26 Ebd., 3 f.
Die kirchlichen Stellungnahmen zum evangelischen Religionsunterricht 177 die deshalb zur gläubigen Nachfolge zwingt. Die Ehrfurcht vor den Wundern darf nicht durch verstandesmässige Erklärungen zerredet werden.“27
Die Themen der vierten Klasse sollten im fünften Schuljahr vertieft werden, eingebunden in die Themenkreise Liebe sowie Vergebung der Schuld28. Erst im sechsten Schuljahr sollte ein geschlossenes Bild des Lebens Jesu gegeben werden29. Im siebten Schuljahr ging es um Gottes Offenbarung in der Welt. Die Behandlung dieser Thematik war dabei zweigeteilt. Zum Einen in die Aspekte des Themas „Gottesoffenbarung im AT“, zum Anderen in die „Gottesoffenbarung bei unseren Vorfahren“. Zu betonen ist hier die ausdrückliche und ausführliche Behandlung alttestamentlicher Geschichten. So wurden neben Mose, Amos und Jeremia auch Jesaja und die Psalmen behandelt. Doch: „Diese prophetische Religion kam in Kampf mit einer kultischen und gesetzlich gebundenen Richtung, die in Opferdienst und Gesetz aufging, zu völkischem Hochmut führte und in reiner Diesseitsanbetung endete.“30 Die Argumentation war hier klar antijudaistisch, nicht aber antisemitisch und auch in keinster Weise gegen das Alte Testament als Ganzes gerichtet. Den Abschluss in der achten Klasse machten dann noch einmal die Themen: „Jesus, der Christus, verkündet von Petrus und Paulus als der Herr der gläubigen Gemeinde. Luther der deutsche Erneuerer dieses Glaubens, und die Geschichte der Reformation bis auf unsere Tage“. Auch die „Rettung des Christentums durch Adolf Hitler“31 sowie die Glaubensbewegung der Deutschen Christen waren in diesem Schuljahr zu behandeln. Dieser Lehrplan ist daher in verschiedener Hinsicht aufschlussreich. Während einerseits Germanentum, die Deutschen Christen und die „Rettung des Christentums durch Adolf Hitler“ eine deutliche Affinität des nationalsozialistisch-völkischen Spektrums zeigen, wurde das Alte Testament als Themenschwerpunkt eines ganzen Schuljahres nicht ausgeschlossen oder gar als „verjudet“ diffamiert. Wenn auch hier antijüdische Tendenzen klar erkennbar sind – die Juden, die kultisch und gesetzlich gebunden sind und daher Jesus nicht als Heiland erfahren wollten, die sich in Diesseitsanbetung verlieren – so wurde das Thema der Juden als „Rasse“ in keiner Weise aufgegriffen.
27 Abschrift des Lehrplans für den Religionsunterricht in den Volksschulen (Thüringen) (LKAE Eisenach, 23-003 217, Jena), 4 f. 28 Vgl. ebd., 5. 29 Vgl. ebd., 6. 30 Ebd. 31 Ebd., 7.
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5.2.2 Der Umgang der westfälischen Landeskirche mit dem Verschwinden des schulischen Religionsunterrichts Wie in Bayern wurde auch in Westfalen für den Erhalt der Bekenntnisschule gekämpft. Anfang 1939, als der bayerische Schulkampf bereits in vollem Gange war, schrieb ein westfälischer Pfarrer an den Präses der westfälischen Landeskirche von Schulbeiratssitzungen, die wohl überall in seiner Synode stattgefunden hätten. Thema dieser Sitzungen sei die „verhüllte Einführung“ der dort vorhandenen konfessionell getrennten Schulen in Gemeinschaftsschulen gewesen. Die Anweisung dazu sei vom Regierungspräsidenten gekommen. Erfreulicherweise, so die Schilderung des Pfarrers weiter, hätten die Amtsbrüder, die Mitglieder der Schulbeiräte seien, Einspruch erhoben. Es sei jedoch ein darüberhinausgehender Protest an den Regierungspräsidenten notwendig. Der unterzeichnete Pfarrer fragte nun bei Koch an, ob „von Ihnen eine noch umfassendere Aktion in dieser Schulsache geplant wäre“, der man sich anschließen könne, oder ob „nicht von Ihnen bzw. dem Bruderrat uns ein Wort gegeben werden [könnte], das wir den Gemeinden weitersagen könnten“32. In der Situation der Diaspora, in der sich der unterzeichnende Pfarrer offenbar befand, bedeute die Aufhebung der kleinen evangelischen Schulen eine Überführung der evangelischen Kinder in katholische Schulen, die ihren konfessionellen Charakter behalten würden. Die Verpflichtung zur evangelischen Erziehung der Kinder sei nun besonders dringlich, hier und da müssten schon Pfarrer einspringen und den evangelischen Religionsunterricht halten. In Kochs Antwortschreiben an den Pfarrer betonte dieser, dass kein Protest unterlassen werden solle, der sich für das Recht der evangelischen Schule einsetze und ermunterte dazu, dass Einsprüche beim Regierungspräsidenten erhoben werden sollten33. Wenige Monate später erfolgte ein solcher Einspruch von Seiten der Evangelischen Kirchengemeinde in Bochum-Hamme beim Bochumer Oberbürgermeister. In diesem Schreiben berief man sich auf das Volksschulunterhaltungsgesetz von 1906, welches in der Regel konfessionell bestimmte Schulen vorgesehen habe, nur in Ausnahmen sei dagegen die Einrichtung von konfessionell gemischten Schulen gestattet. Die finanziellen Gesichtspunkte, die in der Entschließung zur Zusammenlegung der evangelischen und katholischen Volksschule in Bochum als ausschlaggebende Gründe genannt würden, seien als Gründe gegen konfessionelle Volksschulen nicht zugelassen. Auf dieser Grundlage wurde schärfster Protest gegen die geplanten Maßnahmen erhoben. Die Kirchengemeinde sah sich in der Verantwortung ge32 Schreiben der Pfarrkonferenz Höxter an Präses D. Koch (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 36, Höxter). 33 Vgl. Schreiben unter der Tagebuch-Nr. 95 (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 36, [Münster]).
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genüber allen getauften Gliedern der Gemeinde, welche die Pflicht beinhalte, die christliche Erziehung in der Schule zu fordern34. Noch im Juni 1941, als die Verlegung der Lehrerbildung an die LBA bereits begonnen hatte, wandte sich Werdermann mit einem Schreiben an den verantwortlichen Regierungspräsidenten. Nachdem er bereits im Januar desselben Jahres ein Schreiben an den Regierungspräsidenten bezüglich des „völligen Wegfalls des Religionsunterrichts“ gesendet hatte – welches unbeantwortet geblieben war – trat er nun erneut an den Regierungspräsidenten heran. Nachdem kriegsbedingt die Stundenzahl an den Schulen gekürzt worden, und davon auch der Religionsunterricht betroffen war, sei zwar die volle Stundenzahl inzwischen wieder eingeführt worden, der Religionsunterricht sei jedoch „völlig in Wegfall gekommen“. In seinen religionspädagogischen Übungen sei er immer wieder nach der Lage des Religionsunterrichts gefragt worden und er sei daher in einer ganz schwierigen Lage. Vor diesem Hintergrund wies Werdermann erneut „mit allem Ernst auf das Bedenkliche dieser Maßnahme“ hin. Er befürchtete eine schwere Erschütterung des Vertrauens der westfälischen Bevölkerung gegenüber dem Staat und hinsichtlich der religiös-sittlichen Erziehung der Jugend. Er rechtfertigte sein erneutes Schreiben an den Regierungspräsidenten mit Hitlers Mein Kampf, in welchem dieser forderte, dass jeder der einen Missstand sähe bei den zuständigen Stellen vorstellig werden solle. Er fühlte sich daher ausgehend von seinem Amt seinem Gewissen verpflichtet seine Bedenken zum Ausdruck zu bringen35. Eine Antwort des zuständigen Regierungspräsidenten liegt nicht vor und die weiteren Entwicklungen hinsichtlich des Religionsunterrichts zeigen, wie wirkungslos derartige Einschreiben waren. 5.2.3 Die Denkschriften der Vorläufigen Kirchenleitung Kurt Frör, Pfarrer in Nürnberg und als bayerischer Vertreter 1935 und 1936 Mitglied der Bekenntnissynode sowie bis 1936 Mitglied in der im November 1935 gebildeten Schulkammer, verfasste im August 1935, wohl vor dem Hintergrund einer Propagandarede des Reichsinnenministers Frick vom 7. Juli 1935, in welcher dieser die „Entkonfessionalisierung“ des öffentlichen Lebens forderte36, eine Denkschrift über die Frage des evangelischen Religionsunterrichts, zu der zwei Stellungnahmen vorliegen. Karl Nold, Pfarrer in München, 1935 Mitglied der Vorläufigen Kirchenleitung und ab 1936 Studentenpfarrer in München, leitete ihm diese mit dem Kommentar weiter, dass ihm 34 Vgl. Schreiben der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum-Hamme betreffend die Zusammenlegung der evangelischen und katholischen Volksschule Bochum (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 36, Bochum). 35 Vgl. Schreiben von Hermann Werdermann an den Regierungspräsidenten (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Dortmund). 36 Vgl. Neliba, Frick, 136.
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vor allem die Einschätzung von Präsident Georg Burghart sehr wesentlich erscheine37. Burghart, der unter anderem 1936 als Mitglied der Verfassungskammer der VKL I wirkte38, kommentierte die Denkschrift Frörs eingehend. Gemäß Nold sollten seine Ergänzungen die Frör’sche Version der Denkschrift für die geplante Vorlage an die Ministerien ergänzen. Thema dieser Denkschrift war auch – weshalb sie ihren berechtigten Platz in dieser Arbeit hat – die Vorbildung der Religionslehrkräfte, insbesondere im Hinblick auf deren Freiwilligkeit. Zunächst aber charakterisierte Frör in seiner Denkschrift unter I. das Wesen und die Aufgabe des evangelischen Religionsunterrichts. Dabei machte er insbesondere deutlich, was evangelischer Religionsunterricht alles nicht sei, nämlich ein „Erziehungsmittel“, welches „eine menschliche Weltanschauung, einen kulturellen Höchstwert oder eine säkulare Erlebnisganzheit“ vermittelt. Er sei auch keine „Einrichtung zur Pflege religiöser Artung und Anlage“, kein „Mittel zur Aneignung eines bestimmten Lebenstypus“ und auch keine „Veranstaltung zur religiösen Verklärung und Verankerung biologisch notwendiger Einsichten“. Der evangelische Religionsunterricht sei nur als „Ausrichtung der biblischen Botschaft von Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist an die getaufte Jugend“ zu verstehen39. Religionslehrkräfte, die in der Denkschrift durch Frör ebenfalls unter Punkt I charakterisiert wurden, seien von der Kirche beauftragt und würden in Vollmacht, die „einzig und allein dem Auftrag des lebendigen Christus, der will, daß die richtende und rettende Botschaft vom Reiche Gottes allem Volk ausgerichtet werde“ entspringe. So handle Christus im Religionsunterricht an seiner Gemeinde. Frör betonte daneben, dass der konfessionelle Religionsunterricht nicht „die natürlichen Ordnungen und Bindungen, in die die Kinder durch Rasse, Volk, Geschichte und Heimat gestellt sind“ zerstöre, dass er aber gleichzeitig seine Legitimation nicht von diesen Ordnungen erhalte, sondern „sein Werk [tut] im Glaubensgehorsam gegen den Bund, den Gott mit jedem einzelnen Kind in der Taufe geschlossen“ habe.40 Im zweiten Teil seiner Denkschrift äußerte sich Frör im Namen der vorläufigen Leitung der DEK zur rechtlichen Stellung des Religionsunterrichts in der Schule. Dabei berief er sich – wie es von kirchlicher Seite oft postuliert wurde – auf § 24 des nationalsozialistischen Parteiprogramms, in welchem die NSDAP sich zum „positiven Christentum“41 bekennt. In Anbetracht der, von
37 Vgl. Kritische Stellungnahmen zu Denkschrift Frörs (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, Berlin). 38 Vgl. zu den Angaben zu Frör, Nold und Burghart Boberach / Nicolaisen / Pabst, Handbuch. 39 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]). Hervorhebungen im Original. 40 Ebd., 5. 41 Vgl. Parteiprogramm der NSDAP (BArch, R 43-I/2681).
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der DEK wahrgenommenen Unsicherheit in der Öffentlichkeit wurde „eine offizielle Feststellung der Reichsregierung“ über die von Frör im Folgenden ausgeführten vier Punkte für notwendig erachtet42. Es wird hervorgehoben, dass der Religionsunterricht an allen Schulen des Deutschen Reiches ordentliches Lehrfach bleiben solle und dabei „in Übereinstimmung mit den Lehren der Kirche“ erteilt werde, dass der evangelische Religionsunterricht nur von den Lehrkräften erteilt werden dürfe, „die die dafür erforderliche sachliche und methodische Vorbildung erhalten haben“43. Dabei wurde herausgestellt, dass es wünschenswert sei, die Ausbildung von Pfarrern und Lehrkräften einander anzunähern. Entscheidend ist der unter drittens aufgeführte Punkt: „Es wird dafür Sorge getragen, daß an sämtlichen Hochschulen für Lehrerbildung ein wissenschaftlich durchgebildeter Theologe die Vorbildung für den R[eligionsunterricht] in der Hand hat.“44 Ob dies tatsächlich der Fall war, wird in den folgenden Kapiteln dieses Abschnittes geprüft werden. Zuletzt sollte einerseits die Erstellung der Lehrpläne sowie die Berufung der Religionsdozierenden „in verständnisvoller Zusammenarbeit der staatlichen mit den verantwortlichen Stellen der Bekennenden Kirche“ geschehen45. In einem letzten Abschnitt positionierte sich Frör zur Erteilung des Religionsunterrichts. Dies schien notwendig angesichts der Tatsache, „dass ein Teil der Lehrerschaft sich zu den Anhängern der Deutschen Glaubensbewegung oder anderen christentumsfeindlichen Vereinigungen rechnet“. Die nun folgende Stellungnahme wurde „öffentlich“ festgestellt; eine Veröffentlichung der Denkschrift war daher augenscheinlich geplant. So sollte niemand „der den christlichen Glauben aus ehrlicher Überzeugung ablehnt, gezwungenermaßen R[eligionsunterricht]“ erteilen. Ein solcher Unterricht sei „sachlich wertlos“, außerdem „unwahrhaftig und unglaubwürdig und deshalb erzieherisch schädlich“46. Der letzte Abschnitt der Denkschrift widmete sich dem Thema des Religionsunterrichts in der nationalsozialistischen, deutschen Schule. Es wurden daher im Namen der vorläufigen Leitung der DEK allgemeine Richtlinien aufgestellt. So sei „[a]uf Grund der Heiligen Schrift […] jeder evang[elische] Religionslehrer verpflichtet, die ihm anvertraute Jugend zum schuldigen Gehorsam, zur Achtung und
42 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]). 43 Ebd., 6. 44 Ebd. 45 Ebd. 46 Ebd.
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Ehrerbietung gegenüber der Obrigkeit und zur unbedingten Einsatzbereitschaft für Staat und Volksgemeinschaft zu erziehen“47.
Diese Erziehung sollte im Religionsunterricht an die thematischen Inhalte geknüpft werden, beispielsweise bei der Behandlung des vierten Gebots (Du sollst Vater und Mutter ehren) oder des ersten Glaubensartikels. Auch im Rahmen der Schulgebete sollte „der politischen Führung des Staates, sowie der jeweiligen besonderen Sorge des Volkes“48 gedacht werden. Zu vermeiden sei dagegen jede Form der politischen Zuspitzung des jeweiligen Unterrichtsstoffes. Auch dürfe das Christentum nicht als Entartung dargestellt werden49. Burghart stimmte den „grundsätzlichen Erörterungen über den Charakter des R[eligionsunterrichts]“ zu. Was die daraus folgenden praktischen Konsequenzen, die Frör in seiner Denkschrift aus diesen Erörterungen zog, anbetrifft, so konnte Burghart ihnen nicht zustimmen. Er führte dies auch auf mögliche vorhandene Unterschiede in der Situation zwischen Nord- und Süddeutschland zurück. Die Erörterungen zum Lehrplan beispielsweise waren ihm zu allgemein, es sei „ausdrücklich hervorzuheben, daß Märchen nicht in den R[eligionsunterricht] gehören“. „Ebenso hat sich die Beschäftigung mit der germanischen Religion der Gesamtaufgabe des Evang[elischen] R[eligionsunterrichts]“ unterzuordnen. Zur Bekenntnisschule betonte Burghart, dass dieser Punkt in der Denkschrift in der Hinsicht missverständlich sei, dass man meinen könnte, „daß die Bekennende Kirche auf die konfessionelle Schule verzichtet und mit der christl[ichen] Simultanschule einverstanden ist“50. Der Verfasser bezweifelte ausdrücklich, dass dies die Meinung der Mehrheit der BK widerspiegeln würde. Burghart zog nun ein radikales Fazit: „Es bleibt m. E. gar nichts anderes übrig, als den R[eligionsunterricht] ganz unter die Leitung und Verantwortung der Kirche zu stellen. […] Lieber keinen R[eligionsunterricht] in den Schulen, als die Fortsetzung […] der bisher üblichen Zustände.“51
Bezüglich der Vorbildung der Lehrkräfte genügte Burghart der Anspruch nicht, dass diese an den HfL „in der Hand eines wissenschaftlich durchgebildeten Theologen liegt“. Wesentlich sei, dass dieser „Theologe auch auf dem Boden der Kirche“ steht. „Im Allgemeinen sei noch bemerkt, daß sowohl während der Vorbildung wie beim ganzen R[eligionsunterricht] auf eine le47 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]), 7. 48 Ebd. 49 Ebd., 7 f. 50 Denkschrift über den Religionsunterricht in den staalichen Schulen (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, Berlin). Hervorhebungen im Original. 51 Ebd., 2.
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bendige Teilnahme am kirchlichen Leben bewußt hinzuwirken ist“52. Im Detail merkte Burghart zu diesem Punkt an: „Die Forderung, daß der R. U. nur von sachlich und methodisch Vorgebildeten […] zu erteilen sei, ist an sich richtig und gilt zweifellos für normale Verhältnisse. Wenn aber im konkreten Fall Fachprinzip und Bekenntnisprinzip miteinander in Widerspruch stehen, so sollte die Bekennende Kirche nicht die fachliche Vorbildung zum Schibboleth machen.“53
Weiter schrieb Burghart dazu, dass die Kirche mehr fordern müsse als sachliche und methodische Vorbildung. Konkret nannte er „persönliche Eignung“, die „bindende Bekundung des ernstlichen Willens, fest zum Evangelium und der Kirche des Evangeliums stehen zu wollen“. Er wies daneben auf die rechtliche Stellung hin, die mit der evangelischen Botschaft stehe und falle. Er schlug für das Ende des II. Abschnitts vor, dass die bereits genannte persönliche Eignung und der ernstliche Wille, ergänzt werden sollten54. Burghart kritisierte auch die Formulierung, dass die Ausbildung von Lehrkräften und Pfarrern einander angenähert werden solle, als missverständlich. Zuletzt merkte er an, dass es eine problematische Formulierung sei, die Erteilung des Religionsunterrichts der Gewissensentscheidung der Lehrkräfte zu überlassen: „In der jetzigen Formulierung scheint es der Gewissensentscheidung des R[eligionslehrers] überlassen zu sein, ob er die Religionsstunden u. U. dazu nutzt, statt christlicher Botschaft neuheidnische Religion zu verkünden.“55 Müller-Rolli konstatiert ganz richtig zu der Stellungnahme Frörs, dass sich hier die „theologischen Grundentscheidungen der BK für die Schulpolitik noch einmal wie in einem Brennglas [verdichten]“56. Erziehung leitete sich für die BK demnach allein vom Evangelium ab. 5.2.4 Die Schulkammer der Vorläufigen Kirchenleitung Diese Denkschrift, die in der Fassung Breits, der nicht nur als Oberkirchenrat aus München 1934 Mitglied der Deutschen Evangelischen Nationalsynode war, sondern auch als Vorgänger von Martin Albertz bis 1936 Vorsitzender der Schulkammer der DEK57, wurde am 26. August 1935, also vor der Gründung 52 Denkschrift über den Religionsunterricht in den staalichen Schulen (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, Berlin), 2. 53 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]). Hervorhebungen im Original. 54 Ebd. 55 Ebd. Hervorhebungen im Original. 56 Müller-Rolli, Schulpolitik 1999, 108. 57 Vgl. Boberach / Nicolaisen / Pabst, Handbuch.
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der Schulkammer, veröffentlicht. Die BK befand sich, so Dienst, in einem „Dilemma“. Dieses bestand im Blick auf den von Lehrkräften erteilten Religionsunterricht. Ursache war auch das „Mißtrauen gegenüber der (als liberal bzw. volkskirchlich eingestuften) Religionslehrerausbildung im Lehrerseminar und (tatsächlichen oder vermuteten) fehlenden oder im Sinne der B[ekennenden Kirche] defizitären ,kirchlichen‘ Einstellung der Lehrer“58.
Dieses Misstrauen zeigte sich deutlich in der unter 5. 2. 3 dargestellten Denkschrift. Im November 1935 gründete sich die Schulkammer der VKL. Sie sah ihren Aufgabenbereich im „Schulwesen, sofern es den Belangen der Kirche zugewendet ist“, also in der „christliche[n] Erziehung in der Schule“. Da es sich zumeist um staatliche Schulen handelte, wurde in der entsprechenden Einflussnahme auf diese Belange mit Recht eine besondere Schwierigkeit gesehen, denn die „Bekennende Kirche hat in Deutschland kein staatliches Plazet. Der Staat verhandelt also auch in der Schulfrage nicht gern mit ihr. Nur die intakten Kirchenregierungen können die Schulfragen ihrer Länder mit den Staatsbehörden amtlich regeln“59.
So wurde – wie das Gründungsdokument der Schulkammer nahelegt – in den folgenden Jahren keine direkte Einflussnahme der Kammer auf die Regelung und Durchführung der Religionslehrerbildung an den HfL erkennbar. Die Verhältnisse in der Schule aber waren dringend. Breit stellte hier die Frage nach der „evangelischen Gesamterziehung“ und der Bekenntnisschule, aber auch nach der „Eignung der Lehrpersonen“60: „Als man noch auf eine schnelle Lösung der allgemein kirchenpolitischen Fragen hoffte, arbeitete die V[orläufige Kirchenleitung] ein schulpolitisches Programm aus, das besonders die Fragen der evangelischen Gesamterziehung, der Lehrerbildung, der Bekenntnisschule und der kirchlichen Haltung des Religionsunterrichts behandelte.“61
Nun allerdings herrschte bei allen Lehrkräften Unklarheit, da sie einerseits verpflichtet seien, „die Jugend im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu erziehen“, aber andererseits niemand genau wisse, was genau das bedeute. Gegenüber diesem Zustand habe die Kirche eine seelsorgerliche Aufgabe. Wichtig sei hier insbesondere die „Klarstellung des Verhältnisses 58 Dienst, Kirche, 228. 59 Bericht über die erste Sitzung der Schulkammer der VKL am 13. 11. 1935 (LAELKB Nürnberg, KKU 22.I). 60 Ebd. 61 Ebd., 2.
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zwischen Judentum und Christentum, die die falsche rassepolitische Fragestellung durch die christliche ersetzt, bzw. korrigiert“62, wie Prof. Friedrich Delekat in seinem Referat über die Fortbildung der Religionslehrkräfte festhielt. Hans Lokies, der vor seiner Mitgliedschaft in der Schulkammer bereits ab 1934 Mitglied im Bund für Christlich-Evangelische Erziehung in Haus und Schule war, und ab 1936 Religionswissenschaft an der Kirchlichen Hochschule in Berlin unterrichtete, stellte hier heraus, dass die Kontaktaufnahme mit den Religionsdozierenden an den PA63 wichtig sei. Walter Hafa, unter anderem Mitglied in der Evangelischen Schulvereinigung und der Kammer für evangelische Erziehungsarbeit, führte in seinen darauffolgenden Leitsätzen unter anderem aus, dass die Zahl der Lehrkräfte, „die das Plazet der Kirche für den Religionsunterricht bekommen würden“ in Zukunft nicht mehr ausreichen würde, um die Stellen zu decken. Daher müssten vermehrt Pfarrer eine entsprechende methodische Ausbildung erhalten, um dem Ausfall der Religionslehrkräfte entgegenzuwirken. Daneben hielt er auch die Ausbildung von „Missionsschülern, Diakonen und Diakonissen zu Katecheten, die als Hilfskräfte die Pfarrer bei der Verkündigung an die Jugend unterstützen können“ für erwägenswert64.
5.3 Die Religionslehrkräfte zwischen staatlicher Schulhoheit und evangelischer Gewissensfreiheit Im Zusammenhang mit der umstrittenen Stellung des schulischen Religionsunterrichts ist auch die Position der Lehrkräfte zwischen staatlicher Eingriffnahme in den Unterricht und kirchlicher Gebundenheit zu sehen. Es liegen eine Vielzahl von Quellen zu dieser spannungsreichen Thematik vor, weshalb an dieser Stelle nur einige exemplarisch herangezogen werden können. So stellte Burghart in seiner Stellungnahme zu Frörs Denkschrift im Hinblick auf die Ausgangslage fest, dass viele Lehrkräfte in Gewissenskonflikte geraten würden, da „in zunehmendem Maße unter irrtümlicher Berufung auf die nationalsozialistische Weltanschauung an sie pädagogische und unterrichtliche Forderungen ge62 Bericht über die erste Sitzung der Schulkammer der VKL am 13. 11. 1935 (LAELKB Nürnberg, KKU 22.I), 3. Hervorhebungen im Original. 63 In den meisten deutschen Ländern waren zu diesem Zeitpunkt bereits die Hochschulen für Lehrerbildung eingeführt. Seine fälschliche Bezeichnung dieser Institutionen stützt die These vom geringen Bekanntheitsgrad dieser Anstalten innerhalb der Bevölkerung. 64 Bericht über die erste Sitzung der Schulkammer der VKL am 13. 11. 1935 (LAELKB Nürnberg, KKU 22.I).
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stellt werden, die sie mit ihrer Aufgabe als evang[elische] Religionslehrer und mit ihrer christlichen Überzeugung nicht mehr in Einklang bringen können“.
Andere Lehrkräfte dagegen würden „den christlichen R[eligionsunterricht] offensichtlich immer mehr vernachlässigen“ und wieder andere würden den Religionsunterricht nutzen, „um ihre zersetzende Kritik an Bibel, Kirche und Christentum vor den Kindern auszubreiten“.65 Eine Maßnahme der Nationalsozialisten zur Verdrängung des kirchlichen Einflusses aus der Schule war das Ersetzen der bisher meist geistlichen Religionslehrkräfte durch weltliche Lehrkräfte die Religion als Fachunterricht erteilten. Diese waren entsprechend in erster Linie dem Staat verpflichtet66. Über das Schulaufsichtsgesetz vom 14. März 1938 wurde nicht nur die gesetzliche Grundlage geschaffen, die Geistlichen aus dem schulischen Religionsunterricht zu verdrängen67, die Kultusministerien und das RMWEV erhielten auch das Recht zur Unterrichtseinsicht. Auf kirchliches Veto hin verwiesen die Kultusministerien und das RMWEV auf die staatliche Schulhoheit68. Maßnahmen wie die Unterrichtsniederlegungen durch die Lehrerschaft waren dagegen durch die Regierung nicht erwünscht69. Zur staatlichen Schulaufsicht schrieb das bayerische Kultusministerium, dass sich diese auch auf den Religionsunterricht erstrecke, wobei „auch die nationale Haltung und sonstige erziehliche Eignung aller Religionslehrer zu überwachen“70 sei. Den Kirchen wurde jegliche dienstaufsichtliche Befugnis abgesprochen. Zugleich blieb Religion „staatlicher Lehrgegenstand und ordentliches Lehrfach“, eine Tatsache, die gegenüber den Studierenden schon zu Beginn des Studiums hervorzuheben sei, neben der Feststellung, dass kein Studierender genötigt werden dürfe, Vorlesungen und Übungen in Religionsmethodik zu belegen71. Ausdrücklich wurde betont, dass diejenigen Studierenden, die sich in der Lage sehen würden Religionsunterricht zu erteilen, „keinesfalls den Absichten der Unterrichtsverwaltung zuwider“ handelten. Es müsse nachdrücklich verurteilt werden, „wenn Studierende, die sich zur Ablegung der religionsmethodischen Prüfung entschlossen haben, von irgendwelcher Seite als politisch minder zuverlässig gehalten würden“72. Vom Ministerium wurde Anfang 1939 ebenfalls darauf hingewiesen, dass diejenigen Lehrkräfte, welche mit dem Religionsunterricht betraut seien, „nicht etwa eine Auswahl aus dem biblischen Unterrichtsstoff nach eigenem Ermessen zu treffen“ hätten, sondern
65 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]). 66 Vgl. Schäffer, Volk, 177. 67 Vgl. ebd., 179. 68 Vgl. ebd., 180. 69 Vgl. ebd., 182. 70 Wagner, Gesetz, 161. 71 Vgl. Religionsmethodik (BayHStA München, MK 42097, München). 72 Ebd., 2.
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verpflichtet seien, „den gesamten biblischen Unterrichtsstoff zu lehren“.73 Dabei wurde ausdrücklich auf das Verlangen der Kirche hingewiesen, dass der Unterrichtsstoff mit deren Lehre übereinzustimmen habe. Die Häufigkeit, mit der von kirchlicher Seite aus die evangelische Gewissensfreiheit in der Erteilung des Religionsunterrichts betont wurde, sowie die oben genannten staatlichen Weisungen legen nahe, dass die Situation, welche Burghart bereits für 1935 feststellte, vielerorts zutreffend gewesen sein muss. Dafür spricht auch der Bericht über die Situation an den bayerischen HfL 1938. So wurde von der Benachteiligung Studierender berichtet, welche sich aus der evangelischen Religionsmethodik prüfen lassen wollten und daher einer minder zuverlässigen politischen Gesinnung verdächtigt worden seien. Da Religionsmethodik jedoch offiziell als Unterrichtsfach vorgesehen war, könne es nicht angehen, dass der Besuch dieser Veranstaltungen Verdächtigungen nach sich ziehe. So sollte einerseits in Übereinstimmung mit dem staatlichen Standpunkt betont werden, dass keine Lehrkraft zur Übernahme des evangelischen Religionsunterrichts gezwungen werden könne, dass aber andererseits jeder, der sich gewissensmäßig dazu in der Lage sah, die Berechtigung zur Erteilung des Religionsunterrichts erwerben solle74. Konkret wurde aus Würzburg von Agitationen des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) berichtet, welche das Ziel anstrebten, „dass es im deutschen Volk nur noch eine Konfession geben“ solle, weshalb konfessionelle Religionslehramtstudierende nicht Mitglied im Studentenbund sein könnten75. Eine Tatsache, die an den HfL tatsächlich vielfach zu Benachteiligungen für die betreffenden Studierenden führte. Die Denkschrift betonte hinsichtlich der Rechtsstellung der Religionslehrkräfte, dass „die letzte Autorität seiner Botschaft nur von dem Herrn der Kirche selbst“ kommen könne76. Als Christen seien Religionslehrkräfte „Glied[er] und Beauftragte[…] der Kirche“, sodass diese „nicht als Privatmann, sondern in Vollmacht“ im „Auftrag des lebendigen Christus“ reden würden77. In Steigerung der vorherigen Betonungen der Gewissensentscheidung für die Erteilung des Religionsunterrichts wurde festgestellt, dass gezwungenermaßen erteilter Religionsunterricht sogar schädlich sei78. Um den Unsicherheiten innerhalb der Lehrerschaft entgegenzuwirken, stellte die DEK mit ihrer Denkschrift Richtlinien auf, die sich der Vereinbarkeit von natio73 Erteilung des Religionsunterrichts (LAELKB Nürnberg, KKU 22 II, München). 74 Vgl. Bericht über Religionsmethodik an den bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003-223, München). 75 Bericht über die Lage an der Hochschule für Lehrerbildung in Würzburg (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003-223, München). 76 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]). Hervorhebungen im Original. 77 Ebd., 5. 78 Vgl. ebd., 6.
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nalsozialistischer Weltanschauung mit evangelischem Religionsunterricht widmeten. So seien – auf Basis der Heiligen Schrift – die evangelischen Religionslehrkräfte verpflichtet, die Jugend zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit zu erziehen79. Eine Zuspitzung des Stoffes sei dabei jedoch zu vermeiden. Darüber hinaus sollten die Bindungen an Rasse, Volkstum, Heimat und Geschichte als Geschenk Gottes geachtet, Angriffe gegen das Alte Testament oder Grundlehren der Kirche sollen dagegen mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Und obwohl es den Lehrkräften selbst überlassen sei, auch von der Verweltlichung der Kirche zu sprechen, müssten evangelische Religionslehrkräfte „einer Geschichtsauffassung widersprechen, die die Christianisierung der germanischen Völker als ein nationales Unglück ansieht“80. Hierin wird Versuch der nachdrücklichen Übereinstimmung mit nationalsozialistischen Vorstellungen bei gleichzeitig deutlicher Abgrenzung von deutsch-christlicher Lehre sichtbar.
5.4 Die Anpassung der bayerischen Lehrerbildung an das Reich: Gründung und Gestaltung der bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung Reichserziehungsminister Rust strebte von Beginn an die reichsweit einheitliche Ausbildung der Lehrkräfte an den sogenannten HfL an. Zu diesem Zweck waren diese bereits in fast allen Ländern anstelle der vorher bestehenden PA errichtet worden. Einheitliche Regelungen bezüglich einer Prüfungsordnung existierten jedoch noch nicht und auch in Bayern bestanden bis zum Schuljahr 1934/35 noch die alten LBA. Bis 1937, als eine einheitliche Prüfungsordnung erarbeitet wurde, wurde durch die Einführung der HfL in Bayern, und weitere Maßnahmen die Ausbildung der Lehrkräfte betreffend, an deren Vereinheitlichung gearbeitet. Ein gewisser Spielraum blieb den HfL jedoch in bestimmten Dingen erhalten, wie ein genauerer Blick auf die HfL in Bayern, Thüringen und Westfalen zeigen wird. 5.4.1 Die Einführung der Hochschule für Lehrerbildung in Bayern Nachdem in Bayern noch bis 1935 die LBA bestanden, wurden diese nun schrittweise abgebaut. Die letzten Prüfungen für das Lehramt an Volksschulen wurden an diesen Anstalten 1937 abgenommen, zu einem Zeitpunkt, an dem 79 Anmerkungen zur Denkschrift über die Frage evangelischen Religions-Unterrichts und Abdruck derselben (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101-1, [Berlin]), 7 f. 80 Ebd, 8.
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in manchen Kreisen bereits über die Wiedereinführung der alten LBA nachgedacht wurde. Während in den anderen Ländern bei der Errichtung der HfL zwar der Eindruck einer Kontinuität zur vorher existierenden PA bestand, praktisch jedoch viele Maßnahmen provisorisch und unzureichend getroffen wurden, mussten die HfL in Bayern von Grund auf neu errichtet werden. Briefwechsel zeigen, dass man aus den preußischen Erfahrungen lernen wollte und Provisorien von Anfang an zu vermeiden gedachte. In Preußen, so konstatiert Gutzmann, habe es bei der Errichtung der HfL keine exakten Planungen gegeben81. Die Errichtung der HfL in Bayern fiel mitten hinein in den – nach dem Tode Schemms 1935 einsetzenden – Kampf um die Neuverteilung der Positionen im bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Die Nachfolge Schemms war erst mit der Ernennung Adolf Wagners zum Kultusminister durch Hitler am 28. November 1936 geklärt82. Der Aufbau der bayerischen HfL lag allerdings in der Verantwortung Boepples. Für die Einführung der HfL waren zwei Aspekte wesentlich: Einerseits der Abbau der bestehenden LBA zugunsten der Deutschen Aufbauschule, sowie andererseits die Errichtung der neuen HfL. Die Darstellung konzentriert sich im Folgenden zunächst auf den Ablauf der Errichtung der HfL. Die Eröffnung der ersten HfL in Bayern wurde auf Ostern 1935 in Pasing angesetzt. Festgelegt wurde dies in einem Ministerialerlass im Dezember 1934. Ursprüngliche Überlegungen zur Neugestaltung reichten dabei jedoch bis zum August 1934 zurück. Verlangt wurde, dass die „berufspraktische Ausbildung des Lehrerstudenten in den Vordergrund aller Lehrtätigkeit an den Hochschulen für Lehrerbildung“83 zu rücken sei. In welcher Form dies geschehen sollte, war bei dieser Forderung jedoch noch nicht festgelegt. Die Zustimmung des Reichserziehungsministers zur Errichtung der HfL in Pasing erfolgte jedoch erst weit nach dem bayerischen Ministerialerlass, nämlich im Januar 193584, wenige Monate bevor die HfL in Pasing in Betrieb genommen wurde. Eine Prüfungsordnung lag, wie mehreren Berichten zu entnehmen ist, für das laufende Schuljahr 1935/36 noch nicht vor. Es wurde darauf verwiesen, dass diese erst 1937 benötigt werden würde, wenn die ersten Studierenden der HfL ihr zweijähriges Studium an den HfL beendet hätten85. Zur selben Zeit war auch die Zustimmung des RMWEV zur Errichtung zweier weiterer HfL in Bayern, nämlich in Würzburg und Bayreuth, vorhanden. Es wurde dabei 81 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 112. 82 Vgl. Schäffer, Volk, 29. 83 Neugestaltung der Volksschullehrerbildung in Bayern (BayHStA München, MK 42096, München). 84 Vgl. Zustimmung zur Gründung der Hochschule für Lehrerbildung Pasing (BayHStA München, MK 42096, Berlin). 85 Vgl. Hochschule für Lehrerbildung in Pasing (BayHStA München, MK 42096, München).
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darauf hingewiesen, dass die in Preußen gemachten Erfahrungen hierbei nutzbar gemacht werden könnten. Angemahnt wurde dabei eine stärkere Beteiligung des RMWEV bei der Besetzung der Dozentenstellen als bisher. Dies sei nicht nur im Sinne der zu errichtenden Anstalten, sondern läge auch im Interesse der Ausbildung der künftigen Lehrkräfte86. Es folgte ein intensiver Briefwechsel zwischen Boepple und den Finanzministerien sowie dem Ministerium des Innern in Bayern. Während in Pasing die bisherige LBA für die Unterbringung der neuen HfL verwendet werden konnte und offensichtlich keine größeren baulichen Maßnahmen notwendig waren, lag der Fall in Bayreuth und Würzburg anders. Für deren Aufbau hatten die Städte sich verpflichtet, erhebliche finanzielle Aufwendungen zu übernehmen um sofort nicht nur mit dem Bau einer Lehrerhochschule, sondern auch der dafür erforderlichen Volksschulen zu beginnen. Das Staatsministerium der Finanzen wies die Oberbürgermeister der beiden genannten Städte jedoch darauf hin, dass mit baulichen Maßnahmen noch nicht begonnen werden dürfe, solange die endgültige Finanzierung ungeklärt und die aufsichtlichen Genehmigungen zur Kreditnahme nicht erteilt seien87. Noch im Juli 1935 ging Boepple allerdings offensichtlich davon aus, dass die Hochschulen in Würzburg und Bayreuth bereits im kommenden Frühjahr eröffnet werden könnten88. Die finanzielle Frage und die Einwendungen des Staatsministeriums der Finanzen in Bayern beschäftigten Boepple noch in den folgenden Monaten. So setzte er sich dem genannten Ministerium gegenüber massiv für die Errichtung der Volksschulen, die als Übungsschulen an die HfL angegliedert werden sollten, ein. Er machte ausdrücklich klar, dass „weder gegen die Errichtung der Lehrerhochschule in Würzburg und Bayreuth noch gegen die Wahl des Ortes für diese Hochschulen“ irgendwelche Bedenken erhoben worden seien. Boepple überging dabei, dass dies nicht der springende Punkt war. Die baulichen Maßnahmen, die hauptsächlich die Errichtung der genannten Übungsschulen betrafen, seien „dem Aufwande nach bestimmt“, so Boepple89. In der nun folgenden Auseinandersetzung mit dem Finanzministerium argumentierte Boepple auf unterschiedliche Weise. So betonte er, dass die Ausbildung der Lehrkräfte noch vor der Machtübernahme hauptsächlich auf klösterlichen LBA geschehen sei. Diesem – aus nationalsozialistischer Sicht untragbaren Zustand – müsse durch die neue Regierung ein Ende gesetzt werden:
86 Vgl. Stellungnahme des RMWEV zur Errichtung weiterer Hochschulen für Lehrerbildung in Bayreuth und Würzburg (BayHStA München, MK 42096, Berlin). 87 Vgl. Errichtung einer Lehrerhochschule (BayHStA München, MK 42096, München). 88 Vgl. Errichtung bezw. Ausgestaltung der Hochschulen für Lehrerbildung in Pasing, Würzburg und Bayreuth sowie der Hans-Schemm-Aufbauschule in München (BayHStA München, MK 42096, München). 89 Ebd., 1 f.
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„Der neue Staat mußte die Lehrerbildung auf einige wenige Anstalten zusammenfassen, die er ganz nach seinen Grundsätzen einrichten kann und vollständig in der Hand hat. Denn es gibt kulturpolitisch kaum etwas wichtigeres als die Lehrerbildung“.90
Die Einrichtung der drei staatlichen Hochschulen in Pasing, Bayreuth und Würzburg diene „[d]iesem politisch höchst wichtigen Ziele“91. Den zeitlichen Druck, die letzten beiden Hochschulen bereits im kommenden Frühjahr zu eröffnen, begründete er damit, dass Bayern in der Akademisierung der Lehrerbildung bereits hinterherhängen würde. Anfang 1936 argumentierte Boepple wiederholt auf diese Weise. Die Errichtung der Hochschulen in Würzburg und Bayreuth war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt, „[e]ine Verschiebung ist nicht mehr möglich, da die alten Lehrerbildungsanstalten abgebaut sind und dauernd neuer Nachwuchs in erheblichem Umfang benötigt wird“92. In Reaktion auf dieses erneute Schreiben Boepples erinnerte jedoch ein Mitarbeiter aus dem RMWEV daran, dass bereits vor der Errichtung der HfL in Pasing bekannt gewesen sei, dass es Bedenken gegen die Errichtung von Übungsschulen, wie sie bei den Seminaren üblich waren, gegeben habe. Gegen die Einrichtung einer solchen Übungsschule in Pasing seien keine weiteren Einwände erfolgt, was „unter der Voraussetzung, daß die in Bayern gewählte Form der schulpraktischen Ausbildung an einer Übungsschule versuchsweise eingeführt wird“93 geschah. Hier sollten die Erfahrungen abgewartet werden und der Mitarbeiter des RMWEV nahm nicht an, dass die Erfahrung von einem Jahr aus Pasing ausreiche „um die wichtige Frage der schulpraktischen Ausbildung der Studenten bereits endgültig in der von Ihnen beabsichtigten Weise zu regeln“94. Er wies weiter darauf hin, dass die gemachten Erfahrungen an den anderen HfL einen Neubau solcher Übungsschulen angesichts der Lasten für die Städte nicht angezeigt erscheinen lassen würden. Boepple ging inzwischen von einer Eröffnung der Hochschulen erst zum Winterhalbjahr 1936/37 aus. Er gab in einer Bekanntmachung des Staatsministeriums, welche auch im bayerischen Regierungsanzeiger veröffentlicht wurde, im Februar 1936 die Regelungen betreffend die Aufnahme an diesen Hochschulen bekannt. Wie bei Universitäten könnten sich die künftigen Studierenden bei einer der Hochschulen bewerben, würden dann jedoch vom bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus verteilt werden95. 90 Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung in Pasing, Würzburg und Bayreuth (BayHStA München, MK 42096, München). 91 Ebd., 2. 92 Schuldaufnahme der Stadt Würzburg (BayHStA München, MK 42096, München). 93 Zu Nr. II 60649 vom 4. 1. 1936 und Nr. II 3459 über Schuldaufnahme der Städte Würzburg und Bayreuth (BayHStA München, MK 42096, Berlin). Hervorhebung im Original. 94 Ebd. 95 Vgl. Aufnahme von Studierenden in die bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42214, [München]).
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Voraussetzung für die Aufnahme war ein bereits abgeleisteter Arbeitspflichtdienst. Bewerber*innen, die den Gliederungen der nationalsozialistischen Bewegung angehörten, wurden bevorzugt berücksichtigt. Diese Zugehörigkeit musste in den Anlagen durch Nachweise belegt werden96. Beurteilungen sowohl durch die zuvor besuchte Schule als auch durch den politischen Verbund, dem die Bewerber*innen angehörten, waren ebenfalls einzureichen. Außerdem mussten die Bewerber*innen im Rahmen einer Aufnahmeprüfung ihr sportliches und musikalisches Können nachweisen97. Die Ausrichtung auf die nationalsozialistisch verstandene Erziehung wird hier mehr als deutlich. Boepple setzte sich wenige Tage später nochmals stark für die Errichtung eigener Übungsschulen an den HfL in Bayern ein. Dabei betonte er den Zeitverlust, der bei der Angliederung der Übungsschule wegfalle und zugunsten des pädagogischen Anschauungsunterrichtes genutzt werden könne98. Die neue Übungsschule habe außerdem alle Mängel der früheren Seminarübungsschule abgestreift99 und bereichere zusätzlich durch die ständige Anwesenheit von Schulkindern das Leben an den HfL. Indem der Lehrkörper an HfL und Übungsschule derselbe sei, sei die Lehre nicht nur einheitlich „sondern auch weltanschaulich geschlossen, eine Tatsache, die für die Ausbildung der künftigen Lehrer in Bayern von besonderer Bedeutung ist“100. Als letztes Argument fügte er hinzu, dass die Übungsschule der bayerischen HfL dem bayerischen Hochschulrecht entrückt sei und so die staatlichen Vereinbarungen mit der Kirche nicht auf diese anwendbar seien: „Auf diese Weise ist es möglich, die Übungsschulen zu wertvollen Vorkämpfern für die christliche Gemeinschaftsschule zu gestalten.“101 Doch keines dieser Argumente scheint überzeugt zu haben, die Quellen belegen jedenfalls keine eigenen Übungsschulen an den bayerischen HfL. Hinsichtlich der Regelungen zum Religionsunterricht an den neu eingerichteten HfL in Bayern ist die Quellenlage weniger umfangreich. Klar ist, wie auch aus den laufenden Jahresberichten der HfL ersichtlich wird, dass dieser erteilt wurde. Schon beim Aufnahmegesuch mussten die Bewerber*innen in den Anlagen im Lebenslauf ihre Religionszugehörigkeit angeben102, wobei der genaue Zweck dieser Angabe unklar bleibt. Noch vor der Eröffnung der ersten bayerischen Hochschule in Pasing 96 Vgl. Aufnahme von Studierenden in die bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42214, [München]), 1 f. 97 Vgl. ebd., 3. 98 Vgl. Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung in Würzburg und Bayreuth; hier Einbau von Übungsschulen (BayHStA München, MK 42096, München). 99 Vgl. ebd., 2. 100 Ebd., 3. 101 Ebd. 102 Vgl. Aufnahme von Studierenden in die bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42214, [München]).
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wandte sich der evangelisch-lutherische LKR an das bayerische Staatsministerium. Anlass der Anfrage, die leider nicht vorliegt, war ein Gesuch an den LKR, mit der Bitte, geeignete Schritte zu unternehmen, um eine gesunde Entwicklung der Kirchenmusik zu gewährleisten. Da in den kleineren Orten auch in Zukunft die Lehrkräfte „Träger der Kirchenmusik“ sein würden und müssten, und bereits durch die letzte Neuregelung der Lehrerbildung 1914/15 die musikalische Ausbildung der Lehrkräfte in den Hintergrund getreten sei, sah der Antragsteller den LKR in der Pflicht, eine derartige Entwicklung zu verhindern. Er betonte, dass gerade „auf volksmusikalischem und kirchenmusikalischem Gebiete“ die Aufgabe der Volksschullehrkräfte liege.103 Im Antwortschreiben des Ministeriums wurde „die Ausbildung geeigneter Kräfte im Lehrernachwuchs zur Übernahme des Chorregentendienstes auf dem Lande“ als gesichert versprochen. Die Aufnahmeprüfung in Gesang, Harmonielehre und Violine oder Klavier habe hierin seinen Grund, versicherte ein Mitarbeiter im Namen des Ministeriums. „Mindestens die Hälfte der Studenten erfährt durch 4 Semester Ausbildung im Orgelunterricht mit Theorie der Kirchenmusik“104. Wieweit diese Ausbildung tatsächlich in der hier zugesagten Form stattfand, wird sich zeigen. Gemäß dem ministeriellen Schreiben schien die Ausbildung in Kirchenmusik gesichert zu sein. Außerdem führte der Mitarbeiter aus: „Der theoretischen Einführung in den evang[elischen] Religionsunterricht der Volksschule dient je [eine] Wochenstunde im [dritten], und [vierten] Semester, die in der Form der Vorlesung oder auch der Seminarübung erteilt werden kann. Durch die [vier] Semester geht [eine] Wochenstunde religionswissenschaftliche Wahlvorlesung.“105
Zur Übungsschule, die in Pasing zunächst errichtet wurde, schrieb er, dass im evangelischen Religionsunterricht in der Regel die zwei Parallelklassen zusammengenommen würden, sodass insgesamt in jedem der acht Jahrgänge eine evangelische Religionsklasse zustande komme. Die Stundenzahl wurde durch die Vorschriften der Landeslehrordnungen bestimmt. Mit dieser Aussage widersprach der Mitarbeiter Boepples Argument für die Übungsschule, dass die Übungsschulen nicht durch die Landeslehrordnungen erfasst würden. Erteilt werde der Unterricht sowohl von den Professor*innen für evangelische Religionslehre, aber auch von den Volksschullehrkräften der HfL. Die Professor*innen erteilten demnach insgesamt 16–17 Wochenstunden Religionsunterricht, der sich auf zehn bis elf Wochenstunden Religionslehre an der Übungsschule, drei Wochenstunden Lehrproben mit Besprechung, eine Wo103 Vgl. Brief von Heinrich Loeber an den Landskirchenrat der Ev. Luth. Kirche in Bayern über die Neuordnung der Lehrerbildung und das kirchenmusikalische Amt (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003–4338, Roth bei Nürnberg). 104 Brief über die Neuordnung der Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003–4338, München). 105 Ebd., 1 f.
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chenstunde theoretische Einführung und zwei Wochenstunden religionswissenschaftliche Vorlesungen aufgliedern würde106. Als die Vorlesungsverzeichnisse der HfL in Pasing vor ihrer Eröffnung bekannt gegeben wurden, waren die Stellen für evangelischen und für katholischen Religionsunterricht noch nicht besetzt107. Parallel zur Errichtung der neuen Hochschulen existierten bayernweit noch einzelne Klassen der ehemaligen LBA, die an diesen bis zu ihrem Abschluss gebracht wurden. Im April 1935 erging eine Regelung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus an die Rektorate aller LBA, die deren Neuordnung formal regelte. So wurde bestimmt, dass mit der Umstellung auf staatliche Deutsche Aufbauschulen auch die Verwaltung der Gebäude und die Errichtung neuer Gebäude auf die neue staatliche Deutsche Aufbauschule überging: „Das gilt auch für die Gebäude und Errichtung der früheren Lehrerbildungsanstalten Bayreuth und Würzburg, an deren Stelle im Schuljahr 1935/36 staatliche Deutsche Aufbauschulen geführt werden.“108 Die Umwandlung der Lehrerseminare in Deutsche Aufbauschulen vollzog sich sichtbar schneller als die Errichtung der neuen Hochschulen. Problemlos ging diese dennoch nicht vonstatten. So wandte sich der Rektor der Deutschen Aufbauschule Bayreuth im Februar 1936 mit dem Antrag an das Bayerische Staatsministerium, vom Schuljahr 1936/37 an die Abschlussklasse der LBA an die entsprechenden Anstalten in Schwabach und Coburg zu verteilen. Er fügte seinem Schreiben des Weiteren die Bitte bei, an der Bayreuther Hochschule, dessen Leiter er mit ihrer Eröffnung im Oktober 1936 wurde, an Stelle des sogenannten Religionsunterrichts einen Lehrauftrag für Deutsches Christentum zu errichten, wie dies in Jena bereits erfolgt sei109. Anlass für seinen ersten Antrag war eine offensichtliche Raumnot sowohl an der Deutschen Aufbauschule, die im Gebäude der ehemaligen LBA Bayreuth untergebracht war, als auch an der neu errichteten HfL. So sei die Klasse der ehemaligen LBA, die der Deutschen Aufbauschule eingegliedert war, aus Raummangel in der HfL untergebracht110. Insbesondere die Anstrengungen aus Bayreuth zeigen, dass – anders als zu Beginn angenommen – auch in Bayern die Errichtung der Hochschulen und die Abschaffung der LBA nicht konfliktfrei und vor allem nicht nach den 106 Vgl. Brief über die Neuordnung der Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, 0.2.0003–4338, München), 1. 107 Vgl. Vorlesungen und Übungen im Winterhalbjahr 1935/36 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 108 Übergang der Verwaltung der Gebäude der füheren Lehrer-(innen)bildungsanstalten und ihrer Einrichtung (BayHStA München, MK 42282, München). 109 Vgl. Abbau der Deutschen Aufbauschule in Bayreuth (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth). 110 Vgl. Aufteilung der 6. Klasse der früheren Lehrerbildungsanstalt Bayreuth auf die früheren Lehrerbildungsanstalten Schwabach, Coburg, bzw. Erlangen (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth).
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Vorstellungen der zuständigen Rektoren ablief. Finanzielle Argumente spielten in der Regel eine größere Rolle als weltanschauliche, wie das Beispiel der geplanten Errichtung der Übungsschulen in Würzburg und Bayreuth zeigt, die vornehmlich aus wirtschaftlichen Beweggründen heraus nicht eingerichtet wurden. Der finanzielle Aspekt wurde auch bei der Situation der Deutschen Aufbauschulen deutlich, die in den alten Räumen neben den neu eingerichteten Klassen der Deutschen Aufbauschule noch zwei Jahre lang die Abschlussklassen der ehemaligen LBA unterrichten und unterbringen mussten. 5.4.2 Der Dozentenbestand an den bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung Der Lehrkörper an den nationalsozialistischen HfL setzte sich – wie bereits Gutzmann in ihrer Studie ausführlich darlegt – sehr divers zusammen. Es gab keine Dozentenlaufbahn und auch keine Anwärterstellen für die Dozierenden der HfL. Neben promovierten ehemaligen Schulamtsbewerber*innen unterrichteten Volks- und Mittelschullehrkräfte, Kreisschulräte, Universitätsprofessor*innen und sogar Lehrkräfte aus freien Berufen111 ohne jegliche Lehrerfahrung. Am 18. März 1936 setzte der Reichs- und Preußische Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Rust, „Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung“ fest, kündigte in dem Zuge jedoch auch an, dass es verbindliche Richtlinien erst 1938 geben könne, wenn hinreichende Erfahrungen über die HfL vorliegen würden112. Diese Richtlinien, die an die Direktoren der HfL sowie an die Unterrichtsverwaltungen der Länder versendet wurden, bestimmten für die Dozierenden der Allgemeinen und Besonderen Unterrichtslehre, – Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts fielen an den HfL in diesen Bereich – dass diese „möglichst die Lehrbefähigung für die Volksschule haben“ sollten. Daneben liege es in ihrem eigenen Interesse, sowie in dem ihrer Studierenden, wenn sie „oft in einer Schule des Volksschulbezirks der H. f. L., selbst Unterricht erteilen“113. Weitere Vorgaben hinsichtlich der Voraussetzungen, die die Dozierenden mitbringen mussten, wurden hier nicht gemacht. Aus der noch im selben Jahr erlassenen Prüfungsordnung für die HfL wurde noch ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt betreffend die Dozierenden ersichtlich. Für den erfolgreichen Abschluss der HfL benötigten die Studierenden neben anderem auch Dozentengutachten. Diese mussten dem Rektor vorgelegt werden und gaben Mitteilung „über die Teilnahme der Studenten an 111 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 128 f. 112 Vgl. Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Berlin). 113 Ebd.
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den Veranstaltungen im Wahlfach114, an Leibesübungen, Übungen in Musik, Gesang, Zeichnen und Werkarbeit […] und über die Unterrichtstätigkeit.“ Diese Gutachten „müssen ein Urteil über die Leistungen und das Verhalten der Studenten enthalten und sind den Prüfungsakten beizufügen“115. An diesen Bestimmungen wird zweierlei besonders deutlich: An den HfL ging es nicht allein um die wissenschaftliche Ausbildung der Studierenden, wie die Forschung bereits vielfach nachgewiesen hat und die Dozierenden hatten einen massiven Einfluss, der durch die Gutachten über das Unterrichtliche weit hinausging, da diese – beispielsweise in Bayern – teilweise auch den Personalakten der Studierenden beigefügt wurden116. Indem ein Prüfling von der Prüfung zurückgewiesen werden konnte, „wenn sein Charakter oder sein politisches Verhalten den gestellten Anforderungen nicht genügen“117 – ein Aspekt der bezeichnenderweise an erster Stelle genannt wurde, was seine Bedeutung noch unterstreicht – wird einmal mehr deutlich, dass es an den HfL nicht um die wissenschaftliche Ausbildung, sondern um politische, ideologische Beeinflussung ging, bei welcher den Dozierenden auf verschiedenen Ebenen ein enormer Einfluss zugestanden wurde. Daher werden an dieser Stelle die einzelnen Dozenten der bayerischen HfL – soweit Informationen vorliegen – in aller möglichen Kürze präsentiert. Da auch den Rektoren erheblicher Einfluss auf die Ausbildung der Lehrerstudierenden zukam, werden auch sie – soweit möglich – in diese Darstellung einbezogen. Richard Eckstein und Richard Suchenwirth an der Hans-Schemm-Hochschule für Lehrerbildung in Pasing bei München An der Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung in Pasing bei München – die in Bayern als erste der drei geplanten HfL bereits im Schuljahr 1935/36 ihren Betrieb aufnahm – wurde im Juni 1936 der Lehrauftrag für „Evang[elische] Religionswissenschaft mit Methodik des evang[elischen] Religionsunterrichts“ an Richard Eckstein vergeben118. Für das Schuljahr 1935/36 war die Stelle – sowohl für den evangelischen wie auch den katholischen Religionsunterricht – noch nicht besetzt119. Da Religion gemäß den späteren Arbeits114 Dieser Aspekt war beispielsweise in der bayerischen Prüfungsordnung nicht enthalten. Vgl. Prüfungsordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München). 115 Zu W L 2491, E II a, E II b, M. (a) (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 116 Vgl. Prüfungsordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München). 117 Zu W L 2491, E II a, E II b, M. (a) (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 118 Lehrgebiete und Lehraufträge (BayHStA München, MK 42096, München). 119 Vgl. Vorlesungen und Übungen im Winterhalbjahr 1935/36 (BayHStA München, MK 42370, Pasing).
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plänen allerdings erst ab dem zweiten Semester für die Belegung vorgesehen war, war eine Besetzung der Stelle zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig. Allein für das Wahlfach, unter welches auch Religionswissenschaft fiel, war in Aussicht genommen weitere Ankündigungen zu machen120. Ob diese im Winterhalbjahr 1935/36 erteilt worden sind, muss jedoch angesichts der Quellenlage offenbleiben. Ab dem Sommerhalbjahr 1936 kann Ecksteins Arbeit an der HfL als sicher gelten, wie der Arbeitsplan der Hochschule für dieses Halbjahr zeigt121. Die letzten belegten Vorlesungen hielt Eckstein im Wintersemester 1938/39122. Es ist jedoch auch hier davon auszugehen, dass Eckstein in den letzten Semestern der bestehenden HfL in Pasing weiterhin Unterricht erteilt hat. Eckstein hat in seiner Zeit an der HfL Pasing zahlreiche antijüdische Schriften vorgelegt. Käbisch zählt ihn zu den „vergessenen Religionspädagogen“ und ordnet ihn in die Gruppe derjenigen Dozenten, die außerhalb Preußens gelehrt haben und die in der Forschung häufig nicht oder nur wenig beachtet werden123. Erst für die Zeit nach 1945 lassen sich von Eckstein religionspädagogische Schriften nachweisen124, sodass für seine religionspädagogische Ausrichtung vor 1945 nur die Vorlesungsbezeichnungen an den HfL Aussagen zulassen125. Rektor der HfL Pasing war nach Dr. Edmund Abb, der die Hochschule in ihrem ersten Schuljahr 1935/36 führte126, Dr. Richard Suchenwirth, der zusätzlich Deutsche Geschichte lehrte. Über ihn und seine Rolle an der HfL in Pasing liegen ebenfalls noch keine weiteren Untersuchungen vor127. Seine Vorlesungen und Vorträge, beispielsweise auf der Schulungstagung des Amtes für Erzieher zum Thema „Der Reichsgedanke in der deutschen Geschichte“128 lassen jedoch ein nationalsozialistisch geprägtes Geschichtsbild erkennbar werden, das auch mit der Bezeichnung seines Unterrichtsfaches „Deutsche Geschichte“ übereinstimmt129. Eine inhaltlich nationalsozialistisch ausge120 Vgl. Vorlesungen und Übungen im Winterhalbjahr 1935/36 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 121 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung Pasing vor München. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1936 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 122 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung München-Pasing. Wintersemester 1938/39 (BayHStA München, MK 42370, [Pasing]). 123 Vgl. Käbisch, Typologie, 160. 124 Beispielsweise seine Reihe „Wir antworten: Männer und Frauen der evangelischen Kirche stehen jungen Menschen Rede und Antwort in Fragen des Glaubens“ aus der Zeit zwischen 1955 und 1957. Vgl. Eckstein, Wir antworten. 125 Eine Auswertung seiner – von Käbisch 2011 angesprochenen – antijüdischen Schriften steht noch aus, kann jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. 126 Vorlesungen und Übungen im Winterhalbjahr 1935/36 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 127 Suchenwirth steht jedoch bereits 1926 in persönlichem, brieflichem Kontakt mit Hitler. Vgl. dazu Institut für Zeitgeschichte, Reden. 128 Schulungstagung des Amtes für Erzieher (LAELKB Nürnberg, 0.2.0004-525). 129 Suchenwirth war außerdem Mitbegründer der NSDAP Österreich, was seine nationalsozialistische Überzeugung weiterhin offenlegt. Vgl. Klee, Personenlexikon, 614 f.
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richtete Ausbildung der in Pasing ausgebildeten Lehrkräfte liegt angesichts der Lehrpersönlichkeiten nahe und zeigt sich auch in den gehaltenen Vorlesungen. Friedrich Wärthl und Dr. Eduard Kolb an der HfL in Bayreuth In Bayreuth wurde der Unterricht in evangelischer Religionslehre an der HfL nachweislich ab dem Sommerhalbjahr 1937 von Friedrich Wärthl erteilt, über den nichts weiter bekannt ist. Auffällig ist jedoch, dass Wärthl neben seinem kommissarischen Lehrauftrag in Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts auch an verschiedenen Veranstaltungen im Bereich Vererbungslehre und Rassenkunde beteiligt war130. Dies legt nahe, dass das in den Bereichen Vererbungslehre und Rassenkunde inhärente nationalsozialistische Weltbild von ihm auch in Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts vertreten worden ist. Die letzten Hinweise auf seine Tätigkeit an der HfL ergeben sich für das Winterhalbjahr 1938/39131. Kolb wurde im Rahmen der feierlichen Eröffnung der HfL in Bayreuth in seiner Position als Leiter dieser Hochschule durch Staatsrat Boepple bestätigt132. Kolbs Rede anlässlich der Eröffnung der Hochschule lässt Rückschlüsse auf sein Verständnis von den Zielen der HfL und auf seinen Führungsstil dieser Hochschule zu. So sei die wesentliche Aufgabe der HfL die Erziehung zur Zugehörigkeit zur „Gesamtheit“ des Volkes. Die Persönlichkeit des einzelnen Menschen habe mit dieser Einheit in Verbindung zu stehen. Kolb, der seine Ausführungen mit Verweis auf Hitlers Mein Kampf stützte, sah in der „neubegründete[n] Hochschule für Lehrerbildung eine Burg des Dienens, des Kämpfens und des Glaubens“. Die Aufgabe der künftigen Lehrkräfte sei es, „Träger des deutschen Kulturwillens, Vorbild soldatischer Haltung und politischer Offizier in seiner weltanschaulichen Arbeit“ zu sein. Das Deutsche Nachrichtenbüro berichtete, dass Kolb seine Rede „mit dem Gelöbnis, diesem Ideal nachzustreben“ beendet habe133. Kolbs Verständnis von „Glauben“ ist nicht im christlichen, bekenntnismäßigen Sinne zu verstehen, wie bereits seine Jahresberichte als Leiter der LBA in Bayreuth deutlich machen. Erwähnenswert ist noch die Deutsche Aufbauschule in Bayreuth, die an Stelle der ehemaligen LBA eingerichtet wurde. Da hier im März 1937 die letzten Schüler dieser LBA ihren Abschluss gemacht haben, soll auch das Lehrpersonal dieser Schule kurz in den Blick genommen werden. W. Hermann, der zuvor an der LBA in Bayreuth Religionsunterricht erteilte, unter130 Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1937 (BayHStA München, MK 42099, Bayreuth). 131 Bericht über den Religionsunterricht an der Übungsschule der Hochschule für Lehrerbildung in Bayreuth (LAELKB Nürnberg, KKU 22 II , München). 132 Die Lehrerbildung im nationalsozialistischen Staat. Eröffnung der Bayreuther Hochschule für Lehrerbildung durch Staatsrat Dr. Boepple (BayHStA München, MK 42096). 133 Ebd.
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richtete hier sowohl Religionslehre in den unteren Klassen (zweite bis sechste) sowie im Schuljahr 1935/36 an den beiden Abteilungen der Übungsschule. In der sechsten Klasse, also der Abschlussklasse der ehemaligen LBA erteilte er dazu den Unterricht in der Methodik des Religionsunterrichts134. Dr. Kurt Schwindel und Johannes Guthmann an der HfL in Würzburg An der HfL in Würzburg wurde der Religionsunterricht von Kirchenrat Dr. Kurt Schwindel gegeben. Der Lehrauftrag wurde vom bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus durch Erlass vom 21. Dezember 1938 erteilt135, als kommissarischer Dozent war er jedoch bereits seit Eröffnung der Hochschule an derselben tätig136. Schwindel, über dessen religionspädagogische Ansätze ebenso wenig bekannt ist, wie bei den Dozierenden der anderen beiden bayerischen Hochschulen, stand einerseits mit kirchlichen Stellen in Kontakt, wenn es um den Besuch seines Unterrichts durch die Studierenden ging und wurde andererseits durch den Leiter der Hochschule durchaus positiv beurteilt. So schrieb Johannes Guthmann, als es um die Ernennung eines Ermittlungsführers an den bayerischen Hochschulen ging, in seinem Schreiben mit den Besetzungsvorschlägen an das RMWEV in Berlin: „Schwindel und Wagner sind beide ebenso kameradschaftlich mit den Studenten wie entschieden in der Wahrung jener Grenze zwischen Studenten und Dozenten, die auch beim besten Verhältnis nicht überschritten werden darf. Schwindel zeichnet sich vor allem durch sachlich klaren Entscheid in freundlicher Form aus.“137
Im Ergebnis wurde Schwindel als Vertreter des Ermittlungsführers an der HfL in Würzburg ernannt138. Diese Ernennung lässt aus nationalsozialistischer Sicht auf mindestens politische Zuverlässigkeit des Genannten schließen. Wie bereits Wärthl in Bayreuth erteilte auch Schwindel – jedoch anders als dieser in alleiniger Verantwortung – Veranstaltungen im Bereich der „Biologie, Erblehre, Rassen- und Sippenkunde“139. Seine „Expertise“ wird hier durch den Bezug zu den Kirchenbüchern sichtbar, die in der hier aufgeführten Wahlpflichtvorlesung „sippenkundlich“ bearbeitet werden sollten. Die Verbindung von Religion und nationalsozialistischer Weltanschauung wird an dieser Stelle besonders deutlich. 134 Vgl. Jahresbericht der Deutschen Aufbauschule und der beiden letzten Klassen der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth 1935/36 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]). 135 Vgl. Schreiben mit der Ziffer E I d 2397 über die Lehraufträge in Religion (BayHStA München, MK 42098, Berlin). 136 Vgl. Arbeitsplan für das Winterhalbjahr 1936/37 (BayHStA München, MK 42099, Würzburg). 137 Ernennung eines Ermittlungsführers (BayHStA München, MK 42098, Würzburg). 138 Vgl. Zum Bericht vom 3. 9. 1937 – II. 44 645 (BayHStA München, MK 42098, Berlin). 139 Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1938 (BayHStA München, MK 42099, Würzburg).
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Auch zu Schwindels Religionspädagogik liegen keine eigenen Studien vor. Ein Blick in das 1940 von ihm herausgegebene Lehrbuch140 zeigt aber, dass er – trotz sichtbarer Zeitgebundenheit die sich nicht nur in zahlreichen Militarismen spiegelt – in seiner unterrichtlichen Tätigkeit offensichtlich weder explizit nationalsozialistisch noch deutsch-christlich beeinflusst war. Vielmehr weisen seine Ausführungen eine gewisse Distanz zum historischen Kontext auf, mit deutlich starker Betonung des biblischen Textes. Gute Beispiele hierfür bieten seine Ausführung einerseits zur Passionsgeschichte die als Leidensweg Christi zu verstehen sei141, sowie anderseits seine Worterläuterung zu den Pharisäern, bei der kein Zusammenhang zwischen Pharisäern und dem jüdischen Volk hergestellt wurde142, wie er sonst häufig zu finden war. Mit Blick auf die an den bayerischen HfL angestellten Dozenten lässt sich, soweit Quellengrundlagen vorliegen, feststellen, dass diese keine die Religionspädagogik nachhaltig prägenden Gestalten waren. Vielmehr handelte es sich in der Mehrzahl um Theologen.143 5.4.3 Die Deutsche Aufbauschule Die Idee einer Aufbauschule, als Form der höheren Schule zur wissenschaftlichen Ausbildung der Volksschullehrkräfte vor ihrer eigentlichen Berufsausbildung an einer PA, existierte bereits in den Debatten um die Neuordnung der Lehrerbildung 1925144. In einer Darstellung des Wesens und der Bedeutung der sogenannten Deutschen Aufbauschule, wurde diese betontermaßen in Abgrenzung zu den bisherigen LBA charakterisiert. Die Deutsche Aufbauschule war dabei als höhere Schule vorgesehen, welche das Reifezeugnis übermittelte und damit die Berechtigung zum Besuch einer Hochschule erteilte. Dabei sollte sie keinen besonderen Berufsstand, also den Volksschullehrerstand, ausbilden, gleichzeitig sollte jedoch die Landjugend in besonderer Weise angesprochen werden. Fächer, welche das deutsche Kulturgut vermittelten, hatten in der Deutschen Aufbauschule im Mittelpunkt zu stehen, besonders genannt seien hier die Fächer Kultur- und Volkskunde, Religion,
140 Es richtete sich sowohl an Lehrer, die keine Zeit zur gründlichen Unterrichtsvorbereitung haben, als auch an Berufsanfänger und Hilfskatecheten, die gar keine Ausbildung für den Religionsunterricht haben. Er betonte dabei, dass dieses Buch jedoch keinen Ersatz für eigene Textarbeit der Lehrkräfte darstellt. Vgl. Schwindel, Geschichten, 3. 141 Vgl. ebd., 104. 142 Vgl. ebd., 42–44. 143 Eine eingehendere Untersuchung der religionspädagogischen Standpunkte der genannten Dozenten war im Rahmen der vorliegenden Arbeit leider nur begrenzt möglich. Für einen deutlicheren Blick auf die Geschichte der Religionspädagogik zwischen 1933 und 1945 wäre eine solche jedoch sicher ertragreich. 144 Vgl. Landtagsverhandlungen in Württemberg (BayHStA München, MK 42091, Stuttgart).
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Geschichte und Volkswirtschaftslehre145. Die Forderung nach dieser Art der höheren Schule, die vielfach auch von Seiten der Lehrkräfte geäußert worden war, und auch hier bereits in Verbindung mit dem Erziehungsziel zur „Verwurzelung des deutschen Menschen im deutschen Volkstum, Lebensnähe, Weltweite“ stand146, wurde 1932 durch Stark auch durch die Nationalsozialisten erhoben147. An diesen Anspruch schloss die Errichtung der Aufbauschulen in Bayern ab 1934 an. Im Rahmen der Einrichtung der HfL auch in Bayern sollten die an den Stätten der ehemaligen LBA eingesetzten Deutschen Aufbauschulen vorrangig der Gewinnung von Schüler*innen für die HfL dienen. Über deren Charakter wurde auch jetzt ganz im Sinne der Lehrkräfte die Abgrenzung zu den früheren Präparandenschulen hervorgehoben. Die Aufbauschule wurde in diesem Zuge bestimmt als allgemeinbildende, höhere Lehranstalt, die in ihrem Unterricht auf die Volksschule aufbauen sollte. Inhaltlich sei dabei besonders das Deutschtum zu betonen. Während zwar generell, wie in früheren Äußerungen, für jede Berufslaufbahn vorbereitet werden sollte, lieferten die Aufbauschulen nach diesen Vorstellungen genau das, was man von der neuen Lehrerbildung erwartete. Daher sollten die Studierenden der HfL hauptsächlich von diesen Aufbauschulen stammen148. Während zwar die Abgrenzung zur Präparandenanstalt betont wurde, zeigte sich jedoch die inhaltlich und institutionell deutliche Nähe zu ihnen. Im Zuge der Umwandlung der früheren LBA in die Deutschen Aufbauschulen wurden sowohl die Verwaltung der Gebäude als auch ihre Einrichtungen auf die neuen Aufbauschulen übertragen149, ebenfalls lässt sich eine Kontinuität im Personalbestand der Anstalten festhalten, wie beispielsweise in Bayreuth. Die fünfte und sechste Klasse der ehemaligen dortigen LBA wurde an der Deutschen Aufbauschule zu ihrem Abschluss geführt150. Neu war, dass nun die Lehrkräfte des Religionsunterrichts erstmals an der Einführung der Schüler*innen in die Schulpraxis beteiligt waren151. Die Tatsache, dass hier die ehemaligen LBA weitestgehend lediglich umbenannt wurden zeigt – in Parallelität zur Umbenennung der PA in HfL – dass es auch hier vor allem darum ging sich von dem Alten nach Außen hin abzugrenzen und den ehemaligen 145 Vgl. Die Deutsche Aufbauschule ihr Wesen und ihre Bedeutung (LKAE Eisenach, 21-017 1 174 3). 146 Gestaltungsplan der Aufbauschule (BayHStA München, MK 42095, München). Hervorhebungen im Original. 147 Vgl. Stark, Nationalsozialismus, 9. 148 Vgl. Errichtung von Hochschulen für Lehrerbildung; hier Auslegung des Staatsvertrags mit Coburg (BayHStA München, MK 42248, München). 149 Vgl. Übergang der Verwaltung der Gebäude der füheren Lehrer-(innen)bildungsanstalten und ihrer Einrichtung (BayHStA München, MK 42282, München). 150 Vgl. Jahresbericht der Deutschen Aufbauschule und der beiden letzten Klassen der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth 1935/36 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]). 151 Vgl. ebd., 16.
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LBA einen nationalsozialistischen Anstrich zu geben, wie die Gestaltung des Schullebens der Anstalt deutlich macht. Hinsichtlich Inhalt und Gestaltung des Schullebens der Anstalt zeigte sich zunächst in deutlicher Kontinuität zur früheren LBA die hohe Bedeutung der Feierlichkeiten für das Schulleben. Während einerseits ein allgemeiner Schulgottesdienst unter dem Leitwort aus Lk 9,62 weiterhin Teil des Schullebens blieb und sich hier zwar auch eine nationalsozialistische Lesart durch die Abgrenzung des Nationalsozialismus von der Weimarer Republik nahelegen ließe, besaß andererseits die monatliche Hissung der Hakenkreuzfahne eine ungleich höhere Bedeutung. Offenbar scheute man sich noch davor, gänzlich mit den kirchlichen Traditionen zu brechen, zugleich wurde die neue Ausrichtung auf die politische Religiosität des Nationalsozialismus, in welchem das Hakenkreuz als Heilszeichen galt, deutlich152. Dies deckt sich mit der Feststellung, dass in der Auflistung der begangenen Fest- und Feiertage kirchliche Feiertage gänzlich fehlten. An der Darstellung des Ablaufs des Erntedankfestes wird die neue, nationalsozialistische Ausrichtung des Schullebens besonders deutlich, wenn hier die gewollte Betonung der Blutund-Boden-Ideologie sichtbar wird153. Die Begeisterung der Schüler*innen an den nationalsozialistischen Gliederungen, genannt seien hier besonders SA, SS und HJ, wurde extra hervorgehoben154. Daneben sei auf das, im Jahresbericht ebenfalls aufgeführte, Ritual bei der monatlichen Flaggenhissung verwiesen, in welchem insbesondere das „Bekenntnis“ zur „großen Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes“155, die Vermischung von religiösem Empfinden mit nationaler, völkischer Begeisterung verdeutlicht, wobei auch die militärischen Elemente des Vorgangs auffallend sind. Zuletzt zeigen die Themen der Abschlussprüfung in Religion an dieser Anstalt, dass offensichtlich der Absolutheitsanspruch des Christentums sichtbar in Frage gestellt wurde, und zugleich auch die Themen der Lehrproben mit der Thematisierung von „Luthers Haus“ auf das völkische Idealbild der Familie zu dringen schienen. Die Zugrundelegung der Krieckschen Erziehungsideale ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend156. Der Blick auf die Deutsche Aufbauschule in Bayreuth zeigt, dass der Anstaltsleiter, der zuvor schon im Rahmen seiner Amtseinsetzung an der LBA das schulische Leben nationalsozialistisch ausgerichtet hatte, innerhalb dieser Neueinrichtung großen Spielraum für seine eigenen, religiös-völkischen Vorstellungen hatte. Christliche Religion im Sinne des Bekenntnisses verlor vor diesem Hintergrund vollständig ihre Bedeutung. 152 Vgl. Jahresbericht der Deutschen Aufbauschule und der beiden letzten Klassen der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth 1935/36 (BayHStA München, MK 42214, [Bayreuth]), 18. 153 Vgl. ebd., 18 f. 154 Vgl. ebd., 20. 155 Ebd., 35 f. 156 Vgl. ebd., 17.
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5.5 Kontinuität in Thüringen: Das Pädagogische Institut in Jena Anfang 1935 wurde für das Volksschullehrerstudium durch das Thüringische Volksministerium eine Dauer von sechs Semestern vorgegeben. Die Verantwortlichkeit lag dabei sowohl bei der Universität, welche für die Wissensvermittlung in Pädagogik und den damit verbundenen Fachbereich zuständig war, als auch beim PI. Als neues Studienfach im Rahmen des Universitätsstudiums wurde der Bereich Volkslehre festgelegt. Er umfasste Vererbungs- sowie Erbgesundheitslehre und Rassenkunde, unter anderem unter Berücksichtigung der „erblichen Unterschiede innerhalb der Gattung Mensch und ihre Einwirkung auf die Geschichte der Völker“157. Das PI erhielt die Aufgabe der praktisch-pädagogischen Ausbildung und erstreckte sich dementsprechend auf die Einführung in die Unterrichtspraxis der wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Unterrichtsfächer. Das Studium in Religion erfolgte auf wahlverbindlicher Basis durch die Teilnahme an didaktischen Arbeitskreisen, von denen laut ministerieller Anordnung mindestens fünf verbindlich zu belegen waren158. Der Bedeutungsgewinn des Themas Rassenkunde wird auch an anderer Stelle deutlich. Weiß, Direktor des PI, erarbeitete im Juli 1935 gemeinsam mit Karl Astel Richtlinien über die Teilnahme von Studierenden des Instituts an dessen Vorlesungen. Dabei wurden insgesamt drei Vorlesungen als verpflichtend erklärt, wobei diese möglichst zu Beginn des Studiums zu hören seien. Der Besuch zusätzlicher Vorlesungen stehe besonders interessierten Studierenden frei. Der Nachweis über den Besuch der Vorlesungsreihen erfolgte über eine Prüfung, welche als Zulassungsvoraussetzung zur Prüfung für das Lehramt an der Thüringischen Volksschule festgelegt wurde159. Eine Angleichung des thüringischen Sonderwegs an die Gestaltung der Volksschullehrerausbildung im übrigen Reich erfolgte zum Sommersemester 1937. Zunächst wurde Anfang 1936 offenbar auf Anweisung des Reichsministeriums die Studiendauer auch in Thüringen auf zwei Semester herabgesetzt. Diese Kürzung erforderte eine Umstrukturierung des Studienablaufs in dem Sinne, dass „die Vorbedingungen für die Zulassung zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an der Thüringer Volksschule nach [vier] Semestern voll erfüllt sein werden“160. In der Folge wurden vor allem die vorgesehenen Stunden für die Methodikfächer – neben Religion umfassten diese 157 Vgl. Verfassung der Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Weimar). 158 Vgl. ebd., 2. 159 Vgl. Antwort an den Thüringischen Minister für Volksbildung auf das Schreiben unter der Ziffer IV A IV 30,2 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Jena). 160 Entwurf über die Regelung der Volksschullehrerbildung zum Schreiben unter der Ziffer W I L 2458, E II a M vom 10. 12. 1935 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Weimar).
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Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Biologie, Physik und Chemie sowie Rechnen und Raumlehre – auf je zwei Stunden gekürzt. Mit 16 Stunden für Erziehungswissenschaft und sechs Stunden für Rassenkunde und Vererbungslehre wurde diesen Fächern nach wie vor großer Raum zugestanden161. Die Sonderregelung in Thüringen, nämlich dass hier die Volksschullehrkräfte an der Universität studierten, „weil der zuständige Reichsstatthalter sich bisher nicht hat entschließen können, die Verbindung der Volksschullehrerausbildung mit der Universität zu lösen“162, widersprach ganz offenbar den Plänen Rusts, die Lehrerbildung für das Reich einheitlich zu regeln. Der Grund für Fritz Sauckels Unterstützung des PI lässt sich den Quellen nicht entnehmen und überrascht angesichts der Tatsache, dass er sich auf einer Gauleitertagung in Hannover am 1. Dezember 1938 explizit gegen die akademische Lehrerbildung aussprach und konstatierte, dass die „jungen zukünftigen Lehrer viel zu früh dem Leben der Volksschule entfremdet“ würden163. Es ist anzunehmen, dass die Ursachen für den Weiterbestand des PI in Jena mehrheitlich in finanziellen Gründen und weniger in ideologischen Argumentationen zu finden sind. So bestanden zwischen 1936 und 1937 nachweislich Pläne zur Errichtung einer HfL in Eisenach für das Gebiet Thüringen.164 Die „dem Pädagogischen Institut in Jena zur Verfügung stehende Baracke ist als Ausbildungsstätte für die thüringischen Volksschullehrer völlig unzureichend“, da jedoch die finanzielle Lage Thüringens die eigenständige Errichtung einer HfL nicht zuließ, wurde von Seiten des Thüringischen Volksbildungsministeriums das Reichsministerium um finanzielle Beteiligung gebeten. Als möglicher Standort wurde Eisenach in den Blick genommen, da Jena „an der Peripherie des in Frage kommenden preußischen Gebietes […] und in zu großer Nähe der bestehenden Hochschulen für Lehrerbildung […] liege“165. Schon im Vorjahr war allerdings aus finanziellen Erwägungen, unter Berücksichtigung des tatsächlich erwarteten Bedarfs an preußischen Schulamtsbewerbern, der finanziellen Beteiligung durch das Reichsministerium eine Absage erteilt worden166. Dennoch liefen in Thüringen mit Unterstützung des Reichsstatthalters die Planungen für die Errichtung einer „Fachschule für Lehrerbildung“ weiter, im Haushaltsplan 1938 wurden 161 Vgl. Entwurf über die Regelung der Volksschullehrerbildung zum Schreiben unter der Ziffer W I L 2458, E II a M vom 10. 12. 1935 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Weimar)., Bl. 184v–Bl. 184r. 162 Abschrift der Antwort auf das Schreiben vom 3. 2. 1939 unter der Ziffer St.M.I.171 (LATh – HStA Weimar, 6-22-001 Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 359, Berlin). Hervorhebung im Original. 163 Redemanuskript zur Gauleitertagung in Hannover am 29. 11. 1938 über Grundsätzliches zur Frage der Lehrerausbildung (LATh – HStA Weimar, 6-22-001 Der Reichsstatthalter in Thüringen Nr. 359, Weimar). 164 Vgl. Errichtung einer Hochschule für Lehrerbildung (LATH – HSTA WEIMAR, 6-32-0010 THÜRINGISCHES FINANZMINISTERIUM NR. 2388, Weimar). 165 Ebd. 166 Vgl. Abschrift der Antwort zum Schreiben vom 24. 4. 1936 mit der Ziffer IV a IV 30,2 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0010 Thüringisches Finanzministerium Nr. 2388, Berlin).
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die Mittel für den Bau einer solchen Fachschule eingeplant167. Zugleich schien offenbar die Annahme vorhanden gewesen zu sein, dass in Jena eine weitere Anstalt für Lehrerbildung eingerichtet würde168. Die Pläne für die Errichtung einer Thüringischen HfL wurden nicht ausgeführt, es blieb beim PI. Die Gründe dafür sind nicht belegt, es ist jedoch anzunehmen, dass sie vor allem finanzieller Natur waren. Die inhaltliche Gleichschaltung der Studienpläne wurde fokussiert, nun galten auch in Jena diejenigen der HfL. Ab dem Sommersemester 1937 wurden diese auch für die Studierenden des PI Jena verbindlich. Religion war jetzt nicht mehr als eigenständiges Fach vorgesehen169. Mit Blick auf das PI sind für diese Phase im Wesentlichen zwei Personalia von Bedeutung. Zum einen die des Leiters des Instituts Weiß, sowie diejenige des Religionsprofessors des PI, R. Barth. Beide waren bereits zuvor am Institut tätig. Die Bedeutung von Weiß für die Volksschullehrerbildung in Jena ergibt sich einerseits aus der Tatsache, dass die Jenaer Erziehungswissenschaft generell stark von einzelnen Persönlichkeiten sowie Persönlichkeitskonstellationen geprägt war170. Zu der nach 1933 bestimmenden Personenkonstellation gehörte, neben Petersen und Theodor Scheffer, der ab 1937 an der Universität war, Weiß als Leiter des PI, zu dem er im März 1930 von Volksbildungsminister Frick ernannt worden war171. Weiß kam 1910 als Klassenlehrer an die Übungsschule des Pädagogischen Seminars nach Jena und wurde 1940 durch den RMWEV zum außerordentlichen Professor ernannt. 1945 musste er aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NSDAP seinen Dienst an der Universität Jena beenden172. Michael Koch und Matthias Schwarzkopf konstatieren eine gewisse Spannung in der Beurteilung von Weiß in der Zeit des Nationalsozialismus. So sei er einerseits als politisch unzuverlässig eingeschätzt worden, behielt aber seine Position als Leiter des PI auch bei dessen Umwandlung in eine LBA ab 1942 und erfuhr durch seine Ernennung zum außerplanmäßigen Professor 1940 sogar einen gewissen Bedeutungsgewinn173. Ein Beispiel sei an dieser Stelle für die Einschätzung von Weiß als unzuverlässig genannt: Im April 1937 verfasst die Studentenführung der Friedrich-Schiller-Universität in Jena eine Denkschrift über die Lehrerbildung in Thüringen, in welcher ausführlich die „in167 Vgl. Beschluss zum Bau einer Fachschule für Lehrerbildung unter der Ziffer IVA IV 30,2 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0010 Thüringisches Finanzministerium, Nr. 2388, Weimar). 168 Vgl. Schreiben des Thüringischen Kreisamts zum Neubau der Anstalt für Lehrerbildung (LATh – HStA Weimar, 6-32-0010 Thüringisches Finanzministerium Nr. 2388, Jena). 169 Vgl. Antwort auf das Schreiben vom 15. 10. 1936 über die Ausbildung der Volksschullehrer (UAJ Jena, M 760, Weimar). 170 Vgl. Koch / Schwarzkopf, Konzepte, 772. 171 Vgl. ebd., 773. 172 Vgl. ebd., 774. 173 Vgl. ebd.
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neren Mißstände“ der Lehrerbildung – insbesondere mit Blick auf die „äußeren organisatorischen Mißstände“, die im Schreiben „unberührt“ bleiben sollten – ausgeführt wurden. Diese „inneren Mißstände“ bezogen sich vollständig auf die Person von Weiß. Die Studierenden stellten fest, dass die „Ausbildung des nationalsozialistischen Lehrers nicht gewährleistet“ sei da erstens Weiß kein Nationalsozialist sei, dieser zweitens keine eigene praktische Erfahrung mitbringe und er drittens bewiesen habe, „daß er das Bild des nationalsozialistischen Erziehers nicht in sich trägt“. Um die von den Studierenden festgestellten Mängel abzustellen sei die „Grundbedingung“ die Abberufung von Weiß174. Der Hintergrund für diese Denkschrift der Studierenden lässt sich den Quellen nicht entnehmen. Deutlich wird jedoch, dass wenigstens die beiden erstgenannten Punkte nicht den Tatsachen entsprochen zu haben scheinen. Was den letzten Punkt betrifft, ist die Einordnung schwieriger, da Weiß während des Nationalsozialismus keine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht hat175. Ausgehend von seinen früheren Publikationen ist jedoch ersichtlich, dass Weiß in seinem pädagogischen Denken maßgeblich durch Johann Friedrich Herbart geprägt war176. Es scheint, laut Koch/Schwarzkopf, kaum eine Schrift zu geben, in der Weiß nicht auf Herbart Bezug genommen habe. Zugleich ist auch eine gewisse Nähe zur Pädagogik Reins erkennbar, die sich unter anderem in der Verknüpfung von Nachdenken über Pädagogik mit praktischer pädagogischer Arbeit niederschlug177. Diese Verknüpfung zeigte sich auch in seinem Einsatz für das Landschulpraktikum am Institut178. Insgesamt weise das pädagogische Denken von Weiß Anpassungsmöglichkeiten an das NS-Regime und dessen Ideologie auf, so sei bspw. sein Bildungsideal ein vorrangig nationales Ideal179. Sein Einsatz für die Integration rassenkundlicher Vorlesungen in das Volksschullehrerstudium ging ebenfalls in diese Richtung180. So ist Koch/Schwarzkopf zuzustimmen, wenn diese zeigen, dass sich auch in der Weißschen Pädagogik, trotz gewisser inhaltlicher Spannungen, die Fähigkeit zur Anpassung an das nationalsozialistische System ergab181. Über R. Barth ist weniger bekannt als über den Pädagogen Weiß, dennoch lassen sich anhand der Quellen einige Aussagen über ihn und sein Verständnis 174 Denkschrift über die Lehrerbildung in Thüringen (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 282, Jena). Hervorhebungen im Original. 175 Vgl. Koch / Schwarzkopf, Konzepte, 774 f. 176 Vgl. Weiss, Johann; Ders., Herbart. 177 Vgl. Koch / Schwarzkopf, Konzepte, 775. 178 Vgl. Regelung zur Durchführung eines Landschulpraktikums (LATh – HStA Weimar, 6-320040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Jena). 179 Vgl. Koch / Schwarzkopf, Konzepte, 776. 180 Vgl. Antwort an den Thüringischen Minister für Volksbildung auf das Schreiben unter der Ziffer IV A IV 30,2 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 281, Jena). 181 Vgl. Koch / Schwarzkopf, Konzepte, 787.
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von evangelischem Religionsunterricht treffen. Über seine pädagogische Ausrichtung geben unter anderem die Vorbemerkungen zu einem von ihm verantworteten Religionslehrplan Auskunft182. Anfang 1935 wurde R. Barth, damals bereits offenbar als Dozent am PI in Jena tätig, von Wächtler mit der Erarbeitung von Volksschullehrplänen beauftragt. Die Begründung: da die Dozenten des PI die künftigen Volksschullehrkräfte in die Unterrichtspraxis einführen, müsste diese möglichst bald in nationalsozialistischem Sinn ausgestaltet werden183. Wächtler ging offenbar davon aus, dass R. Barth in der Lage sei, diesen nationalsozialistischen Geist in die Lehrpläne zu bringen. Das Schreiben Wächtlers gibt nochmals einen kurzen Blick auf eine offenbar wohlwollende Einschätzung der nationalsozialistischen Gesinnung von Weiß, der am PI Arbeitsgemeinschaften leitete, welche „das Grundsätzliche der im nationalsozialistischen Geiste zu leistenden Arbeit im Pädagogischen Institut herausstellt“184. R. Barth beschrieb wenige Wochen nach dem Auftrag durch das Ministerium die ihm gestellte Aufgabe folgendermaßen: „Die Umgestaltung der drei Anschauungsschulen im Geiste der nationalsozialistischen Bewegung und im Sinne des Dritten Reiches. Alle Lehrpläne sollen deshalb unter drei Gesichtspunkten durchgearbeitet werden: volksverbunden, volksverantwortlich, volkstümlich.“185
Die von ihm verantworteten Lehrpläne sollten unter den „nationalpolitischen Gesichtspunkt“ gestellt und zugleich so offen formuliert sein, dass „das fortlaufende nationalpolitische Geschehen“ jederzeit aufgenommen werden könne186. Der Lehrplan für den Religionsunterricht war offenbar einer der ersten, welche fertig gestellt werden konnten187. Der von R. Barth verantwortete Lehrplan zeugte besonders von dessen Nähe zu den DC, wenn er die Prägung von Religion aus der Geschichte der deutschen Gegenwart annahm. Gleichzeitig wurde deutlich, dass für ihn religiöse Tradition im Sinne religiöser 182 Vgl. Abschrift des Lehrplans für den Religionsunterricht in den Volksschulen (Thüringen) (LKAE Eisenach, 23-003 217, Jena). 183 Vgl. Anordnung unter der Ziffer IVA IV 30,11 über die Anpassung der Lehrpläne an den Geist des Nationalsozialismus (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Weimar). 184 Ebd., Bl. 17r. 185 Nr. 1 der Berichte über den Fortschritt der Arbeit an den drei Anschauungsschulen des Pädagogischen Institutes Jena betreffend die Anordnung Nr. IVA IV 30,11 vom 22. 3. 1935 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Jena). 186 Nr. 2 der Berichte über den Fortschritt der Arbeit an den drei Anschauungsschulen des Pädagogischen Institutes Jena betreffend die Anordnung Nr. IVA IV 30/11 vom 22. 3. 1935 (LATh – HStA Weimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungministerium, Nr. A 327, Jena). Hervorhebungen im Original. 187 Vgl. Nr. 1 der Berichte über den Fortschritt der Arbeit an den drei Anschauungsschulen des Pädagogischen Institutes Jena betreffend die Anordnung Nr. IV A IV 30,11 vom 22. 3. 1935 (LATh – HStAWeimar, 6-32-0040 Thüringisches Volksbildungsministerium Nr. A 327, Jena).
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Sittlichkeit einen gewissen Stellenwert besaß, wenngleich diese inhaltlich durch die Standpunkte der DC bestimmt war. Die nationalsozialistische Ideologie wurde unhinterfragt und ohne erkennbaren inneren Widerspruch übernommen, wie bereits aus der Zielsetzung für die Lehrplanarbeit im Blick auf deren Volksverbundenheit erkennbar geworden ist188. Bemerkenswert ist auch, dass neben den deutsch-christlich völkisch geprägten Vorstellungen von Jesus dem Kämpfer189 und von der Offenbarung Gottes in der Welt auch die Gottesoffenbarung im Alten Testament ihren Platz im Lehrplan erhielten.190 Die Verschränkung von überzeugt präsentierter nationalsozialistischer und deutsch-christlicher Ideologie bei gleichzeitiger teilweiser Verhaftung an – allerdings im eigenen Sinn ausgelegten – religiösen Traditionen war kennzeichnend für R. Barths Arbeit. Während sich aus diesen Arbeiten R. Barths nicht mit hundertprozentiger Sicherheit der Inhalt seiner Veranstaltungen am PI feststellen lässt, so ist doch anzunehmen, dass er eben jene dargestellten Ideen auch seinen Studenten vermittelt hat. Die von Postert für die Theologische Fakultät postulierte „Bastion für überzeugte Nationalsozialisten“ traf ausgehend von diesen Befunden offenbar auch für die Arbeit am PI Jena zu. Räume der „Unbetroffenheit“ oder des Ausweichens sind demnach für dieses Institut nicht anzunehmen, geschweige denn Formen des Widerstehens der Ideologie. Vielmehr schienen – im Blick auf die Ausbildung der Religionslehrkräfte – vor allem deutsch-christliche Vorstellungen dominierend gewesen zu sein.
5.6 Die Etablierung der Hochschule für Lehrerbildung in Westfalen Die Situation an der HfL Dortmund unterschied sich nicht wesentlich von jener der anderen nationalsozialistischen HfL in dieser Phase, weshalb an dieser Stelle auf einige Besonderheiten der westfälischen Hochschule eingegangen werden soll. Dominiert wurde diese Phase in Westfalen ganz besonders von dem Kampf gegen die konfessionellen Volksschulen wie unterschiedliche Quellen zeigen191. In Reaktion auf die faktische Verdrängung des Religionsunterrichts aus 188 Vgl. Abschrift des Lehrplans für den Religionsunterricht in den Volksschulen (Thüringen) (LKAE Eisenach, 23–003 217, Jena). 189 Vgl. ebd., 6. 190 Vgl. ebd. 191 Vgl. Schreiben der Pfarrkonferenz Höxter an Präses D. Koch (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 36, Höxter); Schreiben unter der Tagebuch-Nr. 95 (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 36, [Münster]); Schreiben der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum-Hamme betreffend die Zusammenlegung der evangelischen und katholischen Volksschule Bochum (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 36, Bochum).
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den Schulen entstand in Westfalen das Katechetische Amt unter Leitung von Georg Merz, unter dessen Führung insbesondere ab 1940 Kräfte für den kirchlichen Unterricht ausgebildet wurden. Eine Änderung, welche direkt die Arbeit der HfL betraf, war unter anderem im Februar 1936 die Berufung Lothar Irles an die Hochschule mit einem Lehrauftrag für Volkskunde192. Eine weitere wesentliche Veränderung hatte mit den Regelungen des Praktikums zu tun. Im Juli 1937 wurde vom Direktor der Hochschule, entsprechend der vorherigen ministeriellen Weisung, die Einrichtung eines vierwöchigen Landschulpraktikums angeordnet193. Der tatsächliche Gewinn, den die Studierenden hinsichtlich praktischer Erfahrung aus den Praktika gezogen haben, war dabei offenbar gering. Durch die Organisation des Studienverlaufs hatten diese bisher vor allem Stadtschulen kennen gelernt, sodass die „neue erzieherische Situation im Landschulpraktikum“194 die Studierenden erwartungsgemäß vor einige Probleme stellen würde. Um dem zu begegnen, gaben die Richtlinien den betreuenden Lehrkräften zwei Hauptaufgaben vor. Einerseits sollten die Studierenden unter landwirtschaftlichen, wirtschaftlichen, soziologischen und politischen Gesichtspunkten in die örtlichen Verhältnisse eingeführt werden und andererseits sollten sie die Studierenden in der „Überwindung der Vielfältigkeit und der Fächerung“ unterstützen. Um insbesondere diese letzte Aufgabe zu erleichtern, sollten die Studierenden zu Beginn zwei Tage zur Orientierung und Vorbereitung erhalten, bevor der Unterricht zunächst in den „mehr sachgewendeten Gebieten“ sowie in Leibesübungen, Musik und Zeichnen einsetzte. „Lehrstunden mit stark gemütbildendem Charakter übernimmt der Student zweckmäßig erst nach 14 Tagen“195. Erklärtes Ziel war es, die Studierenden in die Aufgaben hineinwachsen zu lassen. Einen weiteren Teil des Praktikums bildeten die schriftlichen Vorbereitungen, welche die Studierenden zu erledigen hatten und die zugleich der nachträglichen Reflexion des Praktikums mit den zuständigen Dozierenden dienen sollten. Erwähnenswert ist daneben, dass der HfL Dortmund 1935 weitere Volksschulen als Übungsschulen zugeordnet wurden196. Dazu sei bemerkt, dass bei der Bestimmung der vorgesehenen Übungsschulen erneut die Gewichtung der „Arbeiterkinder“ auffällt. Explizit „das Kennenlernen des sozialen Milieus 192 Vgl. Berufung von Irle Lothar an die Hochschule für Lehrerbildung Dortmund (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Berlin). 193 Vgl. Landschulpraktikum der Hochschule für Lehrerbildung in Dortmund (LAV NRW W – Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Dortmund). 194 Mitteilung an den Lehrer zur Durchführung des Landschulpraktikums (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, [Dortmund]). 195 Ebd., 2. 196 Vgl. Schreiben des Direktors der Hochschule für Lehrerbildung in Dortmund mit der Ziffer Nr. 548 an den Regierungspräsidenten Arnsberg (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64165, Bl. 111, Dortmund).
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einer Industrie-Grossstadt“ wurde für die Ausbildung des Lehrernachwuchses als „unentbehrlich“ erachtet197. Dennoch bestanden offenbar noch Ende 1936 Probleme bei der praktischen Ausbildung der Studierenden, da an den Anschauungsschulen die notwendigen Lehrkräfte fehlten. Hintergrund war in diesem Zusammenhang offenbar auch die Tatsache, dass es durch den Wegfall von evangelischen Hilfslehrerstellen an Lehrkräften mangelte. Das Ministerium ging allerdings davon aus, dass „der dauernde Unterrichtsbedarf voll durch Lehrer und Lehrerinnen in planmäßigen Schulstellen zu decken“198 sei. Eine Ermäßigung des Arbeitsmaßes der Lehrkräfte, die an den Ausbildungsschulen tätig waren, erfolgte dementsprechend nicht. Zuletzt sei auf eine Beurteilung der Studierenden der HfL durch den Regierungspräsidenten Robert Sommer in Merseburg hingewiesen. Dieser resümierte 1937 über die Ausbildung der Studierenden, dass diese zweifelsfrei eine „tadellose[…] nationalsozialistische[…] Grundhaltung“ aufweisen würden, ihnen fehle jedoch „der Blick für die Schulwirklichkeit“ sowie das notwendige positive Wissen in den einzelnen Unterrichtsfächern199. Dieses Schreiben an den Reichsminister zeigt, dass die Ausbildung der Studierenden an den HfL wohl einerseits den ideologischen Ansprüchen der Nationalsozialisten genügt habe, andererseits jedoch die tatsächlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten an den HfL nicht vermittelt worden sind.
5.7 Die Verdrängung des Religionsunterrichts aus der Lehrerbildung an den Hochschulen für Lehrerbildung Die Forschung hat bereits vielfach gezeigt, dass der schulische Religionsunterricht in den Jahren des Nationalsozialismus mehr und mehr aus den Bildungseinrichtungen verschwand. Im Hinblick die Ausbildung zu künftigen Religionslehrkräften gilt Ähnliches.
197 Schreiben über die Vermehrung der Akademieschulen (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64165, Dortmund). 198 Erlass mit der Ziffer E II c 2525 II, E IIb, W I Z zur Errichtung von Schulstellen für die den Hochschulen für Lehrerbildung für die praktische Ausbildung der Studenten zur Verfügung stehenden Volksschulen (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 64307, Berlin). 199 Schreiben unter der Ziffer Ua I II 732/37 über die innere Lage des Volksschulwesens im Regierungsbezirk Merseburg (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 32325, Merseburg).
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5.7.1 Die Verdrängung des Faches Religion aus der Lehrerbildung im Spiegel offizieller Erlasse und Verordnungen Insbesondere die ab 1935 ausgearbeiteten offiziellen Erlasse und Verordnungen zeigen, auf welche Art und Weise einerseits der Einfluss kirchlicher Akteure auf die Lehrerbildung eingeschränkt wurde und wie andererseits auf der inhaltlichen Ebene die Ausbildung im Fach Religion mehr und mehr verschwand. Zugleich wird erneut sichtbar, dass an einzelnen HfL die Rektoren großen Spielraum bei der Umsetzung der Erlasse und nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Veränderungen der Richtlinienentwürfe hatten. Die Verfassung der bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung und die Satzung für die Studierenden der bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung Nachdem mit den bayerischen HfL auch in den letzten außerpreußischen Ländern die nationalsozialistische Hochschulen eingeführt wurden, begann im April 1935 die Arbeit an reichseinheitlichen Richtlinien, die sowohl Studium als auch Prüfungen der Volksschullehrkräfte regeln sollten. Bevor jedoch im Juni 1935 die Richtlinien zur Vereinheitlichung ihrer Verwaltung bekannt gemacht wurden – die bayerischen Hochschulen in Würzburg und Bayreuth hatten zu diesem Zeitpunkt ihren Betrieb noch nicht aufgenommen – wurde in Bayern am 17. April 1935 die Verfassung der bayerischen HfL und die Satzung für die Studierenden der bayerischen HfL vom bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus bekannt gegeben. In § 1 dieser Verfassung wurde als Zweck der bayerischen HfL die wissenschaftliche und praktische Bildung zu Volksschullehrkräften bestimmt, die „aus dem weltanschaulichen Geist und der Volksbildungsidee des Nationalsozialismus“ zu geschehen habe200. Als Träger der HfL wurde in § 2 der Staat festgelegt, die Hochschulen sollten nach Bekenntnissen gemischt eingerichtet werden201. Als Studienfach der HfL wurde in § 23 unter anderem evangelische Religionslehre festgesetzt, wobei es sich nicht um einen eigenständigen Fachbereich handelte, wie dies beispielsweise bei völkischer Psychologie, Biologie als Erb- und Rassenlehre sowie Deutschtumskunde der Fall war, sondern evangelische wie katholische Religionslehre wurde als Teilgebiet der Theorie und Praxis des Volksschulunterrichts begriffen202. Auf diese Weise
200 Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 17. 4. 1935 Nr. II 19576 über die Verfassung der bayer. Hochschulen für Lehrerbildung und die Satzung für die Studierenden der bayer. Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42098, München). 201 Vgl. ebd. 202 Vgl. ebd., 54.
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zeigt sich bereits zu Beginn der verfassungsmäßigen Regelung der Lehrerbildung an den HfL der Bedeutungsschwund des Faches Religionslehre. Bedeutsam ist überdies, dass § 10 festlegte, dass jeder männliche Studierende der SA oder SS angehören musste203. Die Verfassung zeigt, dass in Bayern zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht die Rede sein konnte von einer Verdrängung des Religionsunterrichts aus den bayerischen HfL. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass dem Religionsunterricht von Beginn an keine hervorgehobene, sondern im Gegenteil eine eher minderwertige Stellung zukam. Weder wurden die bayerischen HfL – wie dies in Preußen bis zu ihrer Abschaffung der Fall war – nach Bekenntnissen getrennt eingerichtet, noch war, wie in der früheren Lehrerbildung, der Aspekt des Religiösen Grundlage der Ausbildung. Stattdessen geschah die Ausbildung an den HfL aus dem weltanschaulichen Geist und der Bildungsidee des Nationalsozialismus heraus. Eine Ergänzung dieser Bestimmungen seitens des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus erfolgte bereits Ende des Jahres am 20. Dezember 1935. Per Erlass wurde angeordnet, dass § 1 der Satzung der Studierenden geändert werden solle. Diese würden künftig nur zum Winterhalbjahr aufgenommen, da auch diese der Arbeitsdienstpflicht unterliegen, welche vor Beginn des Hochschulstudiums abzuleisten war204. Hier wird eine Gleichstellung der HfL zu anderen deutschen Hochschulformen deutlich. Die Aufnahme von Studierenden in die bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung Eine weitere Anordnung zur Aufnahme an den bayerischen HfL wurde bereits zu Beginn des Jahres 1936, am 19. Februar 1936, notwendig. Diese legte die Studiendauer auf vier Studienhalbjahre fest. Daneben wurde verfügt, dass bei der Zulassung zu den Hochschulen vorzugsweise diejenigen Bewerber*innen berücksichtigt werden sollten, welche NS-Gliederungen angehörten. Von den Führer*innen des entsprechenden politischen Verbundes war eine Beurteilung der Person unmittelbar an den Rektor der Hochschule zu übermitteln. Die verpflichtende Aufnahmeprüfung erfasste das sportliche und musikalische Können der Bewerber*innen, wobei auch das Orgelspiel akzeptiert wurde205. Diese Bekanntmachung war insbesondere hinsichtlich der politischen Beurteilung der Lehramtsbewerber von Relevanz. In der Zeit des Bestehens 203 Vgl. Bek. d. Staatsmin. f. Unt. u. Kult. v. 17. 4. 1935 Nr. II 19576 über die Verfassung der bayer. Hochschulen für Lehrerbildung und die Satzung für die Studierenden der bayer. Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42098, München). 204 Vgl. Bekanntmachung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 20. 12. 1935, Nr. II 55858 (BayHStA München, MK 42111, München). 205 Vgl. Aufnahme von Studierenden in die bayerischen Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42214, [München]).
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der HfL hat diese in verschiedenen Erlassen eine Ausweitung erfahren und sollte dabei insbesondere das politische Engagement ehemaliger Theologiestudierender in den Blick nehmen. Über die Aufnahme von Studierenden an den bayerischen HfL wurde am 5. Februar 1937 durch Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus bestimmt, dass Abitur und bereits abgeleisteter Arbeitsdienst verpflichtende Voraussetzung seien. Weiterhin wurden bevorzugt Bewerber*innen berücksichtigt, die den Gliederungen der nationalsozialistischen Bewegung angehörten. Darüber hinaus wurde mit dieser Bestimmung verfügt, dass Lehrkräfte an den höheren Schulen künftig ihre ersten beiden Semester, bevor sie in die Universitätsausbildung gingen, an einer HfL verbringen mussten, eine Regelung, die bereits seit 1936 in anderen deutschen Ländern galt. Bezüglich der Ausbildung der Lehrkräfte für höhere Schulen scheint es jedoch in der folgenden Zeit zu Unklarheiten in der Durchführung verschiedenster Erlasse gekommen zu sein. Mit Schreiben vom 20. August 1937 an das Reichsministerium betonte das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, dass keinen Bewerber*innen die Zulassung zum Studium versagt werde, weil er oder sie einer bestimmten oder keiner Konfession angehöre. Sollte an diesem Beschluss nicht mehr festgehalten werden, bat Boepple um Mitteilung. Dieses Schreiben legt nahe, dass es im Zuge der fortlaufenden Reformierung der Regelungen in der Lehrerbildung zu unterschiedlichen Auslegungen der Erlasse kam. So scheint gegenüber Bayern jedenfalls der Vorwurf laut geworden zu sein, abhängig von der Konfession unterschiedliche Maßstäbe bei der Zulassung zum Studium des Lehramts anzulegen. Ein Vorwurf, der in dem oben genannten Schreiben durch das Staatsministerium dementiert wurde. Mit Datum vom 29. Januar 1938 wurden vom Reichsministerium ausgehend Bestimmungen über die Zulassung zum Studium an den HfL an die Direktoren der Hochschulen zur Kenntnisnahme übersandt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Zulassung zum Studium in Zukunft durch Einschreibung erfolgen sollte. Dies bedeutete eine Angleichung an das Verfahren der übrigen deutschen Hochschulen. Des Weiteren wurde in den Vorgaben darauf hingewiesen, dass trotz der Auslesebestimmungen, die für die höheren Schulen in Kraft waren und der Tatsache, dass in Zukunft die meisten Studierenden aus der HJ hervorgehen würden und vor dem Studium Arbeits- und Wehrdienst geleistet haben, während des Studiums darauf geachtet werden müsse, „dass nur die für ein Lehramt geeigneten Studenten an den Hochschulen für Lehrerbildung studieren“206. Im Klartext bedeutete dies: nur Abi206 Ich übersende Abdruck der Bestimmungen über die Zulassung zum Studium an den Hochschulen für Lehrer- und Lehrerinnenbildung vom heutigen Tage zur Kenntnisnahme und Beachtung (BayHStA München, MK 42097, Berlin).
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turient*innen, die als politisch zuverlässig eingeschätzt wurden: „Wenn sich aus den eingereichten Unterlagen oder aus anderen Gründen Zweifel über die politische Zuverlässigkeit ergeben, ist ein Gutachten von der zuständigen Parteidienststelle einzuholen.“207 Die politische Inanspruchnahme der Lehrerstudierenden begann somit explizit bereits bei der Bewerbung zur Zulassung zum Studium. Im Dezember 1938 wurden mit Wirkung zum 17. Dezember 1938 Bestimmungen über die Zulassung zum Studium an den HfL erlassen. Diese galten für Bayern und betrafen die Studierenden für das Lehramt an höheren Schulen. Dabei deckten sich diese Anordnungen weitestgehend mit dem Entwurf von Anfang des Jahres. Vorzugsweise wurden diejenigen zum Studium zugelassen, die in der Partei und ihren Gliederungen mitgearbeitet hatten. Bei der Meldung zum Studium war darüber hinaus anzugeben, in welchen drei Fächern die Studierenden ihre wissenschaftliche Prüfung ablegen wollten. Dabei konnte aus drei Fächergruppen gewählt werden, wobei Religion Grund- oder Beifach sein konnte und nicht an eine dieser Fächergruppen gebunden war. Auch zur Prüfung gab es weitere Vorgaben, jedenfalls soweit sie die Eignung zum Lehrerberuf umfassten. So hatten die Prüflinge in der ersten Prüfung ihre Eignung zum Volksschuldienst nachzuweisen. Zugleich sollte diese Eignung „auf Grund des Verhaltens und der Leistungen des Prüflings während der Studienzeit“ gezeigt werden: „Dienstbereitschaft für Volk, Bewegung und Staat, Aufgeschlossenheit für deutsches Volkstum, Festigkeit des Charakters und politische Zuverlässigkeit sind Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung. Deshalb sind Verhalten und Leistungen in der NSDAP. und ihren Gliederungen, im Arbeitsdienst und in der Studentenschaft mit entscheidend sowohl bei der Zulassung zur Prüfung als auch für das abschließende Urteil.“208
Außerdem mussten die Prüflinge nachweisen, dass sie fähig waren, den Unterricht in einer Volksschulklasse zu übernehmen. Religionslehre blieb dabei Gegenstand der Prüfung als Teil der „Besonderen Unterrichtslehre“. In diesen Fächern hatte der Prüfling seine Vertrautheit mit den wichtigsten Fragen der Unterrichtspraxis nachzuweisen. Er sollte sich über den gegenwärtigen Stand seines Unterrichtsfaches auf Basis des wichtigsten neueren Schrifttums aussprechen können. Die Unterrichtsfächer waren im Ganzen des Volksschulunterrichts zu sehen209. In der schriftlichen Prüfung war Religion als Fach für die Hausarbeit auch möglich. Diese sollte zeigen, dass die Prüflinge eine Fragestellung aus diesem 207 Ich übersende Abdruck der Bestimmungen über die Zulassung zum Studium an den Hochschulen für Lehrer- und Lehrerinnenbildung vom heutigen Tage zur Kenntnisnahme und Beachtung (BayHStA München, MK 42097, Berlin). 208 Bestimmungen über die Zulassung zum Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42108). Hervorhebungen im Original. 209 Vgl. ebd., 217 f.
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Gebiet selbständig erarbeiten konnten210. In der mündlichen Prüfung war außerdem nachzuweisen, dass die Prüflinge sich über die Ergebnisse der Wissenschaft äußern und den Wert dieser Ergebnisse für den nationalsozialistischen Staat bewerten konnten211. Insgesamt gliederte sich die Prüfung in politische und leibliche Erziehung, das wissenschaftliche Studium sowie die berufspraktische Ausbildung. Diese Aufgaben, die alle der HfL zukamen, standen dabei nicht getrennt nebeneinander, sondern gründeten sich auf die nationalsozialistische Weltanschauung und stellten von dieser ausgehend eine Einheit dar212. Unter den Wahlfächern, die wie versprochen mit diesen Bestimmungen nun geregelt wurden, war unter Nummer elf auch das Fach Religionslehre aufgeführt. Die Belegung eines Wahlfaches war verpflichtend. Als Ziel des Wahlfaches war angegeben, die Studierenden „entsprechend ihrer besonderen Begabung und Neigung in eines dieser Gebiete gründlicher einzuarbeiten“213. Dabei ging es vor allem um eine vertiefte Erkenntnis in einem wissenschaftlichen, künstlerischen oder technischen Gebiet. Die Richtlinien zur Vereinheitlichung der Verwaltung der Hochschulen für Lehrerbildung Mit den Richtlinien zur Vereinheitlichung der Verwaltung der HfL, die das RMWEV Anfang Juni 1935 erließ, war der Grundstein für die weitere reichsweite Regelung der Volksschullehrerbildung gelegt. Die Vorgaben, die mit Bekanntmachung am 5. Juni 1935 mit sofortiger Wirkung in Kraft traten, unterstellten die Direktoren der Hochschulen direkt dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, welchem allein er verantwortlich war. Wie der Stellvertreter des Direktors wurde auch der Leiter der Dozentenschaft, welcher wiederum dem Direktor der HfL unterstand, vom Reichsminister direkt ernannt. Die Leiter der Studentenschaft wurden ebenfalls vom Minister ernannt214. Diese Bestimmungen machen vor allem eines deutlich: Die direkte Abhängigkeit der HfL vom Reichserziehungsministerium. Eine kirchliche Mitwirkung war an keiner Stelle vorgesehen, ebenso kein Studentenseelsorger, wie er an den übrigen deutschen Hochschulen üblich war.
210 Vgl. Bestimmungen über die Zulassung zum Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42108), 221. 211 Vgl. ebd., 222. 212 Vgl. ebd., 226. 213 Ebd., 227. 214 Vgl. Richtlinien zur Vereinheitlichung der Verwaltung der Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Berlin).
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Von den Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung bis zur neuen Studienordnung für das Lehramt an Volksschulen Erste reichsweite Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den HfL wurden am 18. März 1936 erlassen, also drei Jahre nachdem die ersten Hochschulen ihren Betrieb aufgenommen hatten. Die Verfügungen, welche nicht veröffentlicht werden durften, galten ab dem Sommersemester 1936 verbindlich. Eine Überarbeitung aufgrund der gemachten praktischen Erfahrungen war nach einem Zeitraum von zwei Jahren angedacht und ihr Inkrafttreten für das Sommersemester 1938 geplant215. Die Richtlinien betonten die Bedeutung der Lehrkräfte, von denen es abhänge, welche Gestalt die Volksschule unter der Führung des nationalsozialistischen Staates annehme: „Die Erneuerung der Volksschule kann nur mit einem Lehrerstand durchgeführt werden, dem die Grundsätze nationalsozialistischer Erziehung zur selbstverständlichen Richtschnur seines Handelns geworden sind.“216 Mit dem Ziel, die Lebenswelt des Volkes zu vermitteln, wurde die HfL in den Richtlinien explizit von den bisherigen PA und Instituten abgegrenzt. Erklärtes Ziel war es, der politisch-soldatischen Seite der Ausbildung mehr Gewicht zu geben. Von den vier Aufgaben, die der HfL zukamen, war wichtig, dass sie sich die politische und leibliche Erziehung mit den Gliederungen der NSDAP teilte. Daneben waren die Einführung in Erziehungswissenschaft und deren Hilfswissenschaften, die Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit und die unterrichtspraktische Ausbildung ihre Aufgaben. Politische und leibliche Erziehung wurden allerdings an erster Stelle genannt, was ihre Bedeutung gegenüber der wissenschaftlichen Ausbildung verdeutlicht217. Der politische Charakter der Ausbildung wurde in den Richtlinien an anderer Stelle erneut hervorgehoben. Die Studierenden sollten nicht nur in Vorlesungen und Übungen, sondern auch durch neue Lebensformen erzogen werden. Als weitere Ausbildungselemente wurden der Dienst in den Gliederungen der NSDAP genannt, das Leben im Kameradschaftshaus, Lager, Ausmärsche und Studienfahrten, Feste und gemeinsame Stunden (hier konkret die Flaggenhissung) sowie die politische Schulung und Mitarbeit in der Studentenschaft218. Wesentlich waren nun auch die Lehrangebote und Lehraufträge, die in den Richtlinien reichsweit für die HfL verbindlich gemacht wurden. Zu diesen 215 Vgl. Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Berlin). 216 Ebd. 217 Vgl. ebd., 4. 218 Vgl. ebd., 5.
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zählten Evangelische sowie Katholische Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts als letzter Bereich der „Besonderen Unterrichts- und Erziehungslehre“. In den Fächern, die dem Gebiet der „Besonderen Unterrichtslehre“ zugeordnet wurden, war eine Beziehung dieses Faches zu den anderen Fächern der Volkschule herzustellen. Ihre Aufgaben wurden nicht nur vom jeweiligen Lehrgebiet, sondern auch vom Ganzen des Unterrichts her bestimmt. Der wesentliche Punkt war, dass „nach der Bedeutung dieser Bereiche für das Erkennen und Handeln des Volkes“ zu fragen war. Zuletzt – das wird am Beispiel der Religionslehre auch an der Bezeichnung des Lehrauftrages deutlich – gehörten in die Fächer der „Besonderen Unterrichtslehre“ die Fragen der Unterrichtsgestaltung; es gab für diese Fächer keine eigenen Lehraufträge im Bereich der Methodik219. Die Aufgaben der Dozierenden der HfL wurden bereits in Kapitel 3. 2 genannt. Besonders hingewiesen werden soll jedoch erneut auf die Tatsache, dass in der Regel von den Dozierenden nur die Lehrbefähigung für die Volksschule verlangt wurde und keine Promotion. Vielmehr wurde großes Gewicht auf die Unterrichtspraxis gelegt220. Das Wahlfach, als das Religion als Lehrgebiet der Volksschule ebenfalls explizit genannt wurde, diente der Spezialisierung der Studenten. Die Vorlesungen hatten nicht das Ziel Lernstoff zu übermitteln, sondern sollten „in den Problemkreis eines wissenschaftlichen, künstlerischen oder technischen Gebietes einführen“. Ein Schlüsselsatz, insbesondere im Hinblick auf das Wahlfach Religion, war die Forderung, dass es neue Betrachtungsweisen vermitteln und „zu einer vertieften Erkenntnis der nationalsozialistischen Weltanschauung verhelfen“ sollte221. In seiner Bedeutung war es jedoch der schulpraktischen Ausbildung und der „Besonderen Unterrichtslehre“ nachgeordnet. Auffällig ist, dass, trotz der hier durchgesetzten reichsweiten Regelung, die Bestimmungen der Länder in Bezug auf die Teilnahme an Religionslehre und seine Methodik bis auf Weiteres Gültigkeit hatten. Vorgesehen waren für dieses Fach im ersten und zweiten Semester jeweils zwei Wochenstunden. In den Gebieten der „Besonderen Unterrichtslehre“ (inklusive Religion) nahm jeder Student im zweiten und vierten Semester in einem Fachbereich an Veranstaltungen teil, im dritten Semester in zwei. Die Methodik des Deutschund Grundschulunterrichts waren verpflichtend, die beiden übrigen Fächer durften frei gewählt werden. Das Wahlfach und die Methodik des Religionsunterrichts waren hiervon allerdings ausgenommen. Für beide Bereiche waren
219 Vgl. Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Berlin), 12 f. 220 Vgl. ebd., 13. 221 Ebd., 17.
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im Studienplan gesonderte Stunden vorgesehen. Mit Blick auf Religion galt hier: jeweils zwei Stunden im ersten und zweiten Semester222. Die Richtlinien des Reichsministeriums zeigten eine starke Einflussnahme auf die Lehrerausbildung an den HfL durch verschiedene als „Lehrformen“ bestimmte Lebensformen. Diese zeigte sich auch durch das in Bezug setzen der einzelnen Unterrichtsfächer – auch des Religionsunterrichts – mit der nationalsozialistischen Weltanschauung. Die Richtlinien verdeutlichen aber auch, dass Religion zu diesem Zeitpunkt noch ein, mehr oder weniger umstrittener, fester Bestandteil der Lehrerbildung war. Es war für jeden Studierenden im ersten und zweiten Semester ein Pflichtfach. Zugleich wurde im Hinblick auf dieses Fach den einzelnen Ländern in der Umsetzung der Bestimmungen der Reichsrichtlinien ein gewisser Spielraum zugestanden, innerhalb dessen sie ihre Bestimmungen zunächst beibehalten durften. In Bayern wurden die Reichsrichtlinien erst Ende Mai desselben Jahres bekannt gegeben. Hierbei wurde betont, dass die Richtlinien für Preußen gelten und für die übrigen deutschen HfL nur von daher bedeutsam seien, als aus ihnen erkenntlich werde, wie die Neuordnung der Lehrerbildung vorgesehen sei. Daneben folgte der Hinweis auf die angekündigten Richtlinien für das Wahlfach223. Am 31. Mai 1938 war in Lauenburg in Pommern über eine neue Studienordnung für das Lehramt an Volksschulen beraten worden, welche ab dem Wintersemester 1938/39 in Kraft treten sollte. Angekündigt wurde diese im Oktober desselben Jahres. Vorlesungen und Übungen sollten zunächst vorbehaltlich der sich aus der neuen Studienordnung ergebenden Änderungen aufgestellt und nach Erscheinen der neuen Ordnung unverzüglich geändert werden224. Im Januar 1939 folgte eine weitere, vom Reichsministerium ausgehende Verordnung, welche die Lehraufträge an den HfL sowie am PI in Jena regelte. Der Reichsminister bestimmte, dass unter anderem Evangelische (bzw. Katholische) Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts an jeder HfL vertreten sein mussten. Die entsprechenden Lehraufträge verpflichteten die Dozierenden, diese in Vorlesungen und Übungen im notwendigen Umfang, welche durch die Studienordnung vorgesehen war, zu vertreten. Daneben mussten sich die Dozierenden auch, falls erforderlich, an der amtlichen Fortbildung der Lehrkräfte beteiligen225.
222 Vgl. Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42096, Berlin), 18. 223 Vgl. ebd. 224 Vgl. Runderlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Ziffer W L 2831 II (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 225 Vgl. Lehraufträge an den Hochschulen für Lehrer- und Lehrerinnenbildung sowie am Pädagogischen Institut in Jena (BayHStA München, MK 42098, Berlin).
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Die Bayerische Prüfungsordnung für die erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen Nur knapp einen Monat später wurde in Bayern der Entwurf einer Prüfungsordnung für die HfL an Suchenwirth an der HfL in Pasing gesendet, mit der Bitte um Stellungnahme. Anlass für diese Prüfungsordnung waren voraussichtlich neben dem anstehenden ersten Prüfungshalbjahr an der HfL Pasing im Studienjahr 1936/37 die Reichsrichtlinien vom 18. März 1936226. Suchenwirth kam bei der Entstehung der bayerischen Prüfungsordnung eine Schlüsselposition zu. Als einziger Hochschuldirektor wurde er um Stellungnahme gebeten. Der Grund dürfte darin liegen, dass die Pasinger Hochschule als erste der drei bayerischen Hochschulen ihren Betrieb aufgenommen hatte und bereits Erfahrungen in der neuen Lehrerbildung aufweisen konnte. Da seine Anmerkungen in der Endfassung der bayerischen Prüfungsordnung eine nicht unwesentliche Rolle spielten, sollen seine Argumentationen an dieser Stelle im Wesentlichen dargestellt werden. Suchenwirth widmete sich neben ein paar Anmerkungen zu missverständlichen Formulierungen sowie zum Charakter der Prüfung (§ 1), insbesondere der Prüfung in Religion. Diese wurde in § 9, Absatz fünf geregelt und schrieb in der ursprünglichen Fassung vor, dass in der Prüfungsgruppe über das Lehrverfahren in Religion ein Vertreter der kirchlichen Oberbehörde den Vorsitz führen sollte. In seiner Kritik dieser Regelung wurde Suchenwirth mehr als deutlich. Er hielt dies für eine „Unmöglichkeit“. Bei dieser Prüfung handelte es sich seiner Meinung nach nicht um eine Prüfung für ein geistliches Amt der Kirche, sondern um eine Lehrerprüfung, also um eine Prüfung für ein weltliches Amt. Suchenwirth betonte, dass für den Religionsunterricht, wenn er Teil des gesamten Unterrichts sein sollte, in der Prüfung auch nur eine von der Hochschule angestellte Lehrkraft den Vorsitz führen könnte. Es sei, wenn Religion Teil des normalen Unterrichts der Hochschule sei, nicht möglich, dass ein Vertreter eines „ausserstaatlichen“ Faktors – wie Suchenwirth die Kirchen bezeichnete – den Vorsitz in der Prüfung führe227. Diese Argumentation des Pasinger Direktors zeigt, dass Suchenwirth die Kirchen, die er als außerstaatlich bzw. überstaatlich sah, in dieser Form ablehnte. Er sprach sich gegen den kirchlichen Einfluss auf die Lehrerprüfung aus, wobei man ihm auch unterstellen könnte, dass er den Religionsunterricht als Ganzes in der HfL ablehnte. Deutlich wurde dies in seinen Anmerkungen zu § 14, Abs. 2. Dort stand, dass es Aufgabe der Lehrkräfte sei, deutsche Kinder zu wertvollen, glaubens226 Vgl. Entwurf einer Prüfungsordnung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München). 227 Vgl. Stellungnahme zur Prüfungsordnung (BayHStA München, MK 42108, Pasing).
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und willensstarken Menschen zu erziehen. Suchenwirth war jedoch der Auffassung, dass es, da es sich um die Erziehung deutscher Kinder handle, in erster Linie um die Erziehung zu Deutschen gehen müsse. Das Wort „glaubensstark“ müsse daher aus dieser Fassung der Prüfungsordnung gestrichen werden228. Auch wenn hier nicht explizit von christlichem Glauben die Rede war, die Deutung Suchenwirths ging in diese Richtung. Es zeigt sich, wie die „religiös-sittliche Erziehung“, die vormals Aufgabe der Lehrerbildung war, mehr und mehr verschwand. Die Anmerkungen Suchenwirths fanden, wie eine Besprechung im bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus über den Entwurf der Prüfungsordnung und Suchenwirths Stellungnahme dazu zeigt, Eingang in die am 4. Juli 1936 bekannt gegebene „Prüfungsordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“. Den Vorsitz der Prüfung in Religionsmethodik hatte ein weltliches Mitglied, also eine*r der Dozierenden, welches durch den Rektor beziehungsweise die Prüfungsleitung (in der Regel ein und dieselbe Person), zum Prüfungsvorsitz bestimmt wurde. Eine wie auch immer geartete kirchliche Beteiligung an der Religionsprüfung war nicht vorgesehen. Das Wort „glaubensstark“ wurde, wie von Suchenwirth angemerkt, gestrichen und durch das Wort „deutschbewusst“ ersetzt229. Die Prüfungsordnung, am 4. Juli 1936 für Bayern bekannt gegeben und mit sofortiger Wirkung in Kraft getreten, wies eine ähnliche Linie auf wie bereits die Reichsrichtlinien vom März 1936. Als Zweck der Prüfung wurde die abschließende Beurteilung der persönlichen Eignung der Studierenden – neben der Feststellung über die wissenschaftliche Ausbildung und die schulpraktische Befähigung der Prüflinge – festgelegt. Dementsprechend war bei der Meldung zur Prüfung, wie bereits bei der Einschreibung der HfL, der Nachweis über die aktive Mitarbeit in der NSDAP und ihren Gliederungen zu erbringen. Die Zulassung zur Prüfung konnte verweigert werden, wenn das menschliche oder politische Verhalten der Prüflinge auf Grund nachweisbarer Tatsachen beanstandet wurde. Durch Gutachten der Dozierenden, die bei der Meldung zur Prüfung ebenfalls vorzulegen waren, sollte die politische Linientreue der Studierenden lückenlos festgestellt werden230. Der § 5 über die Leitung der Prüfung regelte in Absatz fünf, dass in den Prüfungen für das Lehrverfahren im Religionsunterricht ein Vertreter der kirchlichen Oberbehörde einzuladen sei. In der ursprünglichen Fassung sollte dieser den Vorsitz führen, wohingegen nun der Vorsitz durch ein vom Prüfungsleiter zu bestimmendes Mitglied der Prüfungsgruppe geführt wurde231. Religion war nur als Teil der mündlichen Prüfung vorgesehen. Die Prüfung 228 Vgl. Stellungnahme zur Prüfungsordnung (BayHStA München, MK 42108, Pasing). 229 Vgl. Zu II 30985A IV. Stellungnahme des Ref. 5b zu den Bemerkungen des Rektors Suchenwirth (BayHStA München, MK 42108). 230 Vgl. Prüfungsordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München). 231 Vgl. ebd., 5 f.
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im Lehrverfahren im Religionsunterricht dauerte zehn Minuten, wobei sich die Prüfungsgruppe zusammensetzte „aus dem Fachvertreter der Hochschule, dem Vertreter der kirchlichen Oberbehörde und einem dem gleichen Bekenntnis angehörigen weltlichen Professor oder Dozenten der Hochschule, als Vorsitzenden“232. Der § 19, Absatz sieben bestimmte außerdem, dass in Religion ein gesondertes Zeugnis auszustellen sei233. Bezüglich der Prüfungsanforderungen wird deutlich: Ziel der Ausbildung war es, einen gründlich für seine Aufgabe vorgebildeten, „charakterlich untadelhaften Erzieher“ auszubilden, der bei der Gestaltung des nationalsozialistischen Staates ein williger Helfer sein wollte. Die Ausbildung sollte den ganzen Menschen ergreifen – bei dem Umfang der Ausbildung und den vielen zusätzlichen Aufgaben (Arbeit in den Parteigliederungen, Kameradschaftshäuser) war jedenfalls eine nahezu das ganze Leben der Lehrerstudierenden umfassende Beeinflussung gewährleistet. Der Charakter der Studierenden sollte gefestigt und der Wille gestärkt werden. „Infolgedessen müssen alle Prüfungsleistungen die ernsteste Beschäftigung des Prüflings mit dem Nationalsozialismus und seinen weltanschaulichen Grundlagen, mit dem Gedanken der Verbindung von Blut und Boden, von Rasse und Volkstum, mit dem deutschen Gemeinschaftsleben und mit den großen Gestalten des deutschen Volkes erkennen lassen.“234
In der fachlichen Unterrichtslehre sollten die Prüflinge nachweisen, dass sie mit dem Bildungsgut der Volksschule vertraut waren. In Religion hatten sie zu zeigen, dass sie sich mit den wichtigsten für dieses Fach in Frage kommenden Lehrformen und den für dieses bedeutsamsten Vertretern und Richtungen befasst haben. Die Bildungsaufgabe musste nach Wert und Gehalt nicht nur in „jugendkundlicher“, sondern auch in „nationalsozialistischer“ Hinsicht beurteilt werden können und in einer dem Volkstum, der Sache und der Altersstufe der Schüler*innen gemäßen Weise behandelt werden können235. Auf diese Weise wurde jedes Unterrichtsfach, und somit auch Religion, mit nationalsozialistischer Weltanschauung in Verbindung gebracht. Auch wenn dieser Bezug in der Prüfung durch die Studierenden herzustellen war, so ist mit diesen Prüfungsanforderungen nahegelegt, dass dieses Verhältnis bereits in den entsprechenden Fächervorlesungen und -übungen durch die Dozierenden hergestellt werden sollte.
232 Prüfungsordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München), 8–10. 233 Vgl. ebd., 10–15. 234 Ebd., 15–18. 235 Vgl. ebd.
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Von der „Vorläufigen Ordnung zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“ 1936 zur „Ordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“ 1937 Knapp zwei Wochen nach Inkrafttreten der bayerischen Prüfungsordnung wurde am 15. Juli 1936 vom RMWEV eine „Vorläufige Ordnung zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“ versandt. Zum Entwurf wurde um Stellungnahme binnen vier Wochen gebeten. Daneben wurde verlangt, „von der etwaigen Herausgabe eigener neuer Prüfungsordnungen in den einzelnen Ländern abzusehen“. Die Prüfungsordnung war, wie bereits die Richtlinien, als vorläufig gedacht, da zunächst „die sie berührenden konfessionellen Fragen entschieden“ werden müssten236. Zu den Prüfungen in Religion wurde im Begleitschreiben bemerkt, dass diese nur für diejenigen vorgesehen seien, die die Lehrbefähigung in Religion erwerben wollten. Das Zeugnis sollte gesondert ausgestellt werden, und nur dieses „soll von dem Vertreter der zuständigen evangelischen Kirchenbehörde oder des katholischen Bischofs mit vollzogen werden“237. Dieses Verfahren wich von dem bisher üblichen Vorgehen in Preußen ab, nach welchem das Gesamtzeugnis durch kirchliche Vertreter gezeichnet wurde. Da es nach den Richtlinien bis auf Weiteres in Bezug auf die Teilnahme an Veranstaltungen bei den Länderregelungen bleiben sollte, wurde insbesondere in diesem Punkt eingehende Stellungnahme erbeten. Dabei sollte insbesondere geprüft werden, inwieweit diese Regelung auch außerhalb Preußens in Kraft treten könnte. Zuletzt wurde betont, dass die Zuständigkeit der Länderbehörden im Hinblick auf die Prüfungen durch die Reichsprüfungsordnung nicht eingeschränkt werden sollte. Es sei lediglich beabsichtigt, dass auch ein Vertreter des Reichsministeriums zu den Prüfungen beigestellt werden könne238. Der am 15. Juli 1936 übersandte Entwurf bestimmte in Abschnitt A über den Sinn der Prüfung ähnliches wie die bayerische Prüfungsordnung. Die Prüflinge sollten nicht nur ihre Eignung zum Volksschuldienst nachweisen, sondern darüber hinaus zeigen, dass sie auf dem Gebiet der Erziehungswissenschaft und der Unterrichtslehre selbständig arbeiten konnten. Expliziter als in der bayerischen Prüfungsordnung wurde die politische Zuverlässigkeit der Studierenden als Prüfungsvoraussetzung genannt. Diese stand neben der ebenfalls geforderten Aufgeschlossenheit für deutsches Volkstum und der Charakterstärke. Auch die praktische Eignung musste, wie bereits in der
236 W I L 1786, E II a, E II b, M (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 237 Ebd., 2. 238 Vgl. ebd., 2 f.
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bayerischen Prüfungsordnung vorgesehen, schon vor der Prüfung erwiesen werden239. Anders als in der bayerischen Prüfungsordnung war in Abschnitt B als Gegenstand der Prüfung Evangelische (bzw. Katholische) Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts aufgeführt. Die Prüflinge mussten, zur erfolgreichen Ablegung der Prüfung, mit Inhalt der Bibel sowie den wichtigsten Bekenntnisschriften und Lehren der Kirche und mit den Hauptereignissen der Kirchengeschichte vertraut sein. Die bayerische Prüfungsordnung war bei der Aufstellung ihrer Anforderungen bei Weitem nicht so konkret. Die Prüflinge mussten sich nach Angabe der „Vorläufigen Ordnung zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“ außerdem – auf Grund eigener Unterrichtserfahrungen und der Kenntnis neueren Schrifttums – über die Hauptfragen des Religionsunterrichts aussprechen können240. In Abschnitt C, über den Verlauf der Prüfung werden erneut einige Parallelen zur bayerischen Prüfungsordnung sichtbar. So wurden hier ebenfalls Dozentenzeugnisse verlangt, die neben dem Urteil über die Leistungen der Studierenden auch eines über ihr Verhalten aufweisen mussten. Eine weitere Ähnlichkeit zeigt sich in der Beteiligung kirchlicher Vertreter an der Prüfung. Auch in der reichsweiten Prüfungsordnung wurden diese lediglich zur Prüfung eingeladen, in diesem Fall durch den Reichsminister. Die Nichtzulassung zur Prüfung aufgrund ungenügenden Charakters oder ungenügenden politischen Verhaltens fand sich in dieser Prüfungsordnung ebenfalls. Anders als in der bayerischen Prüfungsordnung stand dieser Aspekt der Prüfungsvoraussetzung hier allerdings an erster Stelle. Ein wesentlicher und erwähnenswerter Unterschied zur bayerischen Prüfungsordnung bestand in der schriftlichen Hausarbeit, die im Rahmen der schriftlichen Prüfung angefertigt werden musste. Religion war auch hier nur Teil der mündlichen Prüfung und das nur für jene Prüflinge, welche die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht erwerben wollten. Geprüft wurde, eine weitere Ähnlichkeit zur bayerischen Prüfungsordnung, ob die Studierenden in der Lage waren, die Ergebnisse der jeweiligen Wissenschaften in ihrem Wert für den nationalsozialistischen Staat zu beurteilen241. In der Rückmeldung an das RMWEV schrieb Boepple am 3. September 1936 an dieses, dass er die Herausgabe einer reichseinheitlichen Prüfungsordnung begrüße und im Hinblick auf eine Vereinheitlichung des Volksschulwesens für notwendig erachte. In seiner darauffolgenden Stellungnahme zum Entwurf des Reichsministeriums bezog er sich auf die bereits erlassene bayerische Prüfungsordnung. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass eine reichsverbindliche Prüfungsordnung in Arbeit gewesen sei und er bat darum, 239 Vgl. Vorläufige Ordnung zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108). 240 Vgl. ebd., 2–5. 241 Vgl. ebd., 5–13.
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dass die bayerische Prüfungsordnung wenigstens um eine Übergangsfrist von einem Studienhalbjahr in Kraft bleiben dürfe. Grund für die erbetene Übergangsfrist sei das erste Prüfungshalbjahr an der HfL in Pasing, welches im Wintersemester 1936/37 beginne. Den Studierenden sei die Prüfungsordnung bereits bekannt gegeben worden242. In seiner Stellungnahme merkte Boepple zunächst an, dass die Bezeichnung der Prüfungsordnung als „vorläufig“ nicht zweckmäßig sei. Er bat außerdem darum, in Abweichung von der Reichsprüfungsordnung mit Blick auf Abschnitt A, Abs. 2, auch weiterhin die praktische Prüfung in Bayern zu genehmigen. Im Hinblick auf die Prüfung in Religionslehre wies Boepple darauf hin, dass in Bayern nie eine Prüfung aus der Religionslehre abgenommen worden sei, und dass dies auch nicht notwendig sei. Die Studierenden hätten bereits auf den höheren Lehranstalten das notwendige Wissen erworben, das in Abschnitt B, Absatz sechs genannt werde. Bei dem Studium an der HfL könne es nur darum gehen, „den ,Inhalt der Bibel in dem für den Religionsunterricht in der Volksschule nötigen Umfange‘, sowie ,die wichtigsten Bekenntnisschriften und Lehren der Kirche‘ wissenschaftlich durchzuarbeiten“243, um auf dieser Basis die Stellung der Studierenden zu diesen Fragen zu klären und die notwendige Grundlage für die methodische Behandlung zu haben. Zum Zeugnis führte er an, dass dieses in Bayern seit jeher nur von den Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse erstellt werde. Eine Unterzeichnung durch kirchliche Vertreter bat er für Bayern wegzulassen, da dies einen erkennbaren Rückschritt nach außen hin bedeute. Außerdem bemerkte Boepple, dass das Zeugnis für Religion seit langem gesondert erstellt würde244. Bereits Ende November fand im Berliner RMWEV die Besprechung über den Entwurf der „Vorläufigen Ordnung der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen“ statt245, am 12. Oktober 1937 wurde sie durch das RMWEV bekannt gegeben. Sie galt ab dem Wintersemester 1937/38 an allen deutschen Hochschulen sowie dem PI in Jena. Alle entgegenstehenden Ordnungen waren außer Kraft zu setzen. Rust behielt sich außerdem vor, einzelne Maßnahmen der Prüfungsordnung selbst durchzuführen, wie beispielsweise die Ernennung des Leiters des Prüfungsausschusses, die Entscheidung über Berufungen und den dauernden Ausschluss Studierender von der Prüfung sowie die nochmalige Zulassung zur Wiederholungs- und Ergänzungsprüfung. Diese Maßnahmen seien bis auf Weiteres den Unterrichtsverwaltungen der Länder übertragen. Rusts Zuständigkeit als letzte Berufungsinstanz wurde dadurch nicht berührt. Zuletzt betonte Rust, dass die Prüfungsordnung als vorläufig 242 Vgl. Vorläufige Ordnung der 1. Prüfung für das Lehramt an Volksschulen, Runderlaß v. 15. 7. 1936, W I L 1786 E II a (BayHStA München, MK 42108, München). 243 Ebd., 10 f. 244 Vgl. ebd., 11 f. 245 Vgl. W I L 3585, EIIa, EIIb, M (BayHStA München, MK 42108, Berlin).
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betrachtet werde, auch wenn davon abgesehen werde sie nach außen hin als solche zu kennzeichnen. Grund für die Vorläufigkeit der Prüfungsordnung sei weiterhin, dass einerseits die Richtlinien über das Studium noch vorläufig seien und andererseits die Frage der Religionsprüfung nach wie vor nicht abschließend geklärt sei246. In dieser Fassung der Prüfungsordnung war Religion weiterhin als Prüfungsgebiet innerhalb der „Allgemeinen und Besonderen Unterrichtslehre“ vorgesehen. Die Prüflinge mussten sich über die Hauptfragen des Unterrichts und der Schulorganisation aussprechen können. Auch die Einbindung der einzelnen Unterrichtsfächer in das Ganze des Volksschulunterrichts blieb erhalten, ebenso wie die Dozentengutachten, welche ein Urteil über Leistung und Verhalten der Studierenden geben mussten. Wenn der Charakter oder das politische Verhalten eines Studierenden den Anforderungen nicht genügte, dann war er von der Prüfung zurückzuweisen. Anders als im Entwurf stand dieser Aspekt an erster Stelle. Auch die Dozentenzeugnisse wurden in ihrer Bedeutung stärker betont, indem sie für die Ausbildung ausschlaggebend waren247. Religion blieb weiterhin Bestandteil der schriftlichen Prüfung. Für die Hausarbeit, welche im Rahmen der schriftlichen Prüfung angefertigt werden musste, konnte auch Religion gewählt werden. In der Regelung der mündlichen Prüfung blieb es bei der Fassung des Entwurfs, trotz Kritik aus Bayern. Im Bereich der „Besonderen Unterrichtslehre“ mussten die Studierenden neben der Prüfung in deutscher Sprache, die für alle verbindlich war (zuvor war auch Grundschulpädagogik in diesem Zusammenhang verpflichtend), in zwei Fächern eine Prüfung ablegen, wobei aus den Gebieten B 5 b–h und B 5 i–n zu wählen war. Religion fiel dabei unter die Ziffer B 5 h. Die Regelung, dass es im Ermessen des Prüfungsleiter stehe, die übrigen Fächer der „Besonderen Unterrichtslehre“ zu prüfen, blieb bestehen, inklusive der Anmerkung, dass sich diese Prüfung nicht auf Religionslehre erstrecken dürfe, wenn die Prüflinge in Religion nicht geprüft werden wollten248. Ergänzt wurde der Zusatz, dass die Prüfung als nicht bestanden gelte, „wenn der Leiter des Prüfungsausschusses noch während der Prüfung feststellt, dass der Prüfling nach seinem Charakter, seinem politischen Verhalten und seinen Leistungen nicht geeignet ist, ein Lehramt zu übernehmen“249. Die Arbeit an der als vorläufig anzusehenden Prüfungsordnung zeigt, dass der Einfluss der Länderministerien auf die Arbeit im Reichsministerium mehr als gering war. So wies die veröffentlichte Fassung vom Oktober 1937 nur geringfügige Unterschiede zum Entwurf von 1936 auf. Hinsichtlich der Be246 Vgl. Erlass des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Ziffer W L 2491, E II a, E II b, M. (a) (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 247 Vgl. Zu W L 2491, E II a, E II b, M. (a) (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 248 Vgl. ebd., 4. 249 ebd., 5.
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handlung des Faches Religion hat sich gezeigt, dass dieses an den bayerischen Hochschulen einen geringeren Stellenwert besaß, als dies reichsweit zu diesem Zeitpunkt vorgesehen war, wie insbesondere die Möglichkeit einer schriftlichen Hausarbeit in diesem Fach deutlich macht. Ein Aspekt der bayerischen Kritik wurde angenommen: die inhaltlichen Voraussetzungen, welche in der Religionsprüfung an der HfL gemäß dem Entwurf der Prüfungsordnung in der Prüfung gestellt wurden, seien bereits in der Religionsprüfung der Höheren Schule nachgewiesen. Ob Bayern allein diesen Punkt angemerkt hat, muss angesichts der Quellenlage offenbleiben. Es ist jedoch anzunehmen, dass andere Ländervertretungen ähnliche Ansichten hatten. Die Prüfungsordnung weist insgesamt eine hohe Verschränkung von nationalsozialistischer Weltanschauung mit den Erziehungsaufgaben in der Lehrerbildung auf. Was früher die religiös-sittliche Erziehung gewesen war, war nun die Erziehung zu einem politisch zuverlässigen und charakterstarken Nationalsozialisten. Gesichert wurde dies vor allem durch den Bereich außerhalb der Lehre, das Leben im Kameradschaftshaus, die Feiern und Feste der Hochschulen sowie insbesondere die engmaschige Beanspruchung der Studierenden durch Gliederungen der NSDAP bereits während der Schulzeit, die unausgesprochen definitive Voraussetzung für die Zulassung an den Hochschulen war, anschließend im – noch vor Beginn des Hochschulstudiums abzuleistenden – Arbeitsdienst, welcher an der Hochschule wiederum erneut durch die aktive Mitarbeit in den NSDAP-Gliederungen abgelöst wurde. Die Zeugnisse der Dozierenden und Führer*innen der Gliederungen welche ausschlaggebend für die Zulassung und letztlich auch für das Bestehen der Prüfung waren – noch in der Prüfung konnte vermeintlich politisch Unzuverlässigen der Weg in das Lehramt endgültig versperrt werden – sind Zeugnis dieser durchgehenden Inanspruchnahme durch die Partei. Am 10. Februar 1938 erging ein weiterer Erlass mit Bezug auf die Prüfungsordnung vom 12. Oktober 1937. Dieser wurde direkt an die Direktoren der HfL sowie die Unterrichtsverwaltungen überstellt und war nicht zur Veröffentlichung vorgesehen. Der Erlass mit der Nummer W L Nr. 4014/37, E II a, E II b, M (a) bezog sich auf die Befähigung zur Erteilung des Religionsunterrichts. Diese wurde gemäß der Prüfungsordnung im Rahmen der vorgesehenen Prüfung in der Religionslehre als Teilgebiet der Besonderen Unterrichtslehre erworben. „Da der schulplanmäßige Religionsunterricht im Auftrage und unter der Hoheit des Staates erteilt wird“250, war es unwesentlich, ob den Schulamtsbewerbern nach Abschluss ihrer Lehramtsprüfung noch ein besonderer kirchlicher Auftrag erteilt wird. Die Religionsprüfung an den HfL, dies wurde ausdrücklich betont, habe nichts mit der Erteilung der kirchlichen Missio Canonica zu tun. 250 Runderlass des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Ziffer W L Nr. 4014/37, E II a, E II b, M (a) (BayHStA München, MK 42108, Berlin).
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Die Ordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen Am 8. Dezember 1936 wurde von Berlin ausgehend auch die Regelung der Ordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen in Angriff genommen251. Die Antwort aus Bayern folgte Ende Januar 1937. Im Schreiben vom 28. Januar 1937 wurde die aktuell geltende Prüfungsordnung über die Prüfung nach dem Vorbereitungsdienst übermittelt. Diese Prüfungsordnung, so Boepple, stamme noch vom 25. November 1921, sowie auch die Vorschriften über den Vorbereitungsdienst noch vom 21. Juli 1925 stammten. Aktuell würden die Regelungen für den Vorbereitungsdienst in Bayern überarbeitet, weshalb das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus auch darum bat eine allenfalls beabsichtigte Reichsregelung möglichst bald bekannt zu geben252. Veröffentlicht wurde ein Entwurf der „Ordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an deutschen Volksschulen“ vom RMWEVallerdings erst am 28. Mai 1938. Im Begleitschreiben war eine Sitzung am 14. Juni 1938 im Reichsministerium vorgesehen, in welcher die beigefügte Vorlage besprochen werden sollte. Dabei wurde ausdrücklich gebeten, von dieser Kenntnis zu nehmen und zur anberaumten Sitzung Vertreter zu entsenden253. Der Entwurf, der eine reichsweite Geltung vorsah, bestimmte in § 1 den Sinn der Prüfung dahingehend, die Befähigung zur Anstellung auf Lebenszeit zu erwerben. Die Schulamtsbewerber*innen hatten im Zusammenhang mit der in ihrem Amt geleisteten Arbeit nachzuweisen, dass sie mit den erzieherischen und unterrichtlichen Aufgaben vertraut waren. Der § 2 regelte Meldung und Zulassung zur Prüfung. Hatte der Kreisschulrat Bedenken gegen die Zulassung, so sollte er dem Regierungspräsidenten bzw. der entsprechenden Schulaufsichtsbehörde darüber berichten, welche letzten Endes über die Zulassung entschied254. Über den Verlauf der Prüfung bestimmte der § 5, dass diese im Rahmen einer mündlichen Prüfung ein schulpraktisches und ein wissenschaftliches Element beinhalten sollte. Im schulpraktischen Teil war nachzuweisen, dass die Bewerber*innen fähig waren, die Jugend zur Volksgemeinschaft und zum vollen Einsatz für Führer und Nation zu erziehen. Der Prüfungsausschuss wohnte dem Unterricht der Prüflinge in drei Fächern bei, wobei der Leiter des 251 Vgl. Erlass des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Ziffer E II b Nr. Ung. 3, W I L (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 252 Vgl. II. Prüfung für das Lehramt an Volksschulen. Zu den Schreiben vom 8. 12. 1936 und 15. 1. 1937 E II b Nr. Ung. e und 31 (BayHStA München, MK 42108, München). 253 Vgl. Neuordnung der 2. Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, Berlin). 254 Vgl. Ordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an deutschen Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, [Berlin]).
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Prüfungsausschusses Fächer und Unterrichtsaufgaben auf Grund des Arbeitsberichtes und unter Berücksichtigung der Vorschläge des Kreisschulrates nach dem Stoffplan auswählte. Es waren jedoch nur Unterrichtsfächer zu bestimmen, in denen die Kandidat*innen stundenplanmäßig Unterricht erteilten. Im wissenschaftlichen Bereich der Prüfung mussten die Bewerber*innen nachweisen, dass sie mit den grundlegenden Fragen der Erziehung und des Unterrichts vertraut waren. Sie mussten die Volksschularbeit in ihrer Bedeutung für Volksgemeinschaft und Staat erkannt haben und aus der Gesamtschau des nationalsozialistischen Weltbildes begründen können. Daneben mussten sie ausreichende Kenntnisse in den Grundlagen des Nationalsozialismus aufweisen255. Das Fach Religion wurde in dieser Prüfungsordnung – im Gegensatz zur Ordnung für die erste Prüfung – keinen eigenen Regelungen unterworfen. Die Prüfung in diesem Fach im Rahmen des schulpraktischen Teils wurde jedoch auch nicht ausgeschlossen. Dennoch ist die fehlende eigenständige Regelung auffallend. Allerdings handelte es sich bei dieser Regelung ausdrücklich um einen Entwurf. Aus Bayern liegt ein Besprechungsbericht über die, mit dem übersandten Entwurf geplante, Sitzung vor. Für Bayern waren Regierungsrat Dr. Georg Bögl sowie Bezirksschulrat Dr. Hermann entsandt worden. Die gemäß dem Bericht besonders besprochenen Fragen waren die Reichseinheitlichkeit der Prüfungsordnung, das Thema der Fortbildung, das Wesen der zweiten Volksschullehrerprüfung im Allgemeinen und die Frage nach zentraler oder dezentraler Durchführung der Prüfung. Über die Reichseinheitlichkeit der Prüfungsordnung und das Thema der Fortbildung herrschte Einvernehmen. Die Reichseinheitlichkeit der Prüfungsordnung wurde begrüßt, ebenso die Notwendigkeit einer regelmäßigen und geregelten Fortbildung der Junglehrkräfte. Dabei wurde entschieden, dass die Durchführung der Fortbildung den Ländern überlassen bleiben konnte. Nach Diskussionen über die Teilung der zweiten Prüfung in einen schulpraktischen und einen wissenschaftlichen Teil wurde als Ergebnis der Besprechung konstatiert, dass an der Teilung selbst festgehalten werden solle, wobei keiner der Abschnitte in seiner je eigenen Bedeutung zurückgesetzt sei und an einer engen Verbindung beider Teile miteinander festgehalten werden sollte256. Der größte Konflikt in der Besprechung sei, laut dem Bericht, bei der Frage nach der Zentralisation der Prüfung aufgetreten. Bayern sei dabei für die Zentralisation des wissenschaftlichen Teiles der Prüfung eingetreten, wobei 255 Vgl. Ordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an deutschen Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, [Berlin]), 3 f. 256 Vgl. Neuordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München).
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immer wieder die seit langem bewährte gemischte Regelung (die praktische Prüfung in der Schulklasse, die wissenschaftliche Prüfung in schriftlicher und mündlicher Form zentral am Sitz einer jeden Regierung) verteidigt worden sei. Diese Lösung ließ sich jedoch nicht in den Reichsentwurf aufnehmen, sodass von Seiten der bayerischen Vertreter darum gebeten worden war, eine Rahmenreglung zu erlassen, die den Ländern in diesem Punkt einen gewissen Spielraum in der Umsetzung zugestehe, eine Frage die dem Reichsminister zur Entscheidung vorgelegt werden sollte. In einem zweiten Teil der Besprechung wurde der Entwurf Satz für Satz durchgesprochen, wobei sich teilweise stark auseinanderstrebende Auffassungen ergaben. Gemäß den Schilderungen der bayerischen Vertreter seien dabei die meisten ihrer Änderungswünsche angenommen worden257. Das Bayerische Gesetz über die Schulverwaltung, Schulleitung und Schulaufsicht an öffentlichen Volksschulen Im Jahr 1938 wurden in Bayern Schulverwaltung, Schulleitung und Schulaufsicht an den öffentlichen Volksschulen per Gesetz neu geregelt. Dabei wurde bestimmt, dass sich die staatliche Schulaufsicht auch auf den Religionsunterricht erstrecken sollte, ohne Rücksicht darauf, ob er von weltlichen oder geistlichen Lehrkräften erteilt wurde. Es wurde explizit auch die nationale Haltung aller Religionslehrkräfte als Gegenstand der Überwachung genannt. Der Religionsunterricht könne laut dem neuen Gesetz von Beauftragten der Religionsgemeinschaften besucht werden. Auch etwaig festgestellte Mängel dürften gegenüber dem Schulamt aufgezeigt werden. Die von den Religionsgesellschaften beauftragten Personen müssten dem Schulamt jedoch genannt werden. Die Religionsgesellschaften hatten keinerlei dienstaufsichtliche Befugnisse. Diese lagen beim Schulamt, inklusive der Gesuche um Zulassung zum Religionsunterricht, die beim Schulamt einzureichen waren und den Nachweis über die entsprechende Ausbildung – also das Zeugnis über die Lehrbefähigung zum Religionsunterricht – beinhalten mussten258. Der Erlass Nr. W L Nr. 3219 vom 7. September 1938 Mit Erlass vom 7. September 1938 bestimmte das Reichsministerium, dass bis spätestens 1. Oktober mitzuteilen sei, „wieviele von den im Sommer 1938 eingeschriebenen Studierenden früher einmal für kurze oder längere Zeit als ordentliche Studierende das Studium der Evangelischen und der Katholischen 257 Vgl. Neuordnung der zweiten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen (BayHStA München, MK 42108, München), 2 f. 258 Vgl. Wagner, Gesetz.
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Theologie studiert haben“259. Bei den Angaben sei dabei zu trennen zwischen den Studierenden für das Lehramt an Volksschulen und das für höhere Schulen, wobei als Stichtag der 1. Juni 1938 galt. Ein Grund für diesen Erlass wurde nicht direkt ersichtlich. Es ist allerdings anzunehmen, dass der Kirchenkampf den Hintergrund für diesen Erlass bildete in Verbindung mit Fragen nach politischer Zuverlässigkeit, die von allen Studierenden der HfL lückenlos nachzuweisen war. 5.7.2 Der Spielraum der Hochschulen bei der Umsetzung der reichsweiten und länderspezifischen Erlasse Die Quellen zeugen von einem gewissen Handlungsspielraum der Direktoren der Hochschulen, der sich zunächst vor allem durch ihre in den Richtlinien zur Vereinheitlichung der Verwaltung der HfL bestimmte Machtposition an den Hochschulen erklären lässt. Die Quellen liefern allerdings noch weitere Gründe für diesen scheinbaren Handlungsspielraum der Direktoren. Aus Würzburg wurde 1937 berichtet, dass der Studienaufbau der Hochschule nicht mit der bayerischen Studienordnung an den HfL vom 28. Juli 1936 übereinstimme. Als Argument wurde angeführt, dass es nicht Sinn der Richtlinien sein könne, am Anfang einer Entwicklung jede Versuchsmöglichkeit auszuschließen. Der Rektor der Hochschule betrachtete die per Ministerialerlass festgelegte Studienordnung daher offensichtlich zunächst als einen Versuch. Im Rahmen dieses Versuches wurde in Würzburg beispielsweise das in der Studienordnung vorgesehene Fach Heimatmethodik als Gemeinschaftsvorlesung verschiedener Dozierender gehalten. Dabei sollte die Erfahrung zeigen, inwieweit die Fachvertreter zusammenarbeiten müssten, um das Fach von einem ganzheitlichen Gesichtspunkt aus zu behandeln260. Hinsichtlich der methodischen Vorbildung der Lehrerstudierenden wich die Würzburger HfL ebenfalls von der Studienordnung ab. Da der Staat nicht mehr wie früher in der Lage sei die Berufsanfänger*innen in ausreichendem Maße durch erfahrene Lehrkräfte betreuen zu lassen, müsse die Hochschule „die Studenten in möglichst allen Volksschulfächern unterrichtsfähig“261 machen. D. h. die Studierenden mussten in allen Fächern, die sie in der Volksschule zu unterrichten hatten, eine methodische Ausbildung erhalten. Dabei könne aber eine vertiefte Methodik aufgrund von Zeitmangel und den persönlichen Fähigkeiten des Einzelnen nur für wenige Unterrichtsfächer vermittelt werden. Die konkreten Abweichungen im Studienaufbau werden im Folgenden 259 Erlass des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Ziffer W L Nr. 3219 (BayHStA München, MK 42111, Berlin). 260 Vgl. Zu ME vom 28. 7. 1936 Nr. II 36970 Ziffer 3 (BayHStA München, MK 42097, Würzburg). 261 Ebd., 3.
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dargestellt. Da in Würzburg im ersten Semester kein Fach der „Besonderen Unterrichtslehre“ erteilt wurde, wurden auch die nach den Reichsrichtlinien vorgeschriebenen Vorlesungen in Religionsmethodik auf das zweite und dritte Semester verschoben, wobei diese jeweils im Rahmen von einer einstündigen Vorlesung behandelt wurden262. Um die Abweichung zu legitimieren, verwies der Rektor der HfL auf die Hochschulen in Darmstadt und Karlsruhe. In Darmstadt werde nur eine dreistündige Gemeinschaftsvorlesung in Methodik für die Fächer Geschichte, Erdkunde und Naturkunde gehalten. In Karlsruhe umfasse diese zweistündige Gemeinschaftsvorlesung die Methodik der Fächer Grundschulunterricht, Deutsch, Heimatkunde, Erdkunde, Geschichte, Naturlehre, Naturkunde, Religionslehre, Gesangunterricht, Zeichenunterricht, Werk- und Turnunterricht. Daraus werde nicht nur deutlich, wie der Rektor aus Würzburg folgerte, dass die Reichsrichtlinien in diesem Punkte nicht den Anforderungen der Volksschule entsprächen, sondern es zeigte sich vor allem welch geringer Stellenwert der Methodik als solcher an diesen Hochschulen zukam263. Anders als an den genannten Hochschulen entsprach die angesetzte Stundenzahl für Methodik den Reichsrichtlinien, wenngleich in der Verteilung dieser Stunden abgewichen wurde. Wichtig war dem Rektor offensichtlich, dass „der angehende Student über die fachlichen Methodiken sowie über die fächerverbindenden Möglichkeiten unterrichtet und in ein Gebiet tiefer eingedrungen ist“264. Dabei wurde bewusst nichts auf die Fortbildungszeit nach Verlassen der HfL verschoben. Wie tiefgehend eine einstündige Methodikvorlesung allerdings sein konnte, muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Neben den in den Reichsrichtlinien vorgesehenen Vorlesungen der Methodik wurden weitere Veranstaltungen angeboten, die Vor- und Nachbesprechungen von Lehrbeispielen und -übungen lieferten, als Vorlesung unter dem Titel „Landpädagogik“ auf das Landschulpraktikum in jedem Sommersemester gehalten wurden und sich in Form einer Übung mit den Arbeitsmitteln sowohl der Unter- als auch der Oberstufe befassten. Während die Besprechungen der Lehrbeispiele alle Studierenden umfassten, erfassten die letztgenannten Veranstaltungen nur je ein Drittel der Studierenden. Der Grund war zeitlich bedingt265. Die Abweichungen im Studienaufbau der Würzburger HfL zeigen, dass der Rektor sich in seinem Schreiben zwar auf die bayerische Studienordnung bezog, letztlich die Abweichungen jedoch die Reichsrichtlinien betrafen. Hauptgrund für die Unterschiede war offensichtlich die in den Reichsrichtlinien als mangelhaft befundene Betonung der Methodik für die Ausbildung der Lehramtsstudierenden. Daneben lieferten die, nur in Bayern eingerichteten, 262 Vgl. Zu ME vom 28. 7. 1936 Nr. II 36970 Ziffer 3 (BayHStA München, MK 42097, Würzburg), 4. 263 Vgl. ebd., 5. 264 Ebd., 6. 265 Vgl. ebd.
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Übungsschulen die Gelegenheit und den Stoff für die Vor- und Nachbesprechungen der Lehrbeispiele. Diese Praxisnähe war bayernspezifisch und ein weiterer Grund für Abweichungen von den Reichsordnungen; sie wurde dort immer wieder hervorgehoben. Auch im folgenden Jahr kam aus Würzburg eine Rückmeldung zu den Richtlinien, die – nach dem letzten Schreiben der Hochschule an das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus vom Juni 1937 – im Oktober 1937 reichsweit verbindlich gemacht wurden. Guthmann meldete zurück, dass sich die Richtlinien durchaus als „wertvoll und brauchbar erwiesen“ hätten. Aber – obwohl sie explizit nach außen hin nicht als vorläufig kommuniziert wurden – würden sie „nicht als im strengsten Sinne des Wortes verbindlich betrachtet“. Guthmann verwies auf die am 18. März 1936 erlassenen Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den HfL. Diese würden den eigenen Hochschulen ein freies Betätigungsfeld zugestehen, sodass das Wort „verbindlich“ den Richtlinien selbst widerspräche. Daher wurden die Richtlinien nur in Bezug auf „das Ziel und die Linienführung“ als verbindlich betrachtet, das Gepräge der Hochschule wurde „nach den besonderen Bedürfnissen“ gestaltet266. Kritik wurde an der massiven Vereinnahmung der Studierenden durch die Gliederungen der Partei geübt. Die Mitgliedschaft war für zwei Gliederungen verbindlich und führte einerseits zu Überbelastung und „Zersplitterung“, brachte andererseits aber auch „keine Bereicherung“267. Erneut bezog sich der Rektor der Würzburger Hochschule auf die Verteilung der Religionsmethodik auf das erste und zweite Semester. Diesmal wurde kein pädagogischer Grund für die Kritik angeführt, sondern ein politischer. Guthmann führte aus, dass die Verteilung der Vorlesungen der Religionsmethodik in das erste und zweite Semester „bei der Denkweise mancher Parteikreise für eine Hochschule geradezu gefährlich werden“ könnte. Auch aus diesem Grund würden die Vorlesungen zur Methodik der Allgemeinen Unterrichtslehre an den Beginn gestellt. Guthmann verwies zudem auf ein anderes Thema: „die Frage des Erwerbs oder Nichterwerbs der missio für einen konfessionell gebundenen Religionsunterricht [gehört] augenblicklich mit zu den heikelsten […], die einem Direktor aufgegeben sind.“268 Vor dem Hintergrund der jetzt auch in Bayern als Folge des Schulkampfes eingerichteten Gemeinschaftsschulen und den damit verbundenen „Rückwirkungen auf die Erteilung von religionswissenschaftlichen und -methodischen Vorlesungen“269 bat Guthmann in diesem Zusammenhang um äußerst vorsichtige Formulierungen. Es waren also drei Gründe, die den Rektor der 266 Die Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung vom 18. 3. 1936 mit der Ziffer W I L 1502/35 (BayHStA München, MK 42097, Würzburg). 267 Ebd. 268 ebd., 4 f. Umstellung durch die Verfasserin. 269 Ebd.
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Würzburger Hochschule zu einer Umstellung im Studienaufbau hinsichtlich Religionsmethodik bewogen hatten. Einerseits, das führte er bereits in seinem Schreiben vom Juni 1937 aus, werde der Studienaufbau nach den Richtlinien nicht den Anforderungen der Volksschule gerecht. Andererseits sei politisch gesehen Vorsicht geboten, da die Behandlung des Faches Religionsmethodik in den ersten Semestern offensichtlich von einigen Parteikreisen als Priorisierung des Faches Religion verstanden werden konnte. Zuletzt verwies er auf die unsichere Stellung des konfessionellen Religionsunterrichts in den inzwischen durchgesetzten Gemeinschaftsschulen270. Die Weitsicht des Direktors zeigt sich in seiner Auffassung, dass die Vorlesungen in Religionsmethodik und Religionswissenschaft271 mit der Einrichtung der Gemeinschaftsschulen und dem damit einhergehenden Einflussverlust der Kirche auf die Schulen in Verbindung gebracht wurden. Für ein Unterrichtsfach, welches in Zukunft möglicherweise nicht mehr erteilt werden würde, müssten auch keine Lehrkräfte mehr ausgebildet werden. Diese Erkenntnis wurde von Guthmann in der Einrichtung der Wahlfächer an der Hochschule umgehend umgesetzt. Dabei wurde Religionswissenschaft „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht angeboten, während die Nichteinrichtung des Faches Rassenkunde als Wahlfach mit dem Fehlen einer entsprechenden Fachkraft zusammenhing und ausdrücklich für die Zukunft geplant war272. Auch aus der Hochschule in Bayreuth kamen ein halbes Jahr nach Erlass der Reichsrichtlinien „Vorschläge“, die ebenfalls den das Fach Religion betrafen. Davon, Religionslehre, bzw. Methodik des Religionsunterrichts als pflichtmäßiges Fach in den Studienaufbau zu integrieren, sollte „[b]ei der teilweise zersplitterten bekannten Stellung der Religionsgemeinschaften zum nationalsozialistischen Staat“ abgesehen werden. Das Lehrgebiet sollte, so der Vorschlag, nur als Wahlfach unterrichtet werden, „[s]oweit diese Aufgabe nicht den Kirchen selbst überlassen werden“ könne273. Bereits 1936 hatte Kolb erfolglos beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus angeregt, den Lehrauftrag Religionswissenschaft durch einen Lehrauftrag für Deutsches Christentum, wie er in Jena eingerichtet sei, zu ersetzen274. 270 Vgl. Die Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung vom 18. 3. 1936 mit der Ziffer W I L 1502/35 (BayHStA München, MK 42097, Würzburg). 271 Von der offiziellen Bezeichnung des Lehrauftrags abweichend bezeichneten die Direktoren der Hochschulen die Vorlesungen auffällig häufig als „Religionsmethodik“. Dies mag mit der erwähnten unsicheren Stellung des konfessionellen Religionsunterrichts zusammenhängen. 272 Vgl. Die Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung vom 18. 3. 1936 mit der Ziffer W I L 1502/35 (BayHStA München, MK 42097, Würzburg). 273 „Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den Hochschulen für Lehrerbildung“ (BayHStA München, MK 42097, Bayreuth). 274 Vgl. Abbau der Deutschen Aufbauschule in Bayreuth (BayHStA München, MK 42214, Bayreuth).
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Inwieweit sich der Bayreuther Rektor hierbei auf die bisher gemachten Erfahrungen stützte, ist unklar, er führte jedoch einen zusätzlichen Grund für eine, in diesem Fall, Herabstufung des Faches Religion an den HfL an. Anders als Guthmann war Kolb an dieser Stelle konsequenter, auch wenn die Streichung des Faches Religion aus der Ausbildung an der HfL bei Guthmann durchaus anklang. Kolb führte den Kirchenkampf als politisches Argument gegen den Religionsunterricht an den HfL an. In der Umsetzung der Reichsrichtlinien und auch in der Positionierung der Direktoren zu diesen Reichsrichtlinien zeigt sich die schwache Stellung des Religionsunterrichts an den Hochschulen, auch wenn er in den Richtlinien als ordentliches Lehrfach – mit Hinweis auf die ungeklärte Religionsfrage allerdings nur vorläufig – vorgesehen war. Dabei zeigen die Argumente der Direktoren einerseits bei der Abweichung in der Umsetzung der Richtlinien, andererseits bei der Kritik an den Richtlinien, dass vor allem politische Gründe hinter der Ablehnung des Religionsunterrichts standen. So wurden auf der einen Seite „gewisse Parteikreise“ angeführt, die diesen als solchen missbilligten, auf der anderen Seite wurde der Kirchenkampf und die damit verbundene Oppositionsstellung gewisser Kirchenkreise zum nationalsozialistischen Staat angeführt. Die Einführung der Gemeinschaftsschulen und die damit verbundene unsichere Stellung des konfessionell gebundenen Religionsunterrichts innerhalb der Schule wurde angeführt, was die Erkenntnis zeigt, dass der Abschaffung des Religionsunterrichts aus den Schulen durchaus gerechnet worden war und dabei selbstverständlich auch die Ausbildung der Religionslehrkräfte mit in den Blick genommen wurde. Letztlich waren die Argumente, die die untergeordnete Stellung des Religionsunterrichts an den HfL begründeten, im Grunde vor allem politischer Natur. Inhaltliche Gründe wurden nicht angeführt, auch wenn diese bei Kolb mit anzunehmen sind. 5.7.3 Die Verdrängung der Religionslehrerbildung aus den Hochschulen für Lehrerbildung durch die Agitation des NS-Studentenbundes Die Quellen zeigen, dass eine massive Einwirkung gegen die Vorlesungen in Religion an den HfL von den Studierenden ausging. So wurde beispielsweise an die Kreisdekane von Ansbach und Bayreuth berichtet, „dass diejenigen Studierenden, die sich aus der evang[elischen] Religionsmethodik prüfen lassen und die dazu notwendigen Vorlesungen und Übungen besuchen, seitens der Studentenschaft einer minder zuverlässigen politischen Gesinnung verdächtigt werden und manche Benachteiligungen auf sich nehmen müssen“275. 275 Bericht über Religionsmethodik an den Bayer. Hochschulen für Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, 2.2.0001-216, München).
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Diese Information stand vor dem Hintergrund eines Berichtes, nach dem in den bayerischen HfL seit dem Sommersemester 1938 die ehemaligen Pflichtvorlesungen in Religionsmethodik nunmehr lediglich als Wahlmethodik-Vorlesungen angekündigt wurden276. Dies führte, gemeinsam mit den Verdächtigungen von Seiten der Studierenden dazu, dass viele Studierende, die erwägten Vorlesungen und Prüfungen in Religion zu belegen, sich dagegen entscheiden würden. Der Verfasser forderte, dass die Rektoren der Hochschulen die Studierenden darüber aufzuklären hätten, dass keine Lehrkraft gegen ihr Gewissen gezwungen werden dürfe, Religionsunterricht zu erteilen, keine anderen als Gewissensgründe anerkannt werden dürften und dass jeder, der in der Lage sei Religionsunterricht zu erteilen, die Prüfung ablegen solle277. Im Hinblick auf die Beurteilung der Studierenden als politisch unzuverlässig, wenn sie Religion belegten, wurde betont, dass Evangelische Religionsmethodik offizielles Prüfungsfach sei und „von allen evangelischen Studierenden, die später in allen Fächern unterrichten wollen, sogar gewählt werden muss“278. Beim Verfasser des Schreibens zeigte sich Verwunderung darüber, dass die Teilnahme an Veranstaltungen, die Teil des offiziellen Lehrprogramms der HfL waren, Repressalien nach sich ziehe. Abschließend und auf Basis dieser Argumentation wurde das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus gebeten, „geeignete Maßnahmen zu treffen“279. Auch aus der HfL in Würzburg liegen Berichte darüber vor, dass der NSDStB Druck auf die Studierenden ausüben würde. Den Schilderungen nach, die sich auf einen Bericht Schwindels stützten, hielt der Führer des NSDStB vor den Studierenden des ersten und dritten Semesters eine Ansprache, in der er deutlich machte, dass diejenigen, die die missio canonica erlangen wollten, als nationalsozialistisch unzuverlässig gelten und daher aus dem NSDStB ausgeschlossen werden müssten. Die Zulassung zur Prüfung sei aber von der Zugehörigkeit zum Bund abhängig. Der Leiter des Studentenbundes benannte auch deutlich, dass die „theologischen Vorlesungen zur Einstellung gebracht werden“280 sollten. In der Folge habe sich niemand für die theologischen Vorlesungen eingeschrieben. Aufgrund dieses Vorfalls kam es in Würzburg zu einer Besprechung zwischen dem Dozenten, dem Direktor und dem Studentenbundführer. Der Inhalt blieb dabei auf die rechtliche Lage beschränkt, wobei festgestellt wurde, dass jeder Student das Recht habe die theologischen Vorlesungen zu besuchen, Religionswissenschaft noch zu den Wahlpflichtfächern gehöre und die Vorlesungen in Religionsmethodik weiterhin vorgesehen seien. Es wurde festgehalten, dass der Studentenbund nicht der Leitung der Hochschule unterstehe. Bei einer anschließenden Unterredung mit dem 276 Vgl. Bericht über Religionsmethodik an den Bayer. Hochschulen für Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, 2.2.0001-216, München), 1. 277 Vgl. ebd., 2. 278 Vgl. ebd. Hervorhebung im Original. 279 Ebd. 280 Bericht über die Lage an der Hochschule für Lehrerbildung in Würzburg (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003-223, München).
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Studentenbundführer leugnete dieser auf Rückfrage den berichteten Inhalt seiner Rede281. Auf die Rückfrage Schwindels, warum Studierende, die ihre religiöse Überzeugung betätigten zwar nationalpolitisch nicht verdächtig seien, aber dennoch aus dem Studentenbund ausgeschlossen würden, kam die deutliche Antwort: Da der NS-Studentenbund eine Gemeinschaft sei, die das Ziel anstrebe, dass es nur noch eine Konfession innerhalb des deutschen Volkes gebe, könnten Lehrkräfte, die konfessionellen Religionsunterricht erteilen würden, nicht Mitglied der Gemeinschaft sein. In dieser Antwort des Studentenbundführers wurde die Aversion des Nationalsozialismus gegen den konfessionell getrennten Religionsunterricht deutlich formuliert282. Daneben würde aus Sicht der Studierenden die Kennzeichnung der Religionsmethodik in den Vorlesungsverzeichnissen als Pflichtfach viele Studierende verärgern. Es ergebe sich daraus ein unrechtmäßiger Zwang für diejenigen Studierenden, welche die Erteilung des Religionsunterrichts von vornherein ablehnten. Im Ergebnis der Besprechung konnte eine vorläufige Einigung darüber erzielt werden, dass den Studierenden durch den Studentenführer bekannt gegeben werden sollte, dass die Zulassung zur Prüfung nicht von der Zugehörigkeit zum NSDStB abhänge und keine Nachteile daraus entstehen würden, wenn man nicht zum NSDStB gehöre. Der Studentenbund müsse die Studierenden jedoch zu der Entscheidung veranlassen, die Erteilung des Religionsunterrichts abzulehnen; ein Standpunkt, den der Studentenbundführer nicht verließ. Ob die Forderung Schwindels demgegenüber, dass diese Entscheidung ohne jeden Druck gefällt werden müsse, umgesetzt worden ist, darf bezweifelt werden283. Der geringe Besuch der Religionsveranstaltungen legt dies zumindest nahe284. Auch Landesbischof Meiser285 nahm sich in verschiedenen Eingaben an das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus dieser Sache an und gab Kenntnis von „einer neuen Bewegung gegen die Teilnahme der Lehrerstudenten an den Vorlesungen über Religionsmethodik und der Prüfung derselben“286. Als Vordruck liegt des Weiteren ein Schreiben der Studentenführung der HfL von 1938 vor, welches in diesen Kontext der berichteten Agitationen einzuordnen ist. Dieser gab Kenntnis von einem Beschluss der Studierendenschaft. Dabei wurde auf die völlige Freiheit jedes Nationalsozialisten in religiösen Fragen verwiesen. Der Beschluss umfasste mehrere Punkte, von denen insbesondere drei von Relevanz sind. Als höchstes Ziel des Studen281 Vgl. Bericht über die Lage an der Hochschule für Lehrerbildung in Würzburg (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003-223, München), 1 f. 282 Vgl. ebd., 2. 283 Vgl. ebd., 3. 284 Vgl. ebd., 5. 285 Zu Meiser vergleiche ausführlich Schulze, Meiser. 286 Religionsmethodik an den bayer. Hochschulen für Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003-223, München).
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tenbundes wurde die Erziehung der deutschen Jugend zum Nationalsozialismus genannt. Die einzige Form der schulischen Erziehung der deutschen Jugend sei daher die nationalsozialistische Gemeinschaftsschule. Unterricht im Dienst der Kirche wurde abgelehnt, insbesondere deren Mitwirkung bei der Besetzung der Lehrerstellen sowie die Verpflichtung der Lehrkräfte zum Küster- oder Organistendienst. Der konfessionell gebundene Religionsunterricht sei alleinige Sache der Kirche. Um die „wirklich nationalsoz[ialistische] Durchdringung der gesamten Erzieherschaft“ zu gewährleisten wurde außerdem die Errichtung eines Lehrstuhls für nationalsozialistische Weltanschauung gefordert287. Die Inanspruchnahme durch die Religionsgesellschaften wurde in dem Schreiben als in ihrer Grundhaltung unsittlich begründet beurteilt. Man könne nicht mehr von religiöser Freiheit reden, solange diejenigen Studierenden und Lehrkräfte bei der Besetzung von Stellen benachteiligt würden, die aus der Kirche ausgetreten seien. Dadurch würden Menschen unter Umständen dazu veranlasst, gegen ihre Überzeugung zu handeln. Daneben könne man „von einem überzeugten Nationalsozialisten nicht verlangen, dass er sich in den Dienst solcher Mächte stellt, die in Ursprung und Wesen nicht als bedingungslose Bejaher der nationalsoz[ialistischen] Weltanschauung betrachtet werden können“288.
Abschließend wurde betont, dass sich dieses Schreiben nicht gegen den vom Reichsminister ernannten Religionsdozenten richte. Ein Nachsatz gab die Möglichkeit anzuzeigen, wie viele Studierende „aus gewissen Gründen der obigen Entschliessung nicht zustimmen“ konnten. Die Anerkennung der Forderung nach einer vollständigen Gleichberechtigung aller Glaubensbekenntnisse wurde betont. Mit den Punkten eins, drei und fünf – also jenen oben ausgeführten – erklärten sich selbst diese Studierenden gemäß dem Nachsatz solidarisch. Dieses vorgefertigte Schreiben der Studentenschaft zielte auf den Ausschluss des Faches Religion an den HfL. Wie häufig im nationalsozialistischen Kontext wurde dabei als Begründung die Trennung des Volkes durch die verschiedenen Bekenntnisse angeführt, sowie der angebliche Druck, den die Kirche auf die Lehrkräfte ausüben würde. Dieses Argument fand sich bereits in den Bestrebungen der Lehrerschaft während der Weimarer Republik gegen die geistliche Schulaufsicht.
287 Beschluss der Studentenführung (LAELKB Nürnberg, 0.2.0004-525). 288 Ebd.
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5.7.4 Die Handlungsspielräume der Kirche im Versuch den Religionsunterricht in der Lehrerbildung zu sichern Im Herbst 1938 tauchten Eingaben der lutherischen bayerischen Landeskirche an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus auf, die vor dem Hintergrund der in Kap. 4. 3 geschilderten Vorgänge zu sehen sind. So forderte unter anderem Landesbischof Meiser, teilweise wiederholt, dass die Studierenden, welche sich bereit erklärten, den Religionsunterricht zu erteilen, geschützt werden müssten. „Eingriffe in die Gewissensfreiheit der Einzelnen“, als welche die Agitationen des NSDStB angesehen wurden, sollten wirksam unterbunden werden. Meiser wies darüber hinaus darauf hin, dass es „ein seltsam widerspruchsvoller Zustand“ sei, dass der Besuch von staatlich angeordneten Vorlesungen und Übungen zu Verdächtigungen und Benachteiligungen führe, ohne dass diesem Einhalt geboten werde. Daher wurde von Meiser wiederholt gefordert, „diese unhaltbaren Zustände endgültig zu beseitigen“289. Die Eingaben zeigen, dass der Druck des Studentenbundes auf einzelne Studierende einerseits wirksam gewesen zu sein schien, dass aber andererseits innerhalb der Landeskirche ein Bewusstsein für das unrechtmäßige Verhalten der Studierenden vorhanden war, welches vor dem Ministerium als Argumentationsgrundlage diente. Der Bitte um Schutz für die Studierenden wurde vom Ministerium noch vor der zweiten Eingabe Meisers vom Dezember 1938 im November 1938 stattgegeben. In Form einer Dienstanweisung an die Direktoren der HfL wurde verfügt, dass bereits zu Beginn des Studiums den Studierenden deutlich gemacht werden müsse, dass kein Studierender genötigt werden dürfe, die Vorlesungen in Religion zu besuchen oder die Prüfung abzulegen, genauso wie keine Lehrkraft gezwungen werden dürfe Religionsunterricht zu erteilen. Da jedoch Religionsunterricht staatlicher Lehrgegenstand und ordentliches Lehrfach sei, müsse die Unterrichtsverwaltung dafür sorgen, dass dieser ordnungsgemäß gehalten werden könne. Daher könne es „[v]om nationalsozialistischen Standpunkt aus […] keinesfalls als erwünscht bezeichnet werden, dass weltliche Lehrkräfte von vornherein die Erteilung des Religionsunterrichts ablehnen“. Es wurde betont, dass Studierende, die sich in der Lage sähen, Religionsunterricht zu erteilen, keinesfalls den Absichten der Unterrichtsverwaltungen zuwiderhandeln würden. Mehr noch, es müsste nachdrücklich verurteilt werden, „wenn Studierende, die sich zur Ablegung der religionsmethodischen Prüfung entschlossen haben, von irgendwelcher Seite als politisch minder zuverlässig gehalten würden“290. 289 Religionsmethodik an den bayer. Hochschulen für Lehrerbildung (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003-223, München). 290 Religionsmethodik (BayHStA München, MK 42097, München). Umstellungen durch die Verfasserin.
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Die Argumentation dieses Schreibens, sowie die Tatsache, dass dieses Schreiben ausschließlich den Direktoren der HfL zukam – eine weitere Eingabe Meisers hätte sich erübrigt, wenn er dieses Schreiben gesehen hätte – zeigt, dass der Kirche in dieser Frage nur eine untergeordnete Rolle zukam. Veranlasst durch die kirchlichen Eingaben und die Forderung seitens der Kirche den aktuellen Rechtsstand – die Prüfungen in Religion sowie die Vorlesungen in Religionsmethodik als ordentliches Lehrfach der HfL – zu sichern, wurde der Versuch unternommen, dies zu tun. Interessant ist, dass neben der Kirche auch der Studentenbund dieses Schreiben nicht erhalten zu haben scheint. Die Führer des Studentenbundes unterstanden an den HfL nicht den Direktoren, sondern dem Reichsführer des NSDStB. Von inhaltlicher Seite ist besonders auffällig, dass zwar an erster Stelle des Schreibens die Nötigung zum Besuch der Vorlesungen und Übungen in Religion verurteilt wurde, die andere Seite – nämlich die Zwangsausübung des Studentenbundes auf diejenigen Studierenden, die Religion belegt haben – nicht erwähnt wurde. Auch der zweite Aspekt des Schreibens ist auffällig. Religion, als ordentliches Lehrfach vom Staat zu diesem Zeitpunkt noch garantiert, bedurfte geeignet ausgebildeter Lehrkräfte, für welche die Unterrichtsverwaltung sich in der Verantwortung sah. Der weltliche Nachwuchs an Religionslehrkräften sollte gesichert werden, gegenüber Geistlichen, die den Religionsunterricht erteilt haben. Erst an letzter Stelle wurde betont, dass Studierende der HfL, die Religion belegt haben, nicht als politisch unzuverlässig einzustufen seien. Die Argumentation zeigt, dass nicht der Wunsch der Kirchen, die Studierenden der Religion vor Zwangsausübung zu schützen maßgeblich für das Einschreiten an den HfL war, sondern vielmehr der Wunsch den weltlichen Nachwuchs in Religion zu sichern, solange Bedarf dafür bestand. In demselben Zuge, in dem Meiser seine zweite Eingabe wegen des NSDStB an das Ministerium sandte, berichtete er über die unzumutbaren Zustände an den Übungsschulen der HfL. So müssten die Lehrkräfte der Übungsschulen nicht nur ein enormes Stundenmaß erfüllen, der Unterricht werde durch die Lehrproben und die Hospitationen immer wieder gestört. Daneben berichtete der Lehrer der Übungsschule in Bayreuth davon, dass er in seinem Unterricht durch den Direktor der HfL besucht worden sei. Er sei im Anschluss vom Direktor hinsichtlich der Methode seines Unterrichtes scharf kritisiert worden. Er berichtete, dass dieser „zutiefst erschrocken über den Inhalt seines Unterrichts, besonders über die Darlegung des Begriffes ,Sünde‘“ gewesen sei, da „[d]erartige Gedanken […] in schroffstem Widerspruch zu den an der Übungsschule sonst vertretenen Erziehungsgrundsätzen“ stünden. Hintergrund sei, dass man als Anhänger Rosenbergs das Volk nicht als „erbsündig“, sondern „erbadelig“ verstünde. Auch der bei dem Kandidaten feststellbare „mittelalterliche Wunderglaube“ sei für das „Volk von großem Schaden“. Der Direktor machte diese Dinge dem Katecheten nicht zum Vorwurf. Es gäbe aber Anlass, das Ministerium zu einer Entscheidung zu drängen, da diese Ideen,
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wenn sie an einer Übungsschule vertreten würden, auch in die Reihen der zukünftigen Lehrkräfte getragen würden da hier zwei völlig verschiedene Weltanschauungen aufeinanderstoßen würden. Der Direktor forderte eine Entscheidung „prinzipieller Art“. Meiser schrieb, nachdem er den Bericht des Katecheten der Übungsschule in Bayreuth wiedergegeben hat: „Es ist von höchster Stelle wiederholt vor allem Volk die feierliche Zusage gegeben worden, dass der Nationalsozialismus niemals in die Glaubenslehren der Kirche eingreifen wird. Eben das wird aber hier an einer Hochschule für die Lehrerbildung des Dritten Reiches versucht.“291
Damit zeigte Meiser, dass er den Bericht des Katecheten durchaus richtig verstand, was in den folgenden Zeilen noch deutlicher wird: „Die Erklärung über die Fronten zweier völlig verschiedener Weltanschauungen und die prinzipielle Entscheidung, zu der das Ministerium gedrängt werden soll, kann kaum anders verstanden werden, als so, dass ein dem Bekenntnis der evang[elisch]-luth[erischen] Kirche entsprechender Religionsunterricht, wie ihn der Katechet bisher gegeben hat, künftig an einer Hochschule in Bayreuth keinen Platz mehr haben soll.“292
Meiser interpretierte die Äußerungen des Direktors zutreffend, wenn er die Befürchtung äußerte, dass der bekenntnismäßige Religionsunterricht von diesem als nicht vereinbar mit der nationalsozialistischen Weltanschauung und Erziehung gesehen wurde. Meiser selbst, das zeigt sein Verweis auf die „feierliche Zusage“ des Nationalsozialismus, sah darin offensichtlich kein Problem, wie auch seine abschließende Forderung zeigt. Er bat, „das was hier beabsichtigt ist, mit allen Mitteln zu verhindern und uns den durch Führerwort garantierten Schutz für die Lehre unserer Kirche zu gewähren“293. Eine ministerielle Reaktion oder Antwort auf dieses Schreiben liegt nicht vor. Es zeigt aber, dass von kirchlicher Seite aus der Erhalt des Religionsunterrichts im nationalsozialistischen Staat gefordert wurde.
5.8 Der Religionsunterricht an den Hochschulen für Lehrerbildung und am Pädagogischen Institut Jena Die Aussagen über die inhaltliche Gestaltung des Religionsunterrichts stützen sich auf unterschiedliche Quellen. Während für die HfL – wenn auch unvollständig – Arbeitspläne Auskunft über die angebotenen Vorlesungen geben, 291 Bericht über den Religionsunterricht an der Übungsschule der Hochschule für Lehrerbildung in Bayreuth (LAELKB Nürnberg, KKU 22 II , München). 292 Ebd., 3. 293 Ebd.
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lassen die Vorlesungsverzeichnisse der Universität Jena nur bedingt Rückschlüsse auf die Vorlesungen der angehenden Volksschullehrer zu, da die Veranstaltungen des PI selbst in diesen nicht aufgeführt sind. Da die Studierenden des Volksschullehramts im Fall des Religionsunterrichts allerdings auch zum Besuch der fachlichen Fakultäten angehalten waren, können über diese sowie über die inhaltlichen Schwerpunkte R. Barths zumindest indirekt einige Rückschlüsse gezogen werden. Für die bayerischen Hochschulen bieten zusätzlich einige andere Quellen aufschlussreiche Erkenntnisse über den Religionsunterricht an den HfL, die an gegebener Stelle ebenfalls dargestellt werden. Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich aus den Vorlesungstiteln oftmals nur wenig Information entnehmen lässt. So bot Eckstein im Sommersemester 1936 an der HfL München-Pasing eine Vorlesung unter dem Titel „Das Wesen des evangelischen Christentums und seine Bedeutung für Volk und Staat“ an294. Ausgehend von dem Titel ließe sich hier möglicherweise unter Bezugnahme auf Ludwig Feuerbach, ein philosophischer, religionskritischer Zugang zum Thema annehmen295. Die Pflichtvorlesungen umfassten, ohne weiterführende Hinweise zur inhaltlichen Ausgestaltung zu liefern, eine Veranstaltung zur Methodik des evangelischen Religionsunterrichts sowie zum Neuen Testament im Unterricht296. Spätere Vorlesungen Ecksteins legen dem Titel zufolge eine nationalsozialistische Lesart nahe, wenn dieser beispielsweise im Sommersemester 1937 über „Die religiöse Frage im neuen Deutschland“ las297. Eine Zuordnung zum deutschen Glauben liegt nahe, wenn Eckstein auch Veranstaltungen unter dem Stichwort „Volkskunde“ anbot. So widmete sich Eckstein im Wintersemester 1936/37 unter anderem dem „Deutschen Glauben“ sowie der Frage nach der Urgestalt des Christentums. Während die erstgenannte Vorlesung als Wahlveranstaltung gekennzeichnet war, zählte zweitere als Pflichtveranstaltung für das erste Semester, ebenso wie Ecksteins Vorlesung über „Das Wesen des Christentums“298. Eindeutiger wird die Zuordnung zum völkischen Spektrum mit Ecksteins Vorlesung über „Aufgabe und Gestalt des evangelischen Religionsunterrichts im völkischen Leben der Gegenwart“, eine Pflichtveranstaltung für das vierte Semester299. In Bayreuth war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Vorlesungsverzeichnisses für das Wintersemester 1936/37 offenbar noch kein Dozent für den evangelischen Religionsunterricht berufen. Die Zielbestimmungen der Vor294 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung Pasing vor München. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1936 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 295 Vgl. Feuerbach, Wesen. 296 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung Pasing vor München. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1936 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 297 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung Pasing vor München. Vorlesungs-Verzeichnis Sommer-Semester 1937 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 298 Arbeitsplan für das Winterhalbjahr 1936/37 (BayHStA München, MK 42099, [Pasing]). 299 Vgl. ebd., 9.
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lesungen in Religionswissenschaft waren gleichwohl bereits gesetzt. So lautete der bekanntgegebene Titel der Vorlesung, die zugleich für alle evangelischen Studierenden verpflichtend war: „Die Religion als Ausdruck der inneren Verbundenheit mit dem Ewigen, gesehen vom Standpunkt des evangelischen Christen deutscher Art“300. Eine deutsch-christliche, völkisch geprägte Ausrichtung dieser Vorlesung ist anzunehmen. Ab dem Sommersemester 1937 erteilte Wärthl als kommissarischer Dozent die Vorlesungen für evangelische Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts301. In dieser Funktion war er nicht nur an der schulpraktischen Ausbildung der Studierenden der Hochschule beteiligt302, sondern veranstaltete auch gemeinsam mit anderen Dozierenden im Bereich der Vererbungslehre und Rassenkunde eine Arbeitsgemeinschaft zur Familien- und Sippenkunde. Daneben entsprachen seine Vorlesungen, dem Titel nach zu schließen, den Ansprüchen der Hochschule, die Kolb bereits mit der Vorlesung des Wintersemesters 1936/37 gesetzt hatte. So hielt Wärthl im Sommersemester 1937 eine Vorlesung über den evangelischen Glauben als eine besondere Ausdrucksform deutscher Wesensart, die er an „großen Männern deutscher Geschichte“ nachzuweisen suchte. Genannt waren dabei im Sinne nationalsozialistischer Vorstellungen Luther, Johann Sebastian Bach, Ernst Moritz Arndt, Lagarde, Otto von Bismarck und Hindenburg. Die Konstellation der genannten Männer aus den Bereichen Theologie, Musik, Schriftstellerei und Politik zeigt erneut – mit Verweis auf Luther – die deutsch-nationale Vereinnahmung des Reformators. Veranstaltungen zu biblischen Themen wurden, anders als an den übrigen Hochschulen, in Bayreuth nicht angeboten303. Die Vorlesungen blieben in Bayreuth auch weiterhin stark von einer deutsch-völkischen Perspektive in deutsch-christlicher Ausrichtung geprägt304. Das entspricht dem Bild, welches die Vorlesungsverzeichnisse der HfL Würzburg zeigten. Seit dem 16. Oktober 1936 war Schwindel als kommissarischer Dozent für evangelische Religionswissenschaft und Methodik des Religionsunterrichts eingesetzt305. Die Vorlesungen des Wintersemester 1936/ 37 lassen auf einen philosophischen Zugang schließen, die bibelkundlichen Veranstaltungen zeugen von einem Fokus auf das Neue Testament306. Doch auch Schwindel bot, in alleiniger Verantwortung, eine sippenkundliche Arbeitsgemeinschaft an307. Alttestamentliche Themen, unter Reduktion auf die
Arbeitsplan für das Winterhalbjahr 1936/37 (BayHStA München, MK 42099, [Bayreuth]). Vgl. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1937 (BayHStA München, MK 42099, Bayreuth). Vgl. ebd., 7. Vgl. ebd., 8–12. Vgl. Entwurf des Arbeitsplanes für das Sommerhalbjahr 1938 der Hochschule für Lehrerbildung Bayreuth (BayHStA München, MK 42099, Bayreuth). 305 Vgl. Arbeitsplan für das Winterhalbjahr 1936/37 (BayHStA München, MK 42099, Würzburg). 306 Vgl. ebd., 7. 307 Vgl. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1937 (BayHStA München, MK 42099, Würzburg).
300 301 302 303 304
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Propheten, kamen dabei ebenfalls in den Blick, wenngleich derartige Vorlesungen wohl nicht allzu häufig waren308. Hinsichtlich der besonderen Veranstaltungen der HfL, die für Bayern in einigen Arbeitsplänen aufgeführt waren, fallen neben „volkskundlichen Führungen und Wanderungen“ insbesondere der Flaggendienst und eine Sonnwendfeier auf309. Die Kontinuität zur ehemaligen LBA wird auch an den wöchentlichen Flaggenappellen sowie an der Betonung der Fest- und Feiergestaltung im Zuge nationalsozialistischer Erziehung an der HfL Bayreuth deutlich. Formuliertes Ziel war dabei die Einordnung des Einzelnen in den „Dienst am Ganzen“310. Sowohl in München-Pasing als auch in Bayreuth ist dabei der militaristische Aspekt nicht zu übersehen. Bezüglich der konkreten Gestaltung respektive des Stellenwerts des Faches Religion lassen sich im Hinblick auf die bayerischen Hochschulen zwei Feststellungen treffen. Die Quellen belegen nur wenige Prüfungen in Religion311. Die vorliegenden Quellen beziehen sich zwar überwiegend auf das Wintersemester 1939/40, lassen sich jedoch vor dem Hintergrund des Verdrängungsprozesses des Faches aus den HfL erklären312 und auch für die folgenden Semester annehmen. Die zweite Beobachtung betrifft einen Vorfall an der HfL Bayreuth, von dem Meiser in einem Schreiben an das Bayerische Ministerium für Unterricht und Kultus berichtete und der in Kap. 5. 7. 4 ausführlich dargestellt ist. Wie auch früher dargelegten Quellen zeigen konnten, spiegelte Meisers Einschätzung dieser Situation durchaus die Überzeugungen des Bayreuther Hochschuldirektors. Wie jedoch auch gezeigt werden konnte, war die Ausrichtung des Religionsunterrichts an den bayerischen Hochschulen weniger evangelischlutherisch als vielmehr deutsch-christlich völkisch geprägt. Wenn Meiser sein Schreiben mit der Bitte schloss, den „durch Führerwort garantierten Schutz für die Lehre unserer Kirche“313 zu gewähren, schien ihm die inhaltliche Ausrichtung des tatsächlichen Religionsunterrichts an den nationalsozialistischen HfL nicht deutlich gewesen zu sein. 308 Vgl. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1938 (BayHStA München, MK 42099, Würzburg). 309 Vgl. Hans Schemm-Hochschule für Lehrerbildung Pasing vor München. Arbeitsplan für das Sommerhalbjahr 1936 (BayHStA München, MK 42370, Pasing). 310 Arbeitsplan für das Winterhalbjahr 1936/37 (BayHStA München, MK 42099, [Bayreuth]). 311 Vgl. Lehramtsprüfungen. Zu RE vom 26. 10. 1939 Nr. II 65216 (BayHStA München, MK 42108, Würzburg); Lehramtsprüfungen. Zum Runderlass vom 27. 6. 1939 – E I d 1689 E II b – (BayHStA München, MK 42108, München); Erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen für den Studierenden K u n z (BayHStA München, MK 42108, München). 312 Diese Annahme stützt auch ein Bericht des Würzburger Dekans, der von den Maßnahmen des NSDStB an der Hochschule gegen diejenigen Studierenden berichtet, die an sich bereit gewesen wären Religionsunterricht zu erteilen und die dazu erforderlichen Veranstaltungen zu besuchen und die Prüfung abzulegen. Vgl. Bericht über die Lage an der Hochschule für Lehrerbildung in Würzburg (LAELKB Nürnberg, KDB 2.2.0003–223, München). 313 Bericht über den Religionsunterricht an der Übungsschule der Hochschule für Lehrerbildung in Bayreuth (LAELKB Nürnberg, KKU 22 II, München).
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Die reichsweite Ausbildung von Religionslehrkräften
Aus Dortmund sind keine direkten Quellen der Arbeitspläne überliefert, die Zusammenstellung der Religionsvorlesungen bei Käbisch lässt allerdings folgende Schlussfolgerungen zu: Werdermanns Vorlesungen zeugten von dem Versuch dem nationalsozialistischen Erziehungsanspruch zu genügen und die Gegenwartsbedeutung des Christentums aufzeigen zu wollen. Zugleich wiesen für ihn die religionspädagogischen Konzepte der Weimarer Zeit offenbar bleibende Anschlussfähigkeit auf, wie beispielsweise die Behandlung Bohnes zeigt. Es ist gleichwohl anzunehmen, dass Werdermann das religionspädagogische Konzept Bohnes im Hinblick auf die „religiöse Entscheidung“ in deutsch-christlichem Sinn ausgelegt hat. Die generelle deutsch-christliche Ausrichtung der Themen lässt sich, in Parallelität zu den dargestellten Vorlesungen in Bayern, ebenfalls klar feststellen314. Mit dem Eingreifen der Partei in den Personalbestand der Lehrerbildung verschwinden nun also auch die letzten Unterschiede inhaltlicher Ausrichtung der Vorlesungen, der zuvor noch zu beobachten war. Die Vorlesungen der Universität in Jena zeigten im Bereich der Theologischen Fakultät ein breites Spektrum. Neben bibelkundlichen Vorlesungen, die neben dem Neuen auch das Alte Testament behandelten, zeigte sich auch immer wieder die deutsch-christliche Prägung der Vorlesungen. Gleichzeitig waren christologische Vorlesungen Teil des Vorlesungsplans. In einigen Fällen ist dabei eine deutsch-christliche Lesart offensichtlich, wie auch der Bezug der Kirchengeschichte zur Heimat deutlich zeigt. Vorlesungen, die explizit für Volksschullehrkräfte angeboten wurden, lassen sich für diese Phase jedoch nicht ausmachen315. Die Vorlesungen im Bereich der Erziehungswissenschaft wiesen einerseits eine Konzentration auf reformpädagogische Themen, sowie andererseits, mit Scheffers Berufung, eine zunehmende Integration völkischer Aspekte auf316. Ausgehend von den bereits festgestellten Beobachtungen über R. Barth, der am PI für das Fach Religion verantwortlich war, ist auch für Thüringen eine ausschließlich deutsch-christliche Ausrichtung der Religionslehrerausbildung anzunehmen. Die Beobachtungen zeigen, dass der kirchliche Spielraum im Kontext der Ausbildung von Religionslehrkräften inzwischen – sowohl institutionell als auch inhaltlich – nicht existent war. 314 Vgl. Käbisch, Typologie, 184 f. 315 Vgl. Friedrich-Schiller-Universität Jena, Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1935; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1935; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1936; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1937; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1938; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1938; Ders., Personalund Vorlesungsverzeichnis 1939; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis, 1939; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis, 1940; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1940; Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis, 1940; und Ders., Personal- und Vorlesungsverzeichnis 1941. 316 Vgl. ebd.
Die Auswirkungen des beginnenden Krieges auf die Lehrerbildung
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5.9 Die Auswirkungen des beginnenden Krieges auf die Lehrerbildung Eine der Auswirkungen des beginnenden Krieges auf die Lehrerbildung war die Schließung bzw. Zusammenlegung einzelner HfL, die aus dem geschmälerten Lehrpersonal an den HfL resultierten. So wurde in Bayern mit Erlass vom 13. Oktober 1939 die HfL in Würzburg geschlossen317, die Lehrkräfte wurden als Ersatz für die Lehrkräfte, welche zum Wehrdienst eingezogen worden waren, nach Bayreuth und München-Pasing versetzt. Explizit wurde betont, dass eine Änderung der Lehraufträge dabei nicht zulässig sei318. Wenige Monate später, Anfang Januar 1940, erging ein weiterer Erlass, der – nachdem das Studium für das Lehramt an höheren Schulen bereits gekürzt worden war – auch die Kürzung des Studiums für das Lehramt an Volksschulen um ein Semester vorsah. In diesem Zuge wurde die erste Prüfung für das Lehramt vereinfacht, indem die schriftliche Hausarbeit erlassen wurde319. Zusätzlich wurde wenig später eine Tagung der HfL sowie des PI in Jena angekündigt, auf der neben dem gegenwärtigen Stand der Lehrerbildung und der Umstellung der Studienordnung auf das im Januar vom Reichsministerium verfügte dreisemestrige Studium auch die Notmaßnahme der Schulhelferausbildung besprochen werden sollte320. Eine weitere Anordnung aus Berlin widmete sich der Zulassung zum Studium an den HfL vom 29. Januar 1938. Es wurde darauf hingewiesen, dass „wenn sich aus den eingereichten Unterlagen oder aus anderen Gründen Zweifel über die politische Zuverlässigkeit ergeben, ein Gutachten von der zuständigen Gauleitung der NSDAP einzuholen ist“. Es wurde nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass ein besonders strenger Maßstab für diese Gutachten gelte, „wenn es sich um frühere Theologie-Studierende oder um ehemalige Schüler klösterlicher oder sonstiger unter kirchlichem Einfluß stehender Schulen handelt“321. Nicht überraschend ist, dass die politische Zuverlässigkeit der Studierenden in Kriegszeiten besonderer Beobachtung unterlag. Auch die explizite Beurteilung ehemaliger Theologiestudierender war nichts Neues. Neu war lediglich das damit deutlich implizierte Misstrauen diesen Studierenden gegenüber, wohingegen zuvor wiederholt betont worden 317 Vgl. Fortführung des Lehrbetriebes an Hochschulen für Lehrer- und Lehrerinnenbildung (BayHStA München, MK 42097, Berlin). 318 Vgl. ebd. 319 Vgl. Verkürzung des Studiums für das Lehramt an Volksschulen und für das Lehramt der Hauswirtschafts- und Turnlehrerin an Volksschulen, mittleren Schulen und Berufsschulen auf dem Lande (BayHStA München, MK 42097, Berlin). 320 Vgl. Tagung der Direktoren der Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42097, Berlin). 321 Zulassungsbestimmungen an den Hochschulen für Lehrerbildung (BayHStA München, MK 42111, Berlin).
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Die reichsweite Ausbildung von Religionslehrkräften
war, dass die Zugehörigkeit zu irgendeinem Bekenntnis nicht zu Verdächtigungen hinsichtlich politischer Unzuverlässigkeit führen dürfe.
5.10 Die nationalsozialistisch, völkisch beeinflusste Ausbildung von Volksschullehrern Als ab 1935 die vielzitierte „Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens“322 einsetzte, war die logische Konsequenz eine Beeinflussung der Lehrerbildung. Eine Reaktion auf die politische Kampfansage seitens der Nationalsozialisten an die Konfessionsschulen war die Richtlinienarbeit durch die DEK und die BK zur Sicherung der Bekenntnisschulen. Die Argumentationen in dieser Debatte waren nicht neu. Während der Schulkampf zunächst in Bayern große Wellen schlug, wurde in Thüringen in Zusammenarbeit von kirchlichen Stellen, Schulausschüssen und Volksbildungsministerium ein Religionslehrplan für die Volksschule erarbeitet. Maßgeblich beteiligt war mit R. Barth dabei nicht nur ein überzeugter Deutscher Christ, sondern auch der Religionslehrer des PI in Jena. Der Lehrplan, der dem Zweck dienen sollte, den Religionsunterricht unter nationalsozialistische Vorzeichen zu stellen, sah vor, dass der Religionsunterricht in jedem Schuljahr einem Leitgedanken unterstehen sollte. Dabei ging es insbesondere darum, dass der religiöse Sinn der Inhalte unmittelbar erkennbar wurde. Außerdem sollte der Religionsunterricht der Schule mit einem Lied und einem Gebet beginnen. Konkrete Unterrichtsinhalte wurden in dem Stoffplan wenig genannt, stattdessen wurden vor allem Themenkreise angeführt wie beispielsweise Gott in Natur und Geschichte, Neues Testament sowie Jesus und Wundergeschichten. Jesus trat dabei, entsprechend deutsch-christlichen Vorstellungen, als arischer Kämpfer auf. Betont werden muss dabei jedoch, dass auch alttestamentliche Geschichten ihren Platz fanden, beispielsweise unter der Überschrift „Gottesoffenbarung im AT“; die negative Beurteilung des Judentums fand hier gleichwohl ihren Platz. So wurde beispielsweise der nationalsozialistische Heilsgedanke in Themen wie „Rettung des Christentums durch Adolf Hitler“ aufgegriffen. In Westfalen wurde der Religionsunterricht ebenso wie in Bayern bekämpft, hier lässt sich jedoch seitens der evangelischen Kirche ein intensiver innerkirchlicher und lösungsorientierter Umgang mit der Beseitigung des Religionsunterrichts aus der Schule feststellen. Ein Aspekt, der insbesondere in den Darstellungen der folgenden Phase bedeutsam ist. Beachtenswert ist die Denkschrift der VKL von Frör, zu der Burghart eine ausführliche Stellungnahme abgab. Frör definierte Religionsunterricht als 322 Vgl. Greschat, Widerspruch, 25.
Die nationalsozialistisch, völkisch beeinflusste Ausbildung
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Ausrichtung der biblischen Botschaft an die getaufte Jugend, Religionslehrkräfte reden in Vollmacht, welche allein aus dem Verkündigungsauftrag Christi herrühre. Evangelischer Religionsunterricht durfte gemäß der Denkschrift nur von entsprechend ausgebildeten Religionslehrkräften erteilt werden, vor diesem Hintergrund ist auch die spätere Ersatzausbildung von Hilfslehrkräften zu sehen. Die Denkschrift changierte dabei zwischen der Rückbesinnung auf „christliches Bekenntnis“ und einem Entgegenkommen gegenüber dem nationalsozialistischen Staat. Gleichzeitig sollte die politische Zuspitzung des Unterrichtsstoffes vermieden werden. Es zeigte sich insgesamt, dass die BK ein zunehmendes Misstrauen gegenüber der staatlich verantworteten Ausbildung der Lehrkräfte aufwies. Dennoch unternahm die Schulkammer der BK abseits der Denkschrift keinen Versuch Einfluss323 auf die Regelungen der Lehrerbildung zu nehmen. Die Sicherung des Religionsunterrichts in der Schule selbst hatte gegenüber dieser immer den Vorrang. Die Erkenntnis, dass die Zahl der Lehrkräfte mit Plazet der Kirche für den Religionsunterricht nicht ausreichen werde, führte bei Hafa zu der Forderung zur methodischen Ausbildung von Pfarrern und Hilfskräften. Eine Ausbildung, die mit zunehmender Verdrängung des Religionsunterrichts aus den Schulen einsetzte, wie noch gezeigt wird. Während nun, zumindest gegenüber der Kirche, öffentlich betont wurde, dass diejenigen Studierenden, die sich in der Lage sahen Religionsunterricht zu erteilen, der Unterrichtsverwaltung bei Belegung derartiger Vorlesungen nicht zuwiderhandeln, wurden in der Praxis die Studierenden durch den Studentenbund als politisch minder zuverlässig angesehen und von der Mitgliedschaft in demselben ausgeschlossen. Insbesondere die Anstrengungen aus der Bayreuther HfL zeigen, dass – anders als zu Beginn angenommen – auch in Bayern die Errichtung der Hochschulen und die Abschaffung der LBA nicht problemlos und vor allem nicht nach den Vorstellungen der zuständigen Rektoren ablief. Finanzielle Argumente spielten in der Regel eine größere Rolle als weltanschauliche, wie das Beispiel der geplanten Errichtung der Übungsschulen in Würzburg und Bayreuth zeigt, die vornehmlich aus finanziellen Beweggründen heraus nicht eingerichtet wurden. Der finanzielle Aspekt wurde auch bei der Situation der Deutschen Aufbauschulen deutlich, die in den alten Räumen neben den neu eingerichteten Klassen der Deutschen Aufbauschule noch zwei Jahre lang die Abschlussklassen der ehemaligen LBA unterrichten und unterbringen mussten. In den Richtlinien für die Lehrtätigkeit und das Studium an den HfL vom 18. März 1936 wurde von den Dozenten der HfL mindestens die Lehrbefähigung für die Volksschule verlangt, sowie stetige praktische Erfahrung. Über die Studierenden wurden Dozentengutachten verlangt, die über die Teilnahme an Wahlfächern und über Unterrichtstätigkeiten Auskunft geben sollten, sowie über Leistungen und (politisches) Verhalten. 323 Den Quellen lassen sich derartige Versuche jedenfalls nicht entnehmen.
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Die reichsweite Ausbildung von Religionslehrkräften
An diesen Bestimmungen wird zweierlei besonders deutlich: An den HfL ging es nicht allein um die wissenschaftliche Ausbildung der Studierenden, wie die Forschung bereits vielfach nachgewiesen hat und die Dozierenden hatten einen massiven Einfluss, der durch die Gutachten über das Unterrichtliche weit hinausging, da diese Gutachten – beispielsweise in Bayern – teilweise auch den Personalakten der Studenten beigefügt wurden. Indem Prüflinge von der Prüfung zurückgewiesen werden konnten, wenn ihr Charakter oder ihre politische Einstellung den Anforderungen der HfL nicht genügten – ein Aspekt der bezeichnenderweise an erster Stelle genannt wurde, was seine Bedeutung noch unterstreicht – wird einmal mehr deutlich, dass es an den HfL nicht um die wissenschaftliche Ausbildung, sondern um politische, ideologische Beeinflussung ging, bei der den Dozierenden auf verschiedenen Ebenen ein enormer Einfluss zugestanden wurde. Dieser Einfluss bedeutete, wie festgestellt werden konnte, eine für die untersuchten HfL bzw. das PI Jena eine flächendeckend nationalsozialistisch, völkisch ausgerichtete Darstellung der Vorlesungen in Religion. Erkennbar wird dies beispielsweise daran, dass sich die Dozierenden auch an Vorlesungen aus dem Bereich der Erblehre und Rassenkunde beteiligten. Religion war auf diese Weise auf allen Ebenen in den weltanschaulichen Kontext des Nationalsozialismus gestellt, wenngleich dies nicht zwangsläufig auf den Unterricht an den Übungsschulen zutraf, wie das Beispiel aus Bayreuth zeigt. Doch unter der Supervision nationalsozialistisch gesinnter Rektoren gerieten auch und insbesondere diese Religionslehrkräfte unter Anpassungsdruck. Die starke Einflussnahme auf die Lehrerbildung zeigte sich so einerseits in verschiedenen Lebensformen im Rahmen des Hochschullebens, in welchem vormals kirchlich konnotierte Traditionen nationalsozialistisch militaristisch ausgerichtet wurden sowie andererseits in der Verdrängung des Religionsunterrichts generell aus der Lehrerbildung, wobei dieser überwiegend nationalsozialistisch angepasst sein wollte. Kirchliche Einflussnahmen auf die staatliche Lehrerbildung waren, wenn überhaupt, nur in geringstem Maße bis gar nicht möglich.
6. Die Neuordnung der Lehrerbildung und Ansätze einer kirchlichen Ersatzausbildung (1941–1945) Mit Fortlaufen des Krieges und unter dem Eindruck der kontinuierlichen Verdrängung des Religionsunterrichts aus den Bereichen Schule und Lehrerbildung wurden Maßnahmen seitens der Kirche notwendig, um die so entstandenen Lücken zu füllen. Unter Berücksichtigung des erneut veränderten Verhältnisses von Kirche und nationalsozialistischem Staat werden diese Maßnahmen im Folgenden in den Blick genommen.
6.1 Das Verhältnis von Staat und Kirche Das Verhältnis von Staat und Kirche erfuhr unter dem Vorzeichen des Krieges einige Änderungen, die insbesondere für die Einrichtung der kirchlichen Ersatzausbildungen bedeutsam waren. Mit Blick auf den Religionsunterricht, der zu diesem Zeitpunkt bereits weitestgehend aus den Schulen verdrängt worden war, zeigt sich, dass dieser während des Krieges selbst keine Priorität in der staatlichen Politik mehr erhielt. Die Grundsatzfragen des Religionsunterrichts könnten, so Rudolf Heß, nach Ende des Krieges in Angriff genommen werden1. Dennoch wurden die kirchlichen Ersatzeinrichtungen durch Regierung und Gestapo kritisch beobachtet2. Hintergrund war der so in der Sekundärliteratur vielfach bezeichnete „Burgfrieden“3, in dessen Rahmen Hitler jede Aktion gegen die Kirchen während des Krieges verboten hatte, um deren Unterstützung nicht zu verlieren. Zugleich wirkte sich der Einfluss radikal kirchenfeindlicher Teile der NSDAP in den rechtsfreien Räumen der eroberten Gebiete umso stärker aus. Kritische Stellungnahmen der Kirche gegenüber staatlichen Maßnahmen waren nur in begrenztem Maße erfolgreich und möglich, wie die Einstellung des organisierten Euthanasieprogramms in Folge kirchlicher Strafanzeigen deutlich macht. Dennoch gingen die Tötungen in weniger offensichtlicher Form weiter4, was die begrenzten Spielräume der Kirche verdeutlicht. Innerhalb der BK blieb es bei inhaltlichen Spannungen5. 1 2 3 4
Vgl. Rickers, Ära, 247. Vgl. Schäffer, Volk, 176. So bspw. Besier, Kirche, 29. Vgl. ebd., 29.
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Die Neuordnung der Lehrerbildung (1941–1945)
Die Wende des Krieges in Stalingrad und die zunehmende Gefährdung der Bevölkerung durch die Luftangriffe führten dazu, dass viele Menschen wieder Trost bei der Kirche suchten, eine Bewegung, die die Kirchen auch über den Zusammenbruch des Krieges hinaus stärkte6.
6.2 Die Neuordnung der Lehrerbildung Während des Krieges wurde die Lehrerbildung auf Führerbefehl hin, der in der Forschung teilweise als überraschend bezeichnet wird, von den HfL an die LBA zurückverlegt7. Im Frühjahr 1941 wurden die ersten LBA errichtet, während gleichzeitig die bestehenden HfL in LBA umgewandelt wurden. Buddrus führt diese Entscheidung auf die schulpolitische Arbeit der HJ zurück und konstatiert, dass dies „einen der größten expansiven Erfolge des NSJugendverbandes in bezug auf das staatliche Erziehungssystem“ darstellte8. Anders als die HfL, die – von Rust nach wie vor favorisiert – zumindest einen Anspruch der Wissenschaftlichkeit erhoben hatten, war die Ausbildung im Rahmen der neu bzw. wieder errichteten LBA geprägt von einer funktionalisierten Berufsausbildung, die von jeglichen wissenschaftlichen Ansprüchen befreit war9. Hier stand, nach Gutzmann, „die Formung eines bestimmten Menschentyps, dem der nationalsozialistische Lehrer entsprechen sollte, im Vordergrund der Arbeit“10. Sie weist außerdem nach, dass sich an den LBA die Idee der Volksgemeinschaft in der Erziehung durchsetzte, sowie auch das Ideal des Bündischen Jugendtypus weite Verbreitung fand11. Weiterhin auffällig, wenn auch nicht unbedingt überraschend, ist die starke militaristische Prägung des Lebens an den LBA12. Dabei stellt Gutzmann fest, dass die Lehrerausbildung an den LBA weitgehend dem nationalsozialistischen Bildungsideal entsprach. Während zwar die effektive Berufsvorbereitung der Lehrkräfte geleistet werden konnte, wurde auf ideologische Weise stark auf die Schüler*innen der LBA Einfluss genommen. Neben der direkten Vermittlung in den einzelnen Unterrichtsfächern und der sogenannten weltanschaulichen Schulung diente dieser auch das Zusammenleben der Schüler*innen in so-
5 Vgl. Besier, Kirche, 30. 6 Vgl. ebd., 32. 7 Gutzmann ist dagegen überzeugt, dass sich die Entscheidung, die Lehrerbildung wieder an die alten Lehrerbildungsanstalten zu verlegen, bereits im Jahre 1938 abzeichnet. Vgl. Gutzmann, Hochschule, 41. 8 Buddrus, Erziehung, 868. 9 Vgl. ebd., 869. 10 Gutzmann, Hochschule, 14. 11 Vgl. ebd., 22. 12 Vgl. ebd., 17.
Der Einsatz von Hilfskräften im Religionsunterricht in Bayern
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genannten Gemeinschaftsheimen13. Religionsunterricht wurde an den LBA nicht erteilt, was die These Gutzmanns von der starken ideologischen Beeinflussung im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung unterstützt. Der Religionsunterricht, der bereits durch unterschiedlichste Maßnahmen weitestgehend aus den Schulen entfernt worden war und sich letztlich auf die Dauer der Volksschulpflicht beschränkte, sollte, so die These von Kraft, durch die Einstellung der Religionslehrerausbildung, gänzlich aus den Schulen entfernt werden14. Aufgrund des herrschenden Lehrermangels, der vielfach als Grund für die Umstellung der Lehrerbildung auf die LBA angegeben wird, gab es bereits vor Beginn des Krieges sogenannte Aufbaulehrgänge, die einen ausreichenden Nachwuchs an Volksschullehrkräften sichern sollten. Auch an diesen war kein Religionsunterricht vorgesehen, wie aus einer Besprechung der Schuldezernenten in Bayern 1940 hervorgeht. Auch die Erkenntnis, dass die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht wohl kaum auf den Lehrerakademien nachgeholt werde, ist bereits zu diesem Zeitpunkt innerhalb des kirchlichen Raums offensichtlich15.
6.3 Der Einsatz von Hilfskräften im Religionsunterricht in Bayern An dieser Stelle sollen die Reaktionen der lutherischen Landeskirche in Bayern auf die staatlich verantwortete Umstrukturierung der Lehrerausbildung in den Fokus genommen werden. Der Mangel an Religionsunterricht an den neu errichteten LBA forderte erwartungsgemäß eine kirchliche Erwiderung heraus. Während die kontinuierliche Verdrängung des konfessionellen Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen einerseits Kritik seitens der Kirche hervorrief und andererseits notwendigerweise Ersatz für diesen schulischen Unterricht im Raum der Kirche geschaffen wurde16, fiel der zu erwartende Widerspruch durch die Kirche an der staatlichen Neuordnung der Lehrerbildung eher sparsam aus. Erst ein knappes Jahr nachdem die Lehrerbildung an die LBAverlegt wurde, lassen sich Reaktionen der lutherischen Landeskirche auf die fehlende Religionslehrerausbildung feststellen. So schrieb Meiser am 10. Juni 1943 an das bayerische Kultusministerium und bezog sich dabei auf die neu errichtete LBA in Windsbach. Er wies darauf hin, dass es auffalle, „dass für die vielen Schülerinnen, unter denen sicher sehr viele evangelisch sind, bis jetzt kein
13 Vgl. Gutzmann, Hochschule, 28 f. 14 Vgl. Kraft, Religionsdidaktik, 22. 15 Vgl. Bericht über eine Besprechung der Schuldezernenten am 3. 4. 1940 (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101–2). 16 Vgl. Rickers, Ära, 261.
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Die Neuordnung der Lehrerbildung (1941–1945)
Religionsunterricht angeordnet worden ist“17. In rechtlicher Hinsicht verwies der Landesbischof in diesem Zusammenhang auf den Staatskirchenvertrag vom 15. November 1924. Da in der Erwiderung des Ministeriums auf dieses Schreiben lediglich auf die vorläufigen Bestimmungen für den Unterricht an LBA verwiesen wurde, in denen vom RMWEV kein Religionsunterricht an den LBA mehr vorgesehen sei, wandte sich Meiser einen Monat später, am 22. Juli 1943, an das RMWEV. Dieses Mal war sein Schreiben weit ausführlicher. So verwies er erneut auf die Neuerrichtung der LBA in Windsbach sowie auf den Artikel vier des, bereits im Schreiben vom 10. Juni erwähnten, Staatskirchenvertrages. Meiser schrieb, dass demgemäß der Religionsunterricht an allen höheren Lehranstalten und Mittelschulen als ordentliches Lehrfach garantiert sei. Daneben führte der Landesbischof Hitlers Rede von Potsdam an, in welcher dieser erklärt habe, dass die „nationale Regierung in den beiden christlichen Konfessionen wichtigste Faktoren der Erhaltung unseres Volkstums“18 sehe. Er verwies dabei ausdrücklich auf das Versprechen, den christlichen Konfessionen den ihnen zukommenden Einfluss in Schule und Erziehung sicherstellen zu wollen. Meiser konstatierte, „dass diese Zusage, wenn der Bescheid des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus richtig ist, in den obengenannten Richtlinien nicht beachtet ist“19. Neben dem Verweis auf frühere staatliche Zusagen zweifelte Meiser in diesem Schreiben an, dass künftige Erzieher*innen ohne die Ausbildung im Gebiet des kirchlichen Religionsunterrichts „zu der Seele des Volkes die rechte Beziehung gewinnen“ könnten. Bevor Meiser um die Prüfung der Richtlinien bat, zog er die Kriegslage als letztes Argument heran. Er schrieb: „Endlich aber erfüllt es uns mit schwerster Sorge, wenn die Jugend selbst, die in den Lehrerbildungsanstalten zur verantwortlichen Führung im Ganzen des deutschen Volkes herangebildet werden soll, ohne die innere Nahrung und Stärkung aus den Quellen des christlichen Glaubens bleibt. Wir können nicht begreifen, dass solch einschneidende Veränderungen wie die Ausschaltung des christlichen Religionsunterrichts aus dem Plan der Lehrerbildungsanstalten gerade in einer Zeit vorgenommen werden, in der doch alles auf die seelische Stärkung des Volkes und die Vermeidung von inneren Belastung ankommt.“20
Der Brief Meisers zeigt zweierlei. Erstens schien er die Zusicherungen der Nationalsozialisten aus der Anfangsphase ihrer Herrschaft nach wie vor für gültig zu halten, auch wenn die Entwicklung im Verhältnis zwischen Staat und Kirche bereits das Gegenteil deutlich gemacht hatte. Angesichts des von Hitler ausgerufenen „Burgfriedens“ im Kampf gegen die christlichen Kirchen an17 Schreiben über den Religionsunterricht an Lehrerbildungsanstalten (LAELKB Nürnberg, 2.2.0001–205, München). 18 Religionsunterricht an Lehrerbildungsanstalten (LAELKB Nürnberg, 2.2.0001–205, München). 19 Ebd. 20 Ebd.
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lässlich der Kriegslage schien die Hoffnung Meisers auf die Geltung dieser Zusagen jedoch nicht allzu abwegig zu sein. Aber gerade der Verweis auf den in der Weimarer Republik geschlossenen Staatskirchenvertrag und die Hoffnung auf seine Gültigkeit zeugt von einer gewissen Naivität des Landesbischofs, die bereits früher in Schulfragen deutlich geworden war. Ein zweiter Aspekt war jedoch der Verweis auf die Kriegslage. Gerade Letzterer hatte im Hinblick auf die immer schwierigere Kriegslage prinzipiell Aussicht auf Gewichtung. Eine Reaktion seitens des RMWEV auf das Schreiben Meisers lässt sich aus den Quellen jedoch nicht erkennen. Ein Schreiben der bayerischen Landeskirche an die DEK in Berlin legt ebenfalls nahe, dass keine Reaktion erfolgte. Hier wurde dazu aufgefordert „immer wieder beim Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Vorstellungen zu erheben, dass die Lehrerbildungsanstalten Religionsunterricht erhalten“21. Staatliche Reaktionen lassen sich auch weiterhin nicht feststellen. Es blieb bis Kriegsende dabei: An den LBA wurde kein Religionsunterricht erteilt. Während durch die Nachwuchsfrage der Religionsunterricht zum Erliegen gebracht werden sollte, wurde schon seit Ende der 1930er Jahre ein außerschulischer, kirchlich verantworteter Religionsunterricht erteilt. Dieser wurde – um den staatlichen Restriktionen, die es verboten schuleigene Räume für zusätzliche religiöse Unterweisungen der Kirchen zu nutzen22 – immer mehr in kirchliche Räumlichkeiten verlegt und sehr bewusst als „kirchlicher Unterricht“ aufgefasst23. Für die Erteilung dieses Unterrichts wurden wieder die Pfarrer als Lehrkräfte relevant. Hier jedoch war der Bedarf bei Weitem nicht gedeckt, was Alternativen notwendig machte. So wurden nach und nach – insbesondere auch im Krieg – Frauen für den Religionsunterricht eingesetzt. Diese Frauen, die Geistlichen unterstellt waren, sollten beim LKR um ihre Zulassung zu demselben bitten. Voraussetzung für die Genehmigung war neben der Unterstellung unter einen geeigneten Geistlichen die regelmäßige Anleitung zur Vorbereitung der Unterrichtserteilung, die Betreuung bei der Aufstellung von Stoffplänen sowie die Überwachung der unterrichtlichen Tätigkeit durch die Pfarrer24. Während dieses Schreiben von 1941 – zu einem Zeitpunkt, an dem die Lehrerbildung noch an den HfL, inklusive Religionsunterricht, stattfand – auf einen Einzelfall in der Betreuung von Hilfskräften im Religionsunterricht hinwies, wurden spätestens ab 1943 immer mehr Aushilfskräfte, Pfarrfrauen, Diakone und Diakonissen, Jugendleiterinnen und Pfarramtshelferinnen im Religionsunterricht eingesetzt. Diesen Aushilfs21 Schreiben über den Religionsunterricht an Lehrerbildungsanstalten (LAELKB Nürnberg, 2.2.0001–205, München). 22 Vgl. Erteilung des Religionsunterrichts an den Volks- und Berufsschulen (LAELKB Nürnberg, 1.2.0001–59, München). 23 Vgl. Rickers, Ära, 261 f. 24 Vgl. Brief über Hilfskräfte im Religionsunterricht (LAELKB Nürnberg, 0.2.0004-525, München).
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lehrkräften wurde „dankenswerter Weise“ von den bayerischen Regierungspräsidenten die Zulassung zum Religionsunterricht an den öffentlichen Volksschulen gewährt. Die Genehmigung war jedoch gleichzeitig in jedem einzelnen Fall von einer Zustimmung durch den LKR abhängig. Hier galten die bereits genannten Voraussetzungen in der Anleitung und Betreuung durch Geistliche. Die Beurteilung des durch diese Aushilfskräfte erteilten Unterrichts lautete nach Meisers Darstellung günstig: „Jedenfalls darf es mit Dank aufgenommen werden, dass diese Kräfte so gerne und so bereitwillig in die Lücke eingesprungen sind. Wir haben den Eindruck, dass noch mehr solche Aushilfskräfte gewonnen werden könnten. Wir empfehlen aber in jedem Fall, dass die Aushilfskräfte einen der Ausbildungskurse für Hilfskatechetinnen besuchen. Die zwei Monate, die damit dem Religionsunterricht verloren gehen, kommen wieder an, wenn sie richtig Unterrichten gelernt haben.“25
Dieses kircheninterne Schreiben Meisers an die bayerischen Dekanate zeigt, dass bereits vor der Umstellung der Lehrerbildung und dem dort fehlenden Religionsunterricht die Notwendigkeit für eine „kirchliche Ersatzausbildung“ gesehen wurde. So sollten in einem zweimonatigen Kurs sogenannte Hilfskatechetinnen ausgebildet werden, welche dann – offensichtlich mit staatlicher Duldung – im schulischen Religionsunterricht, soweit dieser noch stattfand, eingesetzt worden sind. Ein Sitzungsprotokoll über eine Besprechung der Hilfskatechetinnenausbildung in Neuendettelsau am 30. April 1943 gibt nähere Auskunft über die Form dieser Ausbildung. An der Sitzung nahmen neben dem Rektor der Diakonissenanstalt Neuendettelsau Hans Lauerer auch die Diakonisse Marie Meinzolt und G. Schmidt teil. Die Fragen, welche in dieser Besprechung im Fokus standen, waren einerseits, inwiefern der Ausbildungskurs für die Hilfskatechetinnen geändert und verbessert werden müsse und andererseits inwiefern sich weiterhin Neuendettelsau um diese Schulung bemühen sollte. Im Hinblick auf die erste Frage wurde festgestellt, dass die Betonung der Formalstufen im Rahmen der methodischen Schulung überflüssig sei. Der Methodikunterricht sollte daher zugunsten der „Unterweisung durch das Beispiel“26 zurücktreten. So sollte der Stoff in den theoretischen Stunden so dargeboten werden, dass die Methode damit bereits gezeigt sei. Zusätzlich sollte das Hospitieren in Zukunft stärker betont werden. Obwohl der Katechismus auf inhaltlicher Ebene ein eigenes Fachgebiet darstellen sollte, sollten die Katechetinnen befähigt werden „die grundlegenden Glaubenslehren spä25 Bescheid auf die Berichte über den Besuch des Religionsunterrichts an den öffentlichen Volksschulen im Jahre 1941/42 (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101–2, München). 26 Sitzungsprotokoll der Besprechung über die Ausbildung von Hilfskatechetinnen in Neuendettelsau am 30. 4. 1943 (LAELKB Nürnberg, 101 142–52, Neuendettelsau). Hervorhebung im Original.
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ter durch den Bibl[ischen] Geschichtsunterricht zu vermitteln“27. Dabei sollten sowohl alttestamentliche Stoffe als auch das kirchliche Liedgut hervorgehoben werden. Als Hilfsmittel wurde Handwerkliches zum Religionsunterricht von G. Schmidt zur gründlichen Durcharbeitung empfohlen. Was die Apologetik – die Verteidigung der christlichen Lehre gegen Angriffe von außen – betraf, so sollte „das Positive und Grundsätzliche der christlichen Erkenntnis recht klar […] vermittelt“ werden, anstatt „sich bei der Widerlegung von Irrlehren aufzuhalten“28. Insbesondere der letztgenannte Aspekt zeigt den Einfluss von G. Schmidts Position auf diese Besprechung. Ebenfalls wurde unterstrichen, dass die Teilnehmerinnen dazu erzogen werden sollten das Jahrespensum sowie die Aufgabe der einzelnen Stunde gleichzeitig im Blick zu haben. „Ein besonderes Anliegen des Kurses muss es sein, die Katechetinnen zu befähigen, den Unterricht im Zusammenhang des gesamten kirchlichen Lebens zu sehen und zu geben. Sie selbst müssen darin stehen und die Kinder mit hinein nehmen. Hierbei wird die Wichtigkeit des Kindergottesdienstes und der Mutterschulung deutlich, die deshalb einen entsprechenden Platz in der Ausbildung erhalten müssen.“29
Der letzte, besonders betonte Aspekt stützt die These, dass sich der schulische Religionsunterricht mehr und mehr in den Raum des Kirchlichen zurückzog. Bezüglich der zweiten Frage wurde beschlossen, dass der Kurs in Neuendettelsau bleiben solle, die anstellenden Gemeinden allerdings die Aufgabe hätten, sich um die „Nachpflege“ der Hilfskatechetinnen zu kümmern. Insbesondere die finanzielle Verantwortung konnte die Diakonissenanstalt nicht voll übernehmen. Das Protokoll der Besprechung sollte an den LKR gesendet werden30. Wenngleich keine weiteren Quellen über diese Ausbildung der Hilfskatechetinnen vorliegen, so wird anhand des Protokolls aus Neuendettelsau vieles deutlich. Die Ausbildung der Hilfskatechetinnen geschah offensichtlich in Verantwortung der Diakonissenanstalt und war sowohl vom LKR als auch seitens der Regierungspräsidenten offensichtlich mehr oder weniger anerkannt. So erhielten die ausgebildeten Hilfskräfte offenkundig durch den Regierungspräsidenten die Erlaubnis in den Schulen Religionsunterricht zu erteilen. Kirchlicherseits war allerdings eine Betreuung der Hilfskatechetinnen in ihrer Unterrichtstätigkeit durch einen Pfarrer Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung zum Unterrichten. Ihre Bezahlung erhielten die Hilfskatechetinnen dabei offenbar von der Kirche. 27 Sitzungsprotokoll der Besprechung über die Ausbildung von Hilfskatechetinnen in Neuendettelsau am 30. 4. 1943 (LAELKB Nürnberg, 101 142–52, Neuendettelsau). 28 Ebd., 2. 29 Ebd. Hervorhebungen im Original. 30 Vgl. ebd., 2.
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Die inhaltliche Ausbildung der Hilfskatechetinnen betreffend lässt sich vor allem eine Konzentration auf kirchliche Themenbereiche feststellen. So scheinen insbesondere Bibel, Katechismus sowie kirchliches Liedgut Inhalt des Ausbildungskurses gewesen zu sein. Deutlich wird die Fokussierung nach innen auch an der Empfehlung im Hinblick auf die Apologetik. So sollten Angriffe nach außen zugunsten einer passiven, positiven Verteidigung des Evangeliums zurücktreten. Ein Verhalten, welches ganz auf der Linie G. Schmidts lag. Auch der Hinweis auf sein Buch Handwerkliches zum Religionsunterricht stützt dies. Daneben befasste sich die Ausbildung der Hilfskatechetinnen, vermutlich notgedrungen, auch mit den Grundlagen des Unterrichtens. Erklären lässt sich dies insbesondere dadurch, dass die Kandidatinnen aller Voraussicht nach im Vorfeld keine pädagogische Ausbildung erhalten haben. Es ist anzunehmen, dass es sich bei den Teilnehmerinnen in diesen Kursen insbesondere um Pfarrfrauen, Hilfskatechetinnen, Jugendleiterinnen und Diakonissen handelte. Es sind ausschließlich Frauen für den Unterricht ausgebildet worden, was sicher an der aktuellen Kriegssituation und der Tatsache, dass der Großteil der Männer bei der Wehrmacht war, lag. Wenngleich weitere Quellen über diese Ausbildung fehlen – insbesondere von staatlicher Seite liegen keine Hinweise vor – so ist doch anzunehmen, dass diese Kurse in Neuendettelsau stattfinden konnten. Von Seiten der Regierungspräsidenten ist anscheinend die Genehmigung zum Unterrichten erteilt worden, was sich am wahrscheinlichsten durch die Kriegssituation und den Wunsch erklären lässt, die in Bayern stark kirchlich geprägte Bevölkerung zufrieden zu stellen. Dennoch ist anzunehmen, dass staatlicherseits diese Kurse sowie der daraus erwachsende Religionsunterricht kritisch beobachtet wurden. Es wurde offenbar nicht eingegriffen, was mitunter auch daran lag, dass die finanzielle Verantwortung für die Hilfskatechetinnen scheinbar vollständig bei der Kirche lag. Der Rückgriff auf die Kirchlichkeit, der sich in der Ausbildung der Hilfskatechetinnen beobachten lässt, ist einerseits erklärbar durch den Ort der Ausbildung im Raum der Kirche, andererseits durch die so wahrgenommene und erhoffte Möglichkeit, den Religionsunterricht auf diese Weise vor staatlichen Eingriffen schützen zu können, indem man sich auf das Ureigene, das Evangelium konzentrierte.
6.4 Die Ausbildung von Hilfskräften für Pfarrer in Thüringen Innerhalb des thüringischen LKRes liegt eine Denkschrift von Hans Pribnow vor, in welcher dieser die Ausbildung von Hilfskräften für den Pfarrer detailliert darlegte31. Wenngleich die Quellenlage keinen Hinweis darauf gibt, 31 Vgl. Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23–002 DC 153).
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inwiefern diese konkreten Überlegungen in die Tat umgesetzt worden sind, so lassen sich doch Rückschlüsse ziehen, die nahe legen, dass eine ähnliche Form der Ersatzausbildung stattgefunden hat wie in Bayern. So weist zum einen ein Schreiben an den thüringischen Landesbischof Hugo Rönck darauf hin, dass auch in der Kirchenprovinz Brandenburg ein sogenannter „Katechumenenunterricht“ erteilt wurde32. Andere Schreiben belegen die Existenz einer sogenannten „Fachleitung religionspädagogischer Fragen“, in denen neben einem Kirchenrat auch der Landesbischof als Fachleiter Mitglied gewesen zu sein schien. Aufgabe dieser Fachabteilung war offenbar die Bereitstellung von „Lektüre in deutsch-christlichem Sinne für [sechs]–[acht] jährige“ insbesondere für die Hand der Mutter wobei an das deutsche Märchen anzuknüpfen sei33. Augenscheinlich war diese Fachleitung religionspädagogischer Fragen personell eng mit dem „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ in Eisenach verbunden. Dies legt nahe, dass die Denkschrift Pribnows, welcher Mitglied des Eisenacher „Entjudungsinstitutes“ war, innerhalb dieses Kontextes entstanden ist, weshalb sie an dieser Stelle in den Blick genommen wird. Ungeachtet der konkreten Umsetzung der Vorschläge der Denkschrift gibt ihr Inhalt Einblick nicht nur in Grenzen und Möglichkeiten des kirchlichen Handlungsspielraumes der thüringischen Landeskirche, sie zeigt auch den deutsch-christlichen Blick auf die Ausbildung von Hilfskräften für den Religionsunterricht und darauf, welche Inhalte und Fähigkeiten diesen vermittelt werden sollten. Pribnow äußerte sich in seiner Denkschrift vom August 1943 zunächst über die Notwendigkeit der Ausbildung. Hier fällt auf, dass es darum ging, für die deutschchristlichen Pfarrer Hilfskräfte für ihre Arbeit im Pfarramt auszubilden. Wie in Bayern ging es auch hier nicht allein um die Ausbildung von Lehrkräften für den Religionsunterricht, wenngleich die Erteilung desselben als wichtiges Aufgabengebiet anerkannt worden ist. Da es unwahrscheinlich war, dass männliche Hilfskräfte zur Verfügung gestellt werden könnten – auch hier spielt der Kriegsdienst der meisten Männer demnach eine wichtige Rolle – sollten vor allem weibliche Hilfskräfte ausgebildet werden. Der Hinweis von Pribnow darauf, dass auch andere Gründe, welche er jedoch nicht nennt, für die Heranbildung weiblicher Hilfskräfte sprächen, ist in deutsch-christlichem Kontext auffällig34. Die Durchführung der Ausbildung setzt Pribnow in einem Seminar an, welches von den deutschchristlich geführten Landeskirchen ge32 Vgl. Brief zur Erklärung der Deutschen Pfarrgemeinde Großberlin betreffend den Stoffplan für den Katechumenenunterricht in der Kirchenprovinz Brandenburg (LKAE Eisenach, 23–002 DC 143). 33 Schreiben zur Anfrage von Superintendent Rahn (LKAE Eisenach, 23–002 DC 143). 34 Im Hintergrund könnte allerdings die nationalsozialistische Vorstellung stehen, dass Frauen die geborenen Erzieherinnen seien, zumindest für die Aufgabe des Religionsunterrichts wäre demnach die Bevorzugung der Frauen aus „anderen Gründen“ als dem Kriegsdienst so erklärbar. Vgl. Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23–002 DC 153).
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gründet werden und unter der Dienstaufsicht der jeweiligen Landeskirchenführer stehen sollte. Ähnlich wie in Bayern war eine enge Verbindung mit dem Pfarramt und eine Einbindung in die Kirchengemeinden vorgesehen35. Interessant ist die Beschreibung der Aufgabe des Seminars. Pribnow beschrieb diese folgendermaßen: „Dem Seminar fällt die Aufgabe zu, diese willigen Kräfte für den unterstützenden Pfarramtsdienst heranzubilden. Das Glaubensleben wie das Glaubensdenken ist zu festigen, zu klären und zu vertiefen. Hand in Hand damit hat die praktische Ausbildung zur Tätigkeit der Seelsorge und zur Abhaltung von Feier- und Unterrichtsstunden zu erfolgen. Entsprechend der späteren Verwendung ist auf die religionspädagogische Ausbildung besonderer Wert zu legen.“36
Diese religionspädagogische Ausbildung, die Pribnow in dieser Denkschrift in ihrem Aufbau beschrieb, soll im Folgenden genauer betrachtet werden. Wichtig ist, dass Pribnow die Festigung des Glaubenslebens, sozusagen als Folie, vor der die übrige Ausbildung zu stehen habe, besonders betonte. Die Ausbildung sollte, nach Pribnows Vorstellung, im Rahmen eines Seminars stattfinden. Dieses stand unter der Leitung eines Direktors, welcher für die eigentliche theologische Fortbildung verantwortlich war. Vorausgesetzt wurde bei ihm eine „gründliche[…] theologische[…] Durchbildung, genügende[…] Amtserfahrung, pädagogische[…] Begabung und organisatorische[…] Befähigung“37. Finanziell wurde er den Direktoren der Predigerseminare gleichgestellt. Weiterhin sollte die Ausbildung in die Hand von Pfarrern oder Vikarinnen gelegt werden, wobei es wünschenswert erschien, dass dieselben möglichst lange in ihrem Amt blieben. Die Aufnahmebedingungen für das Seminar erinnern an jene der LBA. So wurde neben der Angehörigkeit zum BDM ein Reifezeugnis gefordert. Daneben sollte eine versiegelte Beurteilung seitens eines Pfarrers oder einer Religionslehrkraft vorgelegt werden. Anders als in Bayern, wo der Kurs zur Ausbildung der Hilfskatechetinnen in zwei Monaten absolviert wurde, sollte die Ausbildung in Thüringen zwischen drei (für Abiturientinnen) und vier Semestern dauern. Am 15. April 1944 sollte ein neuer Jahrgang starten38. In sieben Punkten beschrieb Pribnow nun die Art des Unterrichts. So sollten besonders „das Wesentliche der zu behandelnden Materie herausgearbeitet und die Grundlinien einer darzustellenden Entwicklung“ aufgezeigt werden. Am Ende der Unterweisung sollte „nicht die Problematik […] stehen, sondern die Klarheit“. Das Seminar sollte bewusst von der Forschung zur 35 Vgl. Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23–002 DC 153), 2. 36 Ebd., 1. 37 Ebd., 2 f. 38 Wenngleich ansonsten in den Archiven keine Hinweise auf die Durchführung eines solchen Seminars auffindbar waren, so legt die Formulierung an dieser Stelle jedoch nahe, dass es mindestens einen Kurs gegeben haben muss. Vgl. ebd., 4 f.
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Gestaltung führen, wobei „[j]ede ,akademische Atmosphäre‘, alles bloße Theoretisieren“ fernzuhalten sei39. Die genannten Aspekte stehen klar in der Wissenschaftsablehnung des Nationalsozialismus. So wurde vor allem der praktische Aspekt betont, wenn es darum ging, die Schülerinnen aktiv am Unterricht zu beteiligen, die fachliche Schulung von der praktischen Ausbildung begleiten zu lassen und vor allem in den praktischen Fächern das Theoretisieren zu vermeiden. Abschließend wies Pribnow auf die Wahl der richtigen Hilfsmittel hin, welche einerseits allgemeinverständlich zu sein hätten und andererseits eine sachliche Tiefe aufweisen sollten. Konkret nannte er dabei die Hefte der Religionsgeschichtlichen Volksbücher40. Die Betonung des Praktischen und die deutliche Ablehnung alles „Theoretisierens“ weisen Pribnow an dieser Stelle als exemplarischen Vertreter der DC aus. Sehr ausführlich widmete sich der Verfasser der Denkschrift dem Aufbau der Ausbildung, wobei das erste Semester seiner Auffassung nach der „Vertiefung und Ausrichtung der Schulbildung“ zu dienen habe. Im Hintergrund der Unterweisung habe die Schöpfung zu stehen, wobei die Ordnung des deutschen Lebens im Nationalsozialismus betont wurde. Während Biologie und Rassenkunde mit einer Wochenstunde im Lehrplan bedacht wurden, sollten Nationalpolitische Schulungen mit zwei Wochenstunden und die Grundzüge der deutschen Frömmigkeitsgeschichte mit drei Wochenstunden behandelt werden. Als Literatur für die Nationalpolitische Schulung wurden Mein Kampf sowie der Mythus des 20. Jahrhunderts empfohlen41. Für die Abiturientinnen begann die Ausbildung im zweiten Semester, in welchem vor allem die „Deutsche Gotteskunde“ im Fokus stehen sollte. Die Grundlage bildete das Deutsche Glaubensbuch Deutsche mit Gott. Der Lehrplan unterschied sich in diesem Semester eklatant von dem des ersten Semesters. So fehlte die Unterweisung in Biologie und Rassenkunde sowie in Nationalpolitischer Schulung. Stattdessen wurde die Deutsche Gotteskunde mit fünf Wochenstunden behandelt und mit je zwei Wochenstunden „[i]hre Fruchtbarmachung“ für Seelsorge, Gottesfeier (Andacht) sowie Unterricht und Kindergottesfeier behandelt. Auch „Jesus der Heiland“ kam mit drei Wochenstunden in den Blick und der Religiösen Dichtung wurde ebenfalls eine Wochenstunde gewidmet. In den Literaturhinweisen tauchten nun neben Kabisch42 (Unser Kind. Ein Erziehungsbuch, Göttingen 1926 sowie Wie lehren wir Religion? in der siebten Auflage von 1931) und Eberhard43 (Kind und Kultus, Gütersloh 1929) sowohl deutsch-christliche Autoren wie Getrud Bäumer44 (Von der Kinderseele, Leipzig), als auch Autoren, die klar der Be39 Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23-002 DC 153), 5. Hervorhebungen im Original. 40 Vgl. ebd. 41 Vgl. ebd., 6 f. 42 Kabisch, Kind; Ders., Religion? 43 Eberhard, Kind. 44 Bäumer, Kinderseele.
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kennenden Kirche zugehörten wie beispielsweise G. Schmidt45 (Handwerkliches zum kirchlichen Unterricht, München 1937), auf46. Auffällig ist hier die Bandbreite der empfohlenen Literatur, insbesondere die Empfehlung G. Schmidts scheint der Linie, die Pribnow vertrat, deutlich zu widersprechen. Die Empfehlung von Werken Kabischs und Eberhards stützt die vielfach zu findende These, dass die Religionspädagogik des Nationalsozialismus nichts Eigenständiges hervorgebracht habe. Im dritten Semester stand die Christuskunde im Mittelpunkt der Lehre. Pribnow schrieb hierzu: „Es geht dabei um eine verstandes- wie glaubensmäßig klare Erfassung der Gestalt und Botschaft des Christus, damit um eine klare Erkenntnis der Christusbeziehung unseres Gottesverhältnisses. Zum Erweis der antijüdischen Art Jesu ist Walter Grundmanns Werk ,Jesus der Galiläer und das Judentum‘ grundlegend.“47
Auch Hermann Tögels Völkische Prägungen des Christentums. Von Origenes zu Kafawa sollte hier herangezogen werden. Diese Betonung des antijüdischen Charakters Jesu sowie seiner völkischen Bedeutung überraschen angesichts der deutsch-christlichen Überzeugungen Pribnows an dieser Stelle nicht. So sollte im Lehrplan Christuskunde mit acht Stunden behandelt werden, wobei ihre „Fruchtbarmachung“ für den Unterricht in diesem Fall mit drei Wochenstunden bedacht war. Auch Religiöse Dichtung erschien erneut mit zwei Wochenstunden im Lehrplan. Die Literaturhinweise nannten neben den Veröffentlichungen aus den „Arbeitskreisen des Instituts“ (gemeint war hier das „Entjudungsinstitut“ in Eisenach) Adolf von Harnack48 (Die Entstehung der christlichen Theologie und des kirchlichen Dogmas), Tögel49 (Bilder deutscher Frömmigkeit), Werdermann50 (Christliche Persönlichkeiten unserer Zeit in der zweiten Auflage von 1940 und Jesu Gleichnisse im Unterricht) sowie Niebergall51 (Jesus im Unterricht)52. Hier fällt besonders die starke völkische Prägung der genannten Titel auf. Im vierten und letzten Semester stand die Gemeindekunde im Mittelpunkt: „Es geht um ein Verstehen und Werten der Vergangenheit der glaubenden Gemeinde“53. Zu diesem Zweck sollten neben dem Germanenglauben und seiner ersten 45 Schmidt, Unterricht. 46 Vgl. Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23-002 DC 153), 9 f. 47 Ebd., 10. 48 Harnack, Entstehung. 49 Tögel, Bilder. 50 Werdermann, Persönlichkeiten, Ders., Gleichnisse. 51 Niebergall, Jesus. 52 Vgl. Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23-002 DC 153), 10 f. 53 Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23-002 DC 153), 12. Hervorhebung im Original.
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Begegnung mit dem Christentum auch die Reformation sowie Protestantismus und Katholizismus in der Gegenwart einbezogen werden. „Zur Behandlung des inneren Besitztums der Gemeinde in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist eine Klärung der alttestamentlichen Frage erforderlich.“54 Auch „andere[…] religiöse Faktoren der Gegenwart“, wie der „Weltprotestantismus“ und „Gottgläubigkeit“ sollten hier behandelt werden. Die Betonung der Gemeindekunde spiegelte sich im Lehrplan wider, wo diese mit fünf Wochenstunden vorgesehen war. Aber auch Luther, „[d]ie anderen religiösen Faktoren der deutschen Gegenwart“ und „[d]ie Frage des alten Testaments“ erschienen mit je einer Wochenstunde im Lehrplan. In den Literaturhinweisen erwähnte Pribnow neben bereits genannten Titeln unter anderem Bohne55 (Zeugnisse altnordischen Glaubens), Tögel56 (Germanenglaube und Germanisches Gottgefühl im christlichen Religionsunterricht), Martin Rade57 (Luther in Worten aus seinen Werken), von Harnack58 (Martin Luther und die Grundlegung der Reformation), Meyer-Erlach59 (Verrat an Luther) sowie Rönck60 (Ein Reich – ein Gott). Auch hier ist eine große Bandbreite an ideologischen Voraussetzungen der Autoren erkennbar, auch wenn der Fokus deutlich auf deutsch-christlich / völkischen Autoren lag61. In der abschließenden mündlichen Prüfung hatten sich die Schülerinnen in den Fächern Deutsche Gotteskunde, Christuskunde, Gemeindekunde, Deutsche Frömmigkeitsgeschichte, Religionsgeschichte, Philosophie, Religiöse Dichtung, Seelsorge, Feiergestaltung und Unterricht zu erweisen62. Nach bestandener Prüfung konnten die Seminaristinnen als Pfarrgehilfinnen im Angestelltenverhältnis in den landeskirchlichen Dienst übernommen werden, wobei eine Beförderung zur Pfarrassistentin möglich sein sollte63. Die Denkschrift Pribnows, wenn vermutlich nur Theorie, zeigt neben der eindeutig deutsch-christlich, nationalsozialistischen Ausrichtung der Ausbildung, dass hier das genaue Gegenteil des bayerischen Modells vorlag. Während in Bayern der Rückzug in den Raum der Kirchlichkeit vorgenommen wurde und die Verkündigung des Evangeliums im Zentrum der Ausbildung stand, sollte hier der typisch deutsch-christliche Versuch unternommen werden, Christentum mit Nationalsozialismus zu verbinden. Dies spiegelte sich nicht nur in den Fächern, die der Lehrplan vorsah, sowie in ihrer Ge54 Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23-002 DC 153), 14 f. 55 Bohne, Zeugnisse. 56 Tögel, Germanenglaube. 57 Rade, Luther. 58 Harnack, Luther. 59 Meyer-Erlach, Verrat. 60 Rönck, Reich. 61 Vgl. Nationalkirchliches Seminar für Pfarrgehilfinnen. Eine Denkschrift zu seiner Begründung und Gestaltung (LKAE Eisenach, 23-002 DC 153). 62 Vgl. ebd., 17. 63 Vgl. ebd., 18.
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wichtung, sondern auch in der großen Bandbreite der Literaturangaben, die von bekenntniskirchlichen Autoren (G. Schmidt!) über Religionspädagogen der Weimarer Zeit (Tögel, Werdermann, Niebergall, Eberhard) und DC (Meyer-Erlach) bis hin zu Nationalsozialisten (Hitler, Rosenberg) reichte. Besonders auffällig ist, dass die Bibel selbst, als Gegenstand des Unterrichts, nicht in den Blick kommt. Vielmehr wurde die deutsch-christliche Prägung der christlichen Stoffe in den Fokus der Ausbildung gerückt.
6.5 Die Ausbildung von Hilfskräften für die „Christenlehre der jungen Gemeinde“ in Westfalen Wie in Bayern und Thüringen, befasste sich auch in Westfalen die Kirchenleitung mit der Frage, wie Religionsunterricht angesichts seiner Verdrängung aus der Schule weiter erteilt werden konnte. Hier war insbesondere die Arbeit von Merz zwischen 1940 und Anfang 1942 von Bedeutung. Überlegungen zu kirchlichem Hilfsdienst durch weltliche Männer und Frauen in den Gemeinden, finden sich bei Merz bereits in einem Rundschreiben Ende 1939 aus Bethel64. Die kirchlichen Ausbildungsstätten, insbesondere die der Bekennenden Kirche, waren zu diesem Zeitpunkt bereits fast vollständig abgeschafft. Merz sah für den kirchlichen Hilfsdienst, wie er ihn zu diesem Zeitpunkt noch nannte, Aufgaben in der Katechetik oder auch in der allgemeinen Gemeindearbeit vor65. Im August 1940 zeigt ein Schreiben Kochs an das Konsistorium in Münster, dass dieses Merz bereits vor längerer Zeit beauftragt hatte, „sich in den Bereichen meiner Geistlichen Leitung die wachsame und tätige Fürsorge für den Ausbau des kirchlichen Unterrichts angelegen sein zu lassen“66. Wenige Zeit später lag eine Denkschrift von Merz über den kirchlichen Unterricht vor, die offenbar zur Vorlage vor den Behörden geplant war. Dabei ging es explizit darum, dass kirchlicher Unterricht innerhalb der Provinzialkirche möglichst einheitlich gestaltet werden sollte, wie aus dem Begleitschreiben von Merz deutlich wird67. In dieser Denkschrift betonte Merz, dass kirchlicher Unterricht aufgrund der veränderten Voraussetzungen eine erhöhte Aufmerksamkeit brauche. Merz sprach hier vermutlich von der kriegsbedingten Rückbesinnung der Bevölkerung hin zur Kirche, sowie der Entfernung des Religionsunterrichts aus den Schulen. Merz ging gleichzeitig jedoch davon 64 Vgl. Rundschreiben (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4a 02, Bethel). 65 Vgl. ebd. 66 Schreiben von Präses Koch an das Evangelische Konsistorium Münster (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 28). 67 Vgl. Schreiben von Georg Merz an Präses Koch betreffend die Denkschrift für den kirchlichen Unterricht (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 28, Bethel bei Bielefeld).
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aus, dass der Religionsunterricht der Volksschule auch weiterhin gewisse Kenntnisse vermitteln werde. Hier wird die zeitgeschichtliche Prägung deutlich, wenn Merz die Christianisierung der Germanen als eines der wichtigsten Daten der Kirchengeschichte benannte. Er zeigte jedoch auch den Unterschied zwischen kirchlichem und schulischem Religionsunterricht auf. Während der Religionsunterricht der Volksschule „die eigentümlich kulturelle Bedeutung der christlichen Botschaft zum Ausdruck“ bringen wollte, müsste der kirchliche Unterricht „das Zeugnis von Jesus Christus im Zusammenhang des gesamten biblischen Zeugnisses und in seiner grundlegenden Bedeutung für die der christlichen Kirche anvertrauten Botschaft des allen Völkern angebotenen Heiles zum Ausdruck bringen“68.
Hier wird zugleich eine Abgrenzung zu nationalem Denken deutlich. Merz nannte Kindergottesdienst und Jugendstunde als zwei Orte zur Erfassung der „getauften Jugend“69. Kindergottesdienst und Jugendstunde sollten dabei den eigentlichen kirchlichen Unterricht vorbereiten, der die Grundlage der kirchlichen Unterweisung bildete. Hier entwickelte Merz die Idee vom Vorkatechumenat, ein zusätzliches Vorbereitungsjahr, das dem zweijährigen Konfirmandenunterricht vorangestellt werden sollte. Die Konfirmanden selbst sollten wie üblich im Katechumenen- und Konfirmandenjahr ausgebildet werden, hier lagen Pläne des katechetischen Ausschusses zugrunde. Auch die Neukonfirmierten sollten eingebunden werden, auch wenn dies durch nationalsozialistisches Pflicht- und Landjahr erschwert werden würde. Zusätzlich sollten die Schüler der Oberschulen in einem kirchlichen Fortbildungsunterricht zusammengefasst werden, der in vier Jahren die entsprechenden Ergänzungen zum Konfirmandenunterricht bieten sollte70. Merz betonte abschließend, dass dieser Dienst der Unterweisung ein wesentliches Stück der pastoralen Arbeit darstelle und insgesamt der Arbeit in der Gemeinde zugutekommen würde. Wo aus personellen Gründen der Pfarrer die so ausgeführte Arbeit nicht leisten konnte, sollten Hilfskräfte, Diakon*issen sowie Gemeindehelferinnen hinzugezogen werden71. Inwiefern diese Denkschrift tatsächlich an behördliche Stellen geschickt wurde, lässt sich den vorliegenden Quellen nicht entnehmen. Die weiteren Entwicklungen zeigen jedoch, dass Merz im Rahmen dieser Denkschrift die grundlegenden Gedanken seiner späteren „Christenlehre der jungen Gemeinde“ darstellte. Ab 1941 gewannen die Ausführungen von Merz aus seiner Denkschrift zunehmend an Gestalt, auch was die Ausbildung von Hilfskräften anbelangte. 68 Richtlinien für den kirchlichen Unterricht (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 28, [Bad Oeynhausen]). 69 Vgl. ebd., 2. 70 Vgl. ebd., 3. 71 Vgl. ebd., 8.
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Die Einführung des „Vorkatechumenats“ war im Zusammenhang mit dem Aus- und Wegfall des Religionsunterrichts an den Schulen zu sehen. Eine weitere Maßnahme vieler Gemeinden waren Einspruchnahmen beim Konsistorium. Die einzelnen Presbyterien und Gemeinden wandten sich mit Schreiben an die Kirchenleitung und behielten sich dabei Einspruch bei der Staatsregierung vor. Dabei wurde, wie so häufig, auf frühere Zusagen seitens der Staatsregierung hinsichtlich der Sicherung des Religionsunterrichts an den Schulen verwiesen. Das Presbyterium der Gemeinde Bochum-Langendreer beispielsweise empfand insbesondere – die zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden – Weisungen und Hilfen seitens der Kirchen als schmerzlich, um den ausfallenden Religionsunterricht ausgleichen zu können. Es zeigt sich, dass auch von den Gemeinden selbst – dies spiegelt sich auch zu späterem Zeitpunkt wider – der Bedarf nach kirchlichem Religionsunterricht vorhanden war72. Aus der Kirchengemeinde Siegen ist ein ähnliches Schreiben vorhanden, wobei explizit auf den Taufbefehl rekurriert wurde73. Die Gemeinde hatte bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen, indem unter anderem die Kleinkinder in die christlichen Kindergärten überführt, sonntägliche religiöse Jugendveranstaltungen angeboten wurden und ein kirchlicher Religionsunterricht eingerichtet worden war. Auch ein Vorkatechumenat war hier bereits eingerichtet74. Im April 1941 schickte Merz einen „Lehrplan für die Christenlehre“ an Präses Koch. Diesen gliederte er in unterschiedliche Stufen, die nochmals in Stufen für Kinder, Katechumenen und Konfirmierte aufgeteilt waren. Merz sah die Christenlehre in engem Zusammenhang „mit der gottesdienstlichen Feier der Gemeinde“75. Für die Kinder wurde dieser Zusammenhang über den Kindergottesdienst gewährleistet. Der bereits vorhandene Konfirmandenunterricht war, aufgrund der Veränderungen im schulischen Lehrplan, bereits von vielen Gemeinden verlängert worden. Dies zeigt auch der bereits erwähnte Brief aus Siegen. Da der Vorbereitungsunterricht für die Konfirmation bereits Vorwissen (also Kenntnisse in der biblischen Geschichte, im Katechismus und im Kirchenlied) erforderte, den die Kinder durch den Schulunterricht nicht mehr erhielten, war vielerorts – auch dies bestätigt sich in dem Siegener Brief – bereits eine besondere Christenlehre eingerichtet worden. Für den Kindergottesdienst wurden die Pläne des Kindergottesdienstverbandes empfohlen, für die Konfirmierten waren im Januar 1941 Richtlinien76 herausgegeben 72 Vgl. Schreiben des Presbyteriums der Kirchengemeinde Bochum-Langendreer an das Evangelische Konsistorium Münster (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bochum-Langendreer). 73 Vgl. Schreiben an die Kirchengemeinde Siegen über die religiöse Erziehung der Kinder (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Siegen). 74 Vgl. ebd., 2. 75 Lehrplan für die Christenlehre (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bad Oeynhausen). 76 Diese waren in den eingesehenen Archiven leider nicht auffindbar.
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worden und für den Unterricht der Katechumenen sollte der von Merz im Folgenden dargestellte Plan weiterführen77. Der Unterricht war in Stufen unterteilt, von denen die erste unter Rückblick auf Luthers reformatorische Tat und ansonsten vor allem biblische Geschichten auf den Katechismusunterricht und das Lesen der Heiligen Schrift vorbereiten sollte78. Der Unterricht auf der zweiten Stufe diente, darauf aufbauend, der Einführung in die Heilige Schrift und ihre einzelnen Bücher. Ein Lehrplan, der vom katechetischen Ausschuss und der Geistlichen Leitung genehmigt wurde, war hierfür maßgeblich. Merz betonte jedoch, dass zwar von diesem abgewichen werden könne, ein Mindestmaß an Stoff innerhalb der Provinz jedoch einheitlich sein sollte. Konkret nannte er die Monatssprüche und die Monatslieder79. Die dritte Stufe, die Konfirmandenklasse, widmete sich schließlich dem dritten Artikel und dem dritten Hauptstück des Katechismus sowie den Sakramenten80. Merz führte auch einen Plan für die Christenlehre der Kinder auf, wobei er ein Bewusstsein dafür zeigte, dass es durchaus in einigen Fällen nötig sein würde, verschiedene Altersstufen zu vereinigen; ein Aspekt auf den der Plan in seinem Aufbau und in seiner Gestaltung Rücksicht nahm81. Erwähnenswert ist, dass Merz bei den Plänen für die Kinderlehre die Schuljahreseinteilung berücksichtigte. Es wurden außerdem in den Literaturhinweisen Verbindungen zur Bayerischen Landeskirche sichtbar, wenn Merz das Buch von Veit Gottbüchlein, erster Unterricht im christlichen Glauben als „zur Zeit die Beste Lösung der Aufgabe“82 bezeichnete, um Kindern die Gotteslehre beizubringen. Im Bewusstsein der Kriegssituation und der Unwahrscheinlichkeit, dass alle Kinder die empfohlenen Bücher zur Hand haben würden, wurden diese vor allem für die Hand der Katecheten empfohlen, auch alte Bücher konnten verwendet werden. Der Lehrplan für die Christenlehre, den Merz hier entwarf, bot insbesondere biblische Stoffe in Orientierung am Kirchenjahr, dazu Katechismus und Kirchenlieder sowie die Geschehnisse der Reformation83. Die Fragen zur Ordnung der kirchlichen Unterweisung wurden bei Zusammenkünften von Merz, dem Präses der Westfälischen Landeskirche und den Superintendenten der Synoden, bzw. vorher bestimmten Vertrauensmännern geregelt. Ostern 1941 ging es hier insbesondere um die einheitliche Einführung des dritten Vorbereitungsjahres für die Konfirmation. Die Bezeichnungen Katechumenat und Vorkatechumenat wurden zu Gunsten der
77 Vgl. Lehrplan für die Christenlehre (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bad Oeynhausen). 78 Vgl. ebd., 2. 79 Vgl. ebd., 4. 80 Vgl. ebd., 5 f. 81 Vgl. ebd., 6. 82 Ebd., 7 f. 83 Vgl. ebd., 8.
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Bezeichnung „Christenlehre der jungen Gemeinde“ abgelehnt84. In einem Bericht über eine solche Besprechung an die Superintendenten85 schilderte Merz nochmals zusammenfassend seine Gedanken zum Lehrplan für den neu einzuführenden Vorbereitungskurs, der im April herausgegeben wurde86. In 15 Stunden sollte eine Einweisung in die Apostelgeschichte erfolgen. Dabei sollte sich, mit Ostern und der Aussendung der Jünger beginnend, anschließend an das Reformationsfest in drei Stunden dem Leben Luthers gewidmet werden. Zuletzt wurde vor Weihnachten in 18 Stunden die Adventserwartung im Alten Testament behandelt und abschließend sollte in der Passionszeit der Hinweis auf die Predigt vom gekreuzigten Christus gegeben werden87. Hier zeigt sich deutlich die in allen Plänen Merz’ vorhandene strenge Ausrichtung der Stoffe auf das Kirchenjahr. In einem Begleitschreiben zum Lehrplan von Merz fand sich ein Hinweis auf die Notwendigkeit zur Ausbildung von Hilfskräften für den Katechetischen Dienst88. Zur weiteren Unterstützung der Pfarrer und Helfer wurde eine Liste für die Errichtung einer „religionspädagogischen Handbibliothek“ herausgegeben. Neben Titeln namhafter Religionspädagogen wie Bohne, Eberhard, Kabisch und Martin Rang fanden sich hier auch Titel einiger deutsch-christlicher Religionspädagogen, wie des Dozenten der HfL München-Pasing, Eckstein oder Werdermann von der HfL Dortmund, von dem auf dieser Liste gleich vier Titel zu finden waren. Gleichzeitig fanden sich auch der bereits erwähnte Titel von Veit sowie eines Buches von G. Schmidt und Merz89. Eine ähnliche Liste von Merz selbst war sichtbar kritischer ausgewählt. Neben dem bekannten Altersstufen-Lehrplan von Albertz und Bernhard Forck fanden sich auch hier Titel von G. Schmidt und Ludwig Gengnagel sowie Rang und Bodelschwingh. Letzterer zeugte von Merz Bewunderung für eben diesen, die von Manacnuc Mathias Lichtenfeld in seiner Biografie über Merz herausgearbeitet worden ist90. Auch das Gottbüchlein von Veit war in der Aufzählung zu finden91. Als Merz und Koch im Juni 1941 eine Zwischenbilanz zogen, konnten sie in einem Rundschreiben an die Superintendenten und die Leiter der katecheti84 Schreiben von Georg Merz an den Superintendenten betreffend eine Besprechung über die kirchliche Unterweisung (LkA EKvW Bielefeld, Bes. 0.5, Nr. 25, Bethel bei Bielefeld). 85 In einigen Provinzen wurde in der Folge, wenn er nicht bereits durch die Gemeinden eingerichtet war, die Einführung eines solchen Vorbereitungsjahres beschlossen. Vgl. Beschluss des Kreissynodalvorstands in Lerbeck (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Lerbeck). 86 Vgl. Schreiben von Georg Merz über die Lehrpläne für die Christenlehre (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel bei Bielefeld). 87 Vgl. Schreiben von Georg Merz an den Superintendenten betreffend eine Besprechung über die kirchliche Unterweisung (LkA EKvW Bielefeld, Bes. 0.5, Nr. 25, Bethel bei Bielefeld). 88 Vgl. Schreiben von Georg Merz über die Lehrpläne für die Christenlehre (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel bei Bielefeld). 89 Vgl. Schreiben unter der Ziffer Nr. 6409/A 17–02 mit Literaturliste für eine Handbibliothek (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Münster). 90 Vgl. Lichtenfeld, Merz. 91 Vgl. Hilfsmittel für die kirchliche Unterweisung der Kinder (LkA EKvW, Best. 0.4, Nr. 25).
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schen Arbeitsgemeinschaften „aus allen Gemeinden eine entschlossene Zustimmung zu der so dringend notwendigen Erweiterung des kirchlichen Unterrichts“ melden92. Problematisch schien allerdings in einigen Gemeinden die Frage nach dem entsprechenden Personal gewesen zu sein. Hier habe sich der Dienst der Diakonissen – die auch in Bayern unterstützend herangezogen wurden – in besonderer Weise bewährt. Diese erhielten nun in ihrem Unterricht in den Diakonissenhäusern eine stärkere Vorbildung auf den Unterricht, zusätzlich wurden in den Diakonissenhäusern in Sarepta und Witten Fortbildungskurse eingerichtet. Abschließend folgten die Bitte zur Unterstützung dieser Maßnahmen sowie die Feststellung, dass die von Merz verantworteten Lehrpläne offenbar Anwendung fanden. Kritik an der Stoffauswahl wies Merz mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit zurück, die Kinder zuerst mit den Geschichten aus den Evangelien und den wichtigsten alttestamentlichen Geschichten bekannt zu machen93. Bei dem festzustellenden Mangel wegen der gegenwärtigen Schwierigkeiten in Verlagen und Druckereien schien die Lehrbuchfrage offensichtlich dennoch hinlänglich gelöst zu sein94. Merz empfahl vor diesem Hintergrund auch das neu erschienene Buch Schwindels für die Vorbereitung des Unterrichts in der biblischen Geschichte. Zusätzlich befürwortete er erneut G. Schmidt und Gengnagel, sowie einen Titel von Adolf Burkert, der früher als Direktor an der Neuendettelsauer LBA wirkte95. Die bereits mehrfach festgestellten Verbindungen in die bayerische Landeskirche zeigen sich auch weiterhin. So berichtete Merz Präses Koch, offensichtlich im Hinblick auf die Frage danach, wie man weitere Hilfskräfte für die Christenlehre gewinnen könne, von den Verhältnissen in Bayern, die er aus einem Austausch vor allem mit G. Schmidt erfahren habe96. Vor dem Hintergrund der dargestellten Quellen wurde am 1. Dezember 1941 durch die Superintendentenkonferenz ein Vorschlag zur Aus- und Fortbildung katechetischer Mitarbeiter, der auf Merz zurückzuführen ist, genehmigt. Besonders Personen mit entsprechendem Vorwissen, das sie durch Arbeit im Kindergottesdienst oder in der Jugendhilfe erlangt hatten, kamen zum katechetischen Dienst in Frage. Darunter zählten auch Diakone und Diakonissen. Es wurde aber deutlich, dass ein Großteil der Mitarbeiter aus dem Kreis der Gemeindemitglieder selbst kam. Die Diakone und Diakonissen wurden, den Schilderungen entsprechend, inzwischen bereits durch ihre Ausbildung auf die Mitarbeit in diesem Bereich vorbereitet. Diakonissen, die für den Dienst im Kindergarten ausgebildet waren, kamen „ohne weiteres als ,katechetische Helferinnen‘ in Betracht“. Für die Laien, also vor allem Frauen 92 Schreiben über die Erweiterung des kirchlichen Unterrichts (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel). 93 Vgl. ebd., 2. 94 Vgl. ebd., 3. 95 Vgl. ebd., 4 f. 96 Vgl. Schreiben von Georg Merz an Präses Koch über die Bestellung von kirchlichen Hilfskräften (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel).
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und Mädchen aus der Gemeinde, sollten Lehrgänge bei der Frauenhilfe in Soest und bei der Zentrale für weibliche Jugendarbeit in Witten angeboten werden. Durch einzelne Synoden wurden zusätzlich Tageskurse angeboten. Um zugleich auch die als notwendig angesehene Fortbildung sicherzustellen, sollten die Teilnehmerinnen auch im Anschluss ihrer Lehrgänge weiterhin betreut werden. Von den auf diese Weise ausgebildeten katechetischen Helfern und Helferinnen sollten die besten zu Hilfskatecheten und -katechetinnen ausgebildet werden. Zu diesem Zweck sollten besondere Kurse geschaffen werden. Durch die Ausbildung erhielten diese die Berechtigung zur Erteilung von Konfirmandenunterricht, sowie das Recht bei der Betreuung der katechetischen Helfer und Helferinnen mitzuwirken. Gemeindehelferinnen galten ebenfalls als Hilfskatechetinnen, für diese sollten auch Fortbildungskurse eingerichtet werden. Verantwortet wurden die Kurse durch das Katechetische Amt unter Leitung von Merz. Unterstützt wurde er dabei von einzelnen Pfarrern97. Ein erster katechetischer Lehrgang hatte bereits im April/Mai des Jahres 1941 stattgefunden. Den Plan hatte Merz als Leiter des katechetischen Amtes erstellt, mit der Durchführung beauftragt war die Zentralstelle für die evangelische Gemeindejugend in Witten98, ein weiterer Kurs fand dort im September statt. Die Arbeitspläne zeigen, dass sich die Ausbildung insbesondere auf die Bibel sowie den Katechismus konzentrierte99. Weitere Kurse sind für Januar 1942 im Haus Sarepta100, Januar 1943 in Sieker-Bielefeld101 und Januar 1944 in Witten102 belegt. Die Kurse reichten, das zeigen schon die obigen Ausführungen, nach Ansicht von Merz nicht aus. Die Zusammenfassung der Helferinnen innerhalb der Synode sollte die Gemeinden stärken und Beziehungen knüpfen und so auch die Fortbildung erleichtern. Entscheidend ist, dies wurde bereits deutlich, dass Merz die Arbeit des katechetischen Amtes nicht von der Gesamtlage der Gemeinde getrennt sah103. Darüber hinaus, und dieser Aspekt ist insbesondere für die Sicherung der Christenlehre bedeutsam, betonte Merz, dass die Ausbildung der jungen Gemeinde in der Christenlehre eine Sache der 97 Vgl. Bericht über die Superintendentenkonferenz vom 1. 12. 1941 (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel). 98 Vgl. Katechetischer Lehrgang in Witten (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 28, Bad Oeynhausen). 99 Vgl. Entwurf für die Bekanntgabe des Kursus (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 28, Witten-Ruhr). 100 Vgl. Ankündigung für einen Katechetischen Kurs am 26. 1. 1942 im Diakonissenhaus Sarepta (LkA EKvW Bielefeld, Nest. 0.5, Nr. 25, Bethel bei Bielefeld). 101 Vgl. Ankündigung eines Katechetenkurses vom 5. 12. 1. 1943 in Sieker-Bielefeld (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4,Nr. 28, Gelsenkirchen). 102 Vgl. Schreiben mit Arbeitsplan eines Katechetenkurses im Januar 1944 in Witten (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 28, Witten-Ruhr). 103 Vgl. Schreiben von Georg Merz an das Katechetische Amt (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel).
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Kirche sei und nicht der Schule. Man dürfe darum weder in der Ordnung noch in der Methode versuchen die Schule zu kopieren104. Die Quellen der staatlichen Stellen zeigen, dass die Erteilung von katholischem und evangelischem kirchlichem Religionsunterricht von diesen kritisch beobachtet worden ist. Insbesondere die Tatsache, dass die Kirchen zusätzliche Räume für die Erteilung dieses Unterrichts anmieteten, sollte zunächst dazu benutzt werden, diesen zu verhindern105. Ein weiterer Punkt, der in diesem Zusammenhang von den staatlichen Stellen als bedeutsam betrachtet wurde, war die Tatsache, dass dieser Unterricht durch Laien erteilt wurde. Hier erfolgte wohl vermehrt106 die Nachfrage durch Schulräte an die Regierungspräsidenten, ob ein solcher Unterricht an schulpflichtige Kinder gestattet sei107. Behördeninterne Schreiben zeigen, dass man sich mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Dabei ist zunächst festgestellt worden, dass Religionsunterricht, auch wenn er an den Volksschulen nicht mehr erteilt wurde, nach wie vor ein „ordentliches Lehrfach“ sei. Zur Erteilung von Privatunterricht bedürfe es in jedem Fall der Erlaubnis der Schulbehörde, wobei sich diese Bestimmungen generell auf Unterricht und Erziehung bezogen. Von Personen, die Religionsunterricht erteilen, sei demgemäß ein Unterrichtsschein zu fordern. Geistliche wurden jedoch von vornherein als berechtigt und befähigt angesehen, Religionsunterricht zu erteilen: „Demgemäß bedarf der Geistliche, der den Religionsunterricht aufnimmt, keiner Sondergenehmigung mehr.“108 Allerdings fiel, so wurde festgestellt, nicht jede Art der religiösen Unterweisung unter den Aspekt des Privatunterrichts, für den es eine schulbehördliche Genehmigung bedurfte: „Insoweit sich die religiöse Unterweisung als gemeinsame Übung der Religion darstellen, sind sie nicht Teil der staatlichen Ordnung des Unterrichts.“109 Die Schlussfolgerung war: Sofern der Unterricht kirchlicher Religionsunterricht war, konnte er nicht von der Schulaufsichtsbehörde untersagt werden110. Auch 1944 beschäftigte diese Frage die staatlichen Behörden. Erneut wurde festgestellt, dass es auf den Einzelfall ankomme, ob es sich um eine
104 Vgl. Schreiben von Georg Merz an das Katechetische Amt (LkA EKvW Bielefeld, Best. 0.4, Nr. 25, Bethel), 2. 105 Vgl. Mitteilung über die Nutzung kircheneigener Räume für den Religionsunterricht (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31818, Dortmund). 106 Vgl. Erlass mit der Ziffer E UU a (C 4) 6 zum Einsatz von Laienkräften zur Erteilung kirchlichen Unterrichts durch die Kirchen (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Berlin). 107 Vgl. Bericht eines Schulrates aus Lüdenscheid-Altena über den Religionsunterricht (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Altena). 108 Vermerk über die Erteilung von Religionsunterricht an Volksschulen (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Arnsberg). 109 Ebd. 110 Vgl. Schreiben zum Bericht vom 22. 11. 1942 – Nr. 938 – betreffend den Religionsunterricht (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Arnsberg).
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gemeinsame Religionsausübung handelte111. Resigniert wurde schließlich festgestellt, dass derartige Einzelfalluntersuchungen aussichtslos seien, da es „der Kirche stets möglich sein [wird], diesen Unterricht als einen gegenüber den früheren Verhältnissen erweiterten Teil ihrer inneren Ordnung nachzuweisen“112. Führt man sich die Argumentationen und die gewählten Bezeichnungen der einzelnen Teile der Unterweisungen vor Augen, ist diese Einschätzung durch den Regierungspräsidenten aus Arnsberg zutreffend. Es ist anzunehmen, dass die Absicherung der „Christenlehre der jungen Gemeinde“, wie Merz sie nannte, ein Argument war, diese so stark auf die Thematik des Biblischen, der Liturgie und des Katechismus zu beschränken.
6.6 Der kirchliche Religionsunterricht zwischen Ideologie und Bekenntnis Angesichts der immer bedrängteren Situation für den Religionsunterricht sowie der Neuordnung der Lehrerbildung, in deren Rahmen die staatliche Religionslehrerausbildung gänzlich wegfiel, mussten die Landeskirchen den Ausfall der religiösen Bildung selbst auffangen. Die Darstellung zeigt, dass dies – insbesondere mit Blick auf die vergangenen Jahre nationalsozialistischer Herrschaft – eine weitaus größere Einflussnahme seitens der Kirche auf die religiöse Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen ermöglichte, mit allen damit verbundenen Schwierigkeiten. Besonders durch den Krieg bedingt war eine der größten Herausforderungen die Beschaffung von ausreichend Personal für den kirchlichen Religionsunterricht. Sowohl in Bayern als auch in Westfalen – für Thüringen lassen sich nur theoretische Überlegungen, keine Umsetzungen in die Praxis belegen – fanden zu diesem Zweck Ausbildungslehrgänge und Kurse für katechetische Hilfskräfte und Hilfskatechet*innen statt. Meist waren die Hilfskräfte jedoch Frauen. Im Rahmen dieser Ersatzausbildungen gewannen besonders die Heilige Schrift, der Katechismus und die Kirchenlieder an Bedeutung, pädagogisch orientierte man sich, erkennbar an den vorhandenen Literaturlisten, vermutlich auch aus pragmatischen Gründen an bereits vorhandenen religionspädagogischen Konzepten von Bohne, Käbisch und Otto. Dieser Rückbezug auf den Raum des Kirchlichen bot, wie am Beispiel Westfalens gezeigt, Schutz vor staatlichen Repressionsmaßnahmen, die eine Ein111 Vgl. Vermerk über die Erteilung von Religionsunterricht in Volksschulen (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Arnsberg). 112 Schreiben unter der Ziffer II U 2 Nr. 345 zum Schreiben vom 2. 3. 1944 betreffend die Erteilung von Konfessionsunterricht durch Laienkräfte (LAV NRW W Münster, Regierung Arnsberg, Nr. 31879, Arnsberg). Umstellung durch die Verfasserin.
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stellung des kirchlichen Religionsunterricht forcieren wollten, daran aber aufgrund der Rechtslage und der kirchlichen Sonderstellung scheiterten. Zugleich zeigt der Rückbezug auf das Biblische, die kirchliche Liturgie und die Begründung der Maßnahmen im Taufbefehl, was sowohl für Bayern als auch für Westfalen prägend war, im Blick auf die Eingangs gestellte Frage nach einer Zuordnung zu Bekenntnis oder Ideologie eine eindeutige Zuordnung zum Bekenntnis. Ideologische Anklänge wurden, durch die Reduktion auf biblische Traditionen in Form von Kirchenjahr, biblischen Texten und kirchlicher Liturgie sowie Kirchenliedern, abgewiesen. In Thüringen dagegen zeigte der Entwurf von Pribnow den nach wie vor vorhandenen Versuch, Christliches mit dem Nationalsozialistischen zu versöhnen, ganz im Sinne deutsch-christlicher Vorstellungen. Eine Vereinnahmung durch die Ideologie des Nationalsozialismus war in diesem Entwurf erkennbar möglich und vor allem explizit gewollt.
7. Die Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Ideologie und Bekenntnis Die vorliegende Arbeit hat eine Einordnung der Ausbildung von Religionslehrkräften in das Spannungsfeld zwischen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis vorgenommen. 1925 begann Preußen die Lehrerbildung auf die PA umzustellen, um auf diese Weise den Forderungen innerhalb der Lehrerschaft nach höherer Bildung gerecht zu werden. In den anderen deutschen Ländern wurde die Frage nach einer Reform und der Gestaltung derselben heftig diskutiert. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 stellte sich ein erster Bruch mit der Umstellung Preußischen PA auf HfL ein, wobei es in Bayern und Thüringen zunächst bei den vorhandenen LBA beziehungsweise dem PI blieb. 1935 erfolgte schließlich die Einführung der HfL auch in Bayern und eine reichsweite Vereinheitlichung der Lehrerbildung, auch am PI, durch Richtlinienerlasse des Reichsministeriums. Zugleich setzte, beginnend in Bayern, der Streit um die Konfessionsschule erneut ein. Ab 1941 erfolgte die Rückführung der Lehrerbildung auf die LBA, an denen keine Ausbildung für das Fach Religion mehr stattfand; eine Maßnahme, die im Zusammenhang mit der Verdrängung des schulischen Religionsunterrichts insgesamt zu sehen ist. In den einzelnen Landeskirchen setzten mit Beginn des Krieges, teilweise bereits früher, Maßnahmen seitens der Kirche ein, um die religiöse Bildung der Kinder zu sichern. Für den sogenannten kirchlichen Religionsunterricht wurden dabei in Westfalen und Bayern nachweislich Hilfskräfte ausgebildet, aus Thüringen liegt eine Denkschrift vor, welche die theoretischen Grundlagen einer solchen Hilfskräfteausbildung darlegte und anhand derer auch die Umsetzung einer solchen Ausbildung anzunehmen ist. Um eine Einordnung der Ausbildung von Religionslehrkräften in das Spannungsfeld von Ideologie und Bekenntnis vornehmen zu können, sei an dieser Stelle an die wesentlichen Aspekte erinnert. Konfessionelle Einstellung galt im Bereich der nationalsozialistischen Ideologie als Erziehungsergebnis, Religion wurde ein Beitrag zur Entwicklung von Moral zugeschrieben, wobei dies sowohl positiv als auch negativ bewertet wurde. Rosenberg und Ludendorff sprachen sich dabei dezidiert gegen einen Einfluss der christlichen Kirchen auf die Erziehung aus. Rosenberg forderte daneben eine „christliche“ Erziehung unter Einbezug nordischer Sagen und Märchen, wobei das Alte Testament und Paulus keinen Platz mehr einnehmen sollten. Im Sinne des christlichen Bekenntnisses war die Verkündigung des Evangeliums die zentrale Aufgabe der Kirche. Im Zentrum dieser Verkündigung
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hatte Christus zu stehen. Unterschieden werden muss hier zwischen der bekenntniskirchlichen Auffassung, dass allein die Bibel als Träger der göttlichen Offenbarung anzusehen sei und der deutsch-christlichen Überzeugung, dass Gott auch in der Geschichte als Träger des Offenbarungshandelns sichtbar werde. Unabhängig vom Staat habe die Kirche eine Erziehungspflicht gegenüber ihren getauften Mitgliedern. Die Verkündigungsaufgabe der Kirche werde vom Lehramt übernommen, wobei hier nicht allein Lehrkräfte gemeint waren. Die Zeit zwischen 1925 und 1932 war bestimmt von Reformbestrebungen im Schul- und Lehrerbildungswesen, die ihren Anstoß auch in Art. 143 der WRV nahmen. Ein starkes Engagement in der Lehrerschaft gegen Einflüsse der Kirche auf die Schule resultierte in der Abschaffung der Geistlichen Schulaufsicht. Zugleich führte die weltweite Wirtschaftskrise 1929 dazu, dass vielerorts begonnene oder geplante Reformmaßnahmen in der Lehrerbildung nicht zur Umsetzung kamen. Im traditionsbestimmten Bayern war religiöse Erziehung als selbstverständlicher Bestandteil nicht nur im Religionsunterricht an den LBA in der Lehrerbildung verankert. Im Hintergrund stand nach wie vor das Normativ von 1866, das bis 1926/27 gültig war und durch die ministerielle Denkschrift zur Neuordnung der Lehrerbildung 1927 erneuert wurde. Die Konfessionalität von Schule und Lehrerbildung wurde zwar diskutiert, zu Änderungen kam es jedoch nicht. Zugleich lassen sich erste nationalsozialistisch ausgerichtete politische Einflussnahmen auf den Unterricht an der LBA nachweisen, wie das Beispiel der Reichsgründungsfeier in Coburg 1932 zeigt. Gleichermaßen waren nationale Aspekte bereits in der Lehrerbildung verankert, so wie ebenfalls eine starke kirchliche Gebundenheit feststellbar ist. In Thüringen war die Lehrerbildung bereits vor 1925 an die Universität angegliedert worden. Anders als in Bayern besaß hier die Philosophie einen hohen Einfluss auf die Ausgestaltung der Lehrerbildung. Die wissenschaftliche Ausbildung der Volksschullehrkräfte ist hier ausgeprägter als in Bayern, wie die Arbeitsgemeinschaften zeigen, die unter Leitung von Mitgliedern der fachlichen Fakultäten Kernfragen der eigenen Disziplin in Beziehung zur Schule setzen sollten. Ab 1928 waren diese für die Studierenden des Volksschullehramts verbindlich. Thematische Einschränkungen der Vorlesungen sind zu diesem Zeitpunkt nicht zu beobachten. Gleichzeitig nahmen Erziehungswissenschaft, Philosophie und Psychologie in ihren Veranstaltungen oftmals Bezug zur Religionspädagogik. Ab 1930 waren auch hier Vordenker des Nationalsozialismus präsent. In der preußischen Provinz Westfalen war mit der Betonung der Lebensnähe der Ausbildungsinhalte der Heimat-, Kultur- und Volksgedanke bereits zwischen 1925 und 1932 fest verwurzelt, eine Beobachtung, die jedoch für die PA allgemein gilt wie andere Studien zeigen. Die praktische Ausbildung hatte hier, anders als an den bayerischen LBA, einen hohen Stellenwert, methodische und inhaltliche Aspekte wurden in der Ausbildung als gleich wichtig
274 Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Ideologie und Bekenntnis erachtet. In Bayern ist in dieser Hinsicht festzustellen, dass methodischen Fragen nur ein geringer Stellenwert zukam. Bestimmend war in Westfalen ein Aspekt, der an der HfL aufgegriffen wurde, die Industriepädagogik. Eine Einordnung in das beschriebene Spannungsfeld ist für die Vorphase zwischen 1925 und 1932 noch nicht zulässig. Dennoch können ein paar zusammenfassende Beobachtungen festgehalten werden: Die Ausrichtung der Lehrerbildung war bereits zu Beginn der 30er Jahre in allen drei Landeskirchen mindestens offen für nationalsozialistische Einflüsse. In Bayern war dies jedoch sehr stark von den einzelnen LBA und den dort tätigen Personen und deren Überzeugungen abhängig. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und der damit einhergehenden Gleichschaltung begann einerseits der Kirchenkampf und andererseits die Umstellung der Lehrerbildung im nationalsozialistischen Sinn. Mit der angestrebten reichseinheitlichen Verlegung der Volksschullehrerbildung an die HfL wurden mit der Zeit auch anstaltsabhängige Unterschiede im Lehrangebot revidiert. Zunächst blieb es jedoch in Bayern bei den LBA. Der Religionsunterricht wurde gleichwohl bereits in seiner Stundenzahl reduziert, nationalsozialistische Interpretationen von Religiosität hielten Einzug an den LBA. Das Anstaltsleben wurde auf verschiedenen Eben nationalsozialistisch ausgerichtet, Gottesdienste waren jedoch noch Bestandteil des schulischen Lebens. Der Religionsunterricht blieb (relativ) unberührt, wie auch die Lehrordnung des bayerischen Kultusministeriums von 1934 zeigen konnte. Die anstaltsabhängigen Unterschiede, die insbesondere auf das Lehrpersonal zurückzuführen waren, ließen sich zwischen 1933 und 1934 nach wie vor beobachten. Anders als in Bayern war in Jena eine starke Verschränkung und Zusammenarbeit von Ministerium, PI und Thüringischer Landeskirche zu beobachten. Die deutsch-christliche Prägung der Landeskirche spiegelte sich hier in den Inhalten der Lehrerbildung wider. Die Umstellung auf nationalsozialistische Ideologie im Rahmen der Lehrerausbildung zeigte sich auch in der Tatsache, dass Eugenik und Rassenkunde für die Studierenden verpflichtend gemacht wurden. Gekürzt wurden zu diesem Zweck die Stunden für Religion. Eine verstärkte Ausrichtung auf nationalsozialistische Weltanschauung und deutsch-christliche Religion lässt sich hier erkennen. Die in Thüringen zu beobachtende ausgeprägtere thematische Homogenisierung ist besonders im Vergleich mit den Voraussetzungen in Bayern auf eine stärker zentralistisch ausgeführte Lehrerbildung zurückzuführen. An der Dortmunder Hochschule spiegelte sich die Umstellung unter nationalsozialistischer Herrschaft neben der Umbenennung in HfL durch die Ersetzung von Industriepädagogik durch Landpädagogik und durch den Austausch der bisherigen Dozenten der PA durch Werdermann. Unter Werdermann hielt eine deutsch-evangelische Erziehung mit Luther als Erzieher im Zentrum Einzug in die Ausbildung von Volksschullehrkräften. Themenschwerpunkte waren Heimat, Volk und Staat. Wie für Thüringen lässt sich hier
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die intensivere nationalsozialistische Ausrichtung durch die eher zentralistisch ausgeführte Lehrerausbildung in Dortmund erklären. Zentralisierte Strukturen schienen leichter durch nationalsozialistische Ideologie beeinflussbar gewesen zu sein. Im Blick auf eine mögliche Einordnung in das Spannungsfeld war für Bayern sowohl die bekenntnismäßige Ausrichtung im Religionsunterricht von G. Schmidt als auch die nationalsozialistische Einflussnahme Rosenbergscher Prägung unter Leitung von Kolb in Bayreuth zu beobachten. Kirchliche Kritik gegen eine inhaltlich auf diese Weise ausgerichtete Lehrerbildung gab es nicht. In Thüringen blieb – auch weil die DC hier in der Mehrheit waren – Religion in deutsch-christlicher Prägung Teil der Ausbildung. Eine Annäherung an nationalsozialistische Erziehungsvorstellungen war auch durch die Implementierung von rassenkundlichen Veranstaltungen in die Lehrerbildung zu beobachten. In Westfalen war die Ausbildung von Religionslehrkräften unter Werdermann anschlussfähig für deutsch-christliche Vorstellungen. Insgesamt war auch hier die Lehrerbildung nationalsozialistisch bestimmt, eine Entwicklung, die klar mit der Umstellung auf die HfL in Verbindung zu bringen ist. Mit der nächsten Zäsur 1935 begann ein kirchenpolitischer Kurswechsel. Dem geschuldet lag nun eine kirchliche Stellungnahme in Form der Denkschrift der VKL zu Schule und Religionsunterricht vor. Die Lehrerbildung wurde durch die Erarbeitung von reichsweiten Richtlinien vereinheitlicht. Eine Untersuchung der Entwicklung dieser Richtlinien zeigte vor allem zwei Dinge: erstens wurde das Fach Religion mehr und mehr aus der Lehrerbildung verdrängt und zweitens spielten hier die Direktoren der HfL sowie die Studierenden eine maßgebliche Rolle. In der Stellungnahme der VKL von 1935 gewann das Bekenntnis naturgemäß großen Raum. Evangelischer Religionsunterricht diente dem Zweck die biblische Botschaft von Gott dem Vater an die getaufte Jugend zu verrichten. Religionslehrkräfte redeten in Vollmacht im Auftrag des lebendigen Christus. Es erfolgte eine Abgrenzung, nicht jedoch eine Ablehnung der „natürlichen Ordnungen“ Rasse, Staat, Heimat und Volk. Zugleich wurde betont, dass der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre zu erteilen sei. Die Notwendigkeit der methodischen Vorbildung der Lehrkräfte wurde hervorgehoben, ein Handlungsspielraum, um diese zu gewährleisten bestand jedoch für die Kirche nicht. Gleiches galt für die Forderung nach Beteiligung der BK an Berufungen von Dozierenden und der Erstellung von Lehrplänen in der Lehrerbildung. Demgegenüber besaßen die Hochschulleitungen in der Auslegung der reichsweiten Richtlinien offenbar einigen Spielraum, wie die bayerischen Beispiele zeigen konnten. Insbesondere an den HfL Würzburg und Bayreuth ließen sich zahlreiche Aktionen gegen die Ausbildung von Religionslehrkräften belegen. Religion erschien in den Vorlesungen vor allem in seiner Beziehung zum „neuen Deutschland“, ein Versuch nationalsozialistischen
276 Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Ideologie und Bekenntnis Erziehungsvorstellungen gerecht zu werden. Bei Interventionsversuchen durch die Bayerische Landeskirche wurde insbesondere die freie Gewissensentscheidung der Lehrkräfte hervorgehoben, eine Argumentation, die von der Erteilung des Religionsunterrichts durch Lehrkräfte auf den Bereich der Ausbildung zur Religionslehrkraft übertragen wurde. An den Deutschen Aufbauschulen, welche die letzten Jahrgänge der LBA zum Abschluss führen sollten, wurde die Bayreuther Linie völkischer Religiosität des Schullebens weitergeführt. Tatsächlich ließen sich aber in Religion nur wenige Prüfungen für den untersuchten Zeitraum feststellen. In Jena war Religion nach wie vor Teil der didaktischen Kurse im Rahmen der Volksschullehrerbildung. R. Barth trat dabei vielfach als Vermittler zwischen Landeskirche und Ministerium auf. Sein Religionsunterricht ist als deutsch-christlich ausgerichtet anzunehmen, unter nationalpolitischem Gesichtspunkt: „volksverbunden, volksverantwortlich und volkskundlich“. Anders als in Bayern war das thüringische Ministerium an der Ausbildung von Religionslehrkräften interessiert, angeführt wurde hier das Argument der einklassigen Landschule. Da Rust den Weiterbestand des PI kritisch sah, wurde auch hier die Ausbildung der Volksschullehrkräfte an den Kurs des Reiches angepasst: das Studium wurde verkürzt, Religionsunterricht war nicht mehr vorgesehen. In Westfalen begannen sich die Gemeinden gegen die Verdrängung des Religionsunterrichts zu positionieren. Das Religiöse, das noch zwischen 1925 und 1932 im Rahmen des Landschulpraktikums in Westfalen von Bedeutung war, besaß nun keine Relevanz mehr. Die Vorlesungen von Grundmann waren deutsch-christlich geprägt. Gleichzeitig ließen sich hier erste Bewegungen und Überlegungen zum kirchlichen Religionsunterricht feststellen. Die Diskrepanz der Lehrerausbildung und der Erwartungen der Kirchengemeinden führte dazu, dass Westfalen in der Einrichtung einer Ersatzausbildung für Hilfskräfte für den Religionsunterricht eine Vorreiterrolle einnahm, insofern als derartige Konzepte hier bereits vor der Umstellung der staatlichen Lehrerbildung auf die LBA feststellbar waren. Es zeigt sich, dass sich die landeskirchlichen Unterschiede mit der reichsweiten Vereinheitlichung der Lehrerbildung verringerten, bzw. gegen Ende dieser Phase gänzlich beseitigt wurden. Religionsvorlesungen fanden überwiegend unter deutsch-christlichen Gesichtspunkten statt, dabei wurde häufig der Versuch einer Anschlussnahme an „Gegenwartsfragen“ unternommen. Im Spannungsfeld zwischen nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Bekenntnis lässt sich die Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen 1935 und 1941 deutlich dem Bereich der nationalsozialistischen Ideologie zuordnen, auch weil vielfach der Versuch gemacht wurde, die Religion in Vorlesungen an diese anschlussfähig zu machen. Kirchliche Eingaben und die Betonung der „freien Gewissensentscheidung“ der Lehrer waren nur vordergründig erfolgreich. Christliches Bekenntnis spielte in dieser Phase für die tatsächliche Ausbildung von Religionslehrkräften keine Rolle mehr. Zugleich
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begannen sich im Bereich des Kirchlichen Alternativen zu entwickeln, die mit der Verdrängung des Religionsunterrichts aus den Schulen und der fehlenden Ausbildung von Religionslehrkräften an den LBA ab 1942 besonders zu tragen kamen. Mit der Umstellung der Lehrerbildung auf die LBA und im Zuge des fortlaufenden Krieges änderten sich jedoch die Vorzeichen für die Ausbildung von Religionslehrkräften. Schulischer Religionsunterricht wurde weiter aus den Schulen verdrängt, in der Lehrerbildung erhielten die Studierenden keine Ausbildung für das Fach Religion mehr. Vor diesem Hintergrund ordneten die Landeskirchen – in Westfalen und Bayern in der Praxis, in Thüringen nachweislich zumindest in der Theorie – den Religionsunterricht neu und begannen mit der Ausbildung von Hilfskatechet*innen. Unter Verweis auf den Staatskirchenvertrag von 1924 und frühere Zusagen gegenüber den Kirchen wandte sich der bayerische Landesbischof Meiser 1943 an das Ministerium für Unterricht und Kultus und das RMWEV und kritisierte, dass an den neu eingerichteten LBA kein Religionsunterricht stattfinde. Staatliche Reaktionen auf diese Beschwerde sind nicht überliefert. Da der Bedarf an Geistlichen für die Erteilung des kirchlichen Unterrichts nicht gedeckt war, wurden Frauen eingesetzt und zu Hilfskatechetinnen ausgebildet. Diese Ausbildung war stark auf den kirchlichen Kontext fokussiert, vor allem auf Liturgie, Katechismus und Bibelkunde. Gleichzeitig wurden die Katechetinnen darin geschult, Irrlehren zu widerlegen, was einen starken Einfluss G. Schmidts feststellen lässt. In Thüringen zeugte eine Denkschrift von ähnlichen Überlegungen wie in Bayern, tatsächliche Ausbildungen von Hilfskräften sind jedoch nicht nachweisbar. Inhaltlich wie personell zeigte sich – in deutlicher Abgrenzung zu Bayern – ein starker Einfluss deutsch-christlichen Gedankenguts, wobei allerdings G. Schmidt als Mitglied der BK als Lektüreempfehlung auftaucht. Obwohl die entwickelte Ausbildung nicht nur die Erteilung von Religionsunterricht zum Ziel hatte, war der Schwerpunkt doch religionspädagogisch ausgerichtet. In Westfalen wiederum zeugten die Lehrpläne die Merz für die Christenlehre entwickelte, von starken bekenntniskirchlichen und bekenntnismäßigen Einflüssen. Die Ähnlichkeiten zu den bayerischen Regelungen lassen sich auch durch den engen Austausch mit Bayern und – im Hinblick auf die vorrangig beteiligten Personen aus der Mitgliedschaft in der BK – erklären. Durch den Rückzug auf den Raum des Kirchlichen war diese Form des Unterrichts auch zunächst vor staatlichen Eingriffen geschützt. Ab 1942 lassen sich, zumindest zwischen Bayern / Westfalen und Thüringen erneut starke landeskirchliche Unterschiede feststellen. Während man in Thüringen weiterhin versuchte den Religionsunterricht für nationalsozialistische Einflüsse anschlussfähig zu gestalten, ließ sich in Westfalen und Bayern ein klarer Rückzug auf das Bekenntnis und den Raum des Kirchlichen feststellen im Sinne traditioneller theologischer Positionen. Die Nähe zwischen Bayern und Westfalen lässt sich hier einerseits aus der – bereits genannten – Nähe der Akteur*innen zur
278 Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen Ideologie und Bekenntnis BK erklären, während andererseits auch die personellen Verbindungen zwischen vor allem G. Schmidt und Merz bestimmend gewirkt haben. Wie bereits in den vorherigen Untersuchungszeiträumen war Thüringen demgegenüber stark deutsch-christlich geprägt und stets auf die Nähe zum nationalsozialistischen Regime sowie zur nationalsozialistischen Ideologie bedacht. Die Ausbildung von Religionslehrkräften lässt sich daher in dieser Phase in Bayern und Westfalen deutlich dem christlichen Bekenntnis sowie in Thüringen der nationalsozialistischen Ideologie zuordnen. Insgesamt war die Ausbildung von Religionslehrkräften für den Volksschulunterricht mit der nationalsozialistischen Machtübernahme nahezu ausschließlich durch die nationalsozialistische Ideologie geprägt. Zwischen 1933 und 1934 stellte allein Bayern, bedingt durch seine Nähe zur Tradition und den starken Einfluss der Rektoren der LBA auf den Unterricht an den Anstalten, eine Ausnahme dar. Militaristische Elemente, völkisch geprägte Religiosität und die Idee der Volksgemeinschaft gewannen an Bedeutung, wohingegen das genuin christliche Moment der Verkündigungsaufgabe des Evangeliums nahezu bedeutungslos war. Zugleich wurden Studierende, welche eine prinzipielle Bereitschaft zur Erteilung des Religionsunterrichts besaßen, vor allem durch andere Studierende massiv unter Druck gesetzt. Mit der Abschaffung einer Ausbildung von Religionslehrkräften für die Volksschule an den ab 1941 wieder eingeführten LBA, schienen die staatlichen Maßnahmen für die kirchlich sozialisierte Bevölkerung sowie die bekenntniskirchlich geprägten Akteure der Landeskirchen Westfalen und Bayern einen sensiblen Punkt überschritten zu haben. Mit der Einführung und Etablierung – sichtbar an der Vielzahl an Lehrplänen vor allem in Westfalen – eines kirchlichen Ersatzunterrichts und der Ausbildung von Hilfskräften verlagerte sich der Religionsunterricht wieder in den Raum des Kirchlichen, sowohl im räumlichen wie auch im ideellen Sinne. Die hier dargestellten Erkenntnisse geben Anlass weiterführende Fragen zu stellen, die durch eine eingehende Untersuchung das Themenfeld der Religionslehrerausbildung zusätzlich erhellen könnten. Insbesondere die Ausbildung von Hilfskatechet*innen für den kirchlichen Ersatzunterricht ab spätestens 1941 bietet hierfür Raum. So wäre eine Untersuchung der hier angewandten pädagogischen Konzepte, die offenbar in Westfalen und Bayern in die Richtung der Evangelischen Unterweisung gingen, lohnend. Interessant wäre in diesem Rahmen auch eine Aufarbeitung der – in dieser Arbeit ebenfalls herangezogenen – Literaturlisten für die Ausbildung der Hilfskräfte, welche sicherlich ebenfalls Klarheit in die hinter der Ausbildung stehenden religionspädagogischen Konzepte bringen könnte. Besonders hervorzuheben seien an dieser Stelle die beiden Hauptakteure dieser Ausbildung: G. Schmidt und Merz1. 1 Die Biografie von Lichtenfeld wäre in diesem Zusammenhang sicher von großer Hilfe, spart diese Thematik jedoch leider aus. Lichtenfeld, Merz.
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Die vorliegende Arbeit hat lediglich die Landeskirchen Bayern, Westfalen und Thüringen in den Blick nehmen können. Weitere regional angelegte Studien könnten selbstverständlich ebenfalls dazu beitragen, weitere Erkenntnisse zur Ausbildung von Religionslehrkräften zwischen 1933 und 1945 zu gewinnen. Besonderes Augenmerk wäre auch hier auf die Phase ab 1941 zu legen, schließlich scheinen die Hilfskräfte von großer Bedeutung für einen auch im Krieg weiterhin erteilten Religionsunterricht gewesen zu sein, wie Meiser konstatierte: „Jedenfalls darf es mit Dank aufgenommen werden, dass diese Kräfte so gerne und so bereitwillig in die Lücke eingesprungen sind. Wir haben den Eindruck, dass noch mehr solche Aushilfskräfte gewonnen werden könnten. Wir empfehlen aber in jedem Fall, dass die Aushilfskräfte einen der Ausbildungskurse für Hilfskatechetinnen besuchen. Die zwei Monate, die damit dem Religionsunterricht verloren gehen, kommen wieder an, wenn sie richtig Unterrichten gelernt haben.“2
2 Bescheid auf die Berichte über den Besuch des Religionsunterrichts an den öffentlichen Volksschulen im Jahre 1941/42 (LAELKB Nürnberg, Kirchenkampf KKE 103 101–2, München).
Abkürzungsverzeichnis1 Abs. Art. BDM BK BTE BVP DC DDP DEK DLV HfL HJ JV LBA LKR MSPD NAPOLA NS NSDAP NSDDB NSDStB NSLB PA PI RMWEV SA SPD SS USPD VDA VKL WRV
Absatz Artikel Bund Deutscher Mädchen Bekennende Kirche Barmer Theologische Erklärung Bayerische Volkspartei Deutsche Christen Deutsche Demokratische Partei Deutsche Evangelische Kirche Deutscher Lehrerverein Hochschule für Lehrerbildung Hitlerjugend Jungvolk Lehrerbildungsanstalt / Lehrerinnenbildungsanstalt Landeskirchenrat Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands Nationalpolitische Erziehungsanstalten Nationalsozialistisch Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistischer Deutscher Dozentenbund Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund Nationalsozialistischer Lehrerbund Pädagogische Akademie Pädagogisches Institut Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Sturmabteilung (der NSDAP) Sozialdemokratische Partei Deutschlands Schutz-Staffel (der NSDAP) Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands Verein für Deutschtum im Ausland Vorläufige Kirchenleitung Weimarer Reichsverfassung
1 Für die bibliographische Auflösung bei Fachliteratur vgl. Schwertner, IATG2.
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Nachlass Abb Edmund 1 Familiengeschichte (verfasst und zusammengestellt von Gerhard Klinner) o.D.
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Allgemeines Allgemeines Allgemeines Allgemeines
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Universitätsarchiv Jena (UAJ Jena) Bestand BA Rektor und Senat 532 Zulassung der Volksschullehrer zum Studium und Ausbildung der Volks- und Berufsschullehrer an der Universität (1919–1933)
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Veröffentlichte Quellen
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Personenverzeichnis Abb, Edmund, Dr., Lehrer 197, 281 geb. 1878, gest. 1944. 1919 Leiter der Lehrerbildungsanstalt Würzburg, 1935 Gründer und Leiter der „Hans-Schemm Hochschule für Lehrerbildung“ in Pasing. Albertz, Martin 183, 266 geb. 7. 5. 1883 Halle, gest. 29. 12. 1956 Berlin. Vgl. Braun/Grünzinger, S.19. Asmussen, Hans 41, 47, 135 geb. 21. 8. 1898 Flensburg, gest. 30. 12. 1968 Speyer. Vgl. Braun/Grünzinger, S.22 f. Astel, Karl, Rassenhygieniker, SS-Standartenführer 203 geb. 26. 2. 1898 Schweinfurt, gest. 4. 4. 1945 Jena. 1930 NSDAP-Mitgliedschaft, Sportarzt, Leiter des Rasse-Hygiene-Amts der Reichsführerschule der SA und Rassenhygieniker beim SS-Rasse- und Siedungshauptamt. Ab 1933 Präsident des Thüringischen Landesamts für Rassewesen in Weimar, im Sachverständigenbeirat für Bevölkerungsund Rassenpolitik des Reichsinnenministeriums. Juni 1934 Lehrstuhl und Direktor der Universitätsanstalt für Menschliche Züchtungslehre und Vererbungsforschung. Ab 1939 Rektor, Leiter der Gauamtsstelle des Rassenpolitischen Amts der NSDAP. Mitherausgeber der Zeitschrift „Volk und Rasse“. Bachmann, Philipp, luth. Theologe, Religionspädagoge, Universitätslehrer 103, 105, 142 geb. 13. 10. 18664 Geißlingen Kr. Uffenheim (Bayern), gest. 18. 3. 1931 Erlangen. Vgl. Braun/Grünzinger, 23. Bäumler, Alfred, Rosenbergs Hofphilosoph, Pädagoge 124 geb. 19. 11. 1887 Neustadt an der Tafelfichte in Böhmen, gest. 19. 3. 1968 Eningen bei Reutlingen. 1929 Lehrstuhl Technische Hochschule Dresden, 1930 Mitbegründer von Rosenbergs Kampfbund für deutsche Kultur und Herausgeber von Nietzsches Werken, Mai 1933 NSDAP-Mitglied, Redner bei der Bücherverbrennung am 10. 5. 1933 in Berlin, Direktor des Instituts für politische Pädagogik der Universität Berlin, 1934 Leiter der Wissenschaftsabteilung des Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP, 1941 Leiter des Aufbauamts der Hohen Schule, 1942 Leiter des Amts Wissenschaft im Ostministerium. Nach 1945 der einzige prominente NS-Pädagoge, der nicht im Universitätsdienst blieb. Bargheer, Ernst, Volksschullehrer, Volkskundler, Pädagoge, Ministerialbeamter 138 geb. 19. 5. 1892 Finkenwerder, gest. 14. 2. 1974 Passade. Bis 1914 Volksschullehrer in Hamburg, 1929 Promotion an der Universität Hamburg im Fach Volkskunde danach Dozent für Volkskunde an der Pädagogischen Akademie Hannover, seit 1930 als Professor. 1931 NSDAP-Mitgliedschaft. 1932 Berufung an die Pädagogische Akademie in Dortmund, 1933 Hilfsreferent, anschließend Ministerialrat im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. 1933/34 Leiter des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, zuständig für Lehrerbildung, Mitglied im NSLB. 1936 Ausscheiden aus dem Reichsministerium für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung, Versetzung als Bibliotheksrat nach Halle/Saale. 1939 Bibliotheksrat an der
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Universitätsbibliothek in Kiel. 1945 bis 1947 Kriegsgefangenschaft in England. Anschließend Privatlehrer für Englisch und Deutsch in Hamburg. Barth, Karl 40, 47, 60, 113, 175, 205–208, 241, 244, 246, 276 geb. 10. 5. 1886 Basel, gest. 10. 12. 1968 Basel. Vgl. Braun/Grünzinger, 27. Barth, Richard, Dr., Pädagoge, Schulleiter, Hochschullehrer, Oberstudiendirektor 40, 47, 60, 99, 113, 175, 205–208, 241, 244, 246, 276 geb. 23. 8. 1883 Heroldsbach-Thurn, gest. nach 1946. 1928 Dozent am PI in Jena, zwei Jahre später Ernennung zum Professor, 1934 NSLB-Mitglied, 1937 NSDAP-Mitglied, 1939 Mitarbeit am Institut für Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben, ab 1946 Grundschullehrer in Jena. Bauer, Josef, SS-Brigadeführer, Lehrer 155 f., 174 geb. 25. 1. 1881 Untergrasensee in Niederbayern, gest. 30. 4. 1958 München. 1923 Sturmtruppenführer beim Hitler-Putsch, 1925 NSDAP-Mitglied, Ortsgruppenleiter in München, 1930 Reichsredner, Leiter der ersten Gaurednerschule. 1932 NSDAP-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag. 1922 MdR. 1937 Stadtschulrat, Reichshauptstellenleiter im Hauptamt für Kommunalpolitik. 1941 Kreisamtsleiter des Amts für Erzieher im NS-Lehrerbund. Becker, Carl Heinrich, preußischer Kultusminister, Orientalist 81, 86 geb. 12. 4. 1876 Amsterdam, gest. 10. 2. 1933 Berlin. 1908 Professor für Geschichte und Kultur des Orients in Hamburg, 1913 Ordinarius für orientalische Philologie in Bonn, 1916 Vortragender Rat im Preußischen Kultusministerium in Berlin, 1919 Staatssekretär, 1921 Kultusminister, 1925–1930 Kultusminister. Beyer, Hermann Wolfgang 40, 50 geb. 12. 9. 1898 Annarode Kr. Mansfeld (Provinz Sachsen), gest. 25. 12. 1942 Don-Gebiet (Sowjetunion). Vgl. Braun/Grünzinger, 37. Blos, Wolfgang, Dr., Direktor der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen 102, 104, 140, 143, 153–155, 162 1925–1936 Direktor der Lehrerinnenbildungsanstalt Erlangen. Bodelschwingh, Friedrich von 43–45, 174, 266 geb. 14. 8. 1877 Bethel, gest. 4. 1. 1946 Bethel. Vgl. Braun/Grünzinger, 39. Bögl, Georg, Dr., Ministerialrat, Pädagoge 228 Boepple, Ernst, Staatssekretär 153, 189–193, 198, 213, 223 f., 227 geb. 30. 11. 1887 Betzingen, gest. 15. 12. 1950 Krakau. 1919 Mitbegründer der Deutschen Arbeiterpartei, Gründer des antisemitischen Deutschen Volksverlags, 1929 NSDAPMitglied, Beamter im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultur, 1934 Beitritt SS, 1935 SS-Oberführer, 1937 Staatssekretär, Todesurteil 14. 12. 1949 in Krakau. Bohne, Paul Gerhard, Religionspädagoge, Hochschullehrer 60, 78, 94, 166, 244, 261, 266, 270 geb. 2. 4. 1895 Zeutsch, gest. 1977 Kiel, 1920 Promotion bei Eduard Spanger, 1930 Dozent und Professor an der Pädagogischen Akademie Frankfurt (Oder), 1932 Pädagogische Akademie Elbing, 1933 Hochschule für Lehrerbildung in Kiel als Professor für Religionslehre und Methodik des Religionsunterrichts, 1937 NSDAP-Mitglied, 1945 Rückkehr nach Kiel, 1946 Berufung an die Pädagogische Hochschule Flensburg. Bonhoeffer, Dietrich 40 geb. 4. 2. 1906 Breslau, gest. 9. 4. 1945 KZ Flossenbürg. Vgl. Braun/Grünzinger, 41.
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Bormann, Martin, Leiter der Partei-Kanzlei 130 geb. 17. 6. 1900 Wegeleben bei Halberstadt, gest. 2. 5. 1945. 1927 NSDAP-Mitglied, 1928 im Stab der Obersten SA-Führung, 1933 Stabsleiter der Dienststelle Stellvertreter des Führers, Oktober 1933 NSDAP-Reichsleiter, April 1943 Ernennung zum Sekretär des Führers. Bouhler, Philipp, Euthanasiebevollmächtigter Hitlers 130 geb. 11. 9. 1899 München, 19. 5. 1945 bei Dachau. 1922 zweiter Geschäftsführer NSDAP, 1923 Teilnehmer Hitlerputsch, 1925 Reichsgeschäftsführer der NSDAP, 1933 SS, NSDAP-Reichsleiter, 1934 Vorsitzender der Parteiamtlichen Prüfungskommission zum Schutze des NS-Schrifttums, 1934 Chef Kanzlei des Führers, 1936 SS-Obergruppenführer. Breit, Thomas 47, 183 f. geb. 16. 3. 1880 Ansbach, gest. 20. 11. 1966 Augsburg. Vgl. Braun/Grünzinger, 45. Burghart, Georg180, 182 f., 185, 187, 246 geb. 21. 10. 1865 Berlin, gest. 3. 3. 1954 Berlin. Vgl. Braun/Grünzinger, 49. Burkert, Adolf, Pfarrer 267, 283 geb. 1894, gest. 1971. 1922 Inspektor am Predigerseminar Nürnberg, 1925 Inspektor an der Lehrerinnenbildungsanstalt Neuendettelsau, 1931 Direktor der Lehrerinnenbildungsanstalt Neuendettelsau, 1936 Leiter des Lyzeums und der Mädchenmittelschule in Neuendettelsau, 1939 Pfarrer in Dillingen, 1947 Pfarrer an der Diakonissenanstalt in Neuendettelsau, 1954 Kirchenrat, 1957 Leiter des Katechetischen Seminars in Neuendettelsau. Danzfuss, Karl, Pädagoge 118 geb. 24. 11. 1883 Klein Rosenburg, gest. 9. 8. 1937 Elbing. 1898 bis 1904 Besuch des Lehrerseminars Barby, 1904–1906 Volksschullehrer in Bergzow, 1907 bis 1909 Präparandenlehrer in Elsterwerda. Ab 1910 Seminarlehrer in Barby, 1914 Studium der Pädagogik, Psychologie und Naturwissenschaften in Halle (Saale), 1922 Promotion in Halle. Zwischen 1922 und 1929 erneut Seminarlehrer in Barby, 1929 Berufung als Professor an die Pädagogische Akademie in Dortmund. 1934 Versetzung an die Hochschule für Lehrerbildung in Frankfurt (Oder) mit Lehrauftrag für Mathematik und Pädagogik, Eintritt in die NSDAP, Herbst 1934 Berufung als Direktor an die Hochschule für Lehrerbildung Elbing. Delekat, Friedrich 185 geb. 4. 4. 1892 Stühren bei Sülte Grafschaft Hoya (Provinz Hannover), gest. 30. 1. 1970 Mainz. Vgl. Braun/Grünzinger, 57. Doht, Fritz (eigentlich Friedrich), Schulleiter, Politiker 80 geb. 25. 1. 1891 Bielefeld, gest. 28. 12. 1960 Bielefeld, 1913–1923 Volksschullehrer, ab 1923 Schulleiter, 1919–1933 Staatsverordneter in Bielefeld, 1924–1932 Mitglied im Preußischen Landtag, 1946 Schulrat in Minden, 1953–1956 Schul- und Regierungsrat in Detmold, ab 1956 Schulleiter in Schloss Varenholz. Driesch, Johannes von den, Gymnasiallehrer, Ministerialbeamter, Hochschullehrer 115 geb. 27. 11. 1880 Straßburg, gest. 12. 12. 1967 Aachen, 1905 Promotion zum Dr. phil., 1906 Oberlehrer in Düsseldorf, 1910–1919 Kreisschulinspektor in Betzdorf und Aachen, bis 1925 Leiter des Auguste-Viktoria-Gymnasiums Trier, 1925 Ministerialrat im preußischen Kultusministerium, Verfasser der Denkschrift „Die Neuordnung der Volksschullehrerbildung in Preußen“, 1931 Professor für Pädagogik an der katholi-
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schen Pädagogischen Akademie in Bonn, 1945 Aufbau der Pädagogischen Akademie in Aachen. Eberhard, Otto, evangelischer Theologe, Religionspädagoge 61 f., 167, 259 f., 262, 266 geb. 28. 11. 1875 Ludwigslust, gest. 26. 9. 1966 Hohen Neuendorf, 1901 Rektor der Volksschule in Zarrentin und Leiter der Fortbildungsschule, 1908 Seminardirektor in Greiz, 1914 Ernennung zum Schulrat, 1927 bis 1930 Dozent am Religionspädagogischen Institut in Berlin, ab 1945 Dozent für Religionsmethodik in Berlin-Pankow, ab 1947 Lehrer. Eckstein, Richard, Pfarrer, Dozent 196 f., 241, 266 geb. 7. 12. 1888 Nürnberg, gest. 19. 5. 1982 Seeheim/Starnberger See. Vgl. Braun/ Grünzinger, 66 f. Eggersdorfer, Franz Xaver, katholischer Theologe, Pädagoge 89 geb. 22. 2. 1879 Pörndorf (heute Gemeinde Alderbach), gest. 20. 5. 1958 Passau, 1903 Priesterweihe, 1907 Promotion zum Dr. theol., 1909 Habilitation, 1911 Ruf an das Passauer Lyzeum als Professor für Pädagogik und ihre Hilfswissenschaften, ab 1923 mit zusätzlichem Lehrauftrag Katechetik, 1919/20 als Mitglied der BVP im Bayerischen Landtag, 1921 Gründung des Deutschen Instituts für wissenschaftliche Pädagogik in Münster, 1930 Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Passau, 1933 Berufung in das Passauer Domkapitel, 1943 Domdekan, 1953 Ehrendoktorwürde der Universität München. Ellwein, Theodor, Theologe, Religionslehrer, Studienleiter 173 geb. 18. 5. 1897 Madras (Indien), gest. 22. 2. 1962 München. Vgl. Braun/Grünzinger, 70. Emge, Carl August, Rechtsphilosoph 111 geb. 21. 4. 1886 Hanau, gest. 20. 1. 1970 München. 1928 a. o. Professor in Jena, Leiter des Nietzsche-Archivs in Weimar, ab 1931 NSDAP-Mitglied, 1932 Lehrstuhl, 1934 Akademie für Deutsches Recht, 1937–1942 stellv. Präsident der Akademie für Deutsches Recht, 1949 Senator der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz, 1953 Europäische Forschungsgruppe für Flüchtlingswesen. Emnet, Eugen, Verwaltungsjurist, Ministerialbeamter 74 geb. 3. 7. 1883 Schifferstadt, gest. 18. 9. 1966, 1911 Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 1926 Ministerialrat, Mitglied der BVP, 1941 NSDAP-Mitglied, 1948 Ministerialdirigent, 1950 Ruhestand. Epp, Franz Xaver Ritter von, SA-Oberscharführer 127 geb. 16. 10. 1868 München, gest. 31. 12. 1946 München. 1904–1906 Kompaniechef zur Bekämpfung der Hereros in Deutsch-Südwestafrika, 1919 Führer des Freikorps Epp zur Zerschlagung der Räterepublik, 1923 Abschied Reichswehr, Leiter des Wehrpolitischen Amtes und des Kolonialpolitischen Amts der NSDAP-Reichsleitung, 1928 NSDAPMitglied, SA, Gruppenführer, 1933 Reichskommissar, Reichsstatthalter Bayern, 1934 Landesjägermeister, Mitglied Akademie für Deutsches Recht, 1935 Ernennung zum General der Infanterie a.D., 1936 Führer des neugegründeten Reichskolonialbunds. Fascher, Erich, luth. Theologe, Universitätslehrer (NT, Religionsgeschichte) 114 geb. 14. 12. 1897 Göttingen, gest. 23. 7. 1978 Berlin. Vgl. Braun/Grünzinger, 74. Faulhaber, Michael von, Kardinalerzbischof von München-Freising 174 geb. 5. 3. 1869 Klosterheidenfeld in Unterfranken, gest. 12. 6. 1952 München. 1910 Bischof von Speyer, 1917 Erzbischof München, 1921 Kardinal.
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Flitner, Wilhelm, Pädagoge 61 geb. 20. 8. 1889 Berka bei Weimar, gest. 21. 1. 1990 Tübingen. Professor der Universität Hamburg, 1933–1935 Schriftleiter der Zeitschrift Die Erziehung, Mitherausgeber der Zeitschrift für Kinderforschung, 1958 Emeritierung. Forck, Bernhard Heinrich, Theologe, Superintendent 266 geb. 28. 8. Seehausen bei Bremen, gest. 27. 3. 1963 Luckenwalde (Brandenburg). Vgl. Braun/Grünzinger, 78. Frick, Wilhelm, Reichsinnenminister 128 f., 145, 151, 179, 205 geb. 12. 3. 1877 Alsenz/Pfalz, gest. 16. 10. 1946 Nürnberg. Jurist, 1917 Oberamtmann der Polizeidirektion München, 1923 Teilnehmer Hitlerputsch, 1924 Führer der Reichstagsfraktion der NSDAP, Reichsamtsleiter, 1928 Fachgruppenleiter Verwaltungsfragen der Nationalsozialistischen Gesellschaft für Deutsche Kultur, 1930/31 Innen- und Volksbildungsminister in Thüringen, erster NS-Minister einer Landesregierung, 1933 Reichsinnenminister. Frör, Kurt, ev. Geistlicher, Hochschullehrer 179–183, 185, 246 geb. 10. 10. 1905 Rothenburg ob der Tauber, gest. 16. 2. 1980 Erlangen. 1928 Pfarramtsverweser in Reichenhall, Ordination, Stadtvikar in München Sendling, 1932 Studieninspektor am Predigerseminar in Nürnberg, 1935 Stadtvikar, 1936 Ernennung zum zweiten Pfarrer an der Christuskirche, 1945 Pfarrer der Stephanuskirche in München, 1949 Beauftragter für die kirchliche Unterweisung der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern in Rummelsberg, 1952 a. o. Professor für Praktische Theologie Erlangen, 1959 o. Professor für Praktische Theologie, Pädagogik, Didaktik, 1964 Universitätsprediger. 1972 Emeritierung. Frühwald, Wilhelm, Studienrat, Lehrer 105, 107, 144, 155 f. Gengnagel, Ludwig, Lehrer 266 f. geb. 8. 7. 1881 Basarur (Indien), gest. 23. 11. 1964 Ludwigsburg. Lehrer in Niederramstadt, Crailsheim und am Lehrerinnenseminar Markgrönningen, 1925 Rektor der Knabenvolksschule und erster Schulleiter in Ludwigsburg, 1929 bis 1933 Stadtrat für den Christlich-Sozialen Volksdienst in Ludwigsburg, 1937 Degradierung zum Hauptschullehrer, 1940 Leitung des ersten katechetischen Kurses in Ludwigsburg. Goldenberger, Franz Xaver, Jurist, Beamter 74 geb. 3. 6. 1867 München, gest. 6. 9. 1948. Seit 1912 Regierungsrat im Bayerischen Staatsministerium des Inneren, 1926 bis 1933 bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus. Graffmann, Heinrich, Theologe geb. 17. 2. 1901 Duisburg, gest. 8. 2. 1988 Herborn. Grimme, Adolf Berthold Ludwig, Pädagoge, Kultusminister 117 geb. 31. 12. 1889 Gosslar, gest. 27. 8. 1963 Brannenburg/Inn. 1925 bis 1927 Oberschulrat in Magdeburg, 1928 bis 1929 Ministerialrat im Preußischen Kultusministerium, 1929 bis 1930 Vizepräsident des Provinzialschulkollegiums von Berlin und der Mark Brandenburg, 1930 bis 1932 preußischer Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Grisebach, Eberhard, Philosoph, Pädagoge 111 f. geb. 27. 2. 1880 Hannover, gest. 16. 7. 1945 Zürich. 1910 Promotion in Jena, 1913 Habilitation ebenda, 1931 Ruf an den Lehrstuhl der Philosophie und Pädagogik in Zürich.
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Günther, Hans Friedrich Karl, Philologe, Rassentheoretiker, Professor 149, 151, 284 geb. 16. 2 1891 Freiburg, gest. 25. 9. 1968. 1930 Lehrstuhl für Rassenkunde in Jena, 1932 NSDAP-Mitglied, 1933 im Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik und der Reichsarbeitsgemeinschaft für deutsche Volksforschung, 1935 Lehrstuhl in Berlin, Direktor der Anstalt für Rassenkunde, Völkerbiologie und ländliche Soziologie in Berlin-Dahlem, 1939 Professor in Freiburg. Güntzel, Karl, Religionslehrer, Stadtrat 104 f., 107, 109, 144, 161 Guthmann, Johannes, Volksschullehrer, Professor 199, 232–234 geb. 24. 5. 1892 Jagow, gest. 26. 9. 1976. 1911 bis 1935 Volksschullehrer und Oberlehrer in Kitzingen, 1930 Promotion in Würzburg, 1933 NSDAP-Mitglied, ab 1935 Mitarbeit im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 1935 bis 1936 Bezirksschulrat in München, 1936 bis 1939 kommissarischer Professor und kommissarischer Direktor der Hochschule für Lehrerbildung Würzburg, 1942 Referent „Lehrerbildungsanstalten“ des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete, Professor am Deutschen Gymnasium und Institut für Lehrerbildung in Schwabach, ab 1956 Honorarprofessor für Pädagogik am Institut für Lehrerbildung Nürnberg. Haenchen, Ernst, Theologe, Universitätslehrer (ST, NT) 50 geb. 10. 12. 1894 Scharnikau (Provinz Posen), gest. 30. 4. 1975 Münster. Vgl. Braun/ Grünzinger 96. Hafa, Walter, Mitglied der Evangelischen Schulvereinigung und der Kammer für evangelische Erziehungsarbeit 185, 247 Heissmeyer, August, SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS 130 geb. 11. 1. 18979 Gellersen bei Hameln, gest. 16. 1. 1979 Schwäbisch Hall. 1925 Mitglied der NSDAP und SA, SA-Führer im Gau Westfalen-Süd. 1930 Mitglied der SS. 1933 MdR, 1935 bis 1939 Chef des SS-Hauptamts, 1939 Höherer SS- und Polizeiführer Berlin, 1940 Chef der Dienststelle SS-Obergruppenführer Heißmeyer, 1941 Inspekteur der Nationalsozialistischen Erziehungsanstalten. Hermann, Wilhelm, Pfarrer, Religionslehrer 20, 24, 107–109, 143, 157, 198, 228, 260 Hess, Rudolf, Stellvertreter des Führers 249 geb. 26. 4. 1894 Alexandria (Ägypten), gest. 8. 4. 1987 Berlin. 1920 NSDAP-Mitglied, 1923 Teilnehmer Hitler-Putsch, ab 1925 Privatsekretär Adolf Hitlers, NSDAP-Reichsleiter, SS-Obergruppenführer, Reichsminister, Heussi, Karl, Theologe, Universitätslehrer (KG) 110–114 geb. 16. 6. 1877 Leipzig, gest. 25. 1. 1961 Jena. Vgl. Braun/Grünzinger, 111. Hindenburg, Paul von, Generalfeldmarschall, Politiker 104, 157, 242 geb. 2. 10. 1847 Posen, gest. 2. 8. 1934 Gut Neudeck (Ostpreußen). 1925 Reichspräsident der Weimarer Republik. Hirsch, Emanuel, Theologe, Universitätslehrer (KG, ST) 50 geb. 14. 6. 1888 Bentwisch/Westprignitz (Brandenburg), gest. 17. 7. 1972 Göttingen. Vgl. Braun/Grünzinger 113 f. Hitler, Adolf, Führer und Reichskanzler 18–30, 33 f., 36 f., 54 f., 106, 124 f., 129–132, 142, 157, 166, 169, 174, 177, 179, 189, 197 f., 246, 249, 252, 262 geb. 20. 4. 1889 Braunau, gest. 30. 4. 1945 Berlin. Hoffmann, Johannes, Politiker 57 geb. 3. 7. 1867 Ilbesheim bei Landau (Pfalz), gest. 15. 12. 1930 Berlin. 1919 bis 1920 Bayerischer Ministerpräsident.
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Irle, Lothar, Heimatforscher, Schriftsteller 209 geb. 16. 5. 1905 Niedersetzen, gest. 15. 5. 1974 Siegen. 1925 Abschluss am Lehrerseminar Hilchenbach, bis 1927 Studium an der Universität Marburg, bis 1931 an der Universität Frankfurt (Main) nordische und deutsche Philologie, Geschichte und Volkskunde, 1931 NSDAP-Mitglied, 1934 Promotion und Dozent für Volkskunde an der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund. Jäger, August, Jurist 132, 135 geb. 21. 8. 1887 Diez an der Lahn, gest. 17. 6. 1949 Posen. 1933 NSDAP-Mitglied, Ministerialdirektor, Staatskommissar und Leiter der Kirchenabteilung im preußischen Kirchenministerium, 1936 Senatspräsident am Kammergericht Berlin, 1939 Stellvertreter des Reichsstatthalters in Posen. Kabisch, Richard, Theologe, Pädagoge, Schriftsteller 60, 259 f., 266 geb. 21. 5. 1868 Kemnitz, gest. 30. 10. 1914 Bikschote (Westflandern). Studium der Philologie, Geschichte und Evangelischen Theologie in Bonn, Hilfsprediger und Rektor in Altenkirchen, anschließend Seminarlehrer in Berlin, ab 1897 Seminaroberlehrer in Dramburg und Oranienburg, 1903 bis 1908 Direktor des Ludwig-Meyn-Gymnasiums, 1908 bis 1910 Direktor des Königlichen Lehrerseminars in Prenzlau, ab 1910 Regierungs- und Schulrat in Düsseldorf. Kerschensteiner, Georg Michael Anton, Pädagoge, Gymnasiallehrer, Begründer der Arbeitsschule 61, 66 geb. 29. 7. 1854 München, gest. 15. 1. 1932 München. 1877 bis 1880 Studium an der Technischen Hochschule, bis 1883 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, anschließend Promotion. Ab 1883 Gymnasiallehrer in Schweinfurt und München, 1895 bis 1918 Schulrat von München. Ab 1918 Honorarprofessor für Pädagogik an der Universität in München. Klein, Friedrich, Theologe, Superintendent 50 geb. 3. 11. 1894 Heidenheim (Mittelfranken), gest. 24. 2. 1946 Bad Freienwalde/Oder. Vgl. Braun/Grünzinger, 135. Koch, Karl, Theologe, Pfarrer, Präses 134 f., 178, 205 f., 208, 262, 264, 266 f. geb. 6. 10. 1876 Witten, gest. 28. 10. Bielefeld. Vgl. Braun/Grünzinger, 140. Kolb, Eduard 141, 143, 156–158, 171, 198, 233 f., 242, 275 Körber, Kurt, Theologe, Historiker, Pädagoge 86 f., 117 f., 138 geb. 12. 4. 1885 Harzburg, gest. 6. 12. 1957 Frankfurt/Main. 1911 bis 1925 Dozent an den Lehrerseminaren Usingen, Frankenberg (Eder) und Homberg (Efze). Studienrat in Frankfurt/Main. Ab 1927 Professor für evangelische Religionswissenschaft an der Pädagogischen Akademie Frankfurt. Ab 1929 Direktor der Pädagogischen Akademie Dortmund, 1932 Rückkehr an die Pädagogische Akademie Dortmund. 1934 mit der Verlegung Professor für Pädagogik, Geschichte und Staatsbürgerkunde an der Hochschule für Lehrerbildung Weilburg, nach 1939 Studienrat in Frankfurt. Bis 1951 in Weilburg am Pädagogischen Institut als Lehrer für Evangelische Religion und Religionsmethodik. Koselleck, Arno, Historiker, Geschichtsdidaktiker 118 geb. 15. 8. 1891 Madlow, gest. 25. 9. 1977 Detmold. Studium an der Universität Leipzig bis zur Promotion 1914, 1920 Lehrer in Görlitz, 1928 Schulleiter und Oberstudiendirektor in Breslau. 1929 Professor für Geschichtsdidaktik an der Pädagogischen Akademie Breslau. 1930 Leiter der Pädagogischen Akademie Kassel, Versetzung an die
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Pädagogische Akademie Dortmund 1932. 1933 Beurlaubung, 1936 Geschichtsdidaktiker an der Hochschule für Lehrerbildung Saarbrücken. 1941 NSDAP-Mitglied und SA. 1946 bis 1956 Direktor an der Pädagogischen Hochschule Hannover, bis 1966 als Lehrbeauftragter. Krause, Reinhold, Philologe, Gymnasiallehrer 30, 133 geb. 22. 10. 1893 Berlin, gest. 24. 4. 1980 Konstanz. Vgl. Braun/Grünzinger, 144. Krieck, Ernst, Pädagoge 119, 124–126, 164, 169 f. geb. 6. 7. 1882 Vögisheim (Baden), gest. 19. 3. 1947 Mosburg/Isar. 1928 Lehrstuhl Pädagogische Akademie Frankfurt, 1932 Suspendierung, NSDAP und NSLB-Mitgliedschaft. 1933 Rektor der Universität Frankfurt, 1934 Lehrstuhl Heidelberg, 1935 Gaudozentenbundführer, 1937 Rektor, 1939 Mitarbeit am Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben in Eisenach Künneth, Walter, luth. Theologe, Dozent, Pfarrer, Universitätslehrer (ST, Christliche Soziallehre) 40 geb. 1. 1. 1901 Etzelwang (Oberpfalz), gest. 26. 10. 1997 Erlangen. Vgl. Braun/Grünzinger, 148. Lagarde (seit 1854, eigentlich Bötticher), Paul Anton de, Theologe, Kulturphilosoph, Orientalist 158, 242 geb. 2. 11. 1827 Berlin, gest. 22. 12. 1891 Göttingen. 1849 Promotion, 1851 Habilitation. 1852/53 Studienaufenthalt in London, 1853 Paris, anschließend Gymnasiallehrer in Deutschland (Berlin). 1869 ordentlicher Professor an der Universität Göttingen am Lehrstuhl für orientalische Sprachen. Lauerer, Hans, Theologe, Rektor, Dozent 254 geb. 25. 4. 1884 Regensburg, gest. 20. 1. 1953 Neuendettelsau. Vgl. Braun/Grünzinger, 153. Leffler, Siegfried, Theologe, Pfarrer, Oberregierungsrat 133 geb. 21. 11. 1900 Azendorf (Oberfranken), gest. 10. 11. 1983 Hengersberg (Niederbayern). Vgl. Braun/Grünzinger, 154 Leutheuser, Julius, Theologe, Pfarrer 133 geb. 9. 12. 1900 Bayreuth, gest. 24. 11. 1942 bei Stalingrad. Vgl. Braun/Grünzinger, 156. Lex, Hans Ritter von, Jurist 66 f. geb. 27. 10. 1893 Rosenheim, gest. 26. 2. 1970 München. 1927 im Bayerischen Kultusministerium, zwischen 1933 und 1945 Oberregierungsrat im Reichsinnenministerium. Ley, Robert, Führer der Deutschen Arbeitsfront 130 geb. 15. 2. 1890 Niederbreidenbach, gest. 25. 10. 1945 Nürnberg. 1925 NSDAP-Gauleiter Rheinland-Süd, 1932 Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Gründer der AdolfHitler-Schulen. Litt, Theodor, Pädagoge 61 geb. 27. 12. 1880 Düsseldorf, gest. 16. 7. 1962 Bonn. 1920 Lehrstuhl in Leipzig, 1926 bis 1937 Mitherausgeber der Zeitschrift Die Erziehung, 1937 Emeritierung, nach 1945 erneut Lehrstuhl in Leipzig. Löns, Hermann, Journalist, Schriftsteller 156 geb. 29. 8. 1866 Culm (Westpreußen), gest. 26. 9. 1914 Loivre (Frankreich). 1890 Studienabbruch, 1891 Arbeit bei der Zeitung Pfälzische Presse in Kaiserslautern, 1891 in Hannover Arbeit bei verschiedenen Tageszeitungen. Seit 1900 Verfassung von Ge-
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dichten. 1906 Chefredakteur in Bückeburg, 1909 Rückkehr nach Hannover und Arbeit als freier Schriftsteller. Lokies, Hans, Theologe, Dozent (Religionswissenschaft), Missionsdirektor 185 geb. 3. 2. 1895 Ranchi (Indien), gest. 16. 6. 1982 Hannover. Vgl. Braun/Grünzinger, 160. Ludendorff, Mathilde, Ärztin 18–23, 28, 32–37, 51, 54 f., 160, 167, 170, 272 geb. 4. 10. 1877 Wiesbaden, gest. 12. 5. 1966 Tutzing. Gründerin des Bund für Deutsche Gotterkenntnis. Marahrens, August, Landesbischof in Hannover, Theologe 132 geb. 11. 10. 1875 Hannover, gest. 3. 5. 1950 Loccum. 1934–1936 Vorsitzender der Ersten Vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche, befreundet mit Reichsinnenminister Frick, 1939–1945 Mitglied des linientreuen Geistlichen Vertrauensrates, oberstes Entscheidungsgremium der Deutschen Ev. Kirche, Rücktritt Februar 1947. Meinzolt, Marie, Diakonisse 254 geb. 1889, gest. 1962. Meiser, Hans, luth. Theologe, Vereinsgeistlicher, Landesbischof 132, 175, 236, 238–240, 243, 251–254, 277, 279 geb. 16. 2. 1881 Nürnberg, gest. 8. 6. 1956 München. Vgl. Braun/Grünzinger, 169 f. Merz, Georg, Theologe, Dekan, kirchlicher Hochschullehrer (PT, KG) 209, 262–268, 270, 277 f. geb. 3. 3. 1892 Walkersbrunn (Oberfranken), gest. 16. 11. 1959 Neuendettelsau. Vgl. Braun/Grünzniger, 171. Meyer-Erlach, Wolf, Theologe, Pfarrer, Universitätslehrer (PT) 152 f., 164, 170, 261 f. geb. 21. 9. 1891 Kitzingen/Main, gest. 15. 11. 1982 Idstein/Taunus. Vgl. Braun/Grünzinger, 173. Müller, Ludwig, Theologe, Wehrkreispfarrer, Reichsbischof 57 f., 62–64, 81, 85 f., 128, 131–135, 137, 172, 174, 183 geb. 23. 6. 1883 Gütersloh, gest. 31. 7. 1945 Berlin. Vgl. Braun/Grünzinger, 180. Natorp, Paul, Philosoph, Pädagoge 125 geb. 24. 1. 1854 Düsseldorf, gest. 17. 8. 1924 Marburg. Ab 1871 Universitätsstudien in Berlin und Bonn, ab 1874 in Straßburg. 1876 Studienabschluss mit Staatsexamen und Doktorat. Anschließend Hilfs- und Hauslehrer in Straßburg, Dortmund und Worms, ab 1880 Hilfsbibliothekar an der Universität Marburg. Ab 1880/81 Privatdozent für Philosophie in Marburg. 1893 Nachfolger von Julius Bergmann Ordinarius für Philosophie und Pädagogik. Niebergall, Friedrich, Theologe, Pfarrer, Universitätslehrer (PT, Religionspädagogik) 59 f., 260, 262 geb. 20. 3. 1866 Kirn/Nahe, gest. 20. 9. 1932 Marburg. Vgl. Braun/Grünzinger, 185. Niedlich, Joachim Kurd, Theologe, Pädagoge, Schriftsteller, Religionslehrer 60 f. geb. 5. 7. 1884 Baudach, Kreis Sorau, gest. 27. 11. 1928 Berlin. Studium der Evangelischen Theologie in Straßburg, Berlin und Greifswald. 1907 Promotion in Erlangen zum Dr. phil. Wissenschaftlicher Hilfslehrer in Oberstein, ab 1913 Hilfslehrer in Berlin. 1921 Gründung des Bundes für Deutsche Kirche. Niemöller, Martin, Marineoffizier, Theologe, Pfarrer, Kirchenpräsident 43, 45 geb. 14. 1. 1892 Lippstadt (Westfalen), gest. 6. 3. 1984 Wiesbaden. Vgl. Braun/Grünzinger, 185.
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Nohl, Hermann, Philosoph, Pädagoge 61 geb. 7. 10. 1879 Berlin, gest. 27. 9. 1960 Göttingen. Nold, Karl, Pfarrer 179 f. Oestreich, Paul, Pädagoge 77 geb. 30. 3. 1878 Kolberg (Pommern), gest. 28. 2. 1959 (Ost-)Berlin. 1896 bis 1900 Studium der Fächer Mathematik, Physik und Chemie in Greifswald und Berlin. Mitglied des „Bundes neues Vaterland“, 1921 bis 1926 Vorstandsmitglied der „Deutschen Friedensgesellschaft“ und von 1918 bis 1931 SPD-Mitglied. 1919 als Reaktion auf den „Weimarer Schulkompromiss“ Gründung des „Bund Entschiedener Schulreformer“, den er bis zu dessen Auflösung durch die Nationalsozialisten 1933 leitete. Nach seiner Entlassung aus dem Schuldienst durch die Nationalsozialisten 1945 bis 1949 Tätigkeit als Hauptschulrat in Berlin-Zehlendorf. Opitz, Heinrich, Leiter der LBA Bayreuth 107–109, 141, 143 Peters, Ilse, Gymnasiallehrerin, Hochschullehrerin (Religionspädagogik) 118 f., 166 geb. 10. 3. 1893 Bad Kreuznach, gest. 27. 11. 1980 Hilden. Vgl. Braun/Grünzinger, 193 f. Petersen, Peter, Pädagoge 91, 94–96, 98, 100 f., 110–112, 114, 121, 151, 205 geb. 26. 6. 1884 Großwiehe, gest. 21. 3. 1952 Jena. Zwischen 1923 und 1952 Professor in Jena. Pribnow, Hans, Pfarrer 256–261, 271 Rad, Gerhard von, luth. Theologe, Universitätslehrer (AT) 152, 261 geb. 21. 10. 1901 Nürnberg, gest. 31. 10. 1971 Heidelberg. Vgl. Braun/Grünzinger, 200. Rang, Martin, Theologe, Religionspädagoge 266 geb. 6. 11. 1900 Wolfskirch (Posen), gest. 14. 3. 1988 Königstein im Taunus. Ab 1921 Studium der Fächer Deutsch, Romanistik, Philosophie und Evangelischer Theologie an den Universitäten in Marburg, Jena, Gießen und Paris. Zunächst Studienrat, ab 1930 Dozent an der Pädagogischen Akademie in Halle (Saale). 1933 aufgrund seines Engagements für die Bekennende Kirche aus dem Dienst entlassen, ab 1935 als Studienrat in Wiesbaden. 1946 Leiter der Volksschullehrerausbildung in Nordhessen, ab 1951 Professor für Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Oldenburg, 1960 Berufung zum Professor für Erziehungswissenschaft in Frankfurt (Main). Rein, Georg Wilhelm, Pädagoge 77, 119, 206 geb. 10. 8. 1847 Eisenach, gest. 19. 2. 1929 Jena. Ab 1866 Studium der Theologie in Jena, 1869 theol. Examen in Weimar. Anschließend Lehrer an der Übungsschule des Pädagogischen Universitätsseminars in Leipzig, ab 1871 Lehrer an der Realschule in Barmen-Wupperfeld. 1872 Promotion an der phil. Fakultät Rostock. Zwischen 1872 und 1876 Seminaroberlehrer in Weimar, anschließend Seminardirektor in Eisenach. 1886 Honorarprofessor für Pädagogik an der Universität Jena, 1912 Professur für Pädagogik. Reukauf, August, Lehrer, Seminarleiter 104–107, 144 geb. 5. 8. 1867 Meiningen, gest. 13. 4. 1941 Coburg. Ab 1886 Studium der Fächer Theologie, Pädagogik, Philosophie und Geschichte in Jena, Straßburg, Berlin und Leipzig, unter anderem bei Prof. Georg Wilhelm Rein. 1891 Rektor der Volks- und Fortbildungsschule in Lauscha. 1897 Berufung als Oberlehrer an das Landeslehrerse-
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minar in Hildburghausen. Ab 1903 Tätigkeit in Coburg, ab 1920 als Oberstudiendirektor der dortigen Lehrerbildungsanstalt. Richert, Hans, Lehrer, Schulleiter, Ministerialrat 59 geb. 21. 12. 1869 Köslin (Pommern), gest. 25. 9. 1940 Berlin. 1923 Ernennung zum Ministerialrat, Rücktritt 1933. Mitglied der DVP. Rönck, Hugo, Theologe, Landesbischof 257, 261 geb. 12. 4. 1908 Altenburg (Thüringen), gest. 8. 2. 1990 Eutin. Vgl. Braun/Grünzinger, 209. Rosenberg, Alfred, Parteidogmatiker 18–23, 28–31, 36 f., 54 f., 130, 133, 239, 262, 272 geb. 12. 1. 1893 Reval (Estland), gest. 16. 10. 1946 Nürnberg. 1918 Abschluss Architekturstudium, 1919 Emigrant in München. 1921 Redakteur, ab 1923 Hauptschriftleiter beim Völkischen Beobachter. 1928 Vorsitzender der Nationalsozialistischen Gesellschaft für Deutsche Kultur, 1929 Gründer und Reichsleiter des Kampfbunds für deutsche Kultur. Ab April 1933 Leiter des Außenpolitischen Amts der NSDAP, Reichsleiter. Rust, Bernhard, Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 129, 136 f., 144, 169, 172, 188, 195, 204, 224, 250, 276 geb. 30. 9. 1883 Hannover, gest. 8. 5. 1945 Berend/Nübel (Kreis Schleswig). Studienrat für Deutsch und Latein. 1928 Gauleiter der Nationalsozialistischen Gesellschaft für Deutsche Kultur. Ab April 1934 Reichsminister, zuständig für NS-Erziehungsanstalten und Universitäten. Gründer des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands. Sasse, Hermann, luth. Theologe, Universitätslehrer 44 geb. 17. 7. 1895 Sonnewalde Kr. Lennep (Brandenburg), gest. 8. 8. 1976 North Adelaide (Südaustralien). Vgl. Braun/Grünzinger, 212 f. Sasse, Martin, Theologe, Pfarrer, Landesbischof 175 geb. 15. 8. 1890 Groß Drenzig (Brandenburg), gest. 28. 8. 1942 Eisenach. Vgl. Braun/ Grünzinger, 213. Sauckel, Fritz, Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz 204 geb. 27. 10. 1894 Haßfurt (Unterfranken), gest. 16. 10. 1945 Nürnberg. 1919 Gauleiter Unterfranken des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, 1927 NSDAP-Gauleiter in Thüringen. 1932 Ministerpräsident und Innenminister, 1933 Reichsstatthalter in Thüringen. 1936 Leiter der Wilhelm-Gustloff-Stiftung, 1937 SA-Obergruppenführer, 1939 Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis IX (Kassel). Schafft, Hermann, ev. Theologe, Professor, Regierungsdirektor in Kassel 118 f., 166 geb. 2. 12. 1883 Langenstein, gest. 2. 6. 1959 Kassel. Ab 1903 Studium der Evangelischen Theologie in Halle, Berlin und Tübingen. 1909 bis 1910 Inspektor des Predigerseminars in Soest. Nach 1919 Pfarrer in Kassel. Mitglied der SPD. Zwischen 1930 und 1932 Professor für Evangelische Theologie an der Pädagogischen Akademie Kassel, anschließend in Dortmund. 1933 Versetzung an die Pädagogische Akademie Halle (Saale), noch im selben Jahr Beurlaubung und 1934 Versetzung in den Ruhestand. Ab 1936 Arbeit im Amt der Deutschen Evangelischen Kirche in Berlin. 1938 Pfarrer in Friedewald bei Bad Hersfeld. Nach 1945 Regierungsdirektor in Kassel. Scharnagl, Anton, Theologe 73, 88 geb. 15. 11. 1877 München, gest. 19. 1. 1955 München. Ab 1919 Lehrstuhl für Kir-
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chenrecht an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising. 1930 Domdekan München, 1943 Weihbischof. Scharnagl, Karl, Politiker 87, 88 geb. 7. 1. 1881 München, gest. 6. 4. 1963 München. Bruder von Anton Scharnagl. 1911 Abgeordneter der Zentrumspartei im Bayerischen Landtag, ab 1918 Mitglied der BVP. 1919 Wahl in den Münchner Stadtrat, 1925 Erster Bürgermeister, 1926 Oberbürgermeister von München. Nach 1933 Niederlegung seines Amtes. Nach 1945 von der US-Armee wieder als Oberbürgermeister von München eingesetzt, 1946 durch Wahl im Amt bestätigt. Scheffer, Theodor, Pädagoge 205, 244 geb. 1. 10. 1872 Düsseldorf, gest. 28. 4. 1945 Weimar. 1922 Gründung der Deutschen Heimatschule in Bad Berka. Gründung der Mitteldeutschen Arbeitsgemeinschaft, 1937 Dozent für Politische Pädagogik in Jena. Scheibner, Otto, Pädagoge 96, 100, 113 f., 151 geb. 7. 9. 1877 Borna bei Leipzig, gest. 18. 12. 1961 Leipzig. 1901 bis 1923 Studienrat an der Höheren Schule für Mädchen und dem Lehrerinnenseminar Leipzig. Seit 1923 Honorarprofessor an der Universität Jena. Seit 1929 Professor für Pädagogik an der Pädagogischen Akademie in Erfurt. 1932 emeritiert. Schemm, Hans, Gründer und Reichswalter des NS-Lehrerbunds 126 f., 135, 141, 147, 156, 158, 189 f., 196 f., 241, 243 geb. 6. 10. 1891 Bayreuth, gest. 5. 3. 1935 Bayreuth. 1919 Volksschullehrer bin Neufang bei Wirsberg (Oberfranken), 1925 Ortsgruppenleiter Bayreuth, 1928 NSDAP-Gauleiter Oberfranken. 1933 bayerischer Kultusminister. Schirach, Baldur von, Reichsjugendführer 130 geb. 9. 5. 1907 Berlin, gest. 8. 8. 1974 Kröv an der Mosel. Ab 1931 Reichsjugendführer der NSDAP, 1933 Jugendführer des Deutschen Reiches, Ab 1940 Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien und Reichsleiter für Jugenderziehung. Schlageter, Albert Leo, Soldat, stilisiert zum NS-Märtyrer 155 f. geb. 12. 8. 1894 Schönau (Schwarzwald), gest. 26. 5. 1923 Golzheimer Heide (Düsseldorf). Anführer eines Sabotagetrupps gegen die französische Armee. Schmidt, Gerhard, Lehrer, Lehrerbildner, Pfarrer 17, 18 f., 37 f., 41–45, 47–49, 51 f., 102 f., 110 f., 113, 143, 159–162, 170 f., 254–256, 260, 262, 266 f., 275, 277 f., 283 Schmidt, Karl Ludwig, ref. Theologe, Universitätslehrer (NT) 18 f., 37 f., 41–45, 47–49, 51 f., 95, 102 f., 110 f., 113, 143, 159–162, 170 f., 254–256, 260, 262, 266 f., 275, 277 f. geb. 5. 2. 1891 Frankfurt (Main), gest. 10. 1. 1956 Basel. Vgl. Braun/Grünzinger, 221 f. Schmidt, Kurt Dietrich, luth. Theologe, Universitätslehrer, kirchlicher Dozent (KG, Religionspädagogik, Konfessionskunde) 18 f., 37 f., 41–45, 47–49, 51 f., 102 f., 110 f., 113, 143, 159–162, 170 f., 254–256, 260, 262, 266 f., 275, 277 f. geb. 25. 10. 1896 Uthlede (Cuxhaven), gest. 27. 7. 1964 Hamburg. Vgl. Braun/Grünzinger, 222. Schnobel, Karl, Lehrer, Politiker, Ministerialrat 96–98, 100 geb. 6. 12. 1863 Groß-Camsdorf, gest. 4. 6. 1944 Weimar. Studium der klassischen Philologie und deutschen Sprache in Berlin und Breslau, 1893–1896 Hilfslehrer an der höheren Töchterschule Breslau. 1896 bis 1905 Oberlehrer am Elisabeth-Gymnasium in Breslau, 1908 Professor am Realgymnasium in Charlottenburg, 1909 Direktor des
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fürstlichen Gymnasiums und des (Reform-)Realgymnasiums in Arnstadt. Ab 1913 Geheimer Regierungs- und Oberschulrat. Ministerialrat im Thüringischen Volksbildungsministerium in Weimar, Leiter der Abteilung für Höhere Schulen. Schuster, Hermann, Theologe 59, 71, 152 geb. 3. 2. 1874 Uelzen, gest. 28. 6. 1965 Hannover. Vgl. Braun/Grünzinger, 232. Schwede, Franz, Bürgermeister in Coburg, SA-Obergruppenführer, NSDAP-Gauleiter 106, 145 f. geb. 5. 3. 1888 Drowöhnen (Memel), gest. 9. 10. 1960 Coburg. 1930 Oberbürgermeister von Coburg, 1932 Vizepräsident bayerischer Landtag, ab Juli 1934 Gauleiter und Oberpräsident Pommern in Stettin, 1939 Reichsverteidigungskommissar. Schwenk, Paul, Politiker 80 geb. 8. 8. 1880 Meißen, gest. 22. 8. 1960 Berlin. Seit 1905 Mitglied der SPD. Ab 1908 Parteifunktionen in der SPD. 1917 Beitritt zur USPD. 1924 Mitglied im Preußischen Landtag, zwischen 1924 und 1932 als Ko-Vorsitzender der KPD-Fraktion. 1933 Flucht vor den Nationalsozialisten in die Sowjetunion. Nach 1945 Rückkehr nach Berlin, bis 1937 3. Oberbürgermeister in Berlin. Schwindel, Kurt, Kirchenrat, Dozent 199 f., 235 f., 242, 267 Seit 1936 kommissarischer Dozent für ev. Religionswissenschaft und Methodik des Religionsunterrichts an der HfLWürzburg. Erteilung eines Lehrauftrages im Dezember 1938. Siebert, Ludwig, Ministerpräsident 127 geb. 17. 10. 1874 Ludwigshafen, gest. 1. 11. 1942 Stock (Chiemsee). 1924 Oberbürgermeister in Lindau. 1932 bis 1933 Mandat der NSDAP im Bayerischen Landtag. 1933 Finanzminister unter dem Reichskommissar Franz Ritter von Epp. Siegfried, Theodor, Theologe, Universitätslehrer (ST, Theologiegeschichte, Religionsphilosophie) 9, 111 geb. 28. 1. 1894 Berlin, gest. 28. 4. 1971 Marburg. Vgl. Braun/Grünzinger, 237. Siemsen, Anna Marie Emma Henni, Pädagogin, Politikerin, Sozialistin 151 geb. 18. 1. 1882 Mark bei Hamm (Westfalen), gest. 22. 1. 1951 Hamburg. 1901 Lehrerinnenexamen und 1905 Abitur. Studium in Germanistik, Philosophie und Altphilologie in Münster, Göttingen und Bonn. 1909/10 Promotion zum Dr. phil. Bis 1918 Lehrerin an Mädchenschulen in Bremen und Düsseldorf. 1919 Mitarbeiterin am Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in Berlin. 1923 Oberschulrätin für das mittlere Schulwesen und Honorarprofessur an der Universität Jena. 1928–1930 Mandat als Reichstagsabgeordnete der SPD. 1932 Entziehung der Professur durch Frick. 1933 Emigration in die Schweiz. Spranger, Eduard, Pädagoge 61, 66, 89 f., 125 geb. 27. 6. 1882 Berlin, gest. 17. 9. 1963 Tübingen. 1920 Ordinarius für philosophische Pädagogik. 1933 Stahlhelm. 1946 Lehrstuhl in Tübingen. Staerk, Willy, Universitätsprofessor 95, 110, 113 f., 152, 163 Bis 1932/33 Professor für das Alte Testament an der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Jena. Stapfer, Michael, Politiker 87 geb. 18. 10. 1871 Kirchham, gest. 27. 9. 1950 Schlupfing bei Pocking. 1919 bis 1920 als Abgeordneter der Zentrumspartei in der Weimarer Nationalversammlung. 1924 bis 1933 Abgeordneter für die BVP im Bayerischen Landtag.
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Stark, Johannes, Physiker 65, 67 f., 75, 125, 169, 201 geb. 15. 4. 1874, gest. 21. 6. 1957 Traunstein. 1917 Lehrstuhl in Greifswald, 1919 Nobelpreis, 1920 Ordinarius in Würzburg, 1922 Rücktritt. 1933 bis 1939 Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. 1934 Präsident der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft. Steil, Ludwig, Theologe, Pfarrer 42 geb. 29. 10. 1900 Lüttringhausen (Rheinland), gest. 17. 1. 1945 Dachau. Vgl. Braun/ Grünzinger, 246. Streicher, Julius, NSDAP-Gauleiter, Volksschullehrer 73, 75, 88, 106, 136 geb. 12. 2. 1885 Fleinhausen (Augsburg), gest. 16. 10. 1946 Nürnberg. 1923 Gründer der Zeitung „Der Stürmer“, 1924 Suspendierung aus dem Schuldienst. 1933 Leiter des Zentralkomitees zur Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykotthetze zur Organisierung des Judenboykotts, 1935 Gründung des Vereins Deutsche Volksheilkunde. Suchenwirth, Richard, Mitbegründer der NSDAP Österreich, Professor 196 f., 219 f. geb. 8. 10. 1896 Wien, gest. 15. 6. 1965 München. 1931 bis 1934 Landesführer NSLehrerbund, 1933/34 Amtsleiter der NSDAP-Landesleitung Österreich, 1936 Professor und Direktor der Hochschule für Lehrerbildung in München. Thom, Karl, Theologe, Pfarrer, Bischof 50 geb. 20. 3. 1900 Dt.-Eylau (Westpreußen), gest. 2. 2. 1935 Greifswald. Vgl. Braun/ Grünzinger, 257. Vaerting, Maria Johanna Mathilde, Pädagogin, Psychologin, Soziologin 150 f. geb. 10. 1. 1884 Messingen bei Freren (Emsland), gest. 6. 5. 1977 Schönau (Schwarzwald). 1903 Lehrerinnenexamen in Münster. Anschließend Studium der Fächer Mathematik, Physik, Philosophie/Psychologie in Bonn, München, Marburg und Gießen. 1910 Oberlehrerinnenexamen in Münster. 1911 Promotion zum Dr. phil. 1912 Examen. 1920 Teilnahme an der Reichsschulkonferenz in Berlin und Beitritt zum „Bund Entschiedener Schulreformer“. 1922 Berufung als Professorin für Erziehungswissenschaften an die Universität Jena. 1933 Beurlaubung und Entlassung aus politischen Gründen. Veit, Friedrich, Theologe, Kirchenpräsident 15, 92, 265 f. geb. 18. 5. 1861 Augsburg, gest. 18. 12. 1948 Bayrischzell. Vgl. Braun/Grünzinger, 263. Vogelhuber, Oskar, Lehrer, Ministerialbeamter 73 f., 89–91, 102, 104, 121, 125, 139 geb. 18. 2. 1878 Bechenhofen, gest. 29. 3. 1971 München. Bis 1919 Lehrer, anschließend Referent für Lehrerbildung im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 1933 Ernennung zum Ministerialrat, noch im selben Jahr Entlassung wegen seiner SPD-Mitgliedschaft. Nach 1945 erneut Ministerialrat. Wächtler, Fritz, Lehrer, NSDAP-Gauleiter 173, 207 geb. 7. 1. 1891 Triebes (Thüringen), gest. 19. 4. 1945 Ruckdeschels in Herzogau (Bayerischer Wald). 1929 stellvertretender Gauleiter Thüringen, 1930 Volksbildungsminister, 1933 Innenminister. 1935 Nachfolger Schemms als Gauleiter Bayerische Ostmark. Leiter des Hauptamts für Erziehung in der NSDAP-Reichsleitung. Kommissarischer Leiter des NS-Lehrerbundes. Wärthl, Friedrich, Religionsdozent 198 f., 242 Zwischen 1937 und 1938/39 Lehrer für evangelische Religionslehre an der HfL Bayreuth.
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Wagner, Adolf, NSDAP-Gauleiter, Politiker 186, 189, 199, 229 geb. 1. 10. 1890 Algringen (Lothringen), gest. 12. 4. 1944 Bad Reichenhall. 1929 Gauleiter München-Oberbayern, ab 1933 Bayerischer Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident. Ab 1936 zusätzlich Kultusminister. Weinel, Heinrich, luth. Theologe, Universitätslehrer (NT, ST) 95, 110 f., 113 f., 121 geb. 29. 4. 1874 Vonhausen (Hessen), gest. 29. 9. 1936 Jena. Vgl. Braun/Grünzinger, 271. Weiss, Georg, Lehrer, Dozent 149–151, 164, 203, 205–207 geb. 5. 10. 1885 Schwabach, gest. 23. 9. 1951 Berlin. Studium der Pädagogik in Nürnberg und München, 1910 Berufung als Lehrer an die Übungsschule in Jena, 1912 Promotion, 1916 Habilitation. 1920 a. o. Professor für Systematische Pädagogik in Jena, seit 1923 Mitglied der Erziehungswissenschaftlichen Anstalt in Jena. Ab 1930 Leiter des Pädagogischen Instituts in Jena, 1940 Berufung zum o. Professor. Werdermann, Hermann, Theologe 138, 166–169, 179, 244, 260, 262, 266, 274 f. geb. 12. 6. 1888 Friedersdorf (Niederlausitz), gest. 9. 8. 1954 Bad Soden. 1933 Anstellung an der Hochschule für Lehrerbildung Dortmund. 1939 Mitarbeit am Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben in Eisenach, 1941 Ordinarius in Rostock. Wundt, Max, Philosoph 97 f. geb. 29. 1. 1879 Leipzig, gest. 31. 10. 1963 Tübingen. 1929 Ordinarius in Tübingen, 1933 im Führerrat der Universität. 1936 Beirat in der Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschland. Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Jena. Wurm, Theophil, Theologe, Landesbischof 132 geb. 7. 12. 1868 Basel, gest. 28. 1. 1953 Stuttgart. Vgl. Braun/Grünzinger, 280.