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German Pages 895 [906] Year 2013
Phi l os ophi s c heBi bl i ot he k
Wör t e r buc hde r phi l os ophi s c he nBe gr i f f e
Wörterbuch der philosophischen Begriffe begründet von Friedrich Kirchner und Carl Michaëlis fortgesetzt von Johannes Hoffmeister vollständig neu herausgegeben von Arnim Regenbogen und Uwe Meyer
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 500
Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar. ISBN: 978-3-7873-2500-9 ISBN eBook: 978-3-7873-2113-1
© Felix Meiner Verlag, Hamburg 1998. Alle Rechte, auch die des
auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. – Druck und Bindung: Druckerei C. H. Beck, Nördlingen. Satz: Kusel, Hamburg. Werkdruckpapier, alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100% chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. ∞
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wörterverzeichnis A– Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis zum Nachweis von Bibelstellen . . . .
761
Verzeichnis logischer Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
762
Umschrift griechischer Buchstaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
764
Literatur zur Begriffsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
765
Autoren- und Werkeverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
797
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort
Dieses Wörterbuch umfaßt in alphabetischer Anordnung mehr als 4 000 Artikel mit Worterklärungen und Erläuterungen zu den zentralen Begriffen der Philosophie und der Philosophiegeschichte. Jeder Artikel unterrichtet über die Herkunft und ursprüngliche Bedeutung des genannten Begriffs, gibt Aufschluß über dessen Entwicklung und verweist auf philosophisch einflußreiche Strömungen, die seine Verwendungsweisen abgewandelt haben. Für alle Begriffe werden die am häufigsten gebräuchlichen Bedeutungen genannt, und in jedem Artikel wird die Begriffs- und Problemgeschichte gesondert abgehandelt. Bei der Konzeption des neuen Wörterbuchs konnten die Herausgeber auf die Leitideen ihrer Vorgänger Friedrich Kirchner, Carl Michaëlis und Johannes Hoffmeister zurückgreifen. In der Betonung des ideen- und begriffsgeschichtlichen Aspekts in der Abhandlung der Lemmata unterscheidet es sich ausdrücklich von allen Fachwörterbüchern und Enzyklopädien, die ausschließlich oder überwiegend problemgeschichtlich ausgerichtet sind. So werden z. B. in beinahe allen anderen Nachschlagewerken die Gegenstände der Kunsttheorie unter dem Lemma »Ästhetik« angeführt und erläutert. Die Geschichte der ›Ästhetik‹ im heutigen Sinne läßt sich jedoch nicht bis in die klassische griechische Antike umstandslos verfolgen, da der Fachbegriff (Terminus) »Ästhetik« erst im 18. Jahrhundert gebildet worden ist. Aspekte der ›Künste‹ als Gegenstände der Philosophie (außerhalb oder auch vor der Einführung der Disziplinbezeichnung 8Ästhetik) sind daher im vorliegenden Wörterbuch auch unter den Stichwörtern 8Kunst, 8Kunstwerk, (ästhetische) 8Wahrheit, 8Rezeptionsästhetik, 8Kunstphilosophie angeführt und erläutert worden. Mit der Bewahrung dieses Zugangswegs zur Erschließung der philosophischen Tradition folgt das neue Wörterbuch seinen Vorgängern. Es sei daran erinnert, daß das Wörterbuch ursprünglich für den Zweck erarbeitet worden war, die Eigenart der besonderen Begriffe zu erschließen, die in den Textausgaben der »Philosophischen Bibliothek« (PhB) vorkamen, und die Reihe so um ein nützliches
Vorwort
VIII
Werkzeug zu erweitern. Das erste »Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe« – verfaßt von Friedrich Kirchner, erschienen 1886 – hatte in den beiden folgenden Jahrzehnten mehrere Nachdrucke erfahren, wurde aber dann durch Carl Michaëlis im Rahmen von zwei grundlegenden Neubearbeitungen erheblich erweitert (4. Aufl. 1903, 5. Aufl. 1907). Nach der Übernahme der »Philosophischen Bibliothek« durch den Verleger Felix Meiner (1911) wurde das Wörterbuch erneut einer vollständigen Bearbeitung unterzogen, zunächst unter der Federführung von Hans Leisegang, dann unter der Herausgeberschaft von Johannes Hoffmeister, der seine erste Neufassung erst während des Zweiten Weltkriegs vollendete. Diese – aufgrund der Wirren der Kriegsereignisse verspätet (1944) erschienene – Version des »Wörterbuchs der philosophischen Begriffe« (PhB Bd. 225) wurde 1955 in einer zweiten, gründlich überarbeiteten Auflage vorgelegt. Sie zeichnete sich schon damals gegenüber der früheren Auflage durch die erhebliche Verbesserung der Artikel zur Logik, veranlaßt durch Paul Lorenzen, und durch die von Karl Larenz vollständig neu entworfenen zusätz-lichen Beiträge zur Rechtsphilosophie, erstmals auch zur Theorie und Ideengeschichte des demokratischen Rechtsstaats, aus. Bei der gänzlichen Neubearbeitung wurde auf die vorherigen Konzeptionen insofern zurückgegriffen, als die historischen Definitionen der Begriffe und die jeweils aktuellen Bedeutungen gleichberechtigt berücksichtigt wurden. Bei der Prüfung, welche Artikel zu überarbeiten oder neu zu fassen waren, welche dagegen zu übernehmen sich anbot, bewährten sich wegen ihrer hohen Qualität insbesondere viele Textteile zu den Lemmata der Philosophiegeschichte. Es boten sich auch Abschnitte aus der reifsten Fassung des älteren »KirchnerMichaëlis« von 1907 zur erneuten Übernahme an, die in den Neufassungen von Johannes Hoffmeister nicht mehr enthalten waren. Die vorliegende Fassung vereinigt somit erhaltenswerte Teile aus den Ausgaben von 1907 und 1954, ergänzt um vielfältige Überarbeitungen und um zahlreiche neue Artikel zu den seither aktuell gewordenen Wissenschaftsbereichen. Das Spektrum dessen, was von einem philosophischen Wörterbuch erwartet wird, hat sich von den fünfziger bis zu den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts sehr verändert. Noch bis in die vierziger
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Vorwort
Jahre wurden z. B. in der akademischen Lehre der Philosophie in Deutschland die Inhalte der professionellen Psychologie mitvertreten. Der »Hoffmeister« enthielt noch in der letzten Bearbeitung Erklärungen zu solchen psychologischen Begriffen in großer Zahl. Heute dagegen würde niemand mehr spezielle Termini der empirischen Psychologie oder gar Fachbegriffe der Psychopathologie in einem »philosophischen« Lexikon suchen. Solche Stichwörter sind in der Neufassung entfallen. Dagegen blieb die Terminologie grundlegender historischer oder auch erneut aktuell gewordener philosophisch-psychologischer Grenzgebiete (wie der Psychoanalyse, der Kognitionswissenschaften oder auch der neuesten »Philosophie des Geistes«) erhalten oder wurde neu aufgenommen. Ferner ist in den letzten Jahrzehnten der Einfluß der 8Sprachphilosophie und der (formalen) 8Logik auf die philosophische Diskussion insgesamt immens angewachsen. Entsprechend haben die Artikel zu diesen Bereichen gegenüber den früheren Ausgaben an Zahl und Umfang deutlich zugenommen. Da ein philosophisches Wörterbuch nicht nur darüber Auskunft geben soll, was gegenwärtig unter »Philosophie« verstanden wird, sondern auch darüber, was in frühere Epochen darunter verstanden wurde, müssen in ihm auch »veraltete« Begriffe nachschlagbar bleiben. Das vorliegende Wörterbuch will deshalb, wie schon seine Vorgänger, weiterhin den Anspruch einlösen, die Fachterminologie zu klären, die sich vor allem seit der Entwicklung der deutschen Sprache als Fachsprache der »Philosophie« (etwa ab Mitte des 18. Jahrhunderts) entwickelt hat. Wenn im Mittelpunkt der Artikel häufig die Aufhellung des Bedeutungswandels steht, den ein Wort in verschiedenen Sprachen erfahren hat, so soll damit implizit verständlich werden, wie es dazu kommt, daß Begriffe in der Gegenwartssprache mit unterschiedlichen Bedeutungen assoziiert werden. Für den Rückgriff auf weitere begriffsgeschichtliche Einzeluntersuchungen sei auf die Literaturliste im Anhang verwiesen; sie mußte wegen des beschränkten Umfangs dieses Bandes knapp gehalten werden. Aufsätze, Monographien oder enzyklopädische Artikel, die wiederum weitere Nachweise zur Begriffsgeschichte enthalten, sind in dieser Liste (mit *) eigens ausgezeichnet. Das vorliegende Wörterbuch erläutert im übrigen ausschließlich Begriffe, also keine
Vorwort
X
Namen. Doch können Autorennamen und wichtige Werke über die beigegebenen speziellen Register erschlossen werden. Falls für ein Problem oder einen Sachverhalt unterschiedliche Begriffe oder auch abweichende Bedeutungen in entsprechenden Wörtern fremder Sprachen stehen, wird durch Verweis auf andere Lemmata oder auf fremdsprachige Termini jede der unterschiedlichen Versionen für sich erklärt. Redeweisen, Formeln und Begriffe aus diesen Sprachen können außerdem über das Schlagwortregister erschlossen werden. Diese Neubearbeitung des Wörterbuchs ist von den beiden Herausgebern in enger Verbindung mit dem Verlag konzipiert worden. Die Redaktion, z. B. auch von Artikelteilen aus früheren Ausgaben, und die Erweiterungen um neue Artikel verantworten die Herausgeber jedoch allein. In die Zuständigkeit von Arnim Regenbogen fielen dabei insbesondere Artikel zur Philosophiegeschichte, zum Verhältnis von Philosophie zu Einzelwissenschaften, zu Gesellschaft und Religion, in die von Uwe Meyer vor allem Artikel zur Logik, Sprachphilosophie und Sprachwissenschaft. Gleichwohl ist anzumerken, daß die Durchführung dieses Projekts nur dank der tätigen Mitwirkung weiterer Spezialisten möglich war: Richard Giedrys lieferte Erläuterungen zu Spezialgebieten der praktischen Philosophie; Jörg Zimmer verfaßte in größerer Zahl Artikel zur Theorie der Geisteswissenschaften und der Künste, Josef Fellsches Beiträge zur Erziehungstheorie und zu klassischen Begriffen der Ethik; an unserer Heimatuniversität Osnabrück stand Wolfgang Lenzen den beiden Herausgebern als kritischer Leser und als Berater bei der Abfassung von Texten zur analytischen Philosophie zur Seite; fachliche Korrekturen, insbesondere zu naturwissenschaftlichen Begriffen, erhielten wir hier auch von Robert Daumann; an der Zusammenstellung der Literaturnachweise beteiligten sich Christian Möls, Veit Reuer und Christian Tepe; Margot Dreblow und Janina Bojara haben sich der Texterfassung mit großer Geduld gewidmet; Angelika Regenbogen hat als erste Leserin vieles auf Verständlichkeit geprüft und uns wertvolle Hinweise gegeben. Osnabrück, im Sommer 1998
Arnim Regenbogen Uwe Meyer
A
Abakus, lat. von gr. abax ›Brett‹, Tafel; urspr. mathem. Zeichenbrett, Spielbrett, bis ins 16. Jh. Rechenbrett für die vier Grundrechnungsarten (in Rußland, China und Japan noch im 20. Jh. gebräuchlich). Logischer Abakus heißt eine von W. S. Jevons (engl. Logiker und Ökonom) im 19. Jh. entworfene Tafel zur kombinator. Ausführung von Schlüssen der 8Syllogistik und der algebraischen 8Logik (rechenbrettähnliche halbmechanische Vorrichtung), später desgl. von Jevons weiterentwickelt zur ersten Logikmaschine (›logic piano‹) und zum Lochkartensystem. Abbild, nhd., seit dem 18. Jh. gebr. für Bild, anschauliche Wiedergabe, Nachahmung u. ä. im Unterschied zu Vor- oder Urbild; dient zur Übers. der gr. Ausdrücke eidôlon, mimëma, ektypôma, mit denen Plato die Körper, die sinnlichen Gegenstände, als Spiegelbilder der unkörperlichen Ideen meint. Plotin denkt sich das Urbild (8Idee) als Ursache des A.s – Nach der Abbildtheorie ist die 8Erkenntnis eine Spiegelung, das erkennende Bewußtsein ein Spiegel der Wirklichkeit. Diese naiv- realistische Auffassung des Erkennens geht bis auf Demokrit zurück. Demokrit und die 8Epikureer erklärten das Zustandekommen der Sinneswahrnehmung durch die Annahme, daß von den Dingen Abbilder (eidôla, typoi) ausgehen
und durch Einwirkung auf die Sinne die Wahrnehmung auslösen (8adäquat). A.theorie wird auch jede naiv- realistische Version von Erkenntnis gen., nach der Dinge dadurch als wahrgenommen gelten, daß sie als A.er im Bewußtsein auftreten. Nach der 8Widerspiegelungstheorie, einer strengen Variante der A.theorie, wird behauptet, daß bei einer 8Erkenntnis alle Eigenschaften der Dinge und deren Relationen untereinander in den A.ern erhalten bleiben (so bei den meisten Autoren der marxist.- leninist. Erkenntnistheorie, im Prinzip urspr. auch vertreten von den frühen Autoren der 8Analytischen Philosophie B. Russell, G. E. Moore). Nach der Isomorphietheorie (8isomorph) treten im Unterschied dazu nur die strukturellen Eigenschaften in den A.ern auf. Bei Plato (Kratylos) werden die einfachen Namen und Vorstellungen als Bilder (mimëmata) nicht der Dinge selbst, sondern nur ihres Wesens, ihres Begriffs verstanden. Zu einer Isomorphietheorie haben Autoren des 8Logischen Empirismus und verwandte Autoren (z. B. L. Wittgenstein im Tractatus logico- philosophicus, 1921) Beiträge geleistet (R. Carnap, N. Goodman). Danach werden abstrakte Gegenstände durch Modelle definiert, die sich durch Isomorphie mit den gemeinten Sachverhalten auszeichnen, ohne daß jene Gegenstände, wie
Abbildung
noch bei Plato, als ›höhere‹ Realität zu gelten haben. Abbildung, in der Logik eine zweistellige 8Relation (abgekürzt R), die so beschaffen ist, daß es zu jedem Gegenstand x genau einen Gegenstand y gibt mit x R y (y heißt das R- Bild von x). Eine A. heißt umkehrbar, wenn sie auch jeden Gegenstand y auf genau einen Gegenstand x abbildet (8eindeutig). In der Optik nennt man A. die Erzeugung eines Bildes von einem Gegenstand mit Hilfe der von ihm ausgehenden Strahlen oder Reflexe. In der Mathematik überführt eine A. die Punkte einer Objektmenge (Urbildpunkte, Originale) in Punkte einer Bildmenge (Bildpunkte). So läßt sich z. B. eine räumliche Struktur auf eine Ebene abbilden. A.en müssen eindeutig sein, d. h. daß jedem Urbildpunkt P jeweils nur ein Bildpunkt P’entspricht. Dagegen kann P’ Bild mehrerer Originale sein. In der mathemat. Fachsprache werden häufig A. und 8Funktion als Synonyme verwendet. Abduktion, von lat. abducere ›wegführen‹; in der Physiologie das Wegbewegen eines Körperteils (z. B. Abspreizen von Fingern, Armheben); als Fachbegriff in die Logik eingef. v. Ch. S. Peirce (On the Natural Classification of Arguments, 1867): Schluß von etwas, das als Resultat einer Regel aufgefaßt wird, und dieser Regel darauf, daß ein Anwendungsfall dieser Regel vorlag (von Peirce auch ›hypothesis‹ bzw. ›retroduction‹ genannt). Es handelt sich um einen 8Wahrscheinlichkeitsschluß, der beson-
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ders bei der wissenschaftl. Hypothesenbildung bedeutsam wird. Aberglaube, gr. deisidaimonia, lat. diffidentia, desgl. superstitio, dt. Übers. urspr. i. d. F. ›Ober- glaube‹, ›Über - glaube‹; abwertende Bez. für irregeleiteten, abweichenden, unsinnigen 8Glauben; seit dem 15. Jh. gebr. zur Kennzeichnung desjenigen alten volkstümlichen Glaubensgutes, das sowohl mit dem theolog. als auch mit dem naturwiss. Rationalismus nicht übereinstimmt. A. beruht auf der Überzeugung von ›magischen‹, geheimnisvoll wirkenden, dem Verstand wie dem religiösen Glauben (8Dogma) entzogenen, hilfreichen oder schädigenden Kräften in Natur und Menschenleben. Zum Verständnis der A. genannten abweichenden Glaubensvorstellungen ist die Kenntnis vorwissensch. Weltbilder mit ihrem andersartigen Wirklichkeitsbegriff, ihren Gesetzen der 8Partizipation, 8Analogie usw. sowie der andersartigen Raum- und Zeitvorstellungen notwendig. Abgrund, gr. abyssos, mhd. abegründe; das, was hinab von der Erde weg reicht (orientiert am Modell der Erde als ›Scheibe‹ mit Rand), das, was sich demnach unterhalb, jenseits des noch erreichbaren Grundes befindet, die unterste Tiefe; von daher auch: das Unergründliche, Unermeßliche, das Grundlose, auch das 8Unendliche, das 8Nichts. Das Wort A. dient allg. auch zur Wiedergabe von gr.8chaos ›Kluft‹, bythos ›Tiefe‹ und findet sich vielfach zusammen mit den mythischen Vorstellungen der Unterwelt (Hades) und der Hölle.
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Im 8Manichäismus erhielt es auch einen Zusammenhang mit gr. hyle ›Stoff‹ als dem Materiellen, Finsteren, Bösen. Ausführliche Betrachtungen über den A. stellte der Gnostiker Valentinos an: der A. (abyssos auch: bythos) ist hier der Urvater (gr. propator ) oder Urgrund (proarchë ), d. i. der unoffenbare, unbegreifliche Gott (8deus absconditus), während die 8Offenbarung, das Sichoffenbarwerden und Offenbarmachen Gottes »Vater und Grund« (gr. patër kai archë) genannt wird. Diese Spekulationen setzen sich über das Mittelalter bis ins 19. Jh. fort. Für Eckhart ist das Höchste der »ewige A. des göttlichen Wesens«, der »grundlose Grund«. J. Böhme unterscheidet zwischen der Gottheit, dem 8Ungrunde, in dem »keine Offenbarung ist, sondern ein ewig Nichts«, »eine stille Ewigkeit«, und dem A. Der A. ist die »finstere Welt«, die Welt des Bösen, der 8Angst, die »Hölle«, im Unterschied zur »Lichtwelt«. Die »finstere Welt« hat ihren Grund in dem »ewigen, unergründlichen Willen, der Vater heißt«. Die »finstere Welt« ihrerseits ist »Grund und Urstand« der Lichtwelt. Nur das Leben im A., in der »Verzweiflung und Selbstfeindung, Bosheit und Falschheit« ermöglicht ein Eingehen des Menschen in die Lichtwelt ( J. Böhme, Sex puncta theosophica, bes. Pkt. 2). An diese Bestimmung knüpft Fr. W. J. Schelling in der Schrift Vom Wesen der menschl. Freiheit (1809) und in den ›Weltaltern‹ (Phil. der Mythologie, EA 1856 ff.) an (8Grund). Im 18. Jh. bedeutet
abhängig
Abgründigkeit soviel wie 8Irrationalität. J. G. Herder erklärt in der Schrift Vom Erkennen und Empfinden (1778) die Seele als einen »A. dunkler Kräfte«. A. wird der Ausdruck für das, was die rationale Selbstsicherheit, den rationalistischen Optimismus in Frage stellt. Man spricht vom A. der Natur, des Alls, des Subjekts, des Herzens, des Bösen. I. Kant z. B. erklärt »die absolute Notwendigkeit, die wir als den letzten Träger aller Dinge so unentbehrlich bedürfen«, als »den wahren A. für die menschliche Vernunft« (KrV, B 641), »das Überschwengliche der Einbildungskraft« als einen »A., worin sie sich selbst zu verlieren fürchtet« (KdU § 27). abhängig, nhd., ist etwas, wenn sein Dasein oder seine Beschaffenheit durch anderes bedingt oder mitbestimmt ist (Seinsabhängigkeit), oder wenn es von uns nicht ohne anderes verstanden, begriffen oder bewiesen werden kann (Denkabhängigkeit). Bei I. Kant gehört die Abhängigkeit (»Dependenz«) zu den Kategorien der Relation (KrV, A 80). Fr. D. E. Schleiermacher setzte das Wesen jeder Religion, jeder Beziehung zu Gott, in das Gefühl und Bewußtsein »schlechthiniger Abhängigkeit« (Der christl. Glaube, 1821/22). Gegensatz: frei. In der 8Logik heißt eine Aussage B a. von einer Menge von Aussagen A1,...,A n , wenn es eine 8Ableitung von B aus A1,...,A n gibt bzw. wenn der 8Schluß von A1,...,A n auf B logisch gültig ist, d. h. wenn B aus A1,..., A n folgt. Andernfalls ist B unabhängig von
Ableitung
A1,...,A n . Beweise für die Unabhängigkeit einer Aussage B von anderen Aussagen spielen eine wichtige Rolle bei dem Aufbau 8axiomatischer Systeme. Ableitung, in der 8Grammatik die Bildung eines Wortstammes oder eines Wortes z. B. durch Lautänderung (z. B. »Band« von »binden«) oder durch Kombination mit Affixen (z. B. »hünd- isch« von »Hund«). In der 8Logik ein Begriff mit zwei miteinander zusammenhängenden Bedeutungen: Die A. eines Satzes in einem formalen 8Kalkül meint seine Gewinnung aus anderen Sätzen mit Hilfe der im Kalkül zugelassenen Regeln (8A.sregeln; vgl. auch 8Kalkül); daneben nennt man auch den Nachweis der 8Allgemeingültigkeit eines 8Schlusses, der von gewissen Voraussetzungen (8Prämissen) zu einem bestimmten Satz als 8Konklusion führt, die A. dieses Satzes aus diesen Voraussetzungen. Im allgemeinen gilt, daß es genau dann eine A. eines Satzes B aus den Sätzen A1,...,A n im ersten Sinne gibt, wenn auch eine A. von B aus A1,...,A n im zweiten Sinne existiert. So kann man in den üblichen 8Kalkülen der elementaren 8Aussagenlogik aus den Sätzen »Der Mond ist aus Weichkäse« und »Wenn der Mond aus Weichkäse ist, dann ist er eßbar« mittels der sog. 8Abtrennungsregel rein formal den Satz »Der Mond ist eßbar« ableiten; zugleich ist der Schluß, der von den Prämissen »Der Mond besteht aus Weichkäse« und »Wenn der Mond aus Weichkäse besteht, dann ist er eßbar« zu der
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Konklusion »Der Mond ist eßbar« führt, allgemeingültig. Geht eine A. von den 8Axiomen eines Kalküls bzw. von wahren Aussagen aus, so spricht man von einem 8Beweis. Ableitungsregel, in der formalen 8Logik eine Regel, nach der man im Rahmen eines 8Kalküls von gewissen Aussagen A1,...,A n zu einer Aussage B übergehen kann. Die wichtigste A. der elementaren Aussagenlogik ist die Regel der Abtrennung (auch 8Modus ponens genannt): Aus zwei Aussagen »A« und »Wenn A, dann B« kann man die Aussage »B« ableiten, symbolisch: A, A → B |- B. A.n werden auch als Deduktions- oder Schlußregeln bezeichnet. Abschattung, von E. Husserl für die phänomenolog. Philosophie (8Phänomenologie) eingeführter Begriff zur Bezeichnung des Zugangs zur Gegebenheitsweise eines physischen Dings: sowohl Prozeß als auch Resultat aller perspektivischen Ansichten eines Gegenstandes. Dessen Konstitution im Bewußtsein entsteht nur durch die Menge aller Ansichten unter Außerachtlassung spezifischer Blickperspektiven. Damit soll die Gegebenheitsweise des Gegenstandes von der psychischen Erlebnisweise der Präsenz dieses Gegenstandes im Bewußtsein unterschieden werden. Husserl nimmt an, daß die Konstituierung räumlich verfaßter Gegenstände im Bewußtsein nur über die ideelle anschauliche Synthesis aller Erscheinungsweisen von ihnen beschrieben werden kann.
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Absicht (8Intention), Eindeutschung des lat. 8intentio, als philosophischer Terminus von Chr. Wolff eingeführt. Wolff verwendet »A.« gleichbedeutend mit 8Zweck als »dasjenige, was wir durch unser Wollen zu erhalten gedenken« (VGG I § 910). I. Kant bestimmt A. als das, was durch eine 8Handlung erreicht werden soll im Unterschied zur Maxime einer Handlung: »eine Handlung aus Pflicht hat ihren moralischen Wert nicht in der Absicht, welche dadurch erreicht werden soll, sondern in der Maxime, nach der sie beschlossen wird« (Grundl. zur Met. d. Sitten, A13). G. W. Fr. Hegel bestimmt A. als die allgemeine Seite des Vorsatzes: »Der Vorsatz, als von einem Denkenden ausgehend, enthält nicht bloß die Einzelheit, sondern wesentlich jene allgemeine Seite – die Absicht« (GPhR § 119) – Mitte des 20. Jh. wurde der A.sbegriff durch G. E. M. Anscombe (Intention, 1957) wieder in das Zen-trum philosophischer, insbesondere handlungstheoretischer Betrachtungen gerückt. Seitdem wird zwischen drei Hauptverwendungsweisen des A.sbegriffs unterschieden: ›beabsichtigen zu handeln‹ (bzw. ›eine Absicht haben‹), ›absichtlich handeln‹ und ›mit einer Absicht handeln‹. In der neueren handlungstheoretischen Diskussion geht es insbes. um die Bestimmung der A.sinhalte, d. h. um Wünsche (motivationale Komponente) auf der einen und Überzeugungen, Pläne etc. (kognitive Komponente) auf der anderen Seite. Die in diesem Zusammenhang seit den 70er
Absicht
Jahren insbes. im US- amerikanischen Raum entwickelten A.stheorien unterscheiden sich vor allem durch die Hervorhebung unterschiedlicher A.skomponenten. In Anknüpfung an Aristoteles betonen einige Autoren den Zusammenhang zwischen absichtlichen Handlungen und praktischen Überlegungen (s. a. 8Schluß, praktischer) und sehen praktische Überlegung als eigentliche (oder gar einzige) Quelle für absichtliche Handlungen (G. H. v. Wright), oder sie sehen die Rolle praktischer Überlegung in der Rekonstruktion absichtlicher Handlungen, ohne praktische Überlegung als tatsächlichen mentalen Prozeß zu begreifen (Anscombe); andere weisen praktischer Überlegung eine Doppelrolle zu, wonach diese eine (aber nicht die einzige) Quelle für A.en darstellt und zudem der Rekonstruktion absichtlicher Handlungen dient (R. Audi, A Theory of Practical Reasoning, Am. Phil. Quart. 19, 1982). Einige Ansätze betonen die Rolle bestimmter Überzeugungen für A.en, wonach »etwas beabsichtigen« heißt, zu glauben, daß man die entsprechende Handlung auch vollziehen wird, bzw. daß das beabsichtigte Ergebnis durch die Handlung realisiert wird (W. Davis, A Causal Theory of Intending, Am. Phil. Quart. 21, 1984; D. J. Velleman, Practical Reflection, Phil. Review 94, 1985). Im Unterschied dazu rekonstruiert D. Davidson (Intending, 1978) A.en als »uneingeschränkte Urteile«, wonach best. Handlungen im »Lichte aller Gründe« wünschenswert sind, Urteile, die wie-
absolut
derum durch verschiedene Verfahren gebildet werden können. Nach Chr. Lumer (Praktische Argumentationstheorie, 1990, Kap. 6.2) basieren Absichten auf Wahlurteilen hinsichtlich dessen, was zu tun unter den gegebenen Umständen als optimal erachtet wird. Andere Positionen sehen ›Pläne‹ (im Sinne von mental repräsentierten Handlungsverläufen) als wesentlichen Inhalt von A.en (M. Brand, Intending and Acting, 1984; A. Mele, Springs of Action, 1992). In ähnlicher Weise versucht M. Bratman, A.en als eigenständige, auf der gleichen Ebene wie Wünsche und Überzeugungen angesiedelte, propositionale Einstellungen zu rekonstruieren (Intention, Plans, and Practical Reason, 1987). absolut, zu lat. absolutus ›abgelöst‹ (gr. apolytos), mit den Bedeutungen: in sich abgeschlossen, vollständig, vollkommen; von nichts anderem abhängig, für sich bestehend, keiner näheren Bestimmung bedürftig, unbedingt, uneingeschränkt. Das Absolute bez. das, was als von keiner Bedingung abhängig gedacht wird (in dieser Bedeutung ›absolutum‹ bereits in der röm. Antike – so z. B. bei Cicero, Seneca – als Gegenbegriff zu ›relativus‹ gebräuchlich), ferner was als ›Bedingung schlechthin‹, z. B. im Sinne ›erste Bedingung alles Seienden‹ oder ›letzter Grund‹ bez. wird. In unterschiedlichen Theorien wird das Absolute als Synonym für das schlechthin Notwendige, Wahre, Vollkommene, für das ›Sein‹ im weitesten Sinne gebraucht. In monotheistischen Theo-
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logien wird damit auch 8Gott bezeichnet, zuerst i.d.F. ›absolutum‹ als Merkmal Gottes verstanden und so bei den lateinischen 8Kirchenvätern und den mittelalt. 8Kirchenlehrern mit Gott gleichgesetzt, z. B. bei Anselm von Canterbury (Monologion, zuerst 1, 29, 31); bei Nikolaus v. Kues unabhängig vom Gottesbegriff thematisiert, jedoch mit den wichtigsten göttlichen Merkmalen ausgestattet: A. in Hinblick auf Größe (›maximitas‹) und Einheit des Seienden (›unitas‹) (vgl. De docta ignorantia, Begriffseinf. I,2, 5; I,5, 14). Das Universum wird hier als ›similitudo‹ (Gleichnis) des Absoluten begriffen (ebd. II,1, 96 und 4, 112). Schon in der auf Plato, Aristoteles sich berufenden mittelalterl. (arabischen und scholastischen) Philosophie leitet sich die Annahme eines Absoluten daraus ab, daß anders 8Existenz und 8Bewegung (verstanden als Abweichung vom Ruhezustand) nicht erklärt werden kann. Klassische griechische Denker nahmen daher einen ›ersten Beweger‹ an, der sich selbst bewegt (Plato) bzw. selbst unbewegt ist (Aristoteles – vgl. 8unbew. Beweger). Plotin nahm ein a.es, unvergängliches Prinzip an, das Existenz und Bewegung aus sich selbst hat. Für J. G. Fichte ist das Absolute das 8Ich, für Fr. W. J. Schelling die Einheit von Idealem und Realem. Vgl. 8Metaphysik. Absoluter Geist, in der Philosophie G. W. Fr. Hegels Gestalt des sich in der Geschichte entfaltenden Geistes; im Unterschied zum 8objektiven Geist ist der a.e Geist gekennzeichnet durch inter-
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nen Bezug auf das A.e. Hegel sieht die 8Kunst, inbes. in ihrer klass. (antiken) Epoche, die 8Religion (inbes. seit der Ausbreitung des Christentums), ferner die Philosophie seiner Zeit (in ihrer Loslösung von traditionellen religiösen Weltbezügen) als solche Gestalten an. Diese Formen sind in der frühen Antike in der Einheit von Kunst (in ihrer religiösen Bedeutung), Religion (in ihrer Weltbildfunktion) und Philosophie noch ungetrennt. Hegel ordnet die spätere Kunst und die neuzeitliche Religion nicht mehr dem ›Absoluten‹ zu. Als Gestalt des a. Geistes zu seiner Zeit bleibt nur noch das absolute Wissen übrig (Phän. d. Geistes, 1807; Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, zuerst 1817). Das a.e Wissen ist in der Philosophie Hegels die letzte Gestalt der Entfaltung des Geistes in dessen historischer Entwicklung: in der Phän. d. Geistes ›Wissenschaft‹, eine Gestalt, die auf die ›Philosophie‹ folgt; in der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften die Philosophie selbst. Absolutismus, Neubildung von lat. absolutus, seit der 1. Hälfte des 19. Jh. im dt. staatstheoret. Denken gebr., in die frz. Wörterbücher als absolutisme neben dem sonst üblichen pouvoir absolu (unumschränkte Macht) erst um 1850 aufgenommen. Europäische Regierungsform, zuerst praktiziert in Spanien und Frankreich (16.- 18. Jh.), und Theorie zur Rechtfertigung von Herrschaftsverhältnissen, nach der ein Herrscher (i. d. R. ein Monarch) den Alleinbesitz der Herrschafts-
Absolutismus
gewalt beanspruchen darf, der zugleich weder in der Machtausübung noch in der Gesetzgebung an die Mitwirkung politischer Stände gebunden ist. Zumeist gebräuchlich als histor. Begriff zur Bezeichnung einer Übergangsepoche zwischen feudalen Herrschaftsverhältnissen (Lehnsherrschaft) und modernen Staatsformen (z. B. parlamentarische Republik, konstitutionelle Monarchie). Im A. verliert der Feudaladel, neben der Geistlichkeit und dem Bürgertum, bereits wichtige politische Funktionen, die auf die dem Monarchen unmittelbar verantwortliche Bürokratie über gehen. Rechtfertigungsversuche durch J. Bodin (Hw.: Les six livres de la république, 1576), der dem Herrscher ›absolute‹, d.h. unteilbare, nicht an Konsens gebundene Staatsgewalt (»puissance absolue et perpétuelle«) zubilligt, eine Herrschaft, die aber an göttliches Recht und 8Naturrecht gebunden ist (Bindung an Prinzipien der 8Gerechtigkeit, des 8Gemeinwohls, des Eigentumsschutzes, der Sicherheit). Elemente des A. werden gerechtfertigt in der politischen Theorie von N. Machiavelli: Fähigkeit des Herrschers zum Machterwerb und zur Machterhaltung, unabhängig von ethischen Normen und rechtl. Begrenzungen (vgl. Il principe, 1532), in der Herrschaftstheorie von J. Lipsius (vgl. Politicorum sive civilis doctrinae libri sex, 1589), in eingeschränkter Form ebenfalls von Th. Hobbes (Elementa philosophica de cive, 1642; Leviathan, 1651): alle Herrschaftsformen, damit auch absolute Herrschaft,
Abstammungslehre
bleiben gerechtfertigt, wenn sie an einen 8Gesellschaftsvertrag gebunden sind. Abstammungslehre, Übers. für Deszendenztheorie (von lat. descendere ›herabsteigen‹, abstammen); die Lehre von der Entstehung der Arten (8Phylogenese), nach der sich alle Lebewesen einschließlich des Menschen aus einer oder einigen wenigen Urformen im Laufe sehr großer Zeiträume durch allmähliche Umbildung auseinander entwickelt haben, im Gegensatz zur Schöpfungs- und Typentheorie, wonach die Gattungen und Arten einmal geschaffen worden und seitdem fest und unveränderlich sind (8Konstanz der Arten). Die A. wurde – nach Ansätzen bes. bei G. W. Leibniz und I. Kant (KdU § 80) – zuerst von J. Lamarck in der Philosophie Zoologique (1809), dann vor allem von Ch. R. Darwin in dem Werk On The Origin of Species by Means of Natural Selection (1859) erneuert, von Th. Huxley kurz darauf erstmalig ausdrücklich auf den Menschen angewandt, von E. Haeckel (Generelle Morphologie der Organismen, 1866; Natürl. Schöpfungsgeschichte, 1868; Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen, 1874; Systematische Phylogenie. Entwurf eines natürl. Systems der Organismen auf Grund ihrer Stammesgeschichte, 1894- 96) weiter ausgebaut. Die A. ist – nach dem Grundgedanken der Variation der Lebewesen am Leitfaden der Evolution, vor allem durch Selektion und Mutation – ein gesicherter Bestandteil des naturwissenschaftl. Weltbildes geworden.
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Urspr. behauptete die A. nur die reale Entwicklung der Arten aus einem (Monophylie) oder mehreren (Polyphylie) Grundstämmen, ohne damit schon die 8Evolution erklären zu können. Abstoßungskraft (lat. vis repulsiva), der Gegenbegriff zu 8Anziehung. abstrahieren, von lat. abstrahere ›fortschleppen‹, rauben (gr. aphairein), abziehen, absehen von etwas. 8Abstraktion, 8abstrakt. abstrakt, lat. abstractum, Plural: abstracta, von Boethius eingeführte lat. Übers. der aristotel. Begriffe chôrista (die von der Materie ›getrennten‹ Wissenschaften) und ta ex aphaireseôs (das mathem. ›Seiende‹, das unabh. von physischen Merkmalen – wie z. B. Bewegung, Körperlichkeit – Existierende). In der mittelalt. Philosophie wird zunächst zwischen a.en Namen (z. B. deitas ›Gottheit‹; humanitas ›Menschheit‹, Menschlichkeit) und konkr. Namen (deus ›Gott‹; homo ›Mensch‹) unterschieden (Averroes, Bonaventura, Thomas v. Aquino, Meister Eckhart, Nikolaus v. Kues). A.e Namen und Begriffe bezeichnen hier, wie die konkreten, ebenfalls ›Seiendes‹. Im Unterschied dazu eliminiert Wilhelm von Ockham die bis dato gültige Unterscheidung zwischen a.en und konkreten Namen, wonach Abstrakta allgemein bzw. ideell Seiendes kennzeichnen, während konkrete Begriffe spezifisch Dingliches, materiell Seiendes bedeuten. ›Deus‹ und ›deitas‹, ›homo‹ und ›humanitas‹ sind für Wilhelm v. Ockham jeweils synonym, in einer
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anderen Hinsicht äquivalent. Nichtsynonyme a.e Namen kennzeichnen ›Subjekte‹ (z. B. ignis, ›Feuer‹), im Unterschied zu 8Akzidentien (igneus, ›feurig‹). A.e Namen können aber auch den Teil eines konkreten Ganzen bezeichnen (z. B. anima ›Seele‹, im Untersch. zu animatum ›das Beseelte‹). G. W. Leibniz (Nouv. ess., 1765, III. 8) unterscheidet noch einmal logische Abstrakta (z. B. mathematische Gegenstände) und das real A.e (in Teilwesenheiten, 8Akzidentien). J. Locke nennt die aus partikularen Ideen gewonnenen Vorstellungen ›abstract ideas‹, so daß alle Begriffe, ausgenommen Eigennamen, also die gesamte Begriffsbildung der Sprache a. genannt wird (An Essay Concerning Human Understanding, III, 8), 8Abstraktion. Abstraktion, spätlat., ›Abziehung‹, Beraubung (gr. aphairesis); der Vorgang oder auch das Ergebnis des Abgehens vom Besonderen, Zufälligen, Unwesentlichen, um das Allgemeine, Notwendige, Wesentliche zu erhalten. Dazu: 8abstrahieren. Aristoteles hatte als erster einen logisch- metaphys. Begriff der A.; abstrakt heißen bei ihm die von der Materie losgelösten Formen, bes. die mathem. Größen (Anal. post. 81 b); der A. stellte er die Konkretion (gr. prosthesis, lat. determinatio) gegenüber. Den psychologischen Begriff der A. als Vorstellungakt, als des allmählichen Heraushebens gemeinsamer Eigenschaften aus der Vielheit der Gegenstände, entwickelte erst J. Locke (An Essay Concerning Human Understanding, 1690). Seit dem 18. Jh.
abstrus
wenden sich die Vertreter der damals neu entstandenen deutschsprachigen Philosophie gegen die ›A.en des Verstandes‹: J. G. Herder gegen die Aufklärung und I. Kant, die histor. Schule einschl. L. v. Ranke gegen die Aufklärung und G. W. Fr. Hegel; auch Hegels Kritik der ›leeren‹ A. und seine Theorie des konkreten Begriffs ist nur aus dieser Frontstellung zu verstehen. Hegel billigt die A. als method. Prinzip, um die Erscheinung auf das Wesentliche zurückzuführen (8abstrahieren); aber er lehnt sie ab als Ergebnis, wenn dieses nicht wieder in die Bewegung des Denkens aufgenommen, sondern fixiert, verabsolutiert oder in dieser seiner Abstraktheit unmittelbar »an die Wirklichkeit gewendet wird«: »A.en«, wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, »in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit zerstören« (Gesch. d. Philos. III., Kap. I. Kant). – In der modernen Logik bez. man mit A. eine Operation, mit der durch invariantes Sprechen über Gegenstände neue Gegenstände gewonnen werden. Z.B. hat G. Peano (Le definizioni per astrazione, 1915) Zahlen als A.en von Aggregaten von Gegenständen def., die untereinander zählgleich sind, wobei jedes dieser Aggregate als Repräsentation derselben Zahl gilt. Abstraktionsschema, in der formalen Logik das Schema zur Einführung idealer Gegenstände. 8Abstraktion. abstrus, von lat. abstrudere ›wegstoßen‹, verborgen, dunkel, unverständlich.
absurd
absurd, lat., ›mißtönend‹, allg. svw. widersinnig, sinnlos; daneben auch Merkmal theolog. Aussagen, die sich nicht beweisen lassen, sondern nur geglaubt werden können (8credo quia absurdum), daher die zusätzliche Bedeutung ›mit der menschl. Vernunft nicht erfaßbar‹ (so z. B. in der 8Existenzphilosophie: S. Kierkegaard, A. Camus; in dieser Bedeutung bereits bei B. Pascal). Das A.e ist schon bei Kierkegaard belegt als Synonym für 8Paradox(on), das als das Unbegreifliche nur durch den Glauben begriffen werden kann, vgl. ders. Philos. Brocken, EA dän. 1844, dt. 1890, 3. Kap.); bei J.- P. Sartre ist a. Merkmal des Faktums des für den Menschen Gegebenen, dem dieser durch seinen Entwurf noch keinen 8Sinn gegeben hat (Das Sein und das Nichts, EA frz. 1940), bei Camus Erfahrung des Zwiespalts zwischen Sinnanspruch und fehlender Verwirklichung (Der Mythos von Sisyphos, EA frz. 1942), der ständig zum Widerstand, zur Revolte motiviert. Ad absurdum führen: den versteckten Widersinn einer Behauptung aufdecken und sie dadurch widerlegen; auch: eine an sich gute, zweckmäßige Zielsetzung o. ä. durch Übertreibung um ihren Sinn bringen (z. B. bei dem sog. »Dienst nach Vorschrift«). Abtrennungsregel, vgl. 8Modus ponens. abundant, von lat. abundare ›überfließen‹, überflüssig. A. heißt eine 8Definition, die zuviel, d. h. solche Merkmale enthält, die aus den übrigen gefolgert werden können und daher nicht zur Definition
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erforderlich sind. Abundantia, lat., Personifikation des Wohlstandes, allegorisch dargestellt in der röm. Antike als Füllhorn, Globus, Schiff oder durch Ähren. Abundanz, lat., ›überflutend‹; in der Rhetorik stilist. Begriff (schon bei Quintilian, Institutio oratoria) zur Bezeichnung der Fülle sprachl. Ausdrucksformen, mit der derselbe Gedanke in versch. Formen wiedergegeben werden kann (auch: 8Pleonasmus). Auch Begriff der Demographie für Bevölkerungsdichte, vergleichbar auch in der 8Ökologie: die auf eine Fläche, Raumeinheit bezogene Individuenzahl einer Art, das Maß für Artendichte, auch die Häufigkeit des Vorkommens von Individuen einer Art im Verhältnis zur Individuenzahl zu der dieser Art zuzuordnenden höheren systemat. Einheit (z. B. eine Käferart im Verhältnis zur Gesamtzahl der Käfer in einem best. Areal). Abundanzregel ist eine ökologische Regel, nach der in vielseitigen Lebensräumen die Arten mit großer Anpassungsfähigkeit eine größere Individuendichte aufweisen (A.) als weniger anpassungsfähige Arten, welche jedoch in einseitigen Biotopen mit extremen Lebensbedingungen verbreiteter sein können (eine größere A. haben können). acervus, lat. ›Haufen‹, Übers. von gr. 8sorites. Achill, gr. Achilleus, heißt einer der Scheinbeweise des Zeno von Elea, durch die er nachweisen wollte, daß die 8Bewegung Schein sei: A., der schnellste Läufer, kann die Schildkröte, das langsamste Tier, niemals einholen, wenn sie
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nur einen geringen Vorsprung hat; denn wenn er diese Strecke durchlaufen hat, ist sie inzwischen ein kleines Stück vorwärtsgekommen; während er dieses durchläuft, kommt sie wieder ein Stück voran usf. bis ins 8Unendliche, da A. immer erst wieder dahin kommen muß, wo die Schildkröte kurz vorher schon war. Vgl. auch Aristoteles (Physik VI 9. 239 b 14) und Simplicius (in seinem Kommentar zu dieser Stelle 1013, 31). Die Behauptung, daß der unendliche Prozeß unendlich viel Zeit erfordert, ist falsch; vgl. 8Paradoxie. Achtung, germ. Wurzel ah ›meinen‹, ›denken‹, mhd. ahte (verw. mit got. aha ›Verstand‹, ahjan ›meinen‹), ›Aufmerksamkeit‹, erhalten in achthaben, achtgeben, auch im Kommando »A.!«. Von hier aus entwickelte sich A. zu der engeren und gesteigerten Bedeutung von Wertgefühl, Hochschätzung, insbes. die Anerkennung einer Person. Sie ist nach I. Kant ein »durch einen Vernunftbegriff selbstgewirktes Gefühl«, also auch als Haltung vernunftgeleitet (Grundl. zur Met. d. Sitten, BA 17 Anm.). Hierher rühre die A. vor einer Person; sie »ist eigentlich nur Achtung fürs Gesetz ... , wovon jene uns das Beispiel gibt« (ebd.). Zwar gilt: Die »A. geht jederzeit nur auf Personen, niemals auf Sachen« (KpV, A 136), worauf sich aber auch 8Ehrfurcht beziehen kann. A. zielt jedoch auf die Person selbst, nicht auf die Leistung des Menschen. Denn »A., die ich für andere trage, oder die ein anderer vor mir fordern kann ..., ist ... die Anerkennung einer Wür-
Achtung
de ..., d. i. eines Werts, der keinen Preis hat« (Met. d. Sitten, A 139). Dadurch erhält die in den 8Menschenrechten geforderte »A. der Menschenwürde« eine theoretische Grundlage, die den konkreten Menschen betrifft. ›A. gebieten‹ können sich die empirischen Menschen nur selbst, in Selbstanspruch und Selbstverbindlichkeit. Sie als Gehorsam zu fordern ist widersinnig, insofern A. eine sittliche Haltung ist. Darüber hinaus führte Kant mit dem Begriff der 8Pflicht den der A. als Beurteilungsvermögen in die Ethik ein. »Die unmittelbare Bestimmung des Willens durchs Gesetz und das Bewußtsein derselben heißt A., so daß diese als Wirkung des Gesetzes aufs Subjekt und nicht als Ursache desselben angesehen wird. Eigentlich ist A. die Vorstellung von einem Wert, der meiner Selbstliebe Abbruch tut ... Alle A. für eine Person ist eigentlich nur A. fürs Gesetz (der Rechtschaffenheit usw.)«, die Person nur »das Beispiel eines Gesetzes« (Grundl. zur Met. d. Sitten, 1785, BA 16/17 Anm.). In der Kritik der Urteilskraft (§ 27) wird A. definiert als »das Gefühl der Unangemessenheit unseres Vermögens zur Erreichung einer Idee, die für uns Gesetz ist«. Der Gegenstand der A. ist in diesem Kontext das »moralische« Gesetz, nicht die 8Person, sondern »die Idee der Menschheit in unserem Subjekte« (s. ebd.). Fr. Schiller erklärt im Anschluß an Kants Kritik der Urteilskraft (§ 27) die A. aus dem »Widerstreit zwischen dem Bedürfnis der Natur und der Forderung des Ge-
actus purus
setzes, dessen Gültigkeit wir doch eingestehen«: »Sie ist ein Gefühl des empirischen Willens von dem reinen.« Während der Mensch in der Begierde diesen Abstand gar nicht erfährt, hat er ihn in der Liebe überwunden. In der A. ist das Gemüt »angespannt«, hingespannt zu dem Vernunftgesetz. »Hochachtung hingegen geht schon auf die wirkliche Erfüllung des Gesetzes und wird nicht für das Gesetz, sondern für die Person, die demselben gemäß handelt, empfunden ... A. ist Zwang, Hochachtung schon ein freieres Gefühl.« (Über Anmut und Würde, 1793). Für J. G. Fichte ist der »Trieb zu gegenseitiger A. das Band, was die Menschen zur Einheit des Sinnes verknüpft«. Selbstachtung und A. anderer bedingen einander: »Im Kinde, ausgehend von unbedingter A. für die erwachsene Menschheit außer sich«, gestaltet sich dieser Trieb dazu, »von diesen geachtet zu werden und an ihrer wirklichen A., als seinem Maßstabe, abzunehmen, inwiefern es auch selbst sich achten dürfe ... Der mündige Mensch hat den Maßstab seiner Selbstschätzung in ihm selber und will von andern geachtet sein, nur inwiefern sie selbst erst seiner A. sich würdig gemacht haben« (Reden an die dt. Nation, 1808, 10. Rede). Ähnlich G. W. Fr. Hegel: »Der Mensch, da er Geist ist, darf und soll sich selbst des Höchsten würdig achten« (Vorles. üb. d. Gesch. d. Phil., Einl.). Bei E. Durkheim (L’Education morale, 1925) wird A. vor den gesellsch. Regeln als zentrales Ziel öffentl. profaner Erziehung bez.; in der
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Moralsoziologie von N. Luhmann (ders. u. a., Theorietechnik u. Moral, 1978) wird A. als die elementare moralbegr. Sozialbeziehung von ›Ego‹ (8Ich) und ›Alter‹ (8alter ego) analysiert. Vgl. 8Ehrfurcht. actus purus, lat. ›reines Wirken‹, lauteres Tun; die stofflose Form, Tätigkeit oder Wirklichkeit (im Sinne von Wirksamkeit), im Unterschied zur stoffgebundenen Form, Möglichkeit (8Potenz), ein auf Aristoteles (Met. XI 7, 1072 b ff.) zurückgehender scholastischer Begriff zur Bestimmung Gottes, der alles, was er sein kann (was möglich ist), auch wirklich ist: Deus est a. p., non habens aliquid de potentialitate (Thomas v. A., Summa theol. qu. 3 art. 2). Die Auffassung des Urseins oder Weltgrundes als a. p. war ein Versuch, die Frage nach dem Verhältnis von 8Grund und 8Existenz zu beantworten. Adaption (auch Adaptation), von lat. adaptare ›anpassen‹; in der Psychologie die 8Anpassung eines Organs an den Reiz, z. B. der Netzhaut an die Lichtstärke oder der Haut an die Temperatur, ganz allgemein des beseelten Lebewesens an die Umweltbedingungen, z. B. Akklimatisierung. In unterschiedlichen Wissenschaften wird A. auch allg. verwendet zur Bezeichnung einer Fähigkeit organischer oder auch technischer selbstregulierender Systeme, auf Änderung der Umgebung mit einer Änderung des eigenen Systemzustandes zu reagieren, so z. B. in der Sozialpsychologie die Anpassung des Menschen an die soziale Umwelt. In der Sprachwissenschaft heißt A.
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Übertragung eines Formelementes (z. B. grammat. oder semantische Funktion) auf ein anderes Wort (z. B. bei der Flexion), in den Literaturwissenschaften die Umarbeitung eines literar. Werks, um es einem anderen Kommunikationsmittel bzw. einer anderen Kunstgattung anzupassen (z. B. A. von Erzählwerken für die Bühne, den Film u.a.). Der Begriff wurde von H. Aubert (Physiologie der Netzhaut, 1865) eingeführt, um die Anpassung der Sensibilität von Sinnesorganen an unterschiedliche Reizintensitäten zu bezeichnen. In der 8Evolutionstheorie versteht man unter A. die Fähigkeit zur Reproduktion eines Genotyps. Der Anpassungswert einer Population bemißt sich daran, wie viele überlebende Nachkommen ein bestimmter Genotyp gegenüber einem anderen hervorbringt. In der Biologie und Psychologie versteht man unter A. eines Organismus die Abschwächung einer Erregung oder Reaktion als Folge kontinuierlich einwirkender Reize von bleibender Intensität. In der Psychologie nennt man A. außerdem den Sachverhalt, der eintritt, wenn bei einer Dauerreizung die Empfindungsintensität subjektiv abnimmt, auch wenn sich die objektiv meßbare Reizintensität vergrößert oder nicht verändert. Adäquanztheorie, lat./gr. Neubildg., beschäftigt sich mit dem Problem adäquater Verursachung: Ursache eines Erfolgs (bzw. Schadens) ist jede Bedingung, die nicht weggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg (Schaden) ausbleibt
additiv
(8conditio sine qua non). Der Begriff wird in der Philosophie, in den Naturwissenschaften und in der Jurisprudenz gebraucht. In der Strafrechtslehre spielt sie eine Rolle bei der Klärung der Frage, ob einem Täter 8Schuld zugeschrieben werden kann. Für die Lehre vom Zivilrecht, das auch eine Haftung ohne Verschulden kennt, ist sie ebenfalls von Bedeutung. Nach der A. liegt eine haftungs- bzw. strafrelevante Bedingung nur dann vor, wenn nach der Lebenserfahrung mit dem Auftreten des Erfolgs (des Schadens) zu rechnen war. adäquat, von lat. adaequare ›angleichen‹, gleichmachen; angemessen, übereinstimmend, gleichkommend; in der Scholastik gebr. zur Bez. der Übereinstimmung der Vorstellung, die wir uns von einem Gegenstand bilden, mit diesem Gegenstand selbst. Durch adaequatio ›Übereinstimmung‹ (gr. homoiôsis) ist der traditionelle Begriff der Wahrheit überhaupt charakterisiert (8Wahrheitstheorien). Nach Aristoteles (De interpretatione I 16a 1) sind die in der Seele hervorgerufenen Vorstellungen Abbilder (homoiômata) der Dinge. Thomas v. A. definiert: veritas est adaequatio rei et intellectus »Wahrheit ist die Übereinstimmung des Gegenstandes und des Verstandes« (Summa theol. qu. XVI, art. 1, 3); er sagt statt adaequatio auch correspondentia ›Entsprechung‹ und convenientia ›Übereinkunft‹. 8Abbildtheorie. additiv, von lat. addere ›hinzufügen‹, summenhaft, durch bloßes Zusammensetzen zustande gekommen.
Adept
Adept, von lat. adeptus ›einer, der etwas erlangt hat‹, ein Eingeweihter; in der 8Alchemie derjenige, der den ›Stein der Weisen‹ gefunden hat, in weiterem Sinn jeder, der von einem ›Meister‹ in eine Kunst oder Wissenschaft tiefer eingeführt worden ist. Addition, lat. das ›Hinzufügen‹; in der Arithmetik eine der vier Grundrechenarten. Logische A.: ältere Bez. für die Bildung einer Vereinigungsmenge zweier Mengen oder des Adjungats zweier Aussagen (8Adjunktion). ad hominem demonstrieren, lat., heißt, mit Rücksicht auf die bes. Fassungskraft eines Menschen, also nicht rein sachlich, nicht allgemeingültig, beweisen oder erklären. Adiaphora, gr. das (ethisch) Gleichgültige, in der antiken Ethik und in der Sprache des NT verwendet für sittlich irrelevante Handlungen. Adjunktion, von lat. adiunctio ›Anreihung‹, in der 8Logik die Zusammenfügung zweier Aussagen A und B zu einer komplexeren Aussage »A oder B« mit Hilfe des aussagenlogischen 8Junktors »oder« (symbolisch oft ∨, vgl. auch 8Aussagenlogik). So entsteht aus den Aussagen »Sokrates war Grieche« (p) und »Sokrates war Philosoph« (q) durch A. der komplexere Satz »Sokrates war Grieche oder Sokrates war Philosoph« (p ∨ q). Häufig wird die durch den Vorgang der A. enstandene Aussage ebenfalls ›Adjunktion‹ genannt (manchmal auch ›Adjungat‹). Den ›oder‹- Junktor nennt man ›Adjunktor‹. In der aus-
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sagenlogischen 8Semantik legt man für A.en die folgende 8Wahrheitsbedingung fest: Für beliebige Aussagen A, B gilt: A ∨ B ist wahr, wenn mindestens eine der Aussagen A und B wahr ist; sonst ist A ∨ B falsch. Durch diese Regel ist die Bedeutung des Adjunktors (»oder«, ∨ ) in der Aussagenlogik bestimmt. Weil die Wahrheit von A ∨ B die Möglichkeit einschließt, daß sowohl A als auch B wahr sind, nennt man den Junktor » ∨ « oft auch das »inklusive (einschließende) ›oder‹«. In der Alltagssprache verwendet man das Wort »oder« häufig eher in dem ›exklusiven‹ Sinne von »entweder... , oder...«, der die gleichzeitige Wahrheit beider Alternativen ausschließt (vgl. 8Kontravalenz). Für die Logik ist das inklusive »oder« jedoch wichtiger. In der 8Prädikatenlogik wird zuweilen der Existenzquantor (symbol. V oder ∃, vgl. 8Quantor) als ›große‹ A. bez. In der Linguistik wird A. eine Art der Transformation einer Satz- oder Phrasenstruktur gen., bei der eine sprachl. Einheit einer anderen hinzugefügt wird; in der Rhetorik Begr. zur Bezeichnung der Koordinierung bedeutungsverschiedener, jedoch syntaktisch voneinander abhängiger Wortgruppen mit dem Ziel, eine übergeordnete Vorstellung zu erläutern, Kompositionsprinzip vieler Rätsel (z. B.: Ein gefräßiges Maul/ ein feuriger Bauch/ ein eiserner Darm/ das macht uns warm; Lösung: Ofen). Advaita, sanskr. ›ohne ein zweites‹; das Nichtviele, das Eine. A. wird sowohl das 8Brahman genannt als auch die theistisch- moni-
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stische Lehre von ihm, daß A. alles sei, so daß Welt und Einzelseelen, durch es gelenkt, ihre Wirklichkeit haben als sein Körper und seine Eigenschaften (8Pantheismus, 8Monismus). A. kommt als All- Einheit im Sinne e. Unikats in vielen indischen Systemen vor, auch personifiziert als Krishna. Aenigma, gr. ainigma ›Rätsel‹, Rätselwort, urspr. Begriff aus der Mythenerklärung und Orakelsprache; in der Rhetorik: undurchsichtige 8Allegorie; in der theolog. Schriftauslegung Begriff der allegorischen Deutung des ›Wortes Gottes‹; die Philosophie wird von Nikolaus von Kues selbst scientia enigmata genannt. Gemeint ist damit ein Wissen, die um die 8docta ignorantia erweitert wird. Der göttlichen Schöpfung wird selbst Ae.Charakter zugeschrieben, insofern die Wirklichkeit nur in Rätselbildern erfaßbar und die Gotteserkenntnis nur aus den Bildern der Schöpfung erschließbar ist. Affekt, von lat. afficere ›in einen Zustand versetzen‹; der durch äußere Eindrücke bewirkte (körperliche oder seelisch- geistige) Zustand, auch Gemütsverfassung, Gemütsbewegung (vgl. 8Pathos), eine im Unterschied zur 8Leidenschaft vorübergehende heftige seelische Erregung. Der A. wird oft von starken körperlichen Ausdruckserscheinungen begleitet (Lachen und Weinen, Erblassen vor Furcht, Erröten vor Zorn, Ballen der Fäuste u. a.). Schon früh wurden bei den Griechen zwei Grundaffekte, Lust (hëdonë ) und Leid (lypë), unterschieden. Bei Plato
Affekt
(z. B. Theaitetos 156 B) treten vier A.e auf: 8Lust, 8Leid, 8Begierde (epithymia) und 8Furcht (phobos); Aristoteles definiert die A.e als seelische Vorgänge, die mit Lust oder Leid verbunden sind (Nik. Ethik II,4, 1105 b 11 ff.) und zählt deren elf auf: Begierde, Zorn (orgë), Furcht, Mut (thrasos), Neid (phthonos), Freude (chara), Liebe (philia), Haß (misos), Sehnsucht (pothos), Eifer (zëlos) und Mitleid (eleos). Die Stoiker stellten den vier 8Kardinaltugenden die gen. vier platonischen A.e gegenüber. Als Ideal galt ihnen die Mäßigung bzw. die Überwindung der A.e, die Affektlosigkeit (8Apathie). Diese A.nlehre wurde (bes. durch die von Augustinus aus der Stoa übernommene Lehre von der Perversion, d. h. der Verkehrung des Willens dadurch, daß er sich durch die A.e statt durch die Vernunft bestimmt) mit dem christlichen Begriff der 8Sün de verbunden, die nun als eine Verkehrung der ursprünglichen, gottgewollten Ordnung der Seelenkräfte erscheint. Die Scholastiker bauten die A.nlehre weiter aus und unterschieden neben sieben Haupttugenden und den sieben Todsünden sieben A.e: Hoffnung, Furcht, Freude, Schmerz, Haß, Liebe, Scham. Thomas v. Aquin ordnete sie unter die beiden Grundaffekte der Begehrlichkeit (vis concupiscibilis) und der Zornmütigkeit (vis irascibilis) ein. Descartes (Traité des passions de l’âme, 1649) kennt fünf praktische (Liebe, Haß, Verlangen, Freude, Schmerz) und einen theoret. Grundaffekt, die Verwunderung. B. Spinoza
Affektenlehre
betrachtet in Ethica (III, 59) den A.zustand auf der einen Seite als eine Art von triebhafter, willentlicher Selbständigkeit. »Der A. ist eine verworrene Idee, durch welche der Geist eine größere oder geringere Daseinskraft seines Körpers ... bejaht als vorher und durch deren Gegebensein der Geist selbst bestimmt wird, eher dies als etwas anderes zu denken.« – Für I. Kant sind die A.e »Gefühle der Lust und Unlust, die die Schranken der innern Freiheit im Menschen überschreiten« (Anthrop. § 61 Anm.), die »im Subjekt die Überlegung ... nicht aufkommen« lassen (ebd. § 73), also in jedem Fall »die Freiheit des Gemüts« hemmen, während die Leidenschaften sie aufheben (KdU § 29 Allg. Anm.). In der Psychologie des 20. Jh. versteht man unter A. einen reaktiv entstandenen, intensiven, relativ kurz andauernden Erregungszustand, entweder ausgehend von einer vorgegebenen Reizsituation oder ausgelöst durch die Vorstellung eines zuvor erlebten A.zustandes. A.e können zu beschleunigten Handlungsabläufen führen, mitunter ohne Einsicht in Sinn und Folgen bei A.handlungen. Im Strafrecht wird A. def. als Sonderfall von Bewußtseinsstörung, als Strafmilderungsgrund bzw. als Begründung für Strafausschluß (nach § 51 StGB der BRD) relevant. Affektenlehre, 1. Theorie über das Eigentümliche und die Wirkungen von 8Affekten; 2. Theorie von der Wirkung von Musik auf das Erleben und Empfinden von Menschen; in vielen Kulturen ver-
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bunden mit der Auffassung, daß sich Affekte (z. B. Schmerz, Trauer, Zorn, Freude) in Tönen und Tonfolgen wiedergeben lassen. Bei Plato wird das, was später A. heißt, mit der These verbunden, daß es der spezifische Charakter bestimmter Tonarten sei, welcher eine psychische und ethische Wirkung auf den Hörer auslöst (Politeia, 3. Buch). In der Neuzeit tritt die A. häufig verbunden mit der These auf, daß die Musik selbst eine Variante der menschlichen Sprache sei und daher vergleichbar oder analog zur verbalisierten Sprache Gefühle ausdrücke. Affektion, lat. affectio ›Antun‹, Einwirkung (dazu: 8affizieren). R. Descartes nennt A. die Einwirkung der Gegenstände auf die Sinne (Les passions de l’âme, 1649, II, 1); desgl. bei I. Kant, darüber hinaus auch die Gegebenheitsweise von Gegenständen für das 8Gemüt; außerh. d. Phil.: veraltet für Wohlwollen, Neigung; dazu affektioniert: wohlwollend, geneigt, zugetan; affektiv: gefühlsbetont, auf einen 8Affekt bezogen, durch heftige Gefühlsäußerung gekennzeichnet; Affektivität: Gefühlsansprechbarkeit, Erregbarkeit, Erregtheit, svw.: Emotionalität (8Emotion). afferent, lat. ›hin- /zuführend‹; in der Physiologie: über Nervenbahnen von Sinnesorganen zum Zentralnervensystem führend, Ggs.: 8efferent; dazu Afferenz: Erregung, die über die a.en Nervenfasern geführt wird. Affinität, die Grenznähe, die Nachbarschaft, die Verwandtschaft; dazu: affin, lat., ›angrenzend‹, benach-
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bart, verwandt; in der Logik das Verhältnis von Begriffen gleicher Art zueinander, in der Psychologie die Ähnlichkeit von Vorstellungen, auf der die 8Ideenassoziation beruht. In der Erkenntnistheorie bei I. Kant ist »A. der Mannigfaltigkeit« der »Grund der Möglichkeit der Assoziation des Mannigfaltigen, sofern er im Objekte liegt«. Diese A. ist nach Kant transzendental; die empirische A., die »durchgängige A. der Erscheinungen« selbst, ist ihre »bloße Folge« (KrV, A 113 f.). Chemische A. heißt der Grad der Leichtigkeit, mit der sich einzelne Stoffe verbinden. Die biologische A. oder »Kontinuität der (organischen) Formen« formuliert Kant (KrV A 657/8 ff., B 685/6 ff.) als Gesetz des »Übergangs von einer jeden Art zu jeder anderen durch stufenartiges Wachstum der Verschiedenheit«. In der Botanik spricht man von sexueller A. der Pflanzen. In der Geometrie heißt affin jede 8Abbildung, die durch Parallelprojektionen erzeugt werden kann. Affine Geometrie ist die Theorie derjenigen Relationen, die invariant sind in Beziehung auf alle A.en. Affirmation, lat., ›Versicherung‹, Übers. von gr. kataphasis ›Bejahung‹; Gegensatz: Verneinung (gr. apophasis, lat. negatio); affirmativ, bejahend, heißt ein Aussagesatz, in welchem dem Subjekt ein Prädikat beigelegt wird: S ist P; negativ, wenn ihm ein Prädikat abgesprochen wird: S ist nicht P (8Urteil, 8Qualität). In der Kritischen Theorie der 8Frankfurter Schule gebr. (im Unterschied zu
Aggregat
kritisch, vgl. 8Kritik) zur Kennzeichnung von Positionen, in welchen bestehende gesellsch. Machtverhältnisse gebilligt oder hingenommen werden. affizieren, lat. afficere ›hinzutun‹; antun, bewirken, erregen; affiziert: bewirkt, erregt, betroffen (vgl. 8Affekt); affiziertes Objekt heißt in der Sprachwissensch. der Satzteil, welcher den unmittelbaren Gegenstand einer Handlung bezeichnet, z. B.: ›die Straße‹ pflastern. agapë, gr. (lat. caritas) ›die 8Liebe‹, durch das N.T. zum festen Begriff geworden, aber dem Gehalt nach schon vorher deutlich von 8Eros und philia unterschieden. Das gr. Zeitwort agapan bedeutet ›sich zufrieden geben mit etwas‹, auch: jemanden mit Achtung behandeln, bevorzugen; Plotin (Enneaden VI, 6) gebraucht es für die herabsteigende Liebe: ein vom Subjekt ausgehendes, freies Tun, wodurch das Geringere erhoben wird, während eros, die emporsteigende Liebe, ein Zustand des Bestimmtseins durch etwas und der Drang nach ihm ist. agathon, gr. ›das Gute‹; Agathologie, die Lehre vom Guten. Agens, lat., von agere ›in Bewegung setzen‹, ›treiben‹; treibende Kraft, wirkendes, sich betätigendes, handelndes Wesen; Pl. Agenzien. Aggregat, von lat. aggregare ›zur Herde scharen‹, zusammenhäufen; ein durch bloß örtliche Annäherung einzelner selbständig und unverändert bleibender Teile entstandenes Ganzes, z. B. ein Haufen Getreide, im Unterschied zu einem
Agression
innerlich verbundenen Ganzen, einem 8Organismus, einem 8System. Da jeder Körper ein A. aus Molekülen ist, werden in der Physik nach der verschiedenen Anordnung der Moleküle und ihrem verschiedenen Bau die Aggregatzustände – z. B. fest, flüssig, gasförmig – unterschieden. Aggression, von lat. aggredi ›herangehen‹; im Völkerrecht svw. Angriff; dazu aggressiv. In der Verhaltensforschung nennt man A. sowohl Angriffshandlungen als auch Angriffsbereitschaft von Tieren gegen Rivalen; in die Psychologie wurde der Begr. A. eingef. durch die 8Psychoanalyse in weitestgeh. Bed.: affektbesetztes Angriffsverhalten gegen Mitmenschen, Tiere, Organismen oder auch leblose Gegenstände; eine zielgerichtet selbstverletztende 8Handlung oder Handlungsweise bez. man hier als Autoaggression. Im allg. spricht man sonst von A.shandlungen lediglich bei beabsichtigter oder inkauf genommener phys. oder psych. Verletzung anderer Menschen, schmerzempfindender Tiere sowie bei bewußten Akten zur Beeinträchtigung gesellsch. 8Institutionen. In der psychol. Forschung ist es umstritten, wie weit A. als reaktive Handlungsweise (z. B. auf Frustration folgend) oder triebgebunden und damit als nur bedingt umweltabhängig auftritt. Eine 8Disposition zu aggressiven Handlungen nennt man Aggressivität. Agnosie, gr., ›Unwissenheit‹, bei Sokrates der Ausgangspunkt (vgl. Plato, Apologie 21 B), bei den Skeptikern das Endergebnis des Philo-
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sophierens (vgl. 8docta ignorantia); in der Psychopathologie die Unfähigkeit, Sinneseindrücke kognitiv zu verarbeiten. Agnostiker, Neub. aus gr. a ›nicht‹ und gnôstikos ›erkennend‹; wörtl.: die Nichterkennenden; zuerst von dem engl. Naturforscher Th. Huxley im 19. Jh. gebr. zur Bezeichnung derjenigen, die über die letzten Gründe des Seins, das Absolute, nichts wissen zu können behaupten, also jede Metaphysik ablehnen. Huxley hat den Ausdruck A. (engl. agnostics) in Hinblick auf den 8deus absconditus des N. T. gebildet; dazu Agnostizismus, die Lehre von der Unerkennbarkeit des Seienden. Als A. wurden die 8Sophisten bez. (s. Diogenes Laertios, IX, 51), die Skeptiker (8Skepsis), ferner christl. Theologen, welche eine 8doppelte Wahrheit behaupten. Agôn, gr. ›Versammlung‹, das Kampfspiel, der Wettkampf, dazu agonal, lat., wettkampfartig, im Sinne des Wettkampfs (8Kampf). Ähnlichkeit, die Übereinstimmung in mehreren Merkmalen. Dazu: ähnlich, von mhd. anelich, urspr.: über ›Ahnen‹ verwandt; in später Bed. erst von M. Luther eingeführt als ehnlich, eine Nebenform zu einlich, somit zu ›ein‹ sich verhaltend wie lat. similis zu semel, erst im 17. Jh., wahrscheinlich von J. Kepler, in der Bedeutung von gr. analogon und lat. similis von gleich (lat. aequalis) unterschieden. Der Begriff der Ä. spielt bes. im Zusammenhang des Erkenntnisproblems eine große Rolle. Pythagoras, Empedokles, Demokrit u. a.
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behaupten, daß Ähnliches nur durch Ähnliches erkannt werden könne (Aristoteles, De an. I, 2). Für Plato ist die Ä. der Wahrnehmungsgegenstände mit den 8Ideen Bedingung der 8Anamnese. Für Aristoteles vgl. 8adäquat, für die Scholastik 8analogia entis. Man kann Ä. als Spezialfall von 8Analogie definieren. Dabei muß ein Ding (oder Ereignis oder System) sich in ein zu ihm ähnliches ›überführen‹ lassen (›Transformation‹), so daß die wesentlichen Größen, Merkmale invariant bleiben. In der Geometrie bed. Ähnlichkeit Gleichheit der Form, Gestalt geometr. Figuren, ausgenommen Größe. Ähnliche Figuren können durch Streckung oder durch Achsenspiegelung ineinander überführt werden. In der Psychologie und anderen empirischen Humanwissenschaften wird die Ä. von menschlichen Merkmalen beschrieben durch Angabe des Anteils identischer Elemente sowie durch den Grad der Übereinstimmung objektiv meßbarer sowie weiterer gemeinsamer Eigenschaften, die nicht meßbar sind (z. B. unterschiedlich starke Reize). Ahnung, von mhd. anen ›ahnen‹, voraussehen, bis ins 19. Jh. mit ahnden, mhd. anden ›seinen Zorn an jemand auslassen‹, lat. vindicare, vermengt; allg. das gefühlsmäßige (begrifflose, unbegründbare) Fürwahrhalten eines nicht Erkennbaren oder noch nicht Erkannten, der »verborgene Sinn für das, was noch nicht gegenwärtig ist« (I. Kant, Anthrop. § 35); die Kunst solchen Vorempfindens oder Vorherwissens, entspr. gr. manteia
Akademie
›Gabe‹ und mantikë (technë) ›Kunst der Prophezeiung‹, lat. divinatio. In der Neuzeit wird A. zu einem wichtigen religionsphilos. Begriff. »Mit seiner Vernunft ist dem Menschen nicht das Vermögen einer Wissenschaft des Wahren, sondern nur das Gefühl und Bewußtsein seiner Unwissenheit desselben: A. des Wahren gegeben.« Diese in der A. gegebene »Weisung« mache die Vernunft aus (Fr. H. Jacobi an J. G. Fichte, 1799). Nach J. Fr. Fries (Wissen, Glaube und Ahnung, 1805) ist A. ein Gefühl der Anerkennung des Ewigen im Endlichen. Ahriman, in der parsischen Religionslehre des Zoroaster der Gott der Finsternis, der Urheber des Bösen, der Widersacher von Ormuzd (8Manichäismus). aisthësis, gr. Wahrnehmung; vgl. 8Anschauung, 8Ästhetik. Akademie, gr. akadëmeia, vorgriechischer Flurname. Nach dem Namen eines Grundstücks, das in der Nähe von Athen lag, nannte Plato seine dort um 385 v. Chr. gegründete Schule. Die platonische A. als Philosophenschule wird gegliedert in die ältere oder erste A. (Plato, Speusippos, Xenokrates, Herakleides Pontikos, Philippus von Opus, Polemon, Krates, Krantor), die mittlere oder zweite (geführt von Arkesilaos), die dritte (von Karneades), die neuere oder vierte (Philon von Larissa) und die fünfte (mit Antiochos von Askalon beginnend), die bis 529 n. Chr. bestand und durch ein Edikt des Kaisers Justinian geschlossen wurde. In der Renaissance gründete um 1440 Cosimo von Medici eine platoni-
Akademiker
sche A. in Florenz, deren Leitung Marsilio Ficino übernahm. Seitdem ist A. die Bezeichnung für gelehrte Gesellschaften, die im Unterschied zu den Universitäten nur der Forschung, nicht auch der Lehre dienen. Erst seit dem 18. Jh. wurde das Wort auch auf reine Fachschulen (Kunst- , Handels- , Forst- , Bergakademien usw.) und auf Institute für Erwachsenenbildung übertragen. Akademiker, urspr. die Mitglieder der von Plato gegr. 8Akademie, später auch Philosophen, die in der Nachfolge Platos philosophierten. Heute Personen mit abgeschlossener Ausbildung an einer Universität oder einer anderen Hochschule. Akasha, sanskr. ›Luftraum‹; in der Lehre der Jainas (8Jainismus) die leblose Raumsubstanz; alles, was sich im Raume betätigt, ist abhängig von dieser Substanz. Akashachronik, bei Theosophen und Anthroposophen die mittels ›höherer‹ Fähigkeiten lesbare geistige Urschrift der Wirklichkeit, auch mit Bez. auf Vergangenheit und Zukunft (8Theosophie, 8Anthroposophie). Akatalepsie, gr., ›Unerfahrenheit‹; die Unmöglichkeit, das Wesen der Dinge zu begreifen, zuerst von den 8Skeptikern behauptet. Akkomodation, von lat. accomodare ›anpassen‹; in der Physiologie Anpassung; urspr. kommt d. Begr. aus der Theologie: hier bed. göttliche A. die Anwendung der menschl. Sprache durch den Heiligen Geist, später: Anpassung der Verfasser bibl. Schriften an den
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begrenzten Erkenntnisstand ihrer Zeitgenossen. In der Psychologie Merkmal der 8Adaptation; A. meint bei J. Piaget die Einstellung des Organismus durch eigene Veränderung auf die aufzunehmenden Objekte, im Unterschied zur 8Assimilation, die die Anpassung neuer Inhalte an die entwickelte kognitive Struktur eines Organismus bez. Auch allg. verw. als Eingliederung in eine psychische bzw. biotische Organisation. Akkumulation, von lat. accumulare ›anhäufen‹; Anhäufung, Speicherung. In der Rhetorik eine Figur, mit der ein zusammenfassender Begriff durch eine Reihe untergeordneter Begr. spezifiziert wird (z. B. durch Aufzählung ›Not und Elend‹ für schlimme Zustände, ›fix und fertig‹ für Erschöpfung); in der Ökonomie (A. Smith, D. Ricardo, K. Marx) bed. A. Verwandlung von Mehrwert in Kapital (Kapital- A.). Bei Marx heißt ›ursprüngliche A.‹ diejenige Periode der Wirtschaftsentwicklung, in der erstmalig in der Geschichte des europ. Mittelalters Handels- und Wucherkapital in die materielle Produktion (Manufakturen, Verlagsproduktion) investiert wurde, was zu ersten Kapitalanhäufungen führte und einen bis dato nicht wieder abgebrochenen Prozeß der Kapitalisierung der gesellschaftlichen Produktion initiierte (K. Marx, Das Kapital, Bd. I, 1867, Kap. 24). In der Geologie nennt man A. die mechan. Anhäufung von Gesteinsmaterial (Fließgewässer, Wind, Meer) oder die Aufschüttung vulkanischer Lockermassen.
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Akoluthie, gr., ›das Folgen‹, von den Stoikern gebr. für die notwendige Folge, z. B. von Ursache und Wirkung. Akrasia, s. 8Willensschwäche. Akosmismus, Neub. aus gr. a ›nicht‹ und kosmos ›Weltordnung‹, Lehre von der Weltlosigkeit; im 8Atheismusstreit zuerst polemisch verw., später von G. W. Fr. Hegel gebr. für die Lehre B. Spinozas, nach der Gott die einzige Wirklichkeit oder 8Substanz und die Welt nur ein 8Akzidenz ist. J. G. Fichte nannte sich selbst einen Akosmisten, da seine Philosophie »die Realität des Zeitlichen und Vergänglichen leugnet, um die des Ewigen und Unvergänglichen in seine ganze Würde einzusetzen« (Appellation, 1799). Später wurde die Bezeichnung A. von Philosophiehistorikern auch auf die Lehre der Eleaten von der nur scheinbaren Wirklichkeit der Dinge (8Eleatismus) und auf den reinen, die Realität der Außenwelt als Gegenstand der Erkenntnis ablehnenden 8Spiritualismus übertragen. akroamatisch, von gr. akroama ›Gehörtes‹; urspr.: zum Hören bestimmt; Bez. für die in den antiken Philosophenschulen und Mysterien ausschließl. einem eingeweihten Kreis vorbeh. Lehren, svw. 8esoterisch. So nennt man auch diej. Werke des Aristoteles a.e Schriften, welche urspr. nicht für die Veröffentlichung (in der Antike: die Massenabschrift in Schreibstuben), sondern nur in kleiner Zahl für den internen Lehrbetrieb hergestellt worden sind.
Akt
Auch Bez. für die Lehrform, bei der Lehrer ausschließl. vortragen und Schüler nur zuhören, im Untersch. zur 8erotemanischen Lehrform des 8Dialogs (8Sokratik, 8Mäeutik). Akt, lat. actus ›das Getriebenwerden‹, das Sich- in- Bewegung- Setzen; Tätigkeit, Wirksamkeit, entspr. gr. energeia. In der Scholastik Bez. für das ›schon Gewordene‹, im Untersch. zu dem ›noch nicht Gewordenen‹, dem erst Möglichen (8Potenz). In Spekulationen über das Seiende werden hier unterschieden: 1. actus primus: der ›erste Akt‹, d.i. die 8Substanz des Seienden im Unterschied zum 2. actus secundus, dem ›zweiten Akt‹, d. i. die Tätigkeit des Seienden; ferner 3. actus formalis: das, durch welches ein Seiendes seine Eigenschaften hat, 4. actus entativus: das, durch welches ein Seiendes existiert, 5. actus accidentalis: das, durch welches einem Seienden, das schon als Substanz existiert, noch weitere Eigenschaften zukommen, 6. actus substantialis: das, durch welches ein Seiendes als eine von anderen unterschiedene Substanz bestimmt wird. Im Rahmen theolog. Spekulation wird 8Gott als 8actus purus bestimmt. In der Psychologie bez. man mit A. einen Teilvorgang im Erleben und Verhalten, der zeitlich begrenzbar und qualitativ bestimmbar ist (z. B. Wahrnehmungs- , Vorstellungs- , Denk- , Willens- A.). Nach Auffassung verschiedener psychol. und philos. Schulen (z. B. 8Phänomenologie) werden A.e def. als stets intentional auf Gegenstände
Aktion
gerichtet (8Intentionalität). In der Literaturwiss. nennt man A. auch einen Handlungsabschnitt in einem Drama; in der Bildenden Kunst heißt A. die von einem nackten Modell angefertigte Körperstudie (Zeichnung, Gemälde, Photo, Skulptur). Aktion, lat. actio ›Handlung‹, Verfahren, Vorgehen, politische Maßnahme, Ereignis, Tat, Tätigkeit; veraltet: Klage vor Gericht, Handgemenge, Gefecht; in der Physik svw. 8Wirkung. aktiv, lat., tätig, im Handeln begriffen (seit dem 19. Jh. auch: im Dienst befindlich); dazu Aktivität, (frz. activité), die Fähigkeit zu handeln, die Tatkraft; Gegensatz: 8passiv; vgl. auch 8Spontaneïtät. Aktivismus, lat.; eine das tätige Leben hochschätzende Werteinstellung. Als A. wurden im engeren Sinn die revolutionären und sozialistischen Positionen bez., die in den von K. Hiller hrg. Jahrbüchern Das Ziel (1916- 1924) vertreten worden sind; Autoren: die Schriftsteller H. Mann, A. Kerr, M. Brod, der Philosoph L. Nelson, der Mitinitiator der ›Jugendbewegung‹ G. Wyneken. Aktivität, lat., ›Wirksamkeit‹, Handlungsfähigkeit. In der Psychologie Weisen des Verhaltens, welche psychisch repräsentiert sind, im Unterschied zu rein physiolog. Prozessen; in der Physik svw. Radioaktivität, in der Optik auch das Vermögen eines lichtdurchlässigen Stoffs, die Polarisationsebene von linear polarisiertem Licht zu drehen; in der Geophysik das Auftreten zeitl. Feldstärke-
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schwankungen des erdmagnet. Feldes. aktual, neulat., ›tätig‹, wirksam; heute meist durch 8aktuell ersetzt. Der urspr. Gegensatz ist potential (vgl. 8potentiell, 8unendlich). Aktualisierung, Übergang oder Überführung aus dem Zustand der Möglichkeit in den der Wirklichkeit, Verwirklichung. Aktualismus, Lehre, nach der die Wirklichkeit stetige Wirksamkeit, nicht beharrendes Sein ist, bes. gebr. für die Auffassung, daß sich die Erd- und Naturgeschichte stets nach den gleichen Bildungsgesetzen vollzogen haben wie jetzt, im Gegensatz zum Exzeptualismus, der statt stetig wirkender Kräfte Sprünge und Katastrophen annimmt. Aktualgenese, Neub. aus neulat. actualis ›wirksam‹ und gr. genesis ›Entstehung‹; die in einem Prozeß des entwickelten Bewußtseins erlebbare Entstehung von Gestalten, die sich allmählich durch eine Stufenreihe von ganzheitl. Vorgestalten zu endgültiger Form zusammenschließen (8Ganzheit; Ganzheitspsychologie). Aktualität, neulat., ›das Wirklichsein‹, das Wirksamsein; Gegensatz: 8Potentialität. Im Anschluß an frz. actualité hat das Wort A. auch den Sinn eines unmittelb. Bezugs auf Gegenwart; in der Rechtswissenschaft Bez. für die Eigenschaft eines Rechtssatzes, unmittelb. anwendbar zu sein, im Untersch. zu Programmsätzen, die den Gesetzgeber zum Erlaß best. Rechtsnormen auffordern; in der Publizistik Bez. für die Gegen-
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wartsbezogenheit, Zeitnähe einer Nachricht, eines Berichts. Aktualitätstheorie, neuerer Ausdruck für diejenigen Lehren, nach denen das Sein nichts Ruhendes, Festes, sondern lebendiges Geschehen ist, nach denen das Wesen von allem im 8Werden, in der 8Entwicklung liegt, so daß ein unveränderliches geistiges oder materielles Sein und auch ein substantieller Träger des Geschehens nicht möglich ist. Ihr erster Vertreter in der abendländischen Philosophie ist Heraklit (8Alles fließt); ihm folgen u. a. Plotin (vgl. Enneaden VI, 8, 20), G. W. Leibniz mit der Einsicht, »daß eine Substanz natürlicherweise überhaupt nicht untätig sein kann« (Nouv. ess., Vorr.), G. W. Fr. Hegel (Enz. § 34): »Der Geist ist absolute Aktualität«. aktuell, von frz. actuel ›wirklich‹; im 19. Jh. weiterentwickelt zu gegenwärtig, neu, zeitgemäß, augenblicklich bedeutsam, vordringlich; dazu das Aktuelle, das, was uns unmittelbar angeht, betrifft, nostra res (›unsere Sache‹), das eigene 8Interesse. Aktuosität, von lat. actuosum ›Wirksames‹; in der mittelalterl. Phil. Merkmal der Lebendigkeit 8Gottes, im Unterschied zu dessen am Ruhe- und Ewigkeitsideal orientierten sonstigen Seinsprädikaten; in der Theologie der Neuzeit verw., um den Ereignischarakter der göttlichen 8Offenbarung zu bezeichnen; dazu aktuos. Akusmatiker, gr., ›Zuhörer‹, bei Pythagoras Bez. der Anfänger im philos. Studium. Akzeptanz, lat., ›Annehmbarkeit‹
Alchemie
eines Prinzips, einer Norm, eines Vorschlags, Programms. akzidentiell, akzidentell, von lat. accidens ›anfallend‹, ›plötzlich eintretend‹, zufällig, unwesentlich; dazu das Akzidens oder das Akzidentielle, das Zufällige, Unwesentliche, Veränderliche an einem Gegenstand. Gegensatz: 8essentiell, 8substantiell. Akzidenz, von lat. accidentia ›das Anfallende‹, das plötzlich Eintretende, der 8Zufall; Übers. für gr. symbebëkos, das von Aristoteles eingef. und (Met., Buch Delta, 1025 a 14) bestimmt wurde als »das, was einem Gegenstand zukommt und was man von ihm aussagen kann, aber nur das, was ihm nicht notwendig und nicht meistenteils zukommt«, d. h. die zufälligen, wechselnden, unwesentlichen Eigenschaften eines Gegenstandes. Im Geschäftsverkehr: Kleindrucksache, im Untersch. zum Zeitungssatz. In der Sprachwiss.: durch grammat. Analyse bestimmtes Merkmal eines Wortes, z. B. Numerus, Genus, Kasus. Alchemie (Alchimie), arab. al- kimia, gräzisiert chëmeia ›Chemie‹; urspr. eine sich aus religiösen Vorstellungen entwickelnde naturwiss. Lehre von der Zusammensetzung der Körper, ihren Grundbestandteilen, deren Mischung und Verwandlung, die den ganzen Kosmos umfaßte und besonders Zusammenhänge und Entsprechungen zwischen den himmlischen und den irdischen Elementen, den Vorgängen in der Sternenwelt und in den irdischen Organismen konstruierte, daneben aber den prakti-
alëtheia
schen Zweck der Verwandlung unedler Metalle in edle verfolgte, besonders in Gold. Dazu kam das Bemühen um die Herstellung eines Allheilmittels oder auch eines Urstoffs, der allen anderen zugrunde liegt. alëtheia, gr. 8› Wahrheit‹. alethische Logik, vgl. 8Modallogik. Alexandriner, die in den ersten Jh. v. u. n. Chr. in Alexandria lehrenden Philosophen; sie verknüpfen die jüd. bzw. christl. Theologie mit der spätgr. Philosophie. Hauptvertreter: Philo, Clemens, Origenes. In der Verslehre: gereimter jambischer Vers aus 12 bis 13 Silben mit fester Zäsur nach der dritten Hebung, benannt nach einem altfrz. Alexanderroman von A. de Bernay (2. Hälfte 12. Jh.). Alexandrismus, Lehre der Alexandristen, d. h. derjenigen spätmittelalterlichen und humanistischen Aristoteliker, die im Unterschied zur 8Scholastik und zum 8Averroismus auf die Aristotelesauslegung des Alexander von Aphrodisias (um 200 n. Chr.) zurückgingen und mit diesem annahmen, daß Aristoteles weder die Unsterblichkeit des einzelnen Menschen noch die des allen gemeinsamen Menschengeistes gelehrt habe. Ihre Seelenlehre wurde 1513 verurteilt. Ihr Hauptvertreter, P. Pomponazzi entwickelte auch die Lehre von der 8doppelten Wahrheit. Algebra, arab. al- gabr, eigentl. ›Einrenkung von (gebrochenen) Teilen‹, Wiederherstellung eines Gleichgewichts, einer Gleichungsform; Anfang des Titels eines
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Lehrbuchs von Mohammed ibn Musa Alchwarizmi im neunten Jahrhundert n. Chr. Ursprünglich verstand man unter ›A.‹ die Theorie ›algebraischer‹ Gleichungen, in denen bekannte und unbekannte Größen durch ›algebraische‹ Rechenoperationen (Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division etc.) verbunden sind. Heute bezeichnet dieser Begriff auch die allgemeinere Theorie mathematischer Strukturen, in der insbesondere Strukturgleichheiten zwischen so verschieden anmutenden Gebieten wie der Zahlentheorie, der Geometrie oder der A. im traditionellen Sinne untersucht werden. Wichtige algebraische Strukturen sind etwa Gruppen, Ringe, Körper und Verbände. Alle Gebilde, die eine bestimmte Struktur aufweisen, nennt man ›Modelle‹ dieser Struktur. Ergebnisse, die man durch Untersuchungen an abstrakten Strukturen erzielt, gelten jeweils auch für ihre Modelle. Im Anschluß an G. Booles Mathematical Analysis of Logic (1847) wurden algebraische Untersuchungen auch für die formale 8Logik bedeutsam: Eine wichtige Rolle spielen dort insbesondere ›Boolesche Verbände‹ oder ›Boolesche Algebren‹ (vgl. 8Boolesche Algebra). Neben algebraischen Strukturen spricht man auch noch von ›Ordnungsstrukturen‹ und ›topologischen Strukturen‹. Algebraisierung ist die Darstellung einer Theorie durch Ausdrucksmittel der A. Im Unterschied dazu bez. E. Husserl jede Ersetzung von Wörtern eines Satzes oder von Theorieelementen
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durch Symbole als ›Algebraisierung‹. Algorithmus, arab., abgel. vom Personennamen des arab. Mathematikers Alchwarizmi (9. Jh., 8Algebra), der in der lat. Übers. seines Rechenbuchs zu Algorithmi wurde; urspr. Bez. für das um 1600 in Europa eingef. Rechnen mit Dezimalzahlen; in der Arithmetik: Rechenvorgang (einschl. Regelsystem), der nach einem sich wiederholenden Schema abläuft; Euklidischer A.: ein Rechenverfahren zur Auffindung des größten gemeinschaftlichen Teilers zweier ganzer rationaler Zahlen; Gaußscher A.: Methode zur schrittweisen Auflösung linearer Gleichungssysteme durch Reduktion der Zahl der Unbekannten wie auch der Zahl der Gleichungen jeweils um eine. In der mathemat. Logik allgemein das Verfahren zur schrittweisen Umformung von Zeichenreihen; bedeutsam für die Programmierung von Rechenautomaten. Algorithmische Sprachen sind formalisierte Sprachen zur Beschreibung von Operationen, die mit Hilfe von A.en durchführbar sind, so z. B. die Programmsprachen ALGOL, FORTRAN, COBOL. Als Algorithmiker bezeichnete man früher diejenigen Mathematiker, die nicht mit den auf einem 8Abakus dargestellten Mengensymbolen, sondern mit einem (indischen bzw. arabischen) Zeichensystem für Zahlen operieren (seit dem 16. Jh. in Europa verbreitet). All, ahd. und mhd. al, Übers. für gr. pan und lat. universum; seit Mitte des 18. Jh., zunächst von Dichtern,
Allaussage
häufig gebr.; auch für den 8Kosmos, die 8Welt insges.: ›Weltall‹. Inbegriff alles Seienden. (8hen kai pan, 8Pantheismus.) Allah, arab., Name des alleinigen Gottes im 8Islam; aus dem Merkmal der Vollkommenheit aller positiv bewerteten Eigenschaften sammelte die islamische Tradition über 100 Attribute, im Qur- an zusammengestellt durch Auflistung von Namen, die diese Eigenschaften bezeichnen (z. B. Al- Qadir ›Der Besitzer von Macht‹; Al- Chaliq ›Der Planer‹, Schöpfer). Die Zahl, die Bedeutung und der Umfang dieser Attribute war in den Jahrhunderten nach der Religionsstiftung durch Muhammed (7. Jh.) in der theolog. Diskussion umstritten, insbes. bei Auseinandersetzungen zwischen denjenigen theol. Richtungen des 8. Jh., die mit Argumenten einer stärker rationalistischen Alleinheitslehre Gottes (tawhid) jeden 8Anthropomorphismus in der Gottesvorstellung ausschlossen (Mu’tazila; heute insbes. in der schiitischen Theologie verbreitet), und den stärker orthodoxen Schulen (insbes. in der Sunna). Allaussage, eine 8Aussage wie »Alle Menschen sind sterblich«, »Alles ist ausgedehnt« o. ä., die etwas über eine Gesamtheit von Gegenständen mitteilt. Die Wahrheit einer A. hängt von dem vorausgesetzten Gegenstandsbereich (8Grundbereich) ab, d. h. von der Menge der Objekte, die man überhaupt in Betracht zieht. Legt man etwa die Menge aller Körper zugrunde, so wird »Alles ist ausgedehnt« wahr; der Satz wird jedoch
Allbeseelungslehre
falsch, wenn der Grundbereich z. B. auch Zahlen umfaßt, denn im Gegensatz zu Körpern sind Zahlen nicht ausgedehnt. – Für verschiedene Typen von A.n gibt es ganz unterschiedliche Beweisverfahren. Der 8Beweis einer A. über eine unendliche Zahlenmenge ist eine Angelegenheit von 8Logik und Mathematik. Sagt eine A. etwas über eine endliche 8Menge ›aufweisbarer‹ Gegenstände aus, so wird der Beweis geführt, indem man zeigt, daß jeder einzelne Gegenstand aus dem Grundbereich die Eigenschaft hat, die in der A. von allen Gegenständen behauptet wird. Man zeigt die Wahrheit von »Alle Kaninchen hier in diesem Stall sind weiß«, indem man demonstriert, daß tatsächlich jedes Kaninchen in diesem Stall weiß ist. Anders als hier ist im Falle einer Menge, deren Elemente nicht alle ›aufweisbar‹ sind, kein endgültiger Beweis, d. h. keine abschließende 8Verifikation einer A. möglich. So kann man die Aussage »Alle Kupferstücke im Universum leiten elektrischen Strom« faktisch nicht endgültig beweisen, weil man ja nicht jedes einzelne Kupferstück auf die fragliche Eigenschaft hin überprüfen kann. A.n über einen solchen Gegenstandsbereich, die kennzeichnend für die Naturwissenschaft sind, lassen sich nur mehr oder weniger gut bestätigen. Mit Sicherheit kann eine solche Aussage nur widerlegt (falsifiziert) werden, nämlich durch das Aufzeigen eines einzigen Gegenbeispiels. Die Untersuchung und Begründung von Bestätigungsverfahren ist eine zentrale Aufgabe
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der Wissenschaftstheorie. – Formal gewinnt man A.n durch 8Quantifikation von 8Prädikaten oder 8Aussageformen mittels des Allquantors (vgl. 8Quantor). Ihre logischen Eigenschaften werden in der 8Prädikatenlogik untersucht. Allbeseelungslehre, Übers. von Panpsychismus (Neub. aus gr. pan ›All‹ und psychë ›Seele‹); die Lehre, daß alles beseelt sei, daß es einen unbeseelten Stoff, mithin auch eine tote Materie nicht gebe. Mit der A. verwandt ist der 8Animismus und der 8Hylozoismus. Vertreter der A. sind die meisten gr. Philosophen, die Naturphilosophen der Renaissance, G. Bruno, G. W. Leibniz, Fr. W. J. Schelling, G. Th. Fechner u. a. Allegorese, gr., Auslegung auf der Ebene von 8Allegorien; Interpretation von Texten, bei denen dem unmittelbaren Wortsinn eine weitere bzw. ›tiefere‹ Bedeutung zugemessen wird; aufbauend auf der Vorstellung des gr. mytholog. Denkens in der Antike, daß sich Götter und höhere Mächte in Mysterien und Orakeln äußern. In den Schriften von Philon auf die Deutung der jüd. Bibel übertragen; im Mittelalter eine der Grundlagen der Interpretation religiöser, literarischer und philosophischer Texte, in der Neuzeit in Schriften der Mystik verbreitet, in der Gegenwart nur noch in religiösem Schrifttum zu finden; allegorisieren: etwas in einer 8Allegorie darstellen. Allegorie, gr., bildlicher Ausdruck (aus allë ›anderswie‹ und agoreuein ›sprechen‹, durch 8Analogie etwas durch Anderes sagen, Darstellung
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eines Begriffs durch ein Bild), bildliche Rede- oder Darstellungsweise; in der Kunst lange Zeit nur als die »sinnliche Darstellung von etwas Abstraktem« (J. G. Sulzer, Theorie der schönen Künste I, 1771) begriffen. W. Benjamin hat die A. aus ihrer Unterordnung unter das 8Symbol gelöst, um die A. als eigenständige Kunst- und Ausdrucksform neben dem Symbol zu rehabilitieren (Ursprung des deutschen Trauerspiels, 1928). Anhand seiner Analyse der Barockallegorie gewinnt Benjamin die A. als geschichtsphilosophische Kategorie: Die A. sei eine Kunstform der Verfallszeiten, in denen sich geschichtliche Bedeutungs- und Beziehungstotalitäten auflösen, die A. selbst Ausdruck dieses Zerfalls. Gegenüber der Eindeutigkeit des im Symbol gemeinten Allgemeinen ist dabei die A. durch Mehrdeutigkeit gekennzeichnet. Im Unterschied zum klassischen Kunstverständnis konnte dadurch ein neuer Begriff der 8Kunst entwickelt werden, der das Kunstwerk aus seinem Fragmentcharakter (8Fragment) und seiner offenen Bedeutungsvielfalt begreift. Gegenüber der traditionellen 8Ästhetik impliziert die Akzentuierung des Bedeutungscharakters der Kunst eine Überwindung des 8Paradigmas der Kunstschönheit. Eine philosophische Durchdringung der A. zielt also auf eine nachklassische, durch den Expressionismus geprägte Ästhetik der Moderne. In diesem Sinn konnte E. Bloch im Anschluß an Benjamin das Allegorische als »Vehikel« und als ein konstitutives Merkmal der Kunst
allgemein
überhaupt begreifen, das in den Werken des 20. Jh. zum Bewußtsein gekommen ist (Experimentum mundi, 1975, Kap. 42). 8Metapher. Alleinheitslehre, Übers. für 8Pantheismus und 8Monismus. alles fließt, gr. panta rhei, geflügeltes Wort z. Bez. der Lehre von Heraklit vom ewigen 8Werden und Sichfortbewegen aller Dinge; unter den Fragmenten Heraklits selbst nicht überliefert. alles ist eitel, d. h. vergänglich und umsonst, geflügeltes Wort nach Prediger Salomo 1, 2: »Es ist alles ganz eitel. Was hat der Mensch für Gewinn von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne? Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt«; vgl. ebd. 12, 7. Allgegenwart, lat. omnipraesentia, in der christl. Dogmatik eine Eigenschaft Gottes: »Gott ist in allen Dingen durch seine Macht, sofern alle Dinge seiner Macht unterworfen sind. Er ist in allen Dingen durch seine Gegenwart, sofern alles Geschaffene offen vor seinen Augen liegt; schließlich ist er in allen Dingen durch sein Wesen, sofern er allen Dingen gegenwärtig ist als die Ursache ihres Seins« (Thomas v. A., Summa theol. qu. 8 art. 3). Nach Fr. D. E. Schleiermacher (Der christl. Glaube, 1821/22, I, § 53) ist A. Gottes »die mit allem Räumlichen auch den Raum bedingende, schlechthin raumlose Ursächlichkeit Gottes«. allgemein, mhd. aus all und gemein (gemeinsam, lat. communis), allen oder allem gemeinsam; dazu das Allgemeine, das allen oder allem Gemeinsame, die Allgemein-
Allgemeinbegriff
heit, der Inbegriff des allen oder allem Gemeinsamen; im Unterschied zum Besonderen und Einzelnen (vgl. auch 8Verallgemeinerung). Die entsprechenden Begriffe sind gr. katholou ›im Ganzen‹, im Allgemeinen, katholikos ›das Ganze betreffend‹, allgemein, durchgängig, im Unterschied zu kata meros ›teilweise‹, abwechselnd, im besonderen und kath’ekasta ›im Einzelnen‹, jeder einzeln, lat. universalis ›zum Ganzen, zur Gesamtheit gehörig‹ und generalis ›zum Geschlecht, zur Gattung gehörig‹, im Unterschied zu particularis ›einen Teil betreffend‹, specialis ›besonder‹ und individualis ›unteilbar‹, singularis ›einzig‹. Für Aristoteles ist die Philosophie die Wissenschaft des A.en (De an. II, 5). Während Plato das A.e (8Idee) zum wahren, eigentlichen Sein verselbständigt und das Besondere in ein Verhältnis der Teilnahme am A.en verweist, billigt Aristoteles dem A.en keine eigene Wirklichkeit zu: es sei nur im Besonderen wirklich, wie dieses andererseits nur ist, weil sich in ihm das A.e verwirklicht. Der Verwirklichung des A.en im Besonderen entspricht das aristotelische Verfahren der Ableitung (8Deduktion) des Besonderen aus dem A.en. Das so abgeleitete Besondere ist jedoch nicht das wirklich Existierende, sondern das Besondere des A.en, das besonderte, bestimmte, konkretisierte A.e. Was aus dem A.en nicht abgeleitet werden kann, ist unwesentlich, zufällig. Die aristotelische Ableitung des A.en als des logischen Grundes und als realer Ursache des Beson-
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deren wurde später bei Plotin so gefaßt, daß das Allgemeinere die metaphysisch ursprünglichere Wirklichkeit wurde und die Erschaffung der Welt durch Gott als 8Deduktion des Besonderen aus dem A.en gedeutet werden konnte (8Emanation, 8Entwicklung). In der Scholastik entbrannte um die Bedeutung des A.en ein langer Streit (8Universalienstreit). G. W. Fr. Hegel bestimmte als Aufgabe des Philosophierens, »gegen den Verstand zu zeigen, daß das Wahre, die Idee nicht in leeren Allgemeinheiten besteht, sondern in einem A.en, das in sich selbst das Besondere, das Bestimmte ist« (Vorles. üb. d. Gesch. d. Phil.). Im 19 Jh. wurde der Vorrang des A.en und damit der Vorrang des Denkens vor dem Anschauen insbes. durch die 8historische Schule bestritten. W. Dilthey, W. Windelband, H. Rickert u. a. hielten insbes. die Naturwissenschaften und die Psychologie für Wissenschaften vom A.en; die Geschichts- , Kultur- oder Geisteswissenschaften sollten das Besondere, Individuelle zum Gegenstand haben (8individualisierend, 8generalisierend). Allgemeinbegriff, der durch einen 8Prädikator dargestellte Begriff (Eigenschafts- , Beziehungsbegriff), im Unterschied zu Eigennamen. allgemeines Wohl, Übers. von engl. common wealth, in dieser Bed. aus der schottischen Moralphilosophie stammendes, in der engl. Nationalökonomie, z. B. bei A. Smith häufig gebr. Ausdruck für eine dem 8Altruismus verwandte Richtung
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des Denkens über soziale Probleme. Vgl. 8Gemeinwohl. allgemeingültig, von allem geltend, von allen anerkannt, für alle gültig; dazu die Allgemeingültigkeit, die Gültigkeit unabh. v. Ausnahmen und Einschränkungen, z. B. die Gültigkeit einer Aussage für alle möglichen Fälle, in bezug auf jeden Gegenstand (objektiv), oder die Gültigkeit einer Aussage für alle Menschen (intersubjektiv; vgl. 8Intersubjektivität; 8Verallgemeinerung; 8Universalisierung), also ohne Rücksicht auf Umstände, Zeit, Ort und geschichtliche Lage. In der 8Logik svw. ›logisch gültig‹ oder ›logisch wahr‹. Man nennt einen 8Schluß genau dann a. oder logisch gültig, wenn sich die Wahrheit seiner 8Konklusion (Schlußfolgerung) allein aus der Wahrheit seiner 8Prämissen (Voraussetzungen) und der Bedeutung und der Anordnung der 8logischen Partikeln in ihm ergibt. Nach der Art der involvierten Partikeln spricht man genauer von aussagenlogischer, prädikatenlogischer ... A. (8Aussagenlogik, 8Prädikatenlogik). So ist der Schluß von »Wenn es regnet, wird die Erde naß« und »Es regnet« auf »Die Erde wird naß« aussagenlogisch gültig: Die Konklusion »Die Erde wird naß« muß wegen der Bedeutung und der Stellung der aussagenlogischen Partikel »wenn..., dann...« (8Subjunktion) wahr sein, wenn die beiden Prämissen »Wenn es regnet, wird die Erde naß« und »Es regnet« wahr sind. Jeder Schluß dieser Form ist gültig: Aus »Wenn A, dann B« und »A« folgt generell
Allmacht
»B«. – Oft spricht man auch von allgemeingültigen 8Aussagen und meint damit 8Tautologien – Aussagen, die aufgrund der Bedeutung und der Stellung der in ihnen vorkommenden logischen Partikeln wahr sein müssen, also logisch wahr sind. In diesem Sinne ist z. B. »Es ist nicht so, daß es zugleich regnet und nicht regnet« allgemeingültig. – Ein 8Aussagenschema nennt man genau dann a., wenn jede Aussage, die durch eine Ersetzung der 8Aussagenvariablen des Schemas durch 8Aussagen hervorgeht, allgemeingültig ist. Der Begriff der Allgemeingültigkeit läßt sich in der 8modelltheoretischen Semantik auch formaler definieren. Die dort gegeben Definitionen sind äquivalent mit den hier formulierten. – Die erste hochentwickelte Theorie logisch gültiger Schlüsse war die antike 8Syllogistik. Allgemeinvorstellung, lat. repraesentatio communis (generalis), eine typische 8Vorstellung, d. h. eine solche, die die charakteristischen Merkmale einer Gruppe von Gegenständen enthält, die von diesen losgelöst und zu einem Ganzen zusammengefaßt werden (8Ganzheit). Allheit, lat. universitas, ins Dt. eingef. als Übers. von frz. totalité; nach I. Kant eine 8Kategorie der Quantität: »die Vielheit als Einheit betrachtet« (KrV, B 497 f.). Allmacht, lat. omnipotentia, ahd. alamaht, nach der bibl. Bez. Gottes als des alles Beherrschenden (gr. pantokrator) in der christl. Dogmatik eine Eigenschaft Gottes im Sin-
Allquantor
ne seines Vermögens, seiner Wirksamkeit oder seiner Ursächlichkeit. Als Allvermögen besagt sie, daß Gott alles kann, was er will, auch das nach den Naturgesetzen Unmögliche (8Wunder), wenn er es will. Als Allwirksamkeit ist sie das bewegende und ordnende Prinzip in der natürlichen und geschichtlichen Welt (8Determinismus). In der Aufklärung, z. B. bei P. Bayle, wurde die Behauptung der A. Gottes für unvereinbar mit den übrigen Aussagen von Gott, bes. mit seinem Verstand, seiner Weisheit (8Allwissenheit), und mit der menschl. 8Freiheit gehalten. Chr. Wolff definierte die A. als das »Vermögen, alles Mögliche würcklich zu machen«. »Es gehöret demnach nicht mit zur A. Gottes, daß er unmögliche Dinge kann möglich machen.« Er kann z. B. das Wesen der Dinge und die ewigen Wahrheiten nicht ändern; man könne nicht annehmen, »daß die Macht Gottes wieder vernichten soll, was sein Verstand hervorgebracht« (VGG, 1720, I, § 1022). Fr. D. E. Schleiermacher (Der christl. Glaube, 1821/22, § 54) stellt im Begriff der göttlichen A. zwei Momente fest, 1. »daß der gesamte, alle Räume und Zeiten umfassende Naturzusammenhang in der göttlichen ... Ursächlichkeit gegründet ist«, 2. »daß die göttliche Ursächlichkeit ... in der Gesamtheit des endlichen Seins vollkommen dargestellt wird, mithin auch alles wirklich wird und geschieht, wozu es eine Ursächlichkeit in Gott gibt«. Fr. W. J. Schelling (Das Wesen der menschlichen Freiheit, 1809) fordert den
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»Ausweg, den Menschen mit seiner Freiheit, da sie im Gegensatz der A. undenkbar ist, in das göttliche Wesen selbst zu retten, zu sagen, daß der Mensch in Gott sei und seine Tätigkeit selbst mit zum Leben Gottes gehöre«. Allquantor, eine 8logische Partikel der 8Prädikatenlogik, mit deren Hilfe sich 8Allaussagen formulieren lassen; vgl. 8Quantor. Allwissenheit, neult. omniscientia, in der christl. Dogmatik die Eigenschaft Gottes, durch die er alles (1. Joh. 3, 20; Hebr. 4, 13), das Vergangene und das Zukünftige (Jes. 42, 9), auch die Gedanken der Menschen (Luk. 16, 15; Hiob 34, 21 ff.) weiß, das vollkommenste Wissen (Thomas v. A., Summa theol. qu. 14), die »deutliche und vollständige Erkenntnis alles dessen, was möglich ist, ob, wenn und warum es seine Würklichkeit erreichet oder nicht« (Chr. Wolff, VGG, 1720, I, § 972), »die schlechthinnige Geistigkeit der göttlichen Allmacht« (Fr. D. E. Schleiermacher, Der christl. Glaube, 1821/22, § 55). (8Prädestination, 8Vorsehung, prästabilierte 8Harmonie). alogisch, von gr. alogos ›nicht logisch‹, unlogisch, den Gesetzen der 8Logik widersprechend oder nicht unterworfen, auch zur Bez. des Unberechenbaren gebr. Bei den Stoikern gelten die Affekte, bei A. Schopenhauer der Wille als a. (8irrational). alter ego, lat. ›anderes Ich‹; literar. zuerst belegt in der Bedeutung ›vertrauter Freund‹ bei Seneca d. J.; in der 8Psychoanalyse der nicht direkt zugängliche Teil des
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Ich (bei S. Freud: Es; bei C. G. Jung das kollektiv 8Unbewußte); in der Psychiatrie der abgespaltene psychische Bereich bei Personen mit Bewußtseinsspaltung; in der Religionswiss. und Ethnologie klassifik. Begriff zur Bezeichnung von Tieren und Pflanzen, mit denen nach dem Glauben best. Naturvölker Individuen in einer Lebensgemeinschaft stehen (a.e. als Beschützer, Teilhaber am zeitgleichen Schicksal, z. B. bei Geburt und Tod). Der a.e.- Glaube wird verstanden als besondere Form des Individualtotemismus (8Totemismus). In der phänomenologischen Philosophie des 20. Jh. Bez. für den anderen Menschen (E. Husserl, Cartesianische Meditationen, frz. 1931, dt. 1950; J.- P. Sartre, Das Sein und das Nichts, frz. 1943), Schlüsselbegriff für Theorien der 8Intersubjektivität. altercatio, lat. ›Wortwechsel‹, in der antiken Gerichtsverhandlung praktizierte rhetorische Form der Wechselrede (z. B. bei Plato: Apologie), später auch Bez. für 8Dialog, Streitgespräch, Streitgedicht. Alternation, lat. alternatio ›Veränderung, Vertauschung; in der tradition. Logik der Fall, wenn ein Urteil durch ein anderes ohne Sinnveränderung ersetzt wird (8äquipollent). In der 8Sprachwissenschaft ein regelmäßiger Lautwechsel in etymologisch verwandten Wörtern oder Wortformen auf synchronischer Ebene, der evtl. grammat. genutzt wird (wie im Ablaut in ›singen, sang‹). Alternative, lat./frz., urspr. nur im Singular gebr.: jeweils nur eine von
Ambiguität
zwei Möglichkeiten; im Umgangsdeutsch neuerdings auch in Pluralform: Variante, eine von mehreren Möglichkeiten; in der traditionellen Logik wird A. als disjunktives Urteil formuliert (S ist P1 oder P2 ); in der 8Aussagenlogik nennt man A. eine 8Disjunktion bzw. 8Adjunktion (z. B. abgek. p ∨ q in der Bedeutung ›vel‹ für › ∨ ‹, lat. ›oder‹) bzw. eine 8Kontravalenz (entw. p oder q, lat.: p aut q). Eine Alternativhypothese nennt man in der empir. Forschung die Annahme, daß eine Verteilungsfunktion, die einer Stichprobe zugrundegelegt wird, dasjenige Merkmal nicht besitzt, auf dessen Vorhandensein aufgrund der Stichprobe geschlossen werden soll. Diejenige Hypothese, nach der dieser Verteilungsfunktion diese Eigenschaft zugeschrieben wird, heißt im Unterschied dazu Nullhypothese. Altruismus, Neub. von ital. altrui (frz. autrui, lat. alter) ›der/das andere‹, bez. nach A. Comte die Forderung vivre pour autrui ›für den anderen leben‹, die aus Rücksicht auf die anderen Menschen hervorgehende Denk- und Handelnsweise, im Unterschied zum 8Egoismus. Comte sah im A. die Moral der Zukunft; als einziger sittlicher Beweggrund sollte das Wohl der anderen gelten. Ambiguität, von lat. ambiguitas ›Doppelsinn‹, allg. svw. Zweideutigkeit; inbes. Bezeichnung für die Eigenschaft eines (sprachlichen) Ausdrucks, v. a. eines Wortes oder eines 8Satzes, zwei oder mehr verschiedene 8Bedeutungen zu besitzen. Mehrdeutige (›ambige‹ oder
Ambition
8äquivoke) Wörter sind z. B. »Pferd« oder »Fuchsschwanz« (vgl. 8Polysemie, daneben auch 8Homonymie), ein mehrdeutiger Satz ist »Dieters Wahl war eine Sensation« (Dieter wurde gewählt – Dieter wählte). Mehrdeutigkeiten können durch den weiteren Kontext, in dem ein mehrdeutiger Ausdruck vorkommt, beseitigt werden. In 8formalen Sprachen und Wissenschaftssprachen hat man Mehrdeutigkeiten zu vermeiden. Ambition, lat., das ›Herumgehen‹ (bei den Leuten, um sich Einfluß, ein Amt, eine Ehrenstelle zu verschaffen), svw. Ehrgeiz. Ambivalenz, Neub. um 1900 aus lat. ambo ›beide‹ und valentia ›Stärke‹, Wert, das Gleichstarke, die Doppelwertigkeit; in der Psychologie die Spaltung der Gefühle, wobei ein und dasselbe Gefühl zugleich Liebe und Haß, Abneigung und Neigung usw. bedeuten kann, wenn das eine unbewußt verdrängt und durch das andere verborgen oder maskiert wird; z. B. Haß aus Liebe. Amnesie, Neub. aus gr. a ›nicht‹ und mnësis ›das Erinnern‹; die Gedächtnisschwäche, der Mangel an Erinnerungsvermögen, meist in körperlichen (z. B. bei Hirnverletzten), aber oft auch in seelischen Ursachen begründet. amoralisch, Neub. um 1800 aus gr. a ›nicht‹ und lat. moralis ›der Sitte gemäß‹; jenseits der herrschenden 8Moral, svw. immoralisch, aber zu unterscheiden von unmoralisch und antimoralisch; dazu Amoralismus, der Standpunkt jenseits der Moral, die Anwendung
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von Wertmaßstäben, die denen der Moral grundsätzlich überlegen sein sollen. amor dei intellectualis, lat., ein Grundbegriff bei B. Spinoza: »Die intellektuelle Liebe des Geistes zu Gott ist Gottes Liebe selbst, wonach Gott sich selbst liebt, nicht sofern er unendlich ist, sondern sofern er durch das unter der Form der Ewigkeit (sub specie aeternitatis) betrachtete Wesen des menschlichen Geistes expliiert werden kann, d. h. die intellektuelle Liebe des Geistes zu Gott ist ein Teil der unendlichen Liebe, mit der Gott sich selbst liebt« (Ethica, 1667, V, Lehrs. 36). amor fati, lat. ›Liebe zum 8Schicksal‹. Amphibolie, gr., ›Wurf von zwei Seiten‹; Zweideutigkeit, Doppelsinn z. B. in Orakeln, beim Witz, oder durch den Gebrauch mehrdeutiger Wörter. Amphibolisch, zweideutig, doppelsinnig. anagogë, gr. ›Hinaufführung‹, bes. bei Plotin im Anschluß an die Sprache der Mysterien, in denen der Eingeweihte zum Schauen der Gottheit emporgeführt wurde, die Erhebung des Geistes zum Erkennen des rein Geistigen; seit der gr. Rhetorik auch die Auslegung einer Schriftstelle durch Hineindeuten eines höheren Sinns, eine Art der 8Allegorie. analog, von gr. analogos ›dem Logos entsprechend‹, über frz. analogue, gleichsinnig, übereinstimmend, verhältnismäßig, ähnlich (8Analogie). analogia entis, gr./lat. ›Entsprechung des Seins‹; Lehre der 8Scho-
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lastik, die die Beziehung zwischen dem ewigen Sein Gottes und dem vergänglichen Sein seiner Schöpfung ausdrücken soll. Sie wurde auf der 4. ökumenischen Lateransynode 1215 ausgesprochen und u. a. von Thomas v. Aquin in der Summa theol. (qu. 4 act, 3). behandelt: Alles Geschaffene ist Gott als dem vollkommensten Sein ähnlich darin, daß es ist. Zugleich aber sind Gott und Welt vollkommen unähnlich dadurch, daß Gott außer dem, daß er als Ursache des Seins in allem Sein ist, zugleich über allem Sein ist. Diese 8Transzendenz hat zur Folge, daß inhaltliche Aussagen über sein Wesen eben als Aussagen des Geschöpfs, wie das Geschöpf selbst, Gott unähnlich sind. (8Vollkommenheit, 8analog, 8Analogie) Analogie, gr., ›das richtige Verhältnis‹ (von Cicero übers. mit proportio und comparatio); Entsprechung, 8Ähnlichkeit, Gleichheit von Verhältnissen, Übereinstimmung verschiedener Gegenstände in best. Merkmalen, auch das Verfahren zur Feststellung und Auswertung solcher Gleichheiten, Übereinstimmungen usf. (8Analogismus). A.n der Erfahrung heißen bei I. Kant die Grundsätze des reinen Verstandes, die aller Erfahrung vorausgehen und sie erst möglich machen. »Das Prinzip derselben ist: Erfahrung ist nur durch die Vorstellung einer notwendigen Verknüpfung der Wahrnehmungen« (also nicht der Dinge an sich selbst) »möglich«, und zwar in bezug auf die Zeitbestimmung. Da Beharrlichkeit, Folge und Zugleich-
Analogismus
sein die drei Modi der Zeit sind, zerlegt sich jenes Prinzip in folgende drei Sätze: 1. »Bei allem Wechsel der Erscheinungen beharrt die Substanz.« 2. »Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetz der Verknüpfung von Ursache und Wirkung.« 3. »Alle Substanzen, sofern sie im Raume als zugleich wahrgenommen werden können, sind in durchgängiger Wechselwirkung.« Diese drei A.n der Erfahrung sind regulativer Natur (KrV, B 218 ff.). In der Biologie versteht man unter A. die 8Ähnlichkeit funktionell gleichwertiger, aber morphologisch verschiedenartiger Organe (z. B. des Flügels eines Vogels und eines Insekts; Gegensatz: 8Homologie). In der Rechtswissenschaft bedient man sich der A. zur Ausfüllung von Gesetzeslücken. Die Gesetzesanalogie geht von einem Rechtssatz aus, aus dem durch Fortlassen alles Unwesentlichen der Grundgedanke entwickelt wird, so daß er auf den mit dem Rechtssatz nicht unmittelbar übereinstimmenden Tatbestand paßt. Bei der Rechtsanalogie, die dann angewendet wird, wenn die Gesetzesanalogie zu keinem Ergebnis führt, wird aus mehreren analogen Rechtssätzen der ihnen zugrunde liegende Rechtsgedanke abgeleitet und nach ihm entschieden, wenn er den vom Gesetz nicht geregelten Tatbestand mitumfaßt. Analogismus oder Analogiebeweis, auch Analogieschluß, lat. ratiocinatio per analogiam oder argumentatio analogica, der Schluß von einem einzelnen Gegenstand auf andere ihm ähnliche Gegenstände;
analogon rationis
z. B. die Erde ist bewohnt, Mars und Erde sind ähnlich; folglich ist auch der Mars bewohnt. Solche Schlüsse haben in der Wissenschaft nur 8heuristischen Wert. analogon rationis, gr.- lat. ›etwas der Vernunft Entsprechendes‹, ein aus der rationalistischen Unterscheidung von oberen (Verstand, Vernunft) und unteren (sinnliche Vorstellungen) 8Erkenntnisvermögen in der Leibniz- Wolffschen Schulphilosophie hervorgegangener Begriff, der besagt, daß im Bereich des Vorrationalen Strukturen vorhanden sind, die Ähnlichkeit mit der 8Vernunft haben. Zugrunde liegen ihr die Unterscheidung von 8vérité de raison und 8vérité de fait sowie die Theorie der petites perceptions von G. W. Leibniz, in der klare Bewußtseinsinhalte nur als ein mit Aufmerksamkeit besetzter Teil von unendlich vielen unbewußten 8Wahrnehmungen begriffen werden (vgl. Nouv. ess.; zur Vernunftähnlichkeit vgl. Monadologie §§ 26 ff.). Bei A. G. Baumgarten bekommt das a. r. zentrale systematische Bedeutung für die Grundlegung der 8Ästhetik. Die Ästhetik ist als ars analogi rationis, als 8Kunst des der 8Vernunft analogen Denkens die Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis (scientia cognitionis sensitivae; Aesthetica, 1750/58, § 1). Baumgarten rückt damit die 8Sinnlichkeit und ihre Vorstellungsformen innerhalb der 8Metaphysik überhaupt erst in ein zentrales erkenntnistheoretisches Interesse. In Baumgartens Philosophie wird Sinnlichkeit nicht, wie etwa paradigmatisch im analytisch-
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naturwissenschaftlichen Denken von R. Descartes, als Quelle der Täuschungen, sondern als ein Moment der Erkenntnis begriffen. Ästhetik ist Führung der unteren Erkenntnisvermögen (Aesthetica § 12), ihr Ziel ist die »perfectio cognitionis sensitivae« (§ 14). Im Begriff des a. r. ist eine Differenzierung des rationalistischen Erkenntnisansatzes angelegt: Baumgarten nennt die Ästhetik ausdrücklich eine Logik des unteren Erkenntnisvermögens (Logica facultatis cognoscitivae inferioris; in: Metaphysica, 1739, § 533), eine den analytischen Verstand ergänzende Erkenntnistheorie, die nicht auf intensive Klarheit, d. h. auf Isolierung einzelner 8Erkenntnisse und ihre begriffliche Distinktion, sondern auf extensive Klarheit, d. h. auf die Komplexität der sinnlichen Vorstellung zielt, die möglichst viele Wahrnehmungsmerkmale in sich aufnimmt (vgl. Metaphysica § 531). Der Begriff a. r. formuliert demnach zweierlei philosophische Intentionen: 1. Die Ergänzung des abstrakten Verstandesdenkens durch eine Logik der Konkretion; 2. die Begründung der Ästhetik als metaphysische Theorie sinnlicher Erkenntnis. Beide Motive sind richtungsweisend für die moderne Ästhetik geworden und in den ästhetischen Theorien bis in die Gegenwart wirksam geblieben. Analyse, von gr. analysis ›Auflösung‹, über frz. analyse, die Zerlegung, Zergliederung einer Einheit in eine Vielheit, eines Ganzen in seine Teile, einer Mischung in ihre Elemente, eines Begriffs in seine
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Merkmale, eines Vorgangs oder Geschehens in die einzelnen Akte, die darin aufeinander folgen oder sich miteinander verbinden; Gegensatz: 8Synthese. Durch die elementare A. wird ein Ganzes in seine letzten Teile (Elemente) zerlegt ohne Rücksicht auf die ursächlichen Beziehungen der Teile zueinander und zum Ganzen, durch die logische A. mit Rücksicht auf die logischen Beziehungen, die zwischen den Teilen und dem Ganzen bestehen, durch die kausale A. mit Rücksicht auf den ursächlichen Zusammenhang der Teile miteinander und mit dem Ganzen. Die phänomenologische A. (8Phänomenologie) dient zur Herausarbeitung der Bedeutung von Bewußtseinsinhalten, während die psychologische A. einen Bewußtseinsinhalt in seine Elemente zerlegt. Analysis heißt in der Mathematik die Theorie der reellen und komplexen Zahlen sowie der Funktionen; im Schulfach Mathematik Bez. für ein algebraisches Verfahren für die Lösung geometr. Aufgaben; in der Philosophie auch gebr. als Übers. des engl. Methodenbegriffs ›philosophical analysis‹ (8analytisch, darin: 8Analytische Philosophie). Analytik, gr. analytikë (technë) ›dem Auflösen dienende Kunst‹, das Verfahren des Zerlegens, Zergliederns; bei Aristoteles die Logik, die er in seinen beiden Analytiken entwickelt: Analytika protera (lat. analytica priora), die die Lehre von den Schlüssen (8Syllogistik), und Analytika hystera (lat. analytica posteriora), die die Lehre vom Beweis und vom Wesen der bewei-
Analytik
senden Wissenschaft (Apodeiktik) enthält. I. Kant teilte die formale Logik in A. und 8Dialektik: »Die A. entdeckt durch Zergliederung alle Handlungen der Vernunft, die wir beim Denken überhaupt ausüben. Sie ist also eine A. der Verstandes- und Vernunftform und heißt auch mit Recht die Logik der Wahrheit, weil sie die notwendigen Regeln aller (formalen) Wahrheit enthält, ohne welche unsere Erkenntnis, unangesehen der Objekte, auch in sich selbst unwahr ist. Sie ist also auch weiter nichts als ein Kanon zur Dijudikation (der formalen Richtigkeit unserer Erkenntnis). Wollte man diese bloß theoretische und allgemeine Doktrin zu einer praktischen Kunst, d. i. zu einem Organon, brauchen: so würde sie Dialektik werden« (Log., Einl. II). Ebenso zerfällt die transzendentale Logik in eine A. und eine Dialektik. Die transzendentale A. bei Kant »trägt die Elemente der reinen Verstandeserkenntnisse und die Prinzipien vor, ohne welche überall kein Gegenstand gedacht werden kann«; sie ist »zugleich eine Logik der Wahrheit« (KrV, B 87 ff.). Sie besteht in der A. der Begriffe, die eine »Zergliederung des Verstandesvermögens selbst« ist, »um die Möglichkeit der Begriffe a priori dadurch zu erforschen, daß wir sie im Verstande allein, als ihrem Geburtsorte, aufsuchen« und sie, »von den ihnen anhängenden Bedingungen befreit, in ihrer Lauterkeit« darstellen (ebd. B 90 f.), und einer A. der Grundsätze, »einem Kanon«, der die 8Urteilskraft lehrt, »die Verstandes-
analytisch
begriffe, welche die Bedingung zu Regeln a priori enthalten, auf Erscheinungen anzuwenden« (ebd. B 171). Von der Logik überträgt Kant den Begriff und das Verfahren der tr. A. auf die Ethik, die Ästhetik und die Teleologie; er entwickelt in der Kritik der praktischen Vernunft eine A. der praktischen Vernunft, in der Kritik der Urteilskraft eine A. des Schönen und Erhabenen und eine A. der teleologischen Urteilskraft. analytisch, von gr. analytikos ›auflösend‹, zerlegend, zergliedernd; Gegensatz: 8synthetisch. Analytische Geometrie heißt seit I. Newton (Geometria analytica, 1799) die von R. Descartes begründete mathematische Methode, die geometrischen Gebilde durch Angabe der Abstände ihrer Punkte von einem festen Achsenkreuz (Koordinatensystem) in Gleichungen auszudrücken und dadurch geometrische Beziehungen in arithmetische umzuformen, so daß sie durch bloßes Rechnen ohne Anschauung gewonnen und dargestellt werden können. Analytische Methode heißt jedes Verfahren, in dem eine ursprüngliche Einheit oder Ganzheit in ihre Teile oder Glieder zerlegt wird. Als Schöpfer der a.n Methode gilt G. Galilei, der das synthetische Verfahren (metodo compositivo) mit dem analytischen (metodo risolutivo) verband. I. Kant erklärte sein in den ›Prolegomena‹ geübtes Verfahren als a. M.; sie bedeutet für ihn, »sofern sie der synthetischen entgegengesetzt ist, [...] daß man von dem, was gesucht wird, als ob es gegeben sei, ausgeht und zu den
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Bedingungen aufsteigt, unter denen es allein möglich ist«; a. M. »könnte besser die regressive Lehrart zum Unterschiede von der synthetischen oder progressiven heißen« (Proleg. § 5 Anm.). Vgl. 8Induktion. – In der modernen 8Sprachphilosophie und 8Semantik bezeichnet man diejenigen 8Aussagen bzw. 8Sätze als analytisch wahr (falsch), die allein aufgrund ihrer 8Bedeutung wahr (falsch) sind: »Junggesellen sind unverheiratet«, »Wenn Max der Bruder von Erna ist, dann ist Erna die Schwester von Max«. Aussagen, deren Wahrheit oder Falschheit nicht schon aus ihrer Bedeutung folgt, heißen synthetisch. Ein kompetenter Sprecher erkennt die Wahrheit eines a. wahren Satzes 8a priori, d.h. ohne auf empirische Informationen angewiesen zu sein. Ob ein synthetischer Satz wie »In den Alpen gibt es über 5000 m hohe Berge« wahr ist, läßt sich dagegen nur empirisch überprüfen und ist in diesem Sinne Gegenstand eines Wissens 8a posteriori. – Diese Einteilungen und Zuordnungen sind v. a. durch Kant inspiriert, der freilich ein etwas anderes und engeres Verständnis von Analytizität hatte: Eine Aussage (oder ein ›Urteil‹) sei genau dann a. (wahr), wenn in ihrem (grammatischen) Prädikat (»sind unverheiratet«) etwas ausgedrückt wird, was in ihrem Subjekt (»Junggeselle«) enthalten ist (vgl. z. B. KrV (B 10 ff.) und Proleg. (§ 2)). Als a.es Urteil gilt bei Kant etwa der Satz »Alle Körper sind ausgedehnt«, als synthetisches »Einige Körper sind schwer«. A.e Urteile
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»könnte man auch Erläuterungs- , die anderen Erweiterungsurteile nennen« (KrV, B 11). Kant war ferner der Ansicht, daß es auch synthetische Urteile a priori gebe, nämlich in der Geometrie, der Mathematik und insbesondere in der 8Metaphysik. Diese Auffassung ist heftig umstritten. – In jüngerer Zeit hat vor allem W. V. O. Quine für die These argumentiert, daß eine klare Einteilung aller Aussagen in a.e und synthetische nicht möglich sei und daß man diese Begriffe gar nicht sauber definieren könne (etwa in Word and Object, 1960). analytische Philosophie, genauer auch ›sprachanalyt. Phil.‹, ist eine von W. Stegmüller in die dt. Fachsprache eingef. Sammelbez. für unterschiedl. Richtungen des späten 19. und des 20. Jh. (Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie, 4 Bde., seit 1969). Im engl. Sprachraum, wo diese Richtungen heute am einflußreichsten sind, wurde ihr Programm unter dem Titel ›philosophical analysis‹ entwickelt. Ihr gemeinsamer Ausgangspunkt ist die Annahme, daß philosophische Probleme aus einem unreflektierten Umgang mit Sprache resultieren und entsprechend mit Hilfe einer genauen ›logischen Analyse der Sprache‹ als eigentlicher Methode der Philosophie angegangen werden müssen. Traditionell verband sich damit die (›antimetaphysische‹ und ›antikantianische‹) These, daß es keine ›synthetischen Urteile a priori‹ als genuine Gegenstände der Philosophie bzw. Metaphysik gebe (vgl. 8analytisch),
analytische Philosophie
sondern daß alle sinnvollen Aussagen nur aus rein sprachlichen oder aus empirischen Gründen wahr bzw. falsch sein können; hieraus ergibt sich auch die Nähe zum logischen Empirismus (vgl. 8Positivismus). – Ein typisches Beispiel für eine logische Analyse im Sinne der a. P. ist G. Freges Hinweis darauf, daß das Wort »sein« (in seinen verschiedenen grammatischen Formen) systematisch mehrdeutig ist: In »Der Abendstern ist der Morgenstern« steht »ist« für die 8Relation der 8Identität (in der 8formalen Sprache der 8Prädikatenlogik: a = m), in »Anton ist Fahrlehrer« wird eine 8Prädikation ausgedrückt (F(a)), und in »Jeder Fahrlehrer ist nervös« kommt eine 8Allaussage zum Ausdruck (∀ x (F(x)→N(x))). (Vgl. auch 8Quantifikation). Die Nichtbeachtung solcher Unterschiede, die durch das oberflächliche Erscheinungsbild der Sprache verdeckt werden, führt leicht zu philosophischen (Schein- )Problemen. Diesen Hintergrund hat auch z. B. R. Carnaps radikale Kritik an M. Heidegger (Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache, Erkenntnis 2, 1931, 219241). – In Anlehnung an W. V. O. Quine (Word and Object, 1960) bezeichnet man den Übergang zur Sprachanalyse in der Philosophie auch als ›semantischen Aufstieg‹ (engl. semantic ascent, vgl. auch 8Semantik). – Innerhalb der a.n P. kann man grob zwischen zwei Richtungen unterscheiden. Den Anhängern der ›Philosophie der normalen Sprache‹ (Ordinary language philosophy, nach ihrem Ent-
Anamnese
stehungsort auch Oxford philosophy genannt) geht es um eine genaue Analyse des Gebrauchs der gewöhnlichen Sprache, der zu philosophischen Problemen führt. Zu ihnen gehören z.B. G. E. Moore, G. Ryle und der späte L. Wittgenstein der Philos. Unters. (1953), der sich als eine Art Therapeut verstand, der die Menschen von sprachlichen Verwirrungen heilen wollte. In dieser Tradition steht auch die Entwicklung der 8Sprechakttheorie. Die ›Philosophie der idealen Sprache‹ (Ideal language philosophy) zielt auf die Entwicklung idealer Wissenschaftssprachen, in denen auf Mißverständnissen basierende philosophische (Schein- ) Probleme gar nicht erst entstehen können. Prominente Vertreter dieser Richtung waren u.a. B. Russell, der frühe L. Wittgenstein des Tractatus logico- philosophicus (1921) und R. Carnap. In diesen Zusammenhang gehört die stürmische Entwicklung der formalen 8Logik, speziell auch der 8philosophischen Logik in unserem Jahrhundert. Viele Philosophen sind heute durch beide Ansätze beeinflußt. – Die Leistungen der a.n P. betrafen zunächst hauptsächlich solche theoretischen Gebiete wie die der 8Logik, der Philosophie der Mathematik, der 8Sprachphilosophie und der 8Erkenntnis- und 8Wissenschaftstheorie. Heute werden sprachanalytische Methoden auf praktisch allen traditionellen philosophischen Gebieten angewandt, auch etwa in den Bereichen der 8Ethik und der 8Ästhetik, deren Aussagen die frühen analytischen Philosophen
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für inhaltsleer und nicht rational diskutierbar hielten. Eine Reihe solcher nicht methodischen, sondern inhaltlichen Voraussetzungen werden von den modernen Vertretern nicht mehr ohne weiteres geteilt. Anamnese, gr. anamnësis ›Wiedererinnerung‹; bes. bei Plato (Menon 81 A ff.) die Wiedererinnerung der Seele an die 8Ideen, die sie in einem früheren Dasein vor ihrer Verbindung mit dem Körper gekannt hat (8Erinnerung, 8angeboren). In der Medizin ist A. die rekonstruierte Vorgeschichte einer Krankheit, auch die Ermittlung der Krankengeschichte als Voraussetzung für eine 8Diagnose. Anankë, gr. ›Zwang‹, Notwendigkeit, das 8Schicksal, das Verhängnis, auch die Schicksalsgöttin. Anarchie, gr. und lat., ›Herrschaftslosigkeit‹, urspr. Bez. für die 404 v. Chr. beginnende Regierungszeit der dreißig Tyrannen in Athen, während der es keinen archôn ›Herrscher‹ gab (403 aufgehoben); dann schon im Altertum der Zustand der Gesellschaft, in dem die Staatsgewalt aufgehoben oder keine Regierung vorhanden ist. Anarchismus, Neub. zu A., eine Gesellschaftslehre, in der die bestehenden Rechtsordnungen als Ausdruck illegitimer Herrschaft über Menschen abgelehnt und die Zerstörung der repressiven Elemente der Staatsgewalt sowie aller persönlichen Führungsansprüche (8Autorität) gefordert wird. Der individualistische A., vertr. von M. Stirner (Der Einzige und sein Eigentum, 1845), J. H. Mackay (Die Anarchisten, 1891, Der Freiheitssucher,
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1920), fordert unbeschränktes Freiheitsrecht für den Einzelnen und führt entweder zur Selbstisolation oder zum 8bellum omnium contra omnes, er ist nur eine 8Utopie. Der kommunitäre A., vertr. von P. J. Proudhon (Qu’est ce que la propriété, 1847), M. A. Bakunin (Dieu et l’Etat, 1871), P. A. Kropotkin (Memoiren eines Revolutionärs, zuerst engl., 1899) u. a., erstrebt Aufhebung des Privateigentums. – Anarchist, seit der Frz. Revolution gebr. für Vertreter der A. und des Anarchismus. Anatta, pali, aus urspr. sankr. anatma ›Nicht- selbst‹; in der buddh. Lehre Bez. für die Auffassung, daß psych. und körperl. Vorgängen kein transzendentes Sein zukommt, im Untersch. zur urspr. hinduist. Auffassung vom 8Atman als Weltseele. Anderheit, Andersheit, in der dt. Mystik Übers. von lat. alteritas, gr. heterotës, bei Aristoteles (Met. Buch Jota, 1058 a) internes Unterscheidungsmerkmal der Gattung. Die Dialektik des Einen und Anderen (Nicht- Einen, Vielen) spielt seit Plato (Parmenides, Timaios) im logischen und metaphysischen Denken eine große Rolle. Bei Plotin ist der 8nous eine A. gegenüber dem ›Einen‹, weil er die Zweiheit von Erkennendem und Erkanntem in sich hat. Im Mittelalter ist A. Ausdruck dafür, daß Gott sich der Welt offenbart; in Gott ist keine A. Für G. W. Fr. Hegel (Wissenschaft der Logik, Ausg. 1812, 1. Buch, 1. Abschn., 2. Kap. B) ist das Andere auf der Ebene der ›Lehre vom Sein‹, isoliert betrachtet, das »Andere sei-
Aneignung
ner selbst«, so z. B. die phys. Natur als das »Andere des Geistes«. Auf der Ebene der Begriffslogik begreift Hegel »das Andre nicht als von einem, wogegen es gleichgültig ist, sondern das Andre an sich selbst, das Andre eines Andern; darum schließt es sein eigenes Anderes in sich und ist somit als der Widerspruch die gesetzte Dialektik seiner selbst« (ebd. 3. Buch, 3. Abschn., 3. Kap.). Im Sinne dieser 8Dialektik faßt Hegel die Natur als Idee in der Form des Andersseins auf (Enz. §§ 92- 95, 247, 248). Vgl. 8Heterologie. androgyn, gr. aus anër ›Mann‹ und gynë ›Weib‹, mannweiblich, beide Geschlechter vereinigend. Die Vorstellung einer a.en Gottheit, auch Hermaphrodit genannt, drang aus dem Orient in die gr. Mythologie ein und war ein Symbol für Fruchtbarkeit und üppig zeugende Naturkraft. Plato (Symposion 189 E ff.) gestaltete diesen Mythos zur Veranschaulichung seiner Theorie des 8Eros um: Zeus habe die urspr. a.en Menschen in zwei Hälften, Mann und Frau, geteilt, und diese suchten seitdem, sich durch die Liebe zu vereinigen und so ihre urspr. Vollkommenheit wiederherzustellen. Aneignung bez. sowohl Eigentumsbildung im juristischen Sinne (engl. und frz. appropriation) als auch Erwerb von Kenntnissen, Gewohnheiten (engl. und frz. assimilation). Im juristischen Sinne bezeichnet A. den »rechtmäßigen Erwerb des Eigentums an herrenlosen Sachen« (BGB §§ 958 ff.); darüber hinaus steht A. für die ›wider-
Aneignung
rechtliche Inbesitznahme einer Sache‹ oder für das ›Sich- ZueigenMachen‹ oder die ›Übernahme (fremder) geistiger Gehalte‹. Ende des 18. Jh. wird das Wort ›aneignen‹ erstmals im ›Grammat.- krit. Wb.‹ von J. Ch. Adelung (2. Aufl. 1793, 1. Bd., 284) erwähnt als Synonym für ›zueignen‹ und bez. sich hier auf das ›geistige Eigentum‹. Bereits J. Locke (im Second Treatise of Government, 1690) verwendet den Terminus ›appropriation‹ sowohl als ›Besitznahme‹ als auch als A. im S. von Erwerb von Eigentum. Dieses kommt dadurch zustande, daß ein natürliches Rechtssubjekt einer vorgefundenen Sache etwas vom Kraftaufwand seines Körpers, von der Arbeit seiner Hände hinzufügt. ›Urspr. Besitznahme‹ und Eigentumsbildung werden in den Rechtsphilosophien des dt. Idealismus deutlich unterschieden. Im allgemeinen »Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen« (G. W. Fr. Hegel, GPhR, § 44), also für herrenlose Güter, gilt A. als Realisierung von Freiheit. Allerdings setzt die Eigentumsaneignung (Zueignung) die Anerkennung durch eine bestehende Rechtsordnung voraus (I. Kant, Met. d. Sitten, 1797, §§ 10, 14; J. G. Fichte, GdNr, 2. Tl., 1797, §§ 17, 18; G. W. Fr. Hegel, GPhR, §§ 50, 51, 58). Als allgemeiner theoretischer Prozeß wird gesellschaftliche A. in den Ökonomisch- philosophischen Manuskripten von K. Marx (1844) verwendet: Unter den Bedingungen der positiven Aufhebung des Privateigentums eignet sich der Mensch »sein allseitiges Wesen auf
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eine allseitige Art an ... alle Organe seiner Individualität, wie die Organe, welche unmittelbar in ihrer Form als gemeinschaftliche Organe sind, sind in ihrem gegenständlichen Verhalten oder in ihrem Verhalten zum Gegenstand die A. desselben« (Marx- Engels- Werke, Erg.- Bd. I. 536, 539). Bei der Formulierung seiner ökonomischen Theorie geht Marx davon aus, daß in der Konsumtion die Arbeitsprodukte »Gegenstände des Genusses, der individuellen A.« werden (K. Marx, zit. Werkausg. MEW 42, 24). Die ›lebendige Arbeitskraft‹ wird in entfremdender Form vom Kapital ›angeeignet‹, muß aber im authentischen Sinn als »A. des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse« bestimmt werden (Das Kapital Bd. 1, MEW 23, 198). Wirkliche A. der Produkte der Arbeitsprodukte und der Arbeit selbst, damit auch der gesellsch. Verhältnisse und des Menschen als Naturwesen geschieht nach Marx erst nach Aufhebung des Privateigentums als der elementaren Bedingung für fremde A. In einer anderen Bedeutung taucht im 19. Jh. A. als Kennzeichen für das selbständige Lernen und für das Lernen durch Unterricht auf. In dieser Tradition steht die Bildung des Begriffes ›A.skonzept‹ im Rahmen der Entstehung einer materialistischen Psychologie in der Sowjetunion der 1920er Jahre (A. N. Leontjew, S. L. Rubinstein). Hier wird A. als 8ontogenetisches Entwicklungsprinzip betrachtet, welches den zunehmenden Erwerb von Handlungsfähigkeiten und sonstigen
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Eignungen des Individuums in der Auseinandersetzung mit der materiell- gesellschaftlichen Welt bezeichnet. Anerkennung, 1. das Beachten (einer Regel oder Sache) sowie die ermutigende Wertschätzung einer 8Person und ihrer Leistung (8Achtung); 2. ein philosophischer und sozialwissenschaftlicher Begriff, der die Beziehungsdimension des (leibhaftigen) Erkennens bzw. die Bildung des Selbst durch 8Interaktion und Rollenübernahme zum Gegenstand hat. In seiner Verbalform anerkennen wahrsch. Übers. von lat. agnoscere; substantiv. Form urspr. ›Anerkenntnis‹; seit dem 19. Jh. ist A. (ad 1) sowohl der Akt als auch der Inhalt einer Einstellung oder Haltung im Sinne von Respektierung, Tolerierung, lobender Bestätigung. (Ad 2) A. im juristischen Sinn (z. B. im Völkerrecht) meint die offizielle Bestätigung, Erklärung oder Gültigkeit der Rechtmäßigkeit eines Staates gegenüber anderen, eines Vertrags oder eines Vertragsinhalts. A. kann sich auf das Verhältnis von Individuen beziehen (z. B. A. einer Vaterschaft). Der Begriff A. im praktischen Sinne ist in die Philosophie des deutschen Idealismus von J. G. Fichte eingeführt worden (GdNr, 1796). Ein Rechtsverhältnis wird danach durch die Wechselwirkung von Individuen hergestellt, welche im gegenseitigen Auffordern zu freiem Handeln und im Begrenzen der eigenen Handlungssphäre übereinstimmen. G. W. Fr. Hegel führte in seiner Phän. d. Geistes (Kap. IV A) den Kampf um wechselseitige A.
Anfang
zwischen Herr und Knecht als Beispiel für die Probleme gegenseitiger Respektierung von Inhabern unterschiedlicher sozialer Macht vor. Hegel übernimmt damit den Begriff zur Bez. der Wechselseitigkeit des A.sverhältnisses zwischen 8Personen und übertr. ihn auch auf die Ebene der Institution Staat, auch auf das äußere Staatsrecht (GPhR § 331). Außerhalb von Rechtsverhältnissen wird der Begriff der A. auch verwendet für generalisierte Theorien der IchDu- Beziehung (8Intersubjektivität). 3. In der traditionellen Logik gehört die A.stheorie zur ›Urteilstheorie‹, wobei sich A., Behauptung oder Beifall jeweils auf die Gültigkeit einer Aussage beziehen (gr. apophasis). Faßt man das Ablehnen, Verwerfen oder Negieren nicht als Verneinung einer Sache, sondern als Behauptung einer verneinten Aussage auf, so besteht jedes Urteil nur noch aus einer A. im S. von Behauptung (so bei B. Bolzano, Wissenschaftslehre I, EA 1837, § 34; später ähnlich bei G. Frege mit seiner These, daß Urteile definiert werden müssen als A.en der Wahrheit von Aussagen). Anfang, von anfangen (lat. incipere), urspr. ›an etwas fassen‹, greifen (lat. capere), also angreifen, anpacken. A. ist entweder Gründung, Grundsteinlegung, Beginn des Wirkens, entspr. im Logischen: Ursprung, 8Grund (lat. principium), oder Ansatz- , Ausgangspunkt, Anlaß (lat. initium). Dazu: Anfangsgründe, im 18. Jh. als Eindeutschung von lat. elementa gebr., bei I. Kant (Metaphys. Anfangsgründe
angeboren
der Naturw., EA 1786) Bez. für Grundsätze einer besonderen Metaphysik der Natur. Die Mehrdeutigkeit des A.s in der Philosophie brachte zuerst Anaximander dadurch zum Ausdruck, daß er als A. von allem nicht mehr einen Stoff, sondern etwas Begriffliches (8Apeiron) annahm. Bes. seit dem Christentum mußte die philosophische Frage nach dem A. identisch erscheinen mit der nach dem Ursprung der Welt (8Schöpfung, 8Theologie, 8Theismus). Kant unterschied den A. der Erkenntnis (die »mit der Erfahrung anhebt«) von dem, woraus sie »entspringt« (KrV, B 1), den A. der Welt der Zeit und den A. der Welt der Kausalität nach, bei dem letzteren wieder zwischen der »Kausalität nach Gesetzen der Natur«, die immer nur einen »komparativ ersten« oder »subalternen« A. zulassen, und der »Kausalität aus Freiheit«, die einen »absolut ersten A.«, einen A. »außerhalb der Welt« erfordern würde (ebd., B 478 ff.). Der Ort der Behandlung des Problems des A.s bei Kant sind die 8Antinomien, bes. die erste und dritte. G. W. Fr. Hegels Behandlung des Problems des A.s beruht auf der Überzeugung, daß »die Wahrheit ein Ganzes« ist. Man könne nicht mit dem Ganzen selbst anfangen; denn das Ganze ist »das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen« (G. W. Fr. Hegel, Phän. d. Geistes Vorr.). Zu Beginn der Wissenschaft der Logik erklärt Hegel in dem Kap. »Womit muß der A. in der Wissenschaft gemacht werden?«, daß der A. in
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jeder Hinsicht nur ein Unbestimmtes, Bestimmungsloses sein könne. angeboren, gr. emphytos, lat. innatus ›eingeboren‹, natura insitus ›von Natur eingepflanzt‹, urspr. mit einem geboren; dazu das Angeborene, das von Geburt an vorhandene, im Gegensatz zum Erworbenen, Angelernten. angeborene Ideen, lat. ideae innatae, angeborene Begriffe (notiones innatae), Vorstellungen oder Wahrheiten sind solche, die nicht durch sinnliche Erfahrungen erworben sein können, z. B. die mathematischen und logischen Begriffe, die ethischen Werte u. a. Plato hatte die Schau der Ideen als eine 8Anamnese der Seele an Erlebnisse erklärt, die sie vor dem Einritt in die Körperlichkeit gehabt habe. Aus dieser noch halb mythischen Erklärung entwickelte Cicero unter Anknüpfung an die Vorstellungstheorie der 8Stoiker die Lehre von den a. I. als den in der menschl. Natur als solcher gegründeten und darum allen Menschen gemeinsamen Vorstellungen. In der Scholastik wurden die a. I. als von Gott dem menschl. Verstand anerschaffene Allgemeinvorstellungen verstanden; zu ihnen gehörte auch die Vorstellung von Gott selbst. Nach R. Descartes sind a. I. solche, die durch Vernunft gegeben sind und deshalb ohne Hilfe der Erfahrung entwickelt werden können; so die ganze Mathematik. Auch N. Malebranche, B. Spinoza und die engl. Platoniker nahmen a. I. an. Bekämpft wurden sie im Anschluß an Demokrit und Epikur (8tabula rasa) vor allem von J. Locke im
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1. Buch von An Essay Concerning Human Understanding (1689); nach ihm werden alle Vorstellungen, Begriffe, Ideen rein durch Erfahrung gewonnen (8Empirismus). Eine Mittelstellung zwischen den Vertretern und Gegnern der Lehre von den a. I. hatte Aristoteles inne, der die allgem. Begriffe und Grundsätze nur dem Sinne nach (dynamei) als in der Vernunft vorhanden annimmt; ebenso G. W. Leibniz, insofern er annahm, daß z. B. die Mathematik eingeboren, d. h. ›auf virtuelle Weise‹, als Anlage, in uns sei. Ihm folgte Chr. Wolff: »Weil die Seele durch ihre eigentümliche Kraft die Empfindungen hervorbringt, so kommen die Bilder und Begriffe der körperlichen Dinge nicht von außen hinein, sondern die Seele hat sie in der Tat schon in sich und wickelt sie nur gleichsam in einer mit dem Leibe zusammenstimmenden Ordnung aus ihrem Wesen heraus« (VGG I, § 819). Nach J. N. Tetens (Philos. Versuche, 1777, II, Nachdr. 1979, 591 f.) sind nicht die Ideen angeboren, sondern nur »das Formelle in der Art der Tätigkeit der Kräfte der Seele«. I. Kant ersetzte den Begriff des Angeborenen durch den des 8a priori. Die sinnlichen Eindrücke sind bei Kant nicht die Prinzipien der Möglichkeit, sondern nur »die Gelegenheitsursachen der Erzeugung« der reinen Begriffe; diese müssen »einen ganz anderen Geburtsbrief als den der Abstammung von Erfahrungen« haben (KrV, B 118 f.). angenehm, mhd. genaeme und annaeme, nhd. auch genehm; »was un-
Angst
ser Sinn gern annimmt, was ihm genehm, d. i. angemessen ist, was er im Empfangen genehmigt« (J. G. Herder, Kalligone, 1800 I S. 6), bei I. Kant »das, was den Sinnen in der Empfindung gefällt«. Ob etwas a. sei oder unangenehm, entscheidet auf Grund der Empfindung allein das Gefühl, d. h. das nur auf die Empfindung als Empfindung, nicht als Wahrnehmung eines Gegenstandes, gerichtete Subjekt (KdU § 3). Über das A.e läßt sich daher keine Regel aufstellen. »Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Tiere, Schönheit nur für Menschen – das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt« (ebd. § 5). Angleichung, lat. 8adaequatio, in der Psychologie die Neigung zur Minderung der Unterschiede zwischen seelischen Vorgängen, die sich auch im Leben beobachten läßt, wenn die Einzelnen sich, bes. in engeren mitmenschlichen Verhältnissen, in ihren Empfindungen, Gefühlen, Gesinnungen, ihrem Denken und Sprechen aufeinander einspielen. Angst, ahd. angust, mhd. angest (lat. angor, anxietas, auch angustia) zur idg. Wurzel angh- ›eng‹ gehörig, das Gefühl der Enge, der Zustand des Beengt- , des Bedrohtseins, wobei jedoch weniger das Wovor, das Objekt, das die Gefahr in sich birgt, wie bei der 8Furcht, als das Worum, das gefährdete Subjekt in seinem wesentlichen Sein selbst, in Frage steht. In der neueren Philosophie spielt der Begriff der A., namentlich im Zusammenhang mit Spekulationen über 8Abgrund,
anima
8Nichts, 8Unendlichkeit u. a., eine wesentliche Rolle. Er stammt aus dem N. T. (Joh. 16, 33) und wird bes. von J. Böhme ausgebildet. Nach ihm (Von der Menschwerdung Jesu Christi II, 4, § 1) »urständet sich ein jedes Leben in der A. als in einer Gift, die ein Sterben ist und ... doch auch das Leben selber ... Denn ohne die A. ist kein Leben, ... sonderlich im Menschen«. In antiidealistischer Tendenz schrieb S. Kierkegaard 1844 eine Monographie Der Begriff Angst. Er will die A. als die »Möglichkeit der Freiheit« vom Menschen selbst »produziert« wissen. Im Anschluß daran hat die 8Existenzphilosophie, bes. M. Heidegger (Sein und Zeit, 1927, § 40), die A. als eine »Grundbefindlichkeit« der menschlichen Existenz herausgearbeitet: »Was beengt, ist nicht dieses oder jenes, aber auch nicht alles Vorhandene als Summe, sondern die Möglichkeit von Zuhandenem überhaupt, d. h. die Welt selbst«, während die Furcht von der Bedrohung durch etwas in der Welt ausgelöst wird. »Wovor die A. sich ängstet, ist das In- der- WeltSein selbst. Das Sichängsten erschließt ursprünglich und direkt die Welt als Welt.« Heidegger fordert den »Mut zur A.«. Das »Zurückweichen vor«, das in der A. liegt, ist für ihn »kein Fliehen mehr, sondern eine gebannte Ruhe« (Was ist Metaphysik?, 1929), ein Aushalten im Anblick des Nichts. anima, lat. wie gr. anemos ›Hauch, Wind‹ und got. uz- anan ›ausatmen, sterben‹ zur idg. Wurzel an›atmen, hauchen‹ gehörig, urspr.
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der ›Atem‹, das ›Wehende‹ (im Unterschied zu 8spiritus ›Atemzug‹); bis in die röm. Kaiserzeit von 8animus, dem spezifisch Menschlichen, streng getrennt. In der Psychologie von C. G. Jung (Psychol. Typen, 1925; Die Bez. zwischen dem Ich und dem Unbewußten, 1928) ist a. eine ›Dominante‹ des kollektiven 8Unbewußten. Sie wird hier verstanden als im Unbewußten von Männern vorgegebenes, von Urzeiten herkommendes überindividuelles Bild des Weiblichen (8Archetypus). animal, lat. ›das lebende Wesen‹, ›das Tier‹; dazu animalisch (lat. animalis) ›lebendig‹, ›beseelt‹, tierisch, oft im Unterschied zu 8vegetativ, pflanzlich gebr.; man unterscheidet z. B. die animalischen Funktionen (Empfindung, Bewegung) von den vegetativen (Ernährung, Wachstum). Animismus, Neub. aus 8anima, von G. E. Stahl (Theoria medica vera, 1707; dt. von K. W. Ideler 1831- 32, 3 Bde.), für die medizinische Auffassung gebr., daß die Vorgänge im Organismus nicht mechanisch erklärt werden können, sondern durch die Tätigkeit einer vernünftig bildenden Kraft (anima rationalis) bewirkt werden, wie auch jedes einzelne Organ ein relativ selbständiges Leben habe (anima vegetativa); in ethnologischer und religionsphilosophischer Hinsicht der Glaube an besondere seelische und geistige Wesen innerund außerhalb des Körperlichen (8Allbeseelung). animus, lat., das eigenständige Leben und Wirken des Menschen, in-
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sof. Inbegriff des Denkens, Fühlens und Wollens; das 8Herz, das 8Gemüt, die Gesinnung; die Stimmung, Gemütsbewegung, der Mut, auch der Stolz, der Übermut; das Verlangen, Vorhaben, die Absicht. Urspr. Gegenbegriff: 8anima, das empfangende, wachstümliche, treibende (lebendige) Prinzip überhaupt. Bei Augustin ist der a., im Unterschied zu der anima, der leibgebundenen ›Seele‹, das von göttlicher Liebe geleitete und Einsicht gewährende, wesentlich menschliche Organ; es gehört wie der 8mens zu den höheren Seelenvermögen und kommt dem 8intellectus, dem Organ der Gottes- und Selbsterkenntnis gleich. – In der Psychologie von C.G. Jung (Die Bez. zw. dem Ich u. d. Unbewußten, 1928) ist a. das im Unbewußten von Frauen wirksame Bild vom Männlichen (8Archetypen). Anlage, zuerst von Paracelsus (»natürliche A.« für lat. dispositio) gebr., die Gesamtheit der körperlichseelischen Grundmöglichkeiten des Menschen, die im Laufe seiner Entwicklung zu fester Ausprägung in Gestalt, Haltung, Charakter und Leistung kommen, das ursprüngliche Gerichtetsein (8Disposition) des Menschen. Schon Aristoteles baute seine Philosophie weitgehend auf das Verhältnis von Anlage (8dynamis) und Ausprägung (8energeia) auf. I. Kant kennt nur eine Bestimmung als die A. des Menschen, nämlich ein »vernünftiges Wesen« zu sein. In Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft unterscheidet er die »ursprüngliche A. zum Guten in
Anmut
der menschlichen Natur« (A. für die Tierheit, für die Menschheit und die Persönlichkeit) und den »Hang (praedispositio) zum Bösen«. Anlaß, lat. occasio, im Mhd. ›anelâz‹ urspr. Rennstart, später schiedsrichterl. Entscheidung; im Nhd. zunächst Anstoß zu einer Handlung; im Recht unterschieden von der Tat, in der Philosophie von der 8Ursache; vgl. 8Okkasionalismus. Anmut, spätmhd. der anemuot ›Verlangen, Lust‹, die Bedeutungsentwicklung zu ›Grazie‹ (lat. gratia ›das Wohlgefällige‹) ging vom Adj. anmutig, mhd. anmüetic ›Verlangen erweckend‹, ›gefällig‹, ›lieblich‹ aus und verdrängte das ältere ›Anmutigkeit‹ (Vgl. noch J. G. Sulzer, Allg. Theorie d. schönen Künste, 1772). Der zugrundeliegende Sinn ist also ›Anreiz, Reiz‹, im Subst. der Anreiz zu etwas, im Adj. der Reiz von etwas. »A. liegt in der Freiheit der willkürlichen Bewegungen, Würde in der Beherrschung der unwillkürlichen.« »So wie wir A. von der Tugend fordern, so fordern wir Würde von der Neigung« (Fr. Schiller, A. u. Würde, 1793). A. bezeichnet den allgemein als schön empfundenen Eindruck, den eine gelungene Haltung (z. B. in der Bewegung) eines Menschen (Ausdruck, Ausstrahlung) macht. Der anthropologische Grund für A. ist die Leibverfassung: daß Menschen sich in ihrem Tun außer zu Objekten zugleich auch zu sich selbst als Körper verhalten (H. Plessner). Schon H. v. Kleist sieht im Bewußtsein der Menschen den
Annahme
grundsätzlichen Bruch mit der Naturharmonie und folglich menschliche A. (bei Kleist: ›Grazie‹) stets prekär: sie sei vollkommen nur in der mechanischen Puppe und in der Bewegung des Tieres sowie in der Unfehlbarkeit (eines) Gottes (Über das Marionettentheater, 1810). Annahme, allg. das vorläufige Fürwahrhalten, Voraussetzen, Geltenlassen eines Urteils, eines Satzes. Eine A. in der Überzeugung, daß ihre Richtigkeit oder Falschheit sich nachweisen läßt, heißt 8Hypothese; fehlt ihr dieses Merkmal der Überzeugung, so nennt man sie 8Fiktion. Als philos. Fachausdruck eingeführt von G. Frege und A. Meinong zur Bezeichnung des Setzens eines Falles bei gleichzeitiger Urteilsenthaltung z. B. über Wahrheit, Richtigkeit oder Wirklichkeit. Ein solcher nichtbehaupteter Aussagesatz, nach Meinong ein Urteil ohne Überzeugung, gilt als A., in dessen ›Gegenstandstheorie‹ eingeordnet zwischen 8Urteil und 8Vorstellung. Im Zivilrecht ist A. das Einverstandensein mit dem Angebot oder Antrag eines anderen; A. wird als jurist. Begr. auch im Zusammenhang ›A. an Erfüllungs Statt‹ verw. (§ 364 Abs. 1 BGB der BRD) i. S. v. freiwilliger Entgegennahme einer nicht geschuldeten Leistung; ›A. an Kindes Statt‹ ist die jurist. Formel für Adoption, d. h. der freiwilligen Übernahme eines Eltern- oder Kindschaftsverhältnisses. Annalen, von lat. annus ›Jahr‹; Aufzeichnungen geschichtl. Ereignisse in chronolog. Reihenfolge (seit dem 18. Jh. libri annales);
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Annalistik nennt man die A.schreibung; bei wiss. Zeitschriften auch in Titelnamen vorkommend zur Bez. einer jährlichen Erscheinungsweise. Anomalie, gr., ›Unregelmäßigkeit‹, Abweichung von der Norm, der Regel, dem Gesetz. anorganisch, Neub. des 18. Jh. aus gr. a ›nicht‹ und organon ›Werkzeug‹, nicht 8organisch, das, was keine Werkzeuge, Organe hat, also zum Bereich der bloßen Stoffe gehört; das Anorganische, das, was in physikalischen und chemischen Gesetzen faßbar ist. Anorganische Chemie ist die 8Chemie der kohlenstofffreien Verbindungen. Anpassung, Übers. für lat. accommodatio ›Anbequemung‹, ›passende Einrichtung‹ und neulat. adaptatio (von aptus ›geeignet‹; 8Adaption), ›Sich- geeignet- Machen‹, in der Biologie seit J. Lamarck der Vorgang wie das Ergebnis der Veränderungen in und an Lebewesen durch die Einwirkung der Umwelt. Auf die Soziologie übertragen wurde der Begriff der A. von H. Spencer (Syst. d. synthet. Philos., Bd. 6- 8, engl. 1862 ff.), der in der fortwährend zunehmenden A. innerer Beziehungen an äußere das Grundgesetz des Lebens sah. Der 8Fortschritt der Menschheit besteht hiernach in der immer vollständigeren A. an die sozialen Zustände (8Adaption, 8Evolution, 8Evolutionstheorien). Anschauung, schon bei Notker ahd. anascouunga, bei Eckhart mhd. anschauunge für lat. contemplatio ›das Richten des Blicks‹ auf etwas, bes. auf das Ewige, Göttliche,
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das unmittelbare Innewerden oder Innesein eines körperlich oder geistig Gegenständlichen. In der Philosophiegeschichte sind besonders zwei Bedeutungen des A.s-Begriffs hervorgetreten: die idea-listische und die sensualistische. Nach ersterer ist A. geistige Schau, Anblick übersinnlicher, allgemeiner Wesenheiten (8Idee), nach letzterer sinnliche Wahrnehmung, Empfang, Besitz einzelner sinnlicher Eindrücke von körperlichen Dingen. Diese zweifache Bedeutung hat auch der Begriff der 8Intuition, während gr. theoria und entspr. lat. contemplatio der geistigen, gr. aisthësis (8Ästhetik) der sinnlichen A. vorbehalten war; Aisthësis bedeutet bei Plato (z. B. Theaitetos 151) und Aristoteles (z. B. De an. II, 5) Wahrnehmung durch sinnliche Eindrücke. Für I. Kant kann A. niemals anders als sinnlich gegeben sein. Sie findet also nur statt, »sofern uns der Gegenstand gegeben wird« (8Rezeptivität); »Vermittelst der Sinnlichkeit ... werden uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert uns A.en; durch den Verstand aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe«. »Gedanken ohne Inhalt sind leer, A.en ohne Begriffe sind blind« (KrV, B 33 und 75). Kant unterscheidet die äußere A., die die Gegenstände im Raum, und die innere, die uns selbst, unsere inneren (zeitlichen) Zustände betrifft (Raum und Zeit sind bei Kant sowohl ›Formen der A.‹ als auch ›reine A.‹; die empirische, die »sich auf den Gegenstand durch Empfindung bezieht« (ebd. B 34)
an sich
(8Wahrnehmung), und die reine, von den Inhalten der Empfindung freie, nur die Form der Sinnlichkeit ausmachende A. (8Anschauungsformen)). Ferner erörtert Kant auch die intellektuelle Anschauung, unter der Bez. ›intuitiver Verstand‹ (KdU § 77). Nach Kant kommt diese A. nur Gott zu (8allgemein); J. G. Fichte bezog sie auf die Erkenntnis des Ich: »Dieses dem Philosophen angemutete Anschauen seiner selbst im Vollziehen des Aktes, wodurch ihm das Ich entsteht, nenne ich intellektuelle A. Sie ist das unmittelbare Bewußtsein, daß ich handle und was ich handle; sie ist das, wodurch ich etwas weiß, weil ich es tue« (Zweite Einl. in die W. L., 1797, Abschn. 5). Bei Fr. W. J. Schelling wird die intellektuelle A. als ein Wissen begr., welches zugleich sein Objekt praktiziert, »in welcher das Produzierende mit dem Produzierten ein und dasselbe ist. ... das Wissen von sich selbst« (System des transzendentalen Idealismus, 1800, 1. Hauptabschn., 2. Abschn., Erl.) Während Kant A. und Verstand genau getrennt wissen wollte, erklärte J. G. Herder, daß beide »Darstellungen einer und derselben Energie der Seele« seien (Metakritik, 1799, 2. Teil, Kap. XV). In der 8Phänomenologie wird d. A. als 8Wesensschau bezeichnet. an sich, von Chr. Wolff eingef. für gr. kath’ hauto, lat. in se, ipse in re, bez. die ›Sache selbst‹, die Sache als solche, ohne Rücksicht auf anderes, außerhalb jeder Beziehung (8absolut), in der Neuzeit bes. seit I. Kant auch ohne Rücksicht auf
Anstand
das erkennende Bewußtsein des Menschen und die Art, wie eine Sache dem Menschen erscheint (8Ding an sich). In Übers. der Schriften von Plato erscheint der Ausdruck zur Bez. jeder gesondert für sich aufgefaßten Sache, insbes. zur Charakteristik der Selbstheit, Eigenständigkeit der Ideen: auto to kalon (z. B. Phaidon 65 D, 75 C, 78 D) heißt ›das Schöne selbst‹ oder ›das Schöne a. s.‹ (im Unterschied zu einzelnen schönen Dingen, die schön sind, weil sie an dem Schönen teilhaben). In verstärkter Form heißt dies a. s. auto kath’auto ›a. s. selbst‹ (besser ›an ihm selbst‹, z. B. Phaidon, 78 D), und noch verstärkter: auto kath’auto meth’ autou ›selbst a. s. selbst mit sich selbst‹ (Symposion 211 B). Bei Aristoteles (z. B. Met. V, 18, 1022a) meint kath’ auto das begrifflich Wesentliche. Kant erklärt, daß unsere Anschauung Dinge nicht vorstellen kann »wie sie a. s. selbst sind« (Proleg. § 9). Sein Begriff des a. s. kennzeichnet erkenntnistheoretisch das Bewußtseinsunabhängige; er ist identisch mit »außer uns für sich bestehend« (KrV, A. 386); sein Gegensatz ist ›in uns‹, ›für uns‹ (8Erscheinung). G. W. Fr. Hegel identifiziert den Begriff des a. s. als Ansichsein mit der aristotelischen dynamis (lat. potentia; Anlage, Vermögen) und konstruiert einen logisch- ontologischen Dreischritt von Ansichsein, Fürsichsein (gr. energeia, lat. actus; Wirklichkeit) und Anundfürsichsein (hier: Beisichselbstsein des Geistes); s. bes. die Einl. zu den Vorles. üb. d. Gesch. d. Phil. (EA 1833- 36).
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Anstand, mhd. anstant ›Anstellung, Amt‹, also noch nicht im Sinn von lat. decorum (so erst nhd. vom Verbum ›anstehen‹, mhd. ane stan ›geziemen‹, ›passen‹ aus), das durch Konvention geregelte Verhalten. Antagonismus, Neub. von gr. antagonizesthai ›gegeneinander kämpfen‹; Widerstreit, Gegnerschaft, Gegensatz. I. Kant versteht unter A. »die ungesellige Geselligkeit der Menschen, d. i. den Hang derselben in Gesellschaft zu treten, der doch mit einem durchgängigen Widerstande ... verbunden ist« und sieht in ihm »das Mittel, dessen sich die Natur bedient, die Entwicklung aller ihrer Anlagen zustande zu bringen« (Idee zu einer allg. Gesch. in weltbürgerl. Absicht, 1784, 4. Satz). Fr. Schiller greift diesen Gedanken im 6. der Briefe über die Ästh. Erz. (1795) auf: »Die mannigfaltigen Anlagen in Menschen zu entwickeln, war kein anderes Mittel, als sie einander entgegenzusetzen. Dieser A. der Kräfte ist das große Instrument der Kultur.« Antagonist, Widersacher, vgl. 8Dualismus, 8Widerspruch. Antezedens, lat. ›vorhergehend‹ (subst. ›wirkende Ursache‹), allgemein soviel wie Bedingung, Grund, Voraussetzung (auch die Antezedenz, Mz. die Antezedenzien). Gegensatz: 8Konsequens. In der 8Logik speziell der Vordersatz einer Subjunktionsbeziehung (8Subjunktion): In A→ B (»Wenn A, dann B«) nennt man A das Antezedens, B das Konsequens; zuweilen auch als Bez. für die Voraussetzung eines 8Schlusses gebr.
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In der Linguistik ein Ausdruck, auf den ein Pronomen zurückweist: In »Der Bär, der Lachse fing, ließ sich nicht stören« ist »der Bär« das A. zu dem Relativpronomen »der«. Anthropismus, gr., bei Diogenes Laertius (II, 8, 70) svw. Menschlichkeit im Sinn der sophistischen Bildung (8Humanismus), bei E. Haeckel im abwertenden Sinn z. Bez. aller Lehren gebr., die dem Menschen eine Sonderstellung in bzw. über d. Natur zuweisen, ihn als Ziel der Entwicklung, Krone d. Schöpfung und damit im Unterschied zu allem übrigen als allein gottähnlich auffassen, svw.: 8anthropozentrisch. Anthropogenie oder Anthropogenese, Neub. v. E. Haeckel aus gr. anthrôpos ›Mensch‹ und genesis ›Erzeugung‹, Entstehung, Werden, die Lehre von der Entstehung des Menschen nach Keimes- und Stammesgeschichte aus tierischen Vorstufen (vgl. E. Haeckel, A. oder Entwicklungsgeschichte des Menschen, 1874). Anthropologie, Neub. aus gr. anthrôpos ›Mensch‹ und logos ›Lehre‹, die Wissenschaft vom Menschen. Sie beschäftigt sich mit biologischen Fragen (Humanbiologie; physische Anthropologie), z. B. der Entwicklung des Menschen aus dem Tierreich (8Anthropogenie), mit anatomischen, physiologischen, embryologischen und pathologischen Merkmalen des Menschen (Anthropomorphologie). Im engl. u. frz. Sprachraum wird A. auch verw. als Synonym für Ethnologie. A. ist philosophisch orientiert, sofern sie grundsätzliche Fra-
Anthropologie
gen über Invarianten des Verhältnisses des Menschen zu seiner 8Welt und das Wesen des Menschen in den Mittelpunkt philosophischen Fragens rückt. Philosophische Anthropologie ist eine erst im 20. Jh. entstandene Richtung, zugleich auch Bez. für eine philos. Disziplin. Gemeinsam gehen die Begründer der Phil. A. (M. Scheler, H. Plessner, A. Gehlen) davon aus, daß die Bestimmung des Menschen nicht teleolog. aus der Vollendung einer Entwicklung (sei es aus der zu einer Erfüllung der göttl. Schöpfung, sei es aus einer determinischen biolog. Richtung der Evolution) gefaßt werden kann. Vertreter der Philos. A. bevorzugen daher Bestimmungen, welche den Menschen als ›Mängelwesen‹ (mit unzureichender phys. Ausstattung, vgl. A. Gehlen) oder als ›weltoffenes‹ (M. Scheler) oder als ›exzentrisches‹ Wesen (H. Plessner) kennzeichnen, jeweils abgrenzend gegenüber tierischen Lebewesen. Zur Phil. A. zählen sich auch Richtungen existentieller A., die das menschliche Sein und Handeln in bezug auf Ziel- und Wertsetzungen, Grenzsituationen, Entscheidungen usf. (8Existenzphilosophie) zum Gegenstand haben, ferner Ansätze zu einer kulturhistorischen A., die das Wesen und Werden des Menschen aus seinen geschichtlichen Leistungen zu erschließen suchen (Kulturanthropologie). Die sog. theologische A. betrachtet den Menschen in bezug auf Gott; sie handelt u. a. von seiner ursprünglichen Gottesebenbildlichkeit (8Urstand), seiner erworbenen Sünd-
anthropomorph
haftigkeit (8Erbsünde) und seiner Doppelnatur (Fleisch und Geist) als Bedingung der 8Gnade. – Man spricht auch von sozialer, politischer, pädagogischer A. u. a. Bereichen. Die Geschichte der abendländischen A. beginnt längst vor dem erst in der auf das menschl. 8Subjekt begründeten Philosophie der Neuzeit gebräuchlich gewordenen, zuerst bei M. Hunot (Anthropologium ..., 1501) und bei O. Casmann (Anthropologia psychologica, 1594) auftretenden, von N. Malebranche bewußt im Gegensatz zur Theologie verwendeten Begriff der A. Sie beginnt mit der Besinnung des Menschen auf sich selbst als 8Person. Eine Zusammenschau der naturwissenschaftlichen, psychologischen und ethnolog. Gesichtspunkte liefert I. Kant in Anthrop. in pragmatischer Hinsicht (1798); er unterscheidet zwischen physiologischer A., die auf Erforschung dessen geht, »was die Natur aus dem Menschen macht«, und pragmatischer A., die behandelt, »was der Mensch als frei handelndes Wesen aus sich selber macht oder machen kann und soll«. Bei G. W. Fr. Hegel (in: Philosophie der Weltgeschichte) erscheint der Mensch als Sinn und Ziel der gesamten natürlichen und geistigen Entwicklung der Welt. A. wird best. als ein Teil der Philosophie des subjektiven Geistes (vgl. Enz. §§ 387 ff.). anthropomorph, gr. anthrôpomorphos ›menschenförmig‹, menschlich gestaltet, vermenschlicht; dazu der Anthropomorphismus, die Übertragung menschlicher Eigen-
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schaften auf Außermenschliches, Natürliches und Göttliches. Der Begr. wird verw. in Weltdeutungen (8Animismus), in der Mythologie und in der Kunst (8Einfühlung, 8Personifikation); in der Theologie unterscheidet man einen physischen und einen psychischen Anthropomorphismus. Physischer Anthropomorphismus liegt vor, wo das Göttliche in menschlicher Körpergestalt vor- oder dargestellt wird; psychischer Anthropomorphismus ist die Vorstellung des Göttlichen als eines Wesens mit Gefühlen, Willensantrieben, Gedanken usw., d. h. als einer 8Person. Dogmenfreie Religiosität verzichtet dagegen auf jede Gestalthaftigkeit des Göttlichen. I. Kant unterscheidet den dogmatischen Anthropomorphismus, der dem höchsten Wesen die Eigenschaften an sich selbst zuschreibt, durch die wir uns Gegenstände der Erfahrung denken, und den symbolischen, der nur die Sprache und nicht das Objekt selbst angehen soll (Proleg. § 57). L. Feuerbach (Wesen d. Christentums, 1841, 2. Kap.) bez. alle von Menschen erzeugten relig. Prädikate als Anthropomorphismen. Anthroposophie, Neub. von I. P. U. Troxler aus gr. anthrôpos ›Mensch‹ und sophia ›Weisheit‹ in seiner Naturlehre des menschlichen Erkennens (1828). Troxler stellte sich die Aufgabe, »das menschliche Erkennen aus sich selbst zu erkennen, die Philosophie daher mit der Anthropologie zu einer A., welche Anschauung und Gegenstand in sich selbst hat, zu verbinden«.
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Nach Troxler nannte dann R. Steiner seine von der 8Theosophie abgeleitete Weltauffassung A.; in ihr wird ein ›höheres‹, nach Steiner selbst durch ›geistige Schau‹ erworbenes und nachvollziehbares Wissen von der Wesenheit des Menschen, der Natur und den übersinnlich- geistigen Welten geboten (Die Rätsel der Philosophie, 2 Bde., 1924/26). anthropozentrisch, Neub. aus gr. anthrôpos ›Mensch‹ und kentron ›Mittelpunkt‹, heißt jede Auffassung, nach der der Mensch und sein Geschick Mittelpunkt und Zweck des Weltganzen ist. Antichrist, gr. ›Widerchrist‹, der Widersacher Christi. Der Name A. taucht zuerst im N.T. auf; es ist der, »der den Vater und den Sohn leugnet« (1. Joh. 2, 18 ff.), der »Mensch der Gesetzlosigkeit, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles erhebt, was Gott oder Gottheit heißt«, der »sich selbst ... für Gott ausgibt« (2. Thess. 2, 3; Übers. v. Menge); sein Auftreten soll den Hereinbruch der »letzten Stunde« künden (1. Joh. 2, 18); er heißt darum, bei M. Luther z. B., auch »Endchrist«. Fr. Nietzsche (Der A., Versuch einer Kritik des Christentums, 1888) bezeichnet sich selbst als den A., betont aber, daß er sich mehr gegen das Christentum, dem er größtes Mißverständnis seines Stifters vorwirft, als gegen diesen selbst richtet. Antilogie, gr. ›Gegenrede‹, der Widerspruch, bei den gr. und röm. Skeptikern der Widerstreit der Gründe für oder gegen einen Lehrsatz (Dogma) der Philoso-
Antinomie
phen. In der Logik nennt man einen 8Widerspruch eine A. Antinomie, gr., ›Gesetzeswiderstreit‹, Widerspruch eines Gesetzes mit sich selbst, so daß entgegengesetzte Parteien es zu ihren Gunsten auslegen können, oder zweier Gesetze, deren jedes wirklich oder scheinbar zu Recht besteht. In der Antike ein Begr. der Rhetorik; erst in der Neuzeit in der Rechtswissensch. gebr. I. Kant, der den Ausdruck in die Philosophie einführte und ihn ausschließlich im Singular benutzte, versteht darunter einen inneren Widerspruch der reinen Vernunft, wenn sie die Grundfragen nach dem Anfang und nach dem Ganzen der Welt (8Kosmologie, 8Gottesbeweise) im Sinne der dogmatischen Metaphysik, d. h. unter Weglassung der Anschauung, zu lösen versucht. Er stellte diese in vier Thesen und Antithesen einander gegenüber: 1. These: »Die Welt hat einen Anfang in der Zeit und ist dem Raum nach auch in Grenzen eingeschlossen.« Antithese: »Die Welt hat keinen Anfang und keine Grenzen im Raume, sondern ist sowohl in Ansehung der Zeit als des Raumes unendlich.« 2. These: »Eine jede zusammengesetzte Substanz in der Welt besteht aus einfachen Teilen«, Antithese: »Kein zusammengesetztes Ding in der Welt besteht aus einfachen Teilen«. 3. These: »Die Kausalität nach Gesetzen der Natur ist nicht die einzige [...]. Es ist noch eine Kausalität durch Freiheit zur Erklärung derselben anzunehmen notwendig.« Antithese: »Es ist keine Freiheit, sondern alles in der Welt
Antinomie
geschieht lediglich nach Gesetzen in der Natur.« 4. These: »Zu der Welt gehört etwas, das entweder als ihr Teil oder ihre Ursache ein schlechthin notwendiges Wesen ist.« Antithese: »Es existiert überall kein schlechthin notwendiges Wesen, weder in der Welt noch außer der Welt, als ihre Ursache.« (KrV, B 454-- 489.) Unter A. der praktischen Vernunft versteht I. Kant den natürlichen Widerstreit zwischen Tugend und Glückseligkeit (KpV, A 204 ff.). Es gibt auch A.n der ästhetischen und teleologischen Urteilskraft. Die erstere entwickelt I. Kant als Widerspruch zwischen der Beweisbarkeit und der Konsensfähigkeit von Geschmacksurteilen (KdU § 56 f.), die A. der teleologischen Urteilskraft (ebd. § 69- 71) als Widerspruch in der Theorie der Naturerzeugung (insbes. b. Organismen) zwischen mechanischer und teleolog. Erklärung. – In der modernen 8Logik, Mathematik und 8Sprachphilosophie unterscheidet man zwischen semantischen (vgl. 8Semantik) und logischen A.n. Eine semantische A. ergibt sich etwa, wenn man von der Annahme ausgeht, daß es sich bei »Dieser Satz ist falsch« um einen normalen Aussagesatz handelt, der (nach dem 8Bivalenzprinzip) wahr oder falsch sein muß. Man nehme nämlich an, er sei wahr – dann ist er falsch, denn er drückt ja selbst aus, daß er falsch ist, und wenn er wahr ist, dann ist das der Fall, was er ausdrückt; nimmt man aber an, er sei falsch, dann erweist er sich als wahr, denn er drückt aus, daß er falsch ist, und
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wenn das falsch ist, dann ist er wahr. Er ist also genau dann wahr, wenn er falsch ist, und da er nach Voraussetzung wahr oder falsch sein muß, ergibt sich, daß er zugleich wahr und falsch ist – ein klarer Widerspruch. Man kann diesen Widerspruch vermeiden, wenn man sagt, daß es sich gegen den ersten Anschein bei »Dieser Satz ist falsch« nicht wirklich um einen Satz handelt, der wahr oder falsch sein kann. Dieser Vorschlag läßt sich durch den Hinweis darauf rechtfertigen, daß der fragliche Ausdruck sich im Gegensatz zu gewöhnlichen Sätzen keiner der ›Sprachschichten‹ zuordnen läßt, die sich unter dem Gesichtspunkt von Objekt- und 8Metasprache ergeben. Der Ausdruck stellt gleichsam einen Versuch dar, über sich selbst zu sprechen und sich die (semantische) Eigenschaft zuzuordnen, wahr zu sein. Über einen Satz einer Sprache S1 kann man aber nur mit Hilfe eines anderen Satzes sprechen, der zu einer Metasprache S2 über S1 gehört. – Eine ähnliche A. ergibt sich, wenn man »Ich lüge jetzt« (d.h. soviel wie »Was ich jetzt sage, ist falsch«) als wahrheitsfähigen Satz betrachtet. Schon in der Antike wurde der Fall des Kreters diskutiert, der »Alle Kreter lügen« äußert. – Logische A.n ergeben sich ohne Bezüge auf solche semantischen Begriffe wie den der Wahrheit durch rein formale 8Ableitung. Die wohl bekannteste wurde von B. Russell zu Beginn unseres Jahrhunderts formuliert. Nach dem mengentheoretischen 8Komprehensionsprinzip entspricht je-
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dem 8Begriff eine 8Menge von Dingen, die unter ihn fallen (der ›Begriffsumfang‹). Demnach entspricht dem Begriff der Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten, eben diese Menge M: M = {x: x ∉ x}. Zweifellos gibt es viele Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten: Die Menge aller ganzen Zahlen ist keine ganze Zahl, die aller Apfelsinen keine Apfelsine. Dagegen ist die Menge aller mathematischen Objekte selbst ein mathematisches Objekt und enthält sich so als Element. Die Frage ist nun, ob die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten, sich selbst als Element enthält oder nicht. Nach unserer obigen Festlegung für M gilt für alle Mengen x: x∈M genau dann, wenn x∉ x. Wenn wir für x nun die Menge M selbst einsetzen, erhalten wir: M∈M genau dann, wenn M∉ M. M enthält sich also genau dann selbst als Element, wenn sie sich nicht selbst als Element enthält – und da sie sich (nach dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten, vgl. 8principium exclusi tertii ) selbst als Element enthalten oder nicht enthalten muß, ergibt sich der Widerspruch, daß sie sich zugleich enthält und nicht enthält. Die klassische Mengenlehre erwies sich so als widersprüchlich, und da sie als Fundament der Mathematik galt, löste die Entdeckung dieser A. (zusammen mit einigen weiteren) zu Beginn unseres Jahrhunderts eine tiefgreifende Grundlagenkrise der mathematischen Forschung aus. In der Folge wurden verschiedene
Antinomismus
alternative Systeme der Mengenlehre entwickelt, die wie das alte (›naive‹) System die Grundlagen der Arithmetik abzuleiten gestatten, aber nicht in A.n führen, zumindest nicht in die bekannten. Die von B. Russell und A. N. Whitehead 1910- 13 entwickelte Typentheorie basiert auf dem Gedanken, Mengen verschiedenen Stufen zuzuordnen: Mengen von Objekten eines Grundbereichs sind solche erster Stufe, Mengen, die Mengen erster Stufe enthalten, sind solche zweiter Stufe etc. Ausdrücke wie x∈y sollen dann nur definiert sein, wenn y mindestens eine Stufe höher eingeordnet ist als x. Problematische Ausdrücke wie x∈x werden so vermieden. Eine solche Folge von Stufen entspricht den Folgen von Metasprachen, die für die Auflösung semantischer Antinomien zentral sind. Einige neuere Systeme der Mengenlehre sind mit dem von Russell und Whitehead äquivalent, aber einfacher zu handhaben. Antinomismus, von gr. anti ›gegen‹ und nomos ›Gesetz‹, allg. die Ablehnung aller Gesetze und jeglicher Gesetzlichkeit aus ethischen und religiösen Gründen, im bes. die Ablehnung der Verbindlichkeit des alttestamentarischen ›Gesetzes‹ für die Christen sowohl als für die Gottlosen (denen es ›Zuchtmittel‹ sein soll). Der Gegensatz zwischen Gesetz des A. T. und dem Evangelium des N. T. (8Gnade), der im N. T. ebenso begründet ist wie die Beziehung zwischen beiden, trat zuerst als A. bei den 8Gnostikern, bes. bei Marcion, in Er-
Antipsychologismus
scheinung und tauchte bei M. Luther erneut auf, der sich dann aber, gestützt durch Ph. Melanchthon, gegen die Vertreter des A., die Antinomisten, unter Führung von J. Agricola, entschied; vgl. seine Schrift Wider die Antinomer (1539). Antipsychologismus, Neub. aus gr. anti ›gegen‹ und 8Psychologismus, der bes. vom 8Neukantianismus und der 8Phänomenologie geführte Kampf gegen den Vorrang psychologischer Methoden in der Philosophie zu Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. Antistrephon, gr. das ›Umkehrende‹ (lat. reciprocus), von Aristoteles (Anal. prior. II 8; Top. VIII, 14) eingef. zur Bez. von Schlüssen, in denen der Schlußsatz in sein Gegenteil umgekehrt wird, was die Umstoßung der Behauptung in einem von zwei Vordersätzen zur Folge hat. Wird z. B. in dem 8Schluß: Alle Menschen sind sterblich; Gajus ist ein Mensch; also ist Gajus sterblich, der Schlußsatz in sein Gegenteil verkehrt, so sind entweder nicht alle Menschen sterblich (Umstoßung des 1. Vordersatzes), oder Gajus ist kein Mensch (Umstoßung des 2. Vordersatzes). Antithese, gr. antithesis ›Entgegensetzung‹, der einem Satz entgegengestellte, das Gegenteil behauptende Satz, der Gegensatz, die Gegenbehauptung. Antithetik, Neub. I. Kants aus gr. anti ›gegen‹ und thetika ›das Setzende‹, die Entgegensetzung. »Wenn Thetik ein jeder Inbegriff dogmatischer Lehren ist, so verstehe ich unter A.
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nicht dogmatische Behauptungen des Gegenteils, sondern den Widerstreit der dem Scheine nach dogmatischen Erkenntnisse (thesin cum antithesi), ohne daß man einer vor der anderen einen vorzüglichen Anspruch auf Beifall beilegt« (KrV, B 448; vgl. 8Antinomie). Antithetisch, entgegensetzend, Gegensätze enthaltend. Antizipation, lat., ›Vorwegnahme‹, Übers. v. Cicero für gr. prolëpsis, das bei den Stoikern und Epikureern die natürlichen, unmittelbar aus der 8Wahrnehmung entspringenden Allgemeinbegriffe oder Allgemeinvorstellungen bezeichnete, die der Mensch kraft angeborener oder in früher Kindheit erworbener Fähigkeit bildet (8angeboren). Cicero (de nat. deor. I 16, 43) nennt A. »eine gewisse im Geist vorweggenommene Vorstellung von der Sache, ohne die weder etwas verstanden noch erforscht noch erörtert werden kann.« I. Kant nennt die reinen Bestimmungen im Raume und der Zeit, sowohl in Ansehung der Gestalt als auch der Größe, »A.en der Erscheinungen«. I. Kant spricht deshalb von A.en der Wahrnehmung. Bereits in Empfindungen antizipieren wir etwas, das graduell durch Vergleich mit nicht Empfundenem bestimmbar ist, und zwar in den Fällen, in welchen wir dem Realen, sofern es »Gegenstand der Empfindung« ist, eine »intensive Größe, d. i. einen Grad« zuschreiben (KrV, B 207). A. dient auch zur geschichtsphilos. Deutung der Fähigkeit des Menschen zu einem auf Zukunft gerichteten Bewußtsein, so z. B. bei E.
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Bloch (Das Prinzip Hoffnung, I, EA 1954, 2. Teil). Antonym, gr./neulat. ›Gegenwort‹; Begriff mit entgegenges. Bedeutung (z. B. ›falsch‹ vs. wahr; ›böse‹ vs. gut). Anzahl, frühnhd., die 8Zahl als Eigenschaft einer 8Menge. Anziehung, lat. attractio, oder Anziehungskraft, lat. vis attractiva, die als Grundkraft angenommene Ursache für die Beschleunigung materieller Körper auf ihren gemeinsamen Schwerpunkt zu oder für den Druck auf eine die Bewegung hindernde Unterlage und für den Zusammenhalt der Bestandteile eines zusammengesetzten Körpers; im Gegensatz zur Grundkraft der Abstoßung (Repulsion). Aus diesen beiden Grundkräften erklärte I. Kant die Materie (Monadologia physica, 1756, Metaphys. Anfangsgründe der Naturw., 1786). Im engeren Sinn ist A. die Newtonsche Schwerkraft (8Gravitation), im weiteren außerdem die Anziehungskraft ungleichnamiger elektrischer Ladungen, ungleichnamiger magnetischer Pole und die Attraktion und Kohäsion der Materieteilchen untereinander. Äon, gr. aiôn, zunächst Lebenskraft und Leben, dann die Lebenszeit als die inhaltlich durch die Erfahrung und Schicksale eines Lebewesens ausgefüllte Zeit von seiner Geburt bis zum Tode, schließlich das Zeitalter (lat. aevum) und (besonders bei Plato) die 8Ewigkeit. In der Spätantike wird der Ausdruck auch auf den Raum bezogen und bezeichnet die Sphären, in denen die Weltmächte, die Ster-
apeiron
ne und Sterngötter, kreisen, die die Zeitalter und Gezeiten bestimmen und in Zeitabschnitte gliedern. Ein Gott der Zeit, der als Ä. bezeichnet wird, tritt bei den Persern (Zrwan), den Orphikern (Kronos, Chronos), in den hellenistischen Mysterien und im Mithraskult auf. Im N. T. bedeutet Ä. die Ewigkeit im Ganzen oder einen Ausschnitt aus ihr, eine Weltzeit oder ein Weltalter. Apagogë, gr. ›Abführung‹ (lat. abductio), heißt bei Aristoteles (Anal. prior. II 25) ein syllogist. Schluß aus einem gültigen Obersatz (z. B. Alles Wissen ist lehrbar) und aus einem Untersatz, dessen Gültigkeit unsicher ist (z. B. Die Tugend ist ein Wissen), auf eine 8Konklusion (Die Tugend ist lehrbar), die zwar aus den 8Prämissen folgt, aber in ihrem materialen Gehalt allenfalls wahrscheinlich ist. Apagogischer Beweis (lat. demonstratio apagogica) ist das indirekte Beweisverfahren durch Nachweis der Unrichtigkeit des Gegenteils der aufgestellten Behauptung, auch svw. reductio ad absurdum (8absurd). Apathie, gr. ›Unempfindlichkeit‹, in der gr. Philosophie, bes. bei den Stoikern, die Freiheit vom 8Pathos, von den Leidenschaften, den Affekten: das Ziel des sittlichen Strebens und der Selbsterziehung; allgemein die Gefühllosigkeit, die Gleichgültigkeit gegen Lust und Unlust. Apathisch, unempfindlich, gefühllos, leidenschaftslos. apeiron, gr. ›das Unbegrenzte‹, das, was keine Grenzen hat, das Unendliche (8Unendlichkeit); bei Anaximander (Nachweise bei Diels, 1. Bd., ed. Kranz, 1961, 81 ff.,
Aphorismus
89) der Anfang oder das Prinzip aller Dinge, der ungeformte, unbeschränkte, ungeordnete Weltstoff, aus dem alle Dinge entstehen und in den sie sich wieder auflösen, bei Plato (bes. Philebos 23 C ff.) als das Schlechtere dem peras, der ›Grenze‹ gegenübergestellt. Aphorismus, gr., ›Abgrenzung‹, kurzer Satz; in sich abgeschlossener, für sich stehender, nicht mit anderen Sätzen verbundener, nicht mit Beweisen, Folgerungen u. dergl. belasteter Satz oder Satzverband, in dem ein Einfall, eine Einsicht kurz und prägnant zum Ausdruck kommt. Apodeiktik, Apodiktik, gr. apodeiktike (epistëmë) ›dem Beweis dienende Wissenschaft‹, die Lehre vom 8Beweis. Die A. wurde von Aristoteles in der Anal. post. neben der Lehre von der 8Definition und von der Einteilung abgehandelt und bildet seitdem einen Teil der Logik. Apodiktisch heißen 8Urteile oder Beweise, die als unumstößlich gelten, weil sie logisch notwendig oder unmittelbar gewiß sind. Apokalypse, gr. ›die Offenbarung‹, insbes. Name des prophetischen Buchs des N. T., der Offenbarung Johannis. Apokalyptik, die Lehre von der Offenbarung, die Prophezeiung vom Geschichtsverlauf, bes. vom Weltende, und die Deutung der Zeichen, die das Weltende ankündigen sollen; dazu apokalyptisch, in der Offenbarung Johannis vorkommend, auf das Weltende hindeutend. Apokatastasis, gr. (lat. restitutio) ›Wiederherstellung‹, die Zurückversetzung in den vorigen Zustand,
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insbes. der Zeitpunkt der Wiederherstellung der ursprünglich göttlichen Zustände im Weltall; bei den Stoikern, im N. T. (Ap.gesch. 3, 21), bei Origines und vielen Mystikern die Wiederkehr des Gleichen nach Ablauf einer Weltperiode und dem Untergang der alten Welt in der von neuem beginnenden Weltentwicklung; von J. Böhme im Anschluß an M. Luther mit ›Wiederbringung‹ übersetzt (8Ekpyrosis, 8ewige Wiederkunft). Apologie, gr., ›Verteidigung‹, die Verteidigungsrede, insbes. die des Sokrates vor Gericht, die Plato (Apolologie) und Xenophon (Erinnerungen an Sokr., 1. Buch, 1. u. 2. Kap.) ausgearbeitet haben, die Verteidigungsschrift. Apologeten (gr. apologëtikos ›verteidigend‹), die Verteidiger einer Glaubenslehre oder einer Weltanschauung, bes. die des Christentums gegen Juden und Griechen im 2. Jh. n. Chr., Aristides, Justin, Tatian u. a.; sie rechtfertigen das Christentum mit philosophischen Gründen. Apologetik (gr. apologetikë epistëmë), Disziplin, in der die Verteidigung und Rechtfertigung der Glaubenslehre gelehrt wird, ein Zweig der Theologie. apophantisch, von gr. logos apophantikos ›Aussagesatz‹, eine 8Aussage betr. Mit Apophantik bez. E. Husserl jede formale Logik, die mit Wahrheitskriterien arbeitet u. insof. auch als »formale Ontologie« gelesen werden kann (Erste Phil., 1923/24. EA 1956, 1. T., 1. Abschn., 2. Kap.). Apophthegma, gr. ›Ausspruch‹, Mz. Apophthegmata, kurze, inhaltsvolle Sätze, Sinnsprüche bes. von
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Philosophen, die im Altertum gesammelt wurden (z. B. die Zusammenstellungen von A.ta bei Plutarch, Erasmus u. a.). Apophthegmatisch: spruchartig, kurz, geistreich. Aporem, gr. aporëma ›Streitfrage‹, logische Schwierigkeit, Lehrsatz über eine logische Unlösbarkeit, von Aristoteles eingef. zur Bez. eines Schlusses auf das kontradiktorische Gegenteil; aporetisch, zweifelhaft, strittig. Aporetik, gr. aporëtike (technë), die Kunst, unlösbare oder schwer zu lösende Probleme zu durchdenken und zu erörtern, im bes. das Verfahren, die Probleme als solche ohne Rücksicht auf ihre mögliche oder unmögliche Lösbarkeit zu untersuchen (8Aporie, 8Problem). Aporetiker, der die Kunst der A. Übende, der Skeptiker, im Gegensatz zum Dogmatiker (8Skepsis), der Problemdenker im Unterschied zum Systemdenker (8Problemdenken). Aporie, gr., ›Ratlosigkeit‹; Ausweglosigkeit, gedankliche Schwierigkeit, Unmöglichkeit, zu einer philosophischen Lösung zu kommen. Eine A. liegt vor, wenn in einem Gedankengang Widersprüche auftreten, die im Wesen der Sache selbst oder in den zu ihrer Klärung gebrauchten Begriffen liegen. Als Ausgangspunkt wird die A. häufig bei Aristoteles eingef., als Endergebnis resultiert sie zumeist bei den Skeptikern (8Skepsis). a posteriori, Ggs. 8a priori, lat. ›von dem Späteren her‹ und ›von dem Früheren her‹; von den Scholastikern eingef. Begriffe zur Wiedergabe der von Aristoteles gebr.
a posteriori
Wörter hysteron das ›Spätere‹ und proteron das ›Frühere‹, durch die er das physei ›von Natur‹ und das pros hemas ›für uns‹ Frühere und Spätere bezeichnete. Albert der Große unterschied den Beweis ex prioribus oder ex causis (von den Gründen oder Ursachen her) und den Beweis ex posterioribus oder ex effectibus (von den Folgen oder Wirkungen her). Die Ausdrücke a priori und a p. für diese Beweisarten sind erst seit Albert von Sachsen in der 8Scholastik allgemein. Philosophen des 18. Jh. wie G. W. Leibniz, Chr. Wolff, D. Hume verstanden unter Erkenntnissen a p. die aus der Erfahrung geschöpften, erworbenen, unter denen 8a priori die auf Grund der schon gewonnenen Einsichten aus der Vernunft, durch Schlüsse ermittelten Erkenntnisse, die 8angeborenen Ideen und z. T. auch das rein aus Begriffen geschöpfte, von aller Erfahrung unabhängige Wissen. I. Kant erörtert mit Hilfe dieser Begriffe die transzendental- logische Frage nach dem Ursprung und der Möglichkeit unserer Erkenntnis (8transzendental). A p. ist bei ihm die durch die Sinne gegebene, empirische und zufällige Erkenntnis, a priori (8rein) dagegen die ausschließlich aus Verstandes- und Vernunftbegriffen gewonnene, nicht aus der Erfahrung stammende, aber die wissenschaftliche Erfahrung überhaupt erst ermöglichende, allgemeingültige und notwendige Erkenntnis. Die letztere geht, methodologisch gesehen, der durch die Sinne vermittelten Erfahrung voraus (KrV, B 1). In der nachkantischen Philosophie
Apotheose
schwankt die Auffassung beider Begriffe; sie werden teils im transzendentalen Sinne (z. B. bei J. G. Fichte, G. W. Fr. Hegel), teils im psy-chologischen (J. Fr. Fries, A. Schopenhauer), teils aber auch in dem laxen Sinn von ›erworben‹ (a p.) und ›ererbt‹ (a priori, so bei Ch. R. Darwin, H. Spencer) verstanden. Im 8Neukantianismus wurde die transzendental- logische Deutung als die allein dem Kritizismus von I. Kant entsprechende durchgesetzt (8Empirismus, 8Nativismus). Das Aposteriori, im Neukantianismus geb. zur Bez. des Inbegriffs der Erkenntnis a p.; aposteriorisch, das, was eine Erkenntnis a p. ausmacht oder durch eine solche erkannt wird. Apotheose, gr., ›Vergottung‹, feierliche Erhebung eines besonders verdienten Menschen unter die Götter. 8Euhemerismus; 8heroisch. Apperzeption, frz., ›Auffassung‹, aus neulat. adpercipere ›hinzuwahrnehmen‹, von G. W. Leibniz im Unterschied zu 8Perzeption und den 8petites perceptions gebr. für den seelischen Vorgang, durch den sinnlich Gegebenes mittels Aufmerksamkeit und Gedächtnis aufgefaßt, angeeignet, ins Bewußtsein erhoben, in den Bewußtseinszusammenhang eingeordnet wird (Monadologie, 1720, LS 18). I. Kant unterschied zwischen der psychologischen oder empirischen A., dem Vermögen des Verstandes, klare Vorstellungen aus der sinnlichen Wahrnehmung zu bilden und die mannigfaltigen Anschauungen durch die Tätigkeit des inneren Sinnes zu einer einheitlichen Vorstel-
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lung zusammenzufassen, und der reinen oder transzendentalen A. als dem Vermögen des Bewußtseins überhaupt, das Verstand und Vernunft umschließt und aus dem die allgemeingültige und notwendige Einheit aller Verstandes- und Vernunfterkenntnisse entspringt. (KrV, zuerst A 107; vgl. die näheren Bestimmungen B 131 ff.) – Bei G. W. Leibniz liegt das Gewicht auf dem Gegensatz von 8unbewußt und bewußt, bei I. Kant auf dem von rein und empirisch. Eine psychologische Bestimmung gibt J. F. Herbart: die A. als Aneignung und Verarbeitung neuer Vorstellungen durch und mit Hilfe der schon vorhandenen. Die durch das Auftreten neuer Vorstellungen im Bewußtsein wiedererweckten älteren Vorstellungen und Vorstellungsverbindungen heißen die apperzipierenden Massen oder auch die A.smassen. Hier liegt die Betonung auf dem Gegensatz alt und neu, verarbeitet und neu hinzukommend. W. Wundt unterschied den Begriff der A. von dem der 8Aufmerksamkeit: »Den durch eigentümliche Gefühle charakterisierten Zustand, der die klarere Auffassung eines psychischen Inhalts begleitet, nennen wir die Aufmerksamkeit, den einzelnen Vorgang, durch den irgendein psychischer Inhalt zu klarer Auffassung gebracht wird, die A.« (Grdr. d. Psychol., 1874, III § 15). Der psychol. Begriff der A. und die Apperzeptionspsychologie Wundts überhaupt hat, wie ihre ursprüngliche Gegnerin, die 8Assoziationspsychologie, heute an Bedeutung ver-
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loren. Apperzeptiv heißen bei W. Wundt die Verbindungen von Vorgängen im Bewußtsein, die unter dem Einfluß der 8Aufmerksamkeit zustande kommen; sie beruhen letzthin auf einem Willensakt. Apperzipieren, einen Erfahrungsinhalt, eine Sinnesempfindung oder einen inneren Zustand mittels der 8Aufmerksamkeit in den Zusammenhang des Bewußtseins aufnehmen. Apprehension, lat., ›Erfassung‹; bei den Scholastikern das Auffassen eines Gegenstandes durch die Sinne, von I. Kant gebr. zur Bez. der Zusammenfassung der mannigfaltigen Eindrücke, die die Sinneswahrnehmungen darbieten, zu einer einheitlichen Vorstellung. In der 1. Aufl. der KrV wird eine empirische und reine A. unterschieden, in der 2. Aufl. tritt an Stelle der reinen A. die »sukzessive Synthesis der Einbildungskraft«. a priori, lat. ›von dem Früheren her‹, von vornherein; logisch: das ›von Natur‹ oder dem Wesen nach vorhergehende; psychologisch: das zeitlich Vorausliegende, Angeborene; erkenntnistheoretisch: das von der Erfahrung Unabhängige und sie Ermöglichende (Ggs. 8a posteriori ); dazu das Apriori, von den Neukantianern gebr. für den Inbegriff dessen, was unabhängig von der Erfahrung gilt. Apriorisch, das was a p. ist oder durch eine Erkenntis a p. gewonnen wird; Apriorismus, zusammenfassende Bez. der philos. Lehren, nach denen es eine von der Erfahrung unabhängige Erkenntnis gibt.
Äquivalenz
äquipollent, lat., ›gleichviel geltend‹, sind Begriffe, die gleichen Umfang, aber der Definition nach ungleichen Inhalt haben, d. h. Begriffe, die durch jeweils verschiedene ihrer Merkmale bezeichnet werden; ä.e Urteile sind solche, die ä.e Begriffe aufweisen. Z. B. das Urteil: »A ist ein Kind von B« hat dieselbe Geltung wie das Urteil »B ist ein Elternteil von A«. Ä. e Urteile sind auch solche, die mit Hilfe des 8Prinzips der doppelten Verneinung formuliert sind. Äquivalenz, von lat. aequus ›gleich‹ und valere ›wert sein‹, also soviel wie ›Gleichwertigkeit‹, Gleichheit. Allgemein nennt man zwei Gegenstände x und y äquivalent bezüglich einer Eigenschaft E, wenn x und y sich bezüglich E nicht voneinander unterscheiden. So sind Diamanten und Graphit äquivalent bezüglich der Eigenschaft, aus Kohlenstoff zu bestehen, aber nicht äquivalent bezüglich ihres Aussehens oder ihrer Härte. Ä. ist also eine dreistellige 8Relation zwischen zwei Dingen und einer Eigenschaft: x ist äquivalent mit y bezüglich E. Häufig verwendet man nicht diesen allgemeinen Begriff von Ä., sondern daraus abgeleitete, speziellere Äquivalenzbegriffe, die schon auf eine Eigenschaft E relativiert sind. Man spricht dann von einer ›Ä. bezüglich E‹ als einer zweistelligen Relation zwischen Dingen; die Relativierung auf E spricht man dabei nicht immer explizit aus. Eine solche ›Äquivalenzrelation‹ hat drei charakteristische Eigenschaften: Sie ist reflexiv – alle Dinge x sind
äquivok
äquivalent (bezüglich E) mit sich selbst; sie ist transitiv – wenn x äquivalent (...) mit y und y äquivalent mit z ist, dann ist auch x äquivalent mit z; und sie ist symmetrisch – wenn x äquivalent mit y ist, dann ist auch y äquivalent mit x. Eine Menge von Dingen, die in einer Relation der Äquivalenz (bezüglich E) zueinander stehen, bezeichnet man als ›Äquivalenzklasse‹. Solche Klassen sind für die Logik und die Mathematik von zentraler Bedeutung. – In der 8Logik bezeichnet man zwei Aussagen A und B als ›material äquivalent‹, wenn sie gleichermaßen wahr oder gleichermaßen falsch sind, also äquivalent bezüglich ihres 8Wahrheitswertes. Entsprechend legt man die Bedeutung des 8Junktors der materialen Äquivalenz (auch ›Äquisubjunktion‹, ›Bisubjunktion‹, ›Bikonditional‹) »...genau dann, wenn...« (oft symbolisiert durch ↔ oder ≡ ) in der aussagenlogischen 8Semantik durch die folgende 8Wahrheitsbedingung fest: Für beliebige Aussagen A, B gilt: A↔ B ist wahr, wenn A und B gleichermaßen wahr oder falsch sind; sonst ist A↔ B falsch (vgl. auch 8Aussagenlogik). Man nennt zwei Aussagen A und B ›logisch äquivalent‹, wenn die Schlüsse von A auf B und von B auf A gleichermaßen allgemeingültig sind (vgl. 8Schluß). Das ist genau dann der Fall, wenn die Aussage A ↔ B tautologisch ist (vgl. 8Tautologie); es gibt also eine enge Beziehung zwischen der materialen und der logischen Ä. äquivok, zu lat. aequi- ›gleich- ‹ und vox ›Stimme‹, ›Laut‹, svw.
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gleichlautend, aber bedeutungsverschieden, also mehrdeutig (vgl. 8Ambiguität). Die Verwendung ä.er Begriffe nennt man Äquivo-kation; sie kann zu logischen 8Fehlschlüssen, etwa zu dem der 8Quaternio terminorum, führen. Zu einiger Verwirrung hat z. B. der Gebrauch des äquivoken Wortes »ist« in philosophischen Zusammenhängen geführt, das man im Sinne der Kopula und im Sinne von »existieren« verstehen kann. arabische Philosophie, das theoret. Denken in den vom 8Islam geprägten arabischen Ländern. In der philos. Historiographie bez. man als a. Ph. vor allem das bes. vom 9. bis 12. Jh. n. Chr. von Arabern ausgebildete, überwiegend unter dem Einfluß von Aristoteles und den Neuplatonikern stehende Denken. Ihre bedeutendsten Vertreter sind Alfarabi, Avicenna, Algazel und Averroes. Ihre Bedeutung für die Ausbildung einer eigenständigen Philosophie im abendländischen Mittelalter besteht in der Tradierung und Kommentierung vor allem der Schriften des Aristoteles (8Aristotelismus, 8Scholastik, 8Averroismus). Arbeit (gr. kopos, ponos, lat. labor, molestia), mhd. arebeit, wie sich aus der Wurzel orbu ›Knecht‹ ergibt, urspr. ›Knechtstätigkeit‹, daher noch im Mhd. vorwiegend in negativem Sinn ›Not‹, ›Mühsal‹, ›mühseliges Werk‹ gebr. A. wurde bis ins 19. Jh. in einem Ggs. zur Muße (8Müßiggang) gesehen. Bereits in der Antike war auch ein privativer A.sbegriff verbreitet (A. gr. als a- scholia, lat. als neg- otium, jeweils
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wörtl. ›Nicht- Muße‹). Diese Unterscheidung ließ sich nur solange aufrechterhalten, wie die (wesentlich geistig ausgeübten) ›freien‹ Tätigkeiten (›Muße‹) von den (wesentlich körperlich ausgeführten) abhängigen Tätigkeiten eindeutig zu unterscheiden waren. Seit dem 19. Jhd. setzt sich mit der Begriffsschöpfung ›Geistige A.‹ auch ein Verständnis für kreative Tätigkeit durch, das es erlaubt, nicht nur den manuell tätigen Lohnabhängigen, sondern auch den überwiegend mit seinen intellektuellen Fähigkeiten Tätigen als ›Arbeiter‹ zu bezeichnen (so z. B. in der Rede vom wissenschaftl. Arbeiter, desgl. enthalten in der Berufsbez. ›wissensch. Mitarbeiter‹, ferner im Begr. A. als Synonym für das Produkt wiss. Tätigkeit, z. B. für den Aufsatz). A. im heutigen Sinne bez. im allg. einen auf ein Ziel gerichteten, bewußten, der Befriedigung von Bedürfnissen oder der Verwirklichung von Werten dienenden Einsatz körperlicher und geistiger Kräfte. In der Physik wird die A. definiert als das Produkt aus einer Kraft k und dem Wege s, längs dessen sie wirkt, oder als die Bewegung eines Körpers durch eine bestimmte Strecke gegen einen vorhandenen Widerstand. Die in einem best. Zeitabschnitt verrichtete A. nennt man Leistung. Für die Umrechnung von Arbeitseinheiten gelten die gleichen Äquivalente wie für 8Energie (seit 1978 einheitl. ›Joule‹ für Wattsekunden, Newtonmeter und Kalorien). Arbeitshypothese, eine 8Annahme (8Hypothese), die vorläufig als
Arbeitswerttheorie
Richtschnur der Arbeit des Forschers aufgestellt wird, deren Richtigkeit zunächst weder nachweisbar noch als unmöglich erwiesen ist. Arbeitsteilung, die planmäßige Ausführung verschiedener Arbeiten durch verschiedene Einzelne bzw. Gruppen; in der Biologie (im übertr. Sinn) die instinktive Ausführung verschiedener Leistungen des Gesamtorganismus durch bes. Organe (Differenzierung), z. B. bei in 8Symbiose lebenden Tieren (Bienen, Ameisen); in der Volkswirtschaft die Verteilung verschiedener Arbeiten auf einzelne Berufe und Erwerbszweige (Spezifikation), in der Technik die Zerlegung eines Arbeitsvorganges in Teilvorgänge. Arbeitswerttheorie, ökonomische Lehrmeinung, die als These zuerst von J. Locke (Second Treatise on Government, 1690) formuliert wurde. Danach entstehen insgesamt materielle 8Werte ausschließlich (bei Locke: überwiegend) aus menschlicher 8Arbeit. Bei Locke ist daher die Verfügung über 8Eigentum urspr. nur durch menschl. Arbeit zu rechtfertigen. Diese These diente bis ins 19. Jh. zur ethischen Unterscheidung zwischen legitimen und illegitimen Besitzansprüchen. Zu einer ökonomischen Theorie wurde die A. von A. Smith (An Inquiry into the Nature and the Causes of the Wealth of Nations, 1776) und D. Ricardo (Principles of Political Economy and Taxation, 1817) weiterentwickelt. Hier wird die gesamte ökonom. Produktion von Reichtümern, auch das gesam-
abitrium liberum
te ökon. 8Kapital aus der Wertschöpfung menschl. Arbeit abgeleitet. Die A. versucht damit, den Ursprung ökon. Reichtums aus sämtlichen Formen produktiver Arbeit abzuleiten und widersprach in der Zeit ihrer Entstehung insbes. dem 8Merkantilismus (mit dessen Grundannahme, der Reichtum einer Nation werde durch Edelmetallvorräte bestimmt) und den 8Physiokraten (welche die Natur, letztlich den Boden als einzige Reichtumsquelle ansahen). Die A. wurde weiterentwickelt von K. Marx (Das Kapital, Bd. I, 1867), insbes. durch die These, daß im 8Kapitalismus ausschließlich die vom Arbeitslohn abhängigen Produzenten Kapital erzeugen und insofern im Sinne der A. wertschöpfend tätig sind. arbitrium liberum, lat. ›freie Entscheidung‹, freier Wille, 8Willensfreiheit. archaisch, gr. archaios ›uranfänglich‹, ›alt‹, urtümlich, altertümlich, primitiv. A.e Züge finden sich auch in modernen Zivilisationen, z. B. als 8Aberglaube, Glaube an Geister, Gespenster, Dämonen, Vorbedeutungen, rational nicht zugängliche Zusammenhänge usf. Archäologie, gr., ›Erzählung alter Geschichten‹, Altertumskunde, insbes. die Wissenschaft von der antiken Kunst; von M. Foucault (L’ archéologie du savoir, 1969) eingef. auch zur Bez. für die vergleichende Analyse zeitgleicher, jedoch unterschiedlicher kultureller Phänomene in der Vergangenheit, im Unterschied zu einem Geschichtsverständnis, welches verwandte
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Phänomene aus der zeitl. Abfolge verständlich macht (wie z. B. in der traditionellen ›Ideengeschichte‹). Archë, gr., zeitl. od. räuml. ›Anfang‹, Ursprung; (Anfangs- )Prinzip, in der Politik urspr. erster Platz, daraus: Herrschaft, Herrschaftsbereich, auch Amt, Behörde; im antiken Griechenld. Bez. für politische Funktionen, in denen Macht und Herrschaft ausgeübt wurden (Entscheidung, Ausführung, Beratung); außenpolit. wurde auch die Herrschaft eines Staates über andere Gebiete als A. bez.; bei den 8Vorsokratikern u. a. Bez. für Urstoffe (z. B. Luft bei Anaximenes, Feuer bei Heraklit als A., desgl. bei Parmenides als einer der Urstoffe), bei Plato in mehrfacher Bed. (Urspung, Wesen, Ursache, Prinzip, Voraussetzung), bei Aristoteles wird A. sowohl i. S. v. Ursprung als auch von 8Ursache verwendet (Met. Buch Delta, 1. Kap.); danach ist A. »das erste, von dem aus etwas ist, wird oder erkannt wird« (ebd. 1013a 18 f.), und insofern ist 8Weisheit (sophia) »eine Wissenschaft von den Quellen« (peri archas – Met., Buch Kappa, 1059 a 18). Archetyp(us), gr. archetypon ›das zuerst Geprägte‹, das Urbild, insbes. das Gepräge des Siegels, das in vielen Abbildern erscheint, das Muster, das Original, auch die Urhandschrift, die anderen als Quelle zugrunde liegt; in der Geschichte des 8Platonismus, z. B. bei Plotin (Enneaden V, 9), auch bei I. Kant (8intellectus archetypus) und C. G. Jung (Die Bez. zw. dem Ich und dem Unbewußten, 1928), vielfach gebr. – Gegensatz: 8Ektypus. Archety--
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pisch, urbildlich, vorbildlich, mustergültig. Archeus oder Archaeus, gr. archaios ›Urheber‹, in den unter dem Namen des Alchemisten B. Valentinus (15. Jh.) verbreiteten Schriften zuerst gebr. für das Lebensprinzip der Organismen, bei Paracelsus die in den Samen schaffende, gestaltende und erhaltende individuelle Naturkraft (idea operatrix und informatrix), der Lebensgeist in jedem einzelnen Ding. Architektonik, gr. architektonike (technë) ›baumeisterliche Kunst‹, die Baukunst; in der Philosophie die Lehre von den Systemen als Gedankengebäuden. Bei I. Kant die ›Kunst der Systeme‹. Danach ist »A. die Lehre des Szientifischen in unserer Erkenntnis überhaupt, und sie gehört also notwendig zur Methodenlehre« (KrV, B 860 ff.). (8System). Aretalogen, gr., ›Tugendredner‹, bei Gastmählern vornehmer Römer auftretende ›Philosophen‹, die die Tugenden der Anwesenden zu rühmen hatten; dazu Aretalogie, gr., Tugendschwätzerei, Possenreißerei. aretë, gr., von areskein ›gefallen‹, entspr. lat. 8virtus ›die 8Tugend‹, Tugend im Sinne von Tüchtigkeit, Vortrefflichkeit, beim Helden Tapferkeit, beim Pferd Schnelligkeit, beim Auge Sehschärfe; bei Plato, Aristoteles u. a. die Tauglichkeit der Seele zu dem ihr gemäßen Werk, zu 8Weisheit, 8Gerechtigkeit usf., doch immer als Einheit von innerem Wert und äußerem Ansehen (8Ehre), die aber nicht mit der christlich- moralischen Tugend, Sittsamkeit, Unschuld u. der-
argumentum ad hominem
gl. verwechselt werden darf. Dazu Aretologie, Tugendlehre, ein Teil der Ethik. Ärgernis, Übers. M. Luthers für gr. skandalon ›Anstoß‹, das Anstoß Erregende, Ärger Verursachende. Die Lehre des N. T. (Matth. 18, 7; Luk. 17, 1), daß Ä. kommen müsse, wurde z. B. von G. W. Leibniz zur Rechtfertigung des Übels angeführt. S. Kierkegaard sah im Ä. »eine indirekte Probe auf die Richtigkeit des Paradoxes; denn das Ä. ist das falsche Fazit, die Konsequenz der Unwahrheit, mit welcher das Paradox von sich abstößt« (Philos. Brocken, EA 1844, dt. in GW, ed. Chr. Schrempf, 1925, S. 45 ff.). Argument, lat. argumentum ›Veranschaulichung‹, Darstellung, Beweismittel; im allg. der Beweis oder der Beweisgrund, d. h. dasjenige am 8Beweis, worauf die Sicherheit des Beweises beruht. In der Mathematik (Funktionstheorie) heißen A.e diejenigen Gegenstände, für die eine 8Funktion definiert wird (Wertbereich einer Funktion). Argumentation, lat., ›Darlegung des Beweises‹, Beweisführung; argumentieren, lat. argumentari ›etwas zum Beweise anführen‹, beweisen, begründen. argumentum ad hominem, lat. ›Beweis für den Menschen‹, heißt ein dem Verständnis des Hörers angepaßter, allgemeinverständlicher, a. ad veritatem, ›Beweis für die Wahrheit‹, dagegen ein auf objektiven, allgemeingültigen Gründen ruhender Beweis; a. a posteriori ist ein Beweis, der seine Gründe aus der Erfahrung nimmt, a. a priori ein solcher, dessen Gründe der aus
Arianer
aller Erfahrung vorausgehenden Vernunft entstammen (8a posteriori). Ein a. a tuto ›Beweis vom Sicheren‹ ist die Entscheidung für etwas, das nicht bewiesen ist, mit der Begründung: Wenn es auch nichts hilft, so schadet es doch nicht. So gibt man z. B. das Dasein Gottes zu, indem man sagt, es sei für das gegenwärtige und zukünftige Leben immer sicherer, an Gott zu glauben, als ihn zu verwerfen und sich dadurch seine Gunst zu verscherzen. Das a. e consensu gentium ›Beweis aus der Übereinstimmung der Völker‹ besteht in der Berufung auf das, was von allen Völkern zu allen Zeiten als wahr angenommen worden sein soll; das a. e contrario ›Beweis aus dem Gegenteil‹ ist ein sich aus der Unmöglichkeit, das Gegenteil des zu Beweisenden anzunehmen, ergebender Schluß. Arianer, die Anhänger des Arius, eines Priesters in Alexandrien, der im Gegensatz zu einem dortigen Bischof, Athanasius, und dessen Anhängern, den Athanasianern, die Gottgleichheit Christi bestritt und lediglich die Lehre von der Gottähnlichkeit vertrat. Seine Lehre wurde 325 n. Chr. verdammt. Aristokratie, gr., ›Herrschaft der Besten‹; in versch. Gesellschaftsordnungen Bez. für eine herrschende Gruppe oder Klasse; zugl. bez. A. eine der möglichen Verfassungen von Staaten, die von einer Machtelite beherrscht werden; von Plato (Politeia 338 D) eingef. und von Aristoteles näher bestimmter Ausdruck: »Die Verfassung allein, bei der die Obrigkeit aus den tu-
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gendhaftesten und somit schlechthin besten Menschen besteht, nicht aus solchen, die nur relativ gut sind, verdient gerechterweise den Namen A.« (Politika IV 7). In neuerer Zeit wird unter A. meist d. Herrschaft e. primär bevorzugten Klasse, insbes. des Geburtsoder Erbadels, verstanden; im übertr. Sinne (z. B. ›Geld- A.‹) auch verw. für andere sozial privilegierte Gruppen. Aristotelismus nennt man die von dem gr. Philosophen Aristoteles ausgehenden oder wesentlich beeinflußten Richtungen und Systeme der Philosophie: Aristoteliker im engeren S. sind die Mitglieder des Peripatos (z. B. Eudemos von Rhodos (3. vorschristl. Jh.), Theophrast (371- 287 v. Chr.), Straton (etwa 340- 269 v. Chr.) u. a. 8Peripatetiker. Als Kommentatoren der Philosophie des Aristoteles traten in der Antike und im frühen MA. Porphyrios (234- 301/05), Proklos (etwa 411- 485), Boethius auf (6. Jh.; bedeutend seine Übersetzung der Kategorien ins Lateinische). Im Mittelalter auch die 8arabische Philosophie, die 8Scholastik (Albert d. Gr., Thomas v. A.), in der Renaissance die Lehren der 8Alexandristen und Averroisten, im 16. und 17. Jh. die von Ph. Melanchton begr. Schulphilosophie des Protestantismus und die von Spanien (Fr. Suarez) ausgehende, durch die Jesuiten geförderte Erneuerung der aristotelischen Scholastik, im 19. Jh. die bewußten Rückgriffe auf Aristoteles (Fr. A. Trendelenburg, Fr. Brentano, später N. Hartmann) und aristote-
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lische Lehren (8Neuscholastik, 8Thomismus). Der A. ist die Hauptform des theologischen 8Rationalismus (vgl. 8philosophia perennis). Arithmetik, gr. arithmetikë (technë) ›Zahlenkunst‹, die Wissenschaft von den Zahlen und ihren Funktionen (8Mathematik). Arkanum, lat., von arcere ›bewahren‹; das Verschlossene, Geheimgehaltene, bes. von religiösen Handlungen gebr. (8Geheimlehren), seit Paracelsus auch Bez. der verborgenen Naturkräfte, die durch ein besonderes Wissen und Umgehen mit ihnen zugänglich gemacht werden können (8Alchemie, vgl. 8Mysterium). Armut bezeichnet eine Lebenssituation unter dem in Relation zu einem gesellschaftlichen Standard ermittelten Existenzminimum. Sie trifft den oder die Einzelnen materiell, betrifft subjektiv auch das Gefühl, arm zu sein, gründet aber objektiv in den ökonomisch- sozialen Verhältnissen der Gesellschaft. Diese Armutsauffassung löste in der NZ die christlich- biblische ab, die noch im MA bestimmend war, wonach der Stand der A. als in Gottes Vorsehung gegründet gesehen wurde. Die nicht aus eigener Schuld Armen sowie die freiwillig Armen (Brudergemeinschaften, Orden) stehen nach dieser Auffassung dem 8Reich Gottes näher als die Reichen, die sich dessen erst durch Almosen und Wohltaten würdig erweisen müssen. Indem der A. so eine religiöse Bedeutung zuerkannt wurde, konnte zugleich zur Linderung der Armutsfolgen
ars
gesorgt werden. Eine sozialpolitische Umorientierung erfolgte aufgrund des Pauperismus im 16. Jahrhundert zuerst durch J. L. Vives (De subventione pauperum, 1526). Der Calvinismus führte zu einer Umwertung von Reichtum und Armut, insofern Reichtum aus wirtschaftlichem Erfolg als Zeichen der Erwählung aufgefaßt werden konnte. Ökonomische Ursachen für die A. nannten zuerst die Verfasser von 8Utopien, die nach späterer Einteilung den utopischen Sozialisten zugerechnet wurden (vgl. Th. Morus, in: Utopia, EA 1516). K. Marx stellte A. als notwendige Erscheinung des 8Kapitalismus heraus: Auf Kapitalverwertung beruhende Wirtschaftsform kann das allgemeine Wohl nicht erzeugen, sondern wieder nur Reiche und Arme. Gesetze zur Armenpflege (in Preußen zuerst 1842) und die spätere Sozialgesetzgebung sowie die freien Wohlfahrtsverbände versuchten seit dem 19. Jh., die gesellschaftlichen Folgen von A. durch Industrialisierung zu mildern. ars, lat. ›die durch Übung erlangte Fertigkeit‹, die Kunde, im engeren Sinne die Kunst, d. h. der Umfang des Könnens und der Kenntnisse, derer es bedarf, um ein Handwerk (8artes mechanicae; 8artes vulgares), eine künstlerische Tätigkeit oder Wissenschaften (8artes liberales) mit Erfolg auszuüben. Die spätantiken, stoischen artes (Mz. von a.) und scientiae (Wissenschaften) umfaßten den praktischen und theoretischen Gehalt der artes liberales, deren Beherr-
Art
schung in ihrer Gesamtheit dem Erwerb von sapientia (8Weisheit) dienen sollte. Diese Inhalte wurden im Dt. zuerst mit dem altgerm. Wort 8List bez., was später durch die gelehrte Neub. 8Kunst ersetzt wurde. Ars combinatoria, die Kunst des Zusammensetzens, die 8Kombinatorik, nach ihrem Begründer Raimundus Lullus auch ars Lulliana oder ars magna genannt (8Lullische Kunst). Ars inveniendi, die Erfindungskunst, die im Gegensatz zur scholastischen Begriffszergliederung geforderte Methode des Findens oder Erfindens von Neuem. Vgl. 8Heuristik, 8characteristica universalis. Art (gr. eidos, lat. species), ahd. art, nur in der Bedeutung ›Bearbeitung mit dem Pflug‹, Ackerbau (lat. aratio); mhd. art, männl. und weibl., ›Boden‹ und ›Bodenertrag‹, Abkunft, angeborene Eigentümlichkeit, Natur, wird in dieser Bedeutung auch statt mit ahd. art mit lat. ars (Genitiv: artis) zusammengebracht; allg. die angeborene Eigentümlichkeit, die Natur oder Beschaffenheit eines Seienden, auch eine Gruppe von solchen Gegenständen, die sich durch bestimmte, allen gemeinsame Eigenschaften von anderen unterscheiden (8Klasse). In der klass. Definitionslehre die durch begriffl. Untergliederung einer übergeordneten 8Gattung gewonnene Bestimmung eines Gegenstandsbereichs (z. B. ›Mensch‹ aus der Gattung ›Lebewesen‹, indem der artbildende Unterschied (lat. differentia specifica) gekennzeichnet wird; beim Bsp. ›Mensch‹ etwa ›vernünftiges Lebewesen‹). In
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der Biologie die Klasse aller Individuen (z. B. Pflanzen, Tiere), die unter natürl. Bedingungen eine (tatsächl. oder auch potentielle) Fortpflanzungsgemeinschaft bilden und sich insof. von anderen A.en unterscheiden. Im zoologischen Sinne bilden auch alle heute auf der Erde lebenden Menschen eine A. Artefakt, Neub. aus lat. arte ›durch Kunst‹ und factum ›gemacht‹, das durch menschliche Kunst Geschaffene im Gegensatz zum natürlich Gewachsenen. Philosophische Bedeutung hat der Begriff A. vor allem in der 8Ästhetik : Hier dient er zur Grundbestimmung des Kunstwerks, nicht Naturschönes, sondern ein Gemachtes, d. h. Kunstschönes zu sein. Diese Grundbestimmung ist sachlich im Ursprung des Kunstbegriffs in den griechischen Begriffen technë und 8poiësis angelegt, durch die die Kunst zu einem durch menschliche Fertigkeiten Hervorgebrachten bestimmt wird. Der griechische Begriff technë ist allerdings breiter als der moderne Begriff der schönen Kunst, so daß der Bereich des Artefaktischen alle möglichen, vor allem auch handwerklichen Erzeugnisse des Menschen umfaßt. In der modernen 8Kunstphilosophie hat G. W. Fr. Hegel das Kunstwerk als »Produkt menschlicher Tätigkeit« (Vorlesungen über die Ästhetik, 1835- 38) akzentuiert und damit zugleich das Kunstschöne gegenüber dem Naturschönen durch sein geistiges Hervorgebrachtsein besonders ausgezeichnet. Wer in der Ästhetik
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heute vom Kunstwerk als einem A. spricht, betont primär die eigene Seinsweise der Kunst, ihren Scheincharakter, der sie nicht nur gegen das Naturschöne, sondern gegen empirisch Seiendes überhaupt abgrenzt, indem es ein ausschließlich auf den Zweck ästhetischer Wirkung hin Gemachtes ist. artes liberales, lat. ›die freien Künste‹ oder Wissenschaften, die bei den Griechen die enzyklopädische Bildung (8Enzyklopädie) umfaßten und in der Spätantike bei den Römern in das Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und das Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik) geteilt wurden. In dieser Aufzählung finden sie sich zuerst bei Martianus Capella (De nuptiis Mercurii et Philologiae, verfaßt vor 429) und bei Cassiodor im 2. Teil seiner Institutiones (8Artistenfakultät). artes mechanicae, gr./lat. Handwerkskünste, Sing.: ars mechanica; in der mittelalt. Systematik der Wissenschaften die den 8artes liberales nachgeordneten ›Künste‹, die nur mit Hilfe von Maschinen oder Werkzeugen praktiziert werden konnten; dazu zählten das opificium (lat. ›Handwerk‹), die armatura (Waffenschmiedekunst und Kriegskunst), die navigatio (Schiffahrt, einschl. Erd- und Seekunde), die agricultura (Land- und Hauswirtschaft), die venatio (Tierheilkunde und Jagd), die theatrica (Hofkünste, Darstellungskünste) sowie die medicina (Heilkunde). artes vulgares et sordidae, lat. wörtl. ›gewöhnl. und schmutzige Handwerkskünste‹, antike Bezeich-
Aseität
nung für angewandte Künste; im MA ersetzt durch die Sammelbezeichnung 8artes mechanicae. artifiziell, lat., ›künstlich‹, auch in der Bed. gekünstelt. Artikulation, abgel. v. lat. articulus, ›Knöchel‹, Gelenk; in der Phonetik die Gesamtheit der Bewegungen der Ausdrucksorgane, insbes. beim Sprechen; in der Poetik die Lehre von der bildlichen Bedeutung von Lauten und Lautmalereien (z. B. in lyrischen Texten); in der Musik Sammelbegriff für die Verbindung bzw. Trennung der Töne (z. B. staccato, legato), in der Notenschrift gekennz. durch Striche, Bögen und Punkte; in der Zahnmedizin Bez. für den Bewegungsablauf der Zahnreihen der Kiefer; in der Anatomie Bez. für eine Gelenkverbindung zwischen Knochen; in der Erziehungswissenschaft (nach J. F. Herbart) die Gliederung des Lernstoffs nach den formalen Stufen (Analyse, Synthese, Assoziation, System und Methode). Artistenfakultät, an den mittelalterl. Hochschulen (nach ihrer zuerst in Paris durchgeführten Gliederung in Lehrergruppen) die Gruppe, die in den 8artes liberales unterrichtete. Alle Studenten mußten zuerst den Lehrgang der A. durchlaufen, ehe sie zum Studium in den anderen Fakultäten (Theologie, Recht, Medizin) zugelassen wurden. An die Stelle der A. trat Anfang des 19. Jh. die philosophische Fakultät. Aseität, neulat. aseitas, Neub. von Duns Scotus aus lat. a se ›von sich aus‹; das Durchsichselbstsein, die vollkommene Unabhängigkeit
Askese
Gottes oder des Absoluten, des 8ens a se, des ›Seins von sich selbst aus‹, im Unterschied zum ens ab alio (›Sein von anderem aus‹). Entsprechend legte A. Schopenhauer dem 8Willen, E. v. Hartmann dem 8Unbewußten A. bei. Askese, gr. askësis ›Übung‹; urspr. die Vorbereitung der Athleten auf die Kampfspiele durch enthaltsame Lebensweise und körperliche Übungen (Training), dann in ethischer und religiöser Bedeutung: die Übung zur Überwindung von Untugenden und Lastern, die Zügelung der Begierden, die Selbstüberwindung (8Tugend). In diesem zuerst bei den Pythagoreern, Kynikern und Stoikern gebr. Sinne ging der Begriff A. über Paulus ins Christentum ein und wurde in der Form von Ehelosigkeit, Besitzlosigkeit, Fasten, Kasteien, bedingungslosem Gehorsam, Gebet und Einsamkeit als Mittel im Kampf gegen die 8Sünde betrachtet. Nach einer langen religiösen Tradition innerhalb der A. erhielt auch das Synonym ›Verzicht‹ wissenschaftliche Bedeutung durch die 8Psychoanalyse (Triebverzicht). Kultischer Verzicht ist in allen Religionen anzutreffen. Das Wort A. erhielt schon früh den Sinn von Verzicht und wurde durch die Theologenschule von Alexandrien zum christlichen Begriff für Entsagung, die in kultischer Reinigung, in einem Vollkommenheitsstreben (Heiligkeit, Erlangung ewiger Seligkeit) und in Weltverneinung (GnosisEinfluß) gründet. Das Mönchtum erstrebt mit den Gelübden 8Armut, sexuelle Enthaltsamkeit und Ge-
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horsam Entsagung auf Lebenszeit. M. Luther wendet sich zwar gegen A. als verdienstliche Werke, besonders gegen Mönchsaskese, behält sie aber als zum christlichen Lebenswandel gehörend bei. In der vom Calvinismus geforderten ›innerweltlichen A.‹ (nach einer These von M. Weber, Die protestantische Ethik u. d. Geist des Kapitalismus, 1920) wird der Verzicht wirtschaftsfördernder Faktor. Gegen Mönchsaskese als Selbstpeinigung wendet sich, weil sie nicht tugenddienlich sei, auch I. Kant in seiner »ethischen Asketik« (Metaphysik der Sitten, Tugendlehre § 53), die als »Kultur der Tugend« durch »Bekämpfung der Naturtriebe« im Dienst der Moralität stehe. Im Protestantismus behält die A. einen gewissen Wert als äußere Zucht. A. als Bestandteil religiösen Lebens ist überall da vorhanden, wo die ›diesseitige‹ Welt zugunsten einer anderen, ›höheren‹ entwertet und damit der Sinn leiblichen Lebens wie individuellen Daseins überhaupt in Frage gestellt wird. Asketen, die sich der A. Widmenden, im Christentum Bez. der ersten Mönche, die ihre Sinnlichkeit um der Heiligkeit willen planmäßig abzutöten versuchten. In anthropologischer Hinsicht bezeichnet M. Scheler den Menschen als den Asketen des Lebens, den Neinsagenkönner. Asketik, die Lehre von der A., die Anleitung zur A., bes. im Katholizismus ein Zweig der praktischen Ethik. asozial, Neub. aus lat. a und socialis, ungesellig, unsozial, gleichgültig gegen die Gemeinschaft und
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ihre Anforderungen; in gesteigerter Form: antisozial, gemeinschaftsfeindlich. Aspekt, lat., ›Anblick‹, Gesichtspunkt, unter dem etwas betrachtet wird. In der Sprachwiss. Perspektive, unter der ein Sprecher ein Geschehen beschreibt. So kennen z. B. die slawischen Sprachen für jedes Verb unterschiedliche Formen je nachdem, ob eine Handlung als abgeschlossen (Perfektivität) oder als noch andauernd (Imperfektivität) bezeichnet werden soll; in der 8Astrologie die versch. Winkel der Planetenkonstellation in der graph. dargestellten Beziehung zwischen Planetenstand und Sternkreis. assertorisch, lat. assertorius ›die Behauptung (das Urteil) betreffend‹, behauptend; Bez. für solche Sätze oder logischen Urteile, in denen ohne jeden Zusatz etwas als wahr behauptet oder geleugnet wird (8Urteil, 8Schluß). Assimilation, lat., ›Annäherung‹, Verähnlichung, Aneignung; in der Biologie der chemische Vorgang, durch den Stoffe als Nahrung in einen Organismus aufgenommen und in die entsprechenden Körperstoffe verwandelt werden, bes. die Überführung anorganischer Stoffe in organische Verbindungen bei der Pflanze; in der Genetik die erbl. Fixierung eines urspr. durch div. Umweltfaktoren auftretenden Merkmals durch Abänderung des 8Genotypus; in der Physiologie der Sinne die Phase des Aufbaus von Sehsubstanzen nach Lichteinwirkung; in der Kognitionspsychologie die Anpassung gelernter In-
Assoziationspsychologie
halte an die entwickelte kognitive Struktur des Lernenden (Ggs.: 8Akkomodation); in der Sozialpsychologie und Soziologie auch der Prozeß der Angleichung von Gruppen an eine kulturell davon unterschiedene soziale Umgebung; in der Gesteinskunde Auflösung von Fremdgestein durch schmelzflüssiges Magma; in der Sprachwissenschaft die Angleichung benachbarter Laute (z. B. lat. septem wird ital. sette); auch svw. 8Anpassung. Dazu assimilieren, lat. ›ähnlich machen‹, verähnlichen, angleichen. Assoziation, neulat., ›Beigesellung‹, ›Hinzufügung zu einer Gesellschaft‹, Vergesellschaftung; in der Soziologie der Zusammenschluß von Menschen, die Bildung einer 8Gruppe, einer 8Gesellschaft; in der Psychologie die Verknüpfung von Vorstellungen, die sich gegenseitig ins Bewußtsein rufen können. Der Anteil unbewußter Erlebniskomplexe beim Zustandekommen der A. wurde von der 8Psychoanalyse aufgehellt. S. Freud verzichtete in der Psychotherapie erstmalig auf die Hypnose und verwandte die Methode des freien Assoziierens zur Aufdeckung verdrängter seelischer Erlebnisse. Assoziationspsychologie ist die Lehre, nach der sich innerpsychische Tätigkeiten und andere Zustandsveränderungen durch 8Assoziation erklären lassen. Die A. setzt voraus, daß etwas (ein Sein, eine Substanz) vorhanden sei, dem sich anderes zuordnet. Dies sind für die A. primär die 8Vorstellungen (engl. idea). Ihre Hauptlehre im
Assoziativität
18. Jh. war die Ideenassoziation. Schon die engl. Sensualisten des 17. Jhds., Th. Hobbes und J. Locke, sahen die Ursachen der Assoziation in der Bewegung der Lebensgeister, die bestimmte, durch ›Eindrücke‹ bereits geschaffene ›Spuren‹ in der Seele (›Nervenbahnen‹) bevorzugen. D. Hartley und D. Hume begründeten die eigentliche A., indem sie die Assoziation als passive Ordnung der Vorstellungen auffaßten, so daß das Auftreten der einen Vorstellung dasjenige der andern unmittelbar nach sich zieht. Die I. beruht nach D. Hume (Phil. essays concerning human understanding, EA 1748; spätere Aufl.: Enquiry of human underst., Sect. III) auf Ähnlichkeit, Kontiguität (Beieinandersein in Raum und Zeit) und dem Folgezusammenhang von Ursache und Wirkung. Ihm folgten die empirischen Psychologen des 19. Jh., insbes. J. F. Herbart, J. Mill, J. St. Mill, H. Spencer, A. Bain. Entscheidende Einwände trug G. W. Fr. Hegel (Enz. § 455) vor, als er die Reduktion von ›Ideen‹ auf bloß subj. Vorstellungen kritisierte. W. Wundt (Grundr. d. Psych., EA 1896, § 16) modifizierte die A., indem er ihre Geltung auf diejenigen psychischen Verbindungen beschränkte, bei denen das Bewußtsein sich passiv verhält, während er die durch Aktivität hergestellten Verknüpfungen von Bewußtseinsinhalten ›Apperzeptionen‹ (8Apperzeptionspsychologie) nannte. Bes. die 8Gestaltpsychologie hat mit der These von der Ganzheits- und Strukturgesetzlichkeit aller seelischen Wirklichkeit das atomistisch-
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mechanistische Verknüpfungsprinzip der A. kritisiert. Assoziativität, neulat., in der Logik und Mathematik Eigenschaft von zweistelligen Operationen. A. bed. hier, daß es bei mehrfacher Anwendung der Operation nicht auf die Reihenfolge ankommt. Assoziativ ist z. B. die logische 8Adjunktion: die 8Aussagen p ∨ (q ∨ r) und (p ∨q) ∨r sind äquivalent. Ästhetik, von gr. aisthësis ›Wahrnehmung‹, bedeutet in der philosophischen Terminologie 1. erkenntnistheoretisch die Lehre von der sinnlichen Wahrnehmung; in diesem Sinn hat I. Kant den ersten Teil der Kritik der reinen Vernunft (1781), der die Erkenntnis bedingenden reinen Formen sinnlicher 8Anschauung (8Raum und 8Zeit) behandelt, ›transzendentale Ä.‹ genannt; 2. Theorie von der Erkenntnis und dem Wesen des 8Schönen und der 8Kunst, d. h. die seit dem 18. Jh. sich entwickelnde erkenntnistheoretische Auffassung der 8Kunstphilosophie, die die Probleme des Schönen und der Kunst von deren spezifischem Charakter sinnlicher Eigenbedeutsamkeit her zu reflektieren versucht. Heute gilt Ä. 3. allgemein als Disziplintitel, der den Teil der Philosophie kennzeichnet, der sich mit philosophischen Problemen des Schönen, der Kunst, der künstlerischen Produktivität (Produktionsästhetik) und dem 8Kunstwerk (Werkästhetik), der Wirkung der Kunst als ästhetischer 8Erfahrung (Rezeptionsästhetik, vgl. 8Hermeneutik, 8Rezeption) sowie des Verhältnisses der Kunst zu anderen Gebieten der
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philosophischen Theorie (wie 8Erkenntnistheorie, 8Ethik oder 8Geschichtsphilosophie) befaßt. Diese letzte Bedeutung bezeichnet den weitesten Begriff der Ä. und faßt traditionelle Probleme der 8Metaphysik (die Seinsweise des 8Schönen), der 8Poetik und 8Rhetorik (Theorie der Dichtung und der Formen und Wirkungen künstlerisch gestalteter Sprache) zusammen. Die Vereinigung verschiedener philosophischer Fragestellungen in einer systematisierenden Disziplin macht sich seit den Anfängen der Ä. im 18. Jh. bei A. G. Baumgarten kenntlich: Die Ä. ist sowohl eine Theorie sinnlicher Erkenntnis als auch der freien Künste (Aesthetica, 1750- 58, § 1); sie umfaßt damit ein gegenüber Poetik und Rhetorik weiteres Gebiet, insofern sie über diese hinaus primär eine Wissenschaft der spezifischen Erkenntnisweise sinnlicher Wahrnehmungen überhaupt ist (§§ 5 ff.), die das Ziel hat, diese sinnliche Erkenntnis zu vervollkommnen (§ 14; 8analogon rationis, 8cognitio sensitiva). Mit diesen Grundbestimmungen werden die überlieferten traditionellen Theorien (Platos spekulative Theorie des 8Schönen als Abbild der Idee, Aristoteles’ deskriptive 8Poetik als philosophische Theorie der 8Kunst sowie Plotins Theorie künstlerischer Verwirklichung der 8Ideen in sinnlich wahrnehmbarem Stoff) vom neuzeitlichen Prinzip der 8Subjektivität und vom Primat sinnlicher Erkenntnis als Ä. neu bestimmbar. Hatten A. G. Baumgarten und mit ihm G. F. Meyer (Anfangsgründe al-
Ästhetik
ler schönen Wissenschaften, 1748) die Ä. als Wissenschaft der unteren (d. i. sinnlichen) Erkenntnisvermögen konzipiert, so nimmt I. Kant diesen Anspruch der Ä. auf Erkenntnis zurück, indem er A. G. Baumgarten vorhält, als Ä. nur das zu bezeichnen, »was andere Kritik des Geschmacks heißen« (KrV B 35). Kant nimmt die psychologisch- empirische, am subjektiven Geschmack orientierte englische Ästhetik (Fr. Hutcheson, E. Burke, A. Shaftesbury) auf und trägt den Problembestand der Ä. als Kritik der Urteilskraft (1790) vor (vgl. 8Einbildungskraft, 8erhaben, 8Genie, 8Geschmack, 8Wohlgefallen, 8Zweckmäßigkeit ohne Zweck): Das 8Schöne entspringt einem bloß reflektierenden Urteil, das kein Erkenntnisurteil, sondern eine subjektive Vorstellung ist, aber eine Beziehung auf die Totalität der Erkenntnisvermögen hat: »Die Erkenntniskräfte, die durch diese Vorstellung ins Spiel gesetzt werden, sind hierbei in einem freien Spiele, weil kein bestimmter Begriff sie auf eine besondere Erkenntnisregel einschränkt« (KdU, § 9). Durch ästhetische Reflexion und die produktive Einbildungskraft wird der »Begriff selbst auf unbegrenzte Art ästhetisch erweitert« (§ 49). Die angesprochene Ergänzung logischer Erkenntnis durch ästhetische Vorstellungen war schon für A. G. Baumgarten die zentrale Aufgabe der Ä. gewesen. Diese Entwicklung setzt sich im deutschen 8Idealismus fort: Im Zentrum philosophischer Ä. steht im Unterschied zur 8Kunstphilosophie immer der
Ästhetik
Bezug des Schönen und der Kunst auf den Erkenntnisanspruch der Philosophie, d. h. das Verhältnis der philosophischen Reflexion zu den ästhetischen Gegenständen. Bei Fr. W. J. Schelling wird die Kunst zur Einheit von Natur und Freiheit und daher zum vollkommenen Medium der 8intellektuellen Anschauung des Selbstbewußtseins in seiner Ganzheit. Kunst ist das »Organon der Philosophie«, d. h. die Ä. wird zur eigentlichen Disziplin philosophischer Erkenntnis (System des transzendentalen Idealismus, 1800, 6. Hauptabschn.). Grundprinzip der Ä. G. W. Fr. Hegels ist die Auffassung des Schönen als »sinnliches Scheinen der Idee« (Vorlesungen über die Ästhetik, 1835- 38), d. h. die vollkommene Einheit von geistigem 8Gehalt und sinnlicher Gestalt als Wesen der Kunst (8Ideal, 8Schein). Diese Grundbestimmung des Kunstschönen entwickelt Hegel geschichtsphilosophisch: Die Kunst erreicht in der griechischen Klassik den Höhepunkt der Herausbildung des idealen Werks als Einheit von Gehalt und sinnlicher Erscheinung: in der Moderne ist sie als romantische Kunstform schon über sich selbst hinaus (8romantisch). Der Umstand, daß in der nachklassischen Kunst der geistige Gehalt nicht mehr rein sinnlich zur Erscheinung kommen kann, führt zur Notwendigkeit philosophischer Ä. als Erkenntnisvermögen der Philosophie und zu dem Versuch, die Kunst denkend zu begreifen. G. W. Fr. Hegels Philosophie stellt den letzten Versuch dar, den gesamten philosophischen
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Problembestand aus 8Metaphysik des Schönen und der Kunstphilosophie in einer einheitlichen Ä. zusammenzuführen. Seit dem 19. Jh. wird der Begriff Ä. als Titel einer Disziplin gebraucht, der nicht mehr streng definiert ist, vielmehr ein philosophisches Problemfeld kennzeichnet. Sie beschäftigt sich u. a. mit der Frage nach der spezifischen Art und Weise einer sinnlich- anschaulichen, auch spielerisch zweckfreien (8Spiel) Einstellung zu Gegenständen der Erfahrung. Die Ä. untersucht die sinnliche Erkenntnisweise als solche, ›qua talis‹, wie A. G. Baumgarten festhält; sie untersucht nach I. Kant das bloß reflektierende, freie Verhältnis zu möglichen Gegenständen der Erfahrung. In diesen Zusammenhang des erkenntnistheoretischen Grundproblems der Ä. gehört die Frage, wie die Einheit der ästhetischen 8Mannigfaltigkeit zu begründen ist: im Werk, d. h. durch die künstlerische Tätigkeit, durch die Reflexion, d. h. die synthetische Leistung sinnlicher Erkenntnis, oder durch die Einheit beider Momente. Ä. ist insbes. Theorie reiner Anschauung des ästhetischen Gegenstandes, der keiner Nützlichkeitsbeziehung, sondern in erster Linie um der Anschauung selbst willen gegeben ist. In der nachklassischen Ä. des 19. und vor allem des 20. Jh. tritt die Frage nach der Wirkung und der Interpretationsbedürftigkeit der ästhetischen Gegenstände ins Zentrum der philosophischen Ä. Der Sache nach schon ein altes Problem (8Katharsis), treten in der
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Moderne vor allem geschichtsphilosophische (W. Benjamins Theorie der 8Allegorie), hermeneutische (8Hermeneutik) und sozialgeschichtlich orientierte Theorien von den Wirkungen und dem Bedeutungscharakter der Kunst in den Mittelpunkt ästhetischer Theorie, denen insges. gemeinsam ist, daß das Werk nicht an sich, sondern in der Einheit mit seiner 8Rezeption aufgefaßt wird. Der Übergang von der klassischen Werkästhetik zur Rezeptionsästhetik vollzieht sich im Bewußtsein der Geschichtlichkeit der Bedeutungen des offenen Kunstwerks (8Fragment). ästhetisch, gr. aisthëtos ›sinnlich wahrnehmbar‹, aisthëtikos ›empfindend‹, ›wahrnehmend‹ (im Unterschied zu 8noëtisch). Das Adjektiv ä. wird in philosophischen Kontexten primär zur Kennzeichnung dessen verwandt, was in den Bereich der philosophischen 8Ästhetik fällt. Daneben wird das Ästhetische auch mit negativer Bedeutung verwandt: Für S. Kierkegaard ist es das unmittelbar sinnlich Gegebene und Genossene und bezeichnet eine ausschließlich am 8Glück orientierte Lebensweise, der der ethische Ernst realer Entscheidungsmöglichkeiten und der Selbstergreifung des Menschen fehlt (Entweder- Oder, 1843). Diese negative Auffassung des Ästhetischen als des Uneigentlichen, unmittelbar dem Faktischen und Scheinhaften Verbundenen hat in der 8Existenzphilosophie des 20. Jh. nachgewirkt. Ästhetizismus, von engl. aestheticism, ein Begriff zur Kennzeich-
Ästhetizismus
nung oder Kritik einer rein ästhetischen Weltanschauung, in der die Kunst nicht nur als Selbstzweck (8Autonomie der Kunst), sondern als einziger und absoluter Zweck, als maßgebliches Medium des Menschen betrachtet wird, um dessen Selbst- und Welterfahrung zum Ausdruck zu bringen. Mit dem Ä. verbindet sich daher nicht nur die um die Wende vom 19. zum 20. Jh. besonders wirksame Vorstellung eines ›l’art pour l’art‹, die der Kunst keinerlei Abhängigkeit oder Wirkung in Bez. auf die gesellschaftliche Wirklichkeit konzediert (8Realismus), sondern ebenso eine Lebensform, die sich im Medium des Ästhetischen vollständig gegen diese praktische Wirklichkeit abzugrenzen sucht. Im Ä. wird die kantische Auffassung der Kunst als einer 8Zweckmäßigkeit ohne Zweck, d. h. die Unabhängigkeit der Kunst von gesellschaftlichen Zwecken, die bei I. Kant gerade ihre spezifischen gesellschaftlichen Wirkungsmöglichkeiten eröffnet (vgl. KdU, 1790, §§ 18 ff.), zur Isolation des Ästhetischen von jeglichen praktischen gesellschaftlichen Zusammenhängen gesteigert. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat J.- P. Sartre in seiner philosophischen Literaturtheorie versucht, gegen den Ä. einen Begriff engagierter Literatur zu akzentuieren, indem er zwischen Poesie, in der die Sprache als Selbstzweck erscheint, und Prosa unterscheidet, in der sich der Schriftsteller der Sprache bedient, um bestimmte, der Kunst selbst äußerliche Bedeutungen zu vermitteln (Was ist Literatur?, dt. 1950).
Astrologie
In seiner Auseinandersetzung mit J.- P. Sartre hat Th. W. Adorno diese Unterscheidung zwischen autonomer und gesellschaftlich engagierter Literatur mit dem Argument kritisiert, daß sich der Vermittlungszusammenhang der Kunst mit der Gesellschaft nicht allein in den Inhalten, sondern auch in der Formbestimmtheit der künstlerischen Gebilde manifestiert (Engagement, in: Noten zur Literatur III, 1965). Astrologie, gr. ›Sternlehre‹, bei den Griechen und Römern die Wissenschaft von den Sternen, svw. 8Astronomie, später im Unterschied zu dieser die Sterndeutekunst, bei der es darauf ankam, den angeblichen Einfluß der Sterne auf irdische Vorgänge und Ereignisse und bes. auf Charakter und Schicksal des Menschen festzustellen. Zugrunde lag ihr die im Altertum herrschende Anschauung, nach der die Welt (Makrokosmos) ein Organismus ist, in dem alle Teile durch 8Sympathie miteinander verbunden sind, so daß auch die Vorgänge im Menschen (Mikrokosmos) und unter den Menschen mit den Gestirnen zusammenhängen müssen. Hieraus ergab sich ein System von Entsprechungen und Ähnlichkeiten (8Analogie) zwischen himmlischen und irdischen Körpern und Seelen bzw. deren Symbolen, das immer mehr ausgebaut wurde und in dem schließlich sämtliche vermuteten Zusammenhänge eine Deutung erfuhren. Durch N. Kopernikus wurde sie als Weltanschauung zerstört, und infolge der 8Aufklärung
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verlor sie auch ihre Anziehungskraft. Astromantie, gr., Wahrsage- und Deutungskunst in der 8Astrologie. Astronomie, gr., ›Sterngesetzlichkeit‹, von den gr. Philosophen neben 8Astrologie eingef.; bez. jetzt die Wissenschaft von der räumlichen Anordnung, der Bewegung und der physisch- chemischen Beschaffenheit der Himmelskörper. Sie zerfällt in die theoretische A., in der die sphärische (scheinbare) und die wirkliche Bewegung der Himmelskörper und die ›Himmelsmechanik‹ (physische A.) erforscht werden, und die praktische A., die die beobachtende (Astrometrie und Astrophysik) und die mathemat. A. enthält. Asyndeton, gr., ›Unverbundenes‹; eine Reihung gleichgeordneter Wörter, Wortgruppen, Satzglieder, Sätze oder Aussagen, die ohne 8Konjunktion unmittelbar verbunden sind (z. B.: ›Kreuz, Pique, Herz, Caro‹): Ggs.: Polysyndeton (bei dem sämtliche Glieder z. B. mit ›und‹ verbunden werden, z. B. ›Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes‹). Aszendent, lat., in der 8Astronomie und 8Astrologie das am Horizont aufgehende Gestirn; in der Genealogie svw. Vorfahr, Ahne. Ataraxie, gr., ›Unerschütterlichkeit‹, die Seelenruhe, die Leidenschafts- und Affektlosigkeit, der Gleichmut gegenüber Schicksalsschlägen; in der gr. Philosophie, bes. bei den Stoikern, ein Ideal der menschlichen Haltung (8Apathie). Atavismus, von lat. atavus ›Urahn‹; in der Genetik das Auftreten
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von Merkmalen, die phylogenet. nur als Wiederkehr von Eigenschaften von unmittelbaren Vorfahren erklärt werden können; in die Biologie eingef. von H. De Vries (1901). Athanasie, gr., ›Todlosigkeit‹, 8Unsterblichkeit; Athanatismus (gr. athanatos ›todlos‹), der Glaube an die Unsterblichkeit, Verewigung; Athanatologie, die Lehre von der Unsterblichkeit. Athanasianer, vgl. 8Arianer. Atheismus, neulat. Bildung des 16. Jh. von gr. atheos ›ohne Gott‹, ›gottleugnend‹, ›ohne Gott handelnd‹, die Gottesleugnung, die Gottlosigkeit; dazu der Atheist, frz. athéiste ›der Gottleugner‹, der Gottlose. Die urspr. Form der Eindeutschung war ›Atheisterey‹ (s. Chr. Thomasius, Vernunftlehre II, 35; Chr. Wolff, VGG II, § 173, 276); der Ausdruck A. ist über frz. athéisme zu uns gekommen. Bei den Griechen und Römern wurde die Bez. ›a- theos‹ denjenigen zugeschr., welche die vom Volk oder Staat anerkannten Götter mißachten, so daß auch die Christen des A. beschuldigt werden konnten, ehe das Christentum Staatsreligion wurde. Im allg. bedeutet A. die Leugnung des Daseins und Wirkens von Göttern oder eines Gottes überhaupt, im christlich- kirchlichen Sinn die Leugnung des einen Gottes und der Lehre von dem einen Gott (8Monotheismus, 8Theismus). Im strengen Sinn fallen hiernach auch 8Polytheismus und 8Pantheismus unter den A. Man unterscheidet den naiven A., der nur bei wenigen Völkern vorkommt, die den
Äther
Begriff des Göttlichen nicht haben, den praktischen A., der darin besteht, daß man sich um Gott oder das Göttliche und seine angeblichen Anforderungen an den Menschen nicht kümmert (8Indifferentismus), obwohl er oder es als (vielleicht) existierend gedacht wird, und den theoretischen oder dogmatischen A., d. i. die bewußte, durch Reflexion begründete Leugnung des Daseins Gottes und der Möglichkeit, über sein Wesen (8Gottesbeweis), sein Verhältnis zur Welt und zum Menschen allgemeingültige Lehren (8Theologie) aufzustellen (8Skepsis). – Atheismusstreit, der um den Aufsatz von F. C. Forberg (Entwicklung des Begriffs der Religion) in einem Heft des von J. G. Fichte und Fr. I. Niethammer herausgegebenen Philos. Journals (1798), zu dem Fichte eine Einleitung (Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung) geschrieben hatte, entbrannte Streit, in dem es sich um den Satz von Forberg handelte, daß es nicht Pflicht sei »zu glauben, daß eine moralische Weltregierung oder ein Gott als moralischer Weltregent existiert«, sondern daß es genüge »zu handeln, als ob man es glaubte«. Beide Aufsätze wurden als atheistisch eingezogen. Äther, gr. aithër ›die obere Luft über den Wolken‹, bei den gr. Philosophen der Himmelsraum über der Erdatmosphäre, bei Aristoteles neben Erde, Wasser, Luft und Feuer das fünfte 8Element, die 8Quintessenz, das göttliche im Unterschied vom irdischen Feuer, das
ätherisch
als geistig und als Quelle alles Seelischen und Lebendigen galt. In der Physik wird als Ä. seit Chr. Huyghens und A.- J. Fresnel eine angenommene unwägbare Substanz bezeichnet, die als Träger der Lichtwellen gedacht wurde; nachdem diese als elektromagnetische Wellen erkannt wurden, nahm man vorübergehend einen Ä. allgemein als Träger des elektromagnetischen Feldes an. Versuche, Wirkungen eines solchen Ä.s und der Bewegung in ihm festzustellen, blieben erfolglos; sie führten später zur Entwicklung der speziellen 8Relativitätstheorie. Die ›Äthertheorie‹ ist heute überholt. ätherisch, gr. aithërios, urspr. ›himmlisch‹; im übertr. S. auch zart, vergeistigt. Athetese, gr. von athetos ›nicht gesetzt‹, verwerfbar; Bez. der Textanalyse für die Tilgung einz. Abschnitte, Sätze, Wörter aus einem nicht vom Verfasser autorisierten Text. Athetieren: für unecht erklären. Ätiologie, gr., aus aitia ›Ursache‹ und logos ›Lehre‹, Ursachenlehre, Ursachenforschung; dazu ätiologisch, ursächlich. Atlantis, die von Plato (Timaios 108 E ff.) geschilderte sagenhafte Insel jenseits der Säulen des Herakles, die durch ein Erdbeben im Meer versunken sein soll, das daher den Namen Atlantischer Ozean bekam. Atman, sanskr. ›Hauch‹, Seele; in der Sprache des 8Buddhismus und des 8Hinduismus Bez. für das Unvergängliche, svw. das Geistige im Menschen, von der Erscheinungs-
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welt versch. und nur negativ (›at- ‹) definierbar: das, was sich vom indiv. manas, (etwa: Herz, Geist, Sinn) unterscheidet und (z. B. in der 8Vedanta) mit dem Prinzip des 8Brahman übereinstimmt. Die Erkenntnis dieses Zusammenhangs führt zur Befreiung aus dem Kreislauf der Geburten (8Samsara). Atom, gr. atomon das ›Unzerschneidbare‹, ›Unteilbare‹; Mz. die Atome, die schon von den gr. Philosophen Demokrit und Leukipp angenommenen Urbestandteile der Stoffe, in der neuen Chemie die Grundbausteine der einfachen Stoffe, die ihrerseits zu 8Molekülen als den Grundbausteinen chemischer Verbindungen zusammentreten. Ihren hypothetischen Charakter verloren die A. endgültig erst durch die Erforschung der radioaktiven Erscheinungen, in denen ihre Einzelwirkungen beobachtet wurden. In der modernen Atomphysik sind die A.e selbst nicht mehr die letzten Bestandteile der Materie, vielmehr bestehen sie selbst aus kleineren Bausteinen, den Elementarteilchen, nämlich einem ›Kern‹, der sich aus positiv geladenen Protonen und neutralen Neutronen zusammensetzt, und aus einer ›Schale‹ von negativ geladenen 8Elektronen, deren Zahl im normalen (ungeladenen) Zustand des A. gleich der Zahl der Kernladungen ist. Ob die Vorgänge in und an den A.en restlos kausal bestimmt sind oder nur Wahrscheinlichkeitsgesetzen unterliegen, ist eine lange Zeit unentschiedene Streitfrage geblieben (8Heisenbergsche Unsicherheits-
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relation). – Atomar heißen die Vorgänge und Erscheinungen, die sich in den A.en abspielen; auch verw. für ›elementar‹, z. B. in log.- semant. Kontexten, wie in ›atomarer Ausdruck‹. Atomtheorie, die Lehre von den A.en, deren Aufbau und Verbindung untereinander. Atomfigur, in 8Kalkülen die elementaren Grundzeichen oder Bausteine, aus denen die Figur eines Kalküls zusammengesetzt ist. Atomisierung, die Zerlegung in 8Atome, eine Methode der Erklärung des Zusammengesetzten aus seinen Bausteinen, im übertragenen Sinne die Erklärung durch Zerlegung überhaupt. Daneben auch: Auflösung in Atome im Sinne einer völligen Zerstörung von etwas. Atomismus oder Atomistik, die Lehre, nach der die 8Materie aus sehr kleinen, trennbaren (diskreten), nicht weiter zerlegbaren Teilen zusammengesetzt ist, im Gegensatz zur Auffassung der Materie oder einzelner Stoffe als eines 8Kontinuums, dann die von den gr. Philosophen Leukipp, Demokrit und den 8Epikureern begründete und bis in die Gegenwart weiter entwickelte materialistische Weltanschauung (8Materialismus), nach der die Welt aus 8Atomen und ihren nach Naturgesetzen verlaufenden Bewegungen und Verbindungen besteht. Dazu atomistisch, im Sinne des A. Logischer Atomismus, eine von B. Russell und L. Wittgenstein begr. Richtung der 8Analytischen Philosophie, nach der die ›Welt‹ durch logische Konstruktion elementarer, nicht
Attribut
weiter analysierbarer Sachverhalte theoretisch aufgebaut werden kann. Attentismus, lat./frz., abwartende Haltung; in der Wirtschaft verzögertes Eingreifen bei erwarteter Verschlechterung des Angebots im Rahmen von Börsenspekulationen; in der polit. Theorie Gegenbegr. zu 8Engagement. attische Philosophie, die Philosophie der in Athen, der Hauptstadt Attikas, lehrenden Philosophen, bes. des Sokrates, Plato und Aristoteles, von der Mitte des 5. bis zum Ende des 4. Jh. v. Chr., im Unterschied zu der vorausgehenden vorsokratischen oder vorattischen und der nachfolgenden hellenistischen und römischen Philosophie. Attraktion, lat. ›die 8Anziehung‹, die Anziehungskraft, zuerst bei Paracelsus als ›anziehende Kraft‹ bez., seitdem in die Wissenschaftssprache eingeführt. Gegensatz: 8Repulsion. Attribut, lat., ›das Zugeteilte‹; heute meistens svw. Eigenschaft; in der 8Grammatik der Römer das Prädikat, das von etwas Ausgesagte, in der neueren Grammatik jede einem Hauptwort beigefügte nähere Bestimmung, bes. das Eigenschaftswort (Adjektiv); in der 8Scholastik die Eigenschaft, das Merkmal eines Dinges, bei R. Descartes, B. Spinoza u. a. die wesentlichen, nicht wechselnden Merkmale der 8Substanz im Unterschied zu den Modi; in der bildenden Kunst die den Göttern, Heiligen usf. beigegebenen symbolischen Gegenstände (z. B. der Blitz des Zeus, die Schlüssel des Petrus, die Waage der Gerechtigkeit).
atypisch
atypisch, gr., ›nicht ausgeprägt‹, keinen 8Typus darstellend, vom Typus abweichend. Auferstehung des Fleisches, ein Bestandteil des christlichen Glaubens, die Wiederherstellung des Menschenkörpers und seine Wiedervereinigung nach dem Tode mit der Seele am ›Jüngsten Tage‹ oder am ›Ende der Welt‹, an dem die Toten aus den Gräbern auferstehen, die einen zur ewigen Seligkeit, die andern zur ewigen Verdammnis. Bei den Ägyptern wird die A. d. F. als gleich nach dem Tod jedes Einzelnen geschehend angenommen; nach der altpersischen Religion geschieht sie für alle Menschen gleichzeitig am Ende der Zeiten, wo die körperlichen Teile, die in die Elemente eingegangen sind, von diesen zurückgefordert und mit den Seelen wieder verbunden werden; dabei steht jeder dort auf, wo sein Leben von ihm gewichen war. Von hier aus gelangte der Glaube an die A. d. F. ins spätere Judentum, wo er im Buch des Propheten Ezechiel und von den Apokalyptikern, dann bes. von den Pharisäern vertreten wurde. Aufforderungscharakter, auch 8Valenz, nach K. Lewin eine von wahrgenommenen Gegenständen ausgehende Reizwirkung, welche Instinkte, 8Emotionen und 8Intentionen von Lebewesen beeinflussen kann. Als Stärke des entspr. A.s wurde urspr. die Resultante der Wechselwirkung zwischen gegebenen Reizbedingungen und Subjektmotivation angenommen. Aufgabe, bei Chr. Wolff Übers. für gr. thema ›in Rede stehender
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Satz‹ (8Problem), lat. pensum, propositio, die auferlegte Arbeit, die gestellte und eine Lösung erfordernde Frage. In der Erziehungswiss. und in der Psychologie die angeordnete bzw. übernommene Verpflichtung zur Ausführung einer Tätigkeit bzw. zur Lösung eines 8Problems. A. heißt auch svw. Preisgabe (z. B. einer Festung, einer Gewohnheit). aufheben, ein bei G. W. Fr. Hegel viel gebr. Wort mit den Bedeutungen ›in die Höhe heben‹ (lat. elevare), ›entdecken‹ (lat. detegere), ›tilgen‹ (lat. tollere) und ›bewahren‹ (lat. conservare); zuerst von Hegel systematisch entfaltet in dem Versuch, die Beziehungen von ›Sein‹ und ›Nichts‹ prozeßhaft zu denken, indem jedes von beiden als aufgehoben ›im Werden‹ bestimmt wird. Durch die Erhebung in das Denken ist »das Aufgehobene ein zugleich Aufbewahrtes, das nur seine Unmittelbarkeit verloren hat, aber darum nicht vernichtet ist« (G. W. Fr. Hegel, Wissenschaft der Logik I, 2. Aufl. v. 1831, 1. Abschn., 1. Kap., C3, Anm.); vgl. 8Vermittlung, 8Dialektik. Aufklärung (als Wort seit Mitte des 18. Jh. vorhanden), das Streben nach Beseitigung überkommener, nur auf 8Autorität angenommener Lehren und nach Neugestaltung des Lebens auf Grund vernünftiger Ansichten und Einsichten, das Wirkenwollen durch den 8Verstand. Nachdem I. Kant in seinem Aufsatz Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (Berlinische Monatschrift, 1784) das 18. Jh. als »das Zeitalter der A. oder das
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Jahrhundert Friedrichs« bezeichnet hatte, wird der Ausdruck für die geistige Bewegung gebr., die im 17. Jh. in England begann (8Freidenker), sich im 18. Jh. in Frankreich (8Enzyklopädisten) und Deutschland in jeweils eigentümlicher Weise durchsetzte und in ihren Auswirkungen die gesamte europäische und von den europäischen Völkern bestimmte Kultur ergriff. I. Kant charakterisierte sie zu Beginn seines Beitrags Was ist A.? als den »Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines Anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines Anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der A.« Gegen diese Charakteristik machte schon J. G. Hamann geltend, daß ein »Unvermögen eigentlich keine Schuld« und daß zwar eine »Vormundschaft«, nicht aber die »Unmündigkeit« selbstverschuldet sein kann (Brief an Chr. J. Kraus, 1784). Die Hauptkennzeichen der A. sind formal: rationale Klarheit, kritische Schärfe, empirische Breite; inhaltlich: die Lehre von der 8Vernunft als der Fähigkeit, die den Menschen zum Menschen mache und die ihn zum logisch richtigen Denken wie zum sittlich guten Handeln befähige (8Rationalismus), der
Aufmerksamkeit
Glaube daran, daß der Mensch von Natur nicht nur mit ›Vernunft‹, sondern auch ›gut‹ bzw. mit besten Vorsätzen ausgestattet sei, woraus sich der Glaube an die Möglichkeit eines beständigen 8Fortschritts des Einzelnen wie der Gesellschaft zum Besseren, Vollkommeneren ergibt (8Optimismus, 8Eudämonismus), die Forderung der 8Toleranz, der 8Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der 8Freiheit des Einzelnen in bezug auf Standes- und Staatszugehörigkeit. Aus diesen Grundsätzen folgte in bezug auf Religion nicht nur die Kritik und Zerstörung des 8Autoritätsglaubens wie des sog. 8Aberglaubens, der noch dem ›finsteren‹ Mittelalter zugeschrieben wurde, zugunsten eines ›natürlichen‹, ungeschichtlichen Vernunftglaubens (8Deismus), sondern auch die Überwindung spezifisch religiöser Glaubensinhalte (8Atheismus), in der Politik und Staatsphilosophie die Infragestellung naturgegebener und geschichtlich gewordener besonderer Ganzheiten zugunsten des Einzelnen (8Individualismus) und der Menschheit im allgemeinen (8Kosmopolitismus). Aufmerksamkeit, als Begr. im Dt. seit dem 17. Jh. vorhanden; die Fähigkeit, ein äußeres oder innerpsychisches Beobachtungsobjekt in den Mittelpunkt des Bewußtseins zu stellen; svw.: Vigilanz (8Enge des Bewußtseins). A. setzt die Gerichtetheit von Bewegung, Wahrnehmung und Denken auf einen Gegenstand voraus. A. kann vom Subjekt selbst ausgerichtet werden (Konzentration), vom Objekt auf
Augenblick
sich gezogen werden (Faszination, Absorbierung) oder didaktisch veranlaßt werden (Motivierung, Kanalisierung, Manipulation). Augenblick, mhd. ougenblic, urspr. das Blicken der Augen (lat. ictus oculi), schon im 14. Jh. in rein zeitlicher Bedeutung, seit dem 16. Jh. allg. gebr., entspr. gr. rhopë, lat. momentum (8Moment); der entscheidende Punkt, der Wendepunkt, das Jetzt, der Zeitpunkt der 8Gegenwart zwischen Vergangenheit und Zukunft; logisch seit Plato (Parmenides 156 d ff.) vielfach erörtert; als Situation der 8Entscheidung zwischen Wahrheit und Schein bei S. Kierkegaard (Der Augenblick, dt. zuerst in Ges. Werke, hg. Chr. Schrempf, 1909) aufge-faßt; in aller 8Mystik hat der Begriff des A.s als Einssein mit Gott (8unio mystica), intellektuelle 8Anschauung, als 8Kairos u. ä.. zentrale Bedeutung. Augustinismus, diejenige Richtung des mittelalterlichen und neuzeitlichen Denkens, die sich im wesentlichen auf die religiös- metaphysischen Lehren von Augustin stützt, wie dieser um eine Verbindung der biblisch- christlichen Gotteserfahrung mit der griechisch- platonischen Gedankenwelt bemüht ist und deshalb in einem gewissen Gegensatz zum 8Aristotelismus und aller Systemphilosophie steht. Der A. gründet das geistige Leben auf die schauende Begegnung mit Gott (Augustin, Conf. VII, 10) und das Erkennen aus 8Liebe (ders. in: Johann. ev. XCVI, 4 f.). Das Erkennen selbst ist nicht rational- diskursiv, sondern intuitiv, 8unmittelbar;
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sein Organ ist das 8Herz. Der Hauptvertreter des A. in der Hochscholastik ist Bonaventura mit seinem Itinerarium mentis ad deum; sein Ziel die cognitio Dei experimentalis. Petrarca stützt sich mit seiner Abgrenzung gegenüber Aristoteles und die Scholstik auf Plato, Cicero und Augustin. Vertreter des A. in der Neuzeit sind vor allem die Franzosen N. Malebranche mit der Lehre vom direkten Schauen Gottes, B. Pascal mit dem 8ordre du coeur, Gratry mit der an N. Malebranche anknüpfenden Schrift De la connaissance de Dieu (1853). Vgl. 8civitas dei, 8credo quia absurdum, 8Gnade. Aura, lat. ›Hauch‹; in der Medizin Vorzeichen für bevorstehenden Anfall; im 8Okkultismus sog. Ausstrahlung, Fluidum einer Person, die von psych. sensiblen Menschen ›wahrgenommen‹ werden kann; in der 8Theosophie und der 8Anthroposophie wird eine dreifach unterschiedene A. (je nach Bezug auf Körper, Seele oder Geist) behauptet. W. Benjamin hat den Begriff A. für die Kunsttheorie des 20. Jh. fruchtbar gemacht (Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, 1936) und sie als »einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag« definiert (ebd., ed. 1974, 479), in der die 8Geschichte und das Überlieferungsgeschehen am Kunstwerk sinnlich erfahrbar in die 8Gegenwart tritt. Der Begriff A. steht für die Einmaligkeit und Dauer des traditionellen Kunstwerks in einem festgefügten Traditions- und Sinnzusammenhang der Überlieferung
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(8Tradition). Die so bestimmte A. verdankt sich dem ›Kultwert‹ traditioneller Kunst im religiösen Ritual. Die technische Reproduzierbarkeit der Kunst in Fotografie und Film und die Kunst der Moderne überhaupt wertet Benjamin als Verfall der A. und damit des traditionellen Verhältnisses des Menschen zur Kunst. An die Stelle der ästhetischen 8Erfahrung eines einmaligen Gegenstands tritt in der modernen Kunst die Flüchtigkeit und Wiederholbarkeit ästhetischer Reize und ihrer »Choquewirkung« (ebd., 503), die mit den traditionellen ästhetischen Mitteln der Reflexion und Kontemplation nicht mehr verarbeitet werden kann. Dieser prinzipiellen Veränderung des Wesens der Kunst ist nicht mehr Kontemplation des ästhetischen Scheins angemessen, sondern eine »gesteigerte Geistesgegenwart« (ebd.) gegen flüchtige Wahrnehmungen. Ausdehnung, Übers. von Chr. Wolff und J. Chr. Gottsched für lat. extensio, die allen Körpern zukommende Eigenschaft der Raumerfüllung, die von R. Descartes als das Wesensmerkmal der Körper im Gegensatz zum Geist gefaßt wurde, so daß er annehmen konnte, die A. (8res extensa) und das nicht ausgedehnte Denken (8res cogitans) als die beiden Bestandteile der Welt unterscheiden zu können. Auch B. Spinoza bezeichnete als Wesen der Materie die A., verstand aber A. und 8Denken als Attribute einer einzigen 8Substanz. G. W. Leibniz setzte das Wesen der Substanz in die vorstellende Kraft und sah in der A. nur eine verworrene
Ausdruck
menschliche Vorstellung des Wirklichen. Nach I. Kant ist die A. 8Anschauung 8a priori und besitzt transzendentale Idealität, aber empirische Realität. In der Mathematik ist A. svw. 8Dimension, in der Physik die Raumvergrößerung, z. B. durch Erwärmung. Ausdruck, von lat. exprimere, engl./frz. expression; der Vorgang wie das Ergebnis der Äußerung, Ausprägung oder Darstellung eines Inneren, besonders der menschlichen Seele. Der Begriff wurde im 18. Jh. von Chr. Wolff für das ältere Wort ›Ausdrückung‹ in die deutsche philosophische Terminologie eingeführt. Der Sache nach geht der Begriff auf die Individualmetaphysik von G. W. Leibniz zurück: Jede einzelne 8Substanz drückt auf ihre Weise das ganze 8Universum aus (Metaphysische Abhandlung, 9.; vgl. Monadologie, §§ 60 ff.). Wie in einem lebendigen Spiegel drückt sich in der 8Seele das Weltganze individuell und komplex aus: die Seele ist A. ihrer vorrationalen 8Individuation. In der 8Ästhetik des 18. Jh. behält der Begriff A. wie bei G. W. Leibniz seinen Zusammenhang mit dem platonischen UrbildAbbild- Schema. J. G. Herder gebraucht vorwiegend ›Abdruck‹; I. Kant nennt in der Kritik der Urteilskraft (§ 51) die künstlerische Gestalt A., ›Ektypon‹, ›Nachbild‹ der ästhet. Idee. In der Gefühlsästhetik des 18. Jh., die eine Wende von der rhetorisch- poetologischen Tradition der Kunstbeurteilung zum Prinzip der Subjektivität einleitet, tritt der A. der Seele in der Kunst an die Stelle des
Auslese
Formprinzips und dient zur Kritik am Begriff der 8Mimesis, mit dem die Kunst auf das Prinzip der 8Nachahmung der Natur festgelegt wird. G. E. Lessing versucht die Grenze von Formprinzip und A. in der Grenze von bildender Kunst und Poesie festzumachen (Laokoon, 1766). Die Poesie wird damit zu einem genuinen Ort des A.s, d. h. der Äußerung menschlicher 8Empfindsamkeit. Ihren philosophisch- prinzipiellen Begriff erreicht diese Entwicklung in I. Kants 8Geniebegriff: 8Genie besteht darin, »zu einem gegebenen Begriffe Ideen aufzufinden und andererseits zu diesen den A. zu treffen, durch den die dadurch bewirkte subjektive Gemütsstimmung, als Begleitung eines Begriffs, anderen mitgeteilt werden kann« (KdU, 1790, § 49). – Zentrale Bedeutung gewinnt der Begriff A. noch einmal im deutschen Expressionismus, wo er wieder dazu dient, gegen eine am klassischen Prinzip der 8Nachahmung orientierte realistische und naturalistische Kunstauffassung Kunst als A. menschlicher 8Subjektivität zu akzentuieren. Bei Th. W. Adorno wird diese Auffassung philosophisch reflektiert: Kunst ist objektivierter A. menschlicher Individuation gegen gesellschaftliche Totalität, die Subjektivität sonst nirgends mehr zuläßt: »ausdrucksvoll ist Kunst, wo aus ihr, subjektiv vermittelt, ein Objektives spricht: Trauer, Energie, Sehnsucht. A. ist das klagende Gesicht der Werke« (Ästhetische Theorie, 1970, 170). – Speziell in 8Logik, 8Sprachphilosophie und Mathema-
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tik bez. A. eine Folge von Grundzeichen einer Sprache; häufig nennt man jedoch nur sog. ›wohlgeformte Ausdrücke‹ (engl. ›well formed formulas‹, ›wff‹), die nach gewissen syntaktischen Regeln aus den Grundzeichen gebildet sind, Ausdrücke. Der Satz »Hans mögen Kokosnüsse« ist (als Folge von Wortformen bzw. Morphemen) im weiteren Sinne des Wortes ein A. des Deutschen, nicht aber im engeren: Es handelt sich nicht um einen wohlgeformten A., der nach den syntaktischen Regeln des Deutschen gebildet wäre. »Hans mag Kokosnüsse« ist dagegen wohlgeformt und daher auch im engeren Sinne ein A. des Deutschen. Für weiteres vgl. 8Syntax. Auslese, lat. selectio ›Auswahl‹; in der Biologie, meist Selektion genannt, der Vorgang, durch den die durch ihre eigene Natur begünstigten und ihrer Umgebung am besten angepaßten Lebewesen zur Fortpflanzung kommen, während die weniger begünstigten zugrunde gehen oder sich nicht in demselben Umfang vermehren können. Künstliche A. ist die durch den Züchter herbeigeführte A. (Zuchtwahl), natürliche A. die sich im sog. 8›Kampf ums Dasein‹ von selbst vollziehende. Auslegung, in der 8Hermeneutik svw. 8Interpretation; in der Rechtswiss. die Ermittlung des Sinnes von Gesetzen und Willenserklärungen. A. ist ein Begriff der 8Hermeneutik und hat ihren sachlichen Ursprung in der Theologie (Bibelexegese), außerdem in der Jurisprudenz, in der die Gesetze
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auf konkrete Fälle hin ausgelegt, d. h. appliziert werden müssen. Erst in der 8Romantik wird die Hermeneutik zu einer allgemeinen Lehre des 8Verstehens und Auslegens, und der Begriff A. wird für die 8Kunstphilosophie wirksam (insbes. bei Fr. D. E. Schleiermacher). W. Dilthey unterscheidet am Kriterium der A. grundsätzlich zwischen 8Natur- und 8Geisteswissenschaften: Während erstere aus methodisch geleitetem Erklären von Sachverhalten bestehen, zielen die Geisteswissenschaften auf das 8Verstehen der in den geschichtlichen Zeugnissen objektivierten Lebensäußerungen in ihrer A. Die in der A. angestrebte Erkenntnis zielt nicht auf Ursachen und Bedingungen eines Sachverhaltes, sondern auf den Sinnzusammenhang eines in der Regel sprachlichen Gebildes. Deshalb kann sie auch nicht in einem naturwissenschaftlichen Sinn objektiv sein: Ein auszulegender Text tritt in Beziehung mit dem hermeneutischen Horizont des Auslegenden, d. h. mit dessen Vorverständnis; der in der Auslegung gewonnene Sinn resultiert stets aus dieser spezifischen Beziehung, die sich sowohl historisch als auch individuell laufend modifiziert. Ein weiteres Bestimmungsmerkmal der A. ist ihre Sprachlichkeit: Nicht jedes Verstehen, sehr wohl aber jede A. ist sprachlich. In der A. objektiviert sich Verstehen im Medium der Sprache, es gewinnt in ihr »sprachliche Ausdrücklichkeit« (H. G. Gadamer, Wahrheit und Methode, 1960, S. 375).
Aussage
Auslösemechanismus, Begr. der Verhaltensphysiologie für einen angenommenen Mechanismus, der auf Schlüsselreize reagiert. Auslöser, svw. Signal; in der Verhaltenspsychologie beziehen sich A. auf die Eignung von Lebe wesen, sich an Reaktionsweisen gegenüb. übermittelten Informationsmustern phylogenetisch anzupassen. A. gehören zu Schlüsselreizen, die beim Empfänger eine spezifische Reaktion verursachen (z. B. Blüten für das Anlocken bestäubender Insekten; bei Menschen: z. B. Uniformen, Rangabzeichen und Grußformeln). Ausnahme, lat. exceptio; die Nichtanwendbarkeit einer Regel oder eines Gesetzes auf einen einzelnen Fall oder die Abweichung von einer generellen Regelung im Einzelfall, in der empirischen Forschung die als Abweichung interpr. Beobachtung, die unter ein allgemeingültiges Gesetz oder eine Regel nicht subsumierbar ist. Aussage, Übers. bei G. W. Leibniz und Chr. Wolff für lat. enuntiatio (gr. apophasis ›Sichtbarmachung durch Rede‹); in der Trad. oft svw. 8Urteil; allgemein das, was durch einen Satz der Art »Fritz ist Nichtschwimmer«, »Kant war Junggeselle« oder »Die Logik ist keine empirische Wissenschaft« ausgedrückt wird; Fragesätze wie »In welchem Jahr wurde Goethe geboren?«, Befehlssätze wie »Geh mir aus der Sonne!« oder Ausrufe wie »Ach!« oder »Aua!« drücken dagegen keine A.n aus. A.n in diesem Sinne sind von den Aussagesätzen, durch die sie ausgedrückt
Aussageform
werden, zu unterscheiden: Einunddieselbe A. kann durch verschiedene Sätze (auch durch Sätze verschiedener Sprachen) ausgedrückt werden. So bringen »Kant war Junggeselle« und »Kant war ein unverheirateter Mann« (ebenso wie »Kant was a bachelor«) dieselbe A. zum Ausdruck. Um den Unterschied hervorzuheben, bezeichnet man A.n in diesem Sinne zuweilen als ›Propositionen‹. – Abweichend von diesem Sprachgebrauch bezeichnet man oft auch Aussagesätze als ›A.n‹ und das, was durch sie ausgedrückt wird, als ›Sachverhalte‹. – Kennzeichnend für A.n im Sinne von Aussagesätzen ist, daß sie – im Gegensatz zu Fragen oder Befehlen – grundsätzlich wahr oder falsch sein können. (Manchmal faßt man freilich auch A.n im ersteren Sinne als Träge von 8Wahrheitswerten auf). In der 8klassischen Logik geht man davon aus, daß A.n (bzw. Aussagesätze) stets wahr oder falsch sind, unabhängig von Feststellungen über ihre Wahrheit oder Falschheit. In verschiedenen ›nichtklassischen‹ Logiken gilt dieses 8Bivalenzprinzip jedoch nicht (vgl. 8mehrwertige Logik). Generell ist es die Aufgabe der 8Logik, diejenigen A.n anzugeben, die aus rein formalen Gründen wahr sein müssen. Dabei untersucht die 8Aussagenlogik die Verbindungen von Aussagen mit Hilfe von 8Junktoren; einzelne Aussagen werden dabei durch 8Aussagenkonstanten p, q,... repräsentiert, die schematischen Buchstaben A, B,... verwendet man oft als 8Aussagenvariablen. In der 8Prädikatenlogik wer-
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den darüberhinaus auch die ›Binnenstrukturen‹ einfacher A.n berücksichtigt. – Gegenstand der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie ist die allgemeinere Frage, wie Aussagen überhaupt auf ihre Wahrheit oder Falschheit hin überprüft werden können. In der Linguistik nennt man auch die sprachl. Äußerung eines Satzes eine A.; das Recht kennt die Pflicht zur A. als Verpflichtung, wahrheitsgemäß und ohne bewußtes Verschweigen Auskunft zu geben. Aussageform, auch Aussagefunktion, in der 8Prädikatenlogik ein Ausdruck, der mindestens eine freie, d.h. nicht durch einen 8Quantor gebundene 8Gegenstandsvariable enthält (vgl. auch 8Quantifikation), also etwa 8Prädikate wie »x schläft« (symbolisch S(x)) oder »x liebt y« (L(x,y)) oder auch komplexere Terme der Form »x ist ein Held und y bewundert x« (H(x) ∧ B(y,x)) und »Es gibt ein x, das ein Held ist und das y bewundert« ( ∃x (H(x) ∧ B(y,x))). – Zweilen wird der Begriff der A. im Sinne von 8Aussagenschema verwendet. Aussagenkonstante, in der 8Logik, insbesondere der 8Aussagenlogik, ein Buchstabe p, q, ..., der eine bestimmte 8Aussage repräsentiert. Aussagenlogik, das einfachste und grundlegende System der formalen 8Logik, das die Verknüpfungen von 8Aussagen mit Hilfe von 8Junktoren zum Gegenstand hat. Junktoren wie »...und...« (symbolisch ∧ oder &, vgl. 8Konjunktion), »...oder...« (∨, 8Disjunktion, 8Adjunktion), »wenn..., dann...« (→ oder ⊃, materiale 8Implikation,
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8Subjunktion) und »...genau dann, wenn...« (↔ oder ≡, materiale 8Äquivalenz, 8Bikonditional), die zwei Aussagen zu einer neuen verbinden, werden zweistellig genannt. Die Negation »nicht...« ( ¬ oder ~) wird ebenfalls als Junktor (›einstelliger Junktor‹) bezeichnet, obgleich sie keine Aussagen verbindet, sondern aus einer einzelnen Aussage eine neue erzeugt. Drei- und mehrstellige Junktoren (wenn..., dann...; sonst...), die z. B. in der Informatik eine wichtige Rolle spielen, werden in der A. nicht gesondert betrachtet: Sie sind durch einund zweistellige definierbar. Die Junktoren sind die 8logischen Partikeln der A.: Ziel der A. ist es, genau die Aussagen anzugeben, die allein aufgrund der Bedeutung und der Anordnung der in ihr vorkommenden Junktoren, d.h. 8formal wahr sind. Diese Aussagen nennt man aussagenlogisch wahr, 8allgemeingültig oder tautologisch. In Anlehnung an die Alltagssprache (jedoch nicht in strenger Übereinstimmung mit ihr) legt man die Bedeutung der Junktoren durch 8Wahrheitsbedingungen fest (im folgenden sind A und B Variablen für Aussagen): ¬ A ist genau dann wahr, wenn A falsch ist; A → B ist genau dann wahr, wenn A falsch oder B wahr ist (oder beides); A ∧B ist genau dann wahr, wenn A und B wahr sind; A ∨ B ist genau dann wahr, wenn A oder B wahr ist (oder beides); A ↔ B ist genau dann wahr, wenn A und B gleichermaßen wahr oder falsch sind. In sogenannten 8Wahrheitstafeln kann man diese Regeln schematisch und
Aussagenlogik
übersichtlich darstellen. Die aussagenlogisch wahren Aussagen sind nun genau die, die nach Maßgabe der Wahrheitsbedingungen stets wahr sein müssen. Ob das für eine bestimmte Aussage gilt, läßt sich auf verschiedene Weisen, u.a. mit Hilfe der Wahrheitstafeln, rein mechanisch entscheiden. Man sieht recht leicht, daß z. B. alle Aussagen der Form ¬ (A ∧ ¬ A) und A∨ ¬ A in diesem Sinne aussagenlogisch wahr sind: Damit gelten die für die 8klassische Logik zentralen Prinzipien vom verbotenen Widerspruch (vgl. 8principium contradictionis) und vom ausgeschlossenen Dritten (vgl. 8principium exclusi tertii). – Mit Hilfe des Begriffes der aussagenlogischen Wahrheit läßt sich der des aussagenlogisch gültigen 8Schlusses definieren: Ein Schluß von A auf B ist genau dann aussagenlogisch gültig (A ⇒ B), wenn die Aussage A→B aussagenlogisch wahr ist. So ist etwa der Schluß von A∧ (A→B) auf B gültig, weil (A∧ (A→ B))→ B aussagenlogisch wahr ist. – Man braucht in der A. nicht alle oben angeführten Junktoren als primitiv vorauszusetzen und durch Wahrheitsregeln einzeln zu bestimmen. Da A∨ B und ¬A→B, A∧ B und ¬ (A→ ¬ B) und schließlich A ↔ B und (A→ B) ∧ (B→A) bzw. ¬((A→B)→ ¬(B→A)) jeweils äquivalent sind, kann man ∨, ∧ und ↔ durch ¬ und → definieren. Man kann also allein mit Hilfe der Implikation und der Negation eine komplette A. aufbauen. Tatsächlich gelingt das sogar mit Hilfe eines einzigen Operators, der › 8Negatkonjunktion‹ oder ›Sheffer-
Aussageschema
Strich‹ genannt und durch » |« symbolisiert wird und als »weder... noch...« zu lesen ist: A|B ist genau dann wahr, wenn A und B beide falsch sind. ¬ A läßt sich dann durch A | A, A→ B durch ((A|A)|B)|((A|A)|B) definieren. – Der geschilderte Zugang zur A. ist insofern semantisch (vgl. 8Semantik), als in ihm wesentlich vom Wahrheitsbegriff Gebrauch gemacht wird. Ohne einen unmittelbaren Bezug auf 8Wahrheitswerte lassen sich die aussagenlogischen Tautologien auch rein syntaktisch (8Syntax) charakterisieren, nämlich durch 8Kalküle, in denen sie mit Hilfe von 8Ableitungsregeln aus einer Menge von 8Axiomen gewonnen werden. In einem bekannten Kalkül der A. werden nur die Negation und die materiale Implikation verwendet. Seine 8Axiome (bzw. 8Axiomschemata) sind (A1) A → (B → A), (A2)(A→ (B→ C))→ ((A→ B)→ (A→ C)) und (A3) (A→ B)→ (¬ B→ ¬ A), seine Ableitungsregel ist der 8Modus ponens: Aus A und A→ B kann man B ableiten. Man kann beweisen, daß (1) die Axiome dieses Kalküls und alle Sätze, die mit Hilfe des Modus ponens aus ihnen ableitbar sind, d. h. alle seine 8Theoreme, aussagenlogisch wahr sind (damit ist der Kalkül widerspruchsfrei, vgl. 8Widerspruchsfreiheit), und daß (2) alle aussagenlogisch wahren Sätze Theoreme des Kalküls sind (8Vollständigkeit). Der Kalkül ist damit ›adäquat‹ relativ zur vorausgesetzten Semantik: Er liefert genau alle aussagenlogischen Tautologien. Zur Geschichte vgl. 8Logik.
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Aussagenschema, zu 8Aussage und gr. s’chëma ›Gestalt‹, in der 8Logik ein Gebilde, das 8Aussagenvariablen A, B, C,... enthält und das in eine Aussage übergeht, wenn man diese Variablen durch beliebige Aussagen ersetzt. In der Logik spricht man häufig über A.ta statt über Aussagen, um größere Allgemeinheit zu erreichen. So sagt man etwa, das A. A ∨ ¬ A sei 8allgemeingültig und meint damit, daß alle Aussagen von dieser Gestalt (also z. B. p ∨ ¬ p, (p ∧ q) ∨ ¬ (p∧ q), (p ∨ ¬(q → z)) ∨ ¬(p → (q → z)) usw.) allgemeingültig sind (vgl. auch 8Aussagenlogik). Aussagenvariable, zu 8Aussage und 8Variable, in der 8Logik (insbesondere der 8Aussagenlogik) ein schematischer Buchstabe A, B, C ..., der stellvertretend für eine beliebige, eventuell komplexe Aussage steht. ausschließen, ausscheiden, nicht berücksichtigen (8Einklammerung), in der formalen Logik das Nichtzusammenbestehenkönnen mit anderem. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (lat. 8principium exclusi tertii) lautet in der trad. Logik: x ist F oder x ist nicht F – ein Drittes gibt es nicht (lat. tertium non datur). Außenwelt, urspr. dichterischer Ausdruck des 18. Jh., svw. 8Umwelt, lat. res externae; allgemein: das, was außerhalb eines Organismus, jenseits seiner Haut ist; psychologisch: die Gesamtheit der Gegenstände unserer sinnlichen Wahrnehmung, die sich uns in Raum und Zeit darbieten und die wir von unserem ›Inneren‹, der In-
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nenwelt, unterscheiden. Je nach der Fassung des Verhältnisses von Ich und Gegenstand, Innenwelt und A., glaubte man zwischen naivem und kritischem 8Realismus, metaphysischem und kritischem 8Idealismus usf. unterscheiden zu können. Äußerlichkeit, mhd. uzerkeit, Neuschöpfung aus der Zeit der 8Innerlichkeit im 18. Jh.; der Inbegriff des für das Wesen einer Sache, einer Person usw. Zufälligen, Unwichtigen, Nebensächlichen. Äußerung, der wahrnehmbare 8Ausdruck eines innerpsychischen Geschehens oder Zustandes. Autarkie, gr., ›Selbstgenügsamkeit‹, 8Bedürfnislosigkeit; bei den 8Kynikern und 8Stoikern im Anschluß an eine Lehre des Sokrates (Xenophon, Memor. I 6, 10) das Ideal des Weisen, bei den Theologen diejenige Eigenschaft Gottes, kraft derer er keines andern zu seiner Existenz bedarf (8Aseität); in der Ökonomie Zustand einer Volkswirtschaft, die nicht am internat. Güter- und Dienstleistungsaustausch teilnimmt und sämtliche ökonom. Bedürfnisse durch die eigene Produktion zu befriedigen versucht. authentisch, gr. authentës ›mit eigener Hand vollbracht‹, echt, glaubwürdig. Eine a.e Auslegung eines Gesetzes, einer Schriftstelle ist eine solche, die durch den Gesetzgeber oder Verfasser selbst gegeben ist oder mit dessen Worten oder in dem von ihm jeweils gemeinten Sinn ausgedrückt wird; dazu authentisieren, beglaubigen, die Echtheit bezeugen oder beweisen.
autonom
Authentizität, 1. die urkundlich bezeugte Echtheit; 2. zwischenmenschl. A.: vgl. 8Uneigentlichkeit. Autismus, Neub. von gr. autos ›selbst‹; in der Psychopathologie Krankheitsbild, dessen deutlichstes Symptom in der ausschl. Beschäftigung mit sich selbst, bes. mit den eigenen Einbildungen und Phantasiegestalten besteht; im übertr. Sinne auch als abwertende Bez. verw. für 8Egozentrismus. Autokratie, gr., ›Selbst- oder Alleinherrschaft‹ (8Monarchie). Automat, gr. automaton ›das aus eigenem Antrieb, von selbst Gehende oder Geschehende‹ (bei Aristoteles gleichbedeutend mit 8Zufall); in der Neuzeit gebr. zur Bez. einer selbsttätigen Vorrichtung, eines sich selbst bewegenden Werks (z. B. des Uhrwerks). Wenn R. Descartes u. a. die Tiere A.en nennen, so wird mit dem Mechanischen das Kunstvolle, Artifizielle in ihnen betont (8Maschinentheorie). G. W. Leibniz nennt die menschliche Seele einen geistigen A.en, weil sie alle ihre Zustände aus sich selbst entwickelt (8Monade). autonom, gr., ›selbstregelnd‹; selbständig, unabhängig, nach eigenen Regeln od. Gesetzen lebensfähig (8Autonomie); a. bed. in der Biologie svw. nicht willentlich beeinflußbar, Autonomie die Unabhängigkeit von Außenreizen; in der Psychologie verw. im Zusammenhang von funktionaler Autonomie von Motiven, wonach sich instrumentelle Verhaltensmuster, die (wie z. B. die Jagd) urspr. nur als Mittel zum Zweck (der Nahrungsmittelgewinnung) dienten, später
Autonomie
zu selbständigen Tätigkeitsmustern mit eigens definiertem Selbstzweck wurden. Autonomie, gr., ›Eigengesetzlichkeit‹; 1. allg. Bed. s. 8autonom; 2. in der Politik die Befugnis eines Gemeinwesens oder eines Staates, sich selbst Gesetze zu geben und nach ihnen zu handeln, die Unabhängigkeit oder 8Souveränität; 3. in der Rechtswiss. ist A. Befugnis zur selbständigen Regelung eigener Rechtsverhältnisse; 4. in der Regelungstechnik bez. A. die wechsels. Unbeeinflußbarkeit von Subsystemen, so z. B. im Begr. Autonomisierung, die z. B. durch den Einbau von Koppelgliedern gewährleistet wird, um die wechselseitige Beeinflussung von Regelkreisen zu beseitigen; 5. steht A. in der Ethik seit I. Kant im Gegensatz zur 8Heteronomie für die Fähigkeit der ›Vernunft‹, den sittlichen Willen zu bestimmen und ihn der eigenen, auf dem ›moralischen Gesetz in uns‹ beruhenden und doch allgemeinen Gesetzgebung zu unterwerfen (8kategorischer Imperativ). Der A.- Begriff bei I. Kant ist gegen eine am Zweck- und Lustprinzip orientierte Ethik z. Zt. der Aufklärung (8Utilitarismus, 8Eudämonismus) gerichtet. 6. In der 8Ästhetik spricht man von Autonomie der Kunst. Als ein gegenüber Theorie und Praxis unabhängiger Bereich wird ›schöne‹ 8Kunst als autonom verstanden sowohl gegenüber dem Handwerk als auch gegenüber dem, was früher auch ›Kunst‹ (lat. 8ars) genannt wurde: der Wissenschaft. I. Kant hat diesen Abgrenzungen noch eine weitere hinzugefügt: Das 8Schö-
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ne ist gegenüber der empirischen Realität, gegenüber praktischen 8Zwecken überhaupt unabhängig, weil die ästhetische Einstellung zu Gegenständen der Erfahrung im 8Geschmacksurteil einem freien, weil interesselosen 8Wohlgefallen, d. h. keiner praktischen, sondern einer kontemplativen Einstellung entspringt. Die immanente 8Zweckmäßigkeit eines ästhetisch beurteilten Gegenstandes ist ohne jeden äußerlichen Zweck und insofern autonom (8Spiel). Ähnlich G. W. Fr. Hegel im Begriff des 8Scheins: Kunst ist autonom, indem sie von endlichen Bestimmungen und Zwecken frei ist. Sie ist eine nur geistige Wirklichkeit der Idee und daher in sich unendlich. Die Debatte um die A. der Kunst wird in der Ästhetik des 20. Jh. fortgeführt, z. B. bei Th. W. Adorno, der vom »Doppelcharakter der Kunst als autonom und als fait social« (Ästhetische Theorie, 1970, S. 16) spricht und damit die A. der Kunst selbst als Moment und zentralen Ausdruck ihrer Gesellschaftlichkeit zu begreifen versucht. Autopoiesis, gr. ›Selbsttätigkeit‹; svw. 8Selbstorganisation. Autopsie, gr., ›das Sehen mit eigenen Augen‹, die Kenntnis aus eigener Anschauung im Gegensatz zur Kenntnis aus Berichten anderer, svw.: Augenschein (z. B. im Recht und im Bibliothekswesen); in der Medizin Praxis der Leichenöffnung. Autorität, lat. auctoritas, urspr. Urheberschaft, Ermächtigung, dann Ansehen, Geltung, Fähigkeit, maßgeblichen Einfluß auf andere kraft
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bes. Leistung und überlegener Einsicht, kraft der Tradition oder kraft eines 8Charisma auszuüben. In der Erziehung beanspruchen Eltern und Lehrer A. über die Kinder, im Gemeinschaftsleben Führer über ihre Gruppenmitglieder. Autoritätsglaube geht von dem inneren Zusammenhang von Lehrbefugnis und Wahrheitsanspruch aus und kommt außer in den Religionen (8Glaube, 8Dogma) auch in der Wissenschaft vor. autosemantisch, Neub. aus gr. auto ›selbst‹ und sëma ›Zeichen‹; über eine eigene, von anderen Bedeutungen unabhängige Bedeutung verfügend. Autostereotyp, Neubildg. aus dem Gr.; ein Bild, das sich eine Gruppe oder eine Person von sich selbst macht, im Untersch. zum Heterostereotyp, dem Schema, Klischee oder Vorurteil, das diese sich von anderen Personen oder Gruppen bilden. Averroismus, die auf den arab. Philosophen Averroes (Ibn Ruschd) zurückgehende monistisch- pantheistische AristotelesAuslegung, nach der zwar die persönliche Unsterblichkeit bestritten, aber die Unvergänglichkeit der allen Menschen einwohnenden Gattungsvernunft zugelassen werden kann. Aversion, lat., ›die Abneigung‹, der Widerwille, im allgemeinen soviel wie Antipathie. Axiologie, Neub. aus gr. axia ›Wert‹, Preis und logos ›Lehre‹, die Wertlehre, 8Werttheorie; dazu axiologisch, zur Wertlehre gehörig, werttheoretisch.
Axiom
Axiom, von gr. axiôma ›Forderung‹ bzw. gr. axioein ›für wert halten‹ oder ›für wahr halten‹, etwa ›das, was für wahr gehalten wird‹. Speziell in Geometrie, Logik und Mathematik bezeichnet man solche Sätze als A.e, die für die jeweilige Disziplin grundlegend sind: Sie sind selbst nicht beweisbar, sondern bilden die unhintergehbare Basis für den Beweis anderer Sätze. Ihre Rechtfertigung sah man traditionell (im Anschluß an Aristoteles und Euklid) in ihrem unmittelbar einleuchtenden Charakter. Eine Satzmenge, die sich in A.e und Folgerungen aus ihnen gliedert, nennt man ein 8axiomatisches System. Liegt eine Theorie in der Form eine axiomatischen Systems vor, so befindet sie sich in einem sehr fortgeschrittenen Stadium ihrer Entwicklung. Erste Ansätze zu einer Axiomatisierung der Geometrie finden sich bereits bei Euklid (ca. 300 v. Chr.); vollständig gelang sie erst D. Hilbert Ende des 19. Jahrhunderts. In der Diskussion über die axiomatische Gestalt der Geometrie spielte seit der Antike das sog. Parallelenaxiom eine zentrale Rolle, das etwa so lautet: »Ist a eine Gerade und P ein nicht auf a liegender Punkt, so gibt es in der Ebene, in der a und P liegen, genau eine Gerade durch P, die a nicht schneidet, nämlich die Parallele zu a.« Da sein Gehalt vielen als nicht evident galt, versuchte man, diesen Satz aus den anderen A.en abzuleiten; erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts konnte der Beweis erbracht werden, daß dies nicht möglich ist. In der Folge entwickel-
Axiomatik
te man auch ›nichteuklidische‹ Geometrien, in denen das Parallelenaxiom nicht gilt. Erste Versuche, die 8Logik als axiomatisches System zu formulieren, gehen auf G. W. Leibniz zurück. Wesentliche Fortschritte wurden hier, wie auch auf dem Gebiet der Mathematik, ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemacht. Bedeutende Beiträge lieferten u. a. G. Frege und D. Hilbert. – Im Laufe der modernen Entwicklung begann sich der Sinn von ›A.‹ allmählich zu ändern. Ausschlaggebend für die Wahl bestimmter Sätze als A.e einer Theorie ist nun weniger der Grad ihrer Evidenz als die Frage, von welcher Basis aus sich die wahren Aussagen der Theorie möglichst einfach und elegant ableiten lassen. Zugleich begann man, axiomatische Systeme unter Absehung von der inhaltlichen Deutung ihrer Sätze als rein formal bestimmte 8Kalküle zu untersuchen. In den empirischen Wissenschaften, insbesondere in der Physik, bezeichnet man oft sehr allgemeine Sätze, die durch die Erfahrung in hohem Grade bestätigt sind, als A.e (z. B. die ›Newtonschen Axiome der Mechanik‹). Zuweilen wurde auch der Versuch unternommen, philosophische Theorien nach dem Vorbild der Geometrie als axiomatische Systeme zu formulieren. Bekannt ist u. a. B. Spinozas Bemühen, die Ethik auf diese Weise (›more geometrico‹) darzustellen. Axiomatik, die Theorie der axiomatischen Methode, d. h. des Formulierens von 8axiomatischen Sy-
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stemen und des Schlußfolgerns und Beweisens in ihnen. Axiomatisches System, auch Axiomensystem, eine Menge von Sätzen über ein bestimmtes Gebiet, etwa über Geometrie, 8Logik oder Arithmetik, die sich in 8Axiome und Folgerungen aus ihnen, sog. 8Theoreme, gliedert. Der Zweck der Formulierung eines Gebietes als a. S. ist die ökonomische und überschaubare Darstellung der in ihm geltenden Sätze und der zwischen ihnen bestehenden Folgerungszusammenhänge. Aus diesem Gedanken ergeben sich eine Reihe von Forderungen, die an ein solches System gestellt werden. Die wichtigste ist die nach 8Widerspruchsfreiheit: Das System darf nicht zugleich einen Satz p und dessen Verneinung Nicht- p umfassen – ein Satz und seine Verneinung können ja auf keinem Gebiet zugleich gelten. Allgemeiner verlangt man, daß ein System nur solche Sätze enthalten darf, die in der jeweiligen Disziplin (Geometrie, Logik oder Arithmetik) gültig sind. Eine weitere Forderung ist die nach 8Vollständigkeit: Es sollen jeweils alle Sätze enthalten sein, die auf dem betreffenden Gebiet gelten. Ein System, das genau die gültigen Sätze des jeweiligen Gebietes umfaßt, nennt man ›adäquat‹. Ferner fordert man die 8Unabhängigkeit der Axiome untereinander: Sie sollen nicht auseinander folgen. Allgemein ist man bestrebt, Systeme anzugeben, die mit einer möglichst geringen Zahl einfacher Axiome auskommen, aus denen leicht Folgerungen gezogen werden können.
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Für die elementare 8Aussagenlogik (vgl. auch 8Kalkül), die 8Prädikatenlogik erster Stufe und verschiedene 8Modallogiken lassen sich a. S.e formulieren, die all diesen Postulaten genügen. Für Prädikatenlogiken höherer Stufe lassen sich nur Systeme angeben, die widerspruchsfrei, aber nicht vollständig sind. Für die Arithmetik kann man nach Ergebnissen, die K. Gödel und G. Gentzen in den 1930er Jahren fanden, nur solche Systeme formulieren, deren Widerspruchsfreiheit nicht mit den üblichen (›finiten‹) Mitteln der Logik bewiesen werden kann und die zudem (im Falle Widerspruchsfreiheit) unvollständig sind. Eine Axiomatisierung der traditionellen ›euklidischen‹ Geometrie gelang D. Hilbert im Jahre 1899; Versuche da-zu wurden von Euklid bereits um 300 v. Chr. unternommen. Auch in den empirischen Wissenschaften,
Axiomschema
insbesondere in der Physik, spielen a. S.e eine zunehmend wichtige Rolle. Axiomschema, zu 8Axiom und gr. schëma ›Figur‹, ›Form‹, ein Begriff der modernen Logik und Mathematik. Häufig gibt man als Basis eines 8axiomatischen Systems bzw. eines 8Kalküls explizit nicht eine bestimmte Menge von Axiomen an, sondern eine Menge von A.ta: In ihnen kommen statt der Ausdrücke des Systems (z. B. Sätze oder 8Prädikate im Falle der 8Aussagenbzw. 8Prädikatenlogik) Variablen für diese Ausdrücke (also etwa 8Aussagen- bzw. 8Prädikatvariablen) vor. Aus den A.ta erhält man Axiome, indem man diese Variablen durch Konstanten bzw. komplexe Ausdrücke ersetzt. Ein Vorteil dieses Verfahrens liegt in der relativ ökonomischen Darstellung des jeweiligen Systems. (Für ein Beispiel vgl. 8Kalkül.)
B
badische Schule, auch südwestdeutsche (Heidelberger) Schule genannt, die von W. Windelband und H. Rickert begründete Richtung des 8Neukantianismus. Basis, gr. ›Gang‹; urspr. der Gegenstand, auf dem etw. stehen kann; Grundlage, Grundlinie (z. B. eines Dreiecks), Grundfläche (z. B. eines Prismas), Grundzahl (z. B. einer Potenz, eines Logarithmus), dazu basieren: befestigen, gründen, beruhen. In der Bautechnik nennt man B. auch das unterste Glied einer Säule; in der Halbleiterphysik den mittleren Teil eines Transistors (B.zone); im Militärwesen einen Versorgungs— oder Einsatzstützpunkt; in der Sprachwissenschaft auf syntakt. Ebene diej. Satzglieder, die vor einem finiten Verb stehen, in der 8generat. Grammatik auch die sog. syntakt. Tiefenstruktur, in der histor. vergl. Sprachwissenschaft ein aus mehreren Wörtern gemeinsam erschlossenes Wortstück, das (im Unterschied zur ›Wurzel‹) keine Bedeutung trägt. In der Wissenschaftstheorie seit R. Carnap ist B. Merkmal einer Wissenschaft oder eines ihrer Bereiche, def. durch ein 8System von Gegenständen, das sich dazu eignet, sämtl. Gegenstände dieser Wissenschaft zu konstituieren. In seinem frühen Werk Der log. Aufbau der Welt (1928) versuchte Carnap, das ges. System der Wissenschaften durch eine B. aus
Grundbegriffen zu fundieren, die sich auf unmittelbar erlebnismäßig Gegebenes beziehen, ein Ansatz, nach dem sich allerdings weder die Bildung von 8Dispositionsprädikaten noch von komplexen Begriffen der Wissenschaften (z. B. der Physik) rekonstruieren läßt. Dieses Programm wurde von Carnap später ersetzt durch den Versuch, die B. von Wissenschaftssystemen ›physikalistisch‹ zu definieren, d. h. alle psych. Gegenstände auf physische bzw. physikalische Gegenstände zurückzuführen. Das B. gen. System einer Wissenschaft ist darstellbar in einer Folge von Basissätzen, d. s. die beim Aufbau einer Wissenschaftssprache zu bildenden Sätze, die angeben, wie ein beobachtbares Ereignis beschrieben wird. Dies sind nach der Wissenschaftsauffassung des 8Empirismus 8Existenzaussagen über Beobachtungen, auch über Ereignisse in 8Experimenten. Im Unterschied dazu verstand K. R. Popper (Logik der Forschung, zuerst 1935) unter B.sätzen solche Aussagen, die als Prämissen für eine empirische 8Falsifikation dienen können. Beim Streit darum, ob es gesicherte B.sätze gibt, wird inbes. die Frage kontrovers beantwortet, ob es ›objektive‹ Kriterien für die Bildung solcher Sätze gibt oder ob B.sätze lediglich 8Konventionen sind. In der Sprache der Politik dient B. seit den 1970er Jahren auch zur Bez. für Urwählerschaft
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in demokratisch verfaßten Herrschaftsverhältnissen; in der Gesellschaftstheorie auch als Sammelbez. für die materiellen Bedingungen zur Reproduktion einer Gesellschaft; Gegenbegriff: 8Überbau (nach K. Marx die rechtlichen, kulturellen, ideologischen, religiösen und philosophischen Verhältnisse in einer Gesellschaft). Bei K. Marx (Zur Kritik der Politischen Ökonomie, 1859, Vorwort) wurde der Ausdr. B. urspr. als Metapher verwendet zur Bez. des Verhältnisses von 8Produktivkräften und 8Produktionsverhältnissen. Mit Basis-Überbau-Verhältnis wird in der marxistischen Tradition auch der innere gesellschaftliche Zusammenhang bez. zwischen sozialer Wirklichkeit (gesellsch. 8Sein) und den bewußtseinsabhängigen Formen zwischenmenschl. Kommunikation (gesellsch. 8Bewußtsein). Obgleich die Begriffe B. und Überbau von K. Marx zunächst nur in einem metaphor. Sinn eingeführt worden sind, führte in der marxistischen Theoriediskussion die Marxsche Beschreibungshypothese, nach der die gesellsch. B. den ›Überbau‹ begründet (8historischer Materialismus), zu letztlich nicht entscheidbaren Kontroversen darüber, ob zur B. mehr als die materiellen Lebensbedingungen einer Gesellschaft gezählt werden müssen, ob also Organisationsformen wie der 8Staat oder Kommunikationsformen wie die 8Sprache der B. oder dem Überbau zuzurechnen sind. Basishandlung (engl. basic action, einfache Handlung, Elementarhandlung), in die moderne 8Hand-
Bedarf
lungstheorie von A. C. Danto eingeführte Bezeichnung für 8Handlungen, die ein Individuum vollzieht, die aber nicht von ihm verursacht werden (What Can We Do? Journal of Phil. 60, 1963). Diese Definition konnte sich jedoch nicht allgemein durchsetzen. Viele Autoren verwenden den Begriff B. heute für Handlungen, für deren Vollzug nicht der Vollzug einer anderen Handlung erforderlich ist (M. Brand), bzw. für Handlungen, die ohne den Vollzug einer anderen Handlung vollzogen werden (F. Stoutland, G. H. v. Wright). Bauplan, aus der Architektur auf den sinnreichen Aufbau der Organismen übertragen, wegen der Vorraussetzung eines Zieles ein teleologischer Begriff, wie er der Lebensbetrachtung des 8Vitalismus entspricht; svw. 8Struktur. I. allg. bezieht sich B. auf die Anlage des 8Organismus im ganzen (als Säugetier, Vogel, noch allgemeiner als Wirbeltier, Insekt usw.), gelegentlich auch auf die einzelnen Organe. Die Voraussetzung der Übereinstimmung in bezug auf den B. führte zur Entdeckung homologer Organe (8Homologie). Bedarf, in der Ökonomie das mit Kaufkraft verbundene 8Bedürfnis: In diesem Sinn wird ein Bedürfnis zum B. durch die Bereitschaft, die Befriedigung des Bedürnisses auf dem Markt nachzufragen. Unter B.sdeckung versteht man im allg. einen Zustand, durch den vorhandene Bedürfnisse erfüllt werden, im Untersch. dazu spricht man in der Ökonomie von B. sdeckung, wenn Güter oder Dienstleistungen auf
Bedeutung
dem Markt zu einem von den Nachfragern bezahlbaren Preis in genügendem Umfang angeboten werden. Bedeutung, nhd. Bildung zu bedeuten, mhd. bediuten (dazu bediutnisse), dem Wortstamm nach auf die gleiche Wurzel zurückgehend wie deutsch, 8Deutung, also urspr. ›volkstümlich‹ behandeln, also verständlich machen, auslegen, darstellen, die Tätigkeit des Hinweisens (die Hindeutung) auf, des Erklärens (Verdeutlichung), der Stellvertretung von etwas durch etwas anderes, schließlich das Ergebnis dieser Tätigkeit, der 8Gehalt, der 8Sinn, das 8Wesen einer Person oder Sache. In der phänomenologischen Schule unterschied man das »Bedeuten als Akt« und die »B. selbst als ideale Einheit der Mannigfaltigkeit möglicher Akte« und dementsprechend »das Schwanken des Bedeutens« und die Unveränderlichkeit, Objektivität oder Festigkeit der B.en: »Es schwanken die subjektiven Akte, welche den Ausdrücken B. verleihen ... , nicht aber verändern sich die B.en selbst, ja diese Rede ist geradezu eine widersinnige« (E. Husserl, Log. Unt. II, 1, 19132, §§ 24, 28). In der modernen 8Sprachphilosophie und der 8Sprachwissenschaft bez. B. allg. das, was ein 8Zeichen, insbesondere ein sprachliches, ausdrückt. Der B.sbegriff ist dabei Gegenstand einer ausgesprochen kontroversen Diskussion. In der ›realistischen‹ Bedeutungstheorie, in deren Tradition etwa G. Frege, R. Carnap und der frühe L. Wittgenstein des Trac-
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tatus logico—philosophicus (1921) stehen, geht man davon aus, daß einzelne sprachliche Einheiten selbständige B.en haben: Die B. des 8Satzes »Peter schläft« ist etwa der Sachverhalt (die 8Aussage, die 8Proposition), daß Peter schläft, die eines 8Prädikates wie »... schläft« ist die Eigenschaft (das 8Attribut) zu schlafen (vgl. auch 8Intension/Extension, 8Indexikaltät). Die ›Gebrauchstheorie‹ der B., die wesentlich auf die Philos. Unters. (1953) des späten L. Wittgenstein zurückgeht, setzt voraus, daß die B. eines Ausdrucks durch die Regeln seines Gebrauchs bestimmt ist. B.sanalysen laufen hier auf Untersuchungen von 8Sprachspielen hinaus, von typischen Situationen und Kontexten, in denen der fragliche Ausdruck verwendet wird. In diesen Zusammenhang gehört auch die Theorie der 8Sprechakte. Die Theorie der B.en sprachlicher Zeichen nennt man 8Semantik. Bedingung, nhd. zu bedingen, eigentl. ›(gerichtlich) verhandeln‹, vereinbaren, sich vorbehalten (vgl. 8Ding), lat. conditio, wofür das Wort zuerst bei M. Luther, dann bei G. W. Leibniz und Chr. Wolff gebr. wird, ursprünglich ein Begriff der Rechtssprache mit der Bedeutung ›Vorbehalt‹, ›Einschränkung‹; Antonym: das Bedingte (lat. conditionatum). B. und Bedingtes sind 8Korrelate. Von ihnen gilt der scholastische Satz: posita conditione ponitur conditionatum, sublato conditionato tollitur conditio ›Ist die B. gesetzt, so ist auch das Bedingte gesetzt; ist das Bedingte aufgehoben, so ist auch die B. aufgehoben‹.
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B. nannte man in der scholast. Tradition 8Grund (ratio), das logisch Bedingte Folge (8consequens), die reale B. 8Ursache (8causa), das real Bedingte Wirkung (effectus). Unter B. versteht man auch alltagsspr.: Voraussetzung, die in Zusammenhang mit Sätzen vokommt wie ›weil a, so b‹ oder auch ›wenn a, so b.‹. In der modernen 8Logik svw. 8Subjunktion, auch ›materiale Implikation‹ oder ›hypothet. Sätze‹ gen., als Bez. für Wenn—dann—Sätze, bei denen zwei Aussagen zu einer neuen 8Aussage ders. Grundstufe verknüpft werden (im Unterschied zur logischen 8Implikation, die eine Beziehung zwischen mehreren Aussagen bezeichnet: Aussagen A 1... A n implizieren danach logisch eine Aussage B, wenn daraus die Aussage B logisch gefolgert werden kann). Bei materialen B.en sind notwendige und hinreichende B.en zu unterscheiden (8Notwendigkeit, 8conditio sine qua non). Bedürfnis (engl. want, need, frz. besoin), nhd. aus mhd. bedürfen; als Gegenstand das, was ein Lebewesen zur Erhaltung und Steigerung seines Lebens braucht. In der Wirtschaftsth. spricht man von B.sen, wenn die Empfindung eines Mangels mit dem Wunsch, ihn zu beheben, verbunden ist; Empfindungen, die somit Anlässe zu wirtsch. Handeln liefern können (svw., aber in spezif. Bed.: 8Bedarf). In der Psychologie nennt man B. ein infolge von psych. und phys. Mangelzuständen auftretendes Spannungsgefälle, das die Aktivität des Erlebenden stimuliert und zu Zielsetzungen führen kann. Die wesent-
Begehren
liche Verringerung der persönlichen B.se ist oft, zumeist aus religiösen oder philosophischen Antrieben, geübt worden. So galt die Bedürfnislosigkeit (8Autarkie) als Ziel bei den 8Kynikern und 8Stoikern; in best. Mönchsorden, bei den Puritanern usw. wurde die 8Askese zur Pflicht gemacht. – Als ›System der B.se‹ hat G. W. Fr. Hegel die ›bürgerliche Gesellschaft‹ bez., die den höheren staatlichen Aufgaben untergeordnet werden müsse (G. W. Fr. Hegel, GPhR §§ 119—208). Begabung, frühnhd. ›Schenkung‹ jeglicher Gaben und Güter; heute die Ausstattung oder das Ausgestattetsein mit einer Geistesgabe, einer Fähigkeit im Sinn von 8Talent. B.en oder Fähigkeiten sind apparative oder funktionale Voraussetzungen in der psychischen bzw. organischen Ausstattung des Menschen für die Verwirklichung bestimmter Strebungen. Begehren oder Begierde, Platos 8epithymia, gehört nach Aristoteles (De an. II 3, 414b 4 ff.) zur animalischen Seele, die dem Menschen mit den Tieren gemeinsam ist, und hat zur Voraussetzung das Vorhandensein des Wahrnehmungsvermögens. R. Descartes (Passiones animae II 86) kennzeichnet das B. als eine durch die Lebensgeister bewirkte Erregung der 8Seele, durch die sie bestimmt wird, für die Zukunft Dinge zu wollen, die sie sich als angenehm vorstellt; B. Spinoza (Ethica III 9) als den bewußten 8Trieb (appetitus cum eiusdem conscientia); I. Kant (Anthrop. § 73) als »die Selbstbestimmung
Begeisterung
der Kraft eines Subjekts durch die Vorstellung von etwas Künftigem als einer Wirkung derselben. Die habituelle sinnliche Begierde heißt Neigung. Das B. ohne Kraftanwendung zur Hervorbringung des Objekts ist der Wunsch«. In der Psychologie des 20. Jh. spr. man von B., wenn ein durch einen Mangel bedingtes Unlustgefühl mit der Vorstellung des Zustandes verbunden ist, welcher insofern zu einer Befriedigung führt, als er diesen Mangel beseitigt. Begehrungsvermögen, in der 8Vermögenspsychologie die Fähigkeit, etwas zu begehren. Begeisterung, seit dem 18. Jh. gebr. für 8Enthusiasmus (lat. inflammatio animi); die 8Begabung mit 8Geist, im religiösen Sinn die Erfüllung mit göttlichem Geist (8Inspiration), allg. die Steigerung der Erlebnis— und Leistungsfähigkeit durch bedeutende Gegenstände, hervorragende Persönlichkeiten oder außerordentliche Ereignisse. begreifen, für lat. comprehendere ›erfassen‹, das schon Notker mit ahd. begrifan wiedergab; allg. svw. erfassen, in sich fassen (enthalten), auffassen (verstehen); im engeren, philos. Sprachgebrauch verw. man das Begreifen metaphor. für das Erfassen eines Gegenstandes, Sachverhalts oder Vorgangs in seinem Wesen, in seinem Zusammenhang mit anderen, in seinen Gründen und Ursachen und seinem Zweck. Der Stoiker Zeno schilderte den Übergang von der 8Wahrnehmung zum Begreifen, indem er die Wahrnehmung mit den ausgestreckten Fingern, die Zustimmung mit der
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halb geschlossenen Hand, das Begreifen mit der Faust und das Wissen mit beiden zusammengedrückten Fäusten verglich (Cicero, Acad. II, 47, 145). Das B. wird häufig gebr. als Synonym für 8Verstehen. Begriff, mhd. begrif, begrifunge, seit Eckhart Übers. von lat. conceptus, notio (gr. 8logos, ennoia), von Chr. Wolff in die deutsche Philosophensprache eingeführt, der darunter »eine jede Vorstellung einer Sache in Gedanken« verstand, während I. Kant dem Wort die folgende spezifischere Bedeutung gab: »Der B. ist der Anschauung entgegengesetzt; denn er ist eine allgemeine Vorstellung oder eine Vorstellung dessen, was mehreren Objekten gemein ist, also eine Vorstellung, sofern sie in verschiedenen enthalten sein kann« (Log. I, 1 § 1). Bei G. W. Fr. Hegel bez. B. darüber hinaus auch den Prozeß des reflektierenden 8Begreifens von etwas durch den sich selbst bewußt werdenden 8Geist; hier auch häufig Synonym für Inbegriff von etwas. Im Unterschied dazu meint B. in der Sprachwiss. häufig svw. Wort, zumal B.e an die Gestalt von Wörtern gebunden sind. Semantisch beziehen sich B.e nicht nur auf Individuen (8Eigennamen), sondern auf ganze Klassen von gleichartigen Erscheinungen. In der Logik sind die B.e ideale Gegenstände, die durch die Begriffsnamen, die 8Prädikate, gegeben sind. Von den einstelligen B.en sind die mehrstelligen B.e, die 8Beziehungen oder 8Relationen, zu unterscheiden. Die 8Definition der B.e geschieht
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durch Begriffsbestimmung, also durch 8Realdefinition oder durch 8Nominaldefinition. Durch die B.sbestimmungen werden die B.e zu einem Begriffssystem oder Begriffsnetz geordnet. B.snetze einer einfachen Form heißen Begriffspyramiden. In ihnen kann jeder B. als Art (8species) definiert werden durch den darüber stehenden B., die Gattung (8genus), und die spezifische Differenz (8differentia specifica), z. B. Pflanze als »pflanzliches sterbliches Lebewesen«. Die in diesen Nominaldefinitionen auftretenden B.e heißen Merkmale. B.e, die durch die gleichen Merkmale definiert sind, heißen inhaltsgleich. B.e, die dieselben Gegenstände zusammenfassen, heißen umfangsgleich (vgl. auch 8Intension/ Extension). Es gilt das Reziprozitätsgesetz: je größer der Inhalt (complexus), desto kleiner der Umfang (ambitus), und umgekehrt. In der traditionellen Logik unterscheidet man die Herstellung einer Begriffspyramide von unten nach oben, d. h. von den Individuen bis zum umfassendsten B. ( partitio), und von oben nach unten (divisio). Wechselbegriffe sind umfangsgleiche (äquipollente) B.e, die nicht inhaltsgleich sind. Kontradiktorische B.e sind solche, die durch formale Negation entstehen, z. B. sterblich – unsterblich. Subordiniert heißen B.e, die sich verhalten wie Art und Gattung. Koordiniert oder homogen heißen B.e, die Arten derselben Gattung sind. Hier werden unterschieden: 1. disjunkte Begriffe, deren Umfänge sich nicht berühren, 2. konträre Begriffe, die
Begriff
Endpunkte bezeichnen, zwischen denen ein kontinuierlicher Übergang möglich ist, z. B. weiß – schwarz, grob – fein (vgl. auch 8Polarität), 3. kontingente Begriffe, deren Umfänge sich berühren, z. B. Pflanze – Tier, dagegen nicht Pflanze – Mensch. Interferierende Begriffe sind nicht—subordinierte B.e, deren Umfänge einen gemeinsamen Teil enthalten, z. B. Nonne – (Kranken—)schwester. Heterogene Begriffe sind nicht homogene B.e. Disparate Begriffe sind solche, die zu verschiedenen B.snetzen ge— hören. I. Kant unterschied ferner ›reine‹ und ›empirische‹ B.e: »Ein reiner B. ist ein solcher, der nicht von der Erfahrung abgezogen ist, sondern auch dem Inhalte nach aus dem Verstande entspringt.« »Der empirische B. entspringt aus den Sinnen durch Vergleichung der Gegenstände der Erfahrung und erhält durch den Verstand bloß die Form der Allgemeinheit« (Log. I 1, § 3). In den Geschichtswissenschaften treten neben die generalisierenden B.e die individualisierenden, die dazu dienen, historisch einmalige Erscheinungen und Vorgänge in ihrer Besonderheit zu erfassen und darzustellen. Dazu: begrifflich, zum Begriff gehörend, in Begriffe gefaßt oder faßbar. Begriffsbildung: in der Psychologie der Bewußtseinsvorgang, durch den B.e zustande kommen, in den Einzelwissenschaften die Methode, Formulierung und Definition der für jede Wissenschaft besonders gearteten B.e, so z. B. der Zahlbegriffe in der Mathematik, des Ganzheitsbegriffs in der Biologie.
Begriffslogik
Begriffslogik, der Teil der traditionellen Logik, in dem auf die 8Intension (den Begriffsinhalt) von Begriffen als die letzten Elemente logischer Gebilde zurückgegangen wird: so ist der Begriff der Sterblichkeit in dem des Menschen enthalten. Abweichend davon versteht man in der 8Klassenlogik das gen. Bsp. so: Ein Element der Klasse ›Mensch‹ ist ebenso enth. in der Klasse ›sterblich‹. Begriffsrealismus, die aus Platos Ideenlehre entstandene, in der Scholastik im 8Universalienstreit umkämpfte Lehre von der Wirklichkeit der Gattungsbegriffe als Wesenheiten, die unabhängig vom menschlichen Bewußtsein eine eigene geistige Seinsweise haben. Begriffsschrift heißt die Darstellung von Begriffen und ihrem Zusammenhang in eindeutigen Zeichen und Symbolen nach dem Muster der Mathematik. Hierauf zielte schon G. W. Leibnizens Gedanke einer 8characteristica universalis wie die neuzeitliche formale 8Logik. G. Frege übernahm die Bez. ›B.‹ 1879 in den Titel seines ersten Werkes. Er entwickelte darin u. a. ein Zeichensystem zum Aufbau von Formeln der 8Prädikatenlogik. Begründung, im allgemeinen die Angabe des 8Grundes, in der Logik und in der wissensch. Forschung sowohl der Prozeß, das Verfahren des Schließens und Beweisens als auch (in der Bed. ›stichhaltige B.‹) dasjenige Argument, welches für eine 8Behauptung als beweiskräftig gilt. In Argumenten, welche praktische Handlungen als ›richtig‹ nachweisen oder welche
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die Gültigkeit von Normen überprüfen, wird B. auch als Synonym für 8Rechtfertigung verwendet. Beharrlichkeit, Beharrungsvermögen, auch Trägheit (lat. vis inertiae); die Eigenschaft der Körper, im Zustand der Ruhe oder einer gleichförmigen geradlinigen Bewegung unverändert zu bleiben, bis dieser Zustand durch das Einwirken irgendeiner Kraft geändert wird, nach dem von G. Galilei und von I. Newton aufgestellten Beharrungsgesetz: Ein Körper, auf den keine Kraft wirkt, ändert einen Bewegungszustand nicht. Behauptung, ein in der Form eines 8affirmativen Urteils aufgestellter, aber nicht oder noch nicht bewiesener Satz, svw.: 8Hypothese. Behaviorismus (von engl. behaviour, Betragen, Verhalten), methodologische Richtung, nach der auf innere Zustände von anderen Personen nur geschlossen werden kann über das Verhalten, ihre Verhaltensäußerungen und Verhaltensdispositionen. Urspr. begr. von dem Verhaltenspsychologen B. F. Skinner, im Anschluß an das Standardwerk von J. B. Watson (Behaviorism, 1913). Der psychologische B. geht davon aus, daß sämtliche Verhaltensweisen aus äußeren Einflüssen (8Reize, stimuli) erklärt werden können, als ob sie nichts anderes als Reflexe seien. Jede Form von Introspektion und 8Einfühlung wird als psychologische Methode abgelehnt. Der B. wurde in die philosophische Diskussion eingeführt von G. Ryle (The Concept of Mind, 1948). Ryle lehnt die Analyse der
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Innenperspektive von Personen ab und beschränkt sich auf die Untersuchung von 8Dispositionen. Die Annahme, es gebe private innere Bewußtseinsphänomene, lehnt Ryle ab. Stattdessen erklärt er Gefühle, Vorsätze, Gedanken ausschl. mit dem Modell des 8Verhaltens. Beifall (gr. synkatathesis, lat. assentio), die Zustimmung, die wir einem Urteil, einer Handlung oder einem Kunstwerk zuteil werden lassen, bei Menschen (z. B. in Bez. auf Vermögen, 8Talente, 8Tugenden und Leistungen) auch wertende 8Anerkennung. Beispiel, gr. paradeigma, lat. exemplum, mhd. bispel, das ›Hinzuerzählte‹, die Beirede, die eine Moral veranschaulicht; in der Wissenschaft ein Einzelfall, durch dessen Darstellung etwas Allgemeines faßlich wird. I. d. R. wählt man etwas Anschauliches oder doch leicht Vorstellbares als B. In der 8Rhetorik wird unterschieden: das Ausgangsbeispiel, bei dem ein Problem zunächst an einem einzelnen Fall verständlich gemacht wird, das Verdeutlichungsbeispiel, das dazu dient, einen allgemeinen 8Begriff oder eine allg. 8Aussage an einem einzelnen Fall zu erklären, und das beweisende B. oder auch 8Beleg, durch den die der 8Gültigkeit einer allgemeinen 8Wahrheit an einem Einzelfall aufgewiesen wird. Bejahung, 8Affirmation. bellum omnium contra omnes, lat. ›der Krieg aller gegen alle‹. Als solchen kennzeichnete der engl. Philosoph Th. Hobbes den von der damaligen Staatslehre allgemein angeommenen vorstaat-
Beobachtung
lichen 8Naturzustand, in dem der Grundtrieb der menschlichen Natur, die 8Selbstsucht, sich ungehemmt auswirke (8homo homini lupus), weshalb die Menschen keine andere Wahl hätten, als sich im 8Gesellschaftsvertrag einer von ihnen errichteten, das Überleben garantierenden Staatsgewalt ohne jeden weiteren Vorbehalt zu unterwerfen, so daß diese eine unwiderstehliche 8Macht erhalte und dadurch in der Lage sei, die tierische Wildheit in den Menschen zu zügeln (8Staat). Beobachtung (gr. tërësis, lat. observatio), die planmäßige Betrachtung eines Vorgangs oder Gegenstands (8Experiment). Verbform: beobachten, im 17. Jh. zunächst verw. i. S. v. beschützen (›in obacht nehmen‹), bewachen, später systematische, methodisch kontrollierte 8Erfahrung. B. bedeutet alltagssprachl. allgemein die absichtliche Hinlenkung gespannter 8Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, dann, auf naturwissenschaftlichem Gebiet, die methodisch, d. h. nach bestimmten Gesichtspunkten und Regeln vorgenommene Untersuchung von Gegenständen, wie sie sich ›unmittelbar‹ darbieten, ohne daß an denselben Veränderungen vorgenommen werden. Sobald man dagegen das Objekt der Forschung willkürlich verändert oder in gewisse zu seiner B. geeignete Situationen bringt oder diese simuliert, geht die B. in das 8Experiment über. Die einzelnen Wissenschaften verhalten sich unterschiedlich zu B. und Experiment: Der Astronom z. B. konnte vor der
Beobachtungssprache
Entwicklung der Raumfahrt nur beobachten, nicht experimentieren, weil er zwar seine Instrumente umlegen und ändern, die Zeiten und Orte auswählen, aber die Gestirne selbst nicht künstlichen Veränderungen unterwerfen, während der Chemiker, Physiker, Botaniker, Zoologe usw. durch von ihm selbst ausgehende Einflüsse auf den Zustand und die Zusammensetzung der Stoffe noch Experimente anstellen konnte. B. und Experiment sind die wesentlichen methodischen Instrumente der empirischen Forschung. Hierauf hat zuerst Fr. Bacon hingewiesen, der deshalb auch Vater der Naturwissenschaft genannt wird (De dignitate et augmentis scientiarum, 1623, und 8Novum organum, 1620). Beobachtungsausdruck, bei C. G. Hempel die Bez. für 8Begriffe, deren Anwendung sich ausschließlich auf Beobachtbares bezieht (z. B.: ›rot‹, ›dreieckig‹). Ein Satz, in dem sämtliche deskriptiven Terme B.sausdrücke sind, wird Beobachtungssatz genannt (engl. observation sentence). In der Schule des 8Neopositivismus war man urspr. der Meinung, B.ssätze könnten allein aus der Wahrnehmung und unabhängig von theoretischen Voraussetzungen verifiziert werden. Beobachtungssprache, Begriffsbildg. von R. Carnap (Über Protokollsätze, in: Erkenntnis 3, 1932/ 33), urspr. Begr. zur Bez. eines Teils der Wissenschaftssprache. Im Untersch. zur theoret. Sprache, deren Termini in einem hypothet. Kontext eingef. werden, besteht eine B. aus kontextinvarianten Beobach-
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tungssätzen (8Basissätze, 8Protokollsätze, 8Beobachtungssatz). Bereich, in Mathematik und Logik allg. eine 8Menge. Im Zhg. mit zweistelligen 8Relationen R(x,y) bezeichnet man die Menge aller Objekte, die die erste (x—) Stelle einer solchen Relation einnehmen können, als Vorb., die der Objekte, die die zweite (y—) Stelle besetzen können, als Nachb. der Relation. Ist f eine 8Funktion mit f: M6N, so heißt M der Definitionsb., N der Werteb. dieser Funktion. In der 8Prädikatenlogik bezeichnet man die Menge der Objekte, für die die 8Gegenstandsvariablen als Platzhalter stehen, oft als Grund— oder Gegenstandsb. Bergsonismus, die aus den Schriften des frz. Denkers H. Bergson hervorgegangene Theorie von der Gegensätzlichkeit einer vom Instinkt geleiteten, kontinuierlichen, organisch verfahrenden 8Intuition und eines den Lebenszusammenhang zerreißenden, mechanisch verfahrenden 8Intellekts. Von Bergson (Hauptwerk: L’évolution créatrice, 1907, dt. u. d. T. Schöpferische Entwicklung, 1921) gehen einerseits die frz. Denker G. Sorel, H. Delacroix, J. Baruzi u. a. aus; andererseits wirkte der B. auf die dt. 8Lebensphilosophie im Sinn der Diskreditierung des Intellekts, der Wissenschaft, ja des Geistes überhaupt. Bergson selbst stand mit der Auffassung, daß die Philosophie nur die Fortsetzung der Wissenschaft sei, dem 8Positivismus nahe. Vgl. 8élan vital. Bernoullischer Satz, auf J. Bernoulli (Ars conjectandi, 1713) zurück-
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gehender Grenzwertsatz der Wahrscheinlichkeit, wonach bei hinreichend vielen sich wiederholenden Ereignissen eine best. Stabilität der relativen Häufigkeiten eintritt. Beruf (gr. ergon, pragma), die bestimmte und regelmäßige Tätigkeit eines Einzelnen innerhalb eines sozialen Gefüges. Urspr. wurde der Begriff verw. i. S. v. Berufung (gr. klësis, lat. vocatio), d. h. die (als 8Gnade empfundene) Beauftragung mit einem bestimmten Tun, z. B. mit der Dichtung, mit der Verkündigung des Evangeliums durch Gott. Als weltliche 8Arbeit im Sinne von ›Amt‹ oder ›Stand‹ wird der B. erst seit M. Luther gefaßt; doch erhielt die damit verb. 8Arbeit bei M. Luther die Würde eines göttlichen Auftrags, eines Gottesdienstes. Im Calvinismus sowie im reformierten Protestantismus in England wurde Berufsarbeit so verstanden, daß ihr 8Erfolg als göttl. Gnade und Heilsgewißheit angesehen wurde (8Kapitalismus). Beschaffenheit, für lat. qualitas (8Qualität) geb. im 17. Jh. (zuerst bei K. Stieler, Der deutschen Sprache Stammbaum, 1691); die Gesamtheit der Eigenschaften eines Wesens oder Gegenstandes. Beschaulichkeit, von den dt. Mystikern eingef. für lat. contemplatio, gr. theôria, die Abkehr von der 8Sinnenwelt, die Beschäftigung des Geistes mit sich selbst, die Versenkung der 8Seele in sich selbst und in Gott. Bescheidenheit, mhd. von bescheiden ›(unter—)scheiden‹, Part. bescheiden ›bestimmt‹, klug; bezeichnete, bevor die Verengung auf
Beschreibung
das Maßhalten in der Selbstschätzung, den eigenen Ansprüchen und dem Geltendmachen des eigenen Ich eintrat, die menschliche Verfassung des Bescheidwissens, das Vermögen zu scheiden, zu unterscheiden, insbes. zwischen dem Guten und Schlechten, also svw. Verstand, Einsicht. Freidanks (d. h. des ›Freidenkers‹) ›B.‹ (um 1230) ist eine Sammlung von Lebensweisheiten und —regeln. Vgl. 8Demut. Beschreibung, im 16. Jh. für lat. definitio und finitio (8Definition), später für lat. descriptio, Deskription; im allg. die geordnete Aufzeichnung oder Darlegung der Merkmale eines Gegenstandes, Sachverhalts oder Vorgangs, der dabei in seine einzelnen Bestandteile zerlegt und in seiner besonderen Beschaffenheit, seiner Unterschiedenheit von anderen aufgefaßt wird. Die B. wurde im 19. Jh., unterschieden von der 8Erklärung, als wissensch. Methode vor allem für die 8Geisteswissenschaften in Anspruch genommen, insbes. von Fr. Brentano (Psychologie vom empir. Standpunkt, 1. Bd. 1874) und W. Dilthey (Ideen üb. e. beschr. und zergliedernde Psychol., EA 1894). In der sich auf Dilthey berufenden vierfachen Klassifikation von Wissenschaften werden unter dem Gesichtspunkt der B. und der Erklärung unterschieden: begrifflich— beschreibende (z. B. systemat. Botanik und Zoologie), begrifflich— erklärende (oder Gesetzeswissenschaften wie Physik, Chemie, Physiologie und Psychologie), anschaulich—beschreibende (Geogra-
Beseelung
phie, Astronomie, referierende Geschichte) und anschaulich—erklärende (z. B. Kosmologie, Geologie, Entwicklungsgeschichte der Organismen, genetische Geschichtswissenschaft). In der 8Sprachphilosophie und 8Logik bezeichnet man auch 8Kennzeichnungen der Form »das (einzige) x, das die Eigenschaft F hat« als bestimmte oder definite B.en und unterscheidet sie von unbest. B.en wie »ein Baum«, »ein Mensch« (engl. ›definite ‹ und ›indefinite description ‹). Best. und unbest. B.en wurden systemat. zuerst von B. Russell unterschieden. Abweichend davon nennt man in der Logik und in formalisierten Wissenschaftssprachen B. auch die 8Abbildung eines gegebenen Zusammenhangs in einem Zeichensystem. Beseelung, die Übertragung des spezifisch menschlichen Begriffs der 8Seele auf etwas Außermenschliches (8Animismus). Besessenheit (gr. katochë), in urtümlicher Vorstellung die Inbesitznahme des Menschen durch einen bösen Geist oder 8Dämon: Der Geist dringt in den Leib des Menschen ein und spricht und handelt an Stelle der von ihm bedrängten oder in Bann gehaltenen ›Seele‹. Besinnung, das Nachdenken über etwas (8Selbstbesinnung, 8Erinnerung). Besitz, mhd. besitzunge ›Besitznahme‹ und ›B.‹: urspr. eine besonders enge räumliche Beziehung einer Person zu einer Sache (auf etwas sitzen, etwas be—sitzen); das Wort nimmt von lat. possessio die rechtswissensch. Bedeutung an, in
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der es seit dem 18. Jh. häufiger auftritt; heute bez. es die tatsächliche Gewalt über eine Sache, die auf einem entspr. räumlichen Verhältnis, auf der Möglichkeit unmittelbarer Einwirkung und der Erkennbarkeit dieses Verhältnisses für andere beruht. Der B. ist zu unterscheiden von dem Recht zum B., insbes. von einem umfassendsten Verfügungsrecht, dem 8Eigentum. Wer den B., aber kein Recht zum B. hat, muß die Sache dem Eigentümer herausgeben; er darf sich allenfalls der eigenmächtigen Wegnahme der Sache auch durch den Berechtigten erwehren. Der B. ist also ein von der Rechtsordnung um des Rechtsfriedens willen gegen eigenmächtiges Vorgehen jedes Dritten vorläufig geschütztes Machtverhältnis, das endgültig nur dem verbleibt, dem auch ein Recht zum B. (wie Eigentum, Nießbrauch oder Mietrecht) zusteht. Unter mittelbarem Besitz versteht man ein durch Rechtsverhältnis vermitteltes Gewaltverhältnis: so bleibt der Eigentümer, der z. B. eine Mietsache dem Mieter übergeben hat, mittelbarer Besitzer kraft des Mietverhältnisses, bei dessen Beendigung er die Sache von dem Mieter zurückverlangen kann; dieser ist der Besitzmittler. G. W. Fr. Hegel behandelt abweichend davon den B. als ein Moment des Eigentums (GPhR zuerst § 40; ferner §§ 48 ff.), und zwar als ein Verhältnis der sich zu sich verhaltenden einzelnen Person. B. betrifft hier nur die sinnliche Erscheinung, aber noch nicht den rechtlichen Kern des Eigentums. Das erste Moment des
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Eigentumserwerbs ist für Hegel daher die Besitznahme (GPhR §§ 54 ff.), das zweite und höhere dagegen die Vermittlung durch den Willen einer anderen Person im 8Vertrag (GPhR § 71). Der Mensch soll sich auch selbst in B. nehmen und damit zu einem Eigenen kommen »durch die Ausbildung seines eigenen Körpers und Geistes« (GPhR § 57). besonders, gr. kata meros, lat. particularis; im Gegensatz zu 8allgemein, svw.: abgetrennt, einzeln, eigenartig, eigentümlich (8individuell, 8partikulär); dazu das Besondere, das nicht allen oder allem Gemeinsame, das nur für Wenige Geltende, das Eigenartige, Eigentümliche. Bei G. W. Fr. Hegel ist Besonderheit ›für sich‹ als Tendenz zu verstehen, sich der Herrschaft des Allgem. zu entziehen (GPhR § 185). Vgl. 8Partikularismus. Besonnenheit (gr., 8sôphrosynë, von sôphron ›klug‹, vernüftig) gehört seit Platos Politeia neben 8Weisheit, 8Tapferkeit und 8Gerechtigkeit zu den 8Kardinaltugenden. Über die zweite Bedeutung von sôphrôn, nämlich ›maßvoll‹, enthaltsam, behandelt die gesamte Tradition B. als 8Tugend der 8 Mäßigung. In ihrer ersten Bedeutung ›von gesundem Verstande‹ wird B. heute häufiger verstanden. Deshalb versuchte O. Fr. Bollnow (Einfache Sittlichkeit, 1962), B. als »die im Abstandnehmen gewonnene Fähigkeit der Reflektion« neu zu fassen. Wodurch B. in diesem Sinne ermöglicht ist, stellt J. G. Herder in seiner Abhandlung über den Ursprung der Sprache heraus. Zum Er-
Besonnenheit
weis der These, daß die Sprache menschlichen und nicht göttlichen Ursprungs ist, nimmt er Befunde der biologischen Anthropologie vorweg: die natürlichen Voraussetzungen für Reflexion führen zu einem Weltverhältnis, das ganz anderer Art als das der Tiere ist und von Herder ›vernunftmäßig‹ genannt wird. Aufgrund der Besonderheit menschlicher Sinne, der Fernsinne Hören und Sehen, wird diese Vernunftmäßigkeit möglich: Subjekt—Objekt—Verhältnis, Reflexion, Benennung der Objekte im Verständigungsprozeß. Die Vernunft ist für Herder »keine abgeteilte, einzeln wirkende Kraft, sondern eine seiner [des Menschen] Gattung eigne Richtung aller Kräfte« ( J. G. Herder, ebd., EA 1772, Neuausg. in: SW, Bd. V, 1967, 31). »Die Mäßigung aller seiner Kräfte auf diese Hauptrichtung« ist B. (ebd., 32). Als besonnenes Wesen fließt der Mensch nicht mehr wie ein bloßes Naturwesen mit dem Ganzen verbunden dahin, sondern er kann die Aufmerksamkeit auf etwas richten und sich ihrer bewußt sein (ebd. 34). Ein Geschöpf, das nicht nur erkennt, will und wirkt, sondern dies auch weiß, ist besonnen. Weil Handeln nicht mehr bloßer Naturvorgang ist, legt B. den Grund für sittliches Handeln. B. als in Sprache ermöglichte Reflexion kehrt auch in G. H. Meads Theorie gesellschaftlicher und individueller Entwicklung wieder. »Rationales Verhalten im Gegensatz zur nicht—denkenden Intelligenz der Tiere und eines beträchtlichen Teils unseres eige-
Beständigkeit
nen Verhaltens« (Geist, Identität und Gesellschaft, dt. 1968, 134) wird darauf zurückgeführt, daß ein Individuum sich und anderen die Merkmale eines bestimmten Eindrucks aufweisen kann, wodurch Verzögerung eintritt (8Bewußtheit, 8 Mäßigung). Beständigkeit (lat. constantia, 8Konstanz), das Durchhalten der Gesinnung, Denk— und Handlungsweise, die sich als 8Wert oder 8Tugend betrachtet, z. B. als 8Treue; im Ggs. dazu wird B. auch verw. in abwertendem Sinne als psychisches Defizit oder auch spezifischer als Fehler, 8Laster, das sich z. B. in Verstocktheit und Unverbesserlichkeit äußert. Bestätigung, urspr. Synonym für Anzeige, Bekräftigung; dazu: bestätigen, urspr. auch verw. i. S. v. aufspüren, um Anerkennung nachsuchen; in der Wissenschaftstheorie ist B. (i. S. v. 8Verifikation) der Prozeß oder das Resultat der theoret. od. empir. Überprüfung von 8Hypothesen. B. bez. ein Verhält-nis zwischen zwei Urteilen, in dem der Wahrheitsanspruch des einen mit der Wahrheitsbehauptung eines anderen Urteils begründet wird. Bestätigungstheorie heißt der Versuch, Bedingungen der Bestätigungsfähigkeit empirischer Urteile zu überprüfen. Danach müssen Kriterien eingeführt werden, nach denen 8Hypothesen in der Form von Gesetzen auch dann bestätigt werden können, wenn faktisch nicht alle Fälle, die vorkommen können, untersucht werden. Vorschläge für die 8Formalisierung von Bestätigungstheorien wurden u. a.
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von R. Carnap und C. G. Hempel ausgearbeitet. beste Welt, frz. le meilleur monde, von G. W. Leibniz (Theodizee I, 8, EA 1710) eingeführt: »Gäbe es nicht die beste (optimum) unter allen möglichen Welten, dann hätte Gott überhaupt keine geschaffen. [...] Erfüllte man alle Zeiten und Orte, so bleibt es doch wahr, daß man sie auf unendlich viele Arten hätte erfüllen können und daß es unendlich viele mögliche Welten gibt, von denen Gott mit Notwendigkeit die beste erwählt hat« . Gegen die lebensprakt. Deutung, daß wir selbst in der denkmöglichen b.n W. leben, veröffentlicht Fr.—M. Voltaire 1759 anonym seinen satir. Roman Candide ou l’optimisme (8Optimismus). bestimmen, lat. determinare, heißt in der 8Definitionslehre, die Merkmale eines Begriffs angeben, durch die er nach Inhalt (8Intension) und Umfang (Extension) von anderen Begriffen unterschieden wird, dann auch svw. feststellen, festsetzen. Eine grundlegende Rolle spielt der Begriff des Bestimmens bei der Formulierung der Grundaxiome in der 8Wissenschaftslehre von J. G. Fichte: Das Ich setzt sich als bestimmt durch das 8Nicht—Ich; das Ich setzt das Nicht— Ich als bestimmt durch das Ich. Der erste Satz liefert die Grundlage der theoretischen Wissenschaftslehre, der zweite die der praktischen. Bestimmtheit: in der traditionellen Logik die Eigenschaft eines Begriffs, durch die er von allen anderen Begriffen unterschieden wird (8clarus et distinctus). Dazu:
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Bestimmung, lat. determinatio, heißt in der Logik die Hinzufügung eines Merkmals zu einem Begriff in einem Urteil (z. B. das Dreieck ist gleichseitig), wodurch aus einem allgemeinen Begriff ein weniger allgemeiner wird. In der Ethik und in der philosophischen Anthropologie versteht man unter Bestimung des Menschen den Zweck und Sinn seines Daseins; so z. B. im Werk J. G. Fichtes: Die Bestimmung des Menschen (1800). Bestimmungsgrund nannte man in der traditionellen Logik den Grund, der den Verstand zu einer Folgerung, in der Ethik und Psychologie den Grund, der den Willen zu einer Handlung bestimmt, svw. 8Beweggrund, 8Motiv. Betrachtung, das aufmerksame, genaue Hinsehen; in der Ethik das Nachdenken über den sittlichen Wert und den praktischen Nutzen eines Gegenstandes oder einer Handlung; in der Ästhetik Weise der Rezeption durch Adressaten von Kunstwerken. B. bezeichnet wörtl. das sinnverstehende Sehen in optisch zugänglichen Werken und kennzeichnet metaphorisch Weisen der 8Rezeption von Werken, die auch durch andere Sinne erschlossen werden können (Gehör, Gefühl); im allg. auch alltagssprachl. verw. für thematisch konzentrierte Analyse, Reflexion. (Vgl. 8Kontemplation, 8Besinnung). Betrug, im allgemeinen jede absichtliche Verletzung oder Unterdrückung der Wahrheit; nach dem Strafrecht begeht einen B., wer in der Absicht, sich oder einem Drit-
Beweggrund
ten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines andern dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält; nach dem Zivilrecht ist B. oder arglistige Täuschung die Mitteilung falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen in dem Bewußtsein, daß der andere dadurch zu einer Erklärung veranlaßt wird, die er bei Kenntnis der richtigen Sachlage nicht abgegeben haben würde. Bewährung, bei M. Luther zuerst nachweisbare Übers. v. lat. probatio, erfolgreiche Erprobung, urspr. auch ›Bewahrheitung‹; in die Sprache der 8Wissenschaftstheorie eingef. v. K. R. Popper für ein Verfahren, welches Hypothesen zwar nicht verifiziert (8Verifikation), durch das aber Widerlegungsversuche sich als erfolglos erweisen (8Falsifikation). Eine 8Hypothese über eine Gesetzmäßigkeit wird nach dem Kriterium der B. daraufhin untersucht, wie weit sie mit 8Beobachtungen und experimentellen Daten übereinstimmt. Nach Popper sichert allerdings keine Überprüfung dieser Art, daß eine Hypothese wahr sei. Beweggrund, seit G. W. Leibniz und Chr. Wolff für 8Motiv gebr. im Sinn von 8Bestimmungsgrund. In der neueren Psychologie ist B. oder Anreiz nur die Vorstellung, welche die Willensbildung beeinflußt, auf den 8Willen wirkt und die erst dann zum 8Bestimmungsgrund oder 8Motiv wird, wenn durch
Bewegung
die 8Vorstellung tatsächlich ein Handeln veranlaßt wird. Bewegung (gr. kinësis und hormë ›Trieb‹, lat. motus); in naturwissenschaftlichem Sinn die in der 8Zeit verlaufende Ortsveränderung eines Körpers oder das Übergehen eines materiell oder energetisch best. Punktes aus einer räumlichen Lage in die andere (8Bewegungslehre); im geschichtlichen Sinn der Vorgang der Neubestimmung von Zielen einer menschlichen Gemeinschaft aus eigener Willensbildung (z. B. in einer 8Revolution, aber auch in ›sozialen‹ B.en mit gemeinsamer Programmatik, z. B. Arbeiter—B., Frauen—B., Ökologie—B.). Je nach den hierbei vorherrschenden Inhalten und Zielen lassen sich geistige, religiöse, künstlerische und politische B.en unterscheiden. Bewegungslehre, zuerst von I. Kant gebr. Ausdruck für die 8Naturwissenschaft als ›reine‹ bzw. ›angewandte B.‹. In der modernen Physik werden unterschieden: die mathematische B. (8Kinematik), in der die möglichen Bewegungsarten (geradlinige, krummlinige, Drehbewegungen, gleichförmige, ungleichförmige usf.) behandelt werden, und die physikalische B. (8Dynamik), in der die Ursachen der 8Bewegung festgestellt werden (8Newtonsche Bewegungsgesetze). Beweis, mhd. bewisunge (während mhd. bewis den Sinn von ›Urteil‹ hat), von mhd. bewisen ›zeigen‹; seit dem 17. Jh. in der Sprache der Mathematik für lat. demonstratio (gr. apodeixis), die Zurückführung eines als wahr Anzuerkennenden auf
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ein als wahr Anerkanntes. Dies geschieht dadurch, daß aus als wahr anerkannten Sätzen durch Schlüsse der zu beweisende Satz abgeleitet wird. Die äußere logische Form des B. ist die Aneinanderfügung von Schlüssen (8Schluß). Der zu beweisende Satz (probandum, demonstrandum, thesis probanda) kann ein Erfahrungs— (empirischer) oder ein Vernunfturteil (Urteil a priori) sein (8Urteil). Die Beweisgründe (argumenta probandi) sind Sätze, mit deren Hilfe der B. geführt wird und die entweder der 8Erfahrung (8Beobachtung, 8Experiment) oder den Grundsätzen des logischen Denkens (8Axiome, 8Definitionen, bereits bewiesene Sätze) entnommen werden. Dementsprechend unterscheidet man Erfahrungsund Vernunftbeweise, empirische und rationale, induktive und deduktive B.e (8Induktion, 8Deduktion), B.e 8a posteriori und 8a priori. 8Analogiebeweise sind nie zwingend, ebenso sind 8Indizienbeweise Vertrauenssache. Der Art des B.es (modus probandi) nach werden unterschieden der direkte oder ostensive, in dem das zu Beweisende aus anerkannten Sätzen abgeleitet wird, und der indirekte oder apagogische B., bei dem das 8kontradiktorische Gegenteil des zu Beweisenden als richtig angenommen, dann aber nachgewiesen wird, daß dies zu Widersprüchen führt, woraus sich die Wahrheit des zu beweisenden Satzes ergibt. (Der mathematische 8Intuitionismus verzichtet auf solche indirekten Beweise.) Zu den direkten B.en gehört in der Arithmetik auch der B.
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durch 8Induktion. Die Beweiskraft (nervus probandi ) besteht in der Richtigkeit der Beweisgründe. Beweisfehler: Sammelbez. für 8Fehlschluß (auch 8Paralogismus), auch 8Trugschluß, 8Sophisma genannt im Falle absichtlich irreführender Argumentation. Als die häufigsten B.fehler gelten inbes. die ›Erschleichung‹ eines Beweisgrundes (lat. 8petitio principii ), so z. B. wenn eine bis dato nicht bewiesene Aussage als Prämisse für die zu verwendende Aussage benutzt wird, oder wenn die zu beweisende Aussage selbst die Prämisse darstellt (auch Zirkelschluß gen., 8circulus in probando, 8circulus vitiosus). Weitere häufige Beweisfehler: die ›Umkehrung‹ (gr. 8hysteron proteron), wenn für den Beweis einer 8Aussage B aus einer Prämisse A nicht von der 8Implikation A → B, sondern von der umgek. Implikation B → A Gebrauch gemacht wird; die ›Übertragung‹, wenn die zu beweisende Aussage nur in einem anderen Gegenstandsbereich gültig ist (gr. 8metabasis eis allo genos), oder allgemein ›Verwechslung‹ (lat. ignoratio elenchi, d. h. Unkenntnis des Beweismittels): es wird nicht die zu beweisende, sondern eine andere Aussage bewiesen. Als Beweisfehler wird auch der ›falsche Anfang‹ bez. (gr. 8prôton pseudos, wörtl. ›erste Lüge‹), bei dem am Beginn einer Schlußkette selbst eine falsche Aussage steht (was nicht ausschließt, daß der B. logisch folgerichtig geführt wird). Häufig sind auch Mehrdeutigkeiten die Ursache von Beweisfehlern; vgl. 8Ambiguität, 8Quaternio terminorum.
bewußt
Aus der Philosophie der Mathematik hat sich die Beweistheorie als eine mathematische Theorie entwickelt, die die formale Struktur der B.e untersucht. Bewertung, 1. in der 8Aussagenlogik eine 8Funktion, die den Sätzen der aussagenlogischen Sprache nach Maßgabe bestimmter Bedingungen 8Wahrheitswerte zuordnet (vgl. 8modelltheoretische Semantik); 2. vgl. 8Wert, Werturteil. bewirken, svw. verursachen (8Ursache, 8Kausalität). bewußt, urspr. svw. wissend, bekannt, seit dem 18. Jh. Fachausdruck der Philosophie und Psychologie (8Bewußtsein); Gegensatz: 8unbewußt. Wird der Ausdruck »Ich bin mir eines Vorgangs in mir b.« in dem Sinne von »Ich weiß darum« gemeint, so sind nicht unsere sämtlichen Erlebnisse bewußte Vorgänge, Gegenstände unseres Bewußtseins oder Bewußtseinstatsachen, sondern nur die, denen sich die 8Aufmerksamkeit zuwendet. Die volle Bewußtheit tritt erst ein, wenn ein 8Erlebnis nicht nur erlebt, sondern zum Gegenstand der Selbstwahrnehmung erhoben wird. Daneben aber bedeutet b. auch ein Wissen von einem Gegenstand, auf den wir gerichtet sind, sowohl dort, wo es sich um Gegenstände der Wahrnehmung der ›Außenwelt‹ handelt, als auch bei Gefühlen und Willensregungen. Es lassen sich vier Bedeutungen des Worts unterscheiden: 1) b. im weiteren Sinne ist jeder von uns registrierte innerpsychisch wirksame Vorgang, 2) im engeren Sinne ein solcher Vorgang, wenn wir ihm die
Bewußtsein
8Aufmerksamkeit zuwenden und ihn zum Gegenstand der Selbstwahrnehmung machen, 3) b. werden wir uns derjenigen Gegenstände, die sich uns als solche in den psychischen Akten darbieten (intentionales Bewußtsein), 4) voll b., wenn wir sie im Zusammenhang anschauen und/oder begrifflich fassen und/oder denkend bearbeiten (8Bewußtsein in der Bed. der 8Erkenntnistheorie). Im Untersch. dazu wird ›unbewußt‹ entweder als Grenzbegriff für das ganz schwach oder flüchtig B.e und daher nicht Erinnerbare oder für das Fehlen von Zwischengliedern für einen angenommenen Erlebniszusammenhang, wie wir ihn bei der Deutung der b.en Erlebnisse konstruieren, verwendet; vgl. 8Unbewußte. Bewußtsein, von Chr. Wolff zur Übers. von lat. conscientia (eigentl. ›Mitwissen‹) geb. im Anschluß an das oberdt. Wort ›der (oder: die) Bewußt‹, das in Ausdrücken auftritt wie »Es ist ohne meinen (oder: meine) Bewußt geschehen«, von Chr. Wolff noch in zwei Wörtern »Bewußt sein« geschrieben (z. B. VGG I, § 76) und von 8Gewissen unterschieden. Noch I. Kant verwendet auch 8Apperzeption neben B. In der Psychologie wird unter B. der unmittelbar vorgefundene Gesamtinhalt des seelischen und geistigen Erlebens an Sinneseindrücken, Erinnerungen, Vorstellungen, Empfindungen, Gefühlen, Willensregungen und Gedanken, aber auch der Prozeß der ›B.stätigkeit‹ verstanden. Kennzeichen des B.s sind Einheitlichkeit und ein kognitiver Status für den Zusammen-
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hang der jeweils eigenen Erlebnisse. Man bezeichnet dies als 8Enge des B.s. Als physischer Träger des B.s wird in den meisten Theorien das Nervensystem angenommen, insbesondere die Großhirnrinde. Insofern das B. eine Einheit bildet, deren Gehalt vom Träger als sein Eigentum empfunden wird, wird es als B. seiner selbst, seiner Eigenart und seines Wertes zum 8Selbstbewußtsein. In der modernen Philosophie des Geistes wird u. a. diskutiert, ob das B. in seiner angedeuteten Vielschichtigkeit einer objektiven wissenschaftlichen Beschreibung zugänglich ist oder ob es ›irreduzibel subjektive‹ Eigenschaften hat. Für seine wiss. Beschreibbarkeit plädiert z. B. D. C. Dennett (in: Consciousness Explained, 1991). In der Erkenntnistheorie ist das B., besonders seit I. Kant, das wissende Subjekt, das sich von dem gewußten Objekt unterscheiden läßt; das überpersönl. erkenntnistheoretische Subjekt nennt er das Bewußtsein überhaupt. Es ist als solches das Korrelat aller B.sinhalte, die in ihm als Objekte der Erkenntnis auftreten können. Der zuerst von K. L. Reinhold im Anschl. an I. Kant aufgestellte Satz des B.s besagt, daß alle Wirklichkeit nur als Inhalt des B.s gegeben und bestimmbar ist (Versuch e. neuen Theorie d. menschl. Vorstellungsvermögens, EA 1789). Bewußtseinsmonismus nennt man die erkenntnistheoretische Richtung in der Philosophie, die alles Sein in das Bewußtsein verlegt und nur als Bewußtseinsinhalt betrachtet, svw. 8Immanenzphilosophie;
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Bewußtseinsprinzip: die von R. Descartes zuerst vertretene Lehre, nach der die 8Seele nicht das Lebensprinzip, sondern nur die Trägerin des Bewußtseins ist. Bezeichnung, die Stellvertretung eines Gegenstands durch ein Zeichen (einen Namen, ein Symbol, einen Terminus u. a.). Vgl. 8Semantik. Beziehung (8Relation), im allg. svw. Verhältnis, in der Logik ein mehrstelliger Begriff. Die Gegenstände der B. heißen Beziehungsglieder oder Relata. Bei den zweistelligen B.en werden von den 8symmetrischen B.en die nichtsymmetrischen unterschieden, zu denen solche der Ordnung (z. B. x ist rechts von y), der Abhängigkeit (z. B. Grund – Folge, Mittel – Zweck) und der Intention (z. B. x liebt y) gehören. Zu den B.en gehören auch die 8Funktionen und Abbildungen. Die Untersuchung der B.en ist die Aufgabe der 8Relationenlogik. Beziehungsbegriffe (Relationsbegriffe) sind solche Begriffe, die die B. ausdrücken, die zwischen zwei oder mehr Gegenständen oder Begriffen besteht. Wenn zwischen a und b die B. besteht, daß a größer ist als b, so ist ›größer als‹ der B.sbegriff (Relator). –Beziehungsgesetze (Relationsgesetze) sind solche logischen Gesetze, die für B.en überhaupt gelten, wie z. B. das Gesetz: Zu jeder B., in der x zu y steht, gibt es die konverse B., in der y zu x steht (Zu »Karl ist Neffe von Fritz« gibt es die umgekehrte Beziehung: »Fritz ist Onkel von Karl«). – Beziehungslehre: bei L. v. Wiese (Allgemeine Sozio-
Bild
logie, 1924 ff.) der erste Teil der Soziologie, dem der zweite als ›Gebildelehre‹ folgt. – Beziehungsschlüsse sind unvollkommene Schlüsse, die nur die Folgerung zulassen, daß zwischen den im Schlußsatz verbundenen Begriffen irgendeine B. besteht, die aber nicht näher bestimmt werden kann. Bienenfabel, Übers. des Titels von B. Mandevilles Schrift The fable of the bees (mit dem Zusatz or private vices make public benefits ›Private Laster führen zu Wohltaten für das Ganze‹, 1714, Erstveröffentlichung 1705 u. d. T. The grumbling hive), in der er am Bienenstaat zeigt, daß der Wohlstand eines Volkes auf der Betriebsamkeit seiner Bürger, diese aber auf ihren Leidenschaften und Lastern (8Egoismus), nicht auf ihren Tugenden beruht. Mit der B. bekämpfte Mandeville den moralischen 8Optimismus A. Shaftesburys und den 8Deismus. Er wirkte bes. auf das frz. Aufklärungsdenken. Bikonditional, zu lat. bi— ›zwei—‹ und conditio ›Bedingung‹, also svw. ein doppeltes Bedingungsgefüge; in der 8Aussagenlogik eine Bezeichnung für den 8Junktor der materialen Äquivalenz ›genau dann, wenn‹ (vgl. unter 8Äquivalenz), oft symbolisiert durch ≡ oder ↔. Bild (gr. eikôn, eidôlon, lat. imago, mhd. billen ›hauen‹, meißeln), das Gestaltete, das Geschaffene überhaupt. Alltagssprachl. zumeist die auf einer ebenen Fläche erzeugte Darstellung eines Gegenstandes (so auch i. d. Physik), die begrenzte Flächengestaltung zu ästhet. Zwecken oder auch die imaginäre
Bildung
8Vorstellung von einem Sachverhalt. Der B.begriff hat nicht nur in der Philosophie der 8Kunst und in der Erkenntnistheorie (8Abbildtheorie), sondern auch in der 8Metaphysik mannigfache Verwendung, Deutung und Abwandlung gefunden, bes. seit Platos Verhältnisbestimmung von Urbild (8Idee) und 8Abbild. In der Mathematik nennt man B. die Darstellung eines Raumteils oder einer Fläche auf einer anderen. Für den philosophischen B.begriff ist Plato in dreierlei Hinsicht besonders wirksam geworden: 1. Die 8Ideenlehre wertet die sinnlich—bildliche Erscheinung der Dinge als 8Abbilder zugunsten ihrer Urbilder, der Ideen ab (Politeia 514 a ff.). In diesem Sinne sind B.er als sinnliche 8Erscheinungen vor allem eine Quelle der Täuschungen, d. h. Trugbilder (vgl. auch die 8Idolenlehre von Fr. Bacon oder den methodischen 8Zweifel von R. Descartes); 2. in der Anamnesislehre (8Anamnese) werden die B.er zu solchen der 8Erinnerung von Ideen, d. h. sie werden zum Medium menschlicher Erkenntnis (Menon 82 b ff.). Diese Deutung der 8Erkenntnis als Vorstellungsbild der 8Seele ist in der Metaphysikgeschichte bis in die Neuzeit hinein wirksam geblieben. 3. Von der platonischen Theorie der Teilhabe (8methexis) her werden B.er als sinnliche Erscheinungsformen der Ideen konzipierbar. Auf diese Weise ist auch der metaphysische B.begriff in die 8Ästhetik eingegangen (8Schein). Im deutschen B.begriff laufen metaphysische und etymologische
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Konnotationen zusammen: Das B. ist als Kunstwerk ein Gebildetes, ein gegenständlich Gestaltetes, in dem eine Idee zu sinnlich—ästhetischer 8Erscheinung kommt. In ästhetischen Realismustheorien wird das Kunstwerk als 8Abbildung nicht nur von Aggregaten singulärer Gegenstände begriffen (8Realismus; vgl. 8Allegorie, 8Metapher). Realismus in diesem Sinne unterscheidet sich von einfacher Abbildlichkeit (im Sinne des Prägebildes eines Siegels oder einer Fotografie, die oft nur als bloße Verdoppelung der Wirklichkeit gesehen wird), insofern es in seiner Gestaltung auch als Gebildetes einer ihm äußerlichen gesellschaftlichen Wirklichkeit gedeutet werden kann. Bildung, bis auf J. Möser nur die körperliche Gestaltung eines Wesens, seitdem vor allem die Entwicklung und Förderung der 8Anlagen des heranwachsenden Menschen nach einem Vorbild (8Ideal, 8Typus), das durch die jeweiligen Kulturtendenzen wesentlich mitbestimmt ist (8Erziehung, 8Kultur). Im Begriff des gebildeten Menschen liegt einerseits das Moment der Geformtheit des naturhaften Seins des Menschen nach der bestehenden 8Sitte (Gesittung, Takt), andererseits das Moment der individuellen Vollkommenheit, Reife und damit der Vielseitigkeit der Interessen, des Wissens u. a. Bildungstrieb, lat. nisus formativus, von J. Fr. Blumenbach (Über den B.strieb, 1781) eingef. zur Bez. der Formkraft, die bei Pflanzen und Tieren die Stoffe organisiert und bei der
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Zeugung, Ernährung und Heilung der Organismen in Erscheinung tritt (vgl. I. Kant, KdU § 81; J. W. v. Goethe, Anschauende Urteilskraft, 1817). Vgl. 8Lebenskraft. Billigkeit, ahd. Wortstamm bill, zur gleichen Wurzel gehörig wie 8Bild, das ›Angemessene‹ (lat. aequitas), das übergesetzliche Recht, das dort Geltung beansprucht, wo die gesetzlichen Normen dem einzelnen Fall nicht ›gerecht‹ werden. Die Notwendigkeit der B. ergibt sich aus der Unvollkommenheit der Rechtsordnung, deren Gebote allgemein sein müssen, um eine Vielheit von Fällen zu erfassen, die erfahrungsgemäß kein in sich geschlossenes, lückenloses System bilden und oft ihrem Sinn sprachlich nicht eindeutig Ausdruck geben. Die B. verlangt bei einer nach positivem Recht zu fällenden Entscheidung die Berücksichtigung aller Besonderheiten, die für die Bewertung eines Tatbestandes wesentlich sind. Für die Fälle, die sich ihrem Wesen nach nicht durch eine allgemeine Norm regeln lassen, wird in einigen Rechtscodices der Richter angewiesen, nach ›billigem‹ Ermessen zu entscheiden. Wegen ihrer Aufgabe, die Unvollkommenheit des gesetzten Rechts auszugleichen, bezeichnet Aristoteles die B. als das höhere Prinzip gegenüber der durch das positive Recht verwirklichten 8Gerechtigkeit (Nik. Ethik V 14, 1137 B 10). Binärsystem, 8Dualsystem Binom, lat./gr., zweigliedr. mathemat. Ausdruck in der Form x*y, z. B. in der Form x—y oder x+y. Biomische Formeln heißen in der
biogenetisches Grundgesetz
Mathematik Formeln für die Multiplikation oder auch für das Potenzieren von B.en Binomischer Lehrsatz wird eine Regel zur Entwicklung einer beliebigen Potenz eines B.s gen., dargest. in einer binomischen Reihe, auch Binominalreihe. Eine binomische oder Binominalverteilung, auch Newtonsche oder Bernoullische Verteilung, gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der bei n—maliger Wiederholung des gleichen Zufallsexperiments mit zwei möglichen Ausgängen das eine oder das andere Ergebnis x mal eintritt. Bioenergetik, Neub. von gr. bios ›Leben‹ und 8Energie; die Anwendung der Gesetze der Erhaltung, Entwertung (8Entropie) und Umwandlung der Energie auf das Lebensgeschehen. biogenetisches Grundgesetz, das von Fr. Müller und E. Haeckel aufgestellte Gesetz des Werdegangs (gr. genesis) des Lebens (gr. bios), nach dem die Reihe von Entwicklungsformen, die ein einzelnes Lebewesen vom befruchteten Ei bis zu seinem ausgebildeten Endzustand durchläuft, eine abgekürzte Wiederholung der langen stammesgeschichtlichen 8Entwicklung ist, die zu der Art, dem das Einzelwesen angehört, geführt hat, m. a. W. die Auffassung, daß die Keimesgeschichte (8Ontogenese) ein kurzer Auszug der Stammesgeschichte (8Phylogenese) sei. Es handelt sich dabei nur um eine 8Analogie von Entwicklungsformen, die mitunter auch für andere Gebiete unterstellt wird, z. B. indem man Parallelen zwischen gei-
Biologie
stiger Entwicklung des Individuums (ontogenetisch) und Entwicklung der Kultur der Menschheit (analog zur Phylogenese) zieht. Biologie, Neub. aus gr. bios ›Leben‹ und logos ›Lehre‹; von R. Treviranus (B. und Philosophie der lebendigen Natur, 6 Bde., 1802—22) eingef. zur Bez. der Wissenschaft von den »verschiedenen Formen und Erscheinungen des Lebens, den Bedingungen und Gesetzen, unter welchen dieser Zustand stattfindet, und den Ursachen, wodurch derselbe bewirkt wird«. Die allg. B. hat im Unterschied zur 8Anthropologie, Zoologie und Botanik zum Forschungsgegenstand die Erscheinungen, welche, wie die Vererbung und Artbildung, alle Lebewesen betreffen. Sie teilt sich in die 8Morphologie, die sich wieder in Anatomie, 8Ontogenie und 8Phylogenie gliedert, und die 8Physiologie, die in Organ—, Gewebe— und Zellenphysiologie zerfällt und durch die vergleichende Physiologie ergänzt wird. Für die B. zellularer Lebewesen (Mikro—B.) gelten wiederum andere Gebietsklassifikationen. Mit den Beziehungen der Organismen zu ihrer Umwelt befaßt sich die 8Ökologie, mit der Feststellung der geographischen Verbreitung der Lebewesen die Chorologie. Die experimentelle B. stellt sich die Aufgabe, die Lebensvorgänge in ihre elementaren Bestandteile zu zerlegen und unter künstlich hergestellten Bedingungen zu untersuchen. Biologismus, Neub. von 8Biologie, die reduzierte Betrachtung von Erscheinungen des menschl. Ver-
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haltens ausschließl. unter biologischen Gesichtspunkten oder nach Analogie der Organismen (z. B. der ›organische‹ Staat, die ›organische‹ Wirtschaft), insbes. die Herleitung auch der Erkenntnisbemühungen und der Sittlichkeit aus dem Grundsatz der Lebensförderung. Biomechanik, Neub. aus gr. 8bios ›Leben‹ und 8Mechanik, die Wissenschaft von den sich im Organismus abspielenden physikalischmechanischen Vorgängen. bios, gr. ›Leben‹, die belebte Welt des 8Kosmos. In der antiken 8Ethik auch Bez. für Lebensführung, Lebensstil, 8Lebensform. Plato untersch. zwischen bios theoretikos und b. politikos, der anschauenden (theoret., der Muße zugeneigten) und der politischen Lebensform. Aristoteles erkennt dem b. theoretikos höchste Priorität zu: Er ist allen anderen Lebensformen, inbes. aber dem bios apolaustikos, dem genußvollen Leben, vorzuziehen. Biosphäre, von. gr. sphaira, Kugel; Gesamtheit der von Organismen bewohnten Teile der Erde. Biotechnik, die Erforschung der unter dem Gesichtspunkt der 8Technik behandelbaren zweckmäßigen Vorrichtungen der Organismen. biotisch, gr. biotikos ›das organische Leben betreffend‹; dazu Biotismus: die Metaphysik, in der das Leben als solches als das Absolute angesehen wird (8Biologismus). biozentrisch, das 8Leben, seine Erhaltung und Steigerung in den Mittelpunkt (lat. centrum) stellend
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und zum Wertmaßstab machend, Erkenntnis und Handlungsorientierung aus ihm herleitend und ihm unterstellend. Biozönese, Neub. von gr. bios und koinos ›gemeinschaftlich‹, die Lebensgemeinschaft von verschiedenartigen Organismen (Pflanzen mit Pflanzen, Tieren mit Tieren, Tieren mit Pflanzen), die entweder beiden Teilen zugute kommen kann (8Symbiose) oder sich nur für den einen Teil als lebensfördernd erweist, während der andere für ihn nur intrumentell relevant erscheint (fremddienliche Zweckmäßigkeit); artet sie in Schädigung des Wirtsorganismus aus, so pflegt man von Schmarotzertum (Parasitismus) zu sprechen. Die B. dient im allg. dem Ausgleich der Nährstoffbilanz der Partner. Bit, urspr. Abk. aus engl. binary digit ›Binärziffer‹; in der Informationstheorie Einheit für den Informationsgehalt einer Nachricht, definiert als die mittl. Information einer zweiwertigen Zufallsgröße (so z. B. als die Wahrscheinlichkeit von 1/2 in einem binären System, bestehend aus den Werten 0 und 1); in der Datenverarbeitung Einheit 1. für die einzelnen Stellen eines Binärcodeworts, 2. für die Anzahl von Binärentscheidungen, 3. auch für die Binärentscheidungen selbst; auch Byte, engl., in der Datenverarbeitung enger def. als Zusammenfassung von 8 Binärstellen als Einheit für eine Speicherkapazität. Bivalenzprinzip, zu lat. bi— ›zwei—‹ und valere ›wert sein‹, das Prinzip der Zweiwertigkeit der klassischen 8Logik, nach dem eine Aussage
Bolschewismus
stets wahr oder falsch sein muß (vgl. auch 8principium exclusi tertii). Man hat dieses Prinzip aus verschiedenen Gründen kritisiert und Logiken entworfen, in denen es nicht gilt und in denen es mehr als zwei 8Wahrheitswerte gibt (vgl. 8klassische Logik, 8mehrwertige Logik). Black-box-Methode, Verfahren zur Untersuchung von 8Systemen, deren 8Verhalten zwar bekannt, deren innerer Aufbau (Struktur) aber nicht unmittelbar (bzw. nicht vollständig) zugänglich ist. Durch die Analyse des Verhaltens solcher Systeme unter bestimmten Bedingungen können Input—Output—Beziehungen erfaßt bzw. mathematischfunktionale Zusammenhänge ermittelt und u. U. durch Rückgriff auf bereits vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse Hypothesen über die interne Struktur aufgestellt werden. Blödsinn, nhd. von mhd. bloede ›zaghaft‹, ›schwach‹ (gr. anoia, lat. stupiditas), die Schwäche des Verstandes, die sich als Dummheit, Albernheit, Stumpfsinn äußert; auch svw. Unsinn. Bolschewismus, urspr. Lehre und Programm der Bolschewiki, d. h. der ›Mehrheitler‹ (von russ. bolschoi ›groß‹), nämlich der revolutionären Marxisten gegenüber den gemäßigteren Menschewiki, den ›Minderheitlern‹ in der russischen sozialdemokratischen Partei, die 1903 durch diesen Gegensatz gespalten wurde. Theoretisch vertritt der B. eine radikale Version der marxistischen Lehre (8Marxismus) mit dem Ziel der Weltrevolution;
bon sens
seine Methode ist vor der Machtergreifung der 8Klassenkampf, nach ihr die 8Diktatur des Proletariats als Übergang zur klassenlosen Gesellschaft; die polit. Praxis des B. zeichnete sich durch den Anspruch einer zentralist. organisierten Partei aus, die proletarischen Interessen monopolähnlich wahrzunehmen. bon sens, frz. ›guter Sinn‹, gesunder 8Menschenverstand, 8sensus communis. Boolesche Algebra, auch ›Boolescher Verband‹, eine algebraische Struktur (8Algebra), die nach dem englischen Mathematiker G. Boole benannt ist. Eine B. A. umfaßt eine 8Menge M und zwei ›Verknüpfungen‹ ∗ und ×, d. h. Vorschriften, die jeweils zwei Elementen von M ein Element von M zuordnen. Für die beiden Verknüpfungen einer B.n A. gelten eine Reihe von Gesetzen (a, b, und c sind Elemente von M): Die Gesetze der Kommutativität (a ∗ b = b ∗ a und a × b = b×a), der Assoziativität ((a ∗ b) ∗ c = a ∗ (b ∗ c) und a×(b×c) = (a×b)×c)) und der Absorbtion (a ∗ (b×a) = a und a×(b ∗ a) = a) (die sog. ›Verbandsaxiome‹); ferner die Distributivgesetze (a ∗ (b×c) = (a ∗ b) ×(a ∗ c) und a ×(b ∗ c) = (a ×b) ∗ (a ×c)) und die Idempotenzgesetze (a ∗ a = a und a×a = a); schließlich enthält M in einer B.n A. für beide Verknüfungen je ein ›neutrales‹ Element e∗ und e×, so daß a ∗ e ∗ = a und a×e × = a, und zu jedem a aus M gibt es ein ›komplementäres‹ Element a', a∗ a' = e× und a×a' = e∗ . Man kann zeigen, daß zunächst ganz unterschiedlich anmutende Systeme die Struktur einer B. n A.
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gemein haben. Das gilt z. B. für die Menge Me der elektrischen Zustände ›An‹ und ›Aus‹ (oder ›1‹ und ›0‹) mit den in ihr definierten Verknüpfungen ›UND‹ und ›ODER‹ (oft ›AND‹ und ›OR‹) in der Schaltalgebra und für jede Potenzmenge (8Menge aller Teilmengen einer Grundmenge) mit den Verknüpfungen ∪ der Vereinigung und ∩ der Durchschnittsbildung. Im Hinblick auf die 8Logik ist u. a. bemerkenswert, daß die 8Aussagenlogik als ganze die Struktur einer B. n A. hat. Alle Gebilde, die die Struktur einer B. n A. aufweisen, nennt man 8Modelle dieser Algebra. böse, ahd. bôsi, mhd. boese ›gering‹, schlecht, wertlos, das Gegenteil von 8gut; dazu das Böse (gr. kakon, lat. malum, 8Übel), entspr. der vielfachen Bedeutung des Begriffs des 8Guten urspr. in vielfacher Bed. gebr. als das Unheilvolle, Verderbenbringende, Zerstörerische, das Verdorbene, vor allem das sittlich Verwerfliche, auch in abwertendem Sinn verw. für die Stigmatisierung des Krankhaften, des Untüchtigen, Schwachen, des Unangenehmen, des Unzweckmäßigen. In diesem Sinne benutzen die meisten Sprachen die Begr. ›b.‹ und ›übel‹ (z. B. im Engl. evil ) synonym. Seit der Entwicklung einer kasuistischen Ethik wird b. nur noch gebr. für das Handeln oder das Handlungsergebnis, das als ›schlecht‹ ausdrücklich gewollt wird. Das Schlechte und das B. im weitesten Sinn wurde in vorwissensch. Weltauffassungen zumeist in die metaphysische Grundstruktur der Welt selbst verlegt und als
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mehr oder weniger ursprüngliches und selbständiges Prinzip, in mythischen und dichterischen Weltbildern auch personifiziert (Typhon, 8Ahriman, 8Antichrist, Mephistopheles) gedacht. Als Weltmacht erscheint das B. im Parsismus, 8Manichäismus und in untergeordneten Vorstellungen des mittelalterlichen Christentums (Teufel, Satan); es ist hier mit der Macht des Guten in einem (letzthin aussichtslosen) Kampf, an dem auch der Mensch teilnimmt. Aus einem Abfall wird es erklärt bei Plotin (Enneaden V 1), in der 8Gnosis und bei Augustin (Conf. II 3, VII 12 f., XII 11 f.). Hier, wie auch sonst oft, bes. bei G. W. Leibniz (8Theodizee), ist es das Mindergute, die bloße Beraubung (privatio), und kann daher auch leicht als Mittel zur Beförderung des Guten gedeutet werden (8Optimismus). Der spezifisch christl. Begriff des B. ist mit der Lehre von der 8Sünde, insbes. mit dem der 8Erbsünde, gegeben. Erst mit I. Kant entstanden Theorien über den inneren Seelenzustand als Quelle der Bewußtwerdung über sittliche Maßstäbe. Kant versuchte (in seiner Schrift Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft von 1793) den christl. Begriff als den des radikal Bösen mit seiner eigenen Auffassung von 8Willensfreiheit zu verbinden: Das radikal B. sei der »natürliche Hang zum Bn., und dieser Hang selber, weil er am Ende doch in einer freien Willkür gesucht werden muß, mithin zugerechnet werden kann, ist moralisch b. Dieses B. ist radikal, weil es den Grund aller Maximen
böse
verdirbt [...] gleichwohl aber muß es zu überwinden möglich sein, weil er in dem Menschen als frei handelndem Wesen angetroffen wird« (1. Stück, III.). Fr. W. J. Schelling betrachtete das B. als die »Partikularkrankheit«; diese »entsteht nur dadurch, daß das, was seine Freiheit oder sein Leben nur dafür hat, daß es im Ganzen bleibe, für sich zu sein strebt. [...] Es kann immer nur entstehen im innersten Willen des eigenen Herzens und wird nie ohne eigene Tat vollbracht« (Vom Wesen der menschl. Freiheit, 1809). Für die von I. Kant formulierte Aufgabe, wie man das Gute und auch das B. als Handlungsziele der gleichen subjektiven Willkür denken könne, schlägt G. W. Fr. Hegel folgende Lösung vor: Die Unterscheidung von Gut und B. wird als notwendiges Symptom der Entzweiung des Menschen mit sich selbst eingeführt. Dieser »wird so vorgestellt, daß [...] er die Form der Sichselbstgleichheit durch das Pflücken vom Baume des Erkenntnisses des Guten und Bösen verlor. So erscheint das Böse als das erste Dasein des in sich gegangenen Bewußtseins« (Phän. d. Geistes VII. C). Gut und B. bleiben so bei G. W. Fr. Hegel abstrakte Prinzipien, die als Reflexionsbestimmungen des isoliert handelnden Subjekts lediglich provisorische Orientierungen vermitteln. Traditionelle protestantische Auffassungen, nach welchen das B. als die ›Sünde‹ definiert wird, erhielten bei S. Kierkegaard eine neue Grundlage. Die Subjektivierung der Maßstäbe des Guten und B. führt zu skeptischen Konsequen-
Bosheit
zen: »Das Individuum ist in der Sünde, und seine Angst richtet sich auf das Böse [...], die andere Ausprägung ist das Dämonische. Das Individuum steht im Bösen und ängstigt sich vor dem Guten. Die Sklaverei der Sünde ist ein unfreies Verhältnis zum Bösen, aber das Dämonische ist ein unfreies Verhältnis zum Guten« (Der Begr. Angst IV, § 2). Bosheit, nach I. Kant die »Gesinnung, das Böse als Böses zur Triebfeder in seine Maxime aufzunehmen«, das Teuflische (Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 1. Stück, III. Abschn.). Brahman, im Sanskr. überliefert i. d. Bed. ›heilige Macht‹; urspr. nicht, wie im 8Vedanta sprachlich erklärt wird, das ›Losgelöste‹ (8Absolute), sondern die ›Anschwellung‹, d. h. das ›Gebet‹; P. Deussen deutete daher B. »als der zum Heiligen, Göttlichen emporstrebende Wille des Menschen« (P. Deussen, Das System des Vedanta, 1887, S. 128). Mit dem B. identifiziert wurde so ›der Betende‹ selbst; daher die Bez. der Brahmane (Vertreter der vornehmsten Kaste der Hindus). In der brahman. Tradition wurde auch die Gesamtheit der Urkunden, die 8Veden, B. genannt, womit die Texte als Niederschlag des ›Gebets‹ aufgefaßt wurden. In verschiedenen Gebrauchsweisen wurde B. zu unterschiedl. Zeiten als das eine Weltprinzip verstanden, als Wille selbst und als Richtung des Willens. Urspr. wurde es symbolisch mit dem höchsten Kraftspender, der Sonne, gleichgesetzt; später bez. man mit B. das geistige, das die Welt offenbarende
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Licht, dann den Seher und Sänger als Träger oder auch Deuter einer welttranszendenten 8Offenbarung. Als das B. als das alleinige Prinzip aller Dinge bewußt wurde, wurde es 1. im Hinblick auf das Weltganze verw. für a) das durch sich selbst Seiende, b) das die Dinge und Wesen Schaffende, c) das alle Wesen Erhaltende und Haltende: alle Kräfte der Natur (Götter) beruhen auf dem Herzen, durch dieses auf dem Ich und durch das Ich auf dem B. Ferner ist B. das, worin d) alle Wesen bei ihrem Tode wieder vergehen. 2. Im Hinblick auf den einzelnen Menschen ist B. a) teleologisches Prinzip des Baues und der Funktion seines Leibes, b) Urheber einer auf die Natur wirkenden übernatürlichen Macht im Menschen und damit c) als diese Macht das eigentliche Selbst des Menschen: Wer sich selbst als Verkörperung des B. erkennt, wird zu B. und damit zum Prinzip aller Dinge. Brahmanismus, die Lehre und Lebensweise der durch die Brahmanenkaste (urspr. eine führende Schicht der in Indien eingewanderten arischen Volksgruppen) bestimmten spätindischen und nachfolgenden Zeit Indiens. Der B. wurzelt im 8Veda; sein Mittelpunkt ist das Opfer, durch das man in unmittelbare Beziehung mit der Weltmacht treten kann. Das Ziel ist, sich (z. B. zwecks Sieges über Feinde) und anderes (z. B. Äcker und Vieh zwecks Fruchtbarkeit) mit dieser Macht zu erfüllen. Der Weg dazu ist die Nennung, die Anrufung der Macht, für die eine Opferhandlung vollzogen wurde. Man
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nannte das Opfer selbst ›brahma‹, und das zu verwendende Wort, welches die Kraft hatte, zur Vereinigung mit der höheren Macht zu führen, hieß ebenfalls brahma. Die heilige Überlieferung bestand vor allem in diesen starken Worten, den brahmanas. Der eigentliche Träger des brahma, das im heiligen Lied und Spruch ruht und beim Opfer wirkt, ist der oberste Priester und Überwacher der Opferhandlung, der darum selbst Brahma (Brahmane) ist und heißt. Von den großen Göttern des B., Vishnu, Prajapasi, Rudra—Siva, wurden die ersten beiden, Inbegriffe hoher reiner Erhabenheit, mit dem welterhaltenden Opfer identifiziert, der letzte war der Gott des Schreckens, der die Welt am Ende jeder Weltperiode zerstört. Alle anderen Götter der früheren Zeit und der unterworfenen Völker wurden zu Avataras (Inkarnationen) Vishnus erklärt. Während sich im hinduist. Polytheismus der B. als herrschende Lehre durchsetzte, traten auch Denker auf, die sich von der Grundlage des B., der Autorität der vedischen Überlieferung lossagten und auf freiem Wege das Leben zu enträtseln strebten. Die beiden wichtigsten religiösen Richtungen dieser Art, die in der weiteren Geschichte eine bedeutende Rolle gespielt haben, sind der 8Buddhismus und die Jainalehre (8Jainismus). Buch der Natur, auf Plato (8Chiffrenschrift) zurückgehendes neuplat. Gleichnis, durch das seit Augustin die Natur (als zweite Quelle der göttlichen Offenbarung und der philos. Erkenntnis neben der
Buddhismus
Bibel) in das christl. Weltbewußtsein einbegriffen wird. Es begegnet im MA vor allem bei Hugo v. Skt. Viktor, Konrad von Meggenberg (B.d.N., 1350), Raymundus von Sabunde (Theologia naturalis, 1436), bei dem »das Buch der Geschöpfe« bereits als gleichberechtigt neben der Bibel erscheint, ähnlich auch bei Nikolaus v. Kues (De apice theoriae, Erstdr. 1488). Die Lehre von der Natur als ›Buch‹ verbindet sich bei Paracelsus, Joh. Arndt u. J. Böhme mit der 8Signatur—Lehre und wird dann vor allem im 18. Jh. von J. G. Hamann, J. G. Herder, J. W. v. Goethe, W. H. Wackenroder, L. Tieck, Novalis u. a. in vielfacher Abwandlung z. B. auf die Psychologie, die Ethik, das geschichtliche Leben bezogen. Zugrunde liegt zumeist die Vorstellung, daß das Göttliche sich in Schriftzeichen (Buchstaben, Silben, Wörtern) offenbart, die ›buchstabiert‹, zusammengesetzt, gelesen oder ›entziffert‹ werden müssen. Buddhismus, von sanskr. buddhi ›Erleuchtung‹, Erkenntnis; die Lehre des Gautama Buddha (des Erkennenden, völlig Erwachten). Bald nach seinem Tode (um 480 v. Chr.) soll die Lehre aufgeschrieben und in den folgenden Jahrhunderten erweitert worden sein, wobei es zu einer Spaltung des B. in eine nördliche und südliche Richtung kam (Mahayana und Hinayana). Die wichtigste der drei Lehren, die dem Buddha zugeschrieben werden, ist die von den vier heiligen Wahrheiten: 1. vom Leben als 8Leid, 2. von der Entstehung des Leids, 3. von der Möglichkeit der
Bürger
Aufhebung des Leids, 4. vom Weg der Überwindung des Leids. Ursache des Leids (nicht im engeren Sinn v. 8Schmerz, sondern weiter gefaßt als Abhängigkeit von Erregung, 8Empfindung) ist der blinde Lebensdrang; Aufhebung des ›Leids‹ geschieht, indem dem Menschen die Nichtigkeit seiner Erfahrungen vorgehalten und er so zu Unabhängigkeit von seelischen Regungen gebracht wird, womit der die 8Erlösung Suchende sein Ziel (8Nirvana) erreicht. Vgl. 8Yana. Bürger, urspr. Burgverteidiger, Burg—, Stadtbewohner, lat. civis, urbanus, mdh. burger, burgaere, mlat. burgensis, frz. bourgeois ›Besitzbürger‹, citoyen ›Stadtbürger‹, Staatsbürger; im MA Einwohner einer Stadt mit 8Bürgerrecht, seit der NZ erhält B. zwei unterschiedl. Bed.: 1. Besitzbürger, Angehöriger eines gewerbl. Standes, auch Bourgeois, 2. Staatsbürger, in einem Staat rechtl. freier Inhaber einer Staatsbürgerschaft, Inhaber besonderer 8Bürgerrechte (z. B. Wahlrecht, Staatsangehörigkeit) im Unterschied zu sonst. Einwohnern eines Landes; Adj. bürgerlich in beiden Bed.: 1. zur Klasse des (gewerbl.) Bürgertums zählend, 2. 8zivil, i. S. von staatsbürgerlich, auch: im Unterschied zu militärisch; auch bürgerliche Gesellschaft wird verw. in doppeltem Sinne 1. als von der Klasse des 8Bürgertums beherrschte Gesellschaftsordnung, 2. als 8Zivilgesellschaft, eine von rechtlich freien Staatsbürgern kontrollierte oder beherrschte organisierte Gesellschaft, im Unterschied z. B. zu 8Aristokratien mit Erbadel u. a.
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polit. Herrschaftsformen in feudalen Gesellschaftsordnungen. Bürgerrecht, Rechtsstellung von Staatsbürgern eines Gemeinwesens; im MA konnte das B. von den Städten verliehen werden und war i. d. R. erblich. Nur vollberechtigte 8Bürger konnten im Rechtsraum einer Stadt Handel und Gewerbe betreiben. Als B.e in Grundrechtskatalogen (8Menschenrechte) sind diejenigen Rechte definiert, die ausdrücklich Staatsbürgern zukommen (Im Grundges. der BRD nur den ›Deutschen‹, z. B. Versammlungs— und Vereinigungsfreiheit, Freizügigkeit, Berufsfreiheit in den Art. 8 , 9, 11, 12), im Untersch. zu Rechten die ›allen Menschen‹ zukommen (hier z. B. das auf Unantastbarkeit der Menschenwürde in Art. 1, das auf freie Persönlichkeitentfaltung in Art. 2, das auf Rechtsgleichheit in Art. 3 und auch die Rechte auf Glaubens—, Gewissens— und Meinungsfreiheit in den Art. 4 und 5). Buridans Esel, Bez. für ein dem Scholastiker J. Buridan († 1358) zugeschriebenes Beispiel für die Frage, ob der 8Wille sich bei gleich starken Motiven beliebig für das eine oder das andere entscheiden könne: Ein Esel, in die Mitte zwischen zwei gleich große Heubündel gestellt, kann sich weder für das eine noch für das andere entscheiden und müßte in dieser Lage verhungern. Woher die Bez. ›B. E.‹ stammt, ist unklar. Laut N. Rescher (Choice without Preference, Kant— Studien 51, 1959/60) findet sich in einem unveröffentlichten Kommentar von Buridan zu Aristoteles’ De
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caelo (dort: II 13, 295b 32) das Beispiel eines ›Hundes‹, der angesichts zweier gleicher Fressensportionen stirbt. Das mit ›B.E.‹ bezeichnete Symmetrieproblem hat eine lange philosophische Tradition innerhalb des Diskurses um 8Willensfreiheit vs. 8Determinismus und bildet auch heute noch eines der zentralen Probleme der modernen 8Handlungstheorie. Nach der am weitesten verbreiteten Auffassung sind derartige Symmetriesituationen unmöglich: G. W. Leibniz betont, daß zwei Dinge nie vollständig gleich seien (Theodizee §§ 46—49) und daß es stets unbewußte sinnliche Wahrnehmungen (Perzeptionen) gebe, die das Handeln bestimmen (Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand). Sofern die Möglichkeit solcher Symmetriesituationen zumindest theoretisch zugelassen wurde, wurde doch die Möglichkeit einer Wahl ausgeschlossen (Plato, Phaidon 108e-109a; B. Spinoza, Ethica). P. Bayle hielt hingegen neben Th.
Buße
Reid Buridansituationen für möglich und schlug bereits zwei generelle Lösungsmöglichkeiten vor, die des ›wahllosen Entscheidens‹ und der Herbeiführung einer Entscheidung durch Anwendung eines Zufallsmechanismus (Dictionnaire, Art. ›Buridan‹). Buße, ahd. buoza, mhd. buoze, Bildung zu baz ›besser‹; als Besserung, Ausbesserung, Wiedergutmachung, zunächst in ganz allg. Sinne des Wortes, in frühdt. Zeit schon mit der Bedeutung strafrechtlicher Genugtuung identisch; seit der christl. Missionierung darüber hinaus die Wiedergabe der Begriffe lat. poenitentia › 8Reue‹ und gr. metanoia ›Sinnesänderung‹; im religiösen Leben sowohl die Anerkennung eines schuldhaften Verhaltens gegenüber Gott als auch die Bemühung, die durch Sünde verletzte Beziehung zu Gott wiederherzustellen. Voraussetzung jeder B. im relig. Sinn ist der Glaube an die Bereitschaft Gottes zur 8Versöhnung und an die göttl. 8Gnade. Vgl. 8Sünde.
C
Calvus, lat. ›Kahlkopf‹ (gr. phalakros); der von Diogenes Laertius (Leben u. Lehren, II, 108) dem Eubulides zugeschriebene Fangschluß (genauer der 8Sorites), der von der Frage ausgeht: Wieviel Haare muß man jemandem ausreißen, damit er ein Kahlkopf ist? camera obscura, lat. ›dunkle Kammer‹; im allg. Bez. für eine von Leonardo da Vinci beschr. Projektion von Gegenständen auf die einem Loch gegenüberliegende Wand in maßstabgerechter Abbildung, jedoch kopfstehend (Urform des Fotoapparats und des Bildprojektors); von K. Marx in metaphor. Sinne verwendet zur Darstellung des Verhältnisses von 8Ideologie und gesellsch. Wirklichkeit (zuerst in: Die Deutsche Ideologie, geschr. 1845). K. Marx beschreibt damit Erkenntnisprozesse, die bildanalog verlaufen und dennoch ein ›verkehrtes‹ Bewußtsein von der Wirklichkeit erzeugen. Cantorismus, die von G. Cantor vertretene Auffassung, daß sich Logik und Mathematik nach vergleichbaren 8Axiomen mit einer ›idealen Seinssphäre‹ beschäftigen, eine These, die in der neueren Geschichte der Mathematik häufig als ›Platonismus‹ bezeichnet wird, in vager Analogie zu Platos Annahme, daß sämtliche Gegenstände der Erkenntnis nur in ihrer idealen Wesenheit erschaubar sind. Der C. steht jedoch philosophiegeschichtl.
in keiner der historischen Traditionen, die man 8Platonismus nennt. Cantorscher Satz, nach dem dän. Mathematiker G. Cantor benannter mathem. Lehrsatz, wonach die 8Menge der reellen 8Zahlen nicht abzählbar ist. Cantorsches Axiom, Bez. für einen axiomat. Lehrsatz der Mathematik: liegt in einer Folge von in sich abgeschlossenen Strecken (Abbildung für Zahlengeraden) jede nachfolgende in jeder vorangehenden und gibt es keine Strecke, die allen angehört, so gibt es stets einen, jedoch nur einen Punkt, der allen Strecken angehört; Cantorsches Diagonalverfahren: Bez. für den Beweis der Abzählbarkeit der 8Menge der rationalen 8Zahlen. Es ermöglicht, jeder rationalen Zahl (z. B. 0,25, 0,5, 0,75 ...) genau eine natürliche Zahl (1,2,3 ...) zuzuordnen. Cartesianismus, Neub. aus der latinisierten Form des Namens Descartes: Cartesius; die Richtung des frz. Denkens, wie sie sich in R. Descartes am entschiedensten ausgeprägt und durch Ausbreitung wie Fortbildung seiner Lehren bis in die Gegenwart durchgehalten hat. Der C. ist im wesentlichen das Bekenntnis zur ›Klarheit und Deutlichkeit‹ des Denkens (8clarus et distinctus ), d. h. zum 8Rationalismus in allen Bereichen des geistigen Lebens. Der Ausgangspunkt des C. ist das 8cogito ergo sum, d. h. die Verlegung der Seinsgewißheit in das
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denkende Bewußtsein, und im Gefolge davon der 8Dualismus von denkender und ausgedehnter Substanz (8res cogitans und 8res extensa), Geist und Materie, Seele und Körper, die nur durch den 8concursus dei in Übereinstimmung gedacht werden können. Als C. bez. man auch die Schule der Cartesianer, in Frankreich vor allem M. Mersenne und N. Malebranche, vgl. auch 8Okkasionalismus. cartesisch, auch: kartesisch, kartesianisch; dient zur Bez. von Prinzipien und Erkenntnissen, die auf R. Descartes (Cartesius) zurückgehen; in die Mathematik z.B. die c.en Koordinaten in einer zweidim. 8graph. Darstellung; das c.e Blatt, eine algebraische Kurve dritter Ordnung, die im c.en Koordiniatensystem schleifenförmig abgebildet wird und deren 8Gleichung x3 + y3 = 3axy lautet, wobei a eine Konstante ist; cartesische Zeichenregel, auch Descartessche Zeichenregel: ein Prinzip, nach dem die algebraischen Vorzeichen von Nullstellen eines mehrgliedr. Ausdrucks angeordnet sind, dessen einzelne Glieder nur durch Addition und Subtraktion verknüpft sind. causa, lat. 8› Grund‹, 8Ursache, (8Begründung, 8Kausalität), nach Aristoteles das Erste, »von welchem das Sein oder die Entstehung oder die Erkenntnis eines Dinges ausgeht« (Met. 1013a 18; 8Archë), spezifischer auch als Bestandteil, als Urbild, als Ursache und als Endziel (vierfache Bed. von aitia; ebd. 1013a 24 bis b 4). Seit dem MA unterscheidet man: c. cognoscendi, der Erkenntnisgrund, c. essen-
Chaos
di et fiendi, der Grund des Seins und des Werdens. Nach Thomas v. A. ist die c. essendi die Ursache der 8Form, die c. fiendi die Ursache der Verbindung von Form und Materie; c. efficiens, die (äußerlich) bewirkende Ursache, die Ursächlichkeit, nach der die späteren Zustände als bewirkt durch die früheren erscheinen; c. finalis, die Endoder Zweckursache, die Ursächlichkeit, nach der das Geschehen durch ein vorausliegendes, vorausgesetztes Ziel bestimmt ist, der 8Zweck als Ursache (8Teleologie); in der Sprache des Privatrechts heißt zum Beispiel c. der von den Vertragsparteien regelm. gewollte Zweck, z. B. der Austausch- und Erwerbszweck (c. aquirendi), der bei Leistungen vorkommende Erfüllungszweck (c. solvendi), im Fall der Übereignung der Schenkungszweck (c. donandi ). Der Begr. c. tritt in der Philosophiegesch. außerdem in folgenden Bedeutungen auf: c. exemplaris, die vorbildliche Ursache, das Urbild, die 8Idee als Ursache; c. formalis, die bildende, gestaltende Ursache; c. materialis, die im Stoff, in der 8Materie wirkende Ursache, das Substrat des Wirkens (8Bedingung); c. movens oder motiva, die bewegende Ursache (8Beweggrund, 8Motiv); c. occasionalis, die Gelegenheitsursache (8Okkasionalismus); c. sui, die Ursache, der Grund seiner selbst (8Substanz, 8Gott). Chaos, gr. ›gestaltlose Masse‹, später auch Bez. für weitere Zustände von Unordnung; urspr., so z. B. bei Hesiod (Theog. 116, 700), noch der »unermeßliche Raum, der
Chaos
vor allen Dingen war«, und insofern der Ursprung aller Dinge. Erst später, und zwar bei Anaxagoras, dann bei Plato (Timaios 30 A ff.) und Ovid (Metam. I 7), ist Ch. der ungestalte Urstoff, die rohe Masse, die durch den Geist geordnet wird (8Kosmos). Beide Bedeutungen wurden in das Deutsche aufgenommen, die erste z. B. in der Übers. von Ch. (Luk. 16, 26) mit ›Kluft‹ (M. Luther), die zweite, weitaus häufigere, bes. seit dem 18. Jh., als ›Wirrwarr‹, ›Unordnung‹. In dem Versuch, Ch. unter den Kriterien der Ordnung zu beschreiben, entwickelten Mathematiker und Systemtheoretiker die sog. Chaostheorie (z. B. B. Mandelbrot, Die fraktale Geometrie der Natur, engl. 1977, dt. 1986; M. Feigenbaum, Universal Behaviour in Nonlinear Systems, 1980; H. Haken, Synergetics, an Introduction, 1978). Die Ch.theorie versucht, nichtlineare Systeme in ihren dynamischen Prozessen auf ihre Ordnung hin zu untersuchen. In der 8Systemtheorie des 20. Jhs. nennt man chaotisches System eine makroskopische Ordnungsstruktur, die aus nichtperiodischen Fluktuationen entsteht und als unumkehrbar gilt. Die Ch.theorie untersucht, darin abweichend von der traditionellen Bed. von Ch., die auf den ersten Blick unstrukturierten Phänomene auf eine beschreibbare Struktur einer höheren ›Ordnung‹ hin sowie den Übergang vom geordneten ins chaotische Verhalten. H. Poincaré (Les Méthodes Nouvelles de la Méchanique Celeste, 1892) entwickelte als erster mathematische
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Modelle zur Beschreibung mechanischer Systeme, die im zeitlichen Verlauf zu chaotischen Bewegungen führen, obgleich diese durch Gleichungssysteme eindeutig determiniert sind (›deterministisches Chaos‹). Die Ch.theorie ist u. a. entwickelt worden für die mathem. Rekonstruktion von Prozessen in dynamischen Systemen, welche mit ihrer Umgebung Energie austauschen (›dissipative‹ Strukturen; vgl. 8Dissipation). In der Ch. theorie wird angenommen, daß die interne ›Ordnung‹ dynamischer Systeme, die sich anfangs durch Periodizität auszeichnen, stufenweise durch Periodenverdopplung in ein Ch. übergeht. Diese Periodenverdopplungen führen zu Verzweigungen (›Bifurkationen‹, in der graphischen Darstellung: ›Poincaré - Abbildungen‹) dieser Prozesse. Nach diesem Modell wird ermittelt, daß bereits nach wenigen Bifurkationen eine regelmäßige Bewegung höchst instabil gegenüber Variationen der Anfangsbedingungen wird (›Schmetterlingseffekt‹) und dabei doch relativ stabile Muster erzeugt, die selbstähnliche (›fraktale‹) Eigenschaften zeigen, z. B. eine nicht ganzzahlige Dimension. Nach einer Berechnung von M. Feigenbaum strebt dabei das Verhältnis der Abstände zweier aufeinander folgender Bifurkationen gegen eine Zahl mit einem Wert von δ = 4,669... (Feigenbaum - Konstante), ein Indiz dafür, daß der Übergang in chaotisches Verhalten bei den verschiedenen Prozessen durch universale Regularitäten bestimmt ist. Die Sensibi-
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lität chaotischer Systeme gegenüber den Anfangsbedingungen erhält zwar das schwache Kausalitätsprinzip (›Gleiche Ursachen haben gleiche Wirkungen‹), führt aber zur Verneinung des starken Prinzips ›ähnliche Ursachen haben ähnliche Wirkungen‹. Die Ch.theorie wird angewendet in der Hydrodynamik, bei der physikalischen Beschreibung von elektromagnet. und mechanischen Schwingungen, in der Meteorologie und Klimatologie, in ökologischen Modellen (Populationsdynamik, Epidemologie), der Reaktionskinetik, neuerdings auch bei der Berechnung von Relationen zwischen Variablen, die unterschiedl. Systemen angehören (z. B. bei Zukunftsprognosen, für die gleichzeitig klimatische, soziale, technologische, demographische, ökonomische und biotische Faktoren eine Rolle spielen). Es gibt Computerprogramme, welche die systemunspezifische Simulation von Ch.varianten zulassen. Characteristica universalis, neulat. ›allgemeine Ch. oder Bezeichnungskunst‹, Ausdruck von G. W. Leibniz für die von ihm entwickelte symbolische Logik. Charakter, gr. (von charassein ›schärfen‹, ritzen, einprägen), ›das eingeprägte Zeichen‹, das Merkmal, das Gepräge; von Theophrast (um 300 v. Chr.) auf Menschentypen übertragen, im 15. Jh. dt. nachweisbar in zweifachem Sinn: 1. ›eingeritztes Schriftzeichen‹, bes. Zauberzeichen, 2. amtliche Eigenschaft, Rang. Ch. bedeutet seit J. La Bruyere (Les caractères de Theo-
Charakter
phraste et les moeurs de ce siècle, 1688) die eigentümliche Natur eines Menschen, den festen Grundzug seines Wollens und Handelns. Noch in der geisteswiss. orientierten Psychologie wurde unter Ch. das ganzheitliche Gefüge von Erlebnisformen verstanden. Dabei wurde versucht, eine allgemeingültige Theorie über das Wesen und die Formen oder Typen der vorhandenen Ch.e zu entwickeln. Abweichend davon dient der Begr. Ch. in der Ethik als Bez. für die Forderung, daß der Mensch einen Ch. ›haben‹ und charaktervoll handeln soll. Damit erhält der ursprüngliche neutrale Begriff des Ch.s eine weitere Bedeutung, nämlich die eines sittlich verläßlichen Menschen (Ch. als nicht weiter spezifizierte Bez. für Menschen mit psychischen und moral. Qualitäten bereits bei Chr. Thomasius in: Gedanken oder Monatsgespräche, 1690, 794 ff.). Auf I. Kant geht der Vorschlag zurück, den physischen und den moralischen Ch. auch als anthropolog. Merkmale zu unterscheiden: »Man sagt teils: ein gewisser Mensch hat diesen oder jenen (physischen) Ch., teils: er hat überhaupt einen Ch. (einen moralischen), der nur ein einziger oder gar keiner sein kann. Das erste ist das Unterscheidungszeichen des Menschen als eines sinnlichen oder Naturwesens; das zweite desselben als eines vernünftigen, mit Freiheit begabten Wesens« (Anthrop. II A). Charaktere, Mehrzahl von Ch., auch: geschriebene Zeichen zum abgekürzten Ausdruck bestimmter Begriffe und Gegen-
Charakteristik
stände. Für den modernen sprachphilosophischen Begriff von Charakter (engl. character) vgl. 8Indexikalität. Charakterismen, von I. Kant im Unterschied zu 8Schema und 8Symbol eingef.: »Bezeichnungen der Begriffe durch begleitende sinnliche Zeichen, die gar nichts zu der Anschauung des Objekts Gehöriges enthalten, sondern nur jenen (den schematischen und symbolischen Darstellungen) nach dem Gesetze der Assoziation der Einbildungskraft, mithin in subjektiver Absicht zum Mittel der Reproduktion dienen; dergleichen sind entweder Worte oder sichtbare (algebraische, selbst mimische) Zeichen, als bloße Ausdrücke für Begriffe« (KdU § 59). Charakteristik, seit dem 18. Jh. für neulat. (ars) characteristica; die Schilderung der Merkmale, Kennzeichen, auch die Charakterschilderung, Kennlinie, 8graph. Darstellung einer Gesetzmäßigkeit, z. B. in einem Koordinatensystem; in der Mathematik Kennziffer, z. B. Ch. des Logarithmus: der aus ganzen Zahlen best. Anteil des Logarithmus, der die Stellenzahl des Numerus angibt (z. B. 2 als die Ch. aller Logarithmen der Zahlen von 100 bis 999). charakteristisch, kennzeichnend im Sinne einer wesentlichen, bestimmenden Eigenschaft; der Begriff das Charakteristische ist seit der deutschen Klassik in der ästhetischen Theoriebildung präsent (vgl. A. H. Hirt, Über das Kunstschöne, Horen 1797, 7. Stück) und bedeutet die individuelle Darstellung eines Allgemeinen im Kunstwerk.
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Das C.e als künstlerisches Gestaltungsprinzip zielt darauf, die Einzigartigkeit von 8Charakteren und Situationen inhaltlich so im Kunstwerk umzusetzen, daß das Individuelle zugleich Allgemeingültigkeit erhält. In die künstlerische Darstellung soll nur eingehen, was auf diesen das Wesentliche sinnlich zur Erscheinung bringenden Inhalt bezogen ist, also zur Herausarbeitung des C.en beiträgt (G. W. Fr. Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, Einf. II). Vermittelt über Hegels Ästhetik ist das C. e in die Theoriebildung der materialistischen Ästhetik eingegangen und zu einer Grundkategorie des ästhetischen 8Realismus geworden. G. Lukács hat für das C. e den Begriff des Typischen vorgeschlagen (Probleme des Realismus, 1971): Das Typische als Gestaltungsprinzip stellt den einzelnen Menschen in seiner individuellen Situation so dar, daß er zum paradigmatischen Ausdruck der Totalität der gesellschaftlichen Verhältnisse einer historischen Epoche wird. Charakterologie oder Charakterkunde, von J. Bahnsen (Beitr. z. Charakterologie, 1867) eingef. für den Versuch, eine integrierende Wissenschaft von der individuellen oder typischen Eigenart der Menschen hinsichtlich ihres 8Charakters zu begründen, wobei das Willensleben zwar im Vordergrund steht, aber als mit der Eigenart des Gefühlslebens, des Temperaments, der Intelligenz, überhaupt mit dem Gesamtgefüge der Persönlichkeit in Beziehung stehend betrachtet wird.
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Charisma, gr. ›Gnadengabe‹, die außerordentliche geistige, als göttliche Fügung empfundene Begabung eines Menschen (8weltgeschichtliches Individuum). M. Weber (Wirtschaft und Gesellschaft, EA posthum 1922) unterschied die charismatische Herrschaft von der rationalen und traditionalen. Chassidismus, von hebr. hassidijm, die ›Frommen‹; geistig- religiöse Bewegung im Judentum, entst. in Osteuropa, begr. von Baal Schem Tov (geb. um 1700, gest. 1760), enth. die Lehre von der Allgegenwart 8Gottes als Begründung für die Aufhebung des Gegensatzes von 8Gut und 8Böse. Danach ist die Sünde nur eine irregeleitete Gotteskraft. In der Konsequenz führt der Ch. zu einem optimistischen Weltverständnis und Gottvertrauen, zur Ablehung der 8Askese und zur Hinwendung zum Weltlichen. Chauvinismus, von frz. Chauvin, Name eines Grenadiers, der in den Flugschriften für Napoleon I. nach der Rückkehr von Elba und in einem Lustspiel von Th. und H. Cagniard (La coccarde tricolore, 1831) auftritt; urspr.: Napoleonbegeisterung. Der Ausdruck wird in Deutschland erst nach 1870/71 gebraucht und bez. den aggressiv zur Geltung gebrachten, mit Überschätzung der eigenen Nation und Abwertung die Lebensrechte und Kulturen anderer Völker verbundenen Nationalismus; auch, in Anlehnung an jene Bed., in analoger Verwendung üblich geworden zur Bez. von frauenverachtenden Ein-
Chiffre
stellungen und Verhaltensweisen bei Männern. Chemie, gr. chemeia (urspr. svw.: 8Alchemie); naturwissenschaftl. Disziplin, in welcher die 8Elemente in freiem oder gebundenem Zustand, deren Reaktionen, Umwandlungen, Verbindungen und Wechselwirkungen erforscht werden; in weiterem Sinne beschäftigt sich die Ch. auch mit der Analyse der Zustandsarten von Atomen und Molekülen (z. B. mit den Ursachen und Wirkungen der Abgabe, Aufnahme und Verteilung von Elektronen zwischen Atomen und Molekülen: so die Quantenchemie, seltener auch ›Atomchemie‹ genannt). Chiffre, arab. sifr ›leer‹, seit dem 13. Jh. urspr. als Zahlzeichen ohne absoluten Wert, als Null in den roman. u. germ. Sprachen (dt. ›Ziffer‹) auftretend, später in dieser Bed. durch ital. nulla ersetzt; seit dem 15. Jh. bez. Ch. im Dt. Zahlzeichen. Da in alten Geheimschriften die Buchstaben durch Ziffern ersetzt wurden, konnte es im 18. Jh. die Nebenbedeutung ›Geheimzeichen‹ entwickeln; dazu Chiffrenschrift: die Geheimschrift, die der Weltgeist ›geschrieben‹ und dem Menschen zur ›Entzifferung‹ aufgegeben hat. Vgl. 8Buch der Natur, 8Hieroglyphe, 8Signatur. Im 18. Jh. gewinnt er umfassende Bedeutung, so bei J. G. Hamann, J. G. Herder, Fr. Schiller, als Metapher für verschlüsselte Bedeutungen, die sich uns bei der Naturanschauung erschließen. I. Kant spielt auf diese Bed. von Ch. an, wenn er davor warnt, ästhetische Deutun-
Chiliasmus
gen »für die wahre Auslegung der Chiffreschrift« des moralischen Gefühls zu halten (KdU § 42). Auch Fr. W. J. Schelling benutzt im Anschluß an I. Kant den Begr. im übertr. Sinne: »Was wir Natur nennen, ist ein Gedicht, das in geheimer, wunderbarer Schrift verschlossen liegt« (System des transzendentalen Idealismus, 1800; 5. HA sowie 6. HA, § 3, Pkt. 2; zu I. Kant: ebd. 5. HA). Eine Erneuerung des Gedankens der Ch. als ›Sprache der Transzendenz‹ bringt die Philosophie von K. Jaspers (hier in der Schreibweise ›Chiffer‹ als Synonym für ›Zeichen‹ und ›Signum‹), eine Sprache, die er zugleich als objektiv hervorgebracht und als subjektiv nach der menschl. Vorstellungskraft gestaltet begreift. Nicht nur die metaphysischen Systeme, sondern auch die Künste können ihrerseits als Ch.n angesehen werden (Philosophie, 1932, III 193). In der Literaturwissensch. wird Ch. auch zur Bez. einer Stilfigur der Lyrik verw., die semantisch nur zu entschlüsseln ist unter der Bedingung, daß die Mehrdeutigkeit eines Ausdrucks als ästhet. Gestaltungsprinzip anerkannt wird. Von Ch. spricht man, wenn ein sprachl. Bild, z. B. ›Reise‹, eine vom Dichter willkürlich gesetzten vieldeutigen Sinn erhält, z. B. als Synonym für ›Lebenslauf‹ oder für ›Traum‹ oder für offene Zukunft (›Reise ins Unbekannte‹), im Untersch. zur Metonymie oder 8Metapher, einem Stilelement der bildl. Sprache, welches i. d. R. eine eindeutig zuzuordnende Bedeutung trägt.
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Chiliasmus (von gr. chilioi ›tausend‹), der Glaube an das Kommen des Tausendjährigen Reichs, genauer die in der christl. 8Eschatologie wurzelnde Annahme, daß zwischen dem letzten Akt der Weltgeschichte und dem Beginn des göttlichen Reichs eine Zwischenzeit von 1000 Jahren liegen wird, in der Christus mit den beim Weltende auferstandenen Gläubigen in Frieden und Glückseligkeit herrscht (ältester überlieferter Beleg in der Offb. Joh., Kap. 20). Chiliastische Vorstellungen stammen aus jüdischer und hellenistischer Apokalyptik, sind aber auch schon im Parsismus nachweisbar als Ausdruck des epochalen Kampfes zwischen Gut und Böse als Weltmächte (vgl. die Zarathustra zugeschr. Prophezeiung des Ahura Mazda: »Dann weicht die Bedrückung aus der Welt, und für tausend Jahre stelle ich den Anfang wieder her« Bahman yasht III 61). Chimäre, gr., bei Homer Fabelwesen mit Ziegenleib, Löwenkopf und Schlangenschwanz, daher übertr. Phantasiegebilde, Hirngespinst, Irrlicht; chimärisch: phantastisch, trügerisch. Chirologie, gr., ›die Handlesekunst‹ als Grundlage der Chiromantie, der vermeintlichen Kunst, aus den Handlinien das Schicksal des Menschen vorauszusagen. Choleriker, (gr. cholë ›Galle‹, Zorn) der Jähzornige, Reizbare, Vertreter eines der vier 8Temperamente; cholerisch: jähzornig, reizbar. Chorismus, gr. chôrismos ›Trennung‹; die Getrenntheit der
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Sphären des Seins voneinander in bezug auf das Erkennen, bei Plato insbes. die Trennung der Ideensphäre von der Welt der Wirklichkeit, erste theoret. Ausprägung eines Weltbildes, das durch 8Antonyme definiert wird. Vgl. 8Dualismus. Chromosome, gr. chromos ›gefärbt‹ und sôma ›Körper‹, aus dem Zellkern bei der Teilung in Erscheinung tretende, meist schleifenoder stabförmige Gebilde, die die Träger der 8Gene, also der Erbanlagen sind; Sing.: Chromosom. chthonisch (gr. chthôn ›Erde‹), mit der Erde in Zusammenhang stehend; die chth.en Gottheiten sind in der gr. Mythologie die der Unterwelt. Circulus, lat. ›Kreis‹; von c. in probando spricht man, wenn man einen ›Kreis‹ beim Beweisen durchläuft: Zirkelschluß; c. vitiosus ist ein fehlerhafter Kreis oder Schluß, ein Beweis, der das zu Beweisende schon in seinen Voraussetzungen enthält (8Beweis). Von einem Circulus vitiosus spricht man auch, wenn in der 8Definition eines Begriffs dieser Begriff selbst auftaucht: »Ein Quadrat ist ein Rechteck, das quadratisch ist« (›Zirkeldefinition‹). Das Circulus- vitiosus- Axiom, von A. N. Whitehead und B. Russell aufgestellt, besagt: Was das Ganze einer Gesamtheit in sich enthält, darf nicht ein Glied dieser Gesamtheit sein. Es dient in seiner präzisen Formulierung zum Aufbau einer widerspruchsfreien 8Mengenlehre. civitas dei, lat. ›die Bürgerschaft‹, der Staat Gottes (8Reich); ein
cogito, ergo sum
Grundbegriff und der Titel des Hauptwerks von Augustin z. Bez. der Menschheit, sofern sie in Liebe zu Gott erzogen ist. Gegenbegriff: civitas terrena, die Gesamtheit der durch irdische Interessen verbundenen Menschen. clarus et distinctus, lat. ›8klar und 8deutlich‹; die Bedeutung dieser Worte wurde von R. Descartes (Principia I 45) festgelegt: »Klar nenne ich die Erkenntnis, die dem aufmerksamen Verstande gegenwärtig und offen ist ... , deutlich diejenige, die bei vorhandener Klarheit von allen anderen Erkenntissen so unterschieden und abgegrenzt ist, daß sie nur Klares in sich enthält« (8Begriff). cogito, ergo sum, lat. ›ich denke, also bin ich‹: der von R. Descartes zunächst im Discours de la méthode 1637 (IV, 3 frz.: Je pense, donc je suis, dann lat. in Principia I, 7: Ego cogito, ergo sum) formulierte Grundsatz seiner Metaphysik und in seinem Gefolge ein Hauptsatz in unterschiedl. Richtungen der neuzeitlichen Philosophie. Er setzt den Zweifel an allem dogmatisch Festgesetzten und Geglaubten (8Dogma) voraus (8de omnibus dubitandum) und besagt, daß das Ich sich im Denken (Zweifeln) als über allen Zweifel erhabenes Sein erfährt; daß das Bewußtsein sich im Denken als ›Bewußtsein‹ selbst weiß; daß die einzige Seinsgewißheit aus dem bewußten Denken stammt. Das c.e.s. soll nach Descartes’ späteren Fassungen nicht, wie er selbst urspr. durch das ergo nahegelegt hatte, als Schluß aufgefaßt werden (so daß nur die Prämisse »Alles Denkende
cognitio sensitiva
existiert« fehlte), sondern als unmittelbar einleuchtender, klar und deutlich einsehbarer Satz. Ähnlich wie R. Descartes hatte schon Augustin die Erkenntnis auf die Selbstgewißheit des Denkens gegründet, z. B. in De trinitate (X 10, 14): »Wer daher aus irgendeinem andern Grunde zweifelt, kann doch an alledem nicht zweifeln: daß er lebt, sich erinnert, begreift, will, denkt, weiß, urteilt; denn sonst könnte er an nichts zweifeln.« – Descartes’ Annahme, mit der Seinsgewißheit im Denken zugleich das Sein eines Denkenden und dieses als immaterielle Substanz (res cogitans) gefunden zu haben (so daß aus dem c.e.s. ein sum res cogitans wird), ist häufig bestritten worden. cognitio sensitiva, lat. die ›sinnliche Vorstellung‹ oder ›sinnliche Erkenntnis‹, ist ein Grundbegriff der 8Ästhetik A. G. Baumgartens, mit dem die 8Sinnlichkeit zum Gegenstand der Vorstellungsformen (vgl. 8analogon in der ›Ästhetik‹ im Sinne einer Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis) wird (»scientia cognitionis sensitivae«, Aesthetica 1750- 58, § 1 »perfectio cognitionis sensitivae«, § 14 f.). Mit sinnlicher Erkenntnis meint Baumgarten die Gesamtheit möglicher Vorstellungen unterhalb der sog. intensiven Klarheit der analytischen Erkenntnisweise. Dadurch werden einzelne Merkmale des Erkenntnisgegenstandes isoliert und so zu distinkter Unterscheidung bzw. Klarheit (8clarus et distinctus) bestimmt (vgl. Metaphysica, 1739, §§ 519 - 533). Gegenüber diesem obe-
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ren, logischen 8Erkenntnisvermögen zielt die sinnliche Erkenntnis des unteren Erkenntnisvermögens auf eine extensive Klarheit, die durch die Wahrnehmung der Menge der Merkmale des Erkenntnisgegenstandes zu einer komplexen Wahrnehmung und Erkenntnis gelangt. Ausdruck der 8Vollkommenheit dieser Erkenntnis ist folglich ihr Reichtum (Aesthetica § 22). Aufgabe der Ästhetik ist es, diese durch das Übergewicht des abstrakten Verstandesdenkens vernachlässigte sinnliche Erkenntnis zu entwickeln. coincidentia oppositorum, lat. ›Zusammenfall der Entgegengesetzten‹; von Nicolaus von Kues (De conjecturis II, 1 und 2) geprägt für die Auflösung des Widersprechenden im Unendlichen, d. i. Gott. Da Gott schlechthin transzendent, mithin auch transrational ist, kann von und vor ihm kein menschlicher 8Widerspruch gelten: Dieser muß vernichtet werden (8docta ignorantia). Die c. o. ist also nicht das Prinzip des positiven Vereinigens der Gegensätze zu einer konkreten Ganzheit (8System), sondern das Prinzip des aktiven Negierens der Gegensätze im Hinblick auf das Göttliche (8Nichts). Die pantheistische Auslegung der c. o., als Erklärung der Gegensätze aus dem göttlichen All und Zurückführung der Gegensätze in die göttliche Alleinheit, ist, obwohl sie bei Nicolaus von Kues angelegt ist, erst für G. Bruno charakteristisch. Die quantitative c. o. kehrt wieder in
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Fr. W. J. Schellings 8Identitätsphilosophie. common sense, engl. ›der gemeinsame Sinn‹, Übers. von lat. 8sensus communis, der gesunde 8Menschenverstand. complicatio, lat. (8Komplikation), bei Nik. v. Kues der Gegenbegriff zu 8explicatio. Conatus, lat. ›Anlauf‹, ›Unterfangen‹, die eingeschlagene Richtung, das Streben, die 8Tendenz. conceptus, lat. ›der 8Begriff‹. conclusio, vgl. 8Konklusion. concursus dei, lat. ›die Mitwirkung Gottes‹, nämlich bei der Verbindung der Vorgänge der Seele mit denen im Leibe. Die Theorie vom c. d. entstand innerhalb des 8Okkasionalismus, der einen unmittelbaren Einfluß der Seele und des Leibes aufeinander leugnete. conditio per quam, lat. ›Bedingung, durch die (etwas herbeigeführt wird)‹, traditionelle Bezeichnung für eine hinreichende 8Bedingung. conditio sine qua non, lat. ›die Bedingung, ohne welche (ein Ereignis) nicht (eintreten könnte)‹, seit dem 18. Jh. gebr. zur Bez. der unerläßlichen Vorbedingungen für etwas (bei materialen 8Bedingungen u. U. die ›notwendige‹, jedoch noch nicht hinreichende Bedingung). consensus communis, lat. ›allg. Übereinstimmung‹ der (kath.) Gläubigen in einer Frage der Lehre; dient als Argument für die Behauptung der Richtigkeit eines 8Dogmas. consensus gentium, consensus omnium, lat. die ›übereinstimmende Ansicht aller Völker‹, der Be-
contrat social
weis eines Glaubens aus dessen allg. Verbreitung. Dieses Beweisverfahren geht auf die Annahme einer gleichartigen Naturanlage aller Menschen bei den Stoikern zurück (8notiones communes). Es wurde bes. von Cicero (Tusc. disp. I 13, 30: Omni autem in re consensio omnium gentium lex naturae putanda est »Bei jeder Sache ist die Übereinstimmung der Völker einem Naturgesetz gleichzustellen«) ausgebildet und geübt und ging von ihm in den engl. 8Deismus und die 8schottische Schule über. Der c. g. wird bes. zum Beweis der Existenz Gottes herangezogen. consequens, lat. ›folgend‹, das Gefolgerte, der Schlußsatz eines Syllogismus (8Konsequenz, 8Syllogistik). contradictio, lat. 8›Widerspruch‹, c. in adjecto: der Widerspruch in der Beifügung, z. B. eckiger Kreis, hölzernes Eisen. Vgl. auch 8Kontradiktion. contrat social, frz. ›der 8Gesellschaftsvertrag‹. In seinem berühmt gewordenen Werk über den c. s. (1762) entwickelte J. - J. Rousseau die Jahrhunderte alte Lehre vom Gesellschaftsvertrag insofern weiter, als er den als vernunftnotwendig erkannten Inhalt des c. s. zur Norm des danach einzurichtenden Staatswesens erklärte. In der frz. Revolution gelangte seine Lehre zu praktischer Wirksamkeit. Ihr Grundgedanke ist, daß im c. s. alle Einzelnen ihre natürliche (8Naturzustand) Freiheit vollständig aufgeben, um dafür die ›bürgerliche‹ einzutauschen. Diese soll darin bestehen, daß keiner einem anderen
Cornutus
Willen gehorcht als einem allen gemeinsamen, der somit auch sein eigener Wille ist. Dieser allgemeine Wille (8volonté générale ), den er sorgfältig von einer bloß zufälligen Übereinstimmung der Einzelwillen (der 8volonté de tous) abzugrenzen sucht, wird von J.- J. Rousseau zum unumschränkten Herrschaftsprinzip erhoben. Dabei beruht der ›allgemeine Wille‹ Rousseaus auf dem richtig verstandenen Interesse aller Staatsbürger. Cornutus, lat. ›der Gehörnte‹, Bez. für einen dem gr. Philosophen Eubulides zugeschriebenen Fangschluß, der mit der Frage beginnt: »Hast du deine Hörner verloren?« Hierbei wird vorausgesetzt, daß man nur mit Ja oder Nein antworten dürfe. Antwortet man »Nein«, so wird gefolgert: »Also hast du sie noch; denn was man nicht verloren hat, besitzt man noch« (Diogenes Laertius, VII 137). Mit der bejahenden Antwort wird zugegeben, daß man sie einmal gehabt habe (vgl. auch 8Präsupposition). Craigs Lemma, nach dem amerik. Philosophen W. Craig im 20. Jh. benanntes Lemma. Danach gibt es zu jeder ableitbaren Formel A → C eine weitere Formel B, so daß gilt, daß auch die beiden Formeln A → B und B → C ableitbar sind. Dabei enthält B nur solche 8Prädikatvariablen, die zugleich in A und in C auftreten; auch Interpolationssatz gen. Creatianismus, Neub. von lat. creatio ›Schöpfung‹, die Lehre der 8Kirchenväter und 8Scholastiker, nach der der Leib des Menschen zwar von den Eltern erzeugt, seine
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Seele aber von Gott geschaffen und dem Leib kurz vor oder im Augenblick der Geburt eingesetzt werde. Vgl. 8Traduzianismus. creatio continua, lat. ›die fortgesetzte Schöpfung‹. Die Lehre von der c. c. besagt entweder, daß Gott die Welt nicht nur einmal geschaffen hat und sie dann sich selbst überläßt (8Deismus), sondern sie durch ständiges Weiterschaffen auch erhält; c. c. ist danach das Welterhalten (s. Thomas v. A., Summa contra gentiles III, 6). Oder sie besagt, daß Gott die Welt überhaupt nicht einmal geschaffen hat, sondern sie ›von Augenblick zu Augenblick‹ schafft, so daß Schaffen und Erhalten eins sind (Aktualitätslehre, 8actus purus). creatio ex nihilo, lat. ›die Schöpfung aus dem 8Nichts‹; siehe 8ex nihilo nihil fit. credo quia absurdum, lat. ›ich glaube es, weil es wider den Verstand (8absurd) ist‹, eine im 17. Jh. entstandene Grundformulierung des religiösen 8Paradoxons. Sie wurde Tertullian und Augustin zugeschrieben, findet sich aber bei beiden in diesem Wortlaut nicht. Bei Tertullian (De carne Christi 5) heißt es: Et mortuus est dei filius; prorsus credibile est, quia ineptum est. Et sepultus resurrexit; certum est, quod impossibile est. »Und Gottes Sohn ist gestorben; das ist ganz Sache des Glaubens, weil es ungereimt ist. Und begraben, stand er wieder auf; es ist gewiß, was unmöglich ist«. Augustinus macht (Conf. VI 5) den Manichäern (8Manichäismus) den Vorwurf, daß sie »vieles ganz Phantastische und
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Sinnlose (fabulosissima et absurdissima), weil es sich nicht erweisen lasse, zu glauben (credenda) forderten.« Das c. q. a. entspricht einer religiösen Auffassung, nach der das Glaubenserlebnis nicht nur seinem Ursprung nach 8irrational ist, sondern auch in jeder Bewährung irrational bleibt, also keinen Ausgangspunkt für das menschliche Erkennen bilden kann. (8Agnostizismus). – Als Grund des Erkennens wird der Glaube aufgefaßt in dem Satz credo ut intelligam, ›ich glaube, um zu begreifen‹. Dieser Satz, der charakteristischer für die mittelalterliche Auffassung ist als das c. q. a., wurde zuerst von Anselm von Canterbury (vgl. Proslogion 1) ausgesprochen: Neque enim quaero in-
culpa
telligere, ut credam, sed credo, ut intelligam »Ich suche nicht zu er kennen, um zu glauben, sondern ich glaube, um zu erkennen«; er geht auf Augustin (De vera religione 5, 24: credimus, ut cognoscamus, non cognoscimus, ut credamus »Wir glauben, um zu erkennen; wir erkennen nicht, um zu glauben«) zurück und führt zum theologischen 8Rationalismus. culpa, lat. ›das Verschulden‹, die 8Schuld; im engeren rechtswissenschaftlichen Sinn auch die Fahrlässigkeit, d. i. im Unterschied zum 8Vorsatz ein Verhalten, durch das gegen eine persönliche Sorgfaltspflicht verstoßen und dadurch ein voraussehbarer, strafbarer Erfolg herbeigeführt wird.
D
daimonion, gr. ›kleiner Gott‹ (lat. daemonium), nannte Sokrates nach Xenophon (Memorab. T 4, 15, IV 3, 13) und Plato (Apologie 31 C f.; Phaidros 242 A f. u. ö.) die innere Stimme, der er folgte und die er als etwas Göttliches wußte. Bei Plato erscheint sie mehr als warnender Geist, bei Xenophon mehr als Weissagekraft, die es Sokrates ermöglichte, seinen Freunden bei meist ganz alltäglichen Angelegenheiten gute und richtige Ratschläge zu geben. Mit diesem d. wurde das Prinzip der Entscheidung in das Innere des Menschen verlegt und nicht mehr die 8Sitte zum Maßstab des Handelns gemacht; nur bedingt mit den neueren Begriffen des 8Gewissens, der 8Subjektivität u. ä. gleichzusetzen. Dämon, gr. daimôn von daiesthai ›teilen‹, zuerteilen (idg. Wurzel dai, erhalten in got. dails ›Teil‹), eigentl. das 8Schicksal, bei Homer svw. der Gott (gr. theos); doch bez. theos mehr die Individualität des Gottes, wie sie in Kultus und Mythos hervortritt, während D. für die Äußerungen des Göttlichen als einer unbestimmten, allgemeinen, geheimnisvollen Macht gebr. wird. Später wurde D. zur Bez. der letzteren vorbehalten und gewinnt dabei die Bedeutung: niederer Gott (8Dämonenglaube). Der D. im Menschen ist seit Heraklit (Diels/ Kranz, Fragm. d. Vorsokratiker I, Kap. 22 B, Fr. 119: »Dem Men-
schen ist seine Eigenart [ëthos] sein D.«), Plato (Phaidon 107 D, Politeia X 617 E ff.) und bes. den 8Stoikern die schicksalhafte Bestimmtheit. Sie wird meist so vorgestellt, daß sich der Mensch bei seiner Geburt einen D. gleichsam als Schutzgeist wählt; dieser wohnt dann in ihm, prägt sein Wesen, lenkt sein Tun und macht ihn glücklich (eudaimon) oder unglücklich. Dämonenglaube, der Volksglaube, wonach die Welt voller Wesen sei, die zwischen den Göttern und den Menschen vermitteln. Diese Wesen sind bzw. wirken entweder gut (gr. agathodaimon) oder böse (kakodaimon). Die Meinung, daß sie nur böse, unheimlich, teuflisch seien, kam erst mit dem Christentum auf. Die spätgr. Philosophen unterschieden, bes. im Anschluß an Xenokrates, Götter, Dämonen, Heroen und Seelen, wobei sie die Götter als im Äther, die Dämonen und Heroen in der Luft, die sich bis zum Mond erstreckt, und die Seelen in irdischen Leibern wohnend dachten (8Animismus). dämonisch, von einem 8Dämon, einem göttlichen, übermenschlichen, außerordentlichen Geist beherrscht, gelenkt oder bewirkt; das Dämonische bez. daher das dem Menschen unerklärliche, sein Maß übersteigende, seine Form sprengende und zerstörende Schöpferische.
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Dämonologie, von gr. daimon und logos ›Lehre‹, die Lehre von den Dämonen (8Dämonenglaube). Dankbarkeit, ahd. mhd. danc von denken, die Gesinnung eines Menschen, der das ihm erwiesene Gute anerkennt, sich seiner erinnert und es erwidert, auch Haltung (8Habitus), 8Tugend; bei I. Kant eine sittl. Pflicht (Met. d. Sitten II § 32 f.). Dao, im 20. Jh. eingef. Umschrift in lat. Buchst. für chin. 8Tao, auch: Daoismus für 8Taoismus. darstellen, zum Ausdruck, zur vollen Anschaulichkeit bringen, methodisch entwickeln, in Zeichen und Symbolen vollständig ausdrücken (8Abbildung). Darwinismus, im engeren Sinn die Form der 8Abstammungslehre, wie sie der engl. Naturforscher Ch. R. Darwin ausgebildet hat (Hauptmerkmale: die Lehren von der zufälligen 8Variabilität der Keime und der 8Vererbung der veränderten Merkmale, von der 8Auslese der bestangepaßten Artvertreter durch den 8Kampf ums Dasein und die 8natürliche Zuchtwahl); im weiteren Sinn die biologische Theorie der 8Entwicklung aller Lebewesen aus einer oder wenigen Urformen in der Art eines Stammbaums. Zum D. im weitesten Sinn gehören auch die Anwendungen des Darwinschen Entwicklungsschemas (8Selektionsprinzip) auf andere Gebiete, bes. auf die Soziologie, z. B. bei H. Spencer, B. Kidd (Social evolution, 1894), aber auch auf die Logik (F. C. Schiller, Logic for use, 1929). Dasein, substantivierter Infinitiv, im Sinne von örtlicher Anwesen-
Dauer
heit um 1700 geb., von G. W. Leibniz und Chr. Wolff zuerst gebr. für lat. 8existentia, das Sein, das einem Gegenstand zukommt, der in Raum und Zeit (8hic et nunc) angetroffen wird, das Vorhandensein (Daß- Sein) im Unterschied zum Beschaffensein (Sosein, Wassein). Der Begriff wurde auch für ›ideale Gegenstände‹ gebr. (8Ontologie, 8Gottesbeweise). Bei I. Kant ist D. eine Kategorie der 8Modalität und als solche der Gegensatz zum Nichtsein. Im Sinne spezifisch menschlichen ›Seins in der Zeit‹ erscheint er zuerst bei J. Chr. Gottsched (Krit. Dichtkunst, 1725, S. 534): »Mein Daseyn ist umsonst, wenn Jahre, Tag und Stunden vergebens untergehn.« Über die Bed. 8Wirklichkeit hinausgehend, erhält D. damit die spez. Bedeutung ›menschl. Existenz‹ (8Existenzphilosophie), die der Mensch ›ist‹ (und nicht nur ›hat‹). M. Heidegger faßt in Anlehnung an S. Kierkegaards Begriff der8Existenz das D. als »das Seiende, das wir je selbst sind«, als »das Sein des Menschen« (Sein und Zeit, EA 1927, 7, 25) und grenzt sich damit ab gegen eine Philosophie des reinen Bewußtseins (8Transzendentalismus), aber auch gegen eine bloß materiell- empiristische Daseinsauffassung (8Positivismus). Dauer, mhd. duren, aus lat. durare ›ausdauern‹, währen, erst vom 17. Jh. an häufig gebr. für das Fortbestehen der Dinge in der Zeit (vgl. Crusius, Wege z. Gewißheit ... , EA 1747, § 55; I. Kant, KrV, B 226) und die zeitliche Erstreckung eines Vorgangs. D. ist ein Grundbegriff
de dicto
geschichtlichen Verstehens (8Kontinuität). Den subjektiven Begriff der D., D. als Bewußtsein der D. und als Übertragung vom Subjekt auf die Dinge, führte R. Descartes ein (Meditationes II; wörtl. erst III, 45; V, 76: ›duratio‹ in d. lat. Orig.Ausg.), den psychologischen, D. als Empfindung des Abstands zwischen dem Auftreten zweier Vorstellungen im Bewußtsein und damit als Zeitstrecke (›Zeitdauer‹), entwickelt zuerst J. Locke (An Essay Concerning Human Understanding, II 14, § 3), einen phänomenologischen Begr. der D. als Einheit von multipler und universeller 8Zeit schlug H. Bergson (Durée et simultanéité, 1922) vor. de dicto, vgl. 8Modallogik. Deduktion, lat. (gr. apagogë ) ›Herabführung‹, die Herleitung, Ableitung des Besonderen und Einzelnen von einem Allgemeinen, die Erkenntnis eines konkreten Falles mittels eines allgemeinen Gesetzes; Gegensatz: 8Induktion. In 8Logik und Mathematik heute svw. die 8Ableitung eines Satzes aus anderen Sätzen, insbes. aus 8Axiomen oder 8Definitionen. Als logische Form der D. galt in der Klass. Logik der Syllogismus (8Syllogistik) und der aus Syllogismen bestehende 8Beweis. – I. Kant unterschied die transzendentale D. der Kategorien von der empirischen: »Ich nenne die Erklärung der Art, wie sich Begriffe a priori auf Gegenstände beziehen können, die transzendentale D. derselben.« (KrV, B 117). Unter metaphysischer D. der Kategorien versteht I. Kant den »Ursprung der Kategorien a
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priori überhaupt durch ihre völlige Zusammentreffung mit den allgemeinen logischen Funktionen des Denkens dargetan« (KrV, B 159). deduktiv, frz. déductif, herleitend, ableitend, vom Allgemeinen, Gesetzlichen ausgehend; Gegensatz: 8induktiv; deduktives System: ein System, in dem man mit Hilfe von 8Ableitungsregeln die in einem bestimmten Gebiet geltenden Sätze herleiten kann, also ein 8axiomatisches System oder allgemeiner ein 8Kalkül. definit, lat., vollständig und eindeutig bestimmt; Gegensatz: 8indefinit. Definition, lat. definitio (gr. horismos) ›Abgrenzung‹, ›Bestimmung‹, allgemein die Festsetzung des Gebrauchs bzw. der Bedeutung von sprachlichen Zeichen, etwa von Wörtern. Das, was definiert werden soll, nennt man ›Definiendum‹, das, wodurch es definiert wird, heißt ›Definiens‹. Bei Aristoteles und in der auf ihn zurückgehenden, über lange Zeit maßgeblichen philosophischen Tradition spielen D. en von Artbegriffen eine zentrale Rolle, in deren Definiens jeweils der nächsthöhere Gattungsbegriff (Genus proximum) und die Eigenschaft angegeben wird, die für die Angehörigen der fraglichen Art im Unterschied zu anderen Mitgliedern der Gattung charakteristisch ist (Differentia specifica). So kann man etwa den Artbegriff »Quadrat« durch das Definiens »Rechteck mit vier gleichen Seiten« bestimmen, wobei ›Rechteck« das Genus proximum und »mit vier gleichen Seiten« die Differentia
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specifica ausmachen. In der Tradition wird ferner zwischen Nominalund Reald.en unterschieden. Eine Nominald. ist eine (willkürliche) Festsetzung des Definiendums als eines Ausdrucks, der bislang noch keine Bedeutung hatte oder von dessen bisheriger Bedeutung man im betreffenden Kontext absehen will. Durch eine solche D. bestimmt man, daß das Definiendum dieselbe Bedeutung haben soll wie das Definiens, dessen Bedeutung ihrerseits bereits festliegt. Der definierte Begriff kann den definierenden dann als Abkürzung im Sprachgebrauch ersetzen. Die D. eines Quadrates als eines Rechteckes mit vier gleichen Seiten ist eine Nominald. in diesem Sinne: Beim Aufbau eines geometrischen Begriffssystems wird der Begriff des Quadrates auf der Grundlage der schon bekannten Begriffe des Rechtecks und der Gleichheit von Seiten eingeführt. Häufig schreibt man: »Quadrat: = Rechteck mit vier gleichen Seiten«. Als Festlegungen können Nominald.en nicht wahr oder falsch sein. Hierin stehen sie im Gegensatz zu Reald.en wie »Ein Mensch ist ein vernunftbegabtes Lebewesen«, durch die die Bedeutung des Definiendums nicht festgesetzt, sondern (korrekt oder inkorrekt) analysiert wird: Der Begriff »Mensch« hat im alltäglichen Sprachgebrauch bereits eine Bedeutung, und die Reald. »Ein Mensch ist ein vernunftbegabtes Lebewesen« soll darüber informieren, welche das ist. Heute spricht man häufig nicht mehr von Reald.en, sondern von Begriffs-
Definition
analysen oder - explikationen, und klammert sie aus der D.stheorie als einem Teilgebiet der 8Logik aus. Aus dem Begriff der Nominald., wie er oben angegeben wurde – in einer Nominald. wird die Bedeutung eines bisher inhaltslosen Definiendums durch ein Definiens mit schon bestimmter Bedeutung festgelegt, so daß das Definiendum dann als Abkürzung für das Definiens verwendet werden kann – ergeben sich eine Reihe von Anforderungen, die z. T. schon in der Tradition an D.en gestellt wurden. So ergibt sich etwa das Postulat der Zirkelfreiheit, das ›D.en‹ wie »Ein Quadrat ist ein Rechteck, das ein Quadrat ist« ausschließt: Hier wird der Begriff, der durch die D. erst bestimmt werden soll, im Definiens bereits vorausgesetzt. Ferner wird das mehrfache Definieren desselben Ausdrucks ausgeschlossen: Ist ein Ausdruck einmal definiert, so würde in jeder weiteren D. die Bedingung verletzt, daß ein Definiendum noch keine Bedeutung haben darf. Schließlich ergeben sich auch die Pascalschen Forderungen nach Eliminierbarkeit und Nichtkreativität: Da Nominald.en lediglich Bedeutungsgleichheiten festlegen (mit dem Ziel, eine praktischere, abgekürzte Redeweise zu ermöglichen), könnte man im Prinzip auch auf sie verzichten, ohne den Ausdrucksreichtum der Sprache einzuschränken, und es können keine neuen Tatsachenbehauptungen aus ihnen folgen. Dagegen ist es keineswegs wesentlich für eine korrekte Nominald., daß sie dem aristotelischen Schema von Genus
Definition
proximum und Differentia specifica entspricht. Die mathematische und zweifellos einwandfreie D. von a2 durch a · a hat beispielsweise eine ganz andere Form. – Insbesondere beim Aufbau formaler 8Kalküle werden auch abgekürzte Redeweisen festgelegt, ohne ausdrücklich auf 8Bedeutungen zurückzugreifen. So kann man etwa im Kalkül der 8Aussagenlogik bestimmen, daß A ∧ B für¬(A→ ¬B) stehen soll, ohne daß die Bedeutung der Grundzeichen ¬ und → schon gegeben sein müßte. Solche D.en nennt man ›syntaktisch‹, während die oben diskutierten ›semantisch‹ heißen (vgl. auch 8Syntax und 8Semantik). – D.en wie die bislang erörterten, durch die die Austauschbarkeit eines vorher unbestimmten Definiendums und eines (bedeutungsgleichen) Definiens festgelegt wird, werden häufig als ›explizite D.en‹ bezeichnet. Ihnen stehen sogenannte ›implizite D.en‹ im Rahmen von 8axiomatischen Systemen gegenüber. In gewisser Hinsicht kann man z. B. sagen, daß der Gebrauch der Grundzeichen → und ¬ in einem Kalkül der 8Aussagenlogik durch dessen 8Axiome implizit bestimmt wird. Ein anderes Beispiel ist der Begriff der ›Gerade‹ in axiomatischen Systemen der Geometrie. Genaugenommen werden in solchen Systemen freilich nicht die Grundzeichen selbst, sondern nur die Beziehungen zwischen ihnen definiert. Auf die Tatsache, daß nicht beliebige Axiomensysteme als D.ssysteme für ihre Grundbegriffe angesehen werden können, hat insbesondere
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G. Frege hingewiesen, der entscheidene Beiträge zur modernen D.stheorie lieferte. – Man unterscheidet noch eine ganze Reihe weiterer D.sarten, von denen hier nur einige aufgezählt seien. Genetische D.en geben ein Herstellungsverfahren für das Definiendum an: »Ein Kreis ist etwas, das entsteht, wenn man einen Punkt in festem Abstand um einen weiteren Punkt bewegt«. Eine operationale D. bestimmt eine Größe durch ein Meßverfahren: »Intelligenz ist das, was durch Intelligenztests gemessen wird«. Ostentative (›hinweisende‹) D.en legen die Bedeutung eines Begriffes durch den Hinweis auf Beispiele fest. In Kontextd.en wird bestimmt, welche Bedeutung ein Zeichen haben soll, wenn es in einem bestimmten Zusammenhang von Zeichen mit schon bekannter Bedeutung auftritt. Für die Mathematik und die Logik sind sogenannte rekursive oder induktive D.en von großer Bedeutung. So definiert man etwa n! (lies: n Fakultät) für alle n aus der Menge der natürlichen Zahlen durch die folgende Festlegung: 0! = 1 und (n + 1)! = n! (n +1 ). Auch die Regeln, nach denen etwa die aussagenlogische Sprache ›erzeugt‹ wird (vgl. 8Syntax), lassen sich in ihrer Gesamtheit als rekursive D.en dieser Sprache auffassen. Eine ›Verbald.‹ erklärt ein Wort aus seiner sprachlichen Herkunft. – Verschiedene Formen von D.en spielen in allen Wissenschaften eine wichtige Rolle. Eine einheitliche Theorie, die alle Aspekte des D.sbegriffes in einem systematischen Zusammen-
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hang darstellte, ist bislang nicht entwickelt worden. definitum, lat. ›das Bestimmte‹, der durch eine Definition bestimmte Begriff. Deiktische Ausdrücke, auch Deiktika (Sg. Deiktikon), zu gr. deiknymi ›zeigen‹, vgl. 8Indexikalität. Deismus, Neub. von lat. deus ›Gott‹ über frz. déiste (im 16. Jh., dt. seit Ende des 17. Jh. Deist, Vertreter des D.) für die bes. von Ch. Blount (Summary account of the deist's religion, 1680) und J. Toland (Christianity not mysterious, 1696) ausgesprochene Lehre, nach der Gott der außerhalb der Welt stehende Schöpfer ist, der die Welt den von ihm geschaffenen Naturgesetzen überläßt und in ihre Entwicklung nicht mehr eingreift. Später auch: Lehre, nach der die Vorstellung eines persönl. Schöpfergottes zu einem Glauben an das unbestimmt Göttliche als kosmisches Prinzip weiterentwickelt werden sollte (z. T. svw.: 8Pantheismus). Aus diesen Auffassungen folgte die Ablehnung einer übernatürlichen 8Offenbarung, bes. der Dogmen und Wunder. »Deist ist einer, der von Gott nur eine natürliche Wissenschaft behauptet« (V. L. v. Seckendorff, Christenheit, 1685, II. 4). Hauptvertreter in Britannien H. von Cherbury, die engl. 8Freidenker, in Frankreich die 8Enzyklopädisten, in Deutschland C. Fr. Bahrdt, H. S. Reimarus u. a. Vgl. 8natürliche Religion. Dekadenz, frz. décadence ›Verfall‹, im 17. Jh. eingedeutscht, urspr. Niedergang, die 8Entartung eines Menschen, eines Volkes, einer
Dekonstruktion
Kultur, dazu dekadent, entartet; auch als abwertende Bez. für nicht erwünschte künstler. Stilrichtungen und Lebensweisen mißbrauchbar. Im Anschluß an den römischen Historiker Polybios, bei dem zuerst das geschichtliche Problem des notwendigen Auf- und Abstiegs der Nationen, und zwar angesichts des Römischen Reichs selbst, auftauchte, entwickelt N. Machiavelli (Discorsi, 1518) die Lehre von der ›corruzione ‹; Ch. - L. Montesquieu schreibt die Considérations sur les causes de la grandeur des Romains et de leur décadence (1734), E. Gibbon die History of the decline and fall of the Roman empire (1776), wobei ›Niedergang‹ (decline ) u. D. als Synonyme verw. werden. Deklaration, lat., 8Erklärung, in der Logik die Begriffsbestimmung überhaupt, die im bes. eine Definition, eine Beschreibung, eine Explikation oder eine Erläuterung sein kann. Dekonstruktion (frz. déconstruction, analog gebildet zu lat. destructio). Eine von J. Derrida unter Berufung auf M. Heidegger entwickelte philosophische Arbeitsweise zur Interpretation von Traditionen des Denkens. Derrida geht (zuerst in: L ’ écriture et la différance, 1967) aus von dem, was in anderen Traditionen hermeutischer Zirkel genannt wird: Wie läßt sich etwas von der Tradition Unterschiedliches denken, wenn das eigene Denken selbst durch diese geprägt ist? Da nach Heidegger und Derrida eine andere Sprache als die traditionelle nicht zur Verfügung steht, bedarf es einer polyva-
Dematerialisation
lenten Interpretation, welche verschiedene mögliche Lesarten aufdeckt, ohne sich auf eine tradierte herrschende Auslegung festzulegen. Auf analoge Weise wird D. als spezif. hermeneutisches Verfahren auch in den Literaturwissenschaften erprobt. Derrida geht so weit, die Verschriftlichung von Texten als grundsätzl. Defizit gegenüber der mündlichen Rede zu bezeichnen. Schriftl. Festlegungen führen nach dieser These dazu, daß die Vielfalt möglicher Interpretationsweisen eher beschränkt als bereichert wird. In der Schule des sog. Dekonstruktivismus wird angeommen, daß tradierte Texte auch unsichtbare ›Spuren‹ hinterlassen, welche in einer vielfältigen Interpretation aufgedeckt werden können. Dematerialisation, lat., ›die Entstofflichung‹, die Befreiung von allem Stofflichen; im 8Okkultismus und 8Spiritismus im Gegensatz zur 8Materialisation das angebliche Verschwinden von Körpern. Demiurg(os), gr., ›der Handwerker, Künstler‹, bei Plato (Timaios 28 B ff.) der Weltbaumeister, Weltbildner, bei Plotin gleichbedeutend mit dem 8nous, in der Kosmologie der 8Gnostiker der vom höchsten Gott unterschiedene Schöpfer der Sinnenwelt, der Vorsteher (archôn) der untersten Stufe der Geisterwelt (8plëroma), der durch seine Berührung mit dem 8Chaos die Körperwelt schuf und dem Menschen eine 8Psyche gab; bei den Kirchenvätern svw. der 8Logos. In der neuzeitl. Philosophie wird noch die Gottheit als D. bez., wenn sie nicht als Schöpfer der Welt, sondern nur
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als Weltbaumeister (dem ein Weltstoff vorgegeben ist) gedacht wird (vgl. 8Schöpfung). Demokratie, gr., ›Volksherrschaft‹, im Unterschied zur 8Monarchie und und zur erblichen 8Aristokratie diejenige Staatsform, die alle Staatstätigkeiten auf die 8Volkssouveränität zurückführt und in der die Regierungsgewalt vom Willen des Volkes ausgeht. Zur Ermittlung des Volkswillens dienen Wahlen und Volksabstimmung. Bis ins 19. Jh. bez. man als D. ausschließlich e. direkte (plebiszitäre) Herrschaft durch die Bürger, dagegen nicht Machtdelegation an parlamentarische Vertreter durch Wahlen. (Diese nannte J. - J. Rousseau noch ›Wahl- Aristokratie‹, Contr. soc. Buch 3, 5. Kap.) Seit der Übertragung auch von Regierungsfunktionen auf Parlamente (zuerst im 18. Jh. in den Staaten Nordamerikas) nennt man auch Republiken oder konstitutionelle Monarchien mit weitgehender parlamentar. Kontrolle D.n. Als demokratisch im weitesten Sinne bez. man daher heute Machtverhältnisse, in denen Staatstätigkeiten (Ausarbeitung der Verfassung, Gesetzgebung und - durchführung, Staatsleitung und - verwaltung) vom Volk durch die Wahl von Vertretern (Repräsentanten) und Vertretungskörperschaften ausgeübt wird, die auf mannigfache Weise (direkte und indirekte Wahlen u. Abwahlen, Persönlichkeits- und Listenwahlen) zustande kommen und verschieden zusammengesetzt sind (Ein- oder Zweikammersystem, Rätesystem) usf. Ebenso kann die oberste Vollzugs-
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gewalt auf verschiedene Weise (direkt durch Urwahl, indirekt durch Beschluß der gewählten Vertreter) zustande kommen und gestaltet sein (Staatspräsidium, Präsident, Ministerrat). ›Demokratisch‹ nennt man ferner innere Meinungsbildungsprozesse u. Beschlußverfahren in Organisationen und Verbänden, zu welchen (analog zur demokr. Staats- und Gemeindeverfassung) alle Mitglieder chancengleichen Zugang haben u. in denen sie gleichberechtigt mitwirken können. Demonstration, lat., ›Darlegung‹ im allg. die Beweisführung, im bes. der aus der Anschauung gegebene 8Beweis; dazu demonstrabel, aus der Anschauung beweisbar; demonstrandum, das zu Beweisende; demonstrieren, beweisen, anschaulich darlegen. Demonstrativum, Pl. Demonstrativa, zu lat. demonstrativus ›hinzeigend‹, svw. Demonstrativpronomen, hinweisendes Pronomen, manchmal auch allgemeiner svw. Indexausdruck (vgl. 8Indexikalität). demoralisieren, Neub. zu lat. moralis ›sittlich‹, entsittlichen, auch: moralisch korrumpieren, jemanden in seiner ethischen Haltung erschüttern. Demut, (gr. tapeinophrosynë, spez. im N T, lat. humilitas) setzt wie Unterwürfigkeit ein Herr- Knecht- Verhältnis voraus und ist entsprechend bei Griechen und Römern eine geringgeachtete Haltung. Im N T wird D. zur 8Tugend (oft in 8Tugendkatalogen), indem sie auf das Geschöpf- Schöpfer- Verhältnis bezogen wird (vgl. Kol. 3, 12 u. 1.
Demut
Petr. 5, 5 f.). Als vor Gott und in Christus Gleiche sollen dessen Anhänger auch untereinander D. üben, wodurch sich die Gleichheit der »Auserwählten Gottes« zum Ausdruck bringe (Kol. 3, 10 ff.). Als diese Glaubenshaltung wird D. neben den theologischen oder göttlichen Tugenden (8Glaube, 8Hoffnung, 8Liebe) zu einer zentralen christlichen Grundhaltung. Ähnliche urspr. Bed. auch im Dt.: mhd. diemuot und dê muot, wobei dio, die, dê die Bedeutung ›Knecht‹, ›Diener‹ hat und der zweite Bestandteil svw. ›Sinn‹, ›Gesinnung‹ bedeutet: urspr. ›Gesinnung eines Dienenden‹, doch schon im Mhd. svw. Herablassung, Milde. M. Luther übers. mit D. die Worte gr. tapeinophrosynë, lat. humilitas. A. Geulincx erhebt die D. in seiner Neufassung der Tugendethik (Ethik oder über die Kardinaltugenden, 1665, dt. Übers. 1948) zur obersten 8Kardinaltugend: aus Liebe zur Vernunft überhaupt nicht an sich zu denken. D. bestehe darin, »daß ich mich von keinem eigennützigen Gedanken leiten lasse und alle eifrige Sorge um mich von mir ablege« und »auf meine Pflicht bedacht bin« (ebd., dt. Ausg. S. 36). Auch Geulincx begründet seine Ethik aus Ergebenheit gegenüber Gott. Seine calvinistisch beeinflußte Auffassung ermöglicht es aber, die Haltung der D. auch im bürgerlichen Alltag zu leben. I. Kants Versuch, die D. zu entchristlichen, bezieht sich auf den physischen Menschen nur im Vergleich mit dem transempirisch moralischen: »Das Bewußtsein und
Denkart
Gefühl der Geringfähigkeit seines moralischen Werts in Vergleichung mit dem Gesetz ist die D. (humilitas moralis).« (Met. d. Sitten, A 94). Denkart, swv. 8Denkweise, aber auch svw. 8Denkungsart, wie z. B. bei Fr. Schiller: »die Milch der frommen D.« (Tell, IV, 3). Denken (gr. noein, lat. cogitare ›wissen‹), im weitesten Sinn jedes aktive kognitive Verhalten des Menschen (im Unterschied zum Empfinden, Hingegebensein an Eindrücke), Vermuten (Dünken), Sicherinnern, Glauben. Im engeren, philosophischen Sinn ist D. die von allem Anschauen und Vorstellen, Meinen und Nachdenken unterschiedene, selbständige und selbstgesetzliche Tätigkeit des Geistes. Das philos. D. wurde zuerst von Parmenides schroff von dem bild- und sinnengebundenen, nur Meinung (doxa) erzeugenden D. geschieden (Diels/Kranz, Fragm. der Vorsokratiker I, Kap. 28 B). Ebenso trennte Plato D. (noësis) und Meinung. Er unterschied näher das reine D. (nous), das auf die Urbilder geht; das auf Anschauung angewiesene, Zahlen und Raumgebilde erkennende D. (dianoia); die Wahrnehmung (aisthësis), die die körperlichen Dinge, die Abbilder der Ideen, zum Gegenstand hat, und die nur mit den Spiegelbildern dieser Dinge beschäftigte eikasia. Das D. ist für ihn ein »Gespräch der Seele mit sich selbst« (Sophistes 263 E ff.). Entsprechend der Zweiheit von 8Möglichkeit und 8Wirklichkeit, Stoff (gr. hylë, lat. materia) und
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Form (gr. morphë, lat. forma) unterschied Aristoteles ein leidendes, passives, stoffliches (weil an sinnliche Wahrnehmungen gebundenes) D. (nous pathëtikos ) und ein tätiges, von nichts anderem bestimmtes, nur sich selbst bestimmendes, freies D. (nous poiëtikos; vgl. De an. III 5, 430 a). Der metaphysische Begriff eines »Denkens des Denkens« (noësis noëseôs), von Aristoteles auch 8Theorie genannt (Met. XII 7, 1072 b), hat in der abendländischen Philosophie fortgewirkt. Bes. die 8Scholastik benutzte das letztere zur rationalen Sicherung u.a. auch der Glaubenswahrheiten. In der neuzeitl. Philosophie wird das D. vorwiegend als subjektive Tätigkeit im Gegensatz zum objektiven Sein und Geschehen gefaßt. Th. Hobbes hielt es für ein Rechnen, ein Addieren und Subtrahieren von Begriffen, die selbst nur Zeichen der Dinge seien (8Nominalismus). R. Descartes setzte es gleich mit dem 8Bewußtsein und sah in ihm das Unterscheidende vom Körperlichen (8cogito, ergo sum). Nach J. Locke (8tabula rasa) und D. Hume wird aller Stoff des D. s durch die sinnliche 8Wahrnehmung gegeben; das D. habe nur die Aufgabe, diesen Stoff zu ordnen. Während G. W. Leibniz jede seelische Tätigkeit als deutlicheres oder verworreneres D. auffaßte und ihm eine von der Sinneswahrnehmung unabhängige Eigengesetzlichkeit zuschrieb (8Monade), wurde es in der 8Aufklärung als ein (wenn auch höheres) seelisches Vermögen neben andern behandelt. I. Kant unterschied das D. einerseits von der
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8Anschauung, andererseits vom Erkennen. »Sich einen Gegenstand denken und einen Gegenstand erkennen, ist ... nicht einerlei. Zum Erkenntnisse gehören nämlich zwei Stücke: erstlich der Begriff, dadurch überhaupt ein Gegenstand gedacht wird (die Kategorie), und zweitens die Anschauung, dadurch er gegeben wird« (KrV, B 146). Eine davon unterschiedene Bedeutung gewinnt das D. bei G. W. Fr. Hegel im Anschluß an Aristoteles. Hier denkt das D. sich selbst, d. h. sein eig. Verhältnis zu sich, indem es das jeweils Andere, den Gegenstand denkt, um Einseitigkeiten und Gegensätze des bloßen Verstandes (8abstrakt) denkend zu überwinden (8aufheben). Im 19. Jh. wurde das D. vielfach materialistisch (z. B. als ›Hirnsekretion‹ von J. Moleschott) und mechanistisch erklärt (8Assoziationspsychologie). Erst zu Beginn des 20. Jh. wurde seine Eigengesetzlichkeit wieder erkannt (8Denkpsychologie, 8Phänomenologie, 8LeibSeele-Problem). Denkform, das Formale an den Gedanken und Gedankenverbindungen im Unterschied zu ihrem Inhalt. So unterscheidet Fr. D. E. Schleiermacher (Dialektik, EA posthum 1839) Denkstoff und D. Bei K. L. Reinhold (Logik oder allgemeine D.enlehre, 1827) fallen die D.en mit der formalen 8Logik zusammen. G. W. Fr. Hegel (Wissenschaft der Logik, Vorr. zur 2. Aufl.) versteht unter D.en die 8Kategorien, die I. Kant Gedankenformen genannt hatte, und in dieser Bedeutung tritt seitdem das Wort im
Denkgesetze
philos. Schrifttum häufig auf. K. Jaspers (Psychologie der Weltanschauungen, EA 1919) gebraucht es synonym mit Denktechnik. H. Leisegang (D.en, 1928) versteht unter D. das in sich zusammenhängende Ganze der Gesetzmäßigkeiten des Denkens, die sich aus der Analyse von schriftlich ausgedrückten Gedanken und Begriffsverbindungen einer Persönlichkeit ergeben und sich als derselbe Komplex bei einzelnen anderen Denkern und bei ganzen Gruppen ebenfalls nachweisen lassen. Die Abhängigkeit der D.en von gesellschaftlichen Bedingungen wurde vielfach in der 8Wissenssoziologie des 20. Jh. (zuerst bei M. Scheler u. K. Mannheim) untersucht: D.en als abhängige Variablen der kapitalistischen Tauschverhältnisse analysiert A. Sohn- Rethel (Warenform und Denkform, EA in Buchform: 1978). Denkfreiheit, als ›Gedankenfreiheit‹ häufig naturrechtl. begr. Menschenrecht; in dieser Form ein von I. Kant (Was heißt sich im Denken orientieren?) geb. Ausdruck: für die Forderung, die Freiheit zu denken uneingeschränkt zu erhalten. Diese D. ist dem bürgerlichen Zwang und dem Gewissenszwang entgegengesetzt, wobei I. Kant zusätzlich für die »Freiheit im Denken die Unterwerfung der Vernunft unter keine andere Gesetze als: die sie sich selbst gibt« fordert. Denkgesetze, in der traditionellen 8Logik Bez. für universell gültige Grundsätze des richtigen Denkens, so z. B. der Satz der 8Identität, der Satz vom 8Widerspruch (8Principium contradictionis), der
Denkökonomie
Satz vom ausgeschlossenen Dritten (8Principium exclusi tertii), der Satz vom zureichenden 8Grund. Denkökonomie (gr. oikonomia ›Haushaltung‹), die Sparsamkeit in den Voraussetzungen des systematischen Denkens und den Ansätzen wissenschaftlichen Arbeitens, so schon bei I. Kant (KrV, B 432 f.): »Daß man die Anfänge (Prinzipien) nicht ohne Not vervielfältigen müsse (entia praeter necessitatem non esse multiplicanda) [...] Man möchte vielleicht glauben, dieses sei ein bloß ökonomischer Handgriff der Vernunft.« Im Sinne des 8Positivismus erhob E. Mach (Erkenntnis und Irrtum, 1905) die D. zum Grundprinzip des wissenschaftlichen Verfahrens überhaupt: Alle Wissenschaft sei eine Nachbildung von Tatsachen in Gedanken, wobei das Denken von dem Prinzip geleitet sein soll, mit möglichst wenig Mitteln und Aufwand an Begriffen möglichst viel zu erreichen. H. Vaihinger (Die Philosophie des Als Ob, 1911, 192710) erklärte auch das Zustandekommen und den Gebrauch der 8Fiktion aus der D. Denkpsychologie, von O. Külpe und seinen Schülern, der sog. Würzburger Schule, gebildeter Ausdruck z. Bez. der von ihnen betriebenen experimentellen Erforschung der Denkvorgänge, von denen sie zeigten, daß sie nicht auf Assoziationen zurückgeführt werden können (8Assoziationspsychologie), daß es vielmehr ›unanschauliche‹ Bewußtseinsinhalte gebe. Denkungsart, im Unterschied von 8Denkart oder 8Denkweise die sich im Urteilen und Werten äu-
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ßernde 8Gesinnung des Menschen. So spricht I. Kant da, wo es sich um eine neue Methode des Denkens handelt (KrV, Vorr.), von einer »Revolution der Denkart«, aber in Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft von der »Gesinnung« als der »sittlichen D.« u. v. einer »Revolution der D.«. Denkvorgang, das bewußte oder unbewußte seelische Geschehen, das mit der Bildung eines Gedankens, eines Begriffs oder Urteils endet und auch Denkakt genannt wird (8Akt). Denkweise, meist svw. 8Denkart, 8Denkform. Denomination, lat., ›die Benennung‹. Denotation/Konnotation, lat. ›Bezeichnung‹ bzw. ›Mitbezeichnung‹, ein Begriffspaar aus der 8Sprachwissenschaft, 8Sprachphilosophie und 8Semantik. D. bez. den inhaltlichen Kern eines Ausdrucks, K. die mit ihm verbundenen subjektiveren Assoziationen. In diesem Sinne gehört es zur D. von »Junggeselle«, ein unverheirateter Mann zu sein; zur K. könnte etwa die Assoziation des fröhlichen Junggesellenlebens gehören. Abweichend von diesem Sprachgebrauch verwendet man ›D.‹ auch im Sinne von ›Extension‹ (vgl. 8Intension/Extension). de omnibus dubitandum, lat. ›es ist an allem zu zweifeln‹, Bezeichnung des Ausgangspunktes der Philosophie von R. Descartes (8cogito ergo sum, 8Zweifel). deontische Logik, (Logik des Sollens, Normenlogik, Deontik), logische Disziplin, die sich (analog zu
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den Operatoren »notwendig«, »unmöglich«, »möglich« der (alethischen) 8Modallogik) mit normativen Ausdrücken wie »geboten«, »verboten« und »erlaubt«, im Unterschied zur normativen Ethik aber nicht inhaltlich mit Geboten und Verboten, sondern mit den formalen Folgerungen und der Syntax normativer Sätze beschäftigt. Erste Ansätze zu einer Logik des Sollens gehen bereits auf G. W. Leibniz und J. Bentham zurück. In den zwanziger Jahren des 20. Jh. entwickelte E. Mally ein 8Axiomensystem des Sollensbegriffs (Grundgesetze des Sollens, 1926). In ihrer heutigen Gestalt geht die d. L. vor allem auf die Arbeiten von G. H. v. Wright Mit-te des 20. Jh. zurück (DeonticLogic, Mind 60, 1951). S. a. 8Imperativlogik. Deontologie, von gr. deon das ›Seinsollende‹ und logos ›Lehre‹, nach J. Bentham (Deontology or the Science of Morality, 1834) eingef. z. Bez. der Ethik als der Lehre vom 8Sollen oder der Pflichtenlehre. Als deontologische Ethik bezeichnet man in systemat. Darstellungen zur Ethik alle Formen normativer 8Ethik, welche die Verbindlichkeit einer Handlung nicht von den erwarteten oder in Kauf genommenen Folgen abhängig macht, sondern das Gebot oder Verbot einer Handlung ausschließlich auf den Wert der Handlung selbst bezieht. Ggs.: 8teleologische Ethik. Deontolog. Ethik dient auch als Sammelbezeichnung für verschiedene Typen der ›normativen Ethik‹, welche ausschließlich nach
Derivation
den Kriterien ›geboten‹, ›erlaubt‹ und ›verboten‹ funktionieren, im Unterschied zu Ansätzen einer 8Wertethik (in welcher nach komparativen Maßstäben geurteilt wird). Dependenz, von lat. dependere ›abhängen von‹, ›beruhen auf‹, die 8Abhängigkeit einer Sache, eines Vorgangs oder einer Person von anderen, eine Art der 8Kausalität. de re, vgl. 8Modallogik. Derivat, lat., in der Grammatik ein durch 8Derivation entstandenes Wort; im allg. etw. Abgeleitetes, z. B. in der Biologie Bez. für Organe, deren Form oder Funktion phylogenetisch aus früheren Bildungen erklärt werden kann; in der Chemie Abkömmling einer Verbindung, bei der einzelne Atome der früheren Verbindung durch andere Atome oder Atomgruppen ersetzt sind. Derivation, v. lat. derivatio ›Ableitung‹ (z. B. eines Flusses), im übertr. Sinne auch Ablenkung (z. B. eines Verdachts auf andere); in der Mechanik seitl. Abweichung eines sich drehenden Gegenstandes von seiner urspr. Richtung durch Kreiselbewegung; in der Sprachwiss. 8Ableitung z. B. eines Wortes aus einer anderen Wortbildung. D.en heißen in der 8Ideologienlehre von V. Pareto festgelegte, nur schwer veränderl. Gefühlsdispositionen und Überzeugungen, die als Rechtfertigungen fungieren können (auch: Residuen). Die wichtigsten D.en sind die, welche 1. auf scheinlog. Begründungen basieren, 2. durch Gefühle und Prinzipien verstärkt werden, 3. auf respektier-
designieren
te Autoritäten zurückgeführt werden können, 4. auch nur allg. auf einer bloßen Behauptung von Sachverhalten beruhen. designieren, von lat. designare ›bezeichnen‹; semantischer Begriff für die Bezeichnung von etwas; svw.: referieren, auf etwas Bezug nehmen (8Beschreibung). Designator, ein Bezeichnungsausdruck, speziell ein 8Name, eine 8Kennzeichnung oder ein 8Prädikat. Starre D.en (engl. rigid designators) nennt man seit S. Kripkes Untersuchungen in Naming and Necessity (1972) Ausdrücke, die in jeder möglichen Welt (vgl. 8Mögliche- Welten- Semantik) dasselbe bezeichnen. Nach Kripke sind Eigennamen (8Name) und Terme für natürliche Arten (8Term) starre D.en, 8Kennzeichnungen aber in der Regel nicht. Deskription, lat., die 8Beschreibung. Desperatismus (lat. desperare ›verzweifeln‹), nach E. v. Hartmann (Philos. Fragen der Gegenwart, 1885, S. 282) die Weltanschauung der Verzweiflung, die sich gründet auf »die Einsicht in die Unentrinnbarkeit des Leides und die Unerreichbarkeit des Wissens« (8Pessimismus); allg. die aus Hoffnungslosigkeit stammende Haltung, Denkund Handlungsweise. Despotismus, gr. despoteia ›die Herrschaft des Hausherrn (gr. despotës ) über seine Sklaven‹, von den Griechen auf die orientalischen Herrscher, bes. die Perserkönige, angewandt. Seit der Darstellung, die Plato (Nomoi III 12, 693 D ff.) von dem persischen D. gab,
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wurde mit diesem Wort die Regierungsform bezeichnet, bei der alle Macht in der Hand eines Einzelnen liegt, der außerhalb jeder gesetzl. Regelung subjektiv willkürlich und insof. unbeschränkt entscheidet. Deszendenztheorie, 8Abstammungslehre. Determination, lat., ›Begrenzung‹, die 8Bestimmung, die Festlegung; in der traditionellen Logik im Gegensatz zur 8Abstraktion der Fortgang von weiteren zu nächstuntergeordneten, engeren Begriffen, von der Gattung zur Art usf.; auch svw: (Begriffs- )Bestimmung, 8Definition. Determiniertheit: 1. Vorherbestimmtsein von Ereignissen durch ein höheres Wesen, 2. vollständige kausale Bedingtheit (8Determinismus); determinieren, lat. ›begrenzen‹, 8bestimmen, in der Botanik, Zoologie das Bestimmen der 8Art, zu der ein Naturwesen gehört, in der Ethik das Bestimmen des Willens. Der determinierte 8Wille ist der durch innere oder äußere Ursachen bestimmte, d. h. der freien 8Entscheidung unfähige Wille. Determinismus, frz. d éterminisme, in den Naturwissenschaften die Voraussetzung eines durchgängigen Kausalzusammenhangs aller Vorgänge in der Welt, auch der seelischen Erlebnisse und Willenshandlungen; in der Ethik die Annahme einer Bestimmung des Willens durch innere oder äußere Usachen, die die 8Freiheit des Willens ausschließt; in der Theologie die Lehre, daß das menschl. Wollen vollständig durch Gott bewirkt und
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bestimmt wird. In der Wissenschaftstheorie wird der D. auch als Arbeitshypothese verwendet: die Annahme eines durchgängig durch Gesetze (z. B. 8Naturgesetze) bestimmten Verlaufs aller Ereignisse ermöglicht die Vorhersagbarkeit, Berechenbarkeit von Ereignissen. Damit wird zugleich der irrationalist. Annahme widersprochen, es gebe unerklärbare Bereiche der Realität. Der D. als Modell wissensch. Theoriebildung wurde nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern (schon im 18. Jh. bei J. Lamettrie und P. Holbach) auf die Humanwissenschaften, inbes. auf die 8Anthropologie und 8Gesellschaftstheorie angewendet. Gegensatz: 8Indeterminismus. deus, lat. ›Gott‹, Lichtwesen, wie lat. dies ›Tag‹, gr. dios (als Eigenname: Zeus), germ. Ziu, Tyr, altind. Dyaus, und deva zur idg. Sprachwurzel div ›leuchtend‹, himmlisch: ›hell‹. deus absconditus, lat. ›der verborgene Gott‹, ein Ausdruck des A. T. für den »Gott Israels« (Jes. 45, 15), der »im Dunkeln wohnen« (1. Kön. 8, 12), d. h. einen Tempel erbaut haben wollte, im Christentum allg. der Zustand des Verborgenseins, Unoffenbarseins Gottes im Gegensatz zum deus revelatus, dem geoffenbarten Gott (8Offenbarung), im bes. die Unfaßbarkeit, Unerkennbarkeit Gottes (8Transzendenz). Eine Schrift De deo abscondito ›Vom verborgenen Gott‹ verfaßte Nik. v. Kues (dt. von E. Bohnenstädt, 1940). deus sive natura, lat., Formel B. Spinozas, die besagt, daß die feste, unabänderliche Ordnung der Na-
Dezisionismus
tur, die allgemeine Verkettung der Dinge die ›Leitung Gottes‹, die Notwendigkeit seines Wirkens manifestiert. Die Formel wird oft für die Gleichsetzung von Gott und Natur verwendet, wie sie im 8Pantheismus auftritt. deus ex machina, lat. ›Gott aus der Maschine‹; urspr. Begr. der antiken Bühnentechnik für einen kranähnl. Flugapparat, der den Abstieg einer Gottheit aus der Höhe ermöglichte; Formel zur Kennzeichnung eines plötzlichen, aus dem regelm. Handlungsverlauf nicht zu erwartenden Ereignisses. deutlich (mhd. diuteclich), ›klar‹ für die Sinne, klar für den Geist (lat. distinctus); heißt nach R. Descartes (Principia I 45) eine (sinnl. wie auch geistige) Erkenntnis (perceptio), die nicht nur 8klar, sondern von allen andern Erkenntnissen in dem Maße geschieden ist, daß sie nur Klares in sich enthält (8clarus et distinctus). Im Untersch. dazu galt für G. W. Leibniz die Erkenntnis durch die Sinne als verworren (8petites perceptions), die Verstandeserkenntnis als d. Deutung (von deuten, mhd. diuten ›hinzeigen‹), im weiteren Sinn jeder Versuch einer Sinnstiftung mit Bez. auf Gegebenes; im engeren Sinn svw. 8Auslegung, Interpretation (8Hermeneutik). Dezisionismus, in der Rechtsphilosophie eine Auffassung, nach der nur das, was die Gesetzgebung als 8Recht verkündet (insbes. in der Form von Gesetzen), als gültiges Recht betrachtet werden kann, im Untersch. zu Auffassungen, daß es Maßstäbe für ein davon unabhän-
Dharma
giges Recht gibt, z. B. Maßstäbe des 8Naturrechts, die bei der Rechtsfindung als Korrektiv bestehender Gesetze angewendet werden; auch als Bez. verwendet für die Kritik an Staatsrechtslehren, welche ihre Legitimität aus einer durch einmalige Entscheidung eingeführten Verfasssungsordnung herleiten (so z. B. in der Staatstheorie von C. Schmitt, zuerst in: Der Begr. des Politischen, 1927); im allg. auch kritische Kennzeichnung für die Weigerung, prakt. Entscheidungen überh. zu begründen, oder für die These, daß eine Begründung überhaupt unmöglich sei. Dharma, sanskr. ›Halt‹, Stütze, von englischspr. Indern auch mit (engl.) ›religion‹ übersetzt; in der hinduistischen Tradition einerseits Verhaltensnorm, andererseits auch individuelles Verhaltensmuster; Gegenbegriff: Adharma, sinngem.: Unrecht, Unordnung; im 8Buddhismus ist D. außerdem Gesetz des Seienden, auch Lehre, Eigenschaft. Diagnose, gr. diagnôsis ›Unterscheidung‹, ›Beurteilung‹, in der Wissenschaftsmethodologie, z. B. in der botanischen, zoologischen Systematik, die Feststellung der Merkmale, durch die sich eine Art, Gattung, Klasse von anderen unterscheidet (8Definition), in der Medizin die Bestimmung einer Krankheit durch die sie kennzeichnenden Merkmale. Diagnostik, gr. diagnostikë (technë) ›Unterscheidungskunst‹, die Kunst zu diagnostizieren, eine D. zu stellen. diagnostisch: die Unterscheidung und die Erkennung der wesentlichen
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Merkmale einer Sache begründend. Diagramm, gr. ›Durchschrift‹, Figur, Schema in Linien, graphische oder tabellarische Darstellung, durch die Unanschauliches, z. B. das Verhältnis von Größen zueinander, in Anschauliches umgeformt, schematisch dargestellt wird. Diakrisis, gr. ›die Trennung‹, Absonderung; Gegenbegriff: 8Synkrisis. Dialektik, gr. dialektikë (zu erg. technë), lat. dialectica ›Unterredungskunst‹, das philos. Bemühen um Nachweis und Überwindung von Widersprüchen im Denken und Sein. Die D. wurde schon von den Eleaten als indirektes Beweisverfahren geübt; Zeno gilt als ihr Erfinder (Diogenes Laertius IX, 5). Bei Sokrates ist sie die Kunst, einen philos. 8Dialog zu führen, der auf gemeinsame Erforschung der Wahrheit gerichtet ist. (Hieraus ist auch die Dialogform der Philosophie Platos zu verstehen.) Darüber hinaus bei Plato: das logische Verfahren der Begriffsbildung, Begriffszergliederung und - verknüpfung auch im Gespräch der Seele mit sich selbst (8Denken). Die D. gilt deshalb bei Plato als die oberste Wissenschaft (Philebos 58 A). Im Mittelalter war die D. als Logik eine der sieben freien Künste (8artes liberales). Für Kant ist sie »Logik des Scheins« (KrV, B 86), weil sie durch das Arbeiten mit Begriffen und Grundsätzen ohne Berücksichtigung der Erfahrung Erkenntnisse gewinnen zu können glaubt. I. Kants transzendentale D. ist die »Kritik des dialektischen Scheins«
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(ebd. 88; 8Antinomien, 8Paralogismen). Bei G. W. Fr. Hegel ist D. der Teil der Bewegung des spekulativen Denkens, welcher die eigengesetzliche Entwicklung der Vernunft über Widersprüche vermittelt. Diese Bewegung soll nicht nur der »immanente Rhythmus der Begriffe«, sondern auch der »Rhythmus des organischen Ganzen« der Natur und Geschichte selbst, also Denkdialektik und sog. ›Realdialektik‹ zugleich sein. Durch diese Ineinssetzung von Weltgeschehen und Menschendenken ist die D. überhaupt »das Waltenlassen der Sache oder der allg. Vernunft in uns, die mit dem Wesen der Dinge identisch ist« (G. W. Fr. Hegel, Enz. § 11). Vgl. 8absolut, 8abstrakt, 8Anderheit. Diese D. Hegels wurde im 19. Jh. teils bekämpft, wie bei S. Kierkegaard vom Standpunkt der »absoluten Subjektivität«, teilweise übernommen wie bei K. Marx, der sie auf Wirtschaft und Gesellschaft anwendete, indem er sie zum Widerstreit verschiedener ökonomischer Interessen und sozialpolitischer Anschauungen machte (8Klassenkampf; 8dialektischer Materialismus; 8historischer Materialismus; 8Marxismus). Dialektiker, im allg. ein Mensch, der das Für und Wider einer Sache scharfsinnig darlegen, Widersprüche, die im Denken auftauchen, geschickt erklären und lösen kann; im Unterschied dazu speziell: der dialektisch, nach der Methode der 8Dialektik Denkende. D. nannte man die 8Megariker, insbes. aber die Vertreter einer Rich-
dialektischer Materialismus
tung in der Scholastik, die unter dem Einfluß von Aristoteles, Porphyrios und Boethius die Logik als ein ›weltliches‹, logisch- formales Streitgesprächs- und Beweisverfahren auch auf die Theologie angewandt wissen wollten und forderten, daß diese den logischen Anprüchen Genüge tun müsse. dialektisch, gegensätzlich, in Widersprüchen sich bewegend, sich selbst widerstreitend. – Vgl. 8Widerspruch, 8Gegensatz, 8Negation. dialektischer Materialismus, eine zuerst von Fr. Engels (Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissensch., abgek. ›Anti- Dühring‹, EA 1878) formulierte philos. und weltanschaul. Grundlage des 8Marxismus; in späterer Lehrbuchfassung auch abgek. DIAMAT. Im Untersch. zur These des bis dato tradierten 8Materialismus geht Engels im Anschluß an K. Marx davon aus, daß zwar die ges. Realität eine materielle Grundlage habe, verzichtet aber darauf, alles Immaterielle, Geistige auf Stoffliches zu reduzieren. Im d. M. wird stattdessen die These vertreten, daß die Entwicklung zu ›Geistigem‹ aus einem inneren Bewegungs- und Entwicklungsgesetz der 8Materie ableitbar ist. Als Prinzip, welches solche dynamischen Gesetze beschreibbar macht, wird im Anschluß an G. W. Fr. Hegel das Prinzip der 8Dialektik geltend gemacht: Dieses wird, abweichend vom Begriffsverständnis bis zu I. Kant, als eine Art Entwicklungsgesetz alles Seienden und deshalb und erst in zweiter Linie als ein Denk- und Argumentationsmodell verstanden. Im An-
dialektische Theologie
schluß an G. W. Fr. Hegel wird beansprucht, daß die Realität nur in ihrem inneren ›dialekt.‹ Zusammenhang erfaßbar bleibt, entspr. ihrem inneren ›Bewegungsgesetz‹, gen. ›Dialektik‹. Aus der Methodologie der Hegelschen Analyse wird insbes. das bei ihm ›dialektisch‹ genannte Prinzip der Zuspitzung von 8Gegensätzen zu 8Widersprüchen übernommen. Unter dem Aspekt der Bewegung und Entwicklung als Seinsprinzip wird die Auflösung dieser Gegensätze im Zeitkontinuum nach dem Beschreibungsmodell 8Negation der Negation rekonstruiert. Naturentwicklung und gesellschaftliche Geschichte werden danach dem gleichen Begriffsschema unterworfen. Bei dem Versuch, diese philos. Grundlagen des 8Marxismus unter dem Namen d. M. zu systematisieren, was im 20. Jh. auch zu Dogmatisierungen und zu dem Versuch einer Herrschaftsrechtfertigung von Parteiapparaten (8Ideologie) in sozialistischen Ländern führte, wurde die von K. Marx urspr. begr. materialistische Geschichtsauffassung (8historischer Materialismus) um eine 8Ontologie und 8Naturphilosophie erweitert, um auch die gesellsch. Entwicklung, insbes. die vom 8Marxismus als praktisch- revolutionärem Programm, als mit den erkennbaren Gesetzen von Natur und Geschichte vereinbar und insofern als notwendig nachweisen zu können. dialektische Theologie, eine moderne Richtung des protestantischen Denkens, die, an M. Luther und S. Kierkegaard anknüpfend,
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von K. Barth (Der Römerbrief, 1918; Kirchl. Dogmatik, 1927 ff.) begründet und neben ihm bes. von F. Gogarten (Die religiöse Entscheidung, 1921; Von Glaube und Offenbarung, 1923) und E. Brunner (Erlebnis, Erkenntnis und Glaube, 1921; Die Mystik und das Wort, 1924) vertreten wurde. Ihr Voraussetzung ist der ›unendliche qualitative Unterschied‹ zwischen Gott und Welt, Glauben und Wissen, Religion und Kultur. Gott ist für sie das ›ganz Andere‹, ›absolut Objektive‹, das ›jenseits von jeder Erlebnismöglichkeit‹ sich Ereignende; Gotteserkenntnis ist daher nur indirekt möglich und insof. ›negativer Natur‹. Diallele, von gr. diallëlos tropos ›die sich im Kreise bewegende Art‹ (des Schließens), der 8circulus vitiosus (8Beweis). Dialog, von gr. dialogos ›Gespräch‹, in der Philosophie seit Sokrates und Plato die Entwicklung eines philos. Gedankens in Rede und Gegenrede und die ihr entsprechende literarische Kunstform, die sich von Plato bis in die neuzeitl. Philosophie erhalten hat, bes. durch M. Mendelssohn, G. Bruno, Fr. W. J. Schelling und K. W. F. Solger. In der Literaturwiss. auch 1. allg. Bez. für Texte mit wörtl. Reden unterschiedl. Rollenträger, inbes. im Drama, in der Epik, 2. Bez. für den Aufbau eines literar. Textes, in dem unterschiedl. Positionen zum Ausdruck kommen, auch wenn diese nicht verschiedenen Subjekten zugeschrieben werden. In diesem Sinne spricht man von Dialogismus, einer rhetor. Figur
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des Monologs, bei der ein Redner Fragen an sich selbst richtet und explizit selbst Antworten sucht. In der Sprache der Politik wird der Begr. D. oft auch für Verhandlung verwendet. In der Sprache der Datenverarbeitung taucht er in Komposita wie Dialogbetrieb, Dialogsystem auf als Bez. für die Eignung eines Rechners oder Programms, nicht nur passiv auf Benutzerbefehle zu reagieren, sondern auch ›aktiv‹ an einer Problemlösung mitzuwirken; Adj. dialogisch, allg.: in der Form eines D.es. dialogische Logik, ein zu 8Dialog und 8Logik gebildeter Begriff, der einen bestimmten Typ von logischen 8Kalkülen bezeichnet. Die Auszeichnung einer Aussage als 8Theorem geschieht in einem Kalkül der d.n L. im Rahmen eines Dialogs zwischen zwei fiktiven Dialogpartnern, dem Proponenten und dem Opponenten, der bestimmten Regeln darüber gehorcht, wie Aussagen des einen Dialogpartners durch den anderen anzugreifen und zu verteidigen sind. Als Theoreme gelten dann solche Aussagen, die gegen jeden Angriff verteidigt werden können. Da Kalküle der d.n L. nur durch ihre Dialogregeln (nicht etwa auch durch 8Axiome) bestimmt sind, spricht man auch von ›Regelkalkülen‹. Die Ableitung eines Theorems in einem dialogischen System ist oft etwas umständlich, zeichnet sich jedoch durch eine gewisse intuitive Durchsichtigkeit aus. Weil Ableitungen im Rahmen von Dialogen geschehen, heißt es häufig, die d. L. sei ›pragmatisch‹ (8Prag-
Diärese
matik) aufgebaut. Verschiedene Kalküle der d.n L. unterscheiden sich durch die Annahme unterschiedlicher Mengen von Dialogregeln, durch die jeweils verschiedene Aussagen als Theoreme ausgezeichnet werden. So kann man sowohl zur klassischen 8Aussagenlogik als auch etwa zur 8intuitionistischen Logik äquivalente dialogische Systeme angeben. (Vgl. z. B. W. Kamlah und P. Lorenzen, Logische Propädeutik, zuerst 1967.) diametral entgegengesetzt (gr. diametros ›Durchmesser‹) nennt man einen 8konträren Gegensatz, bei dem die Gegensätze so wie gegenüberliegende Pole (z. B. eines Kreises oder einer Kugel) gedacht werden (8Polarität); z. B. Norden und Süden, positiv und negativ (geladen), hell und dunkel. dianoia, gr. ›das Nachdenken‹, die Denkkraft, der Verstand, bei Plato der noësis untergeordnet (8Denken); dazu dianoëtisch (gr. dianoëtikos), denkend, den Verstand betreffend; dianoëtische Tugenden bei Aristoteles (Nik. Ethik I 13, 1102 a 5, VI 2, 1138 a ff.) im Unterschied zu den ethischen oder Charaktertugenden (Tapferkeit, Besonnenheit, Freigiebigkeit, Großzügigkeit, Ehr- und Schamgefühl) die Verstandestugenden: Wissenschaft (epistëmë), Kunst (technë), 8Klugheit oder 8Einsicht (phronësis), 8Weisheit (sophia), Wohlberatenheit (euboulia) und Verständigkeit (synesis). Dianoëtik, ›die das Denken betreffende Kunst‹, die Denkkunst, Denklehre. Diärese, gr. diairesis ›Trennung‹, ›Sonderung‹, bezeichnet die schritt-
Diastolë
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weise Zerlegung von Begriffen in dichotomische Unterbegriffe (8Dichotomie). Die Unterbegriffe werden dabei durch ihre Stellung in der Zerlegung inhaltlich bestimmt. Platon wandte dieses Verfahren in seinem Dialog Sophistes an, um den Begriff des Wissens zu charakterisieren: Meinung wahre Meinung
falsche Meinung
unbegründete Wissen wahre (= begründete Meinung wahre Meinung)
In der antiken Verslehre auch der Verseinschnitt, der mit einer metrischen Einheit (z. B. mit dem Ende eines Versfußes) zusammenfällt, im Unterscheid zur Zäsur, die urspr. nur das Wortende bez., welches den Rhythmus bestimmt; in der Lautlehre auch Bez. für das Phänomen, daß zwei aufeinander folgd. Vokale phonetisch getrennt werden und sich, wie z. B. bei der Aussprache v. »naiv«, auf zwei Silben verteilen; in der Medizin auch Zerreißung eines Blutgefäßes. Diastolë, gr. ›Dehnung‹, Erweiterung, Trennung, Unterscheidung, Gegensatz: 8Systolë. Diätetik, gr. diaitëtikë (technë), seit Hippokrates die Lehre von der zweckmäßigen Ernährung (Diät, gr. diaita, Lebensweise), bes. des kranken Körpers, dann auch von der Gesunderhaltung der Seele. Diatribe, gr. diatribë ›Zeitvertreib‹, eine ergötzliche Art des belehrenden philos.- moral. Vortrags, in der Antike von den 8Kynikern betrieben, von Bion (3. Jh. v. Chr.) als Kunstform ausgebildet, auch
von den Stoikern verwendet und im christl. Predigtstil weitergeführt. Dichotomie, zu gr. dichotomos ›halbiert‹, ›geteilt‹; ein Verhältnis zwischen zwei sich ausschließenden Begriffen, zu denen es einen gemeinsamen Oberbegriff gibt; dabei ist die Unterteilung des Oberbegriffs durch die beiden dichotomischen Unterbegriffe erschöpfend, d.h. alle Dinge, die unter den Oberbegriff fallen, fallen auch entweder unter den einen oder den anderen Unterbegriff. So besteht im Rahmen der Lautlehre etwa eine D. zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten, in der Biologie zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen. Auf dem Bestehen von D.n beruht die schon von Plato zur Klärung philosophisch interessanter Begriffe verwendete Methode der 8Diärese. Didaktik, gr. didaktikë (technë), allg. die Lehrkunst, seit W. Ratke (Aphorismi didactici praecipui, 1629) und J. A. Comenius (Didactica magna, 1657) die theoretische Unterrichtslehre als Teil der Pädagogik; unter der Sammelbez. ›Fach- D.‹ heute auch die Lehre von den Lehr- und Lernbedingungen sowie den Vermittlungsschritten für einen organisierten Unterricht in einem Schulfach. differentia, lat. ›der Unterschied‹ (8Differenz); d. numerica: der zahlenmäßige Unterschied, die Summe der Merkmale, durch die sich die Individuen einer Art voneinander unterscheiden, bei den 8Scholastikern geordnet nach den Gesichtspunkten: forma, figura, locus, tem-
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pus, stirps, patria, nomen; d. specifica: der artbildende Unterschied, das Merkmal, wodurch sich eine 8Art von der nächstübergeordneten Gattung unterscheidet (8Definition). differential, lat., ›den kleinsten Unterschied betreffend‹; dazu das Differential, von G. W. Leibniz (neben I. Newton einer der Schöpfer der Differential- und Integralrechnung) eingef. zur Bez. der lokalen (d. h. punktweisen) linearen Approximation: Bei der Bildung eines Differentialquotienten [dy:dx = f'(x); lies: dy nach dx; 8differenzieren] bez. man die Ausdrücke dy und dx als Differentiale. Differenz (gr. diaphora, lat. 8differentia), der Unterschied, die Verschiedenheit. In der Mathematik heißt D. der aus einer gegebenen Summe und dem aus einem gegebenen ›Summandus‹ zu bestimmende zweite Summandus, also das Resultat der Subtraktion. Differenzierung, Feststellung bzw. Aufstellung von Unterschieden; in der Evolutionsbiologie die Entstehung neuer Merkmale, durch die gleichartige Wesen sich bei der Fortentwicklung voneinander unterscheiden (8Spezifikation); differenzieren, die zwischen einzelnen Gegenständen bestehenden Unterschiede hervorheben; in der Mathematik den 8Differentialquotienten, den 8Grenzwert des Verhältnisses beliebig klein werdender Größen bilden. Diktatur, lat., im 18. Jh. ›Schreibstube‹, die in der römischen Republik in Zeiten eines Notstandes auf sechs Monate einem Einzelnen
Dilemma
übertragene höchste, von jeder Verantwortung und jedem Einspruch des Volkes freie 8Gewalt; in der Neuzeit Herrschaft eines durch polit. Körperschaften in der Ausübung seiner Macht nicht beschränkten Einzelnen oder einer ebenso selbständig handelnden Gruppierung, Junta oder Partei. ›D. des Proletariats‹: im 8Marxismus in der Bed. Machtausübung von Repräsentanten einer (proletarischen) Mehrheit über andere Minderheitsklassen (Grundeigentümer, Kapitalisten). Dilemma, zu gr. dis ( = di vor Konsonanten) ›zweimal‹, ›doppelt‹, und lëmma ›Voraussetzung‹, ›(Vorder- )Satz‹, also etwa soviel wie ›Doppelsatz‹ oder ›Zweisatz‹. In der 8Logik bezeichnet man eine Reihe mehr oder weniger eng verwandter Schlüsse (vgl. 8Schluß) als D.ta; typischerweise (aber nicht notwendigerweise) befindet sich unter den Prämissen eines solchen Schlusses ein Satz der Form »A oder B«, in dem von einer Alternative zwischen zwei Fällen die Rede ist. D. ta stellen etwa die Schlüsse von »Wenn A, dann C«, »Wenn B, dann D« und »A oder B« auf »C oder D« und von »Wenn A, dann C« und »Wenn nicht A, dann C« auf C dar (die Alternative zwischen A und nicht - A besteht aus logischen Gründen und braucht deshalb unter den Prämissen nicht ausdrücklich genannt zu werden, vgl. 8principium exclusi tertii). Außerhalb der Logik bezeichnet man im allgemeinen eine Situation als D., in der man zwischen zwei Handlungsweisen wählen muß, die beide
Dimension
negative Konsequenzen haben. Gibt es eine Wahl zwischen drei, vier oder mehr Möglichkeiten, so spricht man von einem Tri- , Tetraoder Polylemma. Dimension, lat., ›Ausmessung‹; im allg. die Ausdehnung eines Körpers im Raume nach Länge, Breite und Höhe; dann die Ausdehnung des Raumes selbst, in dem die gerade Linie eine D., die Ebene zwei, der Raum selbst drei D.en hat. Der dreidimensionale Raum unserer Anschauung und unmittelbaren Erfahrung entspricht der euklidischen Geometrie. Die Konstruktion anderer Räume mit mehr oder weniger als drei D.en ergibt sich in der analytischen Geometrie aus folgender Überlegung: Analytisch bestimmt wird ein Punkt auf einer Geraden von einem gegebenen Punkte aus durch eine Veränderliche (x), in der Ebene von dem Durchschnittspunkt zweier rechtwinkliger Geraden (Koordinaten) aus durch zwei (x, y), im Raume vom Durchschnittspunkt dreier rechtwinkliger Geraden aus durch drei voneinander unabhängige Veränderliche (x, y, z ). Der Gedanke kann weiter verfolgt werden und ein Punkt durch 4, 5, 6 ... voneinander unabhängige Veränderliche in seiner ›Lage‹ bestimmt gedacht werden. So entstehen pluridimensionale Räume (8Relativitätstheorie). In der Physik gibt die D. an, in welcher Potenz die drei Grundeinheiten (g, cm, sec.) in eine bestimmte Größe eingehen. Ding, ahd. ›Gerichtsverhandlung‹, mhd. dinc verhandelte ›Sa-
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che‹ und dann Sache überhaupt (vgl. 8Bedingung, 8Sache), entspr. gr. chrëma, pragma, lat. res, mlat. auch ens, heißt allg. alles, was ohne Widerspruch Gegenstand des Bewußtseins werden kann. Chr. Wolff (VGG I § 16) definiert »Alles, was möglich ist, es mag würcklich sein oder nicht, nennen wir ein D.« Sofern etwas nur gedacht wird, heißt es Gedankending (ens rationis, ens cogitabile). Sofern etwas als außerhalb des Bewußtseins existierend oder so gedacht wird, wie es in Wirklichkeit ist, heißt es Außenoder Einzelding (ens reale). Bezeichnend für das D.- Denken ist die Scholastik und der 8Cartesianismus (8res cogitans). Derselben statischen Wirklichkeitsauffassung entstammt das Schema des Verhältnisses von D. und 8Eigenschaften und 8Merkmalen. – Chr. Wolff unterschied (VGG I § 114, 115) zwischen »einem vor sich bestehenden D. oder einer Substanz« und einem »durch ein anderes bestehendes D.«. Das erste ist »dasjenige, welches die Quelle seiner Veränderungen in sich hat«; in ihm »findet sich eine Kraft«, es »kann etwas tun« (8Monade). Ein solches ist z. B. die Seele; denn sie »hat eine Kraft, wodurch sie in einer unverrückten Ordnung ihre Gedanken nacheinander hervorbringet«. Das »durch ein anderes bestehende Ding ist nichts als eine Einschränkung des für sich bestehenden«. Indem I. Kant das D. nicht in seiner Unabhängigkeit von anderen ›Dingen‹, sondern seiner Unabhängigkeit vom wahrnehmenden u. erkennenden Menschen untersuchte,
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kam er zu dem Gegensatz von 8Ding an sich und 8Erscheinung. Vgl. 8Sache, 8Substanz. Ding an sich, das 8Ding als unabhängig von Anderem gedacht (8an sich, 8absolut). Durch das erkenntnistheoret. Denken der Neuzeit, wo dieses Andere als das erkennende Subjekt des Menschen gefaßt wird, geriet der Begriff des D. a. s. in den Gegensatz zum Ding für uns, zum erkennbaren oder erkannten Objekt, zum Inhalt des Bewußtseins (8Erscheinung). Das Wort D. a. s. steht in der Tradition von N. Malebranche (choses en elles mêmes), J. Locke (things in themselves), P. Bayle (objects en euxmêmes), J. H. Lambert (Neues Org., Phän. I, § 20, 52: die Sache, »wie sie an sich« ist im Unterschied dazu, »wie wir sie empfinden, vorstellen«) u. ist bes. charakteristisch für I. Kant. Die D.e a. s. sind unbekannt. »Es sind uns Dinge als außer uns befindliche Gegenstände unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen, d. i. die Vorstellungen, die sie in uns wirken, indem sie unsere Sinne affizieren« (Proleg. § 13 Anm. II; vgl. KrV, B 59 f., 164, 332 f.). Sie sind zwar hypothetisch denkbar, aber nicht erkennbar; denn wir können »von keinem Gegenstand als D.a.s. selbst, sondern nur sofern er Objekt der sinnlichen Anschauung ist, d. i. als Erscheinung, Erkenntnis haben« (KrV, B XXVI). Das Verhältnis von D. a. s. und Erscheinung wird bei I. Kant mitunter nicht nur als ein logisches, sondern auch als
disjunkt
ein kausales Verhältnis bez.; denn das D.a.s. ist die reale Ursache der Empfindungen, es »affiziert« die 8Sinnlichkeit (KrV, A 358; Proleg. § 32, § 36); das D.a.s. ist also nicht nur Begriff, sondern »wirklicher Gegenstand« (Proleg. § 13 Anm. II). In der Regel wird D.a.s. als unbest. Begriff im Singular gebr.; die Pluralform wählt Kant fast nur in Kontexten, in denen er Gegenständen die Erkennbarkeit als bewußtseinsunabhängige abspricht, also nur ausdrückt, zu was Objekte nicht bestimmbar sind. direkt (lat. directe ›gerade‹), geradezu, unmittelbar, unvermittelt. Diremtion, lat., ›Trennung‹, bei G. W. Fr. Hegel u. a. die Besonderung durch Zerlegung. Disharmonie, von lat. dis ›entzwei‹ und gr. harmonia ›Fügung‹, ›Einklang‹, der Mißklang, der Mangel an Zusammenstimmung, an Zusammenhang (8Harmonie). disjunkt, lat. disiunctum ›getrennt‹, geschieden (von davon unterschiedenen Gegenständen, die mit dem Bezeichneten unter einen gemeinsamen Gattungsbegriff subsumiert werden können). So bez. man in der Mengenlehre als disjunkte Mengen (auch: elementfremde Mengen) solche, die kein Element gemeinsam haben, deren Durchschnitt also eine leere 8Menge ist. Abweichend davon: disjunktiv, d.h. einander ausschließend innerhalb einer gemeinsamen begriffl. Einheit (z. B. einer Menge), Ggs.: konjunktiv. Disjunktive sind in der Sprachwissensch. (Syntax) wortverbindende Konjunktionen (z. B. entweder – oder, sonst, an-
disjunktiver Syllogismus
dernfalls) mit ausschließender Bedeutung. Disjunktion, ein Begriff der modernen 8Logik, der manchmal im Sinne von 8Kontravalenz (›entweder..., oder...‹), manchmal im Sinne von 8Adjunktion (inklusives ›oder‹) gebraucht wird. Von der ursprünglichen Wortbedeutung her legt sich eigentlich eine synonyme Verwendung von ›Disjunktion‹ und ›Kontravalenz‹ nahe; inzwischen sind jedoch viele Autoren dazu übergegangen, 8Adjunktionen als ›Disjunktionen‹ zu bezeichnen. disjunktiver Syllogismus wird in der traditionellen 8Logik ein 8Schluß gen., bei dem von »Alle S sind entweder P oder Q« und von »Dieses S ist nicht P« geschlossen wird auf »Dieses S ist Q« oder auch vom Untersatz »Dieses S ist P« auf »... ist nicht Q«. diskontinuierlich, lat., ›nicht zusammenstimmend‹, zusammenhanglos, auch allg. unstetiger (räuml. und zeitl. unterbrochener) Zusammenhang, Ggs.: kontinuierlich (8Kontinuum); man spr. von Diskontinuität eines Vorgangs oder eines Bereichs, wenn sich dieser in diskrete, d. h. voneinander unabhängige Teile zerlegen und insofern auch darstellen läßt. Im Unterschied dazu verw. man die Bez. Diskontinuum für etwas nicht lückenlos Zusammenhängendes, für etwas in Einzelbestandteile Auflösbares, auch wenn dabei die Verbindungen zwischen den diskret aufeinander bezogenen Teilen mit dargestellt werden; als solches auch Beschreibungsmerkmal von 8Aggregaten.
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diskrepant, lat., ›nicht zusammenstimmend‹, zwiespältig; Diskrepanz, Unstimmigkeit, Zwiespalt. diskret, lat., ›geschieden‹, voneinander getrennt, abgesondert; Gegensatz: kontinuierlich; nach frz. discret auch zurückhaltend, rücksichtsvoll, verschwiegen; daher Diskretion, Verschwiegenheit. Diskurs, v. lat. discurrere ›auseinander- , umherlaufen‹, sich (über eine Sache) ergehen; allg.: erörternder Vortrag, auch in engerer Bed. als Bez. für eine methodisch strukturierte Abhandlung zu einem eingegrenzten Thema; in der Sprachwissenschaft die von einem Sprecher auf der Basis seiner sprachl. Kompetenz tatsächl. realisierten sprachl. Äußerungen; in versch. Geisteswissenschaften auch Sammelbez. für einen thematisch abgegrenzten Diskussionszusammenhang in einer Epoche, Periode. Dazu: diskursiv, über frz. discursif ›einen Schluß ziehend‹, von einer Vorstellung, einem Begriff, Urteil oder Schluß zum anderen in logischer Folge fortschreitend, das Ganze in unendlichem Progreß aus seinen Teilen aufbauend; im Gegensatz zu 8intuitiv meint diskursiv auch svw. begrifflich. Diskursivität, die Möglichkeit, einen Sachverhalt durch diskursives Denken zu erfassen. Als Diskurstheorie (der 8Wahrheit) wird die kommunikationstheoret. Auffassung bez., nach der Sätze mit Wahrheitsanspruch nur dann als wahrheitsgültig anerkannt werden können, wenn sie von Teilnehmern an einem rationalen Diskurs wechselseitig bestätigt werden. Die daraus abgelei-
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tete Diskursethik beschäftigt sich mit den normativen Voraussetzungen für die Konfliktlösungen durch Diskurs (i.S. von Debatten, Diskussionen). Sie wird auch als Bez. für eine Position beansprucht, nach der soziale Normen selbst durch Prozesse öffentl. Meinungsbildung begründet werden können, wobei die Prinzipien der 8Wahrhaftigkeit beim Geltendmachen eigener Interessen und des 8Vertrauens in die Glaubwürdigkeit der Vertreter anderer Interessen zu beachten sind (Begründer und gegenw. Hauptvertreter: K. O. Apel, J. Habermas). disparat, lat. (zu dispar ›ungleich‹), abgesondert, verschiedenartig, in der Logik svw. 8heterogen (8Begriff). Disposition, lat. dispositio ›Anordnung‹, 8Anlage. Aristoteles bestimmt D. allgemein als die »Ordnung eines Dinges, das Teile hat, entweder dem Orte nach oder dem Vermögen nach oder der Gestalt nach« (Met. 1022 b 1 f.). In der 8Scholastik allg. die methodische Anordnung eines systematisch behandelten Stoffs. I. Kant unterscheidet drei Arten von D.en (Anlagen, etwas zu tun): die technische, zur »Handhabung der Sachen«, die pragmatische, »andere Menschen zu seinen Absichten geschickt zu brauchen« und die moralische, »in seinem Wesen (nach dem Freiheitsprinzip unter Gesetzen gegen sich und andere) zu handeln« (Anthrop. A 316, B 314). In der Psychologie bezeichnet D. die Anlage, bestimmte Erlebnis- und Verhaltensweisen oder Fähigkeiten zu entwickeln, eine bestimmte Eigenschaft oder Ei-
Disposition
genart der spezifischen Reaktion auf bestimmte Situationen. Im psychol. Alltagssprachgebr. bed. D. auch eine habituelle Bereitschaft oder Neigung oder Fähigkeit eines Individuums, sich auf Umwelteinflüsse mit einer bestimmten Reaktion einzustellen, mitunter auch eingrenzt auf die Bed.: angeborenes Verhaltensschema. Im Rahmen der modernen 8Handlungstheorie spielt der Begriff D. insbes. bei der Analyse des Zusammenhangs von Gründen und Handlungen eine wichtige Rolle (G. Ryle, The Concept of Mind, 1949). In der Wissenschaftstheorie zählen zu den Dispositionsprädikaten (in weiterer Bed. auch: Dispositionsbegriffe) deskriptive Terme, die eine Eigenschaft eines Gegenstandes bezeichnen, aufgrund derer bestimmte Umstände in der Lage sind, etwas zu bewirken oder auch nur zu beeinflussen. In der engl. Sprache sind sie häufig erkennbar an den Morphemen ›...able‹, ›...ful‹ u. a. (z. B. in sustainable, erhaltungsfähig; helpful, hilfreich), im Deutschen an den Suffixen ›...bar‹, ›...sam‹ u.a. zu erkennen. Nach R. Carnaps Vorschlag (zuerst in: Der log. Aufbau der Welt, 1928) zählen die D.sprädikate zur wissenschaftl. Beobachtungssprache (reine D.sterme), nicht zur theoret. Sprache. Im Unterschied dazu wird in der gegenw. Diskussion angenommen, daß D.sprädikate nicht beobachtbare Eigenschaften bezeichnen. Daher wird vorgeschlagen, D.sprädikate mit Hilfe von Bedingungszusammenhängen auszudrücken (vgl. auch 8Konditionalsatzlogik).
Disputation
Disputation, lat., ›Streitgespräch‹ (8scholastische Methode.). Dissimilation, lat., ›Verunähnlichung‹, der Gegenbegriff zur 8Assimilation. Dissipation, lat., ›Zerteilung‹, Zerstreuung (im Gegensatz zur 8Konzentration): urspr. Begriff der Thermodynamik für Abgabe, Verlust von Energie in der Form von Wärme, damit Ursache für Zunahme von 8Entropie. Dazu auch: dissipativ, ›zerstreuend‹; auch gebr. in der 8Chaostheorie zur Kennzeichnung des Übergangs von geordneten in ›chaotische‹ Prozesse (›dissipative Struktur‹). Dissolution, lat., ›Auflösung‹, im Gegensatz zu 8Evolution gebr. Dissonanz, lat., ›Auseinanderklang‹, der Mißklang. Dissoziation, lat., ›Entgesellschaftung‹, Auseinandertrennung, Zerteilung; in der Psychologie der Zerfall von Vorstellungsverbindungen, Bewußtseinszusammenhängen usw. – Gegensatz: 8Assoziation. distinkt, lat., 8›deutlich‹ (8clarus et distinctus); Distinktion, die Unterscheidung, Auszeichnung, auch die Spitzfindigkeit. Distribution, lat., ›Verteilung‹; in der Soziologie u. Ökonomie die Allokation von Waren, Dienstleistungen und Positionen; in der Logik die Bildung von Einzelaussagen: x ist A, falls x unter den Begriff A fällt. Dazu distributiv, für jeden Gegenstand geltend, der unter einen Begriff fällt. Signa distributiva (Verteilungszeichen) heißen die logischen Operationszeichen: alle, einige, kein.
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Disziplin, lat., ›Lehre‹, ›Zucht‹, 1. die einzelne Wissenschaft, der Zweig einer Wissenschaft, das Unterrichtsfach; 2. die durch äußere Sanktionsdrohungen oder Selbstkontrolle erreichte und erhaltene Ordnung, insbes. die Einordnung des Einzelnen in eine Gruppe oder Gesellschaft. divergent oder divergierend (lat. divergium ›Trennungspunkt‹), auseinandergehend, sich voneinander entfernend; Divergenz, das Auseinandergehen. Gegensatz: 8Konvergenz. Divergenz, in einzelnen Wissenschaften unterschiedl. gebr.: 1. in der Sprache des Rechts die Abweichung einer jurist. Entscheidung von einem bereits gefällten rechtsgültigen Spruch einer anderen Instanz; 2. in der 8Evolutionstheorie die allmähliche, durch 8Auslese mitverursachte Abweichung eines Merkmals von der Stammform, die mehrere Arten gemeinsam haben; auch allg.: das Maß der an äußerlichen Merkmalen feststellbaren Unterschiedlichkeit an Organismen (morpholog. Divergenz); in der Genetik: der Unterscheidungsgrad des Erbgefüges von Organismen (genetische Divergenz); 3. in der Mathematik Bez. für das Nichtvorhandensein von 8Grenzwerten bei Folgen und Reihen. Divination (lat. divinus ›göttlich‹, Gott zustehend), das Vermögen der Weissagung, d. h. der Voraussage kommender Ereignisse, die dem Willen und Wissen von Göttern vorbehalten sind; im gr. und röm. Kultus die Erfragung des Willens der Götter durch Priester aus
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natürl. Prozessen, die als ›Zeichen‹ gedeutet werden, allg. das Vermögen der 8Ahnung verborgener oder zukünftiger Zusammenhänge. Vgl. 8Aberglaube. Division, lat., ›Teilung‹, ›Einteilung‹, ursprünglich die von Plato demonstrierte Teilung (gr. diairesis) der Begriffe, d. h. ihre Zerlegung in Gattungen und Arten, so daß sich eine 8Begriffspyramide ergibt; Division, in der Algebra eine der vier Grundrechenarten (neben 8Addition, Subtraktion und Multiplikation): eine Operation, bei der zu zwei Elementen A und B (wobei B nicht = 0 ist) das Element X bzw. A:B bestimmt wird, das genau die Relation von A = X · B erfüllt. docta ignorantia, lat. ›gelehrtes Nichtwissen‹, d. i. die durch die Wissenschaft selbst gewonnene Einsicht in die Unerkennbarkeit des Unendlichen und Göttlichen, in dem die Gegensätze zusammenfallen (8coincidentia oppositorum); der Sache nach zuerst vertr. im 8Skeptizismus, aber auch in Plotins Lehre vom Aufschwung zum Einen unter Zurücklassung alles Wissens (Plotin, Enneaden VI, 9, 4) und im Verfahren der 8negativen Theologie. Der Begriff begegnet zuerst bei Augustin (Epistula ad Probam 130 c. 15 § 28): Est ergo in nobis quadam, ut dicam, d. i., sed docta spiritu dei, qui adjuvat infirmitatem nostram ›Es gibt also in uns sozusagen eine Art belehrter Unwissenheit, aber belehrt durch den Geist Gottes, der unserer Schwäche zur Hilfe kommt‹. Er ist der Titel des Hauptwerks von Nikolaus von Kues (De d. i., 1440) und
Dogma
wird hier gleichgesetzt mit dem dritten Erkenntnisprinzip, der Intelligenz, in der Reihe sensus, ratio, intelligentia, visio. doctor, lat. ›Lehrer‹; in der röm. Antike und im frühen MA Bez. für jeden Gelehrten oder Fachmann (d. gladiorum ›Meister der Fechtkunst‹; d. gentium, wörtl. ›Lehrer der Völker‹ als mittelalterl. Ehrentitel für den Apostel Paulus); im MA auch Ehrentitel für die 8Kirchenlehrer; in der 8Scholastik wurde die Bez. auch als Teil individueller Namensauszeichungen verwendet, z. B. d. irrefragabilis ›unerschütterl. Lehrer‹ für Alexander von Hales, d. universalis für Albertus Magnus, d. seraphicus ›engelsgleicher Lehrer‹ für Johannes Fidanza, gen. Bonaventura, in gleicher Bed. auch d. angelicus als Bez. für Thomas von Aquino, d. subtilis ›gründlicher Lehrer‹ für Johannes Duns Scotus. Dogma, gr. 1. ›das für gut oder wahr Gehaltene‹, die Lehrmeinung; 2. ›das als gut oder richtig Beschlossene‹, der Beschluß, die Verordnung; 3. seit der späteren gr. Philosophie der Lehrsatz, der für unumstößlich gehaltene Grundsatz eines Philosophen oder einer Philosophenschule, der für den Aufbau des betr. Systems wesentlich oder charakteristisch ist; 4. in der christl. Theologie der Glaubenssatz, die begriffliche Ausprägung des Glaubens, im Katholizismus aufgefaßt als die auf übernatürliche Weise geoffenbarte Wahrheit, die von der Kirche verkündet wird mit der Verpflichtung, sie vorbehaltlos anzunehmen, im Protestantismus
Dogmatismus
(der der Kirche das Recht abspricht, über 8Offenbarung zu verfügen) als die menschliche Formulierung des im Glauben (8sola fide) erfahrenen Wortes, Willens und Heilsplanes Gottes zum Gebrauch der Gemeinde. Dazu Dogmatik, gr. dogmatikë (epistëmë) ›die die Lehrsätze betreffende Wissenschaft‹; in der antiken Heilkunst seit Galenos Bez. für die Kunst des richtigen Umgangs mit Dogmen i.S. von verallgemeinerten Sätzen, die aus Einzelerfahrungen (8Induktion) gewonnen werden; in die antike Sprache der Rechtswissensch. übernommen und heute noch unter der Bez. Rechtsdogmatik tradiert: in der Neuzeit zunächst Bez. für diejenige Disziplin der Jurisprudenz, welche die allg. Regeln für die Gesetzgebung einzelner Normen festlegt; seit dem 19. Jh. in erw. Bed. als Bez. für jurist. Methodenlehre verwendet. In der Philosophie ursprünglich die Wissenschaft von den Grund- und Lehrsätzen der philos. Systeme; in der katholischen Theologie die theoret. Darstellung der gesamten, in der übernatürl. Offenbarung gegebenen Wahrheiten, auch in der protestantischen Theologie verw. für die systematische Erörterung der als gültig angenommenen Glaubenssätze. Dogmatiker, urspr. im Gegensatz zu den 8Skeptikern diejenigen gr. und röm. Philosophen, die – anstatt im 8Zweifel zu beharren (8Epochë) – bestimmte Behauptungen, Lehr- und Grundsätze aufstellen; seit I. Kant die Vertreter des 8Dogmatismus in der Philosophie. Dazu: dogmatisch, 1. svw.
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8methodisch, lehrmäßig, 2. ungeprüft, unkritisch. Dogmatismus, allg. das Sichberufen auf eine ungeprüft hingenommene Lehre (8Dogma), in der späteren gr. Philosophie im Gegensatz zum 8Skeptizismus die auf bestimmten Lehrsätzen beruhende systematische Philosophie, bei I. Kant im Gegensatz zum 8Kritizismus die Annahme, aus reiner Vernunft, durch bloße Begriffe die Wirklichkeit, wie sie an sich ist, erkennen zu können – womit I. Kant die Schulphilosophie seiner Zeit, die von Chr. Wolff ausging, im Auge hatte. »Die Kritik ist nicht dem dogmatischen Verfahren der Vernunft in ihrer reinen Erkenntnis, als Wissenschaft, entgegengesetzt (denn diese muß jederzeit dogmatisch, d. i. aus sicheren Prinzipien apriori strenge beweisend, sein), sondern dem D., d. i. der Anmaßung, mit einer reinen Erkenntnis aus Begriffen ... nach Prinzipien, so wie sie die Vernunft längst im Gebrauch hat, ohne Erkundigung der Art und des Rechts, womit sie dazu gelangt ist, allein fortzukommen. D. ist also das dogmatische Verfahren der reinen Vernunft ohne vorangehende Kritik ihres eigenen Vermögens« (KrV, Vorr.). In theoret. begr. Doktrinen politischer Parteien dient D. seit Beginn des 20. Jh. auch als abwertende Bez. für das Festhalten an einer ›reinen‹ Lehre anstelle der programmatischen Berücksichtigung neuer gesellsch. Gegebenheiten (insbes. im 8Marxismus). Vgl. 8Quietismus. Doktrin, lat., ›Lehre‹, Theorie; doktrinär, auf eine Theorie grün-
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dend; der Doktrinär: ein fanatischer Verfechter einer Theorie. Dolus, lat. 8›Vorsatz‹; im Strafund Zivilrecht gebr. in Formulierungen wie z. B. d. directus, unbedingter Vorsatz. Ein d. generalis wird unterstellt für eine Situation, bei der der Handlungserfolg auf andere Weise eintritt, als es der Intention des Täters entspricht. In diesem Fall liegt Strafbarkeit auch dann vor, wenn der Täter einen anderen Tatvorsatz geltend macht. Domäne, neulat. domanium ›Herrschaft‹, Herrengut; in der formalen Logik die Klasse von Gegenständen, die in einer bestimmten Beziehung zu etwas steht. dominant, von lat. dominare ›beherrschen‹, beherrschend, vorherrschend; Gegensatz: 8rezessiv; dazu die Dominante; das vorherrschende Merkmal, der einen Vorgang in seinem Verlauf bestimmende Bestandteil; in der Genetik heißt bei verschiedener Erbmasse des Elternpaares dasjenige Merkmal d., das nach den Mendelschen Gesetzen bei der Nachkommenschaft in der Erscheinung (8Phänotyp) sich durchsetzt; in der Psychologie sind D.n solche Vorstellungen, die die Vorstellungsverbindungen (Assoziationen) leiten, d. h. Leitvorstellungen; im weiteren Sinn auch Kerneigenschaften der Persönlichkeit (charakterologische D.n). doppelte Moral, Bez. für ein Normensystem, bei dem vergleichbare Verhaltensweisen mit zwei unterschiedlichen Maßstäben gemessen werden; von N. Machiavelli (Discorsi spora la prima deca di Tito
doppelte Wahrheit
Livio, 1531) urspr. nur als Gedankenexperiment zur Befreiung der Staatsraison von traditionellen ethischen Normen zur Diskussion gestellt, um Möglichkeiten zur Übererfüllung und zur Umgehung bestimmter Normen im Einzelfall zu demonstrieren. doppelte Wahrheit, die verschiedenartige Auffassung und Auslegung von etwas, je nachdem es vom Standpunkt des geoffenbarten Glaubens (8Offenbarung, 8Fideismus) oder der ›natürlichen Vernunft‹ (8lumen naturale, 8Rationalismus), also entweder theologisch oder philosophisch betrachtet wird. Die Lehre von der d. W. trat im Mittelalter auf, als man versuchte, die über- bzw. widervernünftigen Wahrheiten der christl. Religion (8credo quia absurdum) rational zu sichern. Während Thomas v. A. eine Übereinstimmung und gegenseitige Ergänzung von Glaube und Wissen für möglich hielt (Summa theol. I 1, 1), kamen Averroes, Duns Scotus, Wilhelm von Occam u. a. (8Averroismus, 8Nominalismus) zu der Feststellung, daß das, was philosophisch wahr sei, theologisch falsch sein könne, und daß ein Widerspruch zwischen Glaube und Wissen unvermeidlich sei. Sie forderten daher (im Interesse der Religion) die Trennung von Philosophie und Theologie. Die Lehre von der d. W. wurde später (z. B. bei P. Pomponazzi, Fr. Bacon, P. Bayle) zu einem Rechtfertigungsgrund für die weltliche Philosophie. Man konnte sich damit einer grundsätzl. Kritik entziehen, wenn man nur hinzu-
doxa
fügte, etwas sei so secundum rationem, aber secundum fidem gelte das Gegenteil. doxa, gr. ›die 8Meinung‹, bei Plato im Unterschied zu Einsicht und Erkenntnis ein Mittleres zwischen Wissen und Nichtwissen; in der Bibel auch als Bez. für ›Herrlichkeit‹ bei der Erscheinung oder Wirkung Gottes (von d. als ›guter Ruf‹, ›Ansehen‹), von daher auch Endzustand der Gläubigen (8Eschatologie); doxastisch bez. Zustände des bloßen Fürwahrhaltens (8Glauben). doxastische Logik, ein Teilgebiet der 8philosophischen Logik, in dem die für den Glaubensbegriff geltenden logischen Gesetze untersucht werden (vgl. auch 8Logik). Häufig spricht man genauer von zwei Glaubensbegriffen, für die verschiedene Prinzipien anzusetzen sind: Man unterscheidet den starken Glauben (das Überzeugtsein) im Sinne eines Für- absolutsicher- Haltens vom schwachen Glauben, dem Für- wahrscheinlichHalten. Wie die (alethische) 8Modallogik wird auch die d. L. als eine Erweiterung der elementaren 8Aussagen- bzw. 8Prädikatenlogik konstruiert. Dazu führt man in diese Systeme einstellige Glaubensund Überzeugungsoperatoren G(s, ) und Ü(s, ) ein, so daß G(s,A) und Ü(s,A) für beliebige Aussagen A bedeuten, daß ein Sprecher s die Aussage A im schwachen Sinne glaubt bzw. von ihr überzeugt ist. 8Kalküle der d. L. erhält man, wenn man zu den 8Axiomen und Schlußregeln der Aussagen- bzw. Prädikatenlogik spezifische Prinzi-
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pien für den Glaubens- und den Überzeugungsoperator hinzufügt. Für die Begriffe des starken und des schwachen Glaubens gelten unterschiedliche logische Gesetze. So gilt für den starken Glauben das sogenannte Konjunktionstheorem Ü(s,A) ∧ Ü(s,B) →Ü(s,A ∧B): Wenn s davon überzeugt ist, daß A, und ebenfalls davon überzeugt ist, daß B, dann ist s auch davon überzeugt, daß A und B. Ein entsprechendes Prinzip für den schwachen Glauben ist jedoch ungültig. Da beide Glaubensbegriffe keine extensionalen, sondern (bestenfalls) intensionale Kontexte bilden (vgl. 8Intension/Extension), benötigt man für die Interpretation einer d.n L. eine intensionale 8Semantik: Sie liegt in der 8Mögliche- Welten- Semantik vor. Pionierarbeit auf dem Gebiet der d. n L. hat J. Hintikka in seinem Werk Knowledge and Belief (1962) geleistet. Wesentliche Fortschritte wurden in W. Lenzens Glauben, Wissen und Wahrscheinlichkeit (1980) erzielt. Vgl. auch 8epistemische Logik. Doxographen, gr. doxographoi, die gr. Schriftsteller, die Lehrmeinungen von Philosophen nach Problemen geordnet zusammenstellten. Drang, mhd. dranc, zunächst svw. Kampfgetümmel, dann zur Bedeutung von 8Zwang, Bedrängnis erweitert, im 18. Jh. auf Seelisches übertragen: die aus quälender Unruhe und Spannung entstehende inhalts- , ziel- und richtungslose Entladungstendenz, die im Unterschied zum 8Trieb kein Objekt hat. D.handlungen sind ungehemmt,
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unhemmbar und unkontrolliert. In der Psychopathologie werden sie als 8impulsive Handlungen bezeichnet (impulsives Irresein). Bei M. Scheler häufig Synonym für 8Trieb, 8Intentionalität, jedoch hier auch als weitgehend übertragbar verw. auf alle organischen Umweltbezüge. M. Scheler spricht schon den Pflanzen einen bewußtlosen, empfindungs- und vorstellungslosen Gefühlsdrang zu, in dem Gefühl und Trieb noch nicht geschieden sind. Dreistadiengesetz, das von G. Vico (Principi di una scienza nuova, 1725) aufgestellte Gesetz über die drei charakteristischen Stufen kultureller Entwicklung (Götter- , Heroen- und Menschenzeitalter), in deren Abfolge eine zunehmende Tendenz vom Sinnlichen zum Abstrakten, vom Heldischen zum Moralischen und vom Privileg zur Gleichberechtigung herrschend ist, bei A. Comte in seinem Werk Cours de philosophie positive (6 Bde., 1830- 42) abgewandelt zu der Aufeinanderfolge dreier Stufen der Entwicklung der Erkenntnis: des theologischen Stadiums, in dem das Innerweltliche aus dem Walten von Göttern erklärt wird, des metaphysischen, in dem an die Stelle der Götter abstrakte Begriffe, Ideen, Prinzipien, Kräfte treten, und des positiven oder wissenschaftlichen (8Positivismus), in dem die Wahrheit in der Übereinstimmung mit den Tatsachen und im Naturgesetz gefunden wird. dual, lat. dualis ›von zweien‹, eine Zweiheit bildend (8Dualismus), zwei Elemente enthaltend (8Dua-
Dualismus
litätsprinzip); davon untersch. auch in spezifischer Bed.: vertauschbar oder durch Vertauschung auseinander hervorgehend. Dual heißt in der Grammatik diejenige Numerusform, die im Unterschied zur Einzahl (Singular) und zur unbestimmten Mehrzahl (Plural) eine Zweiheit von Objekten bezeichnet (z. B. gr. tô anthrôpô, das Menschenpaar, zu Singular anthrôpos, der Mensch, unbest. Plural anthrôpoi, Menschen). Dualismus, Neub. von lat. dualis ›zweifach‹, ›zwei enthaltend‹, Lehre von zwei absolut voneinander unterschiedenen und unabhängigen Prinzipien, Mächten oder Substanzen; dazu Dualist: Vertreter des D.; der Ausdruck wurde zuerst von Th. Hyde (Historia religionis veterum Persarum, Ausg. von 1700, Kap. 9) für die parsische Lehre vom Widerstreit des Lichts und der Finsternis, des Guten und Bösen gebr. (8Manichäismus) und im gleichen Sinne von P. Bayle im Dictionnaire historique et critique (1695- 97) und G. W. Leibniz in der Theodizee (II, 136 ff.) verbreitet; zur Bez. derjenigen philos. Systeme, in denen Geist und Stoff als die verschiedenen Substanzen aufgefaßt werden, erscheint er zuerst bei Chr. Wolff (z. B. in: Psychol. rationalis, 1734, § 34): Dualisten sind diejenigen, die sowohl die Existenz materieller wie immaterieller Substanzen behaupten. Gegensatz: 8Monismus. Man spricht von religiösem D., wenn geschieden wird zwischen Gott und Satan als Gegenspielern, auch zwischen Gott und einer von ihm unabhängig gedachten Welt,
Dualität
von metaphysischem, kosmologischem oder naturphilosophischem D., wenn Sein und Werden (8Eleatismus), Materie und Geist, Unbelebtes und Belebtes als grundsätzlich getrennt betrachtet, von anthropologischem D., wenn der Mensch als in Leib und Seele getrennt gedacht wird; ethischer D. ist die Lehre von der unaufhebbaren Gegensätzlichkeit des Guten und Bösen, der Pflicht und der Neigung, erkenntnistheoretischer D. die Trennung von Sinnlichkeit und Verstand, Ding an sich und Erscheinung, Subjekt und Objekt. In der modernen Physik bez. man die Doppelnatur des Lichts als 8WelleTeilchen- Dualismus. Dualität, lat. dualitas ›Zweiheit‹, bes. die Zweiheit oder Doppelheit eines Prinzips. In Mathematik, Logik und Geometrie eine Eigenschaft von 8axiomatischen Systemen bzw. algebraischen Gebilden (8Algebra): Zeichnet sich ein solches System durch D. aus, so erhält man in ihm aus einem 8Theorem durch gewisse einfache Vertauschungen von Zeichen ein zweites Theorem. Dualsystem, auch Binärsystem, dyadisches System, ein zuerst 1697 von G. W. Leibniz vorgestelltes Zahlensystem, in dem mit Hilfe nur der beiden Ziffern 0 und 1 jede Zahl dargestellt werden kann (während im üblichen Dezimalsystem die zehn Ziffern 0- 9 vorausgesetzt werden). Die dezimale 1 erscheint dabei im dualen System als 1 (1× 20), die 2 als 10 (1× 21+0×20), die 3 als 11 (1×21+1×20), die 4 als 100 (1× 22+0 × 21+0 × 20) etc. In
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der modernen Datenverarbeitung hat sich das D. deshalb durchgesetzt, weil man seinen Ziffern 0 und 1 leicht die elektrischen Zustände AN und AUS zuordnen und damit jede Zahl durch eine Reihe solcher Zustände repräsentieren kann. Duldsamkeit, die Fähigkeit und Bereitschaft, Duldung zu üben, z. B. gegen Andersdenkende und - glaubende (8Toleranz). duplex negatio affirmat, lat. ›doppelte Verneinung bekräftigt‹, ein Prinzip der 8klassischen Logik, nach dem »Es ist nicht der Fall, daß es nicht der Fall ist, daß A« genau dann wahr ist, wenn A selbst wahr ist, formal: ¬ ¬ A ↔ A. In der 8intuitionistischen Logik ist dieses Prinzip ungültig: Dort gilt nur A → ¬¬ A, aber nicht ¬¬ A → A. Duplizität, lat., ›die Doppelheit‹. dyadisch, zweifach, doppelt, paarweise, von gr. dyas ›Zweiheit‹. Nominalform: Dyade, Zweiheit, Doppel, Paar. Dyadik heißt die auf dem 8Dualsytem (statt z. B. auf dem Dezimalsystem) aufbauende Arithmetik. Dynamik, gr. dynamikë (epistëmë), Prinzip der Beweglichkeit im Gegensatz zur 8Statik, allein aus Kräften herstellende Wirklichkeit (8Kraft), auch die Kraftgeladenheit und deren Wirkung, auch: Triebkraft, Spannkraft; in der Physik ein Teilgeb. der 8Mechanik, das sich speziell mit den Bewegungsvorgängen von Körpern beschäftigt, in der Akustik Bez. für das Verhältnis von kleinster und größter Lautstärke, in der Musik die Differenzierung von Tonstärkegraden; in den Wirtschaftswissenschaften die Be-
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ziehungen zwischen ökonomischen Variablen, die unterschiedl. Zeitpunkten oder Perioden zugeordnet werden. dynamis, gr., bei Aristoteles Bez. für das Vermögen (8Möglichkeit), eine Veränderung eines Gegenstandes an ihm selbst oder an einem anderen zu bewirken, im Untersch. zur entelecheia (8Entelechie), der stoffimmanenten 8Form mit interner 8Zielbestimmung (8Ziel, 8Telos, 8Teleologie), auch unterschieden von der energeia (8Energie): bei Aristoteles die 8Wirklichkeit, Wirksamkeit. Dazu dynamisch, kraftartig, auf Kräften beruhend, der Bewegung nach; bei I. Kant im Gegensatz zu mathematisch, bei J. W. v. Goethe im Gegensatz zu 8atomistisch gebr. Dynamische Psychologie, eine über das Beschreiben und Klassifizieren hinausgehende Psychologie, die die Untersuchung der mobilen psychischen Potentiale in den Mittel-
Dysteleologie
punkt der Analyse stellt. Mit dieser Bez. belegte zuerst W. McDougall (Aufbaukräfte der Seele, 1937) seine Psychologie. Dynamismus, von gr. 8dynamis ›Kraft‹, Möglichkeit, Vermögen, eine von R. J. Boscovich (ital. Transskription; kroat. Physiker 17111787) begr. Theorie, nach der alle materiellen Erscheinungen auf Kraftzentren zurückgeführt werden können; in der Ethnologie Bez. für die These, daß die Vorstellung einer unpersönl. kosmischen Kraft, die auch als Lebens- und Zauberkraft in best. Gegenständen wirksam ist, bei sämtlichen Völkern verbreitet ist. Dysteleologie, Neub. E. Haeckels (Generelle Morphologie der Organismen, 1866; vgl. Die Welträtsel, 1899, Kap. 44) aus gr. dys ›un - ‹ und 8Teleologie; die Zweckwidrigkeit, die Lehre von der Unzweckmäßigkeit, von den lebensschädlichen Verhältnissen in der Natur.
E
ecce homo, lat. ›siehe da, ein Mensch‹, nach M. Luthers Übers. von Joh. 19, 5: »Sehet, welch ein Mensch«; Titel einer Schrift Fr. Nietzsches (1888), die er als »Attentat auf den Gekreuzigten« verstand und in der er sich selbst als »Gegentypus zu der Art Mensch, die verehrt worden ist« interpretierte. edel, ahd. edili, mhd. edel svw. ›adlig‹, vornehm; das Edle, im Gegensatz zum Gemeinen, Niederträchtigen der »auf das Hohe, Ideale gerichtete Sinn, das allem Kleinlichen und Niedrigen abgewandte Wesen« (N. Hartmann, Ethik, 1926, 355 f.). In der Ethik Hartmanns wird das ›Edle‹, zusammen mit der ›Güte‹ (8gut), der ›Fülle‹ und der ›Reinheit‹ zu den zentralen Wertmaßstäben gezählt, welche alle anderen 8Werte integrieren. Zu ›e.‹ als subj. Maßstab der Selbsteinschätzung vgl. auch 8Hochmut. Edukt, lat., ›das Herausgeführte‹, zuerst bei I. Kant (KdU § 81), das von seinesgleichen erzeugte organische Wesen im Unterschied zum 8Produkt. Eduktion, ›Herausführung‹, seit der Scholastik das Hervorgehen der Formen aus dem Stoff, in dem sie der Anlage nach enthalten sind (8Emanation). Effekt, lat. effectus ›Ausführung‹, Verwirklichung, Wirkung; in der Physik urspr. Leistung, später auch allg. Bez. für eine Wirkung oder Erscheinung, z. B. Photoeffekt. Plu-
ral: Effekte; im Untersch. zu Effekten, d. s. in der Sprache der Ökonomie die zur Kapitalanlage geeigneten übertragbaren Wertpapiere (z. B. Aktien, Obligationen, Investmentzertifikate). Adj.: effektiv, in lat. Form effectivus urspr. ›ausübend‹, praktisch, dt. in weiterer Bed. auch tatsächlich, wirksam, greifbar, wirklich; in der Sprachwissensch. in der Nominalform Effektiv auch Bez. für ein zusammenges. Verb, das aus einem Substantiv entstanden ist (z. B. ›hausen‹ für: in einem ›Haus‹ wohnen, ›herrschen‹, sich als ›Herr‹ verhalten). Effektive Logik ist eine Ausprägung der formalen 8Logik, die ohne die klass. Annahme einer Wertdefinitheit, also ohne die ausschließl. Verwendung der Werte ›wahr‹ (w) und ›falsch‹ (f) auskommt, also im Unterschied zur 8klass. Logik das 8Bivalenzprinzip preisgibt; auch: 8mehrwertige Logik. efferent, lat. efferens ›herausführend‹; in der Physiologie von einem Organ herkommend, im Unterschied zu 8afferent, ›hinführend‹. Beide Begr. werden inbes. für die Beziehung von Sinnesorganen zum Zentralnervensystem verwendet: als e. bez. man die Nervenfasern, die vom Zentralnervensystem zur Peripherie geführt werden, afferent solche, die von einem Sinnesorgan zum Zentralnervensystem führen. Efferenz bez. die entspr.
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nervliche Erregung, welche z. B. die Motorik ingang setzt. Effizienz, lat., ›Auswirkendes‹, Wirkungsgrad; in der Ökonomie Verhältnis von Aufwand und Ertrag. Dazu: effizieren, bewirken. Effiziertes Objekt heißt in der Grammatik der Satzteil, welcher den Gegenstand oder das Resultat eines Verhaltens bezeichnet, das durch ein Verb ausgedrückt wird, z. B. ›Kaffee‹ kochen, sich ›eine Beule‹ stoßen. Ggs.: affiziertes Objekt (8affizieren). Effulguration, von lat. effulgere ›hervorblitzen‹, das plötzliche Ausbrechen (auch: Fulguration), im Unterschied zu der stetigen 8Emanation. egal, im Französ. urspr.: gleichgültig; Egalität, frz. égalité ›Gleichheit‹, Ebenheit, Rechtsprinzip der Gleichheit vor dem Gesetz; in dieser Bedeutung auch eines der Schlagworte der Französischen Revolution (1789 und folg. Jahre). Als Egalitarier bez. man die Vertreter der Auffassung, daß nicht nur formale Rechte, sondern auch die materiellen Besitztümer und sozialen Chancen in einer Gesellschaft gleichmäßig unter deren Mitgliedern verteilt werden sollten (auch: Egalitarismus). Der 8Kommunismus als Programm und als Gesellschaftsordnung knüpft an den Egalitarismus an, geht aber mit seiner Forderung des Gemeinbesitzes noch über das Ideal der Gleichverteilung hinaus. Egoismus, von lat. ego ›ich‹ über frz. égoisme zus. mit égoiste Anfang des 18. Jh. eingedeutscht, bei Chr. Wolff eine Abart des 8Monismus,
Ehre
seit Ende des 18. Jh. in der heute üblichen Bedeutung, die vorher an Egotismus (frz. égotisme) gebunden war: die Selbstsucht, die Eigenliebe (8Selbstliebe); in der Psychologie zusammenfassender Name für alle Strebungen, die auf Erhaltung, Behauptung, Bewahrung und Sicherung des eigenen individuellen Daseins gerichtet sind ohne Rücksicht auf die Anprüche der mitmenschlichen Umwelt; in der Ethik im Gegensatz zum 8Altruismus die von Th. Hobbes zuerst begründete Lehre, daß alles menschliche, auch das sittliche Handeln aus der Selbstliebe hervorgehe und daß nur das eigene wohlverstandene 8Interesse zur Rücksicht auf die Mitmenschen zwinge. egozentrisch, von lat. ego ›ich‹ und centrum ›Mittelpunkt‹, alles auf das eigene 8Ich beziehend, vom Standpunkt des Ich aus beurteilend und wertend (vgl. 8Autismus und 8Introversion); dazu Egozentrismus oder Egozentrik, eine Weltsicht, in der die eigene Umwelt für die Welt selbst, die Eigenwerte für die Werte der objektiven Welt gehalten werden. Ehre, mhd. ere ›Ehre, Ruhm, Verehrung‹ (lat. honos, decus, fama), die auf sittlichem 8Wert beruhende 8Achtung, die einer 8Person entgegengebracht wird und auf die sie, sofern sie es nicht durch ihr Verhalten verwirkt, ein auch von der Rechtsordnung anerkanntes moralisches 8Recht hat. Die Wahrung seiner E. ist der Mensch sich selbst als moralischer Person schuldig. Äußere E. betrifft die gegenseitige 8Anerkennung unter Menschen,
Ehre
umfaßt aber nur die Arten und Grade der öffentlich bekundeten Anerkennung herrschender Form, die nicht identisch ist mit den ungenannten wirklichen Wertschätzungen unter den Menschengruppen selbst. Innere E. meint die dem Menschen in seinem Menschsein zukommende Würde. Nach I. Kant (Met. d. Sitten, 2. Teil, Allg. Anm. E) kennt der ehrliche, d. h. ehrliebende Mann »etwas, was er noch höher schätzt als selbst das Leben: nämlich die E.«, während der »Schelm« ein »mit Schande bedecktes Leben doch immer noch für besser hält, als gar nicht zu sein«. Bei den Griechen ist nach der Erklärung des Aristoteles die E. der natürliche Maßstab eines noch nicht ganz zu sich selbst gekommenen Denkens für die Annäherung des Menschen an das Ziel der vollkommenen Tüchtigkeit (8aretë), nach dem er strebt. »Offenbar trachten die Menschen nach Ehre, um sich ihres eigenen Wertes, ihrer Aretë zu vergewissern. Sie streben danach, geehrt zu werden von Urteilsfähigen, von Leuten, denen sie bekannt sind, und auf Grund ihres wirklichen Wertes. Sie erkennen dadurch also den Wert selbst als das Höhere (denn die E.) an« (Aristoteles, Nik. Ethik A 3, 1095 b, 26). E. ist (timë) »Siegespreis der Tugend« (Nik. Ethik 1123a, 35) und »liegt wohl eher in den Ehrenden als in dem Geehrten« (1095 b, 25). Insofern Sklaven »beseelte Werkzeuge« sind, sind sie weder tugend- noch ehrfähig, gilt ihr Eigenname nicht, ist Freundschaft zu ihnen unmöglich (1161b, 1- 5; vgl.
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auch Politika 1254b, 15- 20). – Auch der römische honor ist E. durch äußeres Bekunden einer Wertschätzung. Resultat ist der gute Ruf; die Genugtuung über ihn ist Stolz. Cicero fügt dem honor den Begriff des Ehrenhaften, honestum (innere E.), hinzu (De officiis, 44 v. Chr.). Die Idee der E. bildet den zentralen ethischen Wert heroischer Frühzeiten und ritterlicher Kulturen. Bis zum 13. Jh. bedeutet ere (mhd.) öffentliches Ansehen und trägt noch nicht den inneren moralischen Sinn (honestum), den E. zusätzlich in der Scholastik erhält (Thomas v. A., Summa theol. II, 131). – Für Leibeigenschaft und Hörigkeit im Feudalismus gilt ein gegenüber Sklavenhaltung modifiziertes HerrKnecht- Verhältnis, das E. nur für den 1. und 2. Stand kennt. Der 3. Stand kennt Ansehen nur unter sich und enthält zahlreiche »unehrliche« Berufe wie Hüter, Gassenkehrer und Abdecker. Nachdem sich das Bürgertum aus dem 3. Stand über Handel, Warenproduktion und Eigentum zu öffentlichem Ansehen und zur Übernahme von Herrschaft emanzipiert und sich von niederen Schichten und schließlich vom Proletariat abgegrenzt hatte, wurden E. und Ehrverletzung (Beleidigung) verrechtlicht (StGB der BRD §§ 185- 200; seit 1951 mit Sonderschutz für Personen des politischen Lebens: § 187a; außerdem Ehrschutz durch Zivilrecht). In der bürgerlichen Kultur wird E. zur Berufsehre, der 8Achtung, die der Einzelne kraft seiner beruflichen Leistung und der gewissenhaften Erfüllung seiner
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Amtspflichten genießt. Während nach mittelalterlicher Auffassung ganze Bevölkerungsgruppen, z. B. die unehelich Geborenen, als ›ehrlos‹ galten, spricht die moderne Rechtsauffassung, im Einklang mit der Idee der 8Humanität, jedem Menschen die Ehrfähigkeit zu. Auch Gemeinschaften, sofern das Gefühl der Zusammengehörigkeit in ihnen stark ausgeprägt ist, können in ihren Gliedern das Bewußtsein einer gemeinschaftlichen E. entwickeln, demzufolge eine Kränkung, die einem Gemeinschaftsgliede oder der Gemeinschaft als solcher zugefügt wird, von allen als Kränkung ihrer E. empfunden wird. So ist das Gefühl für die Familienehre, für die E. des Namens oder Geschlechts, das besonders im Adel ausgeprägt war, auch heute lebendig. Ehrfurcht, nhd. (gr. aidôs, lat. reverentia, veneratio), im Unterschied zur 8Furcht, die stets Reaktion auf die Übermacht eines von außen Kommenden, Fremden ist, die Scheu vor etwas Hohem, Großem, Vollkommenem, dem ich mich innerlich verwandt weiß, dem ich anerkennend zustrebe. Zur dt. Etymologie: 8Ehre, nach Auskunft des Grimmschen Wörterbuchs kann E. zum ersten Mal 1666 nachgewiesen werden. Der Grund für das späte Aufkommen liegt nach Grimm darin, daß das Wort era (ahd.: Ehre) die Vorstellung der Scheu bereits enthalten habe; »als sie schwand, wurde sie durch den Zutritt von Furcht hergestellt« (ebd.). E. ist Gefühl und vernunftgemäße Haltung zugleich, sie enthält eine Spannung
Ehrliebe
zwischen sich annähernder Verehrung und gebührender Distanz (vgl. M. Scheler, Die E., GW 3, 1955, Über Scham und Schamgefühl, GW 10, 1957). Sie steht in der Mitte zwischen 8Liebe, die innige Nähe sucht, und 8Achtung, die Abstand wahrt (vgl. O. Fr. Bollnow, Die E., 1958). Als die klassische Auslegung der Ehrfurchtshaltung gilt die J. W. v. Goethes in Wilhelm Meisters Wanderjahre (II,1.): Niemand bringt E. mit auf die Welt, und doch ist sie das, »worauf alles ankommt, damit der Mensch nach allen Seiten zu ein Mensch sei«. A. Schweitzer kennzeichnete 1966 den Verlust der E. als kulturellen Niedergang, der sich in den Weltkriegen und infolge ihrer manifestiert habe. Er stellt ihm den Ruf nach der »E. vor dem Leben« als Grundlage einer neuen Ethik entgegen (Die Lehre v. d. E. vor dem Leben, 1966). Ehrgefühl, das Gefühl für den Wert der 8Ehre (Selbstwertgefühl), das uns treibt, das Urteil unserer selbst (Eigenwertgefühl) und anderer über uns rein zu erhalten und die angegriffene oder verlorene Ehre wiederherzustellen. Ehrgeiz, das Streben von Menschen nach Ansehen, Ehre, Macht und Ruhm; in krit. Absicht verwendbar, wenn Leistung nur als Mittel zum Zweck eingesetzt wird (Geltungssucht, 8Ambition). Ehrliebe, gesteigertes Ehrgefühl (8Ehre), bei Aristoteles als philotimia die rechte Mitte zwischen dem 8Ehrgeiz und dem völligen Mangel an Streben nach 8Anerkennung.
Eidetik
Eidetik, gr. eidëtike (epistëmë); Bez. für eine (von E. R. Jaensch begr.) Lehre von den Gestalten und Formen subjektiver Anschauungsbilder; in erw. Bed. auch verw. für die Wissenschaft von den reinen Formen, den Wesenheiten, den Ideen (8Phänomenologie); in der Psychologie die Fähigkeit der Eidektiker, d. h. solcher Menschen, die früher Gesehenes im Sehraum als 8Anschauungsbild sinnlich deutlich vor sich sehen, ohne daß die entsprechenden Reize von außen das Auge treffen. Danach gibt es auch akustische, taktile usw. Eidetiker, ferner vergleichbar Sensible für Qualitäten des Geschmacks und des Geruchs. eidôlon, gr. ›das 8Abbild‹, Nach- , Spiegel- oder Trugbild (8Idol); dazu Eidologie, bei J. F. Herbart (Allg. Metaphysik I, 1828, 71) die Lehre von den Erscheinungen (den Abbildern der Gegenstände im Bewußtsein). eidos, gr. ›Gestalt‹, ›Form‹ (8Idee), in der Logik seit Aristoteles die 8Art (lat. species) im Unterschied zur 8Gattung. In der 8Phänomenologie E. Husserls svw.: 8Wesen. Dazu Eidologie, die Lehre von den Gestalten, svw. 8Morphologie. Eigenliebe, 8Egoismus. Eigennutz, das bewußte und überlegte Verfolgen der eigenen Zwecke und des eigenen Nutzens ohne Rücksicht auf den Schaden, der anderen daraus erwächst, also die Wurzel unsozialen Verhaltens. E. als das planmäßige Verfolgen eigener Zwecke ist enger als der Begriff des 8Egoismus; doch wird im
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allg. Sprachgebrauch dieser Unterschied nicht genannt. – Strafbarer E., ein juristischer Begriff, unter dem die Ausnutzung anderer durch gewerbsmäßiges Glücksspiel, unlauteren Wettbewerb, Jagd- und Fischfrevel, Verletzung des Briefund Betriebsgeheimnisses, Wucher und Ausbeutung zusammengefaßt wird. Eigenschaft, mhd. svw. 8Eigentum, Besitz im Sinne von Leibeigenschaft, dann die Eigentümlichkeit bei Meister Eckhart als Übers. von lat. proprietas im Sinne von 8Eigenheit, durch Chr. Wolff für lat. attributum in die Logik eingef., bez. eine einzelne Bestimmung oder ein Merkmal, das ein 8Ding aufweisen kann. E.en wie z. B. die, blau zu sein, werden in der Logik durch 8Prädikate der Form ›x ist blau‹ symbolisiert. In der Psychologie wird der Begriff E. auch gleichbedeutend mit 8Disposition gebraucht. Eigenschaftsnamen sind in der Sprachwissensch. Substantive, die aus Adjektiven oder Partizipien gebildet werden, welche eine E. oder einen Zustand bezeichnen, im Dt. häufig mit den Suffixen ›...heit‹ oder auch ›...nis‹ gebildet (z. B. Freiheit von ›frei‹, Finsternis von ›finster‹). Eigentlichkeit, existenzphilos. Begr., vgl. 8Uneigentlichkeit. Eigentum (lat. dominium, gr. ktëma oder idion), aus eigen (germ. Wurzel aig- ›haben‹, ›besitzen‹) und ahd. tuom ›Verhältnis‹, ›Zustand‹, Übers. Meister Eckharts für lat. proprietas, allg. alles, was einem Menschen ›zueigen‹ ist, was ihm als diesem besonderen 8Indivi-
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duum gehört, insbes. sein eigener 8Leib, die Dinge, mit denen er sich umgibt. Im jurististischen Sinn versteht man dagegen uner E. die rechtlich anerkannte, umfassendste Herrschaftsmacht einer (natürlichen oder jurist.) Person über eine Sache, die insbesondere das Recht zum 8Besitz, zum Gebrauch und Verbrauch sowie zu jeder sonstigen körperlichen Einwirkung und endlich die rechtliche Verfügungsmacht umschließt. G. W. Fr. Hegel sieht das objektiv- sittliche Moment des E.s darin, daß sich der Mensch seiner Freiheit und Überlegenheit gegenüber den äußeren Dingen, der Möglichkeit seiner Selbstbestimmung versichert hält. Das »Vernünftige des E.s« liegt nach ihm nicht allein in der Befriedigung der Bedürfnisse, sondern darin, daß die Person als freies Wesen in ihrem E. sich gegenständlich und hiermit erst »wirklicher Wille« ist (GPhR §§ 41, 45). Es sei daher vernünftig, daß jeder E. besitze, dagegen zufällig, was und wieviel er besitze (§ 49). Dem E. des Einzelnen läßt er ferner um der sittlichen Aufgabe der Familie willen das Familieneigentum zur Seite treten, das allen Familienangehörigen gemeinsam gehört, aber vom Vater als dem Familienhaupte verwaltet wird (§§ 169- 71). Als die ›natürlichen‹ Erwerbsgründe des E.s betrachtete die 8Naturrechtslehre vor allem die Aneignung und die Verarbeitung. Sie sprach den Einzelnen im 8Naturzustande entweder ein unbegrenztes Recht zur 8Aneignung (z. B. Th. Hobbes) oder aber jedem nur ein Recht zur Aneignung gera-
Eigentum
de der 8Güter zu, die er zu bearbeiten in der Lage sei ( J. Locke). Während die sozialphilos. Berechtigung des E.s von den Aufklärungstheorien des 17. und 18. Jh.s (mit Ausnahme von J.- J. Rousseau, der im E. den Grund der Ungleichheit und damit der Abhängigkeit der Menschen untereinander sah) so wenig in Zweifel gezogen wurde, daß diese vielmehr den Zweck des Staates vielfach geradezu darin erblickten, das E. seiner Bürger zu sichern (8Gesellschaftsvertrag), wurde sie im 19. Jh. von den Frühsozialisten, besonders von P. J. Proudhon (Qu’est ce que c’est la propriété ?, 1840) grundsätzlich verneint (8Proudhonismus). Seit als Inhaber eines E. neben natürlichen Personen auch kollektive Subjekte (jurist. Personen, z. B. Kommunen, Institutionen, Assoziationen) rechtsfähig handeln können, wird in Bez. auf Eigentumsformen wie folgt unterschieden: 1. Privateigentum: als Rechtsinstitut für die bürgerl. Rechtsordnung zuerst allgemeinverbindl. juristisch definiert durch den frz. Code civil von 1804 als eine Art Vollrecht mit Ausschließungscharakter, und zwar als »Recht, Sachen zu genießen und über sie zu verfügen«, ausgenommen in Fällen des gesetz- oder regelwidrigen Mißbrauchs (»droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue, pourvu qu’on n’en fasse un usage prohibité par les lois ou par les règlements« Art. 544). 2. Gemeineigentum: urspr. nur das der Gesamtheit einer Gruppe von Menschen zur gemeinschaftl. Nutzung zustehende E. Häufigste For-
Einbildung
men: Staatseigentum (in Staaten mit republikan. Verfassung auch Volkseigentum genannt) und genossenschaftliches E. Politische Programme für sozialistische Gesellschaftsordnungen betonen die ökonomische Priorität von Gemeineigentumsverhältnissen gegenüber Privateigentumsformen natürlicher Personen. Der 8Marxismus stellt die naturrechtl. Rechtfertigung von E. und damit die Berechtigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln und der großen Kapitalvermögen infrage und plädiert für Gemeineigentumsformen in einer sozialist./kommunist. Gesellschaftsordnung. Der Auffassung des E.s als einer im sittlichen Wesen des Menschen begründeten, nur in der Gemeinschaft möglichen Institution entspricht die Anschauung, daß auch das Privat- E. Pflichten gegenüber der Gemeinschaft in sich schließt. Sie hat im dt. Sprachraum zuerst in der Weimarer Reichsverfassung (»Eigentum verpflichtet«) eine rechtsverbindliche Formulierung gefunden. Einbildung, gr. phantasia, zuerst von Aristoteles im Sinne eines Bewußtseinsinhaltes gebraucht, dem keine Wahrnehmung unmittelbar zugrundeliegt (De an., III.), von Paracelsus für lat. imaginatio eingeführt im Sinne von ›lebendige Vorstellung‹, so auch bei G. W. Leibniz; seit Chr. Wolff und I. Kant im Sinne von 8Phantasie oder überhaupt von innerer 8Anschauung ohne Gegenwart eines äußeren angeschauten Gegenstands gebraucht.
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Einbildungskraft, von G. Ph. Harsdörffer, dem Verfasser des ›Nürnberger Trichters‹ (1647- 53), eingeführtes Kunstwort für lat. facultas imaginandi, bei G. W. Leibniz das Vermögen, einen Gegenstand auch ohne dessen Gegenwart in der inneren Anschauung vorzustellen. Vermittelt über den Begriff facultas fingendi von Chr. Wolff, der das Dichtungsvermögen überhaupt bezeichnet, hat A. G. Baumgarten – der den Begriff facultas fingendi aufgreift (Metaphysica, 1739, §§ 589 ff.) – den philosophisch- sachlichen Gehalt der Einbildungskraft im Begriff der poetischen Denkart für die 8Ästhetik fruchtbar gemacht: Die poetische Denkart ist das Vermögen, die Wirklichkeit einer anderen möglichen Welt, die nicht die empirisch gegebene ist, vorzustellen (Aesthetica, 1750- 58, § 566). I. Kant unterscheidet zwischen produktiver und reproduktiver E. Die letztere verfährt nach den empirisch- psychologischen Gesetzen der 8Assoziation und trägt insofern zur Erklärung der Möglichkeit der Erkenntnis a priori nichts bei (KrV B 152). Die produktive E. hat erstens eine »transzendentale Funktion«, insofern sie das Mannigfaltige der Anschauung zur Einheit verknüpft und damit Erfahrung ermöglicht; sie ist das »Grundvermögen der menschlichen Seele«, vermittels dessen »Sinnlichkeit und Verstand notwendig zusammenhängen« (KrV A 123 f., B 164). Die produktive E. ist zweitens in zweierlei Hinsicht ein konstitutives ästhetisches Vermögen: im Geschmacksurteil (8Geschmack), »in dem die
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E. in ihrer Freiheit betrachtet werden muß«, wird sie als »produktiv und selbsttätig (als Urheberin willkürlicher Formen möglicher Anschauungen)« beschrieben und ist derart für ein ästhetisches Beurteilungsvermögen unerläßlich (KdU, 1790, § 22 Anm.). Außerdem ist die E. für das produktive ästhetische Vermögen des 8Genies konstitutiv: bei der Produktion ästhetischer Ideen wird der »Begriff selbst auf unbegrenzte Art ästhetisch erweitert: so ist die E. hierbei schöpferisch, und bringt das Vermögen intellektueller Ideen (die Vernunft) in Bewegung, mehr nämlich bei Veranlassung einer Vorstellung zu denken [...], als in ihr aufgefaßt und deutlich gemacht werden kann« (ebd., § 49). E. Bloch hat das in der E. sich äußernde Vermögen des Bewußtseins, seine Gegenstände antizipierend auf Nicht- Seiendes bzw. ein noch nicht Gewordenes hin zu überschreiten, zur wesentlichen, nämlich »utopischen Funktion« des Bewußtseins gemacht und umfassend untersucht (Das Prinzip Hoffnung, 1959, 129 ff.). eindeutig heißt eine zweistellige 8Relation R, wenn sie jedem Element x ihres Vorbereichs M höchstens ein Element y ihres Nachbereichs N zuordnet, d.h. wenn gilt: wenn R(x,y) und R(x,z), dann y = z. Eine solche Relation ist z. B. die »x ist mit y verheiratet«- Beziehung (unter der Voraussetzung der Monogamie; denn: ist x mit y und mit z verheiratet, so ist y mit z identisch). Ist R eindeutig und ›linkstotal‹, wird also jedem Element x aus M genau ein Element y aus N
einfach
zugeordnet, so ist R eine 8Funktion oder 8Abbildung. Eineindeutig heißt R, wenn sie eindeutig ist und wenn ferner gilt: Wenn R(x,y) und R(z,y), dann x = z. Eindruck, mhd., speziell in der Mystik, indruc ›Einprägung‹, Empfindung; erst im 18. Jh. durch den Pietismus neu belebt, bei Chr. Wolff Übers. für lat. impressio, engl. und frz. impression, die 8Empfindung (Licht, Schall, Druck), die durch einen Reiz der Sinnesorgane hervorgebracht wird, der von einem Gegenstand der Außenwelt ausgeht. Zugrunde liegt die Vorstellung von der Seele als einer leeren Wachstafel (8tabula rasa), in die sich die Sinneswahrnehmungen eindrücken. Gegenbegriff: 8Ausdruck. Eine, das (gr. to hen), in der platonisch- plotinischen Spekulation das erste, oberste Prinzip, der Ur- oder 8Abgrund der Welt, aus dem das Nicht- Eine, Viele, Mannigfaltige, Materielle hervorgeht (8Emanation, 8Explikation), das alles Endliche in sich begreift und auf das daher auch alles Endliche erkennend zurückgeführt werden muß. So spricht Plato (Parmenides 137 C f.) vom E.n als dem Unendlichen, Nik. v. Kues (De visione Dei, Kap. 13) von Gott als der »in sich selbst bestimmten Unendlichkeit«, deren der Mensch durch die 8docta ignorantia teilhaftig werde (8unendlich, 8coincidentia oppositorum, 8Dialektik). Vgl. 8Ensoph, 8hen kai pan. einfach (gr. haplous, lat. simplex), nicht aus Teilen zusammengesetzt, im Gegensatz zu doppelt, dreifach,
Einfalt
vielfach; leicht faßlich, im Gegensatz zu schwierig, 8kompliziert. Einfachheit, das nicht aus Teilen Bestehende, im Gegensatz zum Zusammengesetzten; das nur durch ein Merkmal Gekennzeichnete im Gegensatz zur 8Mannigfaltigkeit. Einfalt, urspr. svw. 8Einfachheit, Unvermischtheit, Reinheit, dann die natürl. Schlichtheit und Offenheit, auch die kindliche 8Naivität (die E. des Herzens, die heilige E., lat. 8sancta simplicitas); in der Ästhetik das ungekünstelte Zusammenstimmen aller Teile des Kunstwerks im Sinne J. J. Winckelmanns, der von der »edlen E. und stillen Größe« der antiken Kunstwerke sprach. Einfluß, von Paracelsus für lat. impressio, influentia, 8influxus geb., die Einwirkung auf etwas von außen. Das Forschen nach Einflüssen hängt aufs engste mit der kausal- mechanischen Methode der 8Erklärung zusammen. Einfühlung, von Chr. Meiners (Verm. Schr. III, 1776, 173 ff.) gebildet, von Novalis, Jean Paul u. a. verwendet, von Fr. Th. Vischer und besonders Th. Lipps (Ästhetik I, 1903) zur Bezeichnung des ästhetischen Erlebens überhaupt gebraucht. Lipps sieht in ihr ein »primäres psychologisches Phänomen«, auf das alles Wissen über das Seelenleben anderer zurückgeht. Auch in Tiere, Pflanzen und anorganische Gebilde fühlen wir uns ein. Vor allem aber beruht das ästhetische Erleben der Natur und der Kunst auf E. in das innere Leben der Erscheinungen und We-
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sen, das wir dadurch mit- oder nacherleben. In der von Vischer und Lipps inaugurierten Einfühlungsästhetik wird die E., d. h. die emotionale Identifizierung mit dem ästhetischen Gegenstand, als Konstituens von Schönheit (8schön) begriffen. E. wird philosophisch überall dort relevant, wo der Erkenntnismodus ein hermeneutischer ist und die subjektiven, d. h. bewußtseinsimmanenten sowie emotionalen Verständnisvoraussetzungen – der hermeneutische 8Horizont – in die Erkenntnis eingehen. E. ist eine Weise, sich in ein Fremdes hineinzuversetzen, um es zu verstehen. – W. Benjamin hat mit Hilfe des Begriffs der E. seine Historismuskritik vorgetragen; E. ist danach eine Methodologie historischer Erkenntnis, sich in die vergangene Epoche hineinzuversetzen, sie ganz aus ihren eigenen Voraussetzungen zu begreifen, ohne die Nachgeschichte dieser Überlieferung, die zwischen ihr und ihrer 8Rezeption steht, mit in die Reflexion aufzunehmen. Dieses »Verfahren der E.« ist eine »E. in den Sieger« der Geschichte (Über den Begriff der Geschichte, 1942, VII). Der Historiker, der dieser Identifizierung mit den jeweils Herrschenden im Überlieferungsgeschehen entgehen will, richtet sein Augenmerk auf die Aktualität der Zeugnisse: Dieser Aktualität wird man deshalb nicht in der E. habhaft, weil sie gerade darin besteht, die Überlieferung nicht aus ihrem ursprünglichen Horizont zu begreifen, sondern sie in den Zusammenhang der Gegenwart zu stellen. Vgl. 8Verstehen.
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Einheit, gr. monas (8Monade), lat. unitas; als Zahlwort (numerische E.) das anschaulich gegebene Einzelne, als synthetische E. eine zusammengesetzte, in sich geschlossene Mannigfaltigkeit, die als ein gegliedertes Ganzes erlebt wird (die E. der Persönlichkeit, die E. des Universums). Vgl. 8Individuum, 8Monismus; über die E. des Bewußtseins s. 8Apperzeption; vgl. 8Dualismus. E. in der Mannigfaltigkeit bedeutet in der 8Ästhetik das harmonische Zusammenstimmen aller Teile eines Ganzen (8schön). Als Maßstab bed. E. eine Vergleichsgröße, die zum Zweck der quantitativen Messung einer Größe derselben Größenart festgelegt wird. Die Gesamtheit aller E.en für Größenarten (z. B. in der Physik) werden als Einheitensystem bezeichnet (z. B. das traditionelle CGS- System, benannt nach den Maßeinheiten Centimeter, Gramm und Sekunde). Es umfaßt Ort, Ausdehnung, Masse und den zeitl. Zustand physikal. Größen und damit auch die davon abgeleiteten Größen (wie z. B. 8Kraft, Geschwindigkeit). Vgl. das 8Eine. Einheitswissenschaft, eine Forderung des 8Neopositivismus (vgl. auch 8Wiener Kreis), wonach es nur ein Gebiet von Gegenständen und daher nur eine Wissenschaft, wenn auch unbegrenzt viele Ordnungsformen der Wirklichkeit, geben soll. Man bemüht sich deshalb, die Forschungen und Forschungsergebnisse der einzelnen Wissenschaften miteinander zu verbinden und mit Hilfe eines Formelsystems in Einklang zu bringen.
Einstellung
Einklammerung, in der 8Phänomenologie das Absehen vom Zufälligen, zeitlich und örtlich Bedingten und von der Wirklichkeit selbst, in der die Phänomene auftreten, ebenso wie von allem Psychischen, das ihr Auftreten im Bewußtsein mit sich bringt. Diese phänomenologische Methode des Absehens vom konkreten Dasein mit seinen Zufälligkeiten, um die 8Bedeutung zur Gegebenheit zu bringen, hat ihre Wurzeln schon bei Fr. Brentano und in A. Meinongs 8Gegenstandstheorie; sie wird verstanden als eine vor Umdeutungen schützende Vorstufe des Philosophierens. Vgl. 8Reduktion. Einschachtelungstheorie (8Involutionstheorie), die Annahme, daß alle Lebewesen von der 8Schöpfung der Welt an keimhaft vorhanden gewesen seien (8Präformation) und daß das ganze organische Naturgeschehen nur eine allmähliche 8Evolution gewesen sei, bes. im 18. Jh. weit verbreitet (8Evolutionstheorien). Einsfühlung, von M. Scheler (Wesen und Formen der Sympathie, 1923, S.17) geb. als Steigerung des für wirkliche gefühlsmäßige oder intuitive 8Identifizierung ungenügenden Begriffs der 8Einfühlung. Einsicht, das Durchschauen und Verstehen eines Sachverhalts, svw. 8Evidenz; im Sinne von gr. phronësis die Verständigkeit, das Wissen um das Richtige, Zweckmäßige und Gute. Einsichtigkeit: Erkennbarkeit (vgl. 8Intuition). Einstellung, i. allg. das Gerichtetsein auf ein Ziel; in der Psychologie das innere Gerichtetsein auf ei-
Einteilung
nen Gegenstand oder Vorgang, der im Blickpunkt des Bewußtseins steht oder von dem man erwartet, daß er in den Bereich unserer 8Aufmerksamkeit treten wird; in spezieller Bed. auch 1. wertbetonter 8Habitus einer Person gegenüber einer Sache, Idee oder anderen Personen; 2. Bereitschaftszustand, der einen ausreich. Einfluß auf die Reaktionen eines Individuums auf Objekte und Situationen ausübt; 3. svw. 8Meinung (auch 8Glaube). Einteilung, lat. divisio, in der Logik und wissenschaftl. Systematik die Zerlegung eines 8Begriffs in Arten. Wird die E. fortgesetzt und werden die 8Arten in Unterarten, Abarten, Familien oder nach einer sequentiellen 8Ordnung (z. B. numerisch, alphabetisch) weiter geteilt, so heißt die E. 8Klassifikation. Zu jeder E. gehören: das einzuteilende Ganze (lat. totum divisionis), der E.sgrund (principium divisionis), die E.sglieder (membra divisionis). Man unterscheidet nach der Neben- oder Unterordnung der Begriffe die Neben- (Kodivisionen) und Untereinteilungen (Subdivisionen), nach der Zahl der E.sglieder die 8Dichotomie, 8Trichotomie, Tetratomie und 8Polytomie. Die E. darf nur nach einem E.skriterium erfolgen, das die Glieder so voneinander trennt, daß sie sich gegenseitig ausschließen (8disjunktiv); sie muß erschöpfend und kontinuierlich sein, d. h. von einem zum andern Merkmal ohne ›Sprung‹ (hiatus divisionis) fortschreiten. Einzelding, svw. 8Individuum. Vgl. 8Ding. Einzelbegriff oder 8Individualbegriff, ein Begriff, unter
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den nur ein ›Gegenstand‹ fällt, z. B. »Mittelpunkt der Erde«. Einzelurteile (lat. iudicia singularia) sind solche, deren Subjekt ein 8Individuum ist; z. B. »Sokrates ist ein Mensch«. einzig ist das nur einmal Vorhandene, Einmalige, Unwiederholbare (8singulär). Eitelkeit, mhd. itelkeit (lat. vanitas), die Leerheit, Nichtigkeit, bez. 1. objektiv: die Vergänglichkeit der Dinge (8alles ist eitel), 2. subjektiv: dasjenige Wohlgefallen an sich selbst, das sich auf vermeintliche Vorzüge vor anderen stützt und – im Unterschied zum 8Stolz – diese Vorzüge von den andern unbedingt anerkannt wissen will. Eklampsis, gr. ›Ausstrahlung‹, der Plotinsche Begriff für 8Emanation. Eklektiker, gr., ›Auserwählter‹, heißen (seit Diogenes Laertius I 21) diejenigen Philosophen, die, im Untersch. zu systematisch orientierten Theoretikern, aus den vorliegenden Traditionen das ihnen Zusagende auswählen und zu einer eigenen Lehre zusammenstellen. Das Verfahren der E. heißt Eklektizismus (8Synkretismus). Ekpyrôsis, gr. ›das Ausbrennen‹, bei Heraklit (Diels/Kranz. Fragm. d. Vorsokr. Bd. I, 22 B 31, 65) und den 8Stoikern (J. v. Arnim, Stoicorum veterum fragm. II 596 ff.) der Weltbrand, die Wiederauflösung der Welt in das Urelement, das Feuer, aus dem sie entstand, nach Ablauf einer Weltperiode, wobei das Feuer als der Same (sperma) der Welt gedacht ist, aus dem eine neue Welt entsteht (8Apokatastasis).
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Ekstase, von gr. ekstënai das ›Außersichgeraten‹; das Außersichsein, die Erhebung über sich selbst, ein Erregungszustand, in dem ein Lebensgefühl auf dem ›Höhepunkt‹ erfahren wird (der Gegenpol ist die 8Angst). Er vollzieht sich unter Abschwächung des Gegenstandsbewußtseins und unter dem vorübergehenden Verlust best. Ichfunktionen. In der altgriech. Religion und auch in der gr. Philosophie wird mit der E. die Trennung der 8Seele von allem Körperlichen und ihre Erfüllung mit göttlichem 8Geist verstanden (8Enthusiasmus). Bes. philos. Bedeutung gewinnt der Begriff der E. bei Plotin als schauendes Sichversenken in Gott, als bewußtloses Einssein mit dem Einen (Enneaden VI 9, 4 ff.), und in der christl. 8Mystik. Ektropie, Neub. von gr. ektropë ›Auswärtswendung‹, zuerst bei G. Hirth (Die E. der Keimsysteme, 1900), die Wirkungsfähigkeit, die noch in Arbeit umsetzbare Energie, im Gegensatz zur 8Entropie. Ektropismus, Bez. für eine von F. Auerbach (E., 1910) angenommene innere Tendenz zur Steigerung der E. in der lebenden Natur als Gegenfaktor gegen das Zunehmen der Entropie. Ektypus, gr. ektypon der ›Abdruck‹, das Nachbild, die Kopie, im Gegensatz zum 8Archetypus oder 8Prototyp. Ektypisch ist für I. Kant der menschliche, nur 8diskursiv denkende, endliche Verstand gegenüber dem anschauenden, göttlichen (8intellectus archetypus).
eleatische Schule
élan vital, frz. die ›Lebensschwungkraft‹, von H. Bergson (L’Evolution créatrice, 1907) eingef. zur Bez. der die Entwicklung der Organismen beschleunigenden Kraft (8Bergsonismus). eleatische Schule, die von Xenophanes (geb. um 580 v. Chr.) in Elea (Unteritalien) gegründete, um 500 v. Chr. blühende gr. Philosophenschule, deren Lehren vor allem von Parmenides durch sein Lehrgedicht Über die Natur (gr. u. dt. hg. von Diels, 1897) überliefert worden sind; ihr gehörte auch Zeno an (8Achill). Die Hauptlehren der e.n S. sind: die Entgegensetzung von Denken und Meinen (8doxa), Wahrheitsgehalt des Denkens und Trughaftigkeit der Sinneswahrnehmung, die Gleichsetzung von Denken und 8Sein und die Leugnung jeder Veränderung und Bewegung in bezug auf das Sein. Dementsprechend bezeichnet man mit Eleatismus jede philos. Lehre, die von einem absoluten, nur durch Denken zu erfassenden Sein ausgeht und ihm das Werden und die sichtbare Welt als Schein entgegensetzt; darin unterschieden vom 8Heraklitismus. Die Eleaten waren Philosophen dreier Menschenalter im 6. und 5. Jh. v. Chr. (ungefähr 550450), welche die Lehre von der Einheit und Unveränderlichkeit des Seienden vertraten und die Existenz der Vielheit, der Bewegung und des Werdens leugneten. Ihr ältester Vertreter Xenophanes von Kolophon gab der Lehre eine theologische Form, indem er den griechischen 8Polytheismus und 8Anthropomorphismus bekämpfte, die
Elektra
Einheit, Ewigkeit, Unveränderlichkeit und Geistigkeit des Göttlichen behauptete und das Weltall dem Göttlichen pantheistisch gleichsetzte. Der zweite Eleat, Parmenides in Elea, ein Schüler des Xenophanes, gestaltete die eleatische Lehre in eine Theorie vom Sein und Nichtsein um. Nach ihm ›ist‹ nur das 8Sein: es ist ungeworden, ewig, eins, unveränderlich und unbeweglich, eine den 8Raum kontinuierlich erfüllende Kugel, und Sein und Denken wird bei ihm als ein und dasselbe gedacht. Das Nichtsein ist nicht; es gibt kein Werden; alles Viele und Wechselnde ist nur 8Schein und alle Sinneserkenntnis ist nur 8Täuschung. Die dritte Generation bilden Zenon und Melissos, die beide Schüler des Parmenides waren. Sie wurden später als 8Dialektiker der eleatischen Schule bezeichnet, insofern sie Gegensätze in der Theorie zu versöhnen suchten. Sie verteidigten die Lehre des Parmenides indirekt durch Beweise gegen die These von der Vielheit und die von der Bewegung alles Seienden (wie z. B. im Dilemma des 8Achill; vgl. das Beispiel vom fliegenden Pfeil). Alle Eleaten haben also gemeinsam den Gegensatz zur Volksreligion, die Verwerfung des Erfahrungswissens, die Entwicklung der Begriffe des Seins und Nichtseins, die Leugnung der Vielheit und der Bewegung. Innerhalb der griechischen Philosophie hat die Lehre der Eleaten am meisten auf Plato gewirkt, der mit ihr in der Annahme eines ›ewig Seienden‹ (gr. to on aei) und in der Kritik des alleinigen
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Wahrheitsanspruchs der Sinneserkenntnis übereinstimmte (vgl. 8Ideenlehre). Elektra, Name eines von Diogenes Laertius (II, 108) dem Eubulides zugeschr., von Aristoteles (Soph. elench. XXIV 17 a 33) erwähnten und von Lukian (Vitarum auctio 22) so formulierten 8Sophismas: »E., die Tochter des Agamemmnon, weiß dasselbe und weiß es zugleich nicht. Als Orest ihr entgegentrat, ehe sie ihn erkannte, kannte sie den Orest, weil er ihr Bruder ist; daß der ihr Entgegentretende aber Orest sei, kannte sie nicht.« Elektron, gr. ›Bernstein‹ von gr. helkein ›ziehen‹, eigentlich helktron ›der Zugstein‹, so genannt wegen seiner Anziehungskraft; in der modernen Physik Bez. für negativ geladenes atomares Teilchen. Element, gr. stoicheion, lat. elementum, der Grundbestandteil; der Begriff stammt von Empedokles, wenn auch der Name erst später auftritt. In der Mathematik ist E. ein Gegenstand, der zu einer 8Menge gehört, im übertr. Sinn auch Baustein, Teil eines Systems, Aggregats, eines Modells oder einer Theorie; im naturwissenschaftlichen Sinn ein Grundstoff oder Grundbaustein der materiellen Körper. Die gr. Philosophie suchte die 8Materie zunächst auf ein E. als Urstoff zurückzuführen (Thales: Wasser, Anaximenes: Luft), dann auf vier (Empedokles: Erde, Wasser, Feuer, Luft), die Aristoteles als Verbindungen nach den Gegensatzpaaren trocken–feucht und warm– kalt betrachtete und denen er ein
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einfaches fünftes E., den 8Äther, hinzufügte. In der älteren 8Chemie und 8Alchemie wurden die übrigen Stoffe als Abwandlungen (Allotropien) dieser E.e und des auch ihnen zugrunde liegenden Urstoffs (prima materia) aufgefaßt. Erst bei R. Boyle († 1691) setzte sich die moderne Auffassung durch, nach der jeder Stoff aus E.en bestehend angesehen wird, die sich durch chemische Mittel nicht weiter zerlegen lassen. So kam die Chemie zu ihrer großen Zahl von gegenwärtig weit über 100 E.en. Diese werden nach ihren periodischen physik. und chem. Eigenschaften geordnet (zuerst bei L. Meyer u. D. J. Mendelejeff, Das Periodensystem der E.e, 1869). Elementaraussage, zu 8Element und 8Aussage, svw. 8Primaussage. Elenchus, gr. elenchos (lat. refutatio) ›Gegenbeweis‹, Widerlegung (8Beweis); Elenktik, gr. elenktikë (technë) ›die Kunst des Beweisens und Widerlegens‹, des Überführens. Eleutheriologie, Neub. aus gr. eleutheria ›Freiheit‹ und logos ›Lehre‹ von A. Ulrich (E. oder über die Freiheit und Notwendigkeit, 1788), die Freiheitslehre. Eleutheronomie, Neub. aus gr. eleutheros ›frei‹ und nomos ›Gesetz‹, bei I. Kant (Met. d. Sitten II, Vorr.) das »Freiheitsprinzip der inneren Gesetzgebung«. Emanation, lat., ›Ausfluß‹, das Hervorgehen aller Dinge aus dem 8Einen, und zwar so, daß das Eine das Vollkommene ist und bleibt und das Hervorgegangene mit zunehmender Entfernung von dem Einen immer unvollkommener
Emanation
wird (während bei der 8Evolution urspr. angenommen wurde, daß aus Unvollkommenem stets Vollkommeneres entsteht). Das Emanationssystem steht im Gegensatz zur Annahme einer einmaligen 8Schöpfung; es beruht auf dem Grundsatz 8ex nihilo nihil fit, widerspricht aber auch der Annahme einer ewigen 8Materie, zu der ein schöpferischer Geist (8Demiurg) nur ordnend hinzutritt. Das Emanationssystem ist 8Monismus oder 8Panentheismus. Emanatistisch, d. h. der Vorstellung der E. entsprechend, ist das Denken schon in der ind. (8Atman, 8Brahman), bes. aber in der spätgriech. Philosophie: Bei Plotin (Enneaden V 1 und 2; III 8, 10 u. ö.), den Neuplatonikern (8Neuplatonismus) und 8Gnostikern gehen alle Wesen mit innerer Notwendigkeit und in bestimmter Stufenfolge aus dem Einen, der 8Fülle (8plëroma), dem 8Abgrund durch ›Ausstrahlen‹, ›Überfließen‹ usw. hervor, ohne daß das Eine an Substanz verliert. Nachhaltige Wirkung übte diese Lehre bes. auf Johannes Scotus Eriugena, Meister Eckhart, J. Böhme und G. W. Leibniz (Monadologie § 47) aus. In der mittelalterlichen Religionsphilosophie bez. E. zeitweise jede göttliche Offenbarung; der E. (bei Meister Eckhardt uz flus, bei Nik. v. Kues 8explicatio) entspricht die Rückkehr (wyderflos, complicatio) der Schöpfung in Gott. Beides geschieht durch das Wort; den 8Logos in der Bedeutung des neutestamentl. Evangelisten Johannes (ebd. Kap. 1.1 ff.) als Schöpfungs- und Inkarnationsprinzip.
Emblem
Emblem, gr., ›die eingelegte Arbeit‹, das Sinnbild (8Symbol), das Kennzeichen, Abzeichen, z. B. als Bild mit Wahlspruch; dazu emblematisch, sinnbildlich. E. erhält seine allgemeine Bedeutung als Sinnbild durch die ars emblematica, einer im allegorischen Denken des 16. und 17. Jh. entwickelten Kunstform, wonach ein innerer Bedeutungszusammenhang allen Dingen gemeinsam zugrundeliegt, der im E. und seiner 8Auslegung freigelegt wird. Die Emblematik, die Kunst der Herstellung und Deutung von E.en, setzt die Welt als Gefüge verschiedener Sinnbezüge voraus, in der jedes Ding res significans, d. h. Bedeutungsträger ist und somit zum 8Zeichen wird. Die Emblematik gehört somit philosophisch in den Bereich der 8Hermeneutik: E.e sind grundsätzlich auslegungsbedürftige Sinnbilder. Dies ergibt sich aus ihrem formalen Aufbau einer dreiteiligen Verbindung von Text und 8Bild: Das E. ist überschrieben mit einem Wahlspruch, dem 8lëmma, dem eine bildliche Darstellung (eikôn) folgt, die schließlich von einem Epigramm gedeutet wird. Durch diese formale Struktur macht das E. seinen allegorischen Charakter in sich explizit: Alle drei Komponenten beziehen sich aufeinander und eröffnen so wechselnde Verweisungen. Indem das E. die Deutung des Bildes in die künstlerische Darstellung hineinnimmt, wirft es zusätzlich Licht auf die Notwendigkeit der 8Auslegung dieser Deutung durch den Rezipienten. In dieser Hinsicht ist es sinnvoll, vom emblematischen,
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d. h. sinnbildlichen Charakter von Kunst zu sprechen. Vgl. 8Allegorie. Emergenz, von lat. emergens ›auftauchend‹, zum Vorschein kommend, engl. emergence, Auftauchen, Sichtbarwerden, Epigenese; Adj: emergent; in die Phil. als Begr. eingef. von G. H. Lewes (Problems of Life and Mind, Bd. 2, 1875), der zwischen emergenten und resultierenden Wirkungen unterschied. Während letztere auf die Summe der Einzelursachen reduzierbar sind, zeichnen sich emergente Wirkungen dadurch aus, daß sie weder kausalistisch vollständig erklärbar noch in ihren erwarteten Systemeigenschaften vollständig vorhersagbar sind. E. wurde in der 8Evolutionstheorie als Bezeichnung für das Problem verwendet, daß ›höhere‹ Eigenschaften von komplexeren Organismen durch das Zusammenwirken der Systemeigenschaften nicht vollständig erklärt werden können und sich insofern durch Neuartigkeit unterscheiden. Emergenzphilosophie, begr. von S. Alexander (Hauptw.: Space, Time, and Deity, 1920) , C. Ll. Morgan (Emergent Evolution, 1923) und C. D. Broad (The Mind and its Place in Nature, 1925), weiterentwickelt von P. Oppenheim und H. Putnam (zuerst in: dies., Unity of Science as a Working Hypothesis. In: Minnesota Studies in the Philosophy of Science, Hg. H. Feigl u.a., Bd. 2, 1958). Im Unterschied zur älteren E.philosophie erklären Oppenheim und Putnam E. nicht allein aus der Rekombination vorhandener Elemente, sondern inbes. auch durch die
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8Evolution qualitativ neuer Veränderungen. Emotion, von frz. émotion, die 8Gemütsbewegung, der 8Affekt, die Erregung; dazu emotional, dem Affekt, dem 8Gefühl zugehörig. Emotionalismus, die Auffassung des Emotionalen, des Gefühls und seiner Äußerungen, als seelischer Grunderscheinung; auch die Vorherrschaft des Emotionalen vor der ratio (8Rationalismus). Emotivismus (von lat. emovere ›erschüttern‹), Bezeichnung für in der ersten Hälfte des 20. Jh. entstandene nonkognitivistische (s. 8Kognitivismus) metaethische Theorien, die in Abgrenzung zum 8Naturalismus und 8Intuitionismus davon ausgehen, daß Wertbegriffe wie »8gut« weder natürliche (empirische) noch nicht- natürliche besondere undefinierbare Eigenschaften bezeichnen, sondern überhaupt keine Eigenschaften. Wertbegriffen wie »gut« wird keine deskriptive, sondern eine emotive Bedeutung zugesprochen. Die mittels Wertprädikaten gebildeten 8Werturteile seien weder Behauptungen noch Feststellungen, und entsprechend komme ihnen auch keinerlei Wahrheitsgehalt zu; stattdessen sollen Werturteile Emotionen und Einstellungen zum Ausdruck bringen (A. J. Ayer, Language, Truth and Logic, 1936). Die Funktion von Werturteilen wie von moralischen Urteilen sei es, Emotionen und Einstellungen bei anderen hervorzurufen und so zu bestimmten Verhaltensweisen anzuregen, d.h. insbesondere moralische Urteile werden unter dem Aspekt der Handlungs-
Empfindsamkeit
beeinflussung gesehen (C. L. Stevenson, Ethics and Language, 1944). Der frühe, in der Tradition des logischen 8Empirismus stehende E. sprach moralischen Äußerungen jeglichen deskriptiven Gehalt ab (M. Schlick, R. Carnap, der frühe A. J. Ayer). Später wurde diese Ansicht revidiert (C. L. Stevenson, der späte A. J. Ayer): So enthalten nach Stevenson moral. Sätze neben der imperativischen auch eine informative Komponente (»x ist gut« = »ich billige x, tue das gleiche!«). Damit sollen moralische Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich ihres deskriptiven Teils u.U. mittels rationaler Argumentation beilegbar sein. Empfindlichkeit, die Fähigkeit zur Reizaufnahme, deren physiologische Voraussetzung die Ausstattung des Körpers mit Sinnesorganen bzw. sensiblen Nervenfasern ist, in bezug auf das Gefühlsleben die leichte Erregbarkeit und Verletzbarkeit. Empfindsamkeit, seit G. E. Lessing, der zuerst empfindsam für engl. sentimental schrieb, und J. H. Campe (Über E. und Empfindelei, 1799) für 8Sentimentalität, die Neigung, sich anrührenden Vorstellungen und den entsprechenden Gefühlen hinzugeben. E. äußert sich vor allem in der Literatur des 18. Jh.: Zunächst im englischen Roman, dann in der Entwicklung der Brief- und Tagebuchliteratur, in der ein Autor sich selbst bespiegeln und entfalten kann, und schließlich im bürgerlichen Trauerspiel, in dem sich empfindsam- bürgerliche Moralität gegen aristokratische Un-
Empfindung
sittlichkeit und Fühllosigkeit kritisch geltend macht und zu Bewußtsein bringt. Der Kunst kommt in der E. vor allem die Aufgabe zu, 8Affekte zu erregen, eine sehr verbreitete ästhetische Haltung im deutschen ›Sturm und Drang‹ (vgl. J. W. v. Goethes ›Werther‹). Der sozialgeschichtlich- literarische Ursprung der E. äußert sich vermittelt in der Philosophie J.- J. Rousseaus, in welcher 8Natur zum emotionalen Raum einer Abgrenzung gegen gesellschaftliche, d. h. feudale Konventionalität wird. E. läßt sich philosophisch als Fähigkeit seelischer Anteilnahme bestimmen, die sich im Medium sinnlichen Erlebens, vorzüglich der Kunst, entwickelt. Diese ›Fähigkeit der Empfindung‹ (facultas sentiendi) ist daher philosophisch in der 8Ästhetik akzentuiert worden (A. G. Baumgarten, Aesthetica 1750- 58, § 30). Ästhetik wird als philosophische Leitung und Entwicklung des menschlichen Empfindungsvermögens begriffen. I. Kant hat E. als emotionale Offenheit verstanden und sie im Unterschied zur Abhängigkeit von der subjektiven Gefühlswelt als freies Verhalten gegenüber Gefühlen bestimmt, als »ein Vermögen und eine Stärke, den Zustand sowohl der Lust als Unlust zuzulassen« (Anthrop., 1798, § 59). Empfindung, seit dem 16. Jh. von mhd. ent- vinden, das, was man in sich findet, von gleicher Bedeutung mit 8Gefühl; in der Psychologie die Aufnahme und das Bewußtwerden eines Reizes. Zum Zustandekommen einer E. gehört also ein 8Reiz, ein Reizaufnahmeorgan, eine Reiz-
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leitungsbahn und die Großhirnrinde, wo der Reiz bewußt werden kann. E.sbilder sind nur so lange vorhanden, wie der Reiz dauert. Die E.en sind verschieden nach Inhalt (Qualität), Stärke (Intensität) und Dauer, man teilt sie ein nach den Sinnesorganen (Gesichts- , Gehörs- , Druck- , Temperaturempfindungen usw.). Vgl. 8Psychologie. Über E.en wurden bereits in der Antike unterschiedl. Erklärungsversuche angestellt. Alkmaion von Kroton meinte, es drängen gewisse Ausflüsse von Dingen durch Poren in die Augen, Ohren usw. Ähnliches lehrten Empedokles, Demokrit und Anaxagoras; nach Aristoteles gelangt dagegen nicht die Materie des Objekts in die 8Seele, sondern nur dessen Form. In der 8Scholastik wurde wiederum ein physischer Einfluß (influxus physicus) der Dinge in die Seele gelehrt. Auch R. Descartes nahm an, daß der Reiz vom Organ durch die Nerven sich zum Gehirn fortpflanze und dort die vom Herzen aufsteigenden Lebensgeister bewege. G. W. Leibniz betonte die Selbsttätigkeit der Seele und läßt die E. aus dunklen 8Perzeptionen entstehen. I. Kant leitete die E. aus der passiven 8Sinnlichkeit ab, welche das empirische Material hergebe, während es erst durch die apriorische Kraft des Subjektes geformt werde. Psychologen des 19. Jh., wie W. Wundt, Fr. A. Lange und H. Spencer, faßten die E. als subjektiv- innerliche Erscheinungsweise von objektiven Molekularbewegungen in der Nervenfaser. (Vgl. auch 8Qualia)
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Empirie, gr. empeiria ›Erfahrung‹; häufig, im Untersch. zur alltägl. 8Erfahrung, verw. für wissenschaftl. kontrollierte Erhebung von Daten; in diesem Kontext unterschieden auch von 8Erkenntnis durch 8Theorie. Empirist, gr. empirikos, der auf Grund von Erfahrung Denkende und Handelnde, der in der Wissenschaft, insbes. bei seinen theoret. Voraussetzungen von der Erfahrung Ausgehende und sie als einzige Erkenntnisquelle Anerkennende. Empiriokritizismus, von R. Avenarius (Kritik der reinen Erfahrung, 2 Bde., 1888- 90, 19072) geb. zur Bez. der ›Wirklichkeitsphilosophie‹, die sich auf einen kritisch gefaßten Begriff der Erfahrung gründet und die Metaphysik ablehnt. Empirisch, auf Erfahrung gegründet, erfahrungsgemäß, bei I. Kant bes. im Gegensatz zu 8intelligibel gebraucht. Empiriker, der aufgr. wissenschaftl. angeleiteter Erfahrung Forschende; auch der Vertreter einer auf Erfahrung allein sich berufenden theoretischen Philosophie. Empirismus, die Philosophie oder die Wissenschaft, die als Quelle des Wissens die Erfahrung und als wissenschaftliche Methode allein das Ausgehen von der 8Beobachtung und dem 8Experiment gelten läßt. Klassische Hauptvertreter: Fr. Bacon, J. Locke, J. St. Mill; Gegensatz: 8Rationalismus. Logischer Empirismus, eine ab den 1920er Jahren vom Berliner Kreis um H. Reichenbach und v. a. vom 8Wiener Kreis um R. Carnap vertretene erkenntnistheoretische, den klass. Empirismus fortentwickelnde Position, die die Erfahrung und
endlich
die 8Logik als einzige Quellen der Erkenntnis ansieht: Die Mathematik wurde als logisch begründbar aufgefaßt (8Logizismus). Die Anhänger dieser Richtung, die in einer engen Verbindung zur 8analytischen Philosophie steht, lieferten wesentliche Beiträge zur Logik und zur 8Wissenschaftstheorie (vgl. etwa 8Verifikation, 8Bestätigung, 8Sinnkriterium). Nach der Emigration R. Carnaps in die USA wurde der logische Empirismus v. a. im angelsächsischen Bereich wirksam und verband sich dort z. T. mit pragmatistischen Strömungen (8Pragmatismus). empiristisch, den Grundsätzen des 8Empirismus entsprechend. Enargie, gr., ›Klarheit‹, 8Evidenz. Encheiresis, das Angreifen einer Sache mit den Händen, die Behandlung, in der Antike und im Mittelalter für medizinische Operationen und alchemistische Experimente gebraucht; bei J. W. v. Goethe (in der Schülerszene von ›Faust I‹) die Weise der Forschung, die der schaffenden Natur durch Zerlegung des Lebendigen in seine Teile auf die Spur zu kommen sucht (8Atomismus). Endelechie, gr. (lat. continuatio), ›Dauer‹, Fortsetzung; von Cicero (Tusc. disp. I 10, 20) verwechselt mit 8Entelechie und danach öfter, z. B. bei Ph. Melanchton (Comm. de anima, 1540) hierfür gebr. endlich, (lat. finitum) ist das, was im 8Raume, in der 8Zeit, der 8Zahl nach, als 8Kraft oder 8Bewegung ein Ende, eine 8Grenze hat, was ausmeßbar oder abzählbar ist; Gegenbegriff 8unendlich. Endlichkeit,
Endursache
die Begrenztheit nach Raum, Dauer, Zahl, Fähigkeit usw. In der 8Erkenntnistheorie und Naturphilosophie tritt das Problem auf, ob die Welt dem Raume, der Zeit, der Materie nach endlich oder unendlich ist (I. Kant, KrV, 8Antinomien der reinen Vernunft); in der philosophischen 8Anthropologie spielt die Bedeutung der Endlichkeit des menschlichen Wesens und der menschlichen 8Existenz und das Wissen um diese Endlichkeit eine ebenso wichtige Rolle wie in der Theologie die 8Unendlichkeit für den Gottesbegriff. Nach G. W. Fr. Hegel ist Endlichkeit nur eine Teilbestimmung des Seienden und insof. die ›hartnäckigste Kategorie des Verstandes‹ (vgl. Endlichkeit als Best. des ›Daseins‹: Wissenschaft der Logik I, 2. Kap. B). Endlichkeit bed. in der Geometrie und der Physik die Eigenschaft einer Größe, welche die für das gesamte Größengebiet erklärte Maßbestimmung besitzt, wenn sie an keiner Stelle ihres definierten Bereichs grenzenlos wächst. So wird z. B. ein e.s Längenmaß einer Strecke durch eine reelle Zahl bestimmt. Andere Endlichkeitsaussagen, die sich nicht in definierten Maßen ausdrücken, bedienen sich häufig der Grenzmetapher, so z. B. in der Formel, daß sich die Endlichkeit unseres Wissens in seiner Begrenztheit zeigt. Endursache, Übersetzung von I. Kant für lat. 8causa finalis, der 8Zweck, sofern er als Ursache für die zu seiner Erreichung aufgebotenen Mittel angesehen wird. Endzweck (gr. skopos, lat. finis ultimus), nach I. Kant (z. B. KdU § 84)
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ein solcher 8Zweck, der keines andern als Bedingung seiner Möglichkeit bedarf; so der Zweck der Existenz eines Wesens, wenn er in diesem selbst liegt, die Bestimmung des Menschen, die ihm als einem moralischen Wesen gegeben ist (vgl. KrV, B 868; 8Teleologie). Energetik (gr. energëtikos ›wirksam‹), in der Physik die Lehre von der 8Energie und ihren Wandlungen, in der Philosophie der energetische 8Monismus; energetischer Imperativ, der von W. Ostwald (In: Der energet. Imperativ, 1912) aufgestellte Grundsatz: »Verschwende keine Energie, verwerte sie.« Energie, gr. energeia ›Wirksamkeit‹, Tätigkeit; allg. die Tatkraft, die Bereitschaft zum Handeln, die Fähigkeit zum Durchhalten, in der Philosophie seit Aristoteles im Unterschied zu 8dynamis, der 8Wirklichkeit, die Tätigkeit (Aktivität), in der Physik seit Th. Young (Lectures on natural philosophy, VII, 1807) die Fähigkeit eines Körpers, mechanische Arbeit zu leisten, als E. der Lage oder potentielle E., Bewegungs- oder kinetische E., WärmeE., chemische E., elektromagnetische E., Strahlungs- E. (8Erhaltung der Energie, 8Entropie). In analoger Verw. auch übertr. auf organische Funktionen. So bez. man mit ›spezifischer E. der Sinne‹, ein Ausdruck Joh. Müllers (1826), den Sachverhalt, daß ein Sinnesorgan auf äußere Reize verschiedener Art stets nur mit der ihm eigenen (spezifischen) Empfindung reagiert; z. B. reagiert das Auge auf Licht,
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Druck, Schlag usf. nur mit einer Lichtempfindung. Enge des Bewußtseins, die psychologische Tatsache, daß nicht alle gleichzeitig empfangenen Eindrücke bewußt werden, wobei die 8Aufmerksamkeit die Funktion der Auswahl übernimmt. Engagement, frz., urspr. in Sold (gage) nehmen, Verpfändung, Verpflichtung, engl. auch Einladung, Verabredung, Verlobung, Stellung, Beschäftigung; im Dt. in einer dieser Bedeutungen in engl. wie in frz. Aussprache üblich. In der sozialen und polit. Bed. als Dienst für eine Idee oder ein Vorhaben in Frankreich erst seit Anfang der 1930er Jahre verbreitet. In die Sprache der prakt. Philosophie eingegangen in Essays von E. Mounier (Gründer und Leiter der Ztschr. Esprit seit 1932) sowie von G. Marcel (Sein und Haben, frz. 1935, dt. 1954) und J.- P. Sartre (inbes. in seiner These von der ›littérature engagé‹; Situations, Bd. II, 1948). Ggs.: im Dt. nur in engl. Aussprache als disengagement verbreitet im Sinne von Nichtteilhabe, prakt. Neutralität, Absentismus, 8Attentismus.. Engel, von spätgr. angelos, got. angilus, ahd. angil ›Vermittler zwischen Gott und Mensch‹, zuerst im nachexilischen Judentum, wahrscheinlich unter persischem Einfluß; durch das Christentum in dessen Ausbreitungsgebiete und deren Sprachen überführt. Unter platonischem Einfluß werden die E. bei Philo zu den Geisteskräften und Ideen Gottes (Intelligenzen). Siehe die Ausbildung der ›Angelologie‹ (E.lehre) bei Pseudo- Dionysius Are-
Ensoph
opagita um 500 (dt. von Stigelmayer, 1911) und bei Thomas v. A. (Summa theol. I quaest. 50- 64). Bei Thomas v. A., Dante, Nik. v. Kues heißen die E. auch die motrices orbium, die bewegenden Kräfte der Welten. – Die E.verehrung besteht noch heute in den oriental. Kirchen; aus den hellenist. jüd. und christl. Kreisen wurde sie auch übernommen in mystische Richtungen des 8Islam. Engramm, gr., das ›Eingeschriebene‹, von R. Semon (Die Mneme als erhaltendes Prinzip im Wechsel des organischen Lebens, 1904, 19205) eingef. für die Veränderung, die die ›organische Substanz‹ durch das Einwirken eines Reizes erleidet und die sie dazu disponiert, auf diesen 8Reiz immer in der gleichen Weise zu reagieren. Enneaden, gr. enneas ›Neunheit‹, Bez. der Schriften Plotins, die von seinem Schüler Porphyrios in sechs Gruppen zu je neun Büchern (E.) geordnet worden sind. Dt. Übers. von R. Harder, 1930- 1937. ens, lat. ›seiend‹, in der scholast. Philosophie das 8Seiende, auch das 8Sein, das Wesen; ens a se, das durch sich selbst Seiende, d. h. im Unterschied zum ens ab alio, dem von einem andern Abhängigen, Geschöpflichen, das unbedingte, göttliche Sein, die 8causa sui; ens rationis, das 8Gedankending; ens realissimum, 8Gott als das in höchstem Maße Wirkliche (8Gottesbeweise). Vgl. 8Ding. Ensoph, gr. ensophos ›einfach‹, in der 8Kabbala das Ureine, Absolute, das göttliche Licht, aus dem alles ausstrahlt.
Entartung
Entartung, der Verfall einer 8Art durch erbliche Abweichungen indiv. Organismen vom ›Normalen‹ (8Dekadenz); desgl. in der Physik Bez. für einen nicht gesetzmäßigen Zustand oder für eine vom erwartet Normalen, Regelmäßigen abweichende Verhaltensweise physikal. Systeme. Die Anzahl der E.en, formulierbar in E.sgraden, entspricht z. B. in der 8Quantentheorie der Anzahl der Realisierungsmöglichkeiten eines quantenmechan. Zustandes. Entelechie, gr., zusammengesetzt aus en ›in‹, telos ›Ziel‹ und echein ›haben‹, das, was sein Ziel in sich selbst hat; seit Aristoteles die 8Form, die sich im Stoff verwirklicht (8Energie), bes. die im Organismus liegende Kraft, die ihm von innen her zur Selbstentwicklung und - vollendung bringt (8Zielstrebigkeit). Dementsprechend bezeichnet Aristoteles (De an. II 1, 412a) die 8Seele als die erste E. eines organischen, lebensfähigen Körpers. Der aristotelische Begriff der E. kehrt dem Sinne nach überall wieder, wo 8teleologisch gedacht wird; ausdrücklich aufgenommen wird er z. B. bei Thomas v. A., G. W. Leibniz (Nouv. ess. II, 21), bei J. W. v. Goethe zur Rechtfertigung der 8Unsterblichkeit (s. bes. die Gespräche mit Eckermann vom 11. III. 1828, 1. IX. 1829 und 3. III. 1830); endlich als ›ganzmachende‹ Kraft im Organismus bei H. Driesch (Der Vitalismus als Geschichte und Lehre, 1905, 19222; Philosophie des Organischen, 1909). Entfremdung, gr.(ap)allotriôsis Trennung, Entfernung, Fremdwer-
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den. Aus dem gr. N T von M. Luther 1522 in seiner Bibelübersetzung ins Nhd. übernommen zur Bez. von Gottesferne, Unglaube, Unwissenheit, so z. B. Eph. 4, 18: »... deren Verstand verfinstert ist, und die entfremdet sind (gr.: allëlotriômenoi) von dem Leben, das aus Gott ist ...«. Die profane Bed. von E. leitet s. ab von lat. abalienare, mhd. enfremeden, fremd machen, berauben, nehmen; philosophisch geht der Begriff auf den lat. Ausdruck alienatio (›Fremdwerden‹, Entäußerung, Veräußerung) zurück, der die Übertragung von Rechten und Eigentum meint und als Rechtsentäußerung (alienatio juris) ins klassische 8Naturrecht Eingang findet, von wo aus E. seine philosophische Bedeutung erhält. Der vertragstheoretische Grundgedanke ist hier, daß ein jeder sich seiner unmittelbaren Freiheit im Naturzustand zu entäußern hat, damit eine positive Rechtsordnung etabliert werden kann, die gesellschaftliche Rechte und Freiheit aller garantiert. J.- J. Rousseau hat diese Sicht der Gesellschaft als einer von der Natur entfremdeten Daseinsweise kritisch verstärkt (Du contrat social, 1762). Seine klassische Ausprägung hat der Entfremdungsbegriff dann in kritischer Anlehnung an G. W. Fr. Hegel u. L. Feuerbach bei K. Marx erfahren (Ökonomischphilosophische Manuskripte, 1844). In der Analyse der Lohnarbeit geht K. Marx davon aus, daß der Arbeiter in der kapitalistischen Produktion in seiner Arbeit zur Ware geworden ist und ihm die Zwecke seiner Tätigkeit äußerlich, d. h. ent-
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fremdet sind. K. Marx differenziert diese Selbstentfremdung des Arbeiters in vier Formen der E.: 1. Das Produkt der Arbeit tritt dem Arbeiter als eine von ihm unabhängige, fremde Macht gegenüber, dessen Zwecke ihm äußerlich sind; 2. E. findet im Akt der Produktion selber statt, weil die Arbeit nicht Selbstvergegenständlichung ihres Subjekts, sondern Mittel fremder Zwecke ist; die entfremdete Arbeit bedeutet folglich 3. eine E. vom menschl. Gattungswesen, das in der freien Selbsttätigkeit im Austausch mit der Natur besteht. Dieser Austausch vollzieht sich in der kapitalist. Produktion unabhängig von den Bedürfnissen der Produzenten; schließlich liegt in der Lohnarbeit als Verhältnis von Herrschaft und Knechtschaft 4. eine E. des Menschen vom Menschen begründet. Die Überwindung der E. wird in kritischer Abgrenzung gegen G. W. Fr. Hegel (Phän. d. Geistes, 1807) nicht in der Aufhebung der Vergegenständlichung des 8Geistes ins Selbstbewußtsein bzw. den philosophischen Begriff, sondern in der Aufhebung der die E. verursachenden kapitalistischen Produktionsweise gesucht. Enthusiasmus, gr., das Ergriffensein vom Göttlichen, die göttliche 8Begeisterung: ein Zustand, in dem der Mensch gleichsam aus sich heraustritt (8Ekstase), einem Gott Platz macht und ihn aus sich reden und handeln läßt (8Inspiration). Dieser Zustand wurde in den vorchristl. Kulten erstrebt, von Plato (Timaios 71 E) und Aristoteles geschildert und von den Neuplatonikern für
Entropie
die Philosophie in Anspruch genommen. Auch bei G. Bruno und A. Shaftesbury, der ihn als die »Leidenschaft für das Gute und Schöne« bestimmt (Brief über den E., 1708; dt. 1909), ist er die Grundlage des Philosophierens. Für I. Kant ist der E. »die Idee des Guten mit Affekt« und – ästhetisch gesehen – »erhaben, weil er eine Anspannung der Kräfte durch Ideen ist, welche dem Gemüt einen Schwung geben, der weit mächtiger und dauerhafter wirkt als der Antrieb durch Sinnesvorstellungen« (KdU § 29). Enthymem, gr. ›der Gedanke‹, bei Aristoteles (Anal. prior. II 27, 70a) ein Wahrscheinlichkeitsschluß, seit Quintilian (Inst. orat. V 10, 3) ein unvollständiger 8Syllogismus, bei dem eine Prämisse fehlt, aber ›in Gedanken‹ zu ergänzen ist. Entität, neulat. Weiterbildung von 8ens, die Seinshaftigkeit, das Dasein eines Dings im Unterschied zur Quiddität, dem Wassein oder Sosein, das ›Daß‹ im Unterschied zum ›Was‹. Heute auch einfach für ›Objekt‹, ›Ding‹. Entropie, gr. entropë ›Wendung nach innen‹, von R. J. E. Clausius 1854 eingeführt; Zustandsgröße, die als Maß für die ›gebundene‹ 8Energie eines geschlossenen materiellen Systems betrachtet werden kann, d. h. für die Energie, die im Gegensatz zur ›freien‹ nicht mehr in Arbeit nach außen umgesetzt werden kann. Gegensatz: 8Ektropie. Vgl. 8Bioenergetik. Seit L. E. Boltzmann (Vorles. über die Prinzipien der Mechanik, 1897 bis 1904) bez. man mit E. im Sinne der ›kinetischen Gastheorie‹ den Wärme-
Entsagung
inhalt eines Systems als die Bewegungsenergie seiner 8Moleküle. Dadurch kann man die E. als Maß für die Wahrscheinlichkeit der Eneregieverteilung, die E.- Zunahme in Hinblick auf einen ›wahrscheinlichsten‹ Zustand hin quantitativ abschätzen. Die naturphilos. Bedeutung des E.gesetzes (des ›zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik‹) beruht darauf, daß es dem materiellen Geschehen eine einsinnige, nicht umkehrbare Entwicklungsrichtung gibt und die Frage aufwirft, ob der Kosmos im ganzen einem solchen Ausgleich und damit einem Stillstand alles geordneten Geschehens (Wärmetod) zustrebt, ferner ob man für die Welt, da dieser noch nicht eingetreten ist, einen zeitlichen Anfang annehmen muß. Entsagung (neulat. resignatio), das Ablassen von Wünschen und Hoffnungen, svw.: 8Askese, Verzicht. E. in stoischem Verständnis fügt sich fatalistisch in den Weltenlauf (8Ataraxie, 8fatum, 8amor fati), E. nach christl. Traditionsmustern schickt sich gehorsam in Gottes Willen (8Demut, vgl. 8Geduld). entscheidbar nennt man eine 8Eigenschaft genau dann, wenn es ein Verfahren gibt, für jedes Objekt festzustellen, ob es diese Eigenschaft hat oder nicht. In der 8Logik und Mathematik geht es z. B. speziell um die Frage, ob die Eigenschaft einer Formel, in einem bestimmten formalen System S gültig zu sein, jeweils e. ist, d.h. ob es ein rein mechanisch anzuwendendes Verfahren gibt, mit dessen Hilfe man in endlich vielen Schritten
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für jeden Satz klären kann, ob er in diesem System gültig ist oder nicht (8Gültigkeit). Im Rahmen der 8Aussagenlogik stellt die Methode der 8Wahrheitstafeln ein solches Entscheidungsverfahren dar. Nach einem Ergebnis von A. Church (1936) ist die Gültigkeit in der 8Prädikatenlogik unentscheidbar; dasselbe gilt auch etwa für die Arithmetik. Als Entscheidungsproblem bezeichnet man die Frage, ob und, wenn ja, wie ein Entscheidungsverfahren für eine gegebene Eigenschaft (etwa die Allgemeingültigkeit oder auch die 8Erfüllbarkeit einer Formel in einem System S) formuliert werden kann (als Problem formuliert von D. Hilbert in: ders. u. P. Bernays, Grundlagen der Mathematik, Bd. 2, 1939). Entscheidung (lat. decisio, engl. decision), einer 8Handlung unmittelbar vorhergehender 8Entschluß zwischen Handlungsalternativen, wobei die kleinste Alternativenmenge die ist, entweder eine bestimmte Tätigkeit auszuführen oder untätig zu bleiben. In diesem Sinne der ›Wahl‹, jedoch mit deutlicher Betonung von Vernunft, Denken, Überlegung, bestimmt schon Aristoteles die E., die im Unterschied zum 8Wunsch »nicht auf das Ziel, sondern auf die Wege zum Ziel« gerichtet sei (Nik. Ethik 1111 b 4- 1112 b 18). In der Theologie und 8Existenzphilosophie (S. Kierkegaard, K. Jaspers, M. Heidegger) spielte die E. eine grundlegende Rolle als das geistige Wagnis, vor das sich der Mensch mit den Urfragen des eigenen Daseins
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(8Grenzsituationen) gestellt sieht. In neuerer Zeit sind E.en Gegenstand verschiedener 8E.stheorien. Entscheidungskriterium bezeichnet ein Verfahren zur Beurteilung von Alternativen. Beispiele für E.skriterien sind das Bayessche Kriterium der »Maximierung des erwarteten Nutzens« im Falle der Entscheidung unter Risiko und bei Entscheidungen unter Unsicherheit das (pessimistische) Maximinkriterium, wonach diejenige Alternative mit dem geringsten Schaden im ungünstigsten Fall gewählt werden soll (s. a. 8Entscheidungstheorie). Entscheidungslogik, s. 8Entscheidungstheorie. Entscheidungstheorie (engl. decision theory), interdisziplinäre Forschungsrichtung. Zu unterscheiden sind deskriptive und rationale E.en. In der deskriptiven oder empirischen E. wird nach empirischen Gesetzmäßigkeiten menschlichen Entscheidens, Handelns und praktischen Deliberierens gesucht (unter praktischer Deliberation werden alle Überlegungen zusammengefaßt, die den Entscheidungen eines Handelnden zugrundeliegen). Die rationale oder normative E. (in best. Ausprägungen auch Entscheidungslogik genannt) ist Teilgebiet der rationalen 8Handlungstheorie. Sie geht auf die mathematische Statistik und Nationalökonomie zurück. Zentrales Problem der rationalen E. ist die Angabe rationaler Kriterien (Entscheidungsregeln), mittels derer in einer gegebenen Situation eine bestimmte 8Handlung aus den möglichen Handlungsalternativen
Entscheidungstheorie
ausgewählt werden kann. Folgende Entscheidungstypen sind zu unterscheiden: (1) Entscheidung unter Sicherheit (die betreffende Person ist sich der Folgen der möglichen Handlungen völlig sicher), (2) Entscheidung unter Risiko (die betreffende Person hat nur wahrscheinliche Annahmen über die Folgen der möglichen Handlungen) und (3) Entscheidung unter Unsicherheit (die betreffende Person verfügt nicht einmal über wahrscheinliche Annahmen bzgl. der Folgen). Für die ersten beiden Entscheidungstypen existiert jeweils genau eine Entscheidungsregel. Beim ersten Typ lautet sie einfach: »Maximiere deinen Nutzen«, im Falle der Entscheidung unter Risiko hingegen: »Maximiere den erwarteten Nutzen«, d.h. eine rationale Person soll stets diejenige der möglichen Handlungen mit dem größten zu erwartenden 8Nutzen wählen (Bayessches Kriterium). Im Rahmen des dritten Entscheidungstyps sind eine Reihe rivalisierender Rationalitätskriterien vorgeschlagen worden, z. B. die (pessimistische) Maximin- Regel, wonach diejenige Handlung mit einem maximalen Minimalnutzen gewählt werden soll, d.h. diejenige Handlung, bei der der Schaden auch im ungünstigsten Fall am geringsten ist, sowie die (optimistische) Maximax- Regel, wonach der Nutzen der vorteilhaftesten Situation maximiert werden sollte. Ein spezielles Problem stellen soziale Entscheidungssituationen dar, in denen das Handlungsergebnis für eine Person vom Handeln anderer abhängt. Mit diesem Problem be-
Entschluß
schäftigt sich die auf J. v. Neumann und O. Morgenstern (Theory of Games and Economic Behavior, 1944) zurückgehende moderne 8Spieltheorie. In neuerer Zeit wurde versucht, entscheidungstheoretische Prinzipien für das Gerechtigkeitsproblem nutzbar zu machen. So versuchte J. Rawls (A Theory of Justice, 1971) Gerechtigkeitsprinzipien aus einer rationalen Entscheidung (unter einschränkenden, Fairneß sichernden Bedingungen) abzuleiten. Entschluß oder Entschließung, der Abschluß des Erwägens zwischen mehreren Möglichkeiten des Handelns. Entsprechung, in der Logik svw. zweistellige 8Beziehung, gelegentl. auch für umkehrbare 8Abbildungen gebr. (8Korrelat); in der Pädagogik Kriterium für die Einstellung des Erziehers auf Motivation und Lernvoraussetzungen des Edukandus. Entstehen und Vergehen, strenggenommen das Auftreten und Verschwinden von Seiendem, allgemeiner das Auftreten und Verschwinden von Seinszuständen und Seinsformen von relativer Selbständigkeit und Dauer (8Kausalität, 8Werden). Entweder-Oder, in der 8Logik der 8Junktor der 8Kontravalenz; in der Psychologie und Ethik die Form für die Verwendung sich ausschließender Auswahlkriterien bei einer Handlung oder einer 8Entscheidung; daher der Titel des Werks von S. Kierkegaard: E.- O., 1843. Entwicklung, Übers. aus dem 17. Jh. für lat. evolutio und explicatio,
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urspr. das ›Auseinanderrollen‹ (der Buchrolle), übertr. Erörterung, die 8Auslegung, trat im 18. Jh. an die Stelle von ›Auswickelung‹ (J. Böhme) und bedeutete bis zu dieser Zeit meist die logische Tätigkeit des Auseinandersetzens, das Verfahren der erklärenden, verdeutlichenden Darstellung von, in und aus Begriffen, im weitesten Sinn also: ideelle Entfaltung. Auf Grund von Spekulationen der Neuplatoniker (8Emanation, 8Neuplatonismus) und Augustins wird der Begriff in dieser Bedeutung angewandt auf das Verhältnis von Gott und Welt (z. B. bei Dionysius Areopagita, Johannes Scotus Eriugena, Nik. von Kues u. a.), so daß die Welt als Selbstentfaltung Gottes erscheint. Mit der Ablehnung einer starren 8Transzendenz ermöglichte die Renaissance die Auffassung der E. als Selbstentwicklung des Lebens im Ganzen wie im Einzelnen zu immer größerer Vollkommenheit (8Fortschritt, 8Harmonie). Den Höhepunkt dieses Denkens am Leitfaden geistiger E. bildet der dt. Idealismus (mit J. G. Herder, J. W. v. Goethe, Fr. W. J. Schelling, G. W. Fr. Hegel), wo E. Selbstentfaltung des Göttlichen in der Welt, Selbstentwicklung des Lebendigen zum Göttlichen hin und zugleich schöpferische Darstellung (philosophische Konstruktion) des Weltprozesses (8Werden, 8Geschichte, 8Heraklitismus) ist. Gegenüber diesem metaphys. E.sbegriff setzte sich unter Anknüpfung an das 8mechanistische Weltbild und an die Ansätze zu einer biolog. Auffassung der E. im 18. Jh. (8Präformation,
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8Epigenese) mit H. Spencer und Ch. R. Darwin ein naturwissenschaftl. Begriff der E. durch (8Abstammungslehre, 8Evolution, 8Evolutionstheorie). Heute versteht man unter E. im biolog. Sinn das Fortschreiten von einem Zustand zu einem anderen in der Weise, daß der frühere Zustand als Vorstufe des nächsten aufgefaßt wird. Voraussetzungen für die Möglichkeit dieser E. sind: Kenntnis oder Annahme eines (durch die 8Anlagen des Lebewesens vorgegebenen) Endzustandes, auf den hin sich die E. vollzieht, 8Kausalität, durch die der frühere Zustand als bestimmende oder bedingende Ursache des folgenden betrachtet werden kann, und 8Kontinuität, d. h. die Ablehnung völliger Neuschöpfung im E.sprozeß (8natura non facit saltum). Vgl. 8biogenetisches Grundgesetz. Enzyklopädie, v. gr. enkyklios, in ›im Laufe des Jahres wiederkehrend‹, und paideia später übertragen in die Bedeutungen ›die in geselligem Kreis übliche Bildung‹ und ›die gewöhnliche, niedere Bildung‹ (8Propädeutik), der Kreis von Wissenschaften und Künsten, die jeder freie Grieche sich aneignen mußte, bevor er ins öffentliche Leben trat oder sich einem besonderen Studium widmete. Die alexandrinischen Gelehrten zählten dazu Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Musik, Geometrie, Astronomie (8artes liberales). Das Wort E. wurde erst im 16. Jh. gebräuchlich und bedeutet seitdem die übersichtliche Darstellung sämtlicher Wissenschaften oder eines
Epichirem
Wissensgebietes in systematischer oder alphabetischer Ordnung (Realenzyklopädie). Enzyklopädisten heißen die Herausgeber und Mitarbeiter der Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, 1751- 72, die, von D. Diderot und J. d’Alembert begründet, den gesamten Umfang menschlichen Wissens, bes. die Religion, die Ethik und Staatswissenschaft, aber auch die Handwerkskünste im Sinne der 8Aufklärung alphabetisch darstellte. E. der philosoph. Wissenschaften heißt das systematische Hauptwerk G.W. Fr. Hegels (EA 1817). Epagogë, gr. ›Hinaufführung‹, bedeutet 1. svw. 8Induktion, 2. das Gegenteil der 8Apagogë, also einen Beweis, der die Wahrheit eines Satzes dadurch zeigt, daß das, was aus dem Satz folgt, bewahrheitet wird. Es wird von den Folgen auf den Grund geschlossen. Dazu epagogisch ›hinzuführend‹, aus Einzelfällen folgend. Ephektiker (gr. ephektikos ›zurückhaltend‹), nach Diogenes Laertius (IX, 70) Name für 8Skeptiker (8Aporetiker). Epichirem oder Epicherem, gr. epicheirëma ›Unternehmen‹, Versuch, Kunstgriff, heißt bei Aristoteles (Top. VIII 11. 162a) im Unterschied zu 8Philosophem, 8Sophisma und 8Aporem das dialektische Schlußverfahren, bei dem das Wahre durch Prüfung entgegengesetzter Behauptungen und durch Verhandlungen gefunden wird; in der klassischen 8Logik ein erweiterter 8Syllogismus, der dadurch entsteht, daß zu einer oder zu beiden
Epigenese
8Prämissen besondere Begründungen hinzugefügt werden. Beispiel: Was den Geist bildet, ist wertvoll, denn es ist unserer Bestimmung gemäß; die Astronomie bildet den Geist, denn sie reizt zum Nachdenken: also ist sie wertvoll. Epigenese, Neub. aus gr. epi ›dazu‹ und genesis ›Entstehung‹, Späterentwicklung, Entwicklung aus Anlagen durch Neubildung, eine zuerst von Chr. Wolff (Theoria generationis, 1759) aufgestellte Lehre, nach der der lebendige Organismus nicht im Keim schon mehr oder weniger fertig vorgebildet ist (8Präformation), so daß sein Werden bis zur endgültigen Gestalt nur eine 8Evolution (in urspr. Bed.) wäre, sondern in der Keimesentwicklung wirklich erst entsteht (›Evolution‹ im heutigen Sinne). Epikureismus, die Lehre des gr. Philosophen Epikur und seiner Anhänger, der Epikureer, die in einigen Briefen und Sätzen (kyriai doxai) des Diogenes Laertius (X, 35154) erhalten (hg. v. von der Mühl, Epicuri epistulae tres et ratae sententiae, 1922) ist und von der u. a. bes. Lukrez mit seinem Lehrgedicht Von der Natur der Dinge (hg. v. Diels, 2 Bde., 1923/4) Zeugnis gibt. In der Erkenntnislehre folgt Epikur im wesentl. der 8Abbildtheorie, in der Physik dem 8Atomismus und 8Materialismus Demokrits. In der Ethik geht er von dem 8Hedonismus Aristipps aus; doch ist für den E. das höchste Gut nicht die einzelne Lust (gr. hëdonë), sondern die Glückseligkeit, das lustvolle Leben als Ganzes (8Eudämonismus). Die
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Auffassung des E. als einer dem Sinnengenuß ergebenen Lebensweise geht auf Verunglimpfungen durch Vertreter des dem E. entgegengesetzten 8Stoizismus zurück. Epiphänomen (gr. epiphainesthai ›dabei erscheinen‹), die Begleiterscheinung. epistëmë, gr. ›die 8Wissenschaft‹; dazu Epistemologie, bes. in der angelsächsischen und frz. Philosophie Bez. für die Wissenslehre, die Erkenntnislehre, Erkenntnistheorie. Epistemische Logik nennt man ein Teilgebiet der 8philosophischen Logik, in dem die für den Wissensbegriff geltenden logischen Gesetze untersucht werden (vgl. auch 8Logik). Wie die (alethische) 8Modallogik wird auch die e. L. heute als eine Erweiterung der elementaren 8Aussagen- oder 8Prädikatenlogik behandelt. Dazu führt man in diese Systeme einen einstelligen Wissensoperator W(s, ) ein, so daß W(s,A) für beliebige Aussagen A bedeutet, daß ein Sprecher s weiß, daß A. 8Kalküle der e.n L. erhält man, wenn man zu den 8Axiomen und 8Schlußregeln der Aussagen- bzw. Prädikatenlogik spezifische Prinzipien für den Wissensoperator hinzufügt. Ein unumstrittenes Gesetz ist z. B. W(s,A) → A: Wenn s weiß, daß A, dann ist A wahr. Gegenstand kontroverser Diskussionen ist etwa das Prinzip W(s,A) → W(s,W(s,A)): Wenn s weiß, daß A, dann weiß s, daß s weiß, daß A. Da der Wissensbegriff keinen extensionalen, sondern (bestenfalls) einen intensionalen Kontext bildet (vgl. 8Intension/Extension), benötigt man für die Inter-
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pretation einer e.n L. eine intensionale Semantik: Sie liegt in der 8Mögliche- Welten- Semantik vor. Zuweilen wird der Begriff der e.n L. auch in einem weiteren Sinne gebraucht: Er bezeichnet dann die Logik des Wissens, des Glaubens und des Überzeugtseins (vgl. auch 8doxastische Logik). Pionierarbeit auf diesem Gebiet hat J. Hintikka in seinem Werk Knowledge and Belief (1962) geleistet. Wesentliche Fortschritte wurden in W. Lenzens Glauben, Wissen und Wahrscheinlichkeit (1980) erzielt. Episyllogismus, neulat. Bildung aus gr. epi ›dazu‹ und 8Syllogismus, bei Boethius und den Scholastikern der Nachschluß, in einer aus Syllogismen bestehenden 8Schlußkette der zweite Schluß, dessen erste Prämisse der Schlußsatz des ersten, des Vorschlusses (Prosyllogismus) ist; daher heißt episyllogistisch: von einem Schluß zum andern fortschreitend, svw. 8progressiv (8Syllogistik). Epithymia, gr. ›die 8Begierde‹, das Verlangen, der dritte der von Plato eingeführten drei Teile der Seele: nous ›Vernunft‹, thymos ›Mut‹, Wille, epithymia ›Begehrlichkeit‹, insbes. Geschlechtstrieb und Besitzgier. Epoche, gr., ›das Anhalten‹, Ansichhalten, 1. in der urspr. Betonung (epochë) im Gegensatz zum 8Dogma das Zurückhalten des Urteils: die Hauptforderung und das Kernstück der Lehre der 8Skeptiker. Die E. kann zum Verzicht auf Wissenschaft überhaupt führen, aber auch als Übung des Geistes aufgefaßt werden. 2. Als Lehnwort und
Epoche
daher deutsch (Epoche) betont: ein Haltepunkt in der Zeit, ein »Zeitpunkt«, der durch ein bedeutendes Ereignis bestimmt ist, mit dem man daher einen neuen Zeitabschnitt, eine neue Zeitrechnung, Ära u. ä. ansetzen kann; oft fälschlich gleichbedeutend mit 8Periode gebraucht. Entspr. heißen epochal oder epochemachend solche Personen und Geschehnisse, die einen Wendepunkt in der geschichtlichen Entwicklung bewirken und darstellen. 3. In der Schreibw. Epoché auch heute verw. zur Bez. für die skeptizist. These, daß man aus der Einsicht in die prinzipielle Unsicherheit menschl. Wissens auf jeglichen Wahrheitsanspruch verzichten müsse. Bei E. Husserl bed. E., abweichend davon in der Bez. phänomenolog. Epoché, ein Verfahren zur Deskription von Merkmalen von Gegenständen, bei der von der ›Seinsvermeinung‹ oder auch ›Seinssetzung‹, d. h. der Unterstellung, daß jeweils dieser Gegenstand ›existiert‹, abgesehen wird (zuerst in: Ideen zu einer reinen Phänomenologie ... , 1. Buch, 1913; vgl. auch 8Einklammerung), um von sämtlichen Vormeinungen abstrahieren zu können und ihn dadurch in seiner Idealität aus der Anschauungsgewißheit ›eidetisch‹ beschreiben zu können. Der Begr. E. (bei E. Husserl zumeist in griech. Lettern zu finden) entspr. dem der phänomenolog. 8Reduktion (in späteren Schriften auch ›transzendentale Reduktion‹). Er muß jedoch noch von der ›eidetischen‹ Reduktion in der ›idealen‹ Anschauung und von der ›transzendentalen‹
Equity
Reduktion unterschieden werden, durch welche sich nur jeweils ein Einzel- Ich (›Jemeinigkeit‹) zum ›uninteressierten Zuschauer‹ seines reinen Bewußtseinslebens setzen kann. Equity, engl. 8›Billigkeit‹, Fairneß, Ausgewogenheit; im anglo- amerikan. Recht die Gesamtheit der jurist. Normen, die durch die Courts of E., d. h. durch Gerichtsinstanzen, die zur Einzelfallabweichung vom geschriebenen Recht befugt sind, festgelegt worden sind. Solche Rechtsprinzipien legen Entscheidungsregeln fest, nach denen Fairneß- und Billigkeitskriterien unter besonderen Umständen höher als geschriebene Gesetze rangieren und die insof. auch von bisherigen Musterentscheidungen abweichen. In der sozialpsychologischen E.Forschung werden die motivationalen und sozialen Bedingungen empirisch ermittelt, unter denen Menschen in Kooperation mit anderen oder in Konkurrenz mit diesen Kriterien der 8Billigkeit und der Fairneß gegenüber den starren Prinzipen der 8Gerechtigkeit (hier: der Gleichheit und der Proportionalität) vorziehen. Erbe, von lat. heredium, hereditas, mhd. erbe, bezeichnet in der Philosophie die kulturelle Überlieferung insgesamt, sofern sie im Denken produktiv angeeignet wird. Jedes E. muß angetreten werden. Die marxistische Philosophie bzw. Kultur- , Kunst- und Literaturtheorie hat vom Begriff E. zur Kennzeichnung der schöpferischen Aneignung der 8Tradition bzw. als Begriff der Traditionsbildung in
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Theorie und kultureller Praxis besonders extensiv Gebrauch gemacht. E. bedeutet Abgrenzung gegen den 8Historismus und dessen wertneutrales und überwiegend empirisches Verhältnis zur Geschichte und akzentuiert ein auf Aktualität und Relevanz für die eigene Theorie und Praxis gerichtetes Interesse an der Überlieferung. E. bezieht sich stets auf die Gegenwartsrelevanz der Vergangenheit: eine dem ›produktiven Kulturerbe‹ verpflichtete Aneignung der Geschichte »als Fortverfolgung der Implikationen in den um uns versammelten Kulturgebilden der Vergangenheit als einer Nicht-Vergangenheit« vertritt E. Bloch (in: Das Materialismusproblem, 1972, S. 412). Erblichkeit wird den körperlichen und seelischen Merkmalen zugesprochen, die sich vererben (8Anlage, 8Vererbung). Erbsünde (lat. peccatum originis oder naturae ›ursprüngliche oder natürliche 8Sünde‹), im Anschluß an Paulus (Röm. 5, 12- 14) als vitium originis zuerst bei Tertullian (De anima 41): die Lehre, daß das 8Böse an den ersten Menschen von außen herantritt, in seine Seele einwächst und so »gewissermaßen eine Natureigentümlichkeit« wird, so daß das ganze Menschengeschlecht »durch den Sündensamen befleckt und zum Fortleiter seiner eigenen Verdammnis gemacht« ist (ders., De testimonio animae 3). So ist bei Tertullian die E. zwar eine Erbkrankheit (contagium ›Ansteckung‹), aber noch keine Erbschuld. Dies wurde sie erst bei Augustin im Kampf gegen Pelagius,
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der die Lehre von der E. bestritt (8Pelagianismus). Nach Augustin (De civitate Dei XIII 14) hat der mit der 8Freiheit des Willens zum Nichtsündigen- Können (posse non peccare) ausgestattete erste Mensch Gott verlassen und gesündigt (8Sündenfall) und ist deshalb auch von Gott verlassen und verdammt worden. Als solcher zeugte er Sünder und Verdammte (alle Menschen sind in ihm, denn sie waren alle einst er). Dadurch verlor der menschliche Wille überhaupt die Freiheit zum Guten und geriet in den Stand des Nicht- NichtsündigenKönnens (non posse non peccare), aus dem nur Gottes 8Gnade durch Erweckung des guten Willens, der zum Nicht- Sündigen- Können (non posse peccare) befähigt, den Menschen erlösen kann. So zieht die Lehre von der E. bei Augustin die der 8Prädestination nach sich. Die Kirche hat auf der Afrik. Synode i. J. 418 die Augustinische Lehre in gemilderter Form zum Dogma erhoben; M. Luther und J. Calvin haben sie in voller Strenge erneuert (s. den 2. Art. der Confessio Augustana). B. Pascal erklärte in den ›Pensées‹ (ed. Brunschvicg, 445) die E. für eine Lehre »ohne Vernunft«, »gegen die Vernunft«, »vor den Menschen Torheit«, und doch »sicher gegründet auf die unverletzliche Autorität der Religion«. Erfahrung, zuerst bei Paracelsus für lat. experientia (nachdem schon Notker das Zeitwort ›erfahren‹ gebr. hatte), allg. das mit den Organen der Sinneswahrnehmung Erkundete, im Unterschied zu bloß
Erfahrung
Gedachtem (8Rationalismus), auf 8Autorität Angenommenem (8Dogma) und geschichtlich Überliefertem (8Tradition); daher im neuzeitl. wissenschaftl. Denken sowohl der Weg (8Methode) als auch das Ergebnis des auf 8Wahrnehmung, 8Beobachtung und 8Experiment beruhenden Forschens und Erkennens (8Empirie). Erfahrungsbegriffe heißen bei I. Kant (KrV, B 595) solche Verstandesbegriffe, die »in concreto dargestellt werden, wenn man sie auf Erscheinungen anwendet«. – Erfahrungsurteile sind nach I. Kant (Proleg. § 18) die 8synthetischen Urteile a posteriori, die sich von den bloßen Wahrnehmungsurteilen dadurch unterscheiden, daß sie Begriffe enthalten, die »ihren Ursprung gänzlich a priori im reinen Verstande haben, unter die jede Wahrnehmung allererst subsummiert und dann vermittelst derselben in E. kann verwandelt werden. Empirische Urteile, sofern sie objektive Gültigkeit haben, sind E.; die aber, so nur subjektiv gültig sind, nenne ich bloße Wahrnehmungsurteile«. – Erfahrungswissenschaften nennt man, im Unterschied zu ›Vernunftwissenschaften‹ wie Logik und Mathematik, solche Wissenschaften, die ihre Erkenntnisse zunächst aus der Anschauung, der Beobachtung und dem Experiment gewinnen, wie sie systematisch zuerst aus der Physik und Chemie gewonnen wurden. Auch die 8Psychologie zählt seit dem 19. Jh. zu den E.swissenschaften. In der 8Kunstphilosophie spricht man heute auch von ästhetischer Erfahrung. Die Grundle-
Erfindung
gung zur Orientierung der 8Ästhe tik nicht mehr am Sein, sondern an der Wirkung des Schönen hat I. Kant in seiner Theorie des 8Geschmacks geleistet: Das Schöne entspringt danach der sinnlichen Einwirkung des ästhetischen Gegenstandes auf das Subjekt und der Beurteilung dieser Wahrnehmung durch die Reflexion, deren Kriterium das 8Wohlgefallen ist. Ästhetische E. bedeutet eine kontemplative Einstellung zu ihren Gegenständen, die weder auf wissenschaftliche Erkenntnis noch auf praktische Zwecke gerichtet ist, sondern allein aus der Lust am freien 8Spiel der Erkenntnisvermögen und der spezifischen Einheit des Mannigfaltigen entsteht, die es in der Reflexion hervorbringt (KdU, 1790, § 9). Die Wendung der Ästhetik ins Subjekt hat im 20. Jh. dazu geführt, Kunst nicht mehr primär als in sich bestimmtes Werk, sondern als E. der Kunst zu verstehen: so bei J. Dewey (Art as Experience, 1934, dt. 1980) und vor allem in der philosophischen 8Hermeneutik. In ihr werden die ästhetische E. gegenüber dem wissenschaftstheoretischen E.sbegriff akzentuiert und Geschichte und Sprache als ihre zentralen Medien betont (H. G. Gadamer, Wahrheit und Methode, 1960, 329 ff.): In der ästhetischen E. treten, vermittelt durch die Sprache, unterschiedl. geschichtliche E.en in eine einmalige Beziehung zueinander: daß ästhetische E. immer die singuläre 8Rezeption des ästhetischen Gegenstands bedeutet, also nicht primär eine Theorie dieses Gegenstandes,
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sondern seiner Wirkung auf das Subjekt darstellt. Erfindung (lat. inventio; vgl. 8ars inveniendi), das Ergebnis der schöpferischen Tätigkeit eines Menschen (8Genie), durch die etwas bisher noch nicht Vorhandenes hervorgebracht wird, im Unterschied zur Entdeckung, dem Auffinden von etwas Vorhandenem, aber vorher Unbekannten. Erfolg, das Eintreten der beabsichtigten Wirkung einer Handlung; Erfolgsethik, auch: konsequentialistische Ethik, Sammelbez. für eth. Theorien, in denen als Beurteilungsgegenstand für ›gut‹ bzw. ›richtig‹ der intendierte E. oder auch die nicht intentierten, aber in Kauf genommenen Konsequenzen gelten; im Unterschied zur 8deontolog. Ethik. (8Pragmatismus, 8Utilitarismus). Erfüllbarkeit, in der 8Logik eine Eigenschaft, die einer Aussage genau dann zukommt, wenn sie wahr sein kann, wenn sie also keine 8Kontradiktion darstellt. D. h.: Eine Aussage p ist genau dann erfüllbar, wenn es eine 8Bewertung bzw. eine 8Interpretation gibt, die ihr den 8Wahrheitswert ›wahr‹ zuordnet. Ist V eine solche Bewertung oder Interpretation, gilt also V(p) = w, so erfüllt V die Aussage p (vgl. auch 8Modelltheoretische Semantik). – Ferner heißt eine prädikatenlogische 8Aussageform genau dann erfüllbar in einem zugrundegelegten 8Gegenstandsbereich G, wenn es in G ein Objekt (bzw. eine Reihe von Objekten) gibt, das die Eigenschaft hat (bzw. die in der Relation zueinander stehen), die durch die
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Aussageform ausgedrückt wird. Steht beispielsweise P(x) für die Eigenschaft, eine Primzahl zu sein, so ist P(x) erfüllbar in G, wenn G die Menge der ganzen Zahlen ist: P(x) wird etwa durch die Zahl 7 erfüllt. Ist G dagegen die Menge der geraden Zahlen, so ist P(x) nicht erfüllbar in G. erhaben, lat. sublimis (8sublim), mhd. gleich ›erhoben‹, heißt in religiöser, ethischer und ästhetischer Hinsicht das Große, das Ewige, Unendliche. Die Tatsache der positiven Wertung des Unendlichen in der Neuzeit (vgl. 8peras) wird der Grund dafür sein, daß erst in ihr Eingehendes und Wesentliches über das Erhabene gesagt worden ist. Die einzige Ausnahme bildet die aus dem 1. Jh. n. Chr. stammende, fälschlich dem Longin zugeschriebene Schrift Vom E.en (peri hypsous, hg. v. Jahn- Vahlen, 1887, 19104, dt. von G. F. Müller, 1911); aber auch sie ist erst vom 17. Jh. an wirksam geworden. A. G. Baumgarten behandelt in seiner Aesthetica (1750 bis 1758) das E.e als magnitudo aesthetica. I. Kant hat das E.e vom 8Schönen getrennt (Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, 1764) und auf der Grundlage dieser Unterscheidung eine umfangreiche Theorie des E.en entwickelt (KdU, 1790, §§ 2329). Im Unterschied zum 8Schönen, dessen Beurteilung sich immer auf ein endliches, begrenztes Objekt bezieht, stellt das E.e die Erfahrung der 8Unendlichkeit im Gefühl dar, die durch die Größe der Natur ausgelöst wird und die Reflexion auf Vernunftbegriffe lenkt. Das E.e ist
erhaben
eine »negative Lust« (§ 23), ein »Gefühl der Unlust, aus der Unangemessenheit der Einbildungskraft in der Größenschätzung zu der Schätzung durch die Vernunft und eine dabei zugleich erweckte Lust« zu gelangen (§ 27). Das E.e ist »eine Bewegung des Gemüts« (§ 24), das Schöne dagegen reine 8Kontemplation. Der wesentliche Unterschied zwischen E.em und Schönem ist demnach, daß Erhabenheit nicht in der Anschauung gegeben wird, sondern in der ästhetischen Wirkung der 8Natur, »deren Anschauung die Idee ihrer Unendlichkeit bei sich führt«, die Einbildungskraft erst auf ein »übersinnliches Substrat« des Naturbegriffs geführt wird, die das Gefühl des E.en auslöst (§ 26). Die Theorie des mathematisch- E.en als einer Erhabenheit der Größe impliziert also das Überschreiten der durch I. Kants Erkenntniskritik gesetzten Grenzen: Das E.e transzendiert erstens die für 8Erkenntnis konstitutive 8Sinnlichkeit, und sie bedeutet zweitens eine Erweiterung der 8Einbildungskraft über die Grenzen des Verstandes hinaus auf Vernunftbegriffe (8Ideen). Außerdem reflektiert die Theorie des E.en das Naturverhältnis des Menschen: Die ästhetische Wirkung der Natur, durch die das Gefühl des E.en ausgelöst wird, »erweitert zwar nicht unsere Erkenntnis der Natur, aber doch unseren Begriff der Natur« (§ 23). Im Gefühl des E.en kehrt das Ganze der Natur, das im erkennenden Zergliedern in seiner Macht überwunden wird, als Unlust in die 8Wahrnehmung zurück. Innerhalb des E.en
Erhaltung der Energie
selbst unterscheidet I. Kant das mathematisch- E.e, das durch räumlich und zeitlich große Ausdehnung (Meer, Wüste, Sternenhimmel), vom dynamisch E.en, das durch Kraft und Macht (Sturm, Gewitter) gekennzeichnet ist. Kants Theorie des dynamischen E.en versucht, dieser Übermacht gegenüber, mit der das Ganze der Natur auf das 8Gemüt wirkt, die Autonomie des Subjekts zu erhalten: Natur wird verstanden »als Macht, die über uns keine Gewalt hat« (§ 28). In der Erfahrung der Übermacht der Natur kommt das Subjekt zur unmittelbaren Gewißheit seiner Freiheit und Unabhängigkeit von der Natur. Dieses letzte Moment des E.en hat Fr. Schiller als Theorie der moralischen Erhabenheit weiterverfolgt (Über das Erhabene, 1793). In der 8Ästhetik des 19. Jh. hat sich im Unterschied zur Theorie der ausschließlich ›schönen‹ Künste ein Pluralismus ästhet. 8Werte durchgesetzt, in dem das E.e eine zentrale Rolle als Bewertungsmaßstab, neben dem 8Schönen, 8Häßlichen, 8Komischen und Grotesken erhielt, so z. B. bei Fr. Th. Vischer (Über das E.e und das Komische, 1837). Zur Erhabenheit als Gefühl in der 8Einfühlungsästhetik vgl. Th. Lipps (Ästhetik, Bd. II, 1906). Erhaltung der Energie oder, wie es zunächst hieß, Erhaltung der Kraft, ein Grundgesetz der neuzeitl. Naturwissenschaft, das sich aus der Einsicht in die wechselseitige Umwandelbarkeit von Wärme und Arbeit bei J. R. Mayer (Bemerkungen über die Kräfte der unbeleb-
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ten Natur, 1842, Liebigs Annalen Bd. 42) ergab und unabhängig von ihm anhand von Experimenten auch von J. P. Joule (1843) bestätigt wurde: Bei allen Energiewandlungen, die in einem geschlossenen System vor sich gehen, ist der Zuwachs einer Energieart immer gleich dem Betrag, der an anderen Energien verschwindet. Einen Vorläufer hatte dieser Satz der E. d. E. bereits in dem Gesetz von der Konstanz der ›lebendigen Kraft‹ (conservatio virium vivarum) bei G. W. Leibniz. In der modernen Physik fällt das Gesetz von der E. d. E. mit dem Massenerhaltungsgesetz zusammen (auf Grund der von A. Einstein aufgestellten EnergieMasse- Beziehung E = mc 2, wo c die Lichtgeschwindigkeit bedeutet): ein System hat Masse auf Grund seines Energiegehaltes und Energie dank seiner Masse; es verliert durch Ausstrahlung eines Energiebetrags einen entsprechenden Betrag an Masse. Erinnerung, von mhd. innern, erinnern: machen, daß jemand etwas inne wird, im Unterschied zum 8Gedächtnis das Vermögen der absichtlichen Hervorbringung früherer Bewußtseinsinhalte. Schon in der klass. gr. Philosophie (Plato, Aristoteles) wird zwischen 8Anamnesis als aktiver Erinnerungsleistung und 8Mneme als psychischem Vermögen der im wesentlichen passiven Gedächtnisbildung unterschieden. Als philosophischer Begriff wird E. durch die platonische Anamnesislehre zu einem zentralen Begriff der Metaphysik, dessen Wirkung bis zu G. W. Fr.
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Hegels Begriff der Erinnerung als 8absolutem Wissen reicht. Im Menon und im Phaidon entwickelt Plato das Problem apriorischer Erkenntnis als selbständige Hervorbringung des 8Wissens im Erkennenden durch Wiedererinnerung der vorgeburtlich geschauten 8Ideen. Dieser epistemische E.sbegriff blieb metaphysikgeschichtlich bis ins 18. Jh. wirksam, bis E. philosophisch auf Geschichte und geschichtliches Wissen bezogen wurde. In G. W. Fr. Hegels Philosophie vollzieht sich die Transformation des zeitlosen Wissens der 8Metaphysik in geschichtliches Wissen und damit auch der metaphysischen und der geschichtlichen Bedeutungsgehalte des Erinnerungsbegriffs: ›Er- Innerung‹ ist die Aufhebung der sich in der Geschichte ereignenden Entäußerung und Objektivierung des Geistes im Wissen des Selbstbewußtseins, ist die Verinnerlichung des gesamten Geschichtsprozesses in der Erkenntnis bzw. die begriffene Geschichte (Phän. d. Geistes, 1807). Nicht dieser absolute Anspruch der Philosophie im Umgang mit Geschichte, sehr wohl aber das historische Verständnis des E.sbegriffs ist philosophisch bis heute im wesentlichen bestimmend geblieben. Eristik, gr. eristikë (technë) ›die Kunst des Streitens oder Disputierens‹; Eristiker wurden nach Diogenes Laertius (II 106) die Schüler des Eukleides von Megara (um 400 v. Chr.) wegen ihrer Neigung zum Wortstreit genannt. Erkenne dich selbst (gr. gnôthi seauton), Inschrift am Apollontempel
Erkenntnis
in Delphi; unter den Sprüchen der Sieben Weisen dem Chilon zugeschrieben (8Selbsterkenntnis). Erkenntnis, für lat. cognitio bei den dt. Mystikern sowohl das natürliche wie das übernatürliche Finden der 8Wahrheit, seit G. W. Leibniz und Chr. Wolff sowohl Prozeß als auch Resultat der spezifisch empirischwissenschaftlichen Wahrheitsfindung gebr. I. Kant unterscheidet in der Kritik der reinen Vernunft die Prozesse bei der E. der Sinne, des 8Verstandes und der 8Vernunft. Alle drei müssen zusammenwirken, um die E. (Kant: ›das E.‹:) im engeren Sinne als systematisch geordnetes Wissen hervorzubringen. Im E.prozeß unterscheidet man zwischen den Funktionen des erkennenden Bewußtseins (Subjekt) und dem zu erkennenden Gegenstand (Objekt). Dabei können die Objekte oder Gegenstände der E. reale oder wirkliche und ideale oder unwirkliche (wie die Zahlen, geometrischen Figuren, logischen Begriffe und ihre Zusammenhänge) sein. Auch diese idealen Gegenstände sind nicht subjektiv, sondern treten, ungeachtet ihrer Immaterialität, dem erkennenden Subjekt als etwas Objektives, als von ihm unabhängige Gegenstände oder Sachverhalte gegenüber. Von einer direkten E. wird nur in denj. Theorien gesprochen, in denen die Gegenstände und Sachverhalte als mit ihren Wesenszügen unmittelbar einsichtig (evident) behauptet werden. Indirekte E., weil selbst theorieabhängig, muß sich der Mittel der Logik bedienen, um die gesuchten Zusammenhänge der Eigenschaf-
Erklärung
ten und Gegenstände ›erschließen‹ zu können. Erkenntnisgrund, nach A. Schopenhauer (Über die vierfache Wurzel das Satzes vom zureichenden Grunde, 1847, § 29 ff.) der Grundsatz: »Wenn ein Urteil eine E. ausdrücken soll, muß es einen zureichenden Grund haben; wegen dieser Eigenschaft erhält es sodann das Prädikat wahr« (8Grund); Gegensatz: 8Realgrund. – Erkenntniskritik, bei I. Kant die Wissenschaft von der Möglichkeit, der Gültigkeit und den Grenzen des Erkennens; später integriert in die Disziplin Erkenntnistheorie, ein Begr., der erst seit Anf. d. 19. Jh. gebr. wird. Als Erkenntnistheorien im neuzeitlichen Sinne bez. man die zuerst von J. Locke (An Essay Concerning Human Understanding, 1690), dann von G. W. Leibniz (Nouv. ess. sur l’entendement humain, 1765), G. Berkeley (A treatise concerning the principles of human knowledge, 1710) und I. Kant (Kritik der reinen Vernunft) unternommenen und seitdem ständig fortgeführten Untersuchungen über die Fähigkeit der Sinne, des Verstandes und der Vernunft, zu ›wahren‹ E.sen zu gelangen. Im Unterschied von der 8Psychologie, welche die physiolog. und psychischen Bedingungen der E. untersucht, und der 8Logik, die mit den idealen Gegenständen, den Gedanken und ihren nach formalen Kriterien als richtig überprüfbaren Verbindungen miteinander zu tun hat, wird in der E.theorie gefragt nach der Möglichkeit, dem Ursprung, dem Wesen, den Arten und nach der 8Wahrheit oder auch nur der ›Richtigkeit‹ (i. S. v. Gegen-
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standsadäquatheit) der E. Die realistischen Erkenntnistheorien bejahen, die idealistischen verneinen die E. einer subjektunabhängigen Wahrheit, die rationalistische sieht im Verstand und in der Vernunft, die empirische in der Erfahrung durch die Sinne die wesentliche Erkenntnisquelle. Eine vermittelnde Stellung nimmt auf idealistischer Seite I. Kant (8Transzendentalphilosophie), auf realistischer der kritische 8Realismus ein. – Erkenntnisvermögen, urspr. ein Begr. der rationalen Psychologie im 18. Jh., seit Chr. Wolff, G. W. Leibniz und I. Kant die Fähigkeiten der 8Sinne, des 8Verstandes, der 8Vernunft sowie der 8Urteilskraft, Gegenstände und Sachverhalte zu erkennen. Erklärung, bei Chr. Wolff Übers. für 8Definition, sonst auch für 8Explikation u. a. (vgl. I. Kant, KrV, B 758: »Die deutsche Sprache hat für die Ausdrücke der Exposition, Explikation, Deklaration und Definition nichts mehr als das eine Wort: E.«); im Unterschied zur 8Beschreibung bezeichnet man mit E. urspr. nur die Analyse von Wirkursachen und Bedingungen, z. B. durch Zurückführung des Unbekannten, Neuen auf Bekanntes, bereits Erklärtes. In der Wissenschaftstheorie des 20. Jh. unterscheidet man grundsätzlich zwischen verschiedenen Typen der E.: Ursachenerklärung nennt man eine E. nach dem Prinzip der 8Kausalität, teleologische Erklärung oder Motiverklärung eine Rekonstruktion der Handlung einer Person aus ihren Zwecken und Absichten (8Intentionen, 8Ziele); von
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deduktiv-nomologischer Erklärung spricht man, wenn es gelingt, eine Reihe spezieller Umstände aus einem allgemeinen Gesetz abzuleiten; von statistischer Erklärung kann man sprechen, wenn zwar eine deduktiv- nomologische E. nicht gelingt, aber doch unterstellt werden kann, daß der gesuchte Sachverhalt nach den Kriterien der 8Wahrscheinlichkeit als Einzelfall der Anwendung eines allgemeinen Gesetzes oder einer solchen Regel betrachtet werden kann. In jedem Fall wird (im strengen Sinne) die E. von der bloßen Beschreibung beobachtbarer Sachverhalte unterschieden. E. nennt man außerdem die log. Ableitung der Beschreibungsinhalte von Beobachtungen aus 8Gesetzen und aus 8Aussagen über empirische Bedingungen einer Erkenntnis. Als erklärt gilt auch in diesen Fällen nur ein Sachverhalt, der aus Gesetzen theoretisch rekonstruierbar ist (›deduktiv- nomolog. E.‹). erlaubt, allg. das, wozu man befugt ist oder was wenigstens durch kein Gesetz verboten ist; in der Ethik heißt e. alles, was weder geboten noch verboten ist: das sittlich Gleichgültige, Indifferente (8Adiaphora). Erlebnis (engl. experience), Bez. sowohl für den Akt wie für den Inhalt eines Ereignisses oder einer Situation, die wir an uns und um uns erfahren. E.se können als gegenwärtige wahrgenommen oder als Erinnertes oder auch Erzähltes vergegenwärtigt werden. In der 8Lebensphilosophie wird der Ausdruck auf das Erleben der Zuständlichkeit be-
Erlösung
schränkt, und die Gegenstände gelten als erlebte nur insoweit, als sie in die Zustände des erlebenden Subjekts einbezogen sind und nicht als von ihm getrennt registriert werden. W. Dilthey präzisiert daher in seiner Theorie der Kulturwissenschaften (vgl. auch 8Hermeneutik) den Begr. E. als Bez. für geisteswiss. Forschungsgegenstände: E.se seien verstehbar nur aus der Perspektive des Erlebenden. »Das E. steht nicht als Objekt dem Auffassenden gegenüber, sondern sein Dasein für mich ist ununterschieden von dem, was in ihm für mich da ist« (W. Dilthey, Der Aufbau der geschichtl. Welt i. d. Geisteswiss., EA 1910, vgl. Ges. Schr. VII, 139). Erleuchtung (gr. phôtismos, 8Illumination), in der gr. und christl. 8Mystik die Erweiterung des Bewußtseins durch das Einströmen übernatürlicher Kräfte, die Erkenntnis des Übersinnlichen: der Höhepunkt der 8Mysterienfeier oder der ihr entspr. Wandlung der Seele (8Gnade); allg. das plötzliche Erkennen eines verborgenen oder unbekannten Sinnzusammenhangs (vgl. 8Licht, 8lumen naturale). Erlösung, die ersehnte Befreiung, im A. T. von irdischen Heimsuchungen und Leiden, im 8Buddhismus vom passiven Erleiden des Daseins überhaupt (8Nirvana), bei den 8Orphikern, Platonikern und 8Gnostikern vom Körper oder der körperlichen Wiedergeburt (8Seelenwanderung), im Parsismus und im Christentum vom 8Bösen, von der Herrschaft des Teufels, im paulinischen Christentum insbes. von
Erörterung
den Folgen der 8Erbsünde, bei einzelnen Mystikern und Philosophen auch vom 8Ich. Die E. soll bewirkt werden durch einen Erlöser, der den verschiedenen Arten der E. entspr. verschieden vorgestellt wird (als Heiland, Lehrer, Totenerwecker, Weltrichter, Sündenvergeber). Erörterung, mhd. örtern ›genau untersuchen‹, von ort ›Spitze, Ende, Ecke‹, eigentlich die Untersuchung in allen möglichen Punkten, im 17. Jh. von G. Ph. Harsdörffer eingef. für das Fremdwort Diskussion. I. Kant setzt E. für 8Exposition ein als »die deutliche, wenngleich nicht ausführliche, Vorstellung dessen, was zu einem Begriffe gehört« (KrV, B 38); danach ist E. im allg. die Verdeutlichung eines Gegenstandes, eines Begriffs oder Sachverhalts, ohne daß dabei eine strenge und erschöpfende Definition gegeben würde. Eros, gr. erôs (lat. amor), der Gott der 8Liebe, bei Hesiod und den Orphikern einer der ältesten Götter, das Weltprinzip der Zeugung und des schöpferischen Lebens (der 8kosmogonische E.), in Platos Symposion der in der 8Freundschaft wurzelnde Trieb oder Drang nach philosophischer Erkenntnis, die Kraft des Aufschwungs von der Sinnenwelt zu den Ideen (8platonische Liebe, vgl. 8agapë ). erotematisch, gr. erôtëmatikos ›fragweise‹, in Frageform, die Art des Unterrichts, bei der gefragt und geantwortet wird (8akroamatisch). Erscheinung oder 8Phänomen, im allg. alles, was wahrgenommen wird (z. B. Naturerscheinungen), in
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der Philosophie seit Plato der Gegenstand, wie er von den Sinnen wahrgenommen wird, im Gegensatz zu seinem Sein an sich und für sich (8Idee), aber auch im Gegensatz zum 8Schein als bloßer Täuschung und Einbildung. Für Plato und für Plotin ist die sinnliche Welt E. der Ideen bzw. der intelligiblen Welt; I. Kant lehrt in seiner Dissertation noch (1770), daß die Sinne uns nur die E. der Gegenstände geben, der Verstand sie aber so begreife, wie sie sind (De mundi sensibilis ... II, §§ 3 u. 4); in der Kritik der reinen Vernunft schränkt er den Bereich der E.en ein auf die Dinge, sofern sie Objekt der sinnlichen Anschauung sind: »In der E. werden jederzeit die Objekte, ja selbst die Beschaffenheiten, die wir ihnen beilegen, als etwas wirklich Gegebenes angesehen, nur daß [...] dieser Gegenstand als E. von ihm selber als Objekt an sich unterschieden wird« (ebd. B 69). Für J. G. Fichte ist E. reines Produkt der Tätigkeit des Ich. Vgl. 8übersinnlich. Vgl. auch 8Phänomen (dazu 8Phänomenologie). In psychologischem und parapsychologischem Sinn heißen E.en, darin abweichend von der philos. Tradition, subjektiv bedingte 8Illusionen und 8Halluzinationen oder übersinnlich bedingte Visionen und Gesichte. Erscheinungswelt, seit Plato diese Welt, sofern sie uns als Welt erscheint, während die wirkliche Welt die der Ideen (8intelligible Welt) ist, von der die erscheinende das 8Abbild ist. Erschleichung, lat. subreptio, i. allg. und in der Rechtssprache die
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Handlung, durch die etwas (ein Erbe, ein Amt, Erbschleicherei, Amtserschleichung) durch List und Betrug erreicht wird; in der Logik eine Beweisführung, die versteckte Beweisfehler enthält oder sich auf Behauptungen stützt, die nicht erwiesen sind. Erste Philosophie, gr. prôtë philosophia; lat. prima philosophia, von Aristoteles geprägt zur Bezeichnung der grundleg. »Wissenschaft, die das Seiende als solches betrachtet« (... epistëmë tis hë theorei to on hë on ... : Met. IV, 1, 1003 a 21; vgl. auch VI, 1, 1026 a 23- 32; IX, 7, 1064 a 28 ff.), insof. svw. die später entstandene Disziplinbez. 8Ontologie; später auch häufig als Synonym für diese, auch für den ebenfalls erst später geprägten Begr. der 8Metaphysik. Bei R. Descartes (Meditationes de prima philosophia, 1641) heißt E. P. die Wissenschaft von 8Gott und von der 8Seele, eine Disziplin, die erst die wissenschaftl. überprüfbare Erkenntnisgewißheit garantiert; seit dieser Zeit wird mit diesem Begr. überwiegend derjen. Bereich der Philosophie bez., in dem die Methodenreflexion der 8Erkenntnis stattfindet, so bei Chr. Wolff (Philos. prima sive Ontologia, 1729), W. T. Krug (Fundamentalphilos., 1818), Fr. W. J. Schelling (Einl. in die Phil. der Mythologie, Bd. I, Buch I; zuerst in Nachlaßedition von K. F. A. Schelling 1856 ff.). Die Bez. E. P. bez. insbes. bei Fr. W. J. Schelling nicht mehr eine ontolog. grundlegende philos. Disziplin, sondern in diesem Falle nur noch die ›negative‹ Philosophie, die erst in der höher gewich-
Erziehung
teten ›positiven‹ Philosophie ihre theoret. Vollendung erfährt. E. Husserl entwickelt unter diesem Titel (Vorles. üb. d. E. P., vorgetr. 1923/24; aus dem Nachlaß publiziert in Werkausg. Husserliana, Bde. 7 und 8, 1956- 59) Zielvorstellungen über die gewünschte Weiterentwicklung seiner ›transzendentalen Phänomenologie‹ zu einer theoret. Grundlegung der Tatsachenwissenschaften, der er die Rolle einer ›zweiten‹ Philosophie zuordnet (Husserliana 7, 13 f.). Auf den gleichen etymolog. Ursprung geht der Begr. 8Protophilosophie zurück; er wurde von R. Eisler (Wb. d. philos. Begriffe, 4. Aufl. 1927- 30) jedoch auf die Bed. einer vorphilos. »Volksmetaphysik« festgelegt. Erweiterungsurteile, svw. synthetische Urteile, im Gegensatz zu analytischen 8Urteilen (vgl. 8analytisch). Erziehung (gr. 8paideia), Führung und Formung von Menschen durch Familie, Schule, Beruf und Einrichtungen der Gemeinschaft und des Staates, zur Entfaltung von geistigen und körperlichen Anlagen, einschl. der Organisation von Lernprozessen. Erziehungswissenschaft oder 8Pädagogik: die wiss. Erforschung des Wesens, der Aufgaben und der Wege der E. Sie umfaßt als Tatsachenwissenschaft die Geschichte, die 8Ethnologie und 8Soziologie der E. und die Psychologie, insbes. die des Jugendalters. Als systematische Wert- oder Normwissenschaft hat sie das Ziel der E., die sittlichen und weltanschaulichen Werte, Ideale, Kulturgüter, die Lebensart und den Le-
Eschatologie
bensstil, zu denen erzogen werden soll, zum Gegenstand und die Mittel zur Erreichung der E.sziele anzugeben und auszubilden. Als Wissenschaft von diesen Mitteln ist sie Methodenlehre und 8Didaktik. Eschatologie (spr. Eschatologie), Neubildg. (17. Jh.) aus aus gr. es’chaton ›Letztes‹ und logos ›Lehre‹, die Lehre von den letzten Dingen, z. B. vom Ende der Welt, von der 8Auferstehung der Toten, dem Jüngsten Gericht, dem 8Reich Gottes (8Chiliasmus). Eselsbrücke, lat. pons asinorum, bei den 8Scholastikern eine schematische Zeichnung, die logische Begriffsverhältnisse veranschaulichen und zur mechanischen Auffindung des Mittelbegriffs einer Schlußfigur dienen sollte (8Syllogistik). esogen, von gr. esô ›innen‹ und dem Stamm gen- ›zeugen‹, innen entstanden; gebräuchlicher: endogen; Gegensatz: 8exogen. esoterisch, gr. esôterikos ›innerlich‹, nur für den Gebrauch im Innern (einer Schule, einer Gemeinde) bestimmt; im Mysterienkult: nur für Eingeweihte bestimmt. Gegensatz: 8exoterisch. Dazu der Esoteriker, der in Geheimnisse einer Religion, Lehre, Schule oder Sekte Eingeweihte. esprit, frz. ›die geistige Lebendigkeit‹, das Geistreichsein, svw. im Dt.: 8Geist, soweit er durch gedankliche Schärfe, Beweglichkeit und Treffsicherheit, also durch das, was man ehemals 8Witz nannte, ausgezeichnet ist. In der 8Enzyklopädie v. D. Diderot und J. d’Alem-
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bert wird e. genauer raison ingénieuse genannt. Essay, von engl. essay ›Aufsatz‹, Versuch, Abhandlung, geht als philosophische Gattung auf M. Montaigne zurück (Essais, 1580), der ihre zentralen Merkmale literarisch entwickelte: Die offene, experimentierende, antisystematische Form der Verknüpfung und Reflexion vielfältiger Gegenstände und ihre fragmentarische, nicht zu abschließenden Ergebnissen kommende Darstellung. Der E. ist weder eine spezifisch wissenschaftliche Abhandlung noch künstlerische Produktion, sondern die übergreifende »Spekulation über spezifische, kulturell bereits vorgeformte Gegenstände« (Th. W. Adorno, Der Essay als Form, 1974). Der E. wird sowohl von Wissenschaftlern eingesetzt, um in wissenschaftlich nicht erschlossene Gebiete sich vorzutasten, als auch von Künstlern, um sich theoretisch zu äußern. Er bestimmt seinen Inhalt vielmehr in der sprachlichen Stilisierung: Der E. zielt auf die Erfassung der Komplexität seines Gegenstands, die nicht diskursiv entwickelt, sondern im persönlichen Stil und in betont subjektiver Diktion auszudrücken versucht wird. Die Bez. E. ist seit dem 17. Jh. auch in Titeln für umfassende Standardwerke belegt (z. B. J. Locke, An Essay Concerning Human Understanding, 1690), in diesen Fällen nur in der urspr. Bed. als Versuch, Abhandlung. esse est percipi, lat. ›Sein ist Wahrgenommenwerden‹, einer der Hauptsätze des irischen Philo-
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sophen G. Berkeley, der Ausdruck des extremsten 8Idealismus. Nach ihm besteht das Dasein der sinnlichen Dinge ausschließlich darin, daß sie wahrgenommen werden. Wahrnehmend ist aber nicht primär der Mensch, sondern Gott. Die Wahrnehmungsbilder werden von Gott im menschl. Geiste und anderen Geistern erzeugt. Es gibt nur Geister und deren Vorstellungen. Auf die Philosophie Berkeleys trifft daher am ehesten die Bez. 8Spiritualismus zu. essentia (lat. esse ›sein‹), Übers. für gr. ousia, die Wesenheit, das 8Wesen einer Sache; dazu essential, wesentlich; Essentialität, die Wesentlichkeit; essentiell, über frz. essentiel, wesentlich; Essenz, der wesentliche Bestandteil einer Sache, im bes. eines Stoffes, einer Droge, Tinktur (vgl. 8Quintessenz). Essentialismus, frz. essentialisme, in dieser Form als Bez. für Wesensphilosophie eingef. als historiograph. Klassifikationsbegr. für mittelalterl. Positionen, wonach den von Gott zur Erschaffung vorgesehenen Wesenheiten eine überzeitl. ›essentielle‹ Existenz zukommt; von P. Duhem (Le système du monde, geschr. um 1916, Nachlaßbd. hg. H. Pierre- Duhem 1954) eingeführt und von E. Gilson (Le Thomisme, 1919; L’être et l’essence, 1948) in erweiterter Bed. verw. als Sammelbez. für sämtl. abendländ. philos. Ansätze, die vom ontolog. Primat der 8essentia vor der 8existentia ausgehen, im Unterschied zu realist. Positionen, die er Thomas von Aquino zuschreibt. Die umgekehrte Position »l’existence précède l’es-
Etatismus
sence« wurde im Anschluß an die Forschungen Gilsons auch v. J.- P. Sartre übernommen (L’existentialisme est un humanisme, 1946; 8Existenzphilosophie; 8Existentialismus). In den dt. Sprachgebr. wurde der Begr. E. von E. Przywara eingeführt (Essenz- und Existenzphilos., öffentl. zuerst vorgetr. 1929, publ. zuerst 1939; Nachdruck in Schriften 3/1963, 213- 246) zur Abgrenzung vom 8Existentialismus, ein Begr. der auch hier (anders als im Sinne einer Geisteströmung des 20. Jh.), ebenso wie der Terminus E., zunächst nur zur philosophiehistor. Einteilung von philos. Seinsmodellen und Erkenntnistypen diente. K. R. Popper übernahm die Bez. E. für seine Kritik an Positionen, von denen er sich selbst distanziert (zuerst in: The Open Society and Its Enemies, 1945/1949, Bd. 1, Kap. 3, Abschn. VI; Bd. 2, Kap. 1, Abschn. II): E. wird für ihn zum Gegenbegr. zum 8Nominalismus. In seiner Kritik am ›methodolog. E.‹, der nach Popper die unlösbare Aufgabe der Beschreibung von Wesenheiten übernommen hat, plädiert dieser selbst für eine eher nominalist. Position, die sich auf die Prüfung von 8falsifizierbaren Aussagen über empir. Erkenntnisse beschränkt. Etatismus, frz. étatisme, Neub. von état ›der Staat‹, die Forderung oder die Tatsache der größtmöglichen Ausdehnung der Staatsbefugnisse. E. kann man den 8Absolutismus sowie diejenige Staatsauffassung nennen, die zentrale staatliche Funktionen, z. B. die Auf-
Ethelismus
sichts- und Kontrollfunktion der Polizei, verabsolutiert. Ethelismus, von gr. ethelein ›wollen‹, svw. 8Voluntarismus. Ethik, von gr. ta ëthika ›das die Sittlichkeit, Gesinnung Betreffende‹, die Sittenlehre, einer der praktischen Teile der Philosophie. Sie entstand in Griechenland zu einer Zeit, als die tradierte Volksmoral (8Sitte) in Auflösung begriffen war, und stellt, im Unterschied zu einer einfachen Sittenlehre, die Fähigkeit zur Handlung u. sittl. Beurteilung des Einzelnen in das Zentrum der Untersuchung (8Moralität). Je nach ihrem formulierten Inhalt und ihrer Begründung kann die E. sein 1. autonom oder autoritativ (heteronom); sie heißt 8autonom, wenn sie den Menschen selbst für befähigt erklärt, sich an selbstgewählten Werthaltungen zu orientieren bzw. sich ein Sittengesetz, das er sich zur Richtschnur sittlichen Handelns macht, zu geben, autoritativ, wenn das Sittengesetz als durch göttliche 8Offenbarung, auch in der Vermittlung dieser Offenbarung gegeben vorgestellt wird; 2. formal oder material; die formale E. überprüft allgemein Prinzipien der Wertwahl bzw. der Orientierung an 8Normen (vgl. auch 8Metaethik); die materiale E. entwickelt inhaltlich bestimmte Regeln, die im Handeln verwirklicht werden sollen. 3. Eine E. kann solche Prinzipien, Gesetze oder Werte für allgemeinverpflichtend erklären (absolute E.) oder den Geltungsbereich beschränken auf einen best. sozialen Bereich (Rechtsordnung, Kulturkreis, Verband, Berufsgrup-
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pe, Kleingruppe). 4. Die E. kann die sittlichen Gesetze und Normen für unbedingt (kategorisch) erklären oder sich darauf beschränken, eth. Regeln nach Kriterien der 8Klugheit zu analysieren oder zu begründen. 5. Sie kann nur das aus dem Willen zur Erfüllung eines ethischen ›Gesetzes‹ entsprungene Handeln als sittlich geboten anerkennen (reine Pflichtethik, 8deontolog. Ethik, 8Rigorismus) oder auch das einer sittlichen 8Neigung (z. B. dem 8Mitleid) entsprungene Handeln und Streben (Wertethik). 6. Sie kann auf die 8Gesinnung den alleinigen Wert legen oder die Handlung nach dem Erfolg beurteilen (Gesinnungs- oder Erfolgsethik). 7. Eine eth. Theorie kann sich auf eine autonome E. für ihre Forderungen berufen und dabei, unbhängig von der Erforschung der in der Erfahrung vorfindbaren Normen und Sitten, 8Imperative aufstellen (z. B. »Handle vernunftgemäß!«: rationalistische E.; »Handle naturgemäß!«: naturalistische E.; »Handle in Vollendung deiner inneren Bestimmung!«: Vollkommenheits- E.). Oder sie kann zur Aufstellung moralischer oder sonstiger lebenspraktischer Grundsätze zu kommen suchen durch Erforschung und vergleichende Wertung der tatsächlich zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Völkern und Menschen geltenden Sitten und Normen (empirische E.). Materiale E.en stellen der 8Eudämonismus und der ältere 8Utilitarismus dar; ›formale‹ E.n sind überwiegend 8deontolog. Theorien (insbes. die aus I. Kants ›Prinzipien der
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reinen prakt. Vernunft‹ abgeleiteten rationalen Bestimmungen des Willens, vgl. 8Kategor. Imperativ), aber auch alle auf 8Entscheidungstheorien basierenden ethischen Modelle (z. B. der ›ideale‹ 8Utilitarismus). Ethikotheologie, von I. Kant (KdU § 86) als Gegenstück zur 8Physikotheologie gebildet, ist die Lehre von Gott (8Theologie), in der aus dem moralischen Gesetz in uns auf Gott als dessen Urheber geschlossen wird. Dieser Schluß wird von I. Kant als ›Postulat der praktischen Vernunft‹ anerkannt. Die E. heißt bei I. Kant u. a. auch 8Moraltheologie. ethisch, von gr. ëthikos ›die Sitte betreffend‹, von Cicero mit lat. moralis übersetzt, zur 8Ethik gehörig, sittlich, moralisch; im heutigen Sprachgebrauch wird ›moralisch‹ mehr auf die Übereinstimmung der Handlungen mit den äußeren Sitten, Rechten und allgemein geltenden sittlichen Wertungen, e. mehr auf die innere 8Gesinnung und 8Haltung bezogen. Ethizismus, Philosophie, die sämtliche Werte, auch die der Erkenntnis, der Ästhetik und der Lebensgestaltung auf spezifisch ethische Werte und Normen oder auch auf einen ethischen Grundwert zurückführt. ethnisch, von gr. ethnos ›Volk‹, völkisch; einem besonderen Volk eigen, auf ein bes. Volk eingeschränkt; vom Standpunkt der christl. Universalreligion aus daher auch svw. heidnisch. Ethnologie, im heutigen Sprachgebr.: Völkerkunde; zuerst bei J. St.
Eudämonie
Mill (Lettres de Mill à Comte, 1899), ursprünglich die Lehre vom Einfluß der Verhältnisse auf die Bildung des Charakters; ethnologisch: völkerkundlich. Ethos, gr., im gr. Altertum 8Haltung eines Menschen, in soz. Hinsicht auch für Sitten und Gewohnheiten, svw. 8Charakter (auch 8habitus). In eth. Theorien des 20. Jh. (8Wert) wird E. verw. entweder für die moralische 8Gesinnung eines Menschen oder für einen Typus von 8Sittlichkeit, der durch das Vorherrschen eines Wertes entsteht (z. B. das E. der 8Treue, der 8Liebe, der 8Ehre). etwas, mhd. ein etwaz, bei Meister Eckhart für lat. aliquid die etwazheit für gr. to ti estin, lat. quod quid est (8Quiddität), jeder noch unbestimmte, aber der Bestimmung fähige 8Gegenstand (8Ding) im Gegensatz zum 8Nichts. Etymologie (gr. etymon ›Wahres‹, Echtes, auch: Grundbestandteil, Wortwurzel), Wortforschung, Worterklärung, insbes. die Lehre von der Herkunft und Entwicklung (Ableitung) von Wörtern, bedeutungstragenden Silben, Stämmen und Redewendungen. Eubulie, gr., 8Klugheit, 8Einsicht. Eudämonie, gr. eudaimonia ›Wohlbefinden des Dämon‹ (der Seele in uns); urspr. das schicksalhafte, persönliche Angelegtsein, 8Glück zu haben, gegenüber euthymia, dem glücklichen Treffen, bei Aristoteles das »Wünschenswerteste«, das »höchste Gut«, das »Endziel des Handelns«, def. als »die Energie der Seele gemäß der Tugend« (Nik. Ethik I, 1097 b 17 ff; 1098 a), später
Eugenik
auch svw. 8Freude, im allg. die Glückseligkeit, das 8Glück als Zustand der Freudigkeit und Befriedigung; dazu Eudämonismus, Glückseligkeitslehre, diejenige Richtung in der 8Ethik, nach der das Ziel des menschl. Handelns in der Glückseligkeit liegt, auch die Lehre, daß es Aufgabe des sittlichen Strebens und Handelns sei, wahres Glück zu spenden und zu mehren. In den versch. Richtungen des Eudämonismus wird das Glück def. entweder als sinnliches Wohlbehagen (untersch. Richtungen des 8Hedonismus) oder auch als sinnliches oder seelisches Zufriedensein des Einzelnen. Die Lehre der 8Epikureer z. B. ist individueller Eudämonismus auf hedonistischer Grundlage. Insofern das Glück im Sinne sozialer 8Wohlfahrt gefaßt ist, kann man von Sozialeudämonismus oder sozialem 8Utilitarismus sprechen. Eugenik (gr. eugenës ›wohlgeboren‹, ›edler Abkunft‹), urspr. die Lehre von der Verbesserung der körperlichen und geistigen Tüchtigkeit der Menschen; später im Dienste von 8Rassenideologien als Bez. eingef. sowohl für die Sterilisierung von Menschen, die erbkrankheitsverdächtig sind, als für die Ausschaltung von unerwünschten Merkmalen, die man für ›rassisch‹ bedingt erklärte. Der Begriff wurde in der NS- Zeit zur Rechtfertigung rassistisch motivierter Tötung an Menschen mißbraucht. Euhemerismus, die Lehre des Kyrenaikers Euhemeros (um 300 v. Chr.), der den Götterglauben aus
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der Verherrlichung menschlicher Helden ableitete (Reste s. Werke bei F. Jacoby, Fragmenta historicorum Graecorum I, 1923, 300 ff.). Euklidischer Raum, der 8Raum der Geometrie, deren 8Axiomensystem von dem um 300 v. Chr. in Alexandria lebenden Mathematiker Euklid zusammengestellt worden ist. Eukolie, gr., ›die Heiterkeit‹, der Frohsinn (8Euphorie). Eukrasie, gr. ›Wohlmischung‹, seit Galen die rechte Mischung der Säfte im Organismus (8Temperament). Eulersche Diagramme, benannt nach dem schweizer. Mathematiker L. Euler (Lettres à une princesse d’Allemagne 1768- 72), der in geometr. Skizzen die Beziehungen von 8Mengen und Teilmengen untereinander graph. dargestellt hat. Die Umfangsverhältnisse von Begriffen und Mengen werden dabei durch topolog. Relationen (Schnitt, Umschließung, Ausschließung) zumeist in Kreisformen vorgestellt. So wird z. B. das Enthaltensein des Umfangs der Teilmenge a in der Gesamtmenge A durch Umschließung eines a- Kreises durch eine größere A- Ellipse veranschaulicht. Euphemismus (gr. euphëmia ›das Reden guter Worte‹, d. h. solcher Worte, die gute Vorbedeutung haben), ein beschönigender Ausdruck; euphemistisch, beschönigend. Euphorie, gr., ›das Sich- leichtFühlen‹, der Zustand des gesteigerten Wohlbefindens und der gehobenen Stimmung. Gegensatz: 8Dysphorie.
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Eusebie, gr., ›die Gottesfurcht‹, die 8Frömmigkeit; Gegensatz: Asebie. Euthanasie, gr., ›schöner Tod‹, das leichte, leidenlose Sterben; erst seit dem 19. Jh.: Sterbehilfe für unheilbar Kranke mit der Absicht, ihnen ein qualvolles Lebensende zu ersparen, entweder durch direkte Lebensverkürzung oder durch Verzicht auf medizin. mögliche Lebensverlängerung. Der Begr. E. wurde im Nationalsozialismus zur Rechtfertigung der qualvollen und in jeder Hinsicht inhumanen Massentötung von Behinderten und Kranken unter dem zynischen Vorsatz einer Vernichtung »lebensunwerten Lebens« mißbraucht. Der Terminus »Euthanasieprogramm«, eine Erfindung des NS- Regimes, wurde, abweichend vom Wortsinn, auch in der kritischen Geschichtsschreibung über die Jahre 1933- 45 ohne Rücksicht auf die urspr. ethische Bedeutung übernommen, was die spätere Diskreditierung der Sterbehilfe, soweit sie unter der Bez. E. durchgeführt wird, zusätzlich gefördert hat. Euthymie, gr., ›die Wohlgemutheit‹, der Frohsinn (8Freude; im Untersch. zu 8Eudämonie). Evidenz, lat., ›das Herausscheinen‹, der Augenschein, die Deutlichkeit, die auf unmittelbarer 8Anschauung oder Einsicht beruht, die 8Einsichtigkeit, das Überzeugungsbewußtsein. Evolution, lat., ›Entfaltung‹, 8Entwicklung urspr. in der Bed. ›Auswicklung‹, daher verstand man vor I. Kant E. noch im Sinne einer Entfaltung aller vorzeitig in einem Or-
Evolutionstheorien
ganismus angelegten Merkmale (8Präformation); die Theorie der E. wurde im Dt. 8Einschachtelungstheorie genannt. Die Veränderung der Definition geht auf I. Kant zurück, der mit Erfolg vorschlug, E. im Sinne einer ›Auswicklung‹ Involution zu nennen und den Begr. der E. für das »System der Epigenesis« zu reservieren (KdU, § 81). Im biolog. Sinne bed. E. allg. sowohl die Variation von Organismen als auch die Veränderung von deren Lebensbedingungen in den biotischen Teilen der Umwelt im Rahmen großer Zeiträume. Häufig wird der Begr. E. sowohl in der Biologie als auch in anderen Disziplinen als synonym für 8Entwicklung gebraucht. E. von Organismen resultiert aus der insbes. durch Mutationen (8Mutationstheorie), aber auch durch 8Variation, Selektion (8Auslese), 8Adaption und schließlich durch 8Selbstorganisation bewirkten Veränderung von organischen Merkmalen, die sich als erbdominant auch in 8Arten, 8Rassen und 8Gattungen durchsetzen. In der Gesellschaftstheorie und Geschichte bez. E. eine stetige, in der Regel überwiegend friedlich verlaufende gesellschaftl. Entwicklung, im Unterschied zur 8Revolution. Adj.: evolutionär. Evolutionstheorien werden Erklärungsmodelle für materielle, biotische und gesellsch. Bewegungen und Entwicklungen genannt, welche die Variation des jeweiligen Gesamtsystems sowie die damit verbundenen Subsysteme beschreibbar machen. Welche Ent-
Evolutionstheorien
wicklungsmodelle E. genannt werden können, hängt von der Definition von 8Evolution ab. Seit der Mitte des 19. Jhs. wird zumeist der 8Darwinismus als Hauptrepräsentant einer E. bezeichnet (Der Nachweis der 8Auslese als wichtigster Entwicklungsfaktor wurde gleichzeitig von Ch. R. Darwin und A. R. Wallace im Jahre 1859 vorgestellt), daneben auch der 8Lamarckismus, begr. von J. Lamarck (zuerst in: Philosophie zoologique, 1809), der von den Umweltbedingungen als wesentlichen Veränderungsvariablen ausgeht. Soweit E.n die biolog. Herkunft der Gattung Mensch erklären, werden sie auch als Deszendenztheorien oder als 8Abstammungslehren bezeichnet. Ein erster Entwurf zu einer E., welche die Naturentwicklung, die Menschheitsentwicklung sowie Variationen in Gesellschaft, Kultur und Moral nach den gleichen Evolutionsmodellen beschreibt und zu erklären versucht, stammt von H. Spencer (System of Synthetic Philosophy, 10 Bde. 1862- 96). Hier wird Evolution als allg. Höherentwicklung im Sinne einer Veränderung aufgefaßt, die Spencer für alle Gebiete als Übergang von weniger strukturierter 8Homogenität zu relativ strukturierter 8Heterogenität beschreibt. Zeitgleich erprobten E. B. Tylor (Primitive Culture, 1871) und L. H. Morgan (Ancient Society Researches in the Lines of Human Progress, 1877) die Anwendung der Variations- und Selektionsprinzipien Ch. R. Darwins auf die ur- und frühgeschichtliche Entwicklung menschl. Gesellschaften,
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ein Versuch, der großen Einfluß hatte auf die Entwicklungstheorie des 8Marxismus (8dialektischer Materialismus, 8historischer Materialismus), insbes. bei Fr. Engels (Der Urspr. der Familie, des Privateigentums und des Staates, 1884, vgl. Werkausg. MEW, Bd. 21) und B. Kautsky (Die materialist. Geschichtsauffassung, 2 Bde., 1927). Während nach marxistischer Aufassung die Naturgesetze der Evolution durch die gesellschaftliche Entwicklung beherrschbar werden, vertreten die Theoretiker des sog. 8Sozialdarwinismus die These, daß auch die menschl. Gesellschaften und Völker (zumeist als 8Rassen klassifiziert) dem Darwinschen Prinzip des survival of the fittest (8Auslese) unterworfen sind und daher sich nach diesem Prinzip verhalten sollten (8Rassismus). Diese Auffassung wurde später dazu benutzt, den Kolonialismus europäischer Mächte sowie den Herrschaftsanspruch des NS- Regimes mit rassistischen Pseudo- Argumenten ideologisch zu rechtfertigen. Die von H. Spencer zuerst formulierte These von der Notwendigkeit der sozialen Evolution durch Auslese, die man später ›Sozialdarwinismus‹ nannte, wurde zunächst in England von W. Bagehot (Physics and Politics, 1872) und später in den USA von W. G. Sumner (Folksways, 1906; The Science of Society, 4 Bde.; posthum hg. 1927) auf die Gesellschaftstheorie übertragen. Im dt. Sprachraum führte zuerst A. E. Fr. Schäffle (Bau und Leben des socialen Körpers, 4 Bde., 187578) das aus der Biologie stam-
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mende Selektionsmodell als normatives Prinzip in die Sozialpsychologie und in die Volkswirtschaftslehre ein. Daß sich Modelle der biotischen Evolution allenfalls per 8Analogie auf menschliche Gesellschaften übertragen lassen und daher nur begrenzten Erklärungswert haben, ist einer der Gründe dafür, daß sich sozialbiolog. E.n in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften nicht behaupten konnten. ewige Wiederkunft des Gleichen oder aller Dinge, eine z. B. in der babylonischen Astralmythologie, bei den 8Pythagoreern (Diels/ Kranz, Fragm. d. Vorsokratiker I, Kap. 58 B), Heraklit (8Ekpyrôsis), den Stoikern, Gnostikern, gelegentlich auch bei G. W. Leibniz (8Apokatastasis) vorkommende und von Fr. Nietzsche (insbes. in seinem fiktionalen Prosatext Also sprach Zarathustra angedeutete) im bewußten Gegensatz zu christl. Anschauungen von der 8Ewigkeit erneuerte Lehre von der Bejahung allen Daseins (›noch einmal‹) und damit der Hoffnung auf Wiederkehr alles Vergangenen. ewiger Friede, nach I. Kants Schrift Zum ewigen Frieden (1795) eine kategorische Forderung der praktischen (sittlich- gesetzgebenden) Vernunft, deren Verwirklichung im Wege allmählicher Annäherung durch einen zu diesem Zwecke zu gründenden 8Völkerbund herbeigeführt werden soll. Ewigkeit (lat. aeternitas u. sempiternitas), mhd. êwe, ›Ewigkeit‹, lat. aevum ›Zeitalter‹, gr. aiôn ›Zeitalter, Ewigkeit‹, altind. ayus ›Le-
Exemplar
bensdauer‹, idg. Wurzel aiu- ›Lebensdauer‹; urspr. nicht endlose Erstreckung oder endloser Kreislauf des Lebens im Sinne der 8Zeit, aber auch ebensowenig Zeitlosigkeit, sondern nur permanente Dauer. Die Ewigkeit der Welt behaupteten die 8Hylozoisten und 8Pantheisten, auch einzelne spekulative Theologen, z. B. Origines, Fr. D. E. Schleiermacher, I. A. Dorner u. a. (8Unendlichkeit). E. als 8Unsterblichkeit des Menschen lehrt mehrfach das N. T. (z. B. Matth. 19, 28). I. Kant in der Kritik der reinen Vernunft, reduziert das Prinzip E. auf ein 8Postulat der praktischen Vernunft, damit wir Gelegenheit haben, tugendhafte Vollkommenheit, die uns hier nicht möglich sei, künftig zu erreichen. exakt, lat. (von exigere ›ausführen‹, untersuchen), pünktlich, genau, genau meßbar; daher sind exakte Wissenschaften solche, die – wie Mathematik, Physik, Chemie, Astronomie – ihre Erkenntnisse durch jederzeit nachprüfbare genaue Messungen von Größenverhältnissen gewinnen. exclusi tertii principium, lat. ›der Satz vom ausgeschlossenen Dritten‹ (8principium exclusi tertii ). Exegese, gr., die Erklärung, ›Auslegung‹ eines Textes, bes. der Bibel; dazu Exegetik, die Kunst, die Theorie der 8Auslegung. Exempel, lat., ›das 8Beispiel‹. Exemplar, lat., ›das Muster‹, ein einzelner Gegenstand oder ein einzelnes Wesen als Vorbild; dazu exemplarisch, vorbildlich, als Muster dienend, ein Beispiel gebend; Exemplarismus, die Lehre, daß
Exemplifizierung
die Geschöpfe ihrer Inhaltlichkeit nach Spiegelungen Gottes sind, so daß Gott, das Urbild aller Inhaltlichkeit, in ihnen aufzuleuchten vermag (s. Thomas v. A., Summa theol. q. 4 art. 3), auch die z. B. von Augustin vertretene Lehre, daß die Erkenntnis der Dinge nur möglich ist durch die Voraussetzung der in Gott seienden Urbilder der Dinge. Exemplifizierung (lat./gr. exemplum ›Beispiel‹), die Veranschaulichung abstrakter Begriffe und Sachverhalte an sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen oder Vorgängen, an konkreten Beispielen, Zeichnungen u. dergl. ex hypothesi, lat./gr. ›der Voraussetzung gemäß‹. Exetasis, gr. Prüfung, Untersuchung, ›Ausforschung‹; Bez. für die Methode, nach der Sokrates das angenommene Vorwissen seiner Dialogpartner solange infrage stellte, bis es sich als Irrtum oder Unwissen herausstellte; literar. Stilmittel in den Dialogen Platos, in denen er Sokrates als Gesprächsführer vorstellt (8Sokratik, 8Mäeutik, 8Anamnese). existentia, in der Spätantike zuerst belegt als lat. Übers. des gr. Begriffs hyparxis, urspr. Vermögen, Besitz, abgeleitet von hypar, Wirklichkeit, im Unterschied zu gr. ousia, Wesen. In der 8Scholastik dient e. als Bez. dafür, daß ein Gegenstand überh. existiert, wirklich ist, später auch als Synonym für esse, sein. In diesem Sinne konnten auch andere 8Modalitäten des 8Seins, wie das 8Möglich- Sein oder das Nicht- Vollkommen- Seiende
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(8Vollkommenheit), unter den Begr. e. fallen. So kam in versch. Schulen der Scholastik auch einem zeitlich begrenzt Wirklichen (und insof. einem zu anderer Zeit nur Möglichen) sowie einem unvollkommen Seienden die Bez. e. zu. Diese komparative Verwendung war nur solange möglich, wie man ein hierarchisch gegliedertes Weltbild annahm, das in unterschiedlich hohe Stufen des Seienden gegliedert ist. Moderne 8Ontologien gehen im Unterschied dazu davon aus, daß sich 8Sein (im engeren Sinne von 8Wirklichkeit) und NichtSein gegenseitig ausschließen und sich daher der Begr. e. für die Bez. des mehr oder weniger Seienden nicht eignet. Existentialismus, auch: Existen-zialismus, frz. existentialisme, von lat. 8existentia, häufig svw. 8Existenzphilosophie, von deren Vertretern jedoch zumeist als Schulbezeichnung abgelehnt. Der Begr. E. entstand im frz. und im dt. Sprachraum jeweils unabhängig voneinander. In Deutschland wie in Frankreich diente er zunächst zur philosophiehistor. Klassifikation von Theorietypen seit dem Mittelalter. In der Tradition des 8Neukantianismus tauchte der Begr. zunächst auf zur Kennzeichnung für Philosophien, welche die Gültigkeit logischer Wahrheitsansprüche nicht für sämtl. mögl. Welten annehmen, sondern unter die Bedingungen des Existierenden, der Wirklichkeit stellen (so zuerst W. Moog, Logik, Psychologie und Psychologismus, 1919, 190- 195). Auch K. Jaspers gab dem Begr. E.
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eine neue Bed., als er, im Unterschied zur 8Existenzphilosophie seiner eigenen Prägung, jeden Versuch zur Verabsolutierung der menschl. Existenz als Ausgangspunkt alles Philosophierens (Vernunft und Existenz, 1935, 46) als ›existentialistisch‹ abwehrte. In Frankreich entstand der Terminus existentialisme zunächst ebenfalls als Klassifikationsbegriff für Typen ontolog. Denkens in der mittelalterl.Tradition. Hier bezeichnete man Philosophien, in denen der grundleg. Seinsbegriff aus dem Begr. des 8Wesens abgeleitet wird, als essentialistisch, die umgek. Annahme der Priorität des Seins vor dem Wesen als existentialistisch (im Frz.: E. Gilson; ähnlich im dt. Sprachraum bei E. Przywara; vgl. 8Essentialismus). Als Selbstbez. für seine eigene philos. Position verwendet ihn J.- P. Sartre (zuerst in: A propos de l’existentialisme, in: Lettres 3/1945, 82- 88, und in: L’existentialisme est un humanisme?, 1946), jedoch in deutlicher Abhebung vom Modebegr. E., mit dem in Frankreich damals eine allg. skeptizistische Lebensauffassung belegt wurde. Bei J.- P. Sartre wird die Bez. E. für eine anthropozentrische Sichtweise der Welt damit gerechtfertigt, »daß, wenn Gott nicht existiert, es mindestens ein Wesen gibt, bei dem die Existenz der Essenz vorausgeht, ein Wesen, das existiert, bevor es durch irgendeinen Begriff definiert werden kann« (1946, S. 21; dt. Übers. aus: J.- P. Sartre, Drei Essays, hg. W. Schmiele, 1963). Aus dieser Grundposition wurde die Voraussetzungslosigkeit
Existenz
aller menschl. Existenz und Praxis und ein unbegrenzter 8Freiheitsbegriff abgeleitet. Versteht man den Begr. E. im weiteren Sinne als Sammelbez. für existenzphilos. Denken, dann lassen sich auch weitere frz. Denker wie M. Merleau- Ponty sowie Schriftsteller und Essayisten wie A. Camus, G. Marcel dieser Richtung zurechnen. existentiell, neulat., das Vorhandensein, das 8Dasein, die 8Existenz im Gegensatz zur 8essentia betr. In der 8Existenzphilosophie auch: existential oder existenzial, auf das Dasein bezüglich; das Existenzial, von M. Heidegger (Sein und Zeit, § 9) eingef. Ausdruck für Begriffe, die der Explikation der menschlichen Existenz in der ›Analytik des Daseins‹ dienen: »Weil sie sich aus der Existenzialität bestimmen, nennen wir die Seinscharaktere des Daseins Existenzialien.« Existenz, von lat. existentia geb., allg. das 8›Dasein‹ im Gegensatz zum 8Sosein, Beschaffensein, 8Wesen. Was E. ist, läßt sich nicht rational festlegen. Deshalb wurde der Begriff E. in der neueren Philosophie vielfach zur Kennzeichnung irrational- religiöser Auffassungen gebraucht. Er ist vorgebildet bei J. G. Hamann und Fr. H. Jacobi im Kampf gegen die Aufklärung und I. Kant (8positive und 8negative Philosophie), er wird gebraucht von Fr. W. J. Schelling und S. Kierkegaard gegen den Hegelschen Idealismus. E. ist hier der Gegenbegriff zu 8Vernunft und 8Idee. S. Kierkegaard, der auf der Schellingschen Unterscheidung von Idee und E. fußt, sondert den Menschen
Existenzaussage
als einzelnen aus jeder bedingenden und übergreifenden Ganzheit naturhafter und ideeller Art aus und stellt ihn vor einen ebenso ausgesonderten Gott. Die Mitte seines Philosophierens ist der Einzelne nicht als vitales Sosein, nicht als 8Ich oder hervorragende 8Individualität, sondern als mögliche E. im Anblick der 8Transzendenz. E. ist hier gleichsam das Herausgestelltsein des Menschen aus seinen naturhaften und geschichtlichen Bedingungen zwecks einsamer Auseinandersetzung mit Gott. Für die 8Existenzphilosophie ist E. »die Weise, wie ich zu mir selbst und zum Transzendenten mich verhalte« (K. Jaspers). M. Heidegger unterscheidet noch existentia und E.: »existentia besagt ontologisch soviel wie Vorhandensein, eine Seinsart, die dem Seienden vom Charakter des Daseins wesensmäßig nicht zukommt. Eine Verwirrung wird dadurch vermieden, daß wir für den Titel existentia immer den interpretierenden Ausdruck Vorhandenheit« verwenden – d. h. die Seinsart von etwas, das wir als Ding betrachten – »und E. als Seinsbestimmung allein dem Dasein zuweisen. Das Wesen des Daseins liegt in seiner E.« (Sein und Zeit, 1927, 42). »Eksistenz bedeutet inhaltlich Hinausstehen in die Wahrheit des Seins, Existentia meint dagegen actualitas, Wirklichkeit im Unterschied zur bloßen Möglichkeit als Idee« (M. Heidegger, Platos Lehre von der Wahrheit, 1947). Existenzaussage, auch ›Existenzialaussage‹, eine Aussage, durch die
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behauptet wird, daß es (in einem vorausgesetzten 8Grundbereich G von Objekten, die man in Betracht zieht) einen Gegenstand gibt, dem eine bestimmte Eigenschaft zukommt: »Es gibt (mindestens) einen Menschen (in G), der 120 Jahre alt ist«, »Es gibt ein ›schwarzes Loch‹ im Sternbild Auriga«, »Es gibt eine Zahl, die die Quadratwurzel aus 2 ist«. Im allgemeinen beweist man die Wahrheit einer E. endgültig (d.h. man verifiziert sie), indem man zeigt, daß es im vorausgesetzten Grundbereich tatsächlich ein solches Objekt gibt, dessen Existenz behauptet wird. Insbesondere in der Mathematik ist freilich umstritten, was als ein solcher Existenzbeweis gelten kann. Die Falschheit einer E. kann man erweisen, indem man zeigt, daß es im Grundbereich kein Objekt gibt, dessen Existenz in der Aussage behauptet wird. Das ist jedoch nur möglich, wenn die Objekte des Grundbereichs allesamt ›aufweisbar‹ sind. Sonst ist die E. nicht abschließend falsifizierbar; ihre Falschheit läßt sich nur mehr oder weniger gut bestätigen. Das gilt z. B. für die Aussage »Es gibt ein Kupferstück, das keinen Strom leitet«, wenn der Grundbereich etwa die Menge K aller Kupferstücke des Universums ist; faktisch kann man ja nicht jedes dieser Stücke auf die fragliche Eigenschaft hin überprüfen. – Formal gewinnt man E.n durch 8Quantifikation von 8Prädikaten oder 8Aussageformen mittels des Existenzquantors (vgl. 8Quantor). Ihre logischen Eigenschaften werden in der 8Prädikatenlogik untersucht.
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Existenzphilosophie, auch Existentialphilos., Existenzialphilos., in Deutschland und Frankreich etwa zeitgleich entstandene Bez. für unterschiedl. philosophische Richtungen (frz. ›philosophie de l’existence‹, synonym: ›philosophie existentielle‹). Dabei wird als methodischer oder anthropologischer oder auch als ontolog. Ausgangspunkt das Faktum der menschlichen 8Existenz als voraussetzungslos angenommen. Philosophieren ist danach nur möglich in den ›existentiellen‹ Bedingungen des sich zur Welt verhaltenden Menschen (8Existentialismus). Existenzquantor, eine 8logische Partikel der 8Prädikatenlogik, mit deren Hilfe sich 8Existenzaussagen formulieren lassen; vgl. 8Quantor. Existenzsätze, vgl. 8Existenzaussage. existieren, lat. existere ›hervortreten‹, vorhanden sein, da sein. Exklusion, von lat. excludere ›ausschließen‹, frz. incompatibilité, engl. incompatibility, Ausschließung, auch: Inkompatibilität, Unverträglichkeit, Unvereinbarkeit. Als exklusiv bez. man in der 8Aussagenlogik das Verhältnis zwischen Aussagen, die in der Beziehung der 8Kontravalenz (›entweder ..., oder ...‹) zueinander stehen. ex nihilo nihil fit, lat. ›aus nichts entsteht nichts‹, ein zuerst bei dem gr. Philosophen Melissos (Diels/ Kranz, Fragm. der Vorsokratiker I, Kap. 30 B) auftretender, nach Aristoteles (Physik I 4) bei den Philosophen überhaupt üblicher Satz, dem Lukrez (De rerum nat., 150214) einen bes. Abschnitt widmete.
experimentum crucis
Er dient seitdem zur Begründung der 8Ewigkeit der Welt und der Erhaltung des Stoffs und der Kraft im Gegensatz zur biblischen Lehre von der 8Schöpfung. exogen (gr. exô ›von außen‹), von außen stammend; Gegensatz: 8esogen oder endogen. exoterisch, gr., ›äußerlich‹, im Gegensatz zu 8esoterisch: für die Außenstehenden, für die Öffentlichkeit bestimmt. Experiment, lat., ›Versuch‹, Erfahrungsbeweis, Erfahrung; die planmäßige, grundsätzlich wiederholbare Beobachtung unter künstlich hergestellten, möglichst veränderbaren Bedingungen. Dazu experimentell, auf Versuchen beruhend, mit Versuchen arbeitend. Experimentelle Psychologie, die von W. Wundt begründete Psychologie, die in Anlehnung an empirische Methoden in anderen Wissenschaften mit Hilfe von E.en die Gültigkeit und den Geltungsumgang psychologischer Gesetze überprüft (Beispiel: 8Weber- Fechnersches Gesetz). experimentum crucis, lat. ›Kreuzversuch‹, von Fr. Bacon (Novum Organum II, art. 36) gepr. Ausdruck nach den an Kreuzwegen aufgestellten Wegweisern zur Bez. eines 8Experiments, der über einen in Frage stehenden ungeklärten Sachverhalt endgültig entscheiden soll. Das e. c. ist zum ersten Male in der Hippokratischen Medizin angewandt worden. Man meinte, man könne durch Experimente die Natur gleichsam auf eine Folter (crux) spannen und sie auf diese Weise zwingen, auf ›Fragen‹
explicite
von Menschen eine ›Antwort‹ zu geben. explicite, lat. (dt. explizit) ›auseinandergefaltet‹, entwickelt, ausführlich dargestellt, im Gegensatz zu 8implicite; explicatio Dei ist bei Nik. v. Kues die Selbstentfaltung Gottes, so daß Gott in allem Endlichen ist; ihr entspricht die complicatio, die das Enthaltensein alles Endlichen in Gott ausdrückt. Der deus explicitus ist bei ihm wie bei Scotus Eriugena im Unterschied zum 8deus absconditus die Welt als von Gott geschaffene Gestalt. Explikation (lat. explicatio, von explicare, ›entfalten‹, ›entwickeln‹, erklären); Spezialfall von 8Erklärung. R. Carnap nennt E. eine Form der Analyse, bei der ein noch unbestimmter Begriff (Explikandum) einer 8Definition unterzogen wird, um ihn einem präzisierten Inhalt (Explikatum) zuschreiben zu können. Exploration (von lat. explorare ›ausforschen‹), im allg. systemat. kontrollierte Erforschung; auch die in der psychotherapeut. Praxis angewandte Methode zur Erforschung unbewußter oder nicht klar bewußter seelischer Zusammenhänge. exponibel (lat. exponere ›auseinandersetzen‹), erklärbar, in Begriffe faßbar, ableitbar; Exposition, die Auseinandersetzung, die 8Erklärung, 8Erörterung. ex quodlibet verum, lat., seit der 8Scholastik Bez. für einen Satz über die 8Implikation: aus jeder beliebigen 8Aussage, sei sie wahr oder unwahr, darf eine wahre Aussage gefolgert werden.
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Extension, lat., ›die 8Ausdehnung‹, der Umfang (vgl. 8Intension/Extension); Extensität, das Ausgedehntsein; Gegensatz: 8Intensität; extensiv, frz. extensif, ausgedehnt. Externalisation (lat. externus ›äußerlich‹), die Veräußerlichung, Entäußerung, desgl. Externalisierung; auch verw., um die Verschiebung eines Konflikts oder eines Problems bei der Ursachenforschung auf externe (hier: nicht mehr implizit erklärbare) Bereiche, Disziplinen zu kennzeichnen. extramental, von lat. extra ›außer‹ und mens (Gen. mentis) ›Geist‹, außerhalb des Bewußtseins, svw. real vorhanden. extramundan, von lat. extra ›außerhalb‹ und mundus ›Welt‹, außerweltlich (8transzendent). extrovertiert, auch: extravertiert, lat. von außen her angeregt und nach außen gewandt; Gegensatz: 8introvertiert. Extrem, von lat. extremum ›das Äußerste‹, das Maximum bzw. Minimum; extrem, äußerst, übertrieben (8radikal, 8Fanatismus). Extremwert, auch Extremum, lat., ist in der Differentialrechnung der Wert einer Funktion, in dessen Umgebung alle benachbarten Funktionswerte entw. größer (Minimum) oder kleiner (Maximum) sind. exzentrisch, gr./lat., ›außerhalb des Mittelpunktes liegend‹, in der Geometrie auch: nicht den gleichen Mittelpunkt besitzend; in der Alltagssprache auch als psychisches Merkmal: überspannt, verschroben, svw.: dezentriert; in der philos. 8Anthropologie nennt man
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e. diej. Position, die der Mensch (nach H. Plessner, Philos. Anthropologie, 1970) in seinem gesamten Wesen (einschl. Körper und Geist, Bewußtsein) im Verhältnis zu seiner 8Umwelt einnimmt. Im Unter-
exzentrisch
schied dazu können Tiere (nach Plessner) zwar eine Distanz zu ihrem Körper, aber nicht zu ihrem 8Bewußtsein entwickeln (Ders., Die Stufen des Organischen und der Mensch, 1928).
F
Faktor, lat. eigentl. ›der Macher‹, Bewirker, ein Bestandteil, der in Verbindung mit andern ein Produkt ergibt; der wirksame Bestandteil; seit dem 18. Jh. in der Mathematik die Zahl, mit der multipliziert wird; in der Psychologie eine empirisch abgeleitete Komponente der Durchschnittspersönlichkeit. In der Faktorenanalyse wird mit Hilfe der auf Testuntersuchungen angewandten mathem. Korrelationsrechnung die kleinste Zahl der unabhängigen 8Variablen einer Funktion, d. h. derjenigen F.en gesucht, die, je nach Prüfungshypothese, entw. hoch oder niedrig oder gar nicht untereinander korrelieren. Faktum, lat., von facere ›machen‹, ›bewirken‹, eigentl. das Gemachte, Bewirkte, die 8Tatsache; dazu faktisch, tatsächlich, wirklich im Unterschied zu theoretisch möglich (vgl. 8empirisch, 8positiv); Faktizität (von lat. factum, gemacht, getan), Bez. dafür, daß etwas faktisch vorliegt; svw.: 8Existenz, 8Tatsache. In der 8Existenzphilosophie auch in dem Sinn verstanden, daß der Mensch zwar ein frei handelndes Individuum ist, aber seine eigene Existenzweise als freies Wesen wie etwas Fremdes übernehmen muß (M. Heidegger: 8Geworfenheit). Die Erfahrung der Faktizität gehört zur Bewußtwerdung der 8Endlichkeit des menschlichen Lebens.
Fallazien, lat., ›Täuschungen‹, die formal unrichtigen Schlüsse, also die 8Fehlschlüsse (8Paralogismus) und die 8Trugschlüsse (8Sophismus). fallibel, neulat., ›dem Irrtum unterworfen‹ (veraltet); heute: svw.: 8falsifizierbar. Dazu Fallibilität, Fallibilismus: vgl. 8Falsifikation, Falsifikationismus. falsch, lat. falsus über afrz. fals (weibl. falske), zu mhd. valsch, nicht echt, log. oder sachl. nicht richtig, nicht der Vorschrift entsprechend; nicht wahr (vgl. 8Wahrheit); nicht übereinstimmend mit einem gemeinten Gegenstand oder Sachverhalt; auch: abwertend verw. für ein Charaktermerkmal i. S. v. Falschheit als moralischem Begriff, der nicht nur Wahrheitswidrigkeit (8Irrtum), sondern auch absichtliche Täuschung über die eigene Denkweise durch unwahre Äußerungen und irreführende Maßnahmen, z. B. um des eigenen Vorteils willen, meint (8Heuchelei, 8List). Falsifikation, von lat. falso ›fälschlich, irrtümlich‹, und facere ›tun, machen‹, Adj. falsifizierbar; dazu: falsifizieren, allg.: die 8Falschheit einer Aussage nachweisen. Die für die empirischen Wissenschaften typischen gesetzesartigen positiven 8Allaussagen wie »Alle Kupferstücke leiten Strom« lassen sich endgültig falsifizieren, nämlich durch das Aufweisen eines Gegenbeispiels, aber in der Praxis nicht
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endgültig verifizieren (8Verifikation). Daher vertrat K. R. Popper (zuerst in: Logik der Forschung, 1935) die Ansicht, es sei die zentrale Aufgabe der Wissenschaft, zu versuchen, ihre Aussagen in möglichst strengen Prüfungen zu falsifizieren, um (nach erfolgreicher F.) bessere, d. h. ›falsifikationsresistentere‹ Hypothesen an ihre Stelle zu setzen (8Kritischer Rationalismus). In diesem Vorgang sah er den Fortschritt der Wissenschaft. Bez. für die Methodologie Poppers: Falsifikationismus, auch Fallibilismus. Fanatismus, frz. ›Schwärmerei‹, von lat. fanum ›Tempel‹, fanaticus ›schwärmerisch‹, urspr. der von Sulla aus Phrygien eingeführte Kult der Mâ - Bellona, deren Priester sich und die Menge in Blutrausch versetzten, im heutigen dt. Sprachgebrauch der leidenschaftlich- blinde Eifer für eine Sache, Überzeugung, Idee o. ä., dazu: Fanatiker, fanatisch. Fangfrage, eine Frage, die so formuliert ist, daß jede Antwort auf sie unsinnig wird; s. z. B. 8Acervus, 8Calvus, 8Elektra, 8Velatus. Fangschluß, ein wissentlich falsch formulierter, der Täuschung dienender Schluß (8Fehlschluß, 8Trugschluß). Faszination, von lat. fascinare ›beschreiben‹, ›behexen‹, des Gebanntsein, das Gefesseltsein, die bis zu einem Maximum gesteigerte passive 8Aufmerksamkeit der Tiefenperson. Die F. ist die vitale Vorform der 8Konzentration. Fatalismus, von lat. fatalis (8fatum) ›vom Schicksal bestimmt‹, ›schicksalhaft‹, ›verhängnisvoll‹,
faule Vernunft
der Schicksalsglaube und die Weltanschauung, nach der alle Vorgänge in der Welt durch eine blinde Notwendigkeit bestimmt sind, gegen die der Mensch machtlos ist (8Determinismus, 8ewige Wiederkunft, 8Präexistenz). Daher Fatalist, der das 8Schicksal Bejahende (8amor fati), sich in sein Schicksal Ergebende (8faule Vernunft). fatum, lat. (von fari ›aussprechen‹), der Ausspruch, Ratschluß eines Gottes, die Weissagung (8Vorsehung); dann die Weltordnung und das durch die unabänderliche Weltordnung vorherbestimmte, verhängte 8Schicksal des Menschen, das Geschick, das Verhängnis (gr. heimarmenë, moira). G. W. Leibniz (Theodizee Vorw. I, 55 ff.; II, 191, 228 u. a.) unterscheidet das f. mahumetanum (Türkenschicksal), das völlig dunkel und unentrinnbar ist, so daß der Mensch nicht einmal Gefahren zu meiden versuchen könne (8faule Vernunft), das f. stoicum, in das eine Einsicht möglich ist, die Ruhe (8Ataraxie) verleiht, und das f. christianum, das nicht nur geduldig getragen werden muß, sondern mit Zufriedenheit erfüllen soll, da es von einem guten und gnädigen Gott gelenkt sei (8Vorsehung, 8amor fati). faule Vernunft, Übers. I. Kants für lat. ignava ratio, gr. logos argos, d. i. der Trugschluß, daß man sich, da ja doch alles vom 8Schicksal (8fatum) bestimmt sei, um nichts zu sorgen und zu bemühen brauche (vgl. Cicero, De fato 12, 8; G. W. Leibniz, Theodizee Vorw.; I 55 u. ö.). »Man kann jeden Grundsatz so nennen,
Faulheit
welcher macht, daß man seine Naturuntersuchung, wo es auch sei, für schlechthin vollendet ansieht und die Vernunft sich also zur Ruhe begibt, als ob sie ihr Geschäft völlig ausgerichtet habe« (I. Kant, KrV, B 717 f.). Vgl. 8Quietismus. Faulheit, mhd. vulheit ›Fäulnis‹, Trägheit; der Widerwille gegen die 8Arbeit oder die schuldhafte Verlangsamung des Arbeitstempos. Sie ist psychologisch erklärbar aus der Opposition gegen den Arbeitsauftrag als solchen oder gegen den Auftraggeber, aus dem Überdruß an der Arbeit oder der Art der Arbeit oder endlich aus dem Sichfallenlassen (der Resignation) infolge außerhalb der Arbeit liegender Störungen der normalen Antriebskräfte (8Trägheit). faustisch, von O. Spengler (Der Untergang des Abendlandes, 1918) eingef. z. Bez. der abendländischen Kultur und der ihr entspr. seelischen Verfassung im Unterschied zur griechischen, die Spengler ›apollinisch‹ nennt. Den f.en Menschen beherrscht »das Ideal einer räumlichen Unendlichkeit«, er hat einen »leidenschaftlichen Hang zum Grenzenlosen und Ewigen«, er befindet sich »in einem steten Widerspruch gegen die sinnlichen Vordergründe des Daseins, die er zu überwinden sucht, um den Sinn seiner Existenz zu erfüllen«. Fehlhandlung (engl. action slip), handlungstheoretische Bezeichung für eine 8Handlung, die nicht der zugrundeliegenden 8Absicht entspricht, d. h. in der jemand beabsichtigt, eine Tätigkeit A auszuführen, stattdessen aber eine ganz
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andere Tätigkeit B ausführt (z. B. x will seine Suppe nachsalzen, streut aber stattdessen (versehentlich) Pfeffer hinein). Fehlschluß (8Paralogismus), im weiteren Sinne ein (im Unterschied zum 8Trugschluß unabsichtlicher) Beweisfehler (vgl. 8Beweis), im engeren Verständnis ein 8Schluß, der logisch fehlerhaft, d.h. nicht 8allgemeingültig ist. Ein typisches Beipiel für einen F. in diesem letzteren Sinne ist der Übergang von »Wenn es regnet, dann wird die Erde naß« zu »Wenn es nicht regnet, dann wird die Erde nicht naß«: Im Rahmen der 8Aussagenlogik kann man zeigen, daß Schlüsse von A → B (»Wenn A, dann B«) auf ¬ A → ¬ B (»Wenn nicht A, dann nicht B«) generell ungültig sind. Fehlschluß, naturalistischer, (engl. naturalistic fallacy) von G. E Moore (Principia Ethica, 1903) als Standardargument gegen den 8Naturalismus (s. a. 8Kognitivismus) und gegen metaphysische Ethiken, die »gut« mit einer metaphysischen Eigenschaft gleichsetzen (z. B. I. Kant) geprägt. Ein naturalist. F. liegt nach Moore bei jedem Versuch vor, das ›Gutsein‹ im moralischen Sinn auf natürliche Eigenschaften zurückzuführen. Ein solcher F. liegt demnach beispielsweise vor, wenn aus »Alle Menschen trachten nach Lust« auf »Lust ist gut« geschlossen wird. Moore expliziert jedoch nicht, worin genau der naturalist. F. eigentlich bestehen soll. Wie W. K. Frankena (The Naturalistic Fallacy, Mind 48, 1939) zeigt, handelt es sich beim n. F. im Unterschied zu
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D. Humes Sein- Sollen- Fehlschluß (8Sein- Sollen- Dichotomie) um kein logisches, sondern um ein semantisches Problem: Der naturalist. F. bestehe nicht darin, daß ethische Sätze aus rein nicht- ethischen Sätzen deduziert werden, sondern darin, daß moralische Eigenschaften durch empirische Eigenschaften definiert werden, oder darin, daß überhaupt versucht wird, moralische Eigenschaften zu definieren. Frankena spricht daher auch von »Definitionsfehlschluß«. Für R. M. Hare (Descriptivism, 1963) stellt der naturalist. F. einen »deskriptiven Fehlschluß« dar, eine Verwechslung von deskriptiven und präskriptiven Urteilen (s. a. 8Meta-ethik, 8Präskriptivismus, 8Werturteil). Feigheit (von mhd. veige, ursprüngl. ›dem Tode verfallen‹, in der jetzigen Bedeutung erst im späten Mhd. und durch M. Luthers Bibelübersetzung verbreitet, gr. phobos, lat. ignavia, timor), die Furcht vor der persönlichen Gefahr, der Mangel an 8Mut und 8Tapferkeit nicht nur gegenüber äußeren Gefahren, sondern als moralische F. auch gegenüber sittlichen Forderungen. Feld, ackerbaul. genutztes Land; in der Mathematik heißt das F. von Größen die Zuordnung einer mathemat. Größe, die durch einen Zahlenwert (Skalar) oder durch eine Richtung (Vektor) oder durch die Verknüpfung mehrerer Vektoren (Tensor) bestimmt wird. Auch: Skalarfeld, Vektorfeld, Tensorfeld; in der Mengenlehre auch spezieller das F. einer 8Relation: die Vereinigungsmenge von Definitions-
Feminismus
bereich und Wertebereich; in der Datenverarbeitung ein Abschnitt innerhalb einer Folge von 8Zeichen, bei problemorientierter Programmierung auch die Gesamtheit der indizierten 8Variablen mit gleichem Namen; in der Sprachwissensch. die Beziehung eines Wortes zu dem, was man ›Feldnachbarn‹ nennt, def. durch ein Begriffsfeld. So erhält z. B. ein Wertmaßstab eine zusätzl. Bedeutung in einer Zensurenskala von 1 bis 6, wobei die Note 2 = ›gut‹ nicht nur als inhaltl. lobenswert gilt, sondern auch im Vergleich zu anderen Zensuren eine zusätzliche Bedeutung durch das Begriffsfeld erhält (als die an zweithöchster Stelle rangierende Leistung). Andere Bsp.: antonymes Feld, def. durch Gegensätze (z. B. gut- schlecht oder auch gut- böse; 8Antonym); semantisches Feld durch gemeinsame Bedeutungsmerkmale (z. B. Verwandtschaftsgrade). Feminismus, von lat. femina Frau, urspr. nur in der Biologie verw. für das Auftreten weibl. Eigenschaften bei einem männl. Tier oder beim Mann; unabh. davon im 19. Jh. zunächst abwertend gebraucht für die (aus männlicher Sichtweise kritisierte) Hochschätzung der Bedeutung weiblicher Elemente in der Kultur und der Präsenz von Frauen in gesellsch. Positionen; von Fr. Nietzsche als ein ›wesentliches‹ Merkmal für die Entwicklung moderner Gesellschaften auf Egalisierung (bei ihm auch ›Nivellierung‹) hin gedeutet und insofern gefürchtet; im allg. Sprachgebrauch bei Männern bei der Abwertung von
feststellen, festsetzen
Fraueninteressen mitunter auch Ausdruck für versuchte Bewältigung eigener Misogynie; erst im 20. Jh. als programmatische Selbstbezeichnung gewählt in verschiedenen Richtungen der Frauenbewegung und in den mit Frauenfragen beschäftigten Wissenschaften. Dazu: feministisch, den F. vertretend. Hier wird F. verstanden 1. als polit. Position zur Wahrung des Interesses von Frauen an gesellschaftl. Gleichberechtigung und Gleichstellung und/oder 2. als anthropologische Grundposition, nach der unterschiedl. Wesenseigenschaften der Menschen auf die Geschlechterdifferenzen zurückzuführen sind, ferner in einigen Richtungen auch darauf aufbauend 3. als Bez. für eine Theorie, in der die (beim Vergleich mit männlichen Merkmalen beurteilte) Höherwertigkeit weiblicher Eigenschaften in deren Bedeutung für das gesellschaftl. Gemeinwohl und für die kulturelle Entwicklung betont wird. Als radikal feministisch werden schließlich auch Positionen bez., nach welchen nicht nur weibliche Verhaltensmuster und biologisch oder psychisch wirksame weibliche Eigenschaften, sondern auch das Geschlecht der Frauen (insgesamt oder mehrheitlich, jeweils gegenüber Männern) als höherwertig eingestuft wird. feststellen, festsetzen heißt sagen, daß etwas dies oder jenes ist und dementsprechend bezeichnet werden soll (8bestimmen, 8determinieren).
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Fetisch, lat. facticius, portug. feitiço, frz. fétiche ›Zauber‹, ein Gegenstand, der Zauberkraft besitzt und daher selbst als Geist, Dämon oder Gott gilt; dazu Fetischismus, von De Brosse (Culte des dieux fétiches, 1760) geb. zur Bez. der Vergötterung oder auch Dämonisierung sinnlich anschaulicher Gegenstände, die von den Fetisch- Männern gemacht werden und in die der Geist hineingezaubert wird; Fetischismus, Fetischisierung: i. w. S. die Verehrung von leblosen Gegenständen; gebr. auch in kritischer Absicht zur Kennzeichnung von 8Ideologien, in denen über materielle Sachzwänge oder Gegenstände wie von Handlungen selbständiger Subjekte gesprochen wird. fiat, lat. ›es werde‹ (nach Mos. 1, 3 ›Es werde Licht‹), das Schöpfungswort, in naturphilos. Erörterungen ein vielgebrauchter, z. T. fester Begriff. Bei Paracelsus z. B. bedeutet es den letzten Grund allen Seins, mit dem Gott seiner Einsamkeit ein Ende macht und dessen erstes Produkt die prima materia ist; ähnlich verwendet es J. Böhme. Fiat iustitia, pereat mundus, lat. ›es geschehe die Gerechtigkeit, mag auch die Welt darüber zugrunde gehen‹, der dem Kaiser Ferdinand I. (1556- 64) zugeschriebene, auch z. B. von I. Kant (Zum ewigen Frieden, Anh. I) positiv gewertete Wahlspruch des Gerechtigkeitsfanatismus. Fideismus, Neub. von lat. fides ›Glaube‹, die auf einer übernatürlichen 8Offenbarung als einziger Quelle des 8Glaubens und auf dem Glauben als einziger Grundlage
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für alles Denken, Wissen und Erkennen beruhende Weltanschauung, svw. 8Glaubensphilosophie, in dieser Hinsicht auch 8Traditionalismus genannt; Gegensatz 8Rationalismus (vgl. 8doppelte Wahrheit). Symbolfideismus: die von A. Sabatier und E. Ménegoz 1877 gegr. religionswissenschaftliche Richtung (›Pariser Schule‹), nach der alle religiösen Begriffe 8Symbole sind. Der Symbolfideismus versuchte durch Relativierung der Lehrmeinungen (Dogmen) eine Einigung orthodoxer und liberaler Theologen zu erzielen. Figur, lat. figura von fingere ›machen‹, ›bilden‹, um 1200 entlehnt, im allg. svw. 8Gestalt, dann in besonderer, außergewöhnlicher Weise geprägte Form, z. B. Rede- , Ton- , Schlußfigur (8Syllogistik), auch 8Bild, Sinnbild (8Symbol), Vorbild (z. B. bei Thomas v. A. das A. T. als figura legalis); in der Logik und Mathematik svw. Formel, insbes. statt 8Zeichen gebr., wenn von der Bedeutung abgesehen werden soll. Dazu figürlich, bildlich, sinnbildlich, uneigentlich. Fiktion, von lat. fictio ›Bildung, Gestaltung‹, Erdichtung, das Dichten und die Dichtung, 1. in der 8Rhetorik eine Argumentationsfigur, die eine Annahme als wahr voraussetzt, um ein zur Rede stehendes Problem zu erhellen, 2. in der Wissenschaft als methodisches Hilfsmittel eine bewußt widerspruchsvolle oder falsche 8Annahme, die nichtsdestoweniger zu einem richtigen Ergebnis, zur Bewältigung einer sonst unlösbaren 8Aufgabe oder zur Erreichung ei-
Fiktion
nes praktischen Zweckes führen kann, wenn der Fehler in das Ergebnis nicht oder nicht nennenswert eingeht; solche Annahmen pflegen durch die Worte 8als ob als F. gekennzeichnet zu werden. Sie sind zu unterscheiden von 8Hypothesen, denen ein Wahrscheinlichkeitsgehalt zugeschrieben wird, und von 8Arbeitshypothesen, die einstweilen der Forschung zugrunde gelegt und zunächst weder als richtig noch als falsch erweisbar betrachtet werden. Unter F. versteht man auch allgemein bewußte 8Erfindungen, Vorstellungen, die nicht direkt aus der 8Wahrnehmung der Wirklichkeit hervorgehen (8Einbildung). Deshalb ist der Begriff heute hauptsächlich in der 8Ästhetik entwickelt. A. G. Baumgarten bestimmt das Dichtungsvermögen (»facultas fingendi«) als diejenige Fähigkeit, in der verschiedene Einbildungen frei zum Ganzen einer Vorstellung verbunden werden. Dies führt ihn in Anknüpfung an Aristoteles zu einer Theorie poetischer bzw. ästhetischer Wahrscheinlichkeit (verisimilitudo aesthetica; Aesthetica 1750- 58, §§ 47ff.), die von der im Erkenntnisgegenstand hypothetisch begründeten 8Wahrscheinlichkeit (probabilitas) zu unterscheiden ist. Wahrscheinlich ist eine solche Erdichtung, die wahr sein könnte, ohne jemals wirklich wahr zu sein, und die so zu einer ›heterokosmischen‹ Wahrheit wird, zum Entwurf anderer möglicher Welten, die sich dadurch bestimmen, nicht die gegebene 8Wirklichkeit zu sein. In diesem Sinne ist der Begriff bis heute gebräuchlich: Zur grundsätz-
fiktiv
lichen Abgrenzung des Bereichs der Kunst (dem Fiktiven) vom Bereich des Faktischen. fiktiv, von 8Fiktion geb., 1. erdichtet, 2. auf einer Fiktion beruhend. final, lat., ›dem Ende, dem 8Endzweck gemäß‹ (8causa finalis); dazu: Finalität, im Unterschied zu 8Kausalität die Bestimmtheit durch ein 8Ziel, einen 8Zweck; Finalismus, die Lehre, daß alles von Zwecken bestimmt ist, vgl. 8Absicht, 8Teleologie, 8Zielstrebigkeit; Gegensatz: 8Kausalismus. Finaldeterminismus, die Bestimmung des Verlaufs eines Vorgangs von seinem Ende aus im Gegensatz zum 8Kausaldeterminismus, der Bestimmung des Verlaufs von seinem Anfang, der 8Ursache aus. Finalnexus (lat. nexus ›Zusammenknüpfung‹), der Zusammenhang von Vorgängen, der von seinem Endzustand aus, seinem Ziel und 8Zweck aus zu erklären ist, so daß das Vorhergehende als Mittel zur Erreichung des Endzwecks erscheint; Gegensatz: 8Kausalnexus. finis, lat. ›das Ende‹; dazu finit, endlich, begrenzt; Finitismus, die Lehre von der 8Endlichkeit der Welt, des Raumes, der Zeit, der Masse, der Kraft, auch des Menschen (8Existentialismus). Fixierung (von lat. figere ›heften‹), das Haftenbleiben, das Bestehenbleiben von Reaktionen (z. B. körperl. Störungen), auch wenn der seelische Grund weggefallen ist; in der Sexualtheorie S. Freuds (8Psychoanalyse) das Gebundenbleiben der 8Libido an die einmal auf einer infantilen Stufe der Triebentwicklung erlebte Form.
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Fluenten (lat. fluens ›strömend‹), seit I. Newton fließende, d. h. stetig veränderliche Größen. Fluktuation (lat. fluctuare auf- und ab- ›fluten‹, hin- und hertreiben), die Schwankung; fluktuieren, schwanken (8Aufmerksamkeit). fokal (von lat. focus ›Herd‹, ›Brennpunkt‹), in der Psychologie im Blickpunkt der 8Aufmerksamkeit stehend, im Unterschied zu marginal (lat. margo ›Rand‹), am Rande liegend; daher f.es und marginales Bewußtsein. Folge, ahd. folgen, mhd. volgen, aus fola gan ›voll gehen‹, zum Ziel gehen (gr. akolouthia, lat. consecutio); die logische Abhängigkeit eines Urteils von einem anderen, von denen das eine den 8Grund, das andere die F. angibt, das zeitliche oder räumliche Aufeinanderfolgen von Dingen und Vorgängen in sinnvoller Verknüpfung, besonders nach dem Verhalten von 8Ursache und Wirkung. Folgerichtig oder 8konsequent ist eine Gedankenreihe, deren sämtliche Glieder als Gründe und als Folgen aus ihnen miteinander zusammenhängen; Gegensatz: folgewidrig, 8inkonsequent. In der Mathematik nennt man F. eine 8Funktion, deren Definitionsbereich die Menge N der natürlichen Zahlen (unendliche Folge) oder eine Menge Nk = 1,2, ... , k (endliche Folge) ist. Ist auch der Wertebereich einer Folge eine Zahlenmenge, so spricht man von einer Zahlenfolge. In der Logik auch svw. 8Folgerung, Konklusion. Folgerung, ein 8Schluß oder eine (formale) 8Ableitung, oft auch die
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8Konklusion eines Schlusses bzw. das Ergebnis einer Ableitung. Eine Folgerung im ersten Sinne ist z. B. der Schluß von »Alles, was aus Kupfer ist, leitet Strom« und »Dieser Draht ist aus Kupfer« auf »Dieser Draht leitet Strom«; auch die Konklusion »Dieser Draht leitet Strom« kann man als F. (aus den 8Prämissen »Alles, was aus Kupfer ist, leitet Strom« und »Dieser Draht ist aus Kupfer«) bezeichnen. Form, von lat. forma ›Gestalt‹, von ferire ›schlagen‹, hauen (vgl. 8Bild), gr. 8morphë ; bei räumlichen Gegenständen die anschauliche Gestalt, bei gedanklichen die begriffliche Ordnung der Bestandteile des Gegenstands zu einer in sich gegliederten Einheit oder Ganzheit. F. oder 8Gestalt wird auch als Gegenteil und Korrelat von 8Stoff verwendet und bedeutet in diesen Fällen die Gesamtheit der bestimmten Verhältnisse, in welchen ein Objekt erscheint. Der Gegensatz von Stoff und F. beschäftigte die Philosophie zu allen Zeiten. Die ältesten griechischen Naturphilosophen, die 8Hylozoisten, trennten Stoff und F. noch nicht, erfaßten aber das Dasein wesentlich von der stofflichen Seite (Wasser, Luft), Heraklit von Ephesos erfaßte im Gegensatz zum Stoff (Feuer) zuerst die beständige Formveränderung der Welt, die 8Pythagoreer reduzierten das Dasein auf die F. der Zahl; Empedokles und Anaxagoras stellten Stoff und formende Kräfte in Gegensatz zueinander. Die von Sokrates angeregte Abstraktion der Begriffe aus den Einzelvorstellungen, die ästhetische Wertschätzung der
Form
künstlichen Form, die gestaltende Kraft unserer Phantasie und die mythologische Tradition von einem erst durch den Demiurgen geformten 8Chaos regten Plato zum Entwurf einer 8Ideenlehre an, in welche die F. als hoch über dem Stoffe schwebende, selbstgenügsame Urbilder von 8Vollkommenheit eingeführt wurden. Da, mit ihnen verglichen, die ›wirklichen‹ Dinge als unvollständig erschienen, gewannen die F.en an Bedeutung. Auch Aristoteles, obgleich er die 8Ideen nicht als vor und neben den Dingen existierend dachte, schrieb ihnen doch alles Wesentliche, alles wahrhaft ›Seiende‹ an den Dingen bei: Die 8Materie ist, sofern sie nicht geformt ist, überhaupt nichts Wirkliches, sondern nur 8Möglichkeit. Die Formen sind das Wesentliche, der Stoff nur die 8Anlage. Aristoteles setzt einerseits vier Prinzipien an: 8Stoff, 8Bewegung, 8Wirklichkeit, 8Zweck, andererseits reduziert er dieselben, namentlich wo es sich um die organische Welt handelt, auf die zwei Prinzipien Stoff und F., die also das Dasein ausmachen, und zwar so, daß die F. das höhere Prinzip ist. In der 8Ästhetik ist die F. die äußere, sinnlich wahrnehmbare 8Erscheinung der rezipierten Gegenstände, im Unterschied zum 8Gehalt, der 8Bedeutung des sich in Formen darstellenden Kunstwerks. Dieses Begriffsverständnis geht zurück auf ältere Traditionen, besonders der Aristotelischen und scholastischen Philosophie. Hier ist F. im Gegensatz zum Stoff das innere Wesen und als solches die Ursache der
Formalisierung
äußeren F.; bei Aristoteles die 8Entelechie, in der 8Stoa die logoi spermatikoi, die in den Keimen enthaltenen Ideen, die Intelligenzen (8Engel), bei Plotin endon eidos ›innere Form‹. Dieser Begriff einer inneren F. spielt dann bei A. Shaftesbury, J. J. Winckelmann, J. G. Herder, J. W. v. Goethe und W. v. Humboldt eine bedeutende Rolle. Formal, auch formell, förmlich, formelartig, heißt alles, was sich nur auf die F. bezieht und vom 8Inhalt, dem Materialen, abstrahiert. In diesem Sinne ist etwa die für die Philosophie wichtige moderne 8Logik formal, insofern es in ihr nicht auf den Inhalt einzelner Sätze oder auf die speziellen inhaltlichen Beziehungen zwischen den 8Prämissen und der 8Konklusion eines 8Schlusses ankommt, sondern jeweils nur auf die durch Art und Anordnung der 8logischen Partikeln bestimmte Struktur einer Aussage oder eines Schlusses. So ist z. B. der Schluß von »Wenn es regnet, kommt Fritz nicht« und »Es regnet« auf »Fritz kommt nicht« logisch gültig, weil er die allgemeine Struktur »Aus ›Wenn A, dann B‹ und ›A‹ folgt ›B‹« aufweist, nicht, weil in ihm von der Wetterlage und von Fritz die Rede ist. In diesem Sinne formal gültige Schlüsse sind ein zentraler Bestandteil jeder Argumentation, insbesondere auch jeder philosophischen; die formale Logik als Theorie solcher Schlüsse ist deshalb eine sehr grundlegende Disziplin. Eine formalisierte oder formale Sprache ist ein semantisch (8Semantik) interpretierter 8Kalkül. Eine formale Sprache umfaßt im
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einzelnen: Eine 8Menge von Grundzeichen; eine Menge von Regeln, die angeben, welche Kombinationen von Grundzeichen wohlgeformte Ausdrücke, insbesondere Sätze der 8Sprache ergeben (8Syntax); eine Menge von 8Ableitungsregeln, nach denen man von Sätzen der Sprache zu anderen Sätzen übergehen kann; eine Menge von Regeln, die die Ausdrücke der Sprache semantisch interpretieren; und schließlich auch Bestimmungen darüber, welche Sätze als 8Theoreme gelten sollen. Die modernen Logiken sind formale Sprachen in diesem Sinne. Gegenüber der normalen Sprache zeichnen sich formale Sprachen vor allem durch Eindeutigkeit und die Explizitheit ihrer Regeln aus. Formalisierung bez. eine exakte, wissenschaftliche Beschreibung eines Phänomens durch den Aufbau und die Anwendung einer 8formalisierten Sprache. So lassen sich z. B. die 8Aussagen- und 8Prädikatenlogik als F.en des alltäglichen logischen Schließens ansehen. In der 8Sprachwissenschaft geschehen F.en etwa im Rahmen formaler Grammatiken wie der 8generativen Transformationsgrammatik, die die Struktur der natürlichen 8Sprache beschreiben sollen. Formalismus, in einem sehr weiten Sinne die Betonung oder auch Überbetonung der 8Form oder des 8Formalen. In der modernen Logik und in der Mathematik bezeichnet man spezieller die kalkülmäßige Darstellung eines bestimmten Gebietes als F. (8Kalkül).
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Beispiele für Formalismen sind die Kalküle der 8Aussagen- und 8Prädikatenlogik. D. Hilbert vertrat ab 1917 die Auffassung, die gesamte Mathematik müsse in einen F. überführt werden, dessen 8Widerspruchsfreiheit im Rahmen der Beweistheorie mit gewissen, begrenzten Mitteln zu zeigen sei. Oft nennt man auch diese Position selbst ›F.‹. Untersuchungen von K. Gödel aus den 1930er Jahren sprechen gegen die Durchführbarkeit eines solchen Projektes; dennoch hat die Idee des F. der mathematischen Grundlagenforschung wichtige Impulse gegeben. In untersch. Kunstgattungen spricht man von F. bei der Analyse von Kunstwerken, die völlig oder überwiegend nach formalästhetischen Kriterien produziert oder dargestellt werden. Formel, von lat. formula ›kleine Form‹, Maßstab, 8Norm, 8Gestalt, in der Sprachwiss. Redewendung; in der Mathematik und Logik die formalisierte Darstellung einer Aussage oder auch ein formalsprachl. Ausdruck, der als Lösungsmethode für ein Problem präsentiert wird. In einigen Wissenschaften auch graphische Darstellung durch eingef. 8Zeichen für Sachverhalte, so z. B. in der Bez. ›chemische F.‹, durch welche Stoffe als Kombinationen best. Elemente repräsentiert werden (z. B. Wasser als H2O aus den Formelzeichen H für Wasserstoff und O für Sauerstoff). Formtrieb, von Fr. Schiller (Über die ästhet. Erz. d. Menschen, 12. Brief) im Gegensatz zum Stoff- oder Sachtrieb der »von dem absoluten
Fragment
Dasein des Menschen oder von seiner vernünftigen Natur« ausgehende 8Trieb, der »Gesetze gibt für jedes Urteil, wenn es Erkenntnisse, Gesetze für jeden Willen, wenn es Taten betrifft«. Vgl. 8Spieltrieb. Fortschritt (frz. progrès), seit dem 18. Jh. gebr. zur Bez. der stetigen 8Entwicklung zum Höheren, Vollkommeneren, Wertvolleren, Besseren, Zweckmäßigeren in der Natur und in der Menschheit (8Optimismus). Fragment, von lat. fragmentum ›Bruchstück‹, Splitter, Trümmer, Überrest, bezeichnet ein unvollständiges, unvollendetes Werk, in theoretischen Zusammenhängen den Zustand des Bruchstückhaften und Unvollendeten überhaupt. Eine 8Kunstphilosophie, die das Fragmentarische zu einer Grundbestimmung des Kunstwerks macht, hat in der Frühromantik und ihrer Auffassung der Poesie ihren Ursprung: »Die romantische Dichtart ist noch im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann« (Fr. Schlegel, 116. Athenäumsfragment). Der klassische geschlossene Begriff des Kunstwerks wird theoretisch aufgelöst, indem das Werk in der Einheit mit der 8Kritik, d. h. der Reflexion auf das Werk als Moment seines Werdens begriffen wird (8Rezeption). Das Werk als endliche 8Erscheinung eines Unendlichen weist per se über sich hinaus und nötigt daher zur Reflexion. Sein F.charakter deutet auf das offene, prinzipiell nicht abschließbare Kunstwerk hin, das für das Kunstverständnis der Moderne
Frankfurter Schule
konstitutiv geworden ist (8Allegorie). E. Bloch hat zwei Momente unterschieden, die den Fragmentcharakter der Kunst ausmachen: 1. das Nicht- Enden- Können des Werks aus immanenter 8Transzendenz, d. h. aus dessen über sich selbst und seine Wirklichkeit auf ein Nichtseiendes hinausweisenden Wesen als ›prinzipielle Unfertigkeit‹, und 2. die in der Gestalt des offenen Werks angelegte Möglichkeit, ein ›nachträgliches F.‹ zu werden, d. h. im Zerfall durch die geschichtliche Wirkung seine latenten Bedeutungen zu entwickeln, deren Bewußtwerdung erst der Fortgang der Geschichte ermöglicht, die aber im Nichtendenkönnen des Werks schon angelegt sind (vgl. Das Prinzip Hoffnung, 1959, 250 ff.). Frankfurter Schule, auf den Gebieten der Geschichts- und Sozialphilosophie, der theoret. Soziologie, der empirischen Sozialforschung und der Ästhetik wirksam gewordene wissenschafts- und gesellschaftskritische Richtung, benannt nach dem in Frankfurt a. M. 1923 gegr. Institut für Sozialforschung (ab 1923 zunächst unter der Leitung des Rechtswissenschaftlers und Politologen C. Grünberg, ab 1931 unter der von M. Horkheimer). Zu dessen Gründern gehörten außerdem R. Sorge, Fr. Pollock, K. A. Wittfogel und Th. W. Adorno. Urspr. als eine Variante des 8Marxismus verstanden, entwickelten ihre Autoren später ein Theorieprogramm, gen. 8Kritische Theorie, welches die Analyse bestehender gesellschaftlicher Herrschaftsformen (Faschismus, Kapita-
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lismus, wissenschaftlich- technische Naturbeherrschung) auch auf entfremdete Lebensformen im kulturellen Bereich ausdehnte. Die Kritik insbes. der ›Kulturindustrie‹ wurde aus der Rekonstruktion der gesamten europ. mytholog. und philos. Tradition entwickelt (so zuerst in der Aufsatzsammlung Dialektik der Aufklärung von M. Horkheimer und Th. W. Adorno, geschr. in der Emigration in den USA, EA 1947). Die Bez. F. S. für Autoren der ›Kritischen Theorie‹ wurde reaktualisiert, als Adorno und Horkheimer 1950 an die Univ. Frankfurt zurückkehrten. Seit den 1960er Jahren wirkten dort als philosophische Theoretiker dieser Schule auch deren Schüler J. Habermas, A. Schmidt u. a. Freidenker, nach engl. freethinker geb., nannten sich zuerst die Vertreter des 8Deismus in einem Brief von Th. Molyneux an J. Locke (1697) in bezug auf J. Toland, der den Ausdruck einführte (vgl. J. A. Collins, Abh. über das Freidenken, 1713). Dann wurde das Wort Sammelname für alle gegen jeden religiösen Glauben, bes. den Gottesglauben, und gegen die kirchlichen Dogmen für die 8Aufklärung und die Selbständigkeit der Lebensgestaltung Kämpfenden. Unter dem Einfluß der Naturwissenschaften und der kritischen Theologie gewann das F.tum in der zweiten Hälfte des 19. Jh. stark an Ausbreitung und ging auch in den marxistischen Sozialismus ein. Freigeist, frz. libertin ›Wüstling‹ bzw. esprit fort ›starker Geist‹ in
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der Bed. ›Gottesleugner‹; Vertreter der 8Aufklärung, ein freiheitlich hinsichtlich der moralischen oder der religiösen Lehren gerichteter Mensch (8Freidenker), im weiteren Sinn der von vorausgesetzten moralischen Normen freie Mensch. Freiheit (gr. eleutheria, lat. libertas), aus germ. frî und - heit ›Art und Weise‹; in den german. Sprachen hat frî mit seinem Auftreten schon die heutige Bedeutung des Unabhängigseins, der Abwesenheit eines Zwanges; ursprüngl. aber liegt ein positiv ausgesprochener Inhalt zugrunde: frî geht von einer idg. Wz. aus, die auch ›lieben‹, ›hegen‹, ›schonen‹ bed. (altind. priya ›lieb‹). Diese ältere Bed. erhielt sich noch in got. frijôn ›lieben‹ und in got. freidjan, mhd. vrîten ›schonen‹ (Friede, Freund, frei stehen und erhellen sich in diesem Zusammenhang). Gegenbegriff: 8Abhängigkeit, vgl. 8Despotismus. Die Unabhängigkeit von gegebenen Bedingungen, nicht nur als anthropologisches Merkmal, sondern als metaphysisches Prinzip alles Seienden, muß zur Annahme einer absoluten oder metaphysischen F. und konsequenterweise zu einem streng idealistischen Standpunkt führen, der die 8Außenwelt als eine Setzung des 8Subjektes und das mit Selbsttätigkeit begabte Ich als die einzige unmittelbare Wirklichkeit ansieht. Eine solche F. hat J. G. Fichte, von I. Kants praktischer Philosophie ausgehend, gelehrt, während B. Spinoza den entgegengesetzten Standpunkt einnahm, die Wirklichkeit in Gott- Natur und den notwen-
Freiheit
digen Gesetzen suchte und damit dem Menschen die metaphysische F. absprach. Auch A. Schopenhauer nimmt (wie J. G. Fichte) eine metaphysische F. an. Er rückt aber die F. aus dem Gebiet des Handelns, in dem der ›Satz des Grundes‹ (vgl. 8Grund; 8Satz vom zureichenden Grund) herrscht, in eine höhere, unserer Erkenntnis schwer zugängliche transzendente Region hinaus, indem er den 8Willen, den er sich blind und ziellos vorstellt, als das metaphysische Prinzip annimmt und dem Menschen diesen Willen als intelligiblen Charakter angeboren sein läßt: Jeder Mensch handele nach dem, wie er ist, und die demgemäß jedesmal notwendige Handlung werde im individuellen Fall allein durch Motive bestimmt. An dem, was wir tun, erkennen wir, was wir sind. Hierauf beruhe das Bewußtsein der Verantwortlichkeit (Über d. Freiheit des menschlichen Willens, in: Die beiden Grundprobl. d. Ethik, EA 1840/41). Die Frage, ob der menschliche Wille sich selbst bestimmen könne, also autonom sei (8Autonomie), oder ob er von fremden Mächten bestimmt werde, also unfrei, heteronom sei (8Heteronomie), hat die Philosophie zu allen Zeiten beschäftigt und hat im allgemeinen drei verschiedene Antworten hervorgerufen: Entweder haben Philosophen den Willen für autonom erklärt und diese Autonomie als den Gegensatz zur Ursächlichkeit, als die Aufhebung des Kausalitätsgesetzes für den Willen angesehen. Oder sie haben den Willen für heteronom und alles Handeln lediglich für verur-
Freiheit
sacht erklärt, wie die Vorgänge in der Natur es sind. Oder sie haben die Selbstbestimmung des Willens nicht geleugnet, aber die F. des Willens nicht für den Gegensatz zur Ursächlichkeit, sondern für eine bestimmte Form der Verursachung genommen. Der erste Standpunkt heißt 8Indeterminismus, der zweite 8Determinismus, der dritte psychologischer (in einigen Theorien auch ›schwacher‹) Determinismus. Im einzelnen haben diese Standpunkte durch das Eingreifen religiöser Lehren und individueller Auffassung mannigfaltige Färbung angenommen. Am schärfsten hat den Indeterminismus I. Kant vertreten: Zwar steht nach seiner Lehre die Natur unter der Herrschaft des Kausalitätsgesetzes, und das menschliche Handeln, insofern es in die Erscheinung tritt, ist ebenfalls diesem Gesetz unterworfen. Aber der Mensch ist nach Kant Bürger zweier Welten, einer sichtbaren und einer intelligiblen, und als Bürger der letzteren besitzt er völlige 8Willensfreiheit. Die intelligible F. ist die Fähigkeit des Menschen, eine Kette des Geschehens, die erst, sobald sie in die Erscheinung tritt, nach Naturgesetzen abläuft, ursachlos durch Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit der praktischen Vernunft zu beginnen; auf die Existenz dieser F. gründet sich das 8Sittengesetz mit seiner Überordnung der 8Pflicht über die 8Neigung und mit seiner Forderung ›Du sollst, denn du kannst‹ und ermöglicht damit wieder den Glauben an 8Gott und die 8Unsterblichkeit der Seele als 8Postulate der
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praktischen Vernunft. Auf ähnlichem Standpunkt wie I. Kant steht auch Aristoteles: Er erklärt den Menschen für die Quelle seiner Taten (Nik. Ethik III 5, 1112 b 31) und definiert das freiwillige Handeln als die bewußte Selbstbestimmung (Nik. Ethik III 3, 1111a 22). Der Indeterminismus begnügt sich aber meist damit, nicht wie Kant eine intelligible Freiheit, sondern nur verschiedene Möglichkeiten des Handelns anzunehmen. Einen solchen Indeterminismus vertritt z. B. Plato, wenn er sagt: »Die Tugend untersteht keinem Herrn, und je nachdem jeder sie ehrt oder mißachtet, wird er mehr oder weniger von ihr besitzen. Die Schuld fällt dem Wählenden zu. Gott trägt keine Schuld« (Politeia X, 15, 617E). Von den neueren Philosophen ist außer J. G. Fichte und I. Kant vor allem R. Descartes Anhänger des Indeterminismus. Er nimmt eine unbeschränkte Wahlfreiheit des Willens an und rechnet diese Annahme zu den angeborenen und verbreitetsten Begriffen (»Daß aber unser Wille Freiheit besitzt, und daß wir vielem willkürlich zustimmen oder nicht zustimmen können, ist so offenkundig, daß es unter die obersten und allgemeinsten Begriffe, die uns angeboren sind, zu rechnen ist.« Princ. phil. I, 39). Im Mittelalter wurde unter dem Einfluß einer Prädestinationslehre und nach dem Dogma von der Erbsünde wesentlich deterministisch argumentiert. In der Neuzeit vertreten den Determinismus (außer B. Spinoza) Th. Hobbes, G. W. Leibniz und die Materialisten.
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Nach Th. Hobbes sind alle Erscheinungen Körperbewegungen, die mit mechanischer Notwendigkeit vonstatten gehen; auch die sittlichen Erscheinungen unterliegen ebenso wie die physischen dem Gesetz der mechanischen 8Kausalität. Aus sinnlichen Eindrücken gehen die Gefühle der 8Lust und Unlust, aus diesen gehen die 8Affekte und Begehrungen und aus dem Sieg des einen 8Begehrens über andere der Wille hervor, der daher nicht frei genannt werden kann. Auch G. W. Leibniz erklärt den Willen für determiniert: Der Wille unterliegt wie jede einzelne 8Monade und wie das Weltganze einer Vorherbestimmung: Wir sind in unserm Wollen niemals indifferent und werden auch niemals von gleich starken Bestimmungsgründen nach entgegengesetzten Seiten getrieben. Der Mensch wählt danach immer das, wozu ihn eine an Stärke überwiegende Neigung hinzieht. Auch die meisten Vertreter des 8Materialismus der Neuzeit treten in innerer Konsequenz für den Determinismus ein. J. Locke sieht den Willen selbst als nicht frei an: Der Wille wird stets durch ein Verlangen in Bewegung gesetzt und der Entschluß durch ein Urteil der Vernunft bestimmt. Aber es steht in der Macht des Menschen, eine Überlegung anzustellen und ihr die Richtung zu geben. Die F. liegt zwar nicht im Willen, sie ist ein Vermögen, wie der Wille es auch ist; aber sie liegt in der Person des Menschen und kommt bei den Überlegungen zur Geltung, so daß eine sittliche Verantwortlichkeit
Freiheit
des Menschen besteht (J. Locke, Versuch ü. d. menschl. Verstand II 21, §§ 4- 73). Zusammenfassend bed. F. 1. die Möglichkeit, so zu handeln, wie man will (Willensfreiheit, vgl. 8Wille): In diesem Sinne schließt die F. auch die 8Willkür in sich ein und bildet den Gegensatz zur 8Notwendigkeit wie zum Zwange. Daneben bez. F. ganz allg. auch 2. die Wirkmächtigkeit des Handelns (Handlungsfreiheit: die F., Handlungsvorsätze auch ausführen zu können; Handlungsfähigkeit). In einem moralischen Kontext kann 3. F. auch bedeuten, sich für das moralisch Gesollte entscheiden zu können (›F. zu tun, was man soll‹). In einem anderen engeren Sinn ist F. 4. die Möglichkeit der 8Selbstbestimmung des Menschen im Gegensatz zur Abhängigkeit von der 8Macht und dem 8Zwang anderer. Für jede dieser Begriffsbest. gilt: Derjenige Mensch handelt frei, für dessen Handlungen die Ursachen allein in ihm selbst liegen. So gedacht, ist die Freiheit dem Zwange, aber nicht der 8Notwendigkeit entgegengesetzt. Geleugnet wird die F. als anthropolog. Merkmal in den radikalen Formen der 8Prädestinationslehre und des 8Fatalismus (8Willensfreiheit, vgl. 8Schicksal, auch 8Allmacht, 8Allwissenheit). – Im polit. Leben ist F. die Unabhängigkeit von Bürgern in ihrem 8Staat von der 8Willkür von Mitbürgern u. vom Machtmißbrauch staatl. Organe (8Gesellschaftsvertrag), ferner die Autonomie des Volkes als Staat, auch gegenüber Eingriffen von außen (8Volkssouveränität).
Freude
Freude, mhd. vröude, wie ›froh‹ abgeleitet von der germ. Wurzel frava- , das dauernde oder vorübergehende Hochgestimmtsein der Seele. In ähnlichem Sinn ist sie als 8Eudämonie bei Aristoteles das höchste Ziel der Ethik. F. wird auch als dt. Übers. verw. für engl. pleasure, z. B. für Texte des 8Utilitarismus, in denen das größtmögliche Vergnügen (pleasure) für maximal alle eingefordert wird. Gegensatz: 8Traurigkeit. Freundschaft (gr. philia ›Neigung‹, auch: Liebe; lat. amicitia), got. frijonds ›Freund‹, wörtlich ›Liebender‹, ahd. mhd. friunt Freund. Bei den Griechen und Römern treten die Männerfreundschaften aus Hochschätzung hervor (8Achtung). Aristoteles (Nik. Ethik VIII, 1- 11) bezeichnet die F. als das gegenseitige, beiden Teilen bewußte Wohlwollen zweier Menschen. Er unterscheidet drei Arten der F., die um des Vergnügens, die um des Nutzens und die um der Tugend willen geschlossene. Nur die dritte sei von ethischem Wert. I. Kant (Met. d. Sitten II § 46) definiert: »F. ist die Vereinigung zweier Personen durch gleiche wechselseitige Liebe und Achtung«; § 47: »Moralische F. (zum Unterschied von der ästhetischen) ist das völlige Vertrauen zweier Personen in wechselseitiger Eröffnung ihrer geheimen Urteile und Empfindungen, soweit sie mit beiderseitiger Achtung gegeneinander bestehen kann.« Frömmigkeit (gr. eusebeia, ›gedeihlich‹), das, was ›frommt‹, bei Personen urspr. svw. ›tüchtig‹, ›rechtschaffen‹; in der Antike ur-
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spr. nur die Fähigkeit und Bereitschaft zur Erfüllung moralischer und kultischer Pflichten; seit M. Luther auf das religiöse Verhalten insges. bezogen, das aus dem Gefühl der 8Abhängigkeit von dem resultiert, was als Ursprung oder Grund der eigenen Existenz geahnt wird. Im Christentum besteht die F. in der Beziehung alles Seins und Geschehens in Natur, Geschichte und persönlichem Leben auf 8Gott (8Religion). Die F. ist verwandt mit der Andacht, 8Demut und 8Ehrfurcht; vgl. auch 8Ehre, 8Pietät. fruitio dei, auch fruitio deitatis, lat., in der christl. Philosophie des Mittelalters der ›Genuß Gottes‹ oder der göttliche Genuß als »die Vereinigung des menschlichen Lebens mit seiner Quelle, aus der das Leben selbst strömt« (Nik. v. Kues, Über den Frieden im Glauben, XIII). Der Ausdruck fruitio wird dabei meist im Gegensatz zu lat. usus ›Gebrauch‹, auch zu gaudium ›Freude‹ verwendet; er meint aber im Unterschied zu unseren Begriffen von Genuß und Gebrauch dasjenige, was eigentlich 8Freude heißt. Fulguration, vgl. 8Effulguration. Fülle, der Zustand des Erfülltseins, der 8Ganzheit, 8Vollkommenheit des Lebens, im N. T. als die »F. des, der alles in allen erfüllt«, die Gemeinde, der Leib Christi (Eph. 1, 23), – ein Zustand, der dadurch ermöglicht worden sein soll, daß Christus das den Menschen nur gegenüberstehende jüdische Gesetz erfüllt (Matth. 5, 17), d. h. zum wesentlichen Wollen des
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Menschen selbst gemacht hat. Vgl. 8Plëroma; bei N. Hartmann zählt F. als sittl. Prinzip zu den vier universellen Grundwerten (neben dem 8Guten, dem 8Edlen und der Reinheit, vgl. 8rein; s. N. Hartmann, Ethik, 1926, 366). Fundament, von lat. fundamentum ›die Grundlage‹. Fundamentalontologie nennt M. Heidegger die von ihm begründete 8Existenzphilosophie, soweit sie 8Ontologie des menschlichen 8Daseins ist. Fundamentalphilosophie, die erste Philosophie als Prinzipienlehre, bei Aristoteles die 8Metaphysik (8prima philosophia). Fundamentalismus, im 19. Jh. entstanden zunächst als Bez. für versch. Richtungen innerhalb des nordamerik. Protestantismus, welche bei der Bibelauslegung auf der These von der Verbalinspiration bestehen. Danach sei der überlieferte Bibeltext im wörtl. Sinne als Gottes Stimme zu lesen, im Untersch. zur These vom ›Wort Gottes‹, das in menschlicher, nach der 8Schöpfungslehre unvollkommener Gestalt auftritt (8Hermeneutik). Im 20. Jh. auch als Typenbezeichnung für strenggläubige, sich autoritativ auf schriftl. 8Traditionen berufende religiöse Richtungen oder Ideologien. fundiert, von lat. fundare ›(be)gründen‹, gegründet auf etwas. Im weiteren S. auch zuverlässig, durch Argumente, durch bestätigtes Wissen gesichert; dazu: Fundierung, Begründetsein, Begründen. Ein Regelsystem für eine 8Relation heißt f., wenn es bei einer als gültig nachzuweisenden Relationsaus-
Funktion
sage keines unendl. 8Regresses von Regelanwendungen innerhalb des gleichen Regelschemas bedarf. In der Mengenlehre bez. man eine Menge M dann als f., wenn es innerhalb eines 8axiomatischen 8Systems keine von M ausgehende Vorgängerkette gibt, z. B. wenn M3 als Element von M2, dieses eines von M1, schließlich dieses, und damit jedes weitere als Element von M definiert ist. 8Axiome, die dies gewährleisten, heißen Fundierungsaxiome, auch ›Regularitätsaxiome‹ genannt. Funktion, lat., ›Verrichtung‹, in der Physiologie und Psychologie die Leistung und Betätigungsweise eines körperlichen oder seelischen Organs; im allg. die Position eines Menschen in einer sozialen Einheit; der Arbeitsbeitrag eines techn. Aggregats innerhalb eines Systems; in der betriebl. Organisation def. durch Aufgaben und Tätigkeitsmerkmale einer Stelle; in der Soziologie seit E. Durkheim die Leistung oder der Beitrag eines sozialen Elements für den Aufbau, für die Erhaltung oder Veränderung eines sozialen Systems; in der Sprachwissensch. der Stellenwert (z. B. als Leistung, als Rolle, Bedeutung) eines sprachlichen Elements in einem sprachl. System, so z. B. die distinktive (hier: bedeutungsunterscheidende) F. von Phonemen für Wörter und Sätze, die distinktive F. von Wörtern für eine Sprache (syntaktische F., semantische F., kommunikative F.; vgl. 8Syntax, 8Semantik, 8Kommunikation, 8Pragmatik). In der 8Logik und Mathematik ist F. eine Vor-
Funktionalismus
schrift f, nach der jedem Element x einer Menge M genau ein Element y einer Menge N zugeordnet wird. Man schreibt: f: M → N bzw. f: x → y. M nennt man den ›Definitionsbereich‹ der Funktion f. Ein Element x von M heißt ›Argument‹ von f. Das einem Argument x durch f eindeutig zugeordnete Element y von N wird ›Funktionswert von f an der Stelle x‹ genannt: Man schreibt allgemein y = f (x), für die Quadrierfunktion z. B. speziell y = x2. Die Menge aller Funktionswerte von f ist der ›Wertebereich‹ oder ›Wertevorrat‹ von f. In der 8Logik treten F.en u. a. im Zusammenhang der 8modelltheoretischen Semantik auf. Alternativ läßt sich dieser F.sbegriff auch auf der Grundlage des Begriffes der 8Relation definieren. – Dazu funktional oder funktionell (über frz. fonctionnel ): zu den Verrichtungen gehörig, nicht für sich, sondern allein im Zusammenhang, im Vollzug faßbar oder darstellbar (8Anpassung). Das Funktional: in der Mengenlehre die durch 8Symbole für einen Operator dargestellte 8Abbildung einer 8Menge von Elementen in eine Menge von reellen (komplexen) Zahlen, mitunter auch Bez. für die dabei sich ergebenden Zahlengrößen, welche die implizite Abhängigkeit der abgebildeten F.en von den Elementen einer Menge repräsentieren. Funktionalismus, in der Psychologie Bez. für Richtungen, welche die psychischen Funktionen in Abhängigkeit von den biolog. 8Anlagen oder auch von natürl. 8Dispositionen (z. B. 8Bedürfnissen) defi-
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nieren, auch Funktionspsychologie gen. In der Philosophie des Geistes bez. F. die Auffassung, daß geistige Phänomene wie z. B. bestimmte Überzeugungen sich durch die (kausale) Rolle bestimmen lassen, die sie im Verhalten einer Person spielen (d. h. durch ihre 8Funktion). In den Sozialwissenschaften dient F. als Sammelbez. für untersch. Forschungsrichtungen, welche bei der Rekonstruktion sozialen Handelns zwischen subjektiven 8Absichten und ›objektiven‹ Leistungen, Beiträgen und Konsequenzen unterscheiden, wobei das Hauptgewicht auf die Erforschung von gesellschaft. Funktionen gelegt wird. In der Architektur und im Design des 20. Jhs. bez. F. ein Gestaltungsprinzip, nach dem die Erscheinungsform des gestalteten Gegenstandes überwiegend aus seiner 8Funktion (hier: aus seinen Gebrauchseigenschaften) abzuleiten ist, was andere ästhetische Gestaltungsintentionen (z. B. ›Verschönerung‹ durch Schmuck, Ornamente) weitgehend ausschließt. Funktor, von lat. functum ›vollzogen‹; in formalen Sprachen Zeichen für eine 8Funktion. So werden z. B. in der 8Logik die 8Junktoren als aussagenerzeugende F.n, die 8Quantoren als prädikatenlog. F.n bez. (8Aussagenlogik, 8Prädikatenlogik). Furcht, ein Angemutetwerden von der Zukunft, das im Unterschied zur 8Angst aus der Erwartung eines wirklich oder vermeintlich drohenden 8Übels entspringt und die 8Sorge auf den Plan zu rufen pflegt. Die F. als
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Zustand oder »Modus der Befindlichkeit« wurde von M Heidegger (Sein und Zeit, EA 1927, 140- 142) als Beleg für die vorbegriffliche Erschlossenheit des menschl. 8Daseins durch Gefühlszustände vorgestellt. Die körperlichen Anzeichen sind dieselben wie bei der Angst. Vgl. 8Hoffnung. furioso eroico, ital. ›heroische Begeisterung‹, nach G. Bruno (Degli eroici furori, 1585) der von Sehnsucht und Liebe zum Göttlichen getriebene und begeisterte Mensch (8Begeisterung, 8Eros). Fürsichsein, Selbstbezüglichkeit, Selbstreferenz; bei G. W. Fr. Hegel (im Untersch. zum 8an sich) das Bestimmtsein von Etwas durch Merkmale, die sich nicht auf das Unterschiedensein von anderem, sondern sich ausschließlich auf dessen eigene Merkmale beziehen; bei J. P. Sartre (zuerst in: L’Etre et le Néant, EA 1943, 2. Teil) das ontolog. Merkmal der menschl. 8Existenz, das bloße Faktum des vorgegebenen ›An- sich- seins‹ durch Projekte und Aktionen überschreiten zu können. Fuzzy Logic, engl. ›fusselige‹, ›verschwommene‹ oder ›unscharfe Logik‹, eine Methode der Behandlung ›unscharfer‹ Begriffe wie ›ziemlich klein‹, ›recht schnell‹ etc., die auf Überlegungen L. Zadehs ab Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Kennzeichnend für die 8klassische Logik, insbesondere die 8Prädikatenlogik, ist die idealisierende Annahme, daß 8Begriffe bzw. 8Prädikate insofern klar umgrenzt sind, als für jeden Gegenstand eindeutig
Fuzzy Logic
bestimmt ist, ob er unter einen dieser Begriffe fällt oder nicht. Man sagt, daß etwa das Prädikat ›Mensch‹ (oder ›x ist ein Mensch‹) die 8Menge aller Menschen bezeichne; auf jedes Element dieser klar bestimmten Menge trifft dieses Prädikat zu, auf jedes Objekt außerhalb dieser Menge nicht. In der F. L. betont man dagegen, daß die meisten Begriffe, die wir im alltäglichen Sprachgebrauch verwenden, faktisch insofern unscharf sind, als sie auf verschiedene Objekte in unterschiedlichem Ausmaß zutreffen können. Ob ein bestimmter Begriff auf ein Objekt zutrifft oder nicht, ist häufig keine Frage eines einfachen Ja oder Nein, sondern eine Frage des Grades. In der F. L. gibt man den Grad, in dem ein Begriff auf ein bestimmtes Objekt zutrifft, durch eine Zahl aus dem Kontinuum zwischen 0 und 1 an: Fällt ein Objekt überhaupt nicht unter einen bestimmten Begriff, so trifft der Begriff im Grad 0 auf ihn zu; fällt es vollkommen unter ihn, so trifft der Begriff im Grad 1 auf es zu; und fällt es nur mehr oder weniger unter ihn, so trifft der Begriff im Grad g mit 0 < g < 1 auf ihn zu. Zu einem Begriff hat man dabei eine 8Funktion anzugeben, die bestimmt, unter welchen Umständen er in welchem Grad auf ein Objekt zutrifft. (Diese Funktion bestimmt ein ›fuzzy set‹, also eine ›unscharfe Menge‹.) Man kann etwa festlegen, daß das Prädikat »x ist ein großer Mann« auf Männer bis 1,60 m im Grad 0, auf Männer ab 1,90 im Grad 1 und auf Männer zwischen 1,60 und 1,90 m in bestimmten
Fuzzy Logic
(mit der Größe steigenden) Graden zwischen 0 und 1 zutrifft; ein 1,75 m großer Mann mag etwa groß im Grad 0,5 sein. Entsprechend den Graden des Zutreffens eines Prädikats auf ein Objekt führt man dann Grade des Wahrseins von Sätzen ein: Ein Satz ›a ist F‹ ist genau dann wahr im Grad g, wenn wenn F im Grad g auf a zutrifft. Ist Franz etwa 1,75 groß, trifft also das Prädikat ›x ist ein großer Mann‹ im Grad 0,5 auf ihn zu, so ist der Satz ›Franz ist ein großer Mann‹ im Grad 0,5 wahr; man sagt auch, er habe den 8Wahrheitswert 0,5. Definiert man auf dieser Grundlage ›unscharfe‹ 8logische Partikeln, insbesondere etwa unscharfe 8Junktoren, so erhält man eine Art 8mehrwertiger Logik. Ist W(A) der Grad, in dem A wahr ist, so legt man i. a. fest, daß W( ¬ A) = 1- W(A) (Ist ›Fritz ist groß‹ im Grad 0,7 wahr, so ist ›Fritz ist nicht groß‹ im Grad 1- 0,7 = 0,3 wahr.) Ferner gilt: W(A∨B) = max (W(A),W(B)) (W(A ∨B) stimmt mit dem höchsten (maximalen) Wahrheitswert überein, den eine Teilaussage hat, d.h. mit W(A) = 0,3 und W(B) = 0,7 ergibt sich W(A ∨ B) = 0,7), W(A ∧ B) = min(W(A),W(B)). Unter diesen Voraussetzungen sind die Prinzipien vom verbotenen Widerspruch (8principium contradictionis) und vom ausgeschlossenen Dritten (8principium exclusi tertii) der 8klassischen Logik nicht in dem Sinne allgemeingültig, als jede Aussage der Form ¬ (A ∧ ¬ A) bzw. A ∨ ¬ A den Wahrheitswert 1 erhielte. – U. a. unter dem Eindruck dieses letzten Befundes hat man die These vertre-
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ten, daß die F. L. eher dem ›asiatischen Denken in Gegensätzen‹ entspreche als dem westlichen, an der traditionellen Logik und Mathematik orientierten. Dem ist jedoch entgegengehalten worden, daß die F. L. selbst letztlich ganz auf der klassischen Mathematik (etwa auf dem Begriff des Kontinuums) basiere. Von philosophischem Interesse sind ferner gewisse Versuche, bestimmte 8Antinomien und klassische 8Fehlschlüsse wie den 8Sorites mit den Mitteln der F. L. zu analysieren. Sehr grundlegende Streitfragen sind, wie Wendungen der Art ›A ist wahr im Grad g‹ eigentlich genau zu interpretieren sind und wie die F. L. zur Wahrscheinlichkeitsrechnung steht. – Etwa seit den 1980er Jahren findet die F. L. unter dem Stichwort ›Fuzzy Control‹ verstärkt Eingang in technische Anwendungen, und zwar vor allem dort, wo exakte mathematische Berechnungen der zu kontrollierenden Prozesse kompliziert, langwierig oder aufgrund der vielen und unüberschaubaren Einflußgrößen kaum möglich sind. Dabei werden exakte Meßgrößen zunächst in unscharfe Begriffe wie ›ziemlich schnell‹, ›recht nah am Ziel‹ u. ä übersetzt (›Fuzzifizierung‹), die dann die Basis für einfache und der menschlichen Intuition leicht zugängliche Regeln bilden: ›Wenn der Wagen ziemlich schnell und recht nah am Ziel ist, dann bremse ziemlich stark ab‹. Die ›Outputs‹ dieser Regeln werden dann nach bestimmten Verfahren wieder in exakte Steuerungsanweisungen umgeformt. Dieses Verfahren erlaubt
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eine Steuerung auf ›intuitiver‹ Basis, ohne daß etwa ein exaktes mathematisches Modell des zu steuernden Vorgangs verfügbar wäre.
Fuzzy Logic
›Fuzzy Control‹ hat z. B. Eingang in die Steuerung von Videokameras, Waschmaschinen, Aufzügen und sogar U- Bahnen gefunden.
G
Ganze, das, für gr. holon, lat. totum; schon in der dt. 8Mystik und bei J. Böhme auftretender Begriff z. Bez. von Gebilden, in denen ein Teil nur aus dem G.n heraus zu verstehen ist, zu dem er gehört, im Gegensatz zur bloßen 8Summe und zum 8Aggregat, zur Vielheit oder zur Häufung, deren einzelne Teile sich beliebig miteinander vertauschen lassen. Ganzheit, 1. Merkmal des 8Ganzen; zumeist jedoch 2. Synonym für das Ganze; in diesem Sinne ein aus funktionell voneinander abhängigen bzw. einander zugeordneten Elementen (die sich ihrerseits in G.en darstellen können) bestehendes (physikal., biolog., psychisches, soziales, kybernet., ästhet.) 8System, das als 8Einheit wirkt und im Untersch. zu lediglich additiven Zusammenordnungen (8Addition, 8Assoziation, 8Aggregat) die Einzelelemente nicht nur summiert, sondern außerdem durch Wechselbeziehung (Wechselwirkung) der Elemente untereinander eine qualitativ andere, in den meisten Fällen weitergehende Wirkung zeigt. In der 8Kosmologie bez. G. darüber hinaus die Vorstellung vom 8Kosmos als Unikat, in der 8Ontologie die Vorstellung vom 8Seienden als Ganzem (in unterschiedl. Richtungen auch als 8Sein oder als 8Welt gefaßt), von dem (ähnlich wie in der 8Kosmologie) in der Synopse alles dessen,
was ›ist‹, in der Einzahl gesprochen werden kann. Als G.en bezeichnet man auch im übertr. Sinne Konglomerate, die lediglich als additive Zusammenfassung ihrer Elemente gefaßt werden. Ggs.: Teil; zum Problem der Teilbarkeit: 8Atom. Einflußreiche Theorien, die von G.en ausgehen und die inneren Zusammenhänge der die G.en definierenden 8Elemente in das Zentrum ihrer Forschung und Praxis rücken, sind inbes. die Ganzheitspsychologie, der 8Holismus, 8Vitalismus, die Ganzheitsmedizin, die im Unterschied zu der Prämisse eines 8Leib- Seele- Dualismus entwickelt wurde. In der Biologie wurde das Modell des 8Organismus als G. zuerst in der in idealist. Morphologie theoretisch konzipiert. In die 8Soziologie des 20. Jh. wurde G. von O. Spann als Grundbegriff eingef. Er dient hier als Zentralbegriff für eine ›universalistische‹ Richtung der Sozialwissenschaften, welche die Gesellschaft als organisches Gebilde von gliedhaft, sinnvoll aufeinander bezogenen Gruppen, Organisationen und 8Institutionen versteht. In diesem 8Universalismus tritt an die Stelle einer kausalen Erklärung eine teleolog. Ableitung der Gesellschaft, die nach dem Muster eines 8Organismus rekonstruiert wird. Sie führt bei Spann zu einem Ständestaatsmodell und diente zeitweilig als Ideologie zur Rechtfertigung
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des Austrofaschismus. In der Philosophie wird G. zuerst bei Parmenides zum Untersuchungsgegenstand (8hen kai pan, wörtl.: ›ein und alles‹); hier wird das Eine mit der G. als identisch gedacht; in der klass. Antike bleibt das Problem Ganzes- Teil nicht gelöst, sondern wird, wie in der Zenonschen 8Paradoxie, als unlösbar bezeichnet: Unmöglich sei es, die Teilung einer Wegstrecke irgendwann einmal abzubrechen. Plato (in: Sophistes) entwickelt eine Ganzheitstheorie gegen Parmenides und den 8Atomismus. G. wird als Welt- G. (vgl.: Timaios) gedacht: das ›holon‹ als das Werk eines Demiurgen. Bei Aristoteles wird G. mehrfach def.: 1. als das Vollständige, an dem kein Teil fehlt, 2. als das Umfassende, welches das umfaßte Viele zusammenbindet (auch 8Kontinuum; gr.: periechon), ferner 3. als das Ganze, 4. als ›alles‹: »Von demjenigen, was als Größe Anfang, Mitte und Ende hat, wird das als Ganzes (holon) bezeichnet, an dem keine Unterscheidung getroffen wird. Dasjenige aber, an welchem sie getroffen wird, wird als Alles (pan) bezeichnet« (Met., Buch Delta, 26, 1024 a 1 ff.; vgl. Kap. 26 insges.). Gattung, in der Logik das von Chr. Wolff eingeführte Übersetzungswort für lat. genus (gr. genos), die durch begriffl. Verallgemeinerung von 8Arten gewonnene übergeordnete Zusammenfassung von Gegenstandsbereichen. Bei der Anwendung dieser stufenmäßigen Folge der Begriffsüberordnungen und Begriffsunterordnungen auf die Erscheinungen der organischen
Gauß-Verteilung
Natur erhält das Verhältnis der G. zur Art einen genetischen Nebensinn, und zwar bezeichnet ›Art‹ eine nicht unveränderbare, aber zunächst kontinuierlich erscheinende Stufe von Lebewesen, nämlich derjenigen, die aus gleichartigem Samen oder von gleichartigen Eltern abstammen und ihre Eigenschaften aufeinander vererben, während die G. die verschiedenen Arten zusammenfaßt. So sind die Hauskatze, die Wildkatze, der Löwe, der Tiger und der Luchs verschiedene Arten; die zusammenfassende G. ist die der Feliden (Katzen), während die Ordnung durch die Carnivoren (Raubtiere), die Klasse durch die Mammalien (Säugetiere) gebildet wird. In die Biologie ist G. daher als Kategorie eingef. worden, mit der verwandtschaftl. einander sehr nahestehende Arten zusammengefaßt werden. In der Bildenden Kunst bez. man als Kunst- G.en jeweils Baukunst, Plastik und Malerei, daneben Unterschiede in den Bildgattungen, z. B. Stilleben, Landschaftsmalerei; Gattungsname (svw. Appellativ) dient in der Linguistik als Terminus, der eine G. und zugleich jedes einzelne Ding oder Exemplar dieser G. bezeichnet (z. B. ›Pferd‹ für die G. und in anderer Hinsicht das einzelne Individuum). Gauß- Verteilung, nach dem Astronomen und Mathematiker C. F. Gauss benannt, Bez. für eine statistische Normalverteilung (als Wahrscheinlichkeitsverteilung von Gauss 1794 gefunden). Durch sie wird die statistische Fehlervertei-
Gebiet
lung bei unendl. vielen Einzelmessungen einer Zufallsvariable X bezeichnet, wobei zugleich angenommen wird, daß nur Zufallsfehler auftreten. Die auf einen Mittelwert und auf eine systematische Streuung bezogene G V. wird daher auch Normalverteilung bzw. normierte Verteilung genannt. Deren Abbildung in einem Koordinatensystem ergibt eine annähernd glockenförmige Kurve, deren Enden sich asymptotisch der Abszisse nähern (›Glockenkurve‹). Die 8Wahrscheinlichkeit eines zwischen den Grenzen a und b (auf der Abszissenebene liegenden) ›Fehlers‹ wird die Fehlerwahrscheinlichkeitsfunktion genannt. Die zwischen diesen beiden Punkten abgebildete Kurve repräsentiert die Wahrscheinlichkeit, daß ein Meßwert der Zufallsvariablen X kleiner ist als x (d. h. kleiner als nach einem festgelegten Wahrscheinlichkeitsmaß angenommen). Gebiet, svw. sachlicher Bereich, räuml. begrenzbares Areal; ein Bereich des Wissens oder Könnens; in der Sprache des Rechts ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche; in der Geometrie eines n- dimensionalen euklidischen Raumes eine offene Punktmenge, für die gilt: es lassen sich wenigstens 2 Punkte durch ein durch das G. verlaufendes System von Strecken verbinden; in der Mathematik sonst auch svw. ›Bereich‹: eine zusammenhängende offene Teilmenge eines topologischen Raumes. Gebilde, in der Mathematik Bez. für eine 8Menge, in der eine endliche Zahl von Relationen, also von
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Untermengen eines Produkts von Mengen, gegeben ist; in der Soziologie Bez. für soziale Einheiten, in denen gemeinsame, von Verhaltenserwartungen (8Normen und 8Werte) geprägte Interaktionsformen möglich sind. Gebildelehre: Begriff zur Bez. einer soziologischen Theorie (begr. v. L. v. Wiese, 1876- 1969), mit der ein Beschreibungsmuster für auf längere Zeit andauernde Beziehungen zwischen Menschen (z. B. Massen, Gruppen, Körperschaften) geliefert wird. Gebot, nach I. Kant (Grundl. zur Met. d. Sitten, 2. Abschn.) die Vorstellung eines objektiven Prinzips, sofern es für einen Willen nötigend ist (8Pflicht). Gedächtnis, schon ahd. kidehtnissi ›Andacht‹, mhd. gedaehtnisse, vom Zeitwort gedenken (gr. mnëmë, lat. memoria), 1. der Inbegriff aller erinnerbaren 8Erlebnisse und Inhalte (G. im eigentlichen Sinne), 2. die Fähigkeit, frühere Erlebnisse und erworbenes 8Wissen zu reproduzieren (wiederzuerwecken) oder als einmal gehabt wiederzuerkennen, 3. die Merkfähigkeit, d. h. die Fähigkeit, dem G.reservoir neues Material zuzuführen. Man hat zeitweise Hilfsmittel für das Lernen, Behalten und Wiedererkennen ausgebildet zu einer Gedächtniskunst (8Mnemotechnik). Gedanke, bei Chr. Wolff für lat. perceptio und cogitatio, 1. der Vorgang des 8Denkens (Denkakt), 2. der erlebte Denkinhalt, das Erzeugnis oder Ergebnis des Denkens, 3. der ideale Gegenstand, der dadurch definiert wird, daß jede Aussage als Name eines Gedan-
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kens behandelt wird (8Abstraktionsschema). Im allg. auch Prozeß oder Resultat eines Denkaktes, inhaltlich bez. auf einen gedachten oder vorgestellten Gegenstand, der als vom Gedachtwerden unabhängig definiert wird. In wenigstens einem 8Satz ausgedrückt, der z. B. auf 8Wahrheit und 8Falschheit hin überprüfbar ist, wird er in dieser Hinsicht auch als 8Sachverhalt, 8Tatsache behauptet und insofern in Form von Behauptungssätzen dargestellt. Im allg. Sprachgebrauch ist G. auch eine These, eine 8Idee, ein Bestandteil eines Gedankenganges. In theoret. Disziplinen (z. B. in best. Fragestellungen der Sozialwissensch.) bez. man mit dem Begr. Gedankenexperiment eine Methode zur Analyse von Wirkungszusammenhängen zwischen unterschiedlichen Faktoren und Einflußvariablen. Es dient in erster Linie einer Überprüfung der inneren logischen Konsistenz einer Menge von 8Arbeitshypothesen, ist jedoch noch nicht geeignet zur empirischen oder theoret. Überprüfung von Sachverhalten nach Kriterien der Gegenstandserkenntnis. Gedankending, Übers. im 18. Jh. für lat. ens rationis, das bloß Gedachte, Vorgestellte, nicht in Raum und Zeit Wirkliche. Geduld, von der idg. Wurzel tol›(er)tragen‹, ahd. gidult, die Fähigkeit, eine Erwartung mit dem Gesetz des zeitlichen Ablaufs in Einklang zu bringen. Gefangenendilemma, nicht- kooperatives n- Personen- Spiel. In der ursprünglichen Form (und namensgebend für alle 8Spiele dieser
Gefüge
Struktur) ein 2- Personen - Spiel, in dem zwei Gefangene, die getrennt voneinander eingesperrt sind, vor die 8Entscheidung gestellt werden, ein gemeinsam begangenes Verbrechen zu gestehen, d. h. den anderen zu denunzieren. Bekennt nur einer von den beiden, so kann er mit einer milden Strafe rechnen, wohingegen der andere die Höchststrafe erhalten wird. Gestehen beide, dann erhalten beide eine relativ hohe Strafe, aber nicht die Höchststrafe. Gesteht aber keiner von beiden, dann wird eine Verurteilung nur wegen geringerer Delikte erfolgen, die Strafe aber immer noch höher sein als die milde Strafe. Die aufgezählten Merkmale sind beiden Personen bekannt, zudem weiß jeder von ihnen, daß auch der andere vor derselben Entscheidung steht. Das G. liegt nicht allein in fehlender Kommunikation begründet, sondern in der fehlenden Möglichkeit, bindende Abmachungen zu treffen. Selbst wenn die Möglichkeit zur Absprache untereinander gegeben wäre, bestünde so ohne weiteres für keinen der Spieler ein Grund, sich an die Abmachung zu halten, sofern diese nicht exogen durchsetzbar (z. B. einklagbar) ist. Daher ist »Gestehen« im vorliegenden Fall für jeden der Spieler die einzig dominante, individuell rationale 8Strategie (unabhängig vom Verhalten des anderen); keiner der Spieler hat ein Eigeninteresse daran, von dieser Strategie abzuweichen. Gefüge, in der philos. Sprache gebraucht als Verdeutschungswort
Gefühl
für 8Struktur, ein zusammengesetztes Gebilde, dessen Teile sich zueinander so verhalten, daß sie voneinander abhängig sind, meist auch in dem Sinn, daß sie aufeinander abgestimmt sind. Gefühl, mhd. vüele (zur germ. Wurzel fôl- ›tasten‹), Neub. Ende des 17. Jh.s für die älteren ›Fühle‹, ›Fühlung‹ und 8Empfindung, das urspr. lediglich den Tastsinn betraf, heute im weitesten Sinne das allg. Zustandsbewußtsein, die Art, wie einem zumute ist, das Sich- Fühlen, Gestimmtsein. G.e unterscheiden sich von den Empfindungen durch ihre größere Subjektivität, durch die stärkere Verflochtenheit mit der seelischen Gesamtstruktur und ihre Polarität (Lust –Unlust z. B.). Wird das G. zur wesentlichen oder alleinigen philosophischen Instanz erklärt, wie von Fr. H. Jacobi, so spricht man von Gefühlsphilosophie (vgl. 8Gesetz des Herzens, 8Herz, 8Glaubensphilosophie). Die Erforschung, ja schon die begriffl. Klassifikation der G.e hat der Psychologie große Schwierigkeiten bereitet, und ihre Analyse ist noch nicht abgeschlossen. Vor I. Kant unterschied man im allgemeinen nur Vorstellen (8Vorstellung) und 8Begehren. I. Kant leitete nach einem Vorschlag J. G. Sulzers die G.e aus einem besonderen Vermögen der 8Seele ab, dem Vermögen der 8Lust und Unlust. (Vgl. I. Kant, Einleitung in die Kritik der Urteilskraft 2.Aufl., Anthrop. I, § 5759). Gefühlsmoral, diejenige Richtung der 8Moral, die im Gegensatz zur 8Reflexionsmoral die Motive des sittlichen Handelns in den
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G.en, 8Neigungen und 8Affekten sieht, insbes. die Auffassung, nach der ein natürl. G. des Wahren, Schönen und Guten das sittliche Handeln bestimme (Vertreter: A. Shaftesbury, Fr. Hutcheson). Zur Begründung eth. Theorien auf G.e im 20. Jh. vgl. 8Emotivismus. gegeben heißt 1. alles, was für den Vollzug des Erkennens Voraussetzung ist und aus dem Denken nicht abgeleitet werden kann, was nach I. Kant zur 8Sinnlichkeit gehört, sowohl der »rohe Stoff sinnlicher Eindrücke« wie die »Sinnlichkeit a priori«; Gegensatz: gedacht (KrV, B 29, 33) oder aufgegeben (8Aufgabe); 2. das, was erfahren wird, was wir schon vorfinden, was ohne unsere aktive Mitwirkung vorhanden ist. Der subjektive Idealismus aller Schattierungen erkennt ein denkunabhängig Gegebenes nicht an. Nach J. G. Fichte ist nichts g.; alles muß vom Ich ›gesetzt‹ oder denkend erzeugt werden. Im 8Neukantianismus wird betont, daß das sog. Gegebene zwar nicht allein durch, aber allein für das Denken ist; Gegebenheit sei schon eine Kategorie, eine Form des Erkenntnisinhalts (H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, 1892, S. 129). J. Rehmke versteht unter dem Gegebenen das Gewußte; seine Philosophie als Grundwissenschaft (EA 1919) geht vom bloßen Gegebensein des Gegebenen aus. Gegensatz, urspr. Übers. für gr. antistrophë ›Gegenstrophe‹, im 17. Jh. von J. G. Schottel gebr. z. Übers. von 8Antithese, eine »Behauptung, die einer anderen ge-
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genübergestellt wird« (G. E. Lessing), in der 8Logik primär das Verhältnis zweier Aussagen zueinander, die sich gegenseitig 8ausschließen. Dabei kann der G. 8kontradiktorisch oder 8konträr sein. Von gegensätzlichen 8Begriffen spricht man, wenn die Anwendung dieser Begriffe auf einunddenselben Gegenstand zu kontradiktorischen bzw. konträren Aussagen führt. So sind die Begriffe »wahr« und »falsch« gegensätzlich (kontradiktorisch), weil die Aussagen »Der Satz p ist wahr« und »Der Satz p ist falsch« sich kontradiktorisch zueinander verhalten, die Begriffe »weiß« und »schwarz« sind gegensätzlich (konträr), weil »a ist weiß« und »a ist schwarz« konträr zueinander sind. – In der 8Dialektik bes. bei G. W. Fr. Hegel ist G. der von einem anderen Begriff geforderte, ihn negierende, aber zugleich ergänzende und mit ihm in eine höhere Einheit eingehende Begriff (8Negation, 8Widerspruch). Polarer G. ist der G. zweier entgegengesetzter, aber zusammengehöriger Teile oder Momente eines Ganzen (8Polarität). Vgl. 8Widerspruch. Durch 8Privation entsteht nach I. Kant der Gegensatz positiver und negativer Zahlen. Über die Vereinigung aller Gegensätze in Gott s. 8coincidentia oppositorum. Gegensatzwort (svw. Gegenwort), 8Antonym. Gegenstand, im 17. Jh. geb. und seitdem gebr. worden für lat. objectum an Stelle der früheren wörtlicheren und treffenderen Übers. ›Gegenwurf‹ (8Objekt). Noch Ende
Gegenstand
des 17. Jh. wird G. verw. in der Bedeutung von Halt, Hilfe gegen innere Anfechtungen und äußere Drangsale, also i. S. v. geistigem Widerhalt (Beleg: Q. Kuhlmann, Kühlpsalter, 1684, Psalm 70 u. 79). G. heißt heute im allg. alles, was gegenübersteht, worauf sich daher das 8Bewußtsein zu richten vermag; in der Logik Begr. für ein beliebiges singuläres Objekt. So ist z. B. alles, was einen 8Eigennamen trägt, ein G. Über G.e können 8Aussagen gemacht werden (die ihrerseits wieder G.e neuer Aussagen werden können). In der Rechtswiss. Oberbegriff für Sachen und 8Rechte. Ein Recht kann sich auf einen G. nur als auf ein Rechtsobjekt beziehen. Eine Gegenstandskonstante (vgl. 8Konstante) ist in der 8Prädikatenlogik ein Buchstabe a, b, c, ... , der ein bestimmtes Objekt aus einem gegebenen 8Grundbereich (auch Gegenstandsbereich) bezeichnet. Gegenstandsvariable heißt in der 8Prädikatenlogik eine 8Variable x, y, z, die als Platzhalter für beliebige Objekte aus einem vorgegebenen 8Grundbereich fungiert. Gegenstandsvariablen können frei oder durch einen 8Quantor gebunden vorkommen (vgl. auch 8Quantifikation). Gegenstandstheorie, die auf Fr. Brentano zurückgehende, mit der 8Phänomenologie verwandte, von A. Meinong (Untersuchungen zur G.stheorie, 1904; Die Stellung der G.stheorie im System der Wiss., 1907) entwickelte erkenntnistheoretische Lehre über das, was aus der ›Natur‹ eines G.es (8a priori) erkannt werden kann. G. ist dabei
Gegenteil
alles, was irgendwie gemeint oder beurteilt werden kann, ganz gleich, ob es möglich oder unmöglich, wirklich oder unwirklich ist. Danach ist Gegenständlichkeit also streng zu unterscheiden von 8Wirklichkeit. Gegenteil eines Begriffs oder eines Urteils sind andere Begriffe oder Urteile, die den Begriff oder das Urteil 8ausschließen oder ihnen widersprechen (8Widerspruch). Gegenwart, in der Geschichtstheorie Bez. für den inneren zeitl. Zusammenhang synchroner Bezüge, auch Epochenbezeichnung 1. zur Bezeichnung des Rahmens, in dem Ereignisse als aktuell relevant beurteilt werden, 2. auch zur Unterscheidung zwischen dem, was der Vergangenheit, also der Historiographie aufgegeben wird, und demjenigen Zeitabschnitt, in dem aktuell ablaufende Ereignisse noch nicht als abgeschlossen beurteilt werden können; in der Psychologie Zustand des Gegenwärtigseins von Wahrnehmungsinhalten im 8Bewußtsein, auch der Zeitabschnitt, während dessen sich diese Inhalte im Kurzzeitgedächnis befinden und in ihrer Präsenz erlebt, gefühlt oder gewußt werden (svw.: Präsenz, Präsenzzeit, Verweilzeit, Gedächtnisspanne). Gehalt, spätmhd. zu gehalten, ›festhalten‹, seit dem 16. Jh. in passivischem Sinn gleichbedeutend mit 8Inhalt, zunächst für den Edelmetallgehalt von Münzen gebräuchlich, heute allg. das Wesen, der Wert einer Sache. Der Gegenbegriff zu G. ist in der 8Ästhetik 8Gestalt, während man als komple-
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mentären Begriff zu Inhalt meist 8Form gebraucht. In der Ästhetik ist der G. eines Kunstwerks nicht gleichbedeutend mit seinem Inhalt: Die Rede vom G. bezieht sich auf das Wesentliche, die Wahrheit, die Idee in der Gestaltung eines Stoffs. In der idealistischen Ästhetik hat G. W. Fr. Hegel das 8Ideal der Kunst an seinem G., d. h. an dem in der individuellen Form erscheinenden Allgemeinen festgemacht: An der vollkommenen Einheit der Idee und ihrer sinnlichen Verwirklichung im Kunstwerk (Vorlesungen über die Ästhetik, 1835- 38, Nachschr. ed. Hotho, 1. Teil). Später ist der G. vom subjektiven Erleben her als Objektivation künstlerischer Innerlichkeit im Werk aufgefaßt worden. Geheimlehren sind solche, die nur Eingeweihten mitgeteilt werden und von diesen geheimzuhalten sind, wie in den gr. Mysterien, in der christlichen Kirche des 2. bis 5. Jh., wo der Ritus der Taufe und des Abendmahls mit allen dazugehörenden Formen, Formeln und Gebeten geheimzuhalten war (8Arkanum), in Geheimbünden und in solchen, die wie z. B. Rosenkreuzer, Freimaurer und 8Theosophen Elemente antiker Mysterien ausschließlich in den eigenen geschlossenen Gemeinschaften weitergeben. Geheimnis, Substantivbildung zu ›heim‹, ahd. heim, ›sicherer Wohnort‹, Heimat, noch frühnhd. im Sinn von ›trautem Umgang‹, ›Vertrauen‹ gebr., bei M. Luther Übers. für 8Mysterium; auch svw. 8Arkanum. Geheimwissenschaft: 1. die
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Wissenschaft von den verborgenen, geheimen Kräften (vires occultae) der Natur ebenso wie von den Geheimnissen (occulta) der 8Mysterien, svw. 8Okkultismus. 2. auch Synonym für 8Geheimlehren. Gehirn, auch Hirn, lat. cerebrum, gr. enzephalon, Abschn. des Zentralnervensystems. Bei höher entw. Tieren und bei Menschen das Zentrum für 8Assoziationen, Instinkte, 8Gedächtnis, beim Menschen nach der Meinung vieler Theoretiker auch Sitz des 8Bewußtseins. Das G. nimmt vor allem 8Afferenzen (d.h. hier: Meldungen) aus den Sinnesorganen auf (z. B. Gesicht, Gehör), koordiniert sie und programmiert die motorischen Reaktionen an die Muskulatur (8Efferenz). Die Entdeckung, daß Sinnesorgane über Nervenbahnen mit dem G. verbunden sind, soll zuerst Alkmaion von Kroton (um 500 v. Chr.) anhand von Tiersektionen nachgewiesen haben: Ihm als erstem wird die Einsicht zugeschrieben, daß sich im G. sowohl die Sinneswahrnehmungen als auch das Denken zentrieren. Hippokrates von Kos verstand darüber hinaus das G. als eine Art Dolmetscher des 8Bewußtseins und als Gefühlszentrum (8Gefühl), eine Funktion, die andere Autoren dieser Epoche urspr. nur dem Herzen zugeschrieben hatten, so z. B. Aristoteles, der das G. im übrigen als Kühlvorrichtung gegen körperl. Überhitzung begriff. Erste experimentelle Untersuchungen zum G. stellte Galenos (röm. Arzt gr. Herkunft, ca. 129 bis ca. 199 n. Chr.) an, wobei er die Funktion einzelner Teile des G.s
Geist
durch Abtrennung des Rückenmarks und der Nervenbahnen vom G. untersuchte. Die Nerven hielt Galenos für Röhren, durch welche das G. den ›Seelengeist‹ (gr. pneuma psychikon, lat. spiritus animalis) in die Körperteile pumpt, eine Auffassung, die erst von A. von Haller (schweizerischer Naturforscher und Dichter, 17081777) widerlegt wurde. Die Unterscheidung zwischen den spezifischen Hirnfunktionen versch. G.teile geht urspr. auf Albertus Magnus und auf A. v. Haller zurück; diese Funktionen wurden aber erst von Fr. J. Gall (österr. Arzt 17581828) experimentell nachgewiesen, womit er zum Begründer der ›Schädellehre‹ wurde (8Phrenologie, von Gall ›Kraniologie‹ oder auch ›Kranioskopie‹ genannt). Gehörnte, der, 8Cornutus. Geist, mhd. geist, aus idg. Wurzel gheis, erregt, got. usgaisjan erregen, auch in anderen Wörtern dieser idg. Wurzel immer svw. das Element des schreckhaften Zornes. Das Wort wird gebr. zur Übers. von gr. pneuma, lat. spiritus, aber auch von gr. nous, lat. animus, mens, genius im profanen und bes. im philos. Schrifttum. Über die Anlehnung an die entsprechenden gr. und lat. Begriffe hinausführende Inhalte erhielt das Wort in der Philosophie des dt. 8Idealismus und bei den Romantikern. Im Laufe der Entwicklung hat es folgende Bedeutungen erhalten: 1. Luft, Wind, Äther als unsichtbare Substanz, Hauch und Atem als Träger des Lebens (z. B. er hauchte seinen G. aus, gab seinen G. auf), 2. das Lebensprinzip selbst,
Geisteswissenschaften
das in allem Lebendigen als dessen eigentliches Wesen waltet, so bei I. Kant (Anthrop. § 49): »G. ist das belebende Prinzip im Gemüte«, beim jungen G. W. Fr. Hegel urspr. nur als Synonym für 8Seele. G. wurde hier zunächst nur bezeichnet als Träger des Lebens und vom Körper lösbares selbständiges Wesen. Gott selbst als Persönlichkeit ist G., aber auch die vom Begr. eines abstrakten Gottes unterschiedene, als unpersönlich oder überpersönlich gedachte, in Natur und Geschichte waltende unsichtbare Macht heißt G., und zwar als 8Weltgeist. Auch in diesen metaphysischen Bedeutungen ist G. mitunter gleichbedeutend mit 8Seele (im Sinne von 8Weltseele). 3. heißt G. der menschliche Verstand, das Denken, die Vernunft im Menschen, schöpferische Intelligenz (z. B. in geistvoll, geistreich im Gegensatz zu geistlos, stumpfsinnig). 4. in der Philos. 8Anthropologie des 20. Jh. (insbes. bei M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, 1928) das beim Menschen von organischen Funktionen Unabhängige, die Fähigkeit zur »Sachlichkeit« bzw. zur »Bestimmbarkeit durch das Sosein von Sachen selbst«, bzw. durch »Weltoffenheit«. 5. In der auf empir. Resultate der Kognitionswissenschaften (Psychologie, Neurophysiologie, Informationstheorie) sich berufenden ›Philosophie des G.es‹ (engl. philosophy of mind) verw. man G. auch als Sammelbegriff für mentale Strukturen, Bewußtseinszustände, selbstreflexiv zugängliche 8Affektzustände und 8Gefühle, aber auch bewußte Inhalte
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des Gedachten. – Weitere Bedeutungen: 8absoluter Geist; 8objektiver Geist; 8subjektiver Geist; 8Volksgeist, 8Weltgeist. Vgl. auch 8Leib- Seele- Problem. Geisteswissenschaften, der Wortbezeichnung nach von J. Schiel stammende Übersetzung des Ausdruckes ›moral sciences‹ in J. St. Mills ›Logik‹ (1849). Die Einteilung der Realwissenschaften in G. und Naturwissenschaften stammt aus der traditionellen Einteilung der Wirklichkeit in 8Natur und 8Geist und wurde schon in der Antike mit der Trennung von ›Physik‹ und ›Ethik‹ (im Griech. urspr. nur im Plural ëthika verw. für Sittenlehre, Charakterschilderung, Moral) vollzogen. Was heute unter die G. eingeordnet wird (philosophische, historische u. a. kulturwissenschaftliche Disziplinen), wurde früher als ›Kunst‹ (i. S. v. können) bezeichnet. Einige ihrer Disziplinen (z. B. 8Grammatik, 8Rhetorik, 8Dialektik) hatten bis ins 18. Jh. ihren Platz im Universitätsstudium in den 8artes liberales. Der Anspruch der G., zurecht ›Wissenschaft‹ genannt zu werden, wurde im deutschen Sprachraum zuerst von G. W. Fr. Hegel erhoben. Im Unterschied dazu blieb in anderen Sprachtraditionen der Begriff science (engl. u. frz.) bis ins 20. Jh. zunächst für die Erforschung der außermenschlichen Natur vorbehalten. Die systematische Gelehrsamkeit und die Studienfächer, die sich mit den Resultaten des menschl. Geistes beschäftigen, heißen bis heute im Engl. humanities (dt. veraltet: Humaniora). Die
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Bez. 8Geist für diese Resultate geht auf Hegels Begriff des 8objektiven Geistes zurück. So bezeichnet W. Dilthey (Einl. in die G., 1883, Ges. Schriften I, 4) die G. als die »Wissenschaften, welche die geschichtlich- gesellschaftliche Wirklichkeit zu ihrem Gegenstand haben«. Zu den G. gehören danach die 8Geschichte (politische und Kulturgeschichte) im allgemeinen, die Wissenschaften von der Sprache, Religion, Kunst, Gesellschaft. Für die systematische Unterscheidung zwischen Naturwissenschaft und G. lieferte insbes. die 8badische Schule systematische Kriterien: So setzte W. Windelband die Naturwissenschaften gleich den 8nomothetischen, die G. gleich den 8idiographischen Wissenschaften, H. Rickert kennzeichnet die G. als 8individualisierend gegenüber den 8generalisierenden Naturwissenschaften. Eine scharfe Trennung ist insbes. bei den Humanwissenschaften nicht restlos durchzuführen; so ist insbes. die 8Psychologie als empir. Wissenschaft vom Menschen zunächst als verstehende Psychologie entstanden (8geisteswissenschaftliche Psychologie), später aber als experimentelle Psychologie der Methodik nach und mit Rücksicht auf die enge Beziehung zur Physiologie häufig den Naturwissenschaften zugerechnet worden. Geisteswissenschaftliche Psychologie, in Abgrenzung von einem naturwissenschaftlichen Verständnis von 8Psychologie die von W. Dilthey begründete und von seinen Schülern ausgebaute Methodologie des 8Verstehens von Zu-
Geiz
sammenhängen, die der Gegenstand der Gesteswissenschaften sind, durch Einsicht in ihre 8Struktur, die zergliedert und beschrieben wird (Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychol., 1894; Ges. Schr. V.). Geistigkeit, zuerst bei Meister Eckhart, das geistige Sein, das Wesen eines Menschen, das Leben im 8Geist (8Mentalität). geistlich, im Untersch. zum ›Weltlichen‹ das, was zu den Bereichen des Religiösen gehört, auch untersch. vom ›Geistigen‹ (8Geist). Geistlicher: Bez. für Religionsdiener, z. B. für Seelsorger in einer Kirche. Geiz, frühnhd. geit ›Gier‹, ›Habgier‹ spätmhd. gize (Rückb. aus mhd. git(e)sen ›(hab)gierig sein‹), der leidenschaftliche Trieb nach Gütern, das Begehren des Besitzes nur um des Besitzes, nicht um des Nutzens für sich und andere willen, auch die übertriebene Sparsamkeit. Nach Aristoteles ist Freigiebigkeit die Mitte hinsichtlich des Vermögens: »Die Verschwendung und der Geiz sind das Übermaß und der Mangel hinsichtlich des Vermögens« (Nik. Ethik, 1119 b 27). Der G. »besteht in zwei Dingen, dem Mangel im Geben und dem Übermaß im Nehmen, findet sich aber nicht bei allen in seiner Vollständigkeit, sondern zuweilen spaltet er sich,und die einen tun zuviel im Nehmen, die andern zu wenig im Geben« (a. a. O., 1112 b 17). In der Bibel des A T und N T gehört G. (als gr. pleonexia, lat. avaritia) zu den Lastern und Lasterkatalogen (vgl. Jes. Sir. 14, 3–10; Kol. 3,5).
Gelassenheit
Der G. nützt niemandem, nicht mal dem Geizigen, der dem Reich Gottes fern ist: »Kein Mensch ist schlimmer dran, als wer sich selbst nichts gönnt, und dies ist die Vergeltung seiner Schlechtigkeit« (Jes. Sir. 14, 6). Der G. widerstreitet nach I. Kant den Pflichten gegen sich selbst. Während der habsüchtige G. wie der karge G. unter die Vernachlässigung der Liebespflicht (Wohltätigkeit) gegen andere fallen, ist der eigentliche G. »die Verengung seines eigenen Genusses der Mittel zum Wohlleben unter das Maß des wahren eigenen Bedürfnisses« (Met. d. Sitten, 1797, A 89/90). Das Gegenteil zu den Pflichten gegen sich selbst ist: »sich aus Geiz (sklavisch) des zum frohen Genuß des Lebens Notwendigen oder aus übertriebener Disziplin seiner natürlichen Neigungen, schwärmerisch, sich des Genusses der Lebensfreuden zu berauben ...« (ebd. A 124). – Am G. verdeutlicht I. Kant »die Unbrauchbarkeit des Aristotelischen Grundsatzes ... , daß die Tugend in der Mittelstraße zwischen zwei Lastern bestehe« (ebd. A 89/90). Gelassenheit, zu mhd. gelazen ›sich niederlassen‹, ein Ausdruck von 8Mystik und 8Pietismus für die durch den Abstand von irdischen Dingen erworbene Ruhe in Gott (Abgeschiedenheit), heute allg. das feste Beruhen auf dem eigenen Wesen. G. gilt alltagssprachlich noch als die Haltung, in der jemand die Dinge in Ruhe auf sich zukommen läßt, um sich ihnen dann sachgerecht zu widmen. Die Tugend der G. hatte ihren bibli-
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schen Grund in der (Nah- ) Erwartung der Wiederkunft Christi, verband sich unter Einfluß des 8Neuplatonismus und der 8Stoa mit dem Streben nach Leidenschaftslosigkeit (gr. apatheia, ataraxia) und erhielt in der 8Mystik den Sinn des selbstvergessenen Sich- Überlassens an den Willen Gottes (bei Ignatius von Loyola heißt G. ›Indifferenz‹). Geltung, urspr. die schuldige Leistung in relig. und in geschäftl. Hinsicht (im 8. Jh. hieß ›gelten‹ insbes. weihen, opfern); dazu gelten: 1. gültig sein, 2. wertvoll sein, 3. etw. anderes repräsentieren. Als philos. Terminus wurde G. von H. Lotze im 19. Jh. eingeführt zur Kennzeichnung des Wesens von 8Ideen und 8Werten, die zwar nicht immer als überzeitliche Entitäten gedacht werden müssen, jedoch unabhängig davon gelten sollen, ob sie einem denkenden oder wertenden Bewußtsein präsent sind oder nicht. In Philosophie und Rechtwiss. ist G. die angenommene objektive Grundlage des Anerkanntseins von Regeln, Gesetzen, 8Werten und 8Normen; zu untersch. von 8Gül-tigkeit i. S. v. logischer 8Richtigkeit, 8Wahrheit eines Satzes oder eines Prinzips; in der Psychologie im Zusammenh. mit ›G.sbedürfnis‹ ist G. das Ziel des Strebens nach gesellsch. 8Anerkennung und 8Achtung. Gemeinplatz, aus lat. locus communis, allg. bekannter und nicht angezweifelter Ausdruck, 1770 von Chr. M. Wieland ins Dt. übers. als G.; heute überwiegend für allg. be-
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kannter Standard oder auch für bedeutungsarme Redensart verw. Gemeinschaft (gr. koinonia, lat. societas), in der Rechtswiss. jede privatrechtl. Verbindung von Personen mit gemeinsamen Interessen, z.B. vermögensrechtl. Art in der InteressenG., ErbenG., in der ehel. GüterG.; in der christl. Tradition Bez. für Teilhabe an der Eucharistie (›Kommunion‹ in der kath. Kirche), im Apostol. Glaubensbekenntis unter der lat. Bez. communio sanctorum (gr. koinonia tôn hagiôn) G. der Heiligen, verstanden entw. als G. der Gerechtfertigten auf Erden oder auch als Bez. für die Kirche als G.; in die Soziologie von F. Tönnies (G. und Gesellschaft, EA 1887) mit einer spezif. Bed. eingef. zur Kennzeichung von gewohnheitsm. oder ideell bedingter Gemeinsamkeit, im Untersch. zu 8Gesellschaft als rationaler, als künstlich bzw. mechanisch angenommener Beziehungsform. Danach werden Verbindungen, die nach Abstammung, lokaler Herkunft, Religion oder gemeinsamen wirtschaftlichen Zielen definiert sind, in ihrer ›organischen‹ Einheit betrachtet und insofern G.en genannt. Diese begriffliche Gegenüberstellung von G. und 8Gesellschaft wurde von späteren Soziologen nicht übernommen. Als G.en werden gegenwärtig Primärgruppen, Intimgruppen, aber auch Assoziationen (u. a. auch solche im rechtl. Sinne) verstanden. Zur Bezeichnung solcher soz. Einheiten der Allg. Soziologie tritt heute an die Stelle des G.sbegriffs häufig der Begr. Gruppe.
Gemeinwohl
Gemeinsinn, Übers. von gr. koinë aisthësis, koinon aisthëtërion (8sensus communis), bei Aristoteles (De an. III, 2) das Vermögen, mit dem Gegenstand zugleich die Wahrnehmung des Gegenstandes wahrzunehmen und die einzelnen Gegenstände der einzelnen äußeren Sinne zu unterscheiden und zu vergleichen, der 8innere Sinn, die erste höhere Seelenkraft. Diesen Sinn nannte man urspr. ›gemein‹, insof. er dasjenige wahrnimmt, was nicht nur aus dem Bereich eines äußeren Sinnesgebietes stammt, sondern nur als den einzelnen Sinnen gemeinsam gedacht werden kann, wie Bewegung, Ruhe, Zahl, Gestalt, Größe. Im Dt. auch als Übers. von engl. 8common sense verw. für 1. im allg. ›gesunder‹ Menschenverstand, 2. Orientierung mehrerer Einzelner am 8Gemeinwohl. Gemeinwohl, gleichbedeutend mit der ›gemeinen 8Wohlfahrt‹, dem ›gemeinen Besten‹ oder dem ›gemeinen 8Nutzen‹ (lat. salus publica, bonum commune oder generale), ein sowohl in der 8Naturrechtslehre des Mittelalters wie der Aufklärungszeit und in der heutigen katholischen 8Rechtsphilosophie häufig gebrauchter Ausdruck zur Bezeichnung des höchsten Staatszwecks oder auch der Rechtsidee. So dient nach G. W. Leibniz (Nova methodus discendae docendaeque Jurisprudentiae, I, § 35; II, § 14) alles Recht dem G., das er als die Erhaltung und das Gedeihen des Universums, in erster Linie der göttlichen Weltordnung selbst, in zweiter Linie des Menschengeschlechts
Gemüt
und in dritter Linie des Staates ansieht. Dagegen erhält der Begriff bei Chr. Wolff (Grundsätze des Natur- u. Völkerrechts, 1754, § 972) einen mehr individualistischen Sinn: äußeres Wohlergehen, der recht verstandene Nutzen aller, nämlich die Beförderung »alles dessen, was zur Notdurft, zur Bequemlichkeit und zum Vergnügen des Lebens, auch zur Glückseligkeit des Menschen erfordert wird«. Später wurde G. als Zielsetzung verstanden, die im Ggs. zum 8Eigennutz definiert wurde als ausschließliche Orientierung am Wohlergehen einer sozialen Einheit. G. kann als Zweck einer Gruppe begriffen werden, die sich nur oder überwiegend bildet mit dem Ziel der Wohlfahrt nicht nur aller Einzelnen, sondern auch der Gemeinschaft als Ganzer. Diese Unterscheidung ist in die politische Philosophie eingeführt worden von J. J. Rousseau mit seiner Unterscheidung von Gemeinwille und dem Willen aller (Fr. 8volonté générale vs. volonté de tous). Ersterer ist ausschließlich am G. orientiert und ist bei der politischen Abstimmung aller Einzelnen berücksichtigt, insofern sie selbst in der Vertragsgesellschaft insgesamt den Gemeinwillen repräsentieren. Insofern kann nicht die Summe der individuellen Zielsetzungen aller Einzelnen zum G., sondern nur die kollektive Willensanstrengung aller (als einheitl. jurist. Person 8Staat) das G. garantieren. Im Unterschied dazu nahmen die Vertreter des Klass. 8Utilitarismus (J. Bentham, J. St. Mill) an, daß sich in der ethischen Formel für
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die Bildung gemeinsamer Zielsetzungen (›das größte Glück für die größte Zahl von Menschen‹) Individualwohl und G. vermitteln lassen, insofern jeder Urteilende sein eigenes Wohl zum Maßstab dessen nimmt, was er allen anderen, und damit der Gemeinschaft, als 8Wohlfahrt zuerkennt. In all diesen Fällen wird G. als soziale Zielvorstellung begriffen. Im Unterschied dazu kann G. auch als Beurteilungskriterium für polit. Entscheidungen und Programme verwendet werden, z. B. im Unterschied zu anderen Kriterien wie Privatnutzen und zu Wertmaßstäben, die nur Gruppeninteressen repräsentieren (z. B. Gewinn, Profit). Gemüt, mhd. gemüete, bei Meister Eckhart Bez. für 8Geist (lat. mens) überhaupt, aber auch svw. 8Innerlichkeit, Tiefe des Geistes; ebenso bei Paracelsus, V. Weigel, J. Böhme (vgl. z. B. Vom dreif. Leben VII, 47). G. W. Leibniz verstand unter G. die Fähigkeit des Denkens, daneben die Einheit der Gefühls- und Willensregungen. J. G. Schottelius (Ethica, 1669) definiert: »G. ist unser Verstand und Wille zusammen«; A. H. Müller (Einl. in die philos. Wiss., 1733): »Der Verstand und Wille denken beide, und wenn wir alles beides zusammenfassen, pflegt man es das G. des Menschen nennen.« I. Kant braucht G. 1. im Sinne von Geist für lat. 8animus, 2. als vereinheitl. Sammelbez. für sämtliche Vermögen der 8Seele. Dazu Gemütsbewegung: eine von G. W. Leibniz und Chr. Wolff eingef. Übers. für lat. affectio, affectus, für Veränderungen der Stimmung,
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bes. bei heftigen Gefühlen, 8Affekten und 8Leidenschaften. Gen (sächl., Mz. Gene), Neub. nach gr. genea ›Geburt‹, Abstammung, von dem dänischen Pflanzenphysiologen W. Johannsen (Elemente der exakten Erblichkeitslehre, EA 1905) eingef. zur Bez. der in den Keimzellen angelegt gedachten Erbeinheiten, die einzeln oder in verschiedenartiger Vereinigung die Grundlage der 8Vererbung, den 8Genotypus bilden (8Anlage). Heute bez. man Sequenzen bestimmter Basenpaare auf kettenartigen DNA- Strängen, in denen die Erbinformation codiert ist, als Gene. Diese Stränge sind in den 8Chromosomen des Zellkerns lokalisiert. Genealogie, gr., urspr. ›Geschlechterkunde‹, Disziplinbegr. für die Ahnenforschung; auch im übertr. Sinne in der Phil. verwendet zur Bezeichnung einer Erforschung der ideellen, gesellschaftlichen oder natürlichen Herkunft einer Idee, einer Denkweise, so z. B. bei dem Versuch einer historisch orientierten Herleitung von Wert- und Normvorstellungen bei Fr. Nietzsche (G. der Moral, 1886). Generalisation (lat. generalis ›die Gattung betreffend‹), älterer Begr. für Verallgemeinerung, für das Verfahren der 8Induktion, durch das aus Einzelfällen eine allg. Regel gewonnen wird. In der Lernpsychologie Bez. für die Annahme, daß gelernte Reaktionen auf früher erfahrene Reize auch durch solche Reize reaktualisiert werden können, die diesen Reizen ähnlich
Generalisierung
sind; in der Medizin die Ausbreitung krankhafter Symptome oder Zustände auf andere Teile des Organismus oder auf den gesamten Körper. generalisierend, zu lat. generalis ›die Gattung betreffend‹, ›allgemein‹, verallgemeinernd, auf das Allgemeine gehend, nennt H. Rickert (Die Grenzen der naturwissenschaftl. Begriffsbildung, E A 1896) die Begriffsbildung der 8Naturwissenschaften im Unterschied zu der der Geschichts- , Kulturoder 8Geisteswissenschaften (8individualisierend; 8idiographisch). Begr., der häufig mit ›verallgemeinernd‹ gleichgesetzt wird. Er steht in den Wissenschaften als Bez. für unterschiedliche Verfahren zur Erkenntnis, bei denen generelle Aussagen aus einer großen Zahl von Aussagen über Einzeldaten gewonnen werden (z. B. durch induktive Verallgemeinerung; 8Induktion). Generalisierung, eine Verallgemeinerung. Eine G. ist, allgemein gesprochen, ein Übergang von einer Aussage darüber, daß alle Elemente einer Menge M die Eigenschaft F haben, zu der Aussage, daß alle Elemente einer Menge M' die Eigenschaft F aufweisen, wobei M eine echte Teilmenge von M' sein soll. Eine G. stellt etwa der Übergang von »Alle Männer sind sterblich« auf »Alle Menschen sind sterblich« dar: Die Menge aller Männer ist ja eine echte Teilmenge der Menge aller Menschen, die auch die Frauen und die Kinder umfaßt. Die letzte Aussage ist so allgemeiner als die erste.
generatio aequivoca
generatio aequivoca, lat. ›die 8Urzeugung‹. Generation, im 17. Jh. entlehnt von lat. generatio ›Zeugung‹, das zur Wurzel genti ›Ursprung‹, Natur gehört, die durchschnittliche Lebensdauer des Menschen, das Menschenalter; die Gesamtheit der etwa gleichzeitig Geborenen und damit die durch die gleichen Zeitumstände und - tendenzen Geformten, insbes. deren geistige Exponenten. So wird G. zu einem historischen Begriff zur Bez. von Gemeinsamkeiten in einer Kultur in einer bestimmten Zeitspanne. generative Transformationsgrammatik, zu lat. generare ›erzeugen‹, ›hervorbringen‹, lat. transformare ›umwandeln‹ und zu 8Grammatik, ein Grammatiktyp, der auf N. Chomskys Syntactic Structures (1957) zurückgeht und seither stetig weiterentwickelt wurde, u.a. in Chomskys Aspects of the Theory of Syntax (1965). Der Ausgangspunkt von Chomskys Überlegungen ist die Fähigkeit eines kompetenten Sprechers, durch Anwendung endlich vieler Regeln im Prinzip unbegrenzt viele (auch neue und noch nie gehörte) Sätze zu bilden und zu verstehen. Ziel der g. T. ist es, ein Regelsystem explizit anzugeben, das dieser Fähigkeit (der ›sprachlichen Kompetenz‹ eines Sprechers) insofern entspricht, als mit seiner Hilfe genau die Sätze gebildet werden können, die ein Sprecher als grammatikalisch korrekt beurteilen würde. Die ›generativen‹ Regeln erzeugen dabei zunächst sog. ›Tiefenstrukturen‹, die Ausgangspunkte für die semantischen (in-
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haltlichen, vgl. 8Semantik) Interpretationen von Sätzen bilden; die Tiefenstrukturen werden dann mit Hilfe von ›Transformationsregeln‹ in ›Oberflächenstrukturen‹ umgewandelt, Strukturen von Sätzen in ihrer äußeren, sichtbaren Gestalt. In diesem Rahmen läßt sich etwa die Bedeutungsgleichheit solcher oberflächlich unterschiedlichen Sätze wie »Fritz begrüßt Hans« und »Hans wird von Fritz begrüßt« dadurch erklären, daß sie eine gemeinsame Tiefenstruktur besitzen. Ausführlichere semantische Überlegungen zur g. T. (›generative Semantik‹) sind zuerst von J. J. Katz und J. A. Fodor angestellt worden (The Structure of a Semantic Theory, 1963). Der Ansatz der g. T. ist bei Chomsky mit dem Projekt einer 8Universalgrammatik verbunden. generell, lat. generalis ›die Gattung betreffend‹ 8allgemein, viele Fälle derselben Art umfassend, im Gegensatz zu 8speziell (8individuell, 8singulär). generisch, frz. générique, zur Gattung gehörig, im Gegensatz zu 8spezifisch. Genesis, gr. ›die Entstehung‹, das 8Werden, auch der Titel des 1. Buchs Mose, weil es mit der Entstehung der Welt beginnt. Die eingedeutschte Wortform heißt Genese. Genetik, gr. genetikos ›das Entstehen betreffend‹, die Lehre von der Entstehung, von der 8Entwicklung; heute im Wesentl. nur noch als Teilgebiet der 8Biologie verstanden, die sich mit den Gesetzmäßigkeiten der Vererbung von biotischen Merkmalen beschäftigt. Abweichend davon wird dieser Begr.
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auch im Zusammenhang mit MolekularG. als Programm bezeichnet, nach dem die physischen Einwirkungen organ. Substanzen aufeinander auf molekularer Ebene (z. B. in den Nucleinsäuren) erforscht werden, um damit genetische Veränderungen auch biochemisch nachweisen zu können. Dazu genetisch, 1. bez. auf Probleme der Genetik, 2. allg. zum Entstehen, zur Zeugung gehörig; svw. entwicklungsorientiert, auch historisch, auf individueller Ebene auch biographisch; in den Biowissenschaften und in den Humanwissenschaften wird in den Begr. ›ontogenetisch‹ und ›phylogentisch‹ unterschieden, ob Entwicklung auf der Ebene des einz. Organismus, also des einz. Individuums oder aber auf der Gattungsebene untersucht wird (8Ontogenese; 8Phylogenese). Genetische Methode, die Erklärung einer Sache aus den Elementen und Bedingungen ihres Entstehens; das Verfahren, das Wesen einer Sache aus ihrem 8Werden zu begreifen. Genie (lat. genius), Anfang des 18. Jh. über frz. génie eingedeutscht, bedeutet in der französischen Klassik im Anschluß an die in der antiken 8Rhetorik getroffene Unterscheidung von ingenium und studium diejenigen Fähigkeiten, die der Dichter ohne Kenntnis normativer Regeln von Natur aus für das künstlerische Schaffen mitbringt: Die natürliche 8Anlage, 8Begabung, die 8Neigung, das 8Talent. G. bedeutet danach das spezifische Vermögen zur Hervorbringung von Kunstwerken, das nicht erlernt
Genie
werden kann. Im 18. Jh. wird G. zum Inbegriff einer Kunstauffassung, die die Entwicklung ästhetischer Subjektivität zum Ziel hat und sich sowohl gegen den frühneuzeitlichen 8Rationalismus, der für die 8Ästhetik noch keinen systematischen Ort hatte, als auch gegen die normative Regelpoetik und Kunstphilosophie wendet. A. G. Baumgarten definiert in diesem Sinn die Natur des Ästhetikers im angeborenen schönen und freien 8Geist (ingenium venustum et elegans connatum, Aesthetica, 1750- 58, § 29). Im ›Sturm und Drang‹, der eigentlichen Epoche des Geniekultes im 18. Jh., wird die Emanzipation der Subjektivität nicht mehr im Erkennen des 8Schönen gesucht, sondern im Gefühl und im ursprünglichen Schaffen, das sich im G. und seinem künstlerischen Erzeugnis artikuliert. I. Kant hat diese Entwicklung philosophisch auf den Begriff gebracht: »G. ist die angeborene Gemütsanlage (ingenium), durch welche die Natur der Kunst die Regel gibt« (KdU, 1790, § 46). Das G. zeichnet sich durch Originalität und das Exemplarische seiner Produkte aus. Kunst ist, im Unterschied zur Wissenschaft, nicht lehrbar und in ihren Ergebnissen nicht erklärbar, so daß »der Urheber eines Produktes, welches er seinem G. verdankt, selbst nicht weiß, wie sich in ihm die Ideen dazu herbei finden« (ebd.). Damit richtet sich auch I. Kant gegen die Regelpoetik und orientiert die Kunst an der Einheit aller natürlichen Vermögen des Menschen: G. ist »die musterhafte Originalität
Genotyp(us)
der Naturgabe eines Subjekts im freien Gebrauche seiner Erkenntnisvermögen« (§ 49). Genotyp(us), Neub. W. Johannsens (Elemente der exakten Erblichkeitslehre, 1905) aus 8Gen und gr. typos ›Gepräge‹, die Summe aller potentiellen Erbanlagen (Gene) eines Lebewesens, d. h. sein Erbbild im Unterschied zum Erscheinungsbild (8Phänotyp); in der Sprachwissenschaft auch (nach S. K. Schaumjan) der abstrakte Teil der Linguistik auf logisch- mathemat. Grundlage. genuin, lat., ›angeboren‹, natürlich, echt, unverfälscht; in der Medizin ein spontan auftr., ursächlich nicht bestimmbares Krankheitsbild, svw.: idiopathisch. Genus, lat. ›Geschlecht‹, Gattung, in der Logik und in der Biologie das auf die 8Gattung Bezogene, z. B. in: genus proximum, lat., der nächsthöhere Gattungsbegr. (8Definition); in der Grammatik Kategorie, nach der Nomina in versch. Klassen eingeteilt werden, z. B. nach männl. / weibl. im grammat. Sinne; bei Verben (lat. genus verbi, svw. Diathese, von gr. diathesis) auch Bez. für Verhaltensrichtung, z. B. in der Untersch. zwischen Aktiv, Passiv und Medium; die 8Rhetorik kennt verschiedene genera dicendi, lat., Arten des Ausdrucks: genus humile, ›niederer‹ i. S. v. schmuckloser 8Stil, in der antiken Rhetorik nur der sachl. Belehrung dienend, genus mediocre, wörtl.: ›mittlerer‹ Stil, der vor allem der Unterhaltung dient, genus grande, wörtl. ›großer‹, auch ›hoher‹ Stil mit pathet. und emotionalen Mitteln;
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im MA wurden diese drei Stilarten drei unterschl. Ständen zugeordnet, den abhängigen Bauern (g. humile), den städt. Bürgern (g. mediocre) und dem Adel (g. grande). Geometrie, gr., ›die Erdausmessung‹, urspr. zur Physik (8Raum), seit R. Descartes zur 8Mathematik gerechnet. geozentrisch, Neub. der Astronomen des 16. Jh. aus gr. gë ›Erde‹ und lat. centrum ›Mittelpunkt‹ zur Bez. des Ortes von Gestirnen für einen im Mittelpunkt der Erde befindlichen gedachten Beobachter, dann im Gegensatz zu 8heliozentrisch zur Bez. des 8Weltbildes, in dem die Erde die Mitte des Weltalls bildet. Gerechtigkeit (gr. dikë, dikaiosynë, lat. justitia), geb. zu ahd. gereht ›gerade‹, richtig, passend, angemessen; das gültige Maß sozial richtigen Verhaltens, die Idee, die dem positiven 8Recht zugrunde liegt und an der sich alle mit dem Recht Befaßten, in erster Linie also die Gesetzgeber und die Richter, orientieren sollen. Das Interesse an G. ist universal, die inhaltlichen Vorstellungen sind sehr unterschiedlich. Die Vorstellungen von G. entstehen im Blick auf die jeweils geschichtlich gegebenen und gelebten Gesellschaftsordnungen. Hierfür sind Plato und Aristoteles exemplarisch, sie entwickeln in ihren Gerechtigkeitstheorien aber Prinzipien, die bis in die gegenwärtige Diskussion hineinwirken. Die G. entwickelt Plato unter dem Bilde eines ihr voll entsprechenden Staatswesens, überzeugt, daß sie nur in einem solchen verwirklicht
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werden kann. Er findet ihr Wesen darin, daß jeder »das Eigene und Seinige hat und tut«, insbesondere, daß jeder die Aufgaben seines Standes erfüllt (Sklave, Bürger, Krieger, Regent). G. steht für die Harmonie des öffentlichen Ganzen und zugleich für die der Seelenkräfte des Einzelnen (Politeia, 433 a- d). In subjektiver Hinsicht ist die G. die höchste 8Tugend, die die anderen 8Kardinaltugenden in ihrem rechten Gleichgewicht erhält. Bei Aristoteles ist G. Achtung vor dem Gesetz und vor der bürgerlichen Gleichheit; »demgemäß wird gerecht sein, wer die Gesetze beobachtet und sich an die Gleichheit hält. Gerecht ist also das Gesetzliche und Gleiche, ungerecht das Widergesetzliche un Ungleiche« (Nik. Ethik, 1129 b 1). Auf Aristoteles (ebd., Buch V) geht auch die Unterscheidung der ausgleichenden und austeilenden G. (iustitia commutativa u. distributiva) zurück. Jene bestimmt vornehmlich das Verhältnis der Einzelnen zueinander, das Recht der Verträge und des Schadenersatzes; sie fordert die arithmetische, d. h. mengenmäßige 8Gleichheit und daher z. B. die volle rechnungsmäßige Wiedererstattung des rechtswidrig zugefügten Schadens. Diese dagegen gilt vor allem für das Verhältnis der Einzelnen zum Ganzen, dessen Glieder sie sind. Sie fordert lediglich eine geometrische, d. h. den unterschiedlichen Verhältnissen angepaßte Gleichheit: jedem soll das zuteil werden, was seiner Würdigkeit, seinen Verdiensten oder seinen Fähigkeiten entspricht.
Gerechtigkeit
Der römische Jurist Ulpian (vgl. den Anfang des 10. Buches der Digesten) bezeichnete als das Wesen der G.: honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere ›ehrenhaft leben, den anderen nicht kränken oder schädigen, jedem das Seine zugestehen‹. Daran anknüpfend entwickelte G. W. Leibniz seine Lehre von der dreigestuften G.: der ausgleichenden, die das Prinzip des ›strengen Rechts‹, der austeilenden, die das der Billigkeit und der Gemeinschaft, und der ›iustitia universalis‹, die das der Nächstenliebe, des Gottesreiches sei. Schon von Aristoteles wird die Idee der G. mit der 8Billigkeit verknüpft (Nik. Ethik, Buch V, insbes. Kap. 15). Mit der Auflösung der feudalen Ständeordnung und der Durchsetzung einer bürgerlich- zivilen Herrschaft gewinnt der Gleichheitsgedanke über Naturrechtkategorien (von Natur aus gleich geboren, Recht auf Privateigentum, das a priori durch jedes Menschen Vernunft erkennbare Recht (I. Kant, Met. d. Sitten, Rechtslehre, AB 140)) neue Qualität und Kraft. Über die praktizierten Privatrechtsverhältnisse 8Eigentum, Markt und 8Vertrag wird Gleichheit auch auf soziale G. beziehbar. Nicht nur Gleichheit vor dem Gesetz, sondern auch soziale Gleichheit und Proportionalität nach dem Leistungs - statt Geburtsprinzip werden zum Maßstab für G.stheorien. Gegenwärtig werden empirische (ohne Anspruch auf Begründbarkeit von Gerechtigkeitsnormen), normativ- materiale (mit diesem Anspruch) und prozedu-
Gesamtheit
rale (rationale Methoden zur Normengewinnung) G.stheorien unterschieden. Gesamtheit, in der Logik svw. 8Menge. Geschichte, mhd. geschiht ›Ereignis‹, Zufall, Folge der Ereignisse, von mhd. schehen ›schnell daherfahren‹, rennen; 1. das, was geschehen ist und geschieht, auch das, was einem geschieht, widerfährt und begegnet ist, und was man anderem widerfahren läßt, svw.: Ereignis; 2. erzähltes Ereignis. Zu Beginn der Neuzeit wachsen G. als Geschehen, Begegnen und Tun (lat. res gestae) und G. als Wissen, Erzählung vom Geschehenden, Begegnenden und Getanen (lat. historia rerum gestarum, 8Historie) zusammen (Beleg in Diefenbachs ›Vokabular‹, 1482). Neben der einfachen Erzählung vom Geschehen (Chronik, Annalen, Akten) nennt man G. auch die Geschichtswissenschaft, die planvolle Erforschung und Feststellung des Geschehenen und die Darstellung des zwischen den festgestellten Tatsachen und Ereignissen bestehenden Zusammenhangs. Als G.sforschung, Quellenstudium und - kritik ist sie empirische Wissenschaft; als G.sschreibung (Historiographie) ist sie über die Darstellung hinaus auch Sinndeutung. Nach ihrem Gegenstand kann die G. unterschieden werden nach Geltungsbereichen: 1. Universal- oder Weltgeschichte, in der die Entwicklung der gesamten Menschheit mit allen ihren geschichtlich greifbaren Zuständen, Handlungen und Schöpfungen erforscht und dargestellt
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wird; 2. Partikulargeschichte, die sich auf ein bestimmtes Volk, Land, einen Staat oder einen Erdteil beschränkt, und 3. Spezialgeschichte, in der ein Ausschnitt des gesamten geschichtl. Lebens, die Politik, Kultur oder, noch spezieller, die Kunst, die Malerei, die Kirche, das Recht, die Wirtschaft, eine einzelne Stadt, Familie oder Persönlichkeit od. a. behandelt wird. Daneben wird auch 4. die Naturgeschichte als G. bez., um natürliche Ereignisse in ihrem innerzeitl. Wandel chronologisch unterscheiden zu können, aber auch um die Menschheitsentwicklung als Naturgeschehen zu beschreiben oder als immanenten Teil des Naturprozesses zu erklären. Die methodischen Unterschiede zwischen der G.swissenschaft und den Naturwissenschaften wurden von W. Windelband, H. Rickert und W. Dilthey herausgearbeitet. Die Methode der G.swissenschaft wird als 8idiographisch oder 8individualisierend, also auf das Einmalige abzielend (8Verstehen), der der Naturwissenschaften als 8nomothetisch oder 8generalisierend, also auf das Allgemeine, Gleichbleibende gehend (Erklären) gegenübergestellt. Doch schließen sich beide Verfahren nicht grundsätzl. aus (dazu s. 8Geisteswissenschaften). Geschichtlichkeit, Ausdruck 1. dafür, daß etwas zu einer bestimmten 8Zeit dagewesen ist, mithin in geschichtl. Forschung als wirklich Daseiendes aufgewiesen oder wenigstens erschlossen werden kann, z. B. die G. Jesu; 2. dafür, daß man sich mit der Feststellung des Dage-
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wesenseins begnügt, also auf Deutung, Wertung, Einbeziehung in gegenwärtiges Leben verzichtet; aber auch 3. dafür, daß etwas Vergangenes trotz seiner Vergangenheit weiter wirksam geblieben ist; G. ist dann geschichtl. Wirksamkeit, bes. für das, was man als das Epochemachende bez. Endlich meint G. 4. einen Grundzug alles Menschlichen, eine Grundbedingung alles menschlichen Tuns und Erkennens im Unterschied zum Natursein. Geschichtsphilosophie, Bereich der 8Philosophie, der sich mit Theorien über Formen und Merkmale des historischen Wandels, aber auch mit dem geschichtl. Erkennen beschäftigt. Der Ausdruck G. wurde zuerst von Fr. - M. Voltaire (La philosophie de l’histoire, in: Essai sur l'histoire générale, EA 1756) gebraucht, von J. Wegelin in den Abh. der Berliner Akademie von 1770 bis 1776 ins Dt. eingef. und durch J. G. Herders Ideen zur Philos. d. Gesch. der Menschheit (1784 ff.) und G. W. Fr. Hegels Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte (1823 ff.) eingebürgert. Die einflußreichsten neuzeitl. G.n in diesem Sinn sind die Theorien G. Vicos (Prinzipien einer neuen Wissenschaft von der gemeinsamen Natur der Völker, 1725), J. G. Herders, I. Kants (Idee zu einer allg. Gesch. in weltbürgerl. Absicht, 1784) und G. W. Fr. Hegels. Modellbildend für geschichtsphilos. Weltbilder des 19. Jh. wurde A. Comtes 8Dreistadiengesetz sowie der 8historische Materialismus. – Als Methodenlehre der8Geschichte stellte
Geschlecht
sich die G. darüber hinausgehend in der ersten Hälfte des 20. Jh.s die Aufgabe, Wesen und Grenzen des geschichtl. Erkennens zu ermitteln und die Begriffsbildung der Geschichtswissenschaft zu erarbeiten (W. Windelband, H. Rickert, E. Rothacker, N. Hartmann). – Als Teil christlich- theologischen Denkens hieß die G. auch Geschichtstheologie; sie erörterte u. a. die Möglichkeit des Waltens einer göttlichen 8Vorsehung, eines Heils- oder Erziehungsplans Gottes in den geschichtlichen Erscheinungen, Krisen und Katastrophen. G. in diesem Sinn ist der Gedanke der 8civitas Dei, des 8Chiliasmus, aber auch z. B. G. E. Lessings Erziehung des Menschengeschlechts von 1781 und J. G. Fichtes Grundzüge des gegenw. Zeitalters von 1806. Geschlecht, mhd. geslähte ›Stamm‹, Eigenschaft, urspr. das, was dieselbe Richtung einschlägt; 1. in der Biologie Bez. für unterschiedl. genotypische Möglichkeiten zur Fortpflanzung. Spermien erzeugende Lebewesen werden dem männl., Eizellen produzierende dem weibl. G. zugeordnet; in der Historiographie die durch agnatische, d. h. durch direkte Nachkommen definierte Verwandschaftsgemeinschaft oder auch allg. die auf einen gemeinsamen Ahn bez. Gruppe physisch verwandter Menschen, auch verw. als Synonym für 8Menschheit in der Formel Menschengeschlecht; 2. in der Grammatik 8Genus; 3. in den Sozialwissenschaften Sammelbez. für zugeschriebene Rollenmuster ›männlich‹ und ›weiblich‹, soweit sie sich
Geschmack
auf die Besetzung gesellschaftl. Positionen auswirken. Die Bedeutung des angeborenen G.s für die soziale Allokation ist im 20. Jh. zunehmend in das Kreuzfeuer der Kritik geraten (vgl. dazu 8Feminismus; 8androgyn). Geschmack, mhd. gesmac, bis zum 17. Jh. die Reizung der Zunge, der Geschmackssinn, seitdem unter dem Einfluß von span./it. gusto und frz. bon goût nach B. Gracián (El discreto, 1646) auch das ästhetische Urteilsvermögen, die Fähigkeit, das 8Schöne als solches zu erkennen und vom 8Häßlichen zu unterscheiden, d. h. das, was I. Kant Geschmacksurteil nennt; Kant greift Entwicklungen im 18. Jh. auf, nach denen Geschmack nicht – wie noch in der scholastischen Sentenz ›de gustibus non est disputandum‹ (über Geschmäcke ist nicht zu disputieren) – eine nur persönliche 8Neigung, sondern ein gesellschaftlich entwickeltes, subjektives Beurteilungsvermögen darstellt. In Kants Theorie des G.s (KdU, 1790, §§ 1 ff.) tritt an die Stelle objektiver Normen der Kunst die subjektive ästhetische 8Erfahrung: der Rezipient wird in seiner autonomen Stellung gegenüber dem Werk hervorgehoben und dieses nicht mehr primär in seinen objektiven Qualitäten, sondern in seiner Wirkung gedacht. Denn der G. bezieht sich – im Gegensatz zum logischen Urteil, das sich auf die Bestimmungen eines Objekts bezieht – auf das urteilende Subjekt selbst und sein Gefühl von 8Lust und Unlust. Das im G.surteil ermittelte 8Schöne ist keine Qualität des Ge-
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genstandes, sondern Ausdruck subjektiven 8Wohlgefallens. G. ist ein subjektives »Beurteilungsvermögen« (§ 5), das aber – im Unterschied zum 8Angenehmen, das nur private Neigung ausdrückt – im Begriff des Schönen zugleich Anspruch auf 8Allgemeingültigkeit macht. Geschmack soll gesellschaftlich wirken, gerade in der subjektiven Bestimmung über nur private 8Neigung hinausgehen. I. Kant nennt das die »subjektive allg. Mitteilbarkeit der Vorstellungsart in einem Geschmacksurteile« (§ 9). Das G.surteil ist keine unmittelbare Erfahrung, sondern wird durch 8Reflexion – dem »freien Spiele der Einbildungskraft und des Verstandes« (§ 9) – mitteilbar, intersubjektiv teilbar: Geschmack ist sensus communis, engl. 8common sense. Im G. hat das ästhetische Urteil zugleich Beziehung auf das subjektive 8Gefühl als auch auf die gesellschaftliche 8Anerkennung dieses Gefühls: »Die Lust, die wir fühlen, muten wir jedem andern im Geschmacksurteile als notwendig zu, gleich als ob es eine Beschaffenheit des Gegenstandes« (§ 9) zum Ausdruck brächte. Geselligkeit, 1. allg. das zwanglose Zusammensein von Menschen ohne einen außerhalb dieses Zusammenseins liegenden Zweck; 2. veraltet auch für Gesellschaftsfähigkeit (vgl. I. Kants paradox klingende Formel von der ›ungeselligen G.‹ für die unter natürl. Zwängen stehende Soziabilität des Menschen). Gesellschaft (lat. societas), ahd. gaselliscaft zu gesellio ›Saal- , Hausge-
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nosse‹, auch Freund, Geliebter; urspr. alle Formen vertrauten Zusammenlebens umfassend, heute im Unterschied zur Kleingruppe (8Gemeinschaft) die Form des menschlichen Miteinanders, die allein durch Rechtsverhältnisse bestimmt ist (8Gesellschaftsvertrag); 2. auch die auf gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen beruhende (zumeist privatrechtl.) Vereinigung Einzelner (z. B. Aktiengesellschaft); 8Soziologie. Gesellschaftsvertrag, in der Rechtswiss. die Satzung einer Gesellschaft mit beschr. Haftung aufgrund eines Vertrags oder aufgr. mehrerer vereinbarter Statuten, wobei zumindest der Gesellschaftszweck und die Art der Zweckverfolgung, z. B. der Beiträge der Mitglieder festgelegt sein muß. In der polit. Philosophie (urspr. aus Übers. von frz. 8contrat social) der 8Vertrag, auf dem nach Auffassung der 8Naturrechtslehre der Aufklärung die Vereinigung der vorher, im sog. 8Naturzustand, vereinzelt lebenden Menschen zu einem Sozialverband, insbesondere zum 8Staat, beruht. Schon die mittelalterliche Theorie nahm vielfach an, daß die Herrschergewalt von der Gesamtheit, dem Volk, durch einen Vertrag auf den Herrscher übertragen worden sei. Aus der Verbindung dieser Lehre mit derjenigen von der vertraglichen Entstehung des Volkes selbst durch den zwischen allen Einzelnen abgeschlossenen G. erwuchs die Lehre vom Staatsvertrag, der entweder mit dem G. zusammenfällt oder außer diesem noch einen
Gesellschaftsvertrag
davon weiter unterschiedenen ›Herrschaftsvertrag‹ umfassen soll. Während die vertragliche Übertragung der Herrschergewalt durch das bereits irgendwie verbundene Volk (8Volkssouveränität) meist als eine historisch begründete Tatsache angesehen wurde, war der G. vielfach nur ein gedankliches Hilfsmittel, um die rechtliche Struktur des Sozialverbandes, seine Ableitung aus einem freien Willensakt der miteinander Verbundenen selbst zu legitimieren. Hauptvertreter dieser Lehre waren Joh. Althusius (Politica, 1603), H. Grotius (De jure belli ac pacis, 1625), Th. Hobbes (Leviathan, 1651), S. Pufendorf (De jure naturae et gentium, 1672), J. Locke (Two Treatises on Government, 1693) u. a. – bis sie endlich durch J. J. Rousseau zu weltgeschichtlicher Bedeutung gelangte (8contrat social). Nach I. Kant ist der G. eine ›regulative Idee‹, nach welcher die Rechtmäßigkeit des Staates allein gedacht werden kann (Met. d. Sitten I, § 47). J. G. Fichte gab in seiner ersten sozialphilos. Schrift dem G. einen individualistischen Sinn. Danach hängt es vom Belieben jedes Einzelnen ab, seinen Ein- und jederzeit seinen Austritt in Bez. auf den Staatsverband zu erklären (Grundl. des Naturrechts, 1796). Auch später bestimmte er noch die Grundlagen des Strafrechts vertragstheoretisch: Verstöße gegen gesetzte Ordnungen verletzen den ›Staatsbürgervertrag‹, müssen also nicht durch Strafen, sondern durch frei vereinbarte Abbüßungsmaßnahmen getilgt werden (System der Rechtslehre, 1812,
Gesetz
3. Teil, 1. Abschn.). – Auch in polit. Theorien des 20. Jh. werden die durch Volksabstimmungen legitimierten Staatsverfassungen häufig als G.e bezeichnet, soweit beabsichtigt wird, Gesetzestreue mit der Vorstellung einer freiwilligen Vertragstreue von Vertragsnehmern zu vergleichen. Gesetz, Abl. von setzen (gr. nomos, lat. lex), urspr. für die Gebotsnorm, die als auf göttlicher Stiftung beruhend oder durch Herkommen und fromme Überlieferung geheiligt von allen anerkannt, geachtet und befolgt wird (»Denn es nähren sich die menschlichen Gesetze von dem einen göttlichen«, von Heraklit überliefert; vgl. Diels/Kranz, Fragm. d. Vorsokratiker I, Fr. 114). 8Recht, 8Sitte und religiöser Brauch sind anfangs noch ungeschieden. Allmählich wird das G. vor allem auf das mit staatlicher Autorität erlassene, innerhalb des staatlichen Gemeinwesens geltende Gebot beschränkt. Nach Plato (Nomoi, 1. B.) enthalten die G.e die vernünftige Überlegung über das, was zu tun und zu lassen ist, soweit sie sich in einem Staate allgemeine 8Anerkennung verschafft hat. Mit dem Begriff des G.es taucht neben der Bedeutung des Willensgebotes, der Satzung auch die einer vernünftigen Regelung auf. In der stoischen Philosophie überwiegt sie sogar: G. ist vor allem die unverrückbare Ordnung des Alls, die lex aeterna, das göttliche Weltgesetz, von dem auch alles menschliche Tun abhängt, im Mittelalter ›Gottes ewiger Wille und Plan‹, vergleichbar der antiken Formel »ratio divi-
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na vel voluntas Dei, ordinem naturalem conservari iubens, perturbari vetans« (Augustin, Contra Faustum, XXII, 27): ›Göttl. Vernunft oder Gottes Wille verlangen die Erhaltung der natürl. Ordnung und verbieten ihre Störung‹. Für I. Kant ist ein moralisch- praktisches G. (8Sittengesetz) ein Satz, der einen kategorischen Imperativ, d. h. ein unbedingt zu befolgendes Gebot der sittlichen Vernunft, enthält. ›Verbindende G.e‹, für die eine äußere Gesetzgebung möglich ist, nennt Kant ›äußere G.e‹. Der Inbegriff dieser ›äußeren G.e‹ ist ihm die Rechtslehre. Unter den ›äußeren G.en‹ (oder Rechtsgesetzen) unterscheidet er weiter solche, »in denen die Verbindlichkeit auch ohne äußere G.gebung a priori durch die Vernunft erkannt werden kann«, als »zwar äußere, aber natürliche G.e« und solche, »die ohne wirkliche äußere G.gebung garnicht verbinden«, die »positiven G.e« (Met. d. Sitten, Einl. IV). Nach G. W. Fr. Hegel (GPhR §§ 211 ff.) wird das Recht dadurch 8positiv, daß das, was »an sich«, dem Begriffe nach, recht ist, in einem staatlichen G. bekanntgemacht und für verbindlich erklärt wird; es erhält dadurch erst »seine wahrhafte Bestimmtheit«. Es handelt sich bei der Abfassung eines allgemeinen G.buchs daher »nicht darum, ein System ihrem Inhalt nach neuer G.e zu machen, sondern den vorhandenen gesetzlichen Inhalt in seiner bestimmten Allgemeinheit zu erkennen, d. h. ihn denkend zu erfassen«. Im heutigen juristischen Sprachgebrauch ist G. im weiteren
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Sinne jede Rechtsnorm, im engeren Sinn das staatliche Zwangsgebot, das von der dazu verfassungsmäßig legitimierten Gewalt ausgeht (8Gewaltenteilung). Im ›materiellen‹ Sinne enthält es eine allgemeine Norm (8Gleichheit vor dem G.), während ein G. im lediglich ›formellen‹ Sinn auch nur die Regelung eines besonderen Tatbestandes (z. B. Haushaltsgesetz) betreffen kann. Aus dem Rechtsleben kommend, wurde dann der Begriff erweitert und umgewandelt zu dem Ausdruck jeder notwendigen Beziehung insbes. für die Abfolge von Geschehnissen. I. Kant definiert G.e in diesem Sinne als Prinzipien der Notwendigkeit dessen, was zum Dasein eines Dinges gehört (Metaphys. Anfangsgründe der Naturw., Vorr.). So spricht man von 8Denkgesetzen, vom 8Sittengesetz, in der Mathematik von Zahlgesetzen usf. Mit Naturgesetz (den Ausdruck leges naturae kennt schon Lukrez) drückte man urspr. die Notwendigkeit gleicher Tatbestände und Abläufe unter gleichen Bedingungen aus. Es kann unmittelbarer Erfahrung entstammen (z. B. Keplersche G.e) oder der Erklärung dienen (z. B. Newtonsches Gravitationsgesetz). Auch in der 8Wissenschaftstheorie des 20. Jh. wird zwischen empirischen und theoret. G.en unterschieden. Empirische G.e enthalten Regelmäßigkeiten im Gegenstandsbereich einer Wissenschaft; sie beanspruchen, die erkennbare Verknüpfung zwischen Beobachtungsgrößen als von einem 8Prinzip abhängig zu erklären (8Erklärung) und ermög-
Gesetz des Herzens
lichen dadurch ggf. 8Prognosen über erwartete zukünftige Zustände; theoret. G.e beanspruchen, in einer einheitl. Theoriesprache den Zusammenhang eines Gegenstandsbereichs zu beschreiben und ggf. zu erklären, auch durch Systematisierung der dafür gültigen empir. G.e; in der Logik und Mathematik werden G.e als Setzungen begriffen, etwa als 8Axiome oder auch Theoreme, welche aus Axiomen abgeleitet werden können. In der tradition. Arithmetik und Geometrie spricht man auch ohne axiomat. Grundlage schon dann von einem G., wenn z. B. das Ausgesagte einer Anschauung entspricht; so etwa im Fall der KommutativG.e (von lat. commutatio ›Wechsel‹), welche die Unabhängigkeit eines Resultats von der Reihenfolge der zu verknüpfenden Größen ausdrücken, wie z. B. bei der Addition: a+b = b+a, bei der Multiplikation: ab = ba. Gesetz des Herzens, ein vermutlich im Hinblick auf B. Pascals 8ordre du coeur von G. W. Fr. Hegel (Phän. d. Geistes, V B b: »Das G. d. H. und der Wahnsinn des Eigendünkels«) in krit. Absicht gebr. Begriff. Hegel nimmt an, daß das, was für das ›G. d. H.‹ gehalten wird, wenn es sich ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit, die Allgemeinheit und die Vernunft durchzusetzen versucht, zum 8Subjektivismus führen muß. Von G. d. H. könne man zurecht nur reden, wenn es »das Gesetz aller Herzen« sei: »in dem, was Gesetz ist, muß jedes Herz sich selbst erkennen«. Vgl. 8Herz.
Gesinnung
Gesinnung, seit dem 18. Jh. die festgewordene Denkweise des Menschen; Gesinnungsethik, i. Untersch. zur Handlungsfolgenethik jede 8Ethik, welche die Güte (8Wert) der Motivation, inbes. die G. oder das 8Gewissen als Beurteilungsmaßstab für eine Handlung oder für 8Normen verwendet, welche einen Handlungstyp regulieren. Die terminolog. Unterscheidung zwischen G.sethik und 8Verantwortungsethik geht auf M. Weber zurück, der auf der Bewertung von zu verantwortenden Handlungsfolgen als ethischem Kriterium insistiert hat und insofern die bloße Reduktion der Bewertung auf das ›gute‹ Motiv des Handelnen einer Kritik unterzogen hat. gesta, lat., Erzählstil, in der Historiographie des M A die Beschr. von Leben und Haltungen bedeutender Persönlichkeiten, verbunden mit Anekdoten und moral. Betrachtungen, im Untersch. zu Chroniken und 8Annalen, in denen die Geschichtsschreibung in zeitl. Reihenfolge angeordnet ist und die sich auf nachprüfbare Überlieferungen oder Fakten beschränken. Gestalt, nhd. Substantiv von stellen, im Mhd. ›aufstellen‹, feststellen, gestalten, daher Part. gestalt ›gestaltet‹, aussehend (erhalten in: ungestalt, ›häßlich‹); meist gebr. zur Übers. von lat. forma, die räumlichanschauliche 8Form, svw. 8Bild; im weiteren Sinn jedes Gebilde, dessen charakteristische Einheit sich nicht aus einzelnen oder einzeln aufgefaßten Bestandteilen zusammensetzt, sondern sich als Erleb-
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nisganzes darstellt. In der Psychologie Bez. für Fakten oder Figuren, die nur in einem geschlossenen Ganzen, das sich von einem Grund unterscheidend abhebt, erfaßt werden können, und eine vorgestellte Gesamtheit bilden; in der bild. Kunst und in der Literaturwiss. Bez. für die wahrnehmbare Erscheinungsform eines Kunstwerks, in der Literaturinterpretation svw. 8Gehalt in der engeren Bed.: ästhet. Durchgestaltetsein eines literar. Stoffs. (8Theorie). Gestaltkreis, Bez. V. v. Weizsäckers in einem gleichnamigen Buch (1940) für das Hervorgehen der wirklichen Lebensleistung aus einer fortgesetzten kreisartigen Verbundenheit zwischen Organismus und Umwelt, wobei es der Organismus ist, welcher bestimmt, was von der Umwelt auf ihn einwirkt. Als Umwelt wird in diesem Modell nur das verstanden, was vom Organismus erregt wird. Gestaltpsychologie, diej. Schule der Psychologie des 20. Jhs., in der vor allem die 8Wahrnehmung von 8Gestalten zum Gegenstand der psychologischen Forschung gemacht wurde; danach sollen gegliederte Inhalte nicht als Summe ihrer Teile erfaßt werden, sondern in ihren besonderen Gestaltquali-täten (d. h. im Hinblick auf die Beziehung zwischen den Bestandteilen als neuem Merkmal des Ganzen, durch welche dieses Ganze zu einer Gestalt wird). Musterbeispiel: Die Melodie ist mehr als die in ihr enthaltenen Töne. W. Köhler glaubte, die Gestaltwahrnehmung auf ›physische Gestal-
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ten‹ zurückführen zu können, wie sie sich schon in der anorganischen Natur bilden; doch sind diese Anordnungen keine echten Ganzheiten, sondern herleitbar aus den Gesetzen ihrer Teile. Geste, lat. gestus ›die Haltung‹, auch die Gebärde; Gestik, svw. Pantomimik. Gestell, urspr. der feststehende, die bewegl. Teile tragende Teil eines Mechanismus; auch Bez. für ein schneisenförmig geschlagenes Waldstück; im Denken des späten M. Heidegger Bez. für die Seinsweise des Verhältnisses von 8Mensch und 8Technik, im Untersch. zum ›metaphysischen‹ Begr. des 8Gesetzes. Geviert, von M. Heidegger in seinen späten Schriften gewählte Bez. für die Einheit aller Weltbezüge und für die innere Bezogenheit von Menschen (die ›Sterblichen‹) auf die außermenschlichen Wesenheiten (die ›Unsterblichen‹), auf den Bereich des Bewohnbaren (die ›Erde‹) und auf den des Unerreichbaren (den ›Himmel‹); urspr. alltägl. Bed.: ein vierteiliger Rahmen aus Kanthölzern, in der Typographie ein quadratischer, nicht mitdruckender Typenkörper. Gewalt, in den Sozialwiss. verw. für die Möglichkeit zur Anwendung phys. und psych. Zwanges gegenüb. anderen, z. B. um diesen Schaden zuzufügen oder sie zur Unterwerfung unter eine Herrschaft oder zur Einhaltung von Verpflichtungen zu zwingen. In modernen Staaten kommt ausschließlich dem 8Staat das zu, was M. Weber das ›Monopol der phy-
Gewalt
sischen Gewaltsamkeit‹ nennt. G. wird nicht nur von natürlichen und juristischen 8Personen ausgeübt, sie kommt vielmehr auch als Nebenfolge gesellschaftlich anonym sich durchsetzender Zwänge gegenüber benachteiligten Gruppen vor i. S. v. ›struktureller G.‹, z. B. bei der Aufrechterhaltung und Verschärfung von sozialen Gegensätzen, die aus ungleichen Besitz- und Machtverhältnissen resultieren, auch wenn sie durch eine herrschende Rechtsordnung legitimiert sind; in der traditionellen Sprache des Rechts auch svw. Herrschaft, Vollmacht, mit Auftrag beherrschtes Territorium, Regierung. Im Strafrecht wird G. def. als Einsatz einer phys. Kraft zur Überwindung eines vermuteten oder auch wirkl. Widerstandes bei der Begehung einer strafbaren Handlung; als vis absoluta (lat., absolute G.) bezeichnet man die völlige Ausschaltung der Fähigkeit eines Opfers, sich zu wehren (z.B. durch Fesselung oder Betäubung), mit vis compulsiva (von lat. compellere ›jagen‹, treiben) die Einwirkung auf einen anderen mit dem Ziel, dessen Willen zu beugen; im Zivilrecht i. S. v. Beauftragung, Vollmacht auch in den Rechtsverhältnissen elterliche G., SchlüsselG. Gewaltverhältnis, auch öffentl. - rechtl. Verhältnis gen., bez. das Verhältnis des Staatsbürgers oder Einwohners zu den Staatsorganen. In der Sprache des Rechts wird das allg. G.verhältnis, das die Rechte und Pflichten eines jeden gegenüber dem Staat bezeichnet, vom besonderen G.verhältnis unterschieden, welches entweder auf
Gewissen
freiwilliger Grundlage eingegangen wird (so z. B. bei Beamten, Berufssoldaten, Studenten) oder gesetzl. erzwungen wird (wie z. B. bei Wehrpflichtigen, Häftlingen, Schulpflichtigen). Gewaltlosigkeit, Form des polit. Kampfes, verstanden als Widerstand z. B. gegen staatl. Zwangsmaßnahmen, wobei auf Anwendung von Gewalt gegen natürliche oder juristische 8Personen oder gegen Sachen verzichtet wird. (Vgl. auch 8ziviler Ungehorsam.) Gewaltenteilung: die Verteilung der verschiedenen Funktionen der Staatsgewalt – in heutiger Differenzierung: Gesetzgebung, Regierung (Verwaltung) und Rechtsprechung – auf verschiedene Träger, damit sie sich gegenseitig beschränken und kontrollieren. Gefordert wurde sie als Prinzip zuerst von J. Locke (Two Treatises on Government, 1690) u. dann bes. von Ch. L. Montesquieu (L’esprit des lois, 1748, 11. Buch, 4. Kap.); sie ging von ihm aus in die Theorie des 8Rechtsstaates über. In der amerik. Bundesverfassung ist das Prinzip der G.enteilung am strengsten durchgeführt (Wahl des Präsidenten durch die Wählerschaft als Chef der Exekutive), während es in den meisten europäischen Verfassungen durch die Überordnung der gesetzgebenden G. (des Parlaments) über die Regierung abgeschwächt ist (Wahl oder Bestätigung der Regierung oder des Regierungschefs durch das Parlament). Nach I. Kant (Met. d. Sitten I, § 48) ist jede der drei G.en »das Ergänzungsstück der anderen zur Vollständigkeit der Staatsverfas-
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sung« und jede den anderen in dem Sinne untergeordnet, daß sie »nicht zugleich die Funktion der anderen, der sie zur Hand geht, usurpieren kann«. G. W. Fr. Hegel (GPhR § 272) unterscheidet einen wahren und einen falschen Sinn der G.enteilung. Nach ihrem wahren Sinn liegt in ihr »das wesentliche Moment des Unterschiedes, der realen Vernünftigkeit«. Mit der Verselbständigung einer jeden G. könne jedoch auch »die Zertrümmerung des Staates unmittelbar gesetzt« werden. G. W. Fr. Hegel unterscheidet noch (GPhR § 275) in Anlehnung an J. Locke die gesetzgebende G. (die G., »das Allgemeine zu bestimmen und festzusetzen«), die Regierungsgewalt (die der »Subsumtion der besonderen Sphären und einzelnen Fälle unter das Allgemeine« – darunter fällt also auch die richterliche G.) und die fürstliche G. als die der letzten ›persönlichen‹ Entscheidung, durch die die Einheit des Staates selbst als willentlich handelnde jurist. 8Person (GPhR § 279) gewährleistet werde (8Souveränität). Gewissen, mhd. gewizzen, ahd. giwizzani, zuerst bei Notker Teutonicus (um 950, gest. 1022) als Lehnübers. von lat. conscientia, das seinerseits gr. syneidësis ›Gewissen‹ und ›Bewußtsein‹ (zuerst bei Demokrit) wiedergibt. Allg. bez. man mit G. das innere Wissen, das die moralische Beurteilung des Menschen durch sich selbst ermöglicht; zumeist verwendet als religiöser Begriff; es wurde in der Tradition metaphor. dargestellt als innere Stimme, die in ihrem Warnen, For-
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dern, Richten als die Stimme Gottes im Menschen gehört wird. Eine prima facie an der G.sentscheidung orientierte Ethik (8Gesinnungsethik) beschränkt sich auf die Analyse von Situationsbedingungen des Handelns u. verzichtet i. d. R. auf die Etablierung allgemeinverbindlicher Normen, aber auch auf die rationale Prüfung verantwortbarer, jedoch nicht intendierter Handlungsfolgen. Gewissensfreiheit, das Recht des Menschen, in seinem Reden und Handeln seiner eigenen 8Überzeugung zu folgen. Gewißheit (lat. certitudo), 1. als subjektive G.: in Bez. auf Überzeugtheit höchster Grad des Fürwahrhaltens, der bei verschiedenen Menschen von unterschiedlichen Bedingungen (z. B. einer Glaubenserfahrung, einem religiösen Erlebnis der Betroffenheit, einer als Erleuchtung empfundenen 8Intuition), von ihrer Grundeinstellung (leichtgläubig, mißtrauisch, vertrauensselig, skeptisch) und ihrer Vorbildung (im Erkennen, Urteilen und in den Voraussetzungen des Wissens mehr oder weniger geschult) abhängt. 2. Für objektive G. wird die Unbezweifelbarkeit entweder als 8Evidenz aus unmittelb. 8Anschauung oder aus denknotwendiger logischer Schlußfolgerung gehalten. Der Gegensatz von G. ist Bezweifelbarkeit; zwischen G. und bloßer Anerkennung der Möglichkeit gibt es unterschiedliche Grade der 8Wahrscheinlichkeit. Gewohnheit (gr. 8ethos, lat. consuetudo von consuescere ›sich ge-
Glaube
wöhnen‹, sich vertraut machen), mhd. giwone, dem die Vorstellung des Behagens, Gefallens, Vertrautseins zugrunde liegt, im allg. svw. 8Sitte, Brauch – ein ethischer und religiöser Grundbegriff, der auf die Stetigkeit (8Kontinuität) abzielt. Augustin, B. Pascal u. a. nannten deshalb die G. secunda natura ›zweite Natur‹. Über G.srecht: 8Recht (vgl. 8historische Schule); über den naturwissensch. Begriff der G.: 8Anpassung. Dazu: Gewöhnung, svw. Habituation, in der Physiologie Adaptation an Reize, die bisher nicht oder kaum wahrgenommen wurden; in der Psychologie Bereitschaft zu routinemäßigem 8Verhalten, die durch häufige Wiederholung erlernt oder auf andere Weise mitverursacht wurde; in der Pharmakologie die progressive Anpassung des Körpers an zunehmend höhere Dosen von Drogen. Geworfenheit, bei M. Heidegger Synonym für 8Faktizität des menschlichen Daseins (Sein und Zeit, EA 1927, § 38). Glaube, von mhd. geloube (männl. u. weibl). Die christl. Missionare gebrauchten ahd. gilouba zur Übersetzung von gr. pistis ›Treue‹, ›Vertrauen‹ und lat. fides ›Treue‹. Erst bei Notker Teutonicus (10. Jh.) findet sich die Verw. von G. als ›Wahrscheinlichkeit‹, ›Glaubwürdigkeit‹. Nach katholischer Lehre des Ersten Vatikan. Konzils (1869) ist G. »die übernatürliche Tugend, durch die wir mit Beistand und Hilfe der göttlichen Gnade das von Gott Geoffenbarte für wahr halten, nicht weil wir mit dem Lichte der natürlichen Vernunft seine Wahr-
Glaube
heit durchschauen, sondern wegen der Autorität Gottes, der es offenbart hat und der weder irren noch in Irrtum fallen kann«. Nach reformatorisch- lutherischer Lehre ist »G. nicht allein die Historie wissen, sondern Zuversicht haben zu Gott, seine Zusage zu empfangen« (Confessio Augustana, 1530, Art. 20). Für die abendländische Kulturgeschichte lassen sich seit der Aufklärung Offenbarungsglaube (Judentum, Christentum, Islam, auch die »Buchreligionen« genannt) von der ›natürlichen Religion‹ unterscheiden, die die Gottgläubigkeit allein aus der 8Vernunft zu begründen versucht: 8Deismus, 8Theismus. Nach I. Kant bejaht der Theismus Gott einschließlich seiner Vorsehung, der Deismus Gott ohne sie (KrV, 1787, B 659). Für die strenge Unterscheidung von G. und 8Wissen mußte sich erst über gesellschaftliche Veränderungen (Handel, Manufaktur, Wissenschaft, Technik) ein Bewußtsein für den qualitativen Unterschied von Wissensformen entwickeln. Die Gewißheit des alltäglichen Gewußt- wie wurde bis dahin von der Gewißheit eines göttlichen Wirkens nicht unterschieden. Erst im Entstehungsprozeß der Neuzeit wurde es möglich (8Aufklärung), das Glaubensbewußtsein als eine Bewußtseinsstufe zu verstehen, die durch Wissen als rationale Erklärung und Forschung abgelöst wird. G. E. Lessing sagt in Die Erziehung des Menschengeschlechts: »Die Offenbarung [gibt] dem Menschengeschlechte nichts, worauf die menschliche Vernunft sich
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selbst überlassen, nicht auch kommen würde« (§ 4). Das Tätigkeitswort ›glauben‹ im Sinne von ›trauen‹ (vgl. gr. pistis, lat. fides, beide: 8Treue, G.) verweist auf eine Dimension menschlichen Erlebens, die eine von Religion und Dogmen unbhängige Bedeutung hat. Trauen kann als Grundhaltung oder - tugend aufgefaßt werden, die Bedingung dafür ist, daß menschlicher Umgang gelingt. Diese Bedeutungsschicht war in den seit der Scholastik ›göttlich‹ genannten Tugenden G., 8Hoffnung und 8Liebe theologisch gefaßt. In der Rechtssprache hat G. seit alters die Bedeutung des Festhaltens am einmal Gelobten, der Ehrlichkeit, gehabt. Die Paarung »Treu und Glauben« spielt im Rechtsleben eine Rolle (BGB §§ 157, 162, 242, 815). Autoritätsglaube (8Autorität) ist als solcher ein Wesensbestandteil der meisten 8Religionen, entspringend aus dem Bedürfnis der Verehrung einer übermenschl. Macht, welche Gehorsam fordert. In der 8Aufklärung wurde der Autoritätsglaube als der blinde Glaube an menschliche Autoritäten, besonders an die Vertreter der Kirche, der staatlichen Gewalt und des staatlichen Interesses, der Überlieferung auf allen Gebieten verstanden und als den Forderungen der Vernunft widersprechend abgelehnt und bekämpft. Vgl. 8Dogma. Glaubensfreiheit hatte Thomas v. A. (Summa theol. II qu. 2, 10- 12) gegenüber ›Heiden‹ und ›Häretikern‹ erlaubt und sittlich gerechtfertigt; sie wurde u. a. von M. Luther für das eigene Bekenntnis beansprucht;
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Freiheit, sich auf Grund der Entscheidung des eigenen 8Gewissens religiös- bekenntnishaft lösen und binden zu können. (Ggs.: Glaubenszwang). Glaubenslogik, vgl. 8doxastische Logik. Glaubensphilosophie, Bez. derjenigen Weisen des christlichen Philosophierens, die von der Voraussetzung ausgehen, daß es unmöglich ist, die durch 8Offenbarung unmittelbar gegebenen Glaubensinhalte durch die denkende Vernunft zu vermitteln (vgl. 8Fideismus, 8Traditionalismus). G.n in diesem Sinn sind z. B. der 8Augustinismus, das Denken B. Pascals (8ordre du coeur), Fr. H. Jacobis (8salto mortale) und in gewisser Weise auch die 8dialektische Theologie. Gleichgewicht, in Physik und Technik der Zustand eines Systems oder eines Körpers, bei dem entscheidende Zustandsgrößen zeitl. konstant bleiben und bei dem Wirkungen wie Gegenwirkungen sich gegenseitig aufheben; so spr. man in der Mechanik von KräfteG., wenn sowohl die Summe aller auf die einzelnen Teile einwirkenden äußerl. Kräfte als auch die Summe aller an ihnen wirkenden Drehmomente gleich Null ist; in der Psychologie analoge Verw. zur Bezeichnung einer inneren 8Harmonie als ›seelisches G.‹; in der Politikwiss. Bez. für die Balance der 8Gewalten oder Mächte (z. B. in der 8Gewaltenteilung); in der Wirtschaftstheorie Bez. für den Zustand eines ökon. Systems, das keine systemimmanenten Tendenzen zu seiner Änderung enthält.
Gleichheit
Gleichgröße, svw. Gleichsetzungsgröße, Gleichsetzungsglied, in der Grammatik ein Satzglied, das mit einem anderen Satzglied (z. B. Subjekt, Akkusativobjekt) gleichgesetzt wird und aus einem Substantiv oder Pronomen besteht, z. B. in der Äquivalenz von »Werner«, »mein Bruder«, »er« und »der Trainer in unserem Verein« in dem Satz »Werner ist mein Bruder, er ist der Trainer in unserem Verein«. Gleichheit, gr. isotës, lat. aequalitas, allgemein svw. 8Äquivalenz (vgl. auch dort). Ein Gegenstand x ist einem Gegenstand y genau dann gleich bezüglich einer Eigenschaft E, wenn x und y sich bezüglich dieser Eigenschaft nicht voneinander unterscheiden lassen. So gleicht ein Diamant einem Stück Graphit in der Eigenschaft, aus Kohlenstoff zu bestehen, aber nicht etwa bezüglich der Härte und des Aussehens. In einem engeren Sinne versteht man unter G. auch svw. 8Identität. So ist auch das Gleichheitszeichen › = ‹ in mathematischen Gleichungen zu verstehen. Entsprechend nennt man das 8principium identitatis und das 8Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen, die die Identitätsrelation charakterisieren, auch Gleichheitsaxiome. Die G. der Menschen als natürl. Bedingung wie auch als Rechtsprinzip ist in verschiedene sozialphilos. Theorien behauptet worden. Nach stoischer Lehre sind die Menschen der vernünftigen 8Anlage nach gleich. Im Christentum wird eine G. der Seelen behauptet: vor Gott gelte ›kein Ansehen der Person‹. Hier-
Gleichnis
auf beruht die grundsätzliche Gleichstellung von Menschen unabh. von Geschlecht, ethn. Herkunft, Bildung, Charakteranlage, Arbeitskraft, Gesundheit usf. durch die Kirchen. Im 8Naturrechtsdenken der 8Aufklärung haben alle Menschen von Natur aus gleiche Rechte. Die Ungleichheit der Menschen ist nach J. J. Rousseau (Discours sur l’origine et le fondement de l'inégalité, 1755) eine Wirkung der Kultur. G. (égalité ) war eins der proklamierten Prinzipien der Frz. Revolution, in der als Grundsatz der Staatsverfassung die Gleichheit vor dem Gesetz gefordert wurde, einer der fundamentalen Grundsätze des 8Rechtsstaates, der zuerst in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung ausgesprochen und von vielen neueren 8Verfassungen (z. B. Schweizer Bundesverf. Art. 4, in Deutschland zuerst rechtsgültig in der Weimarer Verf. Art. 109) übernommen wurde. Er richtete sich urspr. vor allem gegen die Beibehaltung von Standesvorrechten, hat aber einen viel allgemeineren Sinn. Als Forderung an den Richter bedeutet er, daß dieser ›ohne Ansehen der Person‹, also unparteiisch, nur nach dem 8Gesetz richte. Er entspr. dem Begriff des Gesetzes als einer allgemeingültigen Norm und einer unparteiischen Gesetzesanwendung. Er kann aber auch als Forderung an den Gesetzgeber verstanden werden und bedeutet dann nicht nur, G. zu respektieren, sondern auch Gleichstellung aktiv zu fördern. Gleichnis, Mittel der literar. Komposition, mit dessen Hilfe ein Vor-
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gang, Ereignis oder Zustand zur Veranschaulichung mit einem nach bestimmten Merkmalen als analog zu betrachtenden Sachverhalt aus einem anderen (z. B. konkreten, sinnl.) Bereich vergleichbar gemacht werden soll. Gleichung, in der Mathematik Ausdruck aus algebraischen Symbolen, der ein Gleichheitszeichen › = ‹ (8Gleichheit) enthält und die 8Äquivalenz der zu beiden Seiten dieses Zeichens stehenden Teilausdrücke ausdrückt. Gleichzeitigkeit, in der Physik die zeitl. Übereinstimmung des Eintretens zweier Ereignisse. Nach A. Einsteins spezieller 8Relativitätstheorie ist die Frage nach der G. zweier (räumlich getrennter) Ereignisse stets nur relativ zu einem Bezugssystem (gen. Inertialsystem) zu beantworten. In der Geschichtswissenschaft nennt man G. die Perspektive, unter der historische Gegenstände (z. B. Kulturen, Gesellschaften, politische Systeme) als im gleichen Zeitabschnitt ablaufend beschrieben werden. Zum Problem wird die Zuschreibung von G. zu zeitgleichen Perioden inbes. dann, wenn diese Gegenstände unterschiedl. sozialen oder kulturellen Entwicklungsabschnitten zugeschrieben werden. Glück (gr. eudaimonia, lat. beatitudo), mhd. gelücke, das Gefühl der Harmonie, der Zustand des inneren Einklangs von Wunsch und Befriedigung, der einzelne günstige Umstand (8Zufall), aber auch das günstige Zusammentreffen von inneren Tendenzen mit äußeren Umständen und die 8Freude über sol-
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che gute Fügung (8Heil, 8kairos); in der Antike bei den Griechen meist als 8Tychë, bei den Römern als Fortuna personifiziert. Das G. als G.sgefühl hat seine Ursache weniger in den G.sgütern, die nicht notwendig zu G.sgefühlen führen, sondern in der eigenen G.sfähigkeit, die vom äußeren Besitz und 8Schicksal weitgehend unabhängig ist und auch durch das Streben nach G.sgütern nicht erreicht wird. Über G. oder Glückseligkeit als Ziel sittlichen Handelns: 8Eudämonismus; das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl: ein von Fr. Hutcheson geprägtes und durch J. Bentham in Umlauf gebrachtes und berühmt gewordenes Schlagwort; vgl. 8Gemeinwohl; vgl. auch einzelne Theorien des G.s: 8Utilitarismus, 8Hedonismus, 8Eudämonismus. Gnade, mhd. g(e)nade, Übers. von gr. charis, lat. gratia, Huld, Hilfe von oben, einer der Grundbegriffe des Christentums zur Bez. des nicht von Menschen, sondern von Gott ausgehenden Heils, das die Sündenvergebung, die 8Rechtfertigung und damit die 8Erlösung einschließt. Die G.nlehre in ihrer extremsten Form geht auf den Apostel Paulus zurück, nach dem alles Gute, seinem Wollen und Vollbringen nach, nur von Gott im Menschen gewirkt werden kann (Phil. 2,13); sie hat zur Voraussetzung, daß der Mensch von sich aus nur zu egoistischen Handlungen fähig ist (Römer 7, 18). Theologisch begründet wurde die G. durch Tertullian und Augustin. Ersterer dachte die G. gemäß stoischen Gedan-
Gnoseologie
kengängen als Einhauchung (inspiratio) eines göttlichen Kraftstoffs. Dieser Begriff einer G.nsubstanz kam im abendländischen Katholizismus zur Herrschaft. Augustins Formel: gratia gratis data ›Die G. ist freies Geschenk‹ will zugleich mit der Alleinwirksamkeit der G. die gänzliche Unfähigkeit des natürlichen Menschen zum Guten besagen. Zwar besitzt der Mensch 8Freiheit, doch sei diese nur ein Wille zum Verwerflichen. »Die in Selbstsucht und Sinnlichkeit verstrickte Menschheit kann nur durch die G., die das Wollen und Vollbringen wirkt, zum Guten befähigt werden« (De gratia et libero arbitrio, 17, 33). An der G.nsubstanz hielt auch Thomas v. A. fest. Die Reformation versuchte, die katholische Lehre u. Praxis einer kultischen Vermittlung der G. im Meßopfer zu überwinden, indem sie an die Stelle der G.nsubstanz das Bewußtsein des persönlichen Bezugs von Gott und Mensch setzte; G.nmittel ist für M. Luther nicht mehr das Sakrament, sondern der 8Glaube. Eine erneuerte G.nauffassung begründete die kath. Kirche auf dem Tridentinischen Konzil (1545 - 1563), auf dem sie sich von dem spätscholastischen 8Pelagianismus distanzierte u. sich dem 8Synergismus öffnete. Gnome, gr./lat. (von gr. gignôskein ›kennen‹, erkennen), Erfahrungssatz eth. Inhalts, svw. 8Maxime; in der Literaturwissensch. auch Sentenz, vor allem in Vers- oder Prosaform. Gnoseologie, Neub. von W. T. Krug (Fundamentalphilos., 1803,
Gnosis
18192 S. 293) aus gr. gnôsis ›Erkenntnis‹ und logos ›Lehre‹, die Erkenntnislehre, häufig gebr. als Synonym für Erkenntnistheorie. Gnosis, gr. 8›Erkenntnis‹, insbes. die Erkenntnis Gottes, des Göttlichen, der geistigen Welt. Im Gegensatz zu dem auf Autoritätsglauben (8Glaube) gegründeten kirchlichen Christentum wird als G. oder Gnostizismus jede Erlösungsreligion bezeichnet, nach die die Erlösung von der Erkenntnis Gottes und seines mit den Menschen beabsichtigten Zwecks, seines Heilsplans, abhängig gemacht wird. Seit dem 18. Jh. werden die in den ersten Jahrhunderten n. Chr. auftretenden Sektengründer Gnostiker genannt; sie verbanden das Christentum mit Elementen einer griechisch- orientalischenMysterienreligion, in der eine in Allegorien und Symbolen dargestellte mystische Metaphysik gelehrt wurde; das größte erhaltene Werk ist die Pistis Sophia (gr. ›Glaubensweisheit‹) in koptischer Sprache (dt. von C. Schmidt, 19252). goldene Regel, allg. der Grundsatz: »Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem andern zu«, der in verschiedenen Fassungen bei gr. und röm. Philosophen, in den Evangelien, im jüdischen Schrifttum, bei Konfuzius und im ind. 8Brahmanismus und im 8Buddhismus auftritt (8Mitleid, 8Nächstenliebe, 8tat twam asi). In positiver Form als Gebot fordert die g.R.: »Was ihr wollt, daß man euch tue, das tut auch ihnen!« In der Mechanik heißt g. R. der Satz: In demselben Verhältnis, in dem
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man bei einer einfachen Maschine (schiefe Ebene, Hebel, Schraube usf.) Wege gewinnt, muß man mehr Kraft aufwenden; und umgekehrt: was an Kraft gespart wird, geht an Weg verloren. Die g. R. ist die einfachste Formel, mit der der Satz von der 8Erhaltung der Energie ausgedrückt wird. Gödelisierung, ein von dem österr. Logiker K. Gödel 1931 zuerst veröff. Verfahren zum Nachweis der Unvollständigkeit der axiomat. Theorie der natürlichen Zahlen (8Axiom, 8Zahl). Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz besagt in seiner Konsequenz, daß es arithmetische Aussagen gibt, die für natürliche Zahlen wahr, aber nicht aus dem Axiomensystem, das das System der natürlichen Zahlen definiert, beweisbar ist. Bei der G. als Verfahren zur formalisierten Darstellung theoretischer Systeme nimmt man eine eindeutige Zuordnung natürl. Zahlen zu den sinnvollen Ausdrücken eines formalen Systems vor, wobei jeder Zahl maximal ein Ausdruck entspr. und jedem Ausdruck nur eine Zahl, gen. Gödelnummer, zugeordnet wird. Mit Hilfe dieses Verfahrens lassen sich Sätze der 8Metamathemathik durch arithmetische Beziehungen repräsentieren und im Rahmen der Arithmetik behandeln. Goodwill, engl., allg. ›guter Ruf‹, Ansehen, für den inbes. Politiker und Firmen in der Öffentlichkeit werben; in der Wirtschaft und in der Sprache des Wirtschaftsrechts darüber hinaus derj. ökon. Marktwert, welcher, über die vorhandenen Sachwerte und Rechte hinaus-
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gehend, auf prognostizierten wirtschaftl. Gewinnerwartungen beruht, die sich zusätzlich aus der Verkehrslage einer Firma oder freiberufl. Praxis, aus dem Stamm an Kunden bzw. Klienten und aus dem Ruf und Ansehen bei diesen ergeben. Gossensche Gesetze, in der Wirtschaftstheorie die zuerst von dem Nationalökonomen H. Gossen im 19. Jh. formulierten beiden Gesetze zur Bestimmung des Grenznutzens als Regulative des wirtschaftlichen Handelns: 1. Der 8Grenznutzen eines Gutes nimmt bei wachsendem Konsum ab; 2. Ein Wirtschaftssubjekt erreicht ein Maximum an Befriedigung seiner 8Bedürfnisse, wenn der Grenznutzen jedes der von ihm verbrauchten 8Güter vergleichbar groß mit jedem der übrigen auf dem Markt angebotenen Güter ist. Nach dieser Auffassung ist der Grenznutzen, der sich aus einer Einkommenseinheit ergibt, in jeder Art der Verwendung gleich. Gott, ursprüngl. sächl.: das G., erst unter christl. Einfluß männl.; in best. Religionen (z. B. in der röm. und gr. Antike) auch im Plural gebräuchlich. Wird G. als Individuum, als Unikat gedacht, so tritt das G.esproblem auf 1. als das der Einheit des Vielfältigen aller Erfahrungen und damit als eines der Urprobleme der 8Metaphysik. Die Frage nach G. erscheint 2. als die nach dem Dauernden, Ewigen angesichts der wechselhaften Folge der Erscheinungen (8Ewigkeit). Da 3. die Frage nach dem Wesen G.es unlösbar verbunden ist mit der
Gott
nach der Welt, so haben die G.esauffassungen den Entstehungsgrund ihrer Verschiedenheit in der Art, auf die das Verhältnis zwischen der Einheit und Mannigfaltigkeit oder Gegensätzlichkeit gedacht wird. Im 8Hellenismus, mit Ausnahme seiner spätesten Zeit, ist mit der Vorstellung G.es als eines jenseitigen Weltordners, Weltbaumeisters (8Demiurg), der den außer ihm gegebenen Urstoff gestaltet, der Gegensatz zwischen formender Macht und zu formendem Stoff absolut. Keines der beiden Prinzipien geht auf das andere zurück, beide sind gleich ewig (Plato, Timaios 28 ff., Philebos 22 C; Aristoteles, Met. 1073a 27). Die Vielheit ist nur abstrakt geeint in der Vorstellung der durch den Baumeistergott veranlaßten Stufenordnung des Seins, des Aufstiegs der dunklen 8Materie zu immer höheren und ihm immer ähnlicheren Gestaltungen (Evolution im spekulat. Sinn), die doch auf Grund ihrer Stoffverhaftung und der Reinheit des Baumeisters von allem Stoff ewig von ihm ausgeschlossen bleiben. Ebenso dualistisch bleibt der Gedanke der ausgehenden Antike, der 8Emanation, die statt des Aufstiegs der Welt den Abfall lehrt: aus dem Ureinen stürzt das Sein von Stufe zu Stufe und mindert sich bis zur Materie (Plotin, Enneaden VI, 7, 9). Dieser Lehre von Evolution und Emanation tritt das Christentum entgegen mit seiner Lehre von der 8Schöpfung als der 8creatio ex nihilo: G. ist nicht mehr nur Weltbaumeister, sondern Weltschöpfer, der die Wirklichkeit aus 8Nichts, d. h.
Gottesbeweis
aus Nicht- Etwas, nicht aus irgendeinem vorgegebenen Stoff, an den er gebunden ist, gestaltet, sondern auch diesen wie alles andere aus dem eigenen Vermögen hervorbringt. Während sich das theolog. geprägte Denken des Hochmittelalters um rationale Versuche des Umgangs mit dem G.esbegriff bemühte (8Gottesbeweis), entwickelte die dt. Mystik erstmals eine Sprache, in der der Schöpfer und die Welt der Geschöpfe mit einheitl. Begriffen gefaßt werden. Bei J. Böhme kann G. nicht ohne Natur, die Natur nicht ohne G. wahrhaft verstanden werden. »Es ist nur eine einige Wurzel, daraus alles herkommt« (Mysterium magnum, Kap. 2, § 5- 6). Doch ist auch bei ihm G. nicht mit der Welt eins, sondern G. steht auch außerhalb ihrer als der unoffenbarte 8Ungrund. In der neuzeitl. Philosophie herrschte dann wiederum der analytisch- rationale Umgang mit der These von der Existenz G.es vor (8Gottesbeweise, 8Deismus, 8Theologie, 8Theodizee, 8Atheismus, vgl. auch 8Schöpfung, 8Allah, 8Islam, 8Judentum, 8Monotheismus, 8Henotheismus). Der G.es - Begriff der christl. Theologie umfaßt die 8Aseität, die Vollkommenheit (8gut) und die Schöpfung, Erhaltung und Lenkung der Welt. (Vgl. 8Allmacht, 8Allwissenheit, 8Allgegenwart, 8creatio continua, 8Vorsehung.) Gottesbeweis (8Beweis). Unter den zahlreichen Beweisen für das Dasein Gottes, die von den Apologeten des Christentums, den Kirchenvätern und Scholastikern auf-
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gestellt wurden, um den christl. Glauben auch philosophisch zu rechtfertigen, sind die wesentlichen, auf die sich die übrigen zurückführen lassen: der kosmologische G., in dem im Anschluß an Aristoteles von der Bewegung in der Welt auf einen ersten Beweger, von dem ursächlichen Zusammenhang der Vorgänge in der Welt und von der Abhängigkeit, Bedingtheit und Nicht- Notwendigkeit alles weltlichen Seins auf eine erste Ursache, die selbst keine Ursache hat, sondern Ursache ihrer selbst ist (8causa sui, 8Aseität, 8unbew. Beweger), geschlossen wird; der ontologische G. nach Anselm von Canterbury: Gott ist seinem Begriff nach das vollkommenste Wesen, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann (bonum quo maius bonum cogitari nequit). Würde nun Gott nur gedacht werden und nicht existieren (wäre er in solo intellectu), so ließe sich ein noch vollkommeneres Wesen denken, dem auch das Merkmal der Existenz zukäme (ein maius quod tale sit etiam in re), was aber im Widerspruch zum Gottesbegriff stünde; der teleologische oder physikotheologische G., in dem aus der Zweckmäßigkeit der Welt auf eine zwecksetzende Vernunft, der moralische, in dem aus dem Vorhandensein des Sittengesetzes in uns, aus der in uns sich geltend machenden Forderung einer sittlichen Weltordnung und aus der unbedingten Geltung der sittlichen Werte auf einen absolut verpflichtenden höheren Willen geschlossen wird als den Urheber des morali-
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schen Gesetzes in uns. Die schärfste Kritik hat von jeher der ontologische G. gefunden; schon Anselms Zeitgenosse, der Mönch Gaunilo, hat seine Beweiskraft bestritten. Dieser Beweisversuch taucht in verschiedenen Abänderungen und Verfeinerungen immer wieder auf, so bei R. Descartes (Meditationes III, V). Seine schroffste Ablehnung hat er durch I. Kant (KrV, 2. Abt. ›transzendentale Dialektik‹ 2. Buch, 3. Hauptst., 3.- 7. Abschn.) erfahren. Kant lehnt aber auch den kosmologischen G. ab, da die Kausalität für ihn nur eine Kategorie unseres Verstandes ist, die nur für die Erscheinungen zur Gewinnung von Erfahrung gilt. Den teleologischen G. erklärt er zwar als würdig, »jederzeit mit Achtung genannt zu werden«; er könne aber »höchstens einen Weltbaumeister, nicht einen Weltschöpfer dartun«. Während aber Kant die »aus spekulativer Vernunft« stammenden G. 8ablehnt, erkennt er die Existenz Gottes als 8Postulat der praktischen Vernunft, als Forderung des moralischen Bewußtseins an. Gottesstaat, 8civitas dei. Grammatik, gr. grammatikë (technë), urspr. die Kunst, richtig zu lesen und zu schreiben, als solche zu den 8artes liberales im Universitätsbetrieb des Mittelalters gehörig; später svw. Sprachlehre, die die Regeln einer 8natürlichen Sprache systematisiert. Traditionell umfaßt die G. die Lautlehre (Phonetik), die Wortbildungs- und Formenlehre (Morphologie, Flexionslehre) und die Satzlehre (8Syntax). Mit den Adjektiven grammatisch bzw.
Graph
grammatikalisch meint man entweder soviel wie ›die G. betreffend‹ oder ›den Regeln der G. entsprechend gebildet‹ (auch ›grammatisch (bzw. grammatikalisch) richtig‹; grammatisch falsche Ausdrücke, insbes. Sätze, nennt man oft ›ungrammatisch‹). Die bekannteste G. ist die gewöhnliche Schulg., die sowohl deskriptive (sprachbeschreibende) als auch präskriptive (sprachnormierende) Züge aufweist und u. a. sprachdidaktischen Zwecken dient. In der modernen 8Sprachwissenschaft werden eine Fülle unterschiedlicher G.konzeptionen vertreten, denen z. T. ganz verschiedenartige theoretische Ansätze zugrundeliegen. Zu den wichtigsten gehören die der 8generativen Transformationsg. und der 8logischen G., die auch für die philosophische Diskussion von einiger Bedeutung sind. – Zuweilen bezeichnet man auch die syntaktischen und semantischen Regeln einer 8formalen Sprache als ihre G. (vgl. 8Syntax, 8Semantik). Graph, gr. graphë ›Schrift‹; in der Mathematik und in den Naturwiss. im engeren Sinne die graphische Darstellung von Relationen, z. B. von Funktionen in Form von Punktmengen, bei denen bestimmte Punktpaare durch Linien, z. B. Kurven, verbunden sind; im weiteren Sinne auch Bez. für beliebige Formen graph. Darstellung; in der Linguistik (8Sprachwissenschaft) Bez. für ein einzelnes, konkret hingeschriebenes Schriftzeichen, im Unterschied zum Graphem, der abstrakten Form eines Schriftzei-
Graphologie
chens, das als kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit in einem Schriftsystem verstanden wird. In den indoeuropäischen Schriften ist dies in der Regel (aber nicht immer) der Buchstabe (Beispiel für eine Ausnahme im Deutschen: Das Schriftzeichen »sch« gilt als ein Graphem, obwohl es aus drei Buchstaben zusammengesetzt ist). Dazu die Wissenschaft von den Graphemen, gen. Graphemik, Graphematik oder auch Grapheologie, die Lehre von den Schriftzeichen unter dem Gesichtspunkt ihrer (bedeutungs)unterscheidenden Merkmale. Graphische Darstellung, die zeichner. Veranschaulichung von Beziehungen zwischen Zahlenwerten mehrerer veränderlicher Größen. Variable Größen können dabei als 8Parameter darstellbar gemacht werden, so z. B. in einem kartesianischen (def. als ein rechtwinkliges) Koordinatensystem aus Abszisse und Ordinate: hier kann die funktionale Abhängigkeit zweier Variablen (x,y), ausgedr. in der Gleichung y = f(x), als Kurve dargestellt werden; im weiteren Sinne jede Veranschaulichung von Größenverhältnissen durch Längen, Flächen, zählbare Mengen von graph. Elementen durch Schaubilder, svw. Diagramme. Graphologie, von gr. graphë ›Schrift‹ und logos ›Lehre‹, die Lehre von der Handschrift als Ausdruck des menschl. 8Charakters. Gravitation (lat. gravis ›schwer‹), die Schwerkraft, die Anziehungskraft der Massen aufeinander, seit I. Newton (Philosophiae naturalis principia mathematica, 1687) das
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Grundgesetz der 8Mechanik: Zwei Körper ziehen sich an im Verhältnis ihrer Massen und im umgekehrten Verhältnis des Quadrats ihrer Entfernung. Diese 8Attraktion bewirkt insbes. einerseits die Beschleunigung der irdischen Körper nach ›unten‹, gegen den Schwerpunkt der Erde hin, also den Fall, andererseits durch Ausgleich mit der Zentrifugalkraft (Fliehkraft) den Umlauf der Planeten um die Sonne nach den Keplerschen Gesetzen. Grenze (gr. horos, lat. finis, 8limes), Lehnwort slaw. Ursprungs, zuerst im 13. Jh. im Ordensland Preußen auftretend mit der Bedeutung ›Landmark‹, durch M. Luther allg. eingedeutscht: der äußerste Umkreis eines Seins- oder Wirkensbereichs. – Grenzbegriffe sind nach I. Kant (KrV, B 310 f., Proleg. § 57- 60) solche Begriffe, die die Anmaßungen der 8Sinnlichkeit begrenzen, indem sie bis zur objektiven G. der Erfahrung führen. Sie bestimmen die G., ohne daß die Bestimmung irgend etwas inhaltlich über das, was jenseits der G. ist, aussagen soll (8Ding an sich, 8Noumenon). – Grenzsituationen sind Lagen, in denen der Mensch an die endgültigen, unausweichlichen, aber auch unüberschaubaren G.n seines Seins stößt, wie 8Schuld, 8Tod, 8Schicksal, 8Zufall, Abschied u. a. Wir antworten auf sie nicht durch planende Berechnung, beruhigende Rationalität oder Verharren in vorgegebenem Glauben, sondern im Durchbruch zur 8Existenz oder im Abfall von der Möglichkeit zu ihr, durch
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Selbstergreifen oder Selbstverlust. (Vgl. K. Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, EA 1919). Grenznutzen, Begr. der Wirtschaftstheorie zur Bez. des Nutzenzuwachses, den ein ökon. handelndes Subjekt auf einem best. Konsumniveau bei einer geringfügigen Ausweitung seines Konsums erfährt. Die Theoretiker der Grenznutzenschule (C. Menger, E. v. Böhm- Bawerk, L. Walras, V. Pareto) versuchten seit den 70er Jahren des 19. Jh. nachzuweisen, daß aus den indiv. Nutzenempfindungen letztlich sämtliche Erklärungsgesichtspunkte für Schwankungen in der Preisgestaltung zu gewinnen seien (8Nutzen, 8Gossensche Gesetze; 8Werttheorie). Grenzwert, auch Limes (lat. Grenzlinie, Grenzwall), in der Mathematik diej. reelle Zahl, gegen die eine Folge reeller Zahlen konvergiert, d. h. der sie sich annähert, ohne sie zu erreichen; in der Ökonomie der Wert einer Größe, z.B. einer techn. Anlage, durch die der Betriebszustand bestimmt wird und die nicht unter- oder überschritten werden darf (8Gaußsche Verteilung); In der Ethik N. Hartmanns (1926, S. 440 ff.) ist G. ein 8Wert, der eine ins Unendliche gehende Wertperspektive andeutet, z. B. die Fernstenliebe, die 8schenkende Tugend, die 8Persönlichkeit. Grenzwerttheorem bezeichnet in der Statistik einen Lehrsatz über die 8Wahrscheinlichkeit der Verteilung von arithmet. Durchschnitten, die nach Gesichtspunkten des 8Zufalls der gleichen Gesamtheit entnommen werden. Aufgr. dieses
Grund
Theorems ist es sinnvoll anzunehmen, daß man bei steigendem Stichprobenumfang, jedoch unabhängig von der Grundgesamtheit, für eine beliebige Verteilung das Modell der Normalverteilung erwarten kann. Größe, die in Zahlen ausdrückbare (meßbare) Ausdehnung von Gegenständen im Raume und die Dauer von Vorgängen in der Zeit (extensive G.). Von ihr sind unterschieden die G.n, die einer Steigerung und Abschwächung einer größeren oder geringeren Stärke wie Kraft, Licht, Wärme fähig sind (intensive G.n.). Sie lassen sich nur messen, wenn sie durch Apparate (z. B. Federwaage, Thermometer) in extensive übertragen werden. Ferner werden unterschieden 8kontinuierliche und 8diskrete, 8kommensurable und 8inkommensurable, 8konstante und 8variable, 8endliche und 8unendliche G.n. Großkonjunktion, alternative Bezeichnung für den Allquantor, vgl. 8Quantor. Großmut (lat. magnanimitas), die aus der Erhabenheit über niedrige, egoistische, kleinliche Denk- und Handlungsweise hervorgehende wohlwollende 8Gesinnung gegen andere, die sich z. B. darin zeigt, daß man Beleidigungen verzeiht und auf Vergeltung verzichtet. Grund, ahd. mhd. grunt ›tiefste Stelle‹. Erst die dt. Mystik entwickelt G. zur Bedeutung von 8Innerlichkeit, tiefste Wesens- und Wirkenskraft, Ursprung, Seelengrund (8Abgrund, 8Ungrund, 8Urgrund). In logischer Hinsicht, als
Grundbegriffe
Übers. von gr. 8logos, lat. 8ratio, heißt G. ein Urteil oder Gedanke, dessen Gültigkeit die Gültigkeit eines andern notwendig macht (8Folge). Chr. Wolff definiert G. als dasjenige, wodurch man verstehen kann, warum etwas ist (VGG I, § 29). Das Verhältnis von Folge und G. nachweisen heißt: etwas begründen oder beweisen (8Beweis). Der Satz vom zureichenden Grund (lat. principium rationis sufficientis), bei G. W. Leibniz (Theodizee II, § 44): »jamais rien n’arrive, sans qu’il y ait une cause ou du moins une raison déterminante«, vgl. auch die Formulierung bei Chr. Wolff (VGG I, § 30): »Alles, was ist, muß einen zureichenden Grund haben, warum es ist«, wird von Leibniz als Grundgesetz für die Tatsachenwahrheiten dem Satz vom Widerspruch (8principium ontradictionis) als dem Prinzip der Vernunftwahrheiten gegenübergestellt: »Unsere Schlüsse gründen sich auf zwei große Prinzipien. Das erste ist das Prinzip des Widerspruchs ... Das zweite ist das Prinzip des zureichenden Grundes, in Kraft dessen wir der Ansicht sind, daß keine Tatsache wirklich oder existierend und auch keine Aussage wahr sein könne, ohne daß es einen zureichenden Grund dafür gäbe, daß jene so und nicht anders seien.« (Monadologie § 31 f.). Grundbegriffe, 1. svw. 8Kategorien, 2. die elementaren Begriffe einer Wissenschaft. Grundbereich, auch ›Gegenstands- ‹, ›Objekt- ‹ oder ›Variabilitätsbereich‹, in der 8Prädikatenlogik der Bereich oder die 8Menge
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der Objekte, für die die 8Gegenstandsvariablen als Platzhalter stehen (ähnlich auch in der Mathematik); die Menge der Gegenstände, die bei der Interpretation prädikatenlogischer Ausdrücke zugrundegelegt wird (vgl. 8Modelltheoretische Semantik). Die Wahrheit von 8All- und 8Existenzaussagen hängt von dem vorausgesetzten G. ab. Grundlagenforschung, Klassifikationsbegr. inbes. in Wissenschaften mit speziellem Anwendungsbereich (Natur- , Technikwiss.) zur Bezeichnung für Forschungsprogramme, die zweckfrei i. S. von unabhängig von Verwertunginteressen angelegt sind; in der Wissenschaftstheorie, auch unter der Bez. Grundlagentheorie, die Beschäftigung mit den methodolog. und sonstigen systematischen Fundamenten einer wiss. Disziplin oder eines Forschungsprogramms. So zählt z. B. die 8Beweistheorie zur mathemat. G. Grundlagenkrise, wertende Bez. für den Zustand eines Bereichs der wiss. Forschung, bei der die bis dato für gesichert gehaltenen Forschungsergebnisse nicht mehr mit den Zielsetzungen oder auch mit den theoret. Voraussetzungen des Betreibens einer 8Wissenschaft für vereinbar gehalten werden. Man spricht von Grundlagenstreit, wenn innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft (engl. scientific community) Mitglieder einer wissensch. Schule versuchen, die Lösungsvorschläge für ein wissenschaftl. Problem gegen konkurrierende Deutungsvorschläge durchzusetzen. Im
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weiteren Sinne wird in der wissenschaftl. Öffentlichkeit ein manifest ausgetragener Grundlagenstreit häufig als Indiz für eine G. interpretiert, auch wenn innerwissenschaftl. noch gemeinsame Standards der wissenschaftl. Forschung und Beurteilung geteilt werden. Grundrechte, 8Menschenrechte, 8Bürgerrechte. Grundsatz, zuerst bei J. G. Schottelius (Ethica, 1669) für gr. axiôma, dann bei G. W. Leibniz und Chr. Wolff für lat. principium, 1. ein letztes, nicht mehr abgeleitetes und ableitbares 8Urteil, aus dem andere abgeleitet werden sollen, svw. 8Axiom, 2. eine Regel für das Handeln und Verhalten, die entweder subjektive 8Maxime oder ein objektiv und allgemeingültiges moralisches 8Gesetz sein kann, 3. in der Logik svw. 8Prinzip, das Forderungen für das richtige Denken enth. Grundwerte, in der Wertethik die Gruppe der sittlichen Werte, welche unterschiedlichen Arten des sittlichen Verhaltens gemeinsam sind, wie z. B. der 8Wert des 8Guten, des 8Edlen, der 8Fülle, der Reinheit (8rein); (s. N. Hartmann, Ethik, 1926, 338 ff.). Grundwissenschaft, bei Chr. Wolff svw. 8Ontologie, bei J. Rehmke die Wissenschaft, deren Aufgabe die begriffliche Untersuchung und Klarstellung der allgemeinen, aller wissenschaftlichen Arbeit vorausgehenden Tatbestände des Bewußtseins ist, die Wissenschaft vom Gegebenen und Gewußten überhaupt und von seinen allgemeinen Formen (ders., Phil. als G., EA 1910).
Gültigkeit
Gruppe, ital. gruppo ›Klumpen‹, frz. groupe; im Dt. urspr. Bez. für eine 8Ordnung von Figuren nach künstler. Maßstäben; als Begr. zur Bezeichnung einer sozialen Einheit wurde G. urspr. nur in metaphor. Bedeutung verwendet; als Kennzeichnung eines gesellsch. Verhältnisses eingef. zunächst in die Sprache der Ethik von L. Strümpell in seinem Lehrbuch Die Vorschule der Ethik (1844) zur Bez. eines überindividuellen, im Idealfall auf gemeinsamem Handeln und Bewerten beruhenden kollektiven Subjekts. In der Sprache der gegenw. Allg. Soziologie verwendet man den Begr. der G. zur Bezeichnung sowohl für formal konstituierte kleine Einheiten (formelle G.) wie für lebensweltlich nicht ausdrücklich geregelte Beziehungen zwischen mehreren Personen (informelle G.n). In der Soziologie hat sich ein empirisch orientierter Forschungsbereich etabliert, der sich Kleingruppenforschung nennt, ein Programm, dem in der Sprache der psychologischen Gebiete die Gruppendynamik entspricht. Deren Aufgabe ist es, die Zusammenhänge sowohl zwischen G.nmitgliedern als auch zwischen G.n zu erforschen. In der Mathematik werden unter der Bez. Gruppentheorie bestimmte algebraische Strukturen (8Algebra) als ›Gruppen‹ systematisch untersucht. Gültigkeit, von dt. Gült, urspr. Rechtsbegr. zur Bez. einer Grundrente in Naturalien, später auch Bez. für eine Grund- oder Ertragssteuer; im allg. svw. 8Geltung i. S. von logischer Richtigkeit (8allge-
gut
meingültig) oder nachgewiesener 8Wahrheit; in der empirischen Forschung svw. 8Validität, ein Kriterium, nach dem man angeben kann, ob die Fragestellung für ein zu lösendes Problem im Hinblick auf eine Forschungstechnik so operationalisiert ist, daß auch tatsächlich das erhoben und gemessen wird, was nach der zugrundeliegenden 8Hypothese überprüft werden soll. gut (mhd. ahd. guot ›trefflich‹, tüchtig, tauglich, lat. bonus, gr. agathos), Maßstab für alles auf 8Werte gerichtete Denken, Wollen und Handeln des Menschen. Nach der Wertethik des 20. Jh. besteht das, was g. genannt wird, im Vorziehen der höheren Werte vor den niederen, das 8Böse dagegen im Vorziehen der niederen vor den höheren. G. in der Nominalform das Gute meint allgemein die Idee des Maßstabes g., mit dem Sachverhalte beurteilt werden, oder spezieller ein (näher zu bestimmendes) Ziel ethisch sinnvollen Handelns. Die meisten 8teleologischen Ethiken (seit Aristoteles) übersetzen ›das Gute‹ als Handlungsziel mit Maßstäben (z. B. 8Glück, Glückseligkeit), mit dem der Handlungserfolg gemessen wird. 8Deontologische Ethiken (bes. eindeutig bei I. Kant) legen den Maßstab des ›Guten‹ an die Qualität der Handlungsvorsätze und der Handlungen selbst an, oft unter Absehung der (mehr oder weniger beabsichtigten) Handlungsfolgen. Der Maßstab g. dient der Bewertung (8Werte) von Handlungen sowie von (beabsichtigten) Handlungsfolgen. Danach wird das Resultat einer 8Handlung als g. be-
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zeichnet, wenn der erwartete und mit Zustimmung begleitete subjektive Zweck erfüllt ist, das Ergebnis ›gelungen‹ ist, sowie die dafür gewählten Mittel zur Handlungsausführung nach dem gleichen Maßstab als geeignet bewertet werden (8Zweck). Die Unterscheidung von g. in moralischer und außermoralischer Bedeutung ist dagegen erst Ergebnis philosophischer Reflexion (zuerst bei Sokrates). Soweit es überliefert ist, geht die begriffliche Trennung zwischen den Bedeutungen von g. einmal in moralischen, zum anderen in sonstigen technischen und praktischen Kontexten auf Plato zurück: Agathon (griech. für: gut, das Gute) kennzeichnete ursprünglich nur das Taugliche (8Tugend), das Geeignete für etwas anderweitig inhaltlich Bestimmtes, das Funktionstüchtige. Die Einheit der Idee des G.en in unterschiedlichen Praxisformen wird von Plato metaphorisch illustriert: im ›Sonnengleichnis‹ (Politeia, 508ac) läßt er diese Idee über verschiedene Teilbereiche so herrschen, wie es im Bild der strahlenden Sonne den Anschein hat: Die Idee wird von der menschlichen Einzelseele erst, analog zur Erhellung der Gegenstände durch das Sonnenlicht, an unterschiedlichen Objekten vernehmbar. Während die klassische griechische Philosophie die ethischen Maßstäbe des G.en und Bösen ausschließlich dem Handeln von Menschen oder ausnahmsweise auch den anthropomorph gedachten Göttern zuschrieb, verselbständigten sich diese Attribute in einigen ostasiat. und orienta-
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lischen Religionen zu Weltprinzipien oder auch transzendenten Wesenheiten. Im altchinesischen 8Dualismus zwischen dem aktiven (in einer Hinsicht männlichen; in anderer Hinsicht g.en) Prinzip des 8Yang und dem passiven (je nach Antonymie entweder weiblichen oder schlechten) Prinzip des 8Yin ergänzen sich beide Elemente. Kontradiktorisch dagegen stehen sich in den altpersischen Religionen (Parsismus, Zoroastrismus, Manichäismus) beide Positionen als Mächte gegenüber in der Gestalt einer g.en Macht (Ahura Mazda ›Macht des Lichtes‹, Gott) und eines Widersachers (Ahriman ›Macht der Finsternis‹; im Ur- Manichäismus auch: Materie). In die jüdisch- christlichen Religionen, aber auch in die spätantiken Schulen der 8Gnosis und des 8Neuplatonismus ist der Gut- Böse - Dualismus, der zunächst nur im vorderen Orient verbreitet war, übernommen und monotheistisch umgedeutet worden, mit dem Anspruch, das Prinzip des Bösen aus dem G.en abzuleiten, so z. B. den Teufel aus dem Bild des gefallenen Engels. Der Lehre der Evangelisten zufolge erschöpft sich das Gutsein nicht bloß im Einhalten des Dekalogs (Matth. 19, 18- 20). Die neutestamentliche Ethik unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Tun des G.en und der Enthaltung von der 8Sünde, dem 8Übel. Ein Leben bloß nach dem ursprünglichen Dekalog erfüllt somit nicht das Vollkommenheitsideal des G.en (im zit. Kontext Matth. 19: Verzicht auf Reichtum; Wohltätigkeit; Nachfolge Jesu). Die
gut
Vermeidung, nicht einmal die Bekämpfung des Bösen verwirklicht für sich allein noch nicht das G.e. Von ›moralisch g.‹ im modernen Sinne (g. als Maßstab, der nicht durch andere ersetzbar ist; g. ›in sich‹) spricht I. Kant (in: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 1. u. 2. Stück). Darin enwickelt er seine These, daß das 8Böse wie das G. der völlig freien 8Willkür bei der Wahl zwischen Handlungsalternativen entspringt. Hier weist er solche Annahmen zurück wie: der Mensch sei von Natur aus g. oder böse, die 8Willensfreiheit ermögliche allein g.es Handeln, während die Unfreiheit der 8Neigungen den Menschen zum Bösen verleite. Sobald g. im eth. Sinne auf das Moralisch- G.e festgelegt war, das für sich selbst, unabhängig von anderen Werten geschätzt wird, nahm die Schwierigkeit, das G.e zu definieren, zunächst zu: So kommt z. B. G. E. Moore (Principia Ethica, EA 1903) sprachanalytisch in seinen Reflexionen zu folgenden Ergebnissen: 1. der Begriff g. (i. S. v. ›gut an sich‹, und nicht g. für einen anderen Zielwert) ist durch Synonyme undefinierbar. 2. Ein Urteil des Typs ›x ist gut‹ ist weder beweisbar noch widerlegbar. G. ist danach niemals ein Erkenntnisprädikat, ein objektives Merkmal des wertend definierten Gegenstandes, sondern nur noch eine subjektive Zutat zum Gegenstand der Beurteilung. Moore schlägt daher Definitionen von ›g.‹ vor, die sich an den gegebenen moralischen Empfindungen (8Intuitionen) anlehnen (dt. Ausg. 1970, 294- 297). Ein
Gut
objektiver Geltungsanspruch für Sätze mit dem Urteilsprädikat ›g.‹ (in letzter Konsequenz der einer normativen Ethik überhaupt) wäre danach entweder nicht möglich (8Emotivismus) oder er wird immer schon vorausgesetzt (8Intuitionismus). Gut, in der Form ›das G.‹: svw. Besitz, in der Landwirtschaft in der Bed. Großbetrieb; im allg.: ein für wertvoll erachteter Gegenstand, Plural: Güter; in diesem Sinne in der Ökonomie als Mittel zur Befriedigung von 8Bedürfnissen definiert; in der Sprache der Religionen und in der Philosophie zu unterscheiden vom Adj. 8gut; Subst. ›das Gute‹ (keine Pluralbildung). Güte: Eigenschaft, die einem Gut i. S. von Gütern zuerkannt wird, auch Synonym für 8Wohltätigkeit, 8Wohlwollen, Menschenfreundlichkeit, Empathie in der Zuwendung zur belebten Natur; in der Sprache des Rechts Merkmal einer Entscheidung nicht aufgr. strenger normativer Entsprechung, sondern nach dem Kriterium der 8Billigkeit. Eine Güterlehre tritt in der 8Ethik immer da auf, wo die Frage nach der Bestimmung des Menschen, dem Endzweck (gr. telos) des Lebens gestellt und materiale Bestimmungen für Ziele des Handelns eingefordert werden. Der Endzweck, dem das menschliche
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Streben zu dienen hat, erscheint dann als das höchste Gut (lat. summum bonum), von dem alle anderen Güter ihren 8Wert erhalten. So ist seit Epikur im 8Hedonismus das höchste G. die sich aus der natürlichen Beschaffenheit des Menschen und seinem natürlichen Streben ergebende 8Freude (vgl. 8Lust), und die übrigen Güter sind solche, die zur Erreichung von Lust dienen: die Güter des Leibes (Gesundheit, Kraft usw.), die äußeren Güter (Reichtum, Macht, Ehre) und die Güter der Seele. Wird, wie bei den 8Stoikern und den Vitalisten, die Welt als ein sinnvoller 8Organismus betrachtet, so ist der Zweck des menschlichen Lebens die Übereinstimmung mit dem 8Kosmos. Die 8Tugend als die Beherrschung der niederen Natur durch die höhere ist das höchste G., die äußeren und leiblichen Güter sind 8Adiaphora. In der christl. Theologie tritt an die Stelle des G.en als der höchsten Idee 8Gott selbst als das höchste G., das sowohl das umfassendste ist und alle andern Güter in sich schließt wie auch das äußerste (finis bonorum), die Spitze der 8Rangordnung der Güter. Gymnosophisten, gr. ›nackte Weise‹, wurden die indischen 8Asketen (Fakire) von den Griechen des Altertums genannt.
H
habitus, lat. (gr. 8hexis, 8ethos) die ›Haltung‹, das Gehabe, das Gebaren, die dauernde Gestalt, Verhaltens- und Erscheinungsweise eines Menschen, bei Thomas v. A. (Summa theol. I, II 49, 2 ad 1) insbes. die zuständliche Eigenschaft, die dauernde Anlage eines Dinges zu etwas, die ›Fertigkeit‹, im Unterschied zu dispositio (8Anlage) als solcher, der ›Fähigkeit‹; daher auch die 8Gewohnheit. Dazu habituell (über frz. habituel): gewohnheitsmäßig, eingewurzelt, ständig. haecceitas, neulat., bei Duns Scotus (Quaestiones subtilissimae super libros Metaphysicorum Aristotelis, lib. VIII qu. 13, n. 9, 26) zuerst auftretender Begriff zur Bez. der 8Individualität: h. est singularitas; seit Chr. Wolff 1. die Diesheit, das Dieses- Sein, 2. auch das 8Individuationsprinzip (8Individualbegriff). Haltung (lat. 8habitus; gr. 8hexis; vgl. auch 8Tugend, 8Gewohnheit) ist die nur menschlichen Lebewesen zukommende Fähigkeit und Eignung. Daher erhält die den Menschen auszeichnende aufrechte H. (aufrechter Gang) ihre sittliche Mitbedeutung (standhalten, widerstehen, H. bewahren, sich hängen, gehen, fallen lassen). Handelsstaat, geschlossener, nach dem Titel einer Schrift von J. G. Fichte (1800) ein Staat, der allen Staatsangehörigen gleichmäßig Gelegenheit zum Erwerb von Eigentum durch Arbeit gibt, indem
er den Handel mit dem Ausland selbst übernimmt und im Inneren die Preise für landwirtschaftl. und gewerbliche Erzeugnisse sowie die Zahl der in jedem Arbeitszweig beschäftigten Personen festsetzt (8Autarkie). Handlung (gr. praxis, lat. actio, engl. action), Tätigkeit (der äußere Aspekt einer H.), die – im Gegensatz zum bloßen 8Verhalten – (je nach Auffassung) mit Entscheidungen, Absichten, Plänen, Zielen, Willensakten etc. (der innere (mentale) Aspekt einer H.) kausal oder begrifflich verknüpft ist. In neuerer Zeit Gegenstand verschiedener 8H.stheorien. In der Philosophiegeschichte wird der Begriff der H. traditionell vor allem im ethischen Kontext erörtert. Aristoteles unterscheidet poiësis (Hervorbringen, Herstellen) von praxis (Handeln, Tun) und stellt diese der theôria gegenüber. Er bestimmt H. als »Bewegung«, in der das Ziel enthalten ist (Met. 1048b 23 f.); zudem unterscheidet er Handeln aus Begierde bzw. Neigung und Handeln aus Vernunft (Nik. Ethik 1111b- 1113b), eine Unterscheidung, der sich auch I. Kant anschließt (Grundl. zur Met. d. Sitten, zuerst BA 4 f.; systematisch: BA 38 f., 38 Anm.). G. W. Fr. Hegel erörtert vor allem die moralische u. rechtliche Zurechenbarkeit von H.en (GPhR § 113 ff.). In der modernen H.stheorie wird der Ausdruck H. allgemein dazu ver-
Handlungsbeschreibung
wendet, bewußtes oder absichtliches (intentionales) Verhalten von nichtintentionalem (z. B. instinktivem) Verhalten abzugrenzen (s. a. 8Intention, 8Absicht). Handlungsbeschreibung, s. 8Handlungstheorie Handlungserklärung, die Darlegung der Ursachen bzw. Gründe menschlichen Handelns unter Rückgriff auf 8Wünsche, Willensakte, 8Absichten, Überzeugungen, 8Ziele, 8Zwecke etc. Ein zentrales Problem der neueren handlungstheoretischen Diskussion ist die Frage, ob eine Handlung kausal erklärt werden kann: Ist die Verknüpfung zwischen 8Intention und 8Handlung rein begrifflicher Natur (z. B. G. H. v. Wright, A. I. Melden) oder ist die Intention (auch) eine Ursache für die Handlung, wobei Intentionen (s. 8Absicht) als mentale Zustände aufgefaßt werden (z. B. D. Davidson, A. C. Danto)? Der Streit zwischen diesen beiden Ansätzen läuft damit auf die Frage hinaus, ob H.en auf Gesetze gestützt werden müssen oder nicht, bzw. allgemeiner: Gibt es einen Unterschied zwischen H.en und naturwissenschaftlich- kausalen Ereigniserklärungen? Intentionalisten betonen diesen prinzipiellen Unterschied, wohingegen Kausalisten einen grundsätzlichen Unterschied zwischen intentionalen und kausalen Erklärungen bestreiten. Verdeutlichen lassen sich diese unterschiedlichen Positionen anhand eines praktischen Schlusses (8Schluß, praktischer). Intentionalisten halten (vereinfacht gesagt) folgendes Schlußschema für kor-
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rekt: (a) s will p herbeiführen, (b) s glaubt, daß er p nur dann herbeiführen kann, wenn er q tut, (c) daher macht sich s daran, q zu tun. Nach kausalistischer Auffassung hingegen wird noch eine weitere Prämisse, ein Gesetz benötigt (Subsumtionsmodell): »Immer wenn s p herbeiführen will und glaubt, daß q für p kausal notwendig ist, dann macht sich s daran, q zu tun« (zurückgehend auf C. J. Ducasse, Explanation, Mechanism, and Teleology, Journal of Phil., Vol. XXII, 1925), wonach ein Verhalten nur unter folgenden Bedingungen »zielgerichtet« zu nennen ist: (1) s glaubt, daß es einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Handlung q und Folge p gibt (wenn q, dann p), (2) s wünscht p, (3) Wunsch und Glaube tragen gemeinsam kausal zur Ausführung von q bei (s. a. 8Handlungstheorie). Handlungslogik (auch: logische Handlungstheorie), Teil der analytischen 8Handlungstheorie, in ihrer heutigen Gestalt v. a. zurückgehend auf G. H. v. Wright. Die H. beschäftigt sich mit der logischen Struktur von Handlungen, d. h. insbes. mit der logischen Struktur der durch den Handelnden hervorgebrachten Veränderungen. Die H. ist insofern Grundlage der 8deontischen Logik, als deontische Operatoren (wie z. B. »verboten«) über Handlungsausdrücke (z. B. »x trinkt«) operieren: »es ist verboten, daß x trinkt«. Die grundlegenden handlungslogischen Probleme betreffen insbesondere die Klärung des Handlungsbegriffs sowie die
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Unterscheidung der verschiedenen Handlungstypen. Handlungsschema (Handlungstyp; engl. action type), der einer konkreten 8Handlung (z. B. ein konkreter Sprung) zugrundeliegende universale Aspekt dieser Handlung (z. B. das H. »Springen«). Handlungstheorie, interdisziplinäre Forschungsrichtung, die sich mit 8Handlungen als ihrem zentralen Gegenstand befaßt. Typologisch lassen sich folgende H.n unterscheiden: Empirische oder deskriptive H.n (angesiedelt im Bereich der Psychologie, Soziologie, Verhaltensforschung etc.) untersuchen das faktische Verhalten von Individuen und Gruppen. Ihr Gegenstand sind tatsächliche Handlungen. Normative H.n (z. B. 8Ethik) befassen sich mit dem sozial, juristisch oder moralisch richtigen Handeln. Rationale H.n (rationale 8Entscheidungstheorie, 8Spieltheorie) suchen Kriterien, unter denen eine Handlung als ›rational‹ gelten kann. Die philosophische H. umfaßt die empirischen, normativen und rationalen H.n. Sie beschäftigt sich zum einen mit den die Handlung betreffenden traditionellen philosophischen (metaphysisch- ontologischen) Problemen wie 8Intentionalität, 8Kausalität, 8Willensfreiheit, 8Leib- Seele- Problem und damit verbunden mit dem Problem der Handlungsbeschreibung (Klärung und Präzisierung der handlungstheoretischen Begriffe, Aufbau von Handlungen) und 8Handlungserklärung. Die wichtigsten der in neuerer Zeit vertretenen handlungstheoretischen Posi-
Häresie
tionen sind der Intentionalismus, der Kausalismus und der personalistische Ansatz. Intentionalistische H.n (G. E. M. Anscombe, G. H. v. Wright) verstehen Handeln als eigenständige, nicht gesetzmäßig erfaßbare Kategorie und halten 8Handlungserklärungen dementsprechend für etwas grundsätzlich anderes als naturwissenschaftlichkausale Erklärungen. Kausalistische H.n bestreiten dies (D. Davidson, A. C. Danto). Personalistische Positionen gehen von einer Autonomie des Handelnden aus und erklären Handlungen als durch die handelnde Person selbst »verursacht« (R. M. Chisholm, R. Taylor). Hang, eine durch gewohnheitsmäßig gestillte 8Begierden erworbene 8Neigung zu einer bestimmten Richtung des Begehrens, bei I. Kant die subjektive Möglichkeit der Entstehung einer gewissen Begierde, die der Vorstellung ihres Gegenstands vorhergeht (vgl. 8Anlage, 8 böse): haptisch, gr. haptikos ›greifbar‹, den Tastsinn betreffend. Häresie, gr. ›Wahl‹, Auswahl; die Auswahl bestimmter Lehren aus dem Gesamtgut einer 8Weltanschauung oder Religion, die zur Abspaltung führt; daher svw. Ketzerei. Im kath. Kirchenrecht (Codex iuris canonici 1325, § 2) ist H. objektiv ein dem 8Dogma widersprechender Satz, subjektiv die Leugnung oder ernstliche Bezweiflung von Glaubenswahrheiten durch ein Kirchenmitglied. Die H. ist formell, wenn diese Leugnung oder Bezweiflung mit Bewußtsein und
Harmonie
hartnäckig, materiell, wenn sie ohne richtige Erkenntnis der Wahrheit geschehen ist. Die formelle H. gilt als schwere 8Sünde gegen den Glauben und hat verschieden gestaffelte Straffolgen, darunter die von selbst eintretende Exkommunikation, das Verbot des Sakramentempfangs und des christlichen Begräbnisses. Wiederaufnahme in die Kirche ist nur nach Abschwörung der H. möglich. Dazu: Häretiker, Begründer oder Anhänger einer H., der Ketzer. Harmonie, gr., ›Fügung‹, der Zusammenklang; von der Musik auf jede wohlgefällige Einheit eines Mannigfaltigen, besonders die Übereinstimmung der Teile eines zusammengesetzten Ganzen übertragen, um die mechanisch- organische Ordnung in ihm zu bezeichnen; prästabilierte Harmonie (lat. praestabilire ›im voraus feststellen‹), vorherbestimmte Einheit, von G. W. Leibniz (frz. harmonie préétablie) zuerst in einem Artikel des Journal des Savants vom 4. und 9. April 1696 geb. Ausdruck zur Lösung des 8Leib- Seele- Problems. Harmonie der Sphären, die auf Pythagoras zurückgeführte Lehre, nach der die bestimmten Zahlenverhältnisse der um die Erde oder um das Zentralfeuer kreisenden sieben Planeten nach Analogie der sieben Saiten des Heptachords eine Musik hervorbringen, die aber das menschliche Ohr nicht hören kann (Aristoteles, De caelo II 9). Haß; der Begriff H. bezeichnet eine negative Beziehungsqualität aus Fühlen, Denken und Tun, die auf Verletzung bis Zerstörung des Ob-
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jekts/der Person tendiert. Psychologisch ist H. ein 8Affekt, der aus unbefriedigtem (Liebes- ) Streben (z. B. erfahrene Ablehnung, Neid, Eifersucht) erklärt wird. Innerhalb einer normativen oder PflichtEthik enthält der Begriff H. – im Gegensatz zum Zorn – bereits das sittlich Verwerfliche (wie Diebstahl, Lüge, Mord). H. ist böse, gehört zum »Reich der Finsternis« (vgl. 1. Joh. 2,9 u. 11) und ist Bestand der Lasterkataloge; die Entscheidung gegen ihn ist ein Widersagen (vgl. Taufgelöbnis). Aus 8Tugend als Liebespflicht, weil Vernunftgebot, ergibt sich ein Vernunftverbot des Menschenhasses (vgl. I. Kant Met. d. Sitten 1797, A 134- 138). Dagegen steht die verantwortungsethische Frage, ob H. – der zwar »böse und blind« mache – in »Empörung aus Menschenwürde« als revolutionäres Mittel erlaubt sei (so E. Bloch in einem der v. R. Traub u. a. hg. Gespräche mit Ernst Bloch, 1975). Der gegenwärtige Sprachgebrauch des Wortes H. für jegliche Abneigung gegenüber Sachen und Personen geht nicht mehr von einem normativmoralischen Bewußtsein aus, eher von einer individuellen Wahlentscheidung. In der Tradition der 8phänomenologischen Philosophie wurde auch darauf hingewiesen, daß H. nicht nur ein bloßes Gefühl oder ein Vorziehen ist, sondern entschlossenes Denken, das sich Taten ausdenkt und vollzieht (so in einer z. Zt. des Faschismus publizierten Studie: H. Lipps, Die menschliche Natur, 1941, 2. Aufl. 1977).
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häßlich, von mhd. hez(ze)lich, haßerregend, ist in der 8Ästhetik der Gegenbegriff zum 8Schönen. Es wird seit Plato nur negativ bestimmt und steht begrifflich für das schlechthin Unbegriffliche, das »geringfügig und verächtlich ist« (Plato, Parmenides, 130 c). Das H.e ist danach das Unwesentliche, es widerspricht der ideellen Einheit des Seins. Nach dem wirkungsmächtigen griechischen Schönheitsideal läßt sich das H.e ex negativo als das Form- und Maßlose, ungeordnet Chaotische, die Disproportionalität in der Gestalt beschreiben. Ferner besteht seit Plato eine enge Verbindung von H.em und Lächerlichem (Parmenides 130 c). Noch für Plotin ist das H.e dasjenige, das nicht an vernünftiger Form und Gestalt teilhat, ein Übergewicht amorpher Materialität, die in der Formung geistig nicht bewältigt werden kann (1. Enneade, 6. Buch). Diese Einstellung zum H.en ändert sich erst in der modernen Ästhetik seit A. G. Baumgarten, d. h. in einem Augenblick, da das 8Schöne nicht mehr primär als Formqualität des Objekts, sondern als Ergebnis eines subjektiven Denkprozesses begriffen wird: Nach A. G. Baumgarten läßt sich das H.e schön denken (Aesthetica, 1750- 58, § 18), nach I. Kant das von Natur aus H.e in der Kunst auf schöne Weise zeigen (KdU, 1790, § 48). Das H.e wird in die Kunst integriert, ein Prozeß, den G. W. Fr. Hegel als »Prinzip des Charakteristischen« formuliert, durch den jenseits normativer Regeln in der Ästhetik eine »Darstellung des
heautos
Häßlichen« als empirisch Gegebenes möglich wird (Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, Einl. II, 1.). Th. W. Adorno hat das H.e als das »Unterdrückte« schlechthin, als das vom gesellschaftlichen Zwang zur Identität Ausgestoßene, das Vergessene aufgefaßt und vorgeschlagen, es mit »dem Ausdruck des Leidens gleichzusetzen« (Ästhetische Theorie, 1970, 74 ff.). Haufenschluß, in der 8Logik die verkürzte Form eines 8Kettenschlusses, in der nur sämtliche 8Prämissen und die abschließende 8Konklusion, aber keine ›Zwischenergebnisse‹ genannt werden. Ein gültiger H. ist etwa der von »Alle Menschen sind sterblich«, »Alle Griechen sind Menschen« und »Alle Sterblichen leben nicht ewig« auf »Alle Griechen leben nicht ewig« (für die unverkürzte Form dieses Schlusses vgl. 8Kettenschluß). Abweichend hiervon bezeichnet man manchmal auch eine bestimmte Form eines Fehlschlusses als ›H.‹, nämlich den 8Sorites. Häufigkeit, ein Begriff der 8Wahrscheinlichkeitstheorie. Führt man ein Experiment unter gleichen Umständen n mal durch, so nennt man die Zahl H(A), die angibt, wie oft dabei das Ereignis A eingetreten ist, die absolute H. von A; der Quotient H(A)/n heißt relative H. von A. heautos, gr. ›selbst‹; dazu: Heautognosie, 8Selbsterkenntnis, Heautologie, die Lehre, daß das Erkannte (der Gegenstand) zur Erkenntis selbst gehört; Gegensatz: 8Hetero-
Hedonismus
logie. Heautonomie, Selbstgesetzgebung (8Autonomie); Gegensatz: 8Heteronomie. Hedonismus (gr. hëdonë ›Lust‹, ›Genuß‹, Vergnügen), die Lehre und Haltung, für die das Glück und Ziel des einzelnen Menschen sowie das Kriterium der Sittlichkeit überhaupt allein im Gefühl der 8Lust besteht, wobei die Lust als Begleiterscheinung des Handelns oder als Rückwirkung des Erfolgs betrachtet werden kann. Begründer des H. ist Aristipp, das Haupt der 8kyrenaischen Schule (vgl. Diogenes Laertius, II 8, § 88), während die Epikureer dem 8Eudämonismus huldigten, von dem der H. eine Sonderart ist. Hedonisten, Vertreter des H., waren auch die frz. Materialisten ( C. A. Helvetius, P. Holbach, J. Lamettrie). Im allgemeinen Sprachgebrauch enthält der Begr. H. meist schon die Ablehnung seiner Theorie und das Attribut hedonistisch eine Abwertung. Weil H. sich auf die sinnlich erfahrbare Lust und Freude gründet, ist seine Theorie und Praxis durch die gesamte abendländische Geschichte hindurch der Leibverachtung und der Geringschätzung des Sinnlichen unterworfen. Aufgrund der Leibverfassung des Menschen strebt jedoch zumeist das Handeln vom Motiv bis zum Ziel nach einem Wohlsein oder einem Gut für es. Alles Streben ist angetrieben und begleitet von einer 8Lust oder Unlust, die zu überwinden wiederum Lust und Freude sein kann. Die engl. Philosophen J. Locke, D. Hume und J. Bentham begründeten damit die als 8utilitari-
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stisch, eudämonistisch oder hedonistisch benannten Moraltheorien. Bentham bestimmt »das größtmögliche Glück für die größmögliche Zahl« zum ethischen Prinzip und Entscheidungskriterium, das wiederum als »pleasure« (Lust, 8Freude) verstanden wird. Mit Maximierung von 8Glück und Minimierung von sinnlosem 8Leid plädiert dieser H. gerade nicht für 8Eigennutz oder privates Glück. Hegelianismus, die mit G. W. Fr. Hegels Methoden arbeitende Philosophie, i. bes. die seiner Schüler, die sich in die Richtungen der Althegelianer (G. A. Gabler, H. Fr. W. Hinrichs, C. Daub, K. Fr. Göschel), das Hegelsche ›Zentrum‹ (J. K. Fr. Rosenkranz, J. E. Erdmann, H. Ulrici, J. Fr. S. Harms, M. Carriere) und die Junghegelianer (A. Ruge, B. Bauer, K. L. Michelet, D. Fr. Strauß, F. Th. Vischer) teilte. Man teilt die Vertreter des H. (z. T. abweichend von der Klassifikation ›Alt- H.‹ und ›JungH.‹) nach ihrer Einstellung zu religiösen und sozialen Fragen auch ein in eine (›konservative‹) ›Rechte‹ und eine (›fortschrittliche‹) ›Linke‹. Das wissenschaftliche Organ der ›Rechten‹ waren die von Hegel selbst 1826 begründeten Berliner ›Jahrbücher für wiss. Kritik‹, das der ›Linken‹ die von Ruge und E. Th. Echtermeyer seit 1838 herausgeg. ›Hallischen Jahrb.‹. Bei L. Feuerbach und K. Marx wurde Hegel in deren 8Materialismus (vgl. auch 8historischer Materialismus) neu gedeutet. Eine Erneuerung und Vertiefung der Grundgedanken Hegels brachte die Philo-
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sophie der8Geisteswissenschaften seit dem Ausgang des 19. Jh. (8Neuhegelianismus). hëgemonikon, gr. ›das Leitende‹, Führende, bei den Stoikern der die andern Seelenvermögen leitende Teil der 8Seele, die Vernunft, der 8Logos. heil, ahd. heil ›ganz‹; gesund an Leib und Seele. Heiland, ahd. heilant, heliand (Titel einer Dichtung um 830); wurde gebraucht zur Übers. des kirchenlat. salvator, das seinerseits für gr. sôtër eingesetzt worden war (8Messias). heilig, ahd. heilag, eigentl. Heil habend und bringend; indem Heil (lat. salus) im christl. Sinne verwandt wird, dient h. zur Übers. von lat. sacer, sanctus, gr. hieros und ist von Anfang an nur in dieser Bedeutung belegt. ›Unheilig‹ ist in germ. Sprachen svw. schuldig. – Heiligkeit, 1. der relig. 8Wert z. B. einer Person, einer Sache, eines Verhältnisses; 2. die Unberührbarkeit (in der Ethnologie auch verw. für die Wertschätzung von Schonräumen und Naturgewalten in nichteurop. Kulturen). I. Kant bezeichnet Heiligkeit als »völlige Angemessenheit des Willens zum moralischen Gesetz«. R. Otto (Das Heilige, 1917) stellt die Eigenart des Religiösen als das Empfinden für das 8Numinose dar; dies werde einerseits erlebt als das Urgewaltige, was den Menschen schreckt, ihn erzittern macht (tremendum), andererseits als das, was ihn auf eine von allem Endlichen unterschiedene Weise anlockt (fascinosum).
Henade
heimarmenë, gr. das ›Zugeteilte‹, Verhängte, das 8Schicksal. Heisenbergsche Unschärferelation, der von dem Physiker W. Heisenberg 1927 aufgestellte Satz, daß man mit voller Genauigkeit grundsätzlich nicht zugleich den Ort eines Elementarteilchens und seinen Impuls, ebenso nicht zugleich die 8Energie einer Strahlung und den Zeitpunkt ihrer Aussendung bestimmen kann, sondern daß das Produkt der Ungenauigkeit je des einen und des andern Faktors mindestens gleich dem 8Planckschen Wirkungsquantum h sei. Held, mhd. helt ›Held‹, altnord. auch einfach ›Mann‹, allg. ein Mensch, der fähig und bereit ist, in gefahrvoller Lage die Erreichung eines wertbesetzten Zieles zu wagen; in der 8Tragödie die Hauptperson; 8heroisch. heliozentrisch (gr. hëlios ›Sonne‹), Bez. des 8Weltbildes, in dem die Sonne als Mitte des Alls gilt; Gegensatz: 8geozentrisch. Hellenismus, Neub. von gr. hellënikos, Griechentum; von J. G. Droysen (Gesch. des H. , Bd. 2, 1877) vorgeschlagener Epochenbegriff für die gr.- röm. Antike, die den Zeitabschnitt zwischen Alexander d. Gr. und der röm. Kaiserzeit (4. bis 1. vorchristl. Jh.) umfaßt. In der Philosophiegeschichte dient H. auch als Zeitabschnitt oder als Typenbezeichnung für das Wirken griechischspr. Denker im Röm. Reich und im Vorderen Orient in der Zeit nach Aristoteles. Henade, gr., ›Einheit‹, im Gegensatz zur Vielheit, auch svw. 8Monade.
hen kai pan
hen kai pan, gr. ›eins und alles‹ (richtiger: hen to pan ›eins ist alles‹), antike Formel zur Bez. des Weltalls (8Kosmos), das sich aus Einem zu allem entfaltet und in das Eine wieder auflöst, zuerst bei Heraklit (Diels/Kranz, Fragm. d. Vorsokr. I, 22, B 10, 12 B, 10: ek pantôn hen kai ex henos panta ›Aus allem eins und aus Einem alles‹). Seit G. E. Lessing wird das h. k. p. gebr. zur Bez. des sog. 8Pantheismus. Henotheismus, Neub. aus gr. heis (gen. henos) ›einer‹ und theos ›Gott‹, von M. Müller (Lectures on the origin and growth of religion, 1878, dt. 1880, 292 ff.) zur Bez. der Verehrung eines Gottes als des jeweils höchsten, obwohl es neben ihm noch andere Götter gibt, im Unterschied zum 8Monotheismus, der die Existenz anderer Götter neben dem einen ausschließt. Heraklitismus, die von dem gr. Philosophen Heraklit in Ephesos geschaffene bzw. auf ihm beruhende Lehre, die im Gegensatz zum 8Eleatismus nicht im 8Sein, sondern im ewigen 8Werden (8alles fließt) das Wahre sieht, den 8Kampf als König und Vater aller Dinge erkennt und die 8ewige Wiederkunft des Gleichen annimmt. Heraklitisch denkt insbes. Fr. Nietzsche. (Vgl. Diels/Kranz, Fragm. der Vorsokratiker, I, Kap. 22 B 22; Fr. Nietzsche, Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen, Werkausg. ed.Colli/Montinari, Bd. 1). Heredität, lat. hereditas ›Erbschaft‹, die Erblichkeit, die 8Vererbung.
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Hermaphrodit, gr. hermaphroditos, Verbindung aus Hermes und Aphrodite, Zwitter, zwiegeschlechtliches Wesen; dazu Hermaphroditismus, Zwiegeschlechtlichkeit; 8androgyn. Hermeneutik, gr. hermëneutikë (technë), die Kunst und wissenschaftliche Methode der 8Auslegung, geht auf den Götterboten Hermes als Vermittler göttlicher Mysterienweisheiten in der griechischen Mythologie zurück, der Sache nach aber auch auf das Orakel, dessen Andeutungen richtig gedeutet werden mußten. Hier meint Deutung immer das richtige Verstehen einer 8Offenbarung. Aristoteles konzipiert unter dem Titel peri tës hermëneias (Teil des Organon) eine 8Grammatik, also keine H. im heutigen Sinn. Unter H. verstehen wir heute die methodisch geleitete Rekonstruktion eines ursprünglichen Sinnzusammenhangs in einem sprachlichen Gebilde mit der methodischen Grundforderung, das Einzelne aus dem Sinnzusammenhang eines Ganzen zu verstehen. In diesem Sinn gibt es H. erst in der Neuzeit. Hier hat sie drei Ursprünge: 1. die 8Theologie und – mit dem protestantischen solascriptura- Prinzip – ihre Lehre von der Bibel als alleiniger Offenbarungsquelle. Durch die Bibelexegese soll die 8Offenbarung in ihrem ursprünglichen 8Sinn wiederhergestellt werden; 2. die Jurisprudenz, in der der Rechtshermeneutik die Aufgabe zukommt, den Gesetzestext auf den Einzelfall hin auszulegen (das hermeneutische Problem der Applikation); 3. die
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8Philologie, bes. seit der 8Romantik. Fr. D. E. Schleiermacher hat die H. als allgemeine Lehre des 8Verstehens entwickelt. Hatte die H. in Theologie und Jurisprudenz früher ausschließlich die Aufgabe, einen kanonischen, mit Autorität versehenen Text richtig zu verstehen, so verliert die moderne H. diesen Bezug auf absolute Quellen und reflektiert die Probleme der 8Auslegung sprachlicher Gebilde im allgemeinen. Seit W. Diltheys methodischer Unterscheidung zwischen den erklärenden 8Naturwissenschaften und den verstehenden 8Geisteswissenschaften (8Erklärung; 8Verstehen) ist die H. zu einem methodischen Problembestand aller historisch orientierten Wissenschaften geworden, die zwei Welten – eine im Medium des sprachlichen Dokuments anzueignende Vergangenheit und eine aneignende, verstehende Gegenwart – miteinander zu vermitteln haben. W. Diltheys methodisches Grundprinzip ist die Auslegung des einzelnen Zeugnisses als Sinngebilde im Gesamtzusammenhang einer Periode. Dabei stellt sich stets die Frage, ob in die Sinnrekonstruktion prinzipiell nicht immer eigene Verständnisvoraussetzungen eingehen. H. - G. Gadamer hat daher in seiner philosophischen H. angeregt, diesen ›hermeneutischen Horizont‹ bewußt in der ästhetischen Erfahrung zu entfalten (Wahrheit und Methode, 1960). Dieser philosophische Neuansatz der H. geht auf die existentiale H. und die Bedeutungsveränderung zurück, die M. Heidegger dem Verstehen gibt:
heroisch
Verstehen ist hier das unmittelbare Selbstverständnis des (menschl.) 8Daseins und die Selbstauslegung der (menschl.) 8Existenz im Entwurf auf das eigene Seinkönnen (Sein und Zeit, 1927, §§ 31 ff.). Durch diese Wendung des hermeneutischen Problems vom auszulegenden Gebilde ins verstehende Subjekt wird es Gadamer möglich, in der ästhetischen 8Erfahrung der Kunst die 8Geschichtlichkeit des Verstehens selber auszulegen. Die Produktivität des Auslegenden führt zu der Möglichkeit, 8Ästhetik nicht mehr primär vom Werk, sondern von der 8Rezeption her zu denken: Gadamers philosophische H. und ihr ›Prinzip der Wirkungsgeschichte‹ hat die Diskussionen um eine solche 8Rezeptionsästhetik und ihre methodischen Probleme in den 1960er und 1970er Jahren ausgelöst. Hermetica, Corpus Hermeticum oder Hermetische Schriften, eine Reihe von etwa 42 gr., lat., auch arab. Abhandlungen aus den ersten Jh. n. Chr., in denen die Offenbarungen des Hermes dialogartig dargestellt wurden: eine aus im wesentl. gr. (platonisch- pythagoräischen, orphisch- mystischen und den Schriften des Poseidonios entnommenen) Bestandteilen zusammenges. gnostische Weltentstehungs- und Erlösungslehre. (Vgl. Textausg. von D. D. Nock und A. J. Festugière, Corpus Hermeticum, 2 Bde., 1945.) heroisch (zu gr. hëros, 8Held, Halbgott), heldenmütig, heldenhaft, heldisch; heroisieren, zum Helden erheben, ins Heldenhafte
Herrenmoral und Sklavenmoral
steigern oder verkehren; Heroismus, Heldentum, heldische Menschen- und Lebensauffassung. Während in der Antike der Titel des Helden nur gefallenen Kriegern verliehen wurde, wanderte er in der Renaissance und weiter im Frankreich des 17. Jh. aus der geweihten Sphäre des Totenkults ab und wurde zum Ausdruck persönlicher Macht und Ruhmsucht des Einzelnen im zwischenmenschlichen Bereich, zum Inbegriff des militärischen und diplomatischen Erfolgs im Zeitalter des auf Ausdehnungsdrang und Regelzwang beruhenden 8Absolutismus. Vorstufe: das humanistische Ideal des Corteggiano, des ›Höflings‹, bei Cartiglione. J. d. La Bruyère unterscheidet zwischen héros und grand homme, dem ruhmreichen Kriegshelden (Alexander) und dem erfahrenen und vorausschauenden Staatslenker, der zugleich Heerführer und Diplomat ist (Caesar). Beiden stellt er freilich als höheren Typ den Menschen, der Gutes wirkt (l’homme de bien), gegenüber. Vgl. 8Größe, 8Held, 8weltgeschichtliches Individuum. Herrenmoral und Sklavenmoral, von Fr. Nietzsche (Zur Genealogie der Moral, 1887) eingef. zur Bez. zweier verschiedener Werthaltungen und - lehren, von denen die eine sich in der ›Rasse‹ oder ›Kaste‹ der Herren, der Eroberer und Herrschenden, die andere bei den Unterworfenen oder durch ihre ›Art‹ zu Sklaven Bestimmten bilde. Die H. allein sei ›werteschaffend‹; ihre Kennzeichen seien: Selbstgewißheit aus Kraft und Selbstzucht,
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Tapferkeit, Wahrhaftigkeit, Großzügigkeit, Ehrfurcht vor Alter und Herkunft, 8amor fati, Verachtung des Feigen, Ängstlichen, Kleinlichen, vor allem des Lügners. Die S. dagegen sei durch Nützlichkeitsdenken, Furcht, Mißtrauen gegen das Große, Mitleid mit dem Schwachen, Selbsterniedrigung und zugleich Auflehnungsbedürfnis charakterisiert. Sie habe vor allem den Gegensatz von 8gut und schlecht, d. h. für Fr. Nietzsche: von urspr. vornehm und schlicht, verfälscht zu dem von gut und 8böse. Herz, mhd. herze, gr. kardia, lat. cor (gen. cordis), frz. coeur engl. heart, das Organ des Blutkreislaufs, der wissenschaftlich genau erst von W. Harvey (1578 bis 1657) erforscht wurde, vielfach als 8Sitz der Seele, des 8Muts, der 8Empfindung, als Personkern und Prinzip der 8Subjektivität angesehen, gelegentlich auch mit dem 8Gedächtnis (frz. par coeur ›auswendig‹) und mit Christus (Herz- Jesu- Mystik) gleichgesetzt. Für Empedokles ist das H. der »Sitz« der »Denkkraft« (Diels/Kranz, Fragm. d. Vorsokratiker I, Fragm. 105), für Plato wie für Homer der des ›muthaften‹ Seelenteils, für die 8Stoiker des 8Hegemonikon. Plato bezeichnet das H. als »die Verknüpfung der Adern und die Quelle des durch alle Glieder mit Heftigkeit umgetriebenen Blutes«, die »der Seele, der Gebieterin, anzeigt, wo im ganzen Organismus etwas nicht in Ordnung ist«. Für Augustin ist es das »Buch«, in das Gott sein Gesetz geschrieben hat (Conf. II, 4); für Thomas v. A. die bewegende Kraft (vis
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motiva) des Lebens, das Steuerungsorgan der Leidenschaften, der Sitz des Willens, der als Eigenwille zur H.enshärtigkeit (duritia cordis) und H.ensverhärtung (obduratio) führen kann, aber auch der Sitz der Gottesvorstellung. Im ital. und frz. Schrifttum der 8Renaissance und des 8Absolutismus wird es gleichbedeutend mit 8animus z. Bez. des höfischen Menschenideals (grande e alto cuore, grand coeur, coeur royal et haut) gebr. (8heroisch, 8Großmut). Bei B. Pascal ist das H. das Prinzip der unmittelbaren Gewißheit, der philosophische und religiöse Instinkt: »Das H. fühlt, daß es drei Dimensionen im Raum gibt, daß die Zahlen unendlich sind. Die Prinzipien werden gefühlt, die Lehrsätze erschlossen, und das Ganze mit Gewißheit, obgleich auf verschiedenen Wegen« (Pensées, ed. Brunschvicg, Nr. 282; ed. Strowski, Nr. 334). Es bleibt also ein subjektivistisches Prinzip (8ordre du coeur, 8Gesetz des Herzens, 8schöne Seele). heterodox, aus gr. heteros ›anderer‹ und doxa ›Meinung‹, andersgläubig, ketzerisch, meist im Gegensatz zu orthodox gebr.; dazu Heterodoxie, die Andersgläubigkeit. heterogen, gr. heterogenës ›von anderem Geschlecht‹, von anderer Gattung, Abstammung, ungleichartig, aus Ungleichartigem bestehend. Gegensatz: 8homogen. Heterogeneïtät, die Ungleichartigkeit. Heterogenese (gr. heterogenesis), die Erzeugung von Nachkommen, die dem Elternpaar unähnlich sind, die spurhafte Entstehung neuer Arten
Heuchelei
(8Mutation); heterogenetisch, von Andersartigem herzuleiten. Heterogonie, Neub. aus gr. heteros ›ander‹ und gonia ›Entstehung‹, die Entstehung aus Andersartigem. Heteronogie der Zwecke, Bez. f. e. von W. Wundt (System der Philosophie, 1889) aufgestellte These der psychologischen und soziologischen Entwicklung, nach dem die tatsächlich erreichten Endzwecke den ursprünglich beabsichtigten nicht entsprechen, sondern weit über sie hinausgehen, oder nach dem ganz andere Zwecke als die gewollten erreicht werden. Heterologie, Heterothese oder heterologisches Prinzip nennt H. Rickert seinen erkenntnistheoret. Grundsatz, daß im Unterschied zur Hegelschen 8Dialektik das Denken und der Gegenstand des Denkens, der seiner Natur nach alogisch sei, auseinandergehalten werden müssen. Gegensatz: 8Heautologie; vgl. 8Andersheit. Heteronomie, Neub. aus gr. heteros ›anderer‹ und nomos ›Gesetz‹, die von einem anderen oder etwas anderem ausgehende Gesetzgebung, die Fremdgesetzlichkeit im Gegensatz zur Selbstgesetzlichkeit (8Autonomie). Heterozetesis, gr. zëtësis ›Frage‹, die Frage nach etwas anderem, eine Frage mit der Möglichkeit verschiedener Antworten (8Fangfrage). Heuchelei, nhd. seit M. Luther für gr. hypokrisis (Simulation), die aus Zweckmäßigkeitsgründen, Selbstsucht und Mangel an 8Wahrhaftigkeit entspringende Verhüllung seiner wahren Gedanken und
heuristisch
Absichten durch Vorspiegelung nicht vorhandener 8Gesinnungen. heuristisch, Neub. von gr. heuriskein ›finden‹, erfinden; auf das Erfinden bezüglich. Heuristische Prinzipien oder 8Hypothesen sind Hilfsmittel der Forschung, vorläufige, versuchsweise Annahmen zum Zweck des leichteren Verständnisses von Sachverhalten und Vorgängen. Heuristik, die Erfindungskunst (lat. ars inveniendi) als Anweisung, Neues zu finden und zu erfinden (8Lullische Kunst). hexis, gr. (lat. 8habitus) ›das Haben‹, Anhaben (Bekleidetsein), Innehaben (Besitz), die Beschaffenheit, der dauernde Zustand, die 8Gewohnheit – eine der zehn 8Kategorien des Aristoteles. hic et nunc, lat. ›hier und jetzt‹, Ausdruck für die räumliche und zeitliche Bestimmtheit eines Gegenstandes oder Vorgangs (8Gegenwart, 8Augenblick). Hierarchie, gr., ›Herrschaft der Heiligen‹, Herrschaft der Priester und deren Rangordnung. Im übertragenen Sinne spricht man von einer H. der Wissenschaften, der Werte, der Typen, der politischen Mächte usf. und versteht unter H. ganz allgemein eine Gliederung in der Form einer von unten nach oben aufsteigenden 8Rangordnung der Glieder, deren Bedeutung nach oben hin, bei abnehmender Zahl, zunimmt; sie endet meistens in einer Spitze. Dazu hierarchisch, 1. der H. entsprechend; 2. pyramidenförmig gegliedert. Hieroglyphe, gr., ›heilige Eingrabung‹, heiliges Bildwerk, Mz. Hieroglyphen, urspr. Bez. für die ca.
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600 altägyptischen Bilderschriftzeichen, deren Entzifferung die Hieroglyphik oder H.nkunde zur Aufgabe hat; allg. auch svw. dunkle, rätselhafte Schrift. Dazu hieroglyphisch, in Bilderschrift geschrieben, heilig- geheimnisvoll, rätselhaft, undeutlich. Vgl. 8Chiffre. Hinduismus, vom Volksnamen hindu (iran. Name für Indus) abgel. Sammelbez. für unterschiedl. relig. Richtungen, die auf dem indischen Subkontinent verbreitet sind und sich zumeist auf das heilige Schrifttum der 8Veden berufen; zu den ältesten schriftl. Überlieferungen unterschiedl. Lehren im H.: s. 8Brahmanismus. Historie, gr. historia, im 13. Jh. eingedeutscht, die Erforschung und Darstellung von Ereignissen, die 8Geschichte; gr. histôr ist einer, der im Besitz der Kunde oder Kenntnis ist, der Kundige, auch der Zeuge oder Richter; gr. historein heißt das Geschäft des Forschens und Erkundens durch Gesicht und Gehör (beim Seefahren u. dergl.), erst später auch der Bericht, die Erzählung und die wissenschaftl. Darstellung davon. Der Begriff H. entspricht also der urspr. Bedeutung von 8Erfahrung und wurde auch bis ins 19. Jh. hinein, z. B. von G. W. Fr. Hegel, gleichsinnig mit 8Empirie gebraucht. Noch E. W. G. Wachsmuth (Theorie der Geschichte, 1820) definiert H. oder Geschichte als »Inbegriff aller sinnl. Erscheinungen und Wahrnehmungen«. Entsprechend hieß 8historisch ehemals svw. empirisch im Gegensatz zu begrifflich, denkerisch oder systematisch bewältigt, prinzipiell erkannt.
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Historik, die Wissenschaft, die die Historiographie (Geschichtsschreibung) und ihre Methoden zum Gegenstand hat (8Geschichtsphilosophie). Historiker, Geschichtsforscher. Historiosophie, Neub. des polnischen Hegelianers A. Cieszkowski (Prolegomena zur H., 1838) z. Bez. des zu wirklicher 8Weisheit gewordenen geschichtlichen Willens (8Geschichtsphilosophie). historisch, zu 8Historie geb., das Geschehen, die 8Geschichte, die Geschichtswissenschaft betr., auch svw. der Vergangenheit angehörig, überaltert. historische Schule, eine Gruppe von Historikern, Juristen und Philologen, die sich in den ersten Jahrz. des 19. Jh. in der gemeinsamen Überzeugung von der 8Geschichtlichkeit des menschlichen Geistes und einer bestimmten Auffassung von der Aufgabe und Methode der geschichtlichen Wissenschaft zusammenfanden. Die Ursprünge dieser Auffassung liegen teils bei J. Möser und J. G. Herder, teils in der 8Romantik; ihre Hauptvertreter sind die Juristen Fr. C. von Savigny, K. Fr. Eichhorn, G. Fr. Puchta, die Historiker B. Niebuhr und L. v. Ranke und die Brüder J. L. K. und W. K. Grimm. Die leitenden Gedanken sind vor allem in Fr. C. von Savignys Schrift Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (1814), in seinem Eröffnungsaufsatz der Zeitschrift f. geschichtl. Rechtswissenschaft (1815) und in L. v. Rankes Politischem Gespräch (1836) niedergelegt. In Abgrenzung vom 8Ratio-
historische Schule
nalismus, soweit er in die Geschichte als Sammlung moralisch belehrender Beispiele auswertete, aber auch zum 8Positivismus, dem sie nur ein ursächlich bedingtes, jedoch nicht in sich sinnvolles Geschehen bedeutete, sehen die Vertreter der h. Sch. im historischen Geschehen das Walten geistiger Kräfte von metaphysischem Rang, insbesondere des 8Volksgeistes. Doch lehnen sie es im Unterschied zu G. W. Fr. Hegel ab, den metaphysischen Sinn der Geschichte eindeutig zu bestimmen und in der Form eines allgemeinen Prinzips auszusprechen (8Geschichtsphilosophie). Bedeutsamer als das bewußte, zweckhafte menschliche Tun erscheint ihnen der Einfluß der »inneren, still wirkenden Kräfte« (Fr. C. von Savigny), »die geheime Wirksamkeit zusammenhaltender Ideen« (L. v. Ranke), die Macht der Gewohnheit und der Überlieferung, das ›organisch‹ genannte Heranreifen eines Rechtsgedankens, einer Verfassung, eines Staatswesens. Sie sehen »alles einzelne menschliche Dasein als Glied eines höheren Ganzen, einer Familie, eines Volkes, eines Staates, jedes Zeitalter eines Volkes als die Fortsetzung und Entwicklung aller vergangenen Zeiten« (Fr. C. von Savigny). Daher üben sie scharfe Kritik an aller ›Willkür‹ in der Gesetzgebung, an allem ›künstlich‹ Gemachten. Aus dieser Grundhaltung (8konservativ) kritisierte Savigny den Ruf nach einer umfassenden Gesetzeskodifikation; aus ihr heraus lehnte auch L. v. Ranke die rationalistische Staatskonstruk-
historischer Materialismus
tion, die Lehre von einem vorstaatlichen 8Naturzustand und einem ihn beendenden 8Gesellschaftsvertrag ab. Die h. Sch. lehrte die Entstehung alles Rechts aus dem Gewohnheitsrecht (vgl. 8Recht; 8Historismus); sie trat damit in einen Gegensatz zur 8Naturrechtslehre. historischer Materialismus, die auf einer materialistischen Auffassung der 8Arbeit beruhende Geschichtsauffassung des 8Marxismus. Nach der von K. Marx und Fr. Engels begr. »materialistischen Geschichtsauffassung« die Methode der 8Historiographie, nach der (zumindest seit der Etablierung von Sklavenhaltergesellschaften) Geschichte wesentlich aus den Konflikten in den Klassenauseinandersetzungen zu rekonstruieren ist. Danach sind es materielle Triebkräfte (8Produktionsverhältnisse, 8Produktivkräfte), die das gesellsch. Handeln der Menschen bestimmen. Nach der Lehre von K. Marx beuten die Kapitalisten (Arbeitgeber) die Arbeiter aus, indem sie sich den von den Arbeitern geschaffenen Mehrwert aneignen. Im 19. Jh. führte die »materialistische Geschichtsauffassung« zu unterschiedlichen historischen Prognosen, denen folgende Annahmen zugrundeliegen: Da Kleinund Mittelbetriebe allmählich zugrundegehen und das Kapital sich in immer weniger Händen häuft, sei die Verelendung immer größerer Arbeitermassen gewiß. Das Überangebot an billigen Arbeitskräften führe eine Überproduktion herbei und verschärfe den 8Klassenkampf. Die so entstehenden wirtschaftli-
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chen und politischen Schwierigkeiten erfordern die Vergesellschaftung der Produktionsmittel, die Aufhebung des Privateigentums und führen damit zu einer klassenund staatenlosen egalitären Gesellschaft (8Kommunismus). Historismus, zu 8Historie von Novalis geb., seit Mitte des 19. Jh. gebr. gewordener Begriff 1. für diejenige Denkweise, die nicht nur alle Taten, Leistungen und Werte aus der geschichtlichen Lage, in der sie entstanden sind, zu verstehen versucht, sondern in diesem Rückgang auf die Entstehung und Fortbildung auch die zureichende Erklärung ihres sachlichen Gehalts und ihrer gegenwärtigen Bedeutung sucht, 2. für diejenige Richtung des philosophischen Denkens, die in der 8Geschichtlichkeit den entscheidenden Wesenszug der menschlichen Existenz erblickt. In diesem Sinn wird der Begriff H. besonders von F. Meinecke (Die Entstehung des H., 2 Bde., 1936) verwendet, um Entwicklung und Größe des philosophisch begründeten Geschichtsdenkens seit J. Möser, J. G. Herder usw. zu würdigen. Unter H. wird aber 3. auch das Studium der Geschichte um ihrer selbst willen, die Einseitigkeit historischer Bildung und damit die Möglichkeit der Reaktualisierung beliebiger vergangener Kulturen und Kulturformen verstanden. H. in diesem Sinn ist die Auffassung, nach der es möglich ist, alle Werte, Normen und Gehalte als Entwicklungsergebnisse von bloß historischer Geltung zu betrachten. Er führt zu 8Relativismus
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und damit zu skeptischer Kulturkritik. Hochmut, Begriffsverengung von mhd. hoher muot ›Hochgefühl‹, Stolz, entspr. gr. hybris, lat. superbia, die Form übertriebenen Selbstwertgefühls, eine Haltung, die dazu führt, die Minderwertigkeit anderer und damit die eigene Höherwertigkeit zu unterstreichen, im Unterschied zum 8Stolz. Hoffnung (gr. elpis, lat. spes, mhd. gedinge), die freudige Erwartung, die feste Zuversicht. H. ist die vorausschauende, das Selbst tragende 8Haltung aus Fühlen, Denken und Tun, die davon ausgeht, daß es Möglichkeiten für die nächsten und ferneren Lebensschritte gibt und sie dadurch findet; in der christl. Ethik nach 1. Kor. 13, 13 eine der Haupttugenden, bes. als H. auf ewiges Leben. Mit der 8Ahnung ist die H. dadurch verwandt, daß das Erwartete weder fest bestimmt noch absolut gewiß zu sein braucht, mit dem 8Glauben dadurch, daß sie einen Zustand seelischer Hochstimmung ermöglicht. Der jüdische Glaube setzt seine H. auf den treuen Bundesgott Jahwe (1. Mos 17,7), dessen Verheißung er auf die gesamte Menschheit bezieht (Jes. 25,8), im N T wird Christus der Garant der H. (Röm. 15, 13; Hebr. 10, 23). Seit der 8Scholastik gilt die H. als theologische oder göttliche 8Tugend, weil der Grund der H. angesichts der Unverfügbarkeit des Gelingens nicht im Menschen selbst gefunden werden kann. Auch in der durch J. Pieper erneuerten 8Tugendlehre des Thomas von Aquin ist H. theologische Tu-
Höflichkeit
gend, »oder sie ist überhaupt nicht Tugend« (J. Pieper, Über die H., 1935, 27). Ohne die »Hypostase Gott« wird H. zum Prinzip des Gattungs- und Gesellschaftsprozesses bei E. Bloch (Das Prinzip H., 3 Bde., 1954- 59). In Verbindung marxistischen Denkens mit jüdischmessianischen Motiven wird hier H. zum Prinzip für Kampf und Befreiung für eine endgültige Humanisierung als utopischem Finale. – Aus Berichten zur Situation in Konzentrationslagern, im Krieg und in Gefangenschaft, aus Depressionsund Suizid- Forschung geht hervor, daß in ausweglos erscheinenden Situationen die H. entscheidend sein kann für Bereitschaft zum Über- und Weiterleben. Über analytische oder meditative Standortbestimmung des eigenen und gesellschaftlichen Lebens als Übungen zur H. sowie über Entwürfe, Pläne, 8Ideale und 8Utopien, 8Phantasien und Wünsche als Mittel zur H. wird Enttäuschung zu ihrem Hemmnis. Die H. endet in solche Fällen in Verzweiflung (»Vorwegnahme der Nicht- Erfüllung« bei Pieper) oder sie übernimmt sich in der Vermessenheit (»Vorwegnahme der Erfüllung«). H. und 8Furcht haben gemeinsam, daß beide auf die nächsten Schritte gerichtet sind und der Ungewißheit entspringen. H. aber ersieht Möglichkeiten des Gelingens, Furcht schaut auf Möglichkeiten des Mißlingens. Höflichkeit, urspr. das dem Umgang am ›Hofe‹ entspr. Benehmen, heute allg. einer der Formwerte des Umgangs mit Menschen. Die H. äußert sich negativ als 8Anstand,
Hohn
d. h. in der Vermeidung dessen, was andern lästig, widerwärtig oder peinlich sein könnte, positiv als 8Achtung des andern als 8Person ohne Rücksicht auf Unterschiede des Standes und Ranges. (Vgl. auch 8Zivilisation.) Hohn, ahd. hona, mhd. hon ›Schmach‹, wie got. hauns ›niedrig‹ zeigt, urspr. Erniedrigung, eine Steigerungsform des Spottes. Holismus, Neub. aus gr. holon ›Ganzes‹ von J. C. Smuts (Holism and Evolution, 1927), urspr. eine bes. Art der Ganzheitslehre, die sich als Überwindung verschiedener reduktionistischer Auffassungen des Lebensgeschehens (8Monismus, 8Pluralismus, 8Mechanismus, 8Vitalismus) versteht. Als semantischen H. bez. man die Auffassung, daß man einem einzelnen Satz einer Sprache keine isolierte Bedeutung zuordnen kann: Sätze gewinnen ihre Bedeutung vielmehr aus ihrer Stellung im Gesamtzusammenhang der Sprache. Diese Position wird u. a. von W. V. O. Quine vertreten und steht in einer engen Beziehung zu seiner These, es gebe keine klare Unterscheidung zw. analytischen und synthetischen Sätzen (Two dogmas of empiricism, The Philosophical Review 60/1951); vgl. auch 8analytisch). Der hiermit verbundene erkenntnistheoretische H. besagt, daß eine wiss. Hypothese nie isoliert, sondern nur im Kontext einer umfassenden Theorie überprüft werden kann. Weiche ein experimenteller Befund von den erwarteten Ergebnissen ab, so sei nicht von vornherein klar, wo im Gesamt-
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system der Theorie Revisionen vorgenommen werden. Grundsätzlich sei kein Satz der Theorie immun gegen solche Revisionen, nicht einmal elementare logische Theoreme. In der Praxis blieben solche ›zentralen‹ Sätze freilich i. allg. unberührt. Hominismus (lat. homo ›Mensch‹), die philos. Richtung, die alle Erkenntnis und Wahrheit nur für den Menschen, aber nicht an sich gelten läßt, daher von F. C. S. Schiller ›humanism‹ genannt (8Pragmatismus); hoministisch, auf den Menschen bezogen, nur für den Menschen geltend. Vgl. Homomensura- Satz, 8Anthropomorphismus. homogen, gr. homogenës ›von gleichem Geschlecht‹, von gleicher Herkunft, gleichartig; Gegensatz 8heterogen. Homogenität, die Gleichartigkeit. homo faber, lat. der ›Mensch als Hersteller‹; von H. Bergson geprägte Formel für die Wesensbestimmung des Menschen als eines arbeitenden Wesens; später als ein Grundbegriff in die philosophische 8Anthropologie eingegangen. homo homini lupus, lat. ›der Mensch ist dem Menschen ein Wolf‹, ein von dem engl. Philosophen Th. Hobbes geprägtes Wort. Hobbes, der die naturrechtl. Auffassung von staatl. Urzustand der Menschheit vertritt, läßt diesen Anfangszustand nicht paradiesisch, sondern im Gegenteil einen Krieg aller gegen alle sein (8bellum omnium contra omnes), in dem der Mensch seine angeborenen egoistischen Urtriebe auslebt und seinen Nebenmenschen
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auszubeuten, zu unterdrücken, ja zu vernichten strebt. Homoiomerien oder Homöomerien, gr. homoiomereiai ›ähnliche Teilchen‹, bei den 8Vorsokratikern die letzten Bestandteile der Stoffe. So nennt Aristoteles (De caelo III, 3, 302a 31) die von Anaxagoras angenommenen gleichartigen, qualitativ best. 8Elemente (gr. stoicheia) der Dinge, die in unbegrenzter Vielheit vorhanden seien. Die H. unterscheiden sich von den Atomen des Leukipp und Demokrit, die qualitätslos sind und sich nur durch Gestalt, Ordnung, Lage voneinander abheben. (Vgl. 8Atom; Aristoteles, Met. I, 3, 984a 11.) Homologie, gr., ›Übereinstimmung‹, nannten die 8Stoiker die mit sich selbst übereinstimmende Vernunft und das ihr entsprechende Leben, die beide auch zugleich die Übereinstimmung mit der Natur sind. Cicero übersetzt den Ausdruck (De fin. III, 6, 21) mit convenientia, Seneca (ep. 31, 8) mit aequalitas ac tenor vitae per omnia consonans sibi. Die 8Pythagoreer verstanden unter H. die Ähnlichkeit mit Gott. – H. ist auch der Ausdruck für Übereinstimmung in der 8Gestalt. – In der Mathematik bedeutet H. svw. gleiche Beziehung. Dazu: homolog. So redet man z. B. von homologen Seiten, Winkeln usw. in kongruenten und ähnlichen Figuren und homologen Gliedern in einer Proportion usw. In der Biologie versteht man unter H. die morphologische Gleichwertigkeit der Organe, die Entsprechung von Organen nach der Lage in dem ganzheitlichen Bauplan und, im
homo sum
Sinne der 8Abstammungslehre, auch nach der Entwicklung; der Gegensatz zur H. ist in diesen Fällen die 8Analogie, die Entsprechung der Organe ihrer Form, ihrer Funktion nach, d. h. ohne Rücksicht auf den Entwicklungszusammenhang (z. B. der Flügel bei Vögeln und Insekten). Homo- mensura- Satz, eine auf den Sophisten Protagoras zurückgehende Formel in lateinsprachl. Überlieferung vom Menschen (homo) als ›Maß (mensura) aller Dinge‹. Homonymie, zu gr. homonymia ›Gleichnamigkeit‹, ein Verhältnis zwischen zwei Wörtern gleicher Aussprache oder Schreibung, aber unterschiedlicher wortgeschichtlicher Herkunft und deutlich verschiedener 8Bedeutung. Homonyme sind z. B. »Tau« als Bezeichnung für ein Seil, die im 16. Jahrhundert aus dem Niederdeutschen übernommen wurde, und »Tau« als Bezeichnung für feuchten Niederschlag, das vom ahd. tou herstammt. H. ist von 8Polysemie zu unterscheiden. homo sapiens, lat. ›der mit Vernunft begabte Mensch‹, von C. von Linné eingef. Bez. für die Stufe des organischen Lebens, der der gegenwärtige Mensch angehört. homo sum, humani nihil a me alienum puto, lat. ›ich bin ein Mensch, nichts Menschliches achte ich mir als fremd‹, ein auf Menander zurückgehendes Wort des Terenz in dessen Komödie Heautontimoroumenos (I 1, 25), von Cicero (De officiis I 9, 30) und Seneca (Epist. 95, 53) als Grundsatz der 8 Humanität angeführt.
Horizont
Horizont, lat. Lehnwort des 16. Jh. aus urspr. gr. horizôn (zu horizein ›begrenzen‹, umgrenzen); Trennlinie zwischen Erdoberfläche und Luftraum vom Betrachterstandpunkt auf der Erde aus ges.; der Gesichtskreis, das Fassungsvermögen (8Lebenshorizont). Vgl. 8Grenze. Hörnerfrage, 8Cornutus. human, lat. humanus ›menschlich‹, (menschen- ) freundlich, mild, gesittet, gebildet; dazu die Humanität, lat. humanitas ›Menschlichkeit‹, die menschliche Gesittung, die 8Bildung, bei den Römern das Übersetzungswort für gr. philanthrôpia (8Philanthrop), auch anthrôpismos (8Anthropismus), bei A. Gellius (Noctes Att. XIII, c. 17) unter Ablehnung des Wortzusammenhangs mit philanthropia auf den Sachgehalt des gr. Begriffs der 8Paideia bezogen, seit der Spätantike das Ganze der im weitesten Sinn geistigen Eigenschaften des Menschen, seine Menschlichkeit im Unterschied zu der auch in ihm liegenden Tierheit. Das schon in hellenistischer und dann innerhalb der Neuzeit verschiedentlich formulierte Ideal der Humanität enth. die ethische Aufgabe, das ›Allgemein- Menschliche‹ in jedem Menschen ohne Rücksicht auf Standes- , Religions- , Volks- , Staats - und Rassezugehörigkeit anzuerkennen bzw. zu wecken. So wurde durch das H.sideal die 8Aufklärung des Verstandes, die 8Toleranz und die polit. Gleichberechtigung (8Gleichheit vor dem Gesetz), ferner die Aufhebung der Sklaverei und Leibeigenschaft, der Kampf gegen das soziale Elend u. a. gefördert. Das
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Humanitätsideal findet seine erste Ausprägung durch Cicero mit der Forderung der Geisteskultur (cultura animi, vgl. 8homo sum ...) im Sinn eines auf gepflegtem Umgang, rhetorischer Gewandtheit und literarischer Bildung beruhenden, sich selbst genügenden Menschen- und Weltbürgertums (8Kosmopolitismus), verbindet sich in der Renaissance seit Petrarca mit den Bestrebungen des 8Humanismus und wird über Erasmus, J. Reuchlin, Ulrich von Hutten u. a. bis ins Barockzeitalter hinein zur bestimmenden Bildungsmacht der europäischen Völker. Es ist auch das Bildungsziel der deutschen Klassik. Insbes. J. G. Herder, Fr. Schiller und W. v. Humboldt hielten die allseitige harmonische Entfaltung der ›Menschheit‹ (im heutigen Sinne: Menschlichkeit) im Menschen für den Endzweck seiner Entwicklung (8Persönlichkeit). Humanismus, neulat., eingedeutscht erst von Fr. I. Niethammer (Der Streit des Philanthropismus und des H. in der Theorie des Erziehungsunterrichts unserer Zeit, 1808), während das Wort 8Humanist bereits seit dem 16. Jh. geläufig war. Unter H. verstand man urspr. das Streben nach menschenwürdiger Daseinsgestaltung auf Grund der (vorwiegend philologischen) Erschließung und (wesentlich literarischen) Wiederbelebung der griechisch- römischen Sprachkultur (Humaniora; vgl. 8Geisteswissensch.). Im Begriff des H. vereinigen sich also die Momente der 8Humanität und der 8humanistischen Bildung. Der H. entspringt aus der
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Begegnung der Römer mit der Kultur des späteren Griechentums; er bleibt daher als Kulturform spezifisch römisch; charakteristisch dafür sind vor allem die Schriften Ciceros. Im strengen geschichtl. Sinn ist H. die zuerst in der italienischen 8Renaissance mit Petrarca auftretende, direkt an Cicero anknüpfende literarische und wissenschaftliche Bewegung, die im Unterschied zur 8Scholastik mit der Erforschung und Pflege der antiken Sprache, Literatur, Kunst und Kultur überhaupt und deren Nachahmung eine von kirchlicher Autorität freie, selbständige allgemeinmenschliche Bildung erstrebte und in dem Kampf von Erasmus, J. Reuchlin Ph. Melanchton und U. v. Hutten gegen die theologischdogmatischen Bindungen ihrer Zeit (Hauptdokument aus dem Anfang des 16. Jh. die Epistolae obscurorum virorum ›Briefe der Dunkelmänner‹) gipfelte. Die mit J. J. Winckelmann anhebende, von G. E. Lessing, J. G. Herder, J. W. v. Goethe, Fr. Schiller und W. v. Humboldt geförderte und sich in Fr. Hölderlins Dichtung fortsetzende ›Wiedergeburt‹ des H. im dt. Sprachraum nennt man oft Neuhumanismus, dessen Traditionen in Deutschland zu Anfang des 20. Jh. ebenfalls unter den Titeln H. und Neu- H. wiederbelebt wurden. Er führte einerseits zu der Forderung einer ständig zu wiederholenden Auseinandersetzung mit der Antike im Sinne des Rückgangs auf die Ursprünge der abendländischen Kultur im Griechentum, andererseits zu der Warnung vor der Ge-
Humanist
fahr, die gr.- röm. Kultur, zumal ihre Ausprägungen in bildender Kunst, Dichtung und Philosophie, für die Kultur schlechthin zu halten. Dieser ›dritte H.‹ suchte vor allem gegen die philologische Selbstbeschränkung des Erasmus und gegen die ästhetische der Goethezeit das ethisch- politische Moment der Antike, wie es sich bes. in Platos Politeia darstellt, wieder zur Geltung zu bringen, doch ohne greifbaren Erfolg. Als Kritiker an der Verabsolutierung der 8Ideale des H. traten im 20. Jh. Vertreter protestantische 8Orthodoxie, zumal die der 8dialektischen Theologie mit ihrer Distanzierung vom dt. 8Idealismus, sowie Parteigänger einer katholischen 8Neuscholastik, ferner extreme Vertreter der Lebensphilosophie (Fr. Nietzsche) und Kritiker eurozentrischer Ideologien (z. B. M. Heidegger, M. Foucault) sowie der naturwissenschaftl. 8Positivismus auf. Eine andere Bed. erhält der Begr. in dem von F. C. S. Schiller vertretenen H. (8Hominismus). Humanist, neulat. humanista, seit dem 15. Jh. zuerst in Italien auftretend: der der alten griechischen und römischen Sprache und Literatur Beflissene, der Gebildete, der Kenner des klassischen Altertums, der Vertreter des 8Humanismus; dazu humanistisch, Neub. zu H. im 18. Jh., am 8klassischen Altertum orientiert, dem Bildungsideal der Humanität entsprechend, altsprachlich; die humanistische Bildung ist daher die im wesentl. an der gr.röm. Sprachkultur orientierte altsprachliche Bildung.
humanitär
humanitär, menschenfreundlich, wohltätig, das Wohl der Menschheit betr. (8Philanthropie); in der verengten Bed. ›bloß h.‹ oft in dem abschätzigen Sinn einer unkritischen Hingabe an menschliche Schwäche- und Mangelerscheinungen gebr. (8Menschenliebe, 8Nächstenliebe). Humesches Gesetz, s. 8Sein- Sollen- Dichotomie. Humor, lat. ›Feuchtigkeit‹, in der antiken Physiologie von den Säften gebraucht, die die Beschaffenheit des 8Temperaments bestimmen, dann im 16. Jh. auf das Seelenleben übertragen z. Bez. solcher Charakteräußerungen, in denen man die Wirkung bestimmter Körpersäfte zu spüren glaubte; zunächst allg. ›Stimmung‹, Laune, erhielt es erst im 19. Jh. die Bedeutung einer aus entgegengesetzten Elementen – Scherz und Ernst, Lachen und Weinen – sich bildenden Gesamtstimmung. Hybris, gr., die Überhebung, der Übermut, insbes. gegenüber den Göttern (8Nemesis); das Eigenschaftswort zu H. ist nicht hybrid oder hybridisch (von Hybride ›Bastardpflanze‹), zweiartig, mischlingshaft, sondern hybrisch oder hybrishaft. Hylismus (gr. hylë ›Stoff‹), die Weltanschauung, in der der Stoff als die eigentliche Substanz der Welt betrachtet wird, svw. 8Materialismus. hylogen, von gr. hylë ›Stoff‹ und dem Stamm gen- ›entstehen‹; stoffartig, aus dem Stoff entspringend; dazu Hylogenese, die Entstehung der Materie.
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Hylomorphismus, neuscholast. Neub. aus gr. hylë ›Stoff‹ und morphë ›Form‹ z. Bez. des Zusammenwirkens der beiden Aristotelischen Prinzipien (bei Thomas v. A. materia und forma) zum Zweck einer geschlossenen Weltanschauung. Hylozoismus, Neub. im 17. Jh. aus gr. hylë ›Stoff‹ und z ôë ›Leben‹ zur Bez. der Lehre der ersten gr. Naturphilosophen, auch Hylozoisten gen., die als Substanz der Welt einen belebten Urstoff annahmen, dabei aber noch nicht Stoff und Kraft trennten, sondern der 8Materie eine in ihr liegende ursprüngliche Lebenskraft zuschrieben, die sich in den Erscheinungen der Natur offenbare. So sah Thales das Wasser, Anaximander das 8Apeiron (das Unbestimmte), Anaximenes die Luft, Heraklit das Feuer als Prinzip des Weltprozesses an. In der Kritik der Urteilskraft (II, § 72) nennt I. Kant »Hylozoism« den physischen Realismus der Zweckmäßigkeit in der Natur, der die 8Zwecke in der Natur auf das Analogon eines nach Absicht handelnden Vermögens gründet, während der hyperphysische »Realismus« der 8Zweckmäßigkeit der Natur »Theism« genannt wird. hyperkritisch, überkritisch. Hyperousie, gr., ›Über- sein‹, bei Plato den Ideen zugeschrieben, die über allem Sein existieren. hyperphysisch, 8übernatürlich, 8supranatural. hypokeimenon, gr., lat. subjektum ›das Darunter- oder Zugrundeliegende‹, bei Aristoteles entweder die 8Substanz oder das Satzsubjekt, bei den Stoikern die Kategorie der
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Wesenheit oder der qualitätslosen Materie. Hypokrisie, gr., die 8›Heuchelei‹, die Verstellung. hypologisch, Neub. aus gr. hypo ›unter‹ und 8logisch: unter- oder vorlogisch, (noch) nicht des logischen Denkens fähig oder in seinen Bereich gekommen. Hypostase, gr., ›Unterstellung‹, Unterlage (8hypokeimenon, 8Substanz); dazu hypostasieren, nach I. Kant (KrV, A 384): etwas, »was bloß in Gedanken existiert, als einen wirklichen Gegenstand außerhalb dem denkenden Subjekte annehmen«, »seine Gedanken zu Sachen machen« (ebd., A 395), bloße Vorstellungen »als wahre Dinge außer sich setzen« (ebd., A 392), also svw. verdinglichen, vergegenständlichen oder personifizieren. Beispiele: die Erhebung des Begriffs des Allgemeinen zu einem an sich seienden Wesen, des Begriffs fortuna zu einer göttlichen Person, der Göttin Fortuna, usw.; hypostatisch: vergegenständlichend, gegenständlich, 8substanziell. Hypothese, gr. hypothesis, das ›Untergelegte‹, die Unterstellung; die Voraussetzung, die 8Annahme von Gründen, Ursachen, Kräften, Gesetzen, Beziehungen, die zur Lösung von Problemen, zur Ausfüllung von Lücken der Erfahrung, zur Herstellung von Zusammenhängen, zum Begreiflichmachen von Regelmäßigkeiten dient; H. wird eine solche erklärende Annahme insbes. dann genannt, wenn ihr ein Wahrscheinlichkeitsgehalt zuerkannt wird. Wird die Annah-
hysteron proteron
me nur versuchsweise gemacht, um ein Problem zu lösen, so spricht man von Arbeitshypothese; wird sie nicht für richtig anerkannt, erweist sie sich aber nichtsdestoweniger als praktisch zweckmäßig für die Behandlung eines Problems, so spricht man von 8Fiktion. Handelt es sich um eine theoretisch unbeweisbare, aber für die Durchführung eines Gedankens geforderte Voraussetzung, so liegt ein 8Postulat vor, oder, falls wir die verwendeten Begriffe nicht vorfinden, sondern selbst erzeugen, eine Setzung. Eine H. soll sich bewähren (8Bewährung, 8Verifikation). Hypothesis, gr., 1. die Unterstellung, Voraussetzung, auch die apriorische Bedingung von Erkenntnissen, 2. der Vordersatz eines hypothetischen 8Urteils (wenn A gilt, gilt B). Dazu hypothetisch, auf einer 8Hypothese beruhend; in der traditionellen 8Logik heißen daneben Aussagen der Form »wenn..., dann...« h. Hypotypose, gr., ›Abbildung‹, in der Antike svw. Entwurf, Abriß, Kompendium, bei I. Kant u. a. die schematische oder symbolische Darstellung, Versinnlichung, Veranschaulichung von Begriffen. hysteron proteron, gr. ›das Spätere eher‹, eine von Aristoteles eingeführte Bezeichnung für den Beweisfehler (8Beweis) der ›Umkehrung‹: Der Beweis einer Aussage B durch die Aussagen A und ›Wenn A, dann B‹ wird mit einem Beweis von A durch B und ›Wenn B, dann A‹ verwechselt.
I
Ich, gr. und lat. ego, das bewußte menschliche 8Individuum im Unterschied zu seinem unbewußten Teil (Es), das 8Subjekt des Denkens und Wollens. In der Grammatik die 1. Person, die ihre Rede auf sich selbst bezieht. Da nur jeweils eine Person zu sich »i.« sagen kann, wird der Begr. I. jeweils von jedem Sprecher nur als Unikat erlebt (daher keine Pluralbildung möglich). In der antiken Philosophie kommt der philosophische Begriff des I. vor Plotin kaum vor. Nach Augustinus (De trinitate X, 10) und der Scholastik ist das I. der beseelte Mensch. Eckhart spricht von der ›Ichheit‹. Allgemein kennt das Mittelalter diese Bezeichnung noch nicht, er sagt statt ihrer ›mïn lïb‹ (8Leib). Die Existenz des Ich als ›res cogitans‹ stellt R. Descartes dar (8cogito, ergo sum) – nur das Denken könne nicht vom I. abstrahiert werden, weshalb das ego immateriell, Geist sei (Meditationes II u. III). G. Berkeley nimmt das I. als rein geistige, aktive 8Substanz (Princ. XXVII). D. Hume bekämpft die Substantialität, setzt Ich und 8Seele als eines (A Treatise on human nature IV, 6) und betont, daß das I. sich stets nur in 8Perzeptionen findet und überhaupt nichts anderes sei als ein ›Bündel‹ solcher Perzeptionen, die mit unbegreiflicher Geschwindigkeit einander folgen und in ständigem Flusse sind. Die Substantialität des I. wird auch
von I. Kant in Frage gestellt: das I. könne nicht als Substanz bezeichnet werden, da dieser Begriff sich stets auf Anschauungen beziehe (KrV, B 407); doch betont I. Kant entgegen D. Hume die Einheit des Subjekts (transzendentales I., 8Apperzeption). J. G. Fichte sieht im I. die schöpferische Einheit, auf die bezogen alle Wirklichkeit erst Sinn erhält. Er meint aber nicht das individuelle I., sondern das ›absolute Ich‹, das jedem Gegensatz von I. und 8Nicht- I. vorangehe, mithin weder vom Bewußtsein aus erfaßt werden könne, noch mit ihm identisch sei, denn das 8Bewußtsein sei nur ein endliches I., es bestehe nur als Korrelat eines ihm entgegengesetzten Nicht- I. Die 8Psychologie des 19. Jh. ging aus von dem empirischen I. in seinen Einzelzuständen, die 8Psychoanalyse des beginnenden 20. Jh. von der Möglichkeit, die bewußten Teile des Seelenlebens (die S. Freud I. nennt) von den 8unbewußten unterscheiden zu können. Interne Instanzen, die gewissens- und verhaltensregulierend wirken, werden hier 8Über- Ich genannt. ideal, neulat. idealis, 1. der 8Idee, dem 8Ideal gemäß, vorbildlich, musterhaft; 2. im Gegensatz zu 8real: unwirklich im Sinne von geistig (8immateriell); nicht gegenständlich, nicht dinghaft gegenwärtig, sondern nur mit dem ›Auge des Geistes‹ wahrnehmbar (8Abstrakti-
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onsschema); 3. nur in Gedanken, in der Vorstellung vorhanden, ohne sinnliche oder innere (geistige) Erfahrungsgrundlage, ohne Anspruch auf Wirklichkeit überhaupt. Dazu: idealisieren, verklären; vom Unvollkommenen in der empirischen Wirklichkeit absehen; die Idee aus ihr heraussehen oder in sie hineindeuten. Ideal, von gr. 8eidos, idea, neulat. idealis, ein erst in der frühen NZ geb. Begr.; I. meint das in der Realität nie rein anzutreffende Vorbildliche, die 8Vollkommenheit im Begriff gegenüber der Unvollkommenheit in der sinnlich- empirischen Erscheinung; in der Wissenschaft bez. auf Wahrheitserkenntnis (Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Sein als logisches I. bei J. Fr. Fries), in der Ethik bez. auf sittliche Vollkommenheit. I.e setzen eine bewußt gewählte Vorstellung davon voraus, was individuelles und gemeinsames Handeln leiten soll. Das I. zielt stets auf einen als höherstehend gedachten Zustand, setzt somit ein Wissen um die Möglichkeit der Vervollkommnung voraus. Insoweit Menschen oder ihre Werke in ihrer Art vollkommen scheinen, bezeichnet man sie selbst als I.e. Kant bezeichnet in Abgrenzung zur platonischen 8Idee (Ausdruck höchster Realität) I.e als regulative Prinzipien, als ›Richtmaß unserer Handlungen‹; das I. ist nicht Sein, sondern als regulativer Grenzbegriff möglicher Vollkommenheit ein Sollen. Das I. ist aber auch die Idee »in individuo, d. i. als ein einzelnes, durch die Idee allein bestimm-
Ideal
bares, oder gar bestimmtes Ding« (KrV, 1781, A 567 ff.). In der Ästhetik bestimmt Kant das I. als »Vorstellung eines einzelnen als einer Idee adäquaten Wesens« (KdU 1790, § 17). Dem I. kommt in der 8Ästhetik deshalb so große Bedeutung zu, weil in der Kunst im Unterschied zur faktischen Wirklichkeit eine 8Idee in der Ausführung vollkommen zur sinnlichen Erscheinung kommen kann. Kant grenzt das »I. des Schönen« von der Normalidee ab, die auf »SpezifischCharakteristisches«, d. h. Typisches einer Gattung zielt, das I. dagegen auf den Ausdruck einer »Idee der Vernunft nach bestimmten Begriffen« (KdU, § 17). G. W. Fr. Hegel hat den Begriff des I.s 1. in kritischer Absicht nur zur Abgrenzung von 8Wirklichkeit (Enz., §§ 6, 51) verwendet, 2. ihn mit bestimmbaren Inhalten ausschließlich in der Ästhetik behandelt und als zentrale Kategorie zur Bestimmung des Kunstschönen verstanden: das I. ist die Idee in ihrer vollkommenen sinnlichen Erscheinung (Vorlesungen über die Ästhetik 1835- 38, 1. Teil). Dieses I. der Kunst als vollkommene Einheit von Idee und Wirklichkeit findet seine historische Verwirklichung in der klassischen Kunstform. Außerhalb der Ästhetik spielt der Begriff des I.s überall dort eine Rolle, wo ein philosophischprinzipieller Begriff gegen eine ihm nicht entsprechende Wirklichkeit akzentuiert wird: in der praktischen Philosophie bez. man mit I. ein 8Postulat, durch das die faktische Realität im Grenzbegriff möglicher Vollkommenheit kritisierbar
Idealismus
gemacht wird. Phänomenologisch orientierte Philosophie sieht I.e aus dem Leben hergeleitet und zu ihm gehörig und versucht, deren Wesen aus der Reflexion von Erfahrung und Erleben zu erschließen (so z. B. bei O. Fr. Bollnow, Einfache Sittlichkeiten, 1962). Idealismus, als Neub. zu 8Ideal: 1. im praktisch- ethischen Sinne das Streben nach Verwirklichung von 8Idealen, das Ausgerichtetsein an Idealen, Beherrschtsein von Idealen, auch die Neigung, die Wirklichkeit nicht zu betrachten, wie sie nach Meinung des 8Realisten ist, sondern wie sie sein sollte; daher der Idealist: der auf das Seinsollende blickende Mensch; 2. als Neub. zu ›8Idee‹ (gr. idea, engl. idea) Verw. für eine neuzeitliche erkenntnistheoretische Schule. Im metaphysischen Sinne ist I. zunächst die Lehre Platos und Plotins von den Ideen als der wahren Wirklichkeit, von der unsere Sinne nur die Schattenbilder wahrnehmen (8Idola). Insofern im 8Platonismus gerade die Ideen das Wirkliche sind, wurde die auf ihm beruhende Metaphysik des Mittelalters 8Realismus genannt. Im weiteren Sinne heißt dann I. jede Philosophie, die in der Raumzeitwelt unserer 8Wahrnehmung nur eine Scheinwelt oder auch nur Erscheinungen sieht, hinter der eine uns unerkennbare Welt- an- sich oder eine nur denkbare geistige Wirklichkeit steht. Am radikalsten ist dieser Gedanke des I. von G. Berkeley ausgeprägt worden (8esse est percipi). I. Kant leugnet nicht die Existenz einer von uns unabhängigen
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Außenwelt- an- sich, aber sein kritischer oder transzendentaler Idealismus bestreitet, daß wir sie als solche erkennen können. Der deutsche Idealismus, im wesentl. fußend auf G.W. Leibniz, vorbereitet durch G. E. Lessing, J. G. Herder u. a., vor allem aber durch Fr. Schiller und Fr. Hölderlin, erweitert den erkenntnistheoretischen I. Kants um weitere spekulative Gesichtspunkte: Nach J. G. Fichte ist die 8Außenwelt selbst ein Erzeugnis des 8Ich, das sie sich als 8Nicht- Ich entgegensetzt, um sich mit ihr auseinanderzusetzen: subjektiver Idealismus; Fr. W. J. Schelling sieht in der 8Identitätsphilosophie Außen- und Innenwirklichkeit als Seiten eines Ganzen an (8Indifferenz); G. W. Fr. Hegel sucht mit seiner dynamischen Auffassung die Entfaltung der 8Vernunft in der natürlichen und geschichtlichen Wirklichkeit zu erweisen: objektiver Idealismus. Vgl. auch 8Realismus, 8Materialismus, 8Dualismus, 8Monismus. Idealtypus, von M. Weber für die vergleichende 8Soziologie und die Geschichtsschreibung gepr. Begriff, in dem die gemeinsamen Eigenschaften typisch verwandter 8Gebilde, Tätigkeiten oder Gedanken idealiter zusammengefaßt werden (z. B. die Stadt, das Handwerk, die Weltreligion). Mit Hilfe solcher Idealtypen können die jeweiligen geschichtlich wirklichen Erscheinungen gemessen und mit ihren individuellen Abweichungen beschrieben werden. Ideation, ein Verfahren zur Bestimmung von Ideatoren, d. s.
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Grundtermini, der 8Geometrie, 8Kinematik und der 8Dynamik. Ideative Regel oder Ideationsprinzip heißt eine Regel, nach der im Verfahren der I. best. geometr. Prädikatoren (z. B. ›flach‹ für Oberflächen) oder auch kinemat. Bestimmungen (z. B. ›gleichmäßig‹ für Bewegungen) durch Ideatoren ersetzt werden. I. oder Ideierung dient auch als Grundbegriff der 8Phänomenologie Husserlscher Prägung, svw.: 8Wesensschau. Ideieren »heißt, unabhängig von der Größe und Zahl der Beobachtungen, die wir machen, und von induktiven Schlußfolgerungen, wie sie die Intelligenz anstellt, die essentiellen Beschaffenheiten und Aufbauformen der Welt an je einem Beispiel der betreffenden Wesensregion miterfassen« (M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, EA 1929). Idee, von gr. idea (8eidos) ›das Bild‹, der Leitgedanke, das Musterbild, Vorbild, Urbild, das einer individuellen Wirklichkeit zugrundeliegt, bei Plato das wahrhaft Seiende, Bleibende, Werthafte, das Allgemeine, das Wesen der Dinge (8an sich); die Dinge haben an den ewigen Urbildern nur teil (8methexis); es gibt soviel I.n, als es 8Gattungen von Dingen gibt. Die höchste I. ist die des Guten. Plato kommt zu dieser Ideenlehre (8Platonismus) von der sokratischen und von der pythagoreischen Philosophie; daher werden ihm später die Zahlen I.nträger. Aristoteles bekämpft die I.nlehre als Verdoppelung der Wirklichkeit: I.n hätten keine Wirksamkeit. Die 8Entele-
Idee
chie tritt an ihre Stelle. Im Mittelalter wird im Streit um das Wesen und die Herkunft der 8Universalien bald der platonische (8Begriffsrealismus), bald der aristotelische (universalia in re), bald der 8nominalistische Standpunkt vertreten (8Universalienstreit). In der englischen und französischen Philosophie der Neuzeit wird der Begriff der I. auf die psychologische Bedeutung einer 8Vorstellung beschränkt; der Streit geht um die Frage der 8angeborenen I.n. Für I. Kant sind I.n Vernunftbegriffe, deren Gegenstand in der 8Erfahrung nicht angetroffen werden kann, die aber nicht willkürlich erdichtet sind. Wie die 8Kategorien den Verstandesgebrauch in der Erfahrung leiten, so beziehen sich die 8transzendentalen I.en auf den Verstandesgebrauch im Ganzen und dadurch auf den Zusammenhang unserer Erkenntnis. Die 8Zweckmäßigkeit der Lebenserscheinungen wird von Kant als 8regulative I. der Urteilskraft zum Verständnis des Lebens anerkannt. Die metaphysischen I.n 8Gott, 8Freiheit und 8Unsterblichkeit sind theoretisch nicht zu erweisen, aber vor der praktischen Vernunft zu rechtfertigen (8Postulat). In der philosophischen 8Ästhetik spricht man seit Kant auch von der ästhetischen Idee. Ausgangspunkt ihrer Bestimmung ist die subjektive Allgemeinheit als spezifisches Merkmal des 8Geschmacks, zugleich subjektives Urteil und Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu sein. Das Moment des Allgemeinen im 8Geschmacksurteil macht den Bezug
ideell
auf Begriffe notwendig. Diese können keine Verstandesbegriffe (Kategorien) sein, da aus diesen ein bestimmendes 8Erkenntnisurteil hervorgehen würde. Vernunftbegriffe (I.n) dagegen bergen nach der Kantschen 8Erkenntniskritik das Problem, nicht in der 8Anschauung gegeben sein zu können. Daher kommt es der bloß reflektierenden 8Einbildungskraft zu, einen unbestimmten Begriff »vom übersinnlichen Substrat der Erscheinungen« (KdU, 1790, § 57) zum Gegenstand der Reflexion zu machen. Die Vernunftidee als solche ist ›indemonstrabel‹ (ihr entspricht kein möglicher Gegenstand der Erfahrung), die ästhetische I. dagegen ist ›inexponibel‹: als »Vorstellung der Einbildungskraft« (§ 57) kann der Verstand sie nicht erfassen. Sie finden ihre symbolische Darstellung in der Kunst, »da einem Begriffe, den nur die Vernunft denken und dem keine sinnliche Anschauung angemessen sein kann, eine solche untergelegt wird« (§ 59). Kants Begriff der ästhetischen I. hat stark auf das Kunstverständnis der deutschen Klassik gewirkt, das seinen philosophischen Höhepunkt in G. W. Fr. Hegels Vorlesungen über die Ästhetik erreicht: Das Kunstschöne bzw. das 8Ideal als ästhetische I.ist die objektivierte Einheit des Begriffs mit seiner Wirklichkeit. Damit hat das 8Schöne nicht nur einen Reflexionsbezug auf Ideen, sondern wird zu ihrer objektiven sinnlichen Erscheinungsweise (vgl. Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, 1. Teil).
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ideell, svw. 8ideal; Gegensatz 8real oder 8reell, aber auch 8materiell (wobei i. auch gesinnungsmäßig heißen kann; z. B. ›materielle‹ vs. ›ideelle‹ Hilfe). Ideenassoziation, in der engl. Philosophie des 18. Jh. aus 8Idee und 8Assoziation geb., in der heutigen wissenschaftl. Psychologie nur selten noch gebr. Ausdruck für unwillkürlich sich einstellende Vorstellungs- und Gedankenverbindungen (8Assoziationspsychologie). Ideengeschichte, eine Betrachtungsweise der 8Geschichte, nach der in den geschichtl. Vorgängen, Zuständen und Ausprägungen ideelle Kräfte wirksam sind, die ihre eigene Gesetzlichkeit haben; häufig verw. Erklärungsschema in der Geistesgeschichte. identifizieren, von lat. idem ›dasselbe‹ und facere ›machen‹; Begriffe oder Gegenstände als ein und dieselben betrachten; daher Identiund Identifizierung, fikation Gleichsetzung, Wiedererkennung, auch Bez. für einen sozialpsychischen Vorgang, in dem eine starke Verbundenheit zwischen Menschen erlebt wird, auch verw. für die distanzlose Beziehung zu Programmen, Konzepten, Ideologien, Weltbildern. Identität, zu lat. idem ›derselbe‹, ›dasselbe‹, in der 8Logik eine in der Regel durch › = ‹ symbolisierte Beziehung, in der jeder Gegenstand zu sich selbst und nur zu sich selbst steht. Den Grundsatz, daß jedes Individuum mit sich selbst identisch ist, bezeichnet man als 8Principium identitatis. Ferner setzt man allgemein voraus, daß
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das ›8Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen‹ gilt, nach dem einem Ding x dieselben Eigenschaften zukommen wie einem Ding y, wenn x und y identisch sind (wenn also x dasselbe Ding ist wie y). Diese beiden Gesetze bilden die Basis für die Behandlung der I. in der modernen 8Prädikatenlogik erster Stufe. Die Einführung der I.srelation in die Prädikatenlogik erhöht deren Leistungsfähigkeit erheblich. So kann man etwa Anzahlaussagen formulieren: »Es gibt genau ein Objekt, das F ist« läßt sich etwa durch ∃ x (Fx ∨ ∀ y(Fy → x = y)) (Es gibt (mindestens) ein x, das F ist, und alle y, die F sind, sind identisch mit x) wiedergeben. Umstritten ist die Geltung des 8Prinzips der I. des Ununterscheidbaren, das besagt, daß ein Objekt x mit einem Objekt y identisch ist, wenn x genau dieselben Eigenschaften hat wie y. Dieses Gesetz dürfte bestenfalls dann gelten, wenn man die räumliche und zeitliche Lokalisierung eines Objektes mit zu seinen ›Eigenschaften‹ zählt, was auf eine besondere Rolle von Raum und Zeit bei der 8Individuation von Objekten hinzuweisen scheint. Akzeptiert man auch dieses Prinzip, so kann man die I.srelation im Rahmen der 8Prädikatenlogik zweiter Stufe definieren. Ferner läßt sich I. dann als Grenzfall der 8Äquivalenz oder Gleichheit (nämlich als Äquivalenz bezüglich aller Eigenschaften) auffassen. Die I. ist eine sog. Äquivalenzrelation (vgl. 8Relation, 8Äquivalenz).
Ideologie
Identitätsphilosophie, von Fr. W. J. Schelling in der Vorerinnerung zur Darstellung seines Systems der Philosophie 1801 zuerst gebr. und dann in seinem Sinne weiter verwendeter Ausdruck z. Bez. einer 8Metaphysik, in der Subjekt und Objekt, Denken und Sein, Geist uns Stoff nur verschiedene Seiten oder Erscheinungsformen einer einzigen Wirklichkeit und im Wesen ›identisch‹ sind oder in einem letzten 8Urgrund der Dinge, einem Unbedingten oder Absoluten zusammenfallen. Diese I. sucht Fr. W. J. Schelling später durch seine 8positive Philosophie zu ergänzen. Ideographie, Ideographik, Neub. aus gr. idea und graphein ›schreiben‹, die 8Begriffsschrift, durch die in eindeutigen Zeichen Begriffe und Begriffszusammenhänge ausgedrückt werden sollen. Vgl. Niethammer, Über Pasigraphik und I. (1808); G. Frege, Begriffsschrift (1879); 8characteristica universalis. Ideologie, Neub. aus gr. idea ›Idee‹ und logos ›Lehre‹ von A. L. Cl. Destutt de Tracy (Eléments d’idéologie, 5 Bde., 1801- 15), wörtl. ›Ideenlehre‹, bez. die von ihm im Anschluß an E. Condillac und P.- J. G. Cabanis, P. P. Royer- Collard u. a. vertretene Wissenschaftsrichtung, die durch Zergliederung der seelischen Tätigkeiten des Menschen und ihrer Inhalte, der Vorstellungen (frz. idées ), praktische Regeln für Erziehung, Recht und Staat zu gewinnen suchte. Die Vertreter dieser Lehre, die Ideologen, spielten in den letzten Jahren des 18. Jh. eine politische Rolle, zogen sich aber den Haß Napoleons zu
idiographisch
und wurden von ihm als weltfremde Theoretiker verspottet. Dadurch bekam das Wort I. die abschätzige Bedeutung einer wirklichkeitsfernen, praktisch untauglichen Lehre (8Utopie). Im 8historischen Materialismus des 19. Jh. (K. Marx, Fr. Engels) gelten die Bereiche des Geistigen (Religion, Metaphysik, Wissenschaft, Kunst) als ideologischer Überbau der jeweiligen ökonomischen Verhältnisse; sie werden hier auf die materielle (insbes. auf die sozio- ökonomische) Lage seiner Träger zurückgeführt. I. wurde dementsprechend zu einem sich als Wissenschaft ausgebenden Bewußtsein einer 8Klasse erklärt. Später wurde I. auch verw. als allg. Typenbezeichnung für theoret. gerechtfertigte politische Programme, für Weltbilder, Denkweisen und Handlungskonzepte, zumeist in kritischem oder gar abwertenden Sinn. Als Ideologiekritik bezeichnet man Methodologie und Durchführung von rationaler Analyse und Kritik mit Bezug auf die Ursprünge und Funktionen ideologisch bestimmter Bewußtseinsformen. idiographisch, Neub. aus gr. idios ›eigentümlich‹ und graphein ›schreiben‹, das eigentümliche, Einmalige beschreibend (8individualisierend), von W. Windelband (GeschichteundNaturwissenschaft, 1894) gebr. zur Bez. der Geschichtswissenschaften (8Geschichte) im Unterschied zu den 8Naturwissenschaften (8nomothetisch, 8generalisierend). Diese Bez. beruht auf der Meinung, daß die Geschichtswissenschaften dem Verfahren nach aus-
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schließlich mit dem Einmaligen, Einzigartigen, Besonderen zu tun haben, während die Naturwissenschaften mit der Aufstellung allgemeiner Gesetze beschäftigt sind, mag der Gegenstand in beiden Bereichen auch derselbe sein. Idiosynkrasie, gr. idiosynkrasia, geb. aus gr. idios ›eigentümlich‹ und synkrasis ›Mischung‹, nach Deichgräber (Die griechische Empirikerschule, 1930) eine Wortenstellung der Humanistenzeit aus gr. idiosynkrisia die ›Eigenmischung‹, nämlich der Säfte des Körpers, durch die das verschiedene Verhalten der Menschen in gesundem und krankhaftem Zustand nach der antiken Medizin (Galen; in astrologischem Zusammenhang bei Ptolemäus im Tetrabiblos) erklärt wurde, also die individuelle Konstitution (8Temperament). Heute versteht man unter I. die vom Durchschnitt abweichende individuelle gefühlsmäßige Reaktion auf Reize, insbes. Widerwillen gegen bestimmte Gerüche, Töne, Speisen, Menschen usw., seltener auch die Vorliebe für etwas, was andere verabscheuen. Idiot, gr. idiôtës ›Privatmann‹ (im Unterschied zum Staatsmann), später Laie, Dummkopf; Idiotie, der stärkste Grad des Schwachsinns; Idiotismus, svw. Idiotie, aber auch, von gr. idios ›eigentümlich‹ abgeleitet und vorwiegend in der Mz. (Idiotismen), z. B. von J. G. Herder, gebr., Bez. der einer Sprache eigentümlichen, unübersetzbaren, bes. der mundartlichen Ausdrücke. Idol, gr. eidôlon, lat. idolum, ›das Bild‹, die Gestalt; das Schattenbild des Abgeschiedenen, die Erschei-
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nung, das Gespenst; bei den Stoikern die 8Vorstellung (das Bild in der Seele); im Kirchenlatein der künstl. hergestellte Gegenstand, der verehrt wird und Einfluß auf den Menschen haben soll: das Götzenbild. Fr. Bacon unterschied in seinem 8Novum Organon vier Arten von I.en, d. h. falschen Vorstellungen auf dem Wege zur Erkenntnis der Natur: die idola tribus ›Trugbilder des Stammes‹ (des Menschengeschlechts), die in der natürl. Anlage aller Menschen zu teleologischem, bes. anthropomorphem Denken wurzeln, die idola specus ›Trugbilder der Höhle‹, die in der Eigenart der einzelnen Menschen begründet sind, die idola fori ›Trugbilder des Marktes‹, die entstehen, wenn man die Sprache nicht als Mittel der Mitteilung, sondern der Erkenntnis nimmt, und die idola theatri, die aus der überlieferten abendländ. Metaphysik stammen. ignava ratio, lat. 8›faule Vernunft‹. Ignorabimus, lat. ›wir werden (es) nicht wissen‹, ist die Losung des Physiologen E. Du Bois- Reymond in seinen Schriften: Von den Grenzen des Naturerkennens (1872) und Die sieben Welträtsel (1882). Er bezeichnet hier sieben Schwierigkeiten als unüberwindlich für unser Denken: 1. Das Wesen der Materie und Kraft, 2. den Ursprung der Bewegung, 3. das Entstehen der einfachen Sinnesempfindung, 4. die Willensfreiheit, 5. den Ursprung des Lebens, 6. die anscheinend zweckmäßige Einrichtung der Natur und 7. das menschliche Denken und Sprechen. (8Agnostizismus, 8Resignation, 8Skepsis.)
imaginär
illegal, neulat., ›ungesetzlich‹; Gegensatz: 8legal. illokutiver Akt, auch ›illokutionärer Akt‹ oder ›Illokutionsakt‹, von lat. in locutione (zu loqui ›sprechen‹, ›reden‹) ›in der Rede‹, Terminus der 8Sprechakttheorie, der das Vollziehen einer Handlung mit Hilfe einer sprachl. Äußerung bez. Illumination, lat., ›die 8Erleuchtung‹. Illusion, lat., ›Täuschung‹, die Selbsttäuschung, die 8Einbildung, in der Psychologie eine Trugwahrnehmung, bei der im Unterschied zur 8Halluzination ein äußeres Objekt als Ursache oder Anlaß vorhanden ist; in der Ästhetik die Wirkung des Kunstwerks, als ob es die Wirklichkeit selbst sei, das scheinbar Lebendige, greifbar Deutliche der künstlerischen Darstellung. Illusionismus, die Lehre, nach der die Welt allein in unserer Vorstellung besteht und die Außenwelt Illusion, Schein ist (8Spiritualismus). imaginär, lat., ›bildhaft‹, ›nur scheinbar vorhanden‹, nur in der 8Einbildung bestehend, nicht wirklich. Die i.en Zahlen werden in der Mathematik eingeführt zur Lösung algebraischer Gleichungen, wie z. B. x2 + 1 = 0. Diese Gleichung ist durch keine reelle Zahl lösbar. Aus dem Mißtrauen gegenüber der formal gebildeten Lösung x = √⎯ - 1 erklärt sich der Name i. Die logische Berechtigung solcher Konstruktionen ist aber seit langem geklärt (8Permanenzprinzip, 8komplexe Zahlen); imaginativ, nur in der Einbildung vorhanden.
Imagination
Imagination, lat. imaginatio ›Einbildung‹, in der mittelalterl. Philos. svw. 8Vorstellung, heute gleichbedeutend mit 8Einbildungskraft. Imago, lat. ›Bild‹, in der 8Psychoanalyse das im 8Unbewußten wirksame 8Bild, z. B. das der Mutter bei der Gattinnenwahl bei Männern. imitatio Christi, lat. ›Nachfolge Christi‹, Titel eines vielgelesenen christl. Erbauungsbuches aufgr. der Lehre von Thomas von Kempen, in dem zu frommem Lebenswandel und werktätiger 8Nächstenliebe aufgerufen wird; die Verfasserschaft ist nicht eindeutig geklärt. immanent, lat., ›darin bleibend‹, innewohnend, darin enthalten, seit dem 13. Jh. im Gegensatz zu transeunt oder transiens ›darüber hinausgehend‹, jetzt meist im Gegensatz zu 8transzendent: alles, was nicht über sich selbst oder über das, worin es enthalten ist, hinausgeht, so bes. das Vorgestellte als Inhalt des Bewußtseins, im Unterschied zu dem, was außerhalb des Bewußtseins vorhanden ist. Dazu Immanenz, neulat., das Innewohnen, Einwohnen, In- etwas- Enthaltensein. Als I. Gottes in diesem Sinne bez. man sein In- der- Welt- Enthaltensein (8Pantheismus). Immanenzphilosophie, von W. Schuppe (Die immanente Philos., 1897) eingeührt für seine Lehre, nach der alles denkbare Sein lediglich als Bewußtseinsinhalt zu fassen, ein Objekt ohne Subjekt, ein Sein, das nicht Bewußtsein wäre, undenkbar ist. immateriell, frz., ›unstofflich‹, unkörperlich, svw. geistig; Immate-
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rialismus, im abstrakten Gegensatz zum 8Materialismus die Lehre, nach der von einer 8Materie als selbständiger Substanz, von einer Materialität nicht die Rede sein kann. Ähnlich wie im 8Spiritualismus wird die Materie im Immaterialismus meist als Erscheinungsweise einer geistigen Wirklichkeit, als Wirkung geistiger Kräfte o. ä. aufgefaßt. Immaterialität, die Stofflosigkeit, Unkörperlichkeit, z. B. der 8Seele. Immoralismus, die Ablehnung der herrschenden moralischen Anschauungen, Grundsätze, Werte usf., entweder zugunsten anderer, nichtmoralischer oder höherer sittlicher Werte (8Umwertung aller Werte, 8Amoralismus) oder zum Zwecke der Zerstörung aller sittlichen Bindungen, Wertsetzungen des Lebens überhaupt. Als Immoralist, ein die Geltung der herrschenden 8Moral Leugnender, bezeichnete sich bes. Fr. Nietzsche. Unter Immoralität versteht man die Gleichgültigkeit gegen moralische Grundsätze, Urteile usw. Imperativ, lat., ›Befehlsform‹, das in der Form eines Befehls gegebene 8Gebot oder 8Gesetz (8kategorischer I.). Imperativlogik (Logik der Imperative), Disziplin, die sich mit der Analyse und der formalen Rekonstruktion von Imperativen (Aufforderungen, Befehlen) sowie mit dem Aufbau eines formalen deduktiven Systems solcher präskriptiven Äußerungen, d.h. mit dem deduktiven Schließen, beschäftigt. Erste Ansätze einer I. finden sich bereits in den zwanziger Jahren
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des 20. Jh. (E. Mally, Grundgesetze des Sollens, 1926); zu dieser Zeit wird jedoch noch nicht zwischen I. und 8deontischer Logik unterschieden. Eine gewisse Eigenständigkeit erfährt die I. erst durch ihre Abgrenzung von der deontischen Logik durch G. H. v. Wright (Deontic Logic, Mind 60, 1951) und den anschließenden Arbeiten von R. M. Hare (The Language of Morals, 1952) und H.- N. Castanéda (A Note on Imperative Logic, Phil. Stud. 6, 1955). Nach Hare sind gültige imperative Schlüsse unter Anerkennung der 8Sein- Sollen- Dichotomie und unter Einhaltung der Prinzipien des deduktiven Schließens möglich, sofern sich unter den Prämissen mindestens ein 8Imperativ befindet. Die I. ist nicht unumstritten. Bereits A. Ross warf den Vertretern der I. vor, psychologische Evidenzen als logische Folgerungsbeziehungen auszugeben (Imperatives and Logic, Theoria 7, 1941). Imperialismus (lat. imperium ›Befehlsgewalt‹, ›Herrschaft‹, ›Reich‹), 1. das Streben nach Erweiterung der 8Macht über die eigenen Grenzen hinaus, insbes. in polit. Hinsicht; 2. seit Ende des 19. Jh. Typenbez. für eine Herrschaftsform von Großmächten über Kolonien, abhängige Staaten, militärisch besetzte Gebiete und ökonomisch ausgebeutete Regionen. impetus, lat. ›Anstoß‹, Trieb, Schwung, in der spätscholastischen Philosophie, bes. bei Joh. Buridan, die von Gott verliehene innere, beständig wirksame Antriebs- oder Schwungkraft zur Bewegung der Körper im Weltall. Durch die An-
Implikation
nahme dieser Kraft wurde die vorherige Auffassung, daß die Bewegung der Gestirne durch eine Vielfalt von Geistern (Intelligenzen) unterhalten werde, überwunden. implicite, lat. ›verflochten‹, eingeschlossen, inbegriffen; eingedeutscht: implizit. Gegenbegriff: 8explicite. Implikation, von lat. implicatio ›Verflechtung‹ (hier: von Aussagen), soviel wie ein 8Schluß. Eine endliche Zahl von Voraussetzungen (8Prämissen) implizieren genau dann eine bestimmte Folgerung (8Konklusion), wenn die Wahrheit der Voraussetzungen die Wahrheit der Folgerung garantiert. So implizieren etwa die Prämissen ›Wenn die Straße gesperrt ist, dann kommt er nicht‹ und ›Die Straße ist gesperrt‹ die Konklusion ›Er kommt nicht‹. (Seltener bezeichnet man auch die Konklusion des Schlusses als I.) – Dieser Begriff der I. als eines Schlusses ist von dem der materialen I. (auch ›8Subjunktion‹) zu unterscheiden: Wenn man sagt, die Prämissen P1,...,Pn implizierten die Konklusion K (symbolisch oft P1,...,Pn ⇒ K), dann macht man eine metasprachliche Aussage (8Metasprache/Objektsprache) über P1,...,Pn und K. ›I.‹ ist also ein metasprachlicher Begriff. Dagegen gehört die materiale I. als aussagenlogischer 8Junktor (oft symbolisiert durch › → ‹, vgl. 8Aussagenlogik), der zwei Aussagen zu einer neuen verbindet, zur Objektsprache. Die Beziehung zwischen beiden Begriffen ist allerdings sehr eng: P1,...,Pn implizieren genau dann K, wenn die Aussage
Imponderabilien
P1,...,Pn→ K gültig ist. – Verwechselungen geschehen u. a. deshalb, weil sowohl P1,...,Pn ⇒ K als auch P1,...,Pn→ K normalsprachlich häufig durch »Wenn P1,...,Pn, dann K« wiedergegeben werden. Diese Paraphrase ist freilich in beiden Fällen nur annäherungsweise korrekt. Aufgrund der 8Wahrheitsbedingungen der materialen I. (vgl. 8Subjunktion) ist eine Aussage P → K schon dann wahr, wenn P falsch oder K wahr ist (oder beides). Man wird aber kaum sagen wollen, daß ›Wenn Micky Maus Bundeskanzler ist, dann gibt es Leben auf dem Mars‹ oder ›Wenn der Mond aus Gestein besteht, dann ist Edison der Erfinder des Kohlekörnermikrophons‹ wahr sind, obgleich ›Micky Maus ist Bundeskanzler‹ falsch und ›Edison ist der Erfinder des Kohlekörnermikrofons‹ wahr ist. Die Tatsache, daß materiale I.sbeziehungen mit falschen Prämissen bzw. wahren Konklusionen stets wahr sind, bezeichnet man häufig als ›Paradoxie der (materialen) I.‹. Genaugenommen ist das freilich keine 8Paradoxie, sondern es zeigt nur, daß die materiale I. eben kein genaues formales Gegenstück zur normalsprachlichen »Wenn ..., dann ...«- Beziehung ist, sondern ein speziell für logische Zwecke eingeführter Operator. Im Rahmen der 8Konditionalsatzlogik und der Logik der sogenannten ›strikten I.‹ versucht man, bessere formale Äquivalente für die »Wenn ..., dann ...«- Beziehung zu finden. Dort lassen sich die eben behandelten ›Paradoxien‹ bzw. Inadäquatheiten zwar in
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der Tat vermeiden, aber es treten andere auf: So impliziert jeder Widerspruch strikt jede beliebige Aussage, und jede Aussage impliziert strikt jede 8Tautologie. Diese ›Paradoxien‹ ergeben sich analog auch für die metasprachliche I.sbeziehung: Wie die materiale und die strikte I. ist auch sie kein getreues Abbild der normalsprachlichen »Wenn ... , dann ...«- Beziehung, sondern eine Relation, die speziell für die Zwecke der Logik definiert wurde. Imponderabilien, von neulat. imponderabilis ›unwägbar‹ unwägbare Stoffe, übertr. nicht näher bestimmbare Einflüsse, unfaßbare Einwirkungen. Impression, (lat., engl., frz.) Sinneseindruck, Sinneswahrnehmung. I.en beruhen nach D. Hume auf den wirklichen gegenwärtigen 8Empfindungen der Dinge; sie besitzen Stärke und Lebhaftigkeit, während die aus ihnen abgeleiteten reflektierten Vorstellungen und Abbilder, die 8Ideen, einen geringeren Grad von Stärke, Deutlichkeit und ›Lebendigkeit‹ besitzen (D. Hume, Enquiry of Hum. Underst. Sect. II: »By the term impression, then, I mean all our more lively perceptions, when we hear, or see, or feel, or love, or hate, or desire, or will. And impressions are distinguished from ideas, which are the less lively perceptions, of which we are conscious, when we reflect on any of those sensations or movement above mentioned.«) Dazu Impressionismus: in der Philosophiegesch. die Erkenntnistheorie, in der nur Sinneseindrücke und
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Empfindungen für real gehalten werden (8Abbildtheorie, 8Sensualismus); in der Kunstgesch. zunächst Fremdwort für Eindruckskunst, später die Richtung der Malerei des 19. Jh., die den unmittelbaren, insbes. lichtabhängigen Sinneseindruck darzustellen suchte, unabhängig von Vorstellungen über das ›Objektive‹ der Gegenstände. Impuls, lat., ›das In- BewegungSetzen‹, der Anstoß, Antrieb, Anreiz; in der Physik das Produkt aus 8Masse und Geschwindigkeit. Dazu impulsiv, von Antrieben, plötzlichen Einfällen abhängig (8Drang). Imputation, lat. ›Anrechnung‹, die 8Zurechnung einer 8Schuld, die Beschuldigung; imputieren, jemandem etwas (auch ungerechtfertigterweise) zurechnen, ihm schuld geben. in abstracto, lat. ›im allgemeinen‹, ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit (8abstrakt). Gegenbegriff: 8in concreto. inadäquat, lat., ›unangeglichen‹, unangemessen; Gegenbegriff: 8adäquat. Inbegriff, seit Anfang des 18. Jh. gebr.; 1. das, was alles in sich begriffen hält, die Summe, die Ganzheit, das Maximum; 2. in der traditionellen Logik eine durch Zusammenfassung entstandene Gesamtheit, ein begriffliches Ganzes, auch svw. Kollektivbegriff oder ganz allgemein der 8Begriff von einer Gesamtheit, dessen Unterbegriffe nur ein Merkmal oder sehr wenige gemeinsam haben. in concreto, lat. ›in Wirklichkeit‹, tatsächlich (8konkret).
Indexikalität
indefinit, lat. ›unbestimmt‹, heißt eine Reihe, deren weiterer Verlauf nicht bekannt ist, so daß von ihr weder gesagt werden kann, daß sie 8endlich (finit), noch daß sie unendlich (infinit) sei. indemonstrabel, lat., ›unbeweisbar‹, nicht demonstrierbar (8demonstrieren), meist im Sinne von: in der Anschauung nicht darstellbar. Indeterminismus, von lat. indeterminatus ›unbestimmt‹, die Lehre von der Nichtbestimmtheit der physischen Vorgänge durch das Kausalprinzip oder der Handlung durch Charakter und Motive (8Determinismus, 8Heisenbergsche Unschärferelation, 8Willensfreiheit). Index, lat. ›Anzeiger‹, Verzeichnis, Register. In formalisierten Sprachen Zahl oder Buchstabe (im allg. tiefer gesetzt) zur Unterscheidung gleichartiger Größen, z. B. bei der Unterscheidung der verschiedenen Koordinaten in einem n- dimensionalen Raum: x1, x2... xn . Die Gesamtheit der möglichen Werte eines I. bildet die Indexmenge. Indexikalität, zu lat. indicare ›anzeigen‹, in der 8Sprachphilosophie und - wissenschaft die Eigenschaft sog. Indexausdrücke (Deiktika), etwas in Abhängigkeit vom jeweiligen Äußerungskontext, d. h. von den konkreten Umständen der Äußerung zu bezeichnen. So bez. das Personalpronomen »ich« den jeweiligen Sprecher einer Äußerung: Sagt Fritz »Ich bin müde«, so bezieht sich »ich« auf Fritz; sagt Franz das gleiche, so bezieht es sich auf Franz. Indexikalisch sind ferner z. B. Adverbien wie »hier« (Sprecherort) und
index librorum prohibitorum
»jetzt« (Äußerungszeit) und Demonstrativpronomen wie »dies«. Die Beschäftigung mit Indexausdrücken reicht bis in die Antike zurück. In neuerer Zeit hat u. a. K. Bühler (Sprachtheorie, 1934) wichtige Beiträge dazu geleistet. Im Anschluß an D. Kaplan (Demonstratives, 1977) nennt man die 8Bedeutung eines Indexausdrucks seinen ›Charakter‹ (engl. character) und faßt sie technisch als 8Funktion von Äußerungskontexten (›Indices‹) in 8Intensionen auf, wobei letztere wiederum als Funktionen von möglichen Welten in Extensionen verstanden werden (8Mögliche- Welten- Semantik). Z. T. wird die Auffassung vertreten, daß Eigennamen und 8Terme für natürliche Arten »versteckt indexikalisch« sind und daß auch ihre Bedeutungen nicht mit Intensionen, sondern mit Charakteren als Funktionen von Indices in Intensionen identifiziert werden müssen (U. Haas- Spohn, Versteckte Indexikalität und subjektive Bedeutung, 1995). index librorum prohibitorum, lat. ›Verzeichnis verbotener Bücher‹, das zuerst von Papst Paul IV. 1559 herausgegebene Verzeichnis derjenigen Schriften, die von Katholiken nicht ohne kirchliche Erlaubnis gelesen werden dürfen. Es zerfällt in drei Klassen, von denen die erste die Namen häretischer (ketzerischer), die zweite die Werke katholischer Schriftsteller, die dritte verbotene Schriften, die ohne Verfassernamen erschienen sind, enthält. Letzte Ausg. 1900 unter Leo XIII. Daneben gibt es noch einen index librorum purgandorum, d. h.
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ein Verzeichnis der (von anstößigen Stellen) zu reinigenden Bücher. indifferent, lat., ›nicht verschieden‹, keinen Unterschied ausmachend, gleichgültig; dazu Indifferentismus, die Gleichgültigkeit gegenüber bestimmten Dingen, Zuständen, Lehren, Ereignissen, die sowohl als Uninteressiertheit wie auch als bewußter Verzicht auf eigene Stellungnahme (8Epoche, 8Skepsis) auftreten kann. Indifferenz, Unterschiedslosigkeit, Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit; bei Fr. W. J. Schelling svw. das 8Absolute, die Ungeschiedenheit von Natur und Geist, Subjekt und Objekt usw., auch die Zurückführbarkeit von Gegensätzen im Absoluten. indirekter Beweis, lat. reductio ad absurdum, Beweisverfahren, bei dem die Annahme, der zu beweisende Satz sei falsch, zum Widerspruch führt (8Beweis). indiscernibilia, lat., ununterscheidbare, absolut gleiche Dinge, deren Vorkommen in der Wirklichkeit von G. W. Leibniz (Nouv. ess. II, 27, § 1, 3; Monadologie § 9) bestritten wurde. Vgl. I. Kant (Fortschr. d. Met. 2. Abt., Der Met. 1. Stad.) und G. W. Fr. Hegel (Enz. § 117). individual, lat. individualis, svw. 8individuell. Individualbegriffe, svw. 8Einzelbegriffe im Gegensatz zu 8Allgemeinbegriffen, insbes. in den 8Geisteswissenschaften solche Begriffe, die das Wesentliche, Konstante, Allgemeine im Wechsel der Zustände und der Entwicklung eines 8Individuums bezeichnen; z. B.
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Sokrates als begriffliche Zusammenfassung alles dessen, was zu seinem Wesen gehört, Griechentum als Bezeichnung des historisch einmaligen, individuellen Wesens der gr. Kultur (8individualisierend). Individualethik, 8Sozialethik. individualisierend (neulat. individualis ›unteilbar‹), ins Einzelne gehend, das Besondere, Eigenartige, Einmalige herausarbeitend, die Eigentümlichkeiten eines besonderen Falles, einer Persönlichkeit berücksichtigend: nach H. Rickert im Gegensatz zu 8generalisierend das Verfahren der 8Geschichtswissenschaft. Individualisierung, 1. svw. 8Individuation, 2. Besonderung im Gegensatz zu 8Generalisation, 3. die Herausbildung von (immer zahlreicheren) Besonderheiten, Eigentümlichkeiten (8Individualität) in der natürlichen, sozialen und geschichtlichen Entwicklung der Lebewesen, der Menschen und ihrer Werke. Individualismus, Ausdruck seit dem 18. Jh. für die Ansicht, daß das 8Individuum, seine Interessen, Ansprüche und Rechte denen der Gemeinschaft, der 8Gesellschaft oder des Staates überzuordnen seien bzw. ihnen zeitlich und wesensmäßig vorausliegen. So ging die Staats- und Gesellschaftslehre der 8Aufklärung von der Voraussetzung aus, daß das Ursprüngliche im menschl. Gesellschaftsleben der Einzelne sei; die 8Gemeinschaft selbst wurde dann als ein Verhältnis von Einzelnen konstruiert (8bellum omnium contra omnes, 8contrat social, 8Vertrag). Formen des I. sind der 8Egoismus, der 8Altruis-
Individualpsychologie
mus und vor allem der 8Liberalismus. Gegensatz: 8Sozialismus. Aristokratischer I. ist das Persönlichkeitsideal der Renaissance, das Bildungsideal des dt. 8Humanismus und die Lehre Fr. Nietzsches vom 8Übermenschen. Als metaphysischen I. bezeichnet man die Lehre, daß alles 8individuell sei und daß nur das Individuelle eine wesenhafte und selbständige Wirklichkeit habe, während das Ganze nur als Nebeneinander, Summe oder Inbegriff des Einzelnen gilt. Vertreter: die Nominalisten, auch G. W. Leibniz (8Monade). Gegensatz: 8Universalismus. Individualität, frz., Merkmal des Einzelnen, sofern es als einmalig, als Unikat begr. wird, insbes. das Spezifische, das nur für ihn als einzelnen Menschen gilt. Der Begriff der I. wurde bedeutsam im Widerspruch zur generellen Betrachtung des Menschen in der Aufklärung (8Irrationalismus). So fordern J. G. Herder und die Romantiker ›Sinn für I.‹, d. h. für das Unverwechselbare, in allen Einzelzügen Zusammengehörige und Übereinstimmende, nicht nur für d. einzelnen Menschen, auch für die I. eines Volkes, eines Kunstwerks. Vgl. 8Individuum, 8Persönlichkeit, 8individualisierend. Individualpsychologie, die von dem Wiener Arzt A. Adler nach seiner Trennung von S. Freud (8Psychoanalyse) vertretene Richtung der 8Psychologie des 8Unbewußten, wonach sich alles menschliche Verhalten aus dem Streben nach 8Geltung und 8Macht verstehen läßt. Nicht durchsetzbares Gel-
Individualsatz
tungsstreben wird verdrängt und führt zu seelischen Störungen. Individualsatz, ein Satz, dessen Subjekt ein 8Individuum ist; z. B. Kant ist ein Philosoph; 7 ist eine Primzahl. Individualstufe, -niveau, -gebiet, Termini der tradition. Logik für Begriffsklassifikationen: die Gesamtheit der Individuen, die durch ein Begriffssystem in der Form einer 8Begriffspyramide geordnet werden. Ein stufenförmig in 8Gattungen, 8Arten, Unterarten usw. gegliedertes Begriffssystem endet bei den einzelnen, nicht mehr zerlegbaren Individuen, die als Basis oder unterste Stufe gedacht werden, über der sich das System erhebt. Individuation, neulat., ›Unteilbarmachung‹, die Besonderung des Allgemeinen in Einzelwesen, z. B. der Weltsubstanz in die Einzeldinge, aus denen die Welt besteht. Das Individuationsprinzip (principium individuationis), das die 8Individualität Bedingende, Ermöglichende und die Vielheit und Verschiedenheit der Individuen Erklärende, spielte im mittelalterlichen 8Universalienstreit eine große Rolle. Für Duns Scotus ist die 8Individualität etwas Ursprüngliches und Selbständiges; es bedarf also keines besonderen I.sprinzips. Thomas v. Aquin nimmt ähnlich wie Aristoteles als I.sprinzip die Materie an, die in gewissen Ausmaßen die Form aufnimmt, also die quantitativ bestimmte Materie. B. Spinoza faßte das Prinzip der I. als Negation auf. G. W. Leibniz dagegen verfocht bereits 1663 (später unter dem Titel
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De principio individui) die nominalistische These, als deren erste Vertreter er Petrus Aureolus und Durandus anführt: »was ist, ist durch sein Dasein selbst Individuum«. Im modernen Sprachgebrauch bez. I. auch 1. den Bestimmungsakt eines 8Individuums als Exempel eines Prädikators, z. B. durch einen Eigennamen; 2. in der Psychologie auch den Prozeß der Selbstwerdung, der 8Ontogenese des Selbstbewußtseins. individuell, frz., von lat. individualis ›unteilbar‹, dem 8Individuum eigentümlich, im eigenen Wesen liegend, nur für das Einzelwesen geltend. Gegenbegriffe: 8generell, überindividuell. Individuenkonstante, zu 8Individuum und 8Konstante, svw. 8Gegenstandskonstante. Individuenvariable, zu 8Individuum und 8Variable, svw. 8Gegenstandsvariable. Individuum (Mz. Individuen), lat., Lehnübers. von gr. atomon ›Unteilbares‹; 1. das Einzelwesen. Ursprüngl. fällt der Begriff I. zusammen mit dem des 8Atoms. In der 8Scholastik war er auf die menschl. Persönlichkeit eingeschränkt, im 16. Jh. bereits erhält er 2. die Bedeutung »besondere Person«, und heute bez. er meist den »Einzelmenschen« im Verhältnis bzw. Gegensatz zur 8Gemeinschaft (8Individualismus). Indizienbeweis (lat. indicium ›das Anzeichen‹), juristisch die Überführung eines Angeklagten ohne sein Geständnis und ohne daß er auf der Tat betroffen worden wäre, auf Grund anscheinend eindeutig
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auf ihn hinweisender belastender Tatsachen; im weiteren Sinn der Schluß auf ein nicht unmittelbar Erfahrenes oder Erfahrbares durch empirische Hinweise. Solange der erschlossene Gegenstand oder Sachverhalt noch als Wirklichkeitsbestandteil gedacht ist, kann von einem I. im eigentlichen Sinne gesprochen werden; ist er nur ein Gedacht- Seiendes, so liegt eine 8Hypothesenbildung in den Grenzen der 8induktiven Methode vor. Indolenz, lat., eigentl. ›Schmerzlosigkeit‹, dann Empfindungsschwäche, Gleichgültigkeit, Stumpfheit; daher indolent, gleichgültig, träge. Induktion, von lat. inductio ›Hineinführung‹, von Cicero eingef. z. Übers. von gr. epagôgë ›Hinaufführung‹, im Gegensatz zur 8Deduktion die wissenschaftliche Methode, die von besonderen einzelnen Fällen auf den allgemeinen Fall, auf eine Gesetzmäßigkeit schließt. Induktive Verfahren soll zuerst Sokrates angewendet haben, (Aristoteles, Met. XIII, 4, 1078b 28), indem er von Einzelfällen einer Begriffsanwendung zu adäquaten Allgemeinbegriffen zu gelangen strebte. Plato erkannte dies als eine Seite der Erkenntnis, ließ aber, indem er das Wissen als 8Erinnerung ansah, nach dem Vorbild der Mathematik der deduktiven Methode den Vorrang. Aristoteles hielt die I. für die eher populäre Erkenntnisweise; denn als wissenschaftlich galt ihm nur die vollständige I. (später lat. inductio completa), gegenüber welcher keine Ausnahme vorliegen dürfe. Erst
Infinitismus
Fr. Bacon hat eine systematische Theorie der I. aufzustellen versucht (Nov. Organ. I, 105): er verlangt ein methodischeres Verfahren als das der bloßen Aufzählung einzelner Fälle, gegen die sich immer andere aufführen lassen. Logisch zwingend ist die I. nur, wenn sie vollständig ist, d. h. wenn sämtliche Fälle bekannt und berücksichtigt sind. Das ist in den Erfahrungswissenschaften meist nicht möglich, wohl aber in der Arithmetik. Hier lautet die Induktionsregel: »Eine Aussage, die für n = 1 gilt und für n + 1, falls für n, gilt für alle natürlichen Zahlen«. Eine unvollständige I. ist nur möglich, wenn eine Gesetzmäßigkeit des Sachverhaltes, auf den sie sich bezieht, schon vorausgesetzt ist. induktiv, von lat. inductivus ›auf 8Induktion beruhend‹, durch Induktion oder in der Form einer Induktion. Inexistenz, von lat. inexistentia ›das Dasein in etwas‹, bei den Scholastikern als 8intentionale I. das Dasein der Gegenstände in der Vorstellung, im Gedachten. infallibel, lat., ›unfehlbar‹; dazu Infallibilität, die Unfehlbarkeit. infinit, lat., ›unendlich‹, unbegrenzt; 8indefinit. infinitesimal, von frz. (calcul) infinitésimal ›unendlich klein‹; Infinitesimalrechnung, zusammenfassender Name für die 8Differential- und 8Integralrechnung, auf denen sich die moderne Analysis aufbaut (8Mathematik). Infinitismus, von 8infinit, die Lehre von der 8Unendlichkeit der Welt, des Raumes, der Zeit.
influxus physicus
influxus physicus, lat. ›natürlicher Einfluß‹, von den Scholastikern gebr. z. Bez. des Einflusses des Leibes auf die 8Seele, im 17. und 18. Jh. auch für die 8Wechselwirkung zwischen Leib und Seele, Körper und Geist. Geleugnet wurde der i. p. im 8Okkasionalismus (8concursus dei). Informatik, von lat. 8informatio; die Wissenschaft von der elektron. Datenverarbeitung. Theoretische Informatik nennt man die allg. Theorie der Verfahren zur Lösung von Problemen, deren Lösungswege sich durch eine eindeutige Vorschrift insgesamt festlegen lassen (auch 8Algorithmus). Ergänzend dazu versucht die Theorie der Berechenbarkeit, ein Teilgeb. der Theoret. I., Präzisierungen von formalen Möglichkeiten für solche Lösungswege, um präzise nachweisen zu können, welche Probleme insofern unlösbar sind, als es keinen Algorithmus zu ihrer Lösung gibt. Information, lat. informatio ›Bildung‹, bei Cicero urspr. Vorstellung über die Bedeutung eines Wortes (De orat. 2, 358), später die Belehrung, Unterweisung, der gelehrte, mitgeteilte Inhalt; in der scholast. Philosophie auch Gestaltung der 8Materie durch die 8Form; in der Theorie der informationsverarb. Systeme (8Kybernetik) bez. I. auf der syntaktischen Ebene jedes Aggregat von 8Symbolen, die nach den Regeln eines Informationssystems identifiziert, erzeugt oder auch in andere Symbolkombinationen überführt werden können; in der Theorie der logischen 8Semantik von Y. Bar- Hillel (Language and Information,
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1964), ausgehend von R. Carnaps Ansatz zur Mathematisierung der Sprache (Log. Syntax der Sprache, 1934), wird durch I. die Klasse aller Sätze bez., die von einem Satz logisch impliziert werden (8Implikation). Informationstheorie, eine von C. E. Shannon (The Mathematical Theory of Communication, 1949) begr. mathematische Theorie der Nachrichtenübertragung, ausgehend von der Frage, wie man mit einem Minimum an 8Symbolen ein Maximum an I.en übermitteln kann; später auch Sammelbez. für unterschiedl. theoret. Ansätze zur Entwicklung formalisierter Modelle als Grundlage für die Datenverabeitung, Datenübertragung und auch allg. für die 8Kommunikation. ingenium, lat. ›Begabung‹, Erfindungsgeist, urspr. Übers. von gr. euphyës (wörtl.: ›wohlgestaltet‹) im Sinne von Eignung, Talent, Begabung; im deutschsprach. Raum später mit 8Witz (i. S. von Intellekt), 8Geist und 8Genie übersetzt. Inhalt (lat. complexus), zuerst im 15. Jh. als innehaltunge, innehalt, in der Logik die Gesamtheit der Merkmale des 8Begriffs (8Intension) im Unterschied zu seinem 8Umfang (8Extension); im allg. der Gegensatz zur 8Form, auch svw. der 8Gehalt, das durch die Form zu einem Ganzen verbundene Mannigfaltige. Inhärenz, von lat. inhaerere ›in etwas hängen‹, an etwas haften; das Verhältnis der Eigenschaften oder Akzidenzen zum 8Ding oder zur 8Substanz, das als ein Festhängen der Eigenschaften an dem Ding, dessen Eigenschaften sie sind, vor-
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gestellt wurde; z. B. das der Ausdehnung zum Körper. Gegensatz: 8Subsistenz. in infinitum, lat. ›ins Unendliche‹, bes. im Zusammenhang mit 8Progress(us) und Regress(us) gebr. Inklusion, lat., ›das Einschließen‹, das Miteingeschlossensein, z. B. der Folge in den Grund. Inkohärenz, Gegenbegriff zu 8Kohärenz, die Zusammenhanglosigkeit. inkommensurabel, lat., ›unmeßbar‹, das, was nicht mit einem gemeinsamen 8Maß gemessen werden kann. Der Begriff stammt aus der antiken Geometrie und diente dort z. Bez. der 8Irrationalität geometrischer Größen, z. B. der Länge der Diagonale ⎯√ 2 im Quadrat mit der Seitenlänge 1. inkompatibel, frz., ›unverträglich, unvereinbar‹; dazu Inkompatibilität, die Unvereinbarkeit. inkomprehensibel, lat., ›unfaßbar‹, unbegreiflich. inkongruent, lat., ›nicht übereinstimmend‹, sich nicht deckend; Inkongruenz, die Nichtübereinstimmung, Gegenteil von 8Kongruenz. inkonsequent, lat., ›nicht folgerichtig‹, folgewidrig; Inkonsequenz, die Folgewidrigkeit, die Unbeständigkeit; Gegensatz: 8Konsequenz. Inkonsistenz, zu lat. in- (verneindendes Präfix) und consistere ›stillstehen‹, ›bestehen‹, also etwa das ›Nichtbestehen‹: die Widersprüchlichkeit. Allgemein nennt man eine Menge von Aussagen inkonsistent, wenn sich aus ihr ein Widerspruch etwa der Form A ∧¬ A ableiten läßt (vgl. auch 8Ableitung, 8Widerspruchsfreiheit). Nach dem 8Princi-
Insein
pium contradictionis muß mindestens eine Aussage aus einer solchen Menge falsch sein. Innenwelt, 8Außenwelt. innerer Sinn, bei I. Kant die Fähigkeit der 8Seele, ihre eigenen Veränderungen, die Vorgänge in ihr wahrzunehmen, ihre eigenen Vorstellungen zum Gegenstand zu machen; bei J. Locke 8Reflexion im Gegensatz zum äußeren Sinn (8Sensation) genannt. Von den Kantischen Anschauungsformen 8Raum und 8Zeit bezieht sich die erstere nur auf den äußeren, die letztere auch auf den i. S., d. h. erstere ist Bedingung der Außenweltwahrnehmung, letztere auch der Selbstwahrnehmung. Innerlichkeit, ein aus der 8Mystik stammender Ausdruck, im Gegensatz zur 8Äußerlichkeit das Wesen einer Sache, als menschliche Haltung das Gesammeltsein in sich, das Beruhen auf sich, das entweder durch Abstandnahme oder durch Auseinandersetzung gewonnen wird. Innervation, neulat., die Ausstattung (eines Organs) mit Nerven, an deren Erregung durch Reize die Verrichtung (Funktionen) des Organs gebunden sind, auch die Reizung, Erregung des Organs durch Nerven. Insein, lat. inesse, in etw. enthalten sein, z. B. das Erkannte im Erkennen; in der mittelalt. Logik svw. 8Inhärenz, bei Thomas v. Aquino als Seinsweise der 8Akzidenzen bez. (Summa theol. I, 28, 2). M. Heidegger führt, in Abgrenzung von der tradit. Bed. ›Enthaltensein‹, den Begr. I. ein (Sein und Zeit,
In-der-Welt-sein
1927, §§ 28 ff.) für die existentiale Verfaßtheit des (menschl.) 8Daseins (›In- der- Welt- sein‹). Die ›Seinsverfassung‹ des ›Daseins‹ bez. er als I. oder auch als ›Inheit‹ (zuerst ebd. § 12), sofern und solange sich das ›Dasein‹ noch nicht betrachtend oder redend, inbes. noch nicht theoret. analysierend zu seinen Weltbezügen verhält. Im Unterschied dazu bezeichnet das Kompositum ›In- der- Welt- sein‹ (zum ›Welt‹- Begr. ebd. §§ 14- 27) sämtliche Weltbezüge eines Daseins, die praktisch- technischen und sozialen, aber auch die theoretischen, durch welche sich das ›Dasein‹ von den Gegenständen seiner ›Welt‹ begrifflich unterscheidet. In-der-Welt-sein, bei M. Heidegger ›Seinsweise‹ des (menschl.) 8Daseins, vgl. 8Insein. Inspiration, lat., ›Einatmung‹, ›Einhauchung‹ (gr. epipnoia), die Eingebung, die Erleuchtung, das Überfallenwerden, das scheinbar unvorbeitete Betroffen- oder Ergriffensein von einem Gedanken, einer 8Einsicht, einer 8Idee (8Begeisterung, 8Enthusiasmus, 8Offenbarung). Das Un- oder Übervernünftige veranlaßte die Griechen und Römer, ihn dem Anhauch, der Einwirkung eines göttlichen Wesens zuzuschreiben. Im Christentum kam man sogar zeitweise zu der Auffassung, daß die Bibel durch Verbalinspiration entstanden sei, d. h. daß sie so, wie sie vorliegt, Wort für Wort »Gottes Wort« sei, das den biblischen Schriftstellern angeblich vom Heiligen Geist eingegeben sei. Daß die Bibel durch I. entstanden sei, ist katholisches Dogma.
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Instanz, von lat. instantia ›Abstandslosigkeit‹, unmittelbare Nähe, Gegenwart. Ein Gegenstand heißt I. eines Allgemeinbegriffs, wenn er in der 8Extension (im Begriffsumfang) enthalten ist; alltäglich auch: Spezialfall, Stufe innerhalb einer 8Hierarchie von 8Institutionen. Instinkt (lat. instinctus ›Anreiz‹, ›Naturtrieb‹), eine angeborene, nur in geringem Grade plastische, der Übung nicht bedürftige Verhaltensweise, die ein Lebewesen zu oft sehr komplizierten, im Interesse der Selbst- und Arterhaltung höchst zweckmäßigen und sinnreichen Verhaltensweisen besonders auf dem Gebiet der Nahrungssuche, Fortpflanzung, Fürsorge für die Nachkommenschaft und der Abwehr von Gefahren befähigt. Der I. ist stets mit einem zugeordneten 8Trieb verbunden und steht zwischen der im Dienst eines bewußten Zweckes planenden praktischen Intelligenz des Menschen und dem einfachen Reflex als einer automatisch durch einen Reiz ausgelösten Bewegung. Die Vertreter des 8Behaviorismus ( J. B. Watson, E. L. Thorndike u. a.) haben versucht, nach dem Vorgang H. Spencers die I.e als Ketten von Reflexen zu erklären, in denen der Reiz das erste Glied, dieses das folgende usw. auslöst. Diese machanistische Hypothese erklärt aber nicht die Ganzheitlichkeit der I.handlung, die typische Gleichartigkeit des Verhaltens bei äußerlich sehr verschiedenen Reizsituationen und wiederum die Abwandlung des Verhaltens in äußerlich oft
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nur sehr wenig verschiedenen Lagen. Die Tatsache der verhältnismäßigen Armut des Menschen an ausgeprägten I.en, auf die schon J. G. Herder und I. Kant hingewiesen haben, ist auch eine der Voraussetzungen für Theoriebildungen in der philosophischen 8Anthropologie: Dieser menschliche Mangel an ausspezialisierten I.en ist zugleich die Voraussetzung für die ungleich größere Fähigkeit des Menschen, bei unterschiedlichsten Lebensbedingungen zu existieren; für die menschlichen Verhältnisse erweist sich die Intelligenzhandlung der I.handlung überlegen. Das geringere Festgelegtsein des Menschen durch I.e entspricht auch der geringeren Ausspezialisierung und dadurch aber auch geringeren Beschränktheit hinsichtlich der Organe, z. B. der Hand (im Vergl. zu Tieren). Eine 8Handlung kann nach neuerer Auffassung sowohl instinktiv als auch intelligent sein, d. h. sie enthält außer der starren unabänderlichen Komponente (K) auch einen variablen, situationsgemäßen Anteil (V). Bei Instinkthandlungen ist dann K größer V, bei Intelligenzhandlungen K kleiner V. Institution, lat. institutio ›Festlegung‹, Einrichtung; in der Theologie die Summe der festgelegten religiösen Grundannahmen, z. B. im theolog. Hauptwerk von J. Calvin Institutio religionis christianae (1536), in Anlehnung an den urspr. jurist. Gebrauch des Begr. im Römischen Recht für festgelegte Rechtsverhältnisse; in diesem Sinn im MA auch als jurist. Lehrbuchtitel verwendet. In die moderne
Instrumentalismus
Rechtsphilosophie eingef. durch M. Hauriou, welcher unter I. die gemeinsamen sozialen Zielvorstellungen von Menschen versteht, aus der das kodifizierte 8Recht erst abgeleitet wird. Heute wird der Begr. ›jurist. I.‹ noch umfassender gebr. im Sinne von sozial gestifteten Rechtsverhältnissen von definierter Dauer. In eine soziolog. Theorie wurde der Begr. zuerst von H. Spencer eingebracht zur Klassifikation von ›Organen‹ der Gesellschaft (so inbes. in den familialen, zeremoniellen, kirchlichen, professionellen, ökonomischen und politischen I.en). In der philos. 8Anthropologie, soweit sie den 8Menschen als ›Mängelwesen‹ definiert, dient der Begr. insbes. bei A. Gehlen (Der Mensch, 1940; Urmensch und Spätkultur, 1956) als Sammelbez. für sämtliche stabilisierenden Faktoren der 8Kultur und 8Zivilisation, welche geeignet sind, das physisch und psychisch Instabile im menschl. Leben zu kompensieren (so durch Sprache, Sitten, Riten, Kunstformen, Recht, Eigentumsverhältnisse, geregelte polit. Machtverhältnisse) und somit dem Menschen wieder die (mit der Menschwerdung verlorengegangene) instinktähnliche Verhaltenssicherheit zurückzugeben. Instrumentalismus, von lat. instrumentum ›Mittel‹, ›Werkzeug‹, die bes. im 8Pragmatismus vertretene Auffassung, daß das Denken und die Begriffsbildung, auch in der Logik, Ethik, Metaphysik und Religion, zur prakt. Beherrschung der Natur und der Menschen und zur 8Anpassung an die jeweiligen
integral
Lebensbedingungen diene und als ein von der Natur zur Erreichung dieser Zwecke ausgebildetes Werkzeug zu betrachten sei. integral, von lat. integer ›unversehrt‹, ein Ganzes ausmachend; dazu das Integral, von G. W. Leibniz eingef. zur Bez. des Gegenbegriffs zu 8Differential; Integralrechnung, ein Teil der von G. W. Leibniz und I. Newton entwickelten 8Infinitesimalrechnung. Sie untersucht die 8Integration als eine Umkehrung der Differentiation. Integration, lat., ›Wiederherstellung‹, Ergänzung, Erneuerung; der Vorgang, der zur Herstellung bzw. Wiederherstellung eines Ganzen führt, die Vereinigung, Vereinheitlichung, Ganzmachung; Gegensatz: 8Desintegration. Bei H. Spencer (A System of Synthetic Philosophy, EA 1862- 1892) ist I. svw. Aggregation, das Zusammenkommen von zerstreuten Teilen, verbunden mit einer Steigerung der Wahrnehmbarkeit und einer Abnahme der Bewegung (der Teile), z. B. die Entstehung eines Planeten, eines Organismus, eines Staates. In der Mathematik ist I. die Umkehrung von Differentiation (8Differential). integrieren, lat. integrare ›wiederherstellen‹, ergänzen, ganzmachen; integrierender Bestandteil, ein zum Bestehen eines Ganzen notwendiger Teil. Integrität, lat. ›Unversehrtheit‹, Vollständigkeit, Vollkommenheit. intellectus archetypus, lat. ›urbildlicher Verstand‹, der das Urbild ausprägende, nachbildende Verstand, bei I. Kant (KdU, § 77)
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im Anschluß an scholastische Ausdrücke das göttlich- anschauende Denken im Unterschied zum menschlich- diskursiven. »Es ist hierbei auch gar nicht nötig zu beweisen, daß ein solcher i. a. möglich sei, sondern nur, daß wir in der Dagegenhaltung unseres diskursiven, der Bilder bedürftigen Verstandes (intellectus ectypus) und der Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit auf jene Idee (eines i. a.) geführt werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte.« (Vgl. 8Archetyp, 8Anschauung). Intellekt (lat. intellectus), das Einsehen (8Einsicht), das 8Verstehen, der 8Verstand. Notker übersetzte intelligere mit vernemen, Eckhart intellectus mit verstand, verstendikeit. In der antiken und der scholast. Psychologie wurde mit I. das höchste Erkenntnisvermögen des Menschen in der Reihe sensatio ›Sinneswahrnehmung‹, ratio ›Vernunft‹, intellectus bezeichnet. Während die ratio der begrifflichen Bearbeitung des durch die sensatio gelieferten Stoffs diente, kam dem I. die Erkenntnis der von aller 8Sinnlichkeit freien Ideen bis zum Schauen Gottes zu. Dementsprechend diente auch das dt. Übersetzungswort ›Verstand‹ bei den Mystikern, bei M. Luther u. a. bis auf I. Kant und Fr. Schlegel z. Bez. des höchsten Erkenntnisorgans. Dadurch, daß Kant die Bedeutung von 8Vernunft (ratio) und 8Verstand (intellectus) umkehrte und dem Verstand die Begriffsbildung, der Vernunft aber die Ideenerkenntnis und die Bildung der metaphysischen Begriffe zuschrieb,
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entstand eine Verwirrung in der Terminologie, die zur Folge hatte, daß man heute häufig unter I. das bloß rezeptiv tätige, rein verstandesmäßige Denken versteht (8Intellektualismus). Intellektualismus (Neub. von lat. intellectualis ›den 8Intellekt betr.‹, dem Intellekt gemäß), in der Erkenntnistheorie die Lehre, nach der die Erkenntnis nicht aus den Sinnen (8Sensualismus), sondern aus dem 8Verstand entspringt; in der Psychologie die Annahme, daß die Vorstellungen, nicht die Triebe und der Wille (8Voluntarismus) oder das Gefühl (8Emotionalismus) das Ursprüngliche des menschl. Seelenlebens sind; in der Ethik die Lehre, daß der sittliche Wille durch vernünftige Einsicht und Überlegung zu bestimmen sei. Im heutigen allg. Sprachgebrauch versteht man unter I. auch die Vorherrschaft des Verstandes, die einseitige Ausbildung und Anwendung der rationalen Seelenkräfte (8Rationalismus), bes. die Überschätzung des Wertes der Wissenschaft für die Erziehung. Intellektualität, neulat., ›Verstehen‹, ›Verständnis‹, die Zugehörigkeit zum 8Intellekt, die Verstandesmäßigkeit; so z. B. bei A. Schopenhauer die I. der Anschauung, die durch den Verstand in ihrem Wesen bestimmte 8Anschauung. intellektuell, von lat. intellectualis über frz. intellectuel, zunächst svw. ›geistig‹; so in intellektuelle Anschauung, übersinnliche 8Anschauung, intellektuelle Welt (gr. kosmos noëtos, lat. mundus intellectualis), bei den Neuplatonikern die Welt
intelligibel
der geistigen Kräfte; im Unterschied zu 8intelligibel (geistig wahrnehmbar): zur geistigen Wahrnehmung befähigt. Seit J. G. Herder wurde das Wort auch im Sinn von bloß geistig gebr. und entwickelte sich in dieser Richtung weiter zu einseitig verstandesmäßig. Entsprechend versteht man unter den Intellektuellen die vorzugsweise geistig Arbeitenden, die Gelehrten, die Künstler, Philosophen und die Schriftsteller. Intelligenz, lat. intelligentia ›Verständnis‹, ›Einsicht‹, die Fähigkeit des Findens, Erfindens und Sichzurechtfindens in neuen, ungewohnten Lebenslagen auf Grund von 8Einsicht; wird oft schon Tieren zugesprochen (vgl. 8Instinkt); auch Bez. für das Wesen, das I. besitzt; Mz.: die Intelligenzen, in der christl. Theologie urspr. die 8Engel Gottes, die nur aus 8Geist bestehen. In der Psychologie spielen I.prüfungen mittels 8Tests eine Rolle. Das Maß der I. wird dabei durch den I.quotienten (I. Q.) ausgedrückt. intelligibel, von lat. intelligibilis (gr. noëtos), nur für den 8Intellekt, den 8Verstand, durch Denken oder 8intellektuelle (im Gegensatz zur sinnlichen) Anschauung erkennbar; intelligibler Charakter, nach I. Kant der freie Wille des Menschen als Wesensbest., der Charakter als Kausalität aus 8Freiheit; Gegensatz: empirischer 8Charakter; intelligible Welt (gr. kosmos noëtos, lat. mundus intelligibilis), zuerst bei Philo von Alexandrien auftretender Ausdruck z. Bez. der nur geistig wahrnehmbaren Ideenwelt Platos als des Urbilds und Musters
intendieren
der sinnlich wahrnehmbaren Welt, dann bei den Neuplatonikern und Scholastikern im Unterschied von der 8intellektuellen Welt der geistigen Kräfte die Gesamtheit des objektiv Geistigen, der Ideen, die von diesen geistigen Kräften gedacht werden, später die Gesamtheit des nur Gedachten, der Gedankendinge, der idealen Gegenstände. intendieren, 8Intention. Intension/Extension, zu lat. intendere ›spannen‹, ›anspannen‹, aber auch ›bedacht sein auf‹, ›behaupten‹, und lat. extendere ›ausdehnen‹, ein Begriffspaar der 8Sprachphilosophie und der 8Sprachwissenschaft bzw. der 8Semantik. Unter der I. eines Ausdrucks versteht man häufig soviel wie seine 8Bedeutung. Als I. eines 8Satzes gilt dann der Sachverhalt, den er zum Ausdruck bringt (vgl. auch 8Aussage, 8Proposition), als I. eines 8Prädikates die ausgedrückte Eigenschaft. (R. Carnap identifiziert dagegen die Bedeutung eines Satzes mit seiner intensionalen Struktur, die sich aus den I.en seiner Teilausdrücke und ihrer Anordnung in ihm ergibt (Meaning and Necessity, 1947)). Im Unterschied zur I. hängt die E. eines Ausdrucks nicht nur von Sprachlichem ab, sondern auch von außersprachlichen Fakten. Als E. eines Prädikates faßt man die 8Menge der Objekte auf, die die Eigenschaft, die das Prädikat ausdrückt, tatsächlich aufweisen. Die E. eines Satzes ist sein 8Wahrheitswert: Besteht der Sachverhalt, den ein Satz ausdrückt, tatsächlich, so ist seine E. der Wert ›wahr‹, andernfalls der Wert ›falsch‹. Die E.
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eines Eigennamens (8Name) oder einer 8Kennzeichnung ist das jeweils bezeichnete Objekt. – Man sagt, daß ein Ausdruck extensional vorkommt oder in einem extensionalen Kontext steht, wenn er durch einen beliebigen Ausdruck gleicher E. ersetzt werden kann, ohne daß sich die Extension des Gesamtausdruck ändert. Typische extensionale Kontexte sind die 8Junktoren der elementaren 8Aussagenlogik (in A ∧ B kann man die Aussage A durch eine beliebige Aussage C mit gleichem Wahrheitswert ersetzen, ohne daß sich der Wahrheitswert der Gesamtaussage ändern würde). Ein Ausdruck kommt intensional vor oder steht in einem intensionalen Kontext, wenn er nicht extensional vorkommt, wenn er aber durch einen beliebigen intensionsgleichen Ausdruck ersetzt werden kann, ohne daß sich die I. des Gesamtausdrucks ändert. Ein wichtiger intensionaler Kontext ist der der analytischen Notwendigkeit (vgl. 8analytisch). Logiken für extensionale Kontexte (oder ›extensionale 8Operatoren‹) wie die Aussagenlogik werden extensionale Logiken genannt, solche für intensionale Operatoren intensionale Logiken (vgl. auch 8Modallogik). Analog spricht man auch von extensionalen und intensionalen Semantiken (vgl. 8Mögliche- Welten- Semantik). Intensität, von neulat. intensitas, die Stärke, der Spannungsgrad einer inneren Kraft, einer Kraftäußerung oder Anstrengung, auch einer geistigen; intensiv, lat. intensus über frz. intensif, von innerer Kraft;
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daher intensive Größe svw. Kraftgröße im Gegensatz zur extensiven, der Größe der 8Ausdehnung. intentio, lat. ›Anspannung‹, Aufmerksamkeit, Gerichtetsein auf etwas. Im Mittelalter bezeichnet i. den Akt des absichtlichen Handelns oder 8Wollens, in der neuzeitlichen Philosophie die Gegenstandsbezogenheit des Bewußtseins. In der engeren handlungstheoretischen Bedeutung bezeichnet i. die Zielgerichtetheit des Handelns bzw. Wollens. Intention (von lat. 8intentio, von Chr. Wolff mit »8Absicht« übersetzt), von tendere ›spannen‹, ›ausstrecken‹ (idg. Wurzel ten- d z. B. in gr. tonos ›Spannung‹, ›Ton‹; 8Tendenz), die Spannung von einem Anfangspunkt bis zum Ziel hin, als Anspannung geistiger Kräfte die 8Absicht, die Richtung der 8Aufmerksamkeit auf etwas, das Vorhaben (8Zweck); dazu intentional, absichtlich, zielgerichtet. Intentionalität, Gerichtetheit aller psychischen Akte auf ein reales oder ideales Ziel. Von Fr. Brentano aus der mittelalterlichen Philosophie aufgegriffen, wurde I. durch E. Husserl zu einem der Grundbegriffe der 8Phänomenologie. In der jüngeren Philosophiegeschichte wurde von Seiten der 8analytischen Philosophie (linguistic turn) versucht, I. auf Sprachverhalten zu reduzieren und so die Probleme der I. durch Sprachanalyse zu lösen. Intentionalismus, in der Ethik die Auffassung, nach der jede Handlung nur nach dem, was mit ihr beabsichtigt wurde, und nicht nach ihren Folgen zu beurteilen ist; in der moder-
Interesse
nen 8Handlungstheorie die Auffassung vom Handeln als eigenständiger, nicht gesetzmäßig erfaßbarer Kategorie, wonach 8Handlungserklärungen (im Unterschied zur kausalistischen Auffassung) dementsprechend etwas grundsätzlich anderes als naturwissenschaftlichkausale Erklärungen darstellen (G. E. M. Anscombe, G. H. v. Wright). Interaktion, Neub. aus lat. interactio, svw. ›Kooperation‹, Wechselwirkung zwischen Körpern oder auch Menschen. Eine Theorie der zwischenmenschlichen Beziehungen liefert der Interaktionismus (M. Baldwin, G. H. Mead). In dieser Theorie wurden insbes. die kommunikativen Vorgänge direkt zwischen Tieren und Menschen sowie zwischen Menschen untersucht (vgl.: 8Intersubjektivität). I. ist ein Spezialfall von 8Kommunikation, in diesem Fall ein zwischenmenschlicher Bezug auf der Basis von Wechselseitigkeit. Interesse, lat. ›Dazwischensein‹, Gegenwärtigsein; die aus ursprünglichen vitalen und psychischen Antrieben oder 8Bedürfnissen stammende Anteilnahme des Menschen an einem andern, an einer Sache oder einem Geschehen. Der Begriff des I.s wurde zunächst bei frz. und engl. Denkern (C. A. Helvetius, J. Bentham, A. Smith) zur Erklärung des sozialen Lebens gebraucht, von Chr. Garve (Sammlung einiger Abh. I, 1802, S. 211 ff.) in Deutschland verbreitet und von I. Kant nicht nur in ethischer, auch in ästhetischer Hinsicht vertieft und abgewandelt (KdU §§ 2- 5, 41, 42). In der materialistischen
interferierend
Geschichtsauffassung beeinflußt das I. an der Erhaltung oder Änderung der materiellen Lebenslage die Denkweisen (8Ideologie) der verschiedenen Gesellschaftsklassen (8historischer Materialismus). interferierend, von lat. interferre ›dazwischentragen‹, gegenseitig aufeinander einwirkend; Interferenz, die gegenseitige Einwirkung, in der Physik die Überlagerung von Wellen. intermediär, lat. ›dazwischen befindlich‹, vermittelnd, eingeschoben. intermittierend, von lat. intermittere ›unterbrechen‹, mit Unterbrechung auftretend, zeitweilig aussetzend; intermittierende Variablen: Bei der Untersuchung von unterschiedlichen Faktoren (Auswertung von Daten in der empirischen Forschung) die indirekt sich auswirkenden Einflußgrößen. Intermundien, lat., die von Epikur zwischen den unendlich vielen Welten angenommenen Räume, die Zwischenwelten. Interpolation, lat., ›die Einschaltung‹; in der Philologie die Veränderung eines Textes durch eingeschobene (interpolierte) Wörter, Sätze, ganze Abschnitte; in der Philosophie die Ausfüllung von Erkenntnislücken durch Gedankengebilde; in der Mathematik die Einschaltung neuer Größen zwischen die Glieder einer gesetzmäßig fortschreitenden Reihe, so daß sie sich an dieses Gesetz möglichst nahe anschließen. Interpretation, lat., ›die Auslegung‹, die Erklärung eines Textes, eines Gesetzes, eines schwierigen
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Gedankengangs, des Sinnes einer Schrift (8Hermeneutik). In der 8Prädikatenlogik eine 8Funktion, die den 8Gegenstandskonstanten, 8Prädikaten und Sätzen der prädikatenlogischen Sprache nach Maßgabe bestimmter Bedingungen 8Extensionen zuordnet (vgl. 8modelltheoretische Semantik). Interrogativlogik, Neub. von. lat. interrogare ›fragen‹; seit den 1960er Jahren systemat. entw. Disziplin der 8Logik, die sich mit der sprachl. Form von Fragesätzen beschäftigt. Untersucht werden insbes. 8Behauptungen, die als vorausgesetzes Wissen (8Präsupposition) bereits implizit in Frageformulierungen enthalten sind. intersubjektiv, Neub. aus lat. inter ›zwischen‹ und 8subjektiv, verschiedenen Einzelwesen (Subjekten) gemeinsam, sie alle umfassend oder erfüllend; Gegenbegriff: 8intrasubjektiv. Intersubjektivität ist ein Sachverhalt, durch den mehrere Subjekte eine gemeinsame 8Welt konstituieren. Zur näheren Kennzeichnung von zwischenmenschlichen Beziehungen dient dieser Begriff auch dazu, die gemeinsame Teilhabe mehrerer Individuen an Ausschnitten der realen oder symbolischen Welt zu kennzeichnen. In verschiedenen Theorien ist Intersubjektivität auch Merkmal bestätigter Erkenntnis, die von mehreren Subjekten geteilt wird. Eine Aussage drückt z. B. eine i. gültige Erkenntnis aus, wenn sie durch ein von jedem kontrollierbares Verfahren als wahr oder wahrscheinlich oder in anderer Hinsicht als akzeptabel ausgezeichnet wird.
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Intoleranz, lat., ›die Unduldsamkeit‹; Gegensatz von 8Toleranz. intramundan, Neub. aus lat. intra ›innerhalb‹ und mundus ›Welt‹, innerweltlich; Gegenbegriff: 8extramundan. intransigent, frz., ›starrsinnig‹, unversöhnlich; dazu die Intransigenz, die Starrsinnigkeit, Unversöhnlichkeit. intransitiv, lat., ›nicht übergehend‹, in der Logik der Gegensatz zu 8transitiv. In der Grammatik heißt i. ein Zeitwort (Verbum), wenn es kein unmittelbares Objekt haben und nicht im Passiv verwendet werden kann, z. B. liegen. intrasubjektiv, Neub. aus lat. intra ›innerhalb‹ und 8subjektiv, im Einzelwesen (Subjekt) liegend, sich in ihm allein abspielend; Gegenbegriff: 8intersubjektiv. Introjektion, neulat. introicio ›Hineinwurf‹, die Hineinlegung; seit R. Avenarius (Kritik der reinen Erfahrung, 2 Bde., 1888/90) Bez. 1. für die Verlagerung von Vorstellungen, die aus der Außenwelt stammen, ins Innere der Seele, 2. für die Hineinlegung innerer Erlebnisse in die Gegenstände der 8Außenwelt (vgl. 8Einfühlung). Introspektion, lat., ›Hineinsehen‹, die Beobachtung der eigenen innerseelischen Vorgänge zum Zwecke der Gewinnung psychologischer Erkenntnisse, die Selbstbeobachtung. Introversion (lat. introversus ›hineinwärts‹), in der 8Psychoanalyse die ›Rückbiegung‹ der 8Libido auf die 8Phantasie; in der Typenlehre von C. G. Jung die Zuwendung des Interesses von den Gegenständen
Intuition
hinweg zu sich selbst, zu den innerseelischen Vorgängen als Folge von Kontaktfremdheit und Kontaktscheu. Dazu introvertiert, nach innen gerichtet; Gegensatz: 8extravertiert. Introzeption, lat., die ›Hereinnahme‹ fremder Ziele in die eigene Zielsetzung, wodurch die Persönlichkeit in einer Synthese den Gegensatz von Selbstzweck und Fremdzweck überwindet. Intuition, lat., ›Anschauung‹, von intueri ›anschauen‹, 1. die 8Anschauung im Sinne unmittelbarer ganzheitlicher Sinneswahrnehmung im Gegensatz zu einem wandernden Beobachten oder abstrahierenden Betrachten, 2. im Gegensatz zur 8Reflexion die Fähigkeit, ein Ganzes mit seinen Gliedern in einem Akt ›einsichtig‹ zu erfassen. Dazu intuitiv: durch unmittelbare 8Anschauung erkennbar oder erkannt; Gegensatz: 8diskursiv. Die Vieldeutigkeit des Begriffs spiegelt sich in der Bedeutungsgeschichte des Wortes wider: Es wird gebraucht bei R. Descartes für die 8Erkenntnis einsichtiger Wahrheiten (»die i.e Erkenntnis ist das einfache, über jeden Zweifel erhabene Begreifen, das allein dem Licht der Vernunft entspringt« Reg. III); bei J. Locke heißt intuitive Erkenntnis die Einsichtigkeit der Axiome (vgl. 8unmittelbar). Vielfach wird I. gleichbedeutend gebraucht mit ›intellektueller Anschauung‹, z. B. bei J. G. Fichte und Fr. W. J. Schelling; nach A. Schopenhauer ist I. ›lebendige Anschauung‹. In der 8geisteswissenschaftlichen Psychologie wird die
intuitionistische Logik
i.e Erkenntnis der 8induktiv gewonnenen gegenübergestellt. Eine große Rolle spielt sie in der 8Lebensphilosophie. Intuitionismus, die Lehre, die der I., dem intuitiven Denken, den Vorrang gibt vor der 8Reflexion, dem diskursiven Denken; in der Mathematik die Theorie, nach der die mathematischen Gegenstände ideal, d. h. durch reine Konstruktion des menschlichen Verstandes entstanden sind (8Konstruktivismus). Die Benutzung des 8tertium non datur und das darauf beruhende Verfahren des indirekten Beweises (8Beweis) wird für eine unendliche 8Menge nicht zugelassen und auch im Falle der Widerspruchsfreiheit als sinnlos abgelehnt. Beweise müssen immer ›konstruktiv‹ erbracht werden. Der I. entstand als Reaktion auf die Entdeckung der 8Antinomien der naiven Mengenlehre. Der zu Beginn des 20. Jh. von G. E. Moore (Principia Ethica, 1903) begründete metaethische (oder auch ethische) Intuitionismus (s. 8Kognitivismus, 8Metaethik) betont die 8Autonomie der Moralsphäre und geht in Ablehnung der naturalistischen Auffassung (8Naturalismus), daß ethische Prädikate mittels natürlicher Prädikate definierbar sind, davon aus, daß Prädikate wie »gut«, »sollen«, »richtig« eine besondere und undefinierbare Eigenschaft bezeichnen, die nur mittels Intuition ›erfahrbar‹ sei. Je nach Auffassung zielen die verschiedenen intuitionistischen Ansätze auf unterschiedliche intuitive Wert- oder Moralerfahrung; allen Ansätzen gemein ist jedoch die Auf-
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fassung, daß wir über eine direkte, in der herkömmlichen Bedeutung ›nicht- sinnliche‹ Erkenntnis bestimmter moralischer Wahrheiten verfügen. Einen neueren intuitionistischen Ansatz, wonach Werturteile auf Werterfahrung beruhen, vertritt Fr. v. Kutschera (Grundlagen der Ethik, 1982). intuitionistische Logik, ein System der formalen 8Logik, das der Kritik der mathematischen Intuitionisten an den Schlußweisen der klassischen Mathematik gerecht werden soll. Entsprechend ist in dem von A. Heyting entwickelten 8Kalkül (Die formalen Regeln der intuitionistischen Logik, 1930) das tertium non datur A ∨ ¬ A (vgl. 8principium exclusi tertii) als Grundlage indirekter Beweise ungültig. In einer Wahrheitswertsemantik (vgl. 8Wahrheitswert und 8Semantik), die genau die Prinzipien als gültig auszeichnet, die im intuitionistischen Kalkül ableitbar sind, muß man nach einem Resultat von K. Gödel (Eine Interpretation des intuitionistischen Aussagenkaküls, 1933) unendlich viele Wahrheitswerte voraussetzen. Eine anschauliche Deutung gelingt im Rahmen der 8Mögliche- WeltenSemantik. In jüngerer Zeit wurden Versuche unternommen, die Grundgedanken der i.n L. im Rahmen der alethischen und epistemischen 8Modallogik nachzuzeichnen. Neben der intuitionistischen Aussagen- wurde auch eine intuitionistische 8Prädikatenlogik entwickelt. invariabel, svw. 8invariant. invariant, lat., ›unveränderlich‹; Invariante heißt eine bei mathe-
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matischen 8Abbildungen unveränderliche Größe, 8Relation oder 8Funktion. Gegensatz ist die 8Kovariante. Inversion, lat., ›die Umkehrung‹. Involution, lat., ›Einwicklung‹, zuerst bei G. W. Leibniz die 8Entwicklung zum Tode im Gegensatz zur 8Evolution, der Entwicklung zum Leben; in der Medizin die Rückbildung des Körpers im Alter. Bei I. Kant (KdU § 81) heißt Involutionstheorie oder 8Einschachtelungstheorie die Lehre, nach der im Ei oder Samen der ganze Organismus mit allen seinen Teilen vorgebildet, darin ›eingewickelt‹ sei. involvieren, von lat. involvere ›einwickeln‹, einschließen, in sich begreifen. Ionische Philosophie, die Philosophie der aus Ionien stammenden 8Vorsokratiker Thales, Anaximander, Anaximenes, Heraklit. Gemeinsam ist allen die Frage nach dem Urstoff (8Materie). ipse dixit, lat. ›(hat er) selbst gesagt‹, Übers. für gr. autos epha; 8Autorität. Irenik, von gr. eirënikos ›friedlich‹; wiss. Disziplin zur Erforschung der Bedingungen für friedl. gesellschaftliche Zustände; entstanden urspr. in der Nachreformationszeit zur Bez. des Friedens zwischen den Konfessionen; heute im akadem. Leben zumeist als Disziplinbez. der ›Friedensforschung‹ verwendet. Ironie, von gr. eirôneia (im 18. Jh. entlehnt aus lat. ironia), die Verstellung beim Reden dadurch, daß man spottend das Gegenteil von dem sagt, was man eigentlich
Ironie
meint, wobei das Gesagte scheinbar ernst genommen, aber doch zugleich als Scherz durchschaut werden soll. Die sokratische I. bestand darin, daß sich Sokrates selbst als unwissend und vom Wissen des Gegners überzeugt stellte und gerade dadurch diesen zur Mitteilung seines vermeintlichen Wissens und schließlich zum ungewollten Eingeständnis der Unwissenheit brachte (Plato, Theaitetos 195b; Phaidros 234e ff.). In diesem Sinn ist I. eine philosophische Methode (sokratische 8Mäeutik), über das Bewußtsein der Unwissenheit zu wirklichem Wissen zu gelangen. In der 8Rhetorik bedeutet I. eine zweideutige Redeweise, die in der expliziten Aussage ihr implizites Gegenteil zum Ausdruck bringt. Die romantische I. ist Ausdruck einer ästhetischen Einstellung zur Welt: in ihr wird sich die moderne Subjektivität ihrer Begrenztheit und Nichtigkeit bewußt und überwindet sie zugleich in der Unendlichkeit der poetischen Produktivität. Nach Fr. Schlegel erregt die I. »ein Gefühl von dem unauflöslichen Widerstreit des Unbedingten und des Bedingten« (108. Athenaeumsfragment). Poetische I. ist eine »Stimmung, welche alles übersieht und sich über alles erhebt, auch über eigene Kunst, Tugend oder Genialität« (42. Fragment). S. Kierkegaard hat gegenüber dieser Ästhetisierung der I. den Ernst der sokratischen I. hervorgehoben (Über den Begriff der I. mit ständiger Rücksicht auf Sokrates, 1841, dt. 1929). Als Lebenseinstellung meint I. das Bewußtsein der grundsätzlichen Unzulänglich-
irrational
keit des Menschen und impliziert eine skeptische Distanz zum Geschehen der Welt. irrational, lat. irrationalis ›unvernünftig‹ (8alogisch), durch die ratio nicht oder nicht restlos faßbar, dem logisch- begrifflichen Denken nicht zugänglich, meist gleichsinnig mit 8emotional, aber auch für übervernünftig, durch übernatürliche 8Offenbarung gegeben (suprarational), widervernünftig im Sinne des 8credo quia absurdum (antirational) und für transrational ›nicht mehr vernünftig‹, d. h. über die rationale Erkenntnis nach Erfüllung ihrer Möglichkeiten hinausgehend (8docta ignorantia); endlich auch für 8intuitiv gebraucht; Gegensatz: 8rational. Dazu Irrationalismus, 1. das Hervorheben des Gefühls- gegenüber dem Verstandesmäßigen (8Emotionalismus), z. B. im ›Sturm und Drang‹, 2. die metaphysische Lehre, daß das Wesen der Welt der 8ratio nicht zugänglich oder daß der Ursprung der Welt und damit der Ausgangspunkt der 8Weltanschauung i. oder das Irrationale, das Unergründliche selbst sei. So lehrt Fr. W. J. Schelling, daß alles Regelhafte, alle Form aus dem Regel- und Formlosen entstehe. Vgl. 8Agnostizismus. Irrationalität: 1. Unzugänglichkeit für den 8Verstand; 2. Unvernünftigkeit. irreal, neulat., ›nicht wirklich‹, unwirklich, auch svw. 8ideal; Irrealität, die Nicht- oder Unwirklichkeit (Gegensatz: 8real). irreduzibel, neulat., ›nicht zurückführbar‹, nicht ableitbar; Irreduzibilität: die Nichtableitbarkeit (Gegensatz: 8Reduktion).
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irreflexiv, lat., ›nicht zurückgebogen‹, nicht zurückbeziehbar. Eine 8Relation R ist genau dann i., wenn für alle Objekte x, y gilt: Wenn x in der Relation R zu y steht, dann steht y nicht in der Relation R zu x. Beispiel: Die »x ist der Vater von y« - Relation ist i., denn wenn a der Vater von b ist, ist b nicht der Vater von a (Gegensatz: 8reflexiv). irregulär, neulat., ›nicht regelmäßig‹, eine Ausnahme von der 8Regel bildend. irrelevant, lat., ›unerheblich‹, bedeutungslos. irreversibel, neulat., ›nicht umkehrbar‹. Irritabilität, lat., ›die Reizbarkeit‹, die Erregbarkeit. Irrtum (gr. pseudos, lat. error) liegt da vor, wo ein Sachverhalt, von dessen Bestehen der Erkennende überzeugt ist, nicht besteht oder nicht so beschaffen ist, wie er annahm. Die Arten des I.s entsprechen denen der 8Erkenntnis. Entsprechend der Erkenntnis durch die Sinne kann es sich um I. durch Sinnestäuschung handeln, entsprechend der Erkenntnis durch das Denken um I. durch Denkfehler. Die häufigsten Irrtumsquellen sind: die stillschweigende Identifizierung, d. h. die Gleichsetzung zweier Gegenstände zu einem, die ihren sprachlichen Ausdruck in der 8Äquivokation findet, die stillschweigende Analogisierung, bei der ein Gegenstand einem andern stärker angeglichen und ihm ähnlicher aufgefaßt wird, als es in den Gegenständen selbst begründet ist (8Analogie), die Auffassung einer unvollständigen 8Disjunktion
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als einer vollständigen, die Vertauschung der Realitätsbereiche, durch die z. B. Logisches als Psychologisches, Organisches als Mechanisches verstanden wird, die Tendenz zu konstruieren, d. h. das Streben, die Lücken des erkannten Seins durch Gebilde eigener Erfindung auszufüllen, die Teilkenntnisse zu einem Ganzen zusammenzusetzen, das selbst als existent ungeprüft vorausgesetzt wird (8Induktion, 8Konstruktion), die Beeinflussung der Erkenntnis durch dominant emotionale Intentionen und Motive oder durch 8Interessen (8Ideologie). Isagoge, gr. eisagôgë ›Einleitung‹, Einleitung in eine Wissenschaft, Isagogik, Einleitungskunst, isagogisch, einführend. Islam, arab. ›Hingabe‹, eine von Muhammed (7. Jh.) gestiftete Religion des absoluten 8Monotheismus. Der I. enth. eine Rechtslehre (Sharia) sowie eine mit dem Rechtssystem eng verbundene 8Ethik mit einer Einteilung der 8Pflichtenlehre nach 5 Kategorien. Zwischen 1. der unbedingten Pflicht (das Tun wird belohnt, das Unterlassen bestraft) und 2. dem unbedingten Verbot (das Tun wird bestraft, das Unterlassen belohnt) kennt die Sharia auch schwächere Maßstäbe: 3. das Empfohlene (Tun wird belohnt, Unterlassen aber nicht bestraft), 4. das Verwerfliche (Tun wird nicht bestraft, Unterlassen aber belohnt) und 5. das Indifferente (Tun und Lassen folgenlos). Der I. stiftete in großer Zahl Schulen der Rechtsauslegung sowie für das Rechtssystem und für ethische
isomorph
Fragen verbindliche Institutionen für kasuistische Entscheidungen. Nach der Tradition des Qur'an, der ersten und wichtigsten der hl. Schriften des I., wurde das monotheistische Welt- und Menschenbild von Ibrahim (in jüd. und christl. Tradition Abraham) zuerst eingesehen und tradiert (Qur’an, Sura 6, 75- 84; 26, 70- 90), von einer großen Zahl von Propheten erneuert und weitergegeben und abschließend von Muhammed, dem letzten Propheten der göttl. 8Offenbarung, in seiner urspr. Bedeutung wiederhergestellt. Zu den Pflichten des I. zählen, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer der unterschiedl. Richtungen, 1. das Ritualgebet (shalah), das den Gottesdienst einschließt, 2. das Almosengeben (zakah), 3. das Fasten (shawm) im Monat Ramadan, 4. die Pilgerfahrt nach Mekka. Anhänger des I. nennen sich Muslime. isogen, gr., ›an Geburt (Geschlecht) gleich‹, von gleicher Abstammung, aus dem gleichen Bestand von 8Anlagen hervorgehend. Isolation, frz. von ital. isola ›Insel‹, die Absonderung, Abtrennung von allem andern. isomorph, neulat. von gr. iso›gleich‹, morphë ›Gestalt‹; in der Chemie das Vorliegen gleicher Kristallformen; in der Mathematik eine umkehrbar eindeutige 8Abbildung einer algebraischen Struktur A in einer anderen A'; in der 8Gestaltpsychologie nennt man Isomorphie oder Isomorphismus die Annahme, nach der Wahrnehmungsstrukturen topologische Entsprechungen in den physiolog.
Iteration
Strukturen der entspr. Erregungsprozesse des zentralen Nervensystems haben; Isomorphismus und Isomorphie bez. in der Sprachwissensch. die Vergleichbarkeit von Substrukturen einer Sprache, so daß bei deren Erforschung vergleichbare Methoden angewendet werden können; Isomorphietheorie heißt in der Erkenntnistheorie eine Variante der 8Abbildtheorie. Iteration, zu lat. iterare ›wiederholen‹, allgemein eine Wiederholung. In der Mathematik ein Verfahren, eine Gleichung näherungsweise und mit beliebiger Genauigkeit zu lösen, indem man den
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gleichen Rechenvorgang mehrfach wiederholt. Ein Beispiel ist das I.sverfahren von Heron (gr. Mathematiker um 100 n. Chr.) zur Ermittlung der Wurzel einer positiven reellen Zahl. – In der 8Logik die wiederholte Anwendung eines 8Operators: Durch eine einfache Anwendung des Negationssymbols ¬ (vgl. 8Negation) auf eine Aussage A erhält man die Aussage ¬ A, durch eine iterierte, etwa dreifache, die Aussage ¬ ¬ ¬ A. Iterativum, ein Wiederholungswort zur Bez. der wiederholten, verstärkten, gewohnheitsmäßigen Tätigkeit.
J
Jainismus, eine von dem nordind. Adligen Vardhamana (6. Jh. v. Chr.), gen. ›Jina‹ (Sieger), gestiftete Religion auf der Basis kosmologischer Weisheitslehren. Dazu: jainistisch. Die festgelegte Lehre beruht auf der schr. Überlieferung von Lehrsätzen und Merksprüchen des ›Leitfadens zur Erfassung von Wahrheit(en)‹ (TattvarthadhigamaSutra, aus sankr. ›tattvartha‹ Wahrheit, ›gam- ‹ gehen, kommen, sowie ›sutra‹ Leitfaden, Lehrtext), die auf Umasvati (4. od. 5. nachchr. Jh.) zurückgeführt werden. Im J. wird auf altindische naturphilos. Annahmen zurückgegriffen, nach der der Kosmos in Belebtes und Unbelebtes unterteilt wird, die als Seinsmodi sämtl. Erscheinungen wie Materiestoffe und Seelen umfassen. Diese Seinsformen werden im J. nach Verhaltens- und Zustandsmodi unterschieden, nach dem 8dharma (hier: Bewegung) und dessen Gegenteil adharma (hier: Hemmung, Stillstand). Die der Seele artfremde Materie tritt im Lebendigen in unterschiedlichen (guten wie unheilvollen) Formen des 8karma auf (hier: ›Werkfrucht‹, Handlungsresultat). Im Unterschied zum 8Sankhya, einer Lehre, die von der kosmischen Trennung von Seelen und Materie ausgeht, lehrt der J., daß die Seelen seit Ewigkeit mit Materie durchsetzt sind und daher an das 8Samsara, den ewigen Weltund Lebenskreislauf, also an die
(nicht erwünschte) Abfolge von Wiedergeburten gebunden sind. Befreiung von der Materiegebundenheit des Lebens wird im J., anders als in den überwiegend meditativen Schulen des 8Hinduismus und 8Buddhismus, insbes. durch asketische und ethische Lebensformen erhofft. Jansenismus, eine von dem niederländ. Theologen C. Jansen d. J. ausgehende religiöse und ethische Reformbewegung des Katholizismus in Frankreich. Jansen vertrat eine an die Gnadenlehre des Augustinus anknüpfende Lehre, wonach der menschl. 8Wille durch die unüberwindliche Neigung zum 8Bösen verderbt ist und der göttl. 8Gnade bedarf; als nicht mit der offiziellen kath. Lehre von der 8Freiheit des Willens vereinbar, wurde Jansens Schrift ›Augustinus‹ von Papst Urban VIII. 1642 verurteilt. Judentum, nach dem Stammland Juda, Judäa benannte relig. und ethnische Gemeinschaft der Anhänger der mosaischen Tradition, erste historisch nachweisbare Religion mit einem 8Monotheismus als Grundlage des Welt- und Menschenbildes. Die Bez. Jude, jüdisch für die Anhänger und Angehörigen der auf die Stammväter Abraham, Isaac und Israel (Geburtsname: Jakob) zurückgeführten Stammesgemeinschaft verbreitet sich erst in der gr.röm. Antike (gr. Ioudaios, Ioudaismos, lat. Judaeus) und wird von
Junktor
deren Anhängern später auch als Selbstbezeichnung (neben ›mosaisch‹, ›israelitisch‹) angenommen. Die monotheistischen Grundannahmen sowie große Teile der schriftl. Tradition werden vom Christentum und vom 8Islam übernommen (höchstes Wesen hebr. Jahwäh, als ›Herr‹ der Welt und der Menschheit, hebr. el, pl. elohijm, in christl. Tradition 8Gott, im 8Islam Allah). Als ältestes Dokument für eine philos. Begründung des jüd. Welt- und Menschenbildes gilt das biblische Buch Koheleth (gr. Ekklesiastës, in dt. AT- Fassung ›Prediger Salomonis‹ gen.). Junktor, von lat. iungere ›verbinden‹, Oberbegriff für die 8logischen Partikeln der 8Aussagenlogik. Mit ihrer Hilfe lassen sich aus Sätzen der aussagenlogischen Sprache durch Junktion neue, komplexere Sätze bilden. Ein »einstelliger« J. ist die Partikel »nicht«, die aus einer Aussage A ihre Verneinung »nicht A« (symbolisch oft ¬ A, vgl. 8Negation) erzeugt; geläufige »zweistellige« J.en sind die Partikeln »und« ( ∧ oder &, 8Konjunktion), »oder« ( ∨ , 8Disjunktion oder 8Ad-
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junktion), »wenn ..., dann ...« (→ oder ⊃ , materiale 8Implikation oder 8Subjunktion) und »... genau dann, wenn ...« (↔ oder ≡ , materiale 8Äquivalenz). Sie erzeugen aus zwei Aussagen A und B die komplexen Sätze »A und B« (A ∧ B), »A oder B« (A ∨ B) etc. Zuweilen verwendet man auch die sogenannte 8Negatkonjunktion »weder ..., noch ...« ( |). Die Bedeutung der J.en wird in der aussagenlogischen 8Semantik in Anlehnung an die Alltagssprache, jedoch nicht in strenger Übereinstimmung mit ihr, durch die Angabe von 8Wahrheitsbedingungen bestimmt. Man braucht nicht alle hier aufgelisteten J.en als primitiv aufzufassen: Zwischen ihnen bestehen eine Reihe wechselseitiger Definitionsbeziehungen (vgl. 8Aussagenlogik). Die gelegentlich betrachteten dreistelligen J.en wie »wenn ... , dann ... ; sonst ...« lassen sich grundsätzlich auf solche niederer Stellenzahl zurückführen. Dasselbe gilt für alle höherstelligen J.en. Junktorenlogik, zu 8Junktor und 8Logik, alternative Bezeichnung für die 8Aussagenlogik.
K
Kabbala, von hebr. qabbaläh, Tradition, Überlieferung; Bez. für versch. esoter. Richtungen der jüd. Mystik und Geheimlehre mit kosmogonischen Spekulationen, seit dem 12. Jh. in Südfrankreich und in Spanien entstanden. Über die Grenzen des relig. 8Judentums hinaus ist die K. bekanntgeworden insbes. durch eine 8Zahlenmystik, in der angenommen wird, daß die Ordnungen der Ziffern im Zahlensystem und der Buchstaben im Alphabet einer natürl. Ordnung entspringen und daher als Deutungsschema für jeden Bereich der Realität verwendet werden können. Die K. hatte großen Einfluß auf die Philosophie der Renaissance (z. B. auf Pico della Mirandola, J. Reuchlin) und auf die dt. 8Mystik (z. B. auf J. Böhme). Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien (seit 1492) über ganz Europa verbreitet. kairos, gr. ›Zeit‹, Zeitpunkt; geschichtsphilos. Begriff zur Bez. des richtigen Augenblicks einer Entscheidung unter zeitl. günstigen Bedingungen. Im N. T. auch verw. zur Bezeichnung der ›Zeit‹ Gottes, in der dessen Wille sich in der Geschichte durchsetzt. Kalkül, von frz. calcul ›Rechnung‹, zu lat. calculus ›Rechenstein‹, allg. ein rein formales Verfahren zur Auszeichnung bzw. Erzeugung gewisser Ausdrücke. Ein K. ist z. B. das Regelsystem, das aus
den aussagenlogischen Grundzeichen eine bestimmte Art von Folgen dieser Zeichen, die Sätze der 8Aussagenlogik, erzeugt und diese Folgen dadurch gegenüber allen anderen möglichen Folgen auszeichnet (vgl. dazu 8Syntax). Der aus-sagenlogische K. im engeren Sinne (vgl. 8Aussagenlogik) zeichnet dann wiederum eine Teilmenge der so erzeugten Sätze als seine 8Theoreme aus, und zwar (z. B.) durch die folgenden Festlegungen: 8Axiome des Kalküls sind alle Sätze (oder Aussagen), die entstehen, wenn man die 8Aussagenvariablen A, B, C in den folgenden 8Axiomschemata durch Aussagen ersetzt: (A1) A → (B → A), (A2)(A → (B → C)) → ((A → B) → (A → C)), (A3)(¬ A → ¬B) → (B → A). Ferner soll die 8Ableitungsregel »Aus den Sätzen A und A → B kann man den Satz B gewinnen« gelten. Theoreme des K.s sind nun alle Sätze, die entweder Axiome sind oder mit Hilfe der Ableitungsregel aus den Axiomen gewonnen werden können. Axiome sind z. B. p →(q → p), p → ((q → p) → p) [hier wurden die Aussagenvariablen A und B in (A1) durch die Aussagen p bzw. (p → q) ersetzt] und (p → ((q → p) → p)) → ((p → (q → p)) → (p → p)) [A, B , C in (A2) wurden ersetzt durch p, (q → p) und p]. Mit der Ableitungsregel erhält man aus den letzten beiden Sätzen (p → (q → p)) → (p → p), und eine nochmalige An-
Kalokagathie
wendung der Regel auf den ersten und diesen letzten Satz ergibt (p → p); (p → p) ist so als Theorem ausgezeichnet, das kein Axiom ist. Es wird deutlich, daß die Auszeichnung bestimmter Aussagen als Theoreme in der Tat rein formal geschieht, unabhängig von jeder inhaltlichen Deutung etwa der Symbole → und ¬. Der K. ist jedoch so konstruiert, daß er genau die Sätze als Theoreme auszeichnet, die aussagenlogisch wahr (d. h. 8allgemeingültig) werden, wenn man → und ¬ als Zeichen für die 8Subjunktion und die 8Negation versteht und ihre Bedeutung durch die entsprechenden 8Wahrheitsbedingungen festlegt: Man sagt, der Kalkül sei »adäquat« relativ zur aussagenlogischen 8Semantik. Schwächere Forderungen an einen Kalkül sind die nach 8Widerspruchsfreiheit – es darf kein Widerspruch wie p ∧ ¬ p (»Sowohl p als auch nicht p«) ableitbar sein – und 8Vollständigkeit: Alle aus semantischen Gründen wahren Sätze sollen abgeleitet werden können. Auch für die 8Prädikatenlogik erster Stufe gibt es adäquate K.e; für Prädikatenlogiken höherer Stufen lassen sich zwar widerspruchsfreie, aber keine vollständigen K.e formulieren. K.e, deren Auszeichnungsverfahren auf Axiomen und Regeln basiert, nennt man häufig »axiomatische Regelk.e«, solche, in denen nur Regeln verwendet werden, heißen »Regelk.e«. K.e sind nicht nur für die Logik, sondern vor allem auch auch für die Mathematik von größter Bedeutung.
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Kalokagathie, gr. aus kalos ›schön‹ und agathos ›gut‹, das Schön- Gute; die Verbindung von Schönheit und Sittlichkeit, eines der 8Ideale der gr. Bildung (8Paideia). Kameradschaft, 8Freundschaft. Kampf, ahd. champf ›Zweikampf‹, Kampfspiel (Entlehnung von lat. campus [Martius] ›Marsfeld‹, Truppenübungsplatz der Römer, übertragen auf die kriegerische Lebensform überhaupt); Heraklit bezeichnet den K. (griech.: polemos) als kosmisches Prinzip alles 8Werdens: »Der K. ist aller Dinge Vater; die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien« (Übers. H. Diels/W. Kranz, Fragm. d. Vorsokr. I, 1961, Kap. 22, Fragm. 53 – 8Heraklitismus). Bei G. W. Fr. Hegel wird der K. zunächst als »K. auf Leben und Tod« für die Entwicklung des Selbstbewußtseins, des Personseins des Menschen als notwendig erkannt (s. z. B. Phän. d. Geistes, Kap. ›Herrschaft und Knechtschaft‹). Für Fr. Nietzsche ist »das Jasagen zu Gegensatz und Krieg« mit seiner ›dionysischen‹ Philosophie vorgegeben: hier soll der reale K. selbst das ordnende Prinzip im Naturgeschehen und Menschenleben sein. Kampf ums Dasein, Übers. von engl. struggle for life, Schlagwort Ch. R. Darwins für die im Anschluß an Th. R Malthus (Essay on the principle of population, 1798) angenommene These, daß die Möglichkeit der Lebewesen, sich durch Fortpflanzung zu erhalten, auf der besonderen Fähigkeit, sich den Daseinsbedingungen anzupassen
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(8Anpassung), beruhe. Als Resultat dieses K.es erscheint deshalb das Überleben des Angepaßtesten (ein Prinzip, für das H. Spencer die Formel prägte: »the survival of the fittest«). Das Prinzip wurde auf verschiedene Gebiete übertragen (Politik, Soziologie) und diente zeitweilig für Legitimationsversuche einer imperialistischen Gewaltpolitik. Kanon, gr. kanôn ›Richtmaß‹, ›Regel‹, die Gesamtheit der Regeln, die für ein bestimmtes Gebiet gelten; bei I. Kant der Begriffe und Grundsätze der Vernunft (KrV B 823 ff.). Kanonik, (v. gr. kanôn ›Richtschnur‹) nannte Epikur die Logik, die er in den Dienst seiner hedonischen Ethik stellte und vereinfachte (vgl. Diogenes Laertius, X § 31). – I. Kant (vgl. KrV, Methodenlehre II: Der Kanon der reinen Vernunft) verstand darunter die Wissenschaft vom richtigen Gebrauch des Erkenntnisvermögens. Der Grundgedanke dieser K. ist die Unterordnung der 8Metaphysik unter ethische Gesichtspunkte, die Bestimmung der Philosophie als Lehre vom höchsten 8Gut. Die K. der reinen Vernunft betrifft also nur deren praktischen Gebrauch. Kantianismus, die von I. Kant ausgehende Philosophie und ihre Vertreter, die Kantianer: 1. unmittelbare Anhänger Kants (insbes. die am Ausgang des 18. Jh. in Jena lehrenden Erh. Schmid, K. L. Reinhold u. a., nicht zuletzt Fr. Schiller) und die Neukantianer (8Neukantianismus); 2. im 19. Jh. rechneten einige Historiographen der Philosophie auch die sich mehr oder we-
Kapital
niger auf Kant berufenden, realiter sich aber von ihm entfernenden Vertreter des dt. Idealismus (J. G. Fichte, Fr. W. J. Schelling, G. W. Fr. Hegel) und A. Schopenhauer zum K. Kant-Laplacesche Theorie, die von I. Kant (Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, 1755) und unabhängig von ihm und in manchem abweichend von P. S. Laplace (Exposition du système du monde, 1796) aufgestellte Hypothese, nach der der Raum, den jetzt die Sternenwelt füllt, ursprünglich (nach Kant) von einem gleichmäßig verbreiteten Urnebel oder (nach Laplace) von einer bereits in Rotation befindlichen Nebelscheibe ausgefüllt war, woraus sich durch Wirbelbewegungen und Rotationen nach den Gesetzen der Gravitation die Fixstern- und Planetensysteme gebildet haben. Kapital, von lat. caput ›Kopf‹; ›Capital‹ bed. urspr. todeswürdiges Verbrechen; in die Sprache der Ökonomie eingef. über die mlat. Bed. von ›capitale‹, das nach Köpfen gezählte Vieh, seit dem 17. Jh. im Deutschen zunächst nur als Geldsumme, die zur Investition dient oder zinsbringend angelegt wird, später auch übertr. auf die Bed. als Sach- oder Real- K. (sämtl. in einen Produktionsprozeß eingebr. Güter) oder als Wert- K. (Sammelbegriff für die Werte eines Güterbestandes); in erweiterter Bed. auch verwendet für Weisen der Verfügbarkeit über materielle und immaterielle Güter und Leistungsfähigkeiten (Human- K., symbolisches K., Sozial- K., technolog. K.);
Kapitalismus
in der Theorie des 8Marxismus außerdem Bez. für die 8Klasse der Kapitaleigentümer, die Kapitalisten, damit verbunden auch als Macht in einem 8Produktionsverhältnis, das auf privater 8Aneignung gesellsch. Produktion beruht; in sonstigen Kontexten dient K. auch als Sammelbez. für die 8Institutionen des Geldverleihs (›K.markt‹) sowie des Privatbesitzes an Produktionsmitteln und an sonstigen in ökonom. Werten taxierbaren Gütern. Kapitalismus (von 8Kapital), Wirtschaftssystem, das sich auf der Grundlage des Privateigentums und der Privatproduktion entwickelte, in dem die Rente (der Gewinn, Profit) des investierten Kapitals die ausschlaggebende Rolle spielt. W. Sombart unterschied die Phasen des Frühk. (in England und Frankreich bis Ende des 18., in Deutschland bis Mitte des 19. Jh.), den Hochk. (in der Zeit nach der Einführung der Gewerbefreiheit) und den Spätk. (in Europa nach dem Ersten Weltkrieg). Den Zusammenhang wirtschaftlicher und religiöser Ideologie hat M. Weber in Die protestantische Ethik und der Geist des K. (1901) behandelt. Als K., der sich erst seit der Neuzeit entwickelte, bez. man eine Wirtschafts- und Gesellschaftsformation mit folgd. Merkmalen: a) Privateigentum an Produktionsmitteln (›freie‹ Wirtschaft), dadurch verbunden mit der Entgegensetzung von 8Kapital und Arbeit als sich ausschließende soziale 8Klassen; b) Warenproduktion für den Markt, dadurch verbunden
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mit Konkurrenz und Wettbewerb; c) Kapitalverwertung (Gewinnmaximierung) als Sinn des Wirtschaftens, dadurch verbunden mit ökonomischer Expansion. Nach den Ergebnissen unterschiedlicher gesellschaftlicher Analysen beeinflußt im K. das Prinzip der Kapitalverwertung viele sonstige Bereiche der modernen Industriegesellschaft (vgl. J. Baudrillard, Der symbolische Tausch und der Tod, dt. 1982). Nicht nur alle privatwirtschaftlichen Formen des Waren- und Kapitalverkehrs sind vom Verwertungsprinzip beherrscht, sondern auch viele urspr. nicht ökonomisch bestimmte Lebensbereiche sowie auch Wünsche, Denkweisen und die Lebensführung der Individuen. So erweiterte sich der Begriff K., urspr. nur Name für eine Wirtschaftsform, zu einer Bez. für eine Gesellschafts- und Lebensform. Kardinaltugenden (lat. cardinalis ›Haupt‹- ), die Haupttugenden, in denen alle anderen enthalten sein sollen; zuerst bei Plato (Politeia 428 E ff.): 8Weisheit (gr. sophia, lat. sapientia), 8Tapferkeit (andreia, lat. fortitudo), 8Besonnenheit (8sôphrosynë, lat. temperantia) und 8Gerechtigkeit (dikaiosyne, lat. iustitia). Aristoteles bevorzugte die Einteilung in ethische und 8dianoetische Tugenden, während die Stoiker die platonische Einteilung allgemein machten. Im Christentum wurden den K. als den natürlichen oder philosophischen drei theologische, übernatürliche Tugenden hinzugefügt: 8Glaube (gr. pistis), 8Liebe (agapë) und 8Hoffnung (elpis). S. 8Tugend.
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Karma, sanskr., Tat, Werk, Handlung bei Jajnjavalkya, in dessen Namen die Hauptlehren der 8Upanishaden gesammelt worden sind, das das unterschiedliche Wesen des Menschen spezifischer Bestimmende, zugleich das Unsterbliche. In den Upanishaden erscheint K. als Äußerung und Bewährung des 8Atman. Der Grundgedanke der K.lehre ist, daß der Mensch selbst sein 8Schicksal ist; gut und glücklich wird man durch gute Tat, böse und unglücklich durch böse Tat. das K. bestimmt auch das Leben des Menschen nach dem Tode. Infolge seiner unerbittlich wirkenden Gesetzmäßigkeit ist K. auch gleichbedeutend mit 8Schicksal. Im 8Buddhismus ist das K. der Grund des Leids und deshalb in s. lebensbestimmenden Macht zu überwinden. Kasualismus (lat. casus ›Fall‹, Zufall), die Lehre, daß die Welt durch Zufall entstanden und sich unter der Herrschaft des Zufalls entwickelt habe; Vertreter u. a. Epikur, Lukrez (8Zufall). Kasuistik, die Lehre von den 8Gewissensfällen (lat. casus conscientiae), die sich aus dem Widerstreit (Kollision, Konflikt) der 8Pflichten ergeben. Sie setzt das Vorhandensein eines Systems von Geboten voraus, nach dem der Wert jeder einzelnen Handlung bestimmt und gegen andere abgewogen werden kann. Sie tritt als lehrbare Disziplin bereits im 8Konfuzianismus und im 8Buddhismus auf. Spuren einer K. finden sich bei den Stoikern (vgl. Cicero, De officiis I 2, 7 ff.). Zu einem Sicherungssystem gegen alle selbständigen Bestrebungen
Katalepsie
und Handlungen wurde die K. erst im späteren Judentum (anläßlich bestimmter Fragen des Ritus und des Rechts) und im rational durchgebildeten Christentum (anläßlich der Beichtpraxis). Schon die 8Scholastiker, bes. aber die Jesuiten stellten Handbücher her, die es ermöglichen sollten, die einzelnen im Leben auftretenden ›Fälle‹ im voraus nach festen Regeln oder durch Berufung auf Autoritäten zu entscheiden. Bekannt sind die kasuistischen Summen der Scholastiker Raymund de Pennaforte, Astesanus und Bartholomaeus de Sancta Concordia; ebenso die jesuitischen Kasuistiker A. Escobar und H. Busenbaum. Da die Anwendung jedes Gesetzes auf zweifelhafte (oft auch nur konstruierte) Fälle ohne Spitzfindigkeiten nicht möglich ist, erhielt kasuistisch die Nebenbedeutung: spitzfindig, sophistisch (8Probabilismus, 8Gewissen). Katachrese, gr. (lat. abusio), eigentl. Mißbrauch; in der 8Rhetorik der harte oder kühne Gebrauch eines Wortes in uneigentl. Bedeutung. Die K. vermischt bildliche und eigentl. ›Ausdrücke‹ oder verschiedenartige Bilder, z. B. »laute« Tränen; das Schwert »schläft« in der Scheide. Katalepsie, gr., die Gliederstarre, in der Hypnose der Zustand, in dem die Glieder die Lage annehmen, in die man sie bringt; kataleptische Phantasie nannten die 8Stoiker die Vorstellung, die, von einem Gegenstand erzeugt, sich uns mit unwiderstehlicher Gewalt aufdrängt. Sie galt ihnen als 8Kriterium der Wahrheit.
Katalysator
Katalysator (gr. katalysis ›Auflösung‹), von Libavius 1597 in seiner Alchymia erstmalig gebr., von J. J. Berzelius 1836 in die chem. Wissenschaft eingeführter Begriff z. Bez. von Stoffen, die, ohne selbst durch die Reaktion verbraucht zu werden, die Geschwindigkeit ändern, mit der diese ihrem Gleichgewicht zustrebt, ohne jedoch dessen Lage zu verändern. Katastrophentheorie (gr. katastrophë ›Umwendung‹, Zerstörung), auch Kataklysmentheorie (gr. kataklysmos ›Überschwemmung‹), die von Plato, Aristoteles, Poseidonios u. a. vertretene Lehre, daß die Kulturen der Menschen von Zeit zu Zeit durch große Umwälzungen in der Natur (Erdbeben, Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Überschwemmungen) zerstört werden, aus denen sich wenige Menschen retten, die ihren Nachkommen die Kunde von der früheren Kultur in der Form von Mythen überliefern. Erneuert wurde die K. durch den frz. Naturforscher G. Cuvier (Discours sur les révolutions de la surface du globe, EA 1812), der sie auch auf die Pflanzen- und Tierwelt ausdehnte. Katasyllogismus, gr., der Gegenschluß, Gegenbeweis. katechetisch (gr. katëchëtikos ›den Unterricht betreffend‹, von katëchein ›unterrichten‹), 8sokratisch oder 8erotematisch heißt im Gegensatz zu 8akroamatisch die Methode des Unterrichts, in der der Stoff durch Frage und Antwort nahegebracht wird. Der k.e Unterricht heißt Katechese, ein Lehrbuch des k.en Unterrichts nennt man Katechismus.
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kategorematisch, von gr. katëgorëma ›das von jemandem Ausgesagte‹, zur Bezeichnung dienend, etwas Bestimmtes bedeutend. kategorial, die 8Kategorien betr., zu den Kategorien gehörend, kategorienartig. Kategorie, von gr. katëgorein ›aussagen‹, durch Aristoteles eingef. Bez. der verschiedenen Arten von Aussagen, die von einem Gegenstand gemacht werden können. Er unterschied zehn K.n, die Aussage über 1. das Wesen eines Gegenstands oder seine 8Substanz, z. B. das ist ein Pferd, das ist ein Mensch, 2. seine Größe oder 8Quantität, z. B. das Ding ist zwei Meter lang, 3. seine Beschaffenheit oder 8Qualität, z. B. der Mensch ist gebildet, 4. seine Beziehung zu andern Gegenständen oder die 8Relation, z. B. es ist größer oder kleiner als dieses oder jenes Ding, 5. den Ort (lat. ubi), an dem es vorkommt, z. B. es ist auf dem Markte, 6. die Zeit (lat. quando), zu der das Ding da war, z. B. gestern, im vorigen Jahre, 7. seine Tätigkeit (lat. actio), z. B. es schneidet, es brennt, 8. sein 8Leiden (lat. passio), z. B. es wird geschnitten, wird gebrannt, 9. seine Lage (lat. situs), z.B. es liegt, steht, sitzt, 10. sein Anhaben oder Innehaben (lat. 8habitus), z. B. es ist beschuht, bewaffnet. In der 8Scholastik hießen die K.n auch 8Prädikamente und erlangten eine große Bedeutung für die Logik und die Ontologie, da man einen Gegenstand erschöpfend behandelt zu haben glaubte, wenn man ihn nach den Gesichtspunkten der zehn K. vollständig bestimmt, d. h. wenn
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man seine Substanz, Quantität, Qualität usw. angegeben hatte. G. W. Leibniz beschränkte die K. auf sechs: Substanz, Quantität, Qualität, Relation, Aktion und Passion. I. Kant gab den K.n im Sinne seiner 8transzendentalen Logik eine neue Bedeutung. Er faßte sie als »Gedankenformen«, als »Verstandesbegriffe« auf, an die das Denken gebunden ist, so daß wir die Gegenstände der Erfahrung nur durch die K. erfassen und denkend bearbeiten können. Er nahm an, daß die K.n den logischen Funktionen des Denkens im Urteilen entsprechen und daß es ihrer genau so viele geben müsse, wie es Arten des logischen Urteils gibt; er zählt daher vier K.n, von denen jede in drei Sonderformen gegliedert ist (KrV, 1. Abt., 1. B., Proleg. § 21): 1. Quantität: Einheit, Vielheit, Allheit, 2. Qualität: Realität, Negation, Limitation, 3. Relation: Inhärenz und Subsistenz (substantia et accidens), Kausalität und Dependenz (Ursache und Wirkung), Gemeinschaft (Wechselwirkung zwischen dem Handelnden und dem Leidenden), 4. Modalität: Möglichkeit – Unmöglichkeit; Dasein – Nichtsein; Notwendigkeit – Zufälligkeit. Bei den Vertretern des spekulativen Idealismus, wie Fr. W. J. Schelling, G. W. Fr. Hegel und ihren Schülern, sind die K.n nicht nur Formen des Denkens, sondern auch des Seins. Im nichtphilosophischen Sprachgebrauch wird das Wort K. auch zur Bezeichnung des Allgemeinbegriffs oder der Klasse gebraucht, in die ein Gegenstand eingeordnet wird, z. B.: der Witz
Katharsis
gehört unter die K. des Komischen. kategorisch, von gr. katëgorikos, aussagend, behauptend, meist im Gegensatz zu 8hypothetisch (nur unter bestimmten Bedingungen geltend), daher auch svw. bedingungslos geltend; kategorischer Imperativ, bei I. Kant, im Unterschied zum hypothetischen, an bestimmte Bedingungen gebundenen Befehl, das Sittengebot in der Form einer schichten, unbedingten Aussage: »Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne« (KpV § 7), oder: »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.« »Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.« »Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst« (Grundl. zur Met. d. Sitten, A 52, A 66/67). In anderen Formeln wird geboten, nach 8Maximen zu handeln, »die sich selbst zum allgemeinen Gesetz machen« können, oder: »deren Allgemeinheit als Gesetz(es) du zugleich wollen kannst« bzw. »die sich selbst als allgemeine Naturgesetze zum Gegenstand haben können« (ebd. A 81/82). Katharsis, gr. ›die Reinigung‹, urspr. nur physiologisch: die Reinigung des Leibes durch Abführmittel; bei Hippokrates urspr. allg.
Kathexis
Bez. für die Reinigung des Körpers, psychologisch bei Aristoteles, den 8Stoikern u. a. die Reinigung der 8Seele von den 8Affekten. In die 8Ästhetik drang der Begriff durch die aristotelische Definition der 8Tragödie ein, nach der diese »durch Erregung von Mitleid und Furcht die K. solcher Affekte bewirkt« (Aristoteles, Poetik VI 1449 b 27). In der Psychotherapie das Abreagieren verdrängter 8Affekte. Kathexis, gr. ›Besetzung‹; in der 8Psychoanalyse Bez. für die Konzentration oder Einengung sog. psych. Energie auf nur einen Teilausschnitt der Realität, z. B. auf das Ich, best. Körperteile, best. Personen. Katholizismus, im dt. Sprachraum zumeist verstanden als Glaubens- und Lebensauffassung der Römisch- Katholischen Kirche. Die Philosophie der katholischen Kirche im Mittelalter ist die 8Scholastik gewesen, namentlich seitdem diese seit Anselm von Canterbury ihre Unterordnung unter die Lehren der Kirche zum Grundsatz erhoben hat. Ein festes Verhältnis der Kirche zu den Einzelrichtungen der Scholastik bahnte sich aber erst vom Ende des 13. Jahrhunderts ab an. Die Dominikaner haben 1286 ihren zwölf Jahre vorher verstorbenen Ordensbruder, Thomas von Aquino, der die Lehre des Aristoteles mit der christlichen Überlieferung, die Lehre von dem vernünftigen und zweckvollen Zusammenhang des Weltalls mit dem Dogma von der Heilswirkung verschmolzen hatte, zu ihrem offiziellen Lehrer erklärt und seine
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Schriften dem Unterricht zu Grunde gelegt. Auch von den Benediktinern, Karmelitern und Augustinern ist die Philosophie des Thomas bald anerkannt worden. Auf ihn haben, als den rechtgläubigen Philosophen der Kirche, viele Päpste vom 14. bis 19. Jahrhundert, von Clemens V. bis auf Pius IX., hingewiesen. Leo XIII. ist ihnen gefolgt und hat schon in seiner ersten Enzyklika »Inscrutabili Dei consilio« vom 21. April 1878 Thomas neben Augustin anempfohlen. Die dritte Enzyklika »Aeterni patris« vom 4. August 1879 erklärt dann die Philosophie für berufen, den Erweis der Wahrheit für die Grundlagen der Religion zu bringen, der 8Theologie Methode zu geben und eine Schutzwehr des Glaubens gegen feindliche Angriffe zu bilden. Sie weist dem Thomas von Aquino unter allen Philosophen den ersten Platz an und schreibt die Beschäftigung mit ihm allen Schulen vor. Seit dieser Enzyklika herrscht die Philosophie des Thomas in den meisten katholischen Lehranstalten vor. Die dominante Philosophie des Katholizismus ist also der 8Neuthomismus. Sie beruht auf dem rationalistischen Grundgedanken, daß Glauben und Wissen sich zu einem einheitlichen System verbinden lassen: Aus der Vernunft fließt ein Teil der religiösen ›Wahrheiten‹, wie der teleologische 8Gottesbeweis, der Begriff der 8Vollkommenheit, 8Weisheit, 8Gerechtigkeit und Wahrheit Gottes, der Beweis der Zuverlässigkeit des Evangeliums und der göttlichen Sendung
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der Kirche. Andere religiöse ›Wahrheiten‹, z. B. die Dreieinigkeit der göttlichen Person, die Zeitlichkeit der Schöpfung, die Erbsünde, die Menschwerdung des göttlichen Wortes, die Auferstehung des Fleisches, das Weltgericht, die ewige Seligkeit und Verdammnis, sind Glaubenssätze, die allein der göttlichen Offenbarung entstammen. Beide Arten der ›Wahrheit‹ widersprechen sich nicht, sondern haben in der widerspruchslosen göttlichen Wahrheit und Einheit ihren höchsten und letzten Grund (8doppelte Wahrheit). Aber der natürlichen Vernunft fällt in dieser Verbindung eine untergeordnete Stellung zu. Die Philosophie sei Dienerin und Magd der Theologie: »Philosophia ancilla theologiae«. Die Vernunft wird als Vorbereitung des Glaubens, als Vorschule und Hilfe bezeichnet: Sie bereitet den Weg zum Glauben, bringt Ordnung in die Fragen der 8Theologie und schützt den Glauben gegen Widersacher. Im Gebiet des Wissens und der natürlichen 8Tugenden könne Thomas von Aquino oder auch Aristoteles, auf dem jener fußt, Führer sein, im Gebiete des Glaubens und der christlichen Tugenden entscheide zuletzt die, wie angenommen wird, von Christus gestiftete und vom Geiste Gottes regierte Kirche. So wird Wissen und Glauben in der offiziellen Philosophie der katholischen Kirche unter dem Gesichtspunkte der 8Autorität der Kirche miteinander verbunden. Kausalgesetz, Kausalitätsgesetz, auch Kausal- oder Kausalitätsprinzip (8causa, 8Kausalität), der Grund-
Kausalnexus
satz, daß für jedes Geschehen eine 8Ursache vorhanden sein muß. Es hat bei Aristoteles (Met. VII 7, 1032a) die Form: »Alles, was entsteht, entsteht durch etwas, aus etwas und als ein gewisses Etwas«, bei I. Kant (KrV, A 189): »Alles, was geschieht (anhebt zu sein), setzt etwas voraus, worauf es nach einer Regel folgt« oder (in der 2. Aufl.) präziser: »Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetz der Verknüpfung von Ursache und Wirkung« (ebd., B 232). Während also in bezug auf den Begriff der 8Kausalität und des K.es Übereinstimmung herrscht, ist seine Herkunft und durchgängige Gültigkeit umstritten. Im Sinne des transzendentalen 8Idealismus von I. Kant beruht es auf einer apriorischen (erfahrungsunabhängigen) Denkform unseres Verstandes, im Sinne des 8Realismus bezeichnet es einen Realzusammenhang in notwendiger zeitlicher Folge. Dagegen betrachtet es der 8Neupositivismus, z. B. im Hinblick auf den Indeterminismus des atomaren Geschehens, nur als Wahrscheinlichkeitsregel. Vgl. 8Antinomie. Kausalismus, Neub. von 8causa, die Ansicht, daß alles ursächlich, nicht 8teleologisch bestimmt sei. Kausalität, neulat. causalitas ›die Ursächlichkeit‹, der Folgezusammenhang von 8Ursache und 8Wirkung, die innerzeitliche Abhängigkeit eines Geschehens von etwas anderem, durch das es bedingt, bestimmt bzw. eindeutig festgelegt ist (8Kausalgesetz). Kausalnexus (lat. nexus ›Verknüpfung‹), der ursächliche Zusammen-
Kennzeichnung
hang zwischen Dingen oder zwischen Vorgängen. Kennzeichnung, in 8Logik und 8Sprachphilosophie ein Ausdruck wie »der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995«, durch den ein Objekt (hier Helmut Kohl) durch die Angabe charakteristischer und einmaliger Eigenschaften bezeichnet wird. In der 8Prädikatenlogik erhält man eine formale K. durch die Anwendung eines K.soperators ιx (als einer 8logischen Partikel) auf ein 8Prädikat F(x): ιxF(x), gelesen: dasjenige x, das F ist. Problematisch ist der Umgang mit sogenannten unrichtigen oder leeren K.en wie »der niedersächsische Landtagsabgeordnete« oder »die größte Primzahl«, in denen von Eigenschaften die Rede ist, die nicht auf genau ein Objekt zutreffen (sondern auf mehrere oder auf gar keines). Ist etwa der Satz »Der niedersächsische Landtagsabgeordnete heißt Müller« wahr, falsch oder weder wahr noch falsch? Für die Behandlung solcher Probleme wurden ganz unterschiedliche Vorschläge gemacht, u. a. von G. Frege, A. Meinong, B. Russell, P. Strawson und U. Blau (für den letzteren vgl. auch 8mehrwertige Logik). – K.en, die deiktische Ausdrücke wie »dieser«, »hier« etc. enthalten, also etwa »dieser Mann hier«, heißen deiktische K.en und sind nur vor dem Hintergrund ihres Äußerungszusammenhanges zu deuten. Kernphysik, s. 8Atomphysik; urspr. die Lehre von den Atomkernen und ihren Reaktionen (Kernspaltung, Kernfusion; vgl. 8nuklear).
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Kettenschluß, in der Logik eine Folge von 8Schlüssen, bei denen die 8Konklusion eines vorausgehenden Schlusses eine 8Prämisse des nachfolgenden bildet. Einen K. bilden etwa die beiden Schlüsse von »Alle Menschen sind sterblich« und »Alle Griechen sind Menschen« auf »Alle Griechen sind sterblich« und von »Alle Sterblichen leben nicht ewig« und »Alle Griechen sind sterblich« auf »Alle Griechen leben nicht ewig«. Die verkürzte Form eines K.es nennt man 8Haufenschluß. Keuschheit, zu keusch (mhd. kiusche), von lat. conscius ›mitwissend‹, bewußt (nämlich der christlichen Lehre); die vorübergehende od. andauernde geschlechtliche Enthaltsamkeit aus ethischen oder religiösen Gründen (aus Überzeugungsgründen oder mit Bez. auf kultische Reinheitsgebote), wird mitunter auch lediglich als Bez. für eine 8Tugend oder ein 8Verhalten verwendet, das sich durch sexuelle Mäßigung, insbes. durch Widerstand gegen sexuelle Belästigung und gegen Promiskuität auszeichnet. In der Theologie der Kirchenväter (Origenes, Hieronymus, Augustinus) wird unter leibfeindlichem Einfluß aus 8Manichäismus, 8Gnosis und 8Stoa die K. als Jungfräulichkeit (virginitas) höher geschätzt als die Ehe. Das Mönchtum gelobt K. neben 8Armut und Gehorsam als sog. Evangelische (biblische) Räte. Das Zölibatsgebot für Priester verlangt K. um des Reiches Gottes und des kirchlichen Dienstes willen. Thomas von Aquin bezeichnet zwar die 8Lust als von
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Natur aus gut, sie bedarf aber der 8Mäßigung (8Kardinaltugend temperantia) und des Maßes, das die K. gibt. Sexuelles Tun außerhalb der Ehe ist Todsünde. Im Konzil von Trient (1545- 1563) wird gegen M. Luther der Vorzug der völligen K. gegenüber der Ehe dogmatisiert: »Wer sagt, der Ehestand sei dem Stand der Jungfräulichkeit und des Zölibats vorzuziehen, und es sei nicht besser und seliger, in Zölibat und Jungfräulichkeit zu bleiben, als sich in der Ehe zu vermählen, der sei im Bann« (H. Denzinger u. a., Enchidrion Symbolorum, 1963, 980). Die Ehe ist bezüglich Sexualität Zugeständnis im Rahmen der Natur zur Fortpflanzung und als Hilfsmittel gegen die Begierde (des Mannes). kinästhetisch, Neub. von Ch. Bastian (The Muscular Sense, Brain X, 1887) aus gr. kinësis ›Bewegung‹ und aisthëtos ›wahrnehmbar‹; k. heißen die von der Ausführung von Bewegungen abhängigen Empfindungen, die die Kontrolle über die Bewegungen des Körpers und der Gliedmaßen ermöglichen (8Empfindung). Kinematik, von gr. kinëma ›Bewegung‹, nach A. M. Ampere die Wissenschaft von den Arten gesetzmäßiger Bewegung (8Bewegungslehre), ohne Rücksicht auf die Masse der bewegten Körper und der bewegenden Kräfte, während unter Kinetik die Wissenschaft von der Bewegung verstanden wird, die die bewegenden Kräfte und die Masse der bewegten Körper mitberücksichtigt. Heute ist in der Physik dafür der
Kismet
Ausdruck 8Dynamik gebräuchlich. Kirchenlehrer, die von der kath. Kirche aufgrund ihrer Verdienste um die Ausbildung des christl. Glaubens zum Lehrsystem verehrten und mit dem Titel doctor ecclesiae ausgezeichneten Gelehrten: die Griechen Athanasius (295 bis 373), Basilius von Caesarea (330379), Gregor von Nazianz (330390) Johannes Chrysostomos (+ 407), die Lateiner Ambrosius (340397), Hieronymus (342- 420), Augustinus (354- 430), Gregor der Große (540- 604) und die 8Scholastiker (nach ihrer Rangordnung) Thomas von Aquino, Bonaventura, Leo I. (Papst), Petrus Damiani, Bernhard von Clairvaux, Hilarius von Poitiers, Alfons von Liguori, Franz von Sales, Cyrill von Alexandria (+ 444), Cyrill von Jerusalem (315- 386), Johannes Damascenus (675- 749) und Beda Venerabilis (674- 735). Kirchenschriftsteller (lat. scriptores ecclesiae), 1. im Unterschied von den 8Scholastikern alle älteren Schriftsteller im Dienst der kath. Kirche, 2. im Unterschied zu den 8Kirchenvätern die nicht in jeder Hinsicht als orthodox anerkannten. Kirchenväter (lat. patres ecclesiae) heißen die ältesten Kirchenschriftsteller, die durch orthodoxe Lehre und heiliges Leben von der Kirche die bes. Anerkennung (Approbation) erhalten haben, als Zeugen für die überlieferte Glaubenslehre zu gelten. Kismet, türk.- arab. ›Zuteilung‹, das dem Menschen bestimmte 8Schicksal, in das er sich zu ergeben hat (8fatum).
klar
klar, Lehnw. des 12. Jh. von lat. clarus, svw. einsichtig (durchsichtig), voll bewußt, eindeutig erkennbar oder erkannt; Gegensatz: dunkel (8clarus et distinctus). Nach G. W. Leibniz ist eine Erkenntnis entweder dunkel oder k., die k.e wiederum entweder 8adäquat oder 8inadäquat, 8symbolisch oder 8intuitiv; die vollkommene Erkenntnis ist zugleich adäquat und intuitiv. Klasse, Lehnwort um 1600 von lat. classis ›Schülerabteilung‹, von calare ›rufen‹ (gr. klësis ›Ruf‹), im 16. Jh. entlehnt als ›Abteilung‹, Herbeirufung, herbeigerufene Menge (8Stand); für die mathem.log. Bed. vgl. 8Menge; in den Naturwissenschaften die systematische Einheit, die zwischen ›Abteilung‹ und ›Ordnung‹ steht, z. B. die Säugetiere zwischen Wirbel- und Nagetieren. In der Soziologie heißt K. die durch die gleiche Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der 8Arbeit verbundene Menschenmenge. Man unterschied im 8Marxismus die K. der Grundbesitzer, die der Kapitaleigner oder 8Bürger und die der Nichtbesitzenden oder Proletarier. Ihre Rivalität, der sog. Klassenkampf, macht nach K. Marx und Fr. Engels (Kommunistisches Manifest, 1848) einen wesentlichen Teil der Entwicklung der Menschheit aus; dieser K. nkampf soll durch die ›klassenlose Gesellschaft‹ überwunden werden. Klassenlogik, zu 8Klasse und 8Logik, zum einen das von G. Boole (The Mathematical Analysis of Logic, 1847) entwickelte Verfahren, eine formale Darstellung der Logik
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unter Verwendung der Mengenalgebra zu geben (8Boolesche Algebra, 8Menge); zum anderen eine Erweiterung der 8Prädikatenlogik. Die Sprache der K. in diesem letzten Sinne enthält neben den üblichen prädikatenlogischen Symbolen auch mengentheoretische, insbesondere das für die Elementbeziehung ∈ und einen Operator λ, mit dessen Hilfe man aus Prädikaten F(x) Mengen erzeugt: λ x F(x) ist die Menge aller Dinge, die F sind. 8Kalküle der K. umfassen außer den prädikatenlogischen 8Axiomen und 8Schlußregeln noch weitere Axiome, die grundlegende mengentheoretische Prinzipien zum Ausdruck bringen, etwa das Komprehensions- und das Extensionalitätsprinzip (vgl. 8Menge): ∃ y∀x(x∈y ↔ F[x]) für bel. 8Prädikatkonstanten F (wobei die Variable y nicht in F[x] vorkommen soll) bzw. ∀x(x∈s ↔ x∈t) → s = t für bel. Mengen s und t. In einem solchen System lassen sich lassen sich die Grundbegriffe der Mengenlehre definieren – die leere Menge (Nullmenge) etwa durch λ x(x ≠ x), die Allmenge durch λx (x = x), die Schnittmengenoperation s ∩t durch λx(x∈s ∧ x∈t), die Vereinigungsmenge s ∪ t durch λx (x∈s ∨ x∈t), die Mengeninklusion s ⊆ t durch ∀x (x∈s → x∈t) usf. – und ihre Theoreme lassen sich logisch beweisen. – Von großer Bedeutung ist die K. für die Philosophie der Mathematik. Legt man die Definition der natürlichen Zahlen mit Hilfe mengentheoretischer Begriffe zugrunde, wie sie G. Frege und R. Dedekind bereits Ende des
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19. Jahrhunderts angegeben haben, so lassen sich in ihr nämlich die sogenannten Peano- Axiome als Theoreme ableiten – und damit auch die gesamte Arithmetik, deren Basis die Peano- Axiome sind. Die K. spielt deshalb eine zentrale Rolle für das Programm des 8Logizismus. (Vgl. 8Peano- Formalismus.) Klassifikation, frz., auch Klassifizierung, die Bildung von 8Klassen bzw. 8Mengen, die Einteilung in Klassen, in der Logik die systematische Ordnung sämtlicher Begriffe durch fortgesetzte 8Einteilung, die von dem höchsten und umfassendsten Begriff zu den niedrigsten und engsten stetig fortschreitet; in den 8Naturwissenschaften die Zusammenordnung von Gegenständen nach bestimmten gemeinsamen Merkmalen zu Gruppen, bzw. die Gliederung solcher Gegenstandsgruppen in Untergruppen. Einzelne Gliederungsstufen sind: 8Reich, Kreis, 8Klasse, 8Ordnung, Familie, 8Gattung, 8Art, Unterart o. ä. Die bekanntesten der durch K. gewonnenen 8Systeme sind die des Pflanzen- und Tierreichs. In der Sprachwissensch. ein Verfahren zur Bestimmung von systemat. Gemeinsamkeiten von semantischen, syntaktischen, morpholog. oder auch phonolog. Merkmalen von Sprachen. klassische Logik, eine Bezeichnung für diejenigen (gewöhnlichen) Systeme der 8Aussagen- und 8Prädikatenlogik, in denen die Prinzipien vom verbotenen Widerspruch (8principium contradictionis) und vom ausgeschlossenen Dritten (8principium exclusi tertii) und, da-
Klugheit
mit verbunden, das 8Bivalenzprinzip gültig sind. Als nichtklassisch bezeichnet man zum einen Logiken, in denen mindestens eines dieser Prinzipien nicht gilt. Besonders wichtig sind jene Systeme, in denen das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten (bzw. das Bivalenzprinzip) ungültig ist. Solche Logiken wurden etwa ab den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts entwickelt, u. a. motiviert durch gewisse Entwicklungen in der Mathematik (vgl. auch 8Antinomie). Zu ihnen gehören u. a. die 8intuitionistische und die 8dialogische Logik (vgl. auch 8mehrwertige Logik). Eine weniger wichtige Rolle spielen sogenannte parakonsistente Systeme, die erst seit jüngster Zeit untersucht werden und in denen das Prinzip vom verbotenen Widerspruch nicht uneingeschränkt gilt. Nichtklassisch nennt man daneben auch die Systeme der 8philosophischen Logik sowie bestimmte andere Systeme, etwa die der 8Relevanzlogik, der 8nichtmonotonen Logik und der 8Fuzzy Logic. Klimax, gr., die Steigerung. Klugheit, ein neueres Wort aus klug, mhd. kluoc ›fein‹, zierlich, zart, tapfer; erst nach 1200 (Wolfram v. Eschenbach) allg. gebr.; urspr. die natürliche Begabung, zur Erreichung eines 8Zweckes die geeigneten 8Mittel zu erkennen und anzuwenden. Sie ist mehr als 8Einsicht und weniger als 8Weisheit, denn die Einsicht ist theoretisch, die Weisheit mehr ethisch gegründet. K. ist ein Schlüsselbegriff der Lebensbeherrschung. Sie steht für die besonnenen Grund- und Einzel-
Koadaptation
entscheidungen samt ihrer Ausführung in der Haltung, sein Leben gut zu machen. Als erste 8Kardinaltugend der Wohlberatenheit trägt sie bei Plato den Namen 8Weisheit (sophia), bei Aristoteles K. (phronësis). Aristoteles grenzt die 8Tugend der K. von Wissenschaft, Kunst und Weisheit ab. K. »betrifft das Menschliche und jene Dinge, die man überlegen muß. Denn dies nennen wir vor allem die Aufgabe des Klugen, richtig zu überlegen« (Nik. Ethik, 1141 b 7). In Aristoteles' Einteilung der Tugenden in einerseits ethische und andererseits dianoetische (verstandesmäßige) ist die K. zu letzteren gehörig »ein mit richtiger Vernunft verbundenes handelndes Verhalten ... im Bezug auf das, was für den Menschen gut und schlecht ist« (ebd., 1140 b 5). Die christlich- theologische Tradition bevorzugt K. als Bezeichnung der ersten Kardinaltugend, maßgeblich wird die Sinnbestimmung durch Thomas von Aquin: Nach ihm ist K. die zur konkreten Wegweisung des Handelns gewandelte praktische Vernunft (Summa theol. 2 II q. 47), die Umschlagstelle von Kontemplation und Aktion (Summa theol. 2 II q. 181 a 2), die sich als Ursprung der Tugenden zugleich selbst in integrierende und konsekutive Teilaspekte (Verständnis, Umsicht, Vorsicht u. a.) entfaltet (a. a. O. 48 ff.). Durch J. Piepers christliche Tugendtraktate erfuhr die Lehre des Aquinaten eine Wiederbelebung. K. ist »das vollendete Können richtigen Beschließens« (Traktat über die K., zuerst 1943, Neudr. 1960, 16) in Einheit mit
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dem 8Gewissen, »die rechte Vernunft des Tuns« (ebd., 58). Koadaptation, Neub. aus lat. co(n) ›mit‹ und 8Adaptation, die gleichzeitige, aufeinander abgestimmte Angepaßtheit der Organe, Organteile und Funktionen an die Lebensbedingungen – ein Gesichtspunkt, der häufig gegen den 8Darwinismus vorgebracht wurde: K. könne unmöglich dem Zufall oder der Wirksamkeit äußerer Einflüsse zugeschrieben werden. Koexistenz, lat., das Zusammendasein, das Zugleichsein von Dingen in 8Raum u. 8Zeit od. v. Eigenschaften an dems. Ding; koexistieren, zusammen da sein. koextensional (von lat. con- extendere ›mit- ausdehnen‹) nennt man das Verhältnis zweier Ausdrücke in dem Fall, wenn sie dieselbe Extension haben (8Intension/Extension). So sind z. B. zwei Namen dann k., wenn sie sich auf denselben Gegenstand beziehen. kognitiv, von lat. cognitus ›bekannt‹, erkannt; die Erkenntnis betr.; k. nennt man Merkmale von Bewußtseinsakten oder Bewußtseinsprozessen in ihrer theoretischen Einstellung, welche auf Erkenntnis und Erkenntnisfähigkeiten bezogen sind. Sätze, die wahr oder falsch sein können, haben einen k.en Sinn, im Unterschied zu bloßen Ausrufen oder Befehlen oder sinnlosen Äußerungen. Kognition: Sammelbegr. für geistige Akte der Aufnahme u. Verarbeitung von Informationen, erkenntnisleitenden Schemata u. Begriffen durch Empfindung, Wahrnehmung, Denken, Vorstellen, Erin-
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nern. Kognitionswissenschaften: Bez. für Disziplinen, die theoret. und empirische Beiträge zur Kognitionsforschung liefern: Hirnphysiologie, Psychologie, Informationstheorie, Philosophie, Computerlinguistik. Kognitivismus (engl. cognitivism, von lat. cognitio ›Erkenntnis‹), allgemein: Bezeichnung für solche Theorien, die bestimmte Fragen prinzipiell als auf rein kognitivem Wege (d.h. durch Erkenntnis) für entscheidbar halten (Ggs.: Nonk.). Im Bereich der 8Ethik/8Metaethik hält der K. dementsprechend moralische Fragen (ethischer K.) bzw. die Wahrheit oder Falschheit des durch moralische Aussagesätze Ausgedrückten (metaethischer K.) für rein kognitiv entscheidbar. Ethische bzw. metaethische nonkognitivist. Ansätze vertreten hingegen die entgegengesetzte These. – Die wichtigsten Positionen des metaethischen K. sind der 8Naturalismus (J. Dewey, Ph. Foot, R. B. Perry) und der 8Intuitionismus oder Nonnaturalismus (G. E. Moore, A. C. Ewing, W. D. Ross). Naturalistische Ansätze behaupten, daß sich moralische Prädikate (wie z. B. »gut«) als gleichbedeutend erweisen mit bestimmten empirischen Prädikaten (z. B. »glückbringend«). Intuitionistische Ansätze halten dagegen moralische Erkenntnis für eine Erkenntnis eigener Art; was »gut« ist, werde nur unmittelbar durch Intuition bewußt (G. E. Moore). Die wichtigsten Ansätze des metaethischen Nonk. sind der 8Emotivismus (D. Hume, B. Russell, A. J. Ayer, C. L. Stevenson)
Kohärenz
und der 8Präskriptivismus (R. M. Hare). Beiden Ansätzen gemein ist die nonkognitivistische Auffassung, daß Begriffe wie Erkenntnis, Wahrheit usw. nicht in den Bereich der Moral gehören. Nach emotivistischer Auffassung drücken moralische Urteile lediglich Emotionen (der frühe A. J. Ayer) oder Einstellungen (der späte A. J. Ayer, C. L. Stevenson) aus, nach präskriptivistischer Auffassung sind sie als Vorschriften oder Empfehlungen zu verstehen. Kohärenz,von lat. cohaerens ›zusammenhängend‹, kohärent; allg. Zusammenhang, in der Optik eine Eigenschaft von Lichtbündeln gleicher Wellenlänge; in der 8Statistik Bez. für einen überzufälligen Zusammenhang zwischen mehreren in Maßzahlen ausgedrückten Variablen; in der Psychologie Merkmal einer durch Nachbarschaft, Symmetrie u. a. nach dem Kriterium der 8Ähnlichkeit klassifizierten Faktoren, welche den Gestaltzusammenhang von Einzelempfindungen erklären; in der 8Ontologie und 8Erkenntnistheorie Prinzip des Zusammenhangs alles Seienden; in der 8Wahrheitstheorie Bez. für Auffassungen, nach denen 8Wahrheit durch ›Relationalität‹, d. h. durch Angabe der Beziehungen von Einzelphänomenen zu einem Ganzen gedacht werden könne. K. als Prüfkriterium für Wahrheit wurde zuerst von den engl. Neuhegelianern F. H. Bradley (Appearance and Reality II, 1893; Essays on Truth and Reality, 1914) und H. H. Joachim (Logical Studies, 1906) vorgeschlagen, wobei
Kohäsion
Wahrheit als Merkmal einer idealen Ganzheit verstanden wird. K. als Wahrheitskriterium wird zu Beginn der 1930er Jahre im Wiener Kreis ebenfalls erwogen (C. G. Hempel, On the Logical Positivists' Theory of Truth, Analysis, Vol. II 4/1935, 49- 59), und zwar nicht als Korrepondenz zwischen Aussage und ›Gegenstand‹ (Korrespondenztheorie), sondern als log. Kompatibilität zwischen Aussagen innerhalb eines Aussagensystems nach den Kriterien Widerspruchsfreiheit, Übereinstimmung (engl. coherence) und 8Sinn (K.theorie). Kohäsion, neulat., der Zusammenhang, insbes. die zwischen den einzelnen Teilen des Körpers vorhandene Anziehungskraft, die der Trennung der Teile durch von außen wirkende Kräfte Widerstand leistet. Koinzidenz, lat., das Zusammenfallen; 8coincidentia oppositorum. kollektiv, lat., aus einer Ansammlung bestehend, eine Gesamtheit darstellend, zusammenfassend; dazu das Kollektiv, die Gesamtheit, im polit. Bereich der Zusammenschluß vieler Menschen zu einem gemeinsamen Leben und Arbeiten. Kollektivismus: eine dem kapitalistischen Egoismus und Individualismus entgegengesetzte Denkweise und Gesinnung; kollektivistisch, dem Kollektiv entsprechend. Kollektivbegriffe oder Sammelbegriffe sind solche, die eine aus vielen Einzelnen bestehende Gesamtheit bezeichnen, z. B. Wald, Heer, Herde. Kollektivbewußtsein, das Ganze der Bewußtseinsinhalte und psych. Erscheinungen, in de-
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nen die Mitglieder eines Kollektivs übereinstimmen bzw. sich gegenseitig bestätigt sehen. Kolligation, lat. ›Zusammenfügung‹, die Zusammenfassung zu einem 8Komplex. Kollision, lat., der Zusammenstoß, bes. das Zusammentreffen harter 8Körper im Stoß; übertragen auf das Zusammenstoßen von nicht ohne weiteres miteinander vereinbaren 8Pflichten, Rechten, 8Interessen. Kombination, von neulat. combinatio ›Vereinigung‹ von je zwei Größen; die Verbindung des Zusammengehörigen im Denken, auch die Fähigkeit, scheinbar Beziehungsloses richtig zu verknüpfen und dadurch zu neuen Ergebnissen zu gelangen; in der Mathematik die 8Ordnung einer gegebenen Anzahl verschiedener Dinge (8Elemente) in zusammengehörige Gruppen, deren Theorie einen Zweig der Mathematik, die 8Kombinatorik, bildet. Kombinatorik, lat., Bez. für ein Forschungsgeb. der Mathematik, in dem untersucht wird, wie viele Mengen von Elementen und auf welche Weise diese systematisch in Gruppen zusammengefaßt werden können; z. B. in 8Variationen (hier: geordnete Auswahlen), 8Permutationen und 8Kombinationen im engeren S. (hier: Aufgliederung ungeordneter 8Elemente zu Untermengen einer 8Menge). Kombinatorische Logik, Bez. für ein Forschungsgeb. der 8Logik, das sich mit dem variablenfreien Aufbau formaler Systeme beschäftigt. Kombinierbarkeit, vgl. 8Kompatibilität.
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komisch, nach gr. kômikos, lat. comicus, nach Aristoteles (Poetik 1448 a) heißen komai die Vororte der Stadt; als Begriff im 18. Jh. für frz. comique in den deutschen Sprachgebrauch übernommen, bezeichnet im Gegensatz zum Ernsthaften und 8Tragischen alles, was zum Lachen oder Lächeln reizt. Antike Autoren sprechen nicht vom K.en, sondern vom Lächerlichen, das – ähnlich wie das Häßliche (8häßlich) – ein Niedriges und Nichtiges bezeichnet, das aufgrund seines defizitären Charakters einer näheren Behandlung durch die Philosophie weder würdig noch fähig ist (Platon, Parmenides 130 c). Das Lächerliche meint das Unvernünftige, vom verlangten philosophischen Ernst Abweichende schlechthin (Politeia 452 c/e). Das Lächerliche ist danach das aus dem Ordnungszusammenhang der Vernunft Herausfallende. Aristoteles führt das Lächerliche als rhetorische Figur ein, des Gegners Ernst ins Lächerliche zu ziehen, um seine Position zu schwächen (Rhet. 1419 b ff.), vor allem aber in der Definition der kômôdia: Sie ist eine Nachahmung des Gemeinen, sofern es lächerlich ist (Poetik 1949 a). Das K.e ist seither eng mit der Komödie verbunden: seit ihren antiken Anfängen (schriftl. überliefert erst seit Aristophanes) thematisiert sie die Schwächen und Unzulänglichkeiten des Menschen. Sie behandelt daher – im Gegensatz zur 8Tragödie – prinzipiell lösbare Konflikte. Eine in der Neuzeit formulierte Ständeklausel, nach der in der Komödie nur sozial ›gemeines‹,
Kommunikation
d. h. nichtadliges dramatisches Personal auftreten soll, läßt sich aus dem Komödiensatz des Aristoteles nicht ableiten. G. E. Lessing hat die Komödie als eine Einrichtung verstanden, die durch Lachen bessern will (Hamburgische Dramaturgie, 1767- 69, 28. Stück). Die Vorführung des Mangelhaften eines an sich würdigen Charakters führt zur Einsicht im Zuschauer und zur Aufhebung eben der intellektuellen Uneinsichtigkeit des Vorgeführten selbst (z. B. in der Gestalt des Tellheim in G. E. Lessings Minna von Barnhelm). In der englischen Philosophie des 18. Jh. wird das K.e in Abgrenzung zur Tradition des Lächerlich- Nichtigen als Inkongruenz verstanden, die im Lachen wahrgenommen wird (Fr. Hutcheson, Thoughts on Laughter, 1727). Das K.e entspringt dem Kontrast, dem Widerspruch zwischen Begriff und Erscheinung, zwischen Anspruch und Wirklichkeit, aber auch zwischen einer expliziten Bedeutung und einer impliziten Nebenbedeutung. H. Bergson hat das K.e aus der Abweichung des Belachten von den gesellschaftlichen Normen einer Gruppe erklärt (Le rire, 1900) und es damit vom allgemeinen Lächerlichen, das in jedem menschlichen Bereich vorkommt, unterschieden. kommensurabel, lat., mit einem gemeinsamen 8Maß meßbar. Gegensatz: 8inkommensurabel. Kommunikation, lat. communicatio ›Mitteilung‹, Gewährung; in der Sprachwiss. und in techn. Disziplinen (Nachrichtentechnik, Informatik) Austausch von Nachrichten, In-
Kommunismus
formationen, Intentionen durch Zeichensysteme (8Informationstheorie); in den Sozialwiss. svw. 8Interaktion. Als K. bez. man hier auch allg. aktiv hergestellte soziale Beziehungen auf Zeit, auch wenn sie ohne 8Konsens, ohne gemeinsam geteilte Symbole und ohne intersubjektive Verständigung praktiziert werden. Kommunismus, Neub. von lat. communis ›gemeinsam‹, die Gesellschafts- und Wirtschaftslehre, nach der es nach Abschaffung der Standes- und Klassenunterschiede kein Privateigentum mehr gibt und nach der alle an allen materiellen und geistigen Gütern gleichmäßig teilhaben. Verwirklicht war der K. bisher nur in kleinen Gruppen, Kriegerbünden, Mönchsorden, urchristl. Gemeinden (Beute- und Liebes- K.). Unter der Voraussetzung, daß Geschichte und Gesellschaftsentwicklung aufgrund der spezifischen Wirtschaftsweise und Organisation der 8Arbeit Gesetzmäßigkeiten unterliegt, wurde der Gedanke möglich, daß bei Kenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten die Gesellschaft mehr und mehr mit Willen und Bewußtsein der vereinigten Individuen gestaltet werden könnte. Es ist der Grundgedanke der kommunistischen Bewegung, gestützt auf K. Marx’ und Fr. Engels’ Kritik der politischen Ökonomie, daß im entwickelten 8Kapitalismus die assoziierten Arbeiter nach 8Aneignung der politischen 8Macht die gesellschaftlichen Verhältnisse bis zum K. hin umwälzen könnten. Der Staat würde sich in diesem Prozeß auflösen. Marx und Engels
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nannten K. sowohl die »wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt« (Die Deutsche Ideologie, 1845; vgl. Marx- Engels- Werke 3, 35) als auch die Gesellschaftsformation, die den genannten Prozeß vorantreibt; er wird hier aber noch nicht das Ende der menschlichen Entwicklung überhaupt und auch nicht ihr Ziel verstanden. Zum Ideal wurde der K. durch solche Gruppen, die nicht die ökonomische Umwälzung als erste Bedingung sahen, sondern die Einstellung zu Brüderlichkeit und 8Gleichheit K. nannten (›Liebeskommunismus‹; auch vertr. von antiindustriellen Bewegungen von der Jahrhundertwende bis in die Weimarer Republik). Mit K. wurden auch die Programme der Parteien und der politischen Realisierungen im Sinne des genannten revolutionären Prozesses bezeichnet. Varianten des K. wurden insbes. von Parteigängern in Ländern mit staatl. Produktions- und Handelsmonopol vertreten (Marxismus- Leninismus). So verstanden sich im 20. Jh. polit. Repräsentanten von Staaten des sog. realen 8Sozialismus als Organisatoren der gesellsch. Entwicklung ihrer Länder auf dem Weg zum K. kommutativ, neulat., vertauschbar. Eine zweistell. Funktion f (x, y) heißt k., wenn f (y, x) = f (x, y) gilt; z. B. ist die 8Addition von Zahlen k. Kommunitarismus, von lat. communitas, engl. community ›Gemeinschaft‹; in den 1980er Jahren in den USA entstandene soziolog. und sozialphilos. Richtung, in der die normativen Grundlagen einer Gesellschaft nicht von der 8Gleich-
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heit der Individualrechte, wie im 8Liberalismus, sondern von unterschiedlichen Lebensansprüchen schon verfaßter und mit internen Traditionen ausgestatteter 8Gemeinschaften rekonstruiert werden. Als philos. Programmschrift des K. wurde M. Walzers Studie Spheres of Justice (1983) gelesen, in der Modelle für einen Gruppenpluralismus entwickelt werden als Antworten auf der Frage, wie 8Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu verwirklichen ist. komparativ, lat., ›der Vergleichung (comparatio) dienend‹, vergleichsweise, vergleichend (8absolut). Kompatibilität, neulat. von lat. patibilis ›erträglich‹, empfindungsfähig; Übereinstimmung, Vereinbarkeit, zumeist svw. eines der log. Kriterien innere Widerspruchsfreiheit, Theorie- oder Systemadäquatheit mit anderen 8Aussagen oder 8Hypothesen. Dazu: kompatibel. In der Sprachwiss. bedeutet K. Kombinierbarkeit von Lexemen in einer syntakt. Einheit, z. B. einem 8Satz, aufgr. syntakt. oder semant. Merkmale. Bsp.: dunkel + Nacht, lebendig + Tier. In der Nachrichtentechnik dient K. als Kriterium für die Vereinbarkeit techn. Systeme miteinander. Kompensation, lat., ›das Gegeneinanderabwägen‹, in der 8Individualpsychologie das Ausgleichen von 8Minderwertigkeitsgefühlen. Komplement, von lat. complere ›zusammenerfüllen‹, die Ergänzung; dazu Komplementarität, in der 8Quantentheorie die Tatsache, daß sich zwei solche physikalischen
Komplikation
Größen, deren Produkt in der Einheit der Wirkung gemessen wird, bei mikrophysikalischen Objekten niemals zugleich mit absoluter Präzision bestimmen lassen. Z. B. verhalten sich der Ort und der Impuls eines Teilchens komplementär zueinander: je genauer man die eine Größe mißt, desto unschärfer wird ein gleichzeitig gewonnenes Ergebnis für die andere Größe. Dieser Zusammenhang wird durch die 8Heisenbergsche Unschärferelation ausgedrückt. Das Produkt der Unschärfen zweier komplementärer Größen ist niemals kleiner als das 8Plancksche Wirkungsquantum. komplex, lat., zusammengesetzt; dazu der Komplex, die Zusammensetzung, die Verbindung, in der Psychologie das Ganze eines gefühlsbesetzten, oft nur im 8Unbewußten wirksamen Erlebnisses (8Psychoanalyse); in der Mathematik die aus einem reellen und einem 8imaginären Summanden zusammengesetzte Zahl. – Komplextheorie, Lehre C. G. Jungs von den Komplexen als relativ selbständigen ›Seelenteilen‹, die dem Einfluß des Bewußtseins nicht unterstehen, sondern im Unterbewußten ein Sonderdasein führen und teils individuell erworben, teils überindividuell vererbt sind. Die K.theorie gibt also die Lehre von der unteilbaren Einheit der 8Seele auf; der ›Ichkomplex‹ ist nur der für die individuelle Eigenart maßgebende Mittelpunkt- Komplex (8Ich, 8Tiefenpsychologie, 8Psychoanalyse). Komplikation, lat. ›Zusammenfaltung‹, die Verwicklung; kompli-
Komponente
ziert, verwickelt, schwierig, verzwickt. Komponente, von lat. componere ›zusammensetzen‹, die mitwirkende Kraft beim Zustandekommen einer durch mehrere Kräfte verursachten Wirkung. Kompositionalitätsprinzip, oft auch Kompositionsprinzip, zu lat. compositio ›Zusammenstellung‹ und 8Prinzip, ein G. Frege zugeschriebener Grundsatz, nach dem die 8Bedeutung eines komplexen Ausdrucks, insbe. eines 8Satzes, sich aus der Bedeutung seiner Teilausdrücke ergibt, d. h. eine ›Funktion‹ dieser Bedeutungen ist (daher auch ›Funktionalitätsprinzip‹, ferner ›Fregesches Prinzip der Bedeutung‹). Das K. spielt eine wichtige Rolle in der 8logischen Grammatik. Komprehension, lat., ›Zusammenfassung‹, das Begreifen; in der Mengenlehre das Verfahren, eine 8Menge nicht durch Aufzählung ihrer Elemente, sondern als Umfang eines Begriffes zu bestimmen. Diese Methode ist unverzichtbar, wenn die fragliche Menge unendlich viele Elemente enthält, die nicht alle explizit genannt werden können, wie etwa die Menge G aller geraden Zahlen: G = {x:x ist ohne Rest durch 2 teilbar}. Die Menge der geraden Zahlen wird hier als Umfang des Begriffes der Teilbarkeit durch 2 ohne Rest bestimmt. Das Verfahren der Komprehension wird durch das 8K.sprinzip in die Mengenlehre eingeführt. Dazu kompressibel, von lat. compressio ›gedrängte Darstellung‹, svw. komprimierbar; komprehensibel: begreifbar.
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Komprehensionsprinzip, ein zentrales Prinzip der traditionellen Mengenlehre, nach dem es zu jedem Begriff eine 8Menge (den »Begriffsumfang«) gibt, die genau die Elemente enthält, die unter den Begriff fallen. Dem Begriff des Hundes entspricht so die Menge aller Hunde, dem der natürlichen Zahl die Menge aller natürlichen Zahlen. Es hat sich gezeigt, daß die Annahme einer unbegrenzten Geltung des K.s (unter Voraussetzung der 8klassischen Logik) zu Widersprüchen führt (vgl. 8Antinomie). Man hat deshalb Systeme der Mengenlehre konstruiert, in denen das K. nur eingeschränkt gilt. Konation, von lat. conatus ›Anstrengung‹, Neubildung von W. McDougall, eine Kette von zielgerichteten Tätigkeiten, die durch eine wirkende Tendenz ausgelöst wird (W. McDougall, Aufbaukräfte der Seele, 1937). konditional, lat., ›bedingend‹; dazu Konditionalismus oder Konditionismus (lat. conditio, 8Bedingung), die Lehre, nach der der Begriff der 8Ursache durch den der Bedingungen ersetzt werden soll, da kein Geschehen nur von einer Ursache abhängt; ein Zustand oder Vorgang sei vielmehr eindeutig bestimmt durch die Gesamtheit seiner Bedingungen, und eine 8Erklärung könne nur in der Angabe der Bedingungen bestehen, von denen das zu Erklärende abhängig ist. Konditionalsatzlogik, Teilgebiet der 8philosophischen Logik, in dem die logischen Gesetze (8Logik) untersucht werden, die für Bedingungssätze der Form »Wenn ...,
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dann ...« gelten. Häufig wird das aussagenlogische Symbol für die materiale 8Implikation oder 8Subjunktion durch die normalsprachliche Wendung »Wenn ..., dann ...« erläutert (8Aussagenlogik); dabei setzt man jedoch einen sehr speziellen Sinn von »Wenn ..., dann ...« voraus, der von dem abweicht, den diese Formulierung in den meisten alltäglichen Zusammenhängen hat. So ist »Daß der Mond aus Gestein besteht, impliziert material, daß Edison der Erfinder des Kohlekörnermikrofons ist« wahr, weil der Nachsatz dieser Aussage wahr ist; »Wenn der Mond aus Gestein besteht, dann ist Edison der Erfinder des Kohlekörnermikrofons« ist aber, im üblichen Sinne verstanden, sicherlich falsch, weil es keinen »sachlichen Bezug« zwischen beiden Fakten gibt. Die materiale Implikation kann also kaum als formales Äquivalent dessen betrachtet werden, was üblicherweise durch »Wenn ..., dann ...« ausgedrückt wird. Um diese Wendung angemessen zu repräsentieren, führt man in die Aussagen- bzw. Prädikatenlogik einen zusätzlichen, zweistelligen Operator – etwa → . – ein, so daß »A→.B« als »Wenn A, dann B« zu lesen ist. 8Kalküle der K. erhält man dann, indem man zu den 8Axiomen der Aussagen- bzw. Prädikatenlogik spezifische Prinzipien für diesen Operator hinzufügt. Ein plausibel erscheinendes Prinzip ist z. B. (A→.B) ∧(A →.C) →(A→. (B∧C)): Aus »Wenn man das Streichholz reibt, dann brennt es« und »Wenn man das Streichholz reibt, dann wird es heiß« folgt
Konfuzianismus
»Wenn man das Streichholz reibt, dann brennt es und wird heiß«. (A → .B) → (A ∧ C → .B) sollte dagegen ungültig sein: Aus »Wenn man das Streichholz reibt, dann brennt es« folgt nicht »Wenn man das Streichholz reibt und es naß ist, dann brennt es«. (Das analoge Prinzip für die materiale Implikation (A → B) → (A ∧C → B) wäre gültig. )– Im Gegensatz zur materialen Implikation ist die »Wenn ..., dann ...«Beziehung kein extensionaler, sondern ein intensionaler Operator (vgl. 8Intension/Extension). Für die Interpretation einer K. benötigt man deshalb eine intensionale 8Semantik. Anknüpfungspunkte dafür liefert die 8Mögliche- Welten- Semantik. Pionierarbeit auf diesem Gebiet haben vor allem D. Lewis und R. Stalnaker Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts geleistet. – In der Philosophie spielen Konditionalsätze u.a. bei der Analyse sogenannter 8Dispositionsprädikate wie »wasserlöslich« eine zentrale Rolle: »Zucker ist wasserlöslich« scheint dasselbe zu bedeuten wie »Wenn man Zucker in Wasser gibt, dann löst es sich auf«. Konflikt, lat., ›Zusammenstoß‹, Kampf; das Zusammentreffen, der Widerstreit, z. B. der 8Pflichten, Rechte, 8Interessen (8Kollision). konform, lat., ›von gleicher Form‹, in der Mathematik svw. winkeltreu. konfus, lat., verwirrt, verworren. Konfuzianismus, die Lehre des Konfuzius (chin. Kungtse, Meister Kung), der von 551- 478 v. Chr. lebte und ein Programm für die Er-
Kongruenz
neuerung des chinesischen Staats sowie die ihn tragende Moral entwickelte. Kongruenz, lat., ›Übereinstimmung‹, Gleichförmigkeit, Harmonie; dazu: kongruent; in der Geometrie heißt gleichsinnig kongruent Deckungsgleichheit, in Fällen von Spiegelung spricht man von gegensinniger K., wenn sich die Punkte einer Figur auch paarweise einander zuordnen lassen. In der 8Arithmetik bez. man als Kongruenzrelation eine 8Äquivalenzrelation auf der Basis von ganzen Zahlen. In der Sprachwiss. nennt man K. die Übereinstimmung syntaktisch zusammengehöriger Einheiten bezügl. einer grammat. Kategorie, z. B. zwischen Subjekt und finiter Verbform bezügl. der Person und des Numerus; semantische K. ist die Vereinbarkeit eines Verbs mit anderen Satzgliedern, z. B.: das Flugzeug fliegt schnell (nicht etwa: ... fliegt grün). Konjunktion, von lat. coniunctio ›Verbindung‹, in der Logik die Zusammenfügung zweier Aussagen A und B zu einer komplexeren Aussage »A und B« mit Hilfe des aussagenlogischen 8Junktors »und« (symbolisch oft ∧ oder &, vgl. auch 8Aussagenlogik). So ensteht aus den Aussagen »Sokrates war Grieche« (p) und »Kant lebte in Königsberg« (q) durch K. der komplexere Satz »Sokrates war Grieche und Kant lebte in Königsberg« (p ∧ q). Zuweilen wird die durch den Vorgang der K. enstandene Aussage ebenfalls »K.« genannt; manchmal spricht man auch von dem »Konjugat«. Den »und« - Junktor nennt
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man »Konjunktor«. Die Bedeutung des Konjunktors »und« (∧) wird in der aussagenlogischen 8Semantik in Anlehnung an die Alltagssprache, jedoch nicht in strenger Übereinstimmung mit ihr, durch die folgende 8Wahrheitsbedingung bestimmt: Für beliebige Aussagen A, B gilt: A ∧B ist wahr, wenn sowohl A als auch B wahr ist; sonst ist A ∧ B falsch. In der Sprachwiss. sind K.en nicht flektierbare Wörter, die Wörter, Wortgruppen, Satzglieder oder Sätze miteinander verbinden (und, oder, weil etc.). Konklusion, von lat. conclusio ›Schluß‹, ›Schlußsatz‹, ›Folgerung‹, das Ergebnis eines 8Schlusses aus gewissen Voraussetzungen, zuweilen auch der Schluß selbst. Der Terminus K. wird vor allem in der traditionellen 8Syllogistik verwendet. Konkordanz, 8scholastische Methode. konkret, lat., ›verdichtet‹, zusammengewachsen; bez. Einzelnes im Unterschied zu allgemein Bestimmtem, z. B. singulär sinnlich Gegebenes, das raumzeitlich bestimmbar ist. Ggs. 8abstrakt. Kon-kretisieren, svw. veranschaulichen, ausführen, verdeutlichen; dazu das Konkretum, das Konkrete, das sichtbar und greifbar Wirkliche, auch das selbständige Einzelwesen im Gegensatz zu allem Abstrakten, Begrifflichen, nur in Gedanken Existierenden. Konkupiszenz, lat., die 8Begierde. Konnex, lat., Verknüpfung, Zusammenhang, Verbindung; dazu Adj. konnex: in der 8Logik gebr. in der Bez. konnexe Verknüpfungen für zweistellige 8Relationen R von
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Elementen x,y, so daß stets gelten muß R(x,y) oder R(y,x). Eine solche Verknüpfung ist z. B. die Kleinergleichrelation (Zeichen: ≤ ) in der Mathematik. Konnexion oder ›Verknüpfung ‹ heißt in der Sprachwiss. die syntakt. Beziehung zwischen einem ›regierenden‹ und einem ›regierten‹ Satzteil, z. B. zwischen einem Verb und einem Substantiv. Logisches Konnektiv oder Aussagenkonnektiv heißen Wörter wie ›und‹ oder ›wenn, dann‹, die verwendet werden für die Erzeugung neuer Aussagen aus bestehenden (svw. 8Junktor). Konnotation, vgl. 8Denotation/ Konnotation. konsekutiv, neulat., ›mitfolgend‹, heißen in der Logik die Merkmale eines Begriffs, die aus andern folgen; so folgt z. B. aus der Gleichwinkligkeit eines Dreiecks zugleich auch seine Gleichseitigkeit. Konsens, lat. von consentire ›übereinstimmen‹, zustimmen, Einwilligung, Zustimmung; Ggs.: Dissens. In der Rechtswiss. die Einigung der am Abschluß eines Vertrages beteiligten Parteien. Konsensustheorie wird in der 8Rechtsphilosophie eine Richtung genannt, welche die Gültigkeit normativer Rechtssätze mit der Vorstellung verknüpft, daß das 8Recht aus einem implizit oder explizit geschlossenen 8Gesellschaftsvertrag abgeleitet werden kann; in der 8Wahrheitstheorie svw. 8Diskurstheorie, nach der die Wahrheitsgeltung inbes. von einer historisch veränderbaren Übereinstimmung rational argumentierender Sprecher abhängt.
konservativ
Konsequens, lat., ›Folgerung‹; in der Logik der Nachsatz einer Subjunktionsbeziehung (8Subjunktion): In A → B (»Wenn A, dann B«) nennt man man A das 8Antezedens, B das Konsequens. konsequent, lat., ›folgend‹, 8folgerichtig; die Konsequenz, die Folgerichtigkeit. konservativ, von lat. conservare ›bewahren‹, auf der Erhaltung des Althergebrachten bestehend, die Überlieferung pflegend; dazu Konservativismus (auch: Konservatismus), diejenige Staats- und Gesellschaftsauffassung, die auf die Bewahrung des geschichtlichen Zusammenhangs der historisch ›gewachsenen‹ Lebensformen, der überlieferten Einrichtungen des nationalen Lebens, der Religion, der Sitte und der aus vorbürgerlichen Zeiten stammenden Ordnungsprinzipien von Ehe, Familie, Eigentum bedacht ist. Nachdem diese Denkweise z. B. in den Schriften J. Mösers (Patriotische Phantasien, 1774- 78) einen, wiewohl zeitund ortsbedingten, charakteristischen Ausdruck gefunden hatte, wurde sie sich an dem Gegensatz gegen die Lehren und die Taten der frz. Revolution ihrer selbst bewußt, und zwar in England vor allem in E. Burkes Betrachtungen über die französische Revolution (1790), in Deutschland in den politischen Schriften der Romantiker Novalis (Die Christenheit oder Europa, 1799), A. Müller (Elemente der Staatskunst, 1809) und, auf breiterer wissenschaftlicher Grundlage, in der 8historischen Schule. Diese verwarf vor allem die Lehre vom
konsistent
Staats- und 8Gesellschaftsvertrag, erneuerte die auf Plato zurückgehende Lehre vom 8Staat als einem (sittlichen und geistigen) ›Organismus‹ und sah in 8Recht und 8Verfassung in erster Linie das Werk schöpferischer geistiger Mächte, insbes. des 8Volksgeistes – statt der übereinstimmenden Willkür der einzelnen polit. Akteure und deren planmäßiger Überlegung. Das Programm der konservativen Partei (verfassungsmäßig beschränkte Monarchie, ›Autorität statt Majorität‹, betontes Festhalten an christlicher Lehre und Ethik, an der Idee des 8Rechtsstaates und des ›Kulturstaates‹) fußte auf der Christlichen Rechts- und Staatslehre (1833 und 1837) ihres bedeutendsten Theoretikers F. J. Stahl. Im Gegensatz zum 8Liberalismus, für den das Individuum als solches die Grundlage und den höchsten Zweck alles sozialen Daseins bildet, betont der K. den Eigenwert der sittlichen Ordnungen und der Gemeinschaft; die Begrenztheit seiner Sichtweisen liegt in der Überschätzung der Güte und Unwandelbarkeit des Bestehenden, im Beharren auch auf überlebten Privilegien und Vorurteilen sowie in einer ›romantischen‹ Verklärung vergangener Zeiten. Vgl. 8Staat, 8Staatsphilosophie. konsistent, lat., ›zusammenstehend‹, übereinstimmend, in der Physik und Chemie svw. dickflüssig, in der Physik auch Bez. für Haltbarkeit, z. B. für das Maß des Zusammenhalts der Teile von dickflüssigen Stoffen bei Formänderung; in der 8Logik svw. widerspruchsfrei (8Widerspruchsfrei-
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heit); insges. dazu: Konsistenz. In den empir. Wissenschaften ist Konsistenz Kriterium für die widerspruchsfreie Formulierung von 8Hypothesen untereinander sowie von Aussagen über unterschiedliche Resultate. In der 8Wahrheitstheorie bez. man als Konsistenztheorien erkenntnistheoret. Auffassungen, nach denen 8Wahrheit durch eines oder mehrere der Kriterien 8Kohärenz (vor allem Widerspruchsfreiheit zwischen Aussagen) oder auch Übereinstimmung auf der Basis des intersubjektiven 8Konsenses (Konsensustheorie) definiert wird. Konsistenztheorien definieren Wahrheit stets als Merkmal von Aussagen oder Aussagesystemen und sind in dieser Hinsicht nicht vereinbar mit Theorien, die ›Wahrheit‹ als Eigenschaft von Gegenständen (8Realismus) oder des Seienden im Ganzen (8Ontologie, 8Idealismus, vgl. auch 8Metaphysik) bezeichnen oder direkt aus der 8Evidenz von Phänomenen (8Phänomenologie, 8Existenzphilosophie) ableiten. Konstante, von lat. constans ›feststehend‹, ›unwandelbar‹, allgemein etwas, das unverändert bleibt. In Mathematik und Logik ist eine K. ein Symbol mit einer unveränderlichen Bedeutung (im Unterschied zu einer 8Variablen, die verschiedene Werte annehmen kann): In der Mathematik ist z. B. »7« eine Konstante, die die Zahl 7 bezeichnet, und »π« steht als Konstante für die sogenannte Keiszahl 3,141... . In der Prädikatenlogik unterscheidet man etwa 8Gegenstands- und 8Prädikatkonstanten von 8Gegen-
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stands- und 8Prädikatvariablen. In der Physik heißen unveränderliche Größen K.en: Solche Größen sind z. B. die Lichtgeschwindigkeit und die elektrische Ladung eines 8Elektrons (sog. Naturk.en). Konstanz, lat., die Beständigkeit, Beharrlichkeit; K. der Arten, die Unveränderlichkeit der 8Arten; eine auch mit der christl. Lehre von der 8Schöpfung zusammenhängende Vorstellung, nach der Gott die Arten ein für allemal so und nicht anders geschaffen habe, wie sie jetzt sind. Mit dieser Vorstellung hat die 8Abstammungslehre zugunsten der Entwicklung der Arten bes. seit Ch. R. Darwin gebrochen (8Variabilität, 8Mutation). Konstellation, lat. von stella ›Stern‹, der Stand der Sterne (8Astrologie); übertr. das Zusammentreffen der Umstände, die Lage der Dinge. Konstitution, von lat. constitutio ›Zusammenstellung‹; allg. die Einrichtung, in der 8Anthropologie das Gesamterscheinungsbild eines Menschen, zu dem u. a. der 8Habitus sowie biotische Merkmale der Lebensfähigkeit, z. B. der Gesundheitszustand gehören; in der Chemie bez. man mit K. den Aufbau von Molekülen; in der Politik svw. 8Verfassung; in der Wissenschaftstheorie nach R. Carnap ein hierarch. Begriffssystem, das es ermöglicht, jedem Begriff den ihm zukommenden Platz innerhalb einer wissenschaftl. Systematik zuzuordnen; dazu Konstitutionslehre, die Lehre von der Verfassung der äußeren und inneren Form des menschl. Körpers, seinem ererbten Zustand.
Konstruktivismus
konstitutiv, von lat. constitutivus ›zur Feststellung dienend‹, festsetzend, bestimmend, grundlegend; bei I. Kant Erfahrung ermöglichend (8Kategorien), im Gegensatz zu 8regulativ. Konstrukt, lat., ›Bauwerk‹, in der Wissenschaftstheorie 8Arbeitshypothese oder gedankl. Hilfskonstruktion bei der Beschreibung von nicht direkt wahrnehmbaren Phänomenen. Konstruktion, lat., ›die Zusammenfügung‹, der Aufbau; in der Geometrie die Lösung von Aufgaben durch graphische Veranschaulichung; in der Philosophie urspr. nur die Darstellung von Begriffen und Begriffsverhältnissen in der Anschauung; später auch (wie bei Fr. W. J. Schelling und G. W. Fr. Hegel) der Aufbau eines 8Systems aus Begriffen, das der Erfahrung vorausgeht und aus dem die konkreten Einzelerscheinungen abgeleitet oder nach dem sie geordnet und gedeutet werden; daher auch svw. das Entwerfen von philos. Systemen in Gedanken, unabh. oder losgelöst von Vorstellungen über die Mannigfaltigkeit der ›Wirklichkeit‹. Konstruktive Logik, in den 1970er Jahren in der ›Erlanger Schule‹ des 8Konstruktivismus entwickelte Variante einer 8dialogischen Logik (Hauptvertreter: P. Lorenzen). Konstruktivismus, von lat. construere ›bauen‹; Bez. für unterschiedl. philos. und wissenschaftstheoret. Schulen des 20. Jh., die gemeinsam von der Voraussetzung ausgehen, daß jedes wissenschaftl. System und jede Disziplin kon-
Konszientialismus
struktiv, z. B. aus 8Axiomen oder obersten praktischen Sätzen aufgebaut sein muß (8Konventionalismus). In der Diskussion um die Grundlagen der Mathematik wird, darüber hinausgeh., K. eine Auffassung genannt, wonach nicht nur Axiome, sondern auch Operationsregeln ausschließlich von ihren Konstruktionsprinzipien, d. h. den gesetzten Regeln her definiert werden können. Die Begründer dieser Schule (L. E. Brouwer, A. Heyting) vertraten Anfang des 20. Jh. die Position, daß mathematische Erkenntnisse grundsätzlich nur als synthetische und 8a priorische Erkenntnisse in reiner Form- und Zeitanschauung konstruiert werden können. In der 8Erkenntnistheorie dient K. als Sammelbez. für Auffassungen, nach denen unser gesamtes Wissen aus gedachten und sprachl. verfaßten Beziehungen besteht und daher in keiner Weise als Realitätsabbildung begriffen werden kann; in der Psychologie und in der Literaturwiss. darüber hinaus Bez. für ein Menschenbild, nach dem alle Realitätsbezüge handelnder Menschen, auch die sprachl. verfaßten, letztlich ›Konstruktionen‹, d. h. 8Artefakte der menschl. Praxis seien, so daß bei Einstellungsänderung oder Interpretationen nur andere, jedoch ebensowenig an einer ›Realität‹ orientierte, ›Konstruktionen‹ verwendet werden können. In der Malerei und Plastik des 20. Jh. bez. K. eine Richtung, nach der mathematische und technische Formelemente auch als Gestaltungsprinzipien von Kunstwerken dienen sollen; innerh. der russischen Lite-
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ratur der 1920er Jahre auch Bez. für eine Variante proletarischer Kunstauffassung. Konszientialismus, von lat. conscientia ›Mitwissen‹, Bewußtsein; die Erkenntnistheorie, nach der die Gegenstände der Erkenntnis nur als Bewußtseinsinhalte existieren; v. O. Külpe (Die Realisierung, 1912) dem 8Realismus gegenübergestellt. Kontakt, von lat. contingere ›berühren‹, die Berührung, in der Psychologie das Verbundensein des Menschen mit seiner mitmenschlichen Umwelt. Kontemplation, lat., die Beschauung, Betrachtung; Übers. von gr. theôria; in der Religion und 8Mystik die Versenkung in die Werke Gottes, das Wort Gottes oder die Gottheit selbst; daher kontemplativ, beschaulich. Kontiguität, lat., ›die Berührung‹, die Nachbarschaft in 8Raum und 8Zeit. kontingent, zu lat. contingere ›zuteil werden‹, ›widerfahren‹ (bzw. zur impersonalen Form contingit ›es ereignet sich‹, ›es geschieht‹), heute soviel wie ›zufällig‹; dazu Kontingenz: Zufälligkeit. Allgemein versteht man unter einem k.en Sachverhalt einen solchen, der weder notwendigerweise besteht (wie der, daß alle Junggesellen unverheiratet sind) noch notwendigerweise nicht besteht (wie der, daß 2+2 gleich 5 ist), dessen Bestehen also in diesem Sinne vom 8Zufall abhängt (vgl. auch 8Modalität). K. ist etwa der Sachverhalt, daß auf meinem Schreibtisch ein roter Ordner liegt; es hätte dort ebensogut keiner liegen können. Einen Aussagesatz
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(8Aussage) nennt man k., wenn er einen k.en Sachverhalt zum Ausdruck bringt. – Ganz analog zum Notwendigkeitsbegriff kann man genauer zwischen verschiedenen Arten von Kontingenz unterscheiden (vgl. 8Notwendigkeit); im Falle von logischer Kontingenz spricht man auch von »logischer Indeterminiertheit« (vgl. 8logisch). –In der Tradition ist nicht nur die Rede von k.en Sachverhalten oder Aussagen, sondern auch von k.en (oder unwesentlichen oder akzidentellen) Eigenschaften, die Objekten zukommen können. Man spricht von »Kontingenz de re« (lat. ›auf ein Ding bezogen‹, ›der Sache nach‹) im Unterschied zur »Kontingenz de dicto« (›auf eine Aussage bezogen‹, ›der Aussage nach‹). So gilt etwa die Eigenschaft, ein Handwerker zu sein, in dem Sinne als k., als jemand, der faktisch ein Handwerker ist, auch etwas anderes als ein Handwerker hätte sein können. Ein für die theologische Metaphysik wichtiger Gedanke war, das 8Gott wesentlich existiere, während allen geschaffenen Wesen nur k.e Existenz zukomme. Kontinuation, lat., der stetige Zusammenhang, der ununterbrochene Fortlauf, die lückenlose Folge. Kontinuität, lat. continuitas, von Chr. Wolff (VGG I, § 58) übers. mit ›Stetigkeit‹; der ununterbrochene, lückenlose Zusammenhang von Größen, Mengen, äußeren oder inneren Vorgängen, auch der durchgehende Zusammenhang des Menschen und des menschl. Gemeinschaftslebens in seiner Entwicklung, Lebensführung, Arbeit
Kontinuität
usf.; dazu kontinuierlich, stetig; Gegensatz: 8diskret, auch 8diskontinuierlich. Den naturwiss. Begriff der K. erörterte zuerst Aristoteles (Met. XI 12, 1069a): Stetig (syneches) sei dasjenige, dessen Teile gemeinsame Grenzen besitzen. Zu umfassender Bedeutung kommt er bei G. W. Leibniz in der Überzeugung, daß die Natur keine Sprünge mache (8natura non facit saltus), daß alles sich zum Ganzen webe (gr. sympnoia panta). Dieser Vorstellung gab er im sog. Gesetz der K. (lex continui) Ausdruck, wobei er mit der Anwendung dieses Gesetzes die Physik von R. Descartes, N. Malebranche u. a. bekämpfte (vgl. Nouv. ess., Vorr.; Monadologie § 61; Theodizee III, 348). K. der Größen nennt I. Kant »die Eigenschaft, nach welcher an ihnen kein Teil der kleinstmöglichste (kein Teil einfach) ist«; kontinuierliche Größen sind 8Raum und 8Zeit und damit alle Erscheinungen (KrV, B 211 f.; vgl. auch 8Affinität). Vgl. 8Unendlichkeit. In physikal. Theorien des 20. Jh. tritt im atomaren Geschehen an Stelle der K. die Sprunghaftigkeit des Geschehens (8Quantenmechanik). Kontinuierlich erscheint das Naturgeschehen nur im großen Durchschnitt (L. V. de Broglie, Licht und Materie, EA 1939). – Der geschichtl. Begriff der K. tauchte zunächst bei der Frage auf, in welcher Weise und in welchem Umfang mittel- und westeuropäische Nationen Fortsetzer der antiken Kulturtradition gewesen seien; hier bedeutet er das Fortbestehen von kulturellen Schöpfungen bei einem Wechsel der Träger.
Kontinuum
Kontinuum, lat., ein Stetiges, Zusammenhängendes, in dem es keine Lücken gibt, z. B. 8Raum, 8Zeit. Dazu kontinuierlich, stetig, zusammenhängend; Gegensatz: 8diskret. Kontradiktion, lat., der 8Widerspruch; oft nur der Widerspruch, der durch die Bejahung und Verneinung ein und derselben Aussage entsteht, z. B.: Die Seele ist sterblich; die Seele ist nicht sterblich. Kontradiktorisch nennt man eine widersprüchliche Aussage oder eine Menge von Aussagen, die einen Widerspruch implizieren. Insbesondere heißen zwei Aussagen genau dann kontradiktorisch, wenn die eine äquivalent zur Verneinung der anderen ist. Kontradiktorische Aussagen sind z. B. »Alle Menschen sind sterblich« und »Einige Menschen sind nicht sterblich« (vgl. auch 8logisches Quadrat). Zwei kontradiktorische Aussagen können weder zugleich wahr noch zugleich falsch sein. Damit sind alle kontradiktorischen Aussagen auch 8konträr, aber nicht alle konträren sind kontradiktorisch: Die Aussagen »Alle Kaninchen sind niedlich« und »Kein Kaninchen ist niedlich« sind konträr, ohne zugleich kontradiktorisch zu sein. – Zwei Begriffe heißen kontradiktorisch, wenn ihre Anwendung auf einundenselben Gegenstand zu kontradiktorischen Aussagen führt: So sind die Begriffe »wahr« und »falsch« kontradiktorisch, weil »p ist wahr« und »p ist falsch« kontradiktorische Aussagen sind (vgl. auch 8Gegensatz). Kontraposition, lat., ›die Entgegensetzung‹, von Boethius in die
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Logik eingeführt für das Verfahren, aus einer Aussage eine verneinte Aussage abzuleiten; in der traditionellen Logik beschränkt auf die Regel: »alle F sind G«, folgl. »kein non- G ist F«. In der 8Aussagenlogik das Prinzip, das sich formal durch (A → B) → (¬ B → ¬ A) darstellen läßt: Daß A B impliziert, impliziert, daß non B non A impliziert. konträr, lat. contrarius über frz. contraire ›entgegengesetzt‹; zwei Aussagen heißen genau dann k., wenn mindestens eine von ihnen falsch ist, ohne daß die eine äquivalent mit der Verneinung der anderen sein muß (k.e Aussagen müssen also nicht 8kontradiktorisch sein). K. sind z. B. die beiden Aussagen »Alle Kaninchen sind niedlich« und »Kein Kaninchen ist niedlich« (vgl. auch 8logisches Quadrat). – Zwei Begriffe heißen k., wenn ihre Anwendung auf einunddenselben Gegenstand zu k.en Aussagen führt: K. in diesem Sinne sind etwa »weiß« und »schwarz«, weil »a ist weiß« und »a ist schwarz« k.e Aussagen sind. Kontrast, frz. contraste ›Gegensatz‹; das Sichabheben, Abstechen des Hellen vom Dunklen, des Schönen vom Häßlichen usf. – K.erscheinungen gibt es sowohl im Gebiet der 8Empfindungen (z. B. die Komplementärfarben rot und grün) als auch im Gebiet der 8Gefühle. Kontravalenz, von lat. contra ›(ganz) anders‹, ›im Gegenteil‹, und valere ›wert sein‹, also soviel wie ›Anderswertigkeit‹, in der Logik eine Aussage der Form »Entweder A, oder B«, die mit Hilfe des aussagenlogischen 8Junktors »ent-
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weder ..., oder ...« (symbolisch oft ›———‹ ) aus zwei weniger komplexen Aussagen A und B gebildet ist. Steht p für »Sokrates war Philosoph« und q für »Sokrates war Fischer«, so lautet die daraus gebildete K. p›———‹ q »Entweder war Sokrates Philosoph, oder Sokrates war Fischer«. In der aussagenlogischen 8Semantik gilt für die K. die folgende 8Wahrheitsbedingung: Für alle Aussagen A und B gilt: A ›———‹ B ist genau dann wahr, wenn eine der Aussagen A und B wahr und die andere falsch ist, wenn A und B also unterschiedliche 8Wahrheitswerte haben (daher die Bezeichnung »Kontravalenz«: »Anderswertigkeit«); sonst ist A›———‹ B falsch. Durch diese Regel wird die Bedeutung des Junktors »entweder ..., oder ...« (›———‹ ) bestimmt. Diesen Junktor nennt man häufig »exklusives ›Oder‹«, weil die Wahrheit von A›———‹ B die Möglichkeit ausschließt, daß A und B zugleich wahr sind (zum »inklusiven ›Oder‹« vgl. 8Adjunktion). kontrovers, lat., gegeneinander gerichtet, strittig; die Kontroverse, die Streitfrage. Konvention, lat., die Zusammenkunft, die Übereinkunft, Vereinbarung; konventionell, über frz. conventionnel, auf Übereinkunft beruhend, herkömmlich, üblich. Konventionalismus, die hauptsächlich von H. Poincaré (Wissenschaft und Hypothese, EA frz. 1902, dt. 1904) entwickelte Theorie, nach der insbes. die geometrischen 8Axiome Konventionen sind, die nur aus Zweckmäßigkeitsgründen gewählt werden (8Pragmatismus).
Konzeptualismus
Konvergenz, neulat., ›die Hinneigung‹, das Zusammenlaufen auf einen Punkt hin, die Annäherung. Dazu: konvergieren, auf einen Punkt hin zusammenlaufen. Gegensatz: 8Divergenz. Konversion, lat., ›Umwendung‹, in der traditionellen Logik das Verfahren, aus Sätzen der Form: »Einige A sind B« oder: »Kein A ist B« durch Vertauschung von A und B neue Sätze abzuleiten. – Im kathol. Sprachgebrauch ist K. die Rückkehr zur ursprünglichen Glaubensgemeinschaft, während die Abkehr von ihr als Apostasie (Abfall) gewertet wird. Der Ausdruck Konvertit galt urspr. nur für einen Protestanten, der zum Katholizismus übertritt, während für einen von der katholischen Kirche zum Protestantismus Übertretenden urspr. nur der Ausdruck Apostat (auch Renegat) vorbehalten war. Konzentration, neulat., ›Gruppierung um den Mittelpunkt‹; in der Politik und Ökonomie Zusammenführung von Entscheidungsmacht in den Händen weniger Instanzen; in der Psychologie maximale Verdichtung der aktiven oder willkürlichen 8Aufmerksamkeit auf einen Aspekt. Konzeption, lat., ›die Zusammenfassung‹, Erfassung, Auffassung; die Aufnahme, Empfängnis; daher auch das erste Erfassen eines Gedankens, die Vorwegnahme eines Werkes, einer Tat »in Gedanken«. Konzeptualismus, von lat. conceptus ›Zusamenfassung‹ (8Begriff), diejenige Umwandlung des 8Nominalismus innerhalb des 8Universalienstreits, die durch Wilhelm
Koordination
von Occam ausgebildet wurde. Während Roscelinus die Begriffe auf die sprachliche Bezeichnung einer Mehrheit konkreter Vorstellungen durch die Einheit des Wortes zurückführte, trat der K. für das Gegebensein allgemeiner Vorstellungen als psychischer Phänomene ein (universalia post rem). Hierin unterschied er sich von dem gemäßigten 8Begriffsrealismus von Thomas von Aquin, der dem Allgemeinen außer psychischer Existenz auch ein Gegebensein im göttlichen Geist und in den Dingen zuschrieb. Als K. kann man auch die Lehre J. Lockes (An Essay Concerning Human Understanding, III 3, § 6) von der Bildung der Verstandesbegriffe durch 8Abstraktion bezeichnen. Koordination, lat., die Beiordnung im Unterschied zur 8Subordination (8Begriff). Koordinatensystem, in der Geometrie und Mechanik die Festlegung von Punkten in 8Raum und 8Zeit durch Zahlen. Kopula, lat. copula ›das Band‹, das Verbindungswort (meist: ist, sind), das in einem Satz oder 8Urteil Subjekt und Prädikat miteinander verbindet: Alle Menschen »sind« sterblich. Korollar, sächl., Mz. Korollarien, lat., ›Kränzchen‹, ›Zugabe‹; in Logik und Mathematik ein Satz (8Theorem), den man auf der Grundlage eines schon bewiesenen Satzes sehr leicht beweisen kann, der einem also gleichsam »dazugeschenkt« wird. Ist A der schon bewiesene und B der auf der Grundlage von A leicht beweisb. Satz, so sagt man, B sei ein Korollar zu A.
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Körper, mhd. korper, Lehnw. des 13. Jh. aus lat. corpus, zunächst nur der menschliche und tierische Leib, dann auch gleichbedeutend mit 8Ding; in der Geometrie jedes begrenzte dreidimensionale Gebilde; in der mehrdimensionalen Geometrie: Ausschnitt aus einer mehrdimensionalen Mannigfaltigkeit, deren ›Punkte‹ durch je n Zahlen bestimmt sind (z. B. vierdimensionaler Würfel); in der Algebra: Zahlkörper- Menge solcher Zahlen, die durch die vier Rechnungsarten auseinander hervorgehen können. In der Physik ist K. die einen Raum von bestimmter Umgrenzung erfüllende feste, flüssige oder gasförmige 8Materie mit den Eigenschaften der 8Ausdehnung, Teilbarkeit, 8Trägheit und Schwere. In Bezug auf die lebendige Natur wird K. meist gleichbedeutend mit 8Leib gebr. Korpuskel, lat., ›Körperchen‹, kleinster Körper, 8Atom, 8Monade, insbes. die feinsten Teile, aus denen die Atome selbst zusammengesetzt sind (8Protonen, Neutronen, 8Elektronen u. a.), auch die ›Lichtquanten‹, in denen die Lichtenergie bei der Aussendung und Umwandlung der Strahlung auftritt. In der modernen Quantenphysik versteht man unter K.n eine Manifestation von Energie oder Bewegungsgröße in sehr kleinen Volumen mit der Potenz der Fortbewegung mit endlicher Geschwindigkeit. Korpuskulartheorie, die Lehre, daß die letzten Bestandteile der Körperwelt kleine, nicht weiter teilbare K.n sind, und die Erklärung der Erscheinungen der Körperwelt aus
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der 8Bewegung (Druck und Stoß) dieser K.n. Hauptvertreter: Fr. Bacon, Th. Hobbes, P. Gassendi, R. Descartes, J. Locke und I. Newton, der die Korpuskulartheorie zur Erkenntnis des Lichtes übernahm im Gegensatz zur Wellentheorie des Lichtes (8Welle- Teilchen- Dualismus). korrelat(iv), neulat., ›wechselseitig‹; dazu das Korrelat, das eine der beiden Glieder einer Korrelation, d.i. wechselseitigen Beziehung. K.e oder korrelative Begriffe sind daher solche, die nur in Wechselbeziehung Sinn haben, z. B. Vater – Sohn, warm – kalt. In der 8Statistik heißt der Zusammenhang zweier variabler Merkmale einer Menge, z. B. Größe und Intelligenz von Besuchern einer Schule, Korrelation. Mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsberechnungen läßt sich dieser Zusammenhang als Korrelationskoeffizient in einer Zahl darstellen. Korrelativismus, die Erkenntnistheorie, nach der Subjekt und Objekt des Erkennens zueinander in Wechselbeziehung stehen. Korrespondenzprinzip, von neulat. correspondere ›mitbeantworten‹, von N. Bohr aufgestellt als Versuch zu weiterführender Bewältigung des Indefinitätstheorems (8Heisenbergsche Unsicherheitsrelation), wonach die klassische Beschreibung eines Tatbestandes mit der quantenmechanischen nur dann vereinbar ist, wenn ihre Größen in einem solchen Maße unbestimmt bleiben, daß die Unbestimmbarkeitsbeziehungen erfüllt sind. Korrespondenzregel, in der 8analyt. Phil. eingef. zur Bez. der Zuord-
Kosmologie
nung von Termen einer Theorie zu beobachtbaren Sachverhalten; auch ›Zuordnungsregel‹ oder ›Zuordnungsprinzip‹ gen. (H. Reichenbach); svw. ›operationale Regel‹ (W. Bridgman), ›operationale Definition‹. Korrespondenztheorie, 8Wahrheitstheorien. kosmisch, gr. kosmikos ›das Weltall (8kosmos) betreffend‹, auf das Weltall bezüglich, meist im Gegensatz zu dem nur auf die Erde und den Menschen Bezüglichen (8tellurisch, sublunarisch, 8anthropozentrisch) gebraucht. Kosmogonie, gr., ›die Weltentstehung‹, die Erzählung (8Mythos) oder Lehre von der Entstehung der Welt (vgl. 8Theogonie); heute Thema der 8Kosmologie; dazu kosmogonisch, zur Weltentstehung gehörig. Kosmologie, gr., ›die Lehre vom Weltall‹ (8kosmos; zur Entstehung u. Entwicklung vgl. 8Kosmogonie, 8Kant- Laplacesche Theorie, 8Schöpfung); ehemals, bes. im 18. Jh., ein Teil der Naturphilosophie, heute ein Gebiet der Astrophysik, vgl. 8Astronomie. ›Kosmogonie‹ (d. h. Weltentstehung), die erste Form der K., ist die mythologische Ansicht der Alten von der Entstehung der 8Welt, in der zugleich die 8Theogonie, d. h. der genealogische Bericht von der Entstehung der Götter enthalten war. Homer läßt den Okeanos den Ursprung aller Dinge sein (Ilias, XIV, 245). Hesiod läßt in seiner Theogonie die Welt nebst den Göttern aus dem 8Chaos und der Erde vermittelst des 8Eros (Liebe) entstehen.
Kosmologie
Bei den Griechen entwickelte sich die Vorstellung, daß der 8Kosmos (das Weltall) die Kugel des Sternenhimmels sei, die sich um die Erde als ihr Zentrum drehe. Aus ihrer 8Bewegung, welche für vollkommen galt, weil sie Bewegung der Teile mit Ruhe des Ganzen vereinige, gehe alle Bewegung der Elemente und Organismen hervor. Die griechischen Philosophen hielten dann den Kosmos für ein lebendes Wesen, ja die 8Hylozoisten, 8Eleaten, 8Peripatetiker und 8Stoiker für Gott selbst, die 8Pythagoreer dagegen für ein Ebenbild desselben voller Schönheit und 8Harmonie, dessen Teile nach den Intervallen der Musik geordnet seien. Anaximander und die 8Epikureer nahmen eine Vielfalt von Welten an. Nach Aristoteles besteht die Welt aus vielen beweglichen Hohlkugeln, an welchen die Gestirne befestigt sind. Um die Erde bewegen sich der Reihe nach die Sphäre des Mondes, der Venus, der Sonne, des Mars, des Jupiter, des Saturn und zu äußerst der Fixsternhimmel. Dieser besteht aus feurigem 8Äther, dem feinsten Stoffe, dem 5. Element (daher 8Quintessenz genannt), die Erde hingegen aus dem Niederschlag der gröbsten Stoffe. Diese Ansicht wurde, nachdem sie von Eratosthenes und Ptolemäus mathematisch begründet worden war, die (ptolemäische) Weltansicht bis auf N. Kopernikus. Doch schon der Pythagoreer Aristarchos von Samos behauptete, die Sonne sei der Mittelpunkt der Welt, um den sich auch die Erde drehe. Aus der ursprünglich wohl
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rein poetischen Redeweise, Sonne und Mond seien die Augen des belebten Kosmos, die Erde und die Gebirge sein Leib, der Äther sein Verstand, hat sich die Vorstellung der Naturphilosophen Paracelsus, J. B. van Helmont u. a. entwickelt, welche den Kosmos als 8Makrokosmos, den Menschen als 8Mikrokosmos (d. h. als große und kleine Welt) ansahen, die einander entsprechen, und wovon jener diesen beeinflussen sollte (8Astrologie). Erst durch N. Kopernikus trat an die Stelle einer sich umdrehenden Kugel eine unendliche Zahl von Welten und an Stelle des geozentrischen der heliozentrische Standpunkt. Diese von der katholischen Kirche wie von Ph. Melanchton als unchristlich bekämpfte Theorie wurde insbes. von G. Bruno, G. Galilei, J. Kepler und I. Newton gestützt, durchgebildet und zur Geltung gebracht. Nun drängten sich neue Fragen in den Vordergrund, ob die Welt endlich oder unendlich, ewig oder entstanden sei. B. Fontenelle behauptete 1686 (Sur la pluralité des mondes), nicht allein die Erde sei bewohnt, I. Kant versuchte 1755 in der Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels, die jetzigen kosmischen Verhältnisse aus einem ursprünglichen Dunstball (Nebularhypothese), auf den die Kräfte der 8Attraktion und 8Repulsion wirken und der in Rotation gekommen sei, zu erklären. Der kantischen Hypothese nahe verwandt ist die von P. S. Laplace, die er in seiner Exposition du système du monde gab; doch geht I. Kant von einem Urnebel des Uni-
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versums, Laplace von einer bereits in Rotation befindlichen Nebelscheibe unseres Sonnensystems aus; I. Kant läßt Sonnen und Planeten durch Graviation entstehen, Laplace läßt Ringe vom Zentralkörper sich durch Zentrifugalkraft ablösen. Kosmologisch, die K. betreffend; auch verw. als Bez. für einen der 8Gottesbeweise: Schluß von Wirkungen auf eine erste 8Ursache oder vom Bewegten auf einen ›ersten Beweger‹. Kosmologische Antithetik nennt I. Kant die Darstellung des Widerstreits (der 8Antinomie), in welchen sich die spekulative Vernunft verwickle, wenn sie die kosmologische Idee nach den vier Gesichtspunkten der 8Quantität, 8Qualität, 8Relation und 8Modalität aufstellt und daraus die vier kosmologischen Probleme ableitet: 1. ob die Welt dem Raume nach endlich oder unendlich sei, 2. ob es in der Welt etwas Einfaches gebe oder ob alles zusammengesetzt sei, 3. ob es in der Welt auch freie oder bloß Naturwesen gebe, und 4. ob die Welt ihrem Dasein nach selbst zufällig oder notwendig sei. (Vgl. KrV, Stellennachw. unter 8Antinomie.) Kosmopolit, gr. kosmopolitës ›Bürger des 8Kosmos‹, d. h. der natürlichen Welt, im Unterschied zum stadt- , regional- oder nationalbewußten Staatsbürger, dem ›Patrioten‹; dazu Kosmopolitismus, die Lehre vom Menschen als Bürger der Welt, das Weltbürgertum. K.en nannten sich zuerst Diogenes und die 8Kyniker. Kosmopolitische Denkweisen wurden schon im Zeitalter Alexanders d. Gr., bes.
Kraft
aber durch den 8Imperialismus und 8Universalismus des Römischen Reiches wie der römischkatholischen Kirche gefördert. Im 17. und 18. Jh. entwickelte sich im Gegensatz zur vorherigen nationalstaatlichen und konfessionellen Differenzierung und im Zusammenhang mit der 8Humanitäts- und 8Toleranzidee die Vorstellung vom aufgeklärten Weltbürgertum. Der K. wurde in der freimaurerischen Erziehungspraxis wichtig, verband sich in der Franz. Revolution mit den Idealen der 8Gleichheit und Freiheit und setzte sich im 19. Jh. im ›Internationalismus‹ der Arbeiterbewegung fort. Kosmos, gr. (lat. 8mundus) 1. Schmuck, 2. Ordnung, Anordnung, 3. seit Pythagoras und Empedokles übertr.: die Weltordnung, das Weltall, insbes. der Himmel mit den Himmelskörpern, 4. seit dem Christentum (z. B. Joh. 15, 19; 1. Joh. 4, 5) auch das Irdische im Gegensatz zum Göttlichen. Der Begriff wurde im Sinn von Weltall in die dt. Sprache übernommen (A. v. Humboldt z. B. gab seinem Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, 5 Bde., 1845- 58, den Titel ›Kosmos‹) und in mannigfachen Zusammensetzungen gebraucht; kosmozentrisch, auf die 8Welt als Gesamtsystem bezogen. Kovariante heißt im Gegensatz zur 8Invariante eine Größe, die beim Übergang von einem Bezugssystem ins andere mitverändert wird. Kraft, mhd. kraft, Muskelspiel, (Heeres)macht, gr. dynamis, lat. vis, 1. die in unmittelbarem Erle-
Krausismus
ben erfahrene Fähigkeit zum eigenen Wirken, erfahrene eigene und fremde Stärke; 2. in der Physik die Ursache eines physikalischen Geschehens, insbes. der Veränderung der Form und des Bewegungszustandes eines Körpers, dargestellt nach Angriffspunkt, Richtung, Größe durch eine Pfeilstrecke (einen Vektor), gemessen nach dem zweiten Axiom I. Newtons durch das Produkt von 8Masse und Beschleunigung. Durch diese mechanische Wirkung wird auch die Größe elektrischer und magnetischer Kräfte gemessen. An Stelle des Kraftbegriffes ist in der neuzeitlichen Physik der Begriff der 8Energie in den Mittelpunkt getreten. 3. In der Metaphysik die Wirkungsfähigkeit schlechthin, also eine unter gewissen Bedingungen 8aktuelle, ohne diese 8potentielle Seinsweise (als solche in der Physik dem Kraftfeld entsprechend). Wird, wie schon bei G. W. Leibniz (Système de la nature 1695; Principes de la nature et de la grâce, 1714), die Kraft zur Definition der 8Substanz verwendet, so spricht man von einem dynamischen Weltbild. Chr. Wolff teilt daher seinen Elementen der Natur neben einer 8vis inertiae ›Trägheit‹ eine vis motrix ›Bewegungskraft‹ zu (8Kausalität, 8Wechselwirkung). Im Unterschied zum Vermögen als der bloßen 8Möglichkeit, etwas zu tun oder zu leiden«, nennt Chr. Wolff (VGG II, § 67) K. dasjenige, was das Mögliche zur Wirklichkeit bringt; »eine K. äußert sich durch eine stete Bemühung und dringet, so zu reden, schon in die Wirklichkeit
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ein. Sie involvieret tendentiam ad actum« (8Physik). – Kraftfeld heißt der Inbegriff der einen Raumbereich stetig erfüllenden Kräfte (Wirkungspotenzen), deren Verteilung mathematisch angebbar ist. Krausismus, eine auf den dt. Philosophen Fr. Krause (1781- 1832) zurückgehende Richtung des spanischen Geisteslebens. Krisis, gr. (von krinein ›scheiden‹) ›das Urteil‹, die Notlage, der Zustand, der zu einer 8Entscheidung drängt, in dem eine Entscheidung fällt. Kriterium (gr. krinein ›scheiden‹, urteilen), das Kennzeichen, der Prüfstein der 8Wahrheit, das Unterscheidungsmerkmal. Der Begriff K. stammt von den Stoikern (8kataleptische Phantasie). Kritik, von gr. kritikë (technë) ›Beurteilungskunst‹; die Beurteilung einer Person oder Sache meist mit dem Nebensinn der Aufzeigung ihrer Fehler, in den Künsten die Tätigkeit des beurteilenden Kommentierens, in der Gesellschaft die Analyse von Mißständen, in der Philosophie die Prüfung insbes. der Grundlagen unserer Erkenntnis und unseres Erkenntnisvermögens, dazu Kritizismus: in der Philosophie seit I. Kant das Verfahren, (vor der Ausarbeitung einer Metaphysik, eines philos. Systems, einer Weltanschauung) die Bedingungen, Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen der Erkenntnis festzustellen, im Gegensatz zum 8Dogmatismus; im engeren Sinne die von I. Kant zuerst in der Kritik der reinen Vernunft entwickelte Methode und Lehre. Kants Kritizis-
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mus besteht in der 8Maxime eines allg. 8Zweifels an der Wahrheit aller synthetischen Sätze 8a priori, bevor nicht der Grund ihrer Möglichkeit in den wesentlichen Bedingungen unserer Vernunft erkannt und ihre Gültigkeit durch eine 8Deduktion nachgewiesen ist. Er ist also der Zweifel des Aufschubs, einen allg. Satz für wahr anzuerkennen, bevor man nicht das Erkenntnisvermögen, seine Leistungsfähigkeit und seine Grenzen selbst untersucht hat (8Kantianismus, 8Erkenntniskritik). Kritische Philosophie, Kritische Theorie, Selbstbez. unterschiedl. erkenntnis- und gesellschaftskritische Positionen des 19. und des 20. Jh. (8Kantianismus, 8Kritizismus, 8Neukantianismus, 8Frankfurter Schule). Kritischer Rationalismus, eine von K. R. Popper (zuerst in: Logik der Forschung, 1935) formulierte wissenschaftstheoret. Position, nach der wissenschaftl. Fortschritt und Erkenntnisgewinn nur durch 8Falsifikation bisher. theoret. Annahmen gewährleistet ist; von Popper später zu einer philosoph. Richtung ausgeweitet, in deren Zentrum die These steht, daß gesellschaftl. 8Fortschritt nur durch ›Stückwerk‹- Technologie, d. h. durch partielle Veränderung gesellsch. Systeme und nicht durch Ersetzung geschlossener Gesellschaftsordnungen durch andere erreichbar ist. Krokodilschluß, das bei Lukian (Vitarum auctio 22), Quintilian (Instit. orat. 1 10, 5) u. a. überlieferte Dilemma: Ein Krokodil hatte einer
Kultur
Mutter ihr Kind geraubt und ihr versprochen, ihr das Kind zurückzugeben, wenn sie ihm über das Schicksal des Kindes die Wahrheit gesagt haben würde. Darauf sagte die Mutter: »Du wirst mir mein Kind nicht zurückgeben.« Das Krokodil erwiderte: »Hast du die Wahrheit gesagt, so erhältst du dein Kind nicht gemäß der wahren Aussage; hast du aber die Unwahrheit gesagt, so erhältst du dein Kind nicht nach meinem Versprechen.« Die Mutter aber entgegnete: »Habe ich die Wahrheit gesagt, so erhalte ich es nach deinem Versprechen; habe ich aber die Unwahrheit gesagt, so erhalte ich es gemäß der Aussage, die dann wahr wäre.« Kultur, lat. cultura ›Ackerbau‹; im weiteren Sinn die Pflege, Bearbeitung und Vervollkommnung einer Sache zu einem bestimmten Zweck, im engeren Sinn die Bearbeitung der 8Natur durch den Menschen, die Loslösung des Menschen von den einschränkenden Bedingungen des 8Naturzustandes durch Ausbildung seiner geistigen und sittlichen Kräfte sowie die Erhaltung und Weitergestaltung des so Gewonnenen, daher auch der Inbegriff der menschlichen Einrichtungen und Werke, bes. sofern er den schöpferischen Ausdruck des Lebens in einer Region oder in einer Zeit ausmacht (Lebensstil). Kulturgeschichte: die Darstellung der soziokulturellen Entwicklung der Menschheit oder ihrer einzelnen K.en im Unterschied zu einer auf 8Staatsformen und politische Ereignisse ausgerichteten Geschichtsschreibung. Kulturkreis: in
Kunst
der Ethnologie der Kreis der Verbreitung bestimmter K.güter und erscheinungen; Kulturkritik: die an einem Maßstab über den angenommenen Sinn und das Wesen der K. orientierte 8Kritik an ihren Stagnations- oder Degenerationserscheinungen oder auch die von der Sinnlosigkeit kultureller Bemühungen angesichts des Selbstlaufs der Prozesse der Natur ausgehende Kritik an einzelnen kulturellen Bereichen; auch die Kritik am Mißbrauch kultureller Güter zur ideologischen Rechtfertigung von Herrschaftsverhältnissen oder an der Unterordnung genuin kultureller Wertmaßstäbe unter dominierende Profitinteressen von Wirtschaftsmächten in der sog. Kulturindustrie. In engem Zusammenhang mit der K.kritik steht die Kulturphilosophie, die auf den Sinn, Zweck und Wert der K., ihre Bedingungen und Erscheinungsformen gerichtete philos. Betrachtung (vgl. 8Geschichtsphilosophie). Kultur-wissenschaften, Neub. von F. Tönnies, im Gegensatz zu den 8Naturwissenschaften svw. 8Geisteswissenschaften. Kunst, von gr. technë, lat. ars, mhd. kunst als Substantivbildung von können; bedeutet in der griechischen Philosophie im Unterschied zur Natur die Tätigkeit menschlichen Herstellens überhaupt, die sowohl praktisches Vermögen als auch ein bestimmtes Wissen voraussetzt (Aristoteles, Met. 980 a ff.). Dieser weite Begriff von K. als technë bezieht sich auf alles, was aufgrund von Erfahrung und Überlegung hergestellt werden kann: er
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erlaubt noch keine Unterscheidung zwischen Handwerk und schöner K. und auch nicht zwischen Wissenschaft und K. Nach Aristoteles beruht K. auf 8Mimesis. Plotin hat diese zentrale Bedeutung der Mimesis für die menschliche Produktivität relativiert: K. ist demnach mehr als 8Nachahmung, sie ist die Verwirklichung intelligibler Prinzipien, einer Idee im Hergestellten, die der Herstellung vorausgeht und in ihr das Nachgeahmte vollkommener hervorbringt, als es in der Natur vorkommt (Enneaden V. 8). Im lateinischen Begriff 8ars erhält sich das Bedeutungsfeld von technë als Einheit von Wissen und Können. Die mittelalterlichen 8artes liberales umfassen im 8Trivium sowohl die späteren neuzeitlichen 8›Humaniora‹, die eine Beziehung zu Gegenständen der heutigen 8Kunstphilosophie haben, als auch im Quadrivium eine Gruppe angewandter Wissenschaften, die (z. B. als Geometrie i. S. v. Erd- , bzw. Raummeßkunst oder als Harmonielehre/Musik) nur eine mittelbare Beziehung zu ästhet. Disziplinen im heutigen Sinne haben. Die sieben freien Künste bilden das propädeutische Wissen des Mittelalters und zusammen mit den 8artes mechanicae den Bestand praktischen weltlichen Wissens überhaupt. Erst in der Neuzeit werden zwei für den heutigen Begriff der K. konstitutive Unterscheidungen getroffen: Die Differenzierung zwischen schöner K. und Handwerk (die sich zuerst in der 8Renaissance durch die Aufwertung der bildenden Künste bzw. der Malerei gegenüber dem Hand-
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werk artikuliert, vgl. Leonardo da Vinci, Trattato della pittura) und deren Unterscheidung von der Wissenschaft setzt sich erst im 17. und 18. Jh. allmählich durch. Mit diesen Abgrenzungen läßt sich die klassische moderne Auffassung der K. in der Form von K.werken bestimmen: das Kunstwerk ist ein in sich autonomes 8Artefakt, das seiner eigentümlichen Seinsweise nach (8Schein) weder praktischen Zwecken noch wissenschaftlicher Erkenntnis dient, sondern der Selbstvergegenständlichung des Menschen, der in ihm eine Wirklichkeit sui generis als Möglichkeit schafft, um Wirklichkeit zu begreifen. In der Romantik entsteht ein Kunstverständnis, das nicht mehr am Werkbegriff orientiert ist: bei Fr. W. J. Schelling wird K. zum ›Organon der Philosophie‹ (System des transzendentalen Idealismus, 1800); Fr. Schlegels »progressive Universalpoesie« (116. Athenaeumsfragment) löst die Grenze zwischen K. und Wirklichkeit auf, indem sie das »Leben und die Gesellschaft poetisch machen« will. Neben dem Fortwirken klassischer Bestimmungen (8Realismus) wird K. im 20. Jh. nicht mehr primär als in sich gestaltete Wirklichkeit sui generis, sondern als 8Ausdruck verstanden und aus ihrem Bedeutungscharakter expliziert, der prinzipiell offen gegenüber dem geschichtlichen Horizont ist, in den K. als Wirkung je gestellt ist (8Allegorie, 8Hermeneutik, 8Rezeption). Kunstphilosophie, der Zweig der Philosophie, in dem das Wesen der 8Kunst, des künstlerischen Schaf-
Kunstphilosophie
fens, des Kunstgenießens und die Beziehungen der Kunst zur Ethik, Metaphysik, Religion und Gesellschaft erforscht werden (8Ästhetik). Als ein zentrales Problem der K. stellt sich hier die Frage nach der Seinsweise der 8Kunst, wobei das Kunstwerk von einem Gegenstand der empirischen Wirklichkeit abgegrenzt wird (8Autonomie der Kunst, 8Zweckmäßigkeit ohne Zweck), um den Scheincharakter der Kunst (8Schein) philosophisch zu begründen: Das in der Kunst sinnlich Erscheinende ist zugleich ein anschauliches Individuelles und ein 8Allgemeines, da es ein bewußt Hergestelltes (8poiësis) darstellt: Das Einzelne als Inhalt der Darstellung wird als Allgemeines erkennbar, ohne in seiner sinnlichen Anschaulichkeit aufgehoben zu werden (8Schein). In diesen Bereich der Kunst als eines anschaulichen Allgemeinen fällt auch die ihr inhärente Möglichkeit der sinnlichen Darstellung eines Allgemeinen (8Symbol). Die Frage nach der Seinsweise der Kunst eröffnet auch die nach deren Wahrheitscharakter (ästhetische 8Wahrheit). Ein weiteres klassisches Problem der K. ist die Frage nach dem Verhältnis von 8Form und Stoff bzw. Form und Inhalt (8Gehalt). Je nach Priorität spricht man von Formoder Inhaltsästhetik. K. befaßt sich mit den Wechselwirkungen beider Momente der Kunst. In der Philosophie geht das Problem des FormStoff- Verhältnisses auf Plotins Auffassung der Kunst als der äußeren Gestalt eines inneren, geistigen, schöpferisch formgebenden Prin-
Kybernetik
zips zurück, das sich im Stoff ausprägt (Enneaden V, 8.). Diesen vom Primat der Form ausgehenden Ansatz nimmt G. W. Fr. Hegel im Begriff des Kunstwerkes als Produkt menschlicher Tätigkeit auf (8Ideal): Die Gegebenheit des Stoffs unter dem Primat der Form ist für jede Ästhetik konstitutiv, die der formenden künstlerischen Tätigkeit für das Verständnis der Kunst zentrale Bedeutung beimißt. Die Formen – die im Werk vom Inhalt nicht gelöst werden können, sondern stets die spezifische Gestaltung eines zunächst unabhängigen Stoffes sind, der erst im Werkprozeß in eine einmalige Einheit mit einer sich entwickelnden Form tritt – werden in der modernen K. verstanden als 8Ausdruck künstlerischer Subjektivität. Ein wesentliches und weites Problemfeld der K. ist das Verhältnis der Kunst zur Wirklichkeit. Die Frage nach dem mimetischen, Wirklichkeit nachbildenden Charakter der Kunst geht bis in die griechische Poetik zurück (8Mimesis, 8Poiesis) und stellt einen bis heute relevanten klassischen Topos der K. dar. Im 20. Jh. hat vor allem G. Lukács und mit ihm der ästhetische 8Realismus den mimetischen Charakter der Kunst erneut ins Zentrum der K. gestellt (Die Eigenart des Ästhetischen, 1963). Der Vermittlungszusammenhang von Kunst und geschichtlicher Wirklichkeit läßt sich jedoch philosophisch nicht nur abbildtheoretisch begreifen (8Abbild). Die Ästhetische Theorie (1970) Th. W. Adornos faßt Kunst als Ausdruck gesamtgesellschaftlicher 8Entfremdung, als »ge-
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sellschaftliche Antithesis zur Gesellschaft« (S. 19) auf, als Ausdruck geschichtlicher Erfahrung, als Gedächtnis und Eingedenken menschheitlicher Entwicklung im Einzelnen, welche in der ästhetischen Erfahrung und Reflexion des Rezipienten gegenwärtig werden kann. Der Sache, nicht dem Begriff nach, läßt sich K. schon in der antiken Philosophie ausmachen: u. zwar in dem, was man später eine 8Metaphysik des Schönen (8schön) nannte, die von Plato begründet wurde, als auch in der 8Poetik des Aristoteles, die von gegebenen Kunstformen wie 8Tragödie oder Epos ausgeht, ohne einen Begriff des Schönen zu entwickeln. Dem Begriff nach kann erst von K. gesprochen werden, wenn Kunst nicht allein als Vermögen, sondern ebenfalls als Werk, d. h. als ein in sich bestimmbarer Gegenstand aufgefaßt wird, den die Philosophie als solchen reflektiert. Hier liegt auch das Abgrenzungskriterium von K. und 8Ästhetik. Zwar werden beide Begriffe häufig synonym gebraucht, doch ist K. eher eine Theorie über Kunstwerke, die Ästhetik im engeren Sinne seit ihren Anfängen bei A. G. Baumgarten eher eine Theorie sinnlicher Erkenntnis und Beurteilung. Erst in weiterer Bedeutung wurde die Ästhetik der übergreifende Begriff und Titel für eine philosophische Disziplin eingeführt, welche die Themen der K. in sich einschließt. Kybernetik (gr. kybernetikë (technë) ›Steuermannskunst‹), von N. Wiener (Cybernetics or control and communication in the animal and the
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machine, 1948) begründete und von ihm so benannte Wissenschaft von den kybernetischen 8Systemen, d. s. dynamische Systeme, die innerhalb eines definierten Stabilitätsbereichs über eine Folge von Systemzuständen durch Rückkopplung einem Gleichgewichtszustand zustreben. Allgemeine Merkmale solcher Systeme sind z. B. die 8Regelung und Informationsverarbeitung sowie die 8Selbstorganisation und Selbstreproduktion. Gegenstand der K. ist die mathematische Beschreibung und modellhafte Erfassung der Struktur und Funktion solcher Systeme (zur genaueren Bestimmung kybernetischer Systeme: s. 8System). Die Entwicklung der K. erfolgt innerhalb verschiedener Einzeldisziplinen, z. B. in der 8Spieltheorie. Unterschieden werden kann zwischen der theoretischen oder allgemeinen K., die sich formal mit der Struktur und dem 8Verhalten von Systemen beschäftigt, und der angewandten K., die sich mit der Anwendung der kybernetischen Methoden und Erkenntnisse auf unterschiedlichsten
Kyrenaiker
Gebieten beschäftigt. Ein Beispiel ist die ökonomische K., die sich mit den kybernetischen Merkmalen von Systemen innerhalb der Wirtschaft befaßt. Im engeren Sinn wird der Begriff K. auch verwendet als Sammelbezeichnung für die theoretischen Grundlagen der elektronischen Daten- und Informationsverarbeitung, Nachrichtentechnik und Automatentechnik (8Informationstheorie, 8Automat). Kyniker, von gr. kynikos ›hundemäßig‹, die von Antisthenes in dem Gymnasium Kynosargos, das dem Herakles, dem Heiligen der K., geweiht war, gegründete philos. Schule, deren Anhänger das Ideal eines natürlichen, bedürfnislosen, alle Kulturgüter und - werte verneinenden Lebens in die Tat umsetzten und als besitz- und heimatlose Wanderprediger und Bettler umherzogen; daher Kynismus, die Lebensanschauung der K. (8Zynismus). Kyrenaiker, die Mitglieder der von Aristipp von Kyrene um 380 v. Chr. gegr. Philosophenschule. Sie lehrten den 8Hedonismus.
L
labil, lat., ›zum Fallen geneigt‹, hinfällig, schwankend; in der Biologie: nicht festbleibend, veränderungsfähig. In der 8Mechanik ist ein l.es Gleichgewicht ein solches, das bei der geringsten Störung zerfällt. Labilität, die Hinfälligkeit, leichte Beeinflußbarkeit, Umstimmbarkeit. laissez faire, laissez aller (passer), frz. ›Laßt tun, laßt geschehen‹, die in Frankreich 1758 von J.- Cl. M. U. de Gournay geprägte Parole als Forderung der Gewerbe- und Handelsfreiheit gegen die merkantilistische Staatsaufsicht (8Merkantilismus); sie wurde zum Kennwort des 8Physiokratismus, später der Freihandelslehre und jedes individualistischen Wollens. Lamarckismus, Bez. der auf den frz. Naturforscher J. Lamarck (Philosophie zoologique, 1809; Histoire naturelle des animaux sans vertèbres, 7 Bde., 1815- 22) zurückgehenden Form der 8Abstammungslehre, nach der die Hauptursache der Entwicklung in den Umweltbedingungen zu suchen ist: Durch äußere Umstände würden die Lebewesen zur Änderung ihrer Bedürfnisse und durch dieses zum veränderten Gebrauch ihrer Organe gezwungen. Durch den Gebrauch oder Nichtgebrauch der Organe träten Strukturänderungen im Gesamtorganismus auf, und diese würden auf die Nachkommen vererbt. Der L. lehrt also die 8Vererbung erworbener Eigenschaften
oder die Vererbung von Umwelteinflüssen. Gegen den L. ist mit Recht eingewandt worden, daß neue Organe nicht auf Grund eines ›Bedürfnisses‹ oder ›inneren Gefühls‹ entstehen können, es sei denn, solche Organe seien anlagebedingt bereits vorhanden (8Neulamarckismus). Laster, ahd. lastar von lahan ›tadeln‹, ›Tadel‹, Schande (vgl. lästern); allg. der Gegensatz von 8Tugend. Jeder Tugend entspricht ein L., der 8Tapferkeit die Feigheit, der 8Wahrhaftigkeit die Verlogenheit usw. Im engeren Sinne sind L. die zur 8Leidenschaft ausgearteten, das natürl. Maß überschreitenden 8Neigungen und Willensrichtungen, die in der dt. Sprache meist durch Sucht und Gier bezeichnet werden, z. B. Habsucht, Herrschsucht, Trunksucht, Habgier, Geldgier usw. Daß nicht die Tugend, sondern das L. die wahre Quelle des Gemeinwohls sei, ist B. Mandevilles Kritik (Die Bienenfabel, engl. Orig. 1714) angesichts des englischen Frühkapitalismus. Bei geschickter Staatslenkung konstituiere sich aus den vielen privaten L.n bei einer gehörigen Anzahl Armer für die (niedrige Lohn- ) Arbeit ein politischer Körper in Wohlstand und Reichtum. latent, lat., ›versteckt‹, verborgen; zwar vorhanden, aber nicht hervortretend: ein Kunstausdruck der
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Medizin und Physik, seit Ende des 18. Jh. allgemein gebr. Latitudinarier, Neub. von lat. latitudo ›Breite‹, die Weitherzigen; in der Kirchengeschichte die eine freiere Deutung des reformatorischen Dogmas vertretenden engl. Geistlichen des 17. Jh., in der Aufklärung die Vertreter einer alle konfessionellen Gegensätze überwindenden Vernunftreligion, bei I. Kant die allem 8Rigorismus Abgeneigten (8Adiaphora), in der Ästhetik auch diejenigen, die alles zulassen, was gefällt. Laune, lat. luna, mhd. lune ›Mond‹, Zeit des Mondwechsels, Stimmungswechsel; 1. svw. 8Humor, 2. ein Verlauf der Stimmung, der durch plötzlichen und unvermuteteten Wechsel gekennzeichnet ist. Leben (gr. bios, lat. vita), mhd. leben neben lip ›Leben‹, ›Leib‹ (nhd. 8Leib), mit dem es im allg. zur gleichen idg. Wurzel leip- ›kleben‹, Klebenbleiben gestellt und als ›beharren‹ (gr. liparein) gedeutet wird, welche Bedeutung sich in bleiben, mhd. beliben, noch erhält; doch wahrscheinlicher ist die Ableitung von einer Wurzel leibh- ›Leben‹. Allen Lebewesen sind folgende Merkmale des L.s gemeinsam: 1. Aufbau aus organischen Zellen, 2. Reizbarkeit, 3. Stoffwechsel, 4. Fortpflanzung, 5. 8Vererbung, 6. Variation der genetischen Information (z. B. durch 8Mutation). In der antiken Philosophie wird L. aufgefaßt als ousia autotelës ›Selbstbewegung‹. Das 8Protoplasma wurde urspr. allein als das Stoffgemisch angesehen, welches materi-
Lebenskraft
eller Träger des L.s 8ist; es ist von Aristoteles (z. B. De an. II 4, 415 b 15 ff.) zuerst als 8Entelechie bezeichnet worden. Solchen in ihren Grundzügen mit den philos. Systemen des 8Idealismus übereinstimmenden Lebensauffassungen tritt in 8Materialismus und 8Mechanismus eine L.slehre entgegen, die statt eines auf 8Absicht, 8Zweck gehenden unbewußten oder bewußten Willens den 8Zufall für herrschend erklärt. S. auch 8Vitalismus, 8Teleologie. Lebensform, in antiken Sprachen svw. ›Leben‹: gr. bios, lat. 8vita (vgl. auch 8Lebenskunst); in die dt. Theoriesprache eingef. als Ausdruck der 8geisteswissenschaftl. Psychologie E. Sprangers für die – nicht im strengen Sinne empirisch, sondern durch interpretierendes 8Verstehen gewonnenen – typischen 8Strukturen des Seelenlebens, sofern dieses auf Werte bezogen ist: der theoretische, der ästhetische, der soziale, der ökonomische, der politische und der religiöse Mensch. (Vgl. E. Spranger, L.en, EA 1914). In einem umfassenderen Sinn sind L.en svw. Lebensstile. 8Typus, 8Idealtypus. Lebenshorizont, nach W. Dilthey (Der Aufbau der geschichtl. Welt in den Geisteswissenschaften, EA 1910) »eine Begrenzung, in welcher die Menschen einer Zeit in bezug auf ihr Denken, Fühlen und Wollen leben« (8Horizont). Lebenskraft, lat. vis vitalis, Bez. für die Vorstellung von einem lebensschaffenden und - erhaltenden Prinzip, für eine Ursache der Lebenserscheinungen. Früher nahm man Le-
Lebenskunst
bensgeister (lat. spiritus vitales) an, die die Verrichtung des Lebens besorgen sollten, dann einen 8Bildungstrieb; zuletzt trat die L. an deren Stelle, so im 19. Jh. bei J. H. F. v. Autenrieth, als eine selbständige, von der Materie lösbare Kraft. Dieser dynamischen Auffassung (8Vitalismus) steht der 8Mechanismus gegenüber, der das Leben allein nach physikalischen und chemischen Gesetzen zu erklären versucht. Vgl. 8Archeus. Lebenskunst betrifft Können und Gekonntheit der guten Lebensführung, als Begr. in der dt. Sprache erstmalig 1798 von Fr. Schlegel verw. Novalis und Schlegel lieferten Beiträge zu einer Philosophie der L., Schlegel auch zu einer L.lehre. Nach der Romantik ging der Philosophie der Begriff L. zunächst verloren. Zugleich erhielt Schlegels Wortschöpfung Lebenskünstler die abwertende Bedeutung für einen Menschen, der sich fähig erweist, sein Leben ohne besondere Anstrengung angenehm oder erfolgreich zu gestalten. – Insofern es Menschen aufgegeben ist, ihr Leben selbst zu gestalten, bedeutet L., aus der notwendigen Selbstsorge eine 8Tugend zu machen. Dieser Begriff von L. hat in der Ethik eine lange Tradition. Aristoteles, der im Protreptikos von L. als der ›technë tou biou‹ spricht, hat in seiner Nik. Ethik den Entwurf zu einer L. erstellt: die Synthese der drei 8Lebensformen (bioi) Genuß, Politik und Betrachtung/Theorie. Seneca versteht seine Ethik als ars vivendi (L.), ein Philosoph ist artifex vitae (Lebenskünstler). Petrarca
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stellt der theozentrischen 8Scholastik seine humanistische ars vitae gegenüber. Pico della Mirandola schreibt die Schöpfungsgeschichte um und läßt Gott zu Adam sprechen: »Ich habe dich in die Mitte der Welt gestellt ..., damit du wie dein eigener, in Ehre frei entscheidender, schöpferischer Bildhauer dich selber zu der Gestalt ausformst, die du bevorzugst« (Üb. die Würde des Menschen, 1486, Übers. N. Baumgarten, 1990, S. 7). In Fr. Schillers Gedanken zur ästhetischen Erziehung berührt L. die Chance zu einem Leben als schönem Spiel. »Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Dieser Satz [...] wird, ich vespreche es Ihnen, das ganze Gebäude der ästhetischen Kunst und der noch schwierigeren Lebenskunst tragen« (Briefe üb. d. ästhet. Erziehung, 1795, 15. Brief). Lebensphilosophie, 1. die Lehre vom Sinn, Wert und Ziel des menschlichen Lebens und von der richtigen Lebensführung. Lebensphilosophen in diesem Sinn sind die frz. 8Moralisten, die »eine Wissenschaft vom Leben« und zugleich Anweisungen zur Beherrschung des Lebens durch klares Denken und Urteilen geben wollen. 2. ist L. eine Richtung der neueren Philosophie, die im Gegensatz zur Bewußtseinsphilosophie, die allein das begriffliche Denken zur Grundlage hat, vom Erleben als dem geistigen Phänomen des 8Lebens ausgeht, bes. die-
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jenige W. Diltheys, G. Simmels und H. Bergsons. Der philos. Thematik nach stammt die L. auch in dieser zweiten Bedeutung aus dem 18.Jh. In einer anonymen Schrift Über die moralische Schönheit und die Philosophie des Lebens (Altenburg 1772) wird für die L. empfohlen, »die Kräfte und Eigenschaften der Seele nach den Erscheinungen im menschl. Leben, mit Beihilfe der Geschichte, sorgfältig zu bemerken«; es wird weiter ausdrücklich erklärt, daß zur L. »statt Theorien und Systemen die Dichter« geeignet seien. Vgl. geisteswissenschaftl. Psychologie, 8Struktur, 8Verstehen. Lebenswelt, als nichttheoret. Begriff svw. Alltag, Alltäglichkeit, Lebensraum, 8Lebensform, 8Umwelt; als theoret. Terminus für das Insgesamt vortheoret. Erfahrungen und Praxisbezüge zuerst von E. Husserl eingef. (Die Krisis der europ. Wissenschaften, EA 1935), der in seinem Spätwerk diesen Begriff auch in erweiterter Bed. für 8Intersubjektivität verwendet. Seit den 1960er Jahren wird der Begr. im Zusammenhang mit der soziolog. Unterscheidung zwischen 8System (hier: soziopolit. Herrschaftsstruktur, Typenbez. für die wissensch.techn. Kontrolle des gesellsch. Lebens) und L. (als gesellschaftswiss. Bez. für vortheoret. Lebensbezüge und zugleich für die durch rationale Reglementierung nicht erfaßten Lebensbereiche) zu einer Sammelbez. für informelle Interaktionen und (z. T. naturwüchsige) Lebenszusammenhänge, insbes. in der von J. Habermas begründeten Sozialtheorie.
legal
Leere, von ahd. lari mhd. laere ›leer‹, ›ledig‹ (gr. to kenon, lat. vacuum), nennt man einen 8Raum ohne einen ihn erfüllenden 8Stoff. Von den gr. Philosophen nahmen die Atomisten die Existenz solcher leerer Räume an. Aristoteles verwarf diesen Begriff des Leeren (Physik IV, 8 p. 214 b 28 ff.). Ebenso erlärte G. W. Leibniz den Raum ohne Dinge für eine Abstraktion. Auf der Grundlage der Kantischen Philosophie hat die Frage, ob eine L. sei oder nicht sei, überhaupt keinen Sinn, da für I. Kant die Raumvorstellung subjektiv ist. In der Physik schrieb man der Natur eine Scheu vor dem L.n (horror vacui) zu, ehe der Luftdruck durch E. Torricelli (1608- 1647) entdeckt wurde. Leerformel, bez. formelhafte sprachl. Wortkombinationen oder auch Aussagen, die nur scheinbar einen Gehalt haben, auch normative Formeln oder wertende Ausdrücke, die auf unbestimmt viele Sachverhalte bezogen werden können und insof. nicht eindeutig interpretierbar sind. legal, lat., gesetzmäßig. Eine Handlung ist 1., wenn sie dem 8Gesetz entspricht; sie muß aber nicht zugleich mit der Intention übereinstimmen, mit der das Gesetz vom Gesetzgeber verabschiedet worden ist. Legalisierung nennt man die Inkraftsetzung einer informellen normativen Regel durch Beschluß, Verkündung oder auch richterl. Entscheidung. Legalität, die Gesetzmäßigkeit, die Übereinstimmung einer Handlung mit dem Gesetz, im Unterschied zur 8Moralität (s. I. Kant, Grundl. zur
Legitimation
Met. d. Sitten, 2. Abschn.; Met. d. Sitten, Einl.). Legalität bez. rechtswissensch. insbes. die formale Übereinstimmung der Handlungen von natürl. oder jurist. Personen mit den tatsächlich gültigen gesetzl. Regelungen. Legitimation, lat., Nachweis der Rechtmäßigkeit einer Handlungsweise oder einer sozialen Funktion. Dazu legitimieren, die Rechtmäßigkeit herstellen oder nachweisen. Legitimität ist, im Unterschied zu 8Legalität (formalrechtl. Gesetzmäßigkeit) und zu 8Legalisierung (Inkraftsetzen einer normativen Regelung), das Kriterium, mit dem die Vertreter einer Herrschaftsform auf normativer Grundlage ihre Prinzipien der Machtausübung rechtfertigen können. So galt z. B. bis in die frühe Neuzeit in Europa das Gottesgnadentum als Legitimationsgrundlage der 8Monarchie, gilt bis heute die 8Volkssouveränität als entscheidendes Prinzip für die Legitimität demokratischer Institutionen. Lehnsatz (gr. lëmma, lat. sumptio), ein 8Lehrsatz, der aus einer andern Wissenschaft oder einem andern Gebiet übernommen und als dort bewiesen und daher gültig betrachtet wird. Lehrsatz, von Chr. Wolff eingef. für gr. theorëma, ein Satz, der aus den Grundsätzen (8Axiom) einer systematischen Wissenschaft durch Schlüsse abgeleitet ist. Leib (gr. sôma, lat. corpus), Abl. s. bei 8Leben, mhd. lip ›Leben‹, nur im Mhd. die Bedeutungsentwicklung zu ›Körper‹ (häufig in Verbindung mit lip und leben), auch svw.
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8Person (min, din sin lip, wie lat. mea, tua, sua persona, ›ich, du, er‹), heißt 1. der beseelte 8Körper im Unterschied zur unbeseelten ›toten‹ Materie (8Ding), also svw. das organische Ganze eines Lebewesens (Mensch, Tier, Pflanze), 2. der jeweils eigene L., seltener verw. i. Sinne von L. eines andern Menschen, im Unterschied vom ›Körper‹ eines Tiers, 3. der menschl. Körper im Unterschied zu seiner 8Seele, auch die Seele, soweit sie in Erscheinung tritt (8Ausdruck). Das Begriffspaar Leib- Seele (gr. sômapsychë, lat. corpus- anima) wurde zuerst in der gr. Philosophie ausgebildet, durch das Christentum bes. ethisch angewandt und in der Neuzeit zum 8Leib- Seele- Problem umgestaltet. Der Gegensatz L. und Seele findet sich bei den 8Pythagoreern, Demokrit und Plato. Letzterer schreibt der Seele höheren Wert zu als dem L. Aristoteles, dem Thomas von Aquino folgt, bestimmt das Verhältnis von L. und Seele als das von Stoff und Form; ihrem Begriff nach verschieden, sind sie ihrem Dasein nach untrennbar. Die Seele ist für Aristoteles die erste 8Entelechie eines organischen L.s (De an. II, 1 p. 412 b 6). Sie ist die im L. wirkende Kraft. Auch die Stoiker schieden L. und Seele. Das Christentum gründet ebenfalls auf der höheren Wertung der Seele; es nimmt nach dem Vergehen des ersten ›natürlichen‹ oder ›irdischen‹ L.es eine nachtodliche ›geistliche‹ oder ›himmlische‹ Leiblichkeit an (z. B. 1. Kor. 15, Verse 44, 47, 53). Die christl. Gemeinde faßt sich (nach 1. Kor.
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12,27) auf als L. Christi (Corpus Christi mysticum). R. Descartes sieht im Anschluß an Augustinus in L. und Seele zwei substantiell verschiedene Bestandteile des Menschen (8Cartesianismus). Nach G. W. Leibniz besteht der L. aus einer Vielheit von 8Monaden. Leib-Seele-Problem, die Frage nach dem Zusammenhang von Leib und Seele, von 8Erlebnis und 8Ausdruck oder von Bewußtseinsgeschehen und Vorgängen im Zentralnervensystem. Das L.- S.- Pr. tritt zutage vor allem in den Tatsachen, daß ein äußerer 8Reiz, der unsere Sinnesorgane trifft, in uns eine 8Empfindung hervorruft, und daß eine Willensentscheidung zu der entsprechenden äußeren Handlung führt. Die ursprüngliche Annahme ist daher die einer 8Wechselwirkung zwischen leiblichen und seelischen Vorgängen. Sie hat ihren klassischen Ausdruck gefunden bei R. Descartes: Die 8Seele steht mit dem Körper in Wechselwirkung, und zwar in einem Punkt des Gehirns, in der Zirbeldrüse; sie hat die Fähigkeit, von dort aus die Richtung der Körperbewegung zu verändern (Principia IV; Passiones animae I). Die Schwierigkeit einer solchen Wechselwirkung zweier wesensverschiedener Substanzen, die R. Descartes durch den Hinweis auf einen 8concursus dei zu erklären suchte, führte in der Folge im 8Okkasionalismus zu der Lehre, daß ›bei Gelegenheit‹ des seelischen Vorganges der entsprechende leibliche eintrete und umgekehrt; in der späteren Form wird statt eines jedesmaligen Eingriffs
Leib-Seele-Problem
Gottes, durch den bei Gelegenheit des Wollens die Bewegungen des Leibes bzw. bei Gelegenheit leiblicher Vorgänge die Vorstellungen der Seele entstehen, eine von Gott ein für allemal gesetzte Übereinstimmung der beiden Ordnungen (8Harmonie) und damit ein psychophysischer 8Parallelismus angenommen, der dann in die monistische Metaphysik von N. Malebranche, B. Spinoza u. a. einging. Wechselwirkung und Parallelismus blieben auch in der Folgezeit das Gerüst, an dem das Problem entwickelt wurde. Da für den 8Materialismus die materielle Seite die einzig reale war, wurde für ihn die seelische zu einer bloßen, »bei Gelegenheit« gewisser materieller Bedingungen auftretenden Begleiterscheinung; umgekehrt wurde in der Lehre des 8Psychomonismus der Leib die bloße Erscheinung der Seele. In der Zweiseitentheorie G. Th. Fechners verhalten sich Leib und Seele einerseits, Natur und 8Weltseele andererseits wie die äußere zur inneren Seite einer gekrümmten Fläche, wobei aber der inneren doch der Rang der ›wahren‹ Wirklichkeit zugedacht wird. Etwa seit den 1950er Jahren wird das L.- S.- Pr. verstärkt unter dem Eindruck neurophysiologischer und informationstheoretischer Erkenntnisse und v. a. auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Computertechnologie diskutiert (8Kognition). Vertreten wurden u. a. (jeweils in unterschiedlichen Varianten): die Identitätstheorie, die die Identität von Wahrnehmungen, Gedanken,
Leid
Entscheidungen etc. mit neurophysiologischen Prozessen behauptet (z. B. U. T. Place, Is Consciousness a Brain Process? Brit. Journ. Psych. XLVII, 1956); der 8Funktionalismus, der auf das abstrakte Konzept einer ›8Turing- Maschine‹ zurückgreift und nach dem, kurz gesagt, sich die Seele bzw. der Geist zum Körper verhält wie ein Programm zu einem Computer (H. Putnam, The Nature of Mental States, 1975); die Theorie der intentionalen Systeme, nach der geistige Zustände von Wesen wie der, eine best. 8Überzeugung zu haben, abstrakte Zustände sind, die in der 8Entscheidungstheorie, der 8epistemischen Logik etc. genauer charakterisiert werden und die in verschiedenen Organismen auf funktional und physiologisch unterschiedliche Weisen realisiert sein können (D. C. Dennett, The Intentional Stance, 1987). Diese Ansätze sind entweder explizit materialistisch oder zumindest mit dem 8Materialismus vereinbar. Daneben gibt es auch eine Reihe neuerer dualistischer Konzepte (8Dualismus), z. B. den ›interaktionistischen Dualismus‹ von K. R. Popper und J. C. Eccles (The Self and Its Brain, 1977). Als einer der schwierigsten Aspekte des L.- S.- Pr.s gilt in der gegenwärtigen Philosophie des 8Geistes (engl. philosophy of mind) der des bewußten Erlebens (8Bewußtsein, 8Qualia). Leid, Gegensatz 8Freude, svw. 8Schmerz. Das L. braucht nicht eigenes Unglück zum Gegenstand zu haben, sondern kann auch als 8Mitleid auftreten. Je nachdem, ob
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man die Wirklichkeit von L. oder vom 8Glück und Wert des Seins beherrscht sieht, scheiden sich ihre Wertungen in 8Pessimismus und 8Optimismus. Die philosophische Frage, zu der die Tatsache des L. herausfordert, ist die nach seinen Ursachen und nach seinem Sinn. Angesichts des L.es tritt die Frage auf, wie das 8Übel mit der Annahme eines vollkommen weisen, gütigen und mächtigen Gottes als Weltschöpfer verträglich ist, das 8Theodizeeproblem. Die christliche Weltdeutung sieht seine Wurzeln in einem überindividuellen Abfall; entsprechend schließt der Erlösungsglaube das Problem eines stellvertretenden Leidens ein. leiden (gr. pas'chein, lat. pati), mhd. liden ›gehen‹ und über irlidan ›ergehen‹, erfahren, leiden, ist im weiteren Sinne der Gegenbegriff von tun. Aristoteles sieht in ihm eine Denkkategorie (8Kategorie) und setzt Tun und Leiden in einen Gegensatz. In Wirklichkeit kommt ebensowenig eine völlige Passion wie eine völlige Aktion vor. Im engeren Sinne versteht man unter Leiden ein starkes Gefühl der Unlust (8Leid). Leidenschaft (gr. pathos, lat. passio), eine Neub. Ph. von Zesens (1647) für frz. passion, das starke, bleibende, alles Maß überschreitende, auf bestimmte Gegenstände, Personen, Güter, Werte oder Unwerte gerichtete Begehren, das sprachlich oft durch die mit Sucht, Gier, Wut zusammengesetzten Ausdrücke bezeichnet wird, z. B. Herrschsucht, Habgier, Spielwut. Die L. fällt in ihrer stärksten Aus-
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artung mit dem 8Laster zusammen und kann krankhaft sein. Sie unterscheidet sich vom 8Affekt dadurch, daß sie nicht plötzlich auftritt und wieder verschwindet, sondern einen dauernden, ererbten oder erworbenen, sich allmählich entwickelnden Zustand darstellt, der zu Affekten, Strebungen, Willensentschlüssen disponiert. Sie ist vom 8Trieb dadurch unterschieden, daß sie nicht allgemeinmenschl., sondern auf Einzelne beschränkt ist, die dieser oder jener oder mehreren L.n verfallen, daß sie nicht durch den Verstand beherrscht wird (der Leidenschaftliche kann und will sich nicht beherrschen), sondern die Verstandeskräfte in ihren Dienst stellt. (8Moralität, 8Held, 8weltgeschichtli. Individum). Lemma (gr. lëmma ›Einnahme‹, Annahme, von lambanein ›nehmen‹); Hilfssatz, der im Verlauf einer Beweisführung gebraucht wird (Mathematik, Logik); Vordersatz eines 8Schlusses; Stichwort in einem Nachschlagewerk; auch: Überschrift, Motto, welches den Inhalt eines Werkes anzeigt. liberal, nhd. aus lat. liberalis ›die Freiheit betr.‹, ›einem freien Manne geziemend‹, freiheitlich gesinnt, vorurteilslos in religiöser und polit. Beziehung; dazu Liberalismus, seit Anfang des 19. Jh. zunächst ausschl. in abwertendem Sinne gebr. für die aus dem Geist der 8Aufklärung stammende, auf die Herauslösung des Individuums aus den religiösen und staatlichen Bindungen abzielende, also extrem individualistische Denk- und Handlungsweise; heute für diejenige
liberal
Staats- und Gesellschaftsauffassung, die in der 8Freiheit des Individuums von staatlichen und gesellschaftlichen Bindungen, wirtschaftlich im »freien Spiel der Kräfte« das anzustrebende Ideal sieht. Zu den Grundforderungen des politischen Liberalismus gehören die Anerkennung der 8Menschenrechte, 8Gewaltenteilung, Freihandel, Gewerbefreiheit, Wettbewerbsfreiheit. In der neueren 8Staatsphilosophie hat der Liberalismus zwei verschiedene Wurzeln: die individualistische Staats- und Gesellschaftslehre der Aufklärung, wie sie in der Lehre vom 8Gesellschaftsvertrag, dem vorstaatlichen 8Naturzustande und den bei der Aufgabe desselben von den Einzelnen vorbehaltenen »angeborenen« Menschenrechten bes. von dem engl. Philosophen J. Locke ausgebildet wurde, und die Ethik und Rechtslehre I. Kants mit ihrem Grundbegriff der sittlichfreien Persönlichkeit, die sich selbst ein allgemeines Gesetz gibt. Nach jener Auffassung besteht die Freiheit vornehmlich in etwas Negativem, nämlich in der Unabhängigkeit von einem anderen und dessen nötigender Gewalt, nach dieser in etwas Positivem: in der Möglichkeit selbstverantwortlichen Handelns. Daher schließt die 8Freiheit in diesem letzteren Sinne der Idee nach eine soziale Verantwortung jedes Einzelnen ein. Beide Auffassungen kommen aber darin überein, daß sie den Staat auf die Funktion des 8Rechtsstaates im engeren Sinn beschränken und überhaupt die Grenzen seiner Wirksamkeit so
Libido
eng wie möglich ziehen wollen. Der wirtschaftliche Liberalismus hat seinen wissenschaftl. Ausdruck vornehmlich in den Lehren der klassischen englischen Volkswirtschaftstheorie (Ad. Smith, 17231790) gefunden. Diese beruht auf der aus dem 8Deismus hervorgegangenen Überzeugung, daß sich ein Gleichgewicht der Kräfte, eine Art von prästabilierter 8Harmonie des gesellschaftlichen Lebens ergeben müsse, die auf die Dauer den größten Nutzen für alle mit sich bringe. Sie verwirft daher alle staatlichen Subventionen und Interventionen, Schutzzölle, Preisbindungen und alle Hemmnisse eines freien Wettbewerbs. Dem wirtschaftlichen Liberalismus trat im 19. Jahrhundert der 8Sozialismus, das Streben nach einer Ausrichtung der Wirtschaft auf die sozialen Ziele der Gemeinschaft, dem politischen Liberalismus der 8Konservativismus, das Streben nach Anerkennung und Berücksichtigung überindividueller Gemeinschaftswerte und historisch gewachsener Lebensformen entgegen. Kritisiert worden ist der Liberalismus häufig wegen der schon in seinem theoretischen Ansatz zum Ausdruck gelangenden geringen Wertung der sozialen Gemeinschaft, als seine Stärke ist oft die Betonung der unveräußerlichen Rechte der Persönlichkeit hervorgehoben worden. Vgl. 8Staat, 8Verfassung. Libido, lat. ›Begierde‹, Lust, Verlangen, von der 8Psychoanalyse als Bez. für das Streben nach Lustgewinn (bei S. Freud grundlegend nach sexueller Lust) eingeführt, bei
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C. G. Jung (Wandlungen und Symbole der L., 1925) erweitert zu »psychischer Energie«. Licht, mhd. lieht ›Helle‹, Glanz, germ. Stammwort aus der Wurzel luk- ›strahlen‹ (gr. leukos ›weiß‹, lat. lux, lumen ›Licht‹ aus gleicher Wurzel), im allg. die Quelle der Sichtbarkeit, in der modernen Physik als elektromagnetische Strahlung interpretiert, deren Frequenz im Sichtbaren liegt. Dabei gilt als kleinste Einheit des L.s das Photon, das bestimmt wird als das Produkt aus dem 8Planckschen Wirkungsquantum h und der Frequenz v der jeweiligen L.sorte. Die Bemühungen, das Wesen des L.s zu erforschen, führten vom Dualismus der 8Korpuskular- und der Wellentheorie (8Welle- Teilchen- Dualismus) zur Annahme einer 8Komplementarität und zur 8Quantentheorie. In der Tradition der abendländischen Naturphilosophie und Metaphysik gilt das L. nicht als ein 8Element neben anderen, sondern, ähnlich wie der 8Äther, als Grundprinzip aller 8Bewegung und alles Lebens; es wird vielfach verglichen oder auch gleichgesetzt mit dem Guten, dem Göttlichen (vgl. Plato, Politeia, VI. B., 508 ff., 8Manichäismus) und deshalb auch als Quelle aller Erkenntnis betrachtet (8Erleuchtung, 8lumen naturale). Eine ausgeprägte Lichtmetaphysik finden wir bereits bei Philo (De mundi opificio, 17, 53), der lehrte, daß Gott das Urlicht, die geistige Sonne sei, von der zahllose Strahlen ausgehen, die von der Vernunft aufgefaßt werden, und im 8Neuplatonismus bei Plotin, Proclus und
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Porphyrius, bei denen das irdische L. als eine niedere Stufe des göttlichen L.s aufgefaßt wird, an dem es durch dessen 8Emanation teilhat. Entscheidend für die mittelalterliche L.metaphysik ist Augustinus’ Auffassung von Gott als des ungeschaffenen geistigen L.s, das leuchtet und durch das alles erleuchtet wird (Soliloqu. I, 1, 3, vgl. De trinit. VIII, 2, 3), wobei er das L. nicht nur als Metapher gebraucht wissen will (»Neque enim est Christus sic dicitur lux, quomodo dicitur lapis: sed illud proprie, hoc utique figurate«, De genes. ad litt. IV c. 28, 45). Ihren Höhepunkt erreicht die mittelalterliche L.metaphysik im 13. Jh. mit R. Grosseteste, R. Bacon, Witelo und Bonaventura, großartige dichterische Gestaltung bei Dante (Parad. XXIX). Für die Neuzeit sind in diesem Zusammenhang insbes. J. Böhme mit seiner an die 8Gnosis anknüpfenden L.lehre, J. G. Herder, der den numinosen Gehalt der L.erfahrung des A. T. (1. Mos. 1, 3; Psalm 104, 2) in der Schrift Älteste Urkunde ... (Werke, ed. Suphan, Bd. VI, S. 222 ff.) wiederbelebt, und Fr. W. J. Schelling mit der naturphilosophischen Theorie der Urpolarität von L. und Schwere zu nennen. Liebe (gr. philia, 8eros, 8agapë, lat. amor), mhd. liebe, urverwandt mit lat. lubens ›gern‹, und mit Lob, geloben, 8Glaube zu der idg. Wurzel leubh- , lubh- ›begehren‹, gutheißen gehörig. Mhd. liebe ist zunächst ›Wohlgefallen‹, Freude, später ›Liebe‹, mhd. minne, von der idg. Wurzel men- ›(ge)denken‹, daher eigentl. ›(liebevolles) Gedenken‹.
Liebe
Gegensatz: 8Haß. Bei Empedokles ist L. das eine der Glieder eines naturhaften Gegensatzes, dessen anderes der 8Haß ist: »Dieser beständige Tauschwechsel hört nimmer auf: bald vereinigt sich alles durch: zu Einem, bald auch trennen sich wieder die einzelnen Stoffe im Hasse des Streits« (Diels/Kranz, Fragm. d. Vorsokr. I, 1961, Kap. 31, Fragm. 17). Plato begründet einen Begriff der L. als Überhöhung des natürlichen 8Eros, der sich im Anblick des 8Schönen (welches an das von der Seele vor der Geburt erfahrene Urschöne erinnert) entzündet, sich zum geistigen Eros steigert (8platonische L.) und als Forschens- und Schaffensdrang, als geistiger Vereinigungs- und Zeugungstrieb erst Befriedigung findet im Schauen des Wahren, Schönen, Guten im Reich der 8Ideen (z. B. Symposion 198 ff., Phaidon 238 b - c). Unter philia wird bei Aristoteles die L. (auch 8Freundschaft) zu gleichartigen od. gleichgesinnten Menschen verstanden. In der Antike wurde als L. auch die neigungsbestimmte Fürsorge (gr. agapë) verstanden (mit der dann im N. T. auch die durch Christus wirksam gewordene L. Gottes zu den Menschen bezeichnet wurde), im Untersch. z. epithymia (gr. ›Begierde‹, Geschlechtsneigung; lat. auch 8libido) und zur passio (lat. svw. 8Leidenschaft; gr. pathos). Im Christentum, welches das jüdische Gebot der Nächstenliebe (3. Mos. 19, 8) durch das der Feindesliebe erweitert (Matth. 5, 44 f.), gründet L. auf ein sich erschließendes Erstes und Absolutes überhaupt: »Wer nicht
Limes
liebt, kennt Gott nicht, Gott ist Liebe« (1. Joh. 4, 8; übers. v. Menge). An den noch nicht Erkennenden ergeht zur Gewahrung und Verwirklichung dieser L. als »Reich Gottes« (Luk. 17, 21) unter den Menschen die Aufforderung zu einer Sinnesänderung (metanoia). »Niemand hat größere L. denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde« (Joh. 15, 13; übers. v. M. Luther). – Die L.smetaphysik Augustins sieht in der jeweiligen Richtung der L. den Grund für die Aufspaltung der Welt in civitas terrena: »Zweierlei L. also hat die beiden Staaten gegründet: den irdischen die Selbstliebe ..., den himmlischen die L. Gottes« (Gottesstaat XIV, 28). Der Grundsatz der scholastischen Theologie, daß alles Handeln dem Sein folge (agere sequitur esse), findet in der Verbundenheitsthese ebenso ihren Grund wie die Auffassung Thomas von Aquins, daß L. eine göttliche Tugend sei, insofern sie dem Wesen Gottes entspreche, aus seiner Gnade komme und nicht menschlicher Erfindung und Leistung entspringe. Mehrere Autoren des frühen deutschen 8Idealismus (G. W. Fr. Hegel, J. G. Fichte, Fr. Hölderlin, Novalis) feierten die L. als Stifterin einer neuen höheren Einheit über der durch das Denken und Handeln in Subjekt und Objekt aufgespaltenen Welt. Das theoret. Verhalten führe vom Subjekt fort und mache das Objekt zum Herrschenden, die praktische Tätigkeit vernichte das Objekt und sei insofern etw. Subjektives; nur in der L. werde die erstrebte Einheit mit dem Objekt ge-
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stiftet. Eine anthropolog. Auffassung von L. als Ziel und als Triebkraft alles sinnvollen Werdens formuliert M. Scheler (Wesen u. Formen d. Sympathie, 1923, S. 187): »L. ist die Bewegung, in der jeder konkret individuelle Gegenstand, der Werte trägt, zu den für ihn und nach seiner idealen Bestimmung möglichen höchsten Werten gelangt; oder in der er sein ideales Wertwesen, das ihm eigentümlich ist, erreicht.« Limes, lat. ›Grenze‹, in der Mathematik seit G. W. Leibniz der 8Grenzwert (8Differential). Limitation, lat., ›Begrenzung‹, Einschränkung; bei I. Kant die dritte der 8Kategorien der Qualität, die dem limitativen Urteil entspricht, d. i. einem solchen, das der Form nach bejahend, dem Sinne nach verneinend ist, da die Verneinung mit dem Prädikat zu einem Begriff verbunden wird nach der Formel: S ist nicht P ; z. B. die Seele ist unsterblich (nichtsterblich), im Unterschied zu dem verneinenden Urteil: Die Seele ist nicht sterblich. I. Kant nennt solche Urteile auch unendliche (KrV, A 72). List, urtüml. german. Wort für jedes Wissen, Können, Sichverstehen auf etwas (daher Kriegslist urspr. svw. Kriegskunst überhaupt); seit etwa 900 n. Chr., mit der Neub. des Wortes 8Kunst, das die Inhalte der 8artes liberales, der höfisch- ritterlichen Bildung aufnimmt, wird L. aus den höheren Wissensbereichen verdrängt und schließlich nur noch für die unteren Bereiche des Sichverstehens auf etwas gebraucht; es wird
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gleichbedeutend mit Zauber, 8Magie, Arglist, 8dolus. In G. W. Fr. Hegels Philos. der Weltgesch. (ed. G. Lasson, 1923/1930, I, 83) nimmt die teleologische Betrachtung die Form der Lehre von der List der Vernunft an: »Nicht die allgemeine Idee ist es, welche sich in Gegensatz und Kampf, welche sich in Gefahr begibt [...]. Man kann es die List der Vernunft nennen, daß sie die Leidenschaften für sich wirken läßt, wobei das, durch was sie sich in Existenz setzt, einbüßt und Schaden leidet ... Die Idee bezahlt den Tribut des Daseins nicht aus sich, sondern durch die Leidenschaften der Individuen« (8Vorsehung, 8weltgeschichtl. Individuum). lingua, lat. ›Zunge‹, Sprache; lingua universalis, s. 8characteristica universalis; Linguistik, s. 8Sprachwissenschaft. locus communis, lat. ›Gemeinplatz‹, allgemeinverständliche Redeweise, übliche Gedankenwendung. logica antiqua, lat. ›einstige Logik‹; scholast. Richtung in der Philosophie, in der jede über die Logik des Aristoteles hinausgeh. Weiterentwickung der Denkens abgelehnt wurde. Während den Vertretern dieser Logikschule (logica vetus ›alte Logik‹) bis ca. 1150 nur die Schriften Peri hermëneias und die Kategorien bekannt waren, konnten spätere Kommentatoren der l.a. auch von den Schriften zur Analytik (Anal. prior. und Anal. post.), Topik sowie von den Sophist. Widerlegungen ausgehen (logica nova ›neue L.‹). Beide Schulen unter-
Logik
schieden sich von den ersten Ansätzen einer eigenständ., von der Tradition des Aristoteles unabh. Logik (logica moderna ›moderne L.‹), wie sie von William von Sherwood begr. wurde. logifizieren, Neub. von lat. logicus ›logisch‹ und facere ›machen‹, logisch machen, d. h. der logischen Bearbeitung unterwerfen, in den Formeln der 8Logik ausdrücken. Logik, von gr. logikë (technë), zuerst von den Stoikern gebr. Ausdruck für die von Plato mit 8Dialektik, von Aristoteles mit 8Analytik bezeichnete Lehre vom 8Logos, d. h. vom vernünftigen 8Denken und Schließen, das von wahren Voraussetzungen stets zu einer wahren Folgerung führt: Ein logisch gültiger 8Schluß ist etwa der von »Alle Menschen sind sterblich« und »Sokrates ist ein Mensch« auf »Sokrates ist sterblich«. Gegenstand der L. in diesem Sinne sind also die Folgerungsbeziehungen zwischen Aussagen. Die traditionelle L. umfaßte neben der Lehre vom Schluß noch die »Lehre vom Begriff« und die »Lehre vom Urteil«, die von der Klassifikation der Begriffe bzw. der Aussagen handeln; sie werden heute in der Regel der 8logischen Propädeutik zugerechnet. In Wendungen wie »L. der Forschung« (K. R. Popper), »L. des Herzens« (B. Pascal) oder »L. der Abschreckung« wird der Begriff »L.« in einem anderen Sinne verwendet; gemeint sind hier die Regeln und Gesetzmäßigkeiten, die den jeweiligen Gegenstand bestimmen. – Im Laufe der Philosophiegeschichte hat man auch er-
Logik
kenntnistheoretische, transzendentalphilosophische, metaphysische und psychologische Untersuchungen oder gar die Gesamtheit der Wissenschaft als »L.« bezeichnet. Hervorzuheben ist in diesem Zhg. etwa die »8transzendentale L.« I. Kants, in der die aller Erfahrung vorausgehenden Formen der Verstandes- und Vernunfterkenntnis, sofern diese auf Gegenstände bezogen werden, festgestellt, geordnet und auf ihren Ursprung, ihren Umfang und ihre objektive Gültigkeit geprüft werden; diese L. ist ihrem Wesen nach eine Erkenntnislehre, die durch die Zuordnung der 8Denkformen (8Kategorien) zu den Arten der Urteile mit der ›formalen‹ L. verknüpft ist und weitgehend an der klassischen Physik I. Newtons ausgerichtet ist. Ferner sei die dialektische L. G. W. Fr. Hegels genannt, in der die Welt als eine vom Geist hervorgebrachte und durch ihn gestaltete Ganzheit aufgefaßt wird, als ein Organismus, der im Menschen die höchste Stufe seiner Entwicklung erreicht und sich im Geiste des Menschen seines eignen Wesens bewußt wird, so daß in ihm die Struktur des Denkens und die des Seins zusammenfallen (8Identitätsphilosophie). Aufgabe dieser L. ist es, durch die dialektische Methode (8Dialektik) das Logische als die Form des Geistes in der Entwicklung der Natur, des Menschen und der Geschichte herauszuarbeiten und es in seinen Formen und seiner Entwicklung darzustellen. Diese L. ist ihrem Wesen nach 8Ontologie und 8Metaphysik. – Heute knüpft man in
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der Regel an den engeren Sinn von ›L.‹ an und meint mit diesem Begriff die moderne formale L., die sich einer symbolischen Sprache bedient und eine ebenso strenge und exakte Disziplin ist wie die Mathematik. Ein zentraler Grundbegriff der modernen logischen Systeme ist der der logisch wahren (8allgemeingültigen) Aussage oder der 8Tautologie. Eine 8Aussage ist genau dann logisch wahr, wenn sie allein aufgrund der semantischen Regeln (vgl. 8Semantik) für die in ihr vorkommenden 8logischen Partikeln (logischen Konstanten), d. h. formal wahr ist. Verschiedene L.en unterscheiden sich u. a. gerade dadurch, welche Symbole in ihnen als logische Partikeln aufgefaßt werden. Die einfachste und grundlegende L. ist die elementare 8Aussagenlogik. Ihre logischen Partikeln sind 8Junktoren wie »...und...« (symbolisch ∧ oder &, vgl. 8Konjunktion), »... oder ...« (∨ , 8Disjunktion) und »wenn ..., dann ...« (→ oder ⊃, 8Subjunktion), die zwei Aussagen zu einer neuen Aussage verbinden; daher spricht man oft auch von »Junktorenlogik«. Man bezeichnet auch die Negation »nicht...« (¬ oder ~, 8Negation) als Junktor, obgleich durch sie nicht zwei Aussagen zu einer neuen verbunden werden, sondern aus nur einer Aussage eine neue erzeugt wird. Aussagenlogische Tautologien sind z. B. alle Aussagen der Form ¬ (A∧¬ A) (Es ist nicht der Fall, daß zugleich A und nicht A, vgl. 8principium contradictionis); Sätze dieser Form sind allein aufgrund der 8Wahrheitsbedingungen für die
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logischen Partikeln »nicht« und »und« wahr, unabhängig davon, durch welche Aussage die 8Aussagenvariable A ersetzt wird. – Der Begriff des aussagenlogisch gültigen Schlusses läßt sich mit Hilfe des Tautologiebegriffes definieren: Der Schluß von A auf B ist genau dann aussagenlogisch gültig (A⇒B), wenn die Aussage »Wenn A, dann B« (A → B) aussagenlogisch wahr ist. – Die elementare 8Prädikatenlogik ist insofern ein feineres Instrument als die Aussagenlogik, als sie einfache Aussagen wie »Sokrates ist ein Mensch« nicht unanalysiert läßt, sondern ihre Binnenstruktur aus 8Namen (»Sokrates«) und 8Prädikaten (»ist ein Mensch«) in ihren Formeln expliziert. Gleichzeitig ist sie eine echte Erweiterung der Aussagenlogik, weil sie zum einen deren Regeln für Junktoren voraussetzt und zum anderen die Quantoren »Es gibt ein Ding x, für das gilt: ...« (∃x) und »Für alle Dinge x gilt: ...« (∀ x) als zusätzliche logische Partikeln behandelt. In der Prädikatenlogik sind die Schlußweisen der traditionellen 8Syllogistik formalisierbar. – Aussagen- und Prädikatenlogik bilden die Basis für erweiterte Systeme, in denen Schlüsse von mathematischem (8mathematische L.) und philosophischem Interesse als gültig erwiesen werden können. – Überlegungen zur Logik kommen bereits in der vorsokratischen Philosophie vor. Als eigentlicher Begründer der Logik gilt jedoch Aristoteles, in dessen Organon sich u. a. Untersuchungen zur 8Syllogistik und 8Modallogik, einem Teilgebiet
Logik
der 8philosophischen L., finden. Aussagenlogische Schlüsse und die Implikationsbeziehung wurden in der 8Stoa (insbesondere von Philon von Megara) untersucht. Die Bemühungen des Mittelalters, in dem L. als eine der Sieben freien Künste betrieben wurde, richteten sich vor allem auf den Ausbau der aristotelischen Syllogistik. In der Neuzeit unternahm G. W. Leibniz erste Versuche, die L. im Rahmen formaler 8Kalküle zu behandeln. Von erheblicher Bedeutung für die Entwicklung der modernen formalen Logik war das 19. Jahrhundert. Wichtige Beiträge zur algebraischen Untersuchung der L. (besonders der Aussagenlogik) leisteten G. Boole und A. de Morgan (vgl. 8Boolesche Algebra); 1879 entwickelte G. Frege die moderne Prädikatenlogik und wandte sie auf mathematische Fragestellungen an. Das wohl wichtigste Werk des beginnenden 20. Jahrhunderts ist B. Russells und A. N. Whiteheads Principia Mathematica von 1910, in dem eine Rückführung der Mathematik auf die L. versucht wurde. In den dreißiger Jahren wurden eine Reihe wichtiger Sätze entdeckt, u.a. der bekannte Unvollständigkeitssatz von K. Gödel (vgl. 8Vollständigkeit). Der rasante Aufschwung der 8philosophischen Logik begann in den fünfziger und sechziger Jahren u. a. mit den Untersuchungen R. Carnaps, S. Kripkes und J. Hintikkas. Heute spielen formallogische Untersuchungen auf vielen Gebieten der Philosophie (u.a. in der 8Epistemologie, der 8Ethik und der 8Sprachphilo-
Logikelement
sophie) eine wichtige Rolle (vgl. 8philosophische Logik). Es wurden auch eine Reihe ›nichtklassischer‹ Systeme entwickelt, in denen die einen oder anderen Gesetze der üblichen, ›klassischen‹ Logik nicht gelten (vgl. 8klassische Logik). Logikelement nennt man elektron. oder elektromechan. Schaltund Bauelemente, die zu techn. Aggregaten zusammengesetzt sind mit dem Ziel, Eingangssignale zu verarbeiten und durch Ausgangssignale best. log. Grundfunktionen und Verknüpfungen darstellbar oder auch rechenfähig zu machen. Die techn. - rechner. Funktion des Gebrauchs der L.e nennt man logische Schaltung. Elementare Schaltelemente sind die Schaltglieder der 8Konjunktion, 8Disjunktion und 8Negation in den Bedeutungen ›und‹, ›oder‹ sowie ›nicht‹. L.e lassen sich kombinieren zur Ausführung komplizierterer Operationen zu Logikbausteinen, logischen Netzen oder anderen Formen digital arbeitender Automaten. logisch, im allgemeinen Sprachgebrauch etwa »nachvollziehbar«, »naheliegend«, »offenkundig«. Spezieller svw. »die 8Logik betreffend« oder »den Regeln der Logik folgend«. – L. gültig nennt man einen allgemeingültigen Schluß oder eine allgemeingültige Aussage; eine allgemeingültige Aussage (8Tautologie) heißt auch logisch wahr (vgl. auch 8allgemeingültig). L. falsch nennt man eine Aussage, deren Verneinung (8Negation) allgemeingültig ist (vgl. 8Kontradiktion); l. indeterminiert ist eine Aussage genau dann, wenn weder sie noch ih-
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re Verneinung allgemeingültig ist, wenn es sich also weder um eine Tautologie noch um eine Kontradiktion handelt. logische Addition, die Bildung der Vereinigungsmenge zweier Mengen bzw. des Adjungats zweier Aussagen (8Adjunktion). logische Grammatik, ein Grammatiktyp (8Grammatik), der von R. Montague entwickelt wurde (English as a Formal Language, 1970, Universal Grammar, 1970 und The Proper Treatment of Quantification in Ordinary English, 1973); deshalb häufig auch ›Montague- Grammatik‹. Ziel der l. G. ist die systematische Darstellung der logischen Struktur 8natürlicher Sprachen wie der des Englischen oder des Deutschen. Dazu soll jedem Ausdruck der betreffenden natürlichen Sprache (oder zunächst eines Teils, eines »Fragmentes« dieser Sprache) durch explizite Regeln ein entsprechender Ausdruck einer genügend ausdrucksreichen 8formalen Sprache zugeordnet werden, der dann im Rahmen einer 8modelltheoretischen Semantik (bei Montague speziell einer 8MöglicheWelten- Semantik) inhaltlich interpretiert wird. Vorausgesetzt wird dabei das 8Kompositionalitätsprinzip, nach dem die 8Bedeutung eines komplexen Ausdruck sich aus der seiner Teilausdrücke ergibt. Die l. G. ist heute neben der 8generativen Transformationsgrammatik einer der vorherrschenden Ansätze in der theoretischen 8Sprachwissenschaft und spielt auch in der einschlägigen philosophischen Diskussion eine wichtige Rolle.
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logische Partikeln, zu 8Logik und lat. particula ›Teilchen‹, in der Logik Sammelbezeichnung für diejenigen Symbole, mit deren Hilfe aus Sätzen, Prädikaten oder anderen Ausdrücken der formalen Logiksprachen (neue) Sätze und auch Ausdrücke anderer Art, z. B. 8Kennzeichnungen, gebildet werden können. Die l. P. der elementaren 8Aussagenlogik sind die 8Junktoren »nicht« (8Negation), »und« (8Konjunktion), »wenn ..., dann ...« (8Subjunktion) etc.; die der elementaren 8Prädikatenlogik sind neben den aussagenlogischen Junktoren die 8Quantoren »Für alle x gilt: ...« und »Es gibt ein x, für das gilt: ...«. In der 8Modallogik behandelt man daneben die Modalbegriffe (8Modalität) »möglich«, »notwendig« usw. als l. P. Die Bedeutung der l. P. wird in den jeweiligen Logiken durch spezielle semantische Regeln (vgl. 8Semantik) bestimmt (für Beispiele vgl. 8Aussagenlogik, 8Prädikatenlogik, 8Mögliche- Welten- Semantik). Ziel der verschiedenen Logiken ist es, genau die Aussagen anzugeben, die ausschließlich aufgrund dieser Regeln für die in ihnen vorkommenden l. P. wahr sind. Diese Aussagen nennt man (aussagen- , prädikaten- , modal- ...)logisch wahr oder tautologisch (8Tautologie). Aufgrund bestimmter systematischer Zusammenhänge sind damit gleichzeitig die logisch gültigen Schlüsse (vgl. 8Schluß) charakterisiert. logische Propädeutik, zu 8Logik und gr. propaideuein ›vorher unterrichten‹, eine der 8Logik vorgelagerte Disziplin, die sich mit deren erkenntnistheoretischen Vorausset-
logisches Quadrat
zungen und mit ihren Beziehungen zur Sprache befaßt. Sie gliedert sich in die Teilgebiete »Lehre vom Begriff« und »Lehre vom Urteil«, die in der Tradition zur Logik selbst gezählt wurden. Die Lehre vom 8Begriff befaßt sich mit der Entstehung von Allgemeinbegriffen durch 8Abstraktion, die Lehre vom Urteil mit Fragen der 8Prädikation. logischer Atomismus, eine von B. Russell und L. Wittgenstein begr. Auffassung, nach der jeder Gegenstand, der einen Sachverhalt darstellt, durch sinnvolle log. Konstruktion aus sprachl. kleinsten ›Atomen‹ oder auch log. ›Bausteinen‹ aufgebaut werden kann. logischer Empirismus, vgl. 8Empirie. logisches Quadrat, eine Figur, die die logischen Beziehungen zwischen den vier Formen von Aussagen veranschaulicht, die in der traditionellen 8Syllogistik betrachtet werden. Diese Formen sind: Alle S sind P (allgemein bejahende Sätze) – symbolisch SaP; Einige S sind P (partikular bejahende Sätze) – SiP; Kein S ist P (allgemein verneinende Sätze) – SeP; Einige S sind nicht P (partikular verneinende Sätze) – SoP. Die Buchstaben S und P stehen dabei für Begriffe wie »(... ist ein) Mensch« oder »(... ist) sterblich«, also für einstellige 8Prädikate im Sinne der modernen 8Prädikatenlogik. Zwischen den verschiedenen Aussageformen bestehen die folgenden Beziehungen: (1) Ein kontradiktorischer Gegensatz besteht zwischen SaP und SoP und zwischen SeP und SiP: die eine
Logisma
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Aussage ist jeweils äquivalent zur Negation (Verneinung) der anderen. (2) Ein konträrer Gegensatz besteht zwischen SaP und SeP: Mindestens einer der beiden Sätze muß falsch sein (die beiden Sätze sind unverträglich), aber der eine muß nicht äquivalent zur Negation des anderen sein. (3) Ein subkonträrer Gegensatz besteht zwischen SiP und SoP: Mindestens einer der beiden Sätze ist wahr, ohne daß der eine äquivalent mit der Negation des anderen ist. (4) Die Beziehung der Subalternation besteht zwischen SaP und SiP und zwischen SeP und SoP: Aus der Wahrheit des jeweils ersten allgemeinen Satzes folgt die Wahrheit des jeweils zweiten partikularen. Die allgemeinen Aussagen der Form SaP oder SeP heißen in diesem Zusammenhang »subalternierend« (propositio subalternans), die besonderen der Form SiP oder SoP »subalterniert« (propositio subalternata); der Schluß von SaP auf SiP wird a maiori ad minus (›vom Größeren auf das Geringere‹), der von SeP auf SoP a minori ad maius (›vom Geringeren auf das Größere‹) genannt. – Diese Verhältnisse lassen sich graphisch wie folgt darstellen: SaP (4) SiP
(2) (1) (3)
SeP (4) SoP
Dabei gelten die Beziehungen (2) bis (4) nur dann, wenn man – wie in der traditionellen 8Syllogistik üblich – voraussetzt, daß die Begriffe S und P nicht leer sind, daß sie also auf mindestens je ein Objekt zutreffen.
Logisma, gr. ›die Rechnung‹; bei A. von Pauler (L., 1929, S. 62 ff.) eines der letzten Inhaltselemente, aus denen sich Wahrheiten als solche zusammensetzen, im Unterschied vom Begriff, dem Ergebnis eines Denkvorgangs. Logismus, von gr. lôgismos ›Berechnung‹, der Vernunftschluß; als Weiterbildung von L. (nach Analogie von Psychologismus) auch die Weltanschauung, nach der die Ordnung der Welt eine logische ist (8Panlogismus). Logistik, Neub. aus gr. logistikë (technë), die Rechenkunst, im Altertum und Mittelalter das praktische Rechnen mit Zahlen. Der frz. Mathematiker Fr. Vieta (Viète) führte 1591 den Ausdruck logistica numerosa für das Rechnen mit Zahlen und logistica speciosa für die von ihm erfundene vereinfachte Symbolik der Algebra ein. Später wurde das Wort L. für diese allein gebraucht, zeitweise auch synonym für formale bzw. mathemat. 8Logik; von der Militärstrategie herkommend auch Planung und Durchführung von Dienstleistungen für bewegliche Operationen oder auch allg. Infrastrukturplanung für Verkehr (von frz. loger ›einquartieren‹). Logizismus, auf dem Gebiet der 8Erkenntnistheorie die Richtung, deren Vertreter dem Logischen den Vorrang vor dem Psychologischen geben; in der neueren Mathematik die Richtung, deren Vertreter die Mathematik als einen Zweig der 8Logik betrachten und die mathematischen Begriffe und Methoden auf eine allgemeine Logik zurückführen; daher logizistisch,
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von der Logik allein oder hauptsächlich abhängend; z. B. eine Mathematik, eine Ethik, die nach einer allgemeinen umfassenden Logik aufgebaut werden soll. Ethischer Logizismus: Bez. für im Rahmen der analytischen Ethik betriebene Untersuchungen der »Logik« der Moralsprache. (s. 8Metaethik) Logizität, die Denkrichtigkeit, das Logische an einer Sache oder einem Sachverhalt, deren logischer Charakter. Logokratie, von gr. logos ›Vernunft‹ und kratos ›Herrschaft‹, die Herrschaft der Vernunft in der Gesellschaft. Logomachie, gr., der Wortstreit. Logos, gr., in der gr. Grammatik die in Buchstaben darstellbare menschliche Rede, die in Sätze, Satzteile, Wörter, Silben und Laute zerfällt; in der gr. Rhetorik die Rede, die Prosaerzählung, die Fabel einer Dichtung; in der gr. Logik der Aussagesatz, das logische Urteil, auch die Definition und der definierte Begriff; in der gr. Psychologie und Metaphysik die im Menschen, dem 8Mikrokosmos, enthaltene, die übrigen Seelenteile leitende und beherrschende Vernunft als ausgesprochener oder unausgesprochener Gedanke, die als ein Teil, eine Absplitterung (apospasma) der den 8Makrokosmos beherrschenden und durchdringenden Weltvernunft aufgefaßt wurde und in der gr. Theologie als der oberste Gott selbst oder als dessen erste und höchste Kraft galt. Wahrscheinl. angeregt durch die Theologie des jüd.- griech. Philosophen Philo (geb. um 25 v. Chr.), der im
Lokalisation
L. das schöpferische Wort des alttestamentarischen Gottes und dessen die Welt erzeugende und durchdringende Vernunft sah, gelangte der Begriff über den Prolog des Johannesevangeliums (Kap. 1) und hierdurch in die christl. Theologie und Philosophie, wo der L. als Gottes Wort und Schöpferkraft, Christus als das fleischgewordene Wort, aber auch im Sinne der gr. Philosophie als die Weltvernunft, als der alle Ideen in sich enthaltende und verwirklichende Schöpfungsgedanke Gottes gilt (vgl. 8nous, 8Demiurg). logozentrisch, im Unterschied z. B. zu 8biozentrisch eine Weltanschauung, bei der nicht das 8Leben, sondern der 8Geist im Sinne der ordnenden Weltvernunft (8nous) den Vorrang hat; auch Bez. für ein 8Weltbild, welches primär in sprachl. Form (statt in anderen Formen, z. B. in solchen der Sinneswahrnehmung) dargestellt wird. Lokalisation (lat. localis ›örtlich‹, frz. localisation ›Ortsbestimmung‹), 1. die Angabe, wo sich ein Gegenstand der Wahrnehmung im Raum befindet oder auf welche Stelle im Raum hin ein Gegenstand der Vorstellung geortet wird, 2. die Bezeichnung einzelner Organe (Kopf, Gehirn, Herz) als 8Sitz der Seele, 3. die Kennzeichnung bestimmter Teile des Schädels als Merkmale und Ausdruck seelischer Eigenschaften (8Phrenologie), 4. die Verbindung einzelner Hirnteile mit seelischen Funktionen. Seit P. Broca (1860) in der linken Stirnwindung das Sprachzentrum entdeckte und G. Th. Fritsch und E. Hitzig
Lüge
(1870) die Reizbarkeit bestimmter Stellen des Gehirns mittels schwacher Ströme durch Wirkung auf bestimmte Muskelgruppen feststellten, hat man eine Reihe sensorischer (für Sinnenreize empfänglicher) und motorischer (für Körperbewegung ausschlaggebender) Zentren entdeckt; von einer eindeutigen Zuordnung insbesondere der höheren seelischen Leistungen zu ›lokalisierten‹ Hirnteilen und Hirnfunktionen kann aber nicht ohne weiteres die Rede sein. Vgl. 8Psychologie, 8Leib- Seele- Problem. Lüge, mhd. lüge (gr. pseudos, lat. mendacium); die bewußt unwahre, eine Täuschung beabsichtigende Aussage, im weiteren Sinn die absichtliche Entstellung der 8Wahrheit, die Verdrehung der Tatsachen, die gewollte Zweideutigkeit und Unbestimmtheit, die Verstellung und 8Heuchelei. Das geläufige Verständnis von L. ist, mit Täuschungsabsicht die Unwahrheit zu sagen. Dieses Verständnis stammt von Augustinus, es ist mit seinen Werken über und gegen die L. (De mendacio, 395; Contra mendacium, 420; ferner: Enchiridion ad Laurentium, 423) maßgeblich geworden: Wer lügt, redet im Gegensatz zu dem, was er denkt, also willentlich falsch, und außerdem in der Absicht zu täuschen. Jede L. ist 8Sünde, weil sie den Zweck der Sprache in sein Gegenteil verkehrt. Thomas von Aquin entschärft die Definition der L., indem er zwar die Absicht, Falsches zu sagen, nicht aber die Täuschungsabsicht zu ihrem Wesen erklärt. Das führt – durch den nun ermöglichten mentalen
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Vorbehalt – auch zur Entschärfung des Wahrhaftigkeitsethos. Jemand kann seiner begründeten Falschaussage stillschweigend vorausschicken: Ich will dich nicht täuschen, sondern ich muß aus den vorliegenden anderen Gründen die Unwahrheit sagen (Summa theol. II/II, quaestio 109- 113). Um die Durchsetzung profaner politischer Herrschaft legitimieren zu können, bedurfte es der Trennung von Moral und Politik, damit der Fürst »im Heucheln und Verstellen Meister sein« konnte (N. Machiavelli, Der Fürst. ital. zuerst 1532). Daß 8List und L. im Kriegsfall erlaubt seien, rechtfertigt Grotius (Vom Recht d. Krieges u. d. Friedens, lat. zuerst 1625), daß in bestimmten Situationen ein Recht auf Wahrheit nicht bestehe. Ob die L. unter allen Umständen unsittlich sei, ist ein umstrittene Frage (8Notlüge). I. Kant erklärt die L. für »die größte Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst, bloß als moralisches Wesen betrachtet« (Met. d. Sitten II), für »ein Verbrechen des Menschen an seiner eigenen Person und eine Nichtswürdigkeit, die den Menschen in seinen eigenen Augen verächtlich machen muß« (Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen, 1797). Kant vertritt eine vorbehaltlose Wahrhaftigkeitspflicht und unbedingte Ablehnung der L. Auch dem Mörder, der nach dem Verbleib seines möglichen Opfers fragt, solle die wahre Auskunft gegeben werden. Die Begründung ist ähnlich wie bei Augustinus, daß Wahrhaftigkeit für ein Gemeinwesen notwendig sei, die
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L. aber als Vorstoß gegen die Menschheit im Einzelnen und in der Gesamtheit alle Glaubwürdigkeit untergrabe. Dem 8Rigorismus I. Kants ist widersprochen worden: durch andere, stärker kasuistisch argumentierende Morallehren, die bestimmte L.n erlauben (gegenüber Kranken, zur Wahrung eines Geheimnisses) oder bestimmte Falschaussagen nicht zur L. (Scherzlüge, Mehrdeutigkeit) bzw. bestimmte 8Konventionen nicht zur Unwahrhaftigkeit rechnen (Höflichkeitsfloskeln, Simulieren, Diplomatie) oder den Raum der Unwahrhaftigkeit dadurch einschränken, daß man nicht immer die Wahrheit sagen müsse, wenn man sie weiß (8Klugheit, Verschweigen, Geheimnishütung, im Irrtum belassen). Vgl. 8Wahrhaftigkeit. Lügner (gr. pseudomenos, lat. mendax), Fangfrage des Sokratikers Eubulides, überliefert bei Cicero (Acad.. II 30, 96): »Wenn du sagst ›ich lüge‹ und sagst damit die Wahrheit, so lügst du. Du sagst ja, du lügst, und sprichst doch die Wahrheit; also lügst du.« Lullische Kunst, das von dem span. Scholastiker Raymundus Lullus in mehreren Schriften, bes. in der Ars magna et ultima dargestellte und als 8ars oder scientia generalis bezeichnete System von obersten, allgemeinsten evidenten Begriffen und Prädikaten, durch deren 8Kombination alle möglichen Urteile gebildet und neue Wahrheiten gefunden werden können. Um diese Kombinationen zu erleichtern, bezeichnete er die Grundbegriffe durch Buchstaben,
lumen naturale
stellte sie in Tafeln, Kolumnen und Dreiecken zusammen oder ordnete sie auf konzentrischen, drehbaren Kreisen an, so daß, wenn man diese Kreise dreht, immer andere Begriffe untereinander zu stehen kommen und neue Begriffsverbindungen ermöglicht werden. Vgl. 8characteristica universalis. lumen naturale, lat. ›das natürliche 8Licht‹ im Unterschied zum lumen supranaturale oder divinum, dem übernatürlichen oder göttlichen Licht, das auch lumen fidei, gloriae und gratiae genannt wird: ein auf die antike 8Lichtmetaphysik und die ihr entsprechende Lehre, daß das Erkennen ein Erleuchtetwerden vom Licht der 8Idee ist (vgl. Plotin, Enneaden VI 7, 24), zurückgehender Ausdruck der christlich- abendländischen Metaphysik zur Bez. des menschlich endlichen Erkenntnisvermögens und seiner Abhängigkeit von der göttlichen 8Offenbarung. »Das Wort Gottes ist das wahre Licht, das den ganzen Menschen erleuchtet« (Augustin, Conf. VII, 13 f.). Das l. n. kann zwar von sich aus zu einer Reihe von ersten, einfachen Wahrheiten (wie den logischen Grundsätzen) und empirischen Einsichten (8Erfahrung) kommen, weil es dem Menschen von Gott verliehen ist oder weil der Mensch am göttlichen Licht teilhat; aber es ist ihm nicht möglich, ohne die Unterstützung durch die übernatürliche 8Offenbarung zu einer angemessenen Gotteserkenntnis zu kommen. Diese Lehre geht in verschiedenen Abwandlungen über Thomas v. Aquin, Suarez, Ph. Melanchton,
Lust
R. Descartes usw. bis ins 18. Jh. Vgl. 8doppelte Wahrheit, 8natürliche Religion. Lust (gr. hëdonë, lat. voluptas), die der Unlust entgegengesetzte qualitative Grundart des 8Gefühls. Die L., die uns die sinnliche Empfindung schafft, heißt sinnliche L. (8angenehm); die L., die frei ist von sinnlichem Reiz und deren Gegenstand ohne Interesse gefällt, ästhetische L. (8schön). Es gibt auch moralische, religiöse, intellektuelle L.gefühle; L. ist mit Empfinden, Wahrnehmen und Erkennen verbunden. Dies anerkennt zwar auch I. Kant und läßt die L. für den ganzen Menschen gelten, aber in seinem Dualismus von empirischem und transzendental- vernünftigem Ich in einem Menschen wird die transzendentale L., die moralische, zu einem bloßen Gedankenkonstrukt. »Ich habe ... den Unterschied der Lust, welche pathologisch ist, von der moralischen, wie ich glaube, auf die einfachsten Ausdrücke zurückgeführt. Die Lust nämlich, welche vor der Befolgung des Gesetzes hergehen muß, damit diesem gemäß gehandelt werde, ist pathologisch und das Verhalten folgt der Naturordnung; diejenige
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aber, vor welcher das Gesetz hergehen muß, damit sie empfunden werde, ist in der sittlichen Ordnung« (Met. d. Sitten, 1797, Tugendlehre, A IX). Bezüglich der irdischen L. hält aber selbst Kant einen hedonistisch klingenden Trost bereit, indem er die gebietende 8Vernunft dem physischen Menschen eine 8Pflicht auferlegen läßt: »Sich selber gütlich tun, so weit als nötig ist, um nur am Leben ein Vergnügen zu finden (seinen Leib, doch nicht bis zur Weichlichkeit, zu pflegen), gehört zu den Pflichten gegen sich selbst« (ebd., A 123). 8Hedonismus, 8Eudämonismus, 8Epikureismus, 8Libido. Luxus, lat. ›Verschwendung‹, derjenige Aufwand Einzelner beim Konsum der ihnen zustehenden Güter, der über den notwendigen, durchschnittlich üblichen Lebensbedarf hinausgeht, mithin gegen verbreitete Auffassungen vom Sinn des 8Eigentums (eigene Vorsorge, Fürsorgepflicht) verstößt oder auch als Abweichung vom Tugendideal der 8Besonnenheit (des ›Maßes‹, der Mäßigung) beurteilt wird. Gegensätze: 8Bedürfnislosigkeit, 8Askese, 8Mäßigung, 8Bescheidenheit.
M
Machiavellismus, die auf den historisch- politischen Schriftsteller N. Machiavelli zurückgehende Auffassung, daß der Staat zu einer rücksichtslosen Machtpolitik berechtigt sei. Sie wird vorbereitet in seinen Discorsi sopra la prima decade di Tito Livio ›Betrachtungen über die erste Dekade des Livius‹ (1531) und tritt besonders deutlich in der Schrift Il principe hervor, die 1513, nach Machiavellis Verbannung aus Florenz, entstand und 1532 gedruckt wurde (dt. u. d. T. Der Fürst). In ihr erteilt Machiavelli den Fürsten der damaligen ital. Kleinstaaten Ratschläge, wie sie, ohne Rücksicht auf die Anforderungen der Religion, der Sitte, des Rechts und der Moral, die 8Macht erringen und sich in ihr behaupten könnten. Dabei erscheinen Religion und Recht nicht mehr in ihrem Eigenwert, sondern nur als Mittel und Werkzeuge einer Politik, die sich ihrer bei passender Gelegenheit als Vorwand bedient, sich selbst aber an keine höheren Normen oder Wertsetzungen gebunden erachtet. An Machiavelli knüpfte die Lehre von der ›8Staatsräson‹ an, die besonders im Frankreich Richelieus ausgebildet wurde. Unter den zahlreichen Gegenschriften gegen N. Machiavelli ist Friedrich des Großen Antimachiavell (1740) weniger seines Inhalts als der Person des Verfassers wegen bemerkenswert. J. G. Fichte schrieb 1807,
in einer mit Machiavelli vergleich baren Lage der Fremdherrschaft, eine Rechtfertigung des M. Macht, ahd. mhd. maht, Abstr. zu ahd. mugan, mhd. mügen, nhd. mögen, können, ›vermögen‹, die geistige und körperliche Fähigkeit zu etwas, das Seinkönnen, die 8Potenz. In den Sozialwissenschaften versteht man unter M. eine Über- oder Unterordnung zwischen Personen, Gruppen, Staaten oder Organisationen. Im Unterschied zur 8Autorität oder Herrschaft ist M. nicht auf die Anerkennung der von ihr Betroffenen angewiesen. In der Soziologie im engeren Sinn auch Bez. für ein soziales Verhalten oder einen Status, in dem best. Personen die Chance haben, »innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen« (M. Weber). Der M.begriff wird hier umfassender verw. als der der Herrschaft, den M. Weber definiert als »Chance für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angegebenen Personen Gehorsam zu finden« (vgl. M. Weber, Wirtsch. u. Gesellschaft, posthum 1922, Kap. Soziolog. Grundbegriffe). Während Herrschaft in einer Machtbeziehung ausschließlich den zur Entscheidung Befugten zusteht, kann M. auch von den in einem Abhängigkeitsverhältnis Unterlegenen wahrgenommen werden (z. B. in der Gehorsamsverweigerung, im Streik, beim Einfluß auf
Mäeutik
Meinungsbildung).Fr. Nietzsches geplantes (nie geschriebenes) Hauptwerk ›Wille zur M.‹ sollte eine je individuell gültige Theorie der M. als Lebensprinzip entwickeln. Vgl. 8Wille zur Macht, 8Machiavellismus, Hierarchie, 8Gewalt. Mäeutik, gr. maieutikë (technë), die ›Hebammenkunst‹, von Sokrates (nach Plato, Theaitetos 149 B ff.) geprägt zur Bez. des Verfahrens, im Gespräch andere zu Erkenntnissen zu führen, so daß sie diese selbst aus sich heraus gewonnen zu haben meinen und Sokrates nur den Dienst der Entbindung, des AnsLicht- Bringens geleistet zu haben scheint (8Sokratik). Mächtigkeit, im allg. Synonym für Größe, Stärke, Umfang; in der Geologie die Dicke einer Gesteinsschicht oder eines Flözes; in der Mengenlehre (8Menge) sind zwei Mengen genau dann von gleicher M. (gleichmächtig, äquivalent), wenn man sie umkehrbar eindeutig aufeinander abbilden kann (8Abbildung). Dieser Begriff der M. ist grundlegend für G. Cantors Definition der Kardinalzahlen. Die M. einer Menge ist die Zahl ihrer Elemente. Magie, gr. mageia (womit die Griechen die Kunst – Astrologie, Traumdeutung, ›Zauberei‹ – der Magier [altpers. magusch], d. h. der Angehörigen der altpersischen Priesterkaste bezeichneten), die übernatürliche, in die Natur und Menschen hineinwirkende, sie verwandelnde 8Macht. Nach ihren fördernden oder nachteiligen Wirkungen unterscheidet man ›weiße‹ und ›schwarze‹ M. – Durch arabi-
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sche Gelehrte überliefert, spielt die M. im europäischen Mittelalter eine Rolle und wird zum Lieblingsgegenstand der 8Renaissance, deren Wissenschaft sich bemüht, System in die zum 8Aberglauben entarteten Vorstellungen zu bringen. Auf diesem Wege, in geistiger Vertiefung, gehen auch Paracelsus und J. Böhme, bei denen M. nicht, wie zu ihrer Zeit gemeinhin, Zauberei ist, sondern ein Elementares im Lebensprozeß der Gottheit: das Vermögen, Ideales in Reales übergehen zu lassen. »Die M. kann die himmlische Kraft in das Medium Mensch bringen und in demselben seine Operationen vollbringen« (Paracelsus, Philosophia Sagax I. Buch c.6). Dabei ist die M. einesteils Potenz: »Es ist alles von Ewigkeit gewesen, aber bloß essentialisch, nicht wesentlich, nur figürliche Geister ohne Korporierung existierten von Ewigkeit, wie in einer Magia, wobei eines das andere verschlungen hält« (J. Böhme, Vierz. Frag. 19, 7). Andererseits ist die M. Akt: »Die M. ist kein Wesen, sondern nur der das Wesen begehrende Geist. Sie ist in sich selber nichts als ein Wille, führet sich aber in Wesen. Sie ist die größte Heimlichkeit, denn sie ist über die Natur und bildet die Natur nach der Gestalt ihres Willens. Sie führet den Abgrund in den Grund und das Nichts in das Etwas. Sie ist die Mutter der Ewigkeit, des Wesens aller Wesen, und in ihr liegen die Gestalten derselben« (Sechs myst. Punkte 5, 1- 11). magisch werden Wirkungen, Tatsachen genannt, die ihre Ursache
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nicht in der gewohnten Kausalreihe haben. Als magisches Quadrat bezeichnet man ein quadratisches Zahlenschema von natürlichen Zahlen, in dem bestimmte Gesetzmäßigkeiten herrschen (z. B. Summengleichheit in waagerechten, senkrechten und/oder diagonalen Dimensionen). Die Bez. ›magisch‹ stammt vermutlich aus dem Brauch, solche Quadrate als Talismane zu benutzen, so im arabischen Kulturkreis des frühen Mittelalters. Magische Quadrate galten als Symbol der Harmonie, dienten einem (u.a. magischen) Weltverständnis und wurden auf Siegeln benutzt. Aus der Bedeutung ›magisch‹ im magischen Quadrat entwickelte sich das Begriffsverständnis ›erstaunlich‹, ›verwunderlich‹, ›nicht erklärlich‹, so auch in den Begriffen der Wirtschaftspolitik wie magisches Dreieck: Zielsystem der Ökonomie, analog dazu auch magisches Viereck, Fünfeck, usw.; in der Atomphysik magische Zahlen: Maßeinheit für das Verhältnis von Protonen und Neutronen in einem Atomkern. magis et minus, lat. ›mehr und minder‹, im mittelalterl. 8Platonismus Bez. für die empirische Welt, die nur Komparatives enthält, nichts absolut Superlatives. Magisterium, lat. ›Meisterstück‹, in der 8Alchemie die ›Medizin dritter Ordnung‹, eine hypothetische Substanz, durch welche man Metalle angeblich in Gold verwandeln konnte bzw. ewiges Leben erhielt. major, lat., zu ergänzen terminus, der größere, weitere Begriff in einem Syllogismus (8Syllogistik).
Manie
Makrobiotik (gr. makrobiotës der ›Langlebige‹), von Chr. W. Hufeland (M. oder die Kunst, das menschl. Leben zu verlängern, 1796) geb. zur Bez. der Bestrebungen, die Lebenszeit durch möglichst naturgemäßes Leben zu verlängern; svw. 8Diätetik. Makrokosmos, gelehrte Neub. im 18. Jh. aus gr. kosmos ›Welt‹ und makros ›groß‹ für das ältere, schon im MA gebr. Megakosmos, die große Welt, das Weltall. Gegensatz: 8Mikrokosmos. Man, in der 8Existenzphilosophie M. Heideggers das noch unpersönliche Subjekt der durchschnittlichen Stellungnahmen, Wertungen und Reaktionen. (Ders., Sein und Zeit, 1927, §§ 27, 38). Manichäismus, die von dem Perser Mani (lat. Manichaeus, 216- 276) gestiftete Weltreligion, der eine aus orientalischen, hellenistischen und christl. Elementen zusammengesetzte 8Gnosis zugrunde liegt. Ihr Charakteristikum ist die dualistische Lehre von den beiden miteinander kämpfenden Mächten 8Ormuzd und 8Ahriman. Der Mensch hat an beiden sowie an ihrem Kampf teil; seine 8Erlösung besteht darin, daß die in ihm enthaltenen Lichtteile dem Reiche des Lichts wieder zugeführt werden und das Dunkle, Materielle in ihm der Welt der Finsternis überlassen wird, die am Ende der Weltentwicklung durch Feuer untergeht (8Ekpyrôsis). S. a. 8Dualismus. Manie, gr. mania ›Wahnsinn‹, ›Raserei‹, der seelische Zustand erhöhten Selbstgefühls und beschleunigten Vorstellungsverlaufs (8Ideen-
Manifestation
flucht), der seit je teils als krankhaft, teils als göttliches Geschenk aufgefaßt wurde. Die M. ist neben der 8Nachahmung das die Kunst, bes. die Dichtung Ausmachende bei Plato: »Die Besessenheit und der Wahnsinn, wenn sie eine zarte und verschlossene Seele ergreifen, wecken diese auf und versetzen sie in einen schwärmerischen Zustand, und indem sie in Liedern und den andern Arten der Dichtkunst tausend Taten der Alten verherrlicht, bildet sie die nachwachsenden Geschlechter.« (Phaidros 244 B ff.). Manifestation, lat., ›Handgreiflichmachung‹; die Sichtbarmachung, das Sichtbar- oder Offenbarwerden im Sinne von 8Offenbarung bes. bei B. Spinoza, den schwäbischen Theosophen (z. B. bei F. Chr. Oetinger) und G. W. Fr. Hegel gebr.; manifest (lat. von manus ›Hand‹), ›handgreiflich‹; später auch: deutlich erkennbar, offenbar; als Substantiv: Grundsatzerklärung, Programm; manifester Inhalt heißt bei S. Freud der durch das zensierte Über- Ich beeinflußte Trauminhalt, im Unterschied zum latenten Inhalt. Mannigfaltigkeit, eine aus verschiedenartigen Bestandteilen zusammengesetzte Vielheit, in der Mathematik svw. 8Menge. Vgl. 8Einheit. In der Mathematik bed. M. die Verallgemeinerung des Flächenbegriffs eines dreidimensionalen euklidischen Raumes. Ein zusammenhängender Raum wird als eine M. der Dimension n oder als n- dimensionale M. bezeichnet, wenn jeder seiner Punkte eine Umgebung besitzt, welche zur Menge
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aller Punkte eines reellen euklidischen Raumes gerechnet werden kann. M. wird auch als Fachterminus in der Kunsttheorie verw. (›ästh. M.‹). Ein Bestimmungsmerkmal des im traditionellen Sinne 8Schönen ist im metaphysischen Denken die Einheit in der M., d. h., in Analogie zum kosmologischen, der ästhetische Ordnungszusammenhang der vielfältigen Momente, die ins Ganze eines Werkes eingehen. Seit I. Kant wird diese Einheit des Mannigfaltigen nicht mehr als objektive Eigenschaft des ästhetischen Gegenstands, sondern als Ergebnis der Reflexion eines Subjekts aufgefaßt, die das Mannigfaltige der Anschauung zu einer subjektiv zweckmäßigen Einheit bringt, ohne dabei, wie in der Erkenntnis eines Gegenstandes, von Verstandesbegriffen und deren synthetischen Leistungen Gebrauch zu machen. Die ästhetische Einheit der M. beruht allein auf 8Geschmack und 8Wohlgefallen. Marburger Schule, die von den Marburger Professoren F.A. Lange, H. Cohen und P. Natorp im 19. Jh. gegründete Schule des 8Neukantianismus, zu der u. a. auch A. Görland und N. Hartmann gehörten. Marginalien, von lat. margo ›Rand‹, Randbemerkungen, Inhaltsangaben am Rande eines Textes. Marxismus, die auf den Lehren von K. Marx beruhende Richtung des 8Sozialismus, die aus der ungleichen Verteilung der Güter und der ungleichen Verfügungsgewalt über Produktionsmittel (8Kapitalis-
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mus) die Notwendigkeit des 8Klassenkampfs folgerte, als dessen Resultat sie die ›klassenlose Gesellschaft‹ ansah (8historischer Materialismus). M. als Begriff wurde erst von den Nachfolgern von K. Marx verwendet als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Grundlegung des Wegs zum 8Sozialismus und 8Kommunismus. Zwischen den verschiedenen Schulen des M. besteht lediglich Einigkeit darüber, daß das kapitalistische Wirtschaftssystem zu einer 8Entfremdung des Menschen führt, ferner daß dessen Aufhebung nur auf der Grundlage der von den Menschen gemeinsam beherrschten und damit kollektiv veränderbaren Produktions- und Eigentumsverhältnisse gewährleistet werden kann. In den meisten Schulen des M. wird gesellschaftlicher Fortschritt gemessen an dem Grad, in dem Menschen Eigner und Beherrscher ihrer eigenen Produktionsmittel sind (vgl. auch 8Neomarxismus). Der M. hat großen Einfluß auch auf nichtmarxistische Schulen der geistes- und gesellschaftskritischen Interpretation der Gegenwart gewonnen (8Wissenssoziologie, 8Frankfurter Schule). Maschine, gr. mëchanë, lat. machina, künstliches Werkzeug, im 17. Jh. über frz. machine eingedeutscht und für künstliche Einrichtungen verschiedener Art, z. B. neue militärische Werkzeuge, Bühneneinrichtungen, seit Ende des 17. Jh. aber auch für die staatliche 8Organisation und den tierischen 8Organismus gebraucht (8Maschinentheorie). Maschinentheorie, die Auffassung der Lebewesen als (nach Ana-
Maß
logie von) Maschinen (8Mechanismus). Die M. entstammt dem westeuropäischen Rationalismus. Entscheidend wurde die Auffassung R. Descartes’, daß die Tiere seelenlose 8Automaten seien. J. Lamettrie schrieb ein Buch mit dem bezeichnenden Titel L’homme machine (1748). Aber auch in Deutschland fand die M. in gewisser Weise Eingang. Chr. Wolff z. B. (VGG I § 557 ff.) erklärte nicht nur die Welt selbst und alle zusammengesetzten Dinge in ihr für Maschinen, sondern auch, daß »in der Welt Wahrheit« ist, »weil sie eine Maschine ist«. Er erklärte endlich (ebd. § 1036 ff.), daß die Dinge dadurch, daß sie Maschinen sind, »ein Werk der Weisheit Gottes werden«. »Wäre eine Welt, die keine Maschine wäre, so ... bliebe die Welt nicht mehr ein Werk der Weisheit Gottes, sondern bloß ein Werk seiner Macht« (ebd.), d. h. ein Werk, in dem 8Wunder geschehen könnten. Maß, ältere Bez. für eine Einheit im Meßwesen (Längen- , Flächenoder Rauminhalte). Alle Maße wurden in der 8Mechanik seit C. Fr. Gauß auf drei voneinander unabhängige oder absolute, das der Länge, das der 8Masse und das der 8Zeit zurückgeführt, z. B. als Zentimeter, Gramm und Sekunde. Man nennt dieses Maßsystem das Zentimeter- Gramm- Sekundensystem (CGS- System). Im Alltag dient M. auch als Bez. für Hohlmaß unterschiedl. Größe z. B. für Flüssigkeit; in der Mathematik wird M. auch als Verallgemeinerung des Begriffs 8Inhalt verwendet, der sogar im Falle unendlich vieler Mengen zähl-
Masse
bar ist. In der Ethik ist M. ein Prinzip zur Bestimmung einer allgemeinen 8Norm oder 8Regel, welche Handlungen zwischen gedachten Extremen proportioniert (8Mesotës), auch Synonym für die 8Tugend der 8Besonnenheit. Masse, ahd. von lat. massa ›Teig‹, ›Klumpen‹, ungeformter, dichter Stoff, in der Physik das zahlenmäßig vergleichbare Eigenmerkmal der (Außenwelt- ) Dinge, das sich als Widerstand gegen Beschleunigung oder als Beharrungsstreben in bezug auf Ort und Geschwindigkeit (8Trägheit) äußert. Als Einheit der M. (ein Gramm) ist die eines ml Wassers von 4 °C definiert. Das im Jahre 1785 von A. L. Lavoisier entdeckte Gesetz von der Erhaltung der M. besagt, daß bei allen chemischen Vorgängen die M.nsumme der beteiligten Stoffe nach der Reaktion gleich derjenigen vor der 8Reaktion ist. Mit der 8Energie steht die M. in engster Beziehung (8Erhaltung der Energie). Im atomaren Bereich läßt sich die Entsprechung von M. u. Energie als M.neffekt bei der 8Atomspaltung beobachten, bei der die auftretenden hohen Energien aus der verschwundenen M. entstehen. Bei der kosmischen Strahlung kennt man den umgekehrten Vorgang, daß aus Energie M.teilchen entstehen. – In der Soziologie bezeichnete man früher als M. die durch gleichartige Strebensrichtungen und Gefühle verbundene, aber sonst ungegliederte oder in ihrer Gliederung nicht auftretende Menschenmenge. Mäßigung betrifft den traditionellen Begriffsinhalt der 8Kardinaltu-
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gend 8Besonnenheit (gr. sôphrosynë). Obwohl ›sôphrôn‹ ursprünglich ›von gesundem Verstande‹ und ›maßvoll‹, enthaltsam (8Maß) heißen konnte, wird sôphrosynë schon bei Plato als die Vernünftigkeit in bezug auf die Lüste beschrieben: »Ein gewisser Anstand ist ... die Besonnenheit und eine Mäßigung gewisser Lüste und Begierden«. Besonnenheit wird begriffen als ein ›Stärkersein‹ gegenüber der Triebnatur als dem schlechteren Seelenteil. Im Staat als »dem Herrn der Lüste und Begierden« sorgt Besonnenheit für Einklang und Harmonie (Politeia, 420e, 431d, 432a). Auch bei Aristoteles hat Besonnenheit den Sinn von Maß und M. gegenüber den »Lustarten, an denen auch die übrigen Lebewesen teilhaben und die darin sklavisch und tierisch erscheinen« (Nik. Ethik 1118a 24). Sôphrôsyne richtet sich gegen die Zügellosigkeit »beim Essen, Trinken und dem, was man aphrodisia [Liebesgenuß] nennt« (1118a 30). Nach diesen Genüssen wird der Besonnene mit »Maß streben und wie man soll« (1119a 16), so daß »das Begehrende mit der Vernunft« übereinstimmt (1119b 15). Die gesamte abendländische Tradition des Tugendbegriffs der Besonnenheit beschäftigt sich mit dem vernünftigen Maß im Umgang mit der Triebnatur des Menschen. Unter dem (lat.) Namen ›temperantia‹ wird das aristotelische Verständnis der Besonnenheit als M. von Thomas von Aquin verchristlicht und auf die (sexuellen) Begierden hin orientiert (vgl. Summa theol. II. II,
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141- 170). Bis in die jüngste Zeit dominiert in der Ethik der Begriffsanteil M. gegenüber dem weiteren Begriff der 8Besonnenheit. M. im Sinne des rechten Maßes an Speise, Trank und Liebesgenuß ist in bezug auf einen Selbstanspruch auch gegenwärtig nicht unbedeutsam. Es zeigt sich im 20. Jh., daß die gesellschaftliche und globale Entwicklung neue Dimensionen von Maß und M. eröffnet hat (z. B. Selbstbegrenzung im Blick auf den Gebrauch der Rohstoffe und 8Güter oder von Besitzanspruch und instrumentellem Denken befreite Liebesbeziehungen – nach der sog. sexuellen Liberalisierung). Die Erkenntnis von Möglichkeit und Beginn der vollständigen Selbstzerstörung der Menschheit hat zur Forderung neuer M. geführt (vgl. I. Illich, Selbstbegrenzung, 1980, H. Jonas, Das Prinzip Verantwortung, 1984). materia prima (lat. ›erste Materie‹), Begr. der 8Scholastik, der einen form- und eigenschaftslosen Urstoff bez., welcher die geformten Elemente als materia secunda hervorbringt. In der 8Alchemie versuchte man deshalb, die Ausgangspunkte für die Umwandlung von Stoffen in andere mit den gewünschten Eigenschaften (z. B. denen von Edelmetallen) dadurch zu fördern, daß man bestehende Elemente in eine eigenschaftslose m.p. überführt, um ihr dann die gewünschten Eigenschaften aufprägen zu können (daher die Bez. ›schwarze Magie‹). material, von lat. materialis ›stofflich‹, inhaltlich im Gegensatz zu
Materialismus
8formal; materiell, über frz. matériel 1. stofflich, körperlich, sinnlich wahrnehmbar, 2. auf das Sinnliche, auf Genuß und Geld gerichtet; 3. im Gegensatz zu formell: inhaltlich, auf den Inhalt, die Sache selbst gerichtet. Materialisation, von lat. materialis ›stofflich‹, die Verstofflichung, im 8Okkultismus und 8Spiritismus das angebliche Erscheinen von Körpern und Körperteilen, die das Medium aus einem sog. Teleplasma erzeugen und (meist durch Mund und Nase) zum Vorschein bringen soll. Gegensatz: 8Dematerialisation. Materialismus, Neub. von 8Materie, die Weltanschauung, nach der es keine andere Wirklichkeit gibt als die Materie, so daß auch Seele, Geist und Denken als Kräfte oder Bewegungen der 8Materie aufgefaßt werden. Man unterscheidet den theoretischen und den praktischen M. Der theoretische M. ist entweder naturwissenschaftlich und stützt sich auf Teilergebnisse der physikalischen und chemischen Forschung, oder historisch; diesen verkündete vor allem K. Marx, daher auch 8Marxismus genannt (8historischer M.). Der praktische M. ist die Lebensanschauung, nach der die materiellen Werte, besonders Geld, Besitz und Sinnengenuß, den geistigen vorgezogen werden. Der Begriff M. läßt sich zuerst bei H. More (Divine Dialogues, 1668 engl., 1679 lat.) nachweisen. Im deutschen Sprachraum taucht er zunächst im Briefwechsel zwischen S. Clarke und G. W. Leibniz auf. Er bezeichnete
Materialist
urspr. die Vorstellung, daß der 8Kosmos wie eine 8Maschine funktioniert und nach den mechanischen Gesetzen aufgebaut ist. Umstritten blieb diese These des M. durch die Übertragung dieses Modells auf Organismen und auch auf den Menschen (insbes. bei J. Lamettrie, L’homme machine, 1748). Die These des urspr. ›mechanisch‹ genannten M., wonach alles Seiende stofflich ist oder auf Stoffliches zurückgeführt werden kann, wurde in späteren Varianten dieser Richtung eingeschränkt: Im 8dialektischen M. wird Nicht- Materielles als 8Substrat von 8Materie, also das Ideelle nur als Resultat, nicht aber als zugehörig zur stofflichen Materie begriffen. M. ist auch Sammelbezeichnung für antiidealistische Auffassungen der Geschichtsschreibung (8historischer Materialismus in erweiterter Bedeutung). Im 20. Jh. bes. einflußreich hat sich die These vom Parallelismus von Psychischem und Physischem erwiesen, so z. B. in der sog. ›Identitätstheorie‹ (vertreten u.a. von H. Feigl sowie D. M. Armstrong). Nach dieser Position sind Bewußtseinsphänomene mit Gehirnprozessen identisch; danach sind Aussagen über Bewußtseinsphänomene inadäquat, solange sie nicht in der Struktur ihrer Gehirnprozesse aufgeklärt sind. Diese Position löste die ältere materialistische These ab, daß geistige oder seelische Phänomene nichts anderes als Epiphänomene der Materie seien. Als M. werden danach nicht nur Positionen vertreten, welche der Materie ausschließliche Existenz zuschreiben, son-
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dern auch solche Positionen, in denen der Materie eine dem NichtMateriellen primäre und vorgängige Existenz zuerkannt wird. Materialist, Ausdruck von R. Boyle (The excellence and grounds of the mechanical philosophy, 1674) oder schon H. More (Divine dialogues, 1668), Vertreter des 8Materialismus. G. Bruno sagt statt M. noch 8Epikureer. Materialität, Neub. von lat. materialis ›stofflich‹, die Stofflichkeit, Körperlichkeit, das Bestehen aus 8Materie. Materie, lat. materia Stoff, ›Grundstoff‹, von mater ›Mutter‹; in der Philosophie: Übers. von gr. hylë ›Stoff‹, Urstoff; der Stoff im Gegensatz zur 8Form, insbes. der noch nicht geformte Urstoff, das Ungeformte, Ungestaltete. So unterscheidet man z. B. die M. eines Baumes von seiner Gestalt, die M. eines Kunstwerkes von der dadurch ermöglichten Darstellung. Ebenso allgemein stellt I. Kant der Form unserer sinnl. Empfindungen (nämlich in Raum und Zeit) ihre M. gegenüber, d. h. was wir durch die Empfindungen des Gehörs, Gesichts usw. im Raume und der Zeit wahrnehmen. Die Philosophen haben je Unterschiedliches darunter verstanden: Die 8Hylozoisten (Thales, Anaximander, Anaximenes, Heraklit) betrachteten einen oder mehrere der durch die Erfahrung bekannten oder hypothetisch angenommenen sinnlichen Stoffe (Wasser, 8Apeiron, Luft, Feuer usf.) als Grundprinzipien und schieden den Stoff noch nicht von bewegenden Kräften, sondern sahen diese als
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mit ihm eins an. Die Scheidung des Stoffs von der bewegenden Kraft vollzogen zuerst Empedokles, der vier Elemente (Erde, Wasser, Luft und Feuer) und zwei bewegende Kräfte, Liebe (gr. philia) und Haß, annahm, und Anaxagoras, der sich die M. aus unendlich vielen qualitativ bestimmten Stoffteilchen (gr. spermata) bestehend dachte und als bewegende 8Kraft einen weltordnenden Geist (8nous) ansetzte. Die Atomisten (Leukipp und Demokrit, 5. und 4. Jh. v. Chr.) stellten zuerst die Theorie auf, daß die M. aus qualitätslosen, durch Gestalt, Ordnung und Lage sich unterscheidenden kleinsten Bestandteilen, den 8Atomen, bestehe. Plato setzte den 8Stoff als das Nichtseiende in Gegensatz zu den 8Ideen (den allgemeinen Begriffen), denen das substantielle Dasein innewohnt; auch die 8›Metaphysik‹ des Aristoteles beruht auf dem Gegensatz von Stoff und 8Form: Die M., der Stoff, ist das, was nur der Möglichkeit nach existiert (dynamis), die Form dagegen das Wirkliche (energeia), die Veränderung ist der Übergang aus jener in diese. Über das Verhältnis von M. und Form stritt man sich im gesamten Mittelalter: einige Philosophen nahmen eine Bestimmung der M. durch die Form, der andere eine Entwicklung der Form aus der M. an. Durch R. Descartes wurde die M. neu bestimmt: da er den Gegensatz zwischen Denken (8Geist) und 8Ausdehnung für einen metaphysischen, für den zweier 8Substanzen ansah, so erklärte er die M. für die ausgedehnte Substanz, im Unterschied
Mathematik
zum Geiste, der denkenden Substanz. Demgemäß leitete er alle körperlichen Vorgänge aus räumlichmechanischen Veränderungen ab. G. W. Leibniz setzte an Stelle der Ausdehnung die Raumerfüllung, die nur durch tätige Kraft erfolgen kann, und fand die einzig tätige Kraft im Vorstellen. So gestaltete er die realen Dinge zu Seelenmonaden mit Vorstellungkräften um; die M. war ihm daher nichts Reales, sondern nur die verworrene Vorstellung eines 8Aggregats von 8Monaden. I. Kant suchte die Undurchdringlichkeit und 8Kohäsion der M. dynamisch durch anziehende und abstoßende Kräfte zu erklären. Die geformte, räumlich abgegrenzte M. heißt 8Körper. Wird die M. als das aller Form Zugrundeliegende gedacht, so heißt sie 8Substanz. In der Erkenntnisthorie ist die M. dasjenige an den Dingen, was sie zu Gegenständen der äußeren 8Wahrnehmung macht und die 8Ursache der 8Empfindungen ist. Die Erforschung des Wesens, der Zusammensetzung und der Struktur der M. ist der Gegenstand der Naturwissenschaften, in denen hierüber zahlreiche Theorien aufgestellt werden. In der heutigen Physik hat sich die atomistische Theorie durchgesetzt (8Atomismus). Mathema, gr. ›das Gelernte‹, die Wissenschaft; bei I. Kant ein »direkt synthetischer Satz«, der »durch Konstruktion der Begriffe« entstanden ist. Mathematik, die Wissenschaft vom Formalen, speziell von den Zahlen. Die wichtigsten Gebiete der reinen M. sind 8Arithmetik
Mathematische Logik
(Theorie der natürlichen, rationalen und algebraischen Zahlen) und 8Analysis (Theorie der reellen und komplexen Zahlen), aus denen sich die axiomatischen Theorien der 8Algebra und Topologie entwickelt haben. In der neueren Zeit sind aus der Grundlagenforschung 8mathematische Logik und 8Mengenlehre hinzugekommen. Zur M. wird ferner die 8Geometrie gerechnet, aus der sich die analytische und synthetische Geometrie entwickelt haben, ferner die Differentialgeometrie und Punktmengenlehre. Alle diese Gebiete sind jedoch nicht scharf getrennt, sondern gehen vielfach ineinander über. Anwendung fand die M. in fast allen Wissenschaften und Technologien, zunächst bei der Erdvermessung und der Physik. Als genuine Gebiete der angewandten M. haben sich zuerst die 8Astronomie, Wahrscheinlichkeitslehre, Versicherungsmathematik sowie die 8Statistik entwickelt. Die Philosophie der M. hat zum Gegenstand 1. die Methoden der M., ihre Begründung und ihren Gültigkeitsanspruch, 2. die Beziehungen der M. zur empirisch beschreibbaren Wirklichkeit (8Mathesis). Mathematische Logik, im weiteren Sinne die gesamte formale 8Logik, im engeren Sinne dasjenige Teilgebiet der Logik, in dem die für die 8Mathematik relevanten Schlußverfahren und Begriffsbildungen behandelt werden. Dabei legt man in der Regel eine erweiterte 8Prädikatenlogik höherer Stufe zugrunde, deren Sprache ein Identitätssymbol ›= ‹ sowie Konstanten
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für mathematische Funktionen (z. B. für die Additionsfunktion ›+‹) umfaßt und in der nicht nur über einfache Gegenstände, sondern auch über 8Prädikate quantifiziert werden kann. Diese letztere Möglichkeit ist für eine Rekonstruktion der Schlußweisen in der Mathematik wesentlich. Unverzichtbar ist sie etwa für die formale Darstellung des Induktionsaxioms für natürliche Zahlen. Logische Überlegungen spielen u. a. beim Aufbau einer antinomiefreien Mengenlehre (8Antinomie) und in der allgemeinen Beweistheorie eine wichtige Rolle. Pionierarbeit auf dem Gebiet der mathematischen Logik, die eng mit der Philosophie der Mathematik verbunden ist, wurde im 19. Jahrhundert von G. Frege, zu Beginn des zwanzigsten von B. Russell und A. N. Whitehead (vgl. vor allem deren Principia Mathematica) geleistet. Mathesis, gr. ›das Lernen‹, Wissen, die Wissenschaft; die 8Mathematik als Wissenschaft schlechthin. Mathesis universalis, der Leibnizsche Name für das einheitliche Gesamtgebiet aller formalen Wissenschaften, das üblicherweise aufgegliedert ist in 8Logik, 8Arithmetik, 8Geometrie und 8Mechanik. Matrixspiel, endliches Zwei- Personen- Nullsummenspiel, d. h. ein 8Spiel mit zwei Spielern, bei dem jeder Spieler über eine endliche Anzahl von 8Strategien verfügt und bei dem sich Gewinn und Verlust betragsmäßig ausgleichen. Maximax- / Maximinprinzip, s. 8Entscheidungskriterium, 8Entscheidungstheorie.
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Maxime (lat. maxima zu ergänzen propositio oder regula), Hauptvorsatz, Hauptregel, ein Grundsatz für das eigene sittliche Handeln; im Unterschied zum allgemeingültigen 8Sittengesetz oder dem 8kategorischen Imperativ der vom Einzelnen gefaßte und zunächst für ihn (subjektiv) geltende Vorsatz oder Grundsatz (Prinzip). M. war ursprünglich ein Begriff der aristotelischen Logik (eingef. von Boethius in seinem Aristoteles- Kommentar; svw. 8Axiom), ein Grundsatz, welcher ohne Beweis akzeptiert werden kann. Später diente er auch zur Bez. eines 8Aphorismus oder einer Sentenz für eine Lebensweisheit. Maximum und Minimum, lat. ›das Größte‹ und ›das Kleinste‹, der größte und der kleinste Wert in einer Reihe von Werten, die Extremwerte. Maxwellsche Gleichungen, das von J. C. Maxwell (Substanz und Bewegung, 1879) aufgestellte System von Differentialgleichungen, das den Zusammenhang der elektrischen und magnetischen Kräfte bestimmt, also die Gesetze des elektromagnetischen Feldes bei Veränderung eines elektrischen oder magnetischen Zustandes beschreibt. Maya, sanskr., die Zaubermacht der indischen Götter sowie das durch diese Macht Bewirkte, auch Name einer weibl. Gottheit, zu der sie personifiziert wurde; in den 8Upanishaden der gesamte Umfang der sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände, die durch die M. des Ur- und Allwesens (8Atman) hervorgebracht werden, jedoch in sich
Mechanismus
selbst weder notwendig sind noch Bestand haben. M. ist danach zwar eine Erscheinung der schöpferischen Macht, aber nicht die Erscheinung dieser Macht als sie selbst, d. h. als Atman. Die 8Erscheinung, sofern sie als Erscheinung aufgefaßt, d. h. zurückbezogen wird auf das, dessen Erscheinung sie ist, wird dadurch nicht abgewertet. Wenn dagegen die Erscheinung für sich als das Wahre genommen wird, so ist sie Trug, Täuschung, Blendwerk. Mechanik, von gr. mëchanikë (technë) ›Maschinenkunst‹, der Teil der Physik, der von den Massen, Kräften und ihrer Wirkung handelt, eingeteilt in die 8Statik, die Lehre vom Gleichgewicht der Kräfte, von den Körpern in Ruhe oder in gleichförmiger Bewegung, und die 8Dynamik, die Lehre von den Bewegungen der 8Körper unter dem Einfluß der Kräfte, d. h. den durch sie hervorgerufenen Veränderungen der Geschwindigkeit und der Bewegungsrichtung der Körper (8Bewegungslehre, 8Kinetik, 8Kinematik, Phoronomie). Dazu mechanisch, die M. betr., durch äußere Kräfte wie Schwere, Druck und Stoß verursacht und nach den Gesetzen der M. verlaufend, maschinenmäßig; auch svw. unbewußt, gewohnheitsmäßig; Mechanisierung, das Gleichförmig- , Maschinenartig- , Automatischmachen von Lebensvorgängen, Verrichtungen, Handlungen von Menschen. Mechanismus, Neub. von gr. mëchanë über frz. mécanisme, 1. die Anordnung materieller Teile zu einem Ganzen so, daß dank
mechanistisch
ihrer ein planmäßiges und zweckhaftes Geschehen sich vollzieht wie bei einer 8Maschine; 2. als Gegensatz zum 8Vitalismus die Lehre, daß die Leistungen des Organismus, seine Entwicklung, Erhaltung, Wiederherstellung, Fortpflanzung und Verhaltensweise sich auf Grund der Anordnung seiner Teile nach den Gesetzen der Physik und Chemie ergeben, so daß der 8Organismus sich von einem unlebendigen System nur durch den Grad der Zusammengesetztheit unterscheide, daß also eine Eigengesetzlichkeit des Organischen nicht bestehe (8Automat). Der M. braucht nicht zum 8Materialismus zu führen, obwohl er mit ihm verträglich ist; von R. Descartes bis H. Lotze sind auch nichtmaterialistische Philosophen für ihn eingetreten. mechanistisch, nach Art eines 8Mechanismus wirkend gedacht, ausschließlich 8mechanisch erklärt; im mechanistischen Weltbild wird das Naturgeschehen auf Stoffe, Kräfte und Bewegungen zurückgeführt, die nur aus dem Gesetz von Ursache und Wirkung (8Kausalitätsprinzip) folgen, so daß alle Erklärungen durch Zwecke (8Teleologie) ausgeschlossen sind. Meditation, lat., ›das Nachdenken‹, Überlegen, die andächtige Vertiefung in etwas, z. B. in ein Kunstwerk (8Einfühlung), auch in sich selbst (Versenkung); dazu meditieren, über etwas nachdenken, sich in etwas versenken (vgl. 8Yoga, 8Mystik). Medium, lat. ›die Mitte‹, das Vermittelnde (Mz. Medien); 1. im 8Ok-
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kultismus und 8Spiritismus die Person, die die angebliche Vermittlung zwischen der ›Geisteswelt‹ und den Menschen übernimmt, die etwas von den ›Geistern‹ wissen wollen; 2. in der Kommunikationstheorie der Träger von Nachrichten. medius (terminus), lat., der Mittelbegriff eines Syllogismus (8Syllogistik). Megariker, die Mitglieder der von dem Sokratesschüler Euklides von Megara nach dem Tode des Sokrates gegründeten Philosophenschule, zu der Eubulides, Alexinos, Diodoros Kronos und Stilpo gehörten. Sie verbanden die Lehre des Sokrates vom Guten mit der der Eleaten (8eleatische Schule) von dem einen Sein und sind bes. durch ihre 8Fangschlüsse (8Lügner, 8Sorites, 8Velatus u. a.) bekannt (8Eristik). Mehrdeutigkeit, vgl. 8Ambiguität. Mehrwertige Logik, ein Oberbegriff für alle Systeme der 8Logik, in denen das 8Bivalenzprinzip, nach dem alle Aussagen entweder wahr oder falsch sind, nicht gilt. Häufig werden dreiwertige Logiken diskutiert, in denen Aussagen neben den Werten »wahr« (w) und »falsch« (f) noch einen dritten 8Wahrheitswert »unbestimmt« (u) annehmen können. Die Bedeutung der 8Junktoren einer solchen Logik werden, ganz analog zur klassischen 8Aussagenlogik, durch 8Wahrheitstafeln bestimmt. Die folgenden Festlegungen gehen auf den polnischen Logiker J. Lukasiewicz (1920) zurück:
Mehrwertige Logik
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A
¬A A
B
w u f
f w u w w w u u u f f f
w u f w u f w u f
A∧B A∨B A→ B w u f u u f f f f
w w w w u u w u f
w u f w w u w w w
Wie in der klassischen Aussagenlogik sollen auch hier diejenigen komplexen Aussagen logisch gültig oder tautologisch heißen (8Tautologie), die unter allen möglichen Verteilungen von 8Wahrheitswerten auf ihre Teilaussagen wahr werden. Eine Reihe klassischer Tautologien erweist sich dann als in diesem System ungültig. Hierzu gehören insbesondere alle Aussagen der Form A ∨ ¬ A (»A oder nicht A«, vgl. 8principium exclusi tertii ): Sie nehmen ja den Wert »unbestimmt« an, wenn A und ¬ A gleichermaßen unbestimmt sind, und sind damit nicht auf jeden Fall wahr. Die Ungültigkeit von A ∨ ¬ A entspricht der Ablehnung des Bivalenzprinzips. Klassisch wie dreiwertig gültig ist dagegen etwa das Gesetz ¬ ¬ A → A. – Für die Ablehnung des Bivalenzprinzips und die Einführung eines dritten Wahrheitswertes wurden ganz verschiedene Argumente vorgebracht. U. a. versuchte man gewissen logischen 8Antinomien auf diese Weise zu begegnen. Lukasiewicz meinte, die zweiwertige Logik eigne sich nicht zur Behandlung von Sätzen über zukünftige Ereignisse: Sie implizie-
re einen falschen 8Determinismus und lasse der Handlungsfreiheit des Menschen keinen Raum. Wenn A ein Satz über Zukünftiges ist, dann verstand er »A ist wahr« dabei genauer als »Es gibt (gegenwärtig) Ursachen, die das Eintreten von A in der Zukunft erzwingen« und »A ist falsch« als »Es gibt Ursachen, die das Eintreten von Nicht- A in der Zukunft erzwingen«. Ein Satz wie »Hans ist morgen zu Hause« wird aber in der Regel nicht wahr oder falsch in diesem Sinne sein, denn es gibt normalerweise keine zwingenden Ursachen, die Hans’ Verhalten determinieren. Um solchen Fällen gerecht zu werden, muß man also einen dritten Wahrheitswert »unbestimmt« einführen, den ein Satz A über Zukünftiges genau dann annimmt, wenn es keine zwingenden Ursachen dafür gibt, daß A oder Nicht- A eintritt. Ein in etwa vergleichbares Argument findet sich bereits bei Aristoteles (das berühmte Beispiel der morgigen Seeschlacht im neunten Kapitel von De interpretatione). H. Reichenbach entwickelte eine dreiwertige Logik, um bestimmten Phänomenen im Bereich der 8Quantentheorie gerecht werden zu können. U. Blau (1972) führte eine Reihe von Gründen für die Annahme ins Feld, die der Alltagssprache zugrundeliegende Logik sei dreiwertig. U. a. schlug er vor, Sätze wie »Der Kaiser von Deutschland im Jahre 1995 ist konservativ«, die eine leere 8Kennzeichnung (»der Kaiser von Deutschland im Jahre 1995«) enthalten, als »unbestimmt« zu bezeichnen.-
Mehrpersonenspiel
Neben dreiwertigen wurden auch andere m. L.en intensiv erforscht, darunter solche mit unendlich vielen 8Wahrheitswerten, die etwa durch das Kontinuum der reellen Zahlen zwischen 0 und 1 bezeichnet werden (vgl. z. B. 8intuitionistische Logik). Mehrpersonenspiel, strategisches 8Spiel mit mind. drei Spielern, das im Unterschied zum Zweipersonenspiel die Möglichkeit der Koalitionsbildung bietet und damit einen höheren Komplexitätsgrad aufweist. Meinung, mhd. meinunge ›Sinn‹, Gedanke, Ansicht (gr. 8doxa, lat. opinio), das Fürwahrhalten von etwas, das nicht begründet oder bewiesen ist. Bei Plato der gegenüber dem 8Wissen (gr. epistëmë) mindere Grad an Nähe zur 8Wahrheit. Im Untersch. zu den philo- sophoi (den Weisheitsfreunden) kritisiert er die bloßen philo- doxoi (welche bloße Meinungsfreunde sind – vgl. auch 8Ideologie). Nach I. Kant (KrV, B 850) ist M. »ein mit Bewußtsein sowohl subjektiv als objektiv unzureichendes Fürwahrhalten. Ist das letztere nur subjektiv zureichend und wird zugleich für objektiv unzureichend gehalten, so heißt es Glauben. Endlich heißt das sowohl subjektiv als objektiv zureichende Fürwahrhalten das Wissen«. Nach G. W. Fr. Hegel ist M. »eine subjektive Vorstellung, ein beliebiger Gedanke, eine Einbildung, die ich so oder so, und ein anderer anders haben kann. Eine M. ist mein; sie ist nicht ein in sich allgemeiner, an und für sich seiender Gedanke. Die Philosophie aber ... ist objektive Wissen-
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schaft der Wahrheit, Wissenschaft ihrer Notwendigkeit, begreifendes Erkennen, kein Meinen und Ausspinnen von M.en« (Vorles. über d. Gesch. d. Phil., Einl.). Vgl. 8Intention, 8öffentliche M. Melancholie, gr. ›Schwarzgalligkeit‹, der Trüb- oder Tiefsinn, der nach antiker Ansicht (Galen) durch das Überwiegen der schwarzen Gallenflüssigkeit entsteht, die Schwermut (8Temperament); in der Psychopathologie ein Symptomenkomplex abnormer Gemütszustände (wahnhafte Depression, Depersonalisationserscheinungen, Körpersensationen, 8Angst); melancholisch, zum Tief- oder Trübsinn geneigt, schwermütig. Memorieren (lat.) wurde als Begr. eingef. zur Bezeichnung für die mit Absicht und methodisch vollzogene Aneignung von Vorstellungen. Das M. ist ein Aneignen und Einprägen zum Zweck der willkürlichen 8Reproduktion. Es soll auf das 8Gedächtnis eine solche Einwirkung ausgeübt werden, daß es nicht nur, wie da, wo es unbeeinflußt wirkt, unwillkürlich, sondern willkürlich funktioniert, zur 8Erinnerung wird. Es geschieht dies durch Wiederholung und Einübung sowie durch Umwandlung assoziativer Verbindungen in gewollte apperzeptive, welche die gegebenen Verbindungen zu befestigen und auf eine neue Weise zu der alten Ordnung zu verknüpfen imstande sind. I. Kant unterschied mechanisches, judiziöses und ingeniöses M.: Während das erste, aus buchstäblicher Wiederholung hervorgehend, die Vorstellungen ein-
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fach aneinanderreiht, ohne auf den Inhalt Rücksicht zu nehmen, achtet das zweite auf die Zusammengehörigkeit der Vorstellungen, ihren logischen und sachlichen Zusammenhang, ihre Einteilung und systematische Ordnung; das ingeniöse M. endlich verbindet Vereinzeltes auf künstliche (zuweilen witzige) Weise assoziativ nach Ähnlichkeit und Kontrast und symbolisch durch Erfindung eines Zeichens. All diese Kunstgriffe anzuwenden ist Sache der 8Mnemotechnik oder Anamnestik. (Vgl. I. Kant, Anthrop. § 31, 8Erinnerung; 8Gedächtnis.) Menge, got. managei (von manags ›manch‹, viel), mhd. menige, häufig auch ›Klasse‹, ein Grundbegriff der Mengenlehre, eines wichtigen, maßgeblich von G. Cantor entwickelten Teilgebietes der Mathematik und Logik. Eine Menge M ist eine Zusammenfassung von Objekten, die die »Elemente« von M heißen: Elemente der Menge aller Menschen sind alle Menschen, Elemente der Menge der natürlichen Zahlen sind die natürlichen Zahlen. Eine M. läßt sich durch Aufzählung ihrer Elemente angeben, wenn deren Anzahl endlich ist: So ist K = {Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl} die M. der Kanzler der Bundesrepublik bis 1995. Im – in der Mathematik üblichen – unendlichen Fall muß man dagegen auf das Verfahren der 8Komprehension zurückgreifen, in dem eine M. als Gesamtheit derjenigen Elemente bestimmt wird, die unter einen bestimmten Begriff fallen, d. h. eine bestimmte Eigen-
Menge
schaft aufweisen. Z. B. bestimmt man die M. der geraden Zahlen G als diejenige M., deren Elemente unter den Begriff der Teilbarkeit durch 2 ohne Rest fallen (die also ohne Rest durch 2 teilbar sind), formal: G = {x: x ist ohne Rest durch 2 teilbar}. Das Verfahren der Komprehension wird durch das 8Komprehensionsprinzip in die M.nlehre eingeführt, nach dem es zu einem Begriff jeweils eine M. gibt, die genau die Elemente enthält, die unter diesen Begriff fallen. Es hat sich allerdings gezeigt, daß die Annahme einer unbegrenzten Geltung dieses Prinzips (unter Voraussetzung der 8klassischen Logik) zu Widersprüchen führt (vgl. 8Antinomie). Man hat deshalb neben die sog. »naive« Mengenlehre alternative Systeme gestellt, in der das Komprehensionsprinzip nur eingeschränkt gilt. (In einigen dieser Systeme bedeuten die sonst synonym verwendeten Begriffe »Menge« und »Klasse« nicht dasselbe!) Mit dieser Problematik befaßten sich u. a. D. Hilbert, B. Russell und A. N. Whitehead. Ein zweites zentrales Prinzip der M.nlehre ist das der Extensionalität: Eine Menge X ist mit einer Menge Y genau dann identisch, wenn X dieselben Elemente umfaßt wie Y. In ihm spiegelt sich die begriffliche Bestimmung einer Menge als einer Zusammenfassung von Objekten als ihren Elementen wider. – Die M.nlehre ist in mehrfacher Hinsicht zentral für die Logik und die Mathematik. Für die Logik ist sie etwa durch Rolle von Bedeutung, die sie in der 8Semantik der elementaren 8Prädikatenlogik spielt.
Menschenliebe
In der Mathematik ist sie insbesondere für die 8Algebra und die Position des 8Logizismus von Wichtigkeit. Menschenliebe (gr. philanthrôpia, lat. humanitas, 8Philanthropie, 8Humanität), frühester Beleg für das dt. Wort 1734, die gleichmäßige Zuneigung zu allen Menschen, die enthusiastische Hingabe an die 8Menschheit. Menschenrechte, unveräußerliche, weil mit der Würde der 8Person untrennbar verbundene Rechte auf Anerkennung und Achtung ihrer wesentlichen Existenzbedingungen. Die 8Naturrechtslehre sah darin z. T. vorstaatliche Rechte der Einzelnen, die ihnen bereits im 8Naturzustande zustünden und, da unveräußerlich, im Staate erhalten blieben. Nach I. Kant ist »Freiheit (Unabhängigkeit von eines Anderen nötigender Willkür), sofern sie mit jedes anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann«, das »einzige, ursprüngliche, jedem Menschen kraft seiner Menschheit zustehende Recht« (Met. d. Sitten, Einl. in d. Rechtslehre). Dem entspricht dem Sinne nach bei G. W. Fr. Hegel das Gebot des »abstrakten« Rechts: »Sei eine Person und respektiere die Anderen als Personen« (GPhR § 36). – Ihre Formulierung als verfassungsmäßige Grundrechte, die Schranken sowohl für die Ausübung der Staatsgewalt wie für die Gesetzgebung darstellen, fanden die M. zuerst in den Verfassungen der nordamerikanischen Einzelstaaten, voran Virginia (1776). Genannt wurden z. B. die Freiheit der
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Religionsausübung, der Meinungsäußerung, des Eigentumserwerbs. Die Déclaration des droits de l’homme et du citoyen, ›Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte‹ vom 26.8.1789, die von den späteren frz. Verfassungen übernommen und in vielen europäischen Staaten nachgeahmt wurde, zählt in ihrem grundlegenden Art. 2 vier solcher »droits naturels et imprescriptibles de l’homme« auf, nämlich: 8Freiheit, 8Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung (8Naturrecht, 8Bürgerrechte). Menschenverstand, gesunder, das von wissenschaftlicher Erkenntnis unbeschwerte Denken, auf das sich der Laie gegenüber dem Fachmann beruft und das häufig gegen die Philosophie ausgespielt wird. Menschheit, 1. das Ganze der Eigenschaften, die das Wesen des Menschen im Unterschied von der in ihm mitenthaltenen Tierheit ausmachen, das, wodurch der Mensch eigentlich Mensch ist und was seine Menschlichkeit (8Humanität) mit sich bringt; 2. die Gesamtheit aller Menschen. mens sana in corpore sano, lat. ›ein gesunder Geist in einem gesunden Körper‹. Der Dichter Juvenal sagt (Satiren, X 356), der Mensch solle von den Göttern nichts Törichtes erbitten und wünschen, sondern nur einen gesunden Verstand in einem gesunden Körper. Dies wird, aus dem Zusammenhang herausgerissen, oft dahin verstanden, daß nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnen könne.
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mental, neulat. mentalis ›geistig‹, in Gedanken, heimlich; z. B. 8reservatio mentalis, nur in Gedanken gemachter, nicht ausgesprochener Vorbehalt. Dazu Mentalität, zuerst engl., dt. seit Ende des 17. Jh., der Seelenzustand, die Sinnesart, die Denkweise, die gesamte geistige Verfassung und Richtung eines Menschen oder einer Gruppe. Mentalismus, Bez. für den engl. Idealismus Berkeleyscher Prägung, svw. 8Spiritualismus; auch Richtungen in der Psychologie und der Sprachwissenschaft, die sich nicht nur auf Verhaltensbeschreibung beschränken (wie es der 8Behaviorismus fordert). Merkantilismus oder Merkantilsystem, die Wirtschaftsform, nach der allein den Edelmetallen Wert für den Wohlstand eines Landes beigelegt und die Einfuhr von Rohstoffen sowie die Ausfuhr von Fertigwaren begünstigt wird (8Reichtum; 8Wohlfahrt). Der M. wurde bes. von J.- B. Colbert gefördert und deshalb auch Colbertismus genannt; vgl. im Untersch. dazu 8Phy8Arbeitswerttheorie; siokratie; 8Werttheorie. Merkfähigkeit, vgl. 8Gedächtnis. Merkmal, von G. W. Leibniz für lat. 8differentia specifica eingef. z. Bez. der Eigenschaften eines Gegenstandes, durch die er sich von anderen Gegenständen unterscheidet; in der Logik die nähere Bestimmung eines Begriffs, durch die dieser von anderen gleicher Gattung, aber verschiedener Art unterschieden wird. In der Biologie ist M. eine Bez. für sichtbare oder meßbare Eigenschaften bei Individuen,
Messias
Arten oder Gattungen. In der 8Statistik ist M. ein erhebbares Kriterium für Elemente einer statistischen Masse. In der traditionellen Logik bez. M. die 8differentia specifica. Mesmerismus, die Lehre des zu seiner Zeit zugleich berühmten und umstrittenen Arztes F. A. Mesmer (1734- 1815) vom 8tierischen Magnetismus, von großem Einfluß auf die romantische Medizin und Philosophie, auf Fr. W. J. Schelling und A. Schopenhauer, auch auf die Frühformen der hypnotischen Behandlung. mesotës, gr. ›Mitte‹, ist kennzeichnend für den aristotelischen 8Tugendbegriff. In der Nikomachischen Ethik des Aristoteles sind Tugenden etwas Mittleres zwischen einem Mangel und einem Übermaß (1106 b), die je ein 8Laster bezeichnen. 8Tapferkeit z. B. ist die Mitte zwischen Feigheit und Tollkühnheit, Großzügigkeit die zwischen Geiz und Verschwendung. I. Kant lehnt diese Auffassung strikt ab. »... der belobte Grundsatz (des Aristoteles), die Tugend in dem Mittleren zwischen zwei Lastern zu setzen, ist falsch.« »Der Unterschied der Tugend vom Laster kann nie in Graden der Befolgung gewisser Maximen, sondern muß allein in der spezifischen Qualität derselben (dem Verhältnis zum Gesetz) gesucht werden« (I. Kant, Met. d. Sitten 1797, Einl. z. Tugendlehre, A 43, 44). Dennoch bleibt Aristoteles’ Theorie vom Mittleren beliebte Lehrfigur bis ins 19. Jahrhundert. Messias, hebr. maschiach ›der Gesalbte‹, gr. christos, im A. T. der er-
Messung
hoffte, von Gott gesandte Retter des jüd. Volkes, im Christentum der gottmenschliche Erlöser der Menschheit von den Folgen der Sünde; dazu Messianismus, allg. die Hoffnung auf Verwirklichung des Reiches Gottes auf Erden als Ziel der Geschichte (8Gnosis), insbes. eine Richtung slawischer (russischer und polnischer) Denker, die, entscheidend von den Systemen des ›absoluten Wissens‹ (J. G. Fichte, G. W. Fr. Hegel) bestimmt, eine Umbildung des 8Wissens zur 8Weisheit versuchten, um eine neue Menschheitsära herbeizuführen, als deren Träger sie sich fühlten. Hauptvertreter: A. v. Cieszkowski (8Historiosophie), J. M. Hoene- Wronski (Messianisme ou Réforme absolue du savoir humain, Paris 1842 bis 1847), A. Mickiewicz, P. J. Tschaadajew, W. Solowjow (vgl. 8Eschatologie). Messung im allg. jedes Verfahren, das eine eindeutige Zuordnung einer in Zahlen ausdrückbaren 8Menge zu einer Menge von Gegenständen ermöglicht. meta-, gr., in Zusammensetzungen: über ... hinaus, hinter, hinterher; so z. B. in: Metageometrie, die über die euklidische 8Geometrie hinausgehende, diese nur als Spezialfall vieler möglicher Geometrien betrachtende Geometrie; Metakritik, die auf die Kritik folgende Kritik, also die Kritik der Kritik, so J. G. Hamann, Metakritik über den Purismus der reinen Vernunft (1800); J. G. Herder, Verstand u. Erfahrung, Vernunft u. Sprache. Eine Metakritik zu Kants Kritik der reinen Vernunft (1799); metalogisch,
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über die Logik hinausgehend, ihr als Grundlage vorausgehend oder sie überschreitend; Metamathematik, von D. Hilbert eingef. Begr. für eine Theorie der Mathematik, welche als Gesamtheit von axiomatischen Theorien entwickelt wird. Die M.mathematik beschäftigt sich u.a. mit Problemen der 8Widerspruchsfreiheit, der Entscheidbarkeit und 8Vollständigkeit axiomat. Theorien (8Mathematik, 8Axiom); metanoëtisch, das Denken übersteigend, nicht denkbar; Metamorphose, das Übergehen in eine andere Form, die Umwandlung, Verwandlung, der Gestaltwandel, ein Begriff insbes. der Goetheschen Naturphilosophie (8Morphologie). metabasis eis allo genos, gr. ›Übergang in eine andere Gattung‹, in der Logik nach Aristoteles (De caelo I 1, 268 b 1) ein Denkfehler, der darin besteht, daß nicht bei dem Begriff oder der Sache geblieben wird, um die es sich handelt, sondern auf einen Begriff, der zu einer anderen 8Gattung gehört, oder auf ein anderes Gebiet übergesprungen wird. Metaethik, i. w. S. Bezeichnung für solche Forschungsrichtungen, die nicht die Moral selbst, sondern die Ethik bzw. ethische Theorien zu ihrem Gegenstand haben (Metaebene, vgl. 8meta- ); i. e. S. Bezeichnung für die zu Beginn des 20. Jh. im anglo- amerikanischen Sprachraum entwickelte (sprach- )analytische Ethik. Die M. unterscheidet sich sowohl von der deskriptiven als auch von der normativen 8Ethik dadurch, daß sie sich weder mit der empirischen Untersuchung fakti-
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scher moralischer Phänomene beschäftigt noch mit der Setzung oder Begründung von Normen. Sie beschäftigt sich nach eigenem Selbstverständnis nicht inhaltlich mit ethischen Fragen (8Neutralitätsthese), sondern mit den logisch- sprachlichen Voraussetzungen ethischer Sätze bzw. Ausdrücke, d.h. mit deren Bedeutung und Funktion (daher auch: sprachanalytische oder analytische Ethik). Damit ist die M. methodologisch im metasprachlichen Bereich angesiedelt, während normative Ethiken eine Objektsprache verwenden. Die metaethische Bedeutungsanalyse bildete insbesondere Mitte des 20. Jh. in der angelsächsischen analytischen Ethik den Schwerpunkt und verdrängte die material- normativen Probleme. Die beiden grundlegenden Ansätze sind der kognitivistische und der nonkognitivistische. Ersterer hält die Wahrheit oder Falschheit des mittels moralischer Aussagesätze Ausgedrückten für auf rein kognitivem Wege entscheidbar, letzterer bestreitet dies. Die Entwicklung der M. führt vom 8Naturalismus (M. Schlick, C. I. Lewis, R. B. Perry, J. Dewey) über 8Intuitionismus (G. E. Moore, A. C. Ewing, W. D. Ross) und 8Emotivismus (A. J. Ayer, C. L. Stevenson) zum 8Präskriptivismus (R. M. Hare). (Zu den verschiedenen metaethischen Positionen s. a. 8Kognitivismus.) Abgesehen vom Kognitivismusproblem befaßten sich einige Metaethiker besonders mit der logischen Struktur moralischer Urteile (eth. 8Logizismus). Nach R. M. Hare (The Language of Morals,
Metapher
1952) ist die Überprüfbarkeit präskriptiver Sätze mittels einer imperativischen Logik (8Imperativlogik) möglich. Er faßt moralische Urteile nicht als Tatsachenbehauptungen auf, sondern als Aufforderungen zur Verwirklichung solcher Tatsachen. Durch Rückgriff auf einen praktischen Syllogismus (8Schluß, praktischer) sollen solche Sollensforderungen begründet werden, wobei zumindest eine der Prämissen ein 8Imperativ sein muß. G. H. v. Wright (Deontic Logic, Mind 60, 1951) entwickelte die von J. Bentham begründete Logik der Normen weiter, die inzwischen als 8deontische Logik eine eigene Forschungsrichtung bildet. Die Abwendung von der M. als zentralem ethischen Diskurs und die Hinwendung (Rückorientierung) zu material- ethischen Untersuchungen setzt (spätestens) Anfang der siebziger Jahre mit J. Rawls (A Theory of Justice, 1971) ein. Metapher, gr. metaphora ›Übertragung‹, der Gebrauch eines bildlichen Ausdrucks statt des die Sache selbst bezeichnenden. Man unterscheidet verschiedene Arten der M., so den Ersatz eines sinnlichen Ausdrucks durch einen anderen ebenfalls sinnlichen (›der Wald von Masten‹), die Vergeistigung des Sinnlichen durch die 8Personifikation (›das Meer tobt‹), die Versinnlichung des Geistigen (›die Säulen des Staates‹), die Ersetzung abstrakter Begriffe durch andere ebenso abstrakte (›Gott ist das Leben und das Licht der Welt‹); dazu metaphorisch, in übertragenem, bildlichem Sinn. Die Übertragung
Metaphysik
allgemeiner Bedeutungen auf bildliche Ausdrücke wird durch 8Analogiebildung erklärt. Aristoteles unterschied verschiedene Übertragungsweisen: »M. ist die Übertragung eines fremden Nomens, entweder von der Gattung auf die Art oder von der Art auf die Gattung oder von einer Art auf eine andere oder gemäß der Analogie« (Poetik 1457 b, Übers. O. Gigon). Ferner hat Aristoteles die M. als Stilmittel der Rede untersucht (Rhet. 1406 b ff.). Metaphorisches Sprechen läßt sich in verschiedene tropische Figuren einteilen, z. B. die Synekdochë, in der die Bedeutung des Ganzen auf ein Teil (z. B. ›Holz‹ für Wald), oder die Metonymie, in der die Bedeutung eines Allgemeinbegriffs auf einen Namen bzw. auf eine Person übertragen wird (›Lorbeer‹ für Ruhm, ›Kohlhaas‹ für Rechtsfanatiker). Dieses rhetorische Verständnis der M. als Redeschmuck ist bis in die Neuzeit bestimmend geblieben. Erst G. Vico (Principi di una scienza nuova, 1725) hat in der metaphorischen Sprachform eine Denkform, eine einfache ›poetische Logik‹ entdeckt: metaphorisches Sprechen ist dem mythischen Bewußtsein eigentümlich, das nach Vico noch unfähig ist, 8Universalien unabhängig von der sinnlichen Anschauung zu bilden und sie daher durch mythische Personifikation oder Anthropomorphisierung zum Ausdruck bringt. Er hält dabei fest, daß metaphorisches Denken in der sinnlichen Übertragung schon eine Verallgemeinerung impliziert, also eine vorphilosophische Denkform ist. Die meta-
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phorische 8Analogiebildung erweitert die in der Sprache aufbewahrte Bedeutungsvielfalt: Denn die in der M. sich herstellende 8Ähnlichkeitsbeziehung zielt nicht auf Identität des Verglichenen, sondern auf wechselseitige Bedeutungsübertragung ab, damit auf eine inhaltliche Erweiterung auch der begrifflichen Erkenntnis. In diesem Sinn befördert metaphorisches Denken als poietisches, gegenüber dem analytischen Denken, eine selbst neue Bedeutungen hervorbringende Sprache. Vgl. 8Symbol. Metaphysik, urspr. Bez. der in der Sammlung der Werke des Aristoteles nach der Physik (gr. meta ta physika) stehenden Bücher, die von der »ersten Philosophie« oder der sophia handelten, die Aristoteles (Met. I 2. 982 b 9) definierte als die »Wissenschaft von den ersten Prinzipien und Ursachen«. Die Neuplatoniker (8Neuplatonismus) deuteten den Ausdruck M. dahin, daß ihr Gegenstand »das, was über die Natur hinausgeht«, oder das »hinter der Natur« als deren Ursache Liegende und die eigentliche Wirklichkeit sei. Dementsprechend wird unter M. die Lehre von den letzten Gründen des Seins, seinem Wesen und Sinn verstanden. Sie zerfällt in die Lehre vom Seienden selbst (8Ontologie), von Wesen der Welt (8Kosmologie) und von der Existenz und dem Wesen der Gottheit (8Theologie). Die M. bildet einen wesentlichen Bestandteil der 8Weltanschauung, und die Verschiedenheit der Weltanschauungen hat ihren Grund in unterschiedlichen Lösungsvorschlägen
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für metaphysische Probleme. Je nachdem, ob die M. von einem obersten allgemeinen Grundsatz aus die Gesamtwirklichkeit zu deuten, ja herzuleiten unternimmt, oder ob sie durch Zusammenschau aller wissenschaftlichen Ergebnisse ein Gesamtweltbild zu entwerfen sucht, spricht man von einer 8spekulativen oder 8induktiven M. In unterschiedl. Theorien des 20. Jh. wird M. auch in krit.- abgrenzender Absicht verw. 1. für traditionelle Formen des religiösen oder auch philosophischen Denkens, 2. für Positionen, in denen eine interne Zielund Zweckorientierung des Seienden behauptet wird (8Teleologie), 3. solche theoretischen Begründungsmuster in der Sprache einer Philosophie, nach welchen Erkenntnisse vor jeder empirisch- wissenschaftlichen Überprüfung als wahr angenommen werden. metaphysische Punkte, frz. points métaphysiques, nannte G. W. Leibniz die 8Monaden. Metasprache/Objektsprache, zu 8meta- und 8Objekt, ein Begriffspaar der 8Sprachphilosophie und 8Logik. In einer gewöhnlichen Sprache wie dem Deutschen kann man zwischen zwei Arten von Sätzen unterscheiden. In einem Satz wie » Claudia ist blond« ist allein von der außersprachlichen Realität die Rede – es geht um einen Menschen und eine seiner Eigenschaften; dagegen sprechen wir mit einem Satz wie »›Claudia‹ ist ein schöner Name« nicht von außersprachlichen Gegebenheiten, sondern von einem Bestandteil der Sprache, genauer von einem Na-
Metasprache/Objektsprache
men. Sätze des ersten Typs nennt man »objektsprachlich«, solche des zweiten »metasprachlich«. Metasprachliche Ausdrücke entstehen aus objektsprachlichen durch die Verwendung von Anführungszeichen – im zweiten Satz ist der Name durch Anführungszeichen eingeschlossen. Beide Sätze des vorliegenden Beispiels gehören zu einundderselben normalen Sprache, nämlich zum Deutschen. Für bestimmte theoretische Zwecke hat es sich jedoch als sinnvoll erwiesen, zwischen Objekt- und Metasprachlichem schärfer zu trennen. So kann man z. B. das Deutsche in verschiedene »Sprachschichten« unterteilen, die dann als einzelne Sprachen angesehen werden. S1 möge etwa eine Sprache (eine »Teilsprache« des Deutschen) sein, in der man nur über »gewöhnliche« Dinge reden kann: »Claudia ist blond« gehört dann zu S1. »›Claudia‹ ist ein schöner Name« ist dagegen ein Teil der Metasprache über S1, S2, weil hier von einem Namen in S1 die Rede ist – genauer schreibt man: »Der Name ›Claudia‹ von S1 ist ein schöner Name«. Und der Satz » » ›Claudia‹ ist ein schöner Name« ist wahr« (genauer: » »Der Name ›Claudia‹ von S1 ist ein schöner Name« ist wahr in S2«) gehört zur Metasprache über S2, S3, weil es hier um einen Satz, also einen sprachlichen Ausdruck, von S2 geht. S3 ist dann gleichsam die Meta- Metasprache über S1. Auf diese Weise kommt man zu einer potentiell unendlichen Folge von Metasprachen. Dabei gilt für zwei Sprachen Sn und Sn+1, daß Sn+1 alle Aus-
Metempsychose
drücke umfassen kann, die auch Sn umfaßt: Der Satz »Claudia ist blond« kann also nicht nur zu S1, sondern auch zu S2 gehören. Umgekehrt umfaßt aber Sn niemals alle Ausdrücke von Sn+1, nämlich insbesondere nicht die, in denen von Ausdrücken von Sn gesprochen wird. – Die Idee einer Trennung zwischen Objekt- und Metasprache geht im Kern bereits auf Überlegungen der 8Stoiker zurück. Heute findet sie u. a. beim Aufbau 8formalisierter Sprachen Berücksichtigung. Eine wichtige Rolle spielt sie auch bei der Behandlung der semantischen 8Antinomien. Metempsychose, gr., die 8Seelenwanderung. methexis, gr. ›die Teilnahme‹, bei Plato das Verhältnis der Einzeldinge (8Abbild) zu den Ideen (8Urbild). Methode, gr. methodos das ›Nachgehen‹; der beim wissenschaftlichen Verfolgen eines Gedankens eingeschlagene Weg, das Forschungsverfahren, die Untersuchungsweise, in der Wissenschaft z. B. die Verfahren der 8Induktion, 8Deduktion, Analyse u. a.; in der 8Pädagogik die Lehrart, das Unterrichtsverfahren, z. B. das vortragende, das dialogische (8sokratische M.), das des 8Pragmatismus (›learning by doing‹) u. a. Methodik, auch Methodologie, die Wissenschaft von den M.n, die M.nlehre; methodologisch, die M. oder die M.nlehre betr. Migrationstheorie, von lat. migrare ›wandern‹; eine Unterannahme der 8Entwicklungstheorie, nach der neue Arten dadurch entstan-
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den seien, daß sich Lebewesen aus dem Gebiet der ursprünglichen Verbreitung ihrer Art entfernten und in ein Gebiet mit anderen Lebensbedingungen wanderten, in dem nur die Anpassungsfähigsten überlebten. Mikrokosmos, aus gr. mikros ›klein‹ und kosmos ›Welt, die kleine Welt, zuerst bei Demokrit (Diels/Kranz, Fragm. d. Vorsokr. II, Fragm. 34) für den Menschen, bei Aristoteles (Physik VIII 2, 252 b) für jedes Lebewesen, in der modernen Physik auch für das 8Atom gebraucht, aber im eigentl. Sinn nur für den Menschen brauchbar: nicht nur ein Teil der 8Welt, den man als Abbild, Gleichnis, verkleinerte Wiedergabe des Weltalls (8Makrokosmos) auffassen könnte, sondern ein solcher, der realiter als Welt für sich existiert, der die Welt selbst in sich enthält. In diesem Sinne wurde der M.- Begriff von Paracelsus, G. W. Leibniz und J. W. v. Goethe gebraucht. H. Lotze nannte sein Hauptwerk, die Ideen zur Naturgesch. u. Geschichte d. Menschheit (3 Bde., 1856- 64), »Mikro- Kosmos«. Vgl. 8Monade. Milieu, frz., aus lat. medius locus ›mittlere Stelle‹, in Deutschland eingef. um 1875; Inbegriff äußerer Lebens- und Entwicklungsbedingungen, die die Organismen, einschließlich des Menschen, mehr oder weniger stark beeinflussen. Der Einfluß des M.s (Klima, Wetter, Bodenbeschaffenheit, gesellschaftliche und kulturelle Umwelt) ist in biologischen wie historischen Betrachtungen seit der gr. Wissenschaft meist berücksichtigt worden;
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eine ausgesprochene Milieutheorie haben erst A. Comte und H. Taine aufgestellt. Taine (Philosophie de l’art, 1865) untersuchte zuerst systematisch den Einfluß des sozialen M.s auf die Persönlichkeit (den Künstler). Der 8Darwinismus ging vom Einfluß äußerer Umstände auf die Entwicklung der Lebewesen aus. Später setzte sich im 20. Jh. die Auffassung durch, daß neben der 8Anlage, insbes. den Erbfaktoren, auch das M. zu den bestimmenden und auch die menschl. Entwicklung beeinflussenden und regulierenden Faktoren zählt. Mimesis, urspr. 8Ausdruck, 8Nachahmung, 8Darstellung. Gr. mimësis meint 1. seit der archaischen Epoche des antiken Griechenlands ein Ausdrucksgeschehen im Tanz, in dem der Tanzende darauf zielt, sich der Natur ähnlich zu machen; 2. in der klassischen griechischen Philosophie als Nachahmung der Natur das Grundprinzip der 8Kunst (Aristoteles, Poetik 1447 a ff.), die in freier Deutung und Gestaltung Wirklichkeit nachbildet. Adj. mimëtikos, mimetisch, zur Nachahmung gehörig. Aristoteles hält im Wirklichkeitsbezug der Kunst durch M., d. h. in der 8Ähnlichkeit von Kunst und 8Natur zugleich ihre Differenz fest: Im Unterschied etwa zur Geschichtsschreibung ist Kunst kein Bericht über 8Wirklichkeit, sondern Darstellung einer angemessenen 8Möglichkeit, die Wirklichkeit sein könnte, aber als Dichtung nicht Wirklichkeit ist (Poetik 1451 a/b). In dem lateinischen Begriff imitatio als Übersetzung für M. ist der archa-
minor
isch- expressive Sinn der M. nicht enthalten und nur ihre Bedeutung der Nachahmung der Natur durch Kunst wiedergegeben (8Ästhetik). Durch die lat. Übersetzungen der aristotelischen ›Poetik‹ und deren Wirkung in den Poetiken der frühen Neuzeit hat sich diese vereinseitigte Bedeutung als die gültige durchgesetzt, bis M. in der zweiten Hälfte des 18. Jh. nur noch die einfache 8Reproduktion der Natur in der Kunst bezeichnete, womit der Begr. im Zuge eines sich verändernden Kunstverständnisses an Einfluß verlor (8Genie, 8Kunst, 8Realismus). minima naturalia, lat., auf Aristoteles zurückgeh. Begr. zur Bez. der kleinsten in der Natur vorkommenden Teilchen; im Untersch. zu der von Demokrit begr. 8Atomtheorie, welche einen Weltaufbau aus gleich großen Elementarteilchen annimt, bestimmte man in den Schulen des Aristoteles als m.n. die jeweils kleinstmögliche, jedoch jeweils unterschiedl. kleine Größe für ein jedes Ding (z. B. für einen Organismus). Das Konzept der m.n. eignete sich insofern nicht für eine Theorie des Weltbauplans, erhielt jedoch im MA zunehmende Bedeutung im Rahmen von Versuchen der 8Alchemie, die Einheit von synthetisch hergestellten Stoffen aus den Eigentümlichkeiten der jeweils unterschiedlichen m. n. der Ausgangsstoffe zu rekonstruieren. minor, lat. (zu ergänzen: terminus) ›der kleinere Begriff‹, der Begriff von kleinerem, engerem Umfang in einem Syllogismus (8Syllogistik); Gegensatz: 8major.
Misanthrop
Misanthrop, gr., der Menschenhasser, der Menschenfeind; Misanthropie, der Menschenhaß, die Menschenscheu. Misologie, gr., der Haß gegen den 8Logos, zuerst bei Plato (Phaidon 89 D) die Abneigung gegen die vernünftige Rede und Auseinandersetzung (Diskussion), dann allg. die Abneigung, bestimmte, bes. religiöse, Gegenstände der Prüfung durch die Vernunft zu unterziehen. Mitleid, ein auf den Mitmenschen gerichtetes Gefühl, in dem die Teilnahme am Leiden anderer erlebt wird und die Bereitwilligkeit, ihm zu helfen, mitschwingt; in allen ind. Religionen und Philosophien die Haupttugend der Frommen und Weisen, die nicht nur gegen Menschen, sondern auch gegen die Tiere geübt wird (8tat twam asi), unter den gr. Philosophen nur von den 8Stoikern nicht als Tugend anerkannt, sondern zu den Krankheiten der Seele gerechnet (so z. B. bei Zenon: vgl. Diogenes Laertios, Buch VII; und bei Seneca, De clementia II. 4,4 f.), im A. T. und im Christentum in Verbindung mit der 8Liebe, dem Erbarmen und der Barmherzigkeit eine Eigenschaft Gottes und eine der ersten Forderungen an den Menschen (8Nächstenliebe). Vgl. A. Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung (IV § 67). Fr. Nietzsche lehnt das M. als Selbstgenuß und Lebensschwäche ab (Zarathustra II: Von den Mitleidigen; Der Antichrist Nr. 7). Mittel, mhd. mittel, z. T. in Bedeutungsüberschneidung mit mhd. mitte für lat. medium, remedium, heißt
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dasjenige, was dem Menschen zum Erreichen eines 8Zweckes dient. Die bis heute diskutierten handlungstheoretischen Grundbestimmungen hat Aristoteles formuliert. Das M. wird in seiner Theorie der Entscheidung thematisch (Nik. Ethik, 3. Buch): Der 8Zweck reflektiert in der 8Ethik das Gute als solches, das M. dagegen ist ein das 8Gute Ermöglichendes. Durch Überlegung werden geeignete M. für einen Zweck gesucht. Diese Grundmotive halten sich bis in die 8Klugheitslehren des 18. Jh. (Theorien der Wahl richtiger M.) und bis in moderne analytische Theorien des praktischen Schlusses durch. Als M. wird der Gegenstand des Denkens dabei immer als Sein für etwas anderes, d. h. als Nützlichkeit und nicht als 8Wert in sich reflektiert. I. Kant hat in einer Variante des 8kategorischen Imperativs daher betont, daß M. immer M. der Zwecke setzenden Menschen sind, der Mensch selber indes 8a priori ein Zweck ist: »Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest« (Grundl. zur Met. d. Sitten, 1785, BA 66 f). Diese kategorische Forderung erhielt insbes. in der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, die zunehmend auch menschliche Beziehungen in Nützlichkeitsbeziehungen verwandelt, gesellschaftliche Aktualität. Mittelbegriff, lat. medius terminus, in der 8Syllogistik der Begriff, der im Ober- und Untersatz eines syllo-
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gistischen Schlusses, nicht aber in seiner Konklusion vorkommt. Mneme, gr. ›das 8Gedächtnis‹; in der Biologie das ›Gedächtnis‹ des 8Protoplasmas und der Zellen, das darin bestehen soll, daß jeder 8Reiz in ihnen eine dauernde Einwirkung (8Engramm) hinterläßt. Mnemosyne, gr. Name der Mutter der Musen: das Eingedenksein, die 8Erinnerung, das 8Gedächtnis. Mnemotechnik, Neub. im 19. Jh. aus gr. mnëmonikë (technë) ›Gedächtniskunst‹, im 18. Jh. meist Mnemonik (gr. mnëmonikos ›das Gedächtnis betreffend‹) genannt, die Kunst, durch geeignete Mittel, meist zweckmäßige 8Assoziationen, das 8Gedächtnis zu schulen und zu größeren Leistungen zu bringen. modal, zu lat. modus ›Art und Weise‹, durch Verhältnisse bedingt. Modalität, von neulat. modalitas über frz. modalité, die Art und Weise, wie etwas da ist, geschieht oder gedacht wird; i.e.S. ein Oberbegriff für verschiedene Arten des Bestehens von Sachverhalten (ontologisch gesprochen) oder der Wahrheit von Aussagen bzw. Aussagesätzen (logisch gesprochen; den logischen Sprachgebrauch setzen wir im folgenden voraus). Der Begriff taucht bei den Kommentatoren des Aristoteles (etwa bei Ammonios von Alexandria) auf, die von den enunciationes modales (lat. ›modale Aussagen‹, gr. apophanseis meta tropou) sprechen. Neben der einfachen (faktischen) Wahrheit nimmt man in der Regel vier weitere M.en an: 8Notwendigkeit, 8Möglichkeit, Unmöglichkeit und
Modalität
Kontingenz (vgl. 8kontingent). Dabei lassen sich Möglichkeit, Unmöglichkeit und Kontingenz durch Notwendigkeit definieren: Eine Aussage ist genau dann möglicherweise wahr, wenn sie nicht notwendigerweise falsch ist, sie ist genau dann unmöglich wahr, wenn sie notwendigerweise falsch ist, und sie ist genau dann kontingent, wenn sie möglicherweise, aber nicht notwendigerweise wahr ist. Man kann verschiedene Arten von Notwendigkeit (und damit auch von Möglichkeit, Unmöglichkeit und Kontingenz) unterscheiden (vgl. dazu 8Notwendigkeit). Logische Gesetze für die verschiedenen M.en untersucht man in der 8Modallogik. – Manchmal wird der Begriff der M. auch in einem weiteren Sinne verwendet. Man spricht dann z. B. von doxastischen, temporalen oder deontischen M.en und meint damit gleichsam verschiedene Weisen, auf die eine Aussage unter geistigen, zeitlichen oder moralischen Gesichtspunkten wahr sein (bzw. für wahr gehalten werden) kann: Sie kann für wahrscheinlich oder für sicher wahr gehalten werden (doxastische M.en), sie kann wahr gewesen sein, gegenwärtig wahr sein und zukünftig wahr werden (temporale M.en), und es kann geboten, verboten oder erlaubt sein, daß sie wahr wird (deontische M.en). Die Begriffe der Notwendigkeit, der Möglichkeit und der Kontingenz bezeichnet man dann genauer als alethische Modalitäten (von gr. alëtheia ›Wahrheit‹). Für all diese Begriffe gibt es Logiken, die untereinander oft große struk-
Modallogik
turelle Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. 8doxastische, 8deontische und 8temporale Logik). Gemeinsam ist ihnen auch, daß sie keine extensionalen, sondern (bestenfalls) intensionale Kontexte bilden (vgl. 8Intension/Extension). – In der Tradition ist nicht nur die Rede von ›modalisierten‹ Aussagen (d. h. solchen Aussagen, die ausdrücken, daß etwas notwendigerweise, möglicherweise etc. wahr ist), sondern auch von modalisierten Eigenschaften, die auf bestimmte Objekte zutreffen können. Man spricht von »Modalitäten de re« (lat. ›auf ein Ding bezogen‹, ›der Sache nach‹) im Unterschied zu »Modalitäten de dicto« (›auf eine Aussage bezogen‹, ›der Aussage nach‹); vgl. dazu etwa die Artikel über 8Notwendigkeit, 8Möglichkeit und 8propositionale Einstellungen. Allgemein ist die Sinnhaftigkeit der Rede von Modalitäten de re heute umstritten, insbesondere was die alethischen Modalitäten angeht. – Eine Klassifizierung nach Modalitäten findet sich auch in I. Kants bekannter Einteilung der 8Urteile, auf der seine Theorie der 8Kategorien basiert. Nach I. Kant besteht die M. eines Urteils in dem Verhältnis seiner Geltung zum urteilenden Subjekt, das einen Sachverhalt im problematischen Urteil als möglich, im assertorischen als wirklich und im apodiktischen als notwendig beurteilt. Modallogik, zu 8modal, im engeren Sinne die Logik der Modalbegriffe »notwendig«, »möglich«, »unmöglich« und »kontingent«. Die M. wird heute als Erweiterung der ele-
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mentaren 8Aussagenlogik (modale Aussagenlogik) oder der 8Prädikatenlogik (modale Prädikatenlogik) behandelt und ist eines der wichtigsten Gebiete der 8philosophischen Logik. Dabei werden diese Systeme in der Regel um die einstelligen Modalpartikeln oder - operatoren (8logische Partikel, 8Operator) N und M erweitert, die für Notwendigkeit und Möglichkeit stehen: Ist A eine beliebige Aussage, so bedeutet NA »Es ist notwendig, daß A« und MA »Es ist möglich, daß A«. Aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet man im allgemeinen auf die Einführung besonderer Operatoren für Unmöglichkeit und Kontingenz: »A ist unmöglich« läßt sich durch »Es ist nicht möglich, daß A« (symbolisch: ¬ MA), »A ist kontingent« durch »A ist möglich, aber nicht notwendig« (MA ∧¬ NA) wiedergeben. Da »Es ist möglich, daß A« durch »Es ist nicht notwendig, daß nicht A« (¬N ¬ A) definiert werden kann (vgl. 8Modalität), käme man im Prinzip sogar mit N als einzigem zusätzlichen Operator aus. 8Kalküle der modalen Aussagenlogik erhält man, indem man zu den elementaren aussagenlogischen 8Axiomen und 8Schlußregeln Prinzipien für die modalen Operatoren hinzufügt. Ein wichtiges modales Axiom (bzw. ein 8Axiomschema) ist z. B. NA → A: Wenn A notwendigerweise wahr ist, dann ist A auch wahr (dabei ist A eine 8Variable für beliebige Aussagen). In der Literatur werden eine ganze Reihe solcher Kalküle erörtert, in denen verschiedene Axiome und Schlußregeln voraus-
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gesetzt werden. Diskutiert wird dabei u. a., welche der formal konstruierbaren Kalküle die »richtigen« Prinzipien für geläufige Arten von Notwendigkeit (vgl. 8Notwendigkeit) wiedergeben. So ist etwa das Prinzip NA → NNA für die aussagenlogische Notwendigkeit wohl ungültig, für analytische Notwendigkeit ist es vermutlich gültig. Kalküle der modalen Prädikatenlogik erhält man durch entsprechende Erweiterungen prädikatenlogischer Systeme. Es ist jedoch umstritten, ob die Konstruktion solcher Kalküle sinnvoll ist. Zu schwierigen philosophischen Problemen führt insbesondere die Möglichkeit, Ausdrücke wie ∃ x(N(F(x))) zu bilden: Wenn man sie als »Ein Ding ist notwendigerweise F« liest, setzt man offenbar voraus, daß es Sinn macht, von notwendigen oder »essentiellen« Eigenschaften zu sprechen, die Objekten (de re) zukommen können (vgl. 8Modalität, 8Notwendigkeit) und vertritt damit eine essentialistische Position, die von vielen Philosophen abgelehnt wird. Die Diskussion solcher Fragen ist äußerst komplex und hält bis heute an. – Da die verschiedenen Notwendigkeitsbegriffe nicht extensional, sondern (bestenfalls) intensional sind (vgl. 8Intension/Extension), benötigt man für die formale Interpretation modaler Kalküle eine intensionale 8Semantik. Sie liegt heute in Gestalt der 8Mögliche- Welten- Semantik vor, die 1959 von S. Kripke entwickelt wurde; Kripke ging dabei von Leibnizschen Gedanken aus. – Die Beschäftigung mit modallogischen Fragestellungen geht phi-
Modell
losophiegeschichtlich bereits auf Aristoteles zurück, der ihnen mehr als die Hälfte seiner Schriften zur Logik widmete. Ein weiterer wichtiger Modallogiker der Antike war Diodoros Kronos. Die moderne Modallogik begann mit den Arbeiten von C. I. Lewis, die in den Jahren 1912- 1932 entstanden. Der Vorschlag, die modale Aussagenlogik als Erweiterung des elementaren aussagenlogischen Kalküls zu konstruieren, stammt von K. Gödel (1933). Pionierarbeit auf dem Gebiet der modalen Prädikatenlogik leistete R. Barcan- Marcus ab Mitte der vierziger Jahre. – Der Begriff »Modallogik« wird manchmal auch in einem weiteren Sinne verwendet: Er umfaßt dann auch Logiken für andere intensionale (bzw. nicht extensionale) Begriffe, z. B. für den des Glaubens (8doxastische Logik) und den des Gebotenseins (8deontische Logik). Die Logik des Notwendigkeits- , Möglichkeits- und Kontingenzbegriffes nennt man dann »alethische (Modal- )Logik« (von gr. alëtheia ›Wahrheit‹). Modell, von lat. modulus ›Maß‹, ›Maßstab‹ (über ital. modello), in der Kunst ein Mensch oder auch ein Gegenstand, der als Vorlage für ein Kunstwerk dient. – In Technik und Architektur bezeichnet man ein Objekt als M., das in wichtiger Hinsicht einem (eventuell erst noch zu schaffenden) ›Original‹ gleicht. M.e werden in diesen Bereichen verwendet, um auf praktikable Weise zu Erkenntnissen über Eigenschaften der Originale zu gelangen, etwa über die ästhetischen Qualitäten eines geplanten Bau-
Modelltheoretische Semantik
werks oder über das strömungsmechanische Verhalten einer Tragfläche (im ›M.versuch‹ in einem Windkanal). – In den Naturwissenschaften versteht man unter einem M. in der Regel eine anschauliche Vorstellung von einem unanschaulichen Phänomen, die dieses Phänomen zumindest in gewissen Grenzen zugänglich für Berechungen, Voraussagen und Erklärungen macht. Ein Beispiel dafür ist das Bohrsche Atommodell. Von philosophischer Bedeutung war der Befund, daß das Phänomen des Lichts offenbar nicht durch ein einziges M. beschrieben werden kann: Manche Erscheinungen lassen sich nur im Rahmen des Teilchen- oder ›Korpuskel‹- M.s deuten, andere nur in dem des Wellenm.s (8WelleTeilchen- Dualismus). – In der Mathematik heißt ein Gebilde, daß eine bestimmte (etwa algebraische, vgl. 8Algebra) Struktur besitzt, ein M. dieser Struktur. So sind z. B. die 8Aussagenlogik und die Schaltalgebra M.e der 8Booleschen Algebra. Für die Struktur, die durch die 8Axiome der euklidischen Geometrie bestimmt ist, sind das M. der Zeichenebene und das Zahlenpaarmodell geläufig. Ergebnisse, die man anhand der Untersuchung von abstrakten Strukturen gewinnt, lassen sich jeweils auf deren M.e übertragen. Die Theorie solcher Zusammenhänge nennt man im Anschluß an A. Tarski (1954) Modelltheorie. – In der Logik, speziell der 8modelltheoretischen Semantik, heißt eine Interpretation eines Satzes sein M., wenn sie diesen Satz erfüllt.
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Modelltheoretische Semantik, eine formale Darstellung der logischen 8Semantik. In ihr spielen bestimmte 8Funktionen eine zentrale Rolle, deren Definitionsbereiche 8Mengen von Ausdrücken formaler Logiksprachen sind (8Logik). Im Bereich der elementaren 8Aussagenlogik definiert man eine sog. »Bewertung« V als Funktion, die den Sätzen der aussagenlogischen Sprache nach Maßgabe der folgenden Bedingungen 8Wahrheitswerte als ihre Extensionen (8Intension/Extension) zuordnet: (1) V( ¬ A) =w genau dann, wenn (= gdw.) V(A) = f (d. h. einer Aussage ¬ A wird genau dann der Wahrheitswert »wahr« zugeordnet, wenn A der Wert »falsch« zugeordnet wird); (2) V(A → B) = w gdw. V(A) = f oder V(B) = w. Wegen der Definierbarkeit von ∨, ∧ und ↔ durch ¬ und → sind damit auch die Werte von V(A ∨ B) etc. in Abhängigkeit von V(A) und V(B) festgelegt. Diese Festlegungen für eine Bewertung V sind eine Formalisierung der 8Wahrheitsbedingungen, die die Bedeutungen der 8Junktoren in der Aussagenlogik bestimmen; man kann sagen, daß diese Bedeutungen im Rahmen der m. S. durch die Bedingungen für eine Bewertung gegeben sind. Eine Bewertung V erfüllt einen Satz A genau dann, wenn V(A) = w. Wird A durch alle Bewertungen (also durch alle Funktionen, die den angeführten Bedingungen genügen) erfüllt, so ist A 8aussagenlogisch wahr, 8allgemeingültig oder tautologisch (8Tautologie). Wird die 8Konklusion B eines 8Schlusses A ⇒ B durch alle Bewer-
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tungen erfüllt, die auch die 8Prämisse A erfüllen, so ist der Schluß aussagenlogisch gültig. – Im Rahmen der 8Prädikatenlogik geht man ganz analog vor, spricht jedoch nicht von Bewertungen, sondern von »Interpretationen« der prädikatenlogischen Sprache. Wie eine Bewertung, so ist auch eine Interpretation V eine Funktion, die den Zeichen einer formalen Sprache ihre Extensionen zuordnet. Insbesondere ordnet sie einer 8Gegenstandskonstante a ein Objekt aus dem Gegenstands- oder Grundbereich G (V(a)∈G) und einem einstelligen 8Prädikat F eine Teilmenge von G zu (V(F) ⊆ G); es gilt die Wahrheitsbedingung V(F(a)) = w gdw. V(a)∈ V(F) (F(a) ist genau dann wahr, wenn a ein Element der durch F bezeichneten Menge ist). Die Bedingungen für Sätze, die mehrstellige Prädikate oder 8Quantoren enthalten, sind etwas komplizierter. Für Formeln, in denen Junktoren vorkommen, gelten die Bedingungen (1) und (2) für aussagenlogische Bewertungen analog. Wiederum kann man sagen, daß die Interpretationen die Bedeutungen der prädikatenlogischen Zeichen festlegen. In Analogie zum aussagenlogischen Fall bestimmt man, daß eine Interpretation V einen Satz A der prädikatenlogischen Sprache genau dann erfüllt, wenn V(A) = w; man sagt dann auch, V sei ein 8Modell von A. Ein Satz A ist genau dann prädikatenlogisch wahr, wenn er durch alle Interpretationen erfüllt wird, wenn also alle Interpretationen Modelle von A sind. Ein prädikatenlogischer
Modifikation
Schluß A ⇒ B ist genau dann gültig, wenn jedes Modell von A auch ein Modell von B ist. – Im Rahmen der 8Modallogik werden Bewertungen und Interpretationen auf mögliche Welten relativiert (8Mögliche- Welten- Semantik): Argument einer Funktion ist dort nicht ein Term einer Logiksprache, sondern ein geordnetes Paar aus einem Term und einer möglichen Welt. Man schreibt etwa V(i,A) = w für »A ist in der Welt i wahr«. V(x,A) als Funktion von möglichen Welten in Extensionen von A nennt man die 8Intension von A. – Die im Anschluß an die Untersuchungen A. Tarskis (ab ca. 1935) entwickelte m. S. ist für die moderne Logik von zentraler Bedeutung. Modernismus, Bez. der seit etwa 1900 bes. in Frankreich und Deutschland innerhalb der kath. Kirche vorhandenen Versuche, zwischen den Glaubenssätzen und dem wissenschaftl. Denken, zwischen den von der Kirche empfohlenen und den zeitgemäßen Lebensformen zu vermitteln. Der M. wurde von den Päpsten Leo XIII. und Pius X. durch Verwerfung modernistischer Bücher, Verurteilung ihrer Verfasser, durch den Antimodernisteneid bekämpft. Dabei wurde derj. Teil der Lehren des Thomas von A., die kirchlicherseits als gültig übernommen worden sind (8Neuthomismus), zur verbindlichen Autorität in den Fragen der Theologie, der Wissenschaft, der Philosophie, der Welt- und Lebensanschauung erklärt. Modifikation, lat., im 18. Jh. über frz. modification eingedeutscht, die
Modus
Abänderung, die Abwandlung, die nähere Bestimmung, die Einschränkung, die Veränderung der Seinsweise; in der Biologie auch als Gegenbegriff zu 8Mutation gebr.; modifizieren, abändern, abwandeln, auf ein anderes Maß bringen. Modus, lat. ›Maß‹, ›Regel‹; in der 8Syllogistik die Schlußform, im Unterschied zur Schlußfigur, z. B. in der Formel modus probandi, der Weg z. Beweis, die Beweisart. Modus ponens, die wichtigste Ableitungsregel der elementaren 8Aussagenlogik: Aus zwei Aussagen A und »Wenn A, dann B« kann man die Aussage B ableiten, formal: A, A → B⎥−B (vgl. auch 8Ableitung). Oft bezeichnet man diese Regel auch als »Abtrennungsregel«. In der Tradition verwendete man den Begriff Modus ponens zuweilen eher als Namen für einen aussagenlogisch gültigen 8Schluß: Aus A und »Wenn A, dann B« folgt B, symbolisch: A, A → B ⇒ B. Modus tollens, eine weitere Ableitungsregel der elementaren Aussagenlogik: Aus »Wenn A, dann B« und »Es ist nicht der Fall, daß B« kann man »Es ist nicht der Fall, daß A« ableiten, formal: A → B, ¬ B⎥− ¬ A (vgl. auch 8Ableitung). In der Tradition bezeichnete man mit dem Terminus Modus tollens zuweilen auch einen (mit der eben angeführten Ableitungsregel eng zusammenhängenden) aussagenlogisch gültigen 8Schluß: Aus »Wenn A, dann B« und »Es ist nicht der Fall, daß B« folgt »Es ist nicht der Fall, daß A«, formal: A → B, ¬ B ⇒ ¬ A. In der statistischen Methodenlehre nennt man M. den Mittelwert, der zu-
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gleich statistisch am häufigsten vorkommt und der (sichtbar bei einer graph. Darstellung auf einer Verteilungskurve) als Maximum abgebildet werden kann. In der Grammatik nennt man M. die Aussageweise eines Verbs, die den Wirklichkeitsgehalt des Ausgesagten anzeigt (z. B. durch den Indikativ, Konjunktiv, Optativ oder Imperativ). In der Wissenschaftstheorie und in der Jurisprudenz heißt Modus procedendi die Verfahrensweise, die Art des Vorgehens. In der Sprache des Rechts nennt man Modus vivendi die allg. Form des erträglichen, jedoch rechtlich nicht fixierten Zusammenlebens mehrerer Rechtssubjekte; im Völkerrecht dient dieser Terminus auch zur Bezeichnung der vertragslosen stillschweigenden Einigung zwischen Staaten oder internationalen Organisationen. möglich (lat. possibilis), mhd. mügelich ›was geschehen kann‹; vgl. 8Möglichkeit. Mögliche-Welten-Semantik, ein Teil der logischen 8Semantik, in dem sich Wahrheitsbedingungen für die Modaloperatoren, die 8logischen Partikeln modallogischer Sprachen, formulieren lassen (vgl. 8Modallogik). Da Modaloperatoren intensionale Kontexte bilden (vgl. 8Intension/Extension), bezeichnet man die M. auch als intensionale Semantik. Die Grundlage für die M. in ihrer heutigen Gestalt wurde in den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts von S. Kripke gelegt, der dabei an Gedanken anknüpfte, die auf R. Carnap, L. Wittgenstein und letztlich schon
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auf G. W. Leibniz zurückgehen. Der Grundbegriff dieses Ansatzes ist der der ›möglichen Welt‹. Unter ›Welt‹ ist dabei keine Menge von Dingen wie Tischen, Menschen, Planeten und Galaxien zu verstehen, sondern eine Menge von Sachverhalten wie denen, daß es Bäume gibt, daß Sokrates Philosoph war, daß unser Sonnensystem neun Planeten umfaßt usw. Die wirkliche Welt ist die Menge aller tatsächlich bestehenden Sachverhalte oder ›Tatsachen‹, eine mögliche Welt ist eine Menge von Sachverhalten, die widerspruchsfrei und in dem Sinne vollständig ist, daß sie für jeden wirklich bestehenden Sachverhalt entweder ihn selbst oder seine Negation enthält. Mit Hilfe des so definierten Begriffes einer möglichen Welt lassen sich nun 8Wahrheitsbedingungen für Sätze formulieren, die (alethische) Modalbegriffe wie »Es ist (analytisch) notwendig, daß ...« (vgl. 8Notwendigkeit) enthalten. Der Wahrheitsbegriff wird dabei ›auf Welten relativiert‹, d.h. man spricht nicht einfach von der Wahrheit eines Satzes, sondern von der Wahrheit eines Satzes in einer möglichen Welt i. So legt man etwa fest, daß »Es ist notwendig, daß A« (symbolisch oft N A) in einer Welt i genau dann wahr sein soll, wenn A in allen möglichen Welten wahr ist (dabei steht A für eine beliebige Aussage). Ferner wird bestimmt, daß »Es ist möglich, daß A« (MA) in i genau dann wahr ist, wenn A in mindestens einer möglichen Welt wahr ist. Die Wahrheitsbedingungen für Modalbegriffe (die von Fall
Mögliche-Welten-Semantik
zu Fall noch durch die Einführung sogenannter ›Zugänglichkeitsrelationen‹ modifiziert werden können) bilden zusammen mit denen der zugrundeliegenden nichtmodalen Systeme (in der Regel die klassische 8Aussagen- oder 8Prädikatenlogik) die Grundlage für die Definition der modallogischen Wahrheit und des modallogisch gültigen Schlusses als zentraler logischer Begriffe. – Die M. hat auch in die Gebiete anderer als alethischer Modallogiken Eingang gefunden. So legt man etwa fest: »Fritz glaubt, daß A« ist genau dann wahr in i, wenn A in jeder Welt wahr ist, von der Fritz in i annimmt, daß sie die wirkliche sein könnte (8doxastische Logik), und »Es ist geboten, daß A« ist genau dann wahr in i, wenn A in jeder Welt wahr ist, die von i aus gesehen verwirklicht werden könnte und moralisch optimal ist (8deontische Logik). Auch der von A. Heyting angegebene 8Kalkül der 8intuitionistischen Logik kann durch eine M. interpretiert werden. – Ferner läßt sich im Rahmen der M. das für die 8Sprachphilosophie, die 8Sprachwissenschaft und die Logik wichtige Konzept der Intension präzisieren. In Anlehnung an die Annahme, daß man die Intension (bzw. die Bedeutung) eines Satzes kennt, wenn man weiß, unter welchen Umständen er wahr wäre, bestimmt man die Intension eines Satzes als eine 8Funktion, die jeder mögl. Welt einen Wahrheitswert zuordnet. Allgemeiner ist die Intension eines Ausdrucks (also eines 8Satzes, eines 8Prädikates, einer 8Gegenstandskonstante etc.) eine
Möglichkeit
Funktion, die jeder Welt die Extension zuordnet, die der Ausdruck dort hat. – Manche Züge der M., die in einer Reihe verschiedener Varianten vorliegt, sind philosophisch umstritten. Ein Streitpunkt ist etwa die Frage, ob andere mögl. Welten nur denkbare alternative Verläufe unserer Welt sind (S. Kripke) oder ob ihnen eine Art eigener ontologischer Realität zukommt (D. Lewis). Solche Unterschiede haben auch Konsequenzen für die formalen Details der Semantik. Möglichkeit, mhd. mügelicheit ›Fähigkeit‹, ›Zustand der Kraft‹, von müge ›Kraft‹, eine der 8Modalitäten. Heute redet man primär von möglichen (möglicherweise wahren) Aussagen bzw. Aussagesätzen (logisch gesprochen) oder möglichen Sachverhalten (ontologisch gesprochen): Dabei ist ein Sachverhalt genau dann möglich, wenn ein Aussagesatz, der ihn zum Ausdruck bringt, möglicherweise wahr ist. Allgemein ist ein Aussagesatz genau dann möglicherweise wahr, wenn er in gewisser Hinsicht nicht falsch sein muß. Ganz analog zu den Verhältnissen beim Notwendigkeitsbegriff (vgl. 8Notwendigkeit) kann man verschiedene Arten von Möglichkeit unterscheiden: Ein Satz ist analytisch möglich, wenn er nicht schon aufgrund seiner Bedeutung falsch ist (wie »Manche Junggesellen sind verheiratet«, vgl. 8analytisch), er ist naturgesetzlich möglich, wenn seine Wahrheit nicht im Widerspruch zu einem Naturgesetz steht, und er ist logisch möglich, wenn er nicht aufgrund der semantischen Regeln (8Seman-
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tik) für die in ihm vorkommenden 8logischen Partikeln falsch sein muß, wenn es sich also nicht um eine 8Kontradiktion handelt. – Zuweilen verwendet man neben dem M.sbegriff, der sich auf Aussagen bezieht, auch das Konzept der möglichen Eigenschaften, die Objekte aufweisen können. Man spricht von M. de re (lat. ›auf ein Ding bezogen‹, ›der Sache nach‹) im Unterschied zur M. de dicto (›auf eine Aussage bezogen‹, ›der Aussage nach‹). Die Sinnhaftigkeit der Rede von M. de re ist heute umstritten (vgl. auch 8Notwendigkeit, 8Modallogik). – In der Tradition wurde der M.sbegriff noch unter einer Reihe anderer Gesichtspunkte diskutiert. In Ontologie und Metaphysik verstand man im Anschluß an Aristoteles unter M. im Gegensatz zur 8Wirklichkeit das Vermögen, etwas zu werden (8dynamis); in diesem Sinn ist insbes. die erste Materie (8materia prima) etwas, was nur der M. nach ist und erst durch die Wirksamkeit der 8Form (8energeia) wirklich wird. Hier wird ein Seinsbegriff gesetzt, nach dem es Seinsmöglichkeiten, und zwar nicht nur im Sinne der Denkbarkeit (formale M.), sondern als Tatsache (reale M.) gibt, die selbst noch nicht ›sind‹, aber Voraussetzungen für künftiges Sein bedeuten. Das ›Sein der M. nach‹ steht also zwischen ›Nicht- Sein‹ und ›Wirklich- Sein‹, wäre also eine Vorstufe der Wirklichkeit. In theologischer Wendung erklärt Abälard nur das als möglich, was von Gott wirklich geschaffen sei. Sonst aber wird im Mittelalter die Meinung vertreten,
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daß Gott in seiner Freiheit auch andere mögliche Welten hätte schaffen können. Auch G. W. Leibniz nimmt im Geist Gottes unendlich viele M.en an (8beste Welt). Bei Chr. Wolff überwiegt wieder die logische Bedeutung des M.sbegriffes (möglich ist »was nichts Widersprechendes in sicht enthält« – VGG § 12), andererseits ist freilich nur etwas »möglich, weil es von dem göttlichen Verstande vorgestellt wird«. I. Kant betont vor allem die logische und erkenntnistheoretische Bedeutung von M. als Verträglichkeit mit »den formalen Bedingungen der Erfahrung, der Anschauung und den Begriffen nach« und mit dem anerkannten Inhalt der Erfahrung; er warnt davor, von der M. des Begriffs sofort auf die der Dinge zu schließen. Moira, gr. der ›Teil‹, Anteil, das dem Menschen Zukommende, Gebührende, sein 8Schicksal, sein Los; bei Homer die Schicksalsgöttin, die jedem Menschen sein Geschick, gutes und böses, zuteilt. Nach Hesiod (Theog. 218) gibt es drei Moiren, Schicksalsgöttinnen, die als Töchter der Nacht oder Töchter des Zeus und der Themis angesehen werden: Klotho, die den Lebensfaden spinnt, Lachesis, die ihn (durch das Los) zuteilt, und Atropos, die ihn abschneidet. Molekül, auch Molekel, lat. molecula (Verkleinerungsform von moles ›Masse‹) ›das Massenteilchen‹; Mz. die Moleküle oder Molekeln, die kleinsten Teilchen, in die ein Stoff ohne Änderung seiner chemischen Zusammensetzung mechanisch zerlegt werden kann, die
Monade
aber physikalisch weiter in 8Atome zu zerlegen sind. Moment, lat. momentum (movimentum von movere ›bewegen‹) ›das Bewegende‹, die 8Bewegung als innewohnende Kraft (während motio die Bewegung als Vorgang, motus die Bewegung als Resultat ist), sich selbst oder anderes zu bewegen; übertragen: 1. die Bewegungsdauer, der Zeitabschnitt, der Zeitpunkt, der 8Augenblick. Dazu: momentan, augenblicklich, schnell vorübergehend; 2. in der Physik allgemein das Produkt zweier physikal. Größen, von denen eine die Dimension der Längenpotenz hat; 3. in der statistischen Methodenlehre bez. M. den Erwartungswert für die Funktion einer Zufallsvariablen; 4. die ausschlaggebende Kraft, der entscheidende Faktor, der wesentliche Umstand. In dieser vierten Bedeutung (in der das Wort sächl. gebr. wird), erscheint es bes. bei G. W. Fr. Hegel: Das M. ist ein wesensnotwendiger Bestandteil des Ganzen und zugleich als »das System ihrer eigentümlichen Elemente die ganze Idee« (Enz. § 15). Monade (gr. monas), die 8Einheit, in der gr. Mathematik bei Euklid (Elementa VII, 1- 2) der Begriff, »durch den jedes existierende Ding eins genannt wird«. Die M. selbst gehört nicht zu den Zahlen; die 8Zahl wird definiert als »eine aus Monaden zusammengesetzte Vielheit«. In der gr. Philosophie diente die M. zur Bez. alles dessen, was einfach, nicht zusammengesetzt und deshalb unteilbar ist. Von vornherein aber verband die Philosophie mit dem arithmetischen
Monade
Begriff auch eine metaphysische Bedeutung. So stellt Pythagoras monas und dyas (Einheit und Zweiheit) als Prinzipien nicht nur der Zahlen, sondern auch der Dinge auf. Plato verstand unter den M.n oder Henaden die 8Ideen, die allgemeinen Begriffe, denen substantielles Dasein zukommt und welche die ewigen Wesenheiten der Dinge sind. Auch die 8Atome des Leukipp, Demokrit und Epikur wurden als M.n bezeichnet. Demgemäß nahm G. Bruno als Prinzipien sog. Minima oder M.n an, die von ihm punktuell, doch nicht schlechthin unausgedehnt, sondern als sphärisch verstanden wurden und sowohl als psychisch wie auch als materiell galten. G. W. Leibniz (Monadologie) verstand unter M.n die letzten Einheiten, aus denen sich die Weltsubstanz zusammensetzt (ebd. 1- 6). Sie sind in sich geschlossene, vollendete Wesen oder Seelen, auch 8Entelechien genannt (ebd. 18, 19), sich selbst genügend, ohne Beziehung nach außen (denn sie haben »keine Fenster«, ebd. 7), aber sie sind der Vorstellung fähig, die verschiedene Grade hat, von den verworrenen, z. T. unbewußten 8Perzeptionen, den bewußten 8Apperzeptionen bis hin zur Reflexion und zum Bewußtsein allgemeiner Wahrheiten (ebd. 14- 17, 20- 27). Der Zusammenhang zwischen den M.n wird hergestellt durch die prästabilierte 8Harmonie. Sie sind unräumlich und dem Wesen nach Seelen; G. W. Leibniz nennt sie daher auch »âmes«. Der Form nach kommt also bei G. W. Leibniz der metaphysi-
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schen 8Substanz Einheit und Individualität zu. Obgleich G. W. Leibniz sich die M.n als unveränderlich und ewig denkt, nimmt er doch zusätzlich noch theistisch einen 8Gott als Urmonade an, deren Effulgurationen die andern M.n sein sollen. Sein Gedanke wurde nach I. Kant, der die M.nlehre G. W. Leibniz’ in der Kritik der reinen Vernunft bekämpfte (Kap.: Amphibolie der Reflexionsbegriffe), wieder von J. F. Herbart aufgenommen, der als metaphysische Prinzipien die sog. › 8Realen‹ aufstellt, d. h. einfache, unräumliche, quantitätslose, an sich unveränderliche Einheiten von einfacher Qualität. Aber diese Realen sind hier nicht wie bei G. W. Leibniz durch Vorstellungskraft, sondern durch die Kraft der Selbsterhaltung definiert. Obgleich die Realen von einfacher Qualität sind, so sind sie doch voneinander verschieden und bringen durch ihr »Zusammensein« alle körperlichen und geistigen Vorgänge hervor. H. Lotze verband Spinozismus und Leibnizsche Monadologie und nahm als das wirksam Reale in der Natur unendlich viele diskrete Ausgangspunkte der Wirkungen an, ließ aber diese Kraftzentren durch eine Substanz, die persönlich gedacht ist, umfaßt werden. Die M.n werden in diesen Theorien als die letzten Bestandteile des Daseins, als unendlich an Zahl und als metaphysische Einheiten gedacht, während den entsprechenden physischen Einheiten in der Regel der Name 8Atom verbleibt. Seitdem werden unter M.n die letzten metaphysischen Punkte (G. W. Leibniz),
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Kraftzentren (8Kraft) oder 8Individuen verstanden. Dem Begr. kommt zumeist nur noch eine philosophiehistor. Bedeutung zu. Monadologie, Neub. aus gr. monas ›Einheit‹ und logos ›Lehre‹, die Lehre von den Einheiten, eine kurze Abhandlung, die G. W. Leibniz 1714 in frz. Sprache niederschrieb und die die reifste Form seiner Auffassung von den 8Monaden darstellt. Die Abhandlung, der er selbst keinen Titel gab, wurde zuerst 1720 von J. H. Köhler in dt. übers., nach dieser 1721 und 1728 in lat. Sprache und erst 1840 von J. E. Erdmann in den Opera philosophica nach dem Urtext veröffentlicht. Monarchianer, die Vertreter einer Lehre von der Einheit Gottes im 3. Jh. n. Chr. Sie bestritten die Lehre von der Dreieinigkeit und faßten Christus entweder als eine Modifikation Gottes oder als einen Menschen mit übernatürlicher Kraft auf. Monarchie, gr., aus monos ›einzig‹, allein und archein ›führen‹, die Alleinherrschaft, die Herrschaft eines Einzigen, der von einem Einzigen gelenkte oder beherrschte Staat; in Europa seit dem MA fast ausschließlich ein Privileg für Angehörige des Geburtsadels. Man unterscheidet die absolute M. (8Absolutismus) und die konstitutionelle, durch eine verfassungsmäßig gesicherte Volksvertretung beschränkte M., die Erb- M. und die Wahl- M. Seit Plato und Aristoteles ist die Einteilung der Staatsformen nach der bloßen Zahl der Herrschenden üblich gewesen (8Aristokratie, 8Demokratie).
Monismus
Moneren, nach gr. monërës ›einfach‹; von E. Haeckel eingef. für die Lebewesen, die noch keine Zelle darstellen, noch nicht in Zellkern und - leib gegliedert sind. Ihr Vorkommen wird bestritten, da keine Zelle ohne Kern oder Vorstufen zur Kernbildung bekannt ist. Monismus, Neub. von gr. monos ›einzig‹, allein; Einheits- , Alleinheitslehre; dazu Monist, Vertreter dieser Lehre, zuerst bei Chr. Wolff im Gegensatz zu Dualist (8Dualismus). Chr. Wolff teilt die 8Philosophen ein in 8Skeptiker und 8Dogmatiker, die Dogmatiker in Monisten, die eine Art, und Dualisten, die zwei Arten der Dinge vorgeben: »Die Monisten sind abermal von zweierlei Gattung«, entweder Idealisten oder Materialisten, und die ersteren wiederum Pluralisten, die »mehr als ein [geistiges] Wesen zugeben«, oder Egoisten, die »sich für das einige würckliche Wesen halten«. Wie G. W. Leibniz glaubte auch Chr. Wolff, »es gehe an, daß sich die Meinungen der Idealisten und Materialisten von den Dualisten miteinander vereinbaren lassen« (Chr. Wolff, VGG, Vorr. zur 2. Aufl., 1721). Im weiteren Sinn versteht man unter M. seit dem 19. Jh. jede philos. Lehre und 8Weltanschauung, die im Gegensatz zum Verharren bei zwei Prinzipien (Dualismus) und zur Annahme einer ursprünglichen Vielheit (8Pluralismus) eine letzte Einheit erstrebt oder annimmt, aus der sich alles entwickelt oder entwickeln läßt, auf die sich daher auch alles Zwiespältige und Mannigfaltige zurückführen lassen muß. M. nannte
Monomerie
sich auch die aus dem 8Darwinismus hervorgegangene 8Weltanschauung E. Haeckels. Bei ihm wird die physische Substanz zum Inbegriff des Ganzen gemacht. Dieser naturalistische M. leugnet die Selbständigkeit und Eigengesetzlichkeit jedes nichtphysischen Seins; er denkt sich das Seelische als den materiellen Grundbestandteilen mitgegeben und erklärt es nach mechanischen Gesetzen. Alles Geistige erscheint als Funktion der 8Materie. Nur eine leichte Abwandlung hiervon ist der energetische M. Ostwalds, der das Geistesleben als Transformation der 8Energie erklärt. Auf Grund dieser monistischen Weltanschauung bildete sich 1906 zunächst unter Vorsitz E. Haeckels, dann Ostwalds der Deutsche Monistenbund. Von diesem ursprünglich naturalistischen M. weicht der von den angelsächsischen Denkern J. Dewey, W. James, R. B. Perry und B. Russell vertretene neutrale M. ab; sie gehen zwar von der Untrennbarkeit von Geist und Materie aus, bestreiten aber die Gültigkeit jeder Annahme, es gebe nur eine 8Substanz. Monomerie, Neub. aus gr. monos ›einzig‹ und morphë ›Gestalt‹, von einer Gestalt, einer Form. monomorph, Neub. aus gr. monos ›einzig‹ und morphë ›Gestalt‹, von einer Gestalt, einer Form. In der Mathematik nennt man m. ein axiomatisches System, bei dem zwischen zwei Modellen dieses Systems eine umkehrbar eindeutige Zuordnung der Elemente möglich ist. Monomorphie (Struktur-
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gleichheit) liegt vor, wenn alle Modelle eines solchen Systems untereinander 8isomorph sind. Monomorphismus nennt man in der Biologie den einheitlichen Bau von Organen, Geweben aus gleichartigen Zellen (Ggs.: Polymorphismus). monophyletisch, Neub. aus gr. monos ›einzig‹ und phylë ›Stamm‹; einstämmig, im Sinne der 8Abstammungslehre aus einer Stammform hervorgegangen; Gegenbegriff: 8polyphyletisch. Monopsychismus, gr., ›Einseelenlehre‹, die z. B. von Averroes vertretene Auffassung, daß es nur einerlei Seelisches gibt; die Unterschiede der menschlichen Einzelseelen stammen nicht aus ihnen selbst, sondern sind nur von außen, d. h. leiblich, bedingt. In der 8Monadologie wird der äußerste Gegensatz zu dieser Auffassung vertreten. Monotheismus, Neub. aus gr. monos ›einzig‹ und theos ›Gott‹, die Lehre von dem einen persönlichen 8Gott (arab. 8Allah) als Schöpfer, Ordner und Erhalter der Welt und sittlichem Gesetzgeber, wie in den Religionen des Christentums, 8Islams und 8Judentums und den hierin mit ihnen einig gehenden philosophischen 8Weltanschauungen (8Theismus). Gegenbegriffe: 8Polytheismus, 8Pantheismus. monoton von gr. monos ›einzig‹ und tonos ›Strick‹, ›Seil‹, Spannung, Ton; eintönig, gleichförmig; in der Mathematik heißt eine Folge m. wachsend bzw. fallend, wenn für alle ihre Glieder an+1 ን an bzw. an+1 ኢ an gilt. Monotonie, gr. ›Eintönigkeit‹ 1. psychol.: Reizarmut,
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Langeweile, 2. log.: vgl. 8nicht- monotone Logik. Montage, aus dem Frz.; urspr. das technische Zusammensetzen eines Ganzen aus zuvor hergestellten Teilen, in der Filmkunst das technische Verfahren des Schnitts, durch den die Teile erst nachträglich zum Ganzen des Films zusammengesetzt werden, außerdem Gestaltungsprinzip der modernen avantgardistischen Kunst (Collage, Fotomontage), das Gesamtkunstwerk aus heterogenen Teilen zusammenzusetzen, die ursprünglich nicht zusammengehören. Die philosophisch- ästhetischen Konsequenzen der auf M. beruhenden Filmkunst für die Kunst überhaupt hat W. Benjamin als Zerstörung ihrer 8Aura beschrieben (Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, 1936). Das klassische 8Kunstwerk beruht auf 8Schein, auf einer in sich durchgebildeten, organischen Einheit in der Nachbildung der Wirklichkeit (8Mimesis), in der jedes Einzelmoment in einem Bezug auf das Ganze des Werkes als einem Wahrheit beanspruchenden Sinnzusammenhang steht (8Hermeneutik). Die Einheit dieses Sinnzusammenhangs sowie die klare Unterscheidung von Kunst und Wirklichkeit bricht das nicht- organische M.prinzip zugunsten eines fragmentarischen (8Fragment) Kunstverständnisses auf: Für Th. W. Adorno, der die umfassendste philosophische Theorie der M. entwickelt hat, ist M. nicht nur Ausdruck der Krise des auf 8Wahrheit zielenden Scheincharakters der Kunst, viel-
Moral
mehr macht M. den gesellschaftlich objektiv gewordenen Ausfall einheitlicher Sinnstrukturen im Kunstwerk selbst sichtbar: »Der Schein der Kunst ... soll zerbrechen, indem das Werk buchstäbliche, scheinlose Trümmer der Empirie in sich einläßt, den Bruch einbekennt und in ästhetische Wirkung umfunktioniert. (...). Negation der Synthesis wird zum Gestaltungsprinzip« (Ästhetische Theorie, 1970, 232). Montague-Grammatik, vgl. 8logische Grammatik. Moral, von lat. moralis (pars philosophiae), Übers. von gr. ëthikon meros philosophias (vgl. Cicero, De fato 1, 1; Seneca, Epist. 89), eingedeutscht von Thomasius 1720; 1. die 8Sittlichkeit, 2. das sittliche Verhalten, die 8Sittenlehre oder die 8Ethik; dazu moralisch, sittlich, der 8Sittlichkeit, der Sittenlehre gemäß, 3. im Gegensatz zu physisch auch svw. innerlich, geistig, vernünftig (in dieser Bed. auch 8Moralwissenschaften); seit Mitte des 18. Jh. auch Ersatz für ethisch; moralischer Sinn (bei A. Shaftesbury moral sense), die angeblich in der Natur des Menschen liegende Unterscheidungsgabe für 8Recht und 8Unrecht, die gefühlsmäßige Reaktion auf sittliche Werte und Unwerte, das sittliche Empfinden, bei I. Kant moralisches Gefühl, das nur als Begleitung (nicht Ursache) der Sittlichkeit, als »Gefühl der Achtung fürs moralische Gesetz« gelten soll, in der Wertethik svw. 8Wertgefühl; moralische Weltordnung, bei J. G. Fichte die auf Erfüllung des Sittengesetzes hinführende
Moralität
Entwicklung der Menschheit, der sittliche Zusammenhang der Welt (8Atheismusstreit); s. ferner: moralischer 8Gottesbeweis. Moralisieren, Betrachtungen über die Sittlichkeit oder den sittl. Wert einer Sache, Handlung, Person anstellen, auch den Sittenrichter spielen. Bei I. Kant heißt moralisiert werden svw. sittlich werden: »Wir sind in hohem Grade durch Kunst und Wissenschaft kultiviert. Wir sind zivilisiert bis zum Überlästigen, zu allerlei gesellschaftlicher Artigkeit und Anständigkeit. Aber uns für schon moralisiert zu halten, daran fehlt uns noch sehr viel« (Idee zu einer allg. Gesch. in weltbürgerl. Absicht). Moralismus, die Anerkennung der Sittlichkeit als Zweck und einziges Ziel menschl. Lebens und geistigen Strebens. Moralist, früher ausschließlich der Moralphilosoph, der Sittenlehrer, im tadelnden Sinn später auch der Sittenrichter, im bes. frz. Sinn alle diejenigen, die das Wesen des Menschen, die Fragen der Menschenkunde und Lebensführung zum Gegenstand ihrer Betrachtung machen, und zwar zumeist in unsystematischer Form (8Aphorismus, 8Essay, 8Maxime); Moralisten heißen demnach Schriftsteller wie M. Montaigne, F. La Rochefoucauld, L. Vauvenargues, J. La Bruyere u. a. Moralität, lat. moralitas, die Sittlichkeit, bei I. Kant im Gegensatz zur 8Legalität die Übereinstimmung des Willens mit dem 8Sittengesetz, der Triebfeder des Handelns mit der Idee der Pflicht. G. W. Fr. Hegel unterscheidet in seiner ›Rechtsphilosophie‹ (GPhR) M. und 8Sitt-
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lichkeit; die letztere gilt ihm als das wirkliche Gelebtwerden der 8Sitte in den großen Ordnungen eines Volkes, während die M. nur den reflektierenden Einzelmenschen, sein Verhältnis zu sich und der Umwelt betrifft und deshalb nur eine beschränkte Gültigkeit haben kann. Moralitäten hießen im späteren Mittelalter lehrhafte, den Kampf der 8Tugenden und 8Laster um den Menschen darstellende, meist allegorisch zu deutende Schauspiele. Moralphilosophie, die Lehre von den Grundlagen und dem Wesen der 8Sittlichkeit, in vielen prakt. Philosophien der theoretische Teil der Ethik oder auch die 8Ethik überhaupt. In anderen ›Ethik‹ genannten Theorien (8Tugendlehren; 8Werttheorien) bildet die M. nur einen Teilbereich der Ethik. Darüber hinaus beschäftigen sich diese Richtungen auch mit moralisch neutralen Ziel- und Zwecksetzungen (z. B. ästhetischen, wissenschaftlichen; vgl. z. B. Aristoteles, Nik. Ethik, M. Scheler, Der Formalismus in der Ethik, EA 1913). Moralprinzip, Sittlichkeitsgrundsatz, jeder Grundsatz, der den sittlichen Willen bestimmen oder nach dem das sittliche Handeln sich richten soll. Es werden formale und materiale Moralprinzipien unterschieden. Ein formales M. ist ein Grundsatz für die Art, wie der sittliche 8Wille als solcher zu bestimmen ist (z. B. I. Kants 8kategorischer Imperativ), ohne Rücksicht auf den 8Zweck, dem die durch den Willen hervorgerufene sittliche Handlung dienen soll. Ein materiales M. dagegen ist gerade auf
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diesen Zweck gerichtet, z. B.: Strebe nach Glück, nach Güte, nach Vollkommenheit! Moraltheologie (neulat. theologia moralis), in der 8Scholastik und katholisch- theolog. Wissenschaft die Disziplin, deren Gegenstand das sittliche Verhalten des in die göttliche Heilsordnung hineingestellten Menschen ist; svw. 8Ethikotheologie. Moralwissenschaft, wörtl. übers. von J. St. Mills Begr. moral science für 8Geisteswissenschaften, zeitweilig auch im Dt. gebräuchlich (vgl. G. Simmel, Einl. i. d. Moralwissensch., 2 Bde., 1892/93). more geometrico, lat., eine Methode des philosophischen Denkens und Darstellens, die ›nach Art der Geometrie‹ deduktiv verfährt, indem sie von Definitionen und 8Axiomen ausgeht, Lehrsätze aufstellt und beweist und an die Beweise Folgesätze und Erläuterungen anschließt. Sie wurde bes. von R. Descartes in den Principia, von B. Spinoza in seiner ›Ethik‹ (Ethica 1677) angewandt und setzt die Anschauung voraus, daß die Mathematik das Muster der philos. Erkenntnis sei. morphë, gr. ›die 8Gestalt‹, Form; dazu Morphogenese (gr. genesis ›Entstehung‹) die Gestaltwerdung, die Entwicklung von Form und Struktur bei den Lebewesen; Morphologie: 1. Gestalt- , Formenlehre, von J. W. v. Goethe eingef. Begriff z. Bez. der Lehre von der Bildung und Umbildung der Gestalten oder Formen der Lebewesen. Von hier aus wurde der Ausdruck auf andere Gebiete, z. B. Kulturmorphologie,
Motiv
morphologische Geschichtsbetrachtung (O. Spengler) übertragen. 2. In der traditionellen Sprachwissenschaft beschäftigt man sich in der Morphologie mit der Gestaltveränderung von Wörtern, Wortarten und Flexionsformen. 3. In die Soziologie wurde der Begriff ›Morphologie‹ von E. Durkheim eingeführt. Hier bez. er die Mengenverhältnisse der Individuen in gegebenen Räumen (Soziogeographie, Demographie, Bevölkerungsstatistik) sowie deren Verteilung, nach Merkmalen unterschieden. Mortifikation, von lat. mortificare ›totmachen‹; die Abtötung, insbes. des Fleisches, der Sinnlichkeit durch Kasteiung und 8Askese, in der Medizin das Absterben von Körperteilen (svw. Brand); in der Rechtssprache die Ungültigkeitserklärung eines Schuldscheins oder einer anderen Urkunde (Mortifikationsschein). Motiv (lat. motivus ›aufrührerisch‹, anreizend, antreibend, 8causa motiva ›bewegende Ursache‹), 1. der Antrieb, die Triebfeder, der 8Beweggrund, in der Psychologie der Beweggrund des Wollens und Handelns, die Gesamtheit der seelischen Vorgänge, die eine Willenshandlung auslösen (8Wille). Im Unterschied zur kausalen Betrachtung, welche die extremen und zeitlich vorhergehenden Wirkursachen rekonstruiert, werden durch die Aufdeckung der M.e die 8Absichten, Beweggründe und 8Zielsetzungen, welche eine Handlung begleiten, verständlich gemacht. 2. Abweichend davon ist in der Ästhetik M. der Gegenstand oder
Motorik
das Erlebnis, wodurch die Phantasie des Künstlers angeregt wurde: der Vorwurf oder Stoff für sein Werk. 3. In der Literatur bedeutet M. eine stofflich- thematisches Element, das als inhaltliche Grundform beschrieben werden kann (z. B. sog. Typus- M.e: Held, Liebhaber, Intrigant). 4. Aus der Sprache der Musik kommt der Begriff Leitmotiv; er bezeichnete urspr. ein dominierendes Kompositionselement, wurde als Synonym für Thema, Gegenstand, Gestaltungselement auch für die Interpretation sprachlicher Texte verwendet. Motivation oder Motivierung: 1. Sammelbegr. für Beweggründe des Willens, 2. externe oder interne Anregung oder Förderung der Willensstärke, dazu: motiviert, angeregt, entschlossen, 3. heißt ›Motivation‹ auch in der epischen und dramatischen Dichtung die Begründung einer Handlung oder einer Begebenheit, z. B. durch Angabe der Umstände, der Vorgeschichte, der Charaktereigenschaften, die sie veranlaßt oder hervorgebracht haben. Motorik (lat. motor ›Beweger‹), die Lehre von den körperlichen Bewegungen und den ihnen zugrunde liegenden seelisch- leiblichen Funktionen. Multiversum, Neub. H. Rickerts nach Analogie von 8Universum (lat. multum ›viel‹) zur Bez. für das Weltall, sofern es als eine Vielheit, die sich nicht auf eine Einheit zurückführen läßt, betrachtet wird. mundus, lat., entspr. gr. 8kosmos, 1. Schmuck (Toilettengerät), 2. Weltordnung, Weltall, die Welt;
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im Lat. wie im Griech. mit ästhetisch- räumlichem Bezug, im Unterschied zum dt. Begr. 8Welt; mundus archetypus, die urbildliche Welt, die urspr. eine vergangene oder zukünftige Periode bezeichnete; mundus intelligibilis, die geistige, nur mit dem 8Intellekt erfaßbare Welt (der Ideen); mundus sensibilis, die sinnlich wahrnehmbare Welt. Muße, gr. s’cholë, lat. otium, urspr. das Freisein von Staatsgeschäften und von Verpflichtungen im Haushalt, die in der Antike als NichtMuße (a- s’cholia, negotium) definiert waren. Bei Plato ist M. die Voraussetzung für die Schau der Dinge (theoria) und damit eine der Bedingungen für philosophische Betätigung, bei Aristoteles ist M. die höherwertige 8Lebensform gegenüber der Arbeit. Seitdem in der Neuzeit geistige Betätigung als 8Arbeit begriffen wird, wird M. abgewertet zum Müßiggang. Dieser Begr. wurde im 16. Jahrhundert – nachdem die Herkunft von ›müßig‹ aus ›Muße‹ nicht mehr gehört wurde –, zur geringschätzigen Bezeichnung von Tätigkeiten oder Lebensführung ohne Arbeit im Sinn von Berufs- oder Erwerbstätigkeit. Die positive Einschätzung von M. als Handlungsziel bei Aristoteles – »Wir opfern unsere Muße, um Muße zu haben« (Nik. Ethik, 1177 b 5, Gigon- Übers.; DirlmeierÜbers.: »Wir arbeiten, um dann Muße zu haben.« Wörtlich: »Wir sind unmüßig, um Muße zu haben«) – war im lateinischen negotium (Nicht- Muße, d. h. Geschäft) noch enthalten, und blieb im Mittelalter
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geläufig. Nach Thomas von Aquin ist die Arbeit natürlicherweise zum Lebensunterhalt notwendig; wer aber ohne Arbeit leben kann, ist nicht minderwertig, vielmehr steht die Tätigkeit der 8Kontemplation (wie bei Aristoteles die theoria, Betrachtung) über der Arbeit (Mönchtum). Mit der Durchsetzung des bürgerlichen Denkens wird die Berufsarbeit als Erwerbstätigkeit erster Sinn des Lebens. Zu dieser Bewußtseinswandlung haben Protestantismus, insbesondere der Cavinismus erheblich beigetragen. M. Luther verwendet Müßiggang im gekennzeichneten Sinn (vgl. Jes. Sir. 33, 29: »Müßiggang lehrt viel Böses.«) und übersetzt in dem von nun an immer wieder herangezogenen Vers aus Jesus Sirach (11, 20) das Wort Arbeit mit Beruf im weltlichen Sinne: »Bleibe in Gottes Wort und übe dich darin und beharre in deinem Beruf«. Im Calvinismus wird Müßiggang zum Zeichen für fehlende Gnadenwahl. Im Laufe der Industrialisierung werden Arbeit und Leben für die Lohnempfänger bei wenig Brot und Schlaf nahezu deckungsgleich, für die Unternehmer werden Erwerb und Gewinn zum Lebenssinn, zunächst noch in Gottes Auftrag, schließlich auch ohne ihn. Die Pädagogik der 8Philanthropen (J. B. Basedow) und des 8Pietismus (A. H. Francke) erzog nachdrücklich zur Arbeit und gegen die Neigung zum Müßiggang. Ein seltenes Lob des Müßiggangs ist Fr. Schlegels Romanfragment Lucinde (1799). Bis in die Gegenwart ist Arbeitslosigkeit, verstanden als unfreiwilliger Müßiggang,
Mutationstheorie
für viele mit einem Makel und mit dem Schwinden des Lebenssinns verbunden. Mut, ahd., mhd. muot ›Kraft‹ des Denkens und Empfindens, Sinn, Geist, Gemüt; verw. m. gr. mosthai ›streben‹, von der idg. Wurzel më- , mô- , heftigen und kräftigen Willens sein, ›heftig streben‹. Ähnlich der urspr. Bed. von 8Tugend im Alt- u. Mittelhochdt. ist M. auch im Nhd. die Furchtlosigkeit in Gefahren, welche dem Bewußtsein eigener Kraft entspringt. Man unterscheidet den physischen M., der auf Körperkraft und - schulung beruht, und den moralischen M., der aus der klaren Einsicht in das Notwendige und aus dem Verantwortungsbewußtsein, verbunden mit Willensund Charakterstärke (8Wille, 8Charakter), entsteht und dazu befähigt, das für wahr und gut Erkannte gegen Widerstände und Einschüchterungen zu bekennen und durchsetzen (8Tapferkeit). Mutationstheorie (lat. mutatio ›Veränderung‹, Verwandlung), von H. de Vries (Die M., 1901) eingef. für die Lehre von den plötzlichen, sprunghaften, sofort erblichen Veränderungen von Arten oder Abarten, welche danach die Ausprägung einer neuen 8Art im Unterschied von der Stammart, der Mutante erklären sollen. Mutation ist ein Begriff, den Ch. R. Darwin noch für die angenommenen kleinen Variationen in der Entwicklung allgemein verwendete: Da in allen geolog. Zeiten einerseits die meisten Arten konstant blieben, andererseits neue Arten aufgetreten sind, muß man ›Mutationen‹ mit
Mutterrecht
weiterreichenden Auswirkungen annehmen. Durch strahlenbiologische Forschungen wurde dagegen nachgewiesen, daß durch Röntgenbzw. Korpuskularstrahlen oder chemische Stoffe nur die Zahl der Spontan- Mutationen im engeren Sinne erhöht werden, nicht aber ihre Qualität beeinflußt werden kann. Diese Mutation wird im weiteren Sinne verstanden als durch Auftreten eines Strahlungsquantums auf ein 8Gen bzw. 8Chromosom bewirkte Änderung der Erbstruktur. Es handelt sich also um einen Vorgang, der ein 8Molekül angreift und durch die Entwicklungsstruktur des betr. Organismus als eine Art Verstärkerwirkung zum Ausdruck im Erscheinungsbild führt. Mutterrecht, von J. Bachofen (Das M., 1861) eingef. für das Rechtsverhältnis des Vorrangs der Mutter vor dem Vater in Bezug auf die Kinder, so daß diese Namen, Besitz, Vorrechte, Stammeszugehörigkeit usf. von der Mutter erben. Ob das M. eine notwendige Stufe jeder kulturellen Entwicklung ist (wie Bachofen noch annahm) oder nur in wenigen Kulturen sich voll entwickeln konnte, blieb umstritten. Mutualismus, Neub. von lat. mutuus ›wechselseitig‹, ›gegenseitig‹, die Gegenseitigkeit, das Verhältnis mehrerer gegenseitig aufeinander angewiesener Organismen zueinander (8Symbiose); auf das menschliche Gemeinschaftsleben übertragen: die gegenseitige Hilfe. Mysterium, lat. (gr. mystërion) ›das Geheimnis‹, der Geheimkult; Mz. die Mysterien, die nur den Einge-
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weihten, den Mysten, zugänglichen Kulte, in denen durch religiöse Handlungen, Formeln und Lehre ein unmittelbares körperlich- seelisches Verhältnis zu den sich auf der höchsten Stufe der Feier, der Epoptie, offenbarenden und mit den Feiernden verbindenden (8unio mystica) Gottheiten hergestellt wurde. Von den gr. Mysterien wurden bes. die der Orphiker (8Orphik), die eleusinischen, die des Dionysos und in hellenistischer Zeit die der Isis und der Magna Mater für die Philosophie bedeutsam, da viele Philosophen, wie Heraklit, Pythagoras, Empedokles, Plato, die 8Stoiker und besonders die Neuplatoniker, an die Gotteslehren der Mysterien anknüpften und ihre eigenen Lehren als die Einweihung in ein M. darstellten. Mysterium magnum, lat. ›das große Geheimnis‹, Bez. des Paracelsus für die Welt des göttlichen Vermögens, das alles, was in ihr verborgen ist, ins Dasein bringt, bei J. Böhme svw. 8Ungrund. Mystifikation, frz. mystification ›die Verschleierung‹, Täuschung; daher mystifizieren, verschleiern, täuschen, hinters Licht führen. Mystik, von gr. ta mystika ›die Mysterien‹, dies von gr. myein ›die Augen schließen‹, um alle sinnliche 8Wahrnehmung auszuschalten und statt ihrer zur inneren, göttlichen 8Erleuchtung zu gelangen. Daher bedeutete mystika das, was nicht ausgesprochen werden darf und kann, dann besonders alles, was symbolisch und allegorisch zu verstehen ist, zumal die Mysterientheologen ihre Lehren in 8Symbo-
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len ausdrückten. M. im engeren Sinne ist die durch kultische Handlungen und ihnen entsprechende seelische Erlebnisse erstrebte und erreichte Berührung mit dem Göttlichen. Zu den kultischen Mitteln, mit denen diese Vereinigung mit der Gottheit erreicht wird, gehören die heiligen Mahlzeiten mit ihrem Essen und Trinken der göttlichen Substanz, die heilige Hochzeit (gr. hieros gamos), in der z. B. die Gottheit als der ›Seelenbräutigam‹ erscheint; auch die Verwendung von Erregungs- und Betäubungsmitteln, von Musik und Tanz kann dem Wunsch nach Erreichung der 8Ekstase dienen. Der später entstandene kultiviertere Weg zur Herbeiführung mystischen Erlebens ist die Übung in 8Askese, 8Kontemplation und 8Meditation. Zur 8Weltanschauung wird die M. dadurch, daß in ihr die Stellung des Menschen zur Welt in derselben Weise wie die zur Gottheit eine besondere wird. Der Mensch kann sich nach den meisten Auffassungen von M. der Einheit seines Wesens mit dem der Welt bewußt werden, er hebt die Spaltung in Subjekt und Objekt auf. Das göttliche Wesen, das die Welt als deren Geist und Leben durchströmt, lebt und offenbart sich auch im Menschen als einem Glied des großen Gesamtorganismus der Welt. Nicht mehr der Mensch selbst erlebt, denkt, will, handelt, sondern Gott als das Leben der Welt lebt, denkt, will, handelt in ihm und durch ihn. Die ›Erleuchtung‹ tritt in der M. in dem Augenblick ein, wo er dieses erkennt und damit sein Leben in
Mystik
Gott und Gott sein Leben in ihm beginnt. Dies führt zur mystischen 8Metaphysik, in der das Geheimnis des Zusammenhangs von Gott, Mensch und Welt aus unmittelbarem religiösen Erleben heraus erschaut und in Bildern und Symbolen dargestellt wird. Das 8Weltbild der Mystiker neigt zur 8Allbeseelung, und das durch dieses Weltbild geforderte Denken in Ganzheiten bringt die eigentümliche 8Denkform der M. hervor. Die von dem Mystiker erstrebte und erreichte Eingliederung des eigenen Selbst in den Weltprozeß und das göttliche Weltleben fordert von ihm, sich dem in ihm wirkenden Willen hinzugeben und ihn in sich wirken zu lassen. Nicht das persönliche 8Wollen, Handeln und Streben führt zur Vollendung, sondern das wesentliche Sein, das Ruhen in Gott und in seinem Willen. Die Rückkehr aller Kreaturen zu Gott vollzieht der Mystiker zunächst in sich selbst und treibt durch dieses sein Eingehen in Gott den Entwicklungsprozeß der Welt selbst vorwärts seinem letzten Ziele zu. Das schließt die eigene sittliche Tat nicht aus, so daß es neben der oft als 8Quietismus verurteilten auch eine aktivistische M. gibt. Aus mystischem Erleben der Vereinigung der Seele mit Gott und aus spekulativer Weltdeutung auf christlich- religiöser Grundlage erstand die deutsche Mystik, die ihren ersten Höhepunkt in der Zeit der Spätscholastik mit Meister Eckhart, ihren zweiten mit J. Böhme und Angelus Silesius erreicht und in der Zeit der Romantik durch
Mystizismus
F. v. Baader u. a. einen starken Einfluß auf die spekulative Philosophie Fr. W. J. Schellings ausübte. Die dt. M. selbst steht wiederum von Anfang an in Zusammenhang mit der altchristlichen und diese ihrerseits mit dem 8Neuplatonismus und der 8Gnosis, Richtungen, die dem mystischen Denken verwandt sind. Mystizismus, Neub. von 8Mystik über frz. mysticisme, meist in abschätzigem Sinne für alles Okkultische, Schwärmerische, Ekstatische, Dunkle und Unklare gebraucht. Mythologie, von gr. mythos ›Göttergeschichte‹ und logos ›Lehre‹, die Lehre vom 8Mythos, die Überlieferung der Mythen, die Wissenschaft von ihrer Entstehung, ihren Formen und ihrer Bedeutung. Mythos, gr. (lat. mythus), eigentlich die Erzählung, die Fabel, insbes. die Göttergeschichte. Der M. enthält die religiös gefärbte Darstellung von Vorgängen aus dem Natur- und Weltleben und der Weltwerdung unter dem Bilde menschlicher Gestalten oder eines in menschlicher Art dargestellten Tuns und Leidens, wobei die Wesen, die Natur- und Geisteskräfte der Welt als Götter und Helden erscheinen. Man unterscheidet den
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theogonischen M. (8Theogonie), in dem die Geburt und Entstehung der Götter dargestellt wird, den kosmogonischen (8Kosmogonie), der von der Entstehung der Welt durch das Wirken der Götter handelt, den kosmologischen, der die Gestaltung der Welt und ihre Entwicklung, den anthropologischen, der die Schöpfung des Menschen, sein Wesen und sein durch die Götter bestimmtes Schicksal zum Inhalt hat, den soteriologischen, in dem die 8Erlösung des Menschen, und den eschatologischen (8Eschatologie), in dem das Ende der Welt, der Menschen und der Götter behandelt wird. Im weiteren Sinne wird unter M. jede sich aus Bestandteilen der Wirklichkeit aufbauende und diese als Symbole für göttliche oder metaphysische Mächte und Kräfte verstehende, das Wesen der Erscheinungen in Bildern statt in Begriffen ausdrückende Darstellung metaphysischer Zusammenhänge des Natur und Menschenlebens verstanden; so dichtete Plato Mythen, um durch sie die Inhalte seiner kosmogonischen und philosophischen Lehren besser, leichter oder eindringlicher zu vergegenwärtigen.
N
Nachahmung, gr. mimësis, lat. imitatio, heißt 1. in der Tradition des neuzeitlichen 8Humanismus die Orientierung des künstlerischen Schaffens am normativen Vorbild der antiken Kultur; 2. das als N. der Natur im Begr. der 8Mimesis enthaltene Prinzip der Nachbildung der Natur bzw. der Wirklichkeit durch die 8Kunst. In den Poetiken des 17. u. 18. Jh. war zunächst die Grundbestimmung der Kunst als N. der Natur ein kanonischer Topos zur Kennzeichnung künstlerischer Tätigkeit. Bestimmungen, die über die 8Reproduktion der Wirklichkeit in der Kunst hinausgehen, richteten sich auf eine Selektion des Natürlichen durch die künstlerische Darstellung (vgl. etwa G. E. Lessing, Hamburgische Dramaturgie, 1767- 69, 70. Stück). G. W. Fr. Hegel hat diese Entwicklung im Anschluß an Plotins Akzentuierung des intelligiblen Prinzips in der N. durch Kunst (vgl. Enneaden V, 8) zusammengefaßt: Das Wesen der Kunst besteht danach nicht in der »Trefflichkeit der Abbildungen« (vgl. Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, Einl.), sondern in der »Reinigung« der Natur in der Idealbildung: »Die Wahrheit der Kunst darf also keine bloße Richtigkeit sein, worauf sich die sogenannte Nachahmung der Natur beschränkt, sondern das Äußere muß mit einem Inneren zusammenstimmen, das mit sich selbst zu-
sammenstimmt und eben dadurch sich als sich selbst im Äußeren offenbaren kann« (Vorlesungen über die Ästhetik, I. 3. Kap. A 1.b. ed. Hotho; vgl. 8Kunst, 8Schein). Eine nachklassische Form, das N.sprinzip für Ästhetik und künstlerische Praxis fruchtbar zu machen, stellt der ästhetische 8Realismus dar. Als N. der Werke der Alten oder N. der Natur wurde die Kunst bes. im Humanismus aufgefaßt. Erst J. J. Winckelmann faßte N. im Sinne eines Schaffens, wie die Alten selbst schufen, und im Sinne J. W. v. Goethes hielt Fr. W. J. Schelling (Rede über das Verhältnis der bildenden Künste zur Natur, 1806) das künstlerische Schaffen für einstimmig mit der bildenden Natur selbst (8Ästhetik). Nachdenken, das auf einen bestimmten Gegenstand oder Sachverhalt gerichtete Denken mit der Absicht, ihn sich klar und deutlich zu machen (8Meditation, 8Überlegung). Nächstenliebe, das von Wohlwollen getragene Bedachtsein auf den andern Menschen sowie die Bereitschaft, ihm unter Zurückstellung der eigenen jeweiligen Interessen zu helfen (8Mitleid, 8Altruismus). Die N. wird im A. T. (3. Mose 19, 18) für die Angehörigen der Stämme Israels untereinander gefordert; im Christentum schließt sie auch die Feindesliebe ein (Matth. 5, 44).
naiv
naiv, von lat. nativus ›angeboren‹ über frz. naif Anfang des 18. Jh. eingef.; natürlich, ungekünstelt, ungezwungen, kindlich, unbefangen; dazu Naivität, bei I. Kant (KdU § 54) der »Ausdruck der der Menschheit ursprünglich natürlichen Aufrichtigkeit wider die zur andern Natur gewordene Verstellung«. Durch Fr. Schillers Abh. Über naive und sentimentalische Dichtung (1795) wurde das Naive das Merkmal der aus unmittelbarem Sicheinsfühlen mit der Natur hervorgehenden Dichtung, z. B. Homers, W. Shakespeares, J. W . v. Goethes. Daneben wird das Wort im Sinn von zu natürlich, zu kindlich, ahnungslos, einfältig gebr. Name, ahd. namo, mhd. name (griech. onoma, lat. nomen), ein sprachlicher Ausdruck, der einen Gegenstand (im weitesten Sinne) benennt, häufig eine Person, ein Tier oder ein geographisches Objekt: »Sokrates«, »Lassie«, »Osnabrück«. Zuweilen bezeichnet man solche Namen spezieller als Eigennamen, im Unterschied zu sog. Gattungsnamen wie »Mensch«, »Hund«, »Stadt«, die auf eine Vielzahl von Dingen zutreffen. Nimmt man an, daß Gattungsnamen Ausdrücke sind, die Gattungen benennen, so vertritt man insofern eine ›platonische‹ 8Ontologie, als man die Existenz von 8Gattungen als ›idealer‹ Wesenheiten voraussetzt (vgl. auch 8Universalia). – Die Frage nach dem semantischen Status (8Semantik) von Eigennamen ist Gegenstand einer kontroversen und lebhaften Diskussion. ›Beschreibungstheoretiker‹ wie
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G. Frege (Über Sinn und Bedeutung, 1892) und B. Russell (The Philosophy of Logical Atomism, 1956) nahmen an, daß die 8Bedeutung eines Eigennamens wie »Aristoteles« durch eine Beschreibung wie »der Schüler Platos und Lehrer Alexanders des Großen« gegeben ist, ein Name also 8synonym mit einer 8Kennzeichnung ist. Demgegenüber vertritt S. Kripke (Naming and Necessity, 1972) die Auffassung, daß die Bedeutung eines Namens allein durch den Gegenstand bestimmt ist, den er benennt: Namen sind nach seiner Ansicht ›starre Bezeichnungsausdrücke‹ (engl. rigid designators), die in jeder möglichen Welt dasselbe Objekt benennen, deren Intension also eine konstante 8Funktion ist (vgl. 8Intension/ Extension, 8Mögliche- Welten- Semantik); für Gattungsnamen, insbesondere solche für ›natürliche Arten‹ (engl. natural kinds) wie »Blitz«, »Katze« etc., vertritt er eine ähnliche Position. Auch die Tatsache, daß Eigenamen viele Träger haben können, also gleichsam extrem mehrdeutig sind, spielt eine wichtige Rolle. Narzißmus, (abgeleitet von gr. Narkissos, einem schönen Jüngling aus der griechischen Mythologie, der sich in sein Spiegelbild verliebte, als er es im Wasser erblickte), psychoanalytischer Begriff zur Bez. der Verliebtheit in das eigene Ich. Nation, von lat. natio ›Volksstamm‹, dies von nasci ›geboren werden‹, die durch Abstammung, Sprache, kulturelle Tradition und gleiche Geschichte zu einer geistigen (»Kulturnation«) oder auch po-
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litischen (»Staatsnation«) Einheit verbundene Gesamtheit, die 8Gemeinschaft sowohl der gleichzeitig Lebenden untereinander wie die mit den vorhergehenden und nachfolgenden Geschlechtern (8Volk). Der dt. Begr. N. wurde aus dem Frz. übernommen. In Frankreich bedeutete er urspr. nur den ›Dritten Stand‹, der seinen sozialen Status durch ›Geburt‹, nicht durch höhere ständische Privilegien erwirbt. Dazu: Nationalversammlung, frz. assemblé nationale, urspr. in der Franz. Revolution von 1789 u. ff. die Vertreterversammlung des Dritten Standes, später das zentrale Repräsentativorgan der Staatsbürger eines Landes. In Frankreich konnte die Nationalität, die Zugehörigkeit zu einer N., seit jener Zeit durch Option erworben werden, unabh. von der ethnischen Herkunft. In diesem Sinne nahm E. Renan (Qu’est ce qu’une nation? 1882) als entscheidend den Willen aller ihrer Angehörigen an, miteinander eine N. zu bilden, während in anderen Traditionen Momente wie Abstammung, Kultur und Geschichte in den Vordergrund gestellt werden. Nachdem vor allem C.- L. Montesquieu (De l’esprit des lois, 1748) den Blick auf die Bedeutung der nationalen Unterschiede für die Gesetzgebung und Verfassung eines Landes gerichtet hatte, wurde die N., im Zusammenhang mit dem neu erwachten Sinn für 8Individualität, von der Romantik, von Fr. D. E. Schleiermacher, von der 8historischen Schule als eine der Grundbedingungen geistigen Lebens behauptet. Fr. D. E. Schlei-
Nativismus
ermacher, J. G. Fichte, G. W. Fr. Hegel trugen für den deutschen Sprachraum zur Ausbildung der Idee des Nationalstaates (8Staat) bei, der einer bestimmten N. zum Schutze ihrer ihr eigentümlichen Lebensweise und Kultur dienen und dessen Bevölkerung sich daher nach Möglichkeit mit dem geschlossen siedelnden Teil der N. decken soll. Aus dieser letzteren Forderung ergab sich die Bildung zahlreicher neuer Nationalstaaten und das Problem der ethnischen Minderheiten. Nativismus, Neub. von lat. nativus ›angeboren‹, die Lehre, daß dem Menschen bestimmte Vorstellungen, Begriffe, Grundwahrheiten usf. 8angeboren seien; bei H. v. Helmholtz (Über das Sehen des Menschen, 1855) bes. die Behauptung, daß die Raum- und die Zeitvorstellung angeboren sei, im Unterschied zum 8Empirismus, wonach diese sich erst mit der Erfahrung bildet. Vgl. 8a priori. Der N. hing in der Phil. der frühen Neuzeit eng mit dem 8Rationalismus zusammen. Wer das Wissen aus einer beschränkten Zahl allgemeiner Begriffe und Grundsätze ableiten zu können vermeint, kommt auch leicht dazu, das Allgemeinste dem Geist als ursprüngliches Besitztum zuzuschreiben. Einen N. in diesem Sinne vertrat in der griechischen Philosophie namentlich Plato, für den das Erkennen Erinnerung (8anamnësis, vgl. Menon 13- 21) war, in neuerer Zeit R. Descartes; es bekämpfte ihn J. Locke, der alle angeborenen Ideen und Grundsätze leugnete, die Seele für ein ›leeres
Natur
Blatt‹ (8tabula rasa) ansah, alles Wissen aus der Erfahrung ableitete und der rationalistischen Methode R. Descartes’ die empirische (genetische) Methode entgegensetzte. G. W. Leibniz nahm eine vermittelnde Stellung ein, indem er nicht fertige Vorstellungen und Grundsätze, wohl aber den 8Intellekt selbst als angeboren ansah. – Der N. wird sodann I. Kant vielfach zugeschrieben. Aber Kant versteht unter 8a priori nicht das Angeborene, sondern das, was zwar aus der Vernunft stammt, aber in und mit der Erfahrung sich entwickelt. N. dient in der Ethnologie und Religionssoziologie auch als Bez. für die betonte Identifikation mit oder die Wiederbelebung von Traditionen der eigenen Kultur als Reaktion auf die befürchtete Dominanz einer übernommenen Kultur externen Ursprungs. Natur, von lat. natura, von nasci ›geboren werden‹, entstehen, (gr. physis), seit dem 13. Jh. dt. Lehnwort (mhd. nature), das Geborene, Entstandene und immer wieder neu Gebärende, Hervorbringende; alles, was ohne fremdes Zutun und sich nach den ihm innewohnenden Kräften und Gesetzen entwickelt. Daher heißt N. 1. das Gewordene, Gewachsene an einem betrachteten Gegenstand, 2. sein inneres 8Wesen, seine Eigenart im Gegensatz zum Künstlichen, Gekünstelten, 3. die Gesamtheit zunächst aller Lebewesen, ferner 4. der Inbegriff aller von selbst, ohne unser Zutun entstehenden, nur den N.gesetzen unterworfenen Wirklichkeit, im Unterschied zum Menschen-
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werk, zu den Schöpfungen des menschlichen Geistes und der 8Kultur (8Geschichte). 5. Eine weitere Fassung des N.begriffes macht die Unterscheidung in organische (belebte) und anorganische (leblose) N. notwendig; dieser Gegensatz verschwindet bei Annahme einer Allbelebung der N. in 8monistischen und 8pantheistischen Systemen. Die Gegenüberstellung von N. und 8Geist führt zur Grundeinteilung der Wissenschaften in N.- und 8Geisteswissenschaften. Unter die ersteren fallen nach I. Kants N.begriff alle möglichen Gegenstände sinnlicher und zugleich begrifflicher Erfahrung (Proleg. § 16). N. ist für ihn »das Dasein der Dinge, sofern es nach allgemeinen Gesetzen bestimmt ist« (ebd. § 14). Die wertende Stellung zur N. schwankt, je nach der vorherrschenden 8Weltanschauung und den Wandlungen in der Auffassung der N. selbst, zwischen Verehrung und Höchstwertung und Abwertung zu einem geistund wertfeindlichen Prinzip. Für die 8Stoiker ist das der N. gemäße Leben sittliche Richtschnur, wobei in der N. die Verwirklichung der Weltvernunft gesehen wird. Der J.- J. Rousseau zugeschriebene Ruf Zurück zur N.« ist gegen die Schäden einer kranken Kultur gerichtet. Für J. W. v. Goethe ist die N. die lebendig gestaltende Künstlerin, für A. Schopenhauer die keineswegs verehrungswürdige Objektivation des blinden Willens. Auch im Christentum schwankt die Wertung je nachdem, ob in der N. mehr die 8Schöpfung Gottes oder die Folge des Abfalls gesehen wird.
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Naturalismus, Neub. zu 8Natur, eine 8Weltanschauung, nach der alles aus der Natur und diese aus sich selbst ohne Annahme eines außer ihr gelegenen Weltgrundes zu erklären ist, wobei auch das Geistige in das Natürliche miteinbezogen wird; in der Ethik die Erklärung der 8Sittlichkeit aus natürlichen Antrieben; in der Ästhetik die in der zweiten Hälfte des 19. Jh. hervortretendeKunstrichtung, nach der, im Gegensatz zu allem 8Idealismus und im Zuge einer Radikalisierung des ästhet. 8Realismus, in der künstlerischen Gestaltung der unmittelbaren Wirklichkeit die Aufgabe der 8Kunst zu sehen ist, auch wo sie ihre Gestaltungsprinzipien nicht mehr am Ideal der 8Schönheit orientiert. Als metaethische Position bezeichnet N. die Auffassung, daß sich ethische Begriffe und Aussagen vollständig auf nicht- ethische (empirische) Begriffe und Aussagen zurückführen (R. B. Perry, J. Dewey) und daß sich moralische (Wert- )Urteile ebenso mittels empirischer Untersuchungen rechtfertigen lassen wie Tatsachenurteile. Moralische Urteile werden als Unterart empirischer Urteile verstanden. Das Hauptargument gegen den N. besteht seit G. E. Moore im Nachweis eines naturalistischen 8Fehlschlusses (s. a. 8Metaethik, 8Kognitivismus, 8Werturteil). natura naturans und natura naturata, lat., die schaffende und die geschaffene Natur, im allg. svw. 8Gott und 8Welt. Wahrscheinlich zuerst in der lat. Übers. des Kommentars des Averroes zu Aristote-
natura non facit saltus
les De caelo I 1 268a 19 findet sich der Begriff der n. naturata z. Bez. des Weltganzen in seinem geschöpflichen Verhältnis zu Gott (natura), in dem wie ebenfalls bei Averroes (Destructio destructionis, disp. 5, 3) ein erstes Verursachendes (prima causa) und ein erstes Verursachtes (primum causatum) unterschieden wurden. Gott als prima causa oder (nach Bonaventura, l. sent. III 8, 2) ewige Natur (natura aeterna) wurde dann n. naturans genannt. Das Gegensatzpaar ist seit Mitte des 13. Jh. gebr., bei Eckhart z. B. als Gottes ungenaturte nature; dann insbes. bei B. Spinoza (Tract. de Deo I, 8; Ethica I pr. 29, schol.) als Unbedingtes und System aller Bedingungen, innerhalb dessen jedes Einzelne ein Bedingtes wäre, und schließlich bei Fr. W. J. Schelling (Ideen zu einer Philosophie d. Natur, vgl. Werkausg. 1857/58, Bd. III, 284), wo unter n. naturans die Natur der 8Naturphilosophie im Gegensatz zu der der Naturwissenschaft, die die Natur nur als totes Objekt, nicht auch als Subjekt behandele, verstanden wird. Die n. naturans ist bei Schelling kraft der Identität ihrer bildenden Kraft mit dem schöpferischen menschlichen Geist »der absolute Erkenntnisakt selbst« (Ideen zu einer Philosophie d. Natur, ebd. Werke II, 67). natura non facit saltus, lat. ›die Natur macht keine Sprünge‹, so zuerst von C. v. Linné 1751 in seiner Philosophia Botanica; jedoch ist der Gedanke ähnlich schon früher ausgesprochen worden, z. B. bei Fournier (Variétés hist. et litt., 1613): natura in operationibus suis
Naturgeschichte
non facit saltum, und bei G. W. Leibniz (Nouv. ess., 1704, Vorrede): »Nichts geschieht auf einen Schlag, und es ist einer meiner wichtigsten Grundsätze, daß die Natur niemals Sprünge macht. Ich habe diesen Satz das Gesetz der Kontinuität genannt.« Die moderne theoretische Physik nimmt seit der Entwicklung der 8Quantentheorie und deren Ausgestaltung (8Quantenmechanik) dagegen sehr wohl diskontinuierliche, im Sinne des Zitats ›sprunghafte‹ Übergänge von einem in einen anderen Zustand an. 8Kontinuitätsprinzip. Naturgeschichte, 8Geschichte. Naturgesetz, eine empirisch bestätigte Regel des Naturgeschehens; im weiteren Sinne auch ein in den Naturwissenschaften anerkannter Lehrsatz über einen regelmäßig auftretenden Sachverhalt, wonach bei Vorliegen von regelmäßigen (z. B. experimentell prüfbaren) Bedingungen auch zu erwarten ist, daß nach der gleichen Regelmäßigkeit auch in der Zukunft vergleichbare (z. B. desgleichen beobachtbare) Verhältnisse auftreten. Der Begr. N. tritt zuerst in der 8Scholastik auf (›lex naturae‹). Für diesen Sachverhalt wurde allerdings erst in der Neuzeit einheitlich die Bezeichnung ›8Gesetz‹ (in Analogie zum Rechtssatz) eingeführt. N.e wurden bis ins 17. Jh. überwiegend als ›regulae‹ (8Regeln) bezeichnet. natürliche Religion, die sich allein auf die Erkenntnisse und die Einsichten der ›natürlichen‹ Vernunft gründende 8Religion, wie sie insbes. im Zeitalter des 8Rationalis-
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mus (8Aufklärung), z. B. von H. S. Reimarus (Die vornehmsten Wahrheiten der n. R., 1754) vertreten wurde, der Vernunftglaube im Gegensatz zu dem auf übernatürlicher 8Offenbarung gegründeten Glauben. natürliche Sprache, auch ›normale Sprache‹, eine gewöhnliche, von Menschen tatsächlich gesprochene Sprache wie Deutsch oder Englisch, im Gegensatz zur 8formalen Sprache (vgl. auch 8analytische Philosophie). natürliche Zuchtwahl, die ›natürliche Auslese‹ der widerstandsfähigsten Lebewesen, die sich neuen Lebensbedingungen anpassen können und dadurch den 8Kampf ums Dasein bestehen (8Darwinismus, 8Auslese). natürliches Schließen, ein Begriff der formalen 8Logik. Als Systeme des natürlichen S.s bezeichnet man solche 8Kalküle, in denen die Auszeichnung gewisser Sätze als 8Theoreme nicht auf der Grundlage von 8Axiomen und 8Ableitungs- oder 8Schlußregeln, sondern ausschließlich mit Hilfe von Schlußregeln geschieht (sog. Regelkalküle). Die Regeln sind dabei in enger Entsprechung zu den üblichen semantischen Festlegungen für die 8logischen Partikeln formuliert (vgl. 8Semantik, 8Wahrheitsbedingungen). In dem von G. Gentzen 1933 entwickelten Kalkül lauten die Regeln für die Einführung bzw. die Beseitigung der 8Konjunktion »und« (symbolisch ∧) z. B. (in etwas informeller Redeweise) »Wenn A beweisbar ist und B beweisbar ist, dann ist auch A ∧ B (A und B) be-
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weisbar«, »Wenn A ∧ B beweisbar ist, dann ist A beweisbar« und »Wenn A ∧ B beweisbar ist, dann ist B beweisbar«. Die Regel für die Einführung der 8Subjunktion »Wenn ..., dann ...« (→ ) lautet »Wenn B unter der Bedingung von A beweisbar ist, dann ist auch A → B beweisbar«. Man sieht leicht, wie sich die Bedeutung der Konjunktion und der Subjunktion in diesen Regeln widerspiegelt: Die Beziehung zwischen Kalkül und Semantik ist viel durchschaubarer als in den üblichen 8axiomatischen Systemen. Entsprechend lassen sich auch etwa Vollständigkeitsbeweise, durch die demonstriert wird, daß alle allgemeingültigen (d. h. aus semantischen Gründen wahren oder »tautologischen«, vgl. 8Tautologie) Aussagen im Kalkül ableitbar sind, leichter führen (8Vollständigkeit). Durch die enge Beziehung zwischen der Gestalt der formalen Ableitungsregeln und der in gewisser Hinsicht ursprünglicheren, »natürlicheren« Ebene der Semantik ist auch die Bezeichnung »natürliches Schließen« motiviert. Das historisch erste System des natürlichen Schließens ist der oben schon erwähnte, von G. Gentzen vorgestellte Kalkül. Inzwischen wurden weitere Kalküle dieser Art entwickelt. Maßgebliche Beiträge dazu lieferten u. a. E. W. Beth und W. V. O. Quine in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Naturphilosophie, bei den 8Stoikern als philosophia naturalis die 8Physik als Wissenschaft von der 8Natur einschließlich der 8Metaphysik, die den ersten Teil der Phi-
Naturphilosophie
losophie ausmachte. Bei den antiken und mittelalterlichen Philosophen wurde die N. von der Naturwissenschaft nicht unterschieden. Bei I. Newton und seit ihm im engl. Sprachgebrauch (natural philosophy) bedeutete N. die theoretische und mathematische Grundlegung der exakten Naturwissenschaften. Chr. Wolff und ihm folgend I. Kant verstanden unter N. im Unterschied zu der empirischen Naturwissenschaft die ›Metaphysik‹ der Natur, die es mit den Prinzipien a priori der 8Naturwissenschaften und den aus ihnen sich ergebenden Naturgesetzen zu tun hat: »Eigentlich so zu nennende Naturwissenschaft setzt zuerst Metaphysik der Natur voraus« (I. Kant, Metaphys. Anfangsgründe der Naturw.); hierbei wird von Kant unter Metaphysik allerdings nur die Lehre von den Voraussetzungen unserer Erfahrung verstanden. Fr. W. J. Schelling und G. W. Fr. Hegel begründeten die spekulative N., mit der sie sich die Aufgabe stellten, entweder die Möglichkeit der Natur aus dem Geist abzuleiten (Hegel) oder ihren gesamten Aufbau und Zusammenhang in einem System darzustellen, das der Erfahrung vorausgeht (Schelling, vgl. auch 8natura naturans). Einen emphatischen Ausdruck für dieses schöpferische geistige Nachbilden (8Konstruktion) der Natur gibt Schelling (Ideen zu einer Philosophie d. Natur, vgl. Werkausg. 1857/58, Bd. III, 13): »Über die Natur philosophieren heißt die Natur schaffen«, »sie aus dem toten Mechanismus, worin sie befangen
Naturrecht
scheint, herausheben, sie mit Freiheit gleichsam beleben und in eigne freie Entwicklung versetzen.« Die neuere N. geht zunehmend den umgekehrten (induktiven) Weg: ausgehend von den Ergebnissen der Naturwissenschaften und der Erfahrung, verzichtet sie auf eine Ableitung der Natur aus Begriffen, stellt sich aber die Aufgabe, die für die Welt- und Lebensanschauung wichtigen Naturerkenntnisse zu einem naturwissensch. 8Weltbild zu vereinigen, die in den Naturwissenschaften selbst auftretenden Probleme, deren Methoden und Hypothesen durch erkenntnistheoretische und logische Untersuchungen zu prüfen und die naturwissenschaftlichen Begriffe zu klären. Naturrecht, gr. physei dikaion, lat. ius naturae, von G. W. Leibniz eingef. zur Übers. von lat. ius naturale ; in der Geschichte der 8Rechtsphilosophie die immer wiederkehrende Idee einer der ›8Natur‹ des Menschen oder den ›natürlichen‹ Lebensverhältnissen zu entnehmenden ur- oder vorbildlichen Ordnung des sozialen Seins, die bald als im Gegensatz zum ›positiven‹ 8Recht stehend, bald als dessen immanente Grundlage angesehen wird, ihrerseits aber eine überzeitliche Gültigkeit (8Wahrheit oder 8Richtigkeit) in Anspruch nehmen kann. Plato entwickelte sein Bild eines vollkommenen Staatswesens nach dem Vorbild einer der geistigen Natur des Menschen entsprechenden Staatsverfassung und Gesetzgebung, die er nicht auf dem Wege der Fortbildung des Beste-
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henden, sondern durch eine staatliche Neugründung verwirklichen zu können hoffte. Er wurde damit zwar nicht zum Schöpfer, aber doch zum Vorbild für spätere normative N.slehren, die, im Gegensatz zu der bestehenden Ordnung, eine Richtschnur für eine künftige Gesetzgebung aufstellen sollen. Dem gleichen Typus gehören in der Neuzeit die N.slehren J.- J. Rousseaus und J. G. Fichtes und – allerdings ohne jede praktisch- revolutionäre Tendenz – die Rechtslehre I. Kants (vgl. auch seine Theorie vom 8Völkerbund) an. Ein weiterer Typus von N.slehre wurde zuerst von der 8stoischen Philosophie entwickelt und in der Neuzeit im N. der 8Aufklärung (H. Grotius, Th. Hobbes, S. Pufendorf, J. Locke, Chr. Thomasius, Chr. Wolff) besonders unter dem Einfluß des naturwissenschaftlichen Gesetzesbegriffs ausgebildet. Dieses N. geht von der Vorstellung eines alles Geschehen regulierenden universalen Natur- oder Vernunftgesetzes aus und sucht aus einer angenommenen Voraussetzung (z. B. daß die Natur ›des‹ Menschen gesellig oder selbstsüchtig, friedfertig oder bösartig sei) mittels eines rational- deduktiven Verfahrens Folgesätze abzuleiten, die schließlich als der unmittelbaren Anwendung fähige Rechtssätze gelten. Dem so verstandenen N. wurde im 17. und 18. Jh. juristische Geltungskraft wenigstens insoweit zugeschrieben, als das positive Recht als lückenhaft angesehen werden konnte. Als der Begründer dieser staatsrechtl. N.slehre gilt der
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Holländer H. de Groot (Grotius). In seinem Werk De jure belli ac pacis libri tres (Drei Bücher über das Recht des Krieges und des Friedens, 1625, dt. 1869/70) legte er dar, das N. sei »ein Gebot der Vernunft, welches anzeigt, daß einer Handlung wegen ihrer Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit der vernünftigen Natur eine moralische Häßlichkeit oder moralische Notwendigkeit innewohnt, weshalb Gott, als der Schöpfer der Natur, eine solche Handlung entweder geboten oder verboten habe« (1. Buch, 1. Kap. X, 7). Dieses N. sei so unveränderlich, daß selbst Gott es nicht verändern könne, ja, »es würde auch dann gelten, wenn man zugäbe, was freilich ohne die größte Sünde nicht geschehen könnte, daß es keinen Gott gäbe oder daß er sich um die menschlichen Angelegenheiten nicht kümmere« (Einl., 11). Aus dem so von ihm jenseits aller denkbaren theologischen und weltanschaulichen Standpunkte neu begründeten N. leitete Grotius, darüber hinausgehend, auch einen naturrechtl. Geltungsanspruch für das von ihm ausführlich dargestellten 8Völkerrecht her. Die Vertreter des N.s der 8Aufklärung, die im 18. Jh. großen Einfluß auf die Gesetzgebung gewannen, erwarben sich um die Humanisierung der Rechtspflege (z. B. Abschaffung der Folter und der Hexenprozesse) nachhaltige Verdienste. Die dem N. verwandten Hilfsvorstellungen eines fingierten vorstaatlichen 8Naturzustandes und eines diesen beendenden 8Gesellschaftsvertrages verfielen in der 8historischen Schu-
Naturwissenschaften
le der Kritik. Die Idee des N.s in ihrem ursprünglichen philosophischen Sinn kam zu Anfang des 19. Jh. vor allem durch G. W. Fr. Hegel (N. und Staatswissenschaft: Untertitel von GPhR), ferner durch Fr. Krause und Fr. A. Trendelenburg (N. auf dem Grunde der Ethik, 1860) erneut zur Darstellung. Nachdem der 8Positivismus in der zweiten Hälfte des 19. Jh. dem Geltungsanspruch des N.s jegliche juristische Legitimation abgesprochen hatte und die N.slehren (außerhalb der katholischen Rechtsund Sozialphilosophie, die in dieser Hinsicht an der Lehre Thomas v. Aquins festgehalten hat) fast in Vergessenheit geraten war, ist die Beschäftigung mit der N.slehre und das Verständnis für ihre Fragestellungen im 20. Jh. wieder im Wachsen. Wie weit N.svorstellungen bei der Interpretation des positivierten Verfassungsrechts (z. B. in Verfassungsgerichtsurteilen) herangezogen werden dürfen, ist juristisch umstritten (8Menschenrechte, 8Bürgerrecht). Naturwissenschaften, die Wissenschaften von den Erscheinungen der 8Natur im Unterschied von den 8Geistes- oder Kulturwissenschaften. Man unterscheidet die N., die sich mit den 8anorganischen Stoffen und Körpern (anorg. Chemie, Physik, Astronomie, Geologie) und die, die sich mit den 8organischen Stoffen und Wesen (organ. Chemie, Biologie, Zoologie, Botanik, Anthropologie u. a.) befassen. Physik, Chemie und Astronomie heißen auch 8exakte N. Von den reinen N. werden die
Naturzustand
angewandten unterschieden, in denen, wie in der Medizin, Pharmazie, Landwirtschaft und überhaupt in der Technik, naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse verwendet werden. Naturzustand, die schon im späteren Mittelalter auftauchende, in der 8Naturrechtslehre der Aufklärung ausgebildete Vorstellung eines vorstaatlichen Zustandes, in dem die Menschen, frei von aller obrigkeitlichen Gewalt, als Vereinzelte lediglich nach solchen Gesetzen miteinander gelebt hätten, die ihnen ihre ›Natur‹ eingab. Je nach der Beurteilung der menschlichen 8Natur als ursprüngl. friedfertig und wohlwollend oder selbstsüchtig und gewalttätig erscheint der N. bald als paradiesische Unschuld (8Urstand), bald als äußerste Roheit und Gewalttätigkeit (8bellum omnium contra omnes), bald als Zustand eines noch gefährdeten und unsicheren Friedens, in dem zwar die natürlichen Gesetze menschlichen Zusammenlebens grundsätzlich schon in Geltung sind, in dem aber niemand auf ihre Befolgung sicher rechnen kann, weil es noch keinen Richter und keine überlegene 8Gewalt gibt, die ihre Befolgung sichern könnte. Deshalb treten die Menschen nach den Annahmen unterschiedl. Theoretiker der polit. Philosophie seit der frühen Neuzeit durch den Abschluß eines 8Gesellschaftsvertrages aus diesem Zustand heraus, um ihn mit dem bürgerlichen oder staatlichen Zustand zu vertauschen. Während z. B. J. Locke den N. als einen auch historisch nachweisbaren Zustand und
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somit als eine Realität betrachtete, ist er für andere, z. B. für S. Pufendorf und für I. Kant, nur eine gedankliche Voraussetzung, um die Geltung des Naturrechts ›vor‹, d. h. unabhängig von allem staatlichen, ›positiven‹ 8Recht sowie die Bedeutung des Staates für die Gewährleistung der Rechtssicherheit (seine Funktion als 8Rechtsstaat) aufzuzeigen. Für I. Kant ist es demgemäß ein Postulat der »praktischen« (d. h. sittlich- gesetzgebenden) Vernunft, aus dem »natürlichen Zustande« in einen »rechtlichen« überzugehen (Met. d. Sitten I, §§ 41, 42). Nach G. W. Fr. Hegel dagegen sind 8Sittlichkeit und 8Recht nur in der Gemeinschaft und damit in einem (sei es auch erst unvollkommen ausgebildeten) Staatswesen möglich; der N. könnte daher nur ein Zustand »der Gewalttätigkeit und des Unrechts« sein, »von welchem nichts Wahres gesagt werden kann, als daß aus ihm herauszugehen ist« (Enz. § 502). Negation, lat. (gr. apophasis), die Verneinung (8Privation, 8Kategorien): 1. Verneinung (Bestreitung) einer Aussage oder eines Teils einer Aussage (im Gegensatz zur 8Affirmation). 2. Funktion der negativen Kopula ›nicht‹ entweder zur Bez. der Nichtexistenz eines Sachverhaltes oder zur Abstreitung eines Merkmals P für ein Objekt x (z. B. in der Form ›x ist nicht P‹). 3. In der Logik ein einstelliger 8Junktor, symbolisch ¬ oder ~, der aus einer Aussage A (z. B. »Sokrates ist Grieche«) deren Verneinung, ihr Negat ¬ A (»Sokrates ist nicht Grieche«) erzeugt. Oft bez. man auch diesen
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Erzeugungsprozeß als N. Im Rahmen der klassischen 8Aussagenlogik legt man die Bedeutung des Negationssymbols ¬ (bzw. ~) durch die folgende 8Wahrheitsbedingung fest: ¬ A ist wahr, wenn A falsch ist, und falsch, wenn A wahr ist. Setzt man daneben die üblichen Wahrheitsbedingungen für die Junktoren »und« (∧, vgl. 8Konjunktion), »oder« (∨, 8Disjunktion) und »... genau dann, wenn ...« (↔, materiale Äquivalenz) voraus, so werden eine Reihe wichtiger Prinzipien gültig: Es gelten dann der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (A ist der Fall oder A ist nicht der Fall, A ∨ ¬ A, vgl. 8principium exclusi tertii), der Satz vom verbotenen Widerspruch (Es ist nicht der Fall, daß A der Fall ist und nicht der Fall ist, ¬ (A ∧ ¬ A), vgl. 8principium contradictionis) und das Prinzip vom bejahenden Charakter der doppelten Verneinung (A ist genau dann der Fall, wenn es nicht der Fall ist, daß es nicht der Fall ist, daß A, ¬ ¬ A ↔ A, vgl. 8duplex negatio affirmat). In »nichtklassischen«, etwa 8mehrwertigen Logiken gelten diese Prinzipien nicht unbedingt alle (vgl. 8klassische Logik). – In der Umgangssprache drücken N.swörter wie nicht, kein, niemals, nirgendwo, falsch sowie das Affix ›un- ‹ (z. B. in ›unernst‹) entweder Nichtexistenz oder die Ausschaltung von etwas, den Widerspruch gegen etwas aus. Unter Negation der Negation, in der Tradition vor und nach G. W. Fr. Hegel auch als duplex negatio oder duplicata negatio (lat. für ›doppelte Verneinung‹) bez., verstand man in der Me-
negativ
taphysik des 18. Jh. das Urteil, mit dem man zur 8Affirmation zurückkehrt. Bei G. W. Fr. Hegel dagegen wird N. der N. als Seinsbestimmung gedacht, bei der die Aufhebung der bloß negativen Bestimmtheit eines zuvor Negierten gemeint ist (daher auch als ›N. des Negierten‹ bez.), um zu positiven Bestimmtheiten (z. B. zur Bestimmung von etwas als Teil eines Ganzen) fortschreiten zu können. negativ, lat., verneinend; negative Theologie, das zuerst bei Proclus (in Plat. Theol. II, 4; 11, 12) und in der dem Dionysius Areopagita zugeschriebenen Schrift De mystica theologia auftretende Verfahren, zur Erfassung des Wesens Gottes durch Verneinungen zu gelangen; z. B. Kap. 5: »Wir sagen, daß Gott weder Seele noch Geist ist, daß er weder Phantasie noch Vorstellung noch Verstand, noch Geist hat, daß er auch Verstand und Geist nicht ist, daß er nicht ausgesprochen und nicht gedacht wird, daß er keine Zahl ist, keine Ordnung, keine Größe ...« usw. Negative Philosophie nennt Fr. W. J. Schelling (im Gegensatz zur 8positiven, auf der 8Existenz Gottes und seiner 8Offenbarung in Natur und Geschichte beruhenden Philosophie) die ›rationale‹, von der ›Idee‹ ausgehende und im Ideellen verbleibende Philosophie. Negativismus, das verneinende, ablehnende Verhalten, die Verneinungssucht, ältere Bez. für eine pathologische Neigung zum Widerspruch und Zuwiderhandeln als Symptom seelischer Störungen.
Negatkonjunktion
Negatkonjunktion, ein zu 8Negation und 8Konjunktion gebildeter Begriff, der den zweistelligen 8Junktor »weder ..., noch ...« bezeichnet, welcher durch | symbolisiert wird. Nach dem Logiker M. Sheffer nennt man die N. | auch ›Shefferschen Strich‹ oder Shefferfunktion. Mit ihrer Hilfe läßt sich aus zwei Aussagen A und B die komplexere Aussage »Weder A, noch B« (A|B) bilden. In der aussagenlogischen 8Semantik legt man die Bedeutung der N. durch die folgende 8Wahrheitsbedingung fest: Für alle Aussagen A, B gilt: A|B ist genau dann wahr, wenn A und B gleichermaßen falsch sind; sonst ist A|B falsch. Die N. ist insofern von einiger Bedeutung, als sich durch sie alle anderen aussagenlogischen Junktoren definieren lassen (vgl. 8Aussagenlogik). Neglektion, lat., die ›Vernachlässigung‹; neglektiv, vernachlässigend, z. B. neglektive Funktion: eine Zusammenfassung von Gegenständen unter einen Begriff, die nur dadurch zustande kommt, daß kleinere Unterschiede zwischen den Gegenständen vernachlässigt und so behandelt werden, als ob sie in einer Beziehung gleich wären. Neid, mhd. nid ›feindselige Gesinnung‹ (gr. phthonos, lat. invidia, livor); Gefühl, in dem ein Mißvergnügen über den Besitz, das Ansehen, die Vorzüge von anderen und der Wunsch, diese Güte oder Merkmale selbst zu besitzen, erlebt wird. Eine ausführliche Beschreibung gibt A. Schopenhauer (Parerga und Paralipomena II § 114). In der christlichen Ethik gilt der N. als ei-
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ner der Hauptsünden. Der kollektive N., oft verbunden mit der Empörung über ungerechte Güterverteilung, kann weitgehende politische Auswirkungen haben. N. ist insbes. ein Fühlen und Denken des Mißgönnens, bezogen auf Personen und ihre 8Güter. Er entsteht aus dem vergleichenden Messen in Geringerschätzung des unvergleichlichen eigenen Wertes (Minderwertigkeitsgefühl) und ist nicht frei, die anderen in ihrer Person und Situation voll anzuerkennen. Während Mißgunst sich auf alle und alles richtet, einschließlich dessen, was man gar nicht entbehrt, ist N. auf das gerichtet, was man eventuell haben könnte. N. ist Bestand aller Lasterkataloge des N T (vgl. Mk 7,20- 23, Röm 1,29; Gal 5,21). Nach I. Kant ist N. »der Pflicht des Menschen gegen sich selbst so wohl, als gegen andere entgegengesetzt«. Er ist der »Hang, das Wohl anderer mit Schmerz wahrzunehmen, ob zwar dem seinigen dadurch kein Abbruch geschieht, der, wenn er zur Tat (jenes Wohl zu schwächen) ausschlägt, qualifizierter Neid, sonst aber nur Mißgunst (invidentia) heißt«. Er ist eine »indirekt- bösartige Gesinnung, nämlich ein Unwille, unser eigen Wohl durch das Wohl anderer in Schatten gestellt zu sehen« (Met. d. Sitten 1797, Tugendlehre A 134). Wenn die soziale Ungleichheit nicht mehr als gottgegeben angenommen werden kann, verbindet sich der ›N. der Besitzlosen‹ mit sozialrevolutionärer Änderung, zumal diese vermuten, die Besitzenden könnten zu Unrecht in ihre bessere
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Lage gelangt sein. N. ist aber selbst auf den Wunsch nach privater 8Aneignung gerichtet, weshalb er sich kaum als wirksames Motiv zur Förderung sozialer 8Gerechtigkeit eignet. Nach Fr. Nietzsches Auffassung gründet die soziale Gleichheitsbewegung in dem N. der Zukurzgekommenen und ist ›unvornehm‹. Im Unterschied dazu bedeutet ›Vornehmheit‹ bei Nietzsche Distanz zu einer generell moralischen Beurteilung des Lebens überhaupt. Vgl. 8Ressentiment, 8Haß. Neigung (gr. prothymia, lat. inclinatio, proclivitas), nhd. zu sich neigen, mhd. nigen, das zur Gewohnheit gewordene Gestimmtund Gerichtetsein der Seele. Sie ist verwandt mit dem 8Trieb (vgl. 8Interesse. Vgl. auch I. Kant, Anthrop. § 77). Durch die schroffe Ablehnung der N. als eines mitbestimmenden Faktors im sittlichen Handeln (8Pflicht) kam I. Kant zu seinem 8Rigorismus, während Fr. Schiller in dem Zusammengehen von Pflicht und N. das Ideal sah (8schöne Seele; vgl. die Epigramme ›Gewissensskrupel‹ und ›Entscheidung‹ in seiner Sammlung ›Die Philosophen ‹). Nemesis, gr. ›Entrüstung‹, die Rachegöttin, in der gr. Mythologie und Weltanschauung der Ausdruck des Waltens einer inneren Gerechtigkeit. Sie ist verknüpft mit der Überzeugung, daß jede Überheblichkeit, jeder Übermut (8Hybris) sich rächt, im Zusammenhang mit der Vorstellung vom 8Neid der Götter, die dem Sterblichen eine Überschreitung seiner Grenzen nicht gestatten.
Neomarxismus
Neologie, ein im 18. Jh. in Anlehnung an gr. Begriffsbildung formierter Terminus ›neue Lehre‹; von Theologen in Anspruch genommen, welche die christl. Lehrinhalte den Erkenntnissen der Wissenschaft und der 8Aufklärung (naturwiss. Weltbild, histor. Bibelkritik) anpassen wollten (J. F. W. Jerusalem, J. G. Töllner, J. H. Semler, J. D. Michaelis). Neologismus, sprachl. Neubildung. Neologismenkomplex nennt man eine semant. sinnlose und syntaktisch ungeordnete Aneinanderreihung von Wörtern und Neologismen; N. ist in der Psychopathologie ein Merkmal von Aphasie, wird auch als ein Krankheitsmerkmal von Schizophrenie bezeichnet. Neomarxismus, Variante marxistischer Theoriebildung in westeuropäischen Ländern des 20. Jh. Im Unterschied zu orthodoxen Richtungen des 8Marxismus, welche an der These von der wachsenden Verelendung und Deklassierung großer Teile der lohnabhängigen Bevölkerung festhalten und daraus eine Verschärfung der Klassenkämpfe in Industrieländern ableiten, rechnen Vertreter des N. mit Chancen für eine Transformation von Teilen kapitalistischer Gesellschaftsordnungen in gemeinwirtschaftlich organisierte, systemüberwindende Formationen. Als Neomarxisten werden mitunter auch Sozialphilosophen genannt, welche die Kritik an den ökonomischen Herrschaftsverhältnissen im 8Kapitalismus auf die gesamte kulturelle und wissensch. Tradition
Neopositivismus
der bürgerl. Gesellschaft und deren › 8Kulturindustrie‹ insges. ausdehnen und insof. den von K. Marx begründeten gesellschaftskrit. Ansatz noch einmal verschärfen. Zu den deutschsprach. Vertretern des N. wurden urspr. K. Korsch, E. Fromm, M. Horkheimer, H. Marcuse und E. Bloch gezählt; allerdings haben diese Autoren sich später zu dieser Selbstbezeichnung nicht mehr bekannt. Auch Th. W. Adorno und J. Habermas sind häufig dem N. zugerechnet worden, zumal auch sie in ihren Gesellschaftstheorien ausdrücklich (jedoch nicht ausschließlich) marxistische Traditionen verarbeitet haben. Neopositivismus, Selbstbezeichnung im philosoph. Programm des 8Wiener Kreises (gegr. von M. Schlick, R. Carnap, V. Kraft, O: Neurath) und in der Berliner ›Gesellschaft für empirische Philosophie‹ (gegr. von H. Reichenbach, W. Dubislav, F. Kraus, K. Grelling, A. Herzberg). Beide Richtungen stellten sich in die Tradition des 8Positivismus, mit dem sie sich einig wußten in der Kritik an der tradition. 8Metaphysik, mit dem Instistieren auf dem Kriterium der Wissenschaftlichkeit philos. Aussagen, ferner mit der These, daß Wirklichkeitserkenntnis auf sinnlicher Erfahrung beruhen muß (daher auch die Selbstbezeichnung ›Logischer Empirismus‹). Anders als im älteren 8Positivismus gelten im N. 8Logik und 8Mathematik als erfahrungsunabhängig. Die Bez. N. für die Schule des Wiener Kreises wurde zuerst im Titel einer Studie
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von E. Kaila (Der logist. Neopositivismus, Ann. Univ. Aboensis 13, 1930) eingeführt und auch in V. Krafts Selbstdarstellung zur Geschichte dieses Kreises verwendet (Der Wiener Kreis. Der Ursprung des N., 1950). Neotenie, Neub. aus gr. neos ›jung‹ und lat. tenere ›bewahren‹, innerhalb der 8Abstammungslehre die Theorie, die den Umwandlungsschritt vom Tier zum Menschen durch ein Stehenbleiben auf dem Keimlingszustand der Vorfahren erklärt. Neovitalismus, 8Neuvitalismus. Nervengeist (lat. spiritus animalis), Lebensgeist, heißt bei älteren Philosophen das zwischen Leib und Seele vermittelnde Medium. Schon die 8Stoiker redeten davon im Anschluß an die ›8Quintessenz‹ des Aristoteles (vgl. 8Äther), die Neuplatoniker, ferner die aristotelischen Scholastiker, Galenus und Thomas von Aquino verwarfen diese Theorie, die aber durch Fr. Bacon und R. Descartes wieder in Aufnahme kam. Letzterer beschreibt die Lebensgeister als feine, sehr bewegliche Blutteilchen, die, von der Herzwärme verdünnt, in großer Zahl dem Gehirn zuströmen und von dort aus in die Nerven und Muskeln gelangen und den Körper auf unterschiedliche Weise in Bewegung setzen (Passiones animae I, 10). Nicht nur den Lebensprozeß leitete R. Descartes von ihnen ab, sondern auch die 8Empfindung, das 8Gedächtnis, die 8Einbildungskraft, die sinnlichen 8Begierden und 8Leidenschaften, endlich auch die willkür-
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lichen Bewegungen. Auch N. Malebranche, Th. Hobbes und E. Platner verteidigten diese Annahme, die auch in der Schellingschen Schule gelehrt worden ist. nervus probandi, lat. ›der Nerv des Beweisens‹, der überzeugende, ausschlaggebende Beweisgrund. Neugier, nhd., entspr. lat. novarum rerum cupidus ›auf Neues begierig‹, das als Reiz auftretende Verlangen, Neues zu erfahren, insbes. Verborgenes kennenzulernen; im alltägl. Sprachgebr. häufig verw. für Interessiertheit um seines Sensationswertes willen; als wissensch. und philos. Erkenntnisinteresse zumeist mit positiver Bedeutung belegt. Neuhegelianismus, die Erneuerung der Philosophie G. W. Fr. Hegels im 20. Jh., in Italien durch B. Croce, G. Gentile u. a., in Holland durch G. J. P. J. Bolland, in Deutschland durch zahlreiche Philosophen, die aus dem Gedankengut Hegels, insbes. seiner Lehre vom 8objektiven Geist, schöpfen, ohne aber als Hegelianer im alten Sinne (8Hegelianismus) gelten zu können und zu wollen. Neukantianismus, die sich gegen den 8Materialismus in der zweiten Hälfte des 19. Jh. wendende philos. Richtung in Deutschland, die mit O. Liebmann (Kant und die Epigonen, 1865) begann und bei F. A. Lange (Geschichte des Materialismus, 1866) ihr erstes Programm erhielt, das in der Abwehr und Überwindung des Materialismus durch den kritischen Idealismus I. Kants, in der Verbindung dieses 8Kritizismus mit den Methoden und
Neulamarckismus
Ergebnissen der modernen Naturwissenschaft und in der Anwendung der Ethik Kants auf die sozialen, rechtlichen, pädagogischen und religiösen Fragen der Gegenwart bestand. Einen Mittelpunkt bildete die 8Marburger Schule, vertreten durch F. A. Lange, H. Cohen, P. Natorp, an die sich E. Cassirer, K. Vorländer, A. Liebert u. a., zunächst auch N. Hartmann, der später eigene Wege einschlug (8Phänomenologie), anschlossen, einen anderen die südwestdeutsche Schule (8badische Schule) in Freiburg, Heidelberg und Straßburg, gegründet von W. Windelband und H. Rickert, welche die kritische Methode, die von Kant im Hinblick auf die Mathematik und die Physik geschaffen und von den Marburgern auf die 8Naturwissenschaften angewendet wurde, auf die 8Geisteswissenschaften übertrugen, was zur neukantischen Wertund 8Kulturphilosophie führte. In ihrem Sinne arbeiteten H. Münsterberg, J. Cohn, B. Bauch. Auf theologischem und religionsphilos. Gebiet vertraten den neukantianischen Kritizismus u. a. E. Troeltsch, auf dem der Rechtsphilosophie R. Stammler. Neulamarckismus (Neolamarckismus), die Weiterbildung des 8Lamarckismus, bes. der Lehre J. Lamarcks von der Wirkung der Lebensgewohnheiten auf den Bau und die Entwicklung der Organismen und von der Vererbung der durch sie erworbenen Eigenschaften, wobei die 8Zweckmäßigkeit des Verhaltens der Organismen gegenüber Umwelteinflüssen auf
Neuplatonismus
die 8Entwicklung einer in ihnen selbst liegenden Fähigkeit oder auf die Nachwirkung von erfolgreichen Verhaltensweisen zurückgeführt wird. Neuplatonismus, die mit Ammonios Sakkas, der keine Schriften hinterließ, beginnende, dann von Plotin begründete Erneuerung der Philosophie Platos im 3. bis 6. Jh. n. Chr., die, mit stoischen, aristotelischen und neupythagoreischen Motiven verbunden, zu einer mystischen Metaphysik und Theologie führte, die von christlichen Theologen und Philosophen z. T. übernommen und mit christlichem Gehalt gefüllt wurde. Neben Plotin, der in Rom wirkte, und seinem bedeutendsten Schüler Porphyrios sind zu unterscheiden: die syrische Schule, gegründet von Iamblichos, die pergamenische Schule, zu der Aidesios, Sallustios, Eunapios gehörten und der Kaiser Julian nahestand, die von Plutarch gegründete athenische Schule, der Syrian, Proklos, Isidoros, Hegias und Damaskios angehörten. In Alexandria drang der N. durch Origenes in die christl. Katechetenschule ein und wurde von Hypatia, Synesios, Hierokles u. a. vertreten. Von Proklos ist der Verfasser der dem Dionysius Areopagita zugeschriebenen Schriften abhängig, in denen der N. zur Begründung einer christlichen 8Mystik und Mysterientheologie dient. Im lateinischen Westen zählten Chalcidius, Macrobius und Boethius zu den Neuplatonikern, unter den Christen Marius Victorinus und Augustinus.
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Neupythagoreismus, die Erneuerung der Lehren der 8Pythagoreer, seit dem 1. Jh. v. Chr., verbunden mit platonischen, aristotelischen und stoischen Motiven, besonders gekennzeichnet durch den Mysterien- und Offenbarungsglauben und die 8Zahlenmystik. Die wichtigsten Vertreter waren Nigidius Figulus, der Prophet und Wundertäter Apollonios von Tyana, Moderatus aus Gades, Nikomachos von Gerasa, Numenios von Apamea und Sekundus von Athen. Neurasthenie, gr., ›Nervenschwäche‹, gekennzeichnet durch abnorme 8Reizbarkeit, qualvolle 8Sensibilität und äußerst schnelle Ermüdbarkeit. Neurologie, urspr. svw. Neurophysiologie, Biologie der Nervensysteme, später ausschließlich medizinisches Gebiet, die Lehre von den Nervenkrankheiten. Neuron, gr. ›Faser‹, ›Nerv‹, von dem Anatomen H. W. G. v. Waldeyer- Hartz (1836- 1921) eingef. zur Bez. der letzten Einheit des Nervensystems, bestehend aus der Ganglienzelle und den zugehörigen Dendriten, Neuriten und deren Verzweigungen. neuropsychisch, aus gr. neuron ›Nerv‹ und psychikos ›seelisch‹, nervenseelisch; Bezeichnung der Vorgänge in den Nerven, die für etwas Psychisches gehalten werden. Neurose, seelische Abnormität ohne erkennbare anatomische Veränderung des Nervensystems, die sich auf somatischem Gebiet als Organneurose (Neurose des Herzens, des Magens usw.) und auf seelischem Gebiet als 8Psychoneurose
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zeigt, z. B. unbegründete Angstzustände, Störungen des Seelenlebens infolge von Unfällen (traumatische Neurose) oder von 8Veränderungen (8Psychoanalyse). Neuscholastik, das Wiederaufleben des Studiums der mittelalterlichen Philosophie und Theologie seit dem Ende des 19. Jh. infolge der gegen den 8Modernismus gerichteten päpstlichen Erlasse (Antimodernisteneid). Sie besteht in der Erneuerung und Neuerarbeitung der Philosophie des Thomas v. Aquin, in wissenschaftlicher Erforschung der gesamten mittelalterlichen Philosophie und in der Weiterbildung des 8Aristotelismus des Thomas v. Aquin. Entsprechend der überragenden Rolle des 8Thomismus in der mittelalterlichen 8Scholastik wird auch die N. trotz ihres an sich weiteren Sinnes vielfach als 8Neuthomismus bezeichnet. Neuthomismus, die allen katholischen Lehrern der Theologie und Philosophie zur Pflicht gemachte Erneuerung des 8Thomismus. Sie wurde von den Päpsten Leo XIII. in der Enzyklika Aeterni Patris vom 4. August 1879, Pius X. in dem Sendschreiben Motu proprio vom 1. September 1910 und Pius XI. in der Constitutio Apostolica vom 24. Mai 1931 befohlen. Neutralitätsthese, metaethische, Ausdruck metaethischen Selbstverständnisses, wonach sich die 8Metaethik normativ neutral verhält, d.h. sich nicht inhaltlich mit ethischen Fragen beschäftigt, sondern mit den logisch- sprachlichen Vorraussetzungen ethischer Sätze und
New Criticism
Ausdrücke. Auf die Mehrdeutigkeit und Fragwürdigkeit der N. weist bereits W. T. Blackstone hin (Are Metaethical Theories Normatively Neutral? Australasian Journal of Phil. 1961/62). Neuvitalismus, auch Neovitalismus, zuerst bei G. E. v. Rindfleisch (Ärztl. Philosophie, 1888), aus der neueren biologischen Forschung und Begriffsbildung entsprungene Erneuerung, Verfeinerung und Ausgestaltung des 8Vitalismus. Im 20. Jh. vertreten u. a. von H. Driesch, J. von Uexküll, J. Reinke. Vertreter dieser Richtung nehmen, im Untersch. zu materialist. Ansätzen der Erklärung organischer Prozesse, eine auf 8Finalität hin ausgerichtete spezif. biologische Kausalität an, deren interne Zielrichtung (8Entelechie) auf die Beziehung zur Ganzheit von Lebensprozessen orientiert ist, unabh. von den einzelwiss. erforschbaren (z. B. chemisch oder physikalisch erklärbaren) Teilprozessen des Lebens. New Criticism, engl. ›neue Kritik‹; Sammelbez. für das ästheth. Programm unterschiedl. literaturwiss. Richtung im angelsächs. Sprachraum; entst. als Gegenbewegung zu Versuchen, die Bedeutung literar. Kunstwerke von externen (kulturellen, gesellschaftl, psychischen) Faktoren her zu entschlüsseln. Die Bez. N. C. wurde durch das programmatische Werk von J. E. Springarn eingef. (The New Criticism, 1911) und von J. C. Ransom (The New Criticism, 1940) als schulbildende Bezeichnung festgelegt. Im Zentrum des N. C. stehen de-
Newtonsche Bewegungsgesetze
skriptive Interpretationen, vor allem sprachl. Strukturanalysen. Ihre Begründer beriefen sich vor allem auf die ästhet. Theorie von B. Croce (zuerst in: Estetica como szienza dell’ espressione linguistica generale, 1902). Zum N. C. zählten sich ursprüngl. auch Essayisten, Romanciers und Lyriker wie T. E. Hulme, W. B. Yeats, E. Pound, T. S. Eliot. Newtonsche Bewegungsgesetze (leges motus) sind diejenigen von I. Newton (Naturalis philosophiae principia mathematica, 1687) ausgesprochenen Gesetze, in denen die Ursachen der Bewegung festgestellt werden (8Bewegungslehre). Es sind folgende: 1. Jeder Körper beharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern. 2. Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt. 3. Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich, oder die Wirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich und von entgegengesetzter Richtung. nexus, lat. ›Verflechtung‹, Zusammenhang; gebr. in Begriffen wie 8Kausal- und 8Finalnexus. Nicht-Ich, Grundbegriff der 8Wissenschaftslehre J. G. Fichtes, durch den er die Annahme I. Kants von einem 8Ding an sich überwinden wollte: das dem 8Ich Entgegenstehende, die ›Welt‹ (gemeint ist die gegenüber dem Ich transzendente
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Außenwelt) entstehe durch Setzung des Ich. Nichtmonotone Logik, zu gr. monotonos ›eintönig‹, ›einförmig‹, eine Sammelbezeichnung für bestimmte nichtklassische Systeme der 8Logik. Die übliche, 8klassische Logik zeichnet sich durch die folgende Eigenschaft aus: Sei S1 eine Menge von Aussagen und S 2 eine Menge, die aus S1 entsteht, wenn man (mindestens) eine neue Aussage hinzunimmt. Dann kann man aus S 2 alles folgern, (d. h. logisch schließen, vgl. 8Schluß), was man auch aus S1 folgern kann, und eventuell noch mehr. Etwas vereinfacht gesagt steigt die Zahl der Folgerungen einförmig (monoton) an, wenn man immer mehr Voraussetzungen hinzunimmt. Es tritt niemals der Fall ein, daß man eine Folgerung nicht mehr ziehen kann, wenn man eine weitere Voraussetzung macht. Unserem alltäglichen Schließen scheint diese Monotonieeigenschaft nun nicht uneingeschränkt zuzukommen: Hier scheinen zusätzliche Informationen manchmal auch dazu zu führen, daß man alte Schußfolgerungen aufgibt. So schließen wir etwa aus den Voraussetzungen, daß Tweety ein Vogel ist und daß Vögel im allgemeinen fliegen können, vorläufig, daß Tweety fliegen kann; wir geben diese Überzeugung aber wieder auf, wenn wir die zusätzliche Information erhalten, daß Tweety ein Pinguin ist. Im Rahmen der Anstrengungen der Künstliche- Intelligenz- Forschung bzw. der Kognitionswissenschaft, unser alltägliches Denken zu analysieren
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und nachzubilden, versucht man etwa seit Anfang der achtziger Jahre, n. L.en zu entwickeln, die diesem Zug unseres Schließen gerecht werden. Dazu wurden formal ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen. Kritiker haben u. a. eingewandt, daß die Veränderung unserer Überzeugungen aufgrund neuer Informationen und rationaler Überlegung im Grunde kein Thema der Logik, sondern eher der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie ist. Nichts, nhd., eigentl. der Genitiv von mhd. niht, lat. nihil, gr. ouden; im absoluten Sinn die Verneinung von irgendwelchem Seienden. Der Satz, daß aus N. nichts wird (8ex nihilo fit nihil) wurde in der spekulativen 8Naturphilosophie bis ins 19. Jh. als Grundlage aller Erhaltungssätze (z. B. in der Physik der Masse und Energie) unterstellt; er liegt auch dem 8Unsterblichkeitsglauben zugrunde. Wenn die christliche Theologie die Schöpfung der Welt durch Gott aus dem N. lehrt (Augustin, De civ. Dei XII, 2), so kann das N. eben nur die noch nicht seiende Welt bedeuten, die er aus der 8Allmacht seines Willens und also aus dem eigenen Wesen schuf (so später auch Johannes Scotus, De div. nat. III, 19). – In einem weiteren Sinn hat dann das N. in der Philosophie die Bedeutung des nur 8Möglichen oder auch des nur Scheinbaren gegenüber dem wahrhaften Sein. So wird insbes. die Materie von Plato und Plotin als nicht (wahrhaft) seiend bezeichnet (gr. më on). In der Logik G. W. Fr. Hegels fällt das N. mit dem in
Nihilismus
seiner Abstraktion völlig unbestimmten »reinen Sein« zusammen. Erst aus der unterscheidenden Bestimmung des Seins und des Nichtseins ergibt sich bei ihm der Begriff des 8Werdens. – In der neueren 8Existenzphilosophie spielt das N. eine große Rolle als der 8Abgrund, vor dem zu stehen und auf den zuzugehen dem Menschen bewußt ist und vor dem alles vergängliche Sein in stetiger Flucht ist (8Angst). Vgl. 8Nihilismus. nihil est in intellectu, quod non prius fuerit in sensu, lat. ›nichts ist im Verstande, was nicht vorher in den Sinnen war‹, der fälschlich dem Aristoteles zugeschriebene Grundsatz des 8Sensualismus, den G. W. Leibniz (Nouv. ess. II 1 § 2) durch den Zusatz einschränkte: nisi intellectus ipse ›ausgenommen der Verstand selbst‹. Er tritt zuerst bei Cicero (De fin. I 19, 64) als Satz des Epikur auf: Quidquid animo cernitur, id omne oritur a sensibus (›was im Geist wahrgenommen wird, wird insgesamt durch die Sinne sichtbar‹), findet sich dann in der üblichen Form bei Thomas v. Aquin (De veritate II, 3), Bovillus (De intellectu c. 9 § 3) u. a. Vgl. 8tabula rasa. Nihilismus, Neub. von lat. nihil ›nichts‹, der Standpunkt oder die Lehre der bedingungslosen Verneinung bestehender Anschauungen, Glaubenssätze oder Verhältnisse; dazu der Nihilist, der Vertreter des N. Schon bei Augustin hießen die an nichts Glaubenden nihilisti. In der 8Scholastik (Abälard, Petrus Lombardus u. a.) galt als N. die Ansicht, daß Christus, sofern
Nikomachische Ethik
seine menschl. Natur keine Selbständigkeit besitzt, kein Individuum, also ein Nichts sei. In die Philosophensprache wurde der Ausdruck durch F. H. Jacobi (Sendschreiben an Fichte, 1799) eingeführt. Man unterscheidet einen theoretischen N., die Verneinung der Möglichkeit einer Erkenntnis der Wahrheit, und einen praktischen oder ethischen N., die Verneinung der Gültigkeit und Verbindlichkeit sittlicher Normen und Werte. In politischem Sinn wurde der Begriff seit der Mitte des 19. Jh., bes. seit I. S. Turgenjews Väter und Söhne (1861), gebr. Nihilisten nannte er die russischen Revolutionäre (die sich selbst als Anarchisten bezeichneten), um dadurch auszudrücken, wie sie sich ihren Gegnern darstellten. Danach bedeutet das Wort eine geistige Haltung, die gekennzeichnet ist durch die Ablehnung jeder positiven Werthaltung, in polemischer Absicht auch verw. für radikale Kritiker einer bestehenden gesellschaftlichen Ordnung und der sie tragenden 8Ideologie. In nichtpolemischer Bed. kann N. auch die Haltung einer Voraussetzungslosigkeit bei der Aufstellung neuer Ideale und Ziele bedeuten. In diesem Sinne brauchte Fr. Nietzsche das Wort sowohl kritisch als auch analytisch: 1. für den von ihm so gesehenen europ. ›passiven N.‹, den er als ›neuen Buddhismus‹ bezeichnete (Z. Genealogie d. Moral, 1887, Vorrede, Aph. 5), 2. für das, was er den »Willen zum Nichts« nannte (ebd. 2. Abt., Aph. 21, 24, 3. Abt. Aph. 14), den er als verkappten »Willen zur Macht« verstand und
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dem er sogar jede Tendenz eines Fürwahrhaltens von etwas zurechnete. Nikomachische Ethik, das ethische Hauptwerk des Aristoteles (nach seinem Sohn Nikomachos genannt), neben der ›Eudemischen Ethik‹ (nach dessen Schüler Eudemos von Rhodos genannt) und der ›Großen Ethik‹ (lat. Magna Moralia), einem in der Tradition ebenfalls dem Aristoteles zugeschr. Auszug aus der N. E. und der Eudemischen Ethik. nil admirari, lat. ›nichts bewundern‹; nach Plutarch auf Pythagoras zurückgehender, auch von Cicero und Horaz wiederh. Grundsatz, sich über nichts zu wundern, d. h. für sämtliche Phänomene eine Erklärung anzustreben. Nirvana, sanskr., von den Buddhisten auf Ceylon im Palidialekt Nibhana genannt, das ›Erlöschen‹ und zugleich die ›Seligkeit‹, die Loslösung vom Leibe und vom psychischen Ich (nach einer in Indien geläufigen Vorstellung von dem Feuer, welches erlischt, nachdem das Brennholz verzehrt ist), der Zustand der 8Erlösung, der das letzte Ziel des Strebens der Weisen und Mönche ist. Daher wird N. gleich mit 8Brahman oder der Brahmanwelt gebraucht. Zugl. ist es der Sterbetag des Gautama Buddha (8Buddhismus) und der Ausgangspunkt der Zeitrechnung der Buddhisten. Die meisten europäischen Gelehrten datieren diesen Todestag auf eines der Jahre um 483 v. Chr.; die Angaben der Buddhisten selbst gehen weit auseinander. Nach der Rechnung der Singhale-
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sen fällt es ins Jahr 543 v. Chr., bei anderen steigt es z. T. hinauf bis ins 3. Jahrt. v. Chr. – Vgl. 8absolut. Die in Europa gängige Übers. des Begriffs N. mit 8Nichts ist verfehlt. Niti, sanskr., (politische) Lebensklugkeit; Kennzeichen der in Sanskrit tradierten Spruchweisheiten. Njaja (auch: Nyaya, sanskr. ›Regel‹, Methode), eines der klass. Systeme der ind. Philosophie, urspr. niedergelegt von Gotama Akshapada (›Nyayasutra‹, frühestens 1. Jh. n. Chr.); in dieser Schule wurden, ausgehend von methodischen Auseinandersetzungen um rhetorisch erlaubte Stilmittel, inbes. Probleme der formalen Logik behandelt. N. entwickelte eine realist. Erkenntnistheorie und näherte sich seit dem 9. Jh. der (ebenfalls im 1. Jh. entstandenen) atheistischen Naturphilosophie der 8Vaisheshika an und wurde später auch unter der Bez. Njaja- Vaisheshika als einheitl. Richtung überliefert. Noem, gr. noëma ›Gedanke‹; in der Sprachwissensch. Begriffselement, semant. Merkmal, kleinste begriffl. Einheit. Dazu: Noematik, Bez. für ein sprachwissensch. Programm zur Untersuchung von N.en in deren Beziehungen untereinander und deren Bündelung zu sprachl. Zeichen, den ›Sememen‹. Noëma, gr. das geistig Wahrgenommene, der Gedanke; in der Schule der 8Phänomenologie im 20. Jh. der Gegenstand, das Ziel, auch der Inhalt einer jeden menschl. Strebensrichtung, z. B. der Gedanke im Unterschied zum Denkakt, der 8noësis. Dazu noëmatisch, auf Denkinhalte bezogen.
Nominalismus
noësis, gr. das ›geistige Wahrnehmen‹, Denken; in der 8Phänomenologie des 20. Jh. Sammelbegr. für Strebensrichtungen, z. B. der Denkakt, in dem Sinngehalte, Bedeutungen, Wesenheiten erlebt werden; vgl. 8noëma. Noëtik, von gr. noëtikos ›das Denken betr.‹, 1. veraltet für: Denklehre, Erkenntnislehre; 2. in der Linguistik ein von dem Sprachwissenschaftler E. Koschmieder (Beiträge zur allg. Syntax, 1965) begr. Ansatz zur Sprachinhaltsforschung, in dem das in unterschiedl. Sprachen vergleichbar Gemeinte (›Intentum‹) untersucht wird; dazu noëtisch, zum Denken, zur Denklehre gehörend, sinnstiftend. nomen, lat. der 8›Name‹, das Nennwort; dazu Nominaldefinition, die Erklärung des Namens, der Bezeichnung einer Sache (vgl. 8Definition). Nominalismus, 1. Richtung der 8Scholastik, die sich gegen den platonischen 8Begriffsrealismus wendete und die Allgemeinbegriffe (universalia) nicht als etwas Wirkliches, als metaphysische Wesenheiten, sondern nur als Namen der Dinge (lat. nomina rerum) gelten ließ (8Universalienstreit). Vom N. des Mittelalters ging ein vom kirchlichen Dogma unabhängiges Denken der Neuzeit aus. Der Gegensatz zwischen N. und Begriffsrealismus besteht auch in der neuzeitl. Philosophie fort. 2. In der Volkswirtschaftslehre bez. man mit N. eine Theorie über den Geldwert, in welcher der Nennwert des Geldes, im Untersch. zur Theorie des ›Metallismus‹, nicht aus der Wertschät-
Nomokratie
zung der materiellen Träger (z. B. Edelmetalle), sondern aus der Eigenschaft, gesetzl. oder vereinbartes Zahlungsmittel zu sein, abgeleitet wird. Nomokratie, von gr. nomos ›Gesetz‹ und kratos ›Herrschaft‹, die Herrschaft des Gesetzes. Nomos, gr. das ›Gesetz‹; dazu Nomothetik, die Gesetzgebung; nomothetisch, bei I. Kant: gesetzgebend, bei W. Windelband: Gesetze aufstellend, Bez. für die Arbeitsweise der 8Naturwissenschaften im Gegensatz zu den 8idiographischen Geschichtswissenschaften. non-A, lat. ›Nicht- A‹, das 8kontradiktorische Gegenteil von A (8Begriff). non-ens, lat. ›ein Nichtseiendes‹, das Nichtseiende. Nonkognitivismus, s. 8Kognitivismus. Nonsens, neulat. aus non ›nicht‹ und sensus ›Sinn‹, das Unsinnige, der Unsinn. Noologie, von gr. nous ›Geist‹ und logos ›Lehre‹, die Geistlehre; insbes. Name der Philosophie R. Euckens, die ein selbständiges Geistesleben annimmt und dessen Erklärung aus materiellen und psychischen Ursachen ablehnt. Dazu noologisch, den Geist betr., die Geistlehre betr.; Noologisten, bei I. Kant Bez. der Philosophen, die wie Plato die Vernunft selbst als Quelle der reinen Vernunfterkenntnis ansehen. Noosphäre, Neubildg. v. gr. 8nous und sphaira ›Kugel‹; Begr. einer evolutionist. 8Anthropologie, welcher den Übergang von der Ent-
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wicklungsphase des naturabh. Lebens zur Selbstgestaltung der Umwelt durch den menschlichen oder den göttl. inspirierten 8Geist bezeichnet. Begriffsprägung durch P. Teilhard de Chardin (1881- 1955; Le phénomène humain, 1938- 40, L’avenir de l’homme, 1959). Norm, von lat. norma ›Winkelmaß‹, Richtschnur, Regel, urspr. Kriterium (Rechtwinkligkeit) in der Baukunst; Maß des Richtigen, Angemessenen; dazu: normal, regelrecht, der N. entspr., auch: durchschnittlich, in der Medizin auch Bez. für gesund, in der Psychopathologie Bez. für handlungsfähig, nicht gestört. ›norma‹ ist seit Cicero ein Begr. der Rechtsphilosophie, durch den die Vorstellung über das Naturgemäße auf die Bestimmung des Gesetzlichen übertragen wird. In die dt. Rechtsphilosophie wurde N. eingef. durch F. J. Stahl (Die Phil. des Rechts, 1830- 37) zur Kennzeichnung des Gemeinsamen zwischen rechtsgeltenden Prinzipien und eth. Geboten. In der Rechtswiss. nennt man N.en Rechtssätze, in denen der Gesetzgeber die Beziehungen zwischen den N.adressaten allgemeinverbindlich, z. B. durch Ge- und Verbote regelt; im erweit. Sinne versteht man darunter auch allg. Prinzipien der Rechtsgeltung, wie sie in Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Grundsatzurteilen zur Anwendung kommen. In den Sozialwissenschaften wird N. verwendet im engeren Sinne als Begr. für eine institutionalisierte Handlungsregel (›formelle N.‹: z. B. mit positiven oder negativen Sanktionen verbundene
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allg., zumeist in der Form einer schriftl., also vertraglich oder gesetzlich fixierten Klausel) oder des weiteren für eine nicht ausdrücklich proklamierte, jedoch implizit vermittelte Verhaltenserwartung (informelle N.), so z. B. in Konventionen, Anstandsregeln, Rollendefinitionen. In der 8Handlungstheorie und in der 8Ethik wird unter N. eine Aufforderung (Präskription) verstanden, das Handeln an einer Regel zu orientieren. N.en lassen sich je nach Aufforderungscharakter in Gebote, Verbote und Erlaubnisse unterscheiden, im weiteren Sinne auch in positiven Empfehlungen (nach dem Wertkriterium ›es ist besser...‹) sowie in negativen Warnungen (›es ist abzuraten, ...‹) formulieren. In einigen Ansätzen der prakt. Philosophie wird N. darüber hinaus allg. verw. als Synonym für 8Werturteil mit Empfehlungscharakter oder für jedwede, auch singuläre Sollensbestimmung (8Imperativ), in anderen Theorien werden auch subjektive Handlungsgrundsätze (8Maximen) als N.en bez. (›Selbstnormierung‹). In der Technik, Wirtschaft und in der gewerblichen Produktion dient der Begr. N. als Maßstab bei einer Vereinheitlichung von Produktionsverfahren, Produktgrößen, Einbau- und Anschlußmaßen für Bauteile, Gütekriterien, Sicherheitsstandards. In der Mathematik bez. man als N. die jedem Element (z. B. jedem Vektor, jeder Funktion) eines linearen Raumes zugeordnete nichtnegative reelle Zahl. In der Sprachwissenschaft bez. man als Sprach- N.en 1. die nach Kriterien
Norm
wie ›richtig‹ und ›falsch‹ definierten syntaktischen und semantischen Regeln des Sprachgebrauchs, 2. die semantisch und syntaktisch tatsächlich praktizierten Regelmäßigkeiten einer Umgangssprache, auch wenn sie von den linguistisch normierten Prinzipien (im Sinne von 1.) abweichen. Den Begr. normativ verw. man im Unterschied zu ›deskriptiv‹ (beschreibend; 8Deskription) und ›faktisch‹ (tatsächlich, auch: wirklich; 8Wirklichkeit): 1. für etw. Normsetzendes, also eine Handlung, durch die Normgeltung erzeugt wird, oder 2. als Merkmal einer evaluativen Aussage, durch die ein Sachverhalt nach einem Prinzip der Normgeltung beurteilt wird, oder 3. zur Kennzeichnung einer Norm als faktisch vorkommend oder als gültig. 4. In erweitertem Sinn dient ›normativ‹ auch zur Bez. für den Begründungstyp ethischer Propositionen mit deontischen Kriterien (›sollen‹; ›erlaubt‹, ›verboten‹, ›geboten‹). Als normative Ethiken werden Theorien der prakt. Philosophie bez., in deren Zentrum Normsetzungsund Normbegründungsverfahren stehen (im Unterschied zur 8Wertethiken und 8Tugendlehren), so z.B. deontolog. Ethiken (8deontologisch, 8Pflicht, 8Sollen), aber auch regelutilitarist. Ansätze (8Utilitarismus). Normativismus nennt man die Lehre vom Vorrang des Normativen vor dem Faktischen; auch verw., um die Priorität des 8Sollens vor dem 8Sein oder der praktischen Vernunft vor der theoretischen zu kennzeichnen.
Normalität
Normalität, der einer 8Norm entspr. Zustand, Merkmal des Normalen, auch: Durchschnittlichkeit; quantitativ bestimmbar durch die im Mittelbereich einer Normalverteilung (8Gauß- Verteilung) gehäuft auftretenden Merkmale oder Merkmalstypen. Normalsprache, auch normale Sprache oder 8natürliche Sprache, eingef. zur Unterscheidung von formalisierten Systemen einer Idealsprache als Sammelbez. für Umgangssprache, Alltagssprache. Philosophie der normalen Sprache ist die verbreitetste dt. Übers. von engl. ordinary language philosophy (vgl. 8analytische Philosophie). Normenlogik, s. 8deontische Logik. Normwissenschaften nennt man im Bereich der Kulturwissenschaften, im Unterschied zu empirisch forschenden Disziplinen, diejenigen Bereiche, in denen Fragen nach der Begründung, Entwicklung und Geltung von 8Normen gestellt werden (z. B. weitgehend die Rechtswissenschaften, die Ethik, die normative Pädagogik, die Ästhetik, soweit sie sich mit Kriterien der Kunstbeurteilung beschäftigt). nosce te ipsum, lat., Übers. von gr. gnôthi seauton ›erkenne dich selbst‹. notio, lat. ›der Begriff‹, der Gedanke. notiones communes, auch notitiae communes, lat. ›gemeinsame Begriffe‹, übers. von gr. koinai ennoiai, die dem Menschen von der Natur gegebenen und daher allen Menschen gemeinsamen Vorstel-
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lungen und Begriffe. Die Lehre von den n. c. als Kriterien der Wahrheit wurde zuerst von den 8Stoikern ausgebildet. Notlüge, die angebliche Ausnahme des Gebotes: Du sollst nicht lügen, in einer Notlage, die dazu zwingen soll, den Grundsatz der 8Wahrhaftigkeit zu verletzen, um dadurch einen angeblich wertvolleren Zweck zu erreichen (8Gewissen, 8Rangordnung der Werte). Einen kompromißlosen Standpunkt der These vom Erlaubtsein einer N. hat I. Kant (Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen, 1797) vertreten. Danach gilt das Verbot der N. ausnahmslos, auch wenn sich die Pflicht zur Wahrhaftigkeit wie eine (allerdings nicht intendierte) Beihilfe zu einem Verbrechen auswirkt. Notstand, in der Rechtssprache ein Zustand gegenwärtiger Gefahr für Leib, Leben oder auch für das Eigentum einer Person, der sie unter gewissen Voraussetzungen dazu berechtigt, zur Abwendung der Gefahr auf fremdes 8Eigentum einzuwirken gemäß dem Grundsatz, daß das geringerwertige Gut im Notfall dem höherwertigen weichen müsse (Güterabwägung). Unter übergesetzlichem N. versteht man einen Gefahrenzustand, der, obgleich die Voraussetzungen des gesetzlichen N.sbegriffs nicht alle zutreffen, doch nach dem Prinzip der Güterabwägung geeignet ist, einen sonst rechtswidrigen Eingriff in fremde 8Güter ausnahmsweise zu rechtfertigen (vgl. 8Unrecht). Notwehr, die Verteidigung gegen einen gegenwärtigen rechtswid-
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rigen Angriff (vgl. 8Unrecht), mag dieser sich nun unmittelbar gegen die 8Person oder gegen das 8Eigentum oder ein sonstiges Rechtsgut des Verteidigers oder eines Dritten richten. Die N. ist nach geltendem Recht so weit berechtigt, als sie zur Abwehr des Angriffs erforderlich ist; sie umfaßt also nicht den Gegenangriff und darf überhaupt nicht weitergehen, als nach der Sachlage zur Verteidigung erforderlich ist. – Das Recht der N. ist ein unveräußerliches Persönlichkeitsrecht (vgl. 8Recht). Notwendigkeit, eine der 8Modalitäten. Dazu: notwendig, im 16. Jh. entstanden, lat. necessarius, necessitas, vorher seit Notker ahd. nothaft. Heute redet man hauptsächlich von notwendigen (notwendigerweise wahren) Aussagen bzw. Aussagesätzen (logisch gesprochen) oder notwendigen Sachverhalten (ontologisch gesprochen): Dabei ist ein Sachverhalt genau dann notwendig, wenn ein Aussagesatz, der ihn zum Ausdruck bringt, notwendigerweise wahr ist. Allgemein ist ein Aussagesatz genau dann notwendigerweise wahr, wenn er in gewisser Hinsicht nicht falsch sein kann. Es sind verschiedene Arten von N. zu unterscheiden: Z. B. ist die Aussage »Alle Junggesellen sind unverheiratet« analytisch notwendig, d. h. wahr allein aufgrund ihrer Bedeutung (vgl. 8analytisch); »Kein Masseteilchen bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit« ist naturgesetzlich notwendig, nämlich wahr aufgrund eines Naturgesetzes; »Wenn der Himmel blau ist, dann ist der Himmel blau« ist (aussagen- )logisch not-
Notwendigkeit
wendig, wahr aufgrund der Bedeutung der (aussagen- )logischen Partikel »wenn ..., dann ...« (vgl. 8Subjunktion, 8allgemeingültig). – Daneben werden noch viele andere N.sbegriffe verwendet: Im M A bez. N. die höchste ›Stufe‹ des Seins selbst (8Ontologie). In D. Humes Assoziationstheorie des Denkens ist die Vorstellung der N. nur in der Verknüpfung mehrerer Ereignisse im Gefühl und in der gewohnheitsmäßigen Erfahrung begründet. I. Kant spricht von dem »erkenntnistheoretisch Notwendigen« als dem, »dessen Zusammenhang mit dem Wirklichen nach allgemeinen Bedingungen der Erfahrung bestimmt ist«; moralisch notwendig nennt er eine Handlungsweise, die ein gegebenes Sittengesetz (der 8kategorische Imperativ) vorschreibt. – In der Tradition ist nicht nur die Rede von notwendigen Aussagen, sondern auch von notwendigen (oder wesentlichen oder essentiellen) Eigenschaften, die Objekte aufweisen können. Man spricht von N. de re (lat. ›auf ein Ding bezogen‹, ›der Sache nach‹) im Unterschied zur N. de dicto (›auf eine Aussage bezogen‹, ›der Aussage nach‹). So meinte man etwa, daß die Eigenschaft, ein Mensch zu sein, in dem Sinne notwendig oder wesentlich sei, als ein Mensch nichts anderes hätte sein können als ein Mensch. Von großer Bedeutung für die Theologie war der Gedanke, daß Gott wesentlich existiere. Die Sinnhaftigkeit der Rede von N. de re (auch ›metaphysische N.‹ gen.) ist heute umstritten. – Die für verschie-
noumenon
dene N.sbegriffe geltenden logischen Gesetze werden in der (alethischen) 8Modallogik behandelt. – Für notwendige Bedingungen vgl. 8Bedingung. Vgl. auch 8Ananke, 8Möglichkeit, 8Zufall, 8Kontigenz). noumenon (gr., spr. no- umenon), nach Plato (Politeia 508 C ff.) das mit dem Geiste (8nous) zu Erkennende, im Unterschied von dem mit den Augen zu Sehenden, der 8Erscheinung; Mz.: die noumena; bei I. Kant (Proleg. §§ 32- 35) die ›Verstandeswesen‹, d. h. die gedachten Gegenstände mögl. Erfahrung. nous, gr., spr. nus (lat. intellectus), das Vermögen der geistigen Wahrnehmung, svw. 8Verstand, bei Plato und Aristoteles der edelste und höchste der drei 8Seelenteile (vgl. Aristoteles, De an. III 4, 429a 23, De gen. anim. II 3 736b 27), seit Anaxagoras auch die sinnvoll wirkende, harmonisch ordnende Weltkraft neben dem Weltstoff, der weltordnende Geist (8Demiurg, 8Weltgeist). N. heißt schon bei Homer das Erkenntnisvermögen; von Parmenides und Demokrit wird es der Seele (8psychë) gleichgesetzt. Plato versteht darunter die denkende Seele (logistikon), die im Haupt ihren Sitz hat, Aristoteles den Teil der menschlichen Seele, den sie vor den Tieren voraus hat. Die übrigen Teile der Seele sind nach ihm vergänglich; der N. ist präexistierend und unsterblich. – In der Geschichte der griechischen Metaphysik spielt der N. eine wichtige Rolle: Schon Xenophanes von Kolophon (ca. 500 v. Chr.) nahm eine objektive göttliche Vernunft als
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Weltprinzip an. Ihm folgend, fand Anaxagoras, des Sokrates Lehrer, die bewegende und gestaltende Kraft weder mit den 8Hylozoisten in der Natur der Stoffe selbst noch mit Empedokles in unpersönlichen psychischen Mächten, sondern in einem weltordnenden Geiste. Der N. unterscheidet sich nach ihm von den materiellen Wesen durch Einfachheit, Selbständigkeit, Wissen und Herrschaft über den Stoff. Plato definiert die weltbildende Vernunft als die schöpferische Zweckmäßigkeit in der Welt, während er die Notwendigkeitsursachen, welche nur mithelfen, als in der 8Materie begründet ansetzt. Aristoteles nennt den stofflosen Geist direkt Gott, dessen Existenz er aus der Notwendigkeit eines ersten 8unbewegten Bewegers beweist (vgl. 8Gottesbeweise). Als solcher muß er reine Energie (gr. energeia, vgl. 8actus purus), ewige, reine Form, ohne Materie, daher auch ohne Vielheit und Teile, reines Denken das sich selbst denkt (gr. ebenfalls nous), sein. Er ist also insof. das, was später 8Selbstbewußtsein genannt wird (bei Aristoteles: noësis noëseôs ›Denken des Denkens‹). Er bewegt, ohne zu bilden und zu handeln, selber unbewegt, als das Gute und der Zweck, dem alles zustrebt, wie der Liebende dem Geliebten (Met., Buch Lambda, 1072 b). Die Welt als gegliedertes Ganzes hat ewig bestanden und wird nicht untergehen. Als Aktualität ist Gott nicht Produkt, sondern Prinzip der Entwicklung (Met. ebd., Kap. 6 u. 7). Neuplatoniker betrachteten das Göttliche weder als Denken noch
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als Gegenstand der Vernunft (weder als nous noch als noëton), sondern als Übervernünftiges (hyperbebëkos tën nou physin). Es verhält sich zum N. wie das Licht zum Auge. Die Einheit sei die Quelle der Kraft, woraus erst das Seiende stammt. So hypostasiert Plotin das Resultat seiner Abstraktion zu einem gesondert existierenden Wesen, hält es für ein Prinzip dessen, woraus es abstrahiert ist, und nennt es die Gottheit. Novum organum, Neub. aus lat. novus ›neu‹ und 8Organon; bei Fr. Bacon das neue Werkzeug (des Denkens), womit er den nur halb vollendeten Teil seiner Instauratio magna bezeichnete. Bacon wollte darin eine dem Organon des Aristoteles entgegengesetzte neue, induktive Logik schaffen. Das 1. Buch enthält eine Analyse der Grundlagen des Erkennens (s. a. 8Idol), das zweite handelt von der 8Induktion als dem einzig wahren Erkenntnismittel. nuklear (lat. nukleus ›der Kern‹), dem Kern zugehörig, in der 8Atomphysik gebr. Ausdruck z. Bez. der sich am Atomkern abspielenden (im Unterschied zu den das gesamte 8Atom betreffenden) Prozessen. Vgl. 8Kernphysik. nulla poena sine lege, lat. ›keine Strafe ohne Gesetz‹; d. h. ohne gesetzliche Strafanordnung; ein auf die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die frz. Erklärung der 8Menschenrechte zurückgehender Grundsatz des modernen Strafrechts, den zuerst A. v. Feuerbach im Zusammenhang mit seiner Theorie des ›psy-
Null
chologischen Zwanges‹ (vgl. 8Strafe) formulierte. Er will richterlicher Willkür vorbeugen und dem Rechtssicherheitsbedürfnis der bürgerlichen Gesellschaft Genüge leisten. Nach herrschender Anschauung schließt er das Verbot analoger Anwendung eines Strafgesetzes auf rechtsähnliche Fälle ein (›Umkehrschluß‹); er verbietet, wenigstens dem Sinne nach, die Rückwirkung eines Strafgesetzes, denn dieses muß zur Zeit der Tat schon bestanden haben, wenn der Täter nach allg. Ansicht in der Lage gewesen sein soll, sich danach zu richten. Null, von ital. nulla ›nichts‹, lat. ›kein‹; seit dem 12. Jh. als lat. Übersetzung aus dem Arab. in Europa verbreitet (Zeichen: O als Abk. für gr. ouden, als punkt- oder kreisförm. Zeichen; unabh. davon schon seit dem 6. Jh. in Südasien verbr.). In der Mathematik diej. Zahl, die zu einer beliebigen Zahl addiert, diese Zahl unverändert läßt. Nullhypothese nennt man in der statist. Methodenlehre die Annahme, daß eine Verteilungsfunktion in einer Grundgesamtheit diej. Eigenschaft hat, deren Vorliegen durch das Ziehen einer Stichprobe überprüft werden soll. Ziel einer statist. Prüfung ist es dann, die ›Null‹- Hypothese zu verwerfen, d. h. zu belegen, daß eine festgestellte Verteilung nicht zufällig ist. Ggs.: 8Alternativhypothese. Nullsummenspiel: Typ strateg. Spiele, in denen der Gewinn best. Spieler durch den Verlust der anderen Spieler kompensiert wird; ›N.summe‹ kennzeichnet dabei, daß die Summe (positiver) Gewinne und (negativ
numerisch
zu verrechnender) Verluste definitionsgemäß = 0 ist. numerisch, von lat. numerus ›Zahl‹; zahlenmäßig; numerische Darstellung, im Unterschied zur graph. Darstellung: Präsentation eines Sachverhalts in Zahlsymbolen. Die numerische Mathematik beschäftigt sich mit der zahlenmäßigen Behandlung quantitativer Probleme (z. B. mit Gleichungen und Ungleichungen), unter Einschluß von Näherungsverfahren (8Wahrscheinlichkeit); numerische Integration (auch: n.e Quadratur) nennt man die angenäherte Berechnung eines mehr oder weniger bestimmten Integrals mit n.en Methoden; numerische Verfahren nennt man in der Angewandten Mathematik, bes. bei Problemen der Physik und der Technik, die zahlenmäßige Behandlung von Meß- und Schätzproblemen durch 8Algorithmen oder Iterationsverfahren durch n.e Integration (Quadratur) oder auch durch näherungsw. Lösung von Differentialgleichungen. Numinose, das (lat. numen ›Wille der Götter‹, göttliche Majestät), die von der Gottheit ausgehende Macht; vgl. R. Otto, Das Heilige, 1917 (8heilig). Nutzen, von ahd. nuz (engl. utility), Merkmal von Sachverhalten (Gegenständen, Ereignissen etc.) aufgrund einer Beurteilung hinsichtlich der Beförderung bestimm-
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ter Zwecke. Von Aristoteles als »Mittel für andere Zwecke« bestimmt (Nik. Ethik 1096a). Zum zentralen Begriff wird »N.« im 8Utilitarismus (J. Bentham, J. St. Mill u. a.). Nach dem hedonistischen Kalkül von Bentham soll der N. einer Handlung nach deren Folgen bestimmt werden. In den Wirtschaftswissensch. die auf der Wertschätzung beruhende Eigenschaft eines Gutes, zur Bedürfnisbefriedigung beizutragen. Seitdem sich die Auffassung durchgesetzt hat, daß dieses Merkmal nicht objektiv meßbar, sondern in der unterschiedlichen subjektiven Einschätzung allenfalls vergleichbar ist, werden die unterschiedlichen Quantitäten des N.s im ökonom. Sinne nur noch selten in kardinalen Maßzahlen, dagegen überwiegend durch Stellenwerte auf Ordinalskalen ausgedrückt. (Ordinaler N. oder ›Ophelimität‹ wird seit V. Pareto auf einer Bedürfnisskala angeordnet dargestellt.) Das Quantum, um das ein N. größer ist als ein anderer, ist danach das Maß an Präferenz, d. h. des Vorzugs, den ein Wirtschaftssubjekt dem Gut mit dem höheren N. verleiht. Nutzenfunktion nennt man die funktionale Beziehung zwischen dem N. und anderen Größen, deren Variation zugleich auch den N. quantitativ verändern, z. B. in Fällen von Nutzenzuwachs (8Grenznutzen, 8Gossensche Gesetze).
O
Obersatz, erste 8Prämisse eines logistischen Schlusses (lat. propositio maior, auch »Maiorprämisse«), die den Prädikatbegriff enthält; vgl. 8Syllogistik. Objekt, lat. obiectum ›das Ent-gegengeworfene‹ (gr. antikeimenon ›Gegenliegendes‹), der 8Gegenstand, im weitesten Sinn alles, worauf sich der Mensch richtet, auch das Ziel des Handelns; in der Grammatik der Satzteil, auf den sich die Tätigkeit des Subjekts richtet, jedes vom Prädikat eines Satzes abhängige Haupt- oder Fürwort, das als näheres O. im Akkusativ, als entfernteres im Dativ steht; in der 8Erkenntnistheorie der Gegenstand oder Inhalt unserer Vorstellung, das mit ihr Gemeinte, wobei dies ein realer oder idealer Gegenstand sein kann, im engeren Sinn der dem Bewußtsein durch die Erfahrung gegebene Gegenstand, das 8Reale im Verhältnis zum erkennenden Subjekt. I. Kant definiert: »O. ist das, in dessen Begriff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist«. – In der Scholastik (Duns Scotus) bis zum 18. Jh. wurde das Verhältnis von 8Subjekt und O. in ungekehrtem Sinne bestimmt: Das Subjekt war das Zugrundeliegende, der Gegenstand, von dem etwas ausgesagt wurde, das ›Reale‹, während als O. dasjenige galt, was als Eindruck, Vorstellung, Aussage im Vorstellenden ›objiziert‹,
d. h. dem ›Realen‹ entgegengestellt wurde. Objektebene, 1. in der Optik und in der sphär. Geometrie die in einem abbildenden Verhältnis zur Bildebene stehende Ebene, auf der sämtliche Gegenstandspunkte liegen, welche den verschiedenen Bildpunkten zugeordnet werden können. 2. In der Sprache der 8Wissenschaftstheorie wird der Begr. O. verw. im Unterschied zur ›Metaebene‹, der Ebene der theoret. Reflexion auf die verwendeten sprachl. Mittel und Erkenntnismethoden. Objektion, das Verlegen von Erlebnisqualitäten auf Dinge und Sachverhalte (z. B. ein »schauriger Abgrund«, ein »freundliches Tal«, vgl. 8Metapher). Der Begr. O. dient auch als Bez. für einen psycholog. Erklärungsversuch für solche Übertragungen. Nach N. K. Ach (Theoretiker der Wahrnehmungs- und Denkpsychologie, 1871- 1946) lassen sich O.en auf einen ›Entlastungstrieb‹ zurückführen, dessen Befriedigung das Ich von der allzu stark erlebten Konfrontation mit dem jeweil. Gegenstand freistellt, um sich anderen Aufgaben widmen zu können. objektiv, auf das 8Objekt sich beziehend, gegenständlich, sachlich, tatsächlich, unabhängig vom 8Subjekt, seiner 8Wahrnehmung, 8Meinung und Wertung bestehend (8transsubjektiv). Im naiven 8Rea-
objektiver Geist
lismus heißt o. die Erkenntnis der Gegenstände so, wie sie an sich sind, losgelöst von der Art, wie sie uns durch die Sinneserkenntnis erscheinen; in der 8Erkenntnistheorie das durch denkende Bearbeitung der Gegenstände gewonnene, in Begriffe und Urteile gefaßte Wissen; o.e Erkenntnis ist dann zwar unabhängig vom indiv. Subjekt, aber nicht vom erkenntnistheoretischen Subjekt (I. Kant: 8Bewußtsein überhaupt); o. ist hier svw. 8allgemeingültig. Das Objektive, das vom Subjekt, seinen Einfällen, Vorstellungen, Wertungen usw. Unabhängige, auch das vom Subjekt überhaupt Unabhängige, das 8an sich Seiende. objektiver Geist, in der Philosophie G. W. Fr. Hegels die sich in den Gestalten des 8Geistes historisch und damit auf begrenzte Zeit manifestierenden Formen des Rechts, der 8Moralität, der 8Sittlichkeit, des Staates. Dem o. G. zugerechnet werden kultur- und gesellschaftsspezifische Vergegenständlichungen (z. B. im Begr. 8Volksgeist) oder auch universelle (8Weltgeist), jedoch nicht individuell variierende (›subjektiver Geist‹), auch nicht Erscheinungsweisen des Geistes, in denen sich dieser in seinen universellen Bezügen von den historisch kontingenten Bedingungen löst, wie in der 8Kunst, der 8Religion und der Philosophie (8absoluter Geist). In der vom 8Historismus geprägten 8Kulturphilosophie und der geisteswissensch. Psychologie des 19. u. 20. Jh. (z. B. bei W. Dilthey) werden auch diese Erscheinungsweisen
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des menschl. Geistes dem o. G. zugerechnet, zumal in diesen neueren geisteswiss. Richtungen auf überzeitliche oder gar transzendente Sinnansprüche für die Interpretation des Geisteslebens überh. verzichtet wird. objektivieren, etwas zum 8Objekt machen, als an sich seienden Gegenstand setzen oder auf an sich Seiendes zurückführen; vergegenständlichen, verwirklichen, dazu Objektivierung, auch Objektivation, die Vergegenständlichung, Verwirklichung. Objektivismus, die Überzeugung, daß es objektive Wahrheiten und Werte gibt, die vom 8Subjekt unabhängig sind; in der 8Erkenntnistheorie die Lehre, daß die Erfahrungsinhalte ›objektiv‹ Gegebenes seien. Gegensatz: 8Subjektivismus. Objektivität, die Fähigkeit, etwas 8objektiv zu betrachten, zu erforschen und dazustellen, das sachliche und sachgemäße, auf das Wesen der Gegenstände oder Sachverhalte gerichtete Denken und Forschen unter möglichster Ausschaltung des nur Subjektiven und der aus der subjektiven 8Erkenntnis und Wertung entspringenden Fehlerquellen. Die O. ist ein 8Ideal, das in der Logik, der Mathematik und in den 8Naturwissenschaften erreichbar ist, in den 8Geisteswissenschaften, bes. in der Geschichtswissenschaft, dagegen nicht, da hier die Tatsachen und Sachverhalte als solche, die objektiv feststellbar sind, nicht das Wesen der Wissenschaft erschöpfen, sondern die 8Deutung und das 8Verstehen ihres Sinns hinzukommen, die von
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dem jeweiligen Standpunkt und der geistigen Beschaffenheit des Forschers abhängig sind. Es gibt daher keine reine O. der erforschten und dargestellten Geschichte, wohl aber eine O. als Maßstab des Geschichtsforschens und Geschichtsschreibers, die von ihm gefordert werden muß und die in dem Verzicht darauf besteht, in die Geschichte bewußt etwas hineinzutragen oder in ihr bewahrheitet zu sehen, was seinen oder den Wünschen anderer entspricht, sowie in dem Willen zur Redlichkeit, zur 8Wahrhaftigkeit, zur 8Gerechtigkeit und zur Überwindung und Ausschaltung persönlicher und anderer 8Interessen. Obreption, lat., ›die 8Erschleichung‹. Observation, lat., ›die 8Beobachtung‹. obskur, lat., ›dunkel‹, unbekannt, von dunkler, niedriger Herkunft. Obskurant, Neub. des 18. Jh. von obscurare ›verdunkeln‹; der Dunkelmacher, der Finsterling, der Gegner der 8Aufklärung; dazu Obskurantismus, das Streben nach Verdunkelung, der Verdummungseifer. Ochlokratie, gr., aus ochlos ›der Haufe‹ und kratein ›herrschen‹, die Herrschaft der 8Masse, der Deklassierten. Ockhamismus, eine an dem engl. Philosophen und Theologen W. von Ockham (auch: Occam; 12851347) orientierte Richtung des 8Nominalismus, nach der nur das Einzelne, Individuelle wirklich ist, das 8Allgemeine dagegen nur als ›Name‹ oder nur als im Verstand
Offenbarung
vorkommender Begriff betrachtet wird (8Universalien). Hauptvertreter: A. Wodham (gest. 1358), W. Chatton (gest. 1344), R. Holkot (gest. 1349), Joh. de Ripa (14. Jh.). In polemischer Absicht auch als Bez. für eine ›ketzerische‹ Richtung verwendet, nach der, wie von W. von Ockham behauptet, der kirchl. Glaube niemals durch Vernunft begründet werden könne und nur als willkürlich festgesetzte Lehre mit Amtsautorität tradiert werden dürfe. Ockhamsches Rasiermesser, eine von W. Hamilton (Discussions on Phil. and Literature, 1852, App. I) eingef. Bez. für die theoret. Forderung, nur solche Begriffe und Entitäten zuzulassen, die der natürl. Vernunft oder der Erfahrung zugänglich sind. Bei W. v. Ockham (8Ockhamismus) ist an versch. Stellen nur die Formulierung belegbar, man solle von einer Vielfalt (pluralitas) des Seienden (»non (bzw. nunquam) ponenda sine necessitate«) nicht ohne Notwendigkeit ausgehen, eine Regel, die den sparsamen (ökonomischen) Umgang mit Begriffen und theoret. Erklärungen empfiehlt (8Denkökonomie). Offenbarung (gr. apokalypsis ›Enthüllung‹, lat. revelatio ›Entschleierung‹, 8Apokalypse, 8Manifestation), das Sichöffnen, Sichmitteilen eines Verschlossenen, das Erscheinen eines Entfernten oder Verborgenen, insbes. Gottes (8deus absconditus); im A. T. die Enthüllung des göttlichen Heilsplans durch den Propheten in einer Vision, bei den Griechen die Entdeckung der verborgenen Gründe des Seins, die
offene Form
Erkenntnis der in der Natur und im Menschen wirkenden göttlichen Kräfte und Mächte mittels der 8Ekstase (8Mysterien). Im Christentum werden die jüd. und die gr. Vorstellungen von der O. vereinigt; als neu und entscheidend kommt hinzu die O. Gottes in und durch Christus, der in seinem Leben, seinen Lehren und seinem Tod das Wesen und den Willen Gottes kundgetan und verwirklicht habe. In der christl. Theologie wird unterschieden zwischen der natürlichen O., d. h. der Selbstkundgabe Gottes in der Natur und im Menschen, und der übernatürlichen, d. h. der O. des ›ganz Anderen‹, des weder in der Natur noch im Menschen Angelegten, des unbedingt Transzendenten, das, obgleich es sich offenbart, 8transzendent bleibt, so daß auch das, was geoffenbart wird, der ›natürlichen‹ Vernunft, der menschlichen Erkenntnis unzugänglich bleiben soll (8lumen naturale). Das Verhalten des Menschen zu der übernatürlichen O. kann demnach nur gefühlsmäßiges Fürwahrhalten, einsichtsloser 8Glaube oder blinder Gehorsam sein. Gegen diese Auffassung der O. richtete sich die deutschsprachige Philosophie bes. seit G. E. Lessing (Die Erziehung des Menschengeschlechtes, EA 1777, vollst. 1780), J. G. Fichte (Versuch einer Kritik aller O., 1792), I. Kant (Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, IV. Stück, 1. Teil; Streit der Fakultäten 1. Abschn. II, III) und G. W. Fr. Hegel (Vorles. üb. d. Phil. d. Rel., Vorles. üb. d. Gesch. d. Phil.) unter Beru-
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fung auf die Freiheit, Selbsttätigkeit und Zukunft des Menschen. Dabei wurde die O. teils als Mittel der Erziehung des Menschengeschlechts aufgefaßt, teils unter Annäherung an den Gedanken der 8Emanation so erweitert, daß die ganze Geschichte der Natur und der Menschheit als eine fortschreitende O. Gottes erscheinen konnte und das spezifisch Christliche des O.sbegriffs, das Fr. W. J. Schelling mit seinem Spätwerk Philosophie der Mythologie und Philosophie der Offenbarung (EA posthum in: Werke II, 1856- 58, Bd. 3 u. 4) zu retten suchte, verlorenging. offene Form, ein Begr. der 8Ästhetik, inbes. verw. in der Literaturwissensch. zur Bez. für Stilrichtungen, die sich von den Vorschriften der jeweils als klassisch geltenden 8Poetiken unterscheiden. Ein bes. häufig verw. Stilmittel der o. F. ist die Parataxe (von gr. parataxis ›Aufstellung‹ in der Feldschlacht), eine grammat. Bez. für die syntakt. Beiordnung von Satzgliedern oder Sätzen (im Unterschied zur Hypotaxe, der syntakt. Unterordnung). Texte in o. F. sind zumeist durch die lockere Aneinanderreihung von Einzelaussagen, durch unvollendete Sätze gekennzeichnet. Offene Gesellschaft, eine vor allem von K. R. Popper (Die O. G. und ihre Feinde, engl. 1945) zum programmat. Ideal des 8Liberalismus erhobene Kennzeichnung für nicht- totalitäre (nach Popper: nicht ›geschlossene‹) Staatsverfassungen und Gesellschaftsordnungen, in welchen es möglich ist, soziale
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Mißstände schrittweise zu mildern oder zu beheben, oder in denen Reformen institutionell begünstigt werden. Gegensätze: ›geschlossene‹ Gesellschaft, 8Totalitarismus, totaler Staat. öffentliche Meinung, Übers. von frz. opinion publique, als polit. Schlagwort kurz vor der frz. Revolution im Unterschied zur privaten 8Meinung aufgekommen zur Bez. der Ansicht der Meisten oder der Mehrheit, die innerhalb einer sozialen Gruppe, in einem Staate (oder in einer Vielheit von Staaten) jeweils vorherrschende Auffassung der Menschen über Fragen der 8Politik, der Gesetzgebung, auch der 8Sitte und 8Moral, des 8Geschmacks und der 8Kunst. Sie findet ihren Ausdruck vornehmlich in der Presse, in den elektron. Medien, in den Parlamenten, im Verhalten des ›Publikums‹ bei öffentl. Veranstaltungen, insbes. gegenüber Personen und Ereignissen. Okkasionalismus (lat. occasio ›Anlaß‹, Gelegenheit), die Lehre von den Gelegenheitsursachen (causae occasionales), die sich unter den Schülern R. Descartes’ herausbildete und zuerst bei A. Geulincx ausgeprägt wurde. Nach ihr wird die unmittelbare Wirkung des Geistes auf den Körper, der Seele auf den Leib und umgekehrt (8LeibSeele- Problem) als undenkbar verworfen und ihre Übereinstimmung darauf zurückgeführt, daß ein Drittes, nämlich Gott (8concursus dei), bei Gelegenheit des leiblichen Vorgangs in der Seele die entsprechenden Vorstellungen und Willensvorgänge hervorbringe und umge-
Ökologie
kehrt. An die Stelle des O. setzte G. W. Leibniz die Lehre von der prästabilierten 8Harmonie. Okkultismus (lat. occultum ›das Verborgene‹), urspr. die Beschäftigung mit den vires occultae, den verborgenen oder geheimen Kräften, die in der Welt und im Menschen wirken und der sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich sind. Daneben bedeutete das Wort occulta im Altertum die Geheimnisse, die in den 8Mysterien überliefert wurden. Beide Bedeutungen fließen in den Ausdrücken 8Geheimlehre und 8Geheimwissenschaft zusammen, mit denen die Vertreter des O., die Okkultisten, selbst ihr Wissen bezeichnen. Hierzu gehören 8Spiritismus, 8Theosophie, 8Anthroposophie, 8Alchemie, 8Astrologie, die Lehre vom 8tierischen Magnetismus (8Mesmerismus), die Beschäftigung mit dem Tischrücken, mit den Klopfgeistern, das Hellsehen, die Telepathie, die 8Materialisation u. a. Ökologie, die Lehre vom Naturhaushalt, urspr. ausschließliches Forschungsgebiet der 8Biologie, in dem die Beziehungen zwischen Lebewesen und 8Umwelt untersucht werden, in erw. Sinn auch gebr. als Bez. für Problembereiche, in denen die Beziehungen zwischen den menschlichen, sonstigen organischen und den übrigen materiellen Lebensbedingungen insgesamt auf ihre Systemzustände hin zum Thema gemacht werden. In den Sozialwissenschaften auch verw. zur Bez. des Mensch- Naturverhältnisses nach Gleichgewichtskriterien. Der Begr. Ö. wurde aus gr. oikos ›Haus‹
Ökonomie
und logia ›Lehre‹ von E. Haeckel gebildet (Generelle Morphologie der Organismen, Bd. 2, 1866) für das, was man auch Ökophysiologie nennt: die Wissenschaft von den Beziehungen zwischen Organismen und deren Umwelt. E. Haeckel unterschied von diesen einzelnenOrganismus- Umwelt-Verhältnissen noch eine »Ökonomie der Natur« (Ö. in heutigem Sinne). Er hielt es für möglich, durch diese ›Ökonomie des Naturganzen‹ (Ö. im engeren S.) die »ökologischen« Tatsachen durch Gesetze über »mechanische Ursachen« für Umweltanpassung der Organismen erklären zu können (Natürl. Schöpfungsgeschichte, Vorträge 1867/68, EA 1868, XXX. Vortr.). Der Begr. ›psychologische Ö.‹ wurde von K. Lewin (Constructs in psychology and psychol. ecology, 1944; dt. in: Feldtheorie in den Sozialwiss., 1963) eingef. für ein Forschungsprogramm für die Beziehungen zwischen tatsächlichem Lebensraum und der von Individuen wahrgenommenen Umwelt. Dazu ökologisch: die Ö. betr.; als Wertmaßstab auch: auf Gleichgewicht der Lebensbedingungen in einem Lebensraum bedacht. Ökologische Ethik: Forschungsgeb. der prakt. Philosophie, in dem man sich mit den Handlungsfolgen und den nicht beabsichtigten, aber verantwortbaren Nebenfolgen bei Eingriffen in den Naturhaushalt und in menschliche Lebensbedingungen beschäftigt. Wichtigste ökologische Grundregeln, gen.›biozönotische Grundprinzipien‹ (8Ökosystem), sind: je variabler die Lebensraumbedin-
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gungen, desto reicher die Artenvielfalt (1. Grundprinzip); je extremer die Lebensbedingungen in einem Lebensraum, desto artenärmer und individuenreicher seine Lebensgemeinschaft (2. Grundpr.); je öfter bzw. tiefergreifend ein Biotop anthropogen (d. h. durch Menschen verursacht) verändert wird, desto instabiler und artenärmer seine Lebensgemeinschaft. Zu den ökolog. Grundregeln zählt auch die 8Abundanzregel. Der Begr. ökologische Nische wurde urspr. nur in der Biologie verw., und zwar ausschließl. für die Gesamtheit der Umweltfaktoren, die einer Organismenart das Überleben in einer best. Umgebung gewährleisten. Im übertrag. (und insof. bloß metaphor.) Sinn wird er auch verw. für ein Biotop, d. h. für den Lebensraum einer tierischen oder menschl. Subkultur, für den die äußeren Lebensbedingungen im Idealfall als ausgeglichen beurteilt werden können Ökonomie, gr., ›Hausverwaltung‹, die Wirtschaftlichkeit, 8Sparsamkeit; auch die Wissenschaft von der Wirtschaft (Nationalökonomie); s. a. 8Denkökonomie. ökonomisches Prinzip, auch Wirtschaftlichkeitsprinzip gen.; 1. in der 8Ökonomie auch ›Vernunftprinzip‹; bez. die Zielsetzung, mit einer vorgegeb. Menge an Produktionsfaktoren (in den klass. ökon. Theorien: Kapital, Arbeit, Boden) einen optimalen Güterertrag zu erwirtschaften oder für einen in einer festen Größe zu erwartenden Güterertrag die geringstmögl. Menge an Faktorkosten einzusetzen. 2. in der
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8Wissenschaftstheorie auch das Prinzip einer für empirische Forschung relevanten Theoriebildung, nach dem mit der Aufstellung von 8Theoremen sparsam umzugehen sei; das bed., nicht mehr an Erklärungen zu versuchen, als dies für die 8Prognose des durch die Theorie erwarteten Zustandes erforderlich ist (vgl. auch 8Denkökonomie). Ökonomismus, zumeist abwertende Bez. für sozialwiss. Theorien, ideolog. Positionen oder polit. Programme, nach denen vor allem ökonom. Faktoren für die gesellsch. Entwicklung als determinierend angesehen werden und wonach daher Gesellschaftsordnungen in erster Linie in oder nach ihren ökon. Produktionsbedingungen gestaltet und verändert werden sollten. In den innermarxist. ideolog. Auseinandersetzungen des 20. Jh. galt der Vorwurf des Ö. in erster Linie denjenigen Programmen, in denen der Kampf um die Verbesserung der ökon. Lage der arbeitenden Klasse höher gewichtet wurde als (z. B. revolutionäre) politische Zielsetzungen für die Ergreifung der polit. Macht durch die Klasse der Produzenten (8Marxismus). Ökosystem, als biolog. Begr. von A. G. Tansley (1935) geprägt für eine aus einer Biozönose (Lebensgemeinschaft) und einem Biotop (Lebensraum) besteh. natürl. ökolog. Einheit (8Ökologie); in den Sozialwissenschaften auch allgemeiner verw. für einen Forschungsgegenstand, bei dem nicht nur die gesellschaftl. Lebensbedingungen, son-
Ontologie
dern auch die Bedingungen für die Bewahrung oder Wiederherstellung von natürl. Existenzbedingungen sozialer Einheiten untersucht werden; beim Naturschutz zumeist ein umgrenzter Bereich (8System) konservierungsbedürftiger Lebenszusammenhänge insgesamt. ökumenisch, gr. oikumenikos, die ganze bewohnte Erde betreffend. Oligarchie, gr. aus oligos ›wenig‹ und archein ›führen‹, die Staatsverfassung, bei der einige wenige Individuen oder Familien die Herrschaft ausüben; vgl. 8Aristokratie. ontisch, Neub. von gr. on (Gen. ontos) ›seiend‹, seinsmäßig, dem Sein nach, im Unterschied zu 8ontologisch. Ontogenese oder Ontogenie, gr., die biotische, psychische oder kognitive Entwicklung eines organischen Einzelwesens; beim Menschen: die Individualentwicklung, im Unterschied zur 8Phylogenese, der Entwicklung einer 8Gattung, einer 8Art (8biogenetisches Grundgesetz). Dazu: ontogenetisch, die Individualentwicklung betr.; weiterentw. aus dem von E. Haeckel (Generelle Morphologie der Organismen, 1866, Bd. 1) gepr. Begr. Ontogenesis (v. gr. on, das ›Seiende‹ und genesis ›Entstehung‹) für die Entwicklung des Einzelorganismus bis zur Geschlechtsreife (8biogenetisches Grundgesetz). Ontologie, Neub. von R. Goclenius (Lexicon philosophicum, 1613) aus gr. on, Mz. onta ›das Seiende‹ und logos ›Lehre‹, von dem Cartesianer Joh. Clauberg (Metaphysica de ente, 1656) auch Ontosophie genannt, die Lehre vom 8Sein als sol-
Ontologie
chem, von den allgemeinsten Seinsbegriffen, Seinsbedeutungen und Seinsbestimmungen. Sie gilt im 17. und 18. Jh., so bei Chr. Wolff (Ontologia, 1730), als Teil der 8Metaphysik, und zwar als Synonym für die metaphysica generalis, die sich mit Bestimmungen des 8Seienden im allg. beschäftigt, im Untersch. zu den Gebieten der ›metaphysica specialis‹ (rationale 8Kosmologie, rationale 8Theologie und rationale 8Psychologie). Den im 20. Jh. bekanntesten Versuch zur Rehabilitierung von Fragen der O. hat M. Heidegger (zuerst in: Sein und Zeit, 1927) unternommen. Um zu einer vor aller Verbalisierung des Problems liegenden Eröffnung der ›Seinsfrage‹ zu kommen, stellt er die Weise, in der der Mensch (hier bezeichnet mit dem ontolog. Begr. 8Dasein, welches er durch das 8In- der- Welt- sein näher bestimmt) ursprünglich sein Verhältnis zum ›Sein‹ herstellt, in den Mittelpunkt seiner phänomenolog. O. (8Insein, 8ontolog. Differenz, 8Fundamentalontologie, 8Phänomenologie). Auch im Rahmen des 8Existentialismus wird die Weise, wie der Mensch zu ›existieren‹ hat, unter der tradition. Disziplinbez. O. abgehandelt. So entwickelt J.- P. Sartre (zuerst in: Das Sein und das Nichts, EA frz. 1943) eine Theorie der bloßen Gegenständlichkeit als ›An- sich- sein‹ (Synonym für ›Sein‹ i. e. S.) und setzt dagegen eine Position der néantisation (›Nichtung‹, 8Negation), der Überschreitung des ›Nichts‹ als Seinsbeziehung des praktisch handelnden Menschen (vgl. 8Nichts). All diese Versuche
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gehen bereits davon aus, daß sich traditionelle Fragen der O. im 20. Jh. nicht mehr als solche einer 8Metaphysik behandeln lassen. Die Berechtigung, philosoph. Existenzfragen überhaupt als Themen einer O. zu behandeln, wurde von Vertretern des 8Wiener Kreises von Anfang an bestritten. R. Carnap (Empiricism, semantics, and ontology; dt. Nachdr. in: Bedeutung und Notwendigkeit, 1972) unterscheidet zwischen den für einen best. sprachl. Rahmen definierten ›internen‹ Existenzfragen und ›externen‹ Problemen, die sich bei der Frage nach der Existenz eines solchen Rahmens (z. B. nach der Welt der Zahlen) stellen, und kommt zu dem Ergebnis, daß diese als ›extern‹ einzustufenden Fragen der traditionellen O. nur als prakt. Probleme (z. B., welchen sprachspezif. Rahmen eine Problemformulierung annehmen solle) behandelt werden können. Im Unterschied dazu berufen sich spätere Vertreter der 8Analytischen Philosophie, wie u. a. W. V. O. Quine (Ontological Relativity and Other Essays, 1969) darauf, daß der Existenzbegr. durch versuchte Unterscheidungen zwischen ›internen‹ und ›externen‹ Fragestellungen nicht weiter explizierbar ist und daß wir Theorien nur im Rahmen der jeweils vorausgesetzen O.n untersuchen können. Damit bleibt die Frage nach der Möglichkeit einer O. als ›Seinswissenschaft‹ zwar offen, jedoch können im Rahmen einer Analytischen O. Probleme unterschiedlicher Definitionsmöglichkeiten und sprachl. Normierungen für Korre-
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late solcher Begriffe wie ›Sein‹ und ›Existenz‹ mit logischen und sprachanalyt. Mitteln präzisiert werden. ontologisch, das Sein betreffend, zur 8Ontologie gehörig; ontologischer Gottesbeweis, 8Gottesbeweise. Vgl. 8ontisch. Ontologische Differenz, später auch ontisch-ontologische Differenz gen.; Begr. der Philosophiegeschichtsschreibung zunächst für die mittelalterl. Unterscheidung zwischen dem 8Wesen (lat. 8essentia) und dem 8Dasein (8existentia). Im Unterschied dazu bezeichnete M. Heidegger (zuerst in Sein und Zeit, 1927) als o. D. seine eigene Unterscheidung zwischen dem 8Sein und dem 8Seienden: Während das ›Seiende‹ als Gegenstand der Erkenntnis, auch als ›Zeug‹ im alltägl. Umgang, durch phänomenolog. Analyse erschlossen werden könne, bleibe der ursprüngl. Seinsbezug des Menschen (von Heidegger 8Dasein gen.) in jeder bloß gegenstandsbezogenen Betrachtungsweise verborgen. Faßt man ›Sein‹ noch als unterschieden vom ›Seienden‹, so müssen danach die traditionellen Versuche scheitern, das ›Sein‹ durch eine Theorie des ›Seienden im Ganzen‹ (8Ontologie) oder auch des ›höchsten Seienden‹ (›Theologie‹, 8Gott) zu erfassen und zu begründen. Heidegger hielt an der These von der o. D. auch in späteren Jahren fest, als er das ›Sein‹ nicht mehr vom (bloß menschl.) ›Dasein‹ her, sondern aus einer kosmologischen und zugleich geschichtlichen Perspektive zu bestimmen suchte.
Ontotheologie
Ontologismus, begriffl. Neubildung des 19. Jh., an 8Ontologie orientiert; 1. in krit. Absicht gewählter Begr. für Positionen, nach denen Einzelerkenntnisse als wahr bezeichnet werden, weil das Wahrheitskriterium aus der Gültigkeit einer als überzeitlich angenommenen 8Ontologie abgeleitet wird, wobei die Möglichkeit der theoret. Einordnung des Erkannten in einen ontolog. Rahmen selbst als Wahrheitskriterium in Anspruch genommen wird. In diesem Sinne spr. man auch von ›Ontologisierung‹. 2. O. nannte sich im 19. Jh. eine von V. Gioberti (it. Philosoph und Politiker) begr. Lehre über die Möglichkeit der 8Intuition des 8Seins durch Vernunft, wobei das ›Sein‹ als das 8Absolute def. wird, welches auf 8Gott als das ontolog. Erste, damit auch als das primär Erkennbare zurückgeführt wird. Wegen unterstellter Nähe zum 8Pantheismus wurde der O. von der kath. Kirche verurteilt. Weitere Vertreter ontologist. Positionen waren u. a. A. RosminiSerbati und T. Mamiani della Rovere. Ontotheologie, Kompositum aus 8Ontologie und 8Theologie (Neub. aus gr. on ›Seiendes‹, theos ›Gott‹ und logia ›Sammlung‹, Lehre); die systemat. Beschäftigung mit dem Sein Gottes, inbes. mit dem Verfahren des ontolog. 8Gottesbeweises, bei dem aus den Wesensbestimmungen Gottes (insbes. dessen 8Vollkommenheit) auch dessen Dasein abgeleitet wird (in diesem Fall mit dem Argument, daß etwas Vollkommenes nicht vollkommen
operatio immanens
sei, wenn es ohne Dasein gedacht wird); der Begr. O. wurde von I. Kant geprägt zur Bez. eines jeden Versuchs, die Existenz Gottes ausschließl. mit Begriffsbestimmungen nachzuweisen (KrV B 660.), im Unterschied zu Versuchen, dessen Existenz aus dem Erfahrungswissen abzuleiten, die er der ›Kosmotheologie‹ zuscheibt; dazu ontotheologisch: 1. ein auf O. bezogenes Kennzeichen eines Denkens, 2. ein von M. Heidegger bezeichnetes Merkmal der traditionellen 8Metaphysik (Identität und Differenz II, 1957), die er rekonstruiert in zwei unterschiedl. Problemformulierungen: das Denken des 8Seienden als eines Ganzen und das Denken des höchsten Seienden (in der Tradition: 8Gott), wobei er kritisiert, daß dabei die Einheit von der 8Metaphysik zwar benannt, aber nicht ursprünglich ›gedacht‹ worden sei. operatio, auch: operatio immanens, lat. (immanente) ›Verrichtung‹; Begr. scholast. Ursprungs für › 8Handlung‹, später ausschließl. für intellektuelle Handlungen. Operation, lat., ›die Handlung‹, das Werk; in der Medizin Bez. für Eingriffe in den Organismus u. a. mit mechanischen Instrumenten; in der Mathematik und Logik svw. 8Funktion, z. B. die algebraischen O.en der Addition und Multiplikation und die logischen O.en der 8Negation, 8Konjunktion und 8Disjunktion; in der Wissenschaftstheorie ein Verfahren, durch das nach regelgeleiteten Meßkriterien der empir. Gehalt von wissenschaftl. Begriffen überprüft wird.
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Operationale Definition nennt man eine für die Empirie brauchbare Festlegung der Bedeutung eines Terms mit dem Ziel, die in der Definition behaupteten Merkmale empirisch überprüfen zu können. Sie soll sich auf Zuschreibungen beschränken, deren Bestätigung oder Verwerfung in experimentellen oder in Beobachtungssituationen auch forschungstechnisch möglich bleibt. Die Unterscheidung zwischen theoret. Definition und sog. ›Zuordnungsdef.‹ (später auch: ›operationale‹ oder ›instrumentelle Def.‹ gen.) wurde systematisch zuerst von H. Reichenbach vorgenommen (hierzu sowie zum Begr. operationale Regel: vgl. 8Korrespondenzregel). Operationalisierung nennt man ein Verfahren bei der theoret. Vorbereitung von empirischen Forschungen, bei dem die Ausgangshypothesen so formuliert werden, daß ihr Gehalt auch empirisch überprüfbar bleibt (z. B. durch operationale Def. der Begriffe für die zu untersuchenden Gegenstände, durch Aufstellung von 8Null- Hypothesen oder 8Alternativhypothesen). Operativismus oder Operationismus, Neub. von lat. operari ›tätig sein‹, in der modernen 8Naturphilosophie die Auffassung, daß die Grundlage der Physik nicht die Erfahrung ist, sondern das menschliche Handeln, insbes. durch Herstellung der Meßapparate und der Meßvorschriften. Operator, lat. ›Arbeiter‹, ›Schöpfer‹, in Logik und Mathematik allgemein ein Zeichen, mit dessen Hilfe man aus Ausdrücken neue
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Ausdrücke gewinnen kann: O.en sind etwa die 8Junktoren der Aussagenlogik, die aus einer Aussage oder mehreren Aussagen eine neue, komplexere Aussage erzeugen, die 8Quantoren der 8Prädikatenlogik, mit denen man aus 8Prädikaten Sätze bildet, und die Modaloperatoren der 8Modallogik; ebenso alle Funktions- und Verknüpfungssymbole der Mathematik. Opposition, lat., ›die Entgegensetzung‹, der Widerstand, bes. im politischen Leben gebr.; in der Logik die Entgegensetzung zweier sich widersprechender Urteile. Optimismus, von lat. optimum, ›das Beste‹, seit dem 18. Jh. die von G. W. Leibniz in seiner 8Theodizee begründete und in der Aufklärungsphilosophie sich weiterentwickelnde philos. Lehre und Lebenshaltung, welche das Sein in seiner Totalität und Prozessualität als positiv bestimmt und die Welt – nach dem Wort von Leibniz – als die »beste aller möglichen Welten« begreift. Leibniz’ Grundgedanke geht von der Einheit von Einzelnen und Ganzem, vom privativen Charakter des Übels aus, das in das als 8Vollkommenheit gedachte Ganze philosophisch integriert werden muß. Das 8Übel ist der Aufklärungsphilosophie ein ernstzunehmendes Moment der Welt, nicht aber ihr konstitutives Bestimmungsmerkmal. Entsprechend hat die frühbürgerliche 8Geschichtsphilosophie des späten 18. und frühen 19. Jh. ( J.- A.- N. Condorcet in Frankreich, J. G. Herder und G. W. Fr. Hegel in Deutschland) das geschichtliche
Optimum
Geschehen als prinzipiell auf Überwindung des Übels, auf Höherentwicklung der Welt durch die 8Vernunft angelegten Prozeß begriffen. Im Unterschied dazu bezieht sich Fr.- M. Voltaire als Kritiker des optimistischen Welt- und Fortschrittsmodells in seiner Kritik (in dem Roman Candide ou l’optimisme, 1759) satirisch auf die metaphysische Begründung des O. und setzt an dessen Stelle ein pragmatisches Verhältnis zur Welt jenseits metaphysischer Modelle von O. und 8Pessimismus. Eine wichtige Position des philos. O. im 20.Jh. hat E. Bloch formuliert (Das Prinzip Hoffnung, 3 Bde., bis 1959). Hier vereinigen sich metaphysisch- ontologische und geschichtsphilos.- praktische Motive: Seinsmodus der Welt ist 8Möglichkeit, dem das Vermögen des Menschen korrespondiert, in ihr positive 8Ziele zu setzen und zu verwirklichen. Gegenstand des O. ist dergestalt nicht eine schon vorausgesetzte 8Vollkommenheit der Welt, sondern das 8Vertrauen in diese offene Beziehung zwischen Mensch und Welt, in der sowohl gute als auch schlechte Entwicklungen angelegt sind, die guten indes erhofft und erforscht werden. Optimum, lat., das ›Beste‹; auch das Bestmögliche; dazu: optimal. Das O. ist allg. das beste Ergebnis, das sich unter bestimmten gegebenen Bedingungen und bezüglich der Alternativen erzielen läßt. O. ist ein relativer Begriff, der definiert ist durch eine Bewertung (Zielfunktion), d. h. in bezug auf ein Optimalitätskriterium. In der
Ordinary language philosophy
8Spieltheorie von besonderer Bedeutung ist das Kriterium von V. Pareto: Ein Resultat R ist paretooptimal gdw. kein anderes Resultat R’ existiert, das für einen Spieler besser ist, ohne daß sich ein anderer Spieler schlechter stellt als in R. In der Biologie nennt man O. eine der für die Entwicklung eines Organismus günstigsten Kombinationen von Erbanlagen oder Umweltfaktoren. Optimierung ist ein Verfahren der numerischen Mathematik, in dem optimale 8Variablen (z. B. bei Größen, Eigenschaften und zeitl. Abläufen) für ein System festgelegt werden. Ordinary language philosophy, engl. ›Philosophie der normalen Sprache‹, vgl. 8Analytische Philosophie. Ordnung, von lat. ordiri (in der Rede) ›anfangen‹; Systematisierung, z. B. von Sprechen, Denken, Zählen und Rechnen. Menschen können eine 8Mannigfaltigkeit nur ordnend wahrnehmen und handhaben (O.smaterial, O.sprinzip, O.sstruktur). Auch in ihrem Zusammenleben erzeugen sie eine O. (Rituale, Gesellschaftsordnung). Die genannten Befunde lassen Menschen ihre Welt geordnet erscheinen, und die religiöse wie philosophische Frage nach dem Urheber führte über die Annahme eines Schöpfers zu einer Schöpfungsordnung. Das gedankliche Gegenkonstrukt ist das 8Chaos (1. Mos 1,2: hebr.: tohuwabohu, wörtl. ›wüst und leer‹) als leerer Raum oder Urstoff. Die noch der Schöpfungsordnung nachforschende Naturwissenschaft der frühen
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Neuzeit, aber auch die sich vom Schöpfungsglauben lösende mechanisch- materialistische Naturauffassung unterstellte eine O. des Ganzen (Naturordnung). Im Schwinden der mittelalterlichen Ständeordnung und des Denkens in hierarchischen O.en durch den Entwicklungsprozeß zur bürgerlichen Gesellschaft kam es darauf an, die Menschen für best. Tätigkeiten zu disziplinieren und eine positive Haltung zu industrieller 8Arbeit zu erzeugen. Erst in dieser Epoche wird O. zu einer 8Tugend. Der philanthropischen Pädagoge J. H. Campe erklärt die O. zur »Muttertugend«. Sie sei »Mutter und Pflegerin der meisten anderen Tugenden«, und zwar so sehr, daß die Gewöhnung an O. jede andere besondere menschliche Tugend in sich fasse. Ordnungsbegriffe sind solche 8Allgemeinbegriffe, die einen Unterbegriff haben, auf den sich alle anderen Unterbegriffe aufbauen, so daß jeder folgende Unterbegriff eines O.s alle Merkmale der nächstniedrigen Stufe, aber noch ein oder mehrere Merkmale außerdem hat. So wird z. B. der Begriff Lebewesen bei Aristoteles in die Unterbegriffe Lebewesen mit Wachstums- , Sinnen- und Verstandesseele (Pflanze, Tier, Mensch) geteilt. Diese drei Unterbegriffe aber sind so angeordnet, daß der erste die beiden Merkmale der Ernährung und Fortpflanzung, der zweite dieselben und dazu Sinnesempfindung und Bewegung, der dritte alle vier und dazu das Denken hat.
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Ordnungslehre, bei H. Driesch (O., 1912) die Logik als Lehre der Kennzeichen der Bewußtseinsinhalte, kraft deren diese etwas Geordnetes sind, die Lehre von den Ordnungszeichen. ordo, lat. ›Ordnung‹, im christl.mittelalterl. Denken die Hinordnung alles ›Irdischen‹ auf Gott als Endzweck; sie schließt auch die ständische Gliederung ein und hat ihren Grund in der Auffassung aller Angehörigen der Kirche als Glieder des corpus Christi mysticum. ordre du coeur, frz. ›Ordnung (oder Logik) des Herzens‹, von B. Pascal (Pensées, 1669) eingeführt: L’esprit a son ordre, qui est par principes et démonstrations; le coeur a un autre ... Jésus Christ et Saint Paul ont bien plus suivi cet ordre du coeur ›der Verstand hat seine Ordnung, die in Lehrsätzen und Beweisen besteht; das Herz hat eine andere ... Jesus Christus und der heilige Paulus sind mehr dieser Ordnung des Herzens gefolgt‹. Der o.d.c. ist bei B. Pascal sowohl eine Art des Erkennens als auch eine solche der Darstellung, Anordnung, Auslegung. Von M. Scheler und N. Hartmann (Ethik, 1926, S. 354) wurde der o. d. c. als Sinn für die Werthöhe, als »Werthöhengefühl« aufgefaßt. Organ, gr. organon ›Werkzeug‹; der abgegrenzte Teil eines Lebewesens (8Organismus), der als Glied eines Ganzen und durch dieses bedingt eine besondere Leistung für das Ganze zu erfüllen hat. Organik, von G. W. Fr. Hegel (Enz. § 260 f.) nach Analogie von 8Physik geb., von ihm später auch
organisch
»organische Physik« genannt (Enz. § 337- 374), die Lehre vom geologischen, vegetabilischen und animalischen 8Organismus; später abgelöst durch die Bezeichnungen 8organische Chemie, Geochemie, 8Biologie und 8Physiologie. Organisation, Neub. zu 8Organ, erst im 18. Jh. bes. durch die frz. Revolution in Umlauf gekommen, die von Menschen geschaffene zweckmäßige und in ihrer Form beharrliche Anordnung der Teile eines Ganzen oder der Verbindung von Einzelwesen zu einem Ganzen, so daß sie zusammen wie ein 8Organismus wirken sollen; dazu organisieren, zu einer O., gelegentlich auch zu einem Organismus gestalten; organisiert, einer O. angehörend; organisierte Materie, ein 8Stoff, der die Struktur und die Lebensfunktionen des 8Organismus zeigt. organisch, einen 8Organismus bildend, zu ihm gehörend, von ihm stammend, oft svw. lebendig; organische Natur, das Reich des Lebendigen; organische Chemie, urspr. die Wissenschaft von den Stoffen, aus denen die Lebewesen bestehen, jetzt die Chemie der Kohlenstoffverbindungen, da der Kohlenstoff das in allen organischen Stoffen vertretene Element ist. Daneben sind vorwiegend noch die Elemente Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel beteiligt. Die Zahl der bekannten Kohlenstoffverbindungen beträgt weit über eine halbe Million und nimmt durch neue Synthesen ständig zu. Der überwiegende Teil die-
Organismus
ser Stoffe kommt nicht in der Natur vor (Kunststoffe, Farbstoffe etc; 8Chemie). Organismus, neulat., über frz. organisme im 18. Jh. gebräuchlich geworden, von Aristoteles (De an. II 1) zuerst beschrieben als ein zusammengesetztes, aus ungleichartigen Teilen bestehendes lebendes Wesen, dessen Teile wie Werkzeuge (8Organe) von der Seele als 8Entelechie des Leibes zweckmäßig zu bestimmten Tätigkeiten eingerichtet sind. Diese Vorstellung vom Wesen des O. erhielt sich, bis R. Descartes und die Aufklärungsphilosophen es unternahmen, ihn als 8Maschine, als 8Automaten aufzufassen. Die Deutung des O. nach Analogie eines künstlichen Mechanismus führte zur 8Maschinentheorie des Lebens. Hiergegen wendete sich I. Kant in der Kritik der Urteilskraft (§ 65), wo er den O. vom 8Mechanismus scharf unterschied. Die Analyse und die Darstellung des Wesens des O. wurde die Aufgabe der Philosophie des Organischen (8Biologie, 8Leben). Dazu Organizismus: svw. 8Holismus. Organologie, die Betrachtung eines O. als eines ganzheitlichen Gebildes, das aus Organen aufgebaut ist, d. h. Teilen, die vom Ganzen aus bestimmt sind und erhalten werden und ihrerseits durch ihre Funktionen dem Ganzen dienen; in anderer Bedeutung auch svw. 8Phrenologie. Dazu organologisch, im Sinne der Lehre vom O. und den Organen. Organon (8Organ), der von byzantinischen Gelehrten gewählte zusammenfassende Titel für die
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logischen Schriften des Aristoteles: 1. Die Kategorien, 2. und 3. die beiden Analytiken (Anal. prior. und Anal. post.) 4. die Lehre vom Satz (gr. Peri hermëneias, lat. De interpretatione), worin über den 8Satz und das logische Urteil gehandelt wird, 5. die 8Topik (gr. topika, lat. topica), 6. die sophistischen Widerlegungen (gr. Peri sophistikon elenchôn, lat. sophistici elenchi) über die Trugschlüsse der 8Sophisten bei dem Versuch der Widerlegung einer Annahme und über die Auflösung des verführerischen 8Scheins in diesen Trugschlüssen. Vgl. auch 8Novum organum. Orientierung, von frz. orientation ›Ausrichtung‹, Beratung (begr. Ursprung von ›Orient‹, d. h. auf die Richtung des Sonnenaufgangs bez.); 1. in der Biologie die auf Außenreize folgenden bzw. durch Gedächnisleistungen und Lernvorgänge mitbewirkten, auf gerichteten Bewegungen beruhenden Reaktionen von 8Organismen. 2. in der Mathematik Begr. zur Kennzeichnung eindimensionaler geometr. Gebilde, bei denen einer von zwei Punkten auf einer Geraden oder einer anderen Kurve anderen Punkten gegenüber als vorgängig bez. wird, während die weiteren im Untersch. dazu als in einer Reihe nachfolgend bestimmt werden. 3. in der Psychologie und in den Sozialwissensch. sowohl allg. Gerichtetheit, 8Intentionalität als auch inhaltl. best. Ausrichtung, z. B. in den Komposita Handlungs- O. (habituell erworbenes Schema, durch die die Variablen für eine Entscheidung mehr oder weniger
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festgelegt sind), Wert- O. (ein von zentralen 8Wertmaßstäben oder von Dimensionen des jeweiligen 8Weltbildes abhängiges Beurteilungsschema in alltägl. Bewertungssituationen). Dazu orientieren: 1. eine Bewegung oder einen Blick nach einer Himmelsrichtung einstellen; 2. (für sich od. für and.) eine Richtung suchen; 3. informieren, unterrichten; 4. nach einem Programm (z. B. in der Politik) ausrichten. original, lat., ›ursprünglich‹, ureigen, angeboren, schöpferisch; dazu das Original, 1. die ursprüngliche Fassung einer Schrift, das Urbild eines Kunstwerks im Unterschied von der Nachahmung, der Kopie; 2. der eigentümliche Mensch, der Sonderling, meist in wohlwollendem Sinne. Originalität, die Ursprünglichkeit, die 8schöpferische Fähigkeit (8Genie). originär, lat., ›ursprünglich‹, nicht abgeleitet. originell, von frz. originel, jedoch in der Bedeutung von frz. original ›eigentümlich‹, seltsam, wunderlich. Ormuzd, im 8Parsismus der Widersacher 8Ahrimans. Orphik, Orphiker, von gr. orphikoi ›Anhänger des Orpheus‹, gr. Mysteriengemeinschaft, deren Lehren von der Unsterblichkeit der 8Seele, ihrer Herkunft aus der Sternenwelt, ihrer Einkerkerung in
Oxford philosophy
den Körper, ihrer Reinigung, Bestrafung durch ein Totengericht, Wiedergeburt, Erlösung u. a. auf die gr. Philosophen (8Mysterien) wirkten. Erhalten sind von orphischen Schriften eine Sammlung von Hymnen und altgriech. Mysteriengesängen sowie zahlreiche Fragmente, Berichte und philos. Deutungen, umfassend zuerst bei O. Kern: Orphicorum fragmenta 1922. Ort (gr. topos, lat. locus), 1. der Raum, den ein Ding einnimmt, 2. der Titel oder Inbegriff, unter den mehrere Erkenntnisse gehören (8Topik, 8Erörterung). Orthodoxie, Neub. aus gr. orthos ›richtig‹ und doxa ›Meinung‹. 1. die Rechtgläubigkeit, Streng- oder Starrgläubigkeit; Gegensatz 8Heterodoxie. 2. Sammelbezeichnung für die Kirchenlehre und Theologie der auf den byzantischen Ritus sich berufenden Kirchen in Ostund Südosteuropa. orthos logos, gr. ›die rechte (richtige) Vernunft‹ (lat. recta ratio), von Eudemos, einem Schüler des Aristoteles, in die Ehtik eingef.; bei den 8Stoikern Bez. des allg. Weltgesetzes, das Göttern und Menschen gemeinsam ist, das den Menschen von der Natur gegeben wurde und dem der Weise folgt. Oxford philosophy, vgl. 8Philosophie der normalen Sprache, 8Analytische Philosophie.
P
Pädagoge, gr. paidagôgos (aus pais ›Kind‹ und agôgos ›Führer‹) ›Knabenführer‹, der Erzieher; Pädagogik, gr. paidagôgikë (technë) ›Knabenführungskunst‹, die Kunst, Lehre und Wissenschaft der 8Erziehung. Paideia, gr. die 8Erziehung (des Knaben), insbes. die Erziehung des altgriech. Adels. Ihr Ziel war der körperlich und geistig tüchtige Mensch (8Kalokagathie), der seine Kraft und sein Können ganz in den Dienst des politischen Lebens stellt. Später bedeutete P. auch die allg. wissenschaftl. und künstlerische 8Bildung. Palingenesie, Palingenese (gr. palingenesis), die Wiederentstehung, Wiedergeburt; bei Heraklit und den 8Stoikern die Erneuerung der Welt nach ihrer Auflösung in der 8Ekpyrôsis, bei den 8Orphikern, 8Pythagoreern, Plato, den Neuplatonikern u. a. die 8Seelenwanderung, in den 8Mysterien und im Christentum die Neugeburt des Menschen aus Gott durch einen in ihn eingehenden oder in ihm wach werdenden neuen Geist (8Erleuchtung), in der darwinistischen Entwicklungslehre die Wiederholung von stammesgeschichtlich älteren Zuständen bei der Keimesentwicklung einzelner Lebewesen (8biogenetisches Grundgesetz, 8Atavismus). pan, gr. ›das All‹, das Weltall, in Zusammensetzungen all- , allumfassend, das ganze Weltall betr.; so
Panlogismus, Lehre von der logischen Natur des ganzen Weltalls, Panpsychismus, 8Allbeseelungslehre (8Hylozoismus), Pantelismus, Ansicht, daß alles teleologisch erklärbar sei; 8Panvitalismus. Pandekten, gr. / lat., ›allumfassend‹ (Bez. auf Sammlung); Teil des Corpus iuris civilis, ein Gesetzesbuch des Zivilrechts aus der Zeit des röm. Kaisers Justinian (entst. zwischen 528 und 534); Pandektistik, Bez. für eine Richtung der Rechtswissenschaft des 19. Jh., stark beeinflußt von der idealist. Philosophie und Ethik (8Idealismus) und vom polit. 8Liberalismus. Nach dieser Richtung bedarf es für den Anspruch der Rechtsgeltung neben dem formal- abstrahieren den Denken keiner zusätzl. normativ- rechtsphilos. Begründung; die Rechtsauslegung leitet sich überwiegend auf die in den P. oder Digesten (ebenfalls Bestandteil des Corpus iuris civilis) festgel. Grundsätze ab. Panentheismus, Neub. von K. Chr. Fr. Krause aus gr. pan- , ›all‹, en ›in‹ und theos ›Gott‹; die All- inGott- Lehre, die Lehre, nach der Alles in Gott ruht und lebt. Mit dem Begriff P. sollten die Lehren Fr. W. J. Schellings, G. W. Fr. Hegels u. a. vor dem Vorwurf des 8Pantheismus geschützt werden, da sie nicht die Gleichheit von Gott und All, d. h. eine All- Gott- Lehre, sondern nur das Enthaltensein von allem in Gott behaupteten.
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Pansophie, die allumfassende Weisheit, nach A. Comenius (Prodromus pansophiae, 1639 und Schola pansophiae, 1670) die Gesamtdarstellung aller Wissenschaften, die Gesamtwissenschaft. Ihr Ziel war, das weltliche Wissen und die Weisheit von Gott zu vereinigen. panta rhei, gr. ›alles fließt‹, in der Antike als Satz von Heraklit überliefert, jedoch als wörtl. Zitat nicht belegt. Pantheismus, Allgottlehre, die Weltanschauung, nach der Gott in allen Dingen lebt, ja das Leben des Weltalls selbst ist, so daß Gott und die lebendige, schöpferische Natur zusammenfallen; dazu Pantheist, der Vertreter der Lehre, daß das 8All, die ganze Welt zusammen die Gottheit selbst sei. Das Wort stammt von J. Toland (Pantheistikon, 1705), die Sache geht bis ins gr. Altertum zurück, z. B. bei Xenophanes und Parmenides; auch vgl. Aristoteles (Met. 986 b, 1001). Vgl. 8Akosmismus. Panvitalismus, der 8Vitalismus, sofern er annimmt, daß das ganze Weltall (gr. pan) bzw. alles in ihm lebendig ist. Nach dem P. gibt es keine unbelebte 8Materie (8Mystik). Parabel, gr. parabolë, aus para ›neben‹ und ballein ›werfen‹, die Nebeneinanderstellung, die Vergleichung, das 8Gleichnis, die Darstellungs- und Erklärungsweise, bei der neben einem zu erläuternden und zu charakterisierenden Sachverhalt oder einem Vorgang ein anderer, einem anderen Gegenstandsgebiet angehörender gestellt wird, der an sich verständlich und
Paradigma
anschaulich ist und der mit dem ersten das, worauf es ankommt, das 8tertium comparationis gemeinsam hat. Zur P. gehört im Unterschied zur 8Metapher die volle Ausführung des Bildes und die lehrhafte Absicht, wie sie z. B. in den Gleichnissen Jesu nach dem N. T. vorliegen. Paradigma, gr. ›Beispiel‹, Muster, Modell, Urbild, auch: Beweis; dazu: paradigmatisch. In der Sprachwissensch. Deklinations- oder Konjugationsmuster; in der antiken 8Rhetorik ein als Beleg für eine These geschildertes Ereignis; als Begr. der Wissenschaftsgesch. zuerst von G. Chr. Lichtenberg verw. für Verfahren, Forschungsprinzip; von L. Wittgenstein später angewendet auf die Theorie des Sprachgebrauchs (Philos. Unters., posthum 1953, insbes. § 215 f.) als Maßstab für die sprachprakt. Beurteilung eines Begriffs bei der Verwendung in ähnl. Situationen. Heute zumeist verw. als Bez. für das eine Theorie zentral organisierende Interpretationsprinzip. Th. Kuhn (Die Struktur wissensch. Revolutionen, EA engl. 1962) entwirft am Bsp. der frühneuzeitlichen Physik und Astronomie den Wechsel in der 8Weltbildkonstruktion nach dem Modell der Ersetzung eines alten P.s, das sich in seiner Problemlösungsfähigkeit erschöpft, durch ein neues, in welchen die Standards für Wissenschaftlichkeit von einer konkurrierenden Wissenschaftlergemeinschaft (engl. scientific community) neu festgelegt werden. Die Anerkennung neuer Paradigmen vergleicht Kuhn mit
paradox
Unterwerfungsriten bei religiöser Bekehrung und macht dafür sozialpsychol. Faktoren wie Gruppendruck und Anpassung geltend. Seit Kuhn hat sich für die wissenschaftshistor. Beschreibung von Veränderungen der grundlegenden theoret. Annahmen in einem Forschungsprogramm, in einer wiss. Richtung oder in einer Disziplin der Begr. Paradigmenwechsel durchgesetzt. paradox, gr. aus para ›wider‹ und doxa ›Meinung‹, wider die gewöhnliche Meinung gehend, unerwartet, unglaublich, sonderbar; dazu das Paradox(on), die Paradoxie, das dem Geglaubten, Gemeinten Zuwiderlaufende, das scheinbar Widersinnige; ein Befund, der üblichen Ansichten auf eine überraschende Weise zuwiderläuft. Dabei kann es sich um zutreffende oder auch um nichtzutreffende Befunde handeln. Ein zutreffender Befund, der oft als p. empfunden wird, ist die Tatsache, daß die Anzahl der geraden Zahlen (2, 4, 6, ...) gleich der Anzahl der natürlichen Zahlen (1, 2, 3, 4, ...) ist, obwohl es sich bei der Menge der geraden Zahlen um eine echte Teilmenge der Menge der natürlichen Zahlen handelt. Beide Mengen sind jedoch gleichermaßen abzählbar unendlich groß. Unzutreffend ist dagegen die auf Zenon zurückgehende Paradoxie von Achilles und der Schildkröte. Obwohl Achilles zehnmal so schnell läuft wie die Schildkröte, kann er sie zu keinem Zeitpunkt einholen, wenn er ihr nur zehn Meter Vorsprung gibt: Ist er nämlich nach 10 Metern dort angekommen, wo die Schildkröte loslief, so
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hat diese einen Meter zurückgelegt und befindet sich 11 Meter von Achilles Startpunkt entfernt; erreicht Achilles den 11- Meter- Punkt, so ist ihm die Schildkröte noch 10 cm voraus; hat er 11 Meter und 10 cm zurückgelegt, hat die Schildkröte immer noch 1 cm Vorsprung usw. Es scheint, als werde der Vorsprung der Schildkröte zwar immer kleiner, verschwände aber niemals ganz. Die Überlegung ist natürlich nicht schlüssig, weil gar nicht alle Zeitpunkte betrachtet werden, sondern eben nur die, zu denen Achilles die Schildkröte noch nicht eingeholt hat. Die Paradoxie ist aber dennoch insofern von Nutzen, als sie den Blick auf die zunächst erstaunlich anmutende Tatsache lenkt, daß ein Prozeß, der in unendlich viele Teile zerlegt werden kann, in endlicher Zeit abschließbar ist. Allgemein haben solche Paradoxien die Funktion, überraschende Sachverhalte gründlich bewußt zu machen und eine tiefere Auseinandersetzung mit ihnen zu provozieren. – Bisweilen verwendet man den Begriff der Paradoxie in einem weiteren Sinne, in dem er auch Antinomien umfaßt. Im Gegensatz zu den gerade beschriebenen Paradoxien im engeren Sinne stellen Antinomien nicht nur mehr oder weniger unreflektierte Alltagsüberzeugungen in Frage. Bei einer 8Antinomie handelt es sich vielmehr um die Ableitung eines klaren 8Widerspruchs aus explizit formulierten, evident erscheinenden Annahmen innerhalb einer Theorie, die eine grundlegende Revision dieser Theorie
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erzwingt. – Im christlich- religiösen Denken tauchen Paradoxien dann auf, wenn mit der Erfahrung Gottes als 8Transzendenz philosophisch Ernst gemacht wird: Wie Gott sich nur in einer Weise offenbaren könne, die sein wahres Sein und Wesen nicht vollkommen zum Ausdruck bringt, so könne auch die (unendliche, transrationale) Erfahrung der Wirklichkeit Gottes niemals in angemessener Weise ausgesprochen werden; 8Glaube und 8Vernunft (Wissen, Begreifen) schließen sich aus, wenn Glaubensaussagen nur in paradoxen Sätzen formuliert werden können (8credo quia absurdum, 8docta ignorantia, 8sacrificium intellectus). Paradoxien finden sich bei Paulus, Tertullian, bei den Mystikern, bei M. Luther; im Mittelpunkt steht das Paradox bei S. Franck (Paradoxa, 15422), B. Pascal und bes. bei S. Kierkegaard, der die Abschwächung des Paradoxen zum 8Widerspruch in der Hegelschen Spekulation (s. auch 8Dialektik) scharf bekämpft. Paralipomena, gr. ›Übergangenes‹, Nachträge. Parallelismus, Neub. von gr. par’ allëlôn, ›gleichlaufend‹; nebeneinander; die Gleichläufigkeit, die Übereinstimmung zwischen Verschiedenem derart, daß den Teilen eines Sachverhalts oder Vorgangs Teile eines andern Sachverhalts oder Vorgangs gesetzmäßig entsprechen; in der 8Geometrie die Lage zweier Geraden in einer Ebene, die sich nicht schneiden; gibt man das euklidische Parallelenaxiom (durch einen Punkt gibt es
Parameter
in einer Ebene zu einer Geraden eine und nur eine Parallele) auf, so kommt man zu nichteuklidischen Systemen; in der Metaphysik das Verhältnis zwischen Denken und Sein, demzufolge den Denkgesetzen oder Denkformen bestimmte Seinsgesetze oder Seinsformen entsprechen, wie z. B. bei B. Spinoza (Ethica II, Lehrsatz 7): ordo et connexio idearum idem est ac ordo et connexio rerum ›die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Dinge‹; in der Psychologie als psycho-physischer P. die Hypothese, daß jedem physiologischenVorgang ein psychischer entspricht und umgekehrt (8Leib- Seele- Problem, 8Psychophysik). Paralogie, gr., die Widervernünftigkeit. Paralogismus, lat., zu gr. paralogismos, der 8Fehlschluß; als Paralogismen der reinen Vernunft bezeichnet I. Kant die aus dem Urteil »ich denke« gezogenen Schlüsse der (auf R. Descartes zurückgehenden) rationalen Seelenlehre, nämlich daß die Seele eine Substanz, einfach und eine Person sei (KrV, 2. Abt., 2 Buch, Von den dialektischen Schlüssen der reinen Vernunft). Parameter, Neub. aus gr. para ›neben‹ und metron ›Maß‹; in der Mathematik und in der Wissenschaftsmethodologie eine neben den zu untersuchenden Variablen auftretende, zunächst unbestimmt gelassene oder konstant gehaltene Hilfsvariable. P. lassen sich mathem. beschreiben und darstellen durch Angabe der Koordinaten von Kurven- oder Flächenpunkten,
Paraphrase
die dann Funktionen von unabh. veränderlichen Größen, in diesem Fall von gesuchten P.n repräsentieren. Paraphrase, Neub. gr./ lat. ›Hinzusagung‹; Umschreibung eines sprachl. Ausdrucks mit anderen sprachl. Mitteln; auch sinngem. Übersetzung in eine andere Sprache. pareto-optimal, s. 8Optimum/ optimal. Parsismus, die Lehre der alten Perser (8Avesta, 8Manichäismus). partial oder partiell, neulat., ›zum Teil‹, teilweise vorhanden, sich nur über einen Teil erstreckend. partikulär, lat. (gr. kata meros), ›einen Teil betreffend‹, sich nur auf einen Teil beziehend; Gegenbegriffe: 8universal (universell), generell, 8allgemein, total. In der traditionellen 8Syllogistik heißen Aussagen der Form »Einige S sind P« und »Einige S sind nicht P«, die ausdrücken, daß (mindestens) ein Teil der Dinge, die S sind, P bzw. nicht P sind, p. (oder auch »Partikularaussagen«). Im Sinne der modernen Logik sind p.e Aussagen 8Existenzaussagen. Partikularismus, Kleinstaaterei, Sonderbündelei; auch theolog. Ausdruck für die (auf den im 8Judentum verbreiteten Topos vom auserwählten Volk zurückgehende) Auffassung, daß Christus nur für die ›Auserwählten‹ gestorben sei. Partition, lat. (gr. merismos), ›die Teilung‹; in der Logik die Zerlegung des Inhalts eines Begriffs in seine Teile oder Merkmale im Unterschied zur 8Division, der 8Einteilung seines Umfangs in Arten.
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Partizipation, lat. aus pars ›Teil‹ und capere ›nehmen‹, die Teilnahme, Teilhabe, Teilhaftmachung (gr. methexis). Parusie, gr., ›die Anwesenheit‹, Gegenwart, bei Plato (Phaidon 100 d u. ö.) die Anwesenheit der Ideen in den Dingen (8Idee); im religiösen Schrifttum der Antike Ausdruck für das Hervortreten der verborgenen Gottheit, die ihre Gegenwart durch Machtentfaltung erweist oder im Kultus als anwesend gefeiert wird; dementsprechend im N. T. die Ankunft oder Wiederkunft Christi am Ende dieses 8Äons zum Weltgericht. Pasigraphie, von gr. pas ›ganz‹ und graphë ›Schrift‹, die Allschrift, Allgemeinschrift, in der die Begriffe unabhängig von den Sprachen durch allgemeinverständliche Symbole ausgedrückt werden; svw. 8Begriffsschrift. Der Ausdruck erscheint zuerst bei Chr. H. Wolke (Erklärung, wie eine P. möglich und ausüblich sei, 1797), der Sache nach nachweislich zuerst bei J. Tritheim (Polygraphiae libri VI, 1518), auch bei G. W. Leibniz (8characteristica universalis). passio, lat. (eingedeutscht: Passion) ›das Leiden‹, die 8Leidenschaft. passiv, lat., ›leidend‹, duldend, untätig; Passivismus, die Haltung des Ertragens, Hinnehmens, Sichbestimmenlassens; Passivität, das duldende, nur aufnehmende Verhalten. Gegenbegriffe: 8aktiv, 8Aktivismus, 8Aktivität. pathetisch, gr. pathëtos, pathëtikos ›leidensfähig‹, mit verhaltener 8Leidenschaft, ergreifend, auch hochtrabend.
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Pathognomik, im Kampf um die Lavatersche 8Physiognomik von G. Chr. Lichtenberg gebildeter Ausdruck z. Bez. des Ausgangspunkts der Betrachtung von den beweglichen, veränderlichen, nicht von den festen, sog. physiognomischen Zügen. Nach Lichtenberg entspricht nicht die Form z. B. eines Gesichtsteils einem seelischen Merkmal oder Charakterzug, vielmehr ist es die Bewegtheit, die 8Motorik, das Mienenspiel, das einen seelischen Vorgang darstellt, einen seelischen 8Ausdruck vermittelt. Pathologie, aus gr. pathos ›Leid‹ und logos ›Lehre‹, die Wissenschaft von der Entstehung, dem Wesen und dem Verlauf der Krankheiten; pathologisch, krankhaft; im älteren dt. Sprachgebrauch (bei I. Kant, J. W. v. Goethe u. a.) sinnlich bedingt, triebhaft, durch subjektives 8Pathos hervorgebracht, daher auch individuell, von andern abweichend, anomal. Pathos, gr. ›das Leiden‹, die leidenschaftliche Erregung, die Ergriffenheit, die Leidenschaft. P. hieß zunächst allgemein jedes äußere oder innere Leiden des Körpers oder der Seele. So nennt man Szenen in der griechischen 8Tragödie, in denen sich ein solches Leid offenbart und beklagt wird, Pathosszenen. – In engerer psychischer Bedeutung nur auf die 8Seele bezogen, heißt P. Gemütserregung, 8Affekt, 8Leidenschaft. Das P. in diesem engeren Sinne steht, solange Gemütserregungen und Leidenschaften als externe Mächte definiert werden, die den Menschen beherrschten, im Ge-
Pathos
gensatz zur freien aktiven praktischen Vernunft; das P. kann als Unvernunft und, insofern sich Vernunft und Natur decken, als Unnatur verstanden werden. Aristoteles schied die Seelenvorgänge in Leidenschaften, Kräfte und Fertigkeiten. Zu den ersten, die er im weiteren Sinne den 8Begierden (epithymiai) zuordnete, rechnete er Zorn (orgë), Furcht (phobos), Mut (thrasos), Neid (phthonos), Freude (chara), Freundschaft (philia), Haß (misos), Sehnsucht (pothos), Eifer (zëlos), Mitleid (eleos), überhaupt jeden Seelenzustand, der mit Lust oder Unlust verbunden ist (Nik. Ethik II, 4, 1104 b 20 ff.). Im Unterschied zu den ›Begierden‹ sind die Kräfte oder Fähigkeiten die angeborenen Vermögen, aus denen erst die Affekte entstehen, und die Fertigkeiten erweisen sich erst in unserem ethischen Verhalten gegenüber den Leidenschaften. Die 8Stoiker verstehen unter P. nach Zenons Definition den Affekt als vernunftlose und naturwidrige Gemütsbewegung (Diogenes Laertius VII, 110): Das P. geht aus der Vernunft selbst durch das Übermaß eines Triebes hervor. Alle Affekte entstehen aus einem Fehler des Urteils, einer falschen Meinung über Gut und Böse und beziehen sich auf Gegenwärtiges (Lust und Trauer) oder Zukünftiges (Begierde und Furcht). R. Descartes übersetzt P. mit passion und definiert die Leidenschaft als 8Perzeption, 8Empfindung oder Erregtheit der Seele, die man nur auf sich bezieht und die durch Bewegung der 8Lebensgeister bewirkt und erhalten wird (Passiones ani-
Patriotismus
mae, EA 1649). Er nahm sechs Grundaffekte an: Bewunderung, Liebe, Haß, Verlangen, Freude und Traurigkeit. B. Spinoza definierte die Leidenschaften als aus inadäquaten Ideen hervorgegangene Seelenzustände, welche die Macht des Menschen zu handeln vermehren oder vermindern, und nahm nur drei Grundaffekte (Verlangen, Freude und Traurigkeit) an, während G. W. Leibniz die Affekte als Begehrungen faßte, welche aus der Meinung oder dem Gefühl stammen und mit 8Lust oder Unlust verbunden sind. I. Kant schied zuerst deutlich 8Affekt und 8Leidenschaft: »Das Gefühl einer Lust oder Unlust im gegenwärtigen Zustande, welches im Subjekte die Überlegung (die Vernunftvorstellung, ob man sich ihm überlassen oder weigern solle) nicht aufkommen läßt, ist der Affekt.« »Die durch Vernunft des Subjekts schwer oder gar nicht bezwingliche Neigung ist die Leidenschaft.« »Den Affekt muß der Mensch zähmen, die Leidenschaft beherrschen, jenes macht ihn zum Meister, dieses zum Herrn über sich selbst.« (Vgl. Anthrop. § 70 ff.) – P. wird in der 8Ästhetik dem 8Ethos gegenübergestellt. Ethos, hier in der Bed. 8Charakter, ist das bleibende sittliche Gepräge, P. der vorübergehende Zustand, der auf diesem Charakter ruht. Das P. darf nach den Maßstäben der älteren Kunsttheorien nicht als zentrales Gestaltungselement der Kunst betrachtet werden, weil sonst die Anschaulichkeit und Objektivität der Darstellung beeinträchtigt wird: Es müsse vielmehr
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die Darstellung des Charakters des Handelnden als Grundaufgabe gelten. Patriotismus, frz. patriotisme von neulat. patriota ›Landsmann‹, die Liebe zum 8Vaterland, ein Ausdruck des 18. Jh. z. Bez. der politischen Gesinnung und Lehre, daß der Staatsmann und der 8Bürger in erster Linie das Wohl der eigenen Landsleute im Auge haben solle; Gegensatz: 8Kosmopolitismus; dann auch die Bereitschaft, sich für das Gedeihen und die Unversehrtheit des Vaterlandes aufzuopfern. Vgl. 8Nation, 8Chauvinismus. Patristik oder Patrologie, die Lehre von den Vätern, d. h. die Wissenschaft vom Leben, von den Schriften und Lehren der 8Kirchenväter und der alten 8Kirchenschriftsteller bis zum 8. Jh., dem Beginn der 8Scholastik. Sie unterscheidet sich von dieser dadurch, daß in der P. die Philosophie von der christl. Religion und Theologie weder grundsätzlich noch tatsächlich geschieden ist. Die christl. Religion wird in der P. als die wahre Philosophie selbst betrachtet. Freilich ist dabei ein Begriff von Philosophie vorausgesetzt, der weder dem antiken noch dem neuzeitlichen entspricht. Patristische Philosophie (urspr. frz. Begr.) heißt innerhalb der Geschichte der Philosophie die der 8Scholastik vorausgehende Philosophie der Kirchenväter (lat. patres ecclesiae), die durch strengere Fassung der christlichen Lehre und in Anlehnung an die alte Philosophie einen ersten Versuch zur Begründung dieser Lehre machte. So verfolgten die
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8Apologeten im 2. Jh. n. Chr. das Ziel, die christliche Religion den Gebildeten als die ›wahre‹ Philosophie des Geistes, der Freiheit und der Sittlichkeit zu empfehlen. Ebenso versuchten die 8Alexandriner (Ende des 2. Jh.) Wissenschaft und Christentum in Einklang zu setzen. Die katholische Kirche rechnet zur Patristik alle Kirchenlehrer bis zum 13., die protestantische Kirche dagegen nur bis zum 8. Jahrhundert. Pazifismus, Neub. aus lat. pax, Genitiv: pacis ›Friede‹ und facere ›machen‹; die Denk- und Handlungsweise, die aus der Idee eines 8Völkerbundes oder dem Glauben an einen 8ewigen Frieden praktische Konsequenzen bes. in bezug auf die öffentliche Meinungsbildung zu ziehen sucht. Peano-Formalismus, nach dem ital. Mathematiker G. Peano (18581932) gen. formalwissensch. Regelsystem, das aus Definitionen eines 8Axiomensystems, aus arithmet. Regeln der Addition und Multiplikation sowie aus den 8Axiomen der klass. 8Quantorenlogik besteht. Peirce-Funktion (auch ›Nikodsche Wahrheitsfunktion‹, ›NikodFunktion‹), benannt nach Ch. S. Peirce, einem der Begr. der modernen 8Aussagenlogik, für eine Verknüpfung zweier Aussagen (bzw. log. Variablen) A und B, die als wahr genau dann gilt, wenn weder A noch B zutrifft. Die P. F. ist der 8Konjunktion der Negate von A und B äquivalent, d. h., (¬A) ∧(¬B). EDV- Rechner erhalten die Möglichkeit, mit P.F.en zu operieren,
Perfektionisms
durch den Einbau eines sog. NORSchaltgliedes (zus.ges. aus engl. not & or), also durch ein ODER- Schaltglied mit negiertem Ausgangssignal. Unter Peircescher Implikation versteht man die Formel der klass. 8Logik: ((A → B) → A) → A. Pelagianismus, die zuerst von dem irischen Mönch Pelagius, (der um 400 nach Rom, 411 nach Karthago kam, dann nach Palästina ging und von Augustin bekämpft wurde) vertretene Lehre, daß es keine 8Erbsünde, sondern nur eine dem je einzelnen Menschen zuzurechnende 8Sünde gebe, da durch den Sündenfall nicht die menschliche Natur als solche verdorben sei, sondern der Mensch durch den freien Willen und die natürliche Anlage zum Guten der 8Vollkommenheit fähig sei, ohne dazu einer andern 8Gnade als der ihm von Gott verliehenen natürlichen Vernunft und ihrer Erleuchtung zu bedürfen. per accidens, lat., in der scholast. Philosophie, im Ggs. zu 8per se (›durch sich‹), Bez. für die Seinsweise eines 8Akzidenz, das auf etwas anderes als ›Träger‹ dieses Merkmals angewiesen ist. peras, gr. ›die Grenze‹; Gegenbegriff: 8apeiron. Perfektionismus, frz. perfection ›Vervollkommnung‹, auch Perfektibilismus, frz. perfectibilité ›Vervollkommnungsfähigkeit‹; eine Richtung des aufklärerischen Geschichtsdenkens, bes. in Frankreich, die im gleichmäßigen 8Fortschritt zu immer größerer 8Vollkommenheit der 8Menschheit als 8Gattung den Sinn der Geschichte sieht (Vertre-
Performanz
ter: J.- A.- N. Condorcet, E. Renan, A. R. J. Turgot); sie wurde im 19. Jh. unter Berufung auf Ch. R. Darwin von H. Spencer in naturwissenschaftl. Sinn fortgesetzt. Daneben bezeichnet P. die Lehre, daß die Vervollkommnung das sittliche Ziel des Menschen sei. Vgl. 8Optimismus. Performanz (von engl. performance ›Ausführung‹, Handlung, Erfüllung); in der Sprachwiss. heißt P. (im Unterschied zur Kompetenz, der Sprachfähigkeit) die konkrete Ausübung des Sprachvermögens; die Unterscheidung wurde analog dazu auch auf andere Bereiche menschl. Handelns übertragen: Handlungskompetenz: die kognitive Beherrschung von (z. B. von Klugheits- , Rechts- , moralischen) Regeln des Verhaltens; Handlungsperformanz: die Regelhaftigkeit des tatsächlichen Handelns von Individuen oder Gruppen, auch der 8Habitus (vgl. 8Tugend), der in wirklichen Handlungen unter Beweis gestellt wird. Dazu: performativ: Bez. für eine sprachl. Äußerung, mit der man eine Handlung vollzieht (z. B. in »ich grüße Dich herzlich«) – im Unterschied zu rein konstatierenden Aussagen (wie »sie hat ihn herzlich begrüßt«). Als Performanzmodell bez. man in der Linguistik ein systematisiertes Programm zur Beschreibung des aktuellen Sprachgebrauchs in einer Sprache, einer Mundart oder in einer Subkultur. Es bezieht Faktoren wie Sprachfähigkeit, Motivationen, Interessen, verfügbare Wissensbestände und Erwartungen von Sprechern und Hörern mit ein und ist
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entwickelt worden zur empirischen Beschreibung von spezif. SprecherHörer- Beziehungen, auch für die Analyse von Kommunikationsmedien. per impossibile, lat. ›durch das Unmögliche‹, die Annahme, Unterstellung von etwas Unmöglichem oder für unmöglich Gehaltenem, um etwas überzeugend nachweisen oder aufzeigen zu können. Periode, von gr. periodos ›Umlauf‹, Kreislauf; die Umlaufszeit (im Unterschied zu 8Epoche), der Zeitabschnitt, in dem etwas wiederkehrt, z. B. vom Frühling durch die anderen Jahreszeiten bis wieder zum Frühling; ungenau: jeder beliebige Zeitabschnitt; in der Mathematik bez. man eine Ziffernfolge mit sich unendl. oft wiederholenden Stellen hinter dem ›Komma‹ (z. B. »123,456456456...«) als periodische Dezimalzahl; in der Grammatik heißt P. ein langwieriges Satzgefüge aus mehreren in einen Hauptsatz eingeschalteten Nebensätzen. Periodik oder Peri-odizität, das regelmäßige Wiederkehren zu bestimmter Zeit, an bestimmten Stellen; periodisch: im Kreislauf regelmäßig wiederkehrend, zu bestimmter Zeit, an bestimmten Stellen wieder auftretend. Über das Periodensystem der Elemente: 8Element. Peripatetiker, von gr. peripatetikon ›zum Umherwandeln gehörig‹; Bez. der Schüler des Aristoteles, nicht weil sie beim Philosophieren umherwandelten, sondern weil die Schule des Aristoteles am Peripatos, der ›Promenade‹ des Lykeion lag. Man teilt die peripatetische
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Schule ein in die älteren P. wie Theophrast, Eudemos, Aristoxenos, Dikaiarchos und Demetrios von Phaleron, die P. der hellenistischen Zeit wie Straton von Lampsakos, Aristarchos von Samos, Hieronymos von Rhodos u. a. und die Aristoteleskommentatoren wie Andronikos von Rhodos, Boethos von Sidon, Nikolaos von Damakos, Klaudios Ptolemaios, Galenos, Alexander von Aphrodisias, Themistios u. a. Peripetie, gr. peripeteia ›Umschlag‹, nach Aristoteles (Poetik XI 1452a 22) der »Umschwung der Handlung in ihr Gegenteil, und zwar auf Grund der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit«, d. h. der entscheidende Wendepunkt im 8Schicksal eines Menschen vom 8Glück zum Unglück und umgekehrt, in der dramatischen und der epischen Dichtung der ›Höhepunkt‹. peripher (peripherisch), von gr. periphereia ›Umlauf‹, Kreislinie; am Rande liegend, nur in entfernter Beziehung zur Sache stehend. perlokutiver Akt, auch ›perlokutionärer Akt‹ oder ›Perlokutionsakt‹, von lat. per locutionem (zu loqui ›sprechen‹, ›reden‹) ›durch die Rede‹, Terminus der 8Sprechakttheorie, der das Erzielen einer Wirkung auf einen Hörer durch das Äußern eines Redeteils bezeichnet. permanent, lat. ›bleibend‹, fortdauernd, beständig; dazu die Permanenz, die Fortdauer, Beständigkeit. In der Mathematik richtet man sich bei den Erweiterungen des Bereichs der natürlichen Zahlen zum Bereich der ganzen, ratio-
Person
nalen, algebraischen usw. Zahlen nach dem Permanenzprinzip, d. h. man versucht, die Operationen (Addition und Multiplikation) für die neuen Zahlen so zu definieren, daß die für die natürlichen Zahlen geltenden Sätze wie z. B. a · b = b · a erhalten bleiben. Permutation, lat., ›die Vertauschung‹, Versetzung; in der Kombinatorik (8Kombination) die Veränderung der Reihenfolge einer bestimmten Anzahl gegebener Elemente, z. B. abc, acb, bac, cab, bca, cba; die Anzahl der möglichen P.en von n Elementen ist n ! (n Fakultät) = 1 · 2 · 3 · ... · n. per se, lat. ›durch sich‹, an sich, dazu Perseität, bei den Scholastikerndas Durch- sich- selbst- Sein, das von der ersten 8Ursache oder 8Substanz, von Gott, ausgesagt wird. Perseveranz, von lat. perseverantia, die Ausdauer, 8Beharrlichkeit. persistent, lat., ›beharrend‹, unveränderlich; dazu Persistenz, die 8Beharrlichkeit, Unveränderlichkeit. Person, lat. persona, 1. Maske, 2. Rolle, 3. 8Persönlichkeit, mhd. person(e), dazu auch schon personlich. Eine ganz sichere Herkunftsbestimmung von P. läßt sich nicht geben. Schon sehr früh, im 1. Jh. vor Chr., wurde vermutet, daß es von per- sonare ›durchtönen‹ stamme (A. Gellius V, 7). Der Begriff der P. wurde früh durch die christl. Dogmatik ausgebildet, nachdem er von Tertullian in die Dreieinigkeitslehre eingeführt worden war und bei Boethius (De duabus naturis et una persona Christi, cap.
Personalismus
3) die Definition erhalten hatte: Persona est naturae rationalis individua substantia ›die P. ist die unteilbare Substanz eines vernünftigen Wesens‹. Diese Bestimmung erhielt sich in der 8Scholastik (Thomas v. Aquin, Summa theol. I 29, 3 ad 2) und wurde in der Folgezeit psychologisch genauer gefaßt, so von J. Locke (An Essay Concerning Human Understanding II, 27 § 9): P. ist »ein denkendes, vernünftiges Wesen mit Verstand und Überlegung, das sich als sich selbst und als dasselbe denkende Wesen zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten fassen kann, indem dies nur durch das Selbstbewußtsein geschieht, was vom Denken nicht zu trennen und ihm wesentlich ist«, und G. W. Leibniz (Nouv. ess. II § 9). I. Kant unterscheidet die psychologische und die moralische P.: »Daß der Mensch in seiner Vorstellung das Ich haben kann, erhebt ihn unendlich über alle andere auf Erden lebende Wesen. Dadurch ist er eine P. und vermöge der Einheit des Bewußtseins bei allen Veränderungen, die ihm zustoßen mögen, eine und dieselbe P.« (Anthrop. § 1). Im juristischen Sinn ist P., wer Rechte und Pflichten haben kann. Das ist einmal jeder Mensch kraft seiner Bestimmung als freies Wesen (natürliche P.). Menschen, die überhaupt rechtsunfähig (Sklaven) sind, kennt das moderne Recht daher im Unterschied zum antiken nicht. Weiterhin sind rechtsfähig auch sog. juristische P.en, d. h. Verbände, Stiftungen, auch der Staat selbst und die von ihm anerkann-
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ten Körperschaften und Anstalten des öffentl. Rechts. Ihre Rechtsfähigkeit beruht auf der Anerkennung durch die Gemeinschaft, die sich daraus rechtfertigt, daß der durch ihre Organe zum Ausdruck gebrachte Gesamtwille ihrer Mitglieder bzw. der der Stiftung oder Anstalt gesetzte Zweck eine eigentümliche soziale Realität darstellt. Personalismus, von lat. personalis ›zur Person gehörig‹, ›persönlich‹; im älteren philos.- theologischen Sprachgebrauch der Glaube an einen persönlichen Gott im Gegensatz zum 8Pantheismus, so bei Fr. D. E. Schleiermacher, der das Wort geprägt hat (Reden, 1799), bei J. W. v. Goethe, der Fr. H. Jacobi einen Personalisten nennt, bei L. Feuerbach, G. Teichmüller u. a., dann bei B. P. Browne (Personalism, 1908). Als »kritischen P.« hat W. Stern seine Gegenüberstellung von »Person und Sache« in dem gleichnamigen Werk (1906) bezeichnet. Eine dem christl. 8Existentialismus nahestehende Richtung des P. wurde in Frankreich durch E. Mounier (Queest- ce que le Personalisme?, 1946) und durch die von ihm seit 1932 herausgegebene Zeitschrift L’esprit vertreten. Personalität, neulat., ›das Personsein‹, das Ganze der Eigenschaften, die das Wesen einer 8Person ausmachen (8Persönlichkeit). Personifikation, von neulat. personificatio ›Personmachung‹, die Auffassung und Darstellung nichtmenschlicher Gegenstände oder abstrakter Begriffe als Personen, d. h. als Menschen mit bestimmtem
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8Charakter; z. B. der Erde als Mutter Erde; der Gerechtigkeit als Göttin Justitia; personifizieren, zur 8Person machen, als Person darstellen (8Hypostase). Persönlichkeit, neulat. personalitas, mhd. personlicheit; zun. als jurist., theolog. und psychol. Begriff die Eigenschaft des 8Person- Seins, die dem Menschen, weil er »sich bewußt ist, daß er eben derjenige ist, der vorher in diesem und jenem Zustande gewesen« (Chr. Wolff, VGG § 924), zuerkannt, den Tieren aber abgesprochen wird; bei I. Kant in ethischer Bedeutung der Mensch als »Zweck an sich selbst«, als »Subjekt des moralischen Gesetzes« (8Achtung); bei J. W. v. Goethe im Sinne des 8Humanitätsideals der Mensch selbst, sofern er sich durch 8Bildung zu dem macht, was er ist: daher heute allg. der Mensch von ausgeprägter Eigenart, der hervorragende Mensch. Perspektivismus, Neub. G. Teichmüllers von Perspektive (lat. perspicere ›durchsehen‹); die Betrachtung der Welt unter bestimmten Gesichtspunkten. Perversion, lat., ›die Verkehrung‹; vgl. 8Affekt. perzeptibel, lat., ›wahrnehmbar‹, faßlich; Perzeptibilität, Wahrnehmbarkeit, Faßlichkeit. Perzeption, lat., das ›Empfangen‹, das Einnehmen; übertr. auch das geistige Auffassen, das Begreifen, die Auffassung. P. heißt zunächst die sinnliche 8Wahrnehmung und dann auch in erweiterter Bedeutung die bewußte 8Vorstellung. In der ersten Bedeutung ist der Be-
Perzeption
griff klar zuerst innerhalb des englischen 8Empirismus und 8Sensualismus im 17. und 18. Jh. geprägt worden. Bei G. W. Leibniz verschiebt sich der Begriff der P. unter dem Einfluß der Metaphysik. Nach Leibniz besteht die Wirklichkeit aus Monaden (auch ›Seelen‹; frz. âmes): Jede 8Monade, so auch die menschliche 8Seele, ist ein Spiegel des Universums. Aber keine Monade erleidet äußere Einwirkungen, und es kann ihr keine Vorstellung von außen zukommen. Die Quelle der Vorstellungen der Seele liegt vielmehr in ihr selbst. Die sinnliche Wahrnehmung ist für Leibniz daher nicht ein Gegensatz zum Denken, sondern nur die unvollkommenere verworrene Vorstufe des Denkens. Leibniz macht demgemäß die P. zur Vorstellung, zum inneren Zustand der Monade. Er scheidet dabei zwischen kleineren P.en (frz. 8petites perceptions), die die unbewußten (insensiblen) Elemente anderer Vorstellungen sind, und den zusammengesetzten bewußten (frz. remarquables) P.en, die aus jenen entstehen. Der P. (der sinnlichen Vorstellung) stellt er die 8Apperzeption entgegen. Jene ist der einzelne vorübergehende Zustand der Monade, diese der Eintritt der P. in das Selbstbewußtsein und das über den Zustand nachdenkende Bewußtsein der Seele. Indem G. W. Leibniz P. und Apperzeption unterscheidet, also P.en oder Vorstellungen annimmt, die nicht apperzipiert oder zum Bewußtsein gebracht werden (8petites perceptions), bricht er mit dem
Pessimismus
8Cartesianismus und bereitet die Lehre vom 8Unbewußten und die 8Ästhetik (urspr. in der Bed. ›Wahrnehmungslehre‹) vor (vgl. Monadologie §§ 14, 17). Bei I. Kant ist die P. die Vorstellung mit Bewußtsein (KrV, B 376). Die P. kann sich entweder auf das Subjekt beziehen und heißt dann 8Empfindung, oder sie ist eine objektive P. und heißt dann 8Erkenntnis (cognitio). P. wird bei Kant auch ›Apperzeption‹ genannt, und zwar in empirischer Hinsicht als das Bewußtsein des jeweiligen Zustandes und in ›transzendentaler‹ Hinsicht als das Selbstbewußtsein überhaupt (›ich denke‹). Erst J. F. Herbart schied zwischen der P., der sinnlichen Aufnahme, und der Apperzeption, der 8Aneignung und Verarbeitung der neuaufzunehmenden 8Vorstellungen durch die reproduzierten untereinander verbundenen und ausgeglichenen Vorstellungsgruppen. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt P. jetzt sowohl der Akt als auch der Gegenstand der sinnlichen Aufnahme, sinnlichen Wahrnehmung, also das, was Kant als 8Anschauung (lat. intuitus, intuitio) bezeichnete. In der Psychologie versteht man unter P. den Vorgang einer Wahrnehmung, in der Sinnesphysiologie zumeist die Aufnahmefähigkeit für sinnliche Reize (z. B. für die Helligkeit von Licht); in der Pflanzenphysiologie heißt P. die Induktion einer Erregung aufgrund einer Reizaufnahme (›Suszeption‹), die zu einer Reaktion führen kann. Dazu: perzeptiv, perzeptorisch: wahrnehmend; perzipieren (sinnlich) wahr-
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nehmen, Reize aufnehmen durch die Sinne. Pessimismus, von lat. pessimum, ›das Schlechteste‹, im 19. Jh. philosophische Entgegnung auf den 8Optimismus des 18. Jh., in deren 8Weltanschauung die negativen Momente des Seins für die Weltverfassung im ganzen konstitutiv sind. Der P. des 19. Jh. ist im Weltschmerz der 8Romantik vorbereitet, wird in der Philosophie erstmals von Schopenhauer systematisch begründet und später von E. von Hartmann weitergeführt. Schopenhauers Willensmetaphysik begreift das menschliche Dasein nicht primär aus seiner Vernünftigkeit, sondern aus seiner Abhängigkeit vom 8Willen als einem allgemeinen Lebensprinzip, das durch stets neu sich reproduzierende Triebe und Bedürfnisse den Menschen permanenter Not preisgibt. Leben ist als Endlichkeit des Daseins gleichbedeutend mit Leiden (8Leid). Schopenhauers Konsequenz aus diesen Einsichten ist die Verachtung der gegebenen Welt und asketische Überwindung des Willens. In dieser Perspektive kann es keine innerweltlichen Lösungen für das Leiden geben, sondern nur die 8Erlösung vom principium individuationis, das zugleich Lebensbedingung und Ursache des Leidens ist. Nicht die philosophische Aufarbeitung des 8Übels und des Leidens in der Welt, sondern allein die radikale Ablehnung der Weltlichkeit überhaupt als Grund des Leidens ist kennzeichnend für den philosophischen P.
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petites perceptions, frz. ›kleine Perzeptionen‹, bei G. W. Leibniz die nicht ins Bewußtsein tretenden, »unmerklichen« (insensibles) Vorstellungen, mit deren Annahme er sowohl den 8Cartesianismus (8Perzeption) wie den engl. 8Sensualismus (8nihil est ...) bekämpft. Es gebe »in jedem Augenblick eine Unendlichkeit von Perzeptionen in uns, die aber ohne Bewußtsein (apperception) und Reflexion sind, d. h. Veränderungen in der Seele selbst, deren wir uns nicht bewußt werden, weil die Eindrücke entweder zu klein oder zu zahlreich oder zu gleichförmig (unies) sind, so daß sie sich nicht genügend voneinander unterscheiden« (Nouv. ess., Préf.). Auf solchen p. p. beruhen nach Leibniz auch Erlebnisse des 8Geschmacks, die zusammengesetzten Bilder der 8Sinnesqualitäten, die Eindrücke der 8Außenwelt, auch die Verbindung, die jedes Wesen mit dem 8Universum hat. Die p. p. konstituieren ferner die Identität der 8Person, auch über den Tod hinaus; sie erklären nach Leibniz die prästabilierte 8Harmonie zwischen Leib und Seele. Petitio principii, lat. ›Forderung des (Beweis- )Grundes‹, ein Beweisfehler (8Beweis), der darin besteht, daß zum Beweis einer Behauptung B eine Aussage A herangezogen wird, die selbst noch eines Beweises bedarf. Pflicht, von pflegen, ›für etwas sorgen‹, schon ahd. (p)fliht ›Pflege‹, Dienst, Gebot, von Notker eingeführt zur Übers. von lat. officium, gr. kathëkon; in der 8Ethik ein Tun oder Lassen, das als solches gebo-
Pflicht
ten erscheint und im Pflichtgefühl, oder Pflichtbewußtsein als ein 8Sollen erfaßt wird, als eine innere Forderung, die Aufgaben zu erfüllen, die der Mensch an sich selbst, die die Gemeinschaft, in der er lebt, oder die Gott an ihn stellt. Der Begriff der P. wurde zuerst von den 8Stoikern in die Ethik eingeführt. Ist die Vernunft, der zu folgen P. ist, schon bei den Stoikern der göttl. 8Logos, so wird im Anschluß an Ciceros Werk (De officiis) im Christentum die P. zum Gebot Gottes, und in der christl. Ethik werden die drei Pflichtenkreise der religiösen P. gegen Gott, der sozialen gegen die Mitmenschen und der individuellen gegen sich selbst unterschieden. Von I. Kant wird dann die P. zum Grundbegriff der Ethik erhoben. Er versteht darunter das Motiv des sittl. Willens, das einer Handlung allein ihren sittl. Wert gibt und in der 8Achtung vor dem Sittengesetz und in der Unterwerfung unter dieses Gesetz besteht: P. ist, nach dem ›Gesetz‹ zu handeln unter Ausschluß aller Bestimmungsgründe aus Neigung (zuerst: Grundl. zur Met. d. Sitten, EA 1785, 1. u. 2. Abschn.). Diese Bedeutung hat der Begriff der P. behalten, auch da, wo wie bei Fr. Schiller (Über Anmut und Würde, 1793) und Fr. D. E. Schleiermacher (Versuch über die wissensch. Behandlung des P.begriffs, 1824) das Handeln lediglich aus P. nicht als das sittl. Höchste anerkannt wurde oder (wie in der materialen Wertethik von M. Scheler und N. Hartmann) die P. nicht aus dem formalen Sittengesetz, sondern aus den 8Wer-
Pflichtenlehre
ten selbst, die ein 8Sollen in sich enthalten können, abgeleitet wurde (8Deontologie). Pflichtenlehre, der Teil der Ethik, in dem von den 8Pflichten gehandelt wird; zuerst von den Stoikern ausgeführt, durch Cicero in dem Werk De officiis überliefert, durch Ambrosius (De officiis ministrorum, Migne 16, 23- 184) in das Christentum eingeführt und mit den biblischen Lehren verbunden, bleibt die P. ein Bestandteil der Ethik bis auf I. Kant, der sie neu begründet und im Rahmen seiner ›Metaphysik der Sitten‹ sowohl in der ›Rechtslehre‹ (Rechtspflichten) wie in der ›Tugendlehre‹ behandelt hat. Vgl. 8Tugendpflichten; 8Deontologie. Phaidon, nach Ph. aus Elis, einem Schüler des Sokrates, benannter platonische Dialog: Phaidon (lat. Phaedo) oder über die Unsterblichkeit der Seele. Danach wurde auch das Buch des Aufklärungsphilosophen M. Mendelssohn: Phädon oder über die Unsterblichkeit der Seele in drei Gesprächen (1767) genannt. Phaidros, Schüler des Sokrates, nach dem Plato einen seiner Dialoge nannte, der vom Schönen handelt (Phaidros, lat. Phaedrus). Phänomen, gr. phainomenon ›das Erscheinende‹, die 8Erscheinung, die sich den Sinnen darbietet; dann übertragen auf Bewußtseinsinhalte und Gegenstände aller Art, die sich der Erkenntnis darbieten; dazu Phänomenalismus, die idealistische, zuerst von I. Kant vertretene Lehre, nach der die Gegenstände nur so erkannt werden, wie sie uns erscheinen, nicht wie sie ›an sich‹ sind (8Erscheinung).
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Phänomenologie, die Lehre von den Erscheinungen, von J. H. Lambert (Neues Organon oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrtum und Schein, 2 Bde., 1764) eingef. für den 4. Teil seines Werks, einer Theorie der Erscheinungen, die die Grundlagen aller Erfahrungserkenntnis bilden. Ihre Aufgabe ist es, in den 8Erscheinungen den 8Schein zu erkennen und nach der Art, wie die Optik durch die Perspektive die Mittel liefert, das Verhältnis des Scheines zu den sichtbaren Dingen zu bestimmen, als eine »transzendente Optik« aus dem Wahren den Schein und aus dem Schein das Wahre zu bestimmen. J. G. Herder fordert (Älteste Urkunde des Menschengeschlechts, 1774- 76) eine ästhetische Ph. I. Kant braucht den Ausdruck z. Bez. des Teiles der 8Bewegungslehre, der »die Bewegung oder Ruhe bloß in Beziehung auf die Vorstellungsart oder Modalität, mithin als Erscheinung äußerer Sinne bestimmt« (Metaphys. Anfangsgründe der Naturw.). J. G. Fichte (Wissenschaftslehre von 1804) versteht unter Ph. die »Erscheinungsund Scheinlehre«. G. W. Fr. Hegel (Phän. des Geistes, 1807) überträgt die Bedeutung des Wortes auf die Erscheinungen des Geistes: »Sie faßt die verschiedenen Gestalten des Geistes als Stationen des Weges in sich, durch welchen er reines Wissen oder absoluter Geist wird. Es wird daher in den Hauptabteilungen dieser Wissenschaft, die wieder in mehrere zerfallen, das Bewußtsein, das Selbstbewußtsein,
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die beobachtende und handelnde Vernunft, der Geist selbst, als sittlicher, gebildeter und moralischer Geist, und endlich als religiöser in seinen unterschiedenen Formen betrachtet« (Hegels Selbstanzeige des Werks im Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Litteraturzeitung vom 28. Okt. 1807). In diesen Bedeutungen (Erscheinung der Sinne oder des Geistes) wurde das Wort weiter gebraucht, bis es durch E. Husserl (Ideen zu einer reinen Ph. und phänomenologischen Philosophie, EA 1913) einen anderen Sinn erhielt. E. Husserl versteht unter Ph. die Wissenschaft von den 8Wesenheiten, die von der geistigen Anschauung der gegebenen Phänomene ausgeht und aus diesen das reine Wesen, das 8eidos der Gegenstände und Sachverhalte aller Art durch die Methode der phänomenologischen Reduktion (8Einklammerung) und der 8Ideation gewinnt. Diese Ph. ist eine Gegenströmung gegen den 8Psychologismus, der in dem Bestreben, alles, auch die Gattungen der Logik, der mathemat. beschreibbaren Sachverhalte und der 8Werte psychologisch zu ›erklären‹, zu Umdeutungen der wirklich gegebenen Phänomene und Sachverhalte und zum 8Subjektivismus führte. Ihre Vorläufer hatte die P. bereits in der Schule Fr. Brentanos und der 8Gegenstandstheorie A. Meinongs. Die Vertreter der Schule der Ph. gehen aus von der Aufforderung, sich Rechenschaft abzulegen, was einem eigentlich 8gegeben ist, was man eigentlich ›hat‹, ›meint‹, was 8inten-
Phantasie
diert ist, sei es bei Inhalten des Denkens (8noëmata), sei es bei Akten des Strebens nach Gütern und 8Werten (vor allem bei A. Pfänder und M. Scheler). Bei M. Heidegger findet sich eine Wegentwicklung von der ursprünglichen Ph. zur 8Ontologie, 8Anthropologie, 8Metaphysik und vor allem zur 8Existenzphilosophie. Die wichtigsten Arbeiten der frühen Phänomenologen sind niedergelegt in dem Jb. für Philos. und phänomenol. Forschung, 1913 ff. Phänotyp(us), Neub. aus gr. phainôn ›erscheinend‹ und typos ›Gepräge‹; die Gestalt eines 8Organismus, wie sie sich dem Auge darbietet, ihm erscheint, die Gesamtheit seiner wahrnehmbaren Eigenschaften (Erscheinungsbild), im Unterschied zum 8Genotyp, der Gesamtheit der Erbanlagen, auch der nicht in 8Erscheinung tretenden, aber nichtsdestoweniger weiter vererbbaren und, bei entsprechender Erbmasse des andern Elternteils, auch sich entfaltenden Anlagen (8dominant, 8rezessiv). Phantasie, gr. phantasia, das Vermögen der Seele, Dinge in der 8Vorstellung erscheinen zu lassen. Aristoteles hat verschiedene Arten der P. unterschieden (De an. III.3, 427 a ff.): Vorstellungsbilder 1. im 8Denken; 2. in der 8Erinnerung; 3. im 8Traum und 4. die Zielvorstellung im Handeln. Entscheidend ist, daß die Vorstellung zwar nicht ohne vorausgegangene 8Wahrnehmung, aber doch ohne aktuelle Affektion der Sinne entsteht. Er sieht in ihr eine psychische Nachwirkung der Empfin-
Phantasma
dung, eine abgeschwächte Empfindung (aisthësis tis asthenës), die sich auf Vergangenheit und Zukunft bezieht (Rhet. I, 11, 1370 a 28). Die 8Stoiker unterscheiden zwischen dem Bewußtsein der Affektion (phantasia) und dem Objekte, der Ursache derselben (phantaston), der bloßen Einbildung, der nichts zugrunde liegt (phantastikon), und demjenigen, was solche Einbildung in Träumen veranlaßt (phantasma). In der stoischen Philosophie entwickelt sich damit das phantastikon zu einem Begriff nicht- repräsentativer Vorstellung, die sich auf keinen wirklichen Gegenstand mehr beziehen muß, sondern ihre Gegenstände frei produziert. Augustinus kennt drei Arten der P.: die reproduktive, produktive und synthetische (Ep. ad Nebrid. 62). In der neuzeitl. Philosophie wird der Sachgehalt der antiken P. im Begriff der 8Einbildungskraft fortbestimmt: Er bezeichnet im allgemeinen sowohl das reproduktive als auch das produktive Vermögen des 8Geistes, sinnlich bildhafte Vorstellungen zu vergegenwärtigen, besonders die Fähigkeit des Künstlers, aus seinen 8Erinnerungen, Vorstellungen, Erlebnissen, Gedanken durch Kombination, Umformung und Antizipation Neues zu schaffen (8Genie). In diesem Sinn schöpferischer Vorstellungskraft ist P. indes auch ein Moment innovativer wissenschaftlicher Leistungen, innovativer menschlicher Tätigkeit überhaupt. Die Phantasievorstellungen gehören schon bei R. Descartes zu den von den Menschen selbst gebilde-
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ten (factae). I. Kant schob die 8Einbildungskraft zwischen 8Sinnlichkeit und 8Verstand ein (KrV, zuerst A 115- 128, später auch: A 137 ff; B 176 ff.); die P. liefert den Stoff, den die Einbildungskraft reproduziert, um eine Vorstellung synthetisch zur Einheit zu bringen. Auf ihr beruht der 8Schematismus der reinen Verstandesbegriffe. Phantasma, gr. ›die Erscheinung‹, meist im Sinne von Phantasiebild, Trugbild. Phantom, gr., phantasma über vulg. lat. fantauma und frz. fantôme, das den Augen Erscheinende, das Trugbild, Gespenst; im 8Okkultismus svw. 8Materialisations- Phänomen. Phase, von gr. phasis ›Erscheinung‹; der Teilzustand eines Systems oder Vorgangs, einer stetigen, aber doch in Abschnitte zerlegbaren, meist periodischen Entwicklung; z. B. die Mondphasen, die verschiedenen Gestalten des seine Form stetig verändernden Mondes; Kulturphasen, die einzelnen Erscheinungsformen einer Kultur während ihrer Entwicklung, Ph.n der körperlichen und seelischen Entwicklung des Menschen. Philanthrop, gr. philos ›Freund‹ und anthrôpos ›Mensch‹, der Menschenfreund; Philanthropie, gr. philanthrôpia, zuerst beiÄschylus(Prom. 16 f., 28, 119) als Wohlwollen der Götter gegenüber den Menschen, bei Aristoteles (Poetik 1452 b ff.) im Sinn menschlicher Teilnahme am tragischen Helden, später auch als freundliche Gesinnung der Menschen untereinander, bei den Römern svw. humanitas (8Humanität),
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allg. die 8Menschenliebe. Philanthropin(um), ›Schule der Menschenfreunde‹, Name der von J. B. Basedow 1714 in Dessau gegründeten Erziehungsanstalt, die bis 1793 bestand und das Vorbild einer Reihe anderer Anstalten gleichen Namens wurde. Das Philanthropinum sollte die von Basedow schon lange vorher theoretisch aufgestellten und später von J. J. Rousseau stark beeinflußten Erziehungsgrundsätze des Philanthrop(in)ismus durchführen: Erziehung vor Unterricht! Nützliche Erkenntnis! Nicht zu früh! Angenehmes Lernen! ›Natürliche‹ Religion! Frühzeitige sexuelle Aufklärung im Unterricht! Vor allem gegen diese Forderungen, ferner gegen die Unterschätzung der idealen Seite des klassischen Altertums und gegen die ›nützliche‹ Vielwisserei richtete sich die Kritik der Zeitgenossen, die auch auf die den ersten Erwartungen nicht entsprechenden Unterrichtserfolge hinwiesen. Unter den Vertretern des Philanthropismus, den Philanthrop(in)isten, sind vor allem J. H. Campe und Chr. G. Salzmann zu nennen. Philologie, gr., ›Liebe zum Wort‹, zuerst bei Plato (Theaitetos 146 A) die Liebe zum Reden, die Redefreudigkeit, dann das Streben nach literarischer und wissenschaftl. Bildung, seit der 8Renaissance die Wissenschaft vom Schrifttum der Griechen und Römer, die Auffindung und Wiederherstellung, Erschließung und geistesgeschichtliche Würdigung ihrer Werke. Seit dem Ende des 18. Jh. auf die Schriftwerke bezogener Sammelbegriff für Sprachund Literaturwissenschaften.
philosophia perennis
Philosophem, gr. philosophëma, ein Ergebnis philos. Forschung, die Lehre oder der Ausspruch eines Philosophen; bei Aristoteles (Top. VIII 11. 162a 15) ein apodiktischer Syllogismus (8Syllogistik). Philosophenmantel (gr. tribôn) hieß das weite Oberkleid, welches die 8Kyniker und 8Stoiker trugen. Auch manche Frauen, wie Hypatia, und Laien, wie Kaiser Antoninus, trugen den ›Tribon‹ als Abzeichen philosophischen Strebens. philosophia perennis, lat. ›die immerwährende Philosophie‹, ein von A. Steuco (De perenni philosophia libri X, 1540) gepr. Ausdruck zur Bez. derjenigen Grundwahrheiten, die bei allen Völkern zu allen Zeiten vorhanden sein und zusammen die eine Wissenschaft aus dem einen Prinzip (Gott) ausmachen sollen; bei G. W. Leibniz (Brief an Remond, 26. VIII. 1714) die von den Alten überlieferte und allgemein verbreitete, aber oft verdeckte oder verstümmelte Wahrheit. Der Ausdruck wurde im Zuge der Rehabilitierung des theologischen Rationalismus Thomas v. Aquins von katholischer Seite aufgegriffen und bez. seitdem allg. das von einem festen Bestand philos. Dogmen ausgehende Denken (8Neuthomismus). Hauptkennzeichen: Voraussetzung einer ewigen, transzendenten Wahrheit, einer stetigen Entwicklung der theol. Fragen und Lösungen zu immer größerer Vollkommenheit und Sicherheit, Ablehnung der These von der ursprüngl. Geschichtlichkeit der Wahrheit, Anerkennung sog. oberster Seins- und Denkprinzipien
philosophia prima
(meist aristotelisch- thomistischer Herkunft, vgl. z. B. 8analogia entis, 8Potenz und 8Akt, 8sic et non) usf. Neben dieser Deutung gibt es andere neuere Auffassungen der Philosophie, die man als p. p. bezeichnet hat, z. B. als 8Problemdenken oder als eine Art philos. Teilhabe am ›Gespräch‹ der wenigen ›großen‹ Philosophen miteinander über die Zeiten hinweg (wie von K. Jaspers vertr.). philosophia prima, lat. die 8›erste‹ Philosophie, bei Aristoteles die 8Metaphysik. Philosophie, gr. philosophia ›Weisheitsliebe‹. Das gr. Wort sophia, das in Ph. enthalten ist, bedeutet zunächst jede auf Sachkunde und Wissen beruhende Tüchtigkeit, dann jede tiefere Einsicht in den Zusammenhang der Dinge und die Aufgaben des Lebens (8Weisheit). Bei den vorsokratischen Philosophen wird die Bedeutung des Wortes eingeschränkt auf das theoretische Wissen, das die Vorbedingung zu jedem Können (technë), aber auch zur Ausübung jeder Tugend (aretë) ist. Der Beherrscher solchen Wissens ist der sophistës (urspr. ›Lehrer der Weisheit‹; später auch: Anhänger der 8Sophistik). Bei Plato werden der sophistës, der philosophos und der sophos scharf voneinander geschieden. Der sophistës ist der, welcher die Weisheit lehren zu können vorgibt und sich dafür bezahlen läßt (Menon, 91 cd). Der philosophos dagegen ist der Bescheidene, der weiß, daß sein Wissen begrenzt ist, aber von der Liebe zur Weisheit beseelt ist, nach ihr sucht und strebt. Die Bezeichnung
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sophos sprach Plato in strengem Sinne nur den Göttern zu, die nicht nach Weisheit streben, sondern in ihrem Besitze sind (Phaidros, 278 d). Aristoteles unterschied dann die erste oder die eigentliche Ph. (lat. 8philosophia prima), die er auch sophia nennt und die später 8Metaphysik genannt wurde, von dem ganzen übrigen Gebiet des philos. Wissens. Diese ›Erste Ph‹. ist nicht auf ein bestimmtes Wissensgebiet gerichtet, sondern hat die Aufgabe, die ersten Gründe und Prinzipien des Seins überhaupt zu erforschen. Die 8Stoiker trennten die sophia als die Erkenntnis der göttlichen und menschlichen Dinge von der Ph. im engeren Sinne, dem Streben nach der 8Tugend, und unterteilten das diesem Streben dienende Wissen in die 8Physik, 8Logik und 8Ethik. Aus der Vereinigung der stoischen mit den aristotelischen und platonischen Lehren ergab sich dann die sich in der 8Scholastik entwickelnde Gliederung der Ph. in die 8Metaphysik, zu der die 8Ontologie und die 8Theologie gehörten, die 8Physik mit 8Kosmologie und 8Psychologie und die 8Ethik, an die die 8Politik angeschlossen wurde. Durch die mit R. Descartes beginnenden und bei I. Kant ihren ersten Höhepunkt erreichenden kritischen Untersuchungen der Voraussetzungen und Bedingungen der Erkenntnis tritt zu diesen philos. Disziplinen die 8Erkenntnistheorie hinzu. A. G. Baumgarten führte den Ausdruck und die Wissenschaft der 8Ästhetik in die Ph. ein. Aus den sich immer stärker
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voneinander abgrenzenden Einzelwissenschaften, von denen jede zur philos. Begründung ihrer Methoden und zum Einbau ihrer Ergebnisse in die Ph. drängte, entstanden die 8Naturphilosophie, 8Geschichts- und Kulturphilosophie, 8Kunstphilos., 8Religionsphilos., 8Rechtsphilos., 8Sprachphilos. usw., die Ph. der Mathematik, der Wirtschaft, der Technik usw. Durch diese Entwicklung ergaben sich unterschiedl. Auffassungen des Wesens und der Aufgaben der P. Nach einer soll sie die Lehre vom Erkennen und Wissen überhaupt und die Prinzipienlehre der Einzelwissenschaften sein, deren Grundbegriffe sie zu klären, deren Methoden sie herauszuarbeiten und deren Ergebnisse sie in einen systematischen Zusammenhang zu bringen hat (svw.: 8Wissenschaftstheorie). Nach einer anderen ist die Begründung und der Ausbau eines 8Weltbildes ihre Aufgabe, die sie mit Hilfe der Ergebnisse der Einzelwissenschaften zu lösen hat (svw.: 8Weltanschauung; vgl. auch 8Anthropologie). Weitere Richtungen stellen sich die logische und linguistische Analyse des Gebrauches der Normalsprache (Philosophie der normalen Sprache, engl. ordinary language philosophy, auch Oxford philosophy) oder auch die Konstruktion idealsprachlich formulierter (formalisierter) Modelle des Erkennens, Handelns u. a. menschl. Äußerungen als zentrale Aufgabe der Ph. vor (Philosophie der idealen Sprache, engl. ideal language philosophy; vgl. 8Analytische Ph.). Daneben entstand im 19. Jh. als ein besonderer
Phlegma
Zweig der historischen Wissenschaften die Geschichte der Ph. Philosophische Logik, Sammelbegriff für verschiedene 8Logiken, die in der Regel als Erweiterungen der elementaren 8Aussagen- bzw. 8Prädikatenlogik konstruiert sind (8klassische Logik). In ihnen werden logische Gesetze für bestimmte, philosophisch interessante Begriffe und Beziehungen expliziert. Dazu gehören u. a. die Begriffe der 8Möglichkeit und 8Notwendigkeit ((alethische) 8Modallogik), des Glaubens, der Überzeugung und des Wissens (8doxastische bzw. 8epistemische Logik), des Gebotenseins (8deontische Logik) sowie der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (8temporale Logik). Ein wichtiges Teilgebiet ist auch die Logik der »Wenn ..., dann ...«- Beziehung (8Konditionalsatzlogik). Die Fragestellungen, die Gegenstand der philosophischen Logik sind, wurden z. T. schon in der Antike, etwa bei Aristoteles, diskutiert. Eine formale, kalkülmäßige (8Kalkül) Darstellung logischer Gesetze gelang für die meisten philosophisch relevanten Begriffe jedoch erst im 20. Jahrhundert. Auf den verschiedenen Teilgebieten der philosophischen Logik vollzieht sich bis heute eine stürmische Entwicklung. philosophisches Ei hieß bei den Alchimisten (8Alchemie) die eiförmige Phiole (Flasche), in der sie den ›Stein der Weisen‹ herzustellen hofften. Phlegma, gr., seit Hippokrates bei den gr. Ärzten ein kalter, zähflüssiger Saft im menschl. Körper; Na-
Phlegmatiker
me eines der vier 8Temperamente, dessen Ursache jener Saft im Blut sein sollte; daher svw. Mangel an Lebhaftigkeit, Trägheit. Phlegmatiker, der seelisch Träge mit geringer Gefühlsansprechbarkeit und verminderter Willenserregbarkeit. Phlogiston, von gr. phlogizesthai ›brennen‹, das ›Verbrennbare‹, so nannte G. E. Stahl seit dem Jahre 1700 den bei der Verbrennung (heute Oxydation) aus den Körpern freiwerdenden hypothetischen Stoff, der bei ›Entkalkung‹ (heute: Reduktion) in sie zurückkehre, also übertragbar sei. Diese Übertragbarkeit des Ph. war das wesentlich Neue an der Ph.theorie, da schon Plinius eine ›Feuermaterie‹ z. B. beim Schwefel annahm. Die Überwindung der Ph.theorie durch die Experimentalarbeiten A. L. Lavoisiers über die Massenverhältnisse bei der Verbrennung (Ende des 18. Jh.) löste gegen große Widerstände die 8Chemie aus der mythischen Denkweise des Altertums, die die Stoffe als aus wenigen verschiedenen Eigenschaften zusammengesetzt dachte und daher die chemischen Vorgänge nur nach den Änderungen der Eigenschaften beurteilte. Phrenologie, Neub. von J. Chr. Spurzheim (Ph., 1826) aus gr. phrën, das urspr. den 8Sitz oder das Organ des seelischen und geistigen Lebens bedeutet, und logos (›Lehre‹) für die Lehre von den seelischgeistigen Eigenschaften des Menschen, die sich einzeln in unterschiedlichen Formen des Schädels ausdrücken und von diesen ab-
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lesen lassen sollen, auch ›Schädellehre‹ oder ›Kraniologie‹ genannt. Sie wurde im Zusammenhang mit der 8Physiognomie, bes. bei J. C. Lavater, entwickelt und ausführlich dargestellt von F. J. Gall (Hauptwerk: Anatomie und Physiologie des Nervensystems im allg. und des Gehirns im bes., 4 Bde., 181019), der sie noch ›Organologie‹ nannte. Sie beruht auf der heute nicht mehr haltbaren Annahme, daß zwischen Gehirnfunktion und Seelenleben ein durchgehender 8Parallelismus herrscht, daß das Seelenleben sich in einzelne voneinander trennbare und ganz verschiedenartige Vermögen wie Ortssinn, Sprachtalent, Farbensinn u. a. (bei Gall 27, bei Spurzheim 35) aufteilen lasse und daß jedem dieser Vermögen ein bestimmter Gehirnteil und eine Ausprägung der äußeren Schädelwand entspreche (8Vermögenspsychololgie, 8Lokalisation). Eine ausführl. Kritik lieferte G. W. Fr. Hegel in der Phänomenologie d. Geistes. Phylogenese, auch Phylogenie, Neub. aus gr. phylë ›Stamm‹ und genesis ›Entstehen‹; die Stammesentwicklung, die Entwicklung der Arten im Unterschied zur 8Ontogenese (s. E. Haeckel, Systematische Phylogenie, 3 Tle., 1894- 96). Dazu phylogenetisch, stammesgeschichtlich, im Unterschied zu 8ontogenetisch. Physik, von gr. physikë (zu erg. epistëmë), die Naturlehre, die Naturwissenschaft. Sie umfaßte bei den Griechen zunächst das gesamte Wissen von der Natur (gr. physis), wurde schon von Aristoteles in sei-
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ner Vorlesung über ›Physik‹ (physikë akroasis) zunächst auf alle »von Natur aus seienden Dinge« bezogen, dann aber auf die anorganische Natur beschränkt. P. diente noch bei G. W. Fr. Hegel als Sammelbegriff für sämtl. 8Naturwissenschaften (vgl. 8Organik), später nur noch als Bez. für die Wissenschaft von der anorganischen ›Natur‹. Von ihr wurde im 19. Jh. die 8Chemie abgetrennt. Ein Zwischenglied bildet heute die physikalische Chemie. Die Ph. läßt sich der Methode nach gliedern in die Experimentalphysik, die mathematisch erklärende theoretische Ph. und die angewandte oder technische Ph. Der traditionellen Teilung in Mechanik, Akustik, Wärmelehre, Optik, Lehre von der Elektrizität und vom Magnetismus tritt heute folgende Einteilung zur Seite: 1. die Ph. der großen Massen (z. B. Gestirne) und der Geschwindigkeit (z. B. Lichtgeschwindigkeit), die Makrophysik im engeren Sinne, 2. die Ph. der uns geläufigen Massen und Geschwindigkeiten, deren Gesetze in der sog. klassischen Ph. oder klassischen 8Mechanik aufgestellt wurden (Makrophysik im weiteren Sinne), 3. die Ph. der kleinen Massen (z. B. Atome, subatomare Teilchen) oder Mikrophysik; für diese wurden die Gesetze der 8Quantenmechanik aufgestellt. Physikalismus, eine Variante des 8logischen Empirismus (8Wiener Kreis), ausgehend von der Annahme, daß alle Resultate der Erfahrungswissenschaften in der Sprache einer 8Einheitswissenschaft formulierbar sind, wie sie beispielhaft
Physiognomie
für die Sprache der 8Physik entwickelt worden sei (zuerst in: O. Neurath, Empirische Soziologie, 1931); auch allg.: eine Wissenschaftsauffassung, nach der alle Aussagen über natürliche Sachverhalte aus den Gesetzen der 8Physik deduzierbar sind. Physikotheologie, Neub. von W. Derham (Physicotheology, 1713) aus gr. physikos ›natürlich‹ und 8Theologie, die natürliche Lehre von Gott, dessen Dasein und Wirken, das sich aus der zweckmäßigen und sinnvollen Einrichtung der Welt ergeben soll. Vgl. I. Kant, KdU § 85; 8Gottesbeweise. Physiognomie, aus gr. physis ›Natur‹ und gnômonia ›Beurteilung‹; die Beurteilung von Menschen, auch von Tieren, Landschaften u. a. aus ihrer Natur, d. h. ihrer natürlichen Beschaffenheit, bes. des Gesichts; auch der Gesichtsausdruck. Physiognomik, nach der fälschl. dem Aristoteles zugeschriebenen, im 2. Jh. n. Chr. entstandenen Schrift Physiognomika die Kunst, aus der äußeren natürlichen Beschaffenheit eines Lebewesens, bes. aus den Gesichtszügen des Menschen, die seelischen und Charaktereigenschaften zu erkennen. Sie wurde in der Antike und im M. T. betrieben, in der 8Renaissance von J. B. Porta (De humana physionomia, 1593; dt. 1931) fortgesetzt und von C. J. Lavater (Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe, 4 Bde., 177578) ausgebaut, aber in dieser Form schon von G. Chr. Lichtenberg (Über Ph. wider die Physiognomen, 1778) erfolgreich bekämpft.
Physiokratie
Physiokratie, Neub. aus gr. physis ›Natur‹ und kratein ›herrschen‹ von Fr. Quesnay (La physiocratie, 2 Bde., 1767/68), die ›Naturherrschaft‹; dazu Physiokratismus, die volkswirtschaftliche Theorie, nach der die Natur allein produziere und daher der Ackerbau, nicht der Handel die Quelle des Nationalreichtums sei. Ihre Vertreter, die Physiokraten, bes. Quesnay (Tableau économique, 1758), A. R. J. Turgot, V. de R. Mirabeau, forderten ein natürliches Wachsenlassen der wirtschaftlichen Tätigkeit (8laissez faire, laisser aller) und bekämpften die Ökonomisten, die die staatliche Regelung und Förderung der Wirtschaft, insbes. des Gewerbes (8Merkantilismus), bevorzugten. Physiologie, gr., ›die Naturlehre‹; sie umfaßte im Altertum die gesamte Natur, seit dem 18. Jh. nur noch die Lebenserscheinungen der organischen Welt. Man unterscheidet die allgemeine Ph., die die Erscheinungen untersucht, die der Mehrzahl der Lebewesen gemeinsam sind, um die Grundbedingungen des Lebens festzustellen, die spezielle Ph., die in Pflanzen- , Tier- und Menschenphysiologie zerfällt, die vergleichende Ph. und die pathologische Ph., deren Gegenstand die Vorgänge im kranken Organismus sind. physisch, gr. physikos ›natürlich‹, körperlich; in Bez. auf höherentw. Organismen auch: leiblich, im Untersch. z. 8psychisch. Pietät, lat. piëtas, eigentl. 8Frömmigkeit, dann Hochachtung, 8Ehrfurcht vor Eltern, Ahnen, Lehrern usw., auch vor Einrichtungen und
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Dingen; heute fast nur noch gebr. für taktvollen Umgang mit Toten. Im Römischen war pietas ausschließlich die zwischen Eltern und Kindern sich kundgebende pflichteifrige Gesinnung. Als Göttin erhielt sie 181 v. Chr. einen Tempel in Rom. Piëtismus (lat. piëtas ›Frömmigkeit‹), um 1675 aufgekommener Name für eine von den Niederlanden ausgehende, durch G. Terstegen und Ph. J. Spener in Deutschland hervorgerufene, in A. H. Francke und N. L. v. Zinzendorf den Höhepunkt erreichende relig. Richtung im Protestantismus. Der P. richtet sich gegen die protestantische 8Orthodoxie und deren Forderung, daß nur der Dogmenglaube zur Erlösung führe. Der P. wurde urspr. als gegen das Kirchenchristentum gerichtete Protestbewegung verstanden. Kennzeichen: 8Demut, 8Frömmigkeit, Glaube an die Notwendigkeit der Bekehrung, Abkehr von der Welt, dem ›Jammertal‹ oder ›Sündenpfuhl‹, Absonderung von traditionellen sozialen Bindungen (8schöne Seele), Bildung von sog. Brüdergemeinden, in denen die Erleuchteten und Bekehrten sich zusammenschließen und andere zwecks Bekehrung aufnehmen, Distanzierung von der Wissenschaft zugunsten des religiösen 8Gefühls. Pilatusfrage, die skeptische, den 8Zweifel, ob es überhaupt eine allgemeingültige Wahrheit gibt, ausdrückende Frage »Was ist Wahrheit?«, wie sie Pilatus nach Joh. 18, 38 an Jesus gestellt haben soll.
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Plancksches Wirkungsquantum, das von dem Physiker M. Planck (1900) festgestellte Mindestmaß der ›Wirkung‹, d. h. des Produktes aus 8Energie und Zeitdauer oder, bei einer Bewegung, aus Wegstrecke und 8Impuls, das bei 8atomaren Vorgängen beobachtet ist. Plasma, gr. der Bildungsstoff, der Lebensstoff, die lebende Substanz; 1. in der Biologie in der Zelle die den Kern umgebende Hülle; svw. 8Protoplasma. 2. in der Physik und in der Chemie ein elektr. leitendes Gemisch aus Ladungsträgern (Elektronen, Ionen) sowie elektr. neutralen Atomen und Molekülen, die sich im Zustand der Wärmebewegung befinden. Plasmaphysik ist ein Teilgeb. der Physik, in dem die chem. und physik. Eigenschaften der 8Materie erforscht werden, die sich in einem (neben ›fest‹, ›flüssig‹ und ›gasförmig‹) ›vierten‹ 8Aggregatzustand, dem Plasmazustand befinden. Plastizität, Neub. aus gr. plastos ›gebildet‹, geformt; 1. in den Bildenden Künsten Bildhaftigkeit, insof. auch Anschaulichkeit, Körperhaftigkeit; 2. in Physik und Technik: Formbarkeit, Veränderlichkeit; in diesem Sinne die Eigenschaft fester Körper, auf äuß.ere Einwirkungen hin Verformungen zu zeigen; 3. in der Biologie: Fähigkeit eines Organismus, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen (8Adaptation, 8Anpassung), so z. B. dadurch, daß einzelne Strukturen des Organismus ausgefallene Funktionen anderer Teile dess. übernehmen; in den Sozialwiss. in diesem Sinne Bez. für die
Plerotismus
Lern- und Anpassungsfähigkeit von Menschen an Umweltbedingungen, Reaktionsfähigkeit in bezug auf Außenreize (8Milieu, 8Akkomodation). Platonismus, die Philosophie Platos, insbes. seine Ideenlehre (8Idee) in ihrer Entwicklung und ihren Abwandlungen vom P. der 8Akademie über den 8Neuplatonismus, den P. des Mittelalters, den der Renaissance seit der Gründung der platonischen Akademie in Florenz bis zu der kritischen Verwendung platonischer Erkenntnisse in der neueren idealistischen Philosophie (8Idealismus). platonische Liebe, 8Liebe im Sinne der 8Eros- Lehre Platos, der im Symposion (183 C) den Pausanias sagen läßt, daß »der gemeine Liebhaber, der den Leib mehr liebt als die Seele, schlecht« sei. Später Auffassung eines Verhältnisses von Menschen verschiedenen Geschlechts bei Ausschaltung der ›Sinnlichkeit‹. Pleonasmus, gr. / lat.; in der Rhetorik ein redundanter Zusatz (8Redundanz) in einer Wortkombination (z. B. ›weißer‹ Schimmel), auch als Stilmittel ausdrücklich benutzt (für mich ›selber‹). Plëroma, gr. ›die 8Fülle‹, bei dem Gnostiker Valentinus die Gesamtheit des aus dem 8Urgrund durch 8Emanation hervorgehenden, göttlichen Lebens im Gegensatz zum kenoma, dem Leeren, der wesenlosen Finsternis oder dem 8Chaos. Plerotismus, Neub. von gr. plërës ›voll‹; die Lehre, nach der die Materie eine zusammenhängende, das Weltall füllende, ins Unendliche
pluraler Satz
teilbare Masse ist, die ein 8Kontinuum bildet; Gegensatz: 8Atomismus. pluraler Satz (lat. pluralis ›Mehrzahl‹), in der Logik ein Urteil mit mehreren Subjekten, z. B. »Plato, Kant, Fichte sind Philosophen«, im Unterschied vom generellen Satz, dessen Subjekt ein Allgemeinbegriff ist. Pluralismus, Neub. Chr. Wolffs (aus lat. pluralis ›aus mehreren bestehend‹ über Pluralist, Vertreter des P.) für diejenige Lehre der Idealisten, nach der es »mehr als ein Wesen« gibt, im Unterschied zum 8Egoismus (vgl. auch 8Solipsismus), der Auffassung derjenigen 8Idealisten, die »sich für das einzige wirkliche Wesen halten« (VGG I, Vorr.), erweitert bei I. Kant (Anthrop. § 2): »Dem Egoismus kann nur der P. entgegengesetzt werden, d. i. die Denkungsart, die sich nicht als die ganze Welt in seinem Selbst befassend, sondern als einen bloßen Weltbürger zu betrachten und zu verhalten«; im weitesten Sinn jede Lehre, die im Unterschied zum 8Monismus und 8Dualismus eine Vielheit von Weltprinzipien, Urelementen oder Urwesen annimmt, die sich nicht aufeinander zurückführen, auseinander ableiten oder zu einer Einheit zusammenfassen lassen, z. B. die mittelalterliche Lehre von einer Mehrheit substantieller Formen in einem Wesen, die Annahme mehrerer von Menschen bewohnter Welten, die Lehre, daß der Staat nur ein soziales Gebilde neben anderen wie die Kirche, die Wirtschaft usw. sei, ohne ihnen übergeordnet zu sein.
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Im 20. Jh. wird P. auch verw. als Begr. der Wissenschaftsmethodologie, z. B. in Komposita wie Methodenpluralismus, Erkenntnispluralismus, Theorienpluralismus, mit denen entweder das Vorliegen konkurrierender Auffassungen über Verfahren der Erkenntnisgewinnung bezeichnet wird oder mit denen die Berücksichtigung unterschiedlicher Forschungsansätze ausdrücklich postuliert wird. In Feldern ideolog. Auseinandersetzungen, inbes. in der Politik (z. B. im Begr. Parteienpluralismus) bez. der Begr. das Prinzip der Konkurrenz unterschiedlicher Programme; er kann aber auch als normativer Begriff zur Einforderung des Respekts vor anderen Überzeugungen (8Toleranz) und der Chancengleichheit in Wettbewerbssituationen verwendet werden. Plutokratie, gr., ›Herrschaft des Reichtums‹, Geldherrschaft (8Kapitalismus). Pneuma, gr. ›Hauch‹, Atem; in der gr. Philosophie eine luftartige, ätherische Substanz, die im Menschen das Atmen und den Pulsschlag bewirkt und deshalb, bes. von den 8Stoikern, als Lebensprinzip, Seelenkraft gedeutet wurde (›Hauchseelentheorie‹). Die Gleichsetzung mit 8Geist und die Überordnung über das Psychische vollzog sich erst im Christentum. Pneumatik, gr. pneumatikë (epistemë), die Lehre vom Pneuma, svw. 8Pneumatologie; Pneumatiker, gr. pneumatikoi, 1. Bez. der Anhänger einer gr. Ärzteschule, die sämtliche physiolog. und pathol. Erscheinungen aus dem Pneuma
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als einer feinen, den ganzen Körper durchdringenden Substanz erklären wollten; 2. im N. T., bei den Gnostikern und den christl. Theologen die vom Heiligen Geist Ergriffenen, die vor der übrigen Menschheit, auch vor der Gemeinde als bes. Begnadete gelten, im Unterschied zu den Hylikern (8Hylismus) und 8Psychikern. Pneumatisch, luftig, luftartig, geistig; daher pneumatische Organe: Atmungsorgane, pneumatische Behandlung: Luftkur, pneumatische Chemie: der von den Gasen handelnde Teil der Chemie; pneumatische Exegese: die Auslegung der Bibel, bei der nicht die wissenschaftl.- philologische Arbeit, sondern der Heilige Geist den Sinn der Worte erschließt. Pneumatologie, Neub. aus gr. pneuma (8Pneuma) und logos ›Lehre‹; die Geistlehre, Geisteslehre oder Geisterlehre, in der Philosophie »die Wissenschaft von dem notwendigen Wesen eines Geistes und von denen Unterschieden und Eigenschaften, welche sich daraus a priori ergeben« (Crusius, Entwurf d. nothwend. Vernunftwahrheiten, 1745, § 424), die metaphysische Psychologie, in der die Seele als eine geistige Substanz gilt (I. Kant, KdU § 89). In der Theologie ist P. die Lehre von den Geistern, Engeln, Dämonen usf. poiësis, gr. ›Hervorbringen‹, in der Philosophie die kunstgemäße Herstellung eines Produktes durch den Menschen (vgl. Plato, Sophistes 264 ff.). Aristoteles hat p. systematisch von 8Praxis unterschieden: 8Kunst (p.) hat ihre Qualität aus-
Poetik
schließlich in sich selbst, die 8Tugend (Praxis) dagegen hat kein Produkt, setzt aber eine wissentliche Entscheidung zum Gerechten voraus, deren die p. nicht bedarf (Nik. Ethik 1105 a). Insofern sind nicht nur Handeln und Hervorbringen, sondern auch Kunstprodukt und Naturprodukt zu unterscheiden: Ein Naturgebilde hat seine Ursache in sich, das Werk vermittelt sich durch die p. im produzierenden Menschen (ebd. 1139/40). Diese Auffassung hat bis heute unser Verständnis von 8Kunst beeinflußt und ist vor allem im Begriff der 8Poetik als philosophische Theorie der Dichtung präsent. Im engeren Sinn bedeutet das Wort p. Dichtung (vgl. Plato, Symposion 205 b). Die von Aristoteles (insbes. in der Nik. Ethik und in der Poetik) getroffenen Unterscheidungen lassen sich bis in die moderne 8Ästhetik hinein verfolgen: In der Abgrenzung von 8Ästhetik und 8Ethik (8Autonomie der Kunst, 8Zweckmäßigkeit ohne Zweck) oder in der Auseinandersetzung um das Verhältnis von Naturschönem und Kunstschönem (8schön, 8Poetik). Poetik, gr. poiëtikë (epistemë), die Wissenschaft von der Dichtkunst, der Teil der 8Ästhetik, der von der Kunstgestaltung im Wort, ihrem Wesen, ihren Formen und Arten handelt. Der erste Satz des der P. Namen und Tradition gebenden Werkes Peri poiëtikës von Aristoteles begreift die Dichtung in zweierlei Hinsicht als den Gegenstand der P.: 1. in der Begründung des Prinzips der Dichtung (8Mimesis), 8Wirklichkeit durch 8Kunst auf be-
poietisch
stimmte Weise nachzuahmen; 2. als Untersuchung der Gattungen der Dichtung und ihrer verschiedenen Eigenschaften (die Frage jeder normativen P.: Wie soll ein Werk der Dichtung beschaffen sein, d. h. geschaffen werden?). Neben die qualitative Bestimmung des Werkes in sich tritt als drittes Moment der P. die Frage nach der Wirkung der Dichtung auf ihre Rezipienten (8Katharsis). Die ars poetica des Horaz (De arte poetica, ein Lehrbrief in gebundener Rede) hat den aristotelischen Bestimmungen, denen sie im Kern folgt, noch das Prinzip des Dichtens als regelgeleitete Tätigkeit hinzugefügt. In den nicht- philosophischen Regelpoetiken (P. Corneille und N. BoileauDespréaux im französischen Klassizismus, M. Opitz und J. Chr. Gottsched in Deutschland) ist dieses Moment gegenüber der genuin philosophischen Dichtungstheorie in den Vordergrund getreten. A. G. Baumgarten integriert den philosophischen Problembestand der P. in seine erkenntnistheoretische Begründung der 8Ästhetik: Danach sei Ästhetik als Einheit von Theorie sinnlicher Erkenntnis, Theorie des Schönen und Kunsttheorie der umfassendere Begriff, von dem her die Erkenntnisbedeutsamkeit der Gegenstände sowohl der P. als auch der 8Rhetorik philosophisch entfaltet wird (vgl. Aesthetica, 175058, §§ 1- 13, bes. 4 und 5). Diese Aufhebung der P. – die eine Theorie des ästhetischen Gegenstandes ist – in eine Theorie der Erscheinung dieses Gegenstandes in der Erkenntnisweise des Subjekts korre-
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spondiert einem im 18. Jh. sich grundsätzlich verändernden Kunstverständnis, nach dem 8Kunst nicht mehr primär als in sich nach Prinzipien gebildetes Objekt, sondern aus der freien Subjektivität sowohl des Künstlers (8Genie) als auch des Rezipienten (8Geschmack) begriffen wird. Aufhebung der P. in der Ästhetik als der übergreifenderen philosophischen Disziplin heißt aber auch, die Notwendigkeit einer Theorie des gedichteten Gegenstands festzuhalten und die Wirkungen auf das Subjekt aus der Seinsweise der Kunst (8Schein) zu entwickeln. Ein nachklassischer Begriff der P. bezieht sich primär auf die theoretische Reflexion der Dichtung und der Literatur im allgemeinsten Sinn: P. beschäftigt sich seitdem zentral mit der Theorie der Sprachlichkeit der Dichtkunst (8Hermeneutik), speziell auch mit den theoretischen Äußerungen eines Dichters über sein poetisches Selbstverständnis, und geht dabei ein in die philologische Literaturtheorie. Dazu poetisch, svw. 8poietisch, aber meist in der engeren Bedeutung: dichterisch, zur Dichtkunst gehörig, gebräuchlich. poietisch, gr. poiëtikos ›zum Machen, Schaffen gehörig‹; gestalterisch, bildnerisch, das Schaffen betreffend, im Unterschied zu 8praktisch und 8theoretisch; zuerst bei Plato (nach Diogenes Laertius III, 84): »Die Wissenschaft ist dreifacher Art: die erste eine ausübende (praktische), die zweite ein Herstellen von etwas (p.), die dritte betrachtend (theoretisch).«
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Unter den Beispielen für die erste wird die Politik, für die zweite die Architektur, für die dritte die Geometrie genannt. Die gleiche Einteilung bringt Aristoteles (Met. VI 1, 1025 b 25). Polarität, von gr. polos ›Pol‹ über frz. polarité, das Vorhandensein zweier als Endpunkte des Durchmessers eines Kreises oder einer Kugel gedachter Pole; das Auseinandertreten einer Kraft in zwei entgegengesetzte und zur Wiedervereinigung strebende Wirkungsreihen, die sich gegenseitig bedingen, ergänzen oder neutralisieren. Die P. ist in der Naturbetrachtung J. W. v. Goethes das Grundprinzip der Natur; auf dem Wechsel von gegensätzlicher Aufspaltung, Spannung, Ergänzung und Wiederzusammenfügung beruht ihr Wirken. Auch die Farbenlehre hat J. W. v. Goethe auf dem Prinzip der P. aufgebaut. Politik, von gr. ta politika ›die Staatsgeschäfte‹; auch von gr. hë politikë ›Wissenschaft des Politischen‹; als wissensch. Disziplin urspr. die Kunstlehre zur Führung der Belange der Polis, (›Stadtstaat‹), später: allg. des 8Staates; die heutige Bedeutung als Sammelbegriff für sämtliche auf staatl. Ordnung und auf gesellschaftliche Organisationen bezogenen Formen der Praxis hat P. (im Deutschen) erst im 19. Jh. erhalten. politische Philosophie, 1. Klassifikationsbegriff für Theorien (8Ideologien), welche eine politische Programmatik enthalten. 2. bis ins 19. Jh. Synonym für ›Politikwissenschaft‹ (im heutigen Sinne). 3. Erst
Polymorphie
im 20. Jh. erhielt der Begr. p. Ph. die eingrenzende Bedeutung ›Politik- Theorie‹ im Rahmen der Disziplin ›Wissenschaft von der Politik‹ (auch ›Politikwissenschaft‹, ›p. Wissenschaft‹ oder ›Politologie‹ gen.), um den theoret. fundierenden Teil dieser Disziplin von den empirischen und historiographischen Aspekten zu unterscheiden. 4. Einer der Bereiche der 8praktischen Disziplinen der Philosophie, urspr. 8Politik genannt (Aristoteles: Politika; Joh. Althusius: Politica methodice digesta, EA 1603; J. Lipsius: Politicorum sive civilis doctrinaerum libri, EA 1589), in diesem Sinne auch im 20. Jh. als Disziplinbegriff wieder aufgenommen als Synonym für 8Sozialphilosophie, soweit diese sich mit Gesellschaftsordnungen beschäftigt. Polyhistor, gr., ›der Vielwisser‹, der in vielen Wissenschaften bewanderte Gelehrte. Polylemma, gr. ›vielteilige Annahme‹ (8Dilemma). Polymathie, gr., ›das Viellernen‹, die Gelehrsamkeit. Polymorphie, gr., ›Vielgestaltigkeit‹; dazu: polymorph. 1. in der formalen Logik Merkmal von 8Axiomensystemen, welches besagt, daß man diese Modelle nicht nach dem Kriterium der 8Isomorphie aufeinander beziehen kann; 2. in der Linguistik die Repräsentation eines grammat. Merkmals (wie z. B. des Plurals) durch unterschiedl. Formen (z. B. durch versch. Endungen wie ›- s‹, ›- en‹, ›- e‹ in: Auto- s, Mensch-en; Tier- e); 3. in der Biologie das regelm. Vorkommen unterschiedl. Individuen innerh.
Polynom
ders. Art; hier auch: Polymorphismus, Heteromorphie. Polynom, ein aus mehr als zwei Gliedern bestehender, z. B. durch Plus- oder Minuszeichen verbundener mathemat. oder log. Ausdruck; dazu: polynomisch: vielgliedrig. polyphyletisch, Neub. aus gr. polys ›viel‹ und phylë ›Stamm‹, vielstämmig, von verschiedenen Stammformen abstammend; Gegenbegriff: 8monophyletisch (8Entwicklungstheorie, 8Abstammungslehre). Polysemie, Neubildg. aus dem Gr., wörtlich ›Zeichenvielfalt‹; in der 8Semantik eine Form der Mehrdeutigkeit (8Ambiguität) von Zeichen, insbesondere von Wörtern; dazu polysemantisch: mehr- , vieldeutig, P. besitzend. Die verschiedenen 8Bedeutungen bzw. Bedeutungsvarianten eines ›Polysems‹ haben dabei einen gemeinsamen Kern oder sind voneinander abgeleitet, so etwa bei dem Wort »Pferd« als Bezeichnung für ein Tier und für ein Turngerät, dessen Form der des Tieres in gewisser Hinsicht ähnelt. Welche Lesart jeweils gemeint ist, wird in der Regel durch den sprachlichen oder situativen Kontext deutlich, in dem das betreffende Wort gerade verwendet wird. P. ist von 8Homonymie zu unterscheiden. Polysyllogismus (8Syllogistik), Schlußkette, bei der der vorhergeh. Schlußsatz als 8Prämisse des folgenden Syllogismus dient. Polysyndeton, Neub. aus dem Gr., wörtlich ›vielfach gefesselt‹; im Unterschied zum 8Asyndeton, dem unverbundenen Satzglied, ein Satz oder Satzteil, der mit anderen
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durch Bindewörter verbunden ist (z. B. ›Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes‹); dazu: polysyndetisch. Polytheismus, die Vielgötterei, der Glaube an viele Götter. Gegensätze: 8Monotheismus, 8Henotheismus. Polytomie (gr. tomë ›Abschnitt‹, ›Teil‹), die Vielteilung; in der Logik eine 8Einteilung mit vielen Einteilungsgliedern. Popularphilosophen, Neub. von lat. popularis ›volkstümlich‹, Name einer Schriftstellergruppe des 18. Jh., zuerst bei D. Diderot (Pensées sur l’interprétation de la nature, 1754) als Vertreter einer philosophie populaire bez. Zu den P. zählte, wer die Lehren der Aufklärungsphilosophie weiten Kreisen vermittelt und verständlich zu machen suchte. Zu ihr gehörten Fr. Nicolai, M. Mendelssohn, J. A. Eberhard, Chr. Garve, J. J. Engel, Th. Abbt u. a. Später wurde der Ausdruck auf alle Philosophen, die philosophische Gedanken gemeinverständlich formulieren, meist mit der Nebenbedeutung mangelnder Gründlichkeit übertragen. Position, lat., 1. das Setzen, 2. die Lage, Stellung; in der Philosophie 1. die Setzung, die 8Annahme (»gesetzt, daß ...«, »angenommen, daß ...«), 2. die Bejahung eines Urteils im Gegensatz zur 8Negation, 3. die Behauptung des Daseins eines Dinges. Vgl. 8Setzung. positiv, lat., 1. bejahend, im Gegensatz zu 8negativ, 2. daseiend, wirklich vorhanden, tatsächlich, im Gegensatz zum nur Gedachten, Ideellen, durch Denken Konstru-
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ierten (s. auch 8Zahl). So ist positives Recht das tatsächlich zu einer bestimmten Zeit für eine bestimmte staatl. organisierte Gesellschaftsordnung gesetzte Recht, im Unterschied zum Vernunft- oder 8Naturrecht. Positive Religionen sind die wirklichen, geschichtlichen Religionen, im Unterschied zu idealen Gebilden einer Vernunftreligion oder einer ›8natürlichen Religion‹ oder einer dem Einzelnen überlassenen Ausdeutung der religiösen Überlieferung als 8Mythos. Unter positiver Philosophie versteht Fr. W. J. Schelling (Berliner Antrittsvorlesung, 1841) im Gegensatz zur 8negativen Philosophie eine auf religiöse Erfahrung aufbauende, das Irrationale berücksichtigende Philosophie der 8Mythologie und 8Offenbarung. In ganz anderer Bedeutung wird der Begriff p.e Philosophie bei A. Comte gebraucht (8Positivismus). Positivismus, von A. Comte eingef. Ausdruck z. Bez. der Wissenschaft und Philosophie, die sich mit der Feststellung des Gegebenen, Tatsächlichen begnügt und sämtliche 8Metaphysik und 8Religion ablehnt (zuerst in: Cours de philosophie positive, 1830 bis 1842, 6 Bde.; dt. EA 1883, 2 Bde.; spätere dt. Ausgaben unter dem Titel ›Soziologie‹). In Deutschland wurden positivistische Positionen vertreten vor allem durch E. Laas, E. Mach, R. Avenarius, E. Dühring, Th. Ziehen, in der englischen Philosophie vor allem durch J. St. Mill. Unter 8Neupositivismus versteht man, im Untersch. zur älteren Tradition, die von dem 8Wiener Kreis ausgehen-
Positivismus
den Richtungen, welche die von den Einzelwissenschaften gestellten Probleme nach den Methoden der Einzelwissenschaften und, wo möglich, in der Sprache der formalen Logik behandeln (8Einheitswissenschaft; 8logischer Empirismus). Die Hauptrichtungen des Neopositivismus sind die an E. Mach ausgerichtete beschreibende Richtung, die sich auf eine theoret. Rekonstruktion des jeweiligen Erfahrungsstoffes beschränkt, und die auf H. Poincaré zurückgehende 8konventionalistische Richtung, die die Ordnungsprinzipien willentlich setzt (8Voluntarismus). Rechtspositivismus, eine jurist. Richtung, welche das 8Recht mit dem in Gesetzen, Satzungen, Grundsatzurteilen usw. gegebenen sog. positiven (d. h. durch Beschluß und Verkündung ausdrücklich gesetzten) Recht gleichsetzt, unter Ablehnung sowohl des 8Naturrechts wie aller nicht ausdrücklich in einem Gesetz zugelassener Maßstäbe und Wertungen. In der 8Rechtsphilosophie bedeutet er vor allem die Ablehnung jeglicher Begründung der Rechtswissensch. durch eine 8Metaphysik. Der Rechtspositivismus wandte sich aber auch gegen die 8historische Schule, mit der er durch den 8Historismus des 19. Jh. zusammenhängt und von der er vor allem die Ablehnung des Naturrechts übernommen hat. Der rechtssoziologische P. (R. v. Ihering, Der Zweck im Recht, 1877) definiert das Recht als »den Inbegriff der in einem Staat geltenden Zwangsnormen«. Der juristische P. im engeren Sinne
possest
betont vor allem die formale Selbständigkeit der jurist. Begriffsbildung (besonders ausgeprägt in der Reinen Rechtslehre H. Kelsens, EA 1934), die Unterscheidung des Rechts von der 8Moral und die strenge Bindung der Gerichte an das jeweils gesetzte (›positivierte‹) Recht. Jurist. verbindlich ist demnach nur das, was in formal gültiger Weise zustande gekommen ist. possest, aus posse ›Können‹ und est ›ist‹, das Könnensein, ein von Nik. von Kues (Trialogus de p., 1460, dt. R. Steiger, 1973, 3. Aufl. 1991) gebildeter Ausdruck für das Göttliche, in dem Möglichkeit (Können) und Wirklichkeit (Sein), gr. dynamis und energeia, lat. potentia und actus, nicht als getrennt gedacht werden können (8coincidentia oppositorum). Possibilität, lat., die 8Möglichkeit. Postexistenz, neulat., ›Nachdasein‹, das Fortbestehen der Seele nach dem Tode im Unterschied von ihrer 8Präexistenz. post hoc, lat. ›nach diesem‹, danach; post hoc, ergo propter hoc ›danach, also auf Grund dessen‹, Formel für den Schluß, durch den von der zeitlichen Aufeinanderfolge auf eine ursächliche Verknüpfung gefolgert wird (was nicht immer richtig ist). Postmoderne, ein über die Kunstund Literaturtheorie in die Philosophie gekommener Begriff, der zunächst einen 8Stil und das ihm korrespondierende nachgeschichtliche Bewußtsein kennzeichnet, in dem heterogene Stile und Stilelemente der Vergangenheit zitiert und kombiniert werden. Zum Epo-
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chenbegriff wurde P. erst in der 2. Hälfte des 20. Jh. zur Kennzeichung von unterschiedl. Literaturgattungen, Architekturstilen sowie Richtungen der Bildenden Kunst, die sich durch die Abkehr von rein funktionalist. Prinzipien der Formgebung auszeichen, welche die Vertreter der P. für ein gemeinsames Merkmal der ›Moderne‹ halten. Dazu: postmodern. Vertreter der P. kritisieren an der künstler. und techn. Produktion der Moderne des 20. Jh., daß sich deren Avantgardisten von vergangenen Perioden durch einen nicht mehr zu rechtfertigenden 8Fortschrittsglauben zu unterscheiden suchen. Postmoderne Kunstproduktion erlaubt insofern eine größere stilist. Vielfalt als die bis dato tonangebende ›moderne‹ Kunst. Als epochale geschichtsphilos. Kategorie wurde P. von A. Toynbee eingef. Er bezeichnet damit den Übergang von beschränkt nationalstaatl. Denken hin zu einer Periode globaler Interaktion, ein Prozeß, mit dem bereits das 19. Jh. beschrieben wird (Toynbee, A Study of History, Bd. 8 und 9, 1954). P. als Bez. für einen Denkstil wird erst seit J.- F. Lyotard (La condition postmoderne, 1979) gebräuchlich. Lyotard entwickelt seine These von der Notwendigkeit postmodernen Denkens, indem er die in der Moderne entwickelte Pluralität und Inkommensurabilität der ›Sprachspiele‹ über 8Wahrheit, 8Gerechtigkeit als gegeben hinnimmt und insbes. gegen deren Legitimationstheorien zu Felde zieht. Das postmoderne ›Wissen‹ »verfeinert unsere Sensibilität für die
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Unterschiede und verstärkt unsere Fähigkeit, das Inkommensurable zu ertragen« (ebd., in dt. Übers. Das postmoderne Wissen, 1980, 9). Mit P. bezeichnet Lyotard die historische Gegenwart, in der die großen Einheit und Sinn stiftenden 8Paradigmen der Moderne wie 8Vernunft und 8Fortschritt in der Geschichte fraglich geworden sind. Positiv bestimmt meint P. den Zustand, in dem die Heterogenität der Wirklichkeit in ihrer Pluralität zur Geltung kommt. Das postmoderne Wissen ist das Bewußtsein dieser unhintergehbaren Pluralität der Wirklichkeit, das entsteht, wenn die Phänomene nicht mehr aus dem Zusammenhang Einheit erzwingender Erzählungen, sondern in ihrer Partikularität wahrgenommen werden. P. impliziert insofern die Auffassung vom ›Ende‹ der (teleologisch ›erzählbaren‹) 8Geschichte. In der weiteren philosophischen Auseinandersetzung verbindet sich mit dem Begriff P. das Motiv der Vernunftkritik, d. h. die Rekonstruktion des philosophischen Selbstverständnisses der Moderne, das sich um den Begriff einer vernunftgeleiteten Autonomie des Subjekts zentriert und im Prozeß seiner Kritik seit dem 19. Jh. reflektiert wird (vgl. J. Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, 1985). Postprädikamente, neulat., ›Nachaussagen‹, die aus den 8Kategorien, die bei den Scholastikern auch 8Prädikamente hießen, abgeleiteten Begriffe. Postulat, lat. das ›Geforderte‹, die Denkforderung (gr. aitëma), zuerst
Postulat
in der gr. Mathematik die Forderung der Ausführung bestimmter Grundkonstruktionen, durch die ein Gegenstand und sein Begriff erzeugt werden; so z. B. das erste P. in den ›Elementen‹ Euklids: Es sei gefordert, daß von einem beliebigen Punkte zu einem andern beliebigen Punkte eine gerade Linie gezogen werde. Hierdurch entsteht die durch zwei Punkte begrenzte Strecke und zugleich ihr definierbarer Begriff. Von diesem mathematischen Begriff des P. geht I. Kant bei der Aufstellung seiner Postulate des empirischen Denkens oder der Grundsätze der 8Modalität in der Kritik der reinen Vernunft aus: »1. Was mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) übereinkommt, ist möglich. 2. Was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich. 3. Dessen Zusammenhang mit dem Wirklichen nach allgemeinen Bedingungen der Erfahrung bestimmt ist, ist (existiert) notwendig.« (A 218) In diesem Sinne nennt I. Kant die Annahme einer Unsterblichkeit, einer 8Freiheit und das Fürwahrhalten des Daseins Gottes P.e. Im Alltagssprachgebr. auch Annahme, Hypothese, Unterstellung; in der 8Wissenschaftstheorie versteht man unter P.en darüber hinausgehend auch die nicht- logischen oder nicht in log. Symbolen ausgedrückten einfachen Ausdrücke eines axiomatischen Systems (8Axiom), in diesem Sinn auch Zusatzannahme. Dazu: postulieren, fordern, als Postulat aufstellen.
potentiell
potentiell, lat., ›möglich‹, die bloße Möglichkeit betreffend; Gegensatz: 8aktual. Das Potential, die Kraft, die Leistungsfähigkeit; in der Physik eine Größe, aus der sich die Energie für eine Bewegung in einem Schwerefeld oder in einem elektromagnetischen Feld errechnen läßt. Die Potentialität, im Gegensatz zur 8Aktualität die 8Möglichkeit, die Wirkungskraft. Potenz, von lat. potentia das ›Können‹, die innewohnende 8Möglichkeit einer 8Kraft; philosophisch oft gebrauchter Begriff der Kategorie der 8Modalität (vgl. 8Potentialität). In den dt. philosoph. Sprachgebrauch wurde P. eingeführt urspr. als ein Terminus des 8scholast. Denkens: ›potentia‹ (svw. Vermögen, gr. 8dynamis und 8energeia, vgl. 8Energie) als Gegenbegr. zu ›actus‹ (svw. 8Tätigkeit, Tatsächlichkeit, 8Wirklichkeit, Wirksamkeit). In der Mathematik nennt man P. eine Zahlstufe aus gleichen Teilern; in der Biologie bedeutet P. Zeugungsfähigkeit (vgl. 8Vererbung, 8Phylogenese), hier auch: sexuelle Erregbarkeit. Prädestination, lat., ›Vorherbestimmung‹, die theologische Lehre, nach der alles Geschehen in der Welt durch den Willen eines persönlichen Gottes vorherbestimmt sein soll, im Unterschied zum Glauben an das 8Schicksal als eine unpersönliche Macht (8Fatalismus) und zur Vorherbestimmung durch das Naturgesetz (8Determinismus), vor allem aber zur 8Freiheit (8Indeterminismus). Im Christentum wird auf Grund von Stellen wie Röm. 9, 15 ff. unter P. bes. die freie
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Gnadenwahl Gottes verstanden, durch die er die einen ohne ihr Zutun zum Heil erwählt, die andern verwirft (8Gnade). Durch Augustin erhielt die P. ihre strenge Fassung als Vorausbestimmung zur Seligkeit oder zum Verderben und ihre Begründung aus der Heilsgeschichte: die durch den Fall der Engel verletzte Harmonie der himmlischen Welt soll dadurch wiederhergestellt werden, daß Gott aus den durch 8Sündenfall und 8Erbsünde verderbten Menschen einige zum Ersatz der gefallenen Engel auserwählt hat, während er die übrigen ihrem irdischen 8Schicksal überläßt. Innerhalb der kath. Kirche hat sich diese Lehre mit allen ihren Konsequenzen nicht durchsetzen können; nur J. Calvin erhob sie zu einem verbindl. Glaubensprinzip. Im 8Jansenismus wurde eine gegenüber Calvin nur wenig gemäßigtere P.slehre vertreten, konnte sich aber gegen den Widerstand der offiziellen Amtsträger der kath. Kirche nicht halten. Prädeterminismus, Neub. aus lat. prae ›vor‹ und 8Determinismus, die Lehre von der Vorherbestimmtheit aller menschlichen Handlungen und Schicksale durch den Willen Gottes (8Allmacht, 8Willensfreiheit). Prädikabilien, lat. praedicabilia, gr. katëgoroumena, die ›aussagbaren‹ Dinge; bei den Scholastikern die in der Einleitung (eisagôgë ) des Porphyrius in die Kategorienlehre des Aristoteles (die den Untertitel ›Über die fünf Wörter‹ hatte) behandelten fünf Prädikats- oder Allgemeinbegriffe (praedicabilia,
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universalia): Gattung (genus), Art (species), Unterschied (differentia), eigentümliches oder charakteristisches Merkmal (proprium), hinzutretendes oder zufälliges Merkmal (accidens); bei I. Kant nicht selbst die Kategorien, sondern die aus seinen 8Kategorien (8Prädikamenten) abgeleiteten reinen Verstandesbegriffe: z. B. aus der Kategorie der 8Kausalität die P. der Kraft, der Handlung und des Leidens. Kant ordnet z. B. die Veränderung unter die Kategorie der 8Modalität und unterscheidet zwischen den P. des Entstehens und Vergehens (KrV, B 108). Prädikamente, lat., ›die Aussageweisen‹, 8Kategorien. Prädikat, lat. (gr. katëgorëma), das ›Ausgesagte‹; in der trad. 8Sprachwissenschaft und 8Grammatik die Satzaussage, das, was von einem bestimmten Gegenstand gesagt wird: In »Kuno lacht« wird durch das Prädikat »lacht« von Kuno gesagt, daß er lacht. In der modernen 8Logik und 8Sprachphilosophie versteht man unter P.en Ausdrücke, die entstehen, wenn man die in einfachen Sätzen wie »Kuno lacht«, »Fritz ist größer als Hans« oder »Osnabrück liegt zwischen Bremen und Münster« vorkommenden 8Namen streicht bzw. durch 8Gegenstandsvariablen x, y, z ersetzt: »... lacht«, »... ist größer als ...«, »... liegt zwischen ... und ...« (symbolisch L(x), G(x,y), Z(x,y,z) u.ä.). Häufig nennt man solche Terme auch Prädikatoren, »Satz- « bzw. »8Aussageformen« oder »offene Sätze«. Nach der Zahl der durch Variablen belegten Stellen unter-
Prädikat
scheidet man zwischen ein- , zweiund mehrstelligen P.en. Mehrstellige P.e werden oft auch als 8Relationen bezeichnet. Ferner ist zwischen P.en verschiedener Stufen zu unterscheiden. Die bislang angeführten P.e sind P.e erster Stufe; P.e zweiter Stufe erhält man, wenn man in Sätzen wie »›x ist größer als y‹ ist eine Relation« den Namen »x ist größer als y« für ein P. erster Stufe durch eine Variable x ersetzt: »x ist eine Relation«. Mit Hilfe von P.en zweiter Stufe kann man über P.e erster Stufe reden. Ganz analog führt man P.e dritter und höherer Stufe ein. Die »Kerne« von P.en – »lacht« (L), »ist größer als« (G) etc. – werden häufig als Prädikatkonstanten bezeichnet. P.e bzw. P.konstanten sind ein wichtiger Bestandteil der Sprache der 8Prädikatenlogik. In semantischer Hinsicht (8Semantik) ist zwischen der Intension und der Extension (8Intension/Extension) von P.en zu unterscheiden: Als Intension eines nstelligen P.es betrachtet man einen n- stelligen 8Begriff, wobei häufig einstellige Begriffe »Eigenschaften«, mehrstellige »Beziehungen« genannt werden. Die Intension des P.es »x lacht« ist also z. B. die Eigenschaft zu lachen. Die Extension eines einstelligen P.es ist die 8Menge aller Dinge, die die Eigenschaft haben, die das P. ausdrückt; die Extension eines zweistelligen P.es ist die Menge aller geordneten Paare von Dingen, die in der durch das P. ausgedrückten Beziehung zueinander stehen, usw. – Die Handlung, bei der einem Gegenstand mit Hilfe eines P.es eine Ei-
Prädikatsbegriff
genschaft zu- oder abgesprochen wird, nennt man 8Prädikation (dazu: prädizieren); dabei wird (im einstelligen Fall) die 8Variable des P.s wieder durch einen Gegenstandsnamen ersetzt, wodurch ein Satz entsteht: aus »x lacht« wird »Kuno lacht«. Eine andere Möglichkeit, aus einem P. einen Satz zu gewinnen, liegt in der 8Quantifikation. Prädikatsbegriff (lat. maior terminus), Begriff, der im 8Obersatz (der »Maiorprämisse«) und an zweiter Stelle der 8Konklusion eines syllogistischen Schlusses vorkommt; vgl. 8Syllogistik. Prädikatenlogik, ein System der formalen 8Logik, das man als Verfeinerung und Erweiterung der 8Aussagenlogik auffassen kann. Während einfache Aussagen wie »Andrea ist ein Mensch« und »Andrea liebt Bernd« in der Aussagenlogik nur durch 8Aussagenkonstanten p, q repräsentiert werden können, erlaubt die P. die Explikation ihrer Binnenstruktur. In der Sprache der P. werden ein- oder mehrstellige 8Prädikate wie »... ist ein Mensch« und »... liebt ...« in der Regel durch Ausdrücke der Form M(x) und L(x,y) dargestellt, in denen die 8Gegenstandsvariablen x,y, ... die »Leerstellen« der Prädikate symbolisieren. Die Zeichen »M«, »L«, ... nennt man Prädikatkonstanten. Namen wie »Andrea« und »Bernd« werden durch 8Gegenstandskonstanten a,b,... vertreten. Die Beispielsätze lassen sich dann feiner als in der Aussagenlogik durch M(a) bzw. L(a,b) wiedergeben. Die P. ist insofern ei-
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ne echte Erweiterung der Aussagenlogik, als sie zum einen deren Regeln bezüglich der 8Junktoren voraussetzt und zum anderen den 8Existenzquantor »Es gibt ein Ding x (aus einem vorausgesetzten nichtleeren Grundbereich G), für das gilt: ...« (symbolisch ∃ x) und den Allquantor »Für alle Dinge x (aus G) gilt: ...« ( ∀x) als zusätzliche 8logische Partikeln behandelt. (Der Grundbereich ist, intuitiv gesprochen, die Menge aller Gegenstände, die jeweils in Betracht gezogen werden. Das können ganz verschiedene Mengen sein: Die endliche Menge aller Lebewesen, die unendliche aller natürlichen Zahlen usw. Zuweilen gibt man den Grundbereich in der formalen Notation explizit mit an und schreibt etwa ∃ x∈G bzw. ∀x∈G.) Mit Hilfe der Quantoren können 8Existenzund 8Allaussagen der Art »Es gibt (in G) einen Menschen« und »Alle Menschen (aus G) lieben Bernd« symbolisiert werden: ∃ x (M(x)), ∀x (M(x) → L(x,b)). In der 8Semantik der P. werden den Gegenstandskonstanten a, b,... Dinge aus G zugeordnet (z. B. Andrea, Bernd), einstelligen Prädikatkonstanten wie M 8Mengen von Dingen aus G (z. B. die Menge aller Menschen aus G); zweistellige Prädikatkonstanten wie L stehen für Mengen geordneter Paare von Dingen aus G (z. B. die Menge aller Paare x,y aus G, für die gilt, daß x y liebt), dreistellige Prädikate für Mengen von geordneten Tripeln usw. Ein einfacher Satz M(a) der Prädikatenlogik ist genau dann wahr, wenn der durch a bezeichne-
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te Gegenstand (etwa Andrea) Element der durch M bezeichneten Menge (z. B. der aller Menschen in G) ist. ∃ x (M(x)) ist genau dann wahr, wenn es (in G) ein Ding gibt, das Element der durch M benannten Menge ist, ∀x (M(x)), wenn alle Dinge Elemente dieser Menge sind. Für mehrstellige Prädikatkonstanten gilt Entsprechendes. Die 8Wahrheitsbedingungen, die die Bedeutung der Junktoren bestimmen, sind dieselben wie in der Aussagenlogik. Die prädikatenlogisch wahren Aussagen oder 8Tautologien, die anzugeben das Ziel der P. ist, sind dann genau die, die allein aufgrund dieser semantischen Festlegungen wahr (8allgemeingültig) sind. Recht leicht macht man sich etwa klar, daß F(a) → ∃ x(F(x)) prädikatenlogisch wahr ist. Analog zur Aussagenlogik kann man auch definieren: Ein 8Schluß von irgendeiner durch p symbolisierten Aussage auf eine Aussage q ist genau dann prädikatenlogisch gültig (p ⇒ q), wenn p → q prädikatenlogisch wahr ist. Entsprechend ist der Schluß von F(a) auf ∃ x(F(x)) prädikatenlogisch gültig (F(a) ⇒ ∃ x(F(x))). – Im Unterschied zur Aussagenlogik ist die P. nach einem Resultat von A. Church nicht 8entscheidbar : Es gibt kein mechanisches Verfahren, mit dessen Hilfe man für alle Aussagen entscheiden könnte, ob sie prädikatenlogisch wahr sind. Man ist hier auf beweistechnisches Geschick angewiesen. – Ohne einen unmittelbaren Bezug auf die 8Semantik lassen sich die prädikatenlogisch wahren Aussagen auch rein
Prädikatenlogik
syntaktisch (8Syntax) bestimmen, nämlich durch 8Kalküle, in denen sie mit Hilfe von 8Ableitungsregeln aus 8Axiomen gewonnen werden. Ein bekanntes System besteht aus den Axiomen (A1) - (A3) der Aussagenlogik, dem zusätzlichen Axiom (A4) ∀ x (F(x)) → F(a), der aussagenlogischen Ableitungsregel des 8Modus ponens und der Regel der hinteren Generalisierung: Wenn p → F(a) ableitbar ist, so ist auch p → ∀x(F(x)) ableitbar (dabei komme die Gegenstandskonstante a in p → ∀ x(F(x)) nicht vor). Dieser Kalkül ist »adäquat« (K. Gödel 1930), d.h. seine Axiome und alle aus ihnen ableitbaren Aussagen sind prädikatenlogisch wahr, und alle prädikatenlogisch wahren Aussagen sind in ihm ableitbar; er ist damit auch widerspruchsfrei (8Widerspruchsfreiheit) und vollständig (8Vollständigkeit). – Man kann diese elementare Prädikatenlogik auf verschiedene Weisen erweitern. Zum einen kann man weitere logische Partikeln einführen; eine wichtige Partikel ist etwa das Identitätssymbol › = ‹, mit dessen Hilfe das wichtige 8Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen ∀xy(x = y → (F(x) →F(y))) formulierbar wird – für alle Gegenstände x und y gilt: Wenn x mit y identisch ist, dann hat y die Eigenschaft F, wenn x sie hat. Zum anderen kann man die elementare P. zu einer P. höherer Stufe erweitern, indem man es erlaubt, über Prädikate zu quantifizieren. In der P. zweiter Stufe, die für die Logik der Mathematik (8Mathematische Logik) von zentraler Bedeutung
Prädikation
ist, läßt sich z. B. das 8Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren ∀ x ∀ y (∀ F ( F( x) ↔ F ( y )) → x = y) symbolisieren: Für alle Dinge x, y aus G gilt: wenn x und y alle Eigenschaften F gemeinsam haben, dann ist x mit y identisch. Die Prädikatenlogik zweiter Stufe ist nach einem in den 30er Jahren von K. Gödel erzielten Resultat zwar widerspruchsfrei, aber nicht vollständig. – Die traditionelle 8Syllogistik ist in der Prädikatenlogik erster Stufe formalisierbar. Zur Geschichte vgl. 8Logik. Prädikation, zu lat. praedicatio ›Bekanntmachung‹, ›Aussage‹, eine grundlegende Sprachhandlung, durch die im einfachsten Fall einem Ding mit Hilfe eines 8Prädikates eine Eigenschaft zu- oder abgesprochen wird. So spricht man durch eine Äußerung des Satzes »Sokrates ist ein Mensch« Sokrates mit Hilfe des Prädikates »x ist ein Mensch« die Eigenschaft zu, ein Mensch zu sein. Im komplexeren Fall einer P. verwendet man mehrstellige Prädikate, um auszusagen, daß Dinge in gewissen Beziehungen zueinander stehen: Durch eine Äußerung von »Hans unterhält sich mit Sabine« wird mit Hilfe des zweistelligen Prädikates »x unterhält sich mit y« ausgedrückt, daß Hans und Sabine in der Beziehung des Sich- miteinander- Unterhaltens stehen. – Zuweilen nennt man auch Aussagen wie »Sokrates ist ein Mensch« und »Hans unterhält sich mit Sabine« selbst, nicht die Akte ihrer Äußerungen, P.en. – (Einfache) P.en erlauben es, die Welt sprachlich in
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verschiedene Arten von Dingen zu gliedern. Hierin liegt ihre fundamentale Bedeutung. Die Fragen, wie die Fähigkeit zum Vornehmen von P.en erlernt wird und ob P.en in allen natürlichen Sprachen eine zentrale Rolle spielen, sind wichtige Themen der 8Sprachphilosophie und - wissenschaft sowie der 8logischen Propädeutik. Prädikatvariable, zu 8Prädikat und 8Variable, in der 8Prädikatenlogik ein schematischer Buchstabe, der stellvertretend für beliebige Prädikate einer bestimmten Stellenzahl steht. Prädisposition, aus lat. prae ›vorher‹ und 8Disposition, die im voraus bestimmte 8Anlage, der Hang; vgl. 8Neigung. praeambula fidei, mlat. ›Glaubensvoraussetzung‹; scholastische Bez. für Erkenntnisse, die den Glauben begründen oder befördern können. Präexistenz, neulat. ›Vor- dasein‹; das Vorherdasein 1. der Welt als Ideenwelt (8mundus intelligibilis) im Gedanken Gottes vor der Erschaffung der stofflichen Welt, 2. der 8Seele vor ihrem Eintritt in den Leib, 3. des Christus als 8Logos bei Gott vor der Weltentstehung und vor seiner Menschwerdung. Gegenbegriff: 8Postexistenz. Präferenz, von frz. préférence 8Vorzug‹, Vorliebe, Vorrang, Begünstigung. Präformation, lat., ›Vor- bildung‹, Vorausbildung, Vorausgestaltung; Grundbegriff der im 17. und 18. Jh. (G. W. Leibniz, Monadologie § 74; A. v. Haller, Ch. Bonnet u. a.) verbreiteten Präformationstheorie,
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nach der sämtliche Teile eines Lebewesens im Samen oder im Ei schon vorhanden, wenn auch, weil zu klein, noch nicht wahrnehmbar seien. Sie besagt also, daß sowohl in der Einzel- wie in der Gesamtentwicklung niemals eine eigentlich neue, höhere Form entstanden sein könne, sondern immer schon, wenn auch eingewickelt, eingeschachtelt, dagewesen sein müsse. Hier ist alle 8Entwicklung nur Auswicklung, alles Wachstum nur Vergrößerung (8Evolutionstheorie, 8Einschachtelungstheorie); Gegensatz: 8Epigenesis. Von einem Präformationssystem der reinen Vernunft spricht I. Kant (KrV, B 167 f.); er versteht darunter die abzulehnende Voraussetzung, daß die Kategorien »subjektive, uns mit unserer Existenz zugleich eingepflanzte Anlage zum Denken« seien, »die von unserem Urheber so eingerichtet wären, daß ihr Gebrauch mit den Gesetzen der Natur, an welchen die Erfahrung fortläuft, genau stimmte«. Pragmatik, bez. in 8Sprachphilosophie und 8Sprachwissenschaft die Theorie des sprachlichen Handelns. Der Begriff geht auf die semiotischen, d.h. allgemeinen zeichentheoretischen Untersuchungen von Ch. W. Morris in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zurück (vgl. 8Semiotik). Er unterschied die P. als Theorie über Zeichen und ihre Verwendung durch Zeichenbenutzer von der 8Syntax und der 8Semantik, die sich mit den rein formalen Eigenschaften von Zeichen bzw. mit ihren Bedeutungen befassen. Über die genaue Grenzziehung zwischen P. und Semantik
Pragmatik
gibt es heute sehr unterschiedliche Auffassungen. Häufig wird die Ansicht vertreten, daß die Semantik die von konkreten Äußerungsbedingungen unabhängigen Bedeutungen von 8Zeichen zum Gegenstand hat, während die P. die Bedeutungen untersucht, die Ausdrücke für Sprecher und Hörer in bestimmten Äußerungssituationen haben. Semantisch betrachtet, d. h. für sich genommen, bedeutet etwa der Satz »Vogelbeeren sind giftig« lediglich, daß Vogelbeeren die Eigenschaft haben, giftig zu sein; in einem konkreten situativen Kontext bedeutet er darüberhinaus noch etwas Spezifisches für den Sprecher und den Hörer. Spricht z. B. ein Erwachsener ihn in Gegenwart eines Kindes aus, das seine Hand gerade nach Vogelbeeren ausstreckt, so beinhaltet er zusätzlich eine Warnung und soll den Hörer dazu bewegen, den Genuß von Vogelbeeren zu unterlassen. Eine systematische Darstellung solcher Zusammenhänge versucht die Theorie der 8Sprechakte, die in der Regel zur P. gerechnet wird. Untersuchungen dieser Art tragen dem Umstand Rechnung, daß Sprache nicht nur und nicht einmal primär zur bloßen Übermittlung von Informationen dient, sondern auch ein Instrument zum Erreichen bestimmter Ziele ist, also Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Ein weiteres Arbeitsfeld, das man häufig zur P. zählt, ist die Erforschung indexikalischer Ausdrücke (8Indexikalität) wie »ich«, »hier«, »jetzt«, »dieses«, »dort« etc., deren Bezug wesentlich von der Situation abhängt, in der
pragmatisch
sie verwendet werden. Schließlich befaßt sich die P. auch mit den Bedingungen, die für das praktische Gelingen sprachlicher 8Kommunikation wesentlich sind. pragmatisch, gr. pragmatikos ›in Geschäften erfahren‹, 1. zum Handeln befähigt, praktisch, der Praxis dienend, 2. der Wohlfahrt, dem allg. Nutzen dienend; pragmatische Geschichtsschreibung, zuerst bei Polybios (Hist. I 2), die Geschichtsschreibung, bei der die Begebenheiten nach ihren inneren ursächlichen Zusammenhängen entwickelt, erforscht und auf das, was sie in Hinsicht des politischen Handelns lehren, befragt werden. Von I. Kant wird p. (in: Anthrop., 1798) im Gegensatz zu physiologisch, naturwissenschaftlich, also fast gleichbedeutend mit ethisch, der Selbsterkenntnis und dem moralischen Handeln dienlich, gebraucht. Vgl. 8praktisch. Pragmatismus, Neub. von Ch. S. Peirce (How to make our ideas clear, 1878) aus gr. pragma ›Handlung‹; im weiteren Sinn jede Philosophie und Lebensanschauung, in der das Handeln über das Denken gestellt und die Entscheidung über die ›Wahrheit‹ einer Theorie aus ihrer praktischen Auswirkung, ihrem Nutzen für das ›Leben‹ gewonnen wird. Pragmatisten, Anhänger des P., in diesem Sinn waren einige Sophisten der Antike, Utilitaristen wie J. Bentham, E. Mach und H. Vaihinger. P. im engeren Sinn ist die Lehre einiger angelsächsischer Denker: Ch. S. Peirce selbst, J. Dewey (Studies in logical theory, 1903), W. James (Pragmatism, a
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new name for some old ways of thinking, 1907, dt. 1908) und F. C. S. Schiller (Axioms as postulates, 1902; Studies in humanism, 1907, dt. 1911). Sein ursprüngl. Programm: Da unsere Gedanken, Urteile und Überzeugungen nichts anderes seien als Regeln für unser Handeln, ist jedes philos. Problem auf seine Bedeutung für die Lebensführung, auf das, was wir vom Leben zu erwarten haben, zu untersuchen, und nur dasjenige weiter zu verfolgen, was unsere Ziele und Hoffnungen zu beeinflussen imstande ist. Seine Hauptkennzeichen: Ablehnung erster Prinzipien, ewiger Wahrheiten, Bewertung des theoretischen Erkennens nach seinem Nutzen für die praktische Lebensgestaltung, schließlich auch Gleichsetzung dessen, was sich erfahrungsgemäß als nützlich bewährt hat, mit dem sittlich Guten, mit dem Wahren (da nur das als wahr gelten soll, was sich aus bestimmten Gründen als gut erweist) und mit dem religiösen Glauben (der um praktischer Zwecke willen bereit ist, wünschenswerten Überzeugungen zu vertrauen, bevor sie sich bewahrheitet haben). Da das Erkennen als Werkzeug für das Handeln gilt, nennt man den P. auch 8Instrumentalismus; s. a. 8Hominismus. prägnant, lat. praegnans ›schwanger‹, voll von etwas, bedeutungsvoll, gedrängt; in gedrängter, klarer und scharfer Formulierung ausgedrückt; dazu Prägnanz, die Gedrängtheit, verbunden mit Kürze und Schärfe des Ausdrucks. praktisch, gr. praktikos ›das Handeln betr.‹, das 8Handeln des
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Menschen im Dienste des Lebens und als Äußerung seines Willens, im Unterschied zu 8theoretisch. Von Plato (vgl. Diogenes Laertius III 84) und Aristoteles (Met. VI 1. 1025 b 25) wurden die Wissenschaften in theoretische, p.e und 8poietische eingeteilt. Die Ausdrücke theoretisch und p. wurden von den Scholastikern übernommen und sind noch heute in der Philosophie wie in der Umgangssprache gebräuchlich. I. Kant läßt seiner Kritik der reinen Vernunft, in der er die theoretisch- metaphysischen Fragen erörtert, die Kritik der praktischen Vernunft folgen, die die ethischen Probleme zum Gegenstand hat und in der er zugleich, da das Ethische oder Praktische bei ihm den Vorrang vor dem Theoretischen hat (8Primat), theoretisch- metaphysische Fragen (wie z. B. die nach der menschl. Handlungsfähigkeit, vgl. 8Freiheit) ethisch beantwortet; p. ist die Vernunft für I. Kant insofern, als sie den Willen und durch diesen das Handeln des Menschen bestimmt und zum Ausschlaggebenden macht (8Postulat, 8Sittengesetz). Unter praktischer Philosophie verstand man ursprünglich nur die 8Ethik, zu der aber auch, z. B. bei Aristoteles (Politika), die Staatskunst (8Politik) zählte. Zu den Gebieten der p.en Philosophie werden im 20. Jh. die 8Rechts- und die 8Sozialphilosophie, insbes. die 8Handlungstheorie, die 8Entscheidungsund 8Spieltheorie, die 8Ethik, die 8Staats- oder 8politische Philosophie gerechnet. Gegenbegriff: theoret. Phil. Soweit menschl. Han-
Präsens
deln im Zentrum philos. Theorien steht, zählen unterschiedl. Autoren auch die philosoph. 8Anthropologie, die 8Ästhetik und die 8Religionsphilosophie zu den Gebieten der p.en Philosophie. prälogisch, Neub. aus lat. prae ›vor‹ und logisch, urspr. nur eine Bez. für die 8Mentalität sog. Naturvölker, die man gelegentlich in irreführender Weise ›mystisch‹ genannt hatte, während man bei ihnen nur einen 8alogischen bzw. 8irrationalen (z. B. an metaphorischer Redeweise orientierten) Sprachgebrauch feststellen konnte. Mit dem Ausdruck p. soll z. B. gesagt werden, daß ihre Sprecher sich nicht, wie die traditionelle 8Logik des Abendlandes, am Satz des zu vermeidenden 8Widerspruchs orientieren. Prämissen, von lat. praemissa die ›Vorausgeschickten‹, die Voraussetzungen, die Vordersätze eines 8Schlusses (insbes. in der 8Syllogistik), von Alfarabi eingef. Ausdruck. prämundan, Neub. aus lat. prae ›vor‹ und mundus ›Welt‹, vorweltlich: 1. vor der Entstehung der Welt vorhanden, 2. dem Subjekt vor jeder konkreten Beziehung zur 8Welt präsent. Präsens, das, lat. praesens ›gegenwärtig‹, die Gegenwartsform des Zeitworts; dazu präsent, gegenwärtig; die Präsenz, die Anwesenheit, die 8Gegenwart, das Gegenwartsbewußtsein; Präsenzzeit, in der Psychologie der als unmittelbar gegenwärtig erlebte 8Augenblick, die zu einem als Einheit empfundenen Erlebnis gehörige Zeitspanne.
präskriptiv
präskriptiv (lat. praescribere ›vorschreiben‹, ›befehlen‹, ›festlegen‹; Ggs.: deskriptiv), svw. 8normativ, vor allem eingef. zur Kennzeichnung von Aussagen: Im Unterschied zu deskriptiv (8Beschreibung) werden als p. diejenigen Sätze bezeichnet, mit denen eine Handlungsweise empfohlen, angeordnet, befohlen oder auf eine andere Weise mit Zwang durchgesetzt werden soll (vgl. 8Imperativ, 8Postulat, 8Norm). P.e 8Grammatik nennt man, im Unterschied zur deskriptiven (den tatsächlichen Sprachgebrauch beschreibenden) Grammatik, die Systematik der Regeln zum ›richtigen‹ Sprachgebrauch, zumeist orientiert an literar. und ›hochsprachl.‹ Beispielen. Als metaethischer Terminus geht der Begriff p. auf R. M. Hare zurück (The Language of Morals, 1952): Die von ihm begründete nonkognitivistische, metaethische Theorie des (universellen) Präskriptivismus erklärt Werturteile bzw. moralische Urteile als empfehlend bzw. vorschreibend. Wertprädikaten wie »gut« kommt nach Hare primär keine deskriptive sondern eine p.e Bedeutung zu. Die primäre Bedeutung von »gut« sei die, etwas zu empfehlen. Im Unterschied zum 8Emotivismus sieht der P. die Besonderheit moralischer Äußerungen nicht in dem, was sie beim Adressaten bewirken, d. h. nicht in der Handlungsbeeinflussung, sondern in der Handlungsempfehlung bzw. Handlungsverpflichtung. Das Fällen eines moralischen Urteils impliziere eine Vorschrift bezüglich einer aktuellen
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oder möglichen Entscheidungssituation. Hares Auffassung wurde im Anschluß vielfach kritisiert: J. Rawls wendet sich gegen die Zuschreibung einer besonderen p.en Bedeutung (A Theory of Justice, 1971); zur Funktion des Empfehlens reiche die deskriptive Bedeutung aus. J R. Searle weist nach, daß »Empfehlen« nicht zur Bedeutung von »gut« gehört, da es sehr viele Äußerungen von Sätzen mit »gut« gibt, in denen »gut« nicht zum Empfehlen verwendet wird (Speech Acts, 1969). S. a. 8Supervenienz von Werteigenschaften, 8Kognitivismus prästabilierte Harmonie, 8Harmonie. Prästabilismus (lat. praestabilitus ›im voraus festgestellt‹), die Lehre vom im voraus Festgestellten. I. Kant (KdU § 81) unterscheidet bei dem Versuch, die Erklärung der Entwicklung eines Organismus zu geben, den 8Okkasionalismus und den P.: »Nach dem ersteren würde die oberste Weltursache ihrer Idee gemäß bei Gelegenheit einer jeden Begattung der in derselben sich mischenden Materie unmittelbar die organische Bildung geben, nach dem zweiten würde sie in die anfänglichen Produkte dieser ihrer Weisheit nur die Anlage gebracht haben, vermittelst deren ein organisches Wesen seinesgleichen hervorbringt und die Spezies sich selbst beständig erhält« (8Präformation, 8Evolution, 8Evolutionstheorie, 8Epigenese). Präsum(p)tion, lat., ›Vorwegnahme‹, die Vermutung, die Annahme, die als zutreffend gilt, bis das
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Gegenteil erwiesen ist; P. von sich selbst, Eigendünkel, Von- sich- eingenommen- sein; präsum(p)tiv, vorweggenommen, vermutlich, wahrscheinlich. Präsupposition, lat., svw. vorhergehende Unterstellung, grundlegende Voraussetzung; dazu: präsupponieren. In 8Logik, 8Sprachphilosophie sowie 8Sprachwissenschaft bezeichnet man eine Voraussetzung, die erfüllt sein muß, damit ein Satz eine klare Bedeutung hat bzw. wahr oder falsch sein kann, als P. Nach manchen Auffassungen präsupponiert etwa der Satz »Der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig«, daß es genau einen gegenwärtigen König von Frankreich gibt; da diese P. nicht erfüllt ist, ist der fragliche Satz nach diesen Auffassungen weder wahr noch falsch (vgl. auch 8Kennzeichnung und 8mehrwertige Logik). In vielen Fällen ist umstritten, wie die Grenze zwischen dem zu ziehen ist, was ein Satz bedeutet, und dem, was er präsupponiert. Praxis, gr. ›Handlung‹, die aus gewohnter Tätigkeit hervorgehende Übung und erlangte Fertigkeit, meist in dem engeren Sinn der Anwendung eines in der 8Theorie gegeb. Wissens gebr. (8praktisch; vgl. ebd. 8praktische Philosophie). präzis, lat. praecisus ›abgeschnitten‹, kurz gefaßt, genau, scharf bestimmt, pünktlich (8prägnant); präzisieren, etwas genau und scharf bestimmen; Präzision, die Genauigkeit, Bestimmtheit. prima philosophia, lat., gr. protë philosophia, bei Aristoteles auch
Primaussage
8sophia, die erste Philosophie, die höchste Erkenntnis, die auf das Sein als solches und seine obersten Gründe gerichtet ist, svw. 8Metaphysik; als ›erste Philosophie‹ bezeichnet Aristoteles auch eines seiner Hauptwerke, die später sog. ›Metaphysik ‹; auch R. Descartes verwendete diesen Titel in seinen Meditationes de prima philosophia (EA 1641). Primalitäten, neulat. ›Erstheiten‹, bei den Scholastikern die Grundbestimmungen des Seins und der Dinge. primär, lat. primarius ›der Erste seiner Art‹, ursprünglich, wesentlich, im Gegensatz zu 8sekundär. Primat, der oder das, lat., der Vorrang. I. Kant lehrte den Primat der praktischen Vernunft vor der spekulativen; jene verbürgt durch ihre Gesetzgebung dasjenige als Gegenstand des Glaubens, was diese niemals zu beweisen, d. h. niemals zum Gegenstand des Wissens zu machen vermag (8Postulat, 8Moral); Primaten: in der Zoologie und Humanbiologie Sammelbez. für Menschenaffen und Menschen. Primaussage, zu lat. primum ›zuerst‹, oft auch »Primsatz«, in 8Logik und 8Sprachphilosophie eine 8Prädikation im Sinne eines einfachen Aussagesatzes, der nicht mit Hilfe von 8Junktoren, 8Quantoren oder anderen 8Operatoren aus grundlegenderen Bestandteilen gebildet ist. Eine Prädikation wie »Hans unterhält sich mit Sabine« ist eine P., Sätze wie »Hans unterhält sich mit Sabine oder Hans unterhält sich nicht mit Sabine« und »Alles Kupfer leitet Strom« sind
Primsatz
keine P.n: Im ersten kommt der Junktor »oder« (8Adjunktion), im zweiten der 8Allquantor vor. Primsatz, vgl. 8Primaussage. primitiv, lat., ›erstartig‹, ›erstgeboren‹, urtümlich, anfänglich, einfach, noch unentwickelt; daher die Primitiven, abwertende Bez. für die, am Maßstab der 8Zivilisation beurteilt, noch unentwickelten Volksstämme. Ein primitives Symbol ist in der formalen Logik ein solches, dessen Bedeutung als bekannt vorausgesetzt wird. Die Bedeutungen dieser Symbole heißen p.e Begriffe. principiis obsta, lat. ›tritt den Anfängen entgegen‹, bekämpfe das Übel in seinen Anfängen: Die Worte sind dem Verse Ovids (Remedia amoris 91): Principiis obsta sero medicina paratur, entnommen, in dem er von der Liebe sagt: »Tritt ihr in den Anfängen entgegen, sonst kommt das Heilmittel zu spät.« principium contradictionis, lat. ›Prinzip vom (verbotenen) 8Widerspruch‹, ein schon bei Aristoteles formulierter Grundsatz der 8Logik, nach dem einander widersprechende Aussagen nicht zugleich wahr sein können. Im Rahmen der Prädikationstheorie der 8logischen Propädeutik wird es oft so formuliert: Einunddieselbe Eigenschaft kann einem Gegenstand nicht zugleich zukommen und nicht zukommen. In der logischen 8Semantik findet es seinen Ausdruck in dem Prinzip, daß die 8Negation ¬ A einer Aussage A genau dann falsch ist, wenn A selbst wahr ist. In der klassischen 8Aussagen- und
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8Prädikatenlogik spiegelt sich das P. c. in der Gültigkeit aller Aussagen der Form ¬ (A ∧ ¬ A) (Es ist nicht der Fall, daß zugleich A der Fall ist und nicht der Fall ist) bzw. ∀x (¬ (Fx ∧ ¬ Fx)) (Für alle Dinge x gilt: Es ist nicht der Fall, daß x zugleich F und nicht F ist) wider. Das Prinzip vom verbotenen Widerspruch ist vergleichsweise wenig umstritten; in jüngerer Zeit hat man jedoch auch Versuche unternommen, Logiken zu entwickeln, in denen es nur in eingeschränkter Form gilt (sog. parakonsistente Systeme). principium exclusi tertii, lat. ›Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten‹, oft auch als Tertium non datur (lat. ›Ein Drittes gibt es nicht‹) bezeichnet, ein Grundsatz der 8klassischen Logik, der auf verschiedenen Betrachtungsebenen und in verschiedenen logischen Systemen unterschiedliche Formen annimmt. Im Rahmen der Prädikationstheorie der 8logischen Propädeutik wird es oft so formuliert: Entweder ein Gegenstand hat eine Eigenschaft, oder er hat sie nicht; eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. In der logischen 8Semantik findet es seinen Ausdruck im 8Bivalenzprinzip (Prinzip der Zweiwertigkeit): Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch, ein dritter 8Wahrheitswert existiert nicht. In der klassischen 8Aussagen- und 8Prädikatenlogik spiegelt es sich in der Gültigkeit aller Aussagen der Form A ∨ ¬A (A oder nicht A, wo A für eine beliebige Aussage steht) bzw. ∀x (Fx ∨¬Fx) (Für alle Objekte x gilt: x ist F oder x ist nicht
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F, wo F ein beliebiges Prädikat ist) wider. – Schon Aristoteles bezweifelte die allgemeine Geltung des P. e. t., und zwar insbesondere im Hinblick auf Aussagen über zukünftige Ereignisse. Heute spielt die Frage nach seiner Gültigkeit eine zentrale Rolle in der Diskussion über die Grundlagen der Mathematik: Bestritten wird sie etwa von den Anhängern des mathematischen Intuitionismus. Die Kritik an der unbeschränkten Geltung des P. e. t. führte zur Entwicklung 8nichtklassischer Logiken, z. B. der 8intuitionistischen und der 8dialogischen Logik (vgl. auch 8mehrwertige Logik). principium identitatis, lat. ›Prinzip der 8Identität‹, ein Grundsatz der Logik, nach dem jeder Gegenstand mit sich selbst identisch ist. In der modernen 8Prädikatenlogik spiegelt sich dieses Prinzip in der Gültigkeit der Aussage ∀ x(x = x) (Für alle Dinge x gilt: x ist mit x identisch) wider. principium individuationis, 8Individuation. principium rationis sufficientis, lat. der ›Satz vom zureichenden 8Grund‹. Prinzip, von lat. principium ›Anfang‹, ›Ursprung‹, ›Grundlage‹, auch ›Element‹ (das Gegenstück zum gr. archë), im allgemeinen Sprachgebrauch zumeist svw. generelle Richtschnur des Handelns. – Im Kontext der antiken Philosophie versteht man unter P. häufig die grundlegenden und unveränderlichen Elemente, aus denen alle 8Materie zusammengesetzt ist (etwa Wasser, Feuer, Luft und Erde
Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten
oder je nach Position auch ein einziges dieser Dinge als »Urstoff«). – Heute bez. man eher sehr allgemeine Sätze aus verschiedenen Bereichen als P.ien. P.ien der Logik in diesem Sinne sind etwa das P. vom ausgeschlossenen Dritten (8principium exclusi tertii) und das P. vom (verbotenen) Widerspruch (8principium contradictionis). Als P. der Physik gilt etwa der Energieerhaltungssatz. Die P.ien rein formaler Disziplinen (vgl. 8formal) wie die der Logik nennt man zuweilen formale Prinzipien, die solcher empirischer Wissenschaften wie der Physik materiale Prinzipien. – In der traditionellen Metaphysik sucht man nach sog. Seinsprinzipien oder Realprinzipien, in der Erkenntnistheorie nach Erkenntnisprinzipien; in der Ethik treten P.ien z. B. als sehr allgemein formulierte Handlungsanweisungen auf (man denke etwa an den kantischen 8kategorischen Imperativ). – Als methodisches Prinzip läßt sich etwa der auf Wilhelm von Ockham zurückgehende Grundsatz verstehen, nach dem bei Erklärungen von Sachverhalten generell nicht mehr Objekte als existierend angenommen werden sollen als unbedingt nötig. Prinzip der doppelten Verneinung, vgl. 8duplex negatio affirmat. Prinzip der Identität, vgl. 8principium identitatis. Prinzip der Zweiwertigkeit, vgl. 8Bivalenzprinzip. Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten, vgl. 8principium exclusi tertii.
Prinzip vom (verbotenen) Widerspruch
Prinzip vom (verbotenen) Widerspruch, vgl. 8principium contradictionis. Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren, ein oft G. W. Leibniz zugeschriebener Grundsatz der Logik, nach dem ein Gegenstand x mit einem Gegenstand y identisch ist, wenn x genau dieselben Eigenschaften aufweist wie y (vgl. 8Identität). In der modernen 8Prädikatenlogik zweiter Stufe, in der man auch über 8Prädikate quantifizieren kann, läßt sich dieses Prinzip folgendermaßen ausdrücken: ∀ x∀ y(∀F(Fx ↔Fy) → x = y) (dabei ist F eine 8Variable für Prädikate und x und y sind Variablen für Gegenstände). Dieser Grundsatz ist umstrittener als das konverse 8Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen. Vertritt man beide Gesetze, so ergibt sich ∀ x∀y(∀ F (Fx ↔Fy) ↔ x = y): Ein Gegenstand x ist mit einem Gegenstand y genau dann identisch, wenn x und y dieselben Eigenschaften F aufweisen. Die Identitätsrelation wird dann in der 8Prädikatenlogik zweiter Stufe definierbar. Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen, ein oft auf G. W. Leibniz zurückgeführter Grundsatz der Logik, nach dem ein Gegenstand x genau dieselben Eigenschaften besitzt wie ein Gegenstand y, wenn x mit y identisch ist (vgl. 8Identität). In der modernen 8Prädikatenlogik kann man dieses Prinzip folgendermaßen ausdrükken: ∀xy(x = y → (Fx ↔Fy)) (dabei steht F für ein beliebiges 8Prädikat). Es ist zwar weniger umstritten als das konverse 8Prinzip der Identität
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der Ununterscheidbarkeit, wirft aber vor allem in der modalen Prädikatenlogik (vgl. 8Modallogik) doch schwierige Probleme auf. prinzipiell, von lat. principalis, grundsätzlich. Priorität, von lat. prior ›früher‹, das Vorhergehen der Zeit oder dem Rechte nach, der Vorrang, das Vorrecht. Privatheit betrifft die Sphäre, in welcher Menschen als einzelne oder in Partnerschaft einen eigenständigen Lebensbereich beanspruchen; in diesem Sinne auch: Privatsphäre. Der Wortsinn von P. (von lat. privare ›berauben‹) bedeutet, daß der Öffentlichkeit und dem Staat der Zugriff auf die P. entzogen ist. Das Grundrecht auf P. ist also Schutzrecht gegenüber Eingriffen. Intimsphäre benennt einen Teil der P., den ebenfalls rechtlich zugesicherten Raum des Leib- Persönlichen (Wohnen, Sexualleben, Körpermerkmale, Krankheit). Öffentlichkeit (vgl. 8öffentliche Meinung) und P. sind nur solange Gegensätze, wie die Verschränkung nicht nach einer Seite hin aufgehoben wird: zur totalen Indienstnahme für Arbeit und Staat oder im Rückzug in die P. als Verweigerung der Anteilnahme am gesellschaftlichen Leben. Die scharfe Trennung zwischen Berufsleben und Privatleben enthält aber die Tendenz, die P. als öffentlich unbedeutend geringzuachten und fehleinzuschätzen. Privation, lat. (gr. sterësis) ›die Beraubung‹, Entziehung von etwas; in der klassischen Logik die 8Negation, bei der das, was das Prädi-
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kat aussagt, in dem Inhalt des Subjekts nicht enthalten ist, ihm entzogen ist, z. B. diese Uhr geht heute nicht. Dazu: privativ, lat. ›die Beraubung anzeigend‹ (gr. kata sterësin), ausschließend, verneinend. Privative Merkmale sind solche, durch die ein Artunterschied begründet wird, der auf dem Fehlen eines Merkmals beruht, z. B. die Einteilung der organischen Wesen in empfindende und nicht empfindende, der Blumen in duftende und geruchlose. Proärese (gr. proairesis ›freiwillige Wahl‹, der 8Vorsatz, oft auch in lat. Umschrift: Prohairesis); nach Aristoteles (Nik. Ethik III 4, 1111 b 4 ff.) der Entschluß, der sich vom bloßen Wollen dadurch unterscheidet, daß er mit 8Überlegung und 8Nachdenken (meta logou kai dianoias) gefaßt wird und sich nur auf das bezieht, was in unserer Macht steht (to eph’ hëmin). In demselben Sinne unterschieden die 8Stoiker die P. von 8Notwendigkeit, 8Schicksal, 8Zufall und dem sich von selbst Einstellenden. Probabilismus, Neub. von lat. probabilis ›billigenswert‹, glaublich, wahrscheinlich; 1. die Lehre von der 8Wahrscheinlichkeit, d. h. die Ansicht, daß man in der Wissenschaft und Philosophie nicht zu einer Sicherheit gelangen, sondern sich mit der mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeit begnügen müsse; 2. in der katholischen Moraltheologie die bes. von den Jesuiten vertretene kasuistische Lehre (8Kasuistik), nach der man bei solchen Handlungen, die nicht unmittelbar durch moralische Prin-
Probabilismus
zipien verboten sind, bei einem Zweifel über ihre Erlaubtheit oder Unerlaubtheit der minder sicheren, aber durch probable (zu billigende) Gründe zu stützenden Meinung auch dann folgen darf, wenn die entgegengesetzte Ansicht probabler (billigenswerter) ist. Als probabel gilt dabei eine durch äußere Gründe, d. h. durch die 8Autorität eines oder mehrerer hervorragender Theologen, oder durch innere Gründe zu rechtfertigende Meinung. Im Kampfe um diesen P. wurde unterschieden zw. Äquiprobabilismus (lat. aequus ›gleich‹), nach dem von zwei entgegengesetzten Ansichten über die Zuläs-sigkeit oder Unzulässigkeit einer Handlung die Ansicht, die die Handlung zuläßt, nur dann befolgt werden darf, wenn sie ebenso probabel ist wie die, die sie nicht zuläßt; Probabiliorismus (lat. probabilior ›mehr zu billigen‹), nach dem von zwei Ansichten nur die mit stärkeren Gründen belegbare befolgt werden darf, im Untersch. zum sog. Tutiorismus (lat. tutior ›sicherer‹), nach dem nicht der probableren, sondern nur der ganz sicher begründeten 8Meinung zu folgen ist, und dem sog. Kompensationismus (lat. compensatio ›Ausgleich durch Gegenrechnung‹), demzufolge nicht nur der Grad der Probabilität der verschiedenen Meinungen in Rechnung zu stellen ist, sondern ebensosehr die Wichtigkeit des Gebots und der Grad des Nutzens bei Vollziehung der fraglichen Tat. Voraussetzung all dieser Theorien soll sein, daß die fragliche Handlung als solche eine erlaubte ist.
Problem
Problem, gr. problëma das ›Vorgelegte‹, Vorgebirge, Klippe, das Aufgeworfene; die 8Aufgabe, Streitfrage, im bes. die noch ungelöste wissenschaftliche Frage, deren Beantwortung Schwierigkeiten bereitet; in der traditionellen Logik svw. das demonstrandum (8Beweis); vgl. 8Aporem, 8Aporie. Problematik, das Ungelöstsein einer Aufgabe, die Fraglichkeit, Fragwürdigkeit, Schwierigkeit; problematisch (gr. problëmatikos ›zur Aufgabe gehörig‹), fraglich, fragwürdig, zweifelhaft. Problematische Begriffe sind solche, unter denen nur etwas Mögliches gedacht wird, problematische Urteile heißen in der klassischen Logik solche, die eine logische 8Möglichkeit ausdrücken nach der Formel: S kann P sein (8Modalität). Problemdenken, nach N. Hartmann (Dt. systemat. Phil. I, 1931, S. 281 ff.) eine Weise philosophischer Forschung, die sich aus der Überzeugung ergibt, daß »das Bleibende im Wechsel der Systeme« die Probleme seien (8Problem, 8Aporie): »das unbekümmerte Aufrollen der Aporien ohne Liebäugeln mit vorgesehenen Resultaten«, ja »ohne Rücksicht auf ihre Lösbarkeit«. Problemdenker sind für Hartmann: Plato, Aristoteles, R. Descartes, D. Hume, G. W. Leibniz und I. Kant. Einerseits wird im P. mit der Auffassung gebrochen, daß ein zeitlos allgemeingültiges System der Philosophie möglich sei, andererseits ein zeitenthobener Problembestand angenommen, an dem die philos. Forschung weiterzuarbeiten habe (8philosophia perennis).
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Produkt, lat., das ›Hervorgebrachte‹, das Erzeugnis; in der Mathematik das Ergebnis einer Multiplikation; Produktion, die Hervorbringung, die Anfertigung einer Sache; Produktionsverhältnisse, nach K. Marx die gesellschaftl. Beziehungen, welche den Rahmen für die materielle Produktion bilden, in den meisten Gesellschaftsordnungen die 8Eigentumsverhältnisse; produktiv, hervorbringend, fruchtbar, schöpferisch; Produktivität, die Fähigkeit des Hervorbringens, die Leistungskraft; Produktivkräfte, in der Sozialtheorie des 8Marxismus die physischen und geistigen Bedingungen der materiellen Produktion (Rohstoffe, Produktionsanlagen, Werkzeuge, Produktionstechnik, qualifizierte Arbeitskraft). pro et contra, lat. ›für und wider‹. Prognose, gr. prognôsis ›Vorauserkenntnis‹; die Voraussage auf Grund von Wahrscheinlichkeitsurteilen, z. B. der Wetterlage; in der Medizin die Voraussage des Krankheitsverlaufs auf Grund der 8Diagnose; Prognôstik, gr. prognôstikë (technë), die Kunst der Voraussage, die Kunst, eine P. zu geben; wissenschaftl. Methode, aufgrund von 8Wahrscheinlichkeitsrechnung Varianten zukünftiger Entwicklung zu berechnen. Prognôstikon, gr. ›das Vorzeichen‹, Wahrzeichen zukünftiger Ereignisse; dazu die Neub. prognostizieren, voraussagen, eine Prognose stellen. progressus, lat., der Progreß, der Fortgang, 8Fortschritt; in der Logik das Fortschreiten des Denkens von der Bedingung zum Bedingten; p.
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in infinitum, das Fortschreiten ins Unendliche in einer unendlichen Reihe, p. in finitum, in einer endlichen, p. in indefinitum, in einer Reihe, die an beliebiger Stelle abgebrochen werden kann. Gegenbegriff: 8regressus. Progression, lat., das Fortschreiten, die fortschreitende Steigerung; in der Mathematik die arithmetische und geometrische Reihe; dazu progressiv, fortschreitend in der Form einer Steigerung. Ein progressiver Schluß ist ein solcher, der vom Allgemeinen zum Besonderen fortschreitet. prohairesis, 8Proärese. Projekt, lat. proiectum das ›Vorgeworfene‹; der Entwurf, Plan, das Vorhaben, der Vorschlag, die Vorstellung eines Zukünftigen als Gegenstand des Wollens. Projektion, lat. proiectio das ›Vorauswerfen‹, Hinausverlegen; dazu: projizieren; in der Psychologie die Hinausverlegung der Empfindungsinhalte in den Raum außer uns, insbes. der optischen Bilder; in der von L. Feuerbach (D. Wesen d. Christentums, 1841) entwickelten 8Religionsphilosophie die Neigung von Menschen, seine anthropomorphen Merkmale auf höhere Wesen zu projizieren; in der 8Psychoanalyse die Übertragung innerer Wahrnehmungsinhalte auf äußere Gegenstände oder Personen. In der Mathematik nennt man P. eine best. Form von 8Abbildung, z. B. die eines Raumgebildes auf eine ebene oder krumme Fläche. Prolegomena, gr. ›das, was vorweg gesagt, vorausgeschickt wird‹, die Vorrede, Einleitung in eine Schrift oder Einführung in eine
Proportion
Wissenschaft, so die Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können, die I. Kant 1783 seiner 1781 erschienenen Kritik der reinen Vernunft folgen ließ und die als Einführung zum leichteren Verständnis seines Hauptwerkes gedacht waren. Prolëpsis, gr. ›die Vorwegnahme‹ (8Antizipation, 8Präsumption), bei den 8Stoikern der natürliche, durch angeborene Fähigkeit unmittelbar aus der 8Wahrnehmung gebildete Begriff, bei den 8Epikureern (Diogenes Laertius X 1, 33) die Allgemeinvorstellung als ein Gedächtnisbild, das die Erinnerungen an viele gleichartige Wahrnehmungen ein und desselben Gegenstands in sich schließt. Propädeutik, gr. propaideutikë (technë), die Vorunterweisung, die Einführung in die Vorkenntnisse, die zum Studium einer Wissenschaft nötig sind. Als Philosophi-sche P. bezeichnete man 1. die Logik, 2. den in die Grundfragen der Philosophie, insbes. der 8Logik, 8Psychologie, 8Erkenntnistheorie und 8Ethik einführenden Unterricht an höheren Schulen, so zuerst 1825 in den preußischen Lehrplänen genannt, aus denen sie 1856 als besonderes Unterrichtsfach und 1891 überhaupt verschwand; auch an den österreichischen Schulen gab es eine philosophische P.; unter diesem Titel wurde sie von 1924 an in verschiedenen deutschen Ländern vorübergehend eingeführt. Vgl. auch 8logische Propädeutik. Proportion, lat., das Verhältnis. Die Lehre von den P.en spielte ei-
Proportionale
ne wichtige Rolle in der antiken 8Mathematik, da diese keine Bruchrechnung im Sinne des Rechnens mit rationalen 8Zahlen enthielt. Zwei physikalische Größen heißen proportional bzw. umgekehrt proportional, wenn ihr Verhältnis bzw. ihr Produkt konstant ist. Statt proportional und umgekehrt proportional sagt man auch direkt proportional und indirekt proportional. Dazu: Proportionalität, Verhältnisbestimmung, auch: Merkmal ästhetischer Angemessenheit. Proportionalität spielt im mathematisch geprägten Schönheitsverständnis des antiken Griechenland eine wichtige Rolle. Im Architekturkanon der Antike, der in der europäischen Kultur durch die Architekturtheorie des Vitruv tradiert worden ist, ergibt sich Proportionalität aus dem jedem Teil des Gesamtbaus zugrundeliegenden und zu berechnenden Grundmaß (Modul), das zugleich die Ausmaße des Gebäudes bestimmt. Indem der Berechnung des Gesamtkunstwerks ein Modul (z. B. der halbe Durchmesser einer Säule) zugrundegelegt wird, erhält das Gebäude symmetrischen Charakter (8Symmetrie), und die Teile stehen in einem proportionalen Verhältnis zur Gesamterscheinung des Bauwerks. Aus dieser P. ergibt sich die 8Harmonie von Teilen und Ganzem als ästhetisches Ziel. Der philosophische Hintergrund dieser ins Werk gesetzten 8Harmonie ist die Vorstellung, daß Proportionalität das Prinzip des 8Kosmos sei, die ästhetische Proportionalität folglich eine 8Mimësis kosmischer
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Ordnung durch die 8Kunst darstellt. Harmonie, Maß und Ordnung stellen Grundbestimmungen des Seienden dar, die in der ästhetischen P. zum Ausdruck kommen. Auch der anthropometrische Bildhauerkanon folgte numerisch- proportionalen Kriterien, um in der Skulptur die Darstellung des Menschen als harmonische Gesamterscheinung zu erreichen, die das klassische griechische 8Ideal des Menschen als einer seelischen und körperlichen Einheit zum Ausdruck bringt, in der die 8Anlagen des Menschen gleichmäßig entwickelt sind und in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Proportionalität ist als rationales Prinzip für Schönheit (8schön) und verbindliches Kriterium künstlerischer Tätigkeit bis ins 18. Jh. ein zentraler Bestandteil des abendländischen ästhetischen Denkens gewesen. Proportionale, die, Glied einer 8Proportion. propositio, lat. ›der Satz‹, das Urteil; p. maior, der Obersatz, p. minor, der Untersatz eines Syllogismus (8Syllogistik). Proposition, zu lat. 8propositio; in der Sprachphilosophie versteht man unter einer P. das, was ein Aussagesatz ausdrückt, also seine 8Aussage bzw. den durch ihn ausgedrückten Sachverhalt (vgl. auch 8Intension/Extension, 8Bedeutung). – In der 8Sprechakttheorie J. Searles ist ein propositionaler Akt eine Handlung, durch die ein Sprecher einer Lautkette (i. d. R. einem Satz) eine Bedeutung (eine P. bzw. Aussage) gibt.
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propositionale Einstellung, zu 8Proposition, eine Übersetzung des engl. propositional attitude, ein Begriff der Philosophie des 8Geistes, der 8Sprachphilosophie und der 8Logik. Unter einer p. E. versteht man allgemein eine Art und Weise, wie eine Person sich zu einem Sachverhalt stellen kann: Sie kann z. B. überzeugt sein, daß ein bestimmter Sachverhalt besteht (daß z. B. Bayern München der nächste deutsche Meister wird; p. E. der Überzeugung), sie kann sein Bestehen für wahrscheinlich halten (p. E. des (schwachen) Glaubens), sie kann wissen, daß er besteht, sie kann sein Bestehen wünschen oder wollen etc. Von philosophischem Interesse ist u.a., unter welchen Bedingungen man jemandem solche Einstellungen zuschreibt, was solche Einstellungen in einem sehr allgemeinen Sinne »sind« (wie sie etwa mit den materiellen Zuständen unseres Gehirns zusammenhängen) und welche logischen Gesetze für die Begriffe der Überzeugung, des Wissens usw. gelten (vgl. auch 8Modallogik, 8doxastische Logik, 8epistemische Logik). – Häufig nennt man Einstellungen der eben beschriebenen Art Einstellungen de dicto (lat. ›auf eine Aussage bezogen‹ im Sinne von ›auf einen Sachverhalt bezogen‹, vgl. 8Aussage). Daneben spricht man auch von Einstellungen de re (›auf ein Objekt bezogen‹). So kann man etwa überzeugt sein, daß der schnellste Läufer Osnabrücks (wer auch immer das ist) lange Beine hat (de dicto); etwas anderes ist es, von dem schnellsten Läufer
Prosyllogismus
Osnabrücks (von dieser Person, de re) zu glauben, daß sie lange Beine hat. Zu der ersten Überzeugung gelangt man vielleicht durch allgemeine Überlegungen der Art »Wer ein schneller Läufer ist, muß lange Beine haben«, die zweite gewinnt man erst, wenn man die fragliche Person mit ihren langen Beinen z. B. gesehen hat (wobei es nicht nötig ist, zu wissen, daß sie der schnellste Läufer Osnabrücks ist). Die Fragen, unter welchen Bedingungen man jemandem eine bestimmte De- re- Einstellung zuschreiben kann und welche logischen Beziehungen zwischen Einstellungen de re und solchen de dicto herrschen, sind sehr komplex und werden kontrovers diskutiert. proprium, lat. (gr. idion) ›die Eigenheit‹, Besonderheit, besondere Eigenschaft. propter hoc, 8post hoc. Prosa, lat. ›geradeaus gerichtete Rede‹; 1. Alltagsredeform, als Typenbez. für schriftl. Texte, oft im Untersch. zu künstler. geformten Werken (Lyrik, Poesie, 8Poetik); 2. die literar. Form philosophischer und historiograph. Rede und schriftl. Texte, in ihren Stilmitteln seit der Antike durch rhetorische Regeln normiert; seit dem SpätMA auch für fiktionale Texte (z. B. Erzählungen, Romane) verwendet, die sich historiograph. Stilmittel bedienen. prospektiv, lat., voraussehend. Prosyllogismus, gr., der Vorschluß; der Schluß in einer 8Schlußkette, dessen Schlußsatz die erste 8Prämisse des folgenden Schlusses ist; daher prosyllogi-
protensiv
stisch, von einem Schluß zum Vorschluß zurückgehend, svw. 8regressiv. Gegenbegriff: 8Episyllogismus. protensiv, neulat., sich ausdehnend, ausstreckend, dauernd; Protensivität, die zeitliche Ausdehnung, die Dauerhaftigkeit. Protisten, Neub. zu gr. prôtos ›Erster‹; die Erstlinge, bei E. Haeckel Bezeichnung für die einzelligen Lebewesen, die Urtiere (Protozoën) und die 8Urpflanzen (Protophyten). Protokollsatz, ein von Autoren des 8Wiener Kreises eingef. Begr. zur Bez. von Sätzen, welche die ›einfachsten‹ erkennbaren Sachverhalte unter Ausschluß sämtl. theoret. Prämissen über das festhalten, was in dieser Schule das 8unmittelbar ›Gegebene‹ genannt wird; svw.: Basissatz (8Basis). Proton, gr. ›Erstes‹ (Mz.: Protonen), ein positiv geladener Teil eines Atomkerns, einer der Bausteine der 8Atome. prôton pseudos, gr. ›erste Lüge‹, nach Aristoteles (Anal. prior. II 18. 66 a 16) die erste falsche Prämisse eines Syllogismus (8Syllogistik), durch die der ganze Schluß oder die Schlußkette falsch wird, ein Beweisfehler (8Beweis), im allg. die falsche Voraussetzung, aus der andere Irrtümer entspringen. Protophilosophie, die Erstphilosophie, urspr.: Bez. für das mythische Denken, wobei der 8Mythos selbst als Vorform der 8Philosophie verstanden wird. Protophysik, Neub. aus prôtos (physikos), ›zuerst‹, ›natürlich‹, auch: Prophysik; P. diente urspr. (seit 17. Jh.) als Bez. für die physica generalis, die ›allg. Naturlehre‹; spä-
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ter hieß P. im Unterschied dazu 1. in der vom 8Neukantianismus entwickelten 8Erkenntnistheorie die Lehre von den allen naturwissensch. Gegenstandsinhalten vorgängigen (i. d. S. 8apriorischen) Formen (so z. B. bei H. Rickert, System d. Philos. I, 1921, 289 ff.), 2. ein nach einem Vorschlag von P. Lorenzen (Method. Denken, 1968) so gen. wissenschaftstheoret. Forschungsprogramm für operative Bestimmungen von grundlegenden physikalischen Meßgeräten bzw. Größen. Nach diesem theoretischen Ansatz kann nur eine zuvor entwickelte P. die Maßstäbe der messenden Physik liefern. Protophyten, 8Protisten. Protoplasma (gr. plasma ›Gebilde‹), das Erstgebilde, die Substanz, welche die Lebensfunktionen zeigt, der Lebensstoff (8Plasma); der Begriff wurde 1840 von J. E. Purkinje für die erste Bildungssubstanz tierischer Eier eingeführt und bezeichnet heute allg. die lebende Substanz. Prototyp, gr., ›das Erstgepräge‹, Urbild, Original. Protozoën, 8Protisten. Protreptik(os), gr. ›ermahnend‹; 1. Dialog des Aristoteles (Protreptikos); 2. auch sonst in der Antike apologet. oder allgemeinverständl. Einleitungsteil zu theoret. Schriften; dazu: protreptisch; 3. Bez. für ein von E. Kretschmer entw. Verfahren zur Förderung der Empfänglichkeit für psychotherapeut. Maßnahmen bei Patienten. Proudhonismus, eine nach dem frz. Frühsozialisten P. J. Proudhon benannte revolutionäre Gesell-
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schaftstheorie im 19. Jh. mit starker Wirkung auf die Arbeiterbewegung und den französ. Syndikalismus. Proudhon (Qu’est- ce- que la propriété ?, 1840) griff, ausgehend von der These ›Eigentum ist Diebstahl‹, die besteh. 8Eigentumsordnung an und forderte die gleichmäßige Eigentumsverteilung zuungunsten des konzentrierten Großkapitals. Als alternative Gesellschaftsform entwarf er eine herrschaftsfreie Ordnung aus vertragsähnlichen Beziehungen zwischen Produktionsgenossenschaften, die nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit (›mutualité ‹) kooperieren. Verteilungprobleme ließen sich durch eine Warentauschzentrale (P. J. Proudhon, La banque d’échange, 1848) lösen. Als P. wurde in der Arbeiterbewegung eine auf das Genossenschaftseigentum (im Unterschied zum Staatseigentum) sich berufende Konzeption zur Vergesellschaftung der Produktionsmittel verstanden und diese insofern als eine Variante des 8Anarchismus betrachtet. Providenz, von lat. providentia ›die (göttliche) Vorsehung‹; die Voraussicht (8Prädestination); providentiell, der Vorsehung gemäß. Prozeß, lat. processus ›der Vorgang‹, Verlauf, das Verfahren, bes. das gerichtliche, die Zustandsänderung. Prozeßtheologie, Bez. für eine in Nordamerika entw., von A. N. Whitehead (Process and Reality, 1929) zuerst formulierte theolog. Richtung, welche von der Erkenntnis der modernen Naturwissenschaft ausgeht, daß alles Seiende
Psyche
nur prozeßhaft, also nicht nach den Idealen der Ruhe, Unbewegtheit, Zeitlosigkeit beschrieben werden kann. Reales sei nicht als Ergebnis von Prozessen, sondern nur als Prozeß selbst faßbar. Im Unterschied zu traditionellen theolog. Lehrinhalten über die 8Ewigkeit und Zeitunabhängigkeit Gottes vertritt die P. ein dynamisches 8Weltbild und lehrt den Glauben an ein werdendes, auf eine offene Zukunft orientiertes Gottesbild. prudentia, lat. ›Klugheit‹, auch: Vorherwissen, Kenntnis, Wissenschaft (im Untersch. zur sapientia ›Weisheit‹); zumeist die prakt. Fähigkeit, unter gegebenen oder gesetzten Bedingungen optimale Ziel zu verwirklichen; dazu: prudentiell, von engl. prudential, auf 8Klugheit bezogen. Pseudomenos, gr. ›der 8Lügner‹. Psittazismus, lat. psittacus ›Papagei‹, bei G. W. Leibniz (Nouv. ess. II § 35 und 37) das Denken in bloßen Worten oder leeren Symbolen ohne Einsicht in ihre Bedeutung; das Reden ohne Sinn. Psyche, gr. ›das 8Leben‹, ›die 8Seele‹, in der gr. Philosophie das Lebensprinzip, dessen Träger der Leib und das beim Menschen der Träger des Geistes ist; bei Plato die Kraft der Selbstbewegung in der Welt und im Menschen (Phaidros 245 C ff., Gorgias 896 A), unser eigentliches Selbst (Gorgias 959 A f.), das aus Verstand (logistikon) im Kopfe, Mut (thymos) in der Brust und Begierde (epithymia) im Unterleib besteht (Politeia 435 B ff.), von denen der Verstand das Göttliche im Menschen und als solches un-
Psychiker
sterblich ist (Politikos 309 C, Phaidros 70 B ff.); bei Aristoteles (De an. II 1. 412a 27) ist die P. die erste 8Entelechie eines physischen, organischen Körpers. Sie bringt die Form des Organismus hervor und hat bei den Pflanzen die Fähigkeit der Ernährung und Fortpflanzung; die Tiere besitzen dazu die Vermögen der Sinnesempfindung, des Begehrens und der Bewegung von einem Ort zum andern. Der Mensch vereinigt diese Vermögen in sich und erhält dazu noch den von außen in ihn gelegten unsterblichen 8Geist. Nach der Lehre der 8Stoiker war die P. ein Körper, und zwar ein feinteiliges, feuriges 8Pneuma, das den ganzen Leib durchdringt. Demokrit und die 8Epikureer lehrten ebenfalls, daß die P. körperlich ist, am besten zu vergleichen mit einem warmen pneuma (gr. ›Hauch‹), bestehend aus den glattesten und rundesten Atomen, von denen ein Teil vernunftlos ist und sich über den gesamten Körper verteilt, während der vernünftige Seelenteil seinen Sitz in der Brust hätte (Diogenes Laertius X 63 und 66). – In der gr. Mythologie wird P. als das schattenhafte Ebenbild des Menschen geflügelt dargestellt, z. B. als Vogel, Schmetterling oder sonst als geflügeltes weibliches Wesen. Dazu ausführlicher: 8anima, 8Seelenwanderung. Psychiker, gr. psychikoi, im N. T., im gnostischen und altchristlichen Schrifttum die von der Seele Beherrschten im Unterschied zu den 8Pneumatikern, den vom Geist Erfüllten, und den Somatikern, den dem Körper Dienenden.
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psychisch, von gr. psychikos ›zur Seele gehörig‹, seelisch. Psychoanalyse, Neub. von gr. psychë ›Seele‹ und analysis, vgl. 8Analyse, die ›Seelenzergliederung‹; die von S. Freud (zuerst in: Studien über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene, 1893) begründete Methode der 8Psychotherapie, die später zu einer psychologischen Theorie ausgebaut worden ist. Die P. entstand im Anschluß an die Erörterung des Zusammenhangs von Hypnose und Hysterie (Charcotsche Schule in Paris gegen die ›Schule von Nancy‹) und auf Grund von Beobachtungen J. Breuers. Sie geht von der Voraussetzung aus, daß es neben dem bewußt Seelischen und dem Vorbewußten, jenem Gedächtnisinhalt, der normalerweise 8bewußt werden kann, ein eigentlich unbewußtes Seelenleben gibt, das von seinem Träger normalerweise nicht oder nicht mehr ins 8Bewußtsein gehoben werden kann, nichtsdestoweniger aber sich im Bewußtseinsleben geltend macht. Dazu gehören insbesondere jene Wünsche, Gedanken und Vorstellungen, die unseren Wertungen und denjenigen unserer Umwelt widersprechen und die darum, ohne je bewußt geworden zu sein oder nachdem sie mehr oder minder flüchtig bewußt waren, ins 8Unbewußte ›verdrängt‹ wurden (8Verdrängung, Hemmung), dort aber weiterwirken und von dort her in Fehlleistungen (Versprechen, Verschweigen, Verlegen, Vergessen usw.), in Träumen in mannigfacher Verkleidung und bei schweren Fällen in seelischen
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oder leibseelischen Störungen sich äußern. Solche 8Komplexe, d. h. aus verdrängten Vorstellungen und Wünschen sich bildende Inhalte, stammen ursprünglich aus Störungen bei der Objektsuche eines (nach Freud stets auf Lustgewinn gerichteten) Triebes (8Libido). Zu psych. Krankheitssymptomen kommt es erst, wenn Versagungen nicht mehr kompensiert werden können. Nach Freud führen sowohl einmalige störende Erlebnisse wie auch die dauerhafte Nichterfüllung libidinöser Wünsche zu Störungen im Geschlechtsleben. Diese gehen vielfach auf Jugend- und Kindheitserlebnisse zurück. Die Heilung soll dadurch erfolgen, daß man die Patienten sich frei aussprechen läßt (freies Assoziieren statt Hypnose) und sie dazu veranlaßt, aus ihren geäußerten Gedanken, den Fehlleistungen, den erzählten Träumen und ihren zu deutenden Verkleidungen auf das Verdrängte selbst zu schließen und es ins klare Bewußtsein zu erheben, wodurch die diagnostizierten ›Komplexe‹ häufig aufgelöst werden, so daß nach Meinung der Psychoanalytiker die Ursachen der Neurosen als nicht mehr wirksam gelten können. So wie die P. die Ursachen der 8Neurose durch Deutung von Symbolen und Symptomen in verdrängter Sexualität findet, versucht sie auch, Kulturleistungen aus transformierter Sexualenergie zu erklären (8Sublimierung). Aus der Lehre Freuds entwickelte sich die ›psychoanalytische Bewegung‹ (S. Freud, Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung, 1924), aus
Psychologie
der sich zunächst u. a. die 8Individualpsychologie A. Adlers und die Psychologie des 8Unbewußten von C. G. Jung abzweigten. psychogen, gr., ›in der Seele entstanden‹, durch seelische Vorgänge verursacht; Gegensatz: somatogen. Psychogenesis, die Entstehung und Entwicklung des Seelenlebens im einzelnen Menschen wie der Menschheit. Psychognostik, ältere Bez. für Menschenkenntnis. Psychologie (8Psyche), die Seelenlehre, Seelenkunde, als Begr. von Ph. Melanchthon gebildet, als Buchtitel zuerst bei R. Goclenius (Psychologia, 1590) gebr., durch Chr. Wolff verbreiteter Ausdruck z. Bez. der Wissenschaft von den sich im Menschen abspielenden seelischen Vorgängen und deren gesetzmäßigen Zusammenhängen, die durch Selbstbeobachtung, Beobachtung an anderen und Experimente erfaßt und erschlossen werden. Die P. als Wissenschaft hat sich aus der Menschenkenntnis, dem religiösen Seelenglauben und aus den Versuchen, die biolog. Lebensvorgänge und den Leib- SeeleZusammenhang zu erklären, entwickelt (8Leib- Seele- Problem). Die allgemeine P. sah urspr. ihre wesentliche Aufgabe in der Klassifikation und Systematik der seelischen Vorgänge und Zustände. Im 19. Jh. hat die P. diese Aufgaben, in enger Anlehnung an die 8Naturwissenschaften, im Grenzgebiet zwischen Physiologie und traditioneller Seelenkunde zu lösen versucht. Das Bestreben dieser auch mit der 8Assoziationspsychologie verbundenen
Psychologismus
Richtung ging dahin, das seelische Leben auf einfachste Bestandteile (Elemente) zurückzuführen (8Empfindung, 8Wahrnehmung, 8Vorstellung, 8Assoziation, 8Gefühl, 8Wille). Das Verdienst dieser P. liegt in der Analyse des Gegenstandsbewußtseins, soweit dieses inhaltlich durch Zusammenwirken von Außenweltreiz und Reizaufnehmeapparat zustandekommt. Daß zu dem Inhalt der Erlebnisse, d. h. zu den Wahrnehmungen, Vorstellungen usw. immer auch ein 8Akt des Wahrnehmens, Vorstellens usw., d. h. ein Gerichtetsein (8Intention) auf einen Gegenstand hinzukommt, betonte die sog. Aktpsychologie. Die Eigenart des Seelischen wurde später in Frontstellung zur naturwissenschaftlich orientierten ›Elementenpsychologie‹ als sog. Ganzheits- und 8Strukturpsychologie herausgearbeitet: Vorstellen, Fühlen, Wollen usw. können gar nicht als isolierte Bestandteile des Seelenlebens aufgefaßt werden, sie bedingen sich gegenseitig und können nur als jeweils akzentuierte Einzelmerkmale eines komplexen ganzheitlichen Bewußtseinszustandes gedacht werden. Auf diesem Weg weitergehend, forschte die P. nach den gattungsspezifischen Entstehungszusammenhängen der psychischen Phänomene und auf der anderen Seite nach der Entwicklung der seelischen Vorgänge und Zustände im Individuum. In der P. des 19. u. 20. Jh. standen sich urspr. zwei grundsätzlich verschiedene Methoden gegenüber: die induktive oder empirische und die verstehende. Sowohl die naturwissen-
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schaftlich orientierte Elementenund Assoziationspsychologie als auch die später entstandene sog. Ganzheits- und Strukturpsychologie arbeiteten induktiv und empirisch und bedienten sich dabei der Beobachtung und des Experiments (8experimentelle P.). Diese Methoden sicherten der P. den Rang einer Erfahrungswissenschaft. Der 8Behaviorismus und die Reflexologie konzentrierte sich auf die Außenbeobachtung des 8Verhaltens unter Ausschaltung jeder Selbstbeobachtung (8Introspektion) und jeder Aussage der Versuchsperson über deren ›innere‹ Zustände. Im Unterschied dazu wurde zu Beginn des 20. Jh. die Disziplinbezeichnung P. auch für hermeneutische Disziplinen der 8Kulturwissenschaften in Anspruch genommen. So entwickelte sich die 8geisteswissenschaftliche Psychologie. Sie entwickelte eigenständig Methoden des 8Verstehens anderer Menschen, Handlungen, Handlungsresultate und 8Symbole (8Hermeneutik). Die Bez. P. für eine solche Grunddisziplin der 8Geisteswissenschaften hat sich aber nicht durchgesetzt. Psychologismus, 1. die Ansicht, daß die 8Psychologie die Grundlage aller Philosophie sei; 2. in verurteilendem Sinn die einseitige Betrachtung aller Gebiete der Wissenschaft, der Kultur und des Lebens, bes. der Logik, Ethik, Religion, Kunst, Pädagogik, ausschließlich von psychologischen Gesichtspunkten aus. Zum P. (im Sinne von 1.) rechnete man W. Wundt, Th. Lipps, Th. Ziehen und E. Bleu-
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ler. Gegen den um die Wende zum 20. Jh. in Blüte stehenden P. wandte sich insbes. die 8Phänomenologie und der kritische 8Realismus. Psychom, Neub. E. Haeckels (Die Lebenswunder, 1904) von gr. psychôma ›der seelische Vorgang‹; dazu Psychomatik, bei E. Haeckel (Kristallseelen, 1917) die Lehre von den seelischen Erscheinungen. Psychometrie, Neub. Chr. Wolffs (Psychologia Empirica, 1732, § 522, 616; in: VGG) aus gr. 8psychë und metrein ›messen‹ zur Bez. einer noch zu schaffenden Psychologie, in der die seelischen Gesetzmäßigkeiten in mathematische Formeln gebracht werden sollen: ein Gedanke, der von J. F. Herbart und G. Th. Fechner wiederaufgenommen wurde und zur späteren 8Psychophysik und ihren Meßmethoden führte. – Heute ist P. 1. ein Fachausdruck der Parapsychologie für Hellsehen, sofern es an die Berührung oder Betrachtung eines Gegenstands geknüpft ist, der der Person gehört und gehörte, auf die sich das Hellsehen bezieht, 2. Sammelbez. für psycholog. Forschungen, die sich quantitativer Methoden bedienen. Psychomonismus, Neubild. gr./ lat. ›Seeleneinheitslehre‹; die Auffassung, daß alles Seiende psychischer Natur sei; svw.: 8Panpsychismus, 8Hylozoismus, 8Allbeseelungslehre. psychomotorisch, Neub. aus gr. psychë und lat. motor ›Beweger‹, durch die Seele bewegt; dazu Psychomotorik, die jeweils unterschiedliche seelische Bewegungsart des Menschen; p.e Störungen
Psychotherapie
sind Bewegungshemmungen, die nicht durch körperliche, sondern durch psychische Faktoren bedingt sind. Psychoneurose, Neub. aus gr. psychë und 8Neurose, seelische Abweichung, oft als Krankheit bez., die sich im Unterschied von der Organ- Neurose nicht auf körperlichem Gebiet, sondern im Erleben und Verhalten zeigt. Psychophysik, Neub. G. Th. Fechners (Elemente der P., 2 Bde., 1860) aus gr. psychë und 8Physik, die Seelenphysik, die Wissenschaft »von den funktionalen oder Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen körperlicher und geistiger, zwischen physischer und psychischer Welt«; im heutigen Sinne zählen zur P. unterschiedl. Bereiche der psychol. Forschung, so die Informationspsychologie (8Informationstheorie, 8Kybernetik), Teile der Wahrnehmungspychologie sowie der psychol. Meßtheorie. Psychophysischer Parallelismus, seelischkörperlicher Gleichlauf, die Lehre, daß Bewußtseinserscheinungen und Gehirnvorgänge wie zwei parallele Geraden nebeneinander herlaufen. Als 8Arbeitshypothese, um Zsammenhänge zwischen Hirnfunktionen und Erlebnissen zu erforschen, hat sich die Lehre bewährt, da zweifellos beide voneinander abhängig sind (8Parallelismus). Psychotherapie oder Psychotherapeutik, Neub. von gr. psychë und therapeia ›Pflege‹, ›Heilung‹; die psychologische und medizinische Behandlung von Störungen und psychogenen Krankheiten und de-
Psychovitalismus
ren Heilung, die Seelenheilkunde, insbes. die Behandlung von 8Neurosen und Erkrankungen durch psychische Einwirkung (vgl. u. a. 8Psychoanalyse). Psychovitalismus, die Art des 8Vitalismus, bei der zur Erklärung des zweckmäßigen Verhaltens der Organismen und ihrer 8Anpassung an die 8Umwelt etwas überindividuell Seelisches angenommen wird. Purismus (lat. purus ›rein‹), das Streben nach Reinheit, z. B. die ›Reinigung‹ der Sprache von Fremdwörtern. Purismus der Vernunft nennt J. G. Hamann die von I. Kant vollzogene Abtrennung der reinen Vernunft von allen anderen Erkenntnisvermögen.
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Pyrrhonismus, die von Pyrrho (360- 270 v. Chr.) ausgehende skeptische Philosophie; auch svw. 8Skepsis überhaupt. Pythagoreer, gr. pythagoreioi, die Schüler des Pythagoras (um 582 bis 493 v. Chr.), die in die Altpythagoreer (Philolaos, Archytas u. a.; Fragmente ihrer Schriften bei Diels/ Kranz, Fragmente der Vorsokratiker) und in die Vertreter des 8Neupythagoreismus zerfallen. Als P. bezeichnete man im Altertum auch Gelehrte, die wissenschaftliche Mathematik und Astronomie trieben. Pythagoreismus, die Lehre und die Lebensweise des Pythagoras und der P., insbes. die Deutung der Wirklichkeit aus einer unterstellten Bedeutung von 8Zahlen.
Q
quaestio, lat. ›Frage‹, Untersuchung, Thema, Befragung, Verhör; in der Scholastik aufgestelltes rhetor.- dialekt. Grundprinzip für Disputationen, wonach eine These von einem Fragenden, einem ›Opponenten‹ (opponens) angegriffen und von einem Antwortenden, einem ›Respondenten‹ verteidigt werden muß; quaestio iuris, lat. ›Rechtsbefragung‹, Untersuchung eines Sachverhaltes auf dessen normative Beurteilung hin; quaestio facti, lat. ›Untersuchung von Faktischem‹, d. h. zum faktischen Vorliegen eines Sachverhalts, unabh. von dessen Beurteilung. Qualia, zu lat. qualis ›was für ein‹, ›wie beschaffen‹, Sg. Quale, ein vermutlich zuerst von C. I. Lewis (Mind and the World Order, 1929) verwendeter Terminus, der bei ihm svw. den qualitativen Charakter eines Erfahrungsinhaltes meint: etwa den spezifischen Charakter einer bestimmten Rotwahrnehmung. In N. Goodmans Erkenntnistheorie spielen Q. die Rolle einer letzten Fundierung aller Erkenntnis (The Structure of Appearence, 1951). Am wichtigsten ist der Terminus heute in der modernen Philosophie des 8Geistes. Q. werden dort als Eigenschaften des persönlichen Erlebens aufgefaßt: Sehe ich etwa auf ein rotes Objekt, so erlebe ich die Röte auf eine ganz bestimmte Weise. In Anlehnung an Th. Nagel kann man sagen, daß es »irgend-
wie ist, etwas Rotes zu sehen« (What Is It Like to Be a Bat? 1974). Diesen besonderen Qualitäten des Erlebens werden häufig eine Reihe sekundärer Eigenschaften zugeschrieben. Sie gelten als ›unanalysierbar‹ oder ›einfach‹, ›privat‹ oder ›subjektiv‹ (ich kann nicht wissen, wie es für andere ist, Rot zu sehen) und ›unaussprechlich‹ (ich kann einem Blinden nicht erklären, wie es ist, Rot zu sehen). Q. werden als eines der großen Probleme der Philosophie des Geistes angesehen, weil sie sich dem Zugriff einer objektiv- materialistischen Wissenschaft prinzipiell zu entziehen scheinen. Dafür wird auf der Basis verschiedener Gedankenexperimente argumentiert. Das Argument des invertierten Spektrums behauptet die Möglichkeit, daß zwei Personen (in zwei verschiedenen 8möglichen Welten) die gleiche physikalische Struktur haben und sich exakt gleich verhalten können, ohne daß ihre Erlebnisse jedoch die gleichen Qualitäten haben müßten: Für Person A könnte es so sein, Rot zu sehen, wie es für Person B ist, Grün zu sehen, ohne daß dieser Unterschied nach außen hin deutlich würde. Daraus wird geschlossen, daß Q. für die objektive Wissenschaft unzugänglich sind. In dieselbe Richtung geht das Argument der ›philosophischen Zombies‹, das voraussetzt, daß sogar ›Doppelgänger‹
Qualität
ohne innere Erlebnisse möglich sind. Das Argument des unvollständigen Wissens besagt, daß man alles physikalisch Erforschbare etwa über das Farbsehen wissen kann, ohne jedoch zu wissen, »wie es ist«, eine Farbe zu sehen. Substantielle Kritik an diesen Argumenten und an der Konzeption der Q. insgesamt hat v. a. D. C. Dennett geübt (Quining Qualia, 1988). Qualität, von lat. qualitas ›Beschaffenheit‹, Güte, Wert; von Aristoteles (gr. poiotës) als 8Kategorie, im Unterschied zum (gr.) poion, lat. quale, dem Bestimmten, eingef. zur Bez. des abstr. Merkmals, überhaupt durch etw. bestimmt zu sein. Dazu zählen die ›Haltung‹ (gr. 8hexis, lat. 8habitus), die Veranlagung (8dynamis), Sinnesqualitäten (z. B. Wärme, Härte), die Figürlichkeit, Form (8morphë); Thomas von Aquino unterscheidet darüber hinausgehend die Q. als eine Seinsweise der 8Substanz selbst (modus substantiae) von der bloßen Beschaffenheit (qualitas accidentalis), einem Merkmal lediglich des 8Akzidentellen (vgl. auch 8Akzidenz). In der neuzeitl. 8Erkenntnistheorie wurde die antike Unterscheidung zwischen Ding- Q.en und SinnesQ.en inbes. durch J. Locke neu klassifiziert in ursprüngliche und abgeleitete, gen. primäre und sekundäre Qualitäten. Als primäre Q.en gelten Eigenschaften von Dingen, als sekundäre solche von Sinneswahrnehmungen, die den zu erkennenden Gegenständen zugeschrieben werden. Kategorien der Q. nennt I. Kant (KrV B 106), im Unterschied zu den ›8Prädikamen-
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ten‹ des Seienden in der aristotel. Tradition, die Kriterien 8Realität, 8Negation und 8Limitation, die er als reine 8Verstandesbegriffe, als ›Prädikabilien‹ (ebd. B 108) bez. Da qualitative Kategorien nicht der Bestimmung eines 8Dings an sich, sondern nur der von 8Erscheinungen dienen können, sei die tradition. Unterscheidung von Ding- Q. und Wahrnehmungs- Q., auf der auch J. Locke insistierte, überflüssig (Proleg. § 13, Anm. II). Nach Versuchen von Autoren des 8Wiener Kreises, Q.en als Dingmerkmale vollständig auf Bedingungsaussagen für Erkenntnisse, damit auf SinnesQ.en der Wahrnehmungswelt zurückzuführen (R. Carnap, Der log. Aufbau der Welt, 1928), konzentrieren sich die späteren wissenschaftstheoret. Versuche, die Rede von Q.en zu bestimmen, in erster Linie auf Begriffsklassifikationen für qualitative Merkmale. C. G. Hempel (Fundamentals of Concept Formation in Empirical Sciences, 1952) unterscheidet qualitativ- klassifikator. Begriffe (z. B. eisern, nichteisern) von qualitativ- komparativen (größer, schneller, besser) und quantitativ- metrischen. Dies hat vielfach zu der (wiederum oft kritisierten) Auffassung geführt, man könne sämtliche 8Klassifikationen von Q.en in mathemat., d. h. in quantitativen Ausdrücken fassen und somit qualitative Probleme in Form von 8Quantifizierungen darstellen. Dazu: qualitativ: der Beschaffenheit nach; in erweiterter Bed. auch: wertvoll. Quantenmechanik, Neub. aus lat. 8quantum und 8Mechanik, die ma-
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thematische Methode zur Berechnung der Übergangswahrscheinlichkeit eines Atoms oder Moleküls von einem Zustand in einen anderen, hervorgegangen aus der 8Quantentheorie. Quantentheorie, Neub. aus lat. 8quantum und 8Theorie, die von dem Physiker M. Planck im Jahre 1900 aufgestellte Theorie, nach der elektromagnet. 8Energie wie die des Lichts, der Wärme, der Elektrizität, von der 8Materie nicht in stetig veränderlicher Menge (kontinuierlich), sondern nur sprungweise, in ganzen Vielfachen kleinster Elementarquanten von endlicher Größe aufgenommen (absorbiert) oder ausgestrahlt werden kann, und zwar so, daß das Produkt aus dem jeweiligen Energiequant und der zugehörigen Schwingungsdauer der Strahlung (Wellenlänge zu Lichtgeschwindigkeit) gleich ist dem 8Planckschen Wirkungsquantum h, einer für die Atomphysik grundlegend gewordenen Zahl. Quantifikation, Quantifizierung, Neub. aus lat. quantum ›wie groß‹ und facere ›machen‹, die Umformung der 8Qualitäten in Quantitäten, d. h. der Merkmale von Sachverhalten in Zahlen und meßbare Größen, z. B. der Farben und Töne in Schwingungszahlen oder Wellenlängen. In der 8Prädikatenlogik die Überführung eines 8Prädikats bzw. allgemeiner einer 8Aussageform in eine 8Aussage (oder eine andere Aussageform) mit Hilfe von 8Quantoren. So werden aus den Aussageformen »x ist ein Mensch« (formal etwa Mx), »Wenn x ein Mensch ist, dann ist x sterblich«
Quantität
(Mx → Sx) und »x liebt y« (L(x,y)) durch Q. z. B. die Aussagen »Es gibt ein x, für das gilt: x ist ein Mensch« (∃ xMx), »Für alle x gilt: Wenn x ein Mensch ist, dann ist x sterblich« (∀ x(Mx → Sx)) und »Es gibt ein x und es gibt ein y, so daß x y liebt (∃ x ∃ y(L(x,y))) (informeller: »Es gibt (mindestens) einen Menschen«, »Alle Menschen sind sterblich« und »Jemand liebt jemanden«). Aus L(x,y) kann man per Q. auch z.B. die weitere Aussageform ∃x(L(x,y)) (»Es gibt jemanden, der y liebt«) gewinnen, indem man nur eine der beiden 8Gegenstandsvariablen durch einen Quantor »bindet«. Die »Bindung« einer Variablen x in einer Aussageform durch einen Allquantor »Für alle x gilt:...« (∀ x) nennt man Allquantifikation, die durch einen Existenzquantor »Es gibt ein x, für das gilt: ... ( ∃ x) Existenzquantifikation. Quantität, von lat. quantum ›wie groß‹, die Eigenschaft der Größe. Die Q. eines Dinges stellt sich je nach seiner Beschaffenheit dar als eine Menge, Anzahl, Größe, dessen Grad, dessen räumliche und zeitliche Ausdehnung, Bewegung usw. Sie setzt eine Mehrheit gleichartiger Teile und die Verbindung dieser Mehrheit zu einer Einheit voraus und erscheint der Vermehrung und Verminderung fähig. Sie ist deshalb meßbar und in Zahlen ausdrückbar, wenn es sich um endliche Q.en handelt. Die Q. eines Urteils bedeutet in der klass. Logik das Verhältnis des Umfangs seines Prädikatsbegriffs zu dem Umfang seines Subjektbegriffs, der entweder ganz im Umfang des Prädikats-
quantitativ
begriffs liegt (allgemeines oder universelles Urteil: »Alle Menschen sind sterblich«) oder nur teilweise (besonderes oder partikuläres Urteil: »Einige sterbliche Wesen sind Menschen«), oder der gar keinen Umfang hat (einzelnes oder singuläres Urteil: »Sokrates ist ein Mensch«). – Die Q. hat sowohl bei Aristoteles wie bei I. Kant den Rang einer 8Kategorie. quantitativ, neulat., der 8Größe, 8Menge, 8Anzahl, 8Quantität nach. Quantité négligeable, frz., zu vernachlässigende, nicht weiter zu berücksichtigende Größe. Quantor, zu lat. quantum ›wieviel‹, eine 8logische Partikel der 8Prädikatenlogik. In der Regel führt man in die prädikatenlogische Sprache den Allquantor »Für alle x gilt: ...« (symbolisch ∀x oder Λ x ) und den 8Existenzquantor »Es gibt (mindestens) ein x, für das gilt: ...« ( ∃ x oder Vx ) ein. Mit ihrer Hilfe lassen sich aus 8Prädikaten bzw. allgemeiner aus 8Aussageformen wie »x ist ein Mensch« (Mx) oder »Wenn x ein Mensch ist, dann ist x sterblich« (Mx → Sx) 8Existenzoder 8Allaussagen erzeugen: »Es gibt ein x, für das gilt: x ist ein Mensch« (∃ xMx), »Für alle x gilt: Wenn x ein Mensch ist, dann ist x sterblich« (∀ x(Mx → Sx)). Diesen Vorgang nennt man 8Quantifikation; genauer spricht man häufig von ›All- ‹ bzw. ›Existenzquantifikation‹. Man sagt, daß die 8Gegenstandsvariablen in solchen Aussagen durch die Q.en ›gebunden‹ sind. – Der 8Wahrheitswert von All- und Existenzsätzen ist von dem sogenannten Grundbereich abhängig, über
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den die durch die Q.en gebundenen Variablen laufen. Damit ist die 8Menge der Gegenstände gemeint, die man überhaupt in Betracht zieht. Ist der Grundbereich z. B. die Menge L aller Lebewesen, so sind die Quantoren ∀x und ∃ x genauer als »Für alle Lebewesen x gilt: ...« bzw. »Es gibt ein Lebewesen x, für das gilt: ...« zu lesen. Zuweilen gibt man den Grundbereich in der formalen Notation explizit mit an und schreibt etwa ∀x∈L und ∃ x∈L. Es werden dann ∃ x∈L(Mx) und ∀x∈L (Nx) wahr, wenn Mx für »x ist ein Mensch« und »Nx« für »x nimmt Nahrung auf« stehen: Es gibt ein Lebewesen, das ein Mensch ist, und alle Lebewesen nehmen Nahrung auf. Dagegen wird ∀x∈L(Mx) falsch, da ja nicht alle Lebewesen Menschen sind. Allgemein ist eine Allaussage ∀xFx genau dann wahr, wenn alle Objekte aus dem vorausgesetzten Grundbereich die durch F ausgedrückte Eigenschaft haben; eine Existenzaussage ∃xFx ist genau dann wahr, wenn es im Grundbereich mindestens einen Gegenstand gibt, der die Eigenschaft F aufweist. Durch diese 8Wahrheitsbedingungen ist die Bedeutung der Q.en festgelegt. – Enthält ein Grundbereich nur endlich viele Elemente a1,..., a n, so ist die Allaussage ∀x(Fx) äquivalent mit der 8Konjunktion Fa1 ∧ ... ∧Fa n. Man nennt den Quantor ∀ deshalb auch ›Großkonjunktion‹. Im Falle eines unendlichen Grundbereichs (etwa der Menge der natürlichen Zahlen) spricht man von manchmal als von der ›unendlichen Großkonjunktion‹. – Zuweilen werden auch
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noch andere Q.en benutzt, die sich mit Hilfe des All- oder Existenzquantors und der 8Negation »nicht« (¬ ) definieren lassen: So läßt sich der »Keinquantor« »Es gibt kein x, für das gilt:...« durch »Es ist nicht der Fall, daß es (mindestens) ein x gibt, so daß gilt:...« ( ¬ ∃ x) bestimmen. Im Prinzip bräuchte man sogar nur einen Q. vorauszusetzen, da All- und Existenzquantor mit Hilfe der Negation wechselseitig definierbar sind: »Es gibt ein x, für das gilt: x ist F« heißt nichts anderes als »Nicht für alle x gilt: x ist nicht F« ( ¬∀x ¬Fx), und »Für alle x gilt: x ist F« bedeutet dasselbe wie »Es gibt nicht ein x, für das gilt: x ist nicht F« ( ¬∃ x ¬Fx). – Die Quantoren wurden Ende des 19. Jh. v. G. Frege i. d. formale Logik eingeführt. Quantum, das, lat. ›wie groß‹ (Mz.: die Quanta); die 8Größe, 8Menge, der Betrag, bes. die meßbare Größe oder Menge, die durch eine 8Zahl, die Maßzahl oder das 8Maß, ausgedrückt werden kann. Bestimmte, durch ein Merkmal oder eine Grenze unterscheidbare Teile einer 8Mannigfaltigkeit heißen Quanta oder Quanten (8Quantentheorie). Quaternio terminorum, lat. ›Vierheit der Begriffe‹, in der 8Syllogistik ein Beweisfehler, der auf der Mehrdeutigkeit eines Ausdrucks beruht: »Alle Läufer haben Beine; manche Teppiche sind Läufer; also haben manche Teppiche Beine«. Rein äußerlich scheint dieser Schluß dem gültigen syllogistischen Modus MaP SiM SiP
Quietismus
der ersten Figur zu entsprechen. Interpretiert man die beiden 8Prämissen aber auf die naheliegenste Weise – nämlich so, daß sie gleichermaßen wahr werden – dann verwendet man den Ausdruck »Läufer« in zwei verschiedenen Bedeutungen, hat es also mit zwei verschiedenen Begriffen statt mit einem Mittelbegriff M zu tun. Der Schluß umfaßt demnach in Wirklichkeit nicht drei, sondern vier Begriffe und ist deshalb ungültig. Quellgeister, bei J. Böhme (Aurora, 1612) die den sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten der Dinge zugrunde liegenden Kräfte, die »im Blitz des Lebens geboren« werden. Böhme unterschied sieben solche Q.: Begierde, Bewegnis, Angstqualität, Feuerblitz, Liebe, Hall und Schall, Verständnis. Quiddität, neulat. quidditas ›die Washeit‹, bei den Scholastikern das Wesen eines Dinges, die forma substantialis, übers. nach dem gr. Ausdruck des Aristoteles: to ti ën einai, oder: ti esti ›das, was etwas ist‹ (8essentia). quid pro quo, lat. ›etwas für etwas‹, die Verwechslung, das Mißverständnis. Quietismus, von lat. quiës ›Ruhe‹, die Lehre von der nach völliger Seelenruhe strebenden Geisteshaltung und Lebensführung durch Aufgeben des Wollens, Vernichtung des Eigenlebens und Aufgehen in Gott, besonders von der Heiligen Therese und Franz von Sales vertreten, von M. de Molinos (Guida spirituale, 1675; dt. von Arnold, 1699) ausgebildet, in Frankreich von Frau J. M. von Guyon
qui nimium probat, nihil probat
und Fr. Fénélon gepflegt und verteidigt, 1687 durch ein päpstliches Breve verurteilt; in weiterem Sinn jede Philosophie, die durch endgültige Lösungen, durch Verdecken oder Überbrücken der Abgründe durch Hintansetzung oder Bagatellisierung der offenen Fragen ein ›System der Beruhigung‹ darstellt und damit dem Menschen das eigene Bemühen, die Unruhe, die 8Angst, die eigene 8Entscheidung abnehmen will. So wurde J. G. Fichtes Wissenschaftslehre von Fr. Hölderlin Q. genannt. qui nimium probat, nihil probat, lat. ›wer zuviel beweist, beweist nichts‹. quinque voces, lat. ›fünf Wörter‹ (8Prädikabilien). Quintessenz, von lat. quinta essentia ›fünftes Wesen‹, fünfte 8Substanz; der 8Äther, den Aristoteles ne-
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ben Erde, Wasser, Luft und Feuer als Element annahm. Da dieser als das vorzüglichste, feinste, alles durchdringende Element galt, bezeichnete man mit Q. das Wesen einer Sache, den wirksamsten Bestandteil einer 8Substanz überhaupt. Bei den Alchemisten hieß auch der Alkohol Q. quod erat demonstrandum, lat. ›was zu beweisen war‹. In der Tradition üblicher Schlußsatz eines Beweises. Quodlibet, lat. quod libet ›was beliebt‹; bei den Scholastikern Bez. von Schriften verschiedenen Inhalts, die aus den disputationes de quodlibet ›Verhandlungen über Beliebiges‹ oder quodlibeticae hervorgingen und in denen nach Art eines Katechismus quaestiones et responsiones quodlibetica ›Fragen und Antworten über Beliebiges‹ aufgezeichnet wurden.
R
Rabulist, Neub. von lat. rabula ›der Rechtsverdreher‹; daher Rabulistik, die mit Verdrehung und Entstellung der Tatsachen und mit falschen Schlüssen arbeitende Beweisführung. Rache, mhd. râche ›Verfolgung‹, die ursprüngliche Reaktion des Menschen auf jeden Eingriff in seinen Lebenskreis mit dem Ziel, sich durch eine unmittelbare und höchstpersönliche 8Vergeltungshandlung Genugtuung zu verschaffen. Sie wurzelt in dem Kränkungsgefühl, das die Verletzung der 8Ehre, in dem Zorn und dem Schmerz, den das Gefühl eines erlittenen Unrechts hervorruft, und in dem Wunsch, sich hierfür einen seelischen Ausgleich zu schaffen. Bei vielen Völkern äußert sie sich in der Form der Blutrache, derzufolge jede Verletzung eines Sippengenossen durch einen Fremden von allen Sippengenossen als eine Kränkung ihrer Ehre empfunden wird: jeder Sippengenosse ist verpflichtet, zu ihr mitzuwirken; sie richtet sich nicht nur gegen den Angreifer allein, sondern wiederum gegen dessen ganze Sippe, die ihrerseits verpflichtet war, ihm beizustehen. Den Übergang zum öffentlichen Strafrecht bildet vielfach die 8Talion: der Täter wird der verletzten Sippe oder dann der öffentlichen Gewalt zur Vollziehung gerechter 8Vergeltung ausgeliefert. Erst allmählich gewinnt die 8Strafe
über die Bedeutung einer Befriedigung des Rachegefühls des Verletzten und seiner Sippe hinaus den ihr eigentümlichen Sinn einer Reaktion der Rechtsgemeinschaft auf das geschehene 8Unrecht als solches. In der Antike war es die aufkommende Staatsgewalt – in Rom bereits zur Zeit des Zwölftafelgesetzes – und im Mittelalter die Kirche, die sich um die Abschaffung oder doch Einschränkung der Blutrache bemühte, eine Praxis, die jedoch im Ritterstande während des ganzen Mittelalters in Form der Fehde fortdauerte. Sie verschwand erst mit dem Ende des Rittertums (»Ewiger Landfriede« 1495) und wirkte dann noch in der Sitte des Zweikampfes fort, der, obwohl durch das Strafrecht verboten, noch im 20. Jh. unter Berufung auf tradierte ständische Ehrauffassungen z. B. von Offizieren und Studenten gefordert worden ist. radikal, von lat. radix ›Wurzel‹ über frz. radical, wurzelhaft, bis auf die Wurzel, den Grund gehend, von Grund aus, bis zum Äußersten gehend; das radikal Böse bez. die Annahme, es gebe ein im Menschen und dessen Natur verwurzeltes, ihm angeborenes 8Böses; Radikalismus, die Denk- und Handlungsweise, die einen Grundsatz oder eine Lehre oder eine Idee bis zu ihrer Wurzel, d. h. ihren letzten Folgen durchführen oder etwas Bestehendes von Grund aus bis in die
raison
Wurzel hinein zerstören will. Im Unterschied zum Extremismus (ein Begriff, der nur marginale Positionen in einem Meinungs- oder Parteienspektrum bezeichnet) versteht man unter Radikalismus jede konsequente Zielrichtung, die sich bei der Durchsetzung ihres Programms beliebiger Mittel bedient (vgl. 8Fanatismus). raison, frz. ›die 8Vernunft‹, Vernünftigkeit; raisonnieren, etwas vernünftig betrachten, über etwas vernünftig reden und urteilen; auch (und meist) in abfälligem Sinne svw. vernünfteln; entspr. Raisonnement, die vernünftige Überlegung, Beurteilung; die Vernünftelei. Ramisten, die Anhänger des Petrus Ramus (1515- 72), der in seinen Schriften zur Dialektik die aristotelisch- scholastische Logik und Philosophie bekämpfte. Rangordnung, von Fr. Nietzsche als Ideal einer zukünftigen Gesellschaftsordnung aufgestellt auf der Annahme, es gebe eine objektive R. der Menschengruppen untereinander, die sich unterscheiden nach den 8Werten einer 8Herrenmoral bzw. Sklavenmoral. – In der materialen Wertethik beruht die R. der Werte auf der Annahme einer hierarchischen Wertordnung, gegliedert je nach unterschiedlicher Werthöhe. Im Gegensatz zu Fr. Nietzsche werden dabei »niedrigere« Wertmaßstäbe in der 8Wertphilosophie des 20. Jh. (insbes. bei M. Scheler) nicht als wertlos oder unwert beurteilt, sondern ebenfalls positiv eingestuft. Man unterscheidet die empirische und die ideale
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R. Die empirische ist die jeweils in einer bestimmten Kultur, auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung des sittlichen Bewußtseins oder in verschiedenen Ethiken wie der platonischen, der stoischen, der christlichen usw. geltende »Tafel der Werte«. M. Scheler u. a. nahmen daneben die Existenz eines idealen, an sich (unabhängig von dem sich in der Kulturgeschichte entwickelnden Wertbewußtseins und der Wertverwirklichung) bestehenden Verhältnisses der Werte zueinander an, das jeder sittlichen Wertung zugrunde liege. (Vgl. auch N. Hartmann, Ethik, 1926.) Rasse, arab. ra’s ›Ursprung‹, ›Kopf‹, frz. race (eingedeutscht im 18. Jh. mit der Bedeutung ›Sorte‹, als biologischer Begriff zuerst bei I. Kant), Unterbegriff von 8Art, eine Gesamtheit von Lebewesen, die den Wesensmerkmalen nach derselben Art angehören, aber innerhalb dieser durch zusammengehörige, konstant vererbliche Sondereigenschaften eine wohlunterscheidbare Gruppe bilden, die indes mit anderen Gruppen der gleichen Art fortpflanzungsfähig bleibt. Besonders anschauliche Beispiele sind wegen ihrer Mannigfaltigkeit und Ausgeprägtheit die R.n der Haustiere. Entsprechend werden in mehreren humanbiologischen Theorien auch für die Menschen R.n, ausgehend von einer Typologie charakteristischer körperlicher Prägungen, nach Merkmalen unterschieden, die bei allen endogam gezeugten Nachkommen wiederkehren. Wie weit der Begriff der R. im Hinblick auch auf den
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Menschen angewendet werden sollte, also nicht nur für eine erste Einteilung nach Hautfarben (weiße, gelbe, schwarze, rote), sondern auch für die Benennung feinerer Unterschiede und Unterteilungen gebraucht werden kann, ist umstritten (8Rassismus). Rassismus, auch: Rassenideologie, Sammelbegiffe für Theorien und politische Programme, in denen 1. von einer anthropolog. Klassifizierung der Menschheit nach 8Rassen ausgegangen wird, 2. Zusammenhänge zwischen Körpermerkmalen einerseits und sozio- kulturellen oder auch individuell- charakterlichen Festlegungen andererseits behauptet wird; als Theorie mit Wissenschaftsanspruch erst im 19. Jh. entwickelt (J. A. Graf v. Gobineau, Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen, 4 Bde., frz. EA 1853- 55; L. Gumplovicz, Der Rassenkampf, 1883; H. St. Chamberlain, Die Grundlagen des XIX. Jh., 2 Bde., 1898). Die Grundannahmen wurden durch umfangreiche ethnolog. Forschung vielfach empirisch entkräftet: überzufällige Zusammenhänge zwischen erblichen physischen Merkmalen und psychischen Eignungen und Fähigkeiten oder gar moralischen Einstellungen bestehen nicht. In den polit. Auswirkungen hat sich der R. als verhängnisvolle Herrschaftsideologie des 19. und des 20. Jhs. ausgewirkt: durch ihn wurden auf zynische Weise Rechtfertigungen versucht insbes. für die weitgehende Ausrottung der nordamerikanischen Ureinwohner durch europäische Sied-
ratio
ler wie auch für die Massenvernichtung von als ›Rassen‹ bezeichneten Ethnien ( Juden, Sinti, Roma) durch die nationalsozialist. Führung in Deutschland und in den besetzten Gebieten Europas z. Zt. des 2. Weltkriegs. ratio, lat. ›die 8Vernunft‹, der 8Grund, Sammelbez. für das Denken des 8Verstandes, im Unterschied zur intuitiven Erfassung von Gegenständen (8diskursiv, 8Reflexion); ratio fiendi, Grund des Seins und Werdens (8Realgrund), ratio agendi, Grund des Handelns (8Motiv), ratio cognoscendi, logischer Grund (8Erkenntnisgrund). Dazu rational, vernünftig, im Gegensatz zu 8empirisch, svw. aus der Vernunft stammend, durch Verstandesdenken gewonnen. So folgert die rationale Theologie aus dem Begriff Gottes sein Dasein (8Gottesbeweise). Ausschließl. rationale Erkenntnis unter Absehung von sinnlichen Komponenten erstrebten vor allem der 8Cartesianismus, der 8Spinozismus und die Wolffsche Schulphilosophie. In der Mathematik nennt man diejenigen Zahlen rationale, die sich entweder durch ganze Einheiten oder durch Teile der Einheit genau ausdrücken lassen; Gegenbegriff 8irrational (8Zahl). Unter rationalistisch versteht man eine Denkart oder Geisteshaltung im Sinne des 8Rationalismus. Rationale Psychologie, bei Chr. Wolff, im Unterschied zur empirischen, die Seelenlehre aus dem Begriff der 8Seele, ihrem Wesen und ihrer Kraft und ihrem Verhältnis zum 8Körper; bei I. Kant ein Teil der 8Metaphysik
Rationalisierung
(KrV, Methodenlehre, III. Hauptst.): »Die Metaphysik der denkenden Natur heißt Psychologie, und aus der eben angeführten Ursache ist hier nur die rationale Erkenntnis derselben zu verstehen. Demnach besteht das ganze System der Metaphysik aus vier Hauptteilen: 1. der Ontologie, 2. der rationalen Physiologie, 3. der rationalen Kosmologie, 4. der rationalen Theologie. Der zweite Teil, nämlich die Naturlehre der reinen Vernunft enthält zwei Abteilungen, die physica rationalis und psychologia rationalis.« Rationalisierung wird 1. die theoretische Reduktion einer Wirklichkeitsbeschreibung auf wenige rationale Grundsätze oder wenige Prinzipien der Erkenntnis gen. In praktischer Absicht bez. R. 2. auch die zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen zur Leistungssteigerung und Kostensenkung durch techn. Verbesserung und durch Erhöhung der Arbeitsintensität: R. entspricht dem Programm nach dem von Fr. W. Taylor entwickelten Verfahren der techn. und organisator. Arbeitsvorbereitung (›scientific management‹). Der Begr. R. wurde in den dt. Sprachgebr. vor dem 1. Weltkrieg eingef. durch den Nationalökonomen F. v. Gottl- OttLilienfeld als verallgemeinernder Terminus für die im ›Taylorismus‹ vorgeschlagenen techn.- wissensch. Verfahren der Arbeitsvorbereitung und Arbeitskontrolle. 3. ist R. in der Terminologie der 8Psychoanalyse die 8Rechtfertigung oder Erklärung einer Tätigkeit, eines Gefühls oder eines Gedankens durch
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angebl. Zwänge oder interne Notwendigkeiten, wobei die tatsächl. vorliegenden, aber durch das 8Unbewußte zensierten Motive nicht eingestanden werden. 4. wird R. als epochaler Begr. in der Soziologie M. Webers (Wirtschaft und Gesellschaft, posthum 1922) verw. für den Prozeß der Verwissenschaftlichung, Technisierung und für die allg. Durchsetzung zweckrationaler Handlungsprinzipien in der modernen kapitalist. Gesellschaft. Rationalismus, Neub. im 18. Jh. aus 8rational, die Geisteshaltung, in der das rationale Denken und Erkennen vorherrscht oder ausschließlich geübt wird; Gegenbegriff: 8Irrationalismus. Der R. läßt sich 1. im Unterschied zum 8Empirismus und 8Sensualismus charakterisieren als diejenige methodische Richtung in der Philosophie, die, von dem Vorbild der Mathematik ausgehend, die Form und den Inhalt alles Wissens aus der 8ratio, unabhängig von aller 8Erfahrung oder unter Vernachlässigung der empirischen Forschung ableiten und damit die Philosophie zu einem 8System von Begriffen, Urteilen und Schlüssen, an deren Spitze oberste Grundsätze stehen, machen möchte. In der Neuzeit wurde der methodische R. von R. Descartes begründet (8cogito ergo sum), von B. Spinoza weitergebildet und ist dann für lange Zeit die Methode der Philosophie geworden (Höhepunkt in Deutschland: Chr. Wolffs Philosophie). I. Kant versuchte, ihn durch die Frage nach der Möglichkeit der Erfahrung und den Begriff der tran-
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szendentalen synthetischen Einheit der 8Apperzeption zu überwinden. Dem R. wurde damit, im Gegensatz zum 8Kritizismus und 8Skeptizismus, die Ansicht von der unbegrenzten Erkenntnisfähigkeit des Menschen und der vollen Begreiflichkeit der Welt zugeschrieben. Der R. setzt voraus, daß uns mit den Vernunftbegriffen die ideae innatae (8angeboren), z. B. 8Substanz, 8Kausalität, 8Wahrheit, gegeben seien, die man nur klar und deutlich (8clarus et distinctus) einzusehen brauche, um sich der Wahrheit seiner Erkenntnisse von der Wirklichkeit gewiß zu werden. Auf Grund dieser Seinsgewißheit im Denken erhebt der R. die ratio zur Orientierungsinstanz für alle Bereiche des Lebens. Er hat, die historisch gegebenen Verhältnisse in Gesellschaft, Staat, Kirche, Wissenschaft, Kunst kritisierend, zur 8Aufklärung im Frankreich des 18. Jh. beigetragen und den Glauben an 8Autoritäten untergraben. Auch in Deutschland zeigte er sich in Abgrenzung des historisch Gegebenen. Sein ständiger Gegner ist der sog. 8Aberglaube. Vor allem hat der R. den Versuch gemacht, 8Glauben und 8Wissen unter der Prämisse zu vereinigen, daß der Glaube sich nach der »natürlichen Vernunft« (8lumen naturale) zu richten und die Theologie sich der Philosophie unterzuordnen habe. Damit ist der R. 2. im Gegensatz zum 8Supranaturalismus und 8Fideismus diejenige theologische Richtung, die in Glaubenssachen den Gebrauch der 8ratio nicht nur für erlaubt, sondern sogar für absolut
Rationalität
notwendig hält: Die ratio soll das Kriterium der 8Offenbarung sein; eine 8doppelte Wahrheit dürfe es nicht geben; »Unvernünftiges« im Glauben (8credo quia absurdum, 8Wunder, 8Paradox) ist auszumerzen. Schon die 8Scholastik mit ihrer weitgehenden 8Rationalisierung der Glaubenswahrheiten könnte man als theolog. R. bezeichnen. In der Neuzeit tritt er als 8natürliche Religion (8Deismus) auf und wird in Deutschland durch Chr. Wolffs Theologia naturalis (1737), die er der 8positiven Religion gegenüberstellt, eingeführt. Ihm folgen J. A. Ernesti, J. S. Semler, J. G. Töllner, J. J. Griesbach u. a. mit ihrer Kritik der Bibel und der Kirchengeschichte. Zu den Theologen traten in der Bekämpfung des alten Glaubens und in dem Versuch, einen Vernunftglauben zu schaffen, die am R. orientierten 8Popularphilosophen, deren Organ, die von Fr. Nicolai herausgegebene Allg. Dt. Bibliothek, seit 1765 für den gesunden 8Menschenverstand und damit für eine Verbreitung einer profanen 8Weltweisheit und 8Moralität eintrat. Analog zur theolog. Richtung entstand im 19. Jh. 3. im Gegensatz zum 8Historismus ein staatsrecht. oder rechtsphilosophischer R., der das Gemeinsame aller geschichtlichen Rechtssysteme in einem zeitlosen, für alle Zeiten gültig sein sollenden 8Naturrecht annimmt und nach ihm die »positiven« Rechtsformen beurteilt. – Vgl. 8système de la nature. Rationalität, lat. rationalitas ›Vernunftmäßigkeit‹, Vernünftigkeit, 8Vernunft, auch: 8Klugheit bei der
Rationalitätskriterium
Wahl von Mitteln für optimale 8Zwecke; vor und bei I. Kant in lat. und dt. Fassung nur zur Bez. eines subj. Vermögens verw.; in den dt. Sprachgebr. (im umfass. Sinne als Synonym für ›Vernünftigkeit‹ von wissensch. Theorien, prakt. Handlungskonzepten, menschl. Ordnungen insges.) eingef. aus dem Engl. (8Pragmatismus). Rationalitätskriterium, s. 8Entscheidungstheorie. Raum, ahd. mhd. rûm, eigentl. das nicht Ausgefüllte (vgl. räumen!), ›freier Platz‹, als leer vorgestellter R. die Bedingung des Auseinander- und gleichzeitigen Nebeneinanderseins einer Vielheit von ausgedehnten Dingen, die für den naiven Menschen im R. wie in einem Gefäß sich befinden und bewegen und selbst 8Ausdehnung, Räumlichkeit haben, einen Teil des R.es »erfüllen«, so daß 8Materie als substanzerfüllter R. verstanden werden kann. Nach I. Kant (KrV, Von dem R.e) ist der R. nicht eine unabhängig von unserer 8Wahrnehmung und 8Vorstellung objektiv bestehende Ausgedehntheit der Dinge und zwischen den Dingen, sondern eine »notwendige Vorstellung a priori, die allen äußeren Anschauungen zugrunde liegt«, eine Form unserer »Sinnlichkeit«, dank derer uns Erfahrung erst möglich ist. I. Kant lehrt also vom R., daß er nur auf unserem Anschauungsvermögen beruht, das uns die Erfahrung äußerer Dinge ermöglicht, daß er aber »nichts sei, sobald wir die Bedingung der Möglichkeit aller Erfahrung weglassen und ihn als etwas, was den Dingen an sich
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selbst zum Grund liegt, annehmen«, und er nennt diese Lehre die »transzendentale Idealität« des R.es. In der Mathematik Bez. für eine strukturierte Menge von Elementen, die eine Abstraktion des Auschauungsraumes darstellt. Dem Anschauungsraum entspricht der dreidimensionale euklidische R., der bestimmt wird (a) durch eine Definition dessen, was unter ›Abstand‹ jeweils zweier ›Punkte‹ voneinander zu verstehen ist, (b) durch die Menge der Tripel (x, y, z) reeller Zahlen (darstellbar in ›Koordinaten‹), die den als ›Punkte‹ dargestellten Werten des AnschauungsR.s zugeordnet sind und die insofern den R. ›beschreiben‹. Diese Bestimmung des hier zunächst als ›dreidimensional‹ bezeichneten R.es kann zu einem Konzept eines beliebig viele Dimensionen umfassenden R.es erweitert werden, wenn man von einer Menge aller n- tupel (x1, x 2 , ... x n) reeller Zahlen ausgeht und jedes n- tupel als einen Punkt P des R.es definiert. Die Dimensionen dieses konstruierten R.es entspricht dann der Anzahl der Koordinaten, die zur Beschreibung eines beliebigen Punktes notwendig sind. Eine andere Struktur als der mathematisch geordnete R., der ein »homogenes Kontinuum« bildet, zeigt der R., wie er vom Ich konkret erlebt wird. Er ist im Unterschied von jenem auf den Standort des Ich bezogen; d. h. er ist »perspektivisch« gegliedert. Die damit gegebenen Unterschiede der Nähe und Ferne, des Oben und Unten, Vorne und Hinten, Rechts und Links werden nicht nur als örtliche
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Abweichungen, sondern qualitative Differenzen von hoher Lebensbedeutung erlebt. Raum-Zeit-Kontinuum, die vierdimensionale, aus den drei 8Dimensionen des 8Raumes und der Dimension der 8Zeit bestehende Mannigfaltigkeit der 8Relativitätstheorie. reagieren, frz. réagir, zurückwirken, eine Gegenwirkung ausüben. Reaktion, frz. réaction, die Gegenwirkung, die Rückwirkung; in der Mechanik das eine Glied der Wechselwirkung alles Körperlichen aufeinander, im Unterschied zu dem anderen Glied, der Aktion; in der Chemie die Einwirkung von Substanzen aufeinander, die zur chemischen Umsetzung führt; in der Biologie, Physiologie und Psychologie der auf einen den lebendigen Organismus treffenden 8Reiz erfolgende Vorgang. Im politischen und kulturellen Leben heißt R. der auf eine 8Revolution erfolgende Rückschlag, der auf einen 8Fortschritt erfolgende Rückschritt, der Rückgriff auf veraltete, unzeitgemäße Formen des Lebens mit der Absicht, das Aufwachsen des Neuen (8Bewegung) zu hemmen oder zu verhindern; hierzu der Reaktionär, der Rückschrittler, der dem Neuen feindlich Gesinnte. Reaktionsnorm, die ererbte Regelmäßigkeit in der Art und Weise, wie ein Organismus auf Reize reagiert. real (neulat. realis, Neub. zu 8res, wohl zuerst bei Abaelard); 1. sachlich, dinglich, gegenständlich, 2. wirklich, objektiv (im Gegensatz zu 8ideal, nur in der Idee, in Gedan-
Realismus
ken vorhanden); dazu das Reale, das Wirkliche; Mz. die Realen, bei J. F. Herbart die letzten wirklichen Bestandteile des Seins. Realdefinition, eine Form der 8Definition, durch die die Bedeutung eines Ausdrucks nicht festgelegt, sondern analysiert und ggf. präzisiert wird. Realgrund, im Gegensatz zum 8Erkenntnis- oder Idealgrund, der sich auf unsere Vorstellung von der Sache bezieht und nur die Richtigkeit unserer Schlüsse bestimmt, ist R. der 8Grund für das Sein einer Sache; im Hinblick auf 8Kausalität stimmt der R. mit der 8Ursache überein. Realismus, von lat. res ›Ding‹, ›Sache‹, 1. in der scholastische Philosophie im Gegensatz zum 8Nominalismus die an Platos Ideenlehre anknüpfende Überzeugung, daß die 8Allgemeinbegriffe gegenüber den individuellen Dingen (ante res) präexistent seien, und zwar als ewige Ideen in Gott oder als angeborene Ideen in unserem Geist (so Anselm von Canterbury). In der 8Metaphysik wurde daher seit dem frühen M A als BegriffsR. eine Position bez., wonach das begriffl. Allgemeine (8Universalien) unabhängig von den Einzeldingen und von der der Erkenntnis dienenden menschlichen Begriffsbildung existiert. 2. In der Erkenntnistheorie bez. man als R. (im Unterschied zum erkenntnistheoret. 8Idealismus) Positionen, denen die Auffassung gemeinsam ist, daß es eine unabh. vom 8Subjekt existierende › 8Außenwelt‹ gibt. Diese Voraussetzung teilen auch alle, die von einem ›naiven R.‹ ausgehen, d. h. un-
Realismus
terstellen, die ›Außenwelt‹ existiere so, wie wir sie wahrnehmen. – Der kritische R. ist die Lehre, daß wir auf Grund unserer kritisch geläuterten Erfahrungen und der Bewährung unserer gedanklichen Annahmen die 8Existenz einer subjektunabhängigen Außenwelt mit gutem Grund behaupten dürfen und daß die Merkmale und Beziehungen unserer 8Wahrnehmungen solchen der 8Wirklichkeit an sich entsprechen, denen wir wenigstens hypothetisch näherkommen können. Vertreter des kritischen R., der im weiteren Sinne schon mit Aristoteles beginnt, sind im 19. Jh. in Deutschland J. F. Herbart (»Soviel Schein, so viel Hinweisung auf Sein«), G. Th. Fechner, H. Lotze, im 20. Jh. E. v. Hartmann, O. Külpe, H. Driesch, A. Messer, B. Bavink, A. Wenzl u. a. – Etwa um 1900 ist bes. in Amerika und England im Vertrauen auf die Naturgemäßheit unserer Wahrnehmungsfähigkeit ein Neorealismus aufgetreten, der dem naiven R. insofern nahestand, als er die 8Sinnesqualitäten nicht als nur subjektiv betrachtete, der aber um 1920 wieder in den kritischen R. einmündete. – Gegenstand der R.- Debatte in der modernen 8analytischen Philosophie ist das Verhältnis zwischen Sprache und Welt. Die Grundannahme des sog. semantischen R., die H. Putnam ursprünglich vertrat (z. B. in The Meaning of ›Meaning‹, 1975), lautet, daß die Bedeutungen sprachlicher Ausdrücke in gewissen Grenzen unabhängig von unserem Wissen über sie festgelegt sind. Daraus folgt insbesondere,
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daß die Bedingungen, unter denen ein Satz wahr ist, unabhängig von den Verifikationskriterien (8Verifikation) sind, die wir auf einer bestimmten Stufe der wissenschaftlichen Entwicklung verwenden würden. So kann der Satz »Der Gegenstand A ist aus Gold« zu einem gegebenen Zeitpunkt auch dann wahr sein, wenn die Anwendung der gerade aktuellen Verifikationskriterien zu einem negativen Ergebnis führt, d. h. wenn die gerade akzeptierten (in Wirklichkeit aber unzulänglichen) Untersuchungsmethoden für Gold ergeben, daß es sich bei A nicht um Gold handelt. Diese Auffassung ging bei Putnam mit der Ansicht einher, daß es nur eine zutreffende theoretische Beschreibung der Welt gibt und daß Wissenschaft als das Unternehmen einer stetigen Annäherung an diese Beschreibung verstanden werden kann; überdies nahm sie für sich in Anspruch, im Einklang mit dem alltäglichen Verständnis von Wahrheit zu stehen. Die ›antirealistische‹ Position M. Dummetts läuft dagegen auf eine Identifikation von Wahrheit mit begründeter Behauptbarkeit (unter den jeweils geltenden Verifikationskriterien) hinaus (Truth and Other Enigmas, 1978); der Begriff einer ›objektiven Wahrheit‹ in Putnams Sinne wird abgelehnt. Nach 1978 hat auch Putnam seine Auffassung in wesentlichen Punkten modifiziert und eine Reihe von Zugeständnissen gemacht: Er verwirft seine früheren Thesen als ›metaphysischen R.‹ und versteht Wahrheit nun als
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›ideale rationale Akzeptierbarkeit‹; auch die Annahme, daß es nur eine korrekte Beschreibung der Wirklichkeit gibt, wird im sog. ›internen R.‹ nun fallengelassen (Meaning and the Moral Sciences, 1978). – 3. In der Ästhetik steht R. im Gegensatz einerseits zum 8Formalismus durch die Bedeutung des Gegenstandes für Künstler und Kunstbetrachter, andererseits zum 8Subjektivismus durch das Verpflichtungsgefühl, sich von einer naturgemäßen Darstellung des Gegenstandes nicht willkürlich zu entfernen (8Naturalismus). In der marxistischen Ästhetik bezeichnet R. eine Kunsttheorie, die im Anschluß an das von K. Marx entwickelte 8BasisÜberbau- Verhältnis die künstlerische Tätigkeit als Moment des allgemeinen kulturellen Überbaus im Verhältnis zur ökonomischen Basis, d. h. als ideelle 8Widerspiegelung und Ausdruck der gesellschaftlichen Realität und Entwicklung im 8Kunstwerk begreift, aus der sie hervorgeht und auf die sie sich bezieht (vgl. G. Lukacs, Probleme des Realismus, 1971). R. als ästhetische Kategorie stellt im Gegensatz zum 8Ästhetizismus, der von der Selbstreferentialität der Kunst ausgeht, die Frage nach dem spezifischen Wirklichkeitsbezug der Kunst. Ideelle Widerspiegelung bedeutet nicht einfache 8Abbildung (Verdoppelung) gesellschaftlicher Prozesse im Kunstwerk, sondern ihre reflektierte Gestaltung, d. h. geistige Aneignung, die sich im Werk objektiviert. Es geht dem R. im Gegensatz zum 8Naturalismus nicht um die unmittelbare Wiedergabe
Realität
der Wirklichkeit, sondern um ihre subjektiv vermittelte Verarbeitung, die durch das Kunstprodukt auf die gesellschaftliche Entwicklung zurückwirkt. Insofern hat die Kunst als Überbauphänomen für den R. nicht nur darstellungsästhetische, sondern auch über die ökonomische Basis und die gegebenen Produktionsverhältnisse hinausweisende, antizipierende Funktionen. Die zentrale Kategorie des ästhetischen R., die das virtuelle Moment der Kunst gegenüber gesellschaftlicher Realität kennzeichnet, ist das 8Typische: Das Wesen der Kunst ist es danach, daß sie in den individuellen Charakteren und Situationen ihrer Darstellung allgemeine, die 8Epoche kennzeichnende, paradigmatische Gestalten und Konflikte zur Anschauung bringt. Das Typische erklärt zwei wesentliche Merkmale der Kunst: ihre Erkenntnisbedeutsamkeit und ihre Funktion, Gedächtnis der Geschichte zu sein. (8Mimesis, 8Nachahmung). Realist, von Petrus Nigri (*1484) gebildet, Vertreter des 8Realismus, auch im Gegensatz zum Idealisten ein Mensch, der die Dinge und die Mitmenschen so zu nehmen weiß, wie er meint, daß sie wirklich sind, und sich keinen Illusionen über sie hingibt; realistisch, im Sinne des 8Realismus, der 8Wirklichkeit entsprechend. Realität, von neulat. realitas (zuerst bei Duns Scotus), die Dinglichkeit, 8Wirklichkeit, das Vorhandensein in der Außenwelt (objektive oder empirische R.) oder – als ideale R. – in der Vorstellung, im
realiter
Gedanken (subjektive R.). Bei I. Kant ist die R. eine der 8Kategorien der Qualität. Realitätsprinzip, Begr. der 8Psychoanalyse für die Bez. der menschl. Fähigkeit, Triebansprüche auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen und die Befriedigung dieser Ansprüche nur im Rahmen der Chancen zur Verwirklichung anzustreben. Dies führt in vielen Fällen zum Triebaufschub oder gar Triebverzicht. Ggs. (nach S. Freud): Lustprinzip (8Lust). realiter, neulat. ›wirklich‹, in Wirklichkeit, in der Tat. Recht (lat. ius), ahd. mhd. reht v. d. idg. Wurzel reg- (lat. regere ›lenken‹, rectus ›ausgerichtet‹, ›gerade‹); im Mhd. ist reht noch das, was man zu fordern und zu leisten hat, also: Recht und Pflicht; im allg. Sprachgebr. dasjenige, was irgendwelchen Anforderungen entspricht und insofern angemessen ist, insbes. das, was im Verhalten der Menschen untereinander als richtig empfunden wird. Rechtsordnung: die in einer nach ihr eigentümlichen 8Gesetzen lebenden Gemeinschaft – einer R.sgemeinschaft – als verbindlich anerkannte Ordnung des Zusammenlebens, die inhaltlich durch ihre Ausrichtung auf die 8Idee der 8Gerechtigkeit (die Rechtsidee), formal durch die besondere Art ihrer ständigen Verwirklichung – nämlich im Gericht und mittels eines geregelten Vollstreckungsverfahrens – gekennzeichnet ist. Mit den Konventionen, im engeren Sinne mit 8Moral teilt das R. den Charakter einer an den Einzelnen ergehenden Anforderung, die als eine verpflichtende
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8Norm erfahren wird. Im Anschluß an I. Kant wurde besonders die von J. Fr. Fries entwickelte Auffassung vertreten, daß das R. sich nur auf das äußere Verhalten als solches (die 8Legalität einer Handlung), die Moral sich dagegen auf die Gesinnung des Handelnden beziehe. Allerdings wertet auch das R. sehr oft die Motive des Handelnden und wendet sich auch an die innere Bereitschaft der Menschen, recht zu tun, also an deren Rechtsgesinnung. Andererseits verlangt auch die Moral eine Gesinnung, die sich in Handlungen bewährt. R. und Moral unterscheiden sich indes durch die Art, in der die inhaltliche Bestimmung ihrer Gebote erfolgt. Die Orientierung am R.sgebot richtet sich nach der rechtlichen Gemeinüberzeugung oder einem positiven R.sgesetz, die Beachtung der Moralgebote ist im konkreten Fall von der Gewissensentscheidung des Einzelnen abhängig. Rechtsgemeinschaften sind heute insbes. 8Staat, Kirche und die durch Völkerrecht gestifteten übernationalen Vertragsgemeinschaften. Im Mittelalter konnte eine Stadt, ein Territorium, ein Lehensverband eine R.sgemeinschaft bilden (Stadtrecht, Landrecht, Lehensrecht). Zum Wesen der R.sgemeinschaft gehört, daß ihr eine gewisse 8Autorität und Machtüberlegenheit zukommt, vermöge derer sie in der Lage ist, den R.sfrieden und einen geordneten Verkehr notfalls mit 8Zwangsgewalt aufrechtzuerhalten. Entscheidend ist jedoch der Wille der Glieder der R.sgemeinschaft, das von ihnen als
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R. Erkannte grundsätzlich zur Richtschnur ihres Verhaltens zu machen. Die bloße Anordnung eines Machthabers begründet für sich allein so wenig R., wie andererseits das R. ohne ein gewisses Maß von hinter ihm stehender 8Macht nicht zu bestehen vermag. Als ein bewußt gesetztes (beschlossenes und verkündetes), somit in seiner jeweiligen Erscheinung geschichtlich bedingtes, ist das R. positives Recht. Auf frühen Stufen der Entwicklung ist das R. ganz überwiegend Gewohnheitsrecht, d. h. es bildet sich, ähnlich wie die 8Sitte und zunächst noch vielfach ungeschieden von ihr, im Zusammenleben der Gemeinschaftsglieder auf Grund gemeinsamer Überzeugung und mündlicher Überlieferung aus. Es wird zumeist als unabänderlich betrachtet und wird legitimiert durch die Annahme, es gebe eine gewohnte Weise, die als »richtig« empfunden wird, weil sie z. B. die 8Weisheit und 8Erfahrung der Vorfahren enthält. Sehr häufig wird dieses Gewohnheitsrecht dann aufgezeichnet und solche Aufzeichnung dann – wie der Sachsenspiegel, um 1220 – von den Gerichten als Leitfaden benutzt oder aber mit Gesetzeskraft ausgestattet. Weiterhin übernimmt vielfach die Rechtsprechung die Rechtsfortbildung: so besonders in England, wo der Gesetzgeber nur in seltenen Fällen für bestimmte Fragen eingegriffen hat und die Gerichte sich weitgehend an die Entscheidung ähnlicher Fälle in früheren Urteilen (»Präjudizien«) gebunden erachten, so daß also vornehmlich aus diesen
Rechtfertigung
das R. gefunden wird. In den kontinental- europäischen Ländern ist es dagegen im 18. und 19. Jahrhundert – unter dem Einfluß des 8Rationalismus der Aufklärung, des zentralistischen Staatsgedankens des fürstlichen 8Absolutismus und Napoleons aufgrund von R.ssicherheitsbedürfnissen der bürgerlichen Gesellschaft zu umfassenden Gesetzeskodifikationen gekommen (z. B. preuß. Allg. Landrecht 1794; frz. Code civil 1804; österr. Allg. Bürgerl. Gesetzbuch 1812; deutsches Bürgerl. Gesetzbuch 1900). Seitdem werden Gewohnheitsrecht und Gesetzesrecht meist als einander gleichwertige Rechtsquellen betrachtet. Subjektives Recht (Berechtigung): ein fest umrissener Bereich rechtlich anerkannten Dürfens der 8Person, in den einzugreifen anderen verboten ist. Darunter fallen: Persönlichkeitsrechte (Rechte auf Anerkennung und Nichtverletzung bestimmter Erscheinungsformen der Persönlichkeit, z. B. Name, 8Ehre, Urheberrechte), Sachenrechte (z. B. Eigentum, Nießbrauch, Pfandrechte), Forderungen (Ansprüche auf ein Tun oder Unterlassen gegen eine andere Person), Mitgliedschaftsrechte (Rechte der Mitglieder eines Verbandes auf Teilnahme oder auf eine bestimmte Betätigung) und Gestaltungsrechte (z. B. Kündigungsrecht). Rechtfertigung, von mhd. rehtvertigen, nach seinem forensischen Ursprung meint das Wort ursprünglich die Verteidigung einer Handlung vor Gericht, die Gerechterklärung einer 8Person ge-
Rechtsphilosophie
genüber erhobener Anklage, den Nachweis dieser Person, rechtgemäß gehandelt zu haben. Danach läßt sich R. philosophisch sowohl auf die Begründung individueller Handlungen innerhalb bestehender Rechtsordnungen als auch auf das Problem der 8Legitimität, d. h. der 8Geltung und der 8Anerkennung politischer und rechtlicher Ordnungen durch die in ihr agierenden Subjekte beziehen. In der R. geht es um den Widerspruch zwischen objektiven 8Normen und subjektiven Ansprüchen, um die Möglichkeit objektiver Anerkennung rechtlicher Prinzipien durch das individuelle Handeln: eine 8Rechtsordnung muß so eingerichtet und ausgestaltet werden, daß jeder wollen kann, rechtgemäß zu handeln. – In der Strafrechtslehre heißt eine Handlung gerechtfertigt, wenn sie bestimmte strafrechtliche Tatbestände, etwa den der Körperverletzung, erfüllt, wenn es aber Rechtfertigungsgründe für sie gibt: Notwehr, Nothilfe etc. In der deutschen philosophischen Terminologie wird das Problem der R. in der Ethik überwiegend im Begriff der 8Begründung reflektiert. – In der christlichen Theologie bezieht sich der Begriff R. insbes. auf das Gericht Gottes (Jüngstes Gericht). Tendenziell setzt das Neue Testament an die Stelle der Rechtfertigung durch Werke (»Werkgerechtigkeit«: derjenige gilt als gerechtfertigt, der gemäß den Geboten Gottes gelebt hat) die »R. durch den Glauben«: Im Jüngsten Gericht werden diejenigen von aller Schuld freigesprochen, die daran glauben, daß
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Jesus als Gottes Sohn für ihre Vergehen stellvertretend am Kreuz gestorben ist. Dies wird besonders von der protestantischen Theologie betont. Allgemeiner bez. R. auch die Wiederherstellung der durch Schuld gestörten Verbindung zwischen Gott und den Menschen durch 8Gnade. Rechtsphilosophie, derjenige Teil der 8Philosophie, der den Begriff des 8Rechts und die Idee der 8Gerechtigkeit zum Gegenstand hat. Seit Plato mit der 8Staatsphilosophie eng verknüpft, wird sie von vielen Philosophen im Rahmen der 8Ethik (bei I. Kant: erster Teil der Metaphysik der Sitten) behandelt; bei G. W. Fr. Hegel wird sie unter der Philosophie des »8objektiven Geistes« abgehandelt. Soweit sie sich besonders mit der logischen Struktur des rechtlichen Denkens und den erkenntnistheoretischen Voraussetzungen der Rechtswissenschaft befaßt, wird sie auch als Rechtstheorie bezeichnet. Die wichtigsten Ursprünge der R. liegen im antiken Griechenland. Schon Heraklit nahm einen gemeinsamen Ursprung von Naturund Rechtsordnung an (8Naturrecht). Ihr eigentlicher Begründer ist Plato mit seinen beiden Werken Der Staat (Politeia) und Die Gesetze (Nomoi). Aristoteles führte bes. die Lehre von der 8Gerechtigkeit weiter aus und legte mit seiner Lehre vom stufenweisen Aufbau natürlich- sittlicher Gemeinschaften den Grund zu der Naturrechtslehre des Mittelalters. Die Geschichte der R. fällt von nun an bis auf I. Kant überwiegend mit der des Na-
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turrechts zusammen, gegen dessen spätrationalistische Ausprägung (in den Schulen des Chr. Thomasius und Chr. Wolffs) sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die 8historische Rechtsschule wandte. Sie betonte, daß alles Recht seinem Ursprung nach geschichtlich gesetztes und insofern »positives« Recht sei, sah aber im Geschichtlichen eine Kraft von metaphysischem Rang – den 8Volksgeist – am Werk. Darin berührte sie sich mit G. W. Fr. Hegel, der im Gegensatz zu ihr aber die den geschichtlichen Erscheinungen immanente Vernunft (»in dem Scheine des Zeitlichen und Vorübergehenden die Substanz, die immanent, und das Ewige, das gegenwärtig ist«) auch begrifflich- systematisch zur Darstellung bringen wollte (vgl. G. W. Fr. Hegels Vorrede zur GPhR). Erst der rechtssoziologische (R. v. Ihering in seinem Werk: Der Zweck im Recht, 1877- 83) und der formaljuristische (K. M. Bergbohm, E. R. Bierling u. a.) 8Positivismus löste das Recht aus jeder Verbindung mit der Ethik und Metaphysik und nahm es lediglich als eine tatsächliche Gegebenheit hin. Durch die Eliminierung der Rechtsidee reduzierte er die R. zu einer empirisch- vergleichend verfahrenden »allgemeinen Rechtslehre« oder auf formale Rechtslogik und »Rechtstheorie«. Die letztere fand im 20. Jahrhundert eine von allen »außerjuristischen« Elementen absehende folgerichtige und geschlossene Darstellung in der Reinen Rechtslehre H. Kelsens. Auch der rechtsphilosophische 8Neukan-
Rechtsstaat
tianismus (H. Cohen, E. Lask) befaßte sich vornehmlich mit den erkenntnistheoretischen Grundlagen der Rechtswissenschaft, entwickelte aber zugleich eine wenn auch zunächst rein formal gedachte Lehre von der Rechtsidee (R. Stammler, Die Lehre vom richtigen Recht, 19262). Andere (z. B. M. E. Mayer, G. Radbruch) suchten auch zu einer inhaltlichen Bestimmung der für das Recht maßgeblichen 8Werte zu gelangen. Im Unterschied zur R. befaßt sich die positive Rechtswissenschaft nicht mit der Erkenntnis der für das Recht konstitutiven Prinzipien und der theoret. Grundlagen des Rechtes, sondern mit der Entstehung, dem Inhalt und der erstrebenswerten Fortentwicklung einer bestimmten, besonderen Rechtsordnung. Sie ist demgemäß Rechtsgeschichte oder Rechtsdogmatik oder Rechtspolitik. Die Aufgabe der Rechtsdogmatik ist die Auslegung der Rechtsnormen und die Aufdeckung eines inneren Zusammenhanges der Rechtsinstitute sowohl in sich wie mit dem Ganzen der Rechtsordnung. Das Resultat ihrer Bemühungen ist die begriffliche Ausformung der leitenden Rechtsgedanken und ihre ordnende Zusammenfassung im System. Sobald sie dabei auf die letzten Voraussetzungen eines Rechtsbegriffs, auf seinen ethischen oder metaphysischen Sinngehalt gerät (vgl. z. B. die Begriffe 8Person, 8Eigentum, 8Strafe, Verantwortung, 8Zurechnung), berührt sie sich in ihren Themen mit der R. Rechtsstaat, im engeren Sinn ein 8Staat, dessen Zweck in dem
recta ratio
Schutze einer Rechtsordnung (8Recht), z. B. der persönlichen Freiheit und des Eigentums seiner Bürger, besteht und in dem daher im Konfliktfall nicht der persönliche Wille eines Einzelnen oder einer Mehrheit, sondern der unpersönliche »Wille« des 8Gesetzes maßgebend ist. In diesem Sinne wurde er von Grotius, vor allem aber von J. Locke, I. Kant und dem jungen W. v. Humboldt verstanden und besonders in der Staatstheorie des 8Liberalismus dem »Polizeistaat« entgegengesetzt, wie er der Praxis des fürstlichen 8Absolutismus und der Staatslehre z. B. Chr. Wolffs entsprach (vgl. 8Staat). Im weiteren Sinne ist R. jeder Staat, dessen gesamte Tätigkeit, mag sie auch über die Gewährung des Rechtsschutzes, die Erhaltung der persönlichen Sicherheit weit hinausgehen, sich doch im Rahmen und gemäß den Grundsätzen einer Rechtsordnung vollzieht. In diesem Sinne wurde er von der juristischen Staatslehre des 19. Jahrhunderts (z. B. O. Bähr und R. v. Gneist) verstanden und vermöge der Unabhängigkeit der Rechtspflege, der Anerkennung verfassungsmäßiger Freiheiten oder Grundrechte (vgl. 8Menschenrechte), der Bindung der Verwaltungsbehörden an die Gesetze und der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit weitgehend in die Praxis überführt. Den Gegensatz zum R. bildet der Willkürstaat, der 8Despotismus. Eine folgenreiche Reduktion des Rechtsgedankens erfuhr das Prinzip des R. im jurist.
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8Positivismus (vgl. 8Rechtsphilosophie). Dieser führte zur Abschwächung des R.s zum bloßen Gesetzesstaat, in dem zwar die Verwaltung und die Gerichte an Gesetze gebunden sind, der Gesetzgeber aber jede beliebige Anordnung zum Gesetz erheben kann, ohne dabei an oberste Prinzipien der R.lichkeit gebunden zu sein. Demgegenüber erscheint der R. erst dann als gesichert, wenn die Rechtmäßigkeit nicht nur der Verwaltungsakte, sondern auch der Gesetze durch einen höchsten Gerichtshof – etwa einen »Verfassungsgerichtshof« – nachgeprüft werden kann. Vgl. 8Verfassung, 8Gleichheit vor dem Gesetz und 8nulla poena sine lege. recta ratio, lat. ›richtige Vernunft‹, Übers. von gr. 8orthos logos. Rede, in der Sprachwissensch. 1. die Wiedergabe einer Äußerung, so z. B. als ›direkte R.‹ (unmittelb. Äußerung einer Person oder auch wörtl. zit. R. einer anderen), als ›indirekte R.‹ (die nicht wörtl., nur sinngemäß referierte R., die i. d. R. vom Verb im übergeordneten Satz abhängig ist), als ›auktoriale R.‹ (die direkt an einen Leser s. wendende R. eines fiktiven Erzählers); 2. allg. auch: einzelner 8Sprechakt. In weiter gefaßter Bed. spricht man auch von R.: 3. bei der Bez. eines größeren Sprachkontextes (z. B. bei Satzfolgen, themat. Einheiten, bei Abfolgen von Wortmeldungen, Frage- und Antwortwechseln); 4. zur Bez. eines mündlich vorgetragenen oder auch verschrifteten oder nur schriftl. gefaßten Textes; 5. jede Aktivität in sprachl. Form.
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Diese Verwendung geht aus von der Unterscheidung zwischen 8Sprache als frz. langue, dem abstr. Sprachsystem, und parole, welches die Aktualisierung dieses Sprachsystems in einer best. Sprechsituation kennzeichnet. In diesem Sinne wird häufig parole mit R., langue mit ›Sprache‹ übersetzt. reductio ad absurdum, lat. ›Zurückführung auf das Sinnlose (bzw. offenkundig Falsche)‹, Bezeichnung für einen indirekten 8Beweis, in dem die Wahrheit einer Aussage p bewiesen wird, indem man zeigt, daß aus der Annahme, p sei falsch, ein 8Widerspruch folgt. Diese Beweismethode taucht schon in den »Elementen« des Euklid auf und spielt seit jeher eine wichtige Rolle in Geometrie, Mathematik und Logik. Reduktion, lat., die Zurückführung, nämlich des Verwickelten, Komplizierten, auf etwas Einfaches, Normales; auch die Erlärung von Phänomenen des einen Bereichs durch ›Zurückführung‹ auf Phänomene eines anderen Bereichs, etwa geistiger Leistungen durch Zurückführung auf die neurophysiolog. Grundlagen. E. Husserl unterscheidet die phänomenologische R. als Ausschaltung des natürlichen Weltglaubens (8Einklammerung) und die eidetische R., die Zurückführung auf das Wesenhafte. Reduktionismus, Neub. von lat. 8reductio; 1. wissenschaftstheoret. Auffassung, nach der in der empirischen Forschung rein theoret. Begriffe (Ausdrücke, die nicht in Hinblick auf Messung oder Beob-
Redundanz
achtung def. werden – 8Operationalisierung) entbehrlich sind; 2. in kritischer Absicht verw. als Vorwurf gegenüber Theorien, welche sich lediglich dazu eignen, die durch Forschung zu beschreibende Realität auf die Übereinstimmung mit den theorieimmanenten zentralen 8Thesen, 8Hypothesen oder 8Axiomen hin zu prüfen. In diesem Sinne sind die meisten philos. Theorien sowie sämtliche 8Ideologien, an definierten ›8Weltbildern‹ orientierte 8Weltanschauungen, ferner viele mit Allgemeingültigkeitsanspruch auftretende Handlungskonzepte als ›reduktionistisch‹ zu beurteilen. Der R.vorwurf ist zumeist mit der Kritik verbunden, daß die Vielfalt der ›Realität‹ durch derart ›reduzierte‹ Theorien und Forschungsprogramme unberücksichtigt bleibe. Redundanz, lat., ›Überfülle‹; in der Sprachwissensch. 1. die die phonet. bzw. syntaktische Kennzeichnung derselben Information auf mehrfache Weise (z. B. einen Dativ sowohl durch einen Artikel als auch die Endung eines Substantivs, so in: ›dem‹ Gott ›- e‹), 2. eine stilist. Überladung einer Aussage mit überflüssigen sprachinhaltl. Elementen (auch: 8Pleonasmus); in der Argumentationstheorie in krit. Absicht verw. gegenüber vergeblichen Versuchen, die Triftigkeit eines Arguments durch zusätzlichen rhetor. Aufwand zu erhöhen. ›Redundant‹ in diesem Sinne sind auch 8Zirkelschlüsse und 8Tautologien, ferner mathemat. und logische 8Beweisversuche, welche überflüssige ›Umwege‹ be-
reell
schreiten, statt sich auf das kürzestmögliche Verfahren zu beschränken. In der 8Informationstheorie dient R. außerdem zur Bez. für Informationselemente, die keine weiteren als die schon zuvor übermittelten ›Informationen‹ enthalten. R. ist hier ein Gütekriterium, um das Maß an Codierungsaufwand bei der Erstellung von ›Programmen‹ der Nachrichtentechnik und anderer Techniken der Elektron. Datenverarbeitung einschätzen zu können. reell, von frz. réel, svw. 8real, wirklich, sachlich, in der Umgangssprache auch svw. gediegen, zuverlässig (z. B. ein reeller Kaufmann); in der Mathematik bilden reelle Zahlen eine Erweiterung des Bereichs der rationalen Zahlen, die sich ebenso wie diese der Größe nach ordnen lassen. Jede 8Menge von rationalen Zahlen definiert als ihre obere Grenze eine reelle Zahl. Referenz, zu lat. referre ›zurücktragen‹, in 8Sprachphilosophie und 8Semantik ein Terminus für das Verhältnis zwischen Bezeichnendem (Referend) und Bezeichnetem (Referent); so referiert der 8Name »G. Frege« (als Referend) auf die Person G. Frege (Referent). Den Referenten eines Ausdrucks nennt man auch dessen Extension (vgl. 8Intension/Extension). reflektieren, von lat. reflectere ›zurückbiegen‹, 1. zurückwerfen von Strahlen, Schallwellen u. a., 2. überlegen, erwägen, in Betracht ziehen. Reflektierende Urteilskraft, bei I. Kant das Vermögen, aus dem Besonderen das Allgemeine zu finden (8Urteilskraft).
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Reflexion, lat. reflexio ›Zurückbeugung‹, 1. physikalisch: die Spiegelung der Gegenstände durch Zurückwerfen der Lichtstrahlen, allg. das Zurückwerfen von Wellen, 2. psychologisch: die Zurücklenkung der Aufmerksamkeit von den Gegenständen der Außenwelt auf das seelische Erleben, auf die Bewußtseinstätigkeit, das erkennende und denkende Subjekt; so bei J. Locke, wo die R. als Selbstwahrnehmung oder innerer Sinn neben der 8Sensation steht, und bei G. W. Leibniz, der die R. als »Aufmerksamkeit auf das, was in uns ist«, bestimmt, 3. logisch: das Nachdenken, die Überlegung; R. in dieser Bedeutung ist eine Tätigkeit des diskursiven Verstandes. – Bei I. Kant ist die R. »der Zustand des Gemüts, in welchem wir uns zuerst dazu anschicken, um die subjektiven Bedingungen ausfindig zu machen, unter denen wir zu Begriffen gelangen können. Sie ist das Bewußtsein des Verhältnisses gegebener Vorstellungen zu unseren verschiedenen Erkenntnisquellen, durch welches allein ihr Verhältnis untereinander richtig bestimmt werden kann« (KrV, A 260). Reflexionsmoral, der ethische Standpunkt, nach dem das sittliche Handeln nicht auf Gefühl, Gesinnung, Charakter oder Gewissen, sondern auf die vernünftige Einsicht zu gründen ist, svw. ethischer 8Intellektualismus. – Reflexionsphilosophie, die bes. vom dt. 8Idealismus bekämpfte Philosophie, die infolge ihrer Beschränkung auf den 8abstrakten 8Verstand weder vom Ganzen ausgehen noch zu ihm hinführen kann.
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reflexiv, von lat. reflexus über frz. réflexif ›zurückgebogen‹, rückbezüglich; r. ist eine zweistellige 8Relation R, wenn für alle Gegenstände x eines zugrundeliegenden Gegenstandsbereichs gilt: R(x,x). R. ist z. B. ist die Relation der 8Identität. Regel, von lat. regula ›Richtscheid‹; svw.: 8Norm, Vorschrift, Richtschnur: Im röm. Recht war regula ein kurz fomulierter, allgemeingültiger Rechtsgrundsatz; auch in der Bed. von R. für die Grundordnung religiöser Gemeinschaften (z. B. christl. Orden). In der Wissenschaftssprache wurde bis in die frühe NZ hinein R. als Synonym für 8Gesetz (z. B. für Naturgesetz) verw.; später wurde zwischen regelmäßig (im Sinne von ›überwiegend der Fall‹, jedoch nicht ohne Ausnahme) und ›gesetzmäßig‹ (ausnahmslos gültig) unterschieden. Als R.n bez. man seither ausschließlich Sätze, welche die Gleichförmigkeit eines Geschehens, jedoch ohne naturgesetzl. Notwendigkeit, oder aber eine Vorschrift für das prakt. Verhalten ausdrücken (z. B. in: 8Goldene R.). In der Sprachwissenschaft definieren die ›konstitutiven R.n‹ den Sprachgebrauch in einer Sprachgemeinschaft (8Grammatik, so z. B. in der 8Syntax und 8Semantik). In der 8Sprachphilosophie wurde R. (so z. B. bei L. Wittgenstein, Philos. Unters., 1953, in 8Analogie zur ›SpielR.‹) zum zentralen Begr., mit dem die Normierung der Verwendung von Zeichen beschrieben wird. In der klass. 8Logik (z. B. im Begr. ›Schluß- R.‹) ist R. ein Prinzip, mit
Regler
dem von einem ›Satz‹ (Obersatz, Untersatz) zu einem ›Schluß‹, bei einer R.anwendung z. B. von einer Hypothese zu einer These übergegangen werden kann (8Syllogistik). Regelkreis, aus der 8Kybernetik stammender Begr. für den Wirkungsablauf in einem geschlossenen Wirkungskreis (z. B. in der Biologie, in der Steuerungstechnik, in einem 8Automaten), der nicht extern gesteuert wird, sondern selbst über Stelleinrichtungen (Meß- bzw. Stellglieder) verfügt, welche auf die Regelstrecke unmittelbar Einfluß nehmen. Eine Abweichung vom Soll- Wert bewirkt den inneren Regelbefehl des Systems. Regelung (engl. control ) bed. 1. eine 8Regel, eine von Menschen geschaffene Vorschrift; 2. ein technischer oder auch gesellschaftlicher Vorgang, in dem ein best. Sollwert dadurch aufrechterhalten wird, daß jede Abweichung selbsttätig oder gesetzmäßig über eine ›Rückkoppelung‹ eine Gegenwirkung verursacht; 3. 8Regulation, Regilierung. Regeneration, lat., die Wiedererzeugung, insbes. in der Biologie die Wiederherst. abgeworfener, verletzter oder verlorengegangener Körperteile durch den Organismus; in erw. Bed. auch: Erholung, Genesung. Region, lat., ›der Bereich‹, das Gebiet; dazu regional, ein bestimmtes Gebiet, einen Bereich betr., in ihm liegend, auf ihn beschränkt oder bezogen. Regler, Steuerungsteil eines Regelungssystems (8Regelung).
Regreß
Regreß, lat. regressus, der Rückschritt, Rückgriff; in der Logik das Rückschreiten des Denkens vom 8Besonderen zum 8Allgemeinen, vom Bedingten zur 8Bedingung, von den Wirkungen zu den 8Ursachen; regressus in infinitum, das Rückschreiten ins 8Unendliche in einer unendlichen Reihe; regressus in finitum, in einer endlichen, regressus in indefinitum, in einer 8Reihe, die an beliebiger Stelle abgebrochen werden kann. Gegensatz: 8Progressus. Regression, von lat. regressio ›Rückkehr‹, das Zurückgehen auf etwas, in der 8Psychoanalyse S. Freuds die Neubesetzung vergangener, meistens kindlicher Erlebnisse mit 8Affekten, die mit Triebäußerungen verbunden sind, und deren Überbewertung für die Gegenwart. Gegensatz: 8Progression. In der Geologie das Zurückweichen des Meeres durch Landhebung; in der Populationsbiologie das Schrumpfen eines Ausbreitungsgebiets für eine Population; in der Statistik ein Zusammenhang zwischen wenigstens zwei Zufallsvariablen, die sich z. B. durch 8Korrelationskoeffizienten ausdrücken lassen. regressiv, lat., rückschreitend in der Form eines 8Regressus; regressive Methode, svw. 8analytische Methode, 8Analysis. regulär, lat., 8regelmäßig, regelrecht. regula, lat. ›8Regel‹; r.ae juris heißen im 8Römischen Recht die allgemeingültigen, in Spruchform abgefaßten Rechtssätze; r.ae philosophandi wurden die methodolo-
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gischen Grundsätze der Physik I. Newtons genannt (Vgl. ders., Scholium generale, in: Principia ... von 1687; Queries, in: Opticks ... von 1704, 3. Buch); r. fidei: lat. Bez. für Glaubensregel. Regulation, neulat., auch Regulierung, die Herstellung einer der Regel entsprechenden Ordnung, eines normalen Ablaufs (8Regelung). regulativ, Neub. aus lat. regula, einer 8Regel folgend, sich aus einer Regel ergebend; bei I. Kant eingef. z. Bez. der Prinzipien, Ideen, Grundsätze der reinen Vernunft, die zwar für die Verknüpfung der Erfahrungstatsachen zu einem Ganzen eine Anweisung, eine Regel geben und somit, wie z. B. insbes. die r.e Idee des 8Zweckes, eine die Forschung vorwärtstreibende Aufgabe stellen oder uns das Verstehen von Erfahrungstatsachen ermöglichen, aber nicht wie die 8konstitutiven Kategorien des reinen Verstandes erforderlich sind, um überhaupt Erfahrung möglich zu machen. Reich, mhd. riche, Entlehnung aus kelt. rig ›König‹, gehört mit seinen Urverwandten lat. rex, regis, sanskr. rajan ›König‹ zur idg. Sprachwurzel reg- ›lenken‹. Von der Grundbedeutung ›Führung‹ kam es über ›Herrschaft‹ zu dem Begriff des geographischen und geistigen Raums, in dem sie gilt. In dem mhd. Adjektiv rich ›mächtig‹ ist die ursprüngl. Bedeutung noch sichtbar. R. wird in der Philosophie auch auf das Gebiet von Wesen, Dingen oder Begriffen übertragen, die durch gemeinschaftliche Struktur und Gesetze verbunden sind.
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So spricht man von den vier R.en der Natur(Mineral- , Pflanzen- , Tierund Menschenreich), dem R. der Natur und dem R. der Gnade (G. W. Leibniz) oder der Freiheit (I. Kant), dem R. des Wahren, Guten und Schönen oder dem Wertreich, aber auch von dem R. der Träume, dem R. des Zufalls. I. Kant spricht von einem »R. der Zwecke«; es ist die »systematische Verbindung vernünftiger Wesen durch gemeinschaftliche objektive Gesetze« und besteht darin, »daß jedes derselben sich selbst und alle andern niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst« behandeln soll (I. Kant, Grundl. zur Met. d. Sitten, 2. Abschn.). Reichtum, Sammelbez. für eine Summe verfügbarer Güter; im frühen 8Merkantilismus galten Edelmetalle als unabhängige Variable des R.s; in der ökon. Lehre der 8Physiokraten nahm man die Menge und Beschaffenheit der für Landund Bergbau nutzbaren Bodenfläche als grundlegendes Maß für R. an; in der 8Arbeitswerttheorie wurde angenommen, daß die menschliche 8Arbeit die einzige wertschöpferische Quelle für die Produktion von R. ist. Reihe, die Aufeinanderfolge von Dingen, Begriffen, Vorstellungen; in der Mathematik die Aufeinanderfolge von Größen, die nach einem bestimmten Gesetz (Bildungsgesetz der R.) gebildet ist. Die einzelnen Größen heißen die Glieder der R. Je nach ihrer beschränkten oder unbeschränkten Anzahl werden endliche und unendliche Rei-
rein
hen unterschieden. Reihenbegriffe sind solche Allgemeinbegriffe, die Unterbegriffe unter sich befassen, bei denen die Merkmale, durch die sie sich voneinander unterscheiden, eine R. bilden. So umfaßt z. B. der Begriff Wellenstrahlen verschiedene Arten von Strahlen unter sich, die sich durch die Wellenlänge unterscheiden. rein (lat. purus, gr. katharos), mhd. reine, dann: im metaphor. Sinne auch frei vom Fremdartigen, in sich einheitlich – z. B. ›reine Menschlichkeit‹, ›reines Gold‹. Als r. gilt ein Stoff (Mineral, Material), wenn er keine Beimischung oder Einschlüsse anderer Stoffe enthält. – Kultische Reinheit spielt im Judentum, Christentum und Islam eine Rolle. Die Beachtung von Reinheits- (z. B. Waschungen) und Speisevorschriften soll vom Alltäglichen lösen und das Außergewöhnliche der Kulthandlung (Gottesdienst) hervorheben. Durch den Einfluß von Zwei- Prinzipien- Lehren (8Manichäismus, 8Gnosis), denen das Körperliche unrein ist, erhielten kultische Reinheitsvorschriften auch leibfeindliche Bedeutung (besonders im Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr, Menstruation und Geburt). Der Begriff r. taucht in der antiken Philosophie mit der Frage nach dem Wesen des Geistes (8nous) auf. Bei Anaxagoras (Aristoteles De an. 405a 16) bezeichnet er das Einfache, Lautere, Ungemischte des Geistigen im Gegensatz zum Gemisch der sinnlichen Welt. Die neuere Philosophie verwendet den Begriff meist in erkenntnistheo-
Reinkarnation
retischem Zusammenhang. Chr. Wolff (Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes usw., 1712, § 282) sagt: »Weil die Deutlichkeit der Erkenntnis für den Verstand, die Undeutlichkeit aber für die Sinne und Einbildungskraft gehört, so ist der Verstand abgesondert von den Sinnen und der Einbildungskraft, wenn wir völlig deutliche Erkenntnis haben, hingegen mit den Sinnen und der Einbildungskraft noch vereinbart, wo noch Undeutlichkeit und Dunkelheit bei unserer Erkenntnis anzutreffen. Im ersteren Fall heißt der Verstand r., im anderen aber unrein«. I. Kant nennt r.e Vernunft im Gegensatz zur 8Erfahrung das Vermögen der Erkenntnis aus Prinzipien 8a priori. R.e Anschauung bedeutet bei ihm die von 8Empfindungen leere, formale Anschauung, die die Grundlage der Geometrie ist: »Ich nenne alle Vorstellungen r. (im transzendentalen Verstande), in die sich überhaupt keine Erfahrung oder Empfindung einmischt, welche mihin völlig a priori möglich sind« (KrV, A 11); das r.e Ich bedeutet bei Kant die transzendentale synthetische Einheit der 8Apperzeption. R.es Denken ist bei J. G. Fichte, G. W. Fr. Hegel u. a. das Denken, das nur sich selbst zum Gegenstand hat. Die Idee der moralischen Reinheit (»Unschuld«) entspringt der menschlichen Grunderfahrung, sich als uneins mit sich selbst zu erleben (im Konflikt mit Leidenschaft und Wünschen, Gelingen und Mißlingen des Tuns). Reinheit ist insofern ein Pseudoideal, zumal
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es auch graduell nicht erreichbar ist. Menschen haben keine naturreinen Bedürfnisse, sondern von Anfang an eine Lebens- und Lerngeschichte im sozialen Verband. N. Hartmann (Ethik, 1916, 370 ff.) versuchte, die R.heit als sittliches Ideal zu begründen. Dabei stellt er Haltungen heraus, die auch ohne das R.heitsideal bedeutsam sind, z. B. Unbefangenheit, Arglosigkeit, Klarheit. Auch Kinder erscheinen deswegen als unschuldig und r., weil sie in Wahrnehmung, Begehren und Wünschen noch auf einem anderen Erfahrungsstand leben als Erwachsene. – Die nazistische Ideologie reklamierte nicht nur die »unvermischte« Rasse als Reinheits-ideal, sondern auch die »Sauberkeit« als Erziehungsziel. – Das Wort »sauber« als pseudo- moralischer Ersatz für r. meint den Zustand vor einer Beschmutzung und verbindet so unrein mit schmutzig. Reinkarnation, lat. ›Wiedereinfleischung‹, die Wiederverkörperung der abgeschiedenen 8Seele (vgl. auch 8Seelenwanderung). Reiz, in der Physiologie die Einwirkung auf lebende Zellen und Gewebe, durch die diese zu einer Tätigkeit veranlaßt werden, in der Psychologie die gegenständliche Ursache einer Empfindung, in der Pathologie die schädliche Einwirkung auf Gewebe, die krankhafte Veränderungen, die besonders Entzündungen hervorruft. Reizbarkeit (Irritabilität), Erregbarkeit der Organismen durch Einwirkungen aus der »8Außenwelt«. Untere Reizschwelle: in der Psychologie das Mindestmaß von Stärke, das ein R.
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erreichen muß, um eine 8Empfindung zu verursachen; obere R.schwelle: die R.intensität, deren Überschreiten keine Steigerung der Empfindungsintensität mehr verursacht. Reizunterschiedsschwelle: der kleinste Zuwachs, den die R.intensität erfahren muß, um einen Intensitätsunterschied in der Empfindung zu bewirken (8Weber- Fechnersches Gesetz). Reizumfang: zwischen unterer und oberer Reizschwelle das gesamte Gebiet der Reizgrößen. Rekognition, lat., ›Wiedererkennung‹, bes. von I. Kant in der 1. Aufl. der Kritik der reinen Vernunft für die dritte Synthesis (»R. im Begriff«) in der »Deduktion der reinen Verstandesbegriffe« (A 103 ff.) gebr. (8Apprehension, 8Reproduktion). Rekonstruktion, neulat., ›der Wiederaufbau‹, die Wiederherstellung. Rekursion, lat., ›Zurücklaufen‹; Zurückführung einer zu definierenden Funktion oder Größe auf bereits schon definierte Funktionen (Größen). Dazu rekursiv: in der Mathematik svw. zurückgehend (auf schon bekannte Werte). Relation, zu lat. relatio, eigentlich ›das Hinführen‹, als philos. Terminus aber auch schon im Lat. svw. die ›Beziehung‹, das ›Verhältnis‹ zwischen Dingen (den Relata). Man unterscheidet zwischen R.en verschiedener Stellenzahl: Die »... ist der Vater von ...«- R. ist zweistellig und drückt das Verhältnis zwischen Vätern und ihren Kindern aus; ebenso zweistellig sind die arithmetische »... ist größer als ...«- R., die zwischen zwei Zahlen
Relation
n und m genau dann besteht, wenn n größer als m ist, und die Identitätsrelation, die ausschließlich zwischen Objekten und ihnen selbst besteht (8Identität). Dreistellig ist etwa die »... liegt zwischen ... und ...«R. (»Schleswig- Hostein liegt zwischen der Nordsee und der Ostsee«). Die mögliche Stellenzahl von R.en ist unbegrenzt. Eine grundlegende Rolle kommt jedoch den zweistelligen R.en der Form R(x,y) (»Zwischen x und y besteht die Relation R« oder auch »R ordnet x y zu«) zu. Die 8Menge der Objekte, die die erste (»x- «) Stelle einer solchen R. einnehmen können (im Falle der »... ist der Vater von ...«- Relation also die Menge aller Väter von jemandem) nennt man den »Vorbereich« von R, die Menge der Objekte, die die zweite (»y- «) Stelle besetzen können (Söhne und Töchter), ihren »Nachbereich«. – Zweistellige R.en hat man nach ihren verschiedenen Eigenschaften sehr genau klassifiziert. So nennt man eine zweistellige R. R reflexiv, wenn für alle Objekte x eines zugrundegelegten Gegenstandsbereichs gilt: R(x,x). Reflexiv ist z. B. die Identitätsrelation (8Identität), nicht aber die arithmetische »... ist größer als ...«- R., denn keine Zahl ist größer als sie selbst; diese Beziehung ist irreflexiv – ¬ R(x,x). R ist genau dann transitiv, wenn für alle x, y, z gilt: Wenn R(x,y) und R(y,z), dann R(x,z). Transitiv ist etwa die »... ist größer als ...«- R. Symmetrisch heißt eine R., wenn gilt: Wenn R(x,y), dann R(y,x) – ein Beispiel dafür ist wiederum die Identitätsrelation. Die »... ist größer als ...«- Relation
Relationalismus
ist dagegen asymmetrisch: Wenn R(x,y), dann ¬ R(y,x). R.en, die reflexiv, transitiv und symmetrisch sind, nennt man Äquivalenzrelationen (vgl. 8Äquivalenz). Ordnet eine R. R jedem Element x ihres Vorbereichs M genau ein Element ihres Nachbereichs N zu, so heißt R eine 8Funktion von M in N. – Der Teil der Logik, der sich mit Relationen befaßt, heißt Relationenlogik; diese Disziplin wird heute als Teil der modernen 8Prädikatenlogik aufgefaßt, in deren Rahmen R.en als mehrstellige 8Prädikate verstanden werden. Relational, in Beziehung stehend; Relationalität, die Bezüglichkeit; Relationsbegriff, 8Beziehungsbegriffe; Relationsgesetze, 8Beziehungsgesetze. Relationalismus (Relationismus), lat., erkenntnistheoret. Position, begr. von I. Kant, wonach es keine Erkenntnis von 8Dingen an sich, sondern nur die von Beziehungen von »Dingen« auf Begriffe gibt; in der 8Wissenssoziologie von K. Mannheim auch die Position, daß sämtliche Erkenntnisse von der sozialen Standortgebundenheit des Erkennenden abhängig sind und nur durch soziologische Analyse auf ihren lediglich relativen Wahrheitsgehalt hin überprüfbar sind (K. Mannheim, Ideologie und Utopie, EA 1929). relativ, lat., sich auf etwas beziehend, bezüglich, verhältnismäßig; Gegensatz: 8absolut. Relativismus, in der Erkenntnistheorie die Lehre, nach der nur die Beziehungen und Verhältnisse der Dinge zueinander, nicht aber diese selbst, erkennbar sind; auch die
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Lehre, nach der es keine absolut gültige, vom Erkennenden selbst unabhängige Erkenntnis gibt. Radikaler R. führt zum 8Skeptizismus und zur Auflösung des 8Wahrheitsbegriffes. In der Ethik heißt R. die Bestreitung des Vorhandenseins allgemein und absolut gültiger sittlicher 8Werte und 8Normen zugunsten einer an die geschichtliche Entwicklung der einzelnen Völker und Kulturen gebundenen zeitlich beschränkten Geltung, Verschiedenheit und Wandelbarkeit. Als R. bez. man auch eine lebenspraktische Einstellung, die sich in der Ablehnung aller allgemeinverbindlichen und absolut gültigen Wahrheiten und Werte äußert. Relativität, neulat., die Verhältnismäßigkeit, die Bezüglichkeit, die Bestimmtheit erst durch Angabe eines Standpunktes und Bezugsystems. Relativitätsprinzip, in der klassischen Mechanik der Grundsatz, daß innerhalb eines gleichförmig bewegten Körpersystems sich jeder mechanische Vorgang ebenso abspielt, wie wenn das System ruhte (daß also ein im fahrenden Eisenbahnwagen senkrecht nach oben geworfener Ball z. B. in derselben Weise wie im ruhenden Wagen senkrecht nach unten fällt); in der speziellen 8Relativitätstheorie gilt der gleiche Grundsatz auch für optische und elektromagnetische Vorgänge. Die 8Bewegung eines solchen Systems selbst kann nie durch innerhalb desselben angestellte und auf dasselbe beschränkte Beobachtungen festgestellt werden, sondern nur durch die Bezie-
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hung auf andere Körper oder ein anderes System als relative Ortsveränderung der beiden Systeme zueinander. Dabei ist es gleichgültig, ob das eine System ruht und das andere sich bewegt oder umgekehrt, oder ob beide Systeme gleichzeitig verschiedene gradlinig gleichförmige Bewegungen ausführen. Die innerhalb eines Bewegungssystems ablaufenden Bewegungen sind für einen außerhalb des Systems befindlichen Beobachter andere als für den in ihm befindlichen (so daß der in einem fahrenden Eisenbahnwagen senkrecht emporgeworfene Ball für einen am Bahndamm stehenden Beobachter nicht senkrecht aufsteigt und niederfällt, sondern die Wurfbahn einer Parabel hat). Relativitätstheorie, die Ausdehnung des für die klassische Mechanik gültigen 8Relativitätsprinzips, d. h. der Gleichberechtigung von Bezugssystemen, auf alle physikalischen Vorgänge einerseits, auf beliebig bewegte Bezugssysteme andererseits. Die Entwicklung der R. vollzog sich in folgenden Schritten: Als die Bemühungen, einen 8Äther als Träger der elektromagnetischen Erscheinungen und der Lichtfortpflanzung festzustellen, erfolglos blieben, stellte A. Einstein (1905) die spezielle R. auf: In allen gleichförmig geradlinig bewegten Systemen nehmen die Naturgesetze (nicht nur die mechanischen, sondern auch die elektromagnetischen) dieselbe Form an, und in allen pflanzt sich das 8Licht nach allen Seiten mit derselben Geschwindigkeit fort, die zugleich die
Relevanzlogik
oberste Grenze aller Geschwindigkeit darstellt. Die Folge ist, daß verschieden bewegte Beobachter hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Erstreckungen derselben Dinge und Vorgänge und hinsichtlich der Gleichzeitigkeit derselben Ereignisse zu verschiedenen Ergebnissen kommen, die indes nach der schon von H. A. Lorentz (Sichtbare und unsichtbare Bewegungen, 1902) aufgestellten und benannten 8Transformation ineinander umgerechnet werden können. 1913 folgte die allgemeine R., nach der die Form der Naturgesetze auch in beliebig bewegten (beschleunigten) Bezugssystemen dieselbe wird, wenn man nur in die Gleichungen veränderlicher Größen für die in verschieden bewegten Systemen verschiedene Raum- Zeit- Maßstäbe einführt. Diese allg. R. läßt sich nun zugleich als Schwerkrafttheorie (Äquivalenzprinzip) auffassen. Je nach dem in einem Raum- Zeit- Bereich herrschenden Schwerefeld gelten dort veränderliche Maßstäbe für die Längen und Dauern; faßt man wiederum Raum und Zeit zu einer Ganzheit zusammen, in der es indes immer noch »raumartige« und »zeitartige« Richtungen gibt, so läßt sich der physikalischen Wirklichkeit ein sog. »gekrümmter« (8Riemannscher) Raum von vier Dimensionen zuordnen, d. h. ein unanschauliches Gebilde mit veränderlichen Maßwerten. relevant, Neub. zu lat. relevare ›aufheben‹, offenbaren, erschließen; erheblich, bedeutsam. Relevanzlogik, eine Sammelbezeichnung für gewisse Systeme der
Reliabilität
8Logik, die auf von A. R. Anderson und N. D. Belnap in Entailment (1974) entwickelte Grundgedanken zurückgehen. Anderson und Belnap unternahmen dort den Versuch, einen 8Operator ⇒ E einzuführen, der ein angemesseneres formales Gegenstück zur normalsprachlichen »Wenn ... , dann ...«- Beziehung darstellen sollte als der in der gewöhnlichen Logik verwendete 8Junktor der 8Subjunktion bzw. materialen 8Implikation →. Insbesondere soll der ⇒ E - Operator (genannt Entailment, engl. ›Folgerung‹) insofern adäquater sein, als eine Aussage A ⇒ E B genau wie das normalsprachliche Äquivalent »Wenn A, dann B« und anders als A → B nicht schon dann wahr sein soll, wenn B wahr ist: Es soll also vermieden werden, was gemeinhin als eine ›Paradoxie der Implikation‹ bezeichnet wird (vgl. 8Implikation). Entsprechend ist das Prinzip A ⇒ E (B ⇒ E A) in Andersons und Belnaps System ungültig (im Gegensatz zu A→ (B → A) in der üblichen 8Aussagenlogik). Die Wahrheit von A ⇒ E B soll nicht nur von den 8Wahrheitswerten von A und B abhängen, sondern auch davon, daß A für B irgendwie inhaltlich relevant ist (daher die Bez. ›Relevanzlogik‹). Die Formulierung dieses ⇒ E - Operators soll mit einer adäquateren Bestimmung des Begriffes des logisch gültigen 8Schlusses einhergehen. Die vergleichsweise komplizierten Systeme der R. sind bislang nicht sehr verbreitet. Reliabilität, lat./engl., ›Zuverlässigkeit‹; Kriterium für empirische
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Meßverfahren im Hinblick auf Genauigkeit der Messungen und der Konstanz von Meßbedingungen. Religion, lat. religio, wahrscheinlich abgeleitet von lat. religere ›wiederholt durchgehen‹, oder von religare ›zurückbinden‹; ›gewissenhaft beachten‹, urspr. Gewissensscheu; erscheint dt. zuerst 1517 statt des sonst geltenden ›Glaube‹, ›Bekenntnis‹, im allg. die 8Weltanschauung aus dem 8Glauben und die Lebensführung aus dem Verbundenheits- , Abhängigkeits- und Verpflichtungsgefühl gegenüber 8Gott, Göttern, Geistern oder anderen geheimnisvollen, haltgebenden und zu verehrenden obersten Mächten (8Allmacht) oder auch kosmischen Prinzipien. Als »natürliche« oder auch als »Vernunft«- R. im Sinne der 8Aufklärung und I. Kants (Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 1793) bez. man auch eine Glaubenshaltung, die theoretisch nur von der Forderung eines moralischen Pflichtbewußtseins ausgeht (8Postulat, 8kategorischer Imperativ). Im sonstigen Sprachgebrauch versteht man unter R. (»positive« R.) zumeist die Überzeugung einer übernatürlichen 8Offenbarung auf der Gefühlsgrundlage gläubiger Gottesfurcht und - liebe; sie äußert sich nicht nur individuell, sondern auch in gemeinschaftlicher kultischer Gottesverehrung. Die philosophisch- theoretische Beschäftigung mit der R. als solcher ist Gegenstand der Religionsphilosophie. Sie beschäftigt sich mit dem Wesen der R., ihrem Ursprung, ihrem Wahrheitsgehalt und Wert, ihren
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Beziehungen zu Philosophie, Psychologie usf., sowie mit Methoden der R.swissenschaft. Sie entsteht entweder aus der R. selbst, die als solche Philosophisches in sich enthält (sie hat in diesem Fall die Aufgabe, den durch die 8Dogmatik festgelegten Schatz an Glaubenssätzen einer positiven R. philosophisch zu begründen und zu einem in sich geschlossenen System einer religiösen Weltanschauung zu erweitern, so z. B. in der christl., katholischen, protestantischen, islamischen usw. R.sphilosophie), oder sie hat ihren Ursprung in einer bestimmten, zunächst ohne Rücksicht auf die R. begründeten Philosophie, die in ihr System die Grundfragen der R. als solcher oder einer bestimmten R. einbezieht und sie von dem Standpunkt dieser Philosophie aus und mit ihren Denkmitteln behandelt (z. B. rationalistische, idealistische, realistische, neukantisch- kritische, phänomenologische R.sphilosophie). Die Geschichte der R.sphilosophie steht in engen Beziehungen zur Geschichte der Philosophie. Als Begründer der christl. R.sphilosophie kann Origines (um 230 n. Chr.) mit seinem Versuch, die christl. Glaubenslehre philosophisch zu begründen, angesehen werden (vgl. 8Theologie, 8Gottesbeweise, 8Scholastik). remotiv, von lat. removere ›zurückbewegen‹, ›entfernen‹, entfernend, ausscheidend; remotive Urteile sind solche verneinenden Urteile, die von einem Subjekt mehrere Prädikate aussagen und sie dadurch von dem Subjekt entfernen
Repräsentation
nach der Formel: S ist nicht P, nicht Q, nicht R usw. Renaissance, frz. ›Wiedergeburt‹, engl.: desgl., ital. auch rinascita; in urspr. Bed. von (lat.) renasci (›wiedergeboren werden‹) Bez. für die sakramentale Wiedergeburt in der Taufe; in ital. Sprachgebrauch als ›rinascimento‹ bereits seit G. Vasari (1511- 1574) verwendet. Als Sammelbegriff für einen künstlerischen Stil und für eine kulturhistorischen Epoche (ca. 1300 bis 1600, Beginn in Italien) in die deutschspr. Kulturgeschichtsforschung erst durch J. Burckhardt (Die Kultur der R. in Italien, EA 1860) eingeführt. In erw. Bed. auch als Bez. für die Wiederbelebung einer Geistesströmung oder Mode, z. B. in analoger Weise für die Epochen der 8Renovatio im Mittelalter (»karolingische R.«; »ottonische R.«). Renovatio, lat., Erneuerungsbewegung, inbes. gebr. für eine kulturelle 8Renaissance der spätantiken Baukunst, Literatur und der Buchgelehrsamkeit in den frühmittelalterlichen Epochen der Karolinger- und der Ottonenzeit. Repräsentation, lat., ›Vergegenwärtigung‹, ›Vertretung‹, allg. die Stellvertretung durch einen anderen oder durch etwas anderes; in der Psychologie die Lehre, nach der die Vorstellungen die mit ihnen gemeinten Gegenstände darstellen, das Nichtgegenwärtige vergegenwärtigen oder durch ein 8Symbol repräsentieren (vertreten). Vgl. 8Darstellung, 8Ausdruck, 8Vorstellung. In der polit. Theorie ist R. (von frz. ›Vertretung‹) die Vertretung z. B. von Wählern
Repression
durch Abgeordnete, von Verbänden durch Funktionäre; Repräsentativsystem nennt man eine Herrschaftsform, in der Entscheidungsrechte durch Vertretungskörperschaften (Parlamente, ständische Kammern, Räte) wahrgenommen werden (z. B. in der parlamentarischen Demokratie, in ständestaatlich gegliederten Verfassungen und in einigen aristokratischen Gesellschaftsordnungen). Andere Bed.: R. nennt man auch den konsumtiven Aufwand für ein »standesgemäßes« Auftreten von Funktionsträgern in der Öffentlichkeit. Repräsentativ: aufwendig, Eindrucksvoll; in der empirischen Forschung mit quantitativen Methoden auch Maßstab für die Eigenschaft einer Teilmenge (z. B. einer Stichprobe), die statistischen Merkmale einer Grundgesamtheit widerzuspiegeln; dazu: Repräsentativität. Repression, lat. svw. Unterdrückung; in der 8Psychoanalyse Verdrängung; in der politischen Theorie Machtausübung durch Zwangsmaßnahmen (militärische, polizeiliche, richterliche Gewalt) mittels körperlicher 8Gewalt, Strafen, Freiheitsbeschränkungen, Diskriminierung. In der ›Kritischen Theorie‹ (z. B. der 8Frankfurter Schule) gemeinsames Merkmal sozialer Unterdrückungsinstrumente und der Selbstbeschränkung menschlicher Triebansprüche. Dazu: repressiv; Repressive Erziehung: Konzeption zur Durchsetzung von Erziehungszielen mittels Einschränkung, Gewalt, Drohung, Bestrafung und moralischer Verurteilung.
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Reproduktion, neulat., die Wiedererzeugung; in der Psychologie die Wiedererzeugung von Bewußtseinsinhalten durch die 8Erinnerung; in der Physiologie die Erneuerung verbrauchter Körpersubstanz im lebendigen Organismus, auch die Fortpflanzung und Vermehrung; in der Kunst und Technik die Vervielfältigung von Bildern und Schriften. Dazu reproduzieren, ›wiedererzeugen‹, Vervielfältigen. In der politischen Ökonomie nennt man R. auch die s tändige Wiederherstellung der Produktionsbedingungen (z. B. ökonomische Verhältnisse, menschliche Arbeitskraft, Kapital, natürliche Ressourcen). Republik, lat. res publica ›öffentliche Sache‹, Gemeinwesen, heißt jede nicht monarchische Staatsform, bei der die Gesetzgebung und Regierung von der ganzen in einem Staate zusammengeschlossenen Gemeinschaft oder von einem ihrer Teile (z. B. den freien Staatsbürgern unter Ausschluß der Unfreien und Sklaven) unmittelbar oder durch gewählte Vertreter (repräsentative R.) ausgeübt wird (8Demokratie). Repugnanz, von lat. repugnatio, der Widerstreit, der 8Widerspruch, 8Gegensatz (8Privation). Repulsion, lat., ›Zurücktreibung‹, die Zurückstoßung, Abstoßung; Gegenbegriff: 8Anziehung. Repulsivkraft, die Zuurückstoßungskraft, Abstoßungskraft. res, lat. ›die 8Sache‹, das 8Ding, der 8Gegenstand; res cogitans ›das denkende Wesen‹, res extensa ›das ausgedehnte Wesen‹ (8Ausdeh-
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nung, 8Cartesianismus, 8Spinozismus). reservatio mentalis, neulat. ›gedanklicher Vorbehalt‹, der bei einer öffentlich abgegebenen Erklärung in Gedanken gemachte Vorbehalt, insbes. bei einem Eide, wenn der Schwörende seinen Worten in Gedanken einen anderen als den natürlichen Sinn gibt. Die r. m. gilt als sittlich verwerflich und hat auch rechtlich keine Gültigkeit. Die jesuitische 8Kasuistik bemüht sich, die Grenzen der r. m. abzustecken, d. h. zu bestimmen, unter welchen Bedingungen ein gedanklicher Vorbehalt (etwa eine an sich wahre, aber mißzuverstehende Aussage, im Sinne des 8Probabilismus, wonach ein bloß wahrscheinlich zu billigendes Verhalten erlaubt ist) keine Lüge sei. Residuum, lat. ›das Zurückbleibende‹, der Rückstand, insbes. in der Psychologie. Bez. für organische (neurophysiologische) Spuren sinnlicher Eindrücke im Organismus, die als Grundlage für Gedächtnisleistungen fungieren (8Gedächtnis). Resignation, neulat., der Verzicht, das Sichfügen in das Unabänderliche, die 8Entsagung: ein Schicksalsgefühl, in dem die Zukunft als hoffnungslos erlebt wird. resolutiv, von lat. resolutus ›aufgelöst‹, auflösend, svw. 8analytisch. respective, neulat., ›im Rückblick auf etwas‹, beziehungsweise, bezüglich. Ressentiment, frz., dem Wortsinne nach die Wiederholung, das Nacherleben eines früheren Gefühls, insbes. eines Gefühls des ver-
Revisionismus
letzten 8Selbstbewußtseins und des Grolls, das durch die Wiederholung auch zum 8Rachebedürfnis werden kann; bei Fr. Nietzsche das Gefühl des ohnmächtigen Hasses des sozial niedriger Stehenden gegen die »Vornehmen« und »Mächtigen«. Fr. Nietzsche leitet vor allem die Ausbreitung des Christentums aus dem R. der »armen Leute« ab. Ressource, frz. ›Hilfsmittel‹; in der Ökonomie natürlicher Rohstoff, Geldmittel, Arbeitskraft u. a. Produktionsmittel; in der 8Entscheidungstheorie jede Art verfügbarer Größen als Grundlage für die Kalkulation von Handlungsfolgen. Restriktion, neulat., ›die Einschränkung‹; in der Logik die Einschränkung eines Begriffs oder eines Urteils auf einen geringeren Umfang. Gegenbegriff: Ampliation (Amplifikation). Reue, mhd. riuwe ›Betrübnis‹, das quälende Gefühl der 8Schuld an einer verwerflichen Tat, verbunden mit dem Wunsche, sie nicht begangen zu haben; in der christl. Ethik die Zerknirschung über eine begangene 8Sünde. –Tätige Reue, ein Begriff des Strafgesetzbuches. Sie liegt vor, wenn jemand die schädlichen Folgen seiner strafbaren Handlung selbst abgewendet, z. B. unterschlagenes Geld zurückgegeben hat (vgl. 8Gewissen, 8Buße). Revelation, lat., ›die Enthüllung‹, 8Offenbarung. reversibel, neulat., ›umkehrbar‹. Revisionismus, von lat. revisio ›Veränderung‹; in der politischen Theorie eine Position, mit der
Revolte
Rücknahme von Abänderungen von Verfassungen, territorialen Grenzziehungen u. a. völkerrechtlichen Regelungen legitimiert wird; in der Terminologie des 8Marxismus auch Bez. für Zielsetzungen, die politische Programmatik einer veränderten gesellschaftl. Wirklichkeit anzupassen und damit auf weitgehende revolutionäre Programme zu verzichten. Revolte, frz., Aufstand, Aufruhr; in der Literaturtheorie von A. Camus Merkmal des Lebensentwurfs von Menschen, die sich gegen die behauptete 8Absurdität des menschlichen Daseins zur Wehr setzen. Revolution, lat., urspr. aus der 8Astronomie stammende Bezeichnung für die Bewegung von Gestirnen auf zirkulären Bahnen; heute zumeist gebr. für tiefgreifende Veränderungen im gesellsch., auch kulturellen, religiösen, wissenschaftl. Leben; in der polit. Theorie urspr. Bez. für ein zirkuläres Durchlaufen unterschiedlicher Herrschaftsordnungen bis zu einer an einem früheren Modell orientierten neuen Rechtsordnung (d. i. die urspr. Bed. von »Glorious Revolution«, mit der 1689 in England der Verfassungskonflikt zwischen Krone und Ständen gelöst worden ist); später, inbes. seit der Großen Französischen R. (ab 1789), Bez. für eine innovative Veränderung der gesamten gesellschaftl. Verhältnisse (z. B. in Bezug auf Eigentum, Recht, politische Instanzen). Als histor. Prozeßbegr. wird R. auch verw. zur Bez. einer Epoche gesellschaftl. Wandels, der mit gewaltsamen Mitteln (Bürger-
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krieg, Revolte, militär. Machtergreifung) durchgesetzt wird. Rezeption, lat., Aufnahme, Übernahme; in der Sinnesphysiologie und Psychologie svw. Reizaufnahme, 8Perzeption; in versch. Geisteswissenschaften Bez. für die partielle Übernahme von fremden Gedanken- und Kulturgütern; in der Kunst- , Literatur- und Musikwissenschaft in erweiterter Bed. auch für jede Form der reproduktiven oder auch der produktiven 8Aneignung von Kunstwerken durch den Rezipienten. Rezeptionsästhetik nennen sich Richtungen ästhetischer Theorien, nach denen Kunstwerke ihre Bewertungskriterien erst durch die 8Rezeption, d. h. durch den Erwartungs- und Sinnhorizont der Interpreten dieser Werke erhalten: Ggs.: Produktionsästhetik (8Ästhetik). Der Begriff wird verw. vor allem in der Kunsttheorie und in der Literaturwissenschaft (bei H. R. Jauss und in der Konstanzer Schule), die seit den 1960er Jahren einen 8Paradigmenwechsel von der traditionellen Werkästhetik, die im Anschluß an die klassische deutsche Philosophie vom autonomen Kunstwerk (8Autonomie) ausgeht, zur sog. R. bewirkt hat. Danach werden Werke aus der Wirkung auf ihre 8Rezipienten verstanden und somit nicht von dem in sich autarken 8Gehalt, sondern von Fragen nach der ästhetischen 8Erfahrung und nach der Geschichtlichkeit (in historisch- materialistischen Rezeptionstheorien: der Sozialgeschichtlichkeit) ins Zentrum des Erkenntnisinteresses gerückt.
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Der Rezipient wird zum produktiven, bedeutungsstiftenden Moment des offenen Werks (8Fragment). R. stellt die geschichtlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen des Verständnisprozesses von Werken ins Zentrum ästhetischer Fragen. Die unmittelbaren philosophischen Grundlagen für die R. hat H.- G. Gadamer in Wahrheit und Methode (1960) entwickelt: Im kritischen Ausgang von der Subjektivierung der Ästhetik durch I. Kant (8Geschmack) begreift er den Prozeß der Erfahrung der Kunst wirkungsgeschichtlich als historisch einmalige Beziehung von Werk und seiner Rezeption. Damit war im Begriff der Wirkung eine hermeneutische Theorie der Historizität nicht nur des Werks, sondern vor allem auch der es erschließenden R. geschaffen, die die Beziehung zwischen Werk und Rezeption prinzipiell unabschließbar macht. Eine historisch- materialistische Theorie der R. hat in verschiedenen Arbeiten W. Benjamin geschaffen, indem er die Überlieferungsgeschichte der Werke ideologiekritisch hinterfragte und Rezeption nicht als geschichtliche Kontinuität tradierter Bedeutungen, sondern im Begriff der ›Jetztzeit‹ als einmalige Konstellation von Vergangenheit und Gegenwart und der in ihr angelegten Erkenntnismöglichkeit begriff. Ziel ist es, die im Augenblick der Rezeption bewußt werdende Aktualität der Überlieferung gegenwärtig werden zu lassen (vgl. ders., Über den Begriff der Geschichte, 1974, 691 ff.). Vgl. 8Katharsis.
reziprok
rezeptiv, neulat., ›empfänglich‹, aufnahmefähig, aufnehmend; Gegenbegriff 8produktiv. Rezeptivität, die Empfänglichkeit, Aufnahmefähigkeit, insbes. der Sinn für Eindrücke, Reize. Gegenbegriffe: 8Spontaneität, 8Produktivität. Rezeptoren, lat. receptor ›Aufnehmer‹, die Empfänger; in der Physiologie die Organe lebender Wesen, die zur Aufnahme äußerer 8Reize dienen. Der Ausdruck wird deshalb statt ›Sinnesorgan‹ gebraucht, weil darunter auch solche Organe fallen, deren Reizung keine Sinnesempfindungen zur Folge haben. rezessiv, neulat., ›zurückgedrängt‹, unterdrückt; in der Vererbungslehre Bez. von Merkmalen, die nur im Erbbild vorhanden sind, zunächst nicht in Erscheinung treten, aber in späteren Generationen wieder erscheinen können. Gegenbegriff: 8dominant. reziprok, lat., ›auf demselben Wege zurückkehrend‹, wechselseitig, gegenseitig; reziproke Begriffe svw. Wechselbegriffe oder 8äquipollente Urteile; reziproke Zahlen sind solche, deren Produkte gleich 1 sind, z. B. 7 x 1/7; a/b x b/a; reziproke Gleichungen sind solche, bei denen je zwei ihrer Wurzeln r.e Zahlen sind. Reziprozität, die Wechselseitigkeit. Reziprozitätsgesetz der Begriffe: Wächst der Inhalt eines Begriffs, so nimmt sein Umfang ab; wächst sein Umfang, so nimmt sein Inhalt ab; z. B.: Wird der Begriff Mensch zum Begriff Lebewesen erweitert, so ist der Umfang des Begriffs Lebewesen größer, da er neben dem Menschen noch
Rhetorik
viele andere Wesen umfaßt; sein Inhalt aber wird ärmer, da die Merkmale des Lebewesens geringer an Zahl als die des Begriffs Mensch sind. Rhetorik, gr. rhëtorikë (technë), 1. die Redekunst, die Beredsamkeit, 2. die Lehre von der kunstmäßig geübten Rede, ihren Regeln, ihrem Aufbau, ihren Ausdrucksmitteln und Stilformen. Rhythmus, von gr. rhythmos (gr. rheein ›fließen‹, ›strömen‹), gleichmäßige, bestimmt gegliederte Bewegung, bei der trotz alles möglichen inhaltlichen Wechsels in gleichen Zeitabschnitten gleiche Vorgänge oder Zustände wiederkehren. richtig (gr. orthos, lat. rectus), die Richtigkeit (zur Abl. vgl. 8Recht), verwandt mit den Begriffen wahr und 8Wahrheit, aber zum Unterschied von ihnen meist mehr auf die formale Übereinstimmung mit den Gesetzen der Logik als auf die materiale, inhaltliche Übereinstimmung des Urteils mit dem Sachverhalt oder Gegenstand bezogen. Doch wird das Wort r. auch im materialen Sinn gebraucht: »Diese Aussage ist r.«, – wobei dem Sprachgefühl nach damit mehr die objektive Tatsächlichkeit als die Erkenntnis als Wahrheit durch das denkende Subjekt betont wird. Richtkräfte, svw. 8Dominanten. Richtungsdisposition, ein von dem Philos. und Psychol. W. Stern (1871- 1938) eingef. Begr., dient in der Psychologie als Sammelbez. für zielstrebig gerichtete Antriebe und 8Dispositionen, z. B. 8Neigung, 8Interesse, 8Wille, 8Wunsch, 8Drang.
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Riemannscher Raum, nach dem Mathematiker B. Riemann (18261866) benanntes Modell eines n- dimensionalen 8Raumes mit Hyperflächen eines (n+1)- dimensionalen euklidischen Raumes. Eine für die Physik und 8Kosmologie bedeutend gewordene Modellvariante ist der vierdimensionale Raum mit der 8Zeit als zusätzlicher Dimension. (Vgl. B. Riemann, Über die Hypothesen, welche der Geometrie zugrunde liegen, EA 1867). rigoros, mlat., von lat. rigor ›Starrheit‹, Härte, Kälte; in erw. Bed. heute streng, rücksichtlos, unerbittlich. Dazu: Rigorosität. Als Prinzip auch: Rigorismus, ein Handlungstyp oder auch eine positive Werteinstellung zu Handlungen, die ausschließlich an vorgegebenen Normenkatalogen orientiert sind. Als Beispiel für moralischen Rigorismus wird häufig ein sittlich begründetes Handeln ausschließlich aus 8Pflicht (aus »8Achtung fürs Gesetz« – so bei I. Kant) bez.: Bei I. Kant gelten 8Neigungen zwar als wünschenswert, sind aber ethisch nicht beurteilungsrelevant. Rigveda, Sammlung von Opferliedern und Hymnen, die älteste Schicht der 8Veden und damit die älteste schriftl. überlieferte Quelle für die indische Religions- und Kulturgeschichte. Risiko, von ital. risco, rischio, ›Gefahr‹, Wagnis. Neben dieser umgangsspr. Bed. setzte sich mit P.- S. Laplace (Essai philosophique sur les probabilités, EA 1816) eine mathemat. Defintion von R. durch als Produkt einer erwarteten Summe, multipliziert mit deren Eintritts-
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wahrscheinlichkeit. In der 8Existenzphilosophie wird der Entwurf eines Lebens im selbst bejahten R. zur existentiellen Bedingung des menschlichen 8Daseins in 8Freiheit (bei M. Heidegger zumeist als ›Wagnis‹ bez. – Sein und Zeit § 40). In der 8Entscheidungstheorie ist Entscheidung unter R. einer der grundlegenden Typen des nach Wahrscheinlichkeitskriterien berechenbaren Handelns (zuerst analysiert von J. v. Neumann und O. Morgenstern in: Theory of Games and Economic Behavior, EA 1944). Romantik, europ. Kultur- und Wissenschaftsströmung zwischen Ende 18. und Mitte 19. Jh. Der Begr. wurde von frz. roman abgeleitet und erhielt mit romantique urspr. die Bed. romanesque, ›romanhaft‹. In der engl. Variante romantic (seit ca. 1770) erhielt der Begr. romantisch die erweiterte Bedeutung empfindsam, phantasievoll; als Typenbez. für eine Kulturepoche im deutschen Sprachraum bekannt gew. vor allem durch H. Heine (Die romantische Schule, EA 1836) und J. v. Eichendorff (Zur Gesch. d. neueren romantischen Poesie in Deutschland, 1846). Abweichend vom gleichzeitig eingef. Epochenverständnis bez. G. W. Fr. Hegel als ›romantische Kunstform‹ das gemeinsame Merkmal aller europäischen Kunstepochen seit dem Niedergang der antiken (»klassischen«) Kunstform. Diese neue, erst mit dem Christentum entstandene Kunstform zeichne sich aus durch Kultivierung der »inneren Subjektivität« (G. W. Fr. Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, ed. Hotho, 2. T.,
Romantische, das
3. Abschn.). Romantische Schule wurde in der Nationalökonomie und in der Geschichtswissenschaft des 19. Jh. eine Richtung genannt, die von einem zu analysierenden Gesamtzusammenhang sozialer, kultureller, ökonomischer und politischer Verhältnisse ausging und sich damit gegen jegl. individualist. Gesellschaftsbild, wie es in der 8Aufklärung entwickelt worden war, wandte. Die Beschreibungsversuche für 8Gesellschaft waren in der romant. Schule am Modell des 8Organismus orientiert. Eine Sozialtheorie zur prakt. Umsetzung der polit. Ideen dieser Schule begr. zuerst A. H. Müller (Elemente der Staatskunst, EA 1809). Romantische, das, im Deutschen eine Einstellung und die ihr entsprechende Kunst und Literatur, die, von der subjektiven 8Innerlichkeit ausgehend, das Phantastische u. 8Sentimentalische menschlicher Wirklichkeit betont, das Wunderbare, Geheimnisvolle, Unwirkliche zum eigentlich Wirklichen macht. Die Auseinandersetzung um das Klassische und das R. impliziert daher die Reflexion des Unterschieds von Antike und Moderne. An dieser Stelle wird das R. bei G. W. Fr. Hegel zu einem philosophischen Problem (Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, 2. Teil, 3. Abschn.): Die »Erhebung des Geistes zu sich« ist das »Grundprinzip des R.n« (Vorlesungen über die Ästhetik II; 2; 3: Einl. 1.). Dieser Prozeß der Herausbildung geistiger Subjektivität in seiner Unabhängigkeit und Freiheit beginnt nach Hegel im Ausgang der Antike
Ruhe
mit der Entwicklung des Christentums und erreicht in der christlichen Kunst des Mittelalters ihren Höhepunkt. Im Entwicklungsprozeß des R.n als einer Kunstform der freien Subjektivität tritt das Individuum in ein freies Verhältnis sowohl zu Gott als auch zur Welt. Diese denkende Selbstunterscheidung des Subjekts von Gott einerseits und den jetzt zufällig erscheinenden Weltverhältnissen andererseits führt dazu, daß 8Kunst nicht mehr als sinnliche Darstellung von Göttlichem verstanden werden kann. Es ist nach Hegel die Aufgabe der Philosophie, diesen in der Moderne unversöhnbaren Gegen-
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satz von 8Innerlichkeit und 8Wirklichkeit geistig zu begreifen und damit aufzuheben. Ruhe, mhd. ruowe, das Gegenteil der 8Bewegung; in der Mechanik das Beharren an demselben Ort in bezug auf ein System, das als unbewegt vorausgesetzt wird. In der Physiologie ist R. die andauernde Untätigkeit eines Lebewesens. Russellsche Antinomie (oder: Russellsches Paradox), wird die von B. Russell entdeckte 8Antinomie gen., daß die Annahme der Existenz einer 8Menge aller Mengen, die sich selbst nicht als Element enthalten, zu einem Widerspruch führt.
S
Sache, mhd. sache ›Streit‹ zu sakan ›streiten‹, ebenso wie ›Ding‹ aus der Rechtssprache stammend, zunächst ›Rechtsstreit‹, erhält im Zuge ständiger Verallgemeinerung – über ›Angelegenheit‹ – schließlich sogar konkrete Bedeutung, heute svw. 8Ding, lat. res, insbes. im Gegensatz zur 8Person der Gegenstand des Handelns; in der Rechtssprache »ein Ding, das keiner Zurechnung fähig ist. Ein jedes Objekt der freien Willkür, welches selbst der Freiheit ermangelt, heißt daher S. (res corporalis)« (I. Kant, Met. d. Sitten II, Einl. IV). – Für die Erkenntnis der Sache selbst (8an sich) tritt bes. G. W. Fr. Hegel im Gegensatz zu allen denen ein, die das Erkennen für ein »der S. äußerliches Tun« halten und sich mit dem auf eine S. bezogenen Nachdenken, dem Reflektieren und Räsonnieren über die dieselbe stellen (8Meinung, 8Reflexionsphilosophie, 8Subjektivität). »Statt in den immanenten Inhalt der S. einzugehen, übersieht der formelle Verstand immer das Ganze und steht über dem einzelnen Dasein, von dem er spricht, d. h. er sieht es gar nicht« (Phän. d. Geistes, Vorr.). Sachverhalt, 1. zumeist der 8Gegenstand eines 8Urteils; 2. abweichend davon in einigen Theorien, so z. B. bei Fr. Brentano und E. Husserl (Log. Untersuchungen, 1901, II, 1, 472 ff.) »das geurteilte Was, der
Korrelat- Sinn des Urteilserlebnisses«, hier im Unterschied zum Substrat des Urteils, dem Beurteilten. sacrificium intellectus, lat. ›das Opfer des Verstandes‹; seit der Unterwerfung der katholischen Bischöfe unter das 8Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes wurde der Ausdruck oft gebraucht für das Opfer der eigenen Überzeugung gegenüber einem geistigen Machtspruch (8Autoritätsglaube). Sadismus, nach dem Marquis de Sade (1740- 1814), einem frz. Romanschriftsteller, genannte geschlechtliche Neigung, bei der die Wollust durch Quälen und Mißhandeln anderer, in krankhaften Formen auch durch Lustmord erregt und befriedigt wird. Saint-Simonismus, die von C. H. de Saint- Simon (1760- 1825) begründete gesellschaftskrit. Schule. In den Schriften Réorganisation de la société européenne (1814), Catéchisme des industriels (1823) und Nouveau Christianisme (1825) behandelte er als erster die Arbeiterfrage als ein durch die moderne Klassengesellschaft erzeugtes Problem. Der S.- S. gilt als eine der bedeutendsten Strömungen des 8utopischen Frühsozialismus (8Sozialismus). Saint- Simon vertrat eine religiös sich verstehende szientist. Gesellschaftsphilosophie, in deren Rahmen er die ›classe industrielle ‹ (d.h. die Gemeinschaft aller in der Produktion Tätigen, also Unterneh-
Sakrament
mer und Arbeitnehmer) zur Übernahme von Führungspositionen in der Gesellschaft aufforderte. Er wandte sich insbes. gegen den Herrschaftsanspruch der unproduktiven Klassen, also gegen den Adel, die Geistlichkeit und die Rentiers. Der S. wurde von seinen Vertretern z.T. als religiöse Bewegung weitergeführt (z. B. bei B.- P. Enfantin, Religion Saint- Simonienne. Economie politique et Politique, EA 1831). Sakrament, lat. von sacer ›heilig‹, ein religiöser, für den Gläubigen heiliger und heiligender Akt, der im Gegensatz zu bloßer Zeremonie, an die er aber geknüpft ist, kraft göttlicher Einwirkung (8Gnade) eine Umwandlung des natürlichen Menschen bewirkt. Säkulum, lat. saeculum, urspr. lat. Übers. von gr. aiôn (8Äon), 8Periode oder 8Epoche oder 8Zeitalter; erst in den nachchristl. Jahrhunderten erhielt der Begr. die Bed. ›Welt‹ i. Sinne von ›Diesseits‹; im mittelalterl. Latein bedeutete saecularis den weltl. Menschen im Unterschied zur Geistlichkeit, später verwandten die 8Humanisten den Begr. für ›Jahrhundert‹, wie er auch im heutigen Sinne verstanden wird. Säkularisation, urspr. Nutzung oder Einziehung des kirchl. Eigentums durch weltl. Instanzen, später auch die Übernahme geistlicher Fürstentümer durch weltliche Landesherren. Säkularisierung, analog zu Säkularisation gebildet: 1. Erwerb einer 8Autonomie durch Verweltlichung, Profanisierung, Emanzipation von religiöser und kirchlicher Bevor-
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mundung; 2. in der kath. Kirche Erlaubnis für Ordensleute, nach Befreiung von den Verpflichtungen des Gelübdes den Orden zu verlassen. Säkularismus, von dem engl. Sozialpolitiker G. J. Holyoake (Secularism, the Practical Philosophy of the People, 1854) eingef. z. Bez. einer vom Christentum losgelösten natürlichen Welt- und Lebensanschauung, wie sie von der engl. Freidenkerorganisation Secularists vertreten wurde (8Freidenker). saltus (auch hiatus) in concludendo oder in demonstrando, lat. ›der Sprung beim Schließen oder Beweisen‹, der in dem Auslassen einer 8Prämisse oder eines anderen Gliedes einer Schlußkette besteht. salto mortale, ital. ›Todessprung‹, von Fr. H. Jacobi verw. zur Kennzeichnung des Wagnisses, durch einen Sprung über den Gegensatz zwischen gefühlsmäßigem Glauben und philosophisch- spekulativem Erkennen hinwegzukommen. Ein solcher s. m. ist unvermeidbar für ein Philosophieren, das seinen Halt am unmittelbaren Glauben nicht aufgeben will (8Fideismus), für I. Kant (Von einem ... vornehmen Ton in der Philos., 1795) »ein Übersprung von Begriffen zum Undenkbaren, ein Vermögen der Ergreifung dessen, was kein Begriff erreicht, eine Erwartung von Geheimnissen oder vielmehr Hinhaltung mit solchen, eigentlich aber Verstimmung der Köpfe zur Schwärmerei« und insofern »der Tod aller Philosophie«. Vgl. 8Vermittlung. Samkhya oder Sankhya, sanskr. die ›Zahl‹, Name des ältesten der
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sechs orthodox- brahmanischen Systeme der ind. Philos., das seinen Namen von den vielen Aufzählungen von Prinzipien hat, die es kennzeichnen. Es ist in seiner überlieferten Form etwa 200 v. Chr. entstanden und hat zum Inhalt die sich aus der Erkenntnis der Weltentstehung und - entwicklung ergebende Lehre von der Befreiung des Menschen aus dem Elend der durch seine Taten (8Karma) verursachten ständigen Wiedergeburt (8Samsara). Sammelbegriffe, svw. 8Kollektivbegriffe. Samsara, sanskr. ›der zum Ausgangspunkt zurückgehende Lauf‹; im 8Hinduismus und im 8Buddhismus der unaufhörliche Kreislauf des Lebens von der Geburt zum Tode und zur Wiedergeburt: die Welt des menschlichen Daseins, der Sinne, des Begehrens und des Leidens im Gegensatz zum 8Nirvana (8ewige Wiederkunft; 8Palingenesie, 8Seelenwanderung). sancta simplicitas, lat. ›heilige Einfalt‹, nach dem Ausruf: O sancta simplicitas, den J. Hus bei s. Verbrennung in Konstanz auf dem Scheiterhaufen getan haben soll, als e. Bauernfrau Holz herbeitrug, um ihren Glaubenseifer zu bekunden. sapere aude, lat. ›Wage es, weise zu sein‹, ein Ausspruch von Horaz (Epist. 12, 40), der seitdem oft, bes. von I. Kant (zuerst in: Was ist Aufklärung? 1784) als »Wahlspruch der Aufklärung« zitiert wurde in der Übers.: »Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« S. 8Aufklärung.
Sarkasmus
Sapir-Whorf-Hypothese, eine von B. Whorf auf der Grundlage der Sprachauffassung seines Lehrers E. Sapir formulierte Hypothese, nach der das Denken und die Wahrnehmung eines Menschen wesentlich durch die von ihm gesprochene Sprache bestimmt ist. Whorf befaßte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem mit nordamerikanischen Indianersprachen, deren Struktur von der der idg. Sprachen erheblich abweicht. Aus seinen Untersuchungen über die Ausdrucksmittel, die die HopiSprache für zeitliche Zusammenhänge bereitstellt, schloß er, daß die Hopi- Indianer über keinen mit unserem vergleichbaren physikalischen Zeitbegriff verfügen. – Ähnliche Überlegungen hatte im 19. Jahrhundert schon W. v. Humboldt angestellt, auf den Sapir und Whorf sich jedoch nicht bezogen. – Heute geht man eher von einer wechselseitigen Beeinflussung zwischen Sprache und Denken aus als von einem eindeutigen Vorrang des einen gegenüber dem anderen. Sarkasmus heißen die beißende 8Ironie sowie der zerfleischende 8Zynismus (gr. sarkazein poet. ›zerfleischen‹). Als literarisches Stilmittel ist S. ein Denken und Sprechen, das über die ästhetische Gestaltung seines Erkenntniswertes die Möglichkeit von Kränkung und Verletzung unadressiert in der Schwebe hält. Die dadurch erreichte lustvolle und humorige Spannung kann auch an eine misanthropische Einstellung beim Rezipienten anknüpfen oder auch bei ihm eine sadistisch gefärbte Resonanz wecken.
Satz
Kynisch (vgl. auch hier 8Zynismus) entlarvt der S. eine Situation, in der unterschiedliche 8Werte, auch die vermeintlich unantastbaren, als allgemein äquivalent gegeneinander aufgewogen werden können. Selbstgefälliger und aggressiver S. (besonders in Witzen gegen Minderheiten) gilt als vulgär. Satz (gr. protasis, eigentl. ›vorgelegte Frage‹, lat. enuntiatio), allgemein die kleinste sprachliche Einheit, mittels derer man einen 8Sachverhalt explizit ausdrücken oder sich auf ihn beziehen kann. Als ›Grundform‹ eines Aussagesatzes (vgl. 8Aussage) gilt häufig ein Gebilde aus Subjekt und Prädikat: »Peter schläft«. In den meisten Fällen enthält ein Satz jedoch noch weitere Satzglieder, insbesondere Objekte oder adverbiale Bestimmungen, die obligatorisch (›Ergänzungen‹) oder fakultativ (›Erweiterungen‹) sein können: »Peter schließt die Tür« (obligatorisches Akkusativobjekt), »Peter kommt heute« (fakultative, temporale Adverbialbestimmung). Ein Satz kann auch mehrere Teilsätze umfassen (etwa mehrere Hauptsätze oder einen Haupt- und einen Glied- oder Nebensatz); man spricht dann von einem ›Satzgefüge‹. Neben den Aussagesätzen sind noch Frageund Befehlssätze zu nennen: »Schläft Peter?«, »Gehen Sie!«. Bei den letzteren kann das Subjekt fehlen: »Geh!«. – Eine genauere Bestimmung des Satzbegriffes, die Entwicklung weiterer und feinerer Klassifikationen sowie konkrete Satzanalysen sind Aufgaben der
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8Grammatik, speziell der 8Syntax. – In 8Logik, Mathematik und Geometrie versteht man unter einem Satz ein 8Theorem, d. h. eine als wahr erwiesene Aussage, einen ›Lehrsatz‹ oder ein ›8Prinzip‹ (im Unterschied zur ›Vermutung‹, deren Wahrheit (noch) nicht erwiesen ist). Satz an sich, von B. Bolzano (Wissenschaftslehre, Bd. I, 1837) eingef. Ausdruck; er bedeutet »irgendeine Aussage, daß etwas ist oder nicht ist, gleichviel, ob diese Aussage wahr oder falsch ist, ob sie von irgend jemand in Worte gefaßt oder nicht gefaßt, ja auch im Geiste nur gedacht oder nicht gedacht worden ist« (Ebd., neue Ausg. 1928- 31, I 77). Satzfunktion, auch Satzform, svw. 8Aussageform. Satzkonstante, svw. 8Aussagenkonstante. Satzlogik, svw. 8Aussagenlogik. Satzvariable, svw. 8Aussagenvariable. Satz vom (verbotenen) Widerspruch, vgl. 8principium contradictionis. Satz vom ausgeschlossenen Dritten, vgl. 8principium exclusi tertii. Satz vom zureichenden Grund, vgl. 8Grund. Satz von der Identität, vgl. 8principium identitatis. savoir pour prévoir, frz. ›wissen, um vorauszusehen‹, ist nach A. Comte die Hauptaufgabe der positiven oder Einzelwissenschaften. Die Voraussicht ihrerseits hat einen rein praktisch- sozialen 8Zweck: prévoir pour prévenir ›voraussehen, um zuvorzukommen‹ (8Nutzen).
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Schädellehre, 8Phrenologie. Schadenfreude, die Lust an fremdem Unglück, die sich zum Vergnügen an dem Übel steigert, sich mit dem Haß verbindet und schließlich in Grausamkeit übergeht. Nach I. Kant (Met. d. Sitten II, § 36) ist sie »ein geheimer Menschenhaß und das gerade Widerspiel der Nächstenliebe«, nach A. Schopenhauer (Preisschrift über die Grundlage der Moral, § 14) »ist Neid zu fühlen menschlich; Schadenfreude zu genießen teuflisch. Es gibt kein unfehlbareres Zeichen eines ganz schlechten Herzens und tiefer moralischer Nichtswürdigkeit als einen Zug reiner, herzlicher Schadenfreude«. Scham, mhd. schame ›Beschämung‹, ›Schande‹, ›Scham‹, got. skaman sik ›sich schämen‹, wie Schande und vielleicht 8Sünde zur idg. Wurzel skam- ›sich bedecken‹ gehörig. S. bezeichnet 1. hemmende und verbergende Verhaltensweisen und Gefühle bezüglich Leiblichkeit und Sexualität sowie 2. das mit 8Reue und dem Wunsch zu verschwinden verbundene Erleben von Versagen und 8Schuld. (Ad 1) S. wurde wahrscheinlich mit der Hominisation zugleich als kulturelles Körperverhältnis hervorgebracht. Die Annahme, S. sei Relikt repressiver Erziehung, konnte sich auf S. Freud stützen, für den S. allein die Funktion der Triebhemmung hat. In der Latenzperiode »werden die seelischen Mächte aufgebaut, die später dem Sexualtrieb als Hemmnisse in den Weg treten und gleichwie Dämme seine Richtung beengen werden (Ekel,
Schamhaftigkeit
das Schamgefühl, die ästhetischen und moralischen Idealforderungen)« (Drei Abh. zur Sexualtheorie, G. W., hg. A. Freud, Bd. V: Werke a. d. J. 1904- 1905, 78). M. Scheler wendet sich gegen S. Freud und stellt differenziert positive Funktionen der S. heraus als »Zurückdrängung und Verbergen des gattungsmäßig Animalischen unserer Existenz« (Üb. S. und S.gefühl, Schr. aus dem Nachlaß I 1957, 148). Im Grade der Aussicht auf das Gelingen der Kommunikation löst sich die S. auf. O. Fr. Bollnow verweist auf ihre Nähe zur Scheu, 8Ehrfurcht und 8Achtung (Die Ehrfurcht, 1958). S. wird Bestand von 8Moral, insofern bestimmte Auffassungen von sexuellem Handeln als sittlich geboten bzw. unerlaubt gelten. Schamhaftigkeit (je nach Bewertung als 8Tugend oder als Verhaltenshemmung) kann dann zur Durchsetzung dieser Auffassungen in Dienst genommen werden. (Ad 2) S. heißt auch eine Gefühlsreaktion, wenn Versagen und Schuld an die Öffentlichkeit gedrungen sind oder das Subjekt sich dies Bekanntwerden vorstellt: S. vor Schande (aus der gleichen Sprachwurzel wie S.). Wenn die Leibesscham über das Schamhaftigkeitsgebot Bestand des Moralsystems ist, kann sie sich mit Schamgefühlen dieser zweiten Art verbinden, sobald die Übertretung vorgestellt wird oder die S. erster Art in einer als illegitim geltenden Beziehung erlischt. I. Kant (Anthrop. I, § 76) sagt: »Scham ist Angst aus der besorgten Verachtung einer gegenwärtigen Person und, als solche ein Affekt«.
Scharfsinn
Scharfsinn (lat. sagacitas), die Fähigkeit des Geistes, differenzierend und vergleichend zu denken, also schwierige Zusammenhänge leicht in ihren Einzelheiten zu erkennen. »Wer viele Deutlichkeit in den Begriffen der Dinge hat und also genau herauszusuchen weiß, worinnen eines einem andern von seiner Art ähnlich und worinnen es hinwiederum von ihm unterschieden ist, derselbe ist scharfsinnig« (Chr. Wolff, VGG I, § 850). Der Sch. gehört zum 8Verstand (8ratio, 8diskursiv) und ist verwandt mit dem, was urspr. auch 8Witz genannt wurde. Schau, auch Schauung, im allg. svw. 8Kontemplation, in der 8Phänomenologie im Unterschied von der 8Anschauung von Gegebenem die Erfassung des mit der Erscheinung Gemeinten, seines Sinnes. Schein, von mhd. schin, leuchtender, strahlender ›Glanz‹. 1. ein Lichtglanz (z. B. Mondschein), 2. ein Bild, das das Wirkliche so zeigt, wie es zu sein scheint. 3. Sch. bezeichnete in der Philosophie urspr. nur die sinnliche Gegebenheit eines Erkenntnisgegenstandes und dessen Beziehung auf das 8Sein als unsinnliches Wesen, das in ihm erscheint. Von den erweiterten Bedeutungen (i. S. v. ›Anschein‹) sind zu unterscheiden: 4. der subjektive Sch., der auf nachweisbaren Fehlern beim Wahrnehmen, Erkennen, Urteilen und Schließen beruht, 5. der objektive oder empirische Sch., der in den Gegenständen und Sachverhalten und in der Beschaffenheit unserer Erkenntniswerkzeuge selbst seine Ursachen
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hat, 6. der sinnliche Sch., der aus trügerischer Sinneswahrnehmung (Sinnestäuschung), 7. der logische Sch., der durch falsches Denken, fehlerhafte Schlüsse entsteht, 8. der metaphysische oder transzendentale Sch., d. i. die unserem Wesen notwendige und doch falsche Vorstellung vom Wesen der Welt. 9. Sch. kann auch als sinnliche Erscheinungsweise einer 8Idee begriffen werden. So dient in der 8Kunstphilosophie der Begr. Sch. zur Bestimmung der Seinsweise des 8Schönen (Plato, Hippias maior, 294 c ff., allgemein zum Verhältnis von Sch. und Sein: Sophistes, 236 d ff.) und der 8Kunst, durch die das Kunstschöne von der Wirklichkeit eines existierenden Seienden unterschieden wird, um aus der Idealität seiner sinnlichen Gegenbenheit seine Erkenntnisbedeutsamkeit abzuleiten: Der Sch. bestimmt Kunst als exklusiven Ort sinnlicher 8Erscheinung einer Idee, die dem dargestellten Gegenstand zugrundeliegt. Das Problem des ästhetischen Sch.s hat oft zur Frage nach dem 8Wahrheitscharakter schöner Kunst geführt. Kunst ist Sch. im Sinne der Illusion (Täuschung), indem sie nicht Wirklichkeit, sondern Möglichkeit ist, die Wirklichkeit sein könnte (Aristoteles, Poetik 1451 a/b). Sie ist sinnliche Erscheinung einer Idee, sofern sie Verwirklichung intelligibler Prinzipien im Werk durch die Tätigkeit des Künstlers ist (Plotin, Enneaden V, 8). Beide Momente führt G. W. Fr. Hegel in den ästhetischen Begriff Sch. als Einheit von Schönheit und 8Wahrheit zusammen, indem er
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das Schöne »als das sinnliche Scheinen der Idee«, d. h. als anschaulichkonkretes Dasein der Idee auffaßt (Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, 1. Teil, 1. Kap.). Kunst ist demnach nicht Täuschung, sondern in ihrer Idealität, d. h. geistigen Durchdringung der faktischen Wirklichkeit in der fiktiven Gestaltung die höhere, in sich unendliche Wirklichkeit, die im Sch. sinnlich erfahrbar gemacht wird. Sch. ist »dem Wesen wesentlich, die Wahrheit wäre nicht, wenn sie nicht schiene und erschiene« (ebd.). Scheinprobleme werden solche Aufgaben genannt, deren Lösung durch wissenschaftliche Methoden unmöglich ist und die darum nicht Gegenstand einer Wissenschaft sein können, oder solche Probleme, die nur durch falsch gebildete Begriffe entstehen. Der 8Positivismus und die sich auf ihn berufenden Richtungen (8Neopositivismus; 8Wiener Kreis) bemühten sich, die metaphysischen Probleme als Sch.probleme hinzustellen (8Paradoxien, 8Antinomien, 8Paralogismen). Schema (Mz.: Schemata), gr. ›Figur‹, die anschauliche Darstellung eines Sachverhalts, die nur das zum Verständnis Wichtige und Wesentliche enthält; der Umriß, das vorgeschriebene Muster. In der 8Syllogistik heißen Schemata die Schlußfiguren. I. Kant nennt transzendentales Schema eine zwischen den reinen Verstandesbegriffen und den Erscheinungen, auf die sie angewendet werden, »vermittelnde Vorstellung«, die einerseits rein oder intellektuell, andererseits 8sinnlich ist. Das Sch. der Größe ist
Schichttheorie
die 8Zahl, der Realität das Sein in der Zeit, der Substanz die 8Beharrlichkeit des Realen in der Zeit, der Ursache die Aufeinanderfolge des Mannigfaltigen, insofern sie einer 8Regel unterworfen ist, usw. – Schematismus, das Arbeiten nach einem Sch.; bei I. Kant die Tätigkeit der 8Einbildungskraft, durch die die transzendentalen »Schemata der reinen Verstandesbegriffe« hervorgebracht werden. (S. I. Kant, KrV, Transz. Anal. II 1: Von dem Schematismus der reinen Verstandesbegriffe). schenkende Tugend, von Fr. Nietzsche (Also sprach Zarathustra, 1. Teil, Von der sch.n T.) im Gegensatz zum selbstsüchtigen Besitz und zum bloßen Fortgeben geforderte Haltung des Schenkens. (8Großmut). Schichttheorie, auch ›Schichtentheorie‹ oder ›Schichtenlehre‹, in der 8Ontologie die Auffassung, daß die 8Wirklichkeit sich als ein System von verschiedenen Schichten oder Stufen des Seienden beschreiben läßt. Aristoteles unterscheidet fünf Schichten: die des 8Stoffes, der Dingwelt, der Lebewesen, der 8Seele und des 8Geistes. In neuerer Zeit schlug N. Hartmann die Unterscheidung zwischen anorganischer, organischer, psychischer und geistiger Schicht vor (Der Aufbau der realen Welt, 1940). Anthropologische bzw. psychologische Sch.n betrachten den Menschen als ein geschichtetes Lebewesen. Einflußreich war hier z. B. die Persönlichkeitstheorie E. Rothackers (Die Schichten der Persönlichkeit, 1938); auch S. Freuds Unterschei-
schicklich
dung zwischen 8Ich, Es und 8ÜberIch läßt sich als eine Sch. auffassen. Ein Grundgedanke der psychologischen Sch.n besteht dabei in der Annahme, daß die sich in der Persönlichkeitsentwicklung früher herausbildenden Schichten nicht durch spätere ersetzt, sondern gleichsam nur überbaut werden und weiterwirken. schicklich (zu mhd. schicken in der Bedeutung ›ordnen‹) ist das, was in der 8Ordnung ist, was den Umständen und den herrschenden Umgangsformen entspricht und gebilligt wird, ohne unbedingt geboten zu sein. Die Schicklichkeit oder das Schickliche umfaßt das der 8Sitte und der Durchschnittsmoral Angemessene, Geziemende. Schicksal (gr. 8anankë, 8heimarmenë, 8moira, lat. 8fatum), seit dem 18. Jh. allg. an Stelle von Geschick (mhd. geschicke), wie dieses zu ›schicken‹ (das wiederum zu ›[ge]schehen‹ gehört) ›geschehen machen‹, ›wirken‹, ›fügen‹, ›ordnen‹; der dt. Begriff des Sch.s wird immer nur in bezug auf den Menschen angewandt; Dinge sind schicksalslos. Sch. ist 1. das Verhältnis des einzelnen zum Ganzen von Natur und 8Geschichte, 2. die Geschichte des Ganzen selbst. Zum indischen Sch.sbegriff vgl. 8Karma. Die älteste gr. Spekulation (Thales, Anaximander), für die der Mensch im Vergleich zu dem Weltwerden nur eine augenblickliche und belanglose Gestaltwerdung des beseelten Anfänglichen ist, bezeichnet die Kraft, die hinter allen Erscheinungen wirkt und das göttliche Urprinzip zu seiner viel-
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fachen Ausgestaltung zwingt, mit 8anankë, d. h. Natur- oder Weltnotwendigkeit. Heraklit gebrauchte anankë und heimarmenë identisch und doppelsinnig für die bestimmende Macht, nach der sich der Weltlauf vollzieht, und die Bestimmung, weil dieses Bewegungsprinzip durch sich selbst passiv bestimmt ist. Die sich selbst denkende und nach ihrem Willen zur Erscheinung bringende Notwendigkeit nennt er auch den 8Logos. Während Parmenides sowohl anankë als auch heimarmenë zu Todes- und Schicksalsgöttinnen erhob, strichen die Atomisten dieses Zugeständnis an den Volksglauben: für Leukipp und Demokrit ist anankë die Naturkraft, die mit zwingender Notwendigkeit die 8Atome in wirbelnde Bewegung bringt und die Ursache alles Werdens ist, heimarmenë die denkende Seite derselben und darum auch 8nous und logos genannt. Im Gegensatz zu der allgewaltigen Sch.smacht bei den Vorsokratikern ist heimarmenë bei Plato fast nur auf die menschlichirdische Sphäre beschränkt. So wählen sich (Politeia X 619 c) die Seelen vor der Geburt selbst ihre heimarmenë, die sie mit Notwendigkeit auf Erden durchleben müssen. Hier ist die pythagoreische und orphische Idee einer vorgeburtlichen Schuld aufgenommen und so gefaßt, daß in der Entscheidung der Seele selbst deren 8Verantwortung und 8Schuld liegt. Anankë dagegen ist, in Erweiterung pythagoreischer Gedanken (Politeia X 616 ff., 617 B), die Weltgöttin, die in ihren Knien die gewaltige Weltspindel
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mit den Planetensphären und dem Fixsternhimmel hält. Sie bewacht die Harmonie der Welt und des einzelnen Menschenlebens, damit dieses mit strenger Konsequenz sich so entwickle, wie es in dem gewählten Lebenslos angegeben ist. Des Aristoteles Einwände (s. Nik. Ethik III Kap. 7, Eud. Eth. II, 8 ff.) sind von anhaltender Bedeutung gewesen für alle späteren Gegner des Heimarmeneglaubens. Er vertritt, daß »der Mensch ebenso das Prinzip und der Erzeuger seiner Handlungen sei wie seiner Kinder« (Nik. Ethik III, 7). Während die 8Stoa die Begriffe heimarmenë und anankë vorwiegend fatalistisch deutete, wirkten die 8Epikureer, 8Kyniker und 8Skeptiker im entgegengesetzten Sinne. schlecht, mhd. sleht zunächst svw. ›gerade‹, ›glatt‹, wird über schlicht, d. h. kunstlos ›simpel‹ (wie noch erhalten in der Redensart »schlecht und recht«) zu ›nicht gut‹; dazu die Schlechtigkeit, im Gegensatz zum 8Guten der Zustand der Ungeratenheit oder Verdorbenheit, der als solcher ungewollt da ist im Unterschied vom bewußt gewollten und darum moralisch leichter identifizierbaren 8Bösen. Schluß, zuerst von J. Böhme für lat. conclusio gebr., von G. W. Leibniz und Chr. Wolff in die dt. Philosophensprache eingef., traditionell im Sinne eines Denkvorgangs, durch den ein 8Urteil aus anderen abgeleitet wird. Heute versteht man unter einem S. allgemein eine endliche Folge von Sätzen, deren letzter die 8Konklusion (Folgerung) des S.es heißt, während die
Schluß
anderen seine 8Prämissen (Voraussetzungen) genannt werden. Ein S. ist genau dann gültig, wenn seine Konklusion wahr sein muß, sofern seine Prämissen wahr sind. Ein einfacher gültiger S. ist der von den Prämissen »Wenn es regnet, wird die Erde naß« und »Es regnet« auf »Die Erde wird naß«. Man sagt auch: Aus »Wenn es regnet, wird die Erde naß« und »Es regnet« folgt (symbolisch oft › ⇒ ‹) »Die Erde wird naß«. – In der Regel unterscheidet man zwischen analytisch, logisch und synthetisch gültigen Schlüssen. Ein S. ist genau dann analytisch gültig, wenn die Wahrheit seiner Konklusion sich allein aufgrund der Bedeutung und der Anordnung der in ihm vorkommenden Ausdrücke aus der Wahrheit seiner Prämissen ergibt: Aus »Fritz ist ein erwachsener Mann« und »Fritz ist unverheiratet« folgt analytisch »Fritz ist Junggeselle« (wegen der Bedeutungsgleichheit von »erwachsener, unverheirateter Mann« und »Junggeselle«; vgl. 8analytisch). Ein S. ist genau dann 8logisch gültig (oder 8allgemeingültig), wenn sich die Wahrheit seiner Konklusion allein aufgrund der Bedeutung und der Anordnung der in ihm vorkommenden 8logischen Partikeln aus der Wahrheit seiner Prämissen ergibt. Der oben formulierte S. von »Wenn es regnet, wird die Erde naß« und »Es regnet« auf »Die Erde wird naß« ist logisch, genauer aussagenlogisch gültig: Die Wahrheit der Konklusion folgt allein aufgrund der Bedeutung und der Stellung der aussagenlogischen
Schluß
Partikel »wenn ..., dann ...« aus der Wahrheit der Prämissen. (Dabei soll die Wendung »wenn ..., dann ...« als Paraphrase der sogenannten 8Subjunktion oder materialen 8Implikation verstanden werden, vgl. auch 8Aussagenlogik.) Sind prädikatenlogische, modallogische ... Partikeln involviert, so redet man entsprechend von prädikatenlogisch, modallogisch ... gültigen Schlüssen (vgl. 8Logik, 8Prädikaten- und 8Modallogik; für eine formal exakte Gültigkeitsdefinition vgl. 8modelltheoretische Semantik). – Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der logischen Gültigkeit von Schlüssen und der logischen Wahrheit bestimmter Aussagen: Ein S. von P1,..., Pn auf K ist genau dann logisch gültig, wenn die Aussage »P1 und ... und Pn impliziert material K« (symbolisch: P1 ∧ ... ∧ P → K) eine 8Tautologie ist. Diese Beziehung ist für die moderne Logik von großer Bedeutung. Die erste hochentwickelte Theorie logisch gültiger Schlüsse war die antike 8Syllogistik. – Im Gegensatz zu analytischen und logischen Schlüssen beruhen beruhen synthetische Schlüsse nicht auf Bedeutungsregeln, sondern auf empirischen Annahmen. Ein synthetisch gültiger S. ist etwa der von »Der Körper k ist aus Kupfer« auf »Der Körper k leitet elektrischen Strom«: Er gilt offenbar unter der empirischen Voraussetzung, daß alle kupfernen Körper Strom leiten. Fügt man die empirischen Annahmen, die in solchen synthetischen Schlüssen implizit vorausgesetzt werden, als zusätzli-
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che Prämissen in sie ein, so erhält man logisch (oder zumindest analytisch) gültige Schlüsse: Synthetische Schlüsse dieser Art sind also im Grunde nur unvollständige logische bzw. analytische Schlüsse. – Die bisher behandelten S.typen bezeichnet man auch als ›deduktiv‹: Sie zeichnen sich dadurch aus, daß die Wahrheit der Konklusion mit absoluter Sicherheit aus der der jeweiligen (eventuell impliziten) Prämissen folgt. Dies ist bei den sogenannten unvollständigen ›induktiven‹ Schlüssen nicht der Fall, in denen aus einer endlichen Zahl von Beobachtungssätzen (den Prämissen) auf einen allgemeinen Satz als Konklusion geschlossen wird: So leitet man etwa aus der Tatsache, daß die bislang beobachteten Raben sämtlich schwarz waren, ab, daß alle Raben schwarz sind. Solche Schlüsse gelten nicht mit Sicherheit, sondern nur mit einiger Wahrscheinlichkeit. Mit Sicherheit gelten jedoch die vollständigen induktiven Schlüsse der Mathematik (vgl. 8Induktion). Praktischer Schluß, auf Aristoteles zurückgehende Schlußform (praktischer Syllogismus), verwendet zur Erläuterung der Struktur des Handelns. In der Folgezeit findet der prakt. S. zwar gelegentliche Verwendung in philosophischen Untersuchungen (z. B. G. W. Fr. Hegel, Wissenschaft der Logik, 3. Teil, vgl. Bd. II, 1816), bleibt jedoch relativ bedeutungslos. Zum Gegenstand philosophischer Betrachtung wird der prakt. S. erst wieder durch G. E. M. Anscombe (Intention, 1957) und führt in der Folgezeit in der analytischen
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8Handlungstheorie zu ausgiebigen Diskussionen. Hier finden aus den vielen unter dem Terminus prakt. S. zusammengefaßten Schemata im wesentlichen solche Schlüsse Verwendung, in deren Prämissen zum einen ein 8Zweck (eine 8Absicht) und zum anderen eine Handlung als Mittel zur Realisierung des Zweckes angegeben wird: (a) s will (oder: wünscht) p, (b) s glaubt, daß er p nur dann herbeiführen kann, wenn er q tut, (c) daher: s tut q. Ob aus den Prämissen eine Handlung zwingend folgt, wird von den Autoren unterschiedlich bewertet. Nach Anscombe ist eine Handlungsausführung nicht zwingend, G. H. v. Wright hingegen hält den Handlungsvollzug für logisch notwendig. (Zum Problem, ob der Zusammenhang zwischen den Prämissen und der Konklusion kausal oder logisch ist, s. 8Handlungserklärung). Je nach Auffassung wird auch der Status der Konklusion unterschiedlich bestimmt: Neben einer Handlung (»s tut q«) wird die Konklusion auch als Selbstaufforderung (»Ich (s) sollte/muß q tun«), Handlungsplan (»s wird q tun«), Rationalitätsauszeichnung (»q zu tun ist für s rational«), Handlungsversuch (»s versucht, q zu tun«) bzw. Handlungsaufnahme (»s macht sich an die Realisierung von p«) verstanden. Schmerz, mhd. smerze, vielleicht zu einer idg. Wurzel smerd- ›stechen‹, beißen; im ursprünglichen leiblichen Sinn die durch die Erregung sensibler Nerven hervorgerufene 8Empfindung, die sich von den Sinnesempfindungen dadurch
Scholastik
unterscheidet, daß sie nur auf den eigenen Körper bezogen wird und zumeist an bestimmte Körperstellen gebunden ist, auf die der schmerzende 8Reiz einwirkt. Scholastik, von lat. scholasticus ›zur Schule gehörend‹, also ›Schullehre‹; im Mittelalter hießen Scholastiker ursprünglich Lehrer und Schüler der 8artes liberales. Erst im 18. Jh. wird Sch. zu einem Epochenbegriff für unterschiedl. geistige Strömungen des Mittelalters. Heute verstehen wir unter Sch. die Wissenschaft und Philosophie dieser Epoche, wie sie an den Klosterschulen, Domschulen und Universitäten gelehrt wurde. Sie stützt sich auf die antike Philosophie, insbes. auf die Aristotelischen Schriften, soweit sie jeweils bekannt waren (8scholastische Methode). Sie wird gegliedert in die Frühscholastik vom 9. bis zum 11. Jh., die Hochscholastik im 12. und 13. Jh. und die Spätscholastik vom 14. Jh. bis zum Aufkommen des 8Humanismus. In den beiden früheren Perioden vom 9. bis 13. Jh. verband man die aristotelische Logik mit neuplatonischen Lehren. In der Frühscholastik ragten Joh. Scotus Eriugena, Anselm v. Canterbury, Abälard und Petrus Lombardus hervor; in der Hoch- Sch. Albertus Magnus, Thomas von Aquino und Duns Scotus. Mit großem Scharfsinn und hohem theoret. Anspruch behandelten sie dogmatische und philosophische Fragen in ihrem theoretischen Zusammenhang; besonders interessierte sie das Wesen der 8Universalien, welche sie entweder realistisch oder nomina-
scholastische Methode
listisch auffaßten (8Nominalismus, 8Realismus). Unter Neuscholastik wird die Erforschung und Wiederbelebung der mittelalterlichen Philosophie, besonders der des Thomas von Aquin (8Neuthomismus), seit 1879 verstanden. scholastische Methode, Sammelname für die Lehrformen, die sich im Schulbetrieb des Mittelalters, der 8Scholastik, ausbildeten. Zu ihnen gehörten: die lectio ›Lesung‹, die Erläuterung eines zugrunde gelegten Textes, der vorgelesen und erklärt (kommentiert) wurde, die Urform der Universitätsvorlesung und zugleich des wissenschaftl. Kommentars nach antikem Muster; die disputatio ›Streitgespräch‹, durch die strittige Fragen geklärt werden sollten und bei der bes. das syllogistische Schlußverfahren (8Syllogistik) angewandt wurde, um die 8Richtigkeit aufgestellter Thesen zu beweisen. Diese Disputationen zerfielen in die disputationes ordinariae, die alle vierzehn Tage im Unterricht selbst abgehalten wurden, und die disputationes de quodlibet (8Quodlibet), die über den Rahmen der Schule hinausgingen und in denen freie Thesen über diese oder jene Frage aufgestellt wurden; sie sollten den Gelehrten die Möglichkeit geben, Fragen und Thesen aus ihrem Fachgebiet aufzustellen, über die mit denen disputiert wurde, die daran Interesse hatten und sich meldeten. Aus ihnen ging die literarische Form der quaestiones (›Fragen‹) hervor, die nach dem Verfahren des 8sic et non behandelt wurden: Ausgegangen wurde von einem
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8Problem. Dann wurden die sententiae auctorum ›die Meinungen der Autoritäten‹, d. h. der Bibel, der Kirchenväter und der kirchlichen Denker, über diese Frage zusammengestellt. Es folgten die Einwände, die gegen sie auf Grund anderer Stellen bei denselben oder anderen (›heidnischen‹) Autoren erhoben werden konnten. Man wog nun das Für und Wider gegeneinander ab und kam schließlich auf die eigene und von der Kirche gebilligte Meinung als Lösung (solutio) des Problems zurück. Dieses Verfahren hieß auch die Methode der Konkordanz (concordantia catholica), der Versöhnung des Widerspruchsvollen miteinander. Sie diente dem Streben, das gesamte überlieferte und neu hinzutretende Wissen in das widerspruchslose, alles umfassende 8System zu bringen, das als summa bezeichnet wurde, worunter nicht nur eine Sammlung alles Wissens, sondern das nach den Regeln der logischen Einteilung (divisio) bis ins einzelne gegliederte System verstanden wurde, das 8Theologie und 8Metaphysik, 8Mathematik, 8Physik und 8Psychologie, 8Grammatik, 8Logik, 8Rhetorik, 8Ethik, Ökonomik und 8Politik umfaßte. Scholien, gr. scholion ›aus der Schule stammend‹, gelehrte Randbemerkungen sprachlicher und sachlicher Art, erklärende Anmerkungen. schön, gr. kalos, lat. pulcher, in der Philosophie: das Schöne, ein Grundbegriff der philosophischen 8Ästhetik, dessen Bedeutungsvielfalt
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zwei wesentliche Quellen hat, die zu verschiedenen Grundbestimmungen führen: a) die Metaphysik des Schönen, die von Plato ausgeht und das Schöne unabhängig von der 8Kunst als in den schönen Dingen vergegenständlichte Idee des Schönen, als Eigenschaft schöner Gegenstände begreift; b) die philosophisch durch I. Kant systematisierte Theorie der Subjektivierung des Schönen im 18. Jh., nach der das Schöne keinem eine Eigenschaft des Gegenstands bestimmenden, sondern einem reflektierenden Urteil entspringt, das sich auf den 8Geschmack und das 8Wohlgefallen des urteilenden Subjekts bezieht. Plato hat als erster sinnlich erfahrbare sch.e Dinge vom Schönen selbst, d. h. vom Begriff des Schönen unterschieden, die Idee des Schönen von den sch.en Erscheinungen (Hippias maior, 294 c ff.). An dieser Idee des Schönen hat alles, was als sch. erscheint, teil: der sch.e Leib, die sch.e Seele in ihrem Streben nach der Schau des Schönen selbst (Symposion 209 e – 212 c). Durch Teilhabe an der Idee verbindet sich das Schöne mit der 8Tugend. Die Bestimmung des Schönen ist nicht auf Kunstschönes beschränkt und entwickelt sich unabhängig von der antiken Kunsttheorie (8Kunst, 8Mimesis, 8Poetik). Das Schöne ist die Übereinstimmung eines sinnlichen Gegenstandes mit der Vernunft. Plotin überträgt Platos Idee des unsinnlichen Schönen in den FormBegriff: das Schöne ist nach intelligiblen, geistigen Prinzipien geformter Stoff, in der Kunst also
schön
vor allem eine nach Ideen bildende Tätigkeit des Geistes (Enneaden I,6 und V,8). Der Begriff des Schönen als einer ideellen Qualität eines Gegenstandes erhält sich bis ins 18. Jh., etwa in der Vorstellung des Schönen als Vollkommenheit der Zusammenstellung der Teile eines Ganzen in der sinnlichen Erscheinung, die noch bei G. W. Leibniz, Chr. Wolff und auch bei A. G. Baumgarten anzutreffen ist, dessen Ästhetik eine Wende in der Auffassung des Schönen einleitet: Ziel der Ästhetik ist die Vervollkommnung der sinnlichen Erkenntnis, deren Vollkommenheit Schönheit ist (Aesthetica 1750- 58, § 14). Damit wird das Schöne primär als Problem der Erkenntnisvoraussetzungen des Subjekts begriffen. Im 18. Jh. entwickelt sich zugleich in der englischen Philosophie bei A. Shaftesbury, Fr. Hutcheson und E. Burke ein sensualistisch- psychologischer Begriff des Schönen, wonach dieses auf dem Gefühl beruht, das durch einen Sinneneindruck im Subjekt entsteht. I. Kant greift diese Transformation des Schönen in eine subjektive ästhetische 8Erfahrung auf und definiert: »Schön ist, was ohne Begriff allgemein gefällt« (KdU, 1790, § 9). Das Schöne ist nach dieser Bestimmung weder etwas Objektives (Begriff) noch etwas Subjektives (das I. Kant das 8Angenehme nennt): das Schöne hat seinen Ursprung im ›interesselosen 8Wohlgefallen‹, im subjektiven Gefühl der 8Lust und Unlust, objektiviert sich aber zugleich durch die ›Mitteilbarkeit‹ der ästhetischen
schöne Seele
Erfahrung in der Gesellschaft. I. Kant grenzt das Schöne sowohl gegen 8Erkenntnis (es ist begrifflos) als auch gegen praktische Zwecke (es ist interesselos) ab und begründet so die 8Autonomie des Schönen: Schönheit ist eine 8Zweckmäßigkeit ohne Zweck (ebd., § 17), d. h. eine subjektive Vorstellung der 8Einheit des Mannigfaltigen ohne Begriff objektiver 8Vollkommenheit als Eigenschaft des beurteilten Gegenstandes. G. W. Fr. Hegel bestimmt das Schöne wieder als Idee: das Kunstschöne als Dasein der Idee ist die anschauliche Konkretisierung des Begriffs. Gegenüber Kant, bei dem das Naturschöne den Vorrang vor dem Kunstschönen hat, da es das ästhetische Gefühl unmittelbar mit dem moralischen verbindet (KdU § 42, vgl. §§ 45- 48), betont Hegel das Prinzip des Geistes bei der Hervorbringung des Schönen durch die Kunst. Damit wird – wie in der Moderne überhaupt – das Schöne weitgehend mit dem 8Kunstwerk und seinen Bestimmungen identifiziert: schöne Kunst ist ein in sich freies und normativ nicht mehr begrenztes 8Artefakt, durch das auf spezifische Weise menschliche Wirklichkeit angeeignet und geistig verarbeitet wird. Insofern bleibt der Maßstab des Schönen nicht mehr an traditionelle Formvorstellungen gebunden. schöne Seele, aus der span. Mystik des 16.Jh. stammend (alma bella), bei den engl. Moralphilosophen A. Shaftesbury und S. Richardson (beauty of the heart), in J.- J. Rousseaus Nouvelle Héloise
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von 1761 (belle âme) vorkommend und von Chr. M. Wieland (Teutscher Merkur 1774, I, 310 ff.: Was ist eine sch. S.?) ins Deutsche eingef., bei Fr. Schiller das Ideal einer harmonischen Vereinigung von Ethischem und Ästhetischem (Pflicht und Neigung) in einem Menschen. Vgl. auch I. Kant, Anthrop., Teil 1, § 67. schöpferisch, zu schöpfen, mhd. schepfen, was die Bedeutung ›schöpfen‹ und ›schaffen‹ vereinigt, dazu das Schöpferische, die ursprüngliche Kraft im Menschen (8Genie), die neue Werke in der 8Kunst, Wissenschaft und Technik hervorbringt (8Originalität, 8Einbildungskraft). Schöpfung, in der dt. Mystik eingef. für lat. creatio ›Erschaffen‹, ›Erwählen‹, im Unterschied zu den Vorstellungen von der Weltentstehung (8Evolution, 8Emanation) und der Weltordnung (8Demiurg) und im Gegensatz zur 8Abstammungslehre die unmittelbare Welterzeugung, d. h. die Erschaffung nicht nur der Form, sondern auch des Stoffs der Welt, durch den unbegreiflichen Willen, die unbegreifliche Tat eines Gottes. Eine ausdrückliche Schöpfung aus dem Nichts kommt in den Mythologien der Völker nicht vor. Auch in der Bibel ist sie bis auf eine Stelle (2. Makk. 7, 28) nicht nachweisbar. Doch wurde sie auf dem 4. Laterankonzil 1215 unter Innozenz III. als Dogma angenommen. Dem Vorwurf, daß eine Sch. aus Nichts absurd sei, weil aus 8Nichts nichts werden könne (8ex nihilo nihil fit), hält man von kirchlicher Seite ent-
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gegen, daß die Wendung »aus nichts« nur besagen solle, daß die Welt nicht durch sich selbst, sondern durch den Willen Gottes entstanden sei; m. a. W. die Welt sei nicht aus Nichts, sondern aus Gott. Im weiteren Sinne versteht man unter Sch. das Hervorbringen und Gestalten von etwas Neuem, insbes. von Kunstwerken (8schöpferisch). schottische Schule, die von dem schottischen Denker Th. Reid mit dem Werk Inquiry into the human mind on the principle of common sense (1764) begründete, von J. Beattie, D. Stewart, W. Hamilton u. a. vertretene Philosophie des common sense (8Sensualismus, 8sensus communis). Schulbegriff, 8Weltbegriff. Schuld, ahd. sculda, seiner Herkunft nach etwas, was man soll (ahd. skulan ›sollen‹), eine Verpflichtung, ›Schuldigkeit‹. Sch. haben heißt im ursprünglichen Sinne: Urheber von unerwünschten Folgen sein. Im heutigen juristischen Sinn wird jedoch die Sch., das Verschulden, von der bloßen Urheberschaft streng geschieden: Sch. hat nur derjenige an seiner Tat, dem sie auch nach seinem inneren Verhalten zum Vorwurf gereicht. Dies ist der Fall, wenn er entweder mit 8Vorsatz oder fahrlässig (vgl. 8culpa), d. h. ohne die nötige und ihm zumutbare Sorgfalt, gehandelt hat. Das Urteil, das dies ausspricht, ist die 8Zurechnung zur Schuld; es setzt voraus, daß der Täter im Augenblick der Tat zurechnungsfähig war, daß er die nötige Einsicht und Reife besaß, um das Unrechte sei-
Schwärmerei
ner Handlung zu erkennen und seinen Willen danach zu bestimmen. – Nur die (natürliche) 8Person kann, da sie ihren Willen ihrer Einsicht gemäß bestimmen kann, Sch. haben. I. Kant bestimmt daher die Person geradezu als »dasjenige Subjekt, dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind« (Met. d. Sitten, Einl.). In einem anderen, auf die gleiche Sprachwurzel zurückgehenden Sinn bedeutet Sch. die Verbindlichkeit zu einer Leistung (lat. obligatio), das Schuldverhältnis. Eine Sch. eingehen in diesem Sinn bedeutet also, sich (regelmäßig durch einen 8Vertrag) zu einer Leistung, z. B. zur Zahlung einer Geldsumme, zu verpflichten; wer einem anderen etwas ›schuldig‹ ist, soll es ihm leisten und kann von jenem dazu auf dem Rechtswege genötigt werden. Er ist Schuldner (lat. debitor) und jener sein ›Gläubiger‹ (lat. creditor). Von der Sch. in diesem Sinn unterscheidet man wieder die Haftung, d. h. das Einstehen einer Sache oder eines Vermögens für eine bestimmte Sch.; z. B. ein Grundstück, das mit einer Hypothek belastet ist, haftet für eine Sch. des Eigentümers oder eines Dritten. Die Sch. ›erlischt‹ regelmäßig, wenn die geschuldete Leistung erbracht wird, ferner z. B. durch Erlaß. Schwärmerei, die nicht auf vernünftiger Einsicht und begründetem Urteil, sondern auf Gefühlen der 8Sympathie und auf phantastischen Vorstellungen und Einbildungen (8Phantasie) beruhende 8Begeisterung für bestimmte Menschen und Ideen.
Schwelle des Bewußtseins
Schwelle des Bewußtseins, seit J. F. Herbart die Grenze des Auftauchens oder des Verschwindens einer Vorstellung aus dem Bewußtsein; Schwellenwert, vgl. 8Reizschwelle. Schwerkraft, svw. 8Gravitation. scientia generalis, lat. ›Allgemeinwissenschaft‹, bei G. W. Leibniz svw. 8characteristica universalis. Scotismus, die Lehre des Scholastikers Johannes Duns Scotus († 1308) und seiner Anhänger, der Scotisten, die meist Franziskaner waren. Sie ist gekennzeichnet durch eine subtile Begrifflichkeit und die Vorrangstellung des Willens vor der Vernunft (8Voluntarismus). Durch eine Reihe von Sätzen (die absolute Erkennbarkeit Gottes, die objektive Realität seiner Eigenschaften, die unbefleckte Empfängnis u. a., vgl. 8Individuation) gerieten sie in Widerspruch zu dem von den Dominikanern vertretenen 8Thomismus. Seele, (gr. 8psychë, lat. 8anima, Grundbedeutung beider ›Hauch‹), ahd. sela. S. heißt ursprünglich die ›Bewegliche‹, was auch Volksglaube und Märchen bestätigen, indem sie die S. als ein bewegliches Wesen (Vogel, Maus, Schmetterling, Schlange) darstellen. Bei vielen Völkern gab es Vorstellungen über einen Lebensgeist, der im Körper wohnen muß, solange dieser sich regt, aber im Augenblick des Todes selbständig wird und als Geist, als Schatten entweicht. Psychë bezeichnet bei Homer das Leben der einzelnen Person und auch das Lebensprinzip des Menschen. Homer denkt sich die Psyche als eine Sub-
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stanz, die im Körper wohnt, allerdings erst selbständige Existenz erhält, wenn sie ihn beim Tode verläßt und nach dem Tode als Schattenbild im Hades fortbesteht. Dort hat sie kein Bewußtsein mehr, weder phrën (Geist) noch thymos (Verlangen), doch kann sie dies durch Bluttrinken zurückerlangen. Die S. wurde, weil beseelte Wesen Bewegungsfähigkeit zeigen, als das Bewegende, oder auch weil man annahm, daß das Bewegende nur ein Bewegtes sein könne, zugleich als Bewegtes und Bewegendes, und zwar entweder als ein sich selbst oder als ein den Körper oder als ein beide zugleich Bewegendes angesehen: So scheint schon Thales um 600 v. Chr. in der S. ein Bewegendes gesehen zu haben (Aristoteles, De an., I, 405 a 19). Nichts anderes lehrte Anaxagoras (vgl. ebd., I, 2, 405 a 25). Heraklit sah in ihr ein immer Bewegtes (ebd. I, 2 404 a). Leukipp und Demokrit dachten sich die S. als ein Bewegtes und anderes Bewegendes (ebd., I, 2, 404 a 7). Die Vorstellung, daß die S. Bewegungsprinzip sei, schloß nicht die Ansicht aus, daß sie stofflich und körperhaft sei. Die älteren griechischen Philosophen haben vielmehr an eine stoffliche Existenzform der S. geglaubt und sie nacheinander bei den in der frühen Naturphilosophie angenommenen Elementen (außer bei der Erde) gesucht (ebd., I, 2, 405 b 8.). So sah Hippon die S. für Wasser an (ebd., I, 2, 405 b 2), Kritias identifizierte die S. mit dem Blut (ebd., I, 2, 405 b 5), Anaximenes und Diogenes von Apollonia hielten die S. für
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Luft; Heraklit hat sich die S. als den Stoff, an dem sich der Werdeprozeß abspielt, als das Feuer gedacht. Auch Leukipp und Demokrit dachten sich die S. als Feuer (ebd., I, 2, 403 b 31- 404 a 5). Empedokles ließ die S. aus allen Elementen zusammengesetzt und jedes von ihnen im Menschen eine besondere Seele sein, die das Gleichartige außer sich erkennt (ebd., I, 2, 404 b 11). Die Atomisten (Leukipp, Demokrit) ließen sie zugleich mit dem Feuer aus runden Atomen bestehen, identifizierten sie auch mit den Sonnenstäubchen, wie schon die 8Pythagoreer es vorher getan hatten (ebd., I, 3, 404 a 5- 25). Die Lehre der Atomisten über die S. hat später Epikur etwas modifiziert wieder aufgenommen. Gegenüber dieser materialistischen Auffassung taucht bei den Griechen auch die Lehre von der Unstofflichkeit der S. auf. Diese Lehre tritt jedoch, klar geformt, erst in der nachsokratischen Philosophie hervor. Doch schon Pythagoras hatte in der S. als das Prinzip der Harmonie des Leibes gesehen (ebd., I, 4, 407430). Heraklit hatte sie für das Unkörperlichste erklärt (ebd., I, 2 405 a 24). Auch Anaxagoras hatte sie, wenn auch nicht mit der alles ordnenden göttlichen Vernunft identifiziert, so doch als dem 8Nous für wesensgleich angesehen (ebd., I, 2 405 a 13), aber erst Plato gewinnt über eine spiritualistische Auffassung von der S. eine umfassendere Formulierung: die S. als einheitsstiftendes Merkmal des Menschen. Plato prägt den Begriff einer 8Weltseele als der Kraft, die sich selbst
Seele
und alles andere bewegt, die die Ursache aller Erkenntnis und mit der Einzelseele des Menschen (abgesehen von deren Verbindung mit dem Körper) wesensgleich ist. Die Einzelseele ist das Prinzip der Bewegung und des Erkennens. Plato schreibt ihr drei Teile von verschiedenem ethischem Werte zu (8Seelenteile) und vertritt die Lehre von ihrer 8Unsterblichkeit, indem er für sie sowohl eine 8Präexistenz (8Anamnese) als auch eine Postexistenz mit Wanderung durch verschiedene Leiber und Versetzung in den Fixsternhimmel (8S.nwanderung) annimmt. Aristoteles sieht in der S. die erste 8Entelechie eines organischen Einzelwesens (ebd., II, 1 p. 412 b 4). Bei den Pflanzen ist die S. das Ernährungsvermögen; die Tiere besitzen außer diesem noch das 8Lust und Unlust in sich begreifende Vermögen des 8Begehrens, das der 8Wahrnehmung (mit Reproduktionsfähigkeit und 8Gedächtnis) und das der Ortsbewegung und für all dies ein Zentralorgan, das 8Herz. Die menschliche S. besitzt außer den Vermögen der Pflanze und des Tieres die 8Vernunft, die präexistent, göttlichen Ursprungs und insofern unsterblich ist. Die menschliche S. vereinigt also die Kräfte der anderen Wesen und des Göttlichen in sich; sie wird deshalb ein 8Mikrokosmos (Aristoteles, Physik VIII, 2 p. 252 b 26) genannt. Die christliche Philosophie der Spätantike und des Mittelalters neigt zu Anfang einer materiellen Auffassung vom Wesen der S. zu, sieht die S. aber dennoch für
Seele
unsterblich an; in ihrem weiteren Verlauf stellt sie sich auf spiritualistische Standpunkte und erneuert im wesentlichen die Lehre des Aristoteles. Tertullian und Arnobius erklärten die S. für geschaffen, körperlich und unsterblich. Schon Augustinus aber sah in ihr eine geistige, unkörperliche, einfache, unzerstörbare, vernunftbegabte und den Körper regierende Substanz, und seine Auffassung kehrt im wesentlichen bei Claudianus, Marestus, Cassiodorus, Hugo von St. Victor, Bernhard von Clairvaux u. a. wieder. Mehr oder weniger eng schlossen sich in der Bestimmung des Wesens der S. an Aristoteles an: Averroes, Albertus Magnus, Thomas von Aquino, Duns Scotus u. a., die zum Teil die Definition des Aristoteles wörtlich übernahmen. Auch die 8Naturphilosophie des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit hat den aristotelischen Gedanken der Abstufung des seelischen Lebens in der Natur nicht ohne Phantastik ausgesponnen, indem sie dem Weltall (G. Bruno), der Erde (J. Kepler) und sogar den organischen Elementen (Paracelsus) mehr oder minder vollkommene S.n zuschrieb und umgekehrt auch jeder S. einen mehr oder minder organischen Leib beilegte. S.a. 8Unendlichkeit. Erst in der seit dem 17. Jh. einsetzenden neueren Philosophie haben sich die Gegensätze in der Auffassung des Wesens der S. scharf zugespitzt (8Leib- Seele- Problem). Für R. Descartes ist die S. eine geistige Substanz, die von Gott geschaffen und mit dem Körper, der
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materiellen Substanz, nur eine unio compositionis bildet. Ihr 8Sitz ist die Zirbeldrüse, ihr einziger Einfluß auf den Körper besteht darin, in der Zirbeldrüse eine Änderung in der Bewegung der ›Lebensgeister‹, die ins Blut wirken, hervorzurufen. Ihr ganzes Wesen ist Denken oder Bewußtseinstätigkeit. Nur die Menschen haben nach R. Descartes eine S.; die Tiere sind, wie auch der menschliche Leib, nur seelenlose Maschinen (8Automat). Der 8Materialismus, der ursprünglich ausschließlich das Körperliche für das grundlegend Wirkliche, die S. für körperlich oder wenigstens alles Psychische für eine Eigenschaft des Körperlichen oder alle psychischen Vorgänge für körperliche Bewegungsprozesse oder deren Resultate ansah, hatte in der Neuzeit, von England ausgehend, viele Vertreter, u. a. Th. Hobbes, D. Diderot, J. Lamettrie (Histoire naturelle de l’âme, Haag 1745), P. Holbach, J.Priestley, P.- J.G. Cabanis (Rapports du physique et du moral de l’homme, 1802). Für Hobbes war die Philosophie Körper- und Bewegungslehre. Alle 8Substanz erschien ihm daher als körperlich, alles Seiende als Körper, alles Geschehen als Körperbewegung. Auch die S. erklärte er für körperlich: alle Erkenntnis erwächst aus den Empfindungen und alle Empfindungen aus Bewegungen, aber auch alle 8Materie trägt die Anlage zu Empfindungen in sich. Einen ähnlichen Standpunkt vertrat D. Diderot, nach dem die Empfindung eine wesentliche Eigenschaft der Materie ist. Noch strenger materialistisch hat J. La-
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mettrie die Ansicht vertreten, daß der Mensch nur Körper, nur 8Maschine, daß alle psychischen Funktionen nur Resultate der körperlichen Organisation seien, daß alles Empfindende materiell sei. Die S. hängt vollständig von den leiblichen Organen ab, entsteht, wächst, nimmt ab und stirbt mit ihnen. Ebenso erklärt P. Holbach den Menschen für ein rein physisches Wesen. Die S. ist ihm nur das 8Gehirn, alle Seelentätigkeiten sind ihm Gehirntätigkeiten und als solche nur Spezialfälle des Wirkens der allgemeinen Naturkräfte: Denken und Wollen ist 8Empfindung, und Empfinden Bewegung. Auch J. Priestley sieht in dem Denken nur Nerven- und Gehirntätigkeit, in den psychischen Vorgängen rein mechanische Vorgänge und erklärt die Entstehung aller komplizierteren Vorgänge aus den einfacheren durch 8Assoziation. Nach Cabanis sind ebenfalls alle 8Gedanken Absonderungen des Gehirns, das Bewußtsein ist Eigenschaft der organischen Materie. (Weitere neuzeitl. Positionen: vgl. 8Leib- Seele- Problem). Auch die deutschen Materialisten des 19.Jh. C. Vogt, J. Moleschott, L. Büchner hielten die S.ntätigkeiten für Funktionen des Gehirns. Eine andere Prägung hat dagegen vom idealistischen Standpunkt aus dem Begriffe der S. G. W. Leibniz gegeben, an den sich fast alle anderen neueren Idealisten angeschlossen haben. – Nach Leibniz besteht die Wirklichkeit aus einer unendlichen Zahl unkörperlicher einfacher Einzelsubstanzen, deren inneres Wesen die
Seele
Vorstellungskraft ist. Solche Wesen sind aber S.n, und Leibniz nennt sie daher âmes oder, um ihrer Einheitlichkeit willen, 8Monaden. Nur S.n machen daher bei Leibniz die Wirklichkeit aus: Alle Monaden sind von dem Schöpfer durch die Grundunterschiede der 8Vorstellungskraft und die darauf beruhende geringere und größere 8Vollkommenheit in den Zustand einer ein- für allemal festgesetzten Harmonie (8prästabilierte Harmonie) gebracht; jede ist in Rücksicht auf die andere geschaffen. Wenn in einer Monade so viel Vollkommenheit ist wie in anderen Unvollkommenheiten, so bilden sie insgesamt ein Aggregat von Monaden, deren erste als Zentralmonas fungiert. Die sinnliche Vorstellung eines solchen Monadenaggregats faßt ein solches Aggregat als Körper. Die menschliche S. im besonderen ist eine solche Zentralmonas, die durch den Wechsel ihrer Vorstellungen auch in wechselnden Beziehungen zu ihrem Leib steht und durch Abfluß und Zufluß der Teile Entwicklung in sich einschließt. An Leibniz schließt sich Chr. Wolff an, dem die S. eine einfache 8Substanz mit der Kraft, sich die Welt vorzustellen (lat. vis repraesentativa universi), ist. Auch J. F. Herbart folgt Leibniz, führt aber die Vorstellungskraft auf die Fähigkeit der Selbsterhaltung zurück. Die S. ist ihm eine einfache Substanz, deren Selbsterhaltungen gegenüber störenden Einflüssen sich als Vorstellungen zeigen. (Zum modernen wiss. Begriff von S. vgl. 8Psychologie, 8Psychoanaly-
Seelenteile
se; vgl. auch ältere Theorien zum 8Sitz der Seele etc.) Seelenteile, die von Plato (Politeia 435 B ff.) unterschiedenen drei Teile der 8Seele: 8Verstand logistikon), 8Mut oder 8Wille (thymos) und 8Begierde (epithymia). Seelenvermögen, in der älteren Psychologie die verschiedenen seelischen Fähigkeiten. I. Kant z. B. teilte (KdU, Einl.) die S. in das 8Erkenntnisvermögen, in das Gefühl der 8Lust und Unlust sowie in 8Begehrungsvermögen, das Erkenntnisvermögen wiederum in 8Verstand, 8Urteilskraft und 8Vernunft (8Vermögenspsychologie). Seelenwanderung, gr. metempsychôsis ›Umseelung‹ (Weitergehen der 8Seele von Station zu Station), palingenesis ›Wiederentstehung‹ (Wiederkommen nach Abwesenheit): die in einzelnen Religionen, bes. den indischen (8Karma), bei den 8Orphikern und 8Pythagoreern, bei Plato (Menon 81 B f., Phaidros 248 D ff.), den 8Stoikern, 8Gnostikern und Manichäern auftretende und von neueren Mystikern und Philosophen aus deren Zeugnissen übernommene Lehre, nach der die Seele nicht nur einmal in einem Leib auf der Erde erscheint, sondern nach dem ›Tod‹ in einem anderen irdischen Leib, gelegentlich auch in Pflanzen und Tieren wieder erscheint, und zwar so oft, bis sie sich während der verschiedenen Verleiblichungen (Inkarnationen) so weit geläutert hat, daß sie dem ›Kreis‹ oder ›Rad der Geburten‹ entfliehen oder von ihm erlöst werden.
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Seiende, das (gr. to on, lat. ens), das, was ist; das, von dem ausgesagt wird, daß es ist (8Sein). Sein (gr. einai, lat. esse ), in der Logik die Kopula ›ist‹ oder ›sind‹, durch die zwei Begriffe in einem 8Urteil verbunden werden, wodurch ausgedrückt wird, daß zwischen ihnen eine logische Beziehung besteht. In der 8Ontologie wird der Begr. S. (gr. ousia) häufig zur Abgrenzung vom jeweils konkreten 8Seienden, vom 8Dasein und 8Sosein einzelner Dinge verwendet und bez. zumeist das Existieren von Dingen überhaupt. Philosophien, in denen ein S. als Unikat zum Gegenstand der Theoriebildung geworden ist, sind bislang nur entwickelt worden in sprachl. Kulturen, in denen die Kopula ›ist‹ für normale Aussagesätze verwendet wird und in deren Syntax auch ein Infinitiv ›sein‹ vorkommt – so in den meisten indoeuropäischen, dagegen nur in wenigen slawischen Sprachen und z. B. nicht in Sprachen semitischen Ursprungs. Die west- und mitteleuropäischen Philosophien (8Ontologie) berufen sich dabei fast ausnahmslos auf antike und mittelalterliche Traditionen, in denen das S. als pränumerischer Sammelbegriff für ›Seiendes‹ eingeführt worden ist. Eine Differenz zwischen S. und 8Seiendem betont dagegen M. Heidegger (8ontologische Differenz), der die Unterscheidung des Thomas von Aquin zwischen 8existentia und 8essentia (vgl. auch 8Essentialismus, 8Existentialismus) im 20. Jh. wieder aufgegriffen und diese neu formuliert hat als Unter-
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schiedenheit zwischen S. und Seiendem, zumindest für den Zugang des Menschen zum S. (den M. Heidegger 8Dasein nennt; vgl. auch 8Insein in der Bedeutung ›In- derWelt- sein‹). S. wird in den Richtungen, die heute der 8Existenzphilosophie zugeordnet werden, von der theoretischen wie der praktischen Erschlossenheit der Welt her, der 8Welt als je individueller Lebensraum wie auch der gemeinsamen 8Umwelt, durch den Menschen gedeutet. M. Heidegger faßt deshalb das (menschliche) ›Dasein‹ als dasjenige Wesen, welches allein eine Seinsbeziehung herstellen kann und sich daher als einziges den ›Sinn‹ von S. erschließen kann (ders., Sein und Zeit, EA 1927). Gegensätzl. bzw. komplementäre Begriffe: 1. 8Wesen (8essentia), dies gilt für die mittelalterl. 8Metaphysik (z. B. bei Thomas v. Aquin, De ente et essentia, etwa um 1250) und für einige Autoren der modernen Existenzphilosophie (z. B. J.- P. Sartre, Ist der Existentialismus ein Humanismus? frz. EA 1946); 2. Nichtsein, 8Nichts für realist. Philosophien; 3. Haben, inbes. bei E. Fromm (Haben oder Sein, EA engl. und dt. 1976). Seinsart, von J. F. Herbart eingef. für 8Modalität, svw. 8Seinsmodus. Seinsmodus (8Modus), die Art und Weise, wie etwas nach der Kategorie der 8Modalität ist, d. h. ob es möglich, wirklich oder notwendig ist. Sein-Sollen-Dichotomie, auf D. Hume zurückgehende Auffassung (›Humesches Gesetz‹), wonach der Übergang von deskriptiven (Seins- ) auf normative (Sollens- )Aussagen
Sein-Sollen-Dichotomie
unzulässig ist (›Sein- Sollen- Fehlschluß‹), da es zwischen ihnen keine analytischen Beziehungen gibt. Die S.- S.- D. wird im allgemeinen so paraphrasiert, daß aus einem 8Sein kein 8Sollen folgt. Neuere Formulierungen sprechen u. a. von einer Differenz zwischen deskriptiven und präskriptiven Sätzen bzw. zwischen Indikativen und 8Imperativen (R. M. Hare, The Language of Morals, 1952). Der S.- S.- D. liegt die Auffassung zugrunde, daß im Gegensatz zur Seins- Ebene auf der Ebene des Sollens nicht mit ›wahr‹ oder ›falsch‹ operiert werden kann. In Anlehnung an Humes S.- S.Fehlschluß (aber von diesem zu unterscheiden) wurde in der 8Metaethik der Begriff des 8naturalistischen Fehlschlusses geprägt. – Aus moderner normlogischer Sicht (8deontische Logik) muß das ›Humesche Gesetz‹ dahingehend präzisiert werden, daß aus rein nichtnormativen Sätzen alleine keine gehaltvollen, rein normativen Sätze folgen, denn normlogisch gilt, daß zum einen aus »a ist gut und flach« trivialerweise »a ist gut« folgt und zum anderen aus »a ist grün« durchaus auf »a ist grün oder b ist geboten« geschlossen werden kann (Fr. v. Kutschera, Grundlagen der Ethik, 1982). Eine Überwindung der S.- S.- D. wurde von verschiedenen Seiten versucht, z. B. von phänomenologischer Seite durch die Behauptung der Gegenstandslosigkeit der Unterscheidung zwischen Seins- und Sollensebene und Rekurs auf nicht- empirische Werterfahrung (M. Scheler), von sprachanalytischer Seite, wonach um-
Seinsweise
gangssprachlich nicht streng zwischen deskriptiven u. normativen Sätzen unterschieden werden könne ( J. Searle, Speech Acts, 1969). Seinsweise, die Art, wie etwas Seiendes existiert, ob als etwas Reales oder etwas Ideales, die Realität und die Idealität. Ihr untergeordnet sind die Seinsmodi (Mz. von 8Seinsmodus); denn es kann etwas real oder ideal möglich, wirklich oder notwendig sein. sekundär, lat. secundarius der ›Zweite im Rang‹, zweitrangig, abgeleitet, unwesentlich, im Unterschied zu 8primär. sekundäre Qualitäten, vgl. 8Qualität. selbst, Reflexivpronomen, welches die interne Beziehung eines grammat. oder auch lebendigen 8Subjekts auf sich anzeigt, daneben in Kontexten, in denen ein automatischer Vorgang bezeichnet werden soll (wie z. B. ›Selbstläufer‹, ›Selbstzweck‹). In die Theoriesprache ist das Selbst auch als Nomen eingeführt worden (svw.: 8Ich), sofern eine 8Person sich theoretisch oder praktisch zum Gegenstand macht, oder auch in Kontexten, in denen die Selbstbeziehung des reflektierenden Menschen thematisiert wird. S. wird zumeist in Komposita verwendet., wie z. B. 8Selbstachtung, 8Selbstbestimmung, 8Selbstbewußtsein, 8Selbsterhaltungstrieb; Selbstaktualisierung, auch Selbstverwirklichung: Sammelbegriff für Bestrebungen, 1. selbständig gewählte 8Ziele durch eigene Aktivitäten zu erreichen, 2. den selbstgesetzten 8Normen oder 8Werten des jeweiligen 8Ich-
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Ideals zu entsprechen, 3. sich kollektive Sinnstiftungen für das persönliche Leben zueigen zu machen, mit denen man sich in hohem Maße identifiziert. ›Selbstverwirklichung‹ ist eine Begriffsschöpfung von G. W. Fr. Hegel (zuerst belegt in: Vorles. üb. d. Gesch. der Phil., 3 Bde., EA posthum 1833- 1836), der ihn als Synonym für 8Autonomie (vgl. auch 8Selbstbestimmung) verwendet. Selbstachtung, das von Eitelkeit freie 8Bewußtsein des Menschen von seinem 8Wert und seiner 8Würde (8Achtung). Selbstbeherrschung, eine innere Willenshaltung, aus der heraus 8Triebe und 8Affekte unter die Herrschaft des Willens gestellt werden (8Besonnenheit). Selbstbesinnung, das Nachdenken über sich selbst z. B. den 8Wert des eigenen Lebens. Vgl. 8Besinnung. Selbstbestimmung, das Handeln nach den jeweils als verbindlich erkannten Mustern (natürl. Wesensmerkmale, 8Lebensform usw.), svw. 8Autonomie, im individuellen strengsten Sinn die freie 8Entscheidung (8Willensfreiheit). Vgl. 8Bestimmung. Selbstbewußtsein, das 8Bewußtsein von sich selbst, zuerst bei Plotin als synaisthësis hautës ›Selbstwahrnehmung‹. Er nennt es die Identität des Erkennens, seines Aktes und seines Objekts (8nous, 8noësis, noëton). Auch Thomas v. Aquino nennt dieselben drei Seiten des S.s. I. Kant hat die Unmöglichkeit der vollständigen Erkenntnis des S.s, sofern es sich um die Erfassung
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des reinen 8Ichs handelt, nachgewiesen: Wir erfassen uns nur in unseren wechselnden Bewußtseinszuständen und psychischen Vorgängen. Doch was ›dahinter‹ steht, erfassen wir nicht. Die Einheit des Ichs sei eine Bedingung der Erkenntnis überhaupt, aber keine Tatsache, die wir beobachten können. Alle Selbstbeobachtung liefere uns kein apriorisches Element des Wissens, das von der Erfahrung unabhängig sei oder über derselben stehe. (Vgl. I. Kant, KrV, Kap.: Von den Paralogismen der reinen Vernunft, in zwei Versionen: A 341- 405, B 399- 432). J. G. Fichte dagegen hält sie für möglich und läßt das S. durch eine 8Reflexion der absoluten Tätigkeit des Ichs auf das reine 8Sein entstehen: Das Reflektierte ist die in einem Punkte angehaltene, fixierte Tätigkeit, das Reflektierende die aus ihrer Begrenzung in ihrer Unendlichkeit sich wiederholende Tätigkeit selbst. Auch G. W. Fr. Hegel hält das S. grundlegend für »Wahrheit des Bewußtseins« (Phän. d. Geistes, EA 1807 – vgl. auch 8Bewußtsein). – Im Alltagsverständnis wird der Begr. d. S. auch gebraucht für das Wissen des Menschen um das eigene Ich und seine Art, auch die zuversichtliche, stolze (mitunter auch hochmütige), auf der Bejahung des eigenen Wesens beruhende 8Haltung; in der Psychologie (auch in der Erkenntnistheorie) bezeichnet S. ein Wissen um unsere wechselnden Bewußtseinszustände und die sich ›in uns‹ abspielenden Vorgänge, begleitet von dem 8Bewußtsein, daß unser
Selbstgerechtigkeit
8Ich Träger dieser Zustände und Vorgänge ist, daß dieses Ich nur eines ist, daß es im Wechsel der Erlebnisse als etwas Selbständiges, sich nach eigener Regel Entwickelndes beharrt (Kontinuität des S.s) und daß es in Beziehung zu einer Außenwelt, dem 8Nicht- Ich, den bewußtseinsunabhängigen Objekten steht, von denen es sich als 8Subjekt unterscheidet, das sich selbst als solches gleich bleibt (Identität des S. mit sich selbst), so sehr auch die Inhalte des Bewußtseins wechseln mögen (8Apperzeption, 8Person). Selbsterhaltungstrieb, zusammenfassender Begriff für die der Erhaltung des Daseins eines Einzelwesens dienenden 8Anlagen, 8Neigungen und 8Triebe. Selbsterkenntnis, in der Erkenntnistheorie die Einsicht in die dem erkennenden Ich zugehörigen Eigenschaften, Bedingtheiten und Fähigkeiten seiner 8Subjektivität, im Gegensatz zur 8Objektivität der Außenwelt; in der Religion z. B. die Erkenntnis der eigenen Unzulänglichkeit und Ohnmacht gegenüber Gott und seinen Forderungen; in der Ethik die Erkenntnis der eigenen Anlagen und Fähigkeiten, der Schwächen und Fehler, der Kräfte und der Grenzen des eigenen Vermögens, die objektiv nur aus den eigenen Handlungen und Werken gewonnen werden kann. Selbstgerechtigkeit, die im N. T. und in der christlichen Ethik als Hindernis aller echten 8Frömmigkeit verurteilte Seelenhaltung der Zufriedenheit mit sich selbst und
Selbstgewißheit
die Überzeugung von der eigenen Vortrefflichkeit und Gerechtigkeit vor Gott und den Menschen, eine Haltung, die mit Heuchelei, Scheinheiligkeit und Pharisäertum in Verbindung gebracht wird. Selbstgewißheit, das Wissen um das eigene Dasein, besonders im Sinne R. Descartes’ (8cogito ergo sum) der sichere Ausgangspunkt alles Wissens; vgl. 8Gewißheit. Selbstliebe, die aus dem 8Selbsterhaltungstrieb hervorgehende 8Neigung des Menschen, sich selbst zu achten und geltend zu machen, die an sich nicht verwerflich ist, soweit sie nicht in Selbstsucht (8Egoismus) ausartet. Manchmal hat man sogar – etwa in Anlehnung an Th. Hobbes – das wohlverstandene eigene Interesse als Fundament der Moral erklärt. Von I. Kant (Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, B 51 und ebd. Anm.) wird die S. als bedingtes ›Wohlgefallen an sich selbst‹ zwar akzeptiert, aber als ›unbedingtes‹ Prinzip genommen nicht mehr als ethisch anerkannt, weil sie, sofern sie »als Prinzip aller unserer als Maximen angenommen, gerade die Quelle des Bösen ist ... Kein Mensch, dem die Moralität nicht gleichgültig ist, kann an sich ein Wohlgefallen haben, ja gar ohne ein bitteres Mißfallen an sich selbst sein, der sich solcher Maximen bewußt ist, die mit dem moralischen Gesetze in ihm nicht übereinstimmen.« Selbstmord, die absichtliche Vernichtung des eigenen Lebens. Selbstorganisation, ein in der Philosophie offenbar zuerst von I.
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Kant verwendeter Begriff, der einen 8Organismus als ein »organisiertes und sich selbst organisierendes Wesen« bestimmt (KdU, § 65). In der modernen 8Kybernetik und 8Systemtheorie nennt man diejenigen 8Systeme selbstorganisierend, deren Struktur nicht auf äußere Ursachen zurückzuführen ist, sondern auf das dynamische Zusammenwirken der Elemente des Systems selbst (auch ›Autopoiesis‹ genannt, von gr. ›Selbsttätigkeit‹). S. scheint eine zentrale Rolle für die Entwicklung von Leben aus organischen Molekülen zu spielen (M. Eigen, Stufen zum Leben, 1987). Eine der wichtigsten Theorien der S. ist die von H. Haken entwickelte Synergetik, die als »Wissenschaft vom geordneten, selbstorganisierten, kollektiven Verhalten« bestimmt ist (H. Haken, Erfolgsgeheimnisse der Natur, 41986). Zuweilen verwendet man den Begriff der S. auch im (etwas engeren) Sinne der Selbstoptimierung (vgl. 8System). Selektion, lat. selectio ›Auswahl‹, in der Biologie svw. 8Auslese. selig (gr. makarios, lat. beatus), mhd. saelec glücklich, ›gesegnet‹, ›selig‹ zur idg. Wurzel sel- ›günstig‹, guter Stimmung; dazu Subst. mhd. saelde ›Glück‹, Heil, Segen, die Personif. vrou Saelde ist die Verleiherin aller Vollkommenheit schlechthin, die letztlich in der schönen Harmonie von Leib und 8Seele besteht, so daß Seligkeit, mhd. saelekeit (gr. makaria, lat. aeterna felicitas), u. a. auch 8Vollkommenheit und 8Anmut bedeutet. Wie bei 8heilig hat schließlich die christl. Sinngebung die Bedeutung be-
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stimmt: indem Glück, Heil, Vollkommenheit angeblich erst wahrhaft im Jenseits erreicht werden, kann s. nur der Verstorbene sein. Dieser Zustand ist nicht gemeint, wenn s. heute für ›äußerst glücklich‹ gebr. wird. Aus ihrem leidenschaftlichen Bestreben, den Zustand der Seligkeit nicht erst nach dem leiblichen Tode beginnen zu lassen, kündet die deutsche 8Mystik die Seligkeit der Seele, d. h. das Seelesein, die Beseeltheit des Lebens als schon im Jetzt und Hier vollziehbare Wesens- und Wirkensgemeinschaft mit Gott (so insbes. bei Meister Eckhart). Semantik, auch Semasiologie (von gr. sëma ›Zeichen‹); allgemein die Theorie der Bedeutungen sprachlicher 8Zeichen. Man hat zwischen S. im sprachwissenschaftlichen und im philosophisch- logischen Sinne zu unterscheiden. Gegenstand der sprachwissenschaftlichen S. sind die Bedeutungen der Ausdrücke 8natürlicher Sprachen. Im allgemeinen setzt man dabei den ›realistischen‹ Bedeutungsbegriff voraus, während man den ›gebrauchstheoretischen‹ der 8Pragmatik zurechnet (8Bedeutung). In der Wort- S. versucht man zum einen, komplexe Bedeutungen von Wörtern zu analysieren, indem man sie in ihre einfacheren Komponenten zerlegt: Eine solche Zerlegung für »Mädchen« könnte etwa (markiert mit Plus- und Minuszeichen) »+ belebt, + menschlich, + weiblich, - erwachsen« lauten. Zum anderen stellt man semantische Beziehungen wie die der 8Synonymie (Bedeutungsgleich-
Semantik
heit: »Junge«- »Knabe«) oder Hyperonymie (Verhältnis des Oberund Unterbegriffs: »Obst«- »Apfel«) fest. Auf diese Weise erforscht man die semantische Struktur des Wortschatzes einer natürlichen Sprache. Eine weitere Aufgabe der Wort- S. ist die Untersuchung von Bedeutungsveränderungen in der sprachgeschichtlichen Entwicklung eines Wortes. Gegenstand der Satz- und Text- S. ist u. a. die Frage, wie sich die Bedeutungen von Sätzen und Texten aus den Bedeutungen ihrer Bestandteile, etwa ihrer Wörter, ergeben. An der Grenze zur Pragmatik steht die Beschäftigung mit der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke in bestimmten Verwendungssituationen. – Aufgabe der logischen S. ist die Interpretation 8formaler Sprachen wie der der 8Aussagen- , 8Prädikaten- oder 8Modallogik. Die Bedeutungen ihrer Ausdrücke, speziell ihrer 8logischen Partikeln, werden nicht, wie in der sprachwissenschaftlichen S., erforscht, sondern durch semantische Regeln explizit festgelegt (vgl. auch 8Wahrheitsbedingungen). Die Fragen, welche Aussagen allein aufgrund dieser Regeln wahr (d. h. logisch wahr oder tautologisch, vgl. 8Tautologie) und welche 8Schlüsse 8allgemeingültig sind, bilden den Gegenstand der modernen Logik. – S.en für nichtmodale Logiken sind extensional, d. h. sie ordnen den Ausdrücken der formalen Sprachen nur Extensionen zu. Modallogische Sprachen werden dagegen durch intensionale S.en interpretiert (8Intension/Extension). Die bekannteste intensionale S. ist
Semiotik
die 8Mögliche- Welten- Semantik. In der 8modelltheoretischen S. werden diese Zusammenhänge formal exakt expliziert. – Die S. ist eine wichtige Disziplin für die 8Analytische Philosophie. Semiotik, von gr. sëmeiotikos ›zum Zeichen gehörend‹, bezeichnet die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit Zeichensystemen im allgemeinsten Sinne des Wortes befaßt. Obgleich die Beschäftigung mit sprachlichen 8Zeichen wie Wörten, Sätzen und Texten bislang im Vordergrund steht, gehören zumindest dem Anspruch nach auch nichtsprachliche Zeichen wie Bilder oder Gesten zum Untersuchungsgebiet der S.; eine ihrer Aufgaben ist es, die Gemeinsamkeiten aller Zeichen herauszuarbeiten und zu klären, durch welche wesentlichen Eigenschaften Zeichen sich von anderen, nicht zeichenhaften Dingen unterscheiden. Ch. W. Morris unterschied drei Teildisziplinen der S.: Die 8Syntax als Theorie der rein formalen Beziehungen zwischen Zeichen, die 8Semantik, die die Beziehungen zwischen Zeichen und ihren Bedeutungen untersucht, und die 8Pragmatik, deren Gegenstand das Verhältnis zwischen Zeichen und Zeichenverwendern in konkreten Situationen ist. Faktisch richten sich die Untersuchungen auf diesen Teilgebieten heute vorwiegend auf sprachliche Zeichensysteme. In der Medizin ist S. auch die Lehre von den Anzeichen der Krankheiten (Symptomatologie). Semiotisches Dreieck, auch ›semantisches Dreieck‹ (vgl. 8Se-
600
miotik und 8Semantik), eine von C. K. Ogden und I. A. Richards (1923) zur Darstellung semantischer Zusammenhänge verwendete Figur: geistige Vorstellung symbolisiert
bezieht sich auf
Zeichen
Referent steht für
Dabei soll die gestrichelte Linie andeuten, daß die Beziehung zwischen Zeichen und Referent nur eine indirekte, über die geistige Vorstellung vermittelte ist; vor allem dieser Bezug auf das ›Geistige‹ ist umstritten. Weitgehend akzeptiert ist dagegen die Annahme, daß bei der Betrachtung von Zeichen unter semantischen Gesichtspunkten zwei Komponenten unterschieden werden müssen. Statt von geistiger Vorstellung und Referent spricht man vor unterschiedlichen theoretischen Hintergründen auch von Sinn und 8Bedeutung (G. Frege), Intension und Extension (R. Carnap, vgl. 8Intension/Extension) oder Bedeutung und Referent (8Referenz). semper idem, lat. ›immer derselbe‹, bez. nach Cicero (Tuscul. III 15) den Gleichmut des Sokrates, an dem seine Gattin Xanthippe angeblich Anstoß nahm. Sensation, engl., bei J. Locke und den engl. 8Empiristen die äußere Sinneswahrnehmung im Gegensatz zur 8Reflexion, der inneren Selbstwahrnehmung. I. Kant (Anthrop. I § 15): »Eine Vorstellung durch den Sinn, deren man sich als einer solchen bewußt ist, heißt besonders S., wenn die Empfindung
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zugleich Aufmerksamkeit auf den Zustand des Subjekts erregt.« Nach frz. sensation ›Empfindung‹, Eindruck, bedeutet S. heute meist: das Aufsehen; das Aufsehen Erregende; der besonders starke Eindruck, den etwas macht; sensationell, aufsehenerregend. sensibel, lat., durch die Sinne wahrnehmbar, leicht reizbar, besonders empfindlich. Sensibilität, die Empfindlichkeit, die Fähigkeit, etwas mit den Sinnen zu empfinden, durch die Sinnesorgane auf 8Reize zu reagieren, im Unterschied zur 8Irritabilität, die ohne Vermittlung von Sinnesorganen (z. B. auch bei Pflanzen) zu unmittelbaren Reaktionen führt. Sinnesphysiologisch bezeichnet S. im engeren Sinne die menschliche Fähigkeit, 8Empfindungen zu haben (Empfindlichkeit). Der Empfindungs- oder auch Wahrnehmungsprozeß wird als der Weg von Außenreizen über die Sinnesorgane zu Nerven und Zentralnervensystem bis zur Deutung des Objektes beschrieben. S. im engeren Sinne betrifft den Hautsinn, den Temperatur- und Schmerzsinn, die Wahrnehmung innerer Organe und die Eigenwahrnehmung (Körperbild, Kinästhesie). Den engen Zusammenhang von Sensorik und Motorik klärte zuerst V. von Weizsäcker (Der Gestaltkreis, 1939). Die phänomenologische Psychologie befaßte sich mit Empfinden und Wahrnehmen als Erleben. Nicht Reiz- Reaktion ist hier das Grundschema, vielmehr werden die Sinne als Kommunikationsweisen des leiblichen Weltverhältnisses gefaßt. Die 8Phä-
Sensualismus
nomenologie des Erlebens richtete die Aufmerksamkeit auf eine S., die als Wahrnehmung der Wahrnehmung eine Rekonstruktion der Wahrnehmungsgewohnheiten eröffnet, die durch erhöhte (Er)Lebensintensität zu einer Bewußtheitserweiterung führen kann (so z. B. bei Ch. W. Brooks, Erleben durch die Sinne, 1979). sensitiv, neulat., frz. sensitif, empfindungsfähig, empfindlich. Sensorium, lat. ›der Sinnensitz‹; das Zentralorgan der bewußten 8Empfindungen in der Großhirnrinde; das Empfindungsvermögen überhaupt (8Sitz der Seele). S. Gottes nennt I. Newton in seiner Optik den unendlichen Raum; s. commune der Natur ist nach J. W. v. Goethe der Mensch (8Mikrokosmos). Sensoriell, von dem Sinneszentrum ausgehend; sensorisch, zum Sinneszentrum, zum Gehirn leitend; sensorische Nerven z. B. sind solche, die einen 8Reiz zum 8Gehirn leiten, die Sinnesnerven, deren Erregung eine Empfindung auslöst. Sensualismus, Neub. von lat. sensualis ›der Sinnesempfindung fähig‹, die Lehre, nach der alle Erkenntnis auf Sinneswahrnehmung allein zurückgeht (8nihil est in intellectu ..., 8tabula rasa). Diese Form des 8Empirismus hat zwei Seiten, eine theoretische und eine praktische. Der theoretische S. ist vorbereitet durch die Lockesche Formel: 8Nihil est in intellectu, quod non fuerit in sensu (Nichts ist im Verstande, was nicht im Sinne wäre). Ausgebildet wurde er dann durch D. Hume, der alle Ideen von
sensus
sinnlichen Eindrücken ableitete, durch E. Condillac und durch Ch. Bonnet, welche alle psychischen Vorgänge für umgebildete Sinnesempfindungen ansahen. Condillac versuchte an dem Beispiel einer allmählich belebten Statue nachzuweisen, daß die Menschheit den Sinnen alle Erkenntnis verdanke. Schon G. W. Leibniz hat den Lockeschen Satz ergänzt um den Zusatz: nisi intellectus ipse (ausgenommen der Geist selbst), um damit anzudeuten, daß die Voraussetzung für die Sinneserkenntnis selbst das Vorhandensein geistiger Tätigkeit sei. – Der praktische S. gründet sich auf die metaphysische Behauptung, alles, was die Grenzen der sinnlichen Erfahrung überschreitet, sei Täuschung. Folgerichtig wird dann die Sinneslust als Zweck des Daseins anerkannt. Diese Ansicht teilten Aristipp, Th. Hobbes und die französischen Naturalisten des 18. Jahrhunderts. Eine mildere Form des sensualistischen 8Materialismus vertrat dagegen etwa gleichzeitig die schottische Philosophie (Fr. Hutcheson, A. Shaftesbury, A. Smith), welche eine Art moralischen Sinn (8common sense) statt der Sinnenlust zur Norm in sittlichen Dingen erhob. sensus, lat. ›der Sinn‹, in denselben Bedeutungen gebr. wie das dt. Wort 8Sinn; sensus bonus (frz. bon sens) ›das gesunde Urteil‹, der gesunde 8Menschenverstand. sensus communis, lat. ›gemeinsamer Sinn‹, der (all)gemeine oder gemeinschaftliche Sinn (8allgemein). Von Aristoteles im Unter-
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schied zu den fünf einzelnen, äußeren Sinnen gebildet (8Gemeinsinn), in der 8Stoa als Organ der allen Menschen gemeinsamen Begriffe (8notiones communes), also als eine Art theoretischen, moralischen und religiösen Instinkts gedacht, wurde der Begriff des s. c. (engl. common sense, frz. bon sens) im 18. Jh. in zweifacher Weise bedeutsam: Er wurde 1. bei den schwäbischen Pietisten als »allgemeines Wahrheitsgefühl« für eine »Lebensphilosophie« angesetzt: (F. Chr. Oetinger, Inquisitio in sensum communem et rationem, EA 1753, sowie dt. zeitgleich: Die Wahrheit des S. C. oder des allg. Sinns). Er bildete 2. als gemeiner oder gesunder Menschenverstand den Grundbegriff der mit Th. Reids Inquiry into the human mind and the principles of common sense (1764) eröffneten 8schottischen Schule und diente hier zur Bekämpfung des Materialismus J. Lockes und des 8Skeptizismus D. Humes. I. Kant lehnte die »Berufung auf den gesunden Menschenverstand« (common sense) aus Anlaß der Feder- Garveschen Kritik der Kritik der reinen Vernunft schroff ab (Proleg., Vorr. u. Teil III: Wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?); die Lehre vom »Gemeinsinn (s. c.)« dagegen griff er im § 40 der Kritik der Urteilskraft auf: »Unter dem s. c. muß man die Idee eines gemeinschaftlichen Sinnes, d. i. eines Beurteilungsvermögens verstehen, welche in seiner Reflexion auf die Vorstellungsart jedes andern in Gedanken (a priori) Rücksicht nimmt, um gleichsam an die gesamte Men-
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schenvernunft sein Urteil zu halten.« Der 8Geschmack verdiene deshalb »mit mehrerem Recht als der gesunde Verstand s. c. genannt« zu werden. »Man könnte den Geschmack durch s. c. aestheticus, den gemeinen Verstand durch s. c. logicus bezeichnen.« Sentiment, frz., ›die Empfindung‹, das Gefühl, die Gefühlsäußerung; dazu sentimental, empfindsam, gefühlsselig, überschwenglich; sentimentalisch, bei Fr. Schiller (Über naive und s.e Dichtung, 1795) im Unterschied zu 8naiv die auf einem gebrochenen Wirklichkeitsgefühl beruhende Haltung des Vermittelns zwischen Wirklichkeit und Idee von der Idee aus. Sentimentalität, die Empfindsamkeit, im abschätzigen Sinn: Rührseligkeit. septem artes liberales, lat. ›die sieben freien Künste‹, die in der Spätantike in das trivium und das quadrivium unterteilt wurden; vgl. 8artes liberales. Setzung, von setzen, gr. tithenai, was bei Plotin ›ein Sein setzen‹ bedeutet und gleich ›Denken‹ ist; daher svw. 8Position. In der neuzeitl. Philosophie auch: Setzen, Sammelbegriff für theoret. und prakt. Tätigkeiten eines Subjekts, durch die der Gegenstand, auf den es sich bezieht, erst hervorgebracht wird. Im Dt. wurde S. als philos. Terminus von I. Kant ermals verwendet und erhielt bei J. G. Fichte (8Wissenschaftslehre) die Bedeutung Prozeß und Resultat einer ›Tathandlung‹, durch die das urspr. unbestimmte 8Ich sich von etwas von ihm Unabhängiges (›Nicht- Ich‹) un-
sic et non
terscheidet. Fr. W. J. Schelling überträgt diese Bedeutung später auf die Vorstellung einer Gott- setzenden Natur und auf die Annahme einer absoluten S. alles Seienden durch Gott. Beide Autoren haben damit eine vielfältige Verwendung von S. als Schlüsselbegriff für unterschiedl. Tätigkeiten und Gefühlszustände in der romantischen deutschen Philosophie (inbes. bei Novalis, F. v. Baader) vorbereitet. sexuell, lat. sexualis ›das Geschlecht betr.‹, geschlechtlich; dazu Sexualethik, der Teil der 8Ethik, der das ›Geschlechtsleben‹ zum Gegenstand hat. Shakti, sanskr. ›Kraft‹, Energie; im 8Hinduismus Urkraft, von der die Götter und der Kosmos abhängig sind. Shaktismus, eine hinduist. relig. Richtung und Philosophie, nach der sich das als Sh. allem Seienden zugrundeliegende dem Anhänger dieser Lehre als das 8Brahman offenbart. Im Shaktismus werden auch orgiastische Riten praktiziert (sexueller, alkoholischer Genuß, blutige Tieropfer), die zumindest für die ›Eingeweihten‹ (sanskr. shakta) zur Erlösung führen können. Shefferfunktion, auch ›Shefferstrich‹ oder ›Shefferscher Strich‹, benannt nach dem nordamerik. Logiker H. M. Sheffer, vgl. 8Negatkonjunktion. sic et non, lat. ›so und nicht (so)‹, ja und nein, für und wider, Bez. für das Verfahren der rationalen Sicherung der Glaubenswahrheiten (8Dogma), das seit Abaelard in der Scholastik ausgebildet und von Thomas v. Aquino zu höchster Vol-
sieben Weise
lendung gebracht wurde (8scholastische Methode): Auf Grund einer bis in feinste durchgebildeten 8Rationalität wurde versucht, jede gegnerische und neue Auffassung über einen die Glaubenswahrheiten betreffenden oder berührenden Sachverhalt so zu erklären oder zu deuten, daß sie in dem scholastischen System, der 8Summe, eine gewisse Berechtigung behielt. sieben Weise, bei den Griechen sieben Denker des 7. und 6. Jh. v. Chr., die zugleich Gesetzgeber, Entdecker und Weisheitslehrer waren: Thales, Pittakos, Bias, Solon, Kleobulos, Periandros, Chilon; doch treten auch einige andere Namen auf. (Die Aussprüche, die auf sie zurückgeführt werden, sind gesammelt bei Diels/Kranz, Fragm. d. Vorsokratiker, 1952, 1. Bd., Kap. 10.) Signatur (lat.), das Ordnungszeichen; in der auf Paracelsus zurückgehenden Auffassung die Gestalt eines Wesens, wodurch dessen inneres Leben und verborgene Kräfte offenbar werden. Bei J. Böhme ist die signatura rerum das Mittel, zur Wesenserkenntnis über die Selbstoffenbarung der Dinge aus ihren Eigenschaften zu kommen. (J. Böhme, De signatura rerum oder von der Geburt und Bezeichnung aller Wesen, EA 1635). Signaturenlehre, eine schon in vorgeschichtl. Zeit verbreitete Auffassung, daß man aus Form und Farbe der 8Stoffe auf deren Heilwirkung beim Menschen schließen könne; z. Zt. der 8Renaissance unter Berufung auf platonische Auffassungen von der 8Weltseele und vom inneren Zu-
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sammenhang von 8Mikro- und 8Makrokosmos von Paracelsus u. a. weiterentwickelt zu einer kosmologisch begründenten Arzneimittellehre. Signifikant/Signifikat, lat. ›Bezeichnendes‹ und ›Bezeichnetes‹; vgl. 8Zeichen. Simplizität, lat., die 8Einfachheit. simultan (lat. simul ›zugleich‹; neulat. simultaneus), gleichzeitig; Simultaneität, das Zugleichsein. singulär, lat., einzeln, vereinzelt; Singularismus, die metaphysische Lehre, nach der die Welt nicht eine Vielheit selbständiger Teile oder Wesen ist, sondern eine Einheit, deren Teile nur scheinbar selbständig sind und sich in Wahrheit auf eine Einheit zurückführen lassen; Gegensätze: 8Pluralismus, 8Dualismus. Singulärer Term, vgl. 8Terminus. Sinn, mhd. sin ›Sinn‹, ›Verstand‹, andererseits lat. sentire ›empfinden‹, sensus ›Sinn‹, zuerst bei Notker für lat. 8ratio, dann für lat. 8sensus, 1. Organ der 8Sinnlichkeit, die Fähigkeit der Menschen und Tiere, durch die 8Sinnesorgane 8Reize zu empfangen, die 8Empfindungen auslösen; 2. Organ der Erkenntnis; S. in dieser Bedeutung ist die Empfänglichkeit oder Zugänglichkeit für geistige Sachverhalte, die zwar nicht für ein volles Aneignen bürgt, aber eine wesentliche Voraussetzung dafür ist; 3. svw. 8Bedeutung, 8Zweck, d. h. der verstehbare oder verstandene Inhalt eines Wortes, Satzes, eines Kunstwerkes, einer Handlung. Seit W. Diltheys Unterscheidung zwischen erklärenden 8Naturwissenschaften und verste-
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henden 8Geisteswissenschaften ist die Erforschung des S.es zur Aufgabe der 8Hermeneutik geworden. Der S. ist die 8Bedeutung, die eine geistige Überlieferung durch die 8Auslegung gewinnt, folglich weder objektiv (eine Eigenschaft des Gegenstands unabhängig vom Subjekt) noch rein subjektiv (unabhängig vom zu verstehenden Gegenstand), sondern Ergebnis der Beziehung zwischen Sinnträger und verstehendem Sinngeber. S. entsteht durch die geschichtliche, gesellschaftliche und individuelle Perspektive des Erkennenden auf seinen Gegenstand und ist deshalb selbst einem geschichtlichen Wandel unterworfen, der ein Wandel des hermeneutischen Horizontes ist. Einen Wahrheitsbegriff zu formulieren, der vom 8Verstehen und damit vom Problem des S.es ausgeht, ist das Ziel H.- G. Gadamers in Wahrheit und Methode, 1960. 4. Die 8analytische Philosophie beschreibt im Anschluß an G. Frege S. durch das Begriffspaar 8Intension/Extension innerhalb einer semantischen Bedeutungstheorie. Hier wird der S. zur Bedeutung eines sprachlichen Zeichens und seine logischen Grenzen eindeutig bestimmbar. Der späte L. Wittgenstein hat diese Eindeutigkeit logischer Bedeutung im Begriff des 8Sprachspiels relativiert: der S. sprachlicher Ausdrücke ergibt sich danach aus der Art und Weise des Gebrauchs der Sprache (Philos. Unters., dt./ engl. 1953). Sinnenwelt, die 8Welt, soweit sie durch sinnliche Wahrnehmung er-
Sinnesdaten
kennbar ist (lat. mundus sensibilis), im Gegensatz zur gedachten Welt (mundus intelligibilis) in der kantischen Philosophie, den idealistischen Systemen und in der 8Metaphysik. Sinnesart, svw. 8Gesinnung, 8Denkungsart, auch Naturell, 8Stimmung. Sinnesdaten, engl. sense data, ein schon im 19. Jh. geläufiger Begriff. Seine heutige spezifische Prägung erhielt er durch G. E. Moore, der ihn zur Bez. der nicht weiter analysierbaren, einfachen Elemente von 8Wahrnehmungen verwendete (Some Main Problems of Philosophy, 1910/11). Als Beispiele führt er Geräusche, Gerüche, Härteempfindungen, Größe, Formen und Farben an, wie sie in der gewöhnlichen Wahrnehmung, aber auch (in weniger lebhafter Form) in Erinnerungen, Träumen usw. auftreten. Diese S. werden zunächst in einer mentalen, subjektiv- privaten Innenwelt lokalisiert; später revidiert Moore diese Ansicht und betrachtet S. als Bestandteile der objektiven, physikalischen Außenwelt. Nach B. Russell stehen wir allein mit den S. in einer Beziehung der »unmittelbaren Bekanntschaft« (engl. direct acquaintance): Über ihr Vorhandensein können wir uns nicht irren (Our Knowledge of the External World, 1914). Sie bilden die unhintergehbare Basis aller empirischen Erkenntnis. Diese Auffassung wie überhaupt die Rede von S. wurde aus den verschiedensten Gründen kritisiert, u.a. von E. Husserl, J. L. Austin, G. Ryle und L. Wittgenstein (vor allem in den
Sinnesempfindungen
Philos. Unters., 1953). In dem ganz andersartigen Zusammenhang der modernen Philosophie des Geistes spielen S. heute unter dem Stichwort 8Qualia eine wichtige Rolle. Sinnesempfindungen, die durch die 8Sinnesorgane hervorgerufenen Empfindungen im Gegensatz zu den inneren Körperempfindungen (z. B. Hunger). Sinnesenergie, 8Energie. Sinnesorgane oder Sinneswerkzeuge, jene Organe der Menschen und Tiere, die vermittels der in ihnen endenden Nerven den Organismus über Zustände und Vorgänge in der Außenwelt informieren: z. B. Augen und Ohren zur visuellen bzw. akustischen 8Wahrnehmung. Sinnesqualitäten, die Arten (Inhalte) der Sinnesempfindungen, z. B. warm, kalt, süß, bitter, blau usw. (vgl. auch 8Qualia). In der 8quantitativen Naturauffassung sind die S. nur subjektive Zustände, nicht reale Eigenschaften der wahrgenommenen Körper. Diese Lehre von der Subjektivität der Sinnesqualitäten wurde von Protagoras und Demokrit aufgestellt und durch G. Galilei, P. Gassendi, R. Descartes, J. Locke erneuert. – Die Verschiedenartigkeit der Qualität der 8Empfindungen erklärt das Gesetz von der spezifischen 8Energie der Sinne. Sinnkriterium, allg. ein Kriterium dafür, ob sprachliche Ausdrücke, insbes. Sätze, einen 8Sinn haben. Die Diskussion über Sinnkriterien wurde v.a. im 8logischen Empirismus bzw. in der 8analytischen Philosophie des 20. Jh. geführt. Vorge-
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schlagen wurde u.a., daß nur solche Sätze als sinnvoll gelten sollen, die kontradiktorisch (8Kontradiktion) oder tautologisch (8Tautologie), d.h. aus 8logischen oder 8analytischen Gründen wahr oder falsch sind, oder die empirisch überprüft werden können, genauer: die im Prinzip empirisch verifizierbar sind (8Verifikation). Entsprechend faßte R. Carnap den Sinn oder die Bedeutung eines Satzes als die Methode seiner Verifikation auf. Dabei muß die Verifikation nicht wirklich durchführbar, sondern nur im Prinzip vorstellbar sein. Solche Sinnkriterien sollten dazu dienen, sinnlose Scheinsätze, die nach Auffassung der Philosophen des logischen Empirismus in der traditionellen Philosophie häufig auftreten, als solche zu entlarven. Sinnlos sind etwa nach R. Carnap viele Sätze der Philosophie M. Heideggers, z. B. »Das Nichts nichtet« (Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache, Erkenntnis 2, 1931, 219- 241). Als sinnlos müßten dann aber auch alle normativen Sätze der Ethik angesehen werden; ferner stellte sich heraus, daß theoretischere Sätze der Physik die Sinnkriterien nicht erfüllen. Die urspr. angenommenen Kriterien erwiesen sich also in vielerlei Hinsicht als zu eng. In der Folgezeit unternommene Versuche, adäquatere allgemeine Kriterien zu finden, blieben unbefriedigend. K. R. Popper, dessen in der Logik der Forschung (1935) entwickeltes Falsifikationskriterium (8Falsifikation) ausdrücklich nicht als S. gemeint ist, wies auf die mit der Berufung
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auf Sinnkriterien verbundene Gefahr hin, wichtige philosophische Fragestellungen voreilig für sinnlos zu erklären. sinnlich, 1. durch die Sinne wahrnehmbar, svw. 8sensibel, 8sensuell; 2. von den leiblichen, besonders den erotischen 8Trieben beherrscht. Dazu Sinnlichkeit, durch Chr. Wolff für lat. sensibilitas, sensualitas eingeführt: 1. die Empfänglichkeit (8Rezeptivität) der Sinnesorgane für 8Reize aus der Außenwelt, die 8Empfindungen und 8Wahrnehmungen hervorbringen. I. Kant definiert die Sinnlichkeit in dieser Bedeutung und ordnet sie zugleich in die 8Erkenntnisvermögen ein in der Kritik der reinen Vernunft (Transzendentale Ästhetik § 1): »Die Fähigkeit (Rezeptivität), Vorstellungen durch die Art, wie wir von Gegenständen affiziert werden, zu bekommen, heißt Sinnlichkeit. Vermittels der Sinnlichkeit also werden uns Gegenstände gegeben, und sie allein liefert uns Anschauungen; durch den Verstand aber werden sie gedacht, und von ihm entspringen Begriffe.« 2. Das gesamte seelische Erleben, soweit es durch die Sinne und die Sinneswahrnehmungen hervorgerufen und beherrscht wird, d. h. a) die Empfindung als solche, unabhängig vom Denken, b) ihr Gefühlston und die mit ihnen verbundenen Regungen von Trieben, Begehrungen, Neigungen, Leidenschaften. sinnlos, keinen 8Sinn habend, bes. in sich widerspruchsvoll, unsinnig.
Sitte
sinnvoll, einen 8Sinn habend. si tacuisses philosophus mansisses, lat. ›hättest du geschwiegen, so wärest du ein Philosoph geblieben‹, d. h. hättest dir keine Blöße gegeben, – nach Boethius (De consolatione philosophiae I 7), wo erzählt wird; »Irgend jemand hatte einen Menschen, der nicht zur Übung wahrer Tugend, sondern aus Ruhmredigkeit fälschlich den Namen Philosoph angenommen hatte, mit Schmähungen angefahren und hinzugefügt, er werde bald wissen, ob jener ein Philosoph sei, wenn er nämlich die Beleidigungen sanft und geduldig ertrüge. Der nahm ein Weilchen Geduld an, und als ob er über die Beleidigungen spotte, sagte er: Begreifst du, daß ich ein Philosoph bin? Darauf sagte der andere bissig: Ich hätte es begriffen, wenn du geschwiegen hättest.« Sitte, mhd. site, verwandt mit gr. ethos ›Sitte‹, Gewohnheit; die als verpflichtend empfundene, zur festen 8Gewohnheit gewordene allgemeine Handlungsweise der Angehörigen einer Gesellschaft oder eines engeren Lebenskreises, z. B. eines Stammes, einer Landschaft, auch eines 8Standes oder einer Glaubensgemeinschaft. Die S. enthält, worauf schon die Wortbedeutung hinweist, ursprünglich eine sittliche Forderung; sie ist ›gute S.‹ und soll von allen befolgt werden. In ihr soll eine ursprüngliche Gemeinsamkeit des Empfindens, der sittlichen Wertung oder der kultischen Gesinnung zum Ausdruck kommen; sie soll insofern als ein Darstellungsmittel der 8Gemein-
Sittengesetz
schaft verstanden werden. Im Unterschied zum 8Recht steht hinter der S. nicht die organisierte Zwangsgewalt des Staates, wohl aber die Macht der 8öffentlichen Meinung, nicht selten auch die durch ›Ehrengerichte‹ gehandhabte Berufsethik, die Disziplin der Kirche oder eines anderen Verbandes. Allerdings kann ein Handeln »wider die guten Sitten«, d. h. gegen das, was die anständig und redlich denkenden Angehörigen einer Gemeinschaft im obigen Sinn für sittlich geboten erachten, auch rechtswidrig sein und Rechtsnachteile nach sich ziehen. – In einem weiteren Sinne versteht I. Kant unter der »Metaphysik der Sitten« (vgl. Met. d. Sitten, 1797) die gesamte 8Ethik, nämlich Rechtslehre und 8Moral. Sittengesetz, die sittliche Norm, das ethische Prinzip, der praktische Grundsatz als eine allgemeingültige Regel für das sittliche Handeln und Verhalten, im Unterschied zur subjektiven 8Maxime (vgl. 8kategorischer Imperativ, 8Achtung). Sittenlehre, im 17. Jh. durch G. W. Leibniz und dessen Schüler für 8Moral eingeführt, svw. 8Ethik. Ebenso gebraucht J. G. Fichte den Ausdruck ›Sittenlehre‹ (Das System der Sittenlehre, 1798) als gleichbedeutend mit Lehre von der Sittlichkeit oder Moralphilosophie. sittlich, 1. den in einer Gesellschaft erwarteten Konventionen entsprechend; 2. der Beurteilung nach dem 8Sittengesetz unterstehend, dem Sittengesetz gemäß; svw. 8moralisch, 8ethisch; dazu Sittlichkeit, die den Forderungen des 8Sit-
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tengesetzes, der 8Ethik, entsprechende Gesinnung und das aus ihr entspringende Verhalten und Handeln; danach versteht man unter s.: (ad 1) in der Umgangssprache oft nur svw. Wahrung der guten 8Sitte und des 8Anstands und im Gegensatz zur Unsittlichkeit oft nur auf das Geschlechtsleben bezogen; (ad 2) im philosophischen Sprachgebrauch die Ausrichtung auf allgemeingültige normative Prinzipien oder auch auf universelle 8Werte, wie z. B. das ›Gute‹ oder das ›Gerechte‹ schlechthin. G. W. Fr. Hegel unterscheidet zwischen Sittlichkeit als dem der Ordnung des Ganzen entsprechenden Verhalten, als dem Leben im Ganzen für das Ganze, und 8Moralität als dem den Einzelnen als Einzelnen betreffenden ethischen Verhalten. Situationsethik, eine v. a. im Zusammenhang mit 8existenzphilosoph. Strömungen und deren theolog. Rezeption entwickelte Richtung in der Ethik, die sich kritisch von der traditionell- abendländischen Moralvorstellung absetzt, nach der eine 8Handlung gewissen allg. Regeln entsprechen muß, um moralisch zu sein. Ihre zentrale These lautet, daß eine moralisch bedeutsame 8Entscheidung immer in einer einmaligen, unwiederholbaren und unvergleichbaren Situation getroffen werden muß und deshalb nicht nach allgemeinverbindlichen und abstrakt entwickelten Normen beurteilt werden kann. Vielmehr kann nur das jeweils betroffene Individuum in der konkreten Situation entscheiden, was zu tun ist (D. v. Hildebrand,
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Wahre Sittlichkeit und Situationsethik, 1957). Kritiker wenden gegen diese Position ein, daß eine konkrete Situation immer nur vor dem Hintergrund allgemeiner moralischer Erwägungen beurteilt werden kann. Sitz der Seele, das Organ, in dem und durch das die 8Seele mit dem Leib in unmittelbarem Zusammenhang gedacht worden ist. Die ältesten Ansichten schwankten zwischen 8Gehirn, 8Herz, Blut, Zwerchfell usw. Hippokrates sprach das Gehirn als S. d. S. an. Plato verlegte, entsprechend seiner Lehre von den 8Seelenteilen, die seelischen Funktionen in Kopf, Brust und Unterleib, räumte aber dem Gehirn eine Vorzugsstellung ein; Aristoteles sah im Herzen das eigentliche Seelenorgan. Er verwirft damit die lokale Scheidung der Seelenteile bei Plato, macht die Seele zum 8Mikrokosmos und nimmt für den Menschen außer dem threptikon (dem Ernährungsvermögen) das aisthëtikon (Empfindungsvermögen), orektikon (Begehrungsvermögen) und kinëtikon kata topon (Bewegungsvermögen) und vor allem den 8nous an; die ernährende und empfindende Seele versetzte er ins Herz, das Zentrum des Leibes. Die 8Stoiker und 8Epikureer verlegten den vernünftigen Teil der Seele in das Herz. Sie lehrten die Verbreitung der Seele durch den ganzen 8Leib. Erst Herophilos und Galen nahmen wieder das Hirn als Sitz wenigstens für die denkende Seele an. Die Neuplatoniker lehrten, die Seele befinde sich vollständig im gesamten Leibe und zugleich in je-
Skepsis
dem Teile desselben. R. Descartes verlegte ihren Sitz in die Zirbeldrüse (frz. glande pinéale, lat. glandula). I. Kant verwarf das Suchen nach einem Sitz der Seele überhaupt. Die 8Identitätsphilosophie sprach sich für deren allgemeine Verbreitung durch den ganzen Leib aus, jedoch mit dem Gehirn als vorzüglichem Organ. Die Hegelianer behaupteten, die Seele sei kein Ding, also sinnlicher Bestimmungen unfähig. J. F. Herbart empfahl die Idee einer Verschiebbarkeit ihres Sitzes im Gehirn. A. Schopenhauer erblickte im Gehirn die Objektivation des 8Intellekts, im Gesamtorganismus (und besonders im Blut) diejenige des Willens. G. Th. Fechner endlich meinte, im weiteren Sinne sei der Organismus der Sitz der Seele, im engeren (des Bewußtseins) ein Teil des Nervensystems, der mit dem Sinken der Organisationsstufe im Tierreich zunehme (zur späteren Diskussion vgl. auch 8LeibSeele- Problem, 8Lokalisation). Vgl. 8Phrenologie. Skepsis, gr. ›Untersuchung‹, ›Überlegung‹, der 8Zweifel; dazu der Skeptiker, der Zweifler, der Anhänger des Skeptizismus, d. i. im allg. die Neigung zum Zweifel am allgemein Anerkannten, scheinbar Feststehenden, ungeprüft Übernommenen oder neu Auftretenden; im bes. die Art des Philosophierens, die den grundsätzlichen und methodischen Zweifel an der Möglichkeit der Erkenntnis der Wahrheit und Wirklichkeit zum Prinzip erhebt und diese Wirklichkeit überhaupt (absoluter
skeptisch Tropen
Skeptizismus) oder auf bestimmten Gebieten (partieller Skeptizismus) leugnet, wie z. B. beim Bestreiten der Möglichkeit der Erkenntnis übersinnlicher »Wahrheiten« des religiösen Glaubens (religiöser Skeptizismus), der Allgemeingültigkeit sittlicher Werte (ethischer Skeptizismus) oder der Voraussetzungen, von denen die Philosophen beim Aufbau ihrer Systeme ausgehen (theoretischer Skeptizismus) Entstanden ist der Skeptizismus innerhalb der griechischen Philosophie. Anfänge skeptischer Denkweise finden wir schon bei den älteren griechischen Denkern, bei Heraklit und Parmenides, bei Protagoras und Gorgias und den 8Megarikern. Die S. nach Aristoteles entwickelte sich in drei Phasen: Es entstand 1. der ältere Skeptizismus des Pyrrhon v. Elis (zur Zeit Alexanders) und des Timon v. Phlius (325- 235), 2. S. in der mittleren und neueren 8Akademie, vertreten durch Arkesilaos (316- 241) und Karneades (zw. 214 u. 129), 3. die jüngere S. des Aenesidemus (um 100 n. Chr.) und Sextus Empiricus (um 200 n. Chr.). In der Neuzeit wurde der Skeptizismus erneuert durch M. Montaigne, P. Charron, Fr. Sanchez, dann durch P. Bayle und endlich durch D. Hume und G. E. Schulze. Auf Timon v. Phlius geht die Formulierung der dreifachen Frage zurück: 1. Wie sind die Dinge? 2. Wie haben wir uns zu ihnen zu verhalten? 3. Was für Erfolg kann unser Verhalten haben? Auf diese Fragen gab er die Antworten: 1. Die Dinge sind unbeständig. 2. Wir dürfen unseren Wahrnehmungen und Vor-
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stellungen nicht trauen. 3. Wir gelangen durch dieses Verhalten zur Nichtentscheidung (gr. aphasia, urspr. ›Sprachlosigkeit‹) und zur Gemütsruhe (ataraxia, vgl. 8Ataraxie). So begründete er das Prinzip der S., die Isosthenie (gr. isostheneia), d. h. die Idee, daß die Gründe für jede Behauptung und für ihr kontradiktorisches Gegenteil gleich stark sind. Die mittlere Akademie war in ihrem Skeptizismus weniger radikal als Pyrrhon und Timon. Die jüngeren Skeptiker stützten ihre Behauptung auf zehn 8skeptische Tropen oder Wendungen, die sie freilich schon den älteren Skeptikern zuschrieben. Während sich die antike S. vor allem gegen die Gewißheit der sinnlichen Erkenntnis richtete, d. h. die Frage aufwarf, ob die Dinge tatsächlich so beschaffen sind, wie sie sich den Sinnen darstellen, untersuchte die moderne S. den gesamten Zusammenhang unseres Wissens. So wendete sich z. B. D. Hume gegen die Annahme einer Gewißheit, die aus der Verwendung von Kategorien wie 8Ursache und Substantialität (8Substanz) als Garanten für die Erklärung von Naturgesetzlichkeit unterstellt wird. Vgl. 8Pyrrhonismus, 8Epoché. skeptische Tropen (gr. tropoi ›Weisen‹), die Gründe, die von den gr. 8Skeptikern für die Unmöglichkeit der Erkenntnis der Wirklichkeit und der Wahrheit eingeführt wurden. Sie wurden unter Verwendung von 8Tropen verfaßt und anschließend auf ihren Bedeutungsgehalt hin ausgelegt, bei Diogenes Laertius z. B. so: »Die Falken
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haben die schärfsten Augen, die Hunde den schärfsten Geruch«, um zu zeigen, »daß die Verschiedenheiten der Sehkraft auch Verschiedenheiten der Erscheinungsbilder zur Folge haben«. Diogenes Laertius (IX 79- 85) zählt zehn solcher T. auf: 1. Die Menschen dürfen für sich keine wahre Erkenntnis beanspruchen, da alle lebendigen Wesen in bezug auf ihre Sinne, auf Lust, Schmerz, Schaden und Nutzen verschieden sind. Die weiteren Tropen beziehen sich 2. auf die Verschiedenheiten der menschlichen Naturen je nach der Besonderheit ihrer körperlichen Konstitution, 3. auf die Verschiedenheiten der Eindrücke je nach den sinnlichen Eingangswegen, 4. auf den Wechsel der Zustände (Diogenes L. nennt Gesundheit, Krankheit, Schlaf, Wachen, Freude, Leid, Jugend, Alter, Mut, Furcht). Der 5. Tropus bezieht sich auf die Lebensführung, auf den Glauben an mythische Überlieferungen, auf Verträge unter den Völkern und auf die dogmatischen Annahmen (Ansichten vom Schönen und Häßlichen, vom Wahren und Falschen, vom Guten und Bösen, von den Göttern und vom Entstehen und Vergehen), der 6. Tropus auf die Mischungen und Verbindungen: Nichts erscheint in seiner reinen Gestalt an und für sich, sondern in Verbindung mit Luft, Licht, Feuchtem, Festem, Wärme, Kälte, Bewegung, Ausdünstungen und sonstigen Einflüssen. Der 7. Tropus bezieht sich auf die Dinge, sofern sie im Raume sind, der 8. auf die Quantitäts- und Qualitätsverhältnis-
Slippery-slope-Argument
se der Gegenstände (Mannigfaltigkeit von Zuständen in bezug auf Wärme, Kälte, Schnelligkeit, Langsamkeit, hellere oder dunklere Färbung). Im 9. Tropus wird Bezug genommen auf die Fortdauer der Erscheinungen oder auf das Ungewöhnliche oder Seltene derselben. Der 10. Tropus gründet sich auf die gegenseitige Vergleichung der Dinge, wie z. B. des Leichten mit dem Schweren, des Starken mit dem Schwachen, des Größeren mit dem Kleineren, des Oben mit dem Unten. »Was rechts liegt, ist nicht seiner Natur nach rechts, sondern wird nur so vorgestellt in Ansehnung seiner Lage zu dem entsprechenden Gegenstück; wird dieses also umgestellt, dann ist jenes nicht mehr das rechts Liegende.« Agrippa fügt diesen zehn Tropen noch fünf andere hinzu, deren erster sich bezieht auf den Widerstreit der Ansichten, der zweite auf den unendlichen 8Regressus, der dritte auf die Verhältnismäßigkeit alles Vorstellens, der vierte auf die unbewiesene Voraussetzung, der fünfte auf den Zirkel im Beweis. Sklavenmoral, 8Herrenmoral und Sklavenmoral. Skotismus, Skotisten, 8Scotismus. Slippery-slope-Argument, engl. ›Argument des schlüpfrigen Abhangs‹, auch Argument der schiefen Ebene oder Dammbruchargument, eine v. a. in der moralischen Diskussion eingesetzte Argumentationsweise: Man argumentiert, daß das Gutheißen einer bestimmten Handlungsweise in der Praxis dazu führen könnte, daß früher oder später auch andere, moralisch ver-
Sokratik
werfliche Handlungen als erlaubt angesehen werden. So wird etwa gemutmaßt, daß das Erlauben aktiver 8Euthanasie in einer bestimmten, eng umgrenzten Klasse von Fällen, in denen sie für sich genommen moralisch tatsächlich akzeptabel wäre, praktisch zu einer weitergehenden Aufweichung des Tötungsverbotes führen würde, die moralisch nicht mehr vertretbar wäre: Aufgrund der Gefahr, auf diese ›schiefe Ebene‹ zu geraten, dürfe man auch das für sich genommen moralisch Akzeptable nicht erlauben. Argumente dieser Art sollten eine gewisse empirische Plausibilität haben. Der Hinweis auf die bloße logische Möglichkeit eines ›Dammbruchs‹ ist wenig überzeugend. Sokratik, die von Sokrates ausgehende Art der Philosophie, insbes. seine Verfahren der 8Ironie und der 8Mäeutik; in der Zeit der Aufklärung auch sokratische Methode genannt, das entwickelnde Unterrichtsverfahren des Fragens und Antwortens mit dem Zweck, die Schüler ihre Erkenntnisse selbst finden zu lassen. – Sokratiker, die von Sokrates ausgehenden Philosophen, insbes. die unmittelbar an ihn anknüpfenden und durch seine Schüler gegründeten Schulen: die älteren 8Kyniker, die 8Kyrenaiker und die 8Megariker, auch Plato und seine 8Akademie. sola fide, lat. ›allein aus dem Glauben‹, der Hauptsatz M. Luthers und der Reformation von der »Rechtfertigung allein aus dem Glauben« nach Röm. 3, 28. S. 8Glaube, 8Rechtfertigung.
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Solidarität, neulat. ›Gesamtheit‹, ›Vollständigkeit‹, jurist. und polit.: das Eintreten, Haften oder Verantwortlichsein des Einzelnen für die Gesamtheit, eth.: die Bereitschaft zur Unterstützung der Zielsetzungen anderer; bei E. Durkheim (De la division du travail, 1893) auch soziolog. Begriff zur Bez. des Zusammenhalts einer Gesellschaft aufgrund urspr. Homogenität oder aufgr. funktionaler Abhängigkeit der Glieder. Solipsismus, Neub. des 19. Jh. aus lat. solus ipse ›ich allein‹, die Position in der Erkenntnistheorie, nach der das 8Ich oder das 8Subjekt allein das erkennbare Seiende in seinem 8Bewußtsein enthält und alle anderen Iche oder Subjekte sowie die gesamte ›8Außenwelt‹ nur seine Vorstellungen sind. 8Egoismus, 8Subjektivismus. Sollen, mhd. s(ch)oln ›schulden‹, verpflichtet sein, ›sollen‹ (dazu als Subst. 8Schuld); die Forderung eines als wertvoll bejahten Seins und Geschehens, insbes. die Aufforderung zur Verwirklichung von Werten, vor allem zum sittlichen Handeln; diese Aufforderung kann an einen anderen gerichtet sein, im Unterschied zu einem durch äußere Mittel erzwingbaren 8Norm (Befehl oder Nötigung), oder sie kann durch unser 8Gewissen an uns selbst gerichtet erlebt werden, im Unterschied zu einem inneren 8Zwang. In die Ethik wurde das S. als Grundbegriff durch I. Kant eingeführt: »Das moralische S. ist ... eigenes notwendiges Wollen als Gliedes einer intelligiblen Welt« (Grundl. zur Met. d. Sitten, 3. Ab-
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schn. ›Wie ist ein kategor. Imperativ möglich?‹ BA 113). Im 20. Jh. wurde der Begriff S. bzw. die Bedeutung von Sollsätzen zunächst vor allem im Rahmen der 8Metaethik untersucht. Nach A. J. Ayer sind Sollsätze lediglich Äußerungen der Billigung oder Mißbilligung, verbunden mit einer entsprechenden Aufforderung (Language, Truth, and Logic, 1936). R. M. Hare bestimmt Sollsätze als 8präskriptiv, stellt aber heraus, daß sie auch als Tatsachenbehauptung gelesen werden können. Sollsätze im präskriptiven Sinne müssen also bestimmten Regeln gehorchen, damit sie verstanden werden können (The Language of Morals, 1952). Mit der Syntax und Semantik von Sollsätzen beschäftigt sich die im Anschluß an R. M. Hare insbes. von G. H. v. Wright vorangetriebene 8deontische Logik. Eine Begründung von Sollsätzen wurde in den letzten Jahrzehnten u.a. von vertragstheoretischer (J. Rawls) und diskursethischer Seite (J. Habermas) versucht. (Vgl. 8Kognitivismus, 8Werturteil, 8Sein- SollenDichotomie) Somatologie, Neub. aus gr. sôma ›Körper‹ und logos ›Lehre‹, die Körperlehre, der Teil der 8Anthropologie, der vom Leib und seinen Funktionen handelt; die Anatomie und Physiologie. Sonnenstaat (lat. civitas solis), Titel einer Schrift von Th. Campanella, die 1623 erschien und als Gegenstück zu Platos Politeia einen Zukunftsstaat auf der Basis von Gemeineigentum (8Kommunismus; 8Sozialismus) mit vierstündigem
Sophisten
Arbeitstag, Rollenverteilung der Bürger nach ihrem Wissen, Regelung der Kindererzeugung usw. entwarf (8Utopie). sophia, gr. die 8›Weisheit‹ (8Philosophie, 8prima philosophia) Sophisma, gr., ein sophistischer Schluß, 8Trugschluß, der mit der Absicht zu täuschen gemacht wird. Mz.: Sophismen. Sophisten, gr. sophistai ›Weisheitslehrer‹; ursprünglich alle die Wissenschaft Pflegenden und nach 8Weisheit Strebenden, im 5. Jh. die in Athen auftretenden und dorthin zugewanderten Lehrer, die den Unterricht in den Wissenschaften und der Philosophie, besonders die Ausbildung der Jugend zu Rednern betrieben. In der zeitgenössischen Kritik wurde ihnen vorgeworfen, daß sie aus ihrer Tätigkeit ein Gewerbe, aus der Ausbildung zur Beredsamkeit eine formale Überredungskunst machen. Durch die Verspottung des Aristophanes und den Kampf, den Sokrates und Plato gegen sie führten, erhielt das Wort S. die abwertende Bedeutung von Scheingelehrten und Wortkünstlern. Als Hauptvertreter der älteren S. gelten Protagoras aus Abdera, Gorgias aus Leontinoi (Sizilien), Hippias aus Elis und Prodikos aus Keos; die beiden ersteren haben bekannten Dialogen Platos den Namen gegeben; im Protagoras treten auch die beiden letzteren auf. Wiederum aus platonischen Dialogen und Schriften sind bekannt Polos, Kallikles (in: Gorgias), Thrasymachos (in: Politeia, Buch I), Euthydemos (u. a. im gleichnamigen Dialog Euthydem), Dionyso-
Sôphrosynë
doros; auch Kritias, das Haupt der 30 Machthaber nach dem Peloponnesischen Krieg, gehörte den S. an. Sophistik, die Lehre der Sophisten. Nach Aristoteles (Soph. elench. 1. 165a 21), »ist die S. eine scheinbare, keine wirkliche Weisheit, und der Sophist ein Mensch, der mit scheinbarer, nicht wirklicher Weisheit Geschäfte macht«; in dieser abschätzigen Bedeutung ist Sophistik zum Begriff geworden; daher Sophistik svw. Sophisterei, Arbeiten mit Sophismen (Trugschlüssen) und Spitzfindigkeiten. Sôphrosynë, gr., eigentl. ›Gesundheit des Zwerchfells‹, die 8Tugend der 8Mäßigung und Selbstbeherrschung, die in dem Übergewicht der Vernunft über die Begierden besteht (8Besonnenheit). Ein eigenständiger deutscher Ausdruck für diesen Begriff war im MA diu maze, d. h. die sittliche Mäßigung. Sorge (lat. cura), ›ängstliche Bemühung‹, ›hingebender Einsatz‹, gehört in psychologischer Hinsicht zu den gerichteten Gefühlen; ein von M. Heidegger (Sein und Zeit, § 39 ff.) in die Philosophie eingef. Ausdruck z. Bez. des »Seins des Daseins«. Sorites, lat. (gr. sôreitës ›Häufer‹), 1. die von Cicero (De divin. II 4 11) acervus genannte 8Aporie, die (nach Aristoteles, Physik VII 5, 250b) auf Zeno von Elea zurückgeht, der behauptete: Brächte ein fallender Scheffel Getreide ein Geräusch hervor, so müßte auch jedes einzelne Korn und jeder kleinste Teil eines Kornes noch ein Geräusch hervorbringen; ist aber
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das letztere nicht der Fall, so kann auch der ganze Scheffel, dessen Wirkung nur die Summe der Wirkungen seiner Teile ist, kein Geräusch hervorbringen. Abweichend hiervon bezeichnet man seit dem Mittelalter als S. zuweilen auch einen 8Haufenschluß oder einen 8Kettenschluß, d. h. eine Schlußfolge (8Syllogistik) mit zusammenhängenden Prämissen und nur einer ausdrückl. gezogenen Konklusion. Sortal, auch sortaler Ausdruck (engl. sortal), ein von P. F. Strawson in die sprachphilosophische Diskussion eingeführter Terminus, der solche Begriffe wie »Baum« oder »Hund« meint, die Arten von Dingen bezeichnen (Individuals, 1959). Die Frage, welche Begriffe in einer Sprache als S.e verwendet werden, ist entscheidend dafür, wie die Sprecher die Welt gleichsam als in Dinge zerlegt wahrnehmen: Durch die Verwendung best. S.e werden Objekte überhaupt erst als einzelne, zählbare (entspr. der Möglichkeit zur Pluralbildung, etwa »Hund«- »Hunde«) und von anderen unterscheidbare Dinge konstituiert. S.e können typischerweise die Subjektposition im Satz einnehmen. Sosein, Übers. für lat. 8essentia, die Beschaffenheit eines realen oder idealen Gegenstandes oder Sachverhaltes im Unterschied von seinem 8Dasein (lat. 8existentia). Souveränität, Neub. zu frz. souverain ›Herrscher‹, die in der Staatstheorie der Neuzeit zuerst in aller Schärfe von dem Franzosen J. Bodin (Bodinus) in seinen Six livres de
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la république zunächst dem Herrscher, dann der im Gegensatz zu ihm gedachten Volksgesamtheit (8Volkssouveränität), seit dem 19. Jh. allgemein dem 8Staat selbst als rechts- und handlungsfähiger Einheit zugeschriebene unabhängige und höchste Gewalt. Danach ist der Staat als jurist. Person keinen anderen Beschränkungen unterworfen als solchen, die sich entweder aus seiner Funktion ergeben oder die er sich selbst auferlegt hat. Doch ist die S. kein notwendiges Merkmal des Staates; sie fehlt den Gliedstaaten eines Bundesstaates und wird auch zugunsten eines höheren Zusammenschlusses beschränkt, so z. B. in Militärpakten und in zwischenstaatl. Vereinigungen, wie etwa in der Europäischen Union. G. W. Fr. Hegel unterscheidet, abweichend vom juristischen Sprachgebrauch, die »S. nach innen« und die »S. gegen außen«. Unter der ersten versteht er die Einheitlichkeit des Staatswillens, die z. B. dem mittelalterlichen Ständestaat (8Stand) gefehlt hat. Unter der »S. gegen außen« dagegen versteht er das Fürsichsein des Staates im Verhältnis zu anderen Staaten, seine Selbständigkeit, derzufolge er keiner anderen Macht unterworfen ist als seinem eigenen, durch seine sittliche Natur bestimmten Willen (GPhR §§ 278 f., 321). Daher geht auch das 8Völkerrecht, von Hegel als »äußeres Staatsrecht« bezeichnet, »von dem Verhältnisse selbständiger Staaten aus«; es hat darum die Form des Sollens, weil seine Verwirklichung nicht auf einer über den einzelnen Staaten stehen-
Sozialdarwinismus
den Macht, sondern »auf unterschiedenen souveränen Willen beruht« (GPhR § 330). Soziabilität, von lat. sociabilis ›sich leicht gesellend‹, die Neigung zur Vergesellschaftung. sozial, von lat. socialis ›gesellig‹, der 8Gesellschaft entsprechend, auf die Gesellschaft und das Leben in ihr, auf die Beziehungen der Menschen zueinander gerichtet, sich ihnen hingebend und ihnen dienend; sozialistisch, dem 8Sozialismus in einer seiner Formen anhängend, um in der Vertretung und Förderung seiner Ideen einer an 8Solidarität orientierten Gemeinschaftsordnung zum Aufstieg zu verhelfen. Sozialanthropologie, die Vereinigung von 8Soziologie und 8Anthropologie, die Erforschung der Beziehungen zwischen Gesellschaftsgebilden (8Volk, 8Staat, 8Gesellschaften und 8Gruppen aller Art). Sozialdarwinismus, eine Übertragung der von Ch. R. Darwin entwickelten Gedanken zur Entstehung der Arten u. a. durch Selektionsmechanismen auf die Verhältnisse in der menschlichen Gesellschaft. Den Ausgangspunkt zum S. bildeten die Überlegungen des Schriftstellers und Philosophen H. Spencer in der zweiten Hälfte des 19. Jh., auf den die Formel vom »Überleben des Tüchtigsten« (engl. survival of the fittest) zurückgeht (A System of Synthetic Philosophy, 10 Bde. 1862- 1892). Er war der erste, der die menschl. Gesellschaft als Teil der Natur analysierte und dabei die natürlichen Lebensprinzi-
Sozialethik
pien wie den 8Kampf ums Dasein auch zu gesellschaftl. Normen erklärte. Der S. erhielt erstmals um die Jahrhundertwende (19./20. Jh.) starken Einfluß sowohl auf politische Bewegungen mit nationalistischen, kolonialistischen und insbes. militaristischen Zielsetzungen, aber auch auf Teile der Sozialdemokratie. Während die stark biologistisch argumentierenden Vertreter die Förderung des Ausleseprinzips unter den Menschen proklamierten, vertraten die eher sozialpolitisch Denkenden die Ansicht, eine Gesellschaft funktioniere optimal, wenn sie allen Mitgliedern durch unterstützende Maßnahmen Chancengleichheit für den gesellschaftl. Wettbewerb eröffne, eine Position, die auch Ch. R. Darwin geteilt hatte. Alle Richtungen des S. gehen davon aus, daß auch in den gesellschaftlichen Verteilungskämpfen die Tüchtigsten überleben und sich vermehren und ihre nach dem 8Ausleseprinzip erworbenen Fähigkeiten an ihre Nachkommen weitergeben werden: Ein hoher gesellschaftlicher 8Selektionsdruck sichere deshalb die soziale Weiterentwicklung und den Fortschritt der Menschheit und solle politisch nicht verringert werden. Im ausgehenden 19. Jh. bis zur Mitte des 20. Jh. wurden diese Ideen auch auf die Gemeinschaft der Völker übertragen und dienten zur Legimtimation des 8Imperialismus oder sogar, wie im Nationalsozialismus, der sozialdarwinistische Gedanken mit rassistischen verband, von Vernichtungskriegen. Auch die Tötung geistig und
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körperlich Behinderter während des Dritten Reichs ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Sozialethik, v. a. in der religiöschristlichen Tradition neben der Individualethik ein Teilgebiet der 8Ethik. Während die Individualethik die Pflichten des Einzelnen gegen sich selbst, gegen die Mitmenschen als Einzelne und gegen Gott zum Gegenstand hat, befaßt sich die S. mit den Verpflichtungen des Einzelnen gegenüber Gruppen (Familien, Verbänden) und gegenüber der Gesellschaft sowie mit dem wechselseitigen Verpflichtungsgefüge von Gruppen untereinander. Abweichend von diesem Verständnis wird der Begriff der S. zuweilen (v. a. in der evangelischen Tradition) auch als Bez. für eine bestimmte Sichtweise von Ethik im allgemeinen aufgefaßt, nach der Verpflichtungen sich überhaupt erst aus dem (gesellschaftlichen) Zusammenleben von Individuen ergeben. Sozialismus, von lat. socialis ›gesellig‹. Der Begriff S. umfaßt sowohl einen Typ politischer Theorie, nach der über eine gesellsch. Kontrolle der Ökonomie und Eigentumsverhältnisse eine demokratische Gesellschaft von Freien und Gleichen erreicht werden könnte, wie auch eine politische Praxis zur Erreichung dieses Ziels. Im Verh. zur Theorie des 8Kommunismus, die während der Umwälzung zur klassenlosen Gesellschaft auch eine Auflösung des 8Staates erwartet, bez. S. nur ein Übergangsstadium. Nach ihrer Stellungnahme zur Notwendigkeit,
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den Kapitalismus zu überwinden, unterscheiden sich ethischer, (sozial- )demokratischer und kommunistischer S. Ethischer S. argumentiert nicht primär ökonomisch, sondern normativ aus Theorien sozialer 8Gerechtigkeit. Einige kirchliche Gesellschaftsmodelle (z. B. in der ev. 8Sozialethik und der kath. Soziallehre) stimmen mit sozialistischen Programmen soweit überein, wie die für den Staatssozialismus und besonders den Kommunismus befürchtete Abwertung des Individuums ausgeschlossen wird. Sozialdemokratischer S. hält eine Reform des Kapitalismus zur Annäherung an soziale Gerechtigkeit für möglich. Zu den Programmen eines revolutionären S.: vgl. 8Marxismus, 8Revolution, 8Kommunismus, 8Staatssozialismus, 8historischer Materialismus. In den Ideen und Programmen des S. werden politische Auffassungen nach dem Kriterium Bewahrung oder Transformation des 8Kapitalismus nach rechts und links unterschieden. Sozialpädagogik, von P. Natorp (S., Theorie der Willensbildung auf der Grundlage der Gemeinschaft, EA 1899) eingef. z. Bez. der 8Pädagogik, die das Erziehungsund Bildungsziel von der Gemeinschaft und ihrem Wesen aus bestimmt und im besonderen die 8Erziehung zum Staatsbürger zu ihrem Gegenstand hat. Sozialphilosophie, Sammelbezeichnung 1. für unterschiedliche Gebiete der 8praktischen Philosophie, wie 8politische Philosophie, 8Rechtsphilosophie, 8Sozialethik;
Soziologie
2. für theoretische Grundlagenfächer der 8Sozialwissenschaften, inbes. der 8Soziologie, frz. philosophie sociale (so zuerst bei A. Comte, Cours de philosophie positive, EA 1839); 3. für Untersuchungen über elementare Formen der Zwischenmenschlichkeit (8Intersubjektivität). S. wurde von G. Simmel (in einem Aufsatz von 1894, ergänzend zu seiner Einl. in die Moralwissensch.; vgl. Ges.Ausg. 3, 391402) und gleichzeitig von R. Stammler (Theorie des Anarchismus, 1894) als ›Phil. des gesellschaftl. Lebens‹ zu einem Disziplinbegr. erklärt. Sozialwissenschaft, frz. science sociale; eine von J.- A.- N. Condorcet und C. Fourier im 18. u. 19. Jh. eingef. Sammelbez. für Rechts- und Staatswissenschaften, zu denen auch die Politische Ökonomie und die Finanzwissenschaft zählten. Heute ordnet man den S.en zu: 1. im weiteren Sinne sämtliche auf gesellschaftl. Handeln bezogenen Wissenschaften (inbes. Rechts- , Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Sozialpsychologie, mitunter auch die Ethnologie und die politische Geschichte); 2. im engeren Sinne die Spezialgebiete der 8Soziologie. Soziologie (lat. socius ›Geselle‹, ›Genosse‹), die Gesellschaftslehre, Gesellschaftswissenschaft, von A. Comte (Cours de philosophie positive, 6 Bde., 1830- 42) geb. z. Bez. der partie complémentaire de la philosophie naturelle qui se rapporte à l’étude positive de l’ensemble des lois fondamentales propres aux phénomènes sociaux ›des Ergänzungs-
Sparsamkeit
teils der Naturphilosophie, der sich auf das positive Studium der Gesamtheit der den gesellschaftlichen Erscheinungen eigenen Grundgesetze bezieht‹, wofür er auch den Ausdruck physique sociale brauchte. Heute: 8Sozialwissenschaft im engeren Sinne, welche sich auch die Gegenstände anderer auf Gesellschaftbezogenen Wissenschaften zum Objekt einer methodisch eigenständigen gesellschaftsanalytischen Forschung vornimmt (z. B. in der Rechts- , Wirtschafts- , Industrie- , Betriebs- , Wissens- , Bildungs- , Kultur- Soziologie). Sparsamkeit ist der Verzicht auf Verbrauch in der Gegenwart zugunsten des Vorrats, der Rücklage, der Vorsorge und des Erbes für die Zukunft. Sie setzt Bedarfsdeckung in Höhe des Auskommens voraus, weshalb eine Ausgabenstreckung des Monatslohns vom Ersten bis zum Letzten des Monats nicht S. ist, sondern lediglich gutes Haushalten. Mit ihm hat S. gemeinsam, daß sie als planendes Ausgabeverhalten nicht 8Geiz ist und sich sowohl gegen Aufbrauchen als auch gegen Verschwendung richtet. S. aber entspringt und entspricht der bürgerlichen Wirtschaftsform, in der Vermögen(de) nicht mehr überwiegend durch Grundbesitz und Abgaben anderer zustandekommen (Feudalismus), sondern aus Lohn, Einkommen, Handelsgewinn und Profit. S. ist somit bürgerliche 8Tugend. Die in der kapitalistischen Wirtschaft notwendige Investition von Gewinn zu Expansion, Gewinnung von Marktanteilen und neuer Kapitalverwertung
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hat mit S. nur das Formalprinzip gemeinsam; sie war S. als 8Tugend nur, solange Unternehmer oder Investoren auf Konsumtion verzichteten. Im Versicherungswesen wird S. institutionalisiert und ist z. T. gesetzliche Pflicht (Altersversorgung, Krankenversicherung u. a.). Aufgrund dieses sozialpolitischen Interesses des 8Wohlfahrtsstaates verringert sich die ökonomische Notwendigkeit der Tugend der S. Zugleich macht dieser Prozeß die ›Verbraucher‹ frei für hohen Konsum, auf den die kapitalistische Warenproduktion angewiesen ist. species, lat. ›die 8Art‹, Übers. von gr. eidos ›Gestalt‹, Art; in der Logik und Biologie die Bez. des dem Begriff der 8Gattung (lat. genus) untergeordneten Begriffs. species sensibilis, lat. ›sinnlich wahrnehmbare Gestalt‹, scholastischer Ausdruck für die eidôla des Demokrit (8Abbildtheorie). Spekulation, lat. speculatio ›Ausspähung‹, bei Boethius für gr. 8theoria und gleichbedeutend mit contemplatio gebr., bei Augustin, den Scholastikern und den Mystikern von lat. speculum ›Spiegel‹ abgeleitet. Die Sp. oder das spekulative Denken bezeichnet ein Erkennen, das über die 8Erfahrung hinaus auf das ihr zugrunde liegende Geistige, Übersinnliche und Göttliche gerichtet ist. I. Kant (Log., Einl. IV) erklärt: »Es macht einige Schwierigkeit, die Grenzen zu bestimmen, wo der gemeine Verstandesgebrauch aufhört und der spekulative anfängt, oder, wo gemeine Vernunfterkenntnis Philosophie wird. Indessen gibt es doch hier ein
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ziemlich sicheres Unterscheidungsmerkmal, nämlich folgendes: Die Erkenntnis des Allgemeinen in abstracto ist spekulative Erkenntnis, die Erkenntnis des Allgemeinen in concreto gemeine Erkenntnis.« In der Kritik der reinen Vernunft beschränkte I. Kant die Sp. auf Gegenstände oder Begriffe, die über die Erfahrung hinausgehen. »Eine theoretische Erkenntnis ist spekulativ, wenn sie auf einen Gegenstand oder solche Begriffe von einem Gegenstande geht, wozu man in keiner Erfahrung gelangen kann« (B 662 f.). J. G. Fichte, Fr. W. J. Schelling und G. W. Fr. Hegel brauchen das Wort z. Bez. ihres Denkens in reinen Begriffen, das die Erfahrung nicht wie die empir. Wissenschaften durch Zurückführung der Erscheinungen auf wiederum erfahrbare Ursachen erklärt, sondern ihren 8Sinn zu erschließen sucht und sie auf letzte, nicht in der Erfahrung gegebene Prinzipien, Ideen zurückführt. spezial oder speziell (lat. specialis zu species die ›Art‹), 8besonder, eigen, einzel; Gegensatz: 8generell und 8universal (universell). Speziesismus, zu lat. 8species ›Art‹, ein solchen Begriffen wie ›Sexismus‹ oder ›8Rassismus‹ nachgebildeter Ausdruck, der in kritischer Absicht zur Bezeichnung einer bestimmten moralischen Annahme verwendet wird: Nach dieser Annahme kommt einem Individuum, das zur menschlichen 8Art gehört, schon aufgrund dieser Tatsache ein höherer moralischer Status zu als etwa einem Tier. Kritiker wie P. Singer (Practical Ethics, 1979) be-
Sphärenharmonie
tonen die Unvereinbarkeit dieser »speziesistischen« Position mit dem für die Moral zentralen Gleichheitsprinzip, das auch für nichtmenschliche Lebewesen geltend gemacht werden kann. spezifizieren (neulat. specificare ›eine Art machen‹), eine 8Gattung in 8Arten und Unterarten einteilen (8Einteilung), etwas im einzelnen angeben, ins einzelne gehen; dazu Spezifikation, die Einteilung der Gattung in Arten, einer 8Klasse in Teilklassen: die Besonderung; spezifisch, in der Logik einer einzelnen 8Art eigentümlich und sie von andern zur gleichen Gattung gehörigen unterscheidend, in der Physik einem best. Stoff seinem Wesen nach eigen, ihm zukommend, z. B. Gewicht, Wärme, 8Energie. Sphäre, gr. sphaira ›Kugel‹, der Bereich, der Umfang; in der Logik der Umfang eines Begriffs. Sphä-rischer Raum, svw. gekrümmter 8Raum (8Relativitätstheorie). Sphärenharmonie, Übertragung der musikalischen Gesetze und Prinzipien musikal. 8Harmonie auf die Bewegungen der Himmelskörper; erste schriftl. überlieferte Theorien der S. werden auf Traditionen der 8Pythagoreer zurückgeführt. Danach entsprechen die Abstände der Gestirnssphären voneinander sowie die Bewegungen und Geschwindigkeiten der Himmelskörper im geozentrischen Weltsystem den Tonabständen einer Oktave. Musik ist in dieser Tradition in erster Linie 8Mimesis himmlischer Klänge. Von daher auch der Begr. Sphärenmusik: Tonabfolge, die sich aus der Drehung der
Spiel
himmlischen S.n ergibt, die für den Menschen unhörbar bleibt, nach Plato allenfalls dem ›geistigen‹ Ohr zugänglich. Spiel, von mhd. spil, 1. zumeist und urspr. ausschließlich im Unterschied zur 8Arbeit, die freiwillige Betätigung des menschlichen Körpers oder Geistes ohne unmittelbaren außerhalb dieser Betätigung selbst liegenden praktischen Zweck und Nutzen. Wenn dem S. (in diesem Sinne) ein bestimmter 8Zweck gesetzt wird, hat es seinen eigentlichen Sinn verloren, da dieser gerade in einer Tätigkeit besteht, die durch die Ungebundenheit, die freie Beweglichkeit und das Sichbewegen in einer nicht den Bedingungen des wirklichen Lebens, sondern nur den Spielregeln genügenden Welt gekennzeichnet ist und daher wohl einer inneren Regelhaftigkeit, aber keinem außerhalb des S.s selbst liegenden Zweck folgt. I. Kant hat das S. – als »Beschäftigung, die für sich selbst angenehm ist« (KdU, 1790, § 43) – mit den Grundbestimmungen der freien Kunst in Verbindung gebracht: ihr Gemeinsames ist die innere 8Zweckmäßigkeit, die keinem äußeren Zweck dient. Das S. zielt auf eine Selbsterfahrung des Subjekts in der harmonischen Totalität seiner Gemütsvermögen: so etwa im »freien Spiele« der Erkenntniskräfte in der ästhetischen Reflexion, die 8Sinnlichkeit, 8Verstand und 8Einbildungskraft versöhnen kann, weil sie absichtslos ist (KdU, 1790, § 9). Fr. Schiller hat diese Gedanken Kants aufgegriffen und zu einem allgemeinen Programm ästhe-
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tischer 8Erziehung weitergebildet: im S. sind die Widersprüche zwischen 8Moralität und 8Neigung, zwischen 8Sinnlichkeit und 8Vernunft ästhetisch versöhnt, die Kunst als zweckfreier Bereich (8Autonomie) antizipiert in der Entfaltung ästhetischer Freiheit sittlicher Verhältnisse (Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 1795). In der Zweckfreiheit des S.s entwickelt sich nach Fr. Schiller 8Humanität. Das S. ist demnach gerade in seiner Nichtintentionalität auf praktische Zwecke bezogen. Im Unterschied zu einer allgemeinen Kulturtheorie des S.s, nach der sich 8Kultur überhaupt im S. entwickelt (J. Huizinga, Homo ludens, 1938) und entwicklungspsychologischpädagogischen Theorien, die die Funktion des S.s zur Ich- Identitätsbildung betonen und es allgemein als zweckfreie Tätigkeit zur 8Aneignung der Wirklichkeit bestimmen, hat sich der ästhetische Akzent im philosophischen Spielbegriff bis in die Gegenwart erhalten. H.- G. Gadamer spricht vom S. als der »Seinsweise des Kunstwerks selbst« (Wahrheit und Methode, 1960, 97 ff.), in der 8Kunst vollendet sich das menschliche S. durch »Verwandlung ins Gebilde« (105). Kunst wird zum 8Paradigma eines Weltverhältnisses und als S. strikt von Wirklichkeit unterschieden, die immer von intentionalen Erwartungshorizonten her wahrgenommen wird. »Das Sein alles Spieles ist stets Einlösung, reine Erfüllung, Energeia, die ihr ›Telos‹ in sich selbst hat. Die Welt des Kunstwerks, in der ein Spiel sich derart
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in der Einheit seines Ablaufs voll aussagt, ist in der Tat eine ganz und gar verwandelte Welt« (108). 2. Im Sinne von strategisches Spiel als Gegenstand der modernen 8Spieltheorie (die auch als ›Theorie der strategischen S.e‹ bezeichnet wird) nennt man S. ein spezielles Modell für Entscheidungssituationen (8Entscheidungstheorie), in denen das Handlungsresultat vom 8Verhalten der anderen Spieler abhängt. Eine vollständige Beschreibung einer solchen Spielsituation enthält neben (a) der Anzahl der Spieler (b) den 8Strategieraum, d. h. die Menge der möglichen Strategiekombinationen, (c) eine Nutzenfunktion, die den 8Nutzen für jeden Spieler bzgl. der verschiedenen Strategiekombinationen angibt, und (d) (implizit) die Spielregeln. Zu unterscheiden sind vor allem ›Nullsummenspiele‹ (die Höhe des Gewinns des einen Spielers entspr. dem Verlust des anderen Spielers) und ›Nicht- Nullsummenspiele‹ (Gewinn u. Verlust gleichen sich nicht aus) sowie endliche (es gibt eine endliche Anzahl von Spielzügen) und unendliche S.e (mindestens einem der Spieler steht eine unendliche Anzahl von Spielzügen zur Verfügung). Von besonderer spieltheoretischer Bedeutung sind die endlichen S.e, bei denen es nach J. v. Neumann immer wenigstens eine Lösung gibt. Zu unterscheiden sind weiterhin kooperative S.e (die Spieler können verbindliche Vereinbarungen treffen) von nicht- kooperativen S.en (die Spieler können keine bindenden, d.h. exogen durchsetzbare Ab-
Spieltheorie
machungen treffen; z. B. 8Gefangenendilemma), sowie Zwei- Personen- S.e von Mehr- Personen- S.en. Diese letzte Unterscheidung ist notwendig, da Mehr- Personen- S.e über zusätzliche Merkmale verfügen: Bei ihnen besteht z. B. die Möglichkeit der Koalitionsbildung, d. h., daß zwischen einigen der Spieler Vereinbarungen getroffen werden können. Ziel eines strategischen S.s ist die Erreichung eines individuell optimalen Resultats (Gewinn) unter Anwendung einer entsprechenden Strategie (s. 8Optimum). Spiel gegen die Natur bezeichnet eine Klasse von S.n im Rahmen der ›Entscheidung unter Unsicherheit‹ (s. 8Spieltheorie), bei der das Resultat nicht allein von der eigenen Strategie des Spielers abhängig ist, sondern zudem von vom Spieler nicht beeinflußbaren Umweltfaktoren. Spielbaum, formale Darstellung der sequentiellen Struktur eines strategischen 8Spiels, in der jeder Spielzug eines Spielers als Punkt dargestellt wird, von dem aus sich die Handlungsalternativen (dargestellt als Geraden) verzweigen. Spielstrategie, s. 8Strategie Spieltheorie (engl. theory of games); 1. Analyse der Struktur und Funktion von Spielen im allgemeinen; 2. mathematische Disziplin seit Mitte des 20. Jh., deren Gegenstand die strategischen 8Spiele sind. Spieltheoretische Untersuchungen im weitesten Sinn finden sich schon vor unserer Zeitrechnung im Bereich der Militärstrategie sowie im 18. Jh. im Bereich der Schachtheorie. Als Vorläufer der
Spieltrieb
modernen S. gelten vor allem E. Zermelo und E. Borel, grundlegend für ihre heutige Gestalt sind jedoch die Arbeiten von J. v. Neumann und O. Morgenstern (Theory of Games and Economic Behavior, 1944). v. Neumann entwickelte bereits 1928 (Zur Theorie der Gesellschaftsspiele) eine systematische Theorie der strategischen 8Spiele und gilt damit als Begründer der modernen S. Im Rahmen der rationalen 8Handlungs- bzw. 8Entscheidungstheorie beschäftigt sich die moderne S. mit speziellen Entscheidungssituationen, die dadurch charakterisiert sind, daß die Folgen der einzelnen Handlungsalternativen vom 8Verhalten der anderen Spieler abhängen. Ziel ist es, den Spielern Empfehlungen für optimales (rationales) Verhalten zu geben. Je nach Informationsstand bezüglich des Verhaltens der Mitspieler ist analog zur 8Entscheidungstheorie zwischen folgenden Fällen zu unterscheiden: (1) Entscheidung unter Sicherheit (die/ der Spieler glauben/glaubt zu wissen, wie sich die anderen verhalten bzw. der andere verhält), (2) Entscheidung unter 8Risiko (dem Verhalten der oder des anderen können nur (subjektive) 8Wahrscheinlichkeiten zugesprochen werden) und (3) Entscheidung unter Unsicherheit (nicht einmal 8Wahrscheinlichkeiten können angesetzt werden). Gegenstand der S. (als Theorie der strategischen Spiele) sind nicht konkrete Spiele, d. h. die Analyse eines faktisch vollzogenen Spiels, sondern die Gesamtheit der strategischen Möglichkeiten eines
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Spiels überhaupt. Die Übertragung spieltheoretischer Erkenntnisse auf konkrete Entscheidungssituationen gehört nicht mehr direkt zur S., sondern zu deren praktischen Anwendungsmöglichkeiten im ökonomischen, sozialen, politischen etc. Bereich. Spieltrieb, von Fr. Schiller im Gegensatz zum Stoff- und Formtrieb eingef. (Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 15. Brief): »Der Mensch, wissen wir, ist weder ausschließend Materie, noch ist er ausschließend Geist. Die Schönheit, als Konsummation seiner Menschheit, kann also weder ausschließend bloßes Leben sein, wie von scharfsinnigen Beobachtern ... behauptet worden ist und wozu der Geschmack der Zeit sie gern herabziehen möchte; noch kann sie ausschließend bloße Gestalt sein, wie von spekulativen Weltweisen ... und von philosophierenden Künstlern ... geurteilt worden ist: sie ist das gemeinschaftliche Objekt beider Triebe, das heißt, des Spieltriebs.« Spinozismus, die von Baruch de Spinoza (1632- 77; Hauptwerk: Ethica, ordine geometrico demonstrata, 1677) vertretene und verbreitete philos. Lehre, nach der es nur eine 8Substanz gibt, die Natur und Gott zugleich (8deus sive natura) ist, deren uns zugängliche Attribute 8Denken und 8Ausdehnung (Geist und Stoff) und deren Modi die Einzelwesen sind, die – unter dem Attribut des Denkens betrachtet – Ideen, unter dem der 8Ausdehnung betrachtet, 8Körper sind. Da nach dieser Lehre die Einzel-
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wesen keinerlei Selbständigkeit haben, sondern vollständig von der Substanz determiniert sind, ist der Sp. abstrakter 8Monismus oder 8Akosmismus. Mit den Lehren Spinozas, die im 17. und 18. Jh. als 8Atheismus, 8Pantheismus und 8Immoralismus verschrien waren, haben sich bes. dt. Denker auseinandergesetzt, doch niemals ohne sie zugleich umzudeuten. So wurde aus der spinozistischen Substanz bei J. W. v. Goethe und J. G. Herder ein organisches Ganzes, ein All lebendiger Kräfte (vgl. J. G. Herders Gott, einige Gespräche, 1787). Vgl. 8more geometrico, 8amor intellectualis Dei. Spiritismus (engl. spirits ›Geister‹), 1. theoretisch der Glaube, daß die Verstorbenen als Geister weiterleben und daß ein Verkehr mit ihnen möglich sei, 2. praktisch die Herbeiführung eines solchen Verkehrs, bes. zu dem Zweck, Kundgebungen aus der »anderen Welt« zu erhalten (8Okkultismus). spiritual, neulat., nach dem Frz. auch spirituell, geistig, geistlich; die Spiritualen, die Geistlichen, Bez. der 8Asketen und Mystiker des Franziskanerordens im 1. Jh. seines Bestehens. Spiritualismus, die metaphysische Lehre, nach der die Wirklichkeit bzw. der Grund der Wirklichkeit 8Geist ist und allein mit der Annahme geistiger Wesen, Kräfte (z. B. 8Monaden) erklärt werden kann. Der Begriff ist zu weit, als daß er zur Kennzeichnung irgendeines der vielen »spiritualistischen« Systeme der Philosophie sinnvoll verwendet werden könnte.
Sprache
Vgl. 8esse est percipi. Gegenbegriff: 8Materialismus. Spiritualität, die Geistigkeit. spiritus, lat. der ›Lufthauch‹, der Atemzug, der Lebenshauch, der 8Geist; spiritus animalis oder vitalis, der Lebensgeist; spiritus rector, der leitende, herrschende Geist; bei den Alchimisten (8Alchemie) eine feine 8Substanz und Naturkraft in allen Dingen, die andere Stoffe in Gas verwandeln und das Leben verlängern kann; im übertr. Sinn der Anstifter, der ein Unternehmen bestimmende Geist. spontan, von lat. spontaneus ›frei‹, ›freiwillig‹, von selbst, ohne äußere Einwirkung, aus eigenem Antrieb erfolgend. Spontaneität, neulat. die Freiwilligkeit, die Selbsttätigkeit, die Selbstbestimmung im Gegensatz zur 8Rezeptivität; auch: Bez. für plötzlich auftretende Aktivität. Sprachanalyse, vgl. 8analytische Philosophie. Sprache, ahd. sprâhha, ein gesellschaftlich und historisch bedingtes, konventionelles Mittel zur Verständigung (8Kommunikation); spezieller zur Darstellung und Weitergabe von 8Informationen, zur Fixierung und Tradierung von Erkenntnissen, zum Ausdruck von Gefühlen, zur Beeinflussung anderer Sprecher, zur Koordination gemeinsamer Tätigkeiten usw. Das Verfügen über eine S., die solchen Aufgaben in hohem Maße gerecht wird, setzt beträchtliche kognitive Fähigkeiten voraus, über die unter den bekannten Lebewesen offenbar nur die Menschen verfügen. Schon Aristoteles bestimmte den Menschen als 8zôon logon echôn, als
Sprache, formale
Lebewesen, das über S. (bzw. Vernunft) verfügt, und betonte damit die zentrale Rolle, die unserem Sprachvermögen zukommt. Sogenannte ›Tier- S.n‹ wie die S. der Bienen unterscheiden sich von der menschlichen Wort- S. u. a. dadurch, daß in jenen nur eine sehr beschränkte Zahl von Sachverhalten ausgedrückt werden kann, während der Ausdrucksreichtum der menschlichen Sprache im Prinzip unbegrenzt ist. Ferner scheint Tieren weitgehend die Fähigkeit zu abstrakter Begriffsbildung zu fehlen. – Die Sprachfähigkeit als ein das Menschsein wesentlich konstituierendes Phänomen hat schon sehr früh Aufmerksamkeit auf sich gezogen: So gehört das Benennen von Tageszeiten und Tieren durch Gott und den Menschen in der biblischen Mythologie in den Schöpfungsvorgang hinein (Gen. 1 und 2), und die verwirrende und hinderliche Vielfalt von Einzelsprachen wird in der Geschichte vom Turmbau zu Babel (Gen. 11) durch den Entschluß Gottes erklärt, die Macht der Menschen zu beschränken, die ihnen aus ihren gemeinsamen und (sprachlich) koordinierten Anstrengungen erwächst. Auch in der antiken griechischen Philosophie war S. ein wichtiges Thema. Disziplinen, die sich heute mit dem Phänomen der S. beschäftigen, sind insbesondere die 8Sprachphilosophie und die 8Sprachwissenschaft. Für die 8analytische Philosophie steht die Auseinandersetzung mit S. geradezu im Zentrum philosophischer Bemühungen. Mit S.n als Zeichensystemen im allgemeinsten
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Sinne befaßt sich heute die 8Semiotik. – Die Frage nach dem Ursprung von Sprache überhaupt wäre letztlich nur empirisch zu klären. Hypothesen wie die onomatopoetische Theorie (Nachahmung von Tierlauten) oder die synergastische Auffassung (Entwicklung der Sprache aufgrund des Zwanges zur Koordination arbeitsteiliger Prozesse) konnten bislang nicht bestätigt werden; die rekonstruktiven Verfahren der historischen Sprachwissenschaft reichen bestenfalls bis etwa 4000 v. Chr. zurück, die Anfänge der Sprache liegen aber erheblich früher. Sprache, formale, vgl. 8formale Sprache. Sprache, natürliche, auch ›normale Sprache‹, vgl. 8natürliche Sprache. Sprache und Denken, ein Verhältnis, mit dem sich die 8Sprachphilosophie und die 8Sprachwissenschaft, aber auch etwa verschiedene Forschungsrichtungen in der Psychologie befassen. Zentral sind u.a. die Fragen, über welche kognitiven (evtl. angeborenen) Fähigkeiten jemand verfügen muß, um eine menschliche 8Sprache zu erlernen (vgl. auch 8Universalgrammatik), und wie weit die grammatikalischen oder lexikalischen (den Wortschatz betreffenden) Eigenarten der konkreten Sprache, die jemand spricht, sein Denken beeinflussen. Die These, daß der Bau einer Sprache eng mit den Denkstrukturen ihrer Sprecher zusammenhängt, ist historisch vor allem mit W. v. Humboldt verbunden. Für Humboldt ist eine Sprache
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nicht nur ein neutrales Medium, mit dessen Hilfe man sich über eine schon auf andere Weise zugängliche, vorgegebene Welt verständigen kann; vielmehr beeinflußt die Struktur unserer Sprache wesentlich unser 8Weltbild. In Humboldts Denken verbinden sich sprachphilosophische Aspekte mit empirischen Befunden der historischen und vergleichenden 8Sprachwissenschaft, die im 19. Jahrhundert eine enorme Entwicklung erfuhr. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts versuchte B. L. Whorf, angeregt durch seinen Lehrer E. Sapir, die These des Zusammenhangs zwischen Weltwahrnehmung und Sprachstruktur durch empirische Untersuchungen an nordamerikanischen Indianersprachen zu bestätigen (vgl. 8Sapir- Whorf- Hypothese). In der philosophischen Tradition bis zu K. O. Apel gewinnt die Sprache den Charakter eines transzendentalen 8Apriori und rückt an die Stelle der Kategorien der kantischen reinen Vernunft, die Erfahrung erst ermöglichen. Heute wird die Beziehung zwischen Sprache und Denken u.a. im Rahmen der sog. Psycholinguistik untersucht, die z. B. den Spracherwerb von Kindern zum Gegenstand hat. Sprachphilosophie, eine philosophische Disziplin, die das Phänomen der 8Sprache, speziell der menschlichen, in seinen vielfältigen Bezügen zu Kultur, Gesellschaft, Denken und Handeln zum Gegenstand hat. Leitfragen der S. sind u. a.: Wie kommen sprachliche 8Zeichen wie Wörter und Sät-
Sprachphilosophie
ze zu ihren Bedeutungen? (Vgl. 8Wort, 8Satz.) Was genau ist 8Bedeutung? Welche Funktionen hat Sprache, und welchen Einfluß hat sie auf das 8Denken? Wie ist Sprache ursprünglich entstanden? – Diese Themen werden schon seit den Anfängen der antiken Philosophie mit wechselnden Schwerpunkten diskutiert. Plato greift in seinem Dialog Kratylos die bereits bei den 8Sophisten behandelte Frage auf, ob die Verbindungen von 8Zeichen mit ihren 8Bedeutungen eher auf natürliche Affinitäten zwischen Lauten und dem, was sie bezeichnen, oder auf 8Konventionen zwischen Sprechern zurückzuführen ist. Während Plato noch tendenziell der ›naturalistischen‹ Position zuneigt, hat sich seit Aristoteles die ›konventionalistische‹ durchgesetzt. Dabei sind 8Konventionen nicht als explizite Verabredungen zu verstehen, sondern als Resultate des stillschweigenden Aufeinanderabstimmens der Sprecher einer Sprachgemeinschaft. – Bezüglich der Frage, was man unter der Bedeutung eines Zeichens genau verstehen soll, stehen sich heute im wesentlichen ›realistische‹ und ›gebrauchstheoretische‹ Ansätze gegenüber; von den ›Realisten‹ wird dabei die darstellende Funktion der Sprache betont, von den ›Gebrauchstheoretikern‹ die Tatsache, daß Sprache ein Mittel sozialen Handelns ist (vgl. auch 8Bedeutung, 8Semantik, 8Pragmatik, 8Sprechakttheorie, 8Semiotik). Vereinzelt verwendet man den Begriff ›S.‹ auch im Sinne von 8analytischer Philosophie.
Sprachspiel
Sprachspiel, ein von L. Wittgenstein in den Philos. Unters. (1953) eingeführter Terminus. Wittgenstein vertritt dort die Position, daß die 8Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks sich durch die Regeln seines Gebrauchs in konkreten sozialen Situationen konstituiert – ähnlich, wie sich auch die ›Bedeutung‹ (oder die Funktion) einer Spielfigur in einem 8Spiel durch die Regeln ergibt, nach denen dieses Spiel gespielt wird. Die Analyse der Bedeutung eines Ausdrucks läuft demnach darauf hinaus, die Regeln der ›S.e‹ zu untersuchen, in denen er gebraucht wird, d. h. seine (korrekte) Verwendung in bestimmten sozialen Situationen zu analysieren. Wittgenstein war der Ansicht, daß viele philosophische Probleme sich aus der sprachlichen Verwirrung ergeben, die entsteht, wenn Begriffe (wie z. B. ›Schmerz‹, ›ich‹) aus ihren gewöhnlichen S.en herausgelöst und in völlig neue Zusammenhänge gestellt werden (wenn die Sprache nicht ihren alltäglichen Zwecken dient, sondern ›feiert‹). Aufgabe der Philosophie ist es danach, diese Verwirrungen zu beseitigen. Dieser Gedanke ist der Ausgangspunkt der ›Philosophie der normalen Sprache‹ (vgl. 8analytische Philosophie). Wittgensteins Überlegungen gaben auch Anstöße bei der Entwicklung der 8Sprechakttheorie. Sprachwissenschaft, oft auch ›Linguistik‹ (von lat. lingua ›Sprache‹), eine wissenschaftliche Disziplin, deren Aufgabe es ist, die vielfältigen Aspekte des Phänomens der 8Sprache zu beschreiben und
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zu systematisieren. Entsprechend der Vielfalt des Gegenstandes vereinigen sich unter dem Begriff der S. eine ganze Reihe unterschiedlicher Forschungsrichtungen und Ansätze, die z. T. enge Berührungspunkte mit anderen Wissenschaften aufweisen. Teildisziplinen sind u. a. die Phonologie/Phonetik (Lautlehre), die Morphologie (Theorie der kleinsten inhaltstragenden Elemente einer Sprache, der Morpheme), die Lexikologie (Wortkunde), die 8Syntax (im Sinne von ›Satzlehre‹), die 8Semantik (Theorie der 8Bedeutung), die 8Pragmatik (vgl. auch 8Sprechakttheorie) und die Textlinguistik. – Betrachtet man dabei eine einzelne Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt, sieht man also von ihrer Geschichte ab, so spricht man von ›synchronischer‹ (gr. ›gleichzeitig‹) S.; nimmt man eine historisch- vergleichende Position ein, bezieht man also die Entwicklungsgeschichte einer Sprache und ihre Verwandtschaftsbeziehungen zu anderen Einzelsprachen mit ein, so betreibt man ›diachronische‹ (gr. ›durch die Zeit‹) S. Zuweilen wird der Begriff ›Linguistik‹ nur für die synchronische Variante der S. gebraucht. – Die auf F. de Saussure zurückgehende ›strukturalistische‹ Richtung in der S. faßt Sprache (synchronisch) als ein System auf, dessen Bestandteile jeweils durch ihre Beziehungen zu den anderen Bestandteilen bestimmt sind. Am erfolgreichsten ist dieser Ansatz auf dem Gebiet der Phonetik. – In der durch N. Chomsky begründeten Tradition der 8generativen Trans-
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formationsgrammatik (vgl. auch 8Grammatik) geht man von dem Faktum aus, daß Sprecher der menschlichen Wortsprache (anders als bei bekannten ›Tiersprachen‹) nicht nur über ein vorgegebenes Inventar von Sätzen verfügen, die eine begrenzte Zahl von Sachverhalten ausdrücken, sondern die ›kreative‹ Fähigkeit haben, vollkommen neue Sätze zu bilden und zu verstehen. Diese Fähigkeit soll durch die Angabe exakter, formaler ›Satzerzeugungsregeln‹ beschrieben werden. – Die 8logische Grammatik im Anschluß an R. Montague will die logischen Strukuren (vgl. 8Logik) der Alltagssprache aufdecken. – ›Funktionale‹ Richtungen betrachten Sprache unter dem Gesichtspunkt, daß sie ein ›Werkzeug‹ (gr. organon) zum Ausdruck von Gefühlen und Einstellungen, zur Darstellung von Sachverhalten und zum Appell an andere Sprecher ist. Die Auffassung von Sprache als eines ›Organons‹ geht schon auf Plato zurück und wurde in unserem Jahrhundert u.a. von K. Bühler weiterentwickelt. – Die 8Sprechakttheorie betrachtet Sprache als eine besondere Form sozialen Handelns und analysiert sie aus dieser Perspektive. – Die Soziolinguistik sucht nach Beziehungen zwischen der sozialen Zugehörigkeit von Sprechern und ihrer Sprachverwendung. – Über diese wichtigen Ansätze hinaus gibt es noch eine Fülle weiterer Forschungsrichtungen. Sprechakt, eine Übersetzung des englischen Begriffes speech act, der auch durch ›Sprechhandlung‹ wie-
Sprechakt
dergegeben werden könnte. Der Terminus wurde von J. L. Austin in die sprachwissenschaftliche und sprachphilosophische Diskussion eingeführt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß 8Sprache nicht nur der bloßen Informationsvermittlung dient, sondern auch zum Erreichen ganz anderer Ziele verwendet wird. Programmatisch ist der Titel seiner Vorlesungsreihe How to do things with words (1962). In seiner S.theorie zeigt Austin auf, daß das Äußern etwa eines Satzes mit vielfältigen und verschiedenartigen Handlungskomponenten verbunden ist, die z.T. von dem situativen Kontext abhängig sind, in denen die Äußerung geschieht. Man kann (mindestens) drei Handlungskomponenten unterscheiden, die mit der Äußerung eines Redeteils verbunden sind: den 8lokutiven Akt, der die Produktion einer Äußerung mit einer bestimmten grammatikalischen Struktur und einer Bedeutung umfaßt, den 8illokutiven Akt, d. h. das Vollziehen einer Handlung mit Hilfe der Äußerung, und den 8perlokutiven Akt, das Erzielen einer gewissen Wirkung beim Hörer. Ein lokutiver Akt desselben Typs kann in verschiedenen Situationen mit ganz unterschiedlichen illokutiven und perlokutiven Akten verbunden sein. So kann ein Sprecher mit einer Äußerung von »Vogelbeeren sind giftig« im Rahmen eines botanischen Vortrags lediglich die Absicht verfolgen, seine Zuhörer zu informieren (illokutiver Akt), und wenn die Hörer aufmerksam sind, wird er auch
Sprung
genau das bewirken (perlokutiver Akt). Spricht er diesen Satz in Gegenwart eines Kindes aus, das seine Hand gerade nach Vogelbeeren ausstreckt, so will er das Kind vermutlich warnen (illokutiver Akt) und bewirkt im günstigen Fall, daß das Kind die Hand zurückzieht und keine Vogelbeeren ißt (perlokutiver Akt). Ein Ziel der Sprechakttheorie ist es, verschiedene Typen von illokutiven Akten zu klassifizieren und zu klären, unter welchen äußeren Bedingungen sie zustandekommen. Illokutive Akte sind etwa: Einen Befehl erteilen, einen Wunsch äußern, eine Behauptung aufstellen, ein Versprechen abgeben, jemanden warnen, jemanden bedrohen. Zuweilen wird in einer Äußerung auch explizit gesagt, was für eine Handlung durch sie vollzogen werden soll: »Ich verspreche dir, ...«, »Ich befehle dir ...« usw. Als Pionier der Sprechakttheorie gilt neben J. L. Austin vor allem J. R. Searle. Die Sprechakttheorie hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gemacht und ist ein wichtiges Teilgebiet der 8Pragmatik und der Philosophie der normalen Sprache (vgl. 8analyt. Philosophie, 8Sprachphilosophie). Naturgemäß steht sie in einer engen Beziehung zur allgemeinen 8Handlungstheorie. Sprung (lat. saltus), Ausdruck für die Art des Zugangs zur religösen Wahrheit, sofern sie sich allem diskursiven und dialektischen Denken zu entziehen scheint (8salto mortale); vgl. 8saltus in concludendo, 8natura non facit saltus.
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Staat (gr. politeia, lat. res publica), Lehnwort von lat. status ›Zustand‹, im Spätmittelalter eingebürgert, urspr. der rechtlich organisierte und dadurch handlungsfähige soziale Verband (8Stand), der über ein bestimmtes Gebiet aus eigenem Recht herrscht. Schon bei Plato erscheint der St. gleichsam als ein Bild des Menschen im Großen, als eine in sich gegliederte Ganzheit, als ›Organismus‹. Diese organische Staatsauffassung wurde wieder in der Romantik (Ad. Müller, Fr. D. E. Schleiermacher) sowie von Fr. W. J. Schelling und G. W. Fr. Hegel vertreten. Ihr wesentlicher Gehalt ist nicht der bildhafte Vergleich mit dem menschlichen Organismus, sondern die Annahme eines alle Seiten des St.slebens miteinander verknüpfenden Gesamtgeistes (vgl. 8Volksgeist), der sich in seiner 8Verfassung, in seinen dauernden Institutionen ausprägt. Im Unterschied dazu sieht die mechanische Staatsauffassung der Aufklärung und des soziologischen 8Positivismus im St. ein Werkzeug und Instrument der Macht, den bloßen ›Staatsapparat‹, dessen sich die jeweils herrschende Gruppe, Klasse oder Partei nach ihrem Gefallen bedient. Auch über die Aufgabe und den Zweck des St.es gehen die Auffassungen weit auseinander (vgl. 8Staatsphilosophie). Nach der bes. durch das 8Naturrecht der Aufklärungszeit vertretenen Vertragstheorie (8Gesellschaftsvertrag) ist der St. von den Menschen willkürlich zu einem bestimmten Zweck geschaffen worden; als dieser Zweck erscheint ent-
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weder lediglich die Gewährleistung der Rechtssicherheit (z. B. J. Locke, 8Rechtsstaat), oder aber die Förderung des 8allgemeinen Wohls (8Wohlfahrtsstaat, z. B. bei Chr. Wolff; vgl. 8Gemeinwohl). Im Unterschied hierzu wird nach Aristoteles und Hegel das geistige und sittliche Wesen des Menschen nur in einem St. gefordert, in dem der Mensch seine sittliche Bestimmung, nämlich in der Gemeinschaft zu leben, voll erfüllen kann. Der St. trägt nach dieser Auffassung seinen Sinn ich sich selbst: »Die Vereinigung als solche ist selbst der wahrhafte Inhalt und Zweck«, und es ist die »höchste Pflicht« der Einzelnen, Glieder ihres St.es zu sein (G. W. Fr. Hegel, GPhR § 258). In der ersten Staatstheorie des Christentums (Augustin) wurde der St. als ein durch den Sündenfall erforderlich gewordener Notbehelf bezeichnet, um dem Bösen zu wehren und wenigstens den äußeren Frieden und damit die Voraussetzungen einer christlichen Gesittung und Lebensführung zu ermöglichen. In diesem Sinne sah auch M. Luther das »weltliche Regiment« als eine von Gott gewollte Einrichtung an und schrieb dem in Verantwortung vor Gott zu führenden »Amt der Obrigkeit« eine sittliche Würde zu. Der Nationalstaatsgedanke des beginnenden 19. Jh. wies dem St. über die Aufgabe des Rechtsschutzes hinaus vor allem die der Erhaltung der Eigenart der in ihm geeinten 8Nation sowie der Pflege ihrer Kultur zu. Während für all diese Auffassungen die dem St. zukommen-
Staatsphilosophie
de 8Macht nur mehr ein Mittel zum Zweck, also der sittlichen Bestimmung des St.s untergeordnet ist, erscheint sie im 8Machiavellismus und den ihm verwandten Lehren als Zweck an sich selbst. Unter den Staatsformen wurden im Anschluß an die griechische St.slehre 8Monarchie, 8Aristokratie und 8Demokratie urspr. als Herrschaft eines Einzelnen, der Besten oder des gesamten Volkes unterschieden; ihre Verfallsformen bilden Tyrannis (heute zumeist 8Diktatur genannt), 8Oligarchie (8Plutokratie) und 8Ochlokratie. Zum Bedeutungswandel dieser Bezeichnungen bis heute: s. die zit. Einzelbegriffe. Staatsphilosophie, derjenige Teil der 8Philosophie, der sich mit der Aufgabe und den Zwecken, mit dem Wesen und der sittlichen Berechtigung des 8Staates, mitunter auch mit der Idee einer besten 8Verfassung und dem Wert der verschiedenen Staatsformen, endlich mit der Eigenart des politischen Handelns und mit dessen Verhältnis zum 8Recht und zur 8Sittlichkeit befaßt. Die Geschichte der St. ist seit Plato eng verbunden mit derjenigen der 8Rechtsphilosophie und später auch der 8Naturrechtslehre. Einige Hauptwerke der St. tragen den Charakter einer 8Utopie: sie entwerfen das Bild eines in der Zukunft neu zu schaffenden oder nur annäherungsweise zu verwirklichenden Idealstaates (Plato, Th. Morus, J. J. Rousseau, J. G. Fichte). Andere wollen den Sinn, die innewohnende Vernunft des bestehenden Staates aufzeigen, ihn in das Ganze des sittlichen und so-
Staatsraison
zialen Lebens einordnen: so etwa Aristoteles, Thomas v. Aquin, Dante, G. W. Fr. Hegel. Auch an scharfer Ablehnung des Staatlichen fehlt es nicht: Augustin verwarf den »irdischen« und »heidnischen« Staat in best. Hinsichten und stellte ihm die Idee des christlichen »Gottesstaates« entgegen (8civitas Dei); Fr. Nietzsche verachtete den Staat als die Zuflucht der »viel zu Vielen«, er lehnte den Zwang und die vom modernen Staat ausgehende nivellierende Tendenz ab. Gegenüber der Verabsolutierung der Herrschaftsmacht im 8Machiavellismus und der Rechtfertigung eines staatlichen Gewaltmonopols durch Th. Hobbes wurde die Idee des 8Rechtsstaates besonders durch Grotius, J. Locke, C.- L. Montesquieu und I. Kant ausgebildet. G. W. Fr. Hegel verstand die Macht des Staates aus der inneren sittlichen Macht des Geistes und wies dem so als ein »sittliches Gemeinwesen« verstandenen Staat einen über die bloße Nützlichkeit weit erhabenen Eigenwert zu. Staatsraison, nach frz. raison ›Grund‹, svw. Begründetheit in den Interessen des Staates. Der Hinweis auf die S. soll häufig insbes. die Verletzung moralischer oder juristischer Rechte einzelner Individuen oder Gruppen rechtfertigen: Es wird argumentiert, daß das Wohl des 8Staates bzw. der in ihm lebenden und durch ihn organisierten Allgemeinheit (z. B. Stabilität und Machterhalt) schwerer wiegt als die partikularen Interessen Einzelner. Dieser Gedanke geht der Sache nach bereits auf N.
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Machiavelli zurück. Der Begriff taucht explizit etwa bei G. Botero auf (Della Ragion di Stato, 1589). Eine zentrale Rolle spielte die Berufung auf die S. u.a. im 8Absolutismus. Staatssozialismus, im 19. Jh. geprägter Begriff für eine Richtung des 8Sozialismus, wonach die private Verfügungsgewalt über Produktionsmittel eingeschränkt oder abgeschafft wird, aber, im Unterschied zu Theorien des proletarischen Sozialismus im 19. Jh. (vgl. 8Proudhonismus, 8Marxismus), nicht der Arbeiterklasse, sondern dem Staat kollektiv übertragen werden soll. Hauptvertreter sind: J. K. Rodbertus- Jagetzow, L. v. Stein, F. Lassalle. Im 20. Jh. wurden auch unabhängig von den Konzeptionen dieser Theoretiker politische Systeme mit staatlichem Produktionsund Handelsmonopol als S. bezeichnet, z. B. die (zwischen 1922 und 1991 bestehende) Sowjetunion, Systeme, die sich in anderen Hinsichten auf den Marxismus berufen haben. Stabilität, lat., ›Feststehen‹, die Festigkeit, Dauerhaftigkeit, Unveränderlichkeit; Gegensatz: 8Labilität. Stadium, lat., gr. stadion (ein Längenmaß), ein Abschnitt in einer fortlaufenden Entwicklung; Mz. Stadien. Stammesgeschichte, svw. 8Phylogenese. Stand, mhd. stand ›Zustand‹, eine gesellschaftliche Gruppe, die im Unterschied zur 8Klasse, nicht allein durch die Gleichheit der wirtschaftlichen Lage und der Interessen, sondern darüber hinaus durch
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die Gemeinsamkeit des Berufes oder der sozialen Funktion, ein daraus fließendes Berufs- oder St.esethos, eine bestimmte Berufsoder St.esehre (8Ehre) und ein sich daraus entwickelndes Gemeinschaftsbewußtsein gekennzeichnet ist. Vielfach, aber nicht notwendig, werden bestimmte Stände mit einer bestimmten politischen Verantwortung betraut. Von Plato bis G. W. Fr. Hegel haben die Philosophen immer wieder versucht, die historisch gewordene Gliederung der menschlichen Gesellschaft in Stände zugleich zum Prinzip eines »organischen« Staatsaufbaus zu machen (8Staat). Plato unterschied den Nähr- und Handelsstand als den St. der Privatleute von den eigentlich politischen Ständen, dem der Krieger und dem der Herrscher, der durch die Auslese einer kleinen Anzahl der Weisesten gebildet werden sollte. Die Idee der 8Gerechtigkeit fordert nach ihm, daß jeder dieser Stände sich streng auf die ihm zukommende Tätigkeit beschränkt und eben dadurch seinen eigenen Beitrag für das Ganze leistet. Hegel unterschied den St. der Ackerbauer, den des Gewerbes, der sich wieder in den Handwerker- , den Fabrikanten- und den Handelsstand gliedert, und den »allgemeinen St.«, der »die allgemeinen Interessen des gesellschaftlichen Zustandes zu seinem Geschäfte hat« (also Lehrer, Offiziere, Beamte – vgl. GPhR §§ 202- 206). Im Unterschied zu Plato ging er nicht von einer Unterordnung, sondern von einer Nebenordnung dieser Stände aus, deren jeder in seiner
Statik
Weise einen Anteil am Leben des Staates erhalten sollte. Die Wahl des St.es, so forderte er, müsse dem Einzelnen freistehen, damit so die »subjektive Meinung« und die »besondere Willkür« (GPhR § 206) zu ihrem Recht gelange und als ein ebenso anerkanntes wie beschränktes 8Moment in das Ganze der vernünftigen Staatsorganisation aufgenommen werde. Der mittelalterliche Ständestaat beruhte, außer in den freien Städten und Stadtrepubliken, auf den politischen Vorrechten des Adels, der sich mit dem Fürsten (geistlichen oder weltlichen) die Staatsgewalt teilte, bis er, außer in England, in den Dienst des Fürsten (8Absolutismus) gezwungen wurde. Die Frz. Revolution wandte sich gegen die Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit im Namen des ›Dritten Standes‹, des Bürgertums. Seither gibt es in den europäischen Staaten zwar immer noch berufsständische 8Organisationen, aber keinen politisch bevorrechteten St. mehr. Standpunkt, im philosophischen Sinn der Inbegriff der erkenntnistheoretischen, metaphysischen und voluntaristischen Voraussetzungen, von denen aus sich die Sicht und Wertung von Problemen und Ansätzen auf Grund einer einheitlichen 8Weltanschauung oder eines 8Weltbildes ergibt. Vgl. 8Historismus, 8Psychologismus, 8Relativismus. starrer Designator, vgl. 8Designator. Statik, gr. statikë (technë) die ›Kunst des Abwiegens‹, die Gleich-
stationär
gewichtslehre als Teil der 8Mechanik; statischer Sinn, der Sinn für das 8Gleichgewicht des Körpers und seine Störungen. Gegenbegriff: 8Dynamik. stationär, von lat. stationarius ›zum Stillstand gehörig‹, 1. stillstehend, beständig; 2. gleichmäßig, die Form bewahrend, wenn auch der Stoff sich ändert. Statistik, frz. statistique, ursprünglich Lehre vom Staat (Etat), dann Lehre vom status ›Stand‹, ›Zustand‹; systematische numerische Erfassung der in den Massenerscheinungen auftretenden Regelmäßigkeiten, zunächst im Gesellschaftsleben, dann auch auf allen Gebieten des Lebens und der Wissenschaft. Zugrunde liegt der statistischen Methode das Gesetz der großen Zahlen, nach dem bei einer sehr großen Zahl von beobachtenten und zahlenmäßig erfaßten Einzelfällen die zufälligen Abweichungen sich gegenseitig aufheben und so Feststellungen allgemeiner Regelmäßigkeiten erzielt werden, von denen auf bestimmte Ursachen oder wenigstens auf unabhängige 8Variablen geschlossen werden kann, welche die festgestellten überzufälligen Verteilungen hervorbringt oder (mit- )bedingt bzw. beeinflußt, oder auf das, was in Zukunft für gleiche oder ähnliche Verteilungstendenzen prognostiziert wird (statistische Gesetze; vgl. 8Wahrscheinlichkeit). status, lat. ›der Zustand‹; status nascendi, der Zustand des Entstehens; st. quo, der Zustand, in dem sich etwas befand oder befindet.
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Stein der Weisen (lat. lapis philosophorum), bei den Alchimisten (8Alchemie) das auch Magisterium, Roter Löwe, Rote Tinktur, Großes Elixier u. a. genannte Mittel zur Verwandlung unedler Stoffe in Gold und zur Heilung von Krankheiten. Stetigkeit, von Chr. Wolff eingef. für lat. continuitas, der lückenlose Zusammenhang von Größen, Mengen, äußeren oder inneren Vorgängen (8Dauer, 8Kontinuität). Stil, von lat. stilus, ›Griffel‹, 1. die Eigenart einer sprachlichen oder auch künstlerischen Ausdrucksweise, 2. die einheitliche und charakteristische Gestalt der Kunst- und Kulturerzeugnisse einer 8Epoche, der Werke eines Meisters oder einer Gruppe, Richtung, Schule, 3. die halb bewußt, halb unbewußt geprägte, alle Ausdrucksweisen und Lebensgewohnheiten durchziehende Form des persönlichen Lebens eines Menschen oder einer Menschengruppe. Man kann stilistische Formen vor dem Hintergrund der traditionellen 8Rhetorik entweder als 8Kanon vorgegebener Regeln begreifen, nach denen sprachliche Mittel zu bestimmten Schreib- und Redeanlässen zur Erreichung einer bestimmten Wirkung eingesetzt werden, oder aber als Kennzeichen sprachlicher 8Individuation auffassen, in der objektiv etablierte Formen sprachlichen Ausdrucks variiert oder aufgegeben werden. Im philosophischen S. kommt das Eigentümliche eines Denkens in den sprachlichen Formen selbst zum Ausdruck. Wenn die Sprachform Ausdruck
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der Denkform ist, kann S. in philosophischen Texten nicht bloß als überflüssiger Schmuck betrachtet werden, sondern wird für das Verständnis einer Philosophie selbst aufschlußreich sein. Stimmung, in der Psychologie im Unterschied zu den plötzlichen Erschütterungen ein Lebensgefühl. Die St.en lassen sich unterscheiden nach ihrer Art (Heiterkeit, Lustigkeit, Traurigkeit usw.), ihrem Grad und ihrem Verlauf (Labilität, Periodizität usw.). Von der psychologischen St. unterscheidet M. Heidegger (Sein und Zeit, 1927, S. 134) die ontologische Befindlichkeit: »Daß Stimmungen verdorben werden und umschlagen können, sagt nur, daß das Dasein je schon immer gestimmt ist ... Die St. macht offenbar, wie einem ist und wird. In diesem ›wie einem ist‹ bringt das Gestimmtsein das Sein in sein Da«. Stoa, Philosophenschule der Stoiker, benannt nach der von Polygnotos mit Bildern geschmückten bunten Halle (gr. stoa poikilë) in Athen, in der Zeno lehrte, gegründet um 300 v. Chr. Es werden unterschieden: die ältere St., vertreten durch Zeno, Kleanthes und Chrysippos, die mittlere St. mit ihren beiden Hauptvertretern Panaitios und Poseidonios und die jüngere St. der Kaiserzeit, zu der Seneca, Epiktet und Marc Aurel gehören. Die Werke der jüngeren Stoiker sind fast sämtlich erhalten, die der mittleren und der alten bis auf Zitate in anderen Schriftstellern und die Darstellungen und Verarbeitungen ihrer Lehren verloren. (Ausg. der Fragmente der alten
Strafe
St. durch J. v. Arnim: Stoicorum veterum fragmenta, 4 Bde. 1903- 24, Übers. v. W. Nestle, 2 Bde., 1923.) Stoizismus, die Philosophie und die Geisteshaltung der Stoiker, gekennzeichnet durch die Betonung der 8Vernunft, die Forderung eines vernünftigen, naturgemäßen und affektfreien Lebens und die Lehre, daß in der 8Tugend die wahre 8Glückseligkeit begründet und daß die Tugend lehrbar sei. 8Ataraxie. Stoff, gr. 8hylë, lat. materia; 1. in der Philosophie svw. 8Materie; 2. in der Chemie jede einheitl. materielle Form, unabh. von deren Aggregatzustand; 3. in der Textilund Bekleidungstechnik Halbfertigprodukt aus gewebten Garnen; 4. in den Literaturwissenschaften svw. Thema, Idee, Intention oder auch 8Motiv. Ggs.: 8Form. Stolz, mhd. stolz urspr. ›steif‹, übertr. auch stattlich, prächtig, hochgemut, übermütig, töricht, in der letzten Bedeutung vielleicht von lat. stultus beeinflußt. Vgl. 8Achtung, 8Eitelkeit, 8Hochmut. Strafe, Grundbedeutung ›Tadel‹; nach traditioneller Auffassung die 8Vergeltung eines 8Verbrechens durch ein dem Verbrecher von der Rechtsgemeinschaft zuerkanntes und zugefügtes 8Übel, dessen Schwere der seiner 8Schuld entspricht. Die St. unterscheidet sich von der 8Rache, der auf Befriedigung des verletzten Ehr- oder Rechtsgefühls abzielenden Reaktion des Verletzen selbst oder seiner Angehörigen, die notwendigerweise subjektiv gefärbt ist. Als Vergeltung eines Unrechts zielt die St. nach älteren Rechtsauffassungen
Strafe
darauf ab, das 8Recht, genauer: das durch die Tat gestörte Gleichgewicht zwischen der Geltung des Rechts als des objektiven Willens der Gemeinschaft und des besonderen Willens des Verbrechers wiederherzustellen. In diesem Sinne nennt G. W. Fr. Hegel (GPhR § 91) St. »das Aufheben des Verbrechens, das sonst gelten würde« und daher »die Wiederherstellung des Rechts«. Eine darüber hinausgehende Zufügung von Leiden, Grausamkeit, Quälerei liegt nicht im Begriffe der St. und widerstreitet den Forderungen der Menschlichkeit, die auch dem ›Täter‹ gegenüber in Geltung bleiben. Die philosophische Straftheorie befaßt sich in erster Linie mit der Frage nach ihren 8Zwecken und nach ihrer 8Rechtfertigung. Die wichtigsten St.zwecke sind: die Verhütung von Verbrechen durch ihre abschreckende Wirkung auf alle (Generalprävention), die Abschreckung oder Besserung des Täters (Spezialprävention) und, wo eine solche Wirkung nicht zu erwarten ist, der Schutz der Allgemeinheit vor einem Täter durch seine Isolation. Nach den reinen Zwecktheorien wird nicht deshalb gestraft, weil Unrecht begangen wurde (quia peccatum est), sondern damit künftig keines begangen werde (ne peccatur). Eine Variante der Theorie der Zweckstrafe ist die von dem Juristen A. von Feuerbach 1799 aufgestellte des ›psychologischen Zwanges‹, nach der der Gesetzgeber durch die Androhung der St. von der Begehung eines Verbrechens abzuhalten vermag.
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Die Vollziehung der St. geschieht dann, um dadurch die Ernstlichkeit der Drohung zu erweisen und ihre Wirksamkeit für die Zukunft sicherzustellen. Durch den Zweck kann allerdings nur der gesellschaftliche Nutzen der St., nicht aber ihre Berechtigung, zumal gegenüber dem Gestraften selbst, ihre 8Gerechtigkeit erwiesen werden. Demgemäß forderte I. Kant, der Verbrecher müsse vorher strafbar werden, ehe noch daran gedacht werden könne, aus der St. einigen Nutzen für ihn selbst oder seine Mitbürger zu ziehen (Met. d. Sitten, Rechtslehre). Ebenso erklärte G. W. Fr. Hegel, die verschiedenen Strafzwecke seien wohl »in Rücksicht der Modalität der Strafe« von wesentlicher Bedeutung, aber sie setzten die Begründung voraus, »daß das Strafen an und für sich gerecht sei« (GPhR § 99 Anm.). Der Sinn der St. und damit auch ihre 8Rechtfertigung liegt für Hegel darin, daß sie die 8Verantwortung des Täters sichtbar macht und den Spruch seines eigenen 8Gewissens real vollzieht. Eben darum erweist sie ihm sein 8Recht und seine 8Ehre als sittlicher 8Person und d. h.: für seine Handlungen (vor sich selbst wie vor der Gemeinschaft) verantwortlich genommen zu werden (GPhR § 100 Anm.). Während die sog. ›klassische Strafrechtsschule‹ (Hauptvertr. K. L. L. Binding, Hauptw. Die Normen u. ihre Übertretung, 4 Bde. 1872- 1920) als das Wesen der St. die Vergeltung ansah, betrachtete die Schule Fr. v. Liszts das Verbrechen nur als Wirkung gesellschaftlicher Ursachen und
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die St. als eines unter anderen Mitteln, Verbrechen zu verhüten. Das heutige Strafrecht unterscheidet zwischen St. als 8Sühne einer 8Schuld und Maßnahmen der Sicherung oder Besserung, die im Anschluß an eine strafbare Handlung unter gewissen Voraussetzungen, und zwar gemäß dem Gedanken des 8Rechtsstaats auch nur durch richterliche Urteile, verhängt werden können. Strategie (gr. stratëgia, zu stratos ›Heer‹ und agein ›führen‹; frz. stratégie), urspr. ›Kunst der Kriegsführung‹; in der modernen 8Spieltheorie ein den jeweiligen Spielregeln gemäßer Verhaltensplan. Zu unterscheiden sind dominante, gemischte und reine S.en. Eine dominante S. liegt vor, wenn sie bei jeder S. der Mitspieler zu optimalen Ergebnissen führt. Wählt ein Spieler genau eine S. aus, handelt es sich um eine reine S.; verwendet er einen Zufallsmechanismus zur Wahl zwischen verschiedenen reinen S.n, so liegt eine gemischte S. vor. Als Strategieraum wird in der Spieltheorie die Menge der möglichen Strategiekombinationen bezeichnet (s. a. 8Spiel). stringent (von lat. stringere ›Zusammenfassen‹), streng, bündig; dazu die Stringenz, die Bündigkeit, die strenge Beweiskraft. Struktur, lat. structura von struere ›bauen‹; aus der Bautechnik herkommend wurde der Begr. 1. urspr. in der Anatomie gebr., analog zur allg. Bedeutung für das 8Gefüge, den Aufbau eines zusammengesetzten Gebildes nach einer leitenden Idee oder auf Grund eines be-
Strukturalismus
herrschenden Faktors. 2. In der Chemie bedeutet St. die Lage der Atome im Molekül, in der Biologie die organische Gliederung, in der jedes Organ seine für das Ganze notwendige Funktion hat und selbst wieder Teilganzheit ist, die in Unterorgane zerfällt. Der urspr. teleologisch gemeinte Begriff der St. wies früher auf eine 8vitalistische Lebensauffassung hin (8Bauplan), wird aber auch unabhängig davon gebraucht. 3. In der Psychologie heißt St. allg. das Gefüge der seelischen und geistigen Anlagen, das ein Ganzes bildet und individuell oder typisch verschieden ist je nach den unterschiedl. Erlebnisund Leistungsdispositionen. Den Begr. führte W. Dilthey in die Psychologie ein für die Anordnung, nach welcher im entwickelten Seelenleben unterschiedl. psychische »Tatsachen« regelmäßig durch innere erlebbare Beziehungen miteinander verbunden sind (Id. üb. e. beschr. u. zergliedernde Psychol., EA 1894) (8Strukturpsychologie). 4. Der St.- Begriff wird in den Sozialwissenschaften in unterschiedl. Sinn als Synonym für Ordnung, Gefüge gebr. (z. B. Wirtschaftsstruktur, Sozialstruktur). Weitere Bedeutungen: 5. Musterung bei künstl. hergestellten Materialien; 6. in der Sprachwissenschaft: der Zusammenhang zwischen den Elementen eines Zeichensystems, z. B. Phoneme, Lexeme, Sememe (8Strukturalismus). Strukturalismus, allg. eine Bez. für einen Denkansatz, nach dem es bei der Erforschung eines Gebietes auf die Untersuchung seiner abstrak-
Strukturpsychologie
ten 8Struktur ankommt, d. h. auf die Klärung der Beziehungen zwischen seinen einzelnen Teilen. Größten Einfluß hat der S. 1. in der 8Sprachwissenschaft, in die er durch das Werk F. de Saussures eingeführt wurde (Cours de linguistique générale, 1916). Als zentraler Untersuchungsgegenstand wird hier 8Sprache (langue) als ein abstraktes System von 8Zeichen angesehen, die wesentlich durch ihre wechselseitigen Beziehungen definiert sind. So ist etwa in der strukturalistisch orientierten Phonologie (Lautlehre) ein Laut nicht allein durch seine physikalischen (akustischen) Merkmale bestimmt, sondern v. a. durch sein Verhältnis zu anderen Lauten, d. h. durch seine Stellung im Lautsystem. 2. Der S. in der Mathematik richtet sich auf die Untersuchung abstrakter Strukturen, die zunächst ganz verschieden anmutenden mathematischen Gebieten gleichermaßen zugrundeliegen (vgl. 8Algebra). 3. Die Denkweise des S. wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s. vor allem in Frankreich auch auf die Ethnologie (Cl. Lévi- Strauss), die Soziologie (L. Althusser), die Literaturwissenschaft (R. Barthes) und die Psychoanalyse (J. Lacan) angewandt und entwickelte sich zu einer sozialund kulturwissenschaftl. Richtung, in welcher kulturelle Phänomene in erster Linie auf der ›synchronen‹ Ebene der internen Bedeutungsbeziehungen sprachl. Texte (8Diskurs) oder künstlerischer Symbolsysteme und nicht mehr auf der Ebene der rekonstruierten Intentionen und Motive der Sprecher,
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Autoren oder Produzenten analysiert werden. S. dient auch allg. 4. als Sammelbezeichnung für unterschiedl. Richtungen der kognitiven Psychologie und der Linguistik, welche die formalen Bedingungen des Spracherwerbs und der Denkfähigkeit untersuchen (z. B. J. Piaget, inbes. in Abriß der genet. Epistemologie, 1950, dt. 1974; N. Chomsky, zuerst in Aspekte der Syntax- Theorie, engl. 1965, dt. 1969); in diesem Sinne wird S. auch verw. als klassifikator. Bezeichnung für Forschungsansätze, bei denen eine gesellschaftl. oder individuelle Entwicklung nach einem ausschließl. theoretisch ausgewiesenen abstrakten Modell in der Wissenschaft rekonstruiert wird. Strukturpsychologie, Bez. für eine von W. Dilthey u. a. begr. Methode der geisteswissensch. Interpretation menschl. Handlungen u. Dispositionen, die von der organischen oder sinnvollen Gliederung des seelischen Aufbaus oder der persönlichen Eigenart und deren ganzheitlichem Charakter ausgeht. Die Grundannahmen der St. wurden in Zusammenhang mit Fragen der 8geisteswissenschaftlichen Psychologie entwickelt; gelegentlich auch Sammelname für 8Gestalt- und Ganzheitspsychologie überhaupt. Subalternation, neulat. ›Unterordnung des einen unter das andere‹, in der 8Logik die Unterordnung von Begriffen unter andere Begriffe von weiterem Umfang oder von partikulären 8Urteilen unter allgemeine. Subalternationsschlüsse sind solche Schlüsse, die sich aus der S. von Urteilen ergeben; z. B.
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Alle Wissenschaften bilden den Geist, folglich auch die mathematischen Wissenschaften, da die mathematischen Wissenschaften dem weiteren Begriff »alle Wissenschaften« untergeordnet sind. Dabei heißt das allgemeine Urteil das subalternierende (propositio subalternans), das besondere das subalternierte (propositio subalternata). Der Schluß von dem allgemeinen auf das besondere Urteil heißt der Schluß a maiori ad minus ›vom Größeren auf das Geringere‹, der von der Ungültigkeit des besonderen auf die des allgemeinen a minori ad maius ›vom Geringeren auf das Größere‹. Vgl. auch 8logisches Quadrat. Subdivision, lat., die Untereinteilung (8Einteilung). Subjekt, lat. subiectum das ›Daruntergeworfene‹, Übers. für gr. hypokeimenon das ›darunter Liegende‹, im Gegensatz zu 8Objekt 1. ontologisch: der Träger von Zuständen und Wirkungen, svw. 8Substrat, 8Substanz, aber im allg. nur für belebte und beseelte Träger oder solche, denen Belebtheit und Beseeltheit zugedacht wird, gebr.; im Mittelalter bis zum 18. Jh. gebr. für den vom Erkennen und Vorstellen unabhängigen Gegenstand, d. h. für das, was jetzt 8Objekt heißt (8Subjekt- Objekt- Problem); 2. logisch und grammatisch: der Träger des Prädikats, der Aussage; der Satzgegenstand; doch braucht das logische S. nicht mit dem grammatikalischen zusammenfallen. In dem Satz »Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze« ist »die Nachwelt« das grammatikalische, aber
subjektiv
»der Mime« das logische S., denn er ist es, dem die Aussage gilt; 3. psychologisch: der Träger der Erlebnisse, Wahrnehmungen und Vorstellungen, Gefühle, Bewußtseinsvorgänge und - inhalte, das 8Ich; 4. erkenntnistheoretisch: das erkennende Ich als Inbegriff der Erkenntnisfunktionen und Erkenntnisformen im Gegensatz zu den Objekten, den zu erkennnenden Gegenständen, bei I. Kant das von den Besonderheiten der Einzel- Iche frei gedachte 8Bewußtsein überhaupt. subjektiv, dem 8Subjekt, dem auffassenden Geist angehörig, im Subjekt begründet, nur für das Subjekt, im Sinne des 8Bewußtseins überhaupt oder des Einzelmenschen vorhanden und geltend. Dazu Subjektivismus, allg. die Richtung des Subjektes auf sich, das Beharren auf dem ihm Eigentümlichen bei Blindheit oder Mangel an Offenheit für alles außerhalb seines engen Umkreises Liegenden (Objektiven); in philos. Bedeutung die Ansicht, nach der es keine 8objektiven Erkenntnisse, Wahrheiten und Werte gibt, sondern nur solche, die für jedes Subjekt in gleicher Weise (überindividuell, allgemeingültig) oder nur für die einzelnen Subjekte in verschiedener Weise, je nach ihrer individuellen Beschaffenheit, gelten. Subjektivistisch in diesem Sinn ist der Satz des Protagoras: »Der Mensch ist das Maß aller Dinge.« Subjektivität, 1. das Vorhanden- und Gültigsein allein für den auffassenden Geist; 2. das Subjektsein im Sinne des Subjektivismus; 3. klassifik. Bez. für Merkmale von
Subjekt-Objekt-Problem
Subjekten; 4. Synonym für Subjekt. Unendliche Subjektivität ist ein Ausdruck G. W. Fr. Hegels und dann S. Kierkegaards für die Selbsthaftigkeit des geistigen Lebens (8Selbst, 8Existenz). Subjekt-Objekt-Problem, Bez. für die Frage, wie das Verhältnis zwischen erkennendem 8Subjekt und erkanntem 8Objekt genau zu verstehen ist: Wie kommt das denkende Subjekt zu Erkenntnissen über die objektive Welt? In der platonischen Tradition ging man davon aus, daß Welterkenntnis für ein Subjekt nur dadurch möglich sei, daß es die 8Ideen, an denen die Dinge der Welt teilhaben (8methexis), in einer vorgeburtlichen Schau schon einmal wahrgenommen hat. 8Erkenntnis sei damit nichts anderes als ein Wiedererkennen (anamnësis; vgl. 8Anamnese). Nach der rationalistischen Auffassung R. Descartes’ kann sich das Subjekt aus eigener Kraft nur der jeweils eigenen Existenz als res cogitans (lat. ›denkendes Ding‹) unmittelbar gewiß sein; daß es darüberhinaus zur Erkenntnis der Objekte der Außenwelt als res extensae (lat. ›augedehnte Dinge‹) gelangen kann, wird nur durch das Wirken eines wahrhaftigen Gottes garantiert (Meditationes de prima philosophia, 1641). Die englischen Empiristen (speziell J. Locke, An Essay Concerning Human Understanding, 1690) führten die Erkenntnis der Außenwelt dagegen auf die kausale Einwirkung der Welt auf das Subjekt zurück. I. Kants 8Transzendentalphilosophie markiert insofern eine Wende, als sie die Vorausset-
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zung der Unabhängigkeit der erkannten Welt vom Subjekt aufgibt: Die Art und Weise, wie uns die Welt erscheint, ist abhängig von den subjektiven Bedingungen der Erkenntnis. Wir nehmen die Dinge der Welt nicht so wahr, wie sie ›an sich‹ sind, sondern so, wie sie uns aufgrund unserer subjektiven 8Anschauungsformen und 8Kategorien erscheinen. Eine ganz andersartige Form der Abhängigkeit zwischen beobachtendem Subjekt und beobachtetem Objekt ergibt sich aus den Befunden der modernen 8Quantenphysik: Hier scheinen Meßprozeduren überhaupt erst bestimmte Eigenschaften der beobachteten mikrophysikalischen Objekte zu bewirken. K. O. Apel versucht in seinem ›transzendentalpragmatischen‹ Ansatz, die Möglichkeit der 8Kommunikation zwischen Subjekten als pragmat. Bedingung zumindest für den intersubjektiven Konsens über das Subjekt- Objekt- Problem nachzuweisen (Transformation der Philosophie, 1973). Subjektsbegriff (lat. minor terminus), Begriff, der im Untersatz (der ›Minorprämisse‹) und an erster Stelle der 8Konklusion eines syllogistischen Schlusses vorkommt; vgl. 8Syllogistik. Subjunktion, zu lat. subiungere ›unterjochen‹, anfügen, hinzufügen; auch ›materiale Implikation‹ genannt, ein 8Junktor der 8Aussagenlogik, der oft durch ›→ ‹ (zuweilen auch durch › ⊃ ‹) symbolisiert wird und mit dessen Hilfe aus zwei Aussagen A und B eine neue, komplexere Aussage A → B (sprich: »A im-
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pliziert material B«) gebildet werden kann. In der aussagenlogischen 8Semantik legt man die Bedeutung des Junktors › → ‹ durch die folgende 8Wahrheitsbedingung fest: Für beliebige Aussagen A und B gilt: A → B ist wahr, wenn A falsch oder B wahr ist (oder beides); andernfalls ist A → B falsch. Häufig paraphrasiert man »A → B« durch die Wendung »Wenn A, dann B«; die S. ist aber keineswegs ein genaues Äquivalent zur »Wenn ..., dann ...«- Beziehung der Alltagssprache (vgl. 8Implikation). Die Bedeutung der S. für die Logik liegt nicht in der Wiedergabe dieser Beziehung, sondern in ihrer engen Verbindung mit dem zentralen Konzept des logisch gültigen 8Schlusses. subkonszient, aus lat. sub ›unter‹ und consciens ›bewußt‹, unterbewußt, svw. 8unbewußt (8bewußt, 8Psychologie). subkonträr, zu lat. sub ›unter‹ und contrarius ›entgegengesetzt‹, svw. ›unter die Gegensätzlichkeit fallend‹. S. nennt man in der traditionellen 8Syllogistik die Beziehung zwischen einer partikulär bejahenden und einer partikulär verneinden Aussage, z. B. zwischen »Einige Menschen sind glücklich« und »Einige Menschen sind nicht glücklich«: Mindestens einer dieser Sätze ist wahr (so daß man aus der Falschheit des einen durch einen Subkontraritätsschluß auf die Wahrheit des anderen schließen kann), ohne daß der eine die Negation des anderen wäre (beide können auch zugleich wahr sein). Vgl. auch 8logisches Quadrat.
Substanz
sublim, lat. sublimis ›hochstrebend‹, 8erhaben; dazu Sublimierung, die Erhebung, Steigerung ins Erhabene, die Vergeistigung, Verfeinerung; in der Psychologie des 8Unbewußten, bes. der 8Psychoanalyse, im engeren Sinne die Entsexualisierung des Sexuellen, im weiteren die unbewußte Auswirkung der ›Energien‹ des unmittelbar nicht zugelassenen Trieblebens in verfeinerter, vergeistigter Form. Subordination, lat., die Unterordnung, insbes. von 8Begriffen engeren Umfangs unter solche von weiterem (8Einteilung); subordiniert, untergeordnet. subsistent, lat. subsistens ›stehenbleibend‹, für sich bestehend; dazu Subsistenz (gr. hypostasis), der Bestand, das Bestehen durch sich selbst und für sich selbst (8Kategorien). sub specie aeternitatis, lat. ›unter der Form (der Art, auch dem Gesichtspunkt) der Ewigkeit‹. Vgl. 8amor intellectualis Dei. Subspecies, lat. ›die Unterart‹. substantial oder substantiell, von lat. substantialis ›substanzartig‹ (8Substanz), zum Wesen gehörend, wesenhaft, wesentlich; auch stofflich, materiell. Substantialismus, auch Substanzialismus oder Substantialitätstheorie, die Lehre, nach der die 8Seele eine Substanz, ein dinghaftes Wesen (8Ding) sei. Gegensatz: 8Aktualitätstheorie. Substantialität, die Wesentlichkeit, das Substanzsein. Substanz, von lat. substantia das ›darunter Bestehende‹ (gr. hypokeimenon), das Bestand Habende,
Substanz
das Selbständige, Fürsichbestehende im Unterschied von dem Unselbständigen, nur an anderem Bestehenden, den Eigenschaften (8Akzidenz), das Beharrende im Unterschied zum Wechselnden, zu den Zuständen. Plato benennt das, was später S. heißt, mit dem Begriff der ousia und findet deren Spezifikation in den allgemeinen Begriffen oder Ideen, in Absonderung von der Sinnenwelt. Aristoteles, der die Idee in dem Stoffe, das Allgemeine im Einzelnen suchte, bringt es nicht zu einer festen abschließenden Definition der S. Er nennt S. (ousia, hypokeimenon) bald das Beharrende, den Träger der wechselnden Affektionen (symbebëkota) (Anal. post. I, 21, 83 a 24 ff.), bald das Selbständige (Met. VI, 3, 1029 a 8), bald die der Materie innewohnende Form (Met. IV, 8, 1017 b 25), bald das Wesentliche (Met. VI, 3, 1029 a 1), bald auch das Einzelding (Kategorien 5, 2 a 18). Er unterscheidet endlich auch drei S.en: die Materie, die Gestalt und das Produkt beider (Met. VI, 3, 1029 a 2). Im Mittelalter schloß man sich in der Bestimmung des S.begriffes entweder an Plato (Idee) oder an Aristoteles (Form) an. Die für die neuzeitl. Philosophie wichtigsten Definitionen der S. sind die von R. Descartes (Principia I 51): »Unter S. können wir nur ein Ding verstehen, das so existiert, daß es zu seiner eigenen Existenz keines anderen Dinges bedarf« und von B. Spinoza (Ethica I, Def. 3): »Unter S. verstehe ich das, was in sich ist und durch sich begriffen wird, d. h. das, dessen
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Begriff, um gebildet werden zu können, des Begriffs eines anderen Dinges nicht bedarf«. G. W. Leibniz bestimmte das Wesen der S. als tätige Kraft, als Vorstellung, und nahm eine unendliche Zahl von S.en (8Monaden) an. J. Locke hat zuerst in der Neuzeit den S.begriff, wie er vom Altertum und Mittelalter her überliefert war, scharf kritisiert und dabei unterstellt, er bezeichne nichts als den gänzlich unbekannten Träger gewisser Eigenschaften. D. Hume löste dann den S.begriff ebenso wie den Kausalitätsbegriff in folgender Hinsicht auf: Durch sinnliche Eindrücke werden nur Zustände und Möglichkeiten, nicht S.en wahrgenommen. Ebensowenig gewinnen wir die S. durch innere Erfahrung: Die beharrliche Gleichheit der Attribute rechtfertigt nicht die Annahme eines beharrenden Trägers derselben. Die S. ist danach nichts weiter als das Zusammensein der 8Eigenschaften. I. Kant bestimmt den S.begriff als Kategorie der 8Relation zusammen mit dem Begriff der 8Akzidenzen. Die S. ist für ihn das Beharrliche, der Träger der wechselnden Akzidenzen: »Bei allem Wechsel der Erscheinung beharrt die S., und das Quantum derselben wird in der Natur weder vermehrt noch vermindert ...« (KrV, Erste Analogie der Erfahrung). In diesem Sinn der Unvermehrbarkeit und Unzerstörbarkeit der Quantität wird der Begriff der S. insbesondere in der Naturwissenschaft und Naturphilosophie gebraucht: 8Masse und 8Energie spielen in der Physik wegen der für sie geltenden
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Erhaltungsgesetze die Rolle der S. Erkennt man nur sie als S. an, so kommt man zum 8Materialismus. Erkennt man auch der Seele den Charakter der S. zu (8Substanzialismus), so kommt man zu einem 8Dualismus, wie ihn R. Descartes durch die Gegenüberstellung der ausgedehnten (materiellen) und denkenden (seelischen) S. formulierte. B. Spinoza setzte nur Gott als S. und erklärte Ausdehnung und Denken als ihre Attribute (8Spinozismus). Betrachtet man das Leben nicht als physikalisch- chemisches Geschehen, so heißt der Stoff, an dem es sich abspielt, die »lebende« S. Der Begriff S. hat hat demnach in der Geschichte der Philosophie keine allgemein anerkannte Bestimmung gefunden, vielmehr versteht man darunter entweder den 8Stoff oder das seiende 8Ding oder die 8Kraft oder die 8Form oder das 8Absolute oder das Sein der Natur oder das Sein des Geistes, oder man leugnet die Existenz von S.en ganz ab. Durch bloße 8Wahrnehmung ist das, was man S. nennt, nicht aufzufinden, dazu ist vielmehr eine Begriffsbildung erforderlich, mit deren Hilfe Seiendes zwar gedacht werden kann, auch wenn es nicht angeschaut wird. Ob ihr metaphysisch etwas entspricht, sei es ein Materielles oder ein Geistiges oder ein Absolutes oder ein uns völlig Unbekanntes oder ein ›Nichts‹, ist eine der Grundfragen der 8Metaphysik und eines der dabei am häufigsten abgehandelten Probleme. substituieren, lat., an die Stelle von etwas setzen, einsetzen; Sub-
subsumieren
stitution, die Ersetzung des einen durch ein anderes, in der Logik eines Begriffs durch einen gleich geltenden; in der Mathematik jedes Verfahren, bei dem Größen durch andere gleichwertige ersetzt werden. Substitutionsregel, in der Logik die Regel, nach der 8Variable n durch beliebige Zeichen aus ihrem Variabilitätsbereich ersetzt werden dürfen. Substitutionsprinzip, lat., Ersetzungsprinzip, in der Logik der Grundsatz, nach dem man verschiedene Ausdrücke mit gleicher Extension (Intension) in extensionalen (intensionalen) Kontexten füreinander einsetzen kann, ohne die Extension (Intension) des Gesamtausdrucks zu verändern (vgl. 8Intension/Extension). So kann man z. B. in dem Satz »Der Morgenstern ist der hellste Stern am Himmel« den 8Namen »(der) Morgenstern« durch den extensionsgleichen Namen »(die) Venus« ersetzen, ohne den 8Wahrheitswert des Satzes zu verändern. Substrat, von lat. substratum das ›Untergelegte‹; Grundlage, in der 8Philosophie svw. 8Substanz, insbes. die eigenschaftslose Substanz eines Dinges als Eigenschaftsträger; in der Sprachwissenschaft Bez. für eine Schicht älterer sprachl. Elemente, die aus einer durch andere Sprachen abgelösten Tradition stammen. subsumieren, von lat. subsumere ›darunternehmen‹, etwas einem andern unterordnen, darunter begreifen, einbegreifen, insbes. einen 8Begriff von engerem Umfang einem von weiterem unterordnen, in seinen Umfang einbeziehen; dazu
Subsum(p)tion
Subsum(p)tion, die Unterordnung, die Einbeziehung, insbes. eines Artbegriffs unter einen Gattungsbegriff, eines Begriffs von engerem Umfang unter einen von weiterem. Subsum(p)tionsschluß, ein 8Schluß, der dadurch zustande kommt, daß Begriffe von engerem Umfang solchen von weiterem Umfang untergeordnet, unter sie subsumiert werden. südwestdeutsche Schule, 8Neukantianismus; 8badische Sch. Sufismus (arab. Sufi der ›Woll-bekleidete‹), die arabisch- persische Mystik, nach der der Mensch eine 8Emanation Gottes ist und wieder zu ihm zurückstrebt. Die berühmten Dichter Dschelal edin Rumi, Hafis und Saadi waren Sufisten. Sühne, ahd. suona, mhd. suone ›Urteil‹, ›Versöhnung‹; urspr. die Wiedergutmachung, der Ersatz für begangenes 8Unrecht, mit dem Ziel, die insbes. göttliche 8Rache abzuwenden, den Beleidigten zu versöhnen und die zerstörte Ordnung wiederherzustellen. Im christl. Bereich erhalten S. und S.leistungen dadurch ihren besonderen Sinn, daß sie bezogen sind auf die einmalige stellvertretende Versöhnungstat Christi, durch die jede 8Versöhnung von Gott und Mensch allererst möglich wurde. 8Vermittlung, 8Buße. Sukzession, lat. successio ›Nachfolge‹, die zeitliche Aufeinanderfolge; entspr. sukzessiv, aufeinanderfolgend, allmählich. summativ, Neub. von lat. summa, eine 8Summe darstellend, nach Art einer Summe, svw. 8additiv.
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Summe, lat. summa, die durch Zusammenzählung oder - setzung entstandene Vielheit; insbes. Name der scholastischen Systemform, in der der gesamte Wissensstoff zum Zwecke der Lehre dargeboten wurde (8scholastische Methode). Summisten heißen die mittelalterlichen Schriftsteller, die sich der Systemform der S. bedienten (8Enzyklopädie, 8Eklektizismus). summum bonum, lat. ›das höchste Gut‹, vgl. 8Gut. summum ius summa iniuria, lat. ›das höchste Recht ist das höchste Unrecht‹, röm. Sprichwort, z. B. bei Cicero (De officiis I, 10, 33 ff.). Sünde (gr. hamartia, lat. peccatum), ahd. sunt(e)a, mhd. sünde; urspr. Trennung, Abgeschiedenheit. Grundbedeutung wahrscheinl. ›Verhalten, dessen man sich zu schämen hat‹. Nach jüdisch- christlicher Auffassung ist die S. verursacht durch den Sündenfall des ersten Menschen (8Erbsünde). Vgl. auch 8böse, 8Schuld. sunder warumbe, mhd. ›ohne Warum‹, d. h. ohne 8Endzweck; aus reiner Selbstzwecklichkeit lebt der Mensch nach Meister Eckhart, wenn Gott in ihm geboren wird. Das s. w. ist Ausdruck voller Bejahung des eigenen Lebens aus Gott heraus. Sunna, arab. ›überkommende Handlungsweise‹; im 8Islam die Sammlung der von Mohammed überlieferten Aussprüche, Entscheidungen und Empfehlungen für Handlungsweisen. Sunniten: Sammelbez. für die größere der beiden Hauptgruppen der islamischen Weltgemeinschaft (›Umma‹),
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als Klassifikationsbegr.: gebräuchlich zur Unterscheidung von der ›Shia‹ (›Trennung‹), den Shiiten. Die Sunniten schließen an relig. Traditionen an, die nicht nur auf Verwandte des Propheten, sondern auch auf dessen nicht blutsverwandte Nachfolger zurückgehen. Deren Glaubens- und Pflichtenlehre beruft sich nicht nur auf den Qoran, sondern auch auf die S. supererogatorisch, zu lat. supererogatio eine ›über etw. hinausgehende Auszahlung‹. In der Ethik bez. man solche Handlungen als s., die als moralisch 8gut bewertet werden, ohne daß man zu ihnen verpflichtet wäre, die in diesem Sinne also über das moralisch Gebotene hinausgehen. Als s. könnte z. B. das freiwillige und unentgeltliche Spenden einer Niere zugunsten eines anonymen Empfängers gelten. Superspiel, uneinheitlich verwendete spieltheoretische Bezeichnung für (a) (hinreichend oft) wiederholte Spiele oder (b) Spiele mit unendlichem Zeithorizont (unendliche Spiele); vgl. 8Spiel, 8Spieltheorie. Superstition, von lat. superstitio die ›ängstliche Scheu‹ insbes. vor dem Göttlichen, der 8Aberglaube. Supervenienz (engl. supervenience) von Werteigenschaften (von lat. supervenire, engl. supervene ›dazwischenkommen‹, hinzukommen), auf G. E. Moore (Principia Ethica, 1903) und R. M. Hare (The Language of Morals, 1952) zurückgehender metaethisch- sprachphilosophischer Grundsatz, wonach mit Wert-
Supposition
prädikaten wie ›8gut‹ keine Eigenschaften beschrieben, sondern beschreibbare Eigenschaften bewertet werden. Eine Eigenschaftsmenge F superveniert über einer Eigenschaftsmenge G gdw. alle Gegenstände, die die gleichen Eigenschaften aus G haben, auch die gleichen Eigenschaften aus F haben. So kann man bei deskriptiven Ausdrücken z. B. sagen: »Dieses Bild ist genau wie das andere, nur mit dem Unterschied, daß es rot ist und das andere nicht«. Im Bereich von Werturteilen ist dies aber nicht möglich. Man kann nicht sagen: »Dieses Bild ist genau wie das andere, nur mit dem Unterschied, daß es gut ist und das andere nicht«, da sich Wertprädikate auf alle Eigenschaften beziehen. Es muß ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Bildern bestehen, damit nur das eine als gut bezeichnet werden kann (vgl. R. M. Hare, The Language of Morals, insbes. Kap. 7). Supposition, zu lat. suppositio ›Unterschieben‹, ›Unterlegung‹; allg. svw. Voraussetzung, Unterstellung (vgl. auch 8Präsupposition); daneben die Art und Weise, in der ein Zeichen in einem bestimmten Zusammenhang vorkommt. Diese letztere Verwendung des Begriffs geht auf die scholastische Logik und Sprachphilosophie zurück, wo man etwa (im Anschluß an William v. Shyreswood, erste Hälfte des 13. Jahrhunderts) zwischen materialer und formaler Supposition unterschied: In dem Satz »Cicero war ein großer römischer Redner«, in dem man sich mit dem Namen
Supranaturalismus
»Cicero« auf Cicero bezieht und der etwas über diese Person aussagt, supponiert der Name »Cicero« material, in dem (nach heutigen Maßstäben nicht ganz korrekt geschriebenen) Satz »Cicero hat sechs Buchstaben«, in dem offenkundig nicht von der Person Cicero, sondern von dem Namen »Cicero« die Rede ist, supponiert er formal. Zur Kennzeichnung einer »formalen Supposition« eines Ausdrucks würde man ihn heute in Anführungszeichen setzen, also etwa »›Cicero‹ hat sechs Buchstaben« schreiben (vgl. 8Metasprache/Objektsprache). Weiter unterschied man noch zwischen Fällen, in denen ein material oder formal supponierender Ausdruck ein singulärer Term (8Terminus) wie »Cicero« (material- singuläre bzw. formal- singuläre Supposition) oder ein allgemeiner Begriff wie »Redner« ist (material-allgemein: »Cicero war ein Redner«, formal- allgemein: » ›Redner‹ hat zwei Silben«). Wichtige Beiträge zur mittelalterlichen Suppositionstheorie haben u.a. Thomas v. Aquin und Wilhelm v. Ockham geliefert, die auch noch weitere Unterscheidungen einführten. Supranaturalismus, von lat. supra ›über‹, ›darüber‹ und natura ›Natur‹, der Glaube an Übernatürliches, insbes. an eine übernatürliche 8Offenbarung und das Denken auf Grund einer solchen. suum cuique tribue, lat. ›erteile jedem das Seine‹. Vgl. 8Gerechtigkeit. Syllogismus, gr. syllogismos ›Zusammensetzung‹, dann auch ›Ver-
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nunftschluß‹, ein gültiger Schluß in der 8Syllogistik, von Aristoteles (Anal. prior. I 1.24 b 18) eingef. und definiert: »Ein S. ist eine Rede (logos), in der, wenn etwas gesetzt wird, etwas von dem Gesetzten Verschiedenes notwendig dadurch folgt, daß dieses ist. Mit dem Ausdruck: dadurch, daß dieses ist, meine ich, daß die Folge seinetwegen eintritt, daß es sonst keines von außen zu nehmenden Begriffs bedarf, damit sich ihre Notwendigkeit ergibt.« Syllogistik, von gr. syllogizesthai ›zusammenfügen‹, bei sich zusammenrechnen, durch richtiges Schließen herausfinden, folgern; die Theorie einer speziellen Klasse logischer Schlüsse (8Schluß), die von Aristoteles (Anal. prior.) begründet und vor allem in der Antike und der 8Scholastik systematisch ausgebaut wurde. Sie blieb bis ins 19. Jahrhundert hinein das Kernstück der Logik. In der S. betrachtet man Aussagen der folgenden Formen: Alle S sind P (allgemein bejahende Sätze) – symbolisch SaP; Einige S sind P (partikulär bejahende Sätze) – SiP; Kein S ist P (allgemein verneinende Sätze) – SeP; Einige S sind nicht P (partikulär verneinende Sätze) – SoP. Die Buchstaben S und P stehen dabei für einfache Begriffe wie »(... ist ein) Mensch« oder »(... ist) sterblich«, also für einstellige 8Prädikate im Sinne der modernen 8Prädikatenlogik. Eine Aussage der Form SaP ist etwa »Alle Menschen sind sterblich«. Die logischen Beziehungen zwischen den verschiedenen Aussageformen lassen sich im 8logischen
Syllogistik
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Quadrat veranschaulichen. Im Rahmen der S. werden ausschließlich solche Schlüsse untersucht, in denen (1) nur Sätze der gerade angegebenen Formen vorkommen, die (2) aus zwei 8Prämissen und einer 8Konklusion bestehen, in deren Prämissen (3) neben dem › 8Subjektsbegriff‹ S (terminus minor) und dem ›Prädikatsbegriff‹ P (terminus maior) ein gemeinsamer ›Mittelbegriff‹ M (terminus medius) vorkommt und in deren Konklusion (4) der Subjekts- und der Prädikatsbegriff enthalten sind. Unter diesen Randbedingungen gibt es rein rechnerisch zunächst 16 verschiedene Möglichkeiten der Anordnung des Subjekts- , Prädikatsund Mittelbegriffs in den Prämissen und der Konklusion. Für logische Zwecke braucht man jedoch nur vier von ihnen, die sogenannten Grundformen oder Grundfiguren zu betrachten: 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. MxP PxM MxP PxM Maiorprämisse SyM SyM MyS MyS Minorprämisse SzP SzP SzP SzP Konklusion Dabei stehen x, y und z als Variablen für die Beziehungen a, e, i, und o. Die anderen möglichen Anordnungen der Begriffe erhält man durch die gleichmäßige Vertauschung von S und P und die Vertauschung von Prämissen, durch Operationen also, die logisch neutral sind und schon in der Antike als solche erkannt wurden. Ersetzt man nun die Variablen in den
Grundfiguren durch a, e, i oder o, so erhält man für jede Figur 43 = 64, zusammen also 256 sogenannte Modi. Von diesen stellen 24 (6 in jeder Figur) gültige Schlüsse, die sogenannten 8Syllogismen, dar. Für die Gültigkeit mancher Schlüsse muß man allerdings zusätzlich annehmen, daß die vorkommenden Begriffe auf mindestens ein Ding zutreffen oder daß sie nicht auf alle Gegenstände zutreffen; in der S. behandelte man nur Begriffe, die weder leer sind noch alle Dinge umfassen. Die gültigen Schlüsse der verschiedenen Figuren wurden im Mittelalter durch Phantasienamen bezeichnet, deren Form die Struktur des benannten Schlusses abbildeten. Sie wurden u. a. durch die Introductiones in logicam des William von Shyreswood (erste Hälfte des 13. Jahrhunderts) verbreitet. Gültige Schlüsse der ersten Figur sind z. B. die Modi Barbara und Celarent: Die Reihenfolge der in den Namen enthaltenen Vokale aa- a bzw. e- a- e gibt jeweils die Verteilung der Symbole a und e auf die erste und die zweite Prämisse und die Konklusion an. Entsprechend sind die Modi Barbara und Celarent so darzustellen: Barbara MaP SaM SaP
Celarent MeP SaM SeP
Ein Beispiel für einen Schluß nach dem Modus Barbara ist der von »Alle Menschen sind sterblich« und »Alle Griechen sind Menschen« auf »Alle Griechen sind sterblich«. Die gültigen Schlüsse der
Symbiose
zweiten, dritten und vierten Figur lassen sich nach gewissen Regeln aus denen der ersten ableiten, die Aristoteles für besonders evident hielt; die Art der Ableitungen läßt sich aus den Konsonanten der Phantasienamen ablesen, mit denen diese Schlüsse bezeichnet werden. – Das syllogistische Schließen läßt sich im Rahmen der modernen 8Prädikatenlogik rekonstruieren. Der Modus Barbara ist dann z. B. als Schluß von ∀(Mx → Sx) und ∀x(Px → Mx) auf ∀x(Px → Sx) darzustellen. Wegen dieser Rekonstruierbarkeit im Rahmen der Prädikatenlogik, die ihrerseits die Gesetze der elementaren 8Aussagenlogik voraussetzt, betrachtet man die S. heute nicht mehr als logische Basisdisziplin. Die Ausdrucksstärke des syllogistischen Systems ist, verglichen mit dem der modernen Prädikatenlogik, eng begrenzt: Ein Manko besteht vor allem darin, daß in ihm keine mehrstelligen Prädikate wie »... ist der Vater von ...« behandelt werden können. Da die S. aber bis ins 19. Jahrhundert hinein geradezu als Inbegriff der Logik galt und das Denken wie die Argumentationsweise vieler Philosophen geprägt hat, ist die Beschäftigung mit ihr auch außerhalb rein logikgeschichtlicherUntersuchungen nach wie vor von Nutzen. – Die dominierende Stellung der S. hat andere wichtige Ansätze in der Logik, etwa die Aussagenlogik der 8Stoa, für lange Zeit in den Hintergrund treten lassen. – Vereinzelt rechnete man neben den hier vorgestellten sog. ›assertorischen‹ (bejahenden) Syllogismen auch hypothetische
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und modale Syllogismen zum Gegenstandsbereich der S. In einem hypothetischen Syllogismus kommt mindestens eine Prämisse der Form »M ist P, falls Q R ist« vor, die Prämissen modaler Syllogismen enthalten Modalbegriffe wie ›möglich‹ und ›notwendig‹ (vgl. 8Modalität). Symbiose, gr. symbiôsis ›das Zusammenleben‹, insbes. das dauernde Zusammenleben von 8Organismen verschiedener Art, den Symbionten, die aufeinander angewiesen sind, um leben zu können. Symbol, gr. symbolon ›das Zusammengeworfene‹; 1. an diese urspr. Bed. anknüpfender Begr. für thetisch zusammengestelltes Glaubensbekenntnis, z. B. in Symbolum Apostolicum; 2. im übertr. Sinne im relig. Sprachgebr. auch Wahrzeichen, von daher auch allg. verw. für 8Zeichen oder Sinnbild, das ein unsinnliches Anderes ausdrückt, bedeutet oder gleichnishaft in übertragenem Sinn (8Metapher) auf es hinweist. 3. Ein nicht- ikonisches S., im Sinne eines Zeichens etwa in der symbolischen 8Logik, repräsentiert einen Sachverhalt, hat aber in der Form kein sachliches Verhältnis zu diesem ausgedrückten Sachverhalt, erhält vielmehr eine exakt festgelegte Bedeutung durch 8Konvention. 4. Bei ikonischen, d. h. bild- und gleichnishaften S.en, wird ein Allgemeines, z. B. eine 8Idee, sinnlich erfahrbar repräsentiert und verstanden, wenn ein Vorwissen symbolischer Bildbedeutungen vorausgesetzt wird. I. Kant hat das S. systematisch bestimmt, indem er es als sinnliche Darstellung von 8Begrif-
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fen charakterisiert. Im Schematismus (8Schema) wird den Verstandesbegriffen »die korrespondierende Anschauung a priori gegeben«, im S. dagegen wird »einem Begriffe, den nur die Vernunft denken, und dem keine sinnliche Anschauung angemessen sein kann, eine solche untergelegt ...« (KdU, 1790, § 59). Diese Veranschaulichung von Ideen geschieht »bloß analogisch« für die Reflexion, die den angeschauten symbolischen Gegenstand auf den ihm zugrundeliegenden Vernunftbegriff bezieht. Fr. W. J. Schelling hat das S. als absolute Identität von Allgemeinem und Besonderem aufgefaßt und deshalb gegenüber 8Schematismus (Anschauung eines Besonderen durch das Allgemeine) und 8Allegorie (Anschauung des Allgemeinen durch das Besondere) abgegrenzt: »Die Synthesis dieser beiden, wo weder das Allgemeine das Besondere, noch das Besondere das Allgemeine bedeutet, sondern wo beide absolut eins sind, ist das Symbolische« (Philosophie der Kunst, entst. 1802 bis 1805, EA in der Werkausg. 1859, § 39). Damit fällt das Symbolische mit dem Wesen aller Kunst zusammen, das für Schelling in der Darstellung des Absoluten im Besonderen besteht. Gegenüber dieser Auffassung betont G. W. Fr. Hegel die »partielle Nichtübereinstimmung zwischen Gestalt und Bedeutung« im S. und begreift die symbolische Kunstform innerhalb seiner Historisierung der Kunst als »Vorkunst«, in der die klassische Einheit von Idee und Erscheinung noch unerreicht
Symbol
bleibt. Die ›Unangemessenheit‹ der Darstellung gegenüber der Idee in der symbolischen Bildlichkeit nötigt folglich dazu, in der Reflexion über sie hinauszugehen (Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, 2. Teil., 1. Abschn., Einl.). In diesem über sich selbst in seiner Bedeutung hinausweisenden Charakter des S.s liegt die Möglichkeit, es für das moderne Kunstverständnis fruchtbar zu machen: das Symbolische der Kunst besteht darin, zugleich es selbst, ein anschauliches Ding mit Gleichnischarakter, und ein Anderes, die Bedeutung zu sein. Beide Momente dieser Einheit werden in der Reflexion des Kunstwerks zusammengebracht. Symbolisation, in der Theorie der 8Psychoanalyse Bez. für einen Abwehrmechanismus, bei dem ein Objekt für nicht erlaubte oder nicht eingestandene Triebrichtungen unbewußt verdrängt und durch ein anderes S. von ähnlicher 8Affektbesetzung ausgetauscht wird. Symbolismus, 1. in der Religionswissensch. Bezeichnung für das System sinnbildl. Phänomene, die im religiösen Leben eine Rolle spielen (z. B. die Anrufung des ›Himmels‹ als Sphäre des Göttlichen); 2. eine von J. Moreas im 19.Jh. geprägte Sammelbez. für unterschiedl. lyrische Richtungen; 3. in der bildenden Kunst Sammelbez. für 8Stile aus unterschiedl. Epochen (vom Spätmittelalter bis zum ›Jugendstil‹), welche ihre Inhalte (z. B. religiöse, ästhetische) in erster Linie über symbolische Darstellungen vermitteln, z. B. über Darstellungen in Form von 8Allegorien, Personi-
Symbolik
fizierungen. Symbolsprachen: künstl. Sprachen für die Formulierung von Programmen in der elektron. Datenverarbeitung (EDV), auch: ›Programmiersprachen‹; ferner auch Bez. für 8formale Sprachen. Symbolik, die Symbolhaltigkeit, die Darstellung in 8Symbolen, auch die Lehre von der Symbolhaltigkeit, die Wissenschaft von den Symbolen (auch: Symbolforschung), insbes. die Erklärung der religiösen Sinnbilder, Zeichen und Gebräuche; auch die vergleichende Konfessionskunde mit Blick auf unterschiedliche Glaubensaussagen. symbolisch, durch ein 8Symbol ausgedrückt, sinnbildlich; symbolische Bücher, in der Theologie svw. Bekenntnisschriften; symbolische Logik, die algebraische, mathematische Logik, die formale 8Logik, auch 8Logistik genannt, in der die Begriffe und Begriffsverbindungen nicht durch Wörter der Sprache, sondern durch eindeutige 8Zeichen (Symbole) ausgedrückt werden. Symmetrie, gr. symmetria ›Ebenmaß‹, die Form eines Gegenstandes, bei der von der Mitte aus nach zwei Seiten gleiche Formelemente in gleicher Weise einander folgen; symmetrische Beziehung heißt eine solche 8Beziehung zwischen x und y, aus der folgt, daß dieselbe Beziehung auch zwischen y und x besteht; z. B. A ist verwandt mit B, also auch B mit A. Sympathie, gr. sympatheia das ›Mit- Leiden‹, das Mitempfinden, das Mitgefühl, nach der 8Kosmologie der 8Stoiker, Plotins und der Naturphilosophen der 8Renaissance die (seelisch oder organisch
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gedachte) Verbundenheit aller Teile des 8Ganzen, so daß, wenn ein Teil betroffen wird, auch alle übrigen betroffen werden, und umgekehrt jeder Teil des Ganzen in diesem selbst mitschwingt, mitbestimmt ist (8Harmonie); in der neuzeitlichen Psychologie die entweder auf Ähnlichkeit in der Art des Erlebens und Reagierens, auf Gleichheit der Überzeugung und Gesinnung oder auf humanitären Grundsätzen (8Altruismus, 8Nächstenliebe, 8Mitleid) beruhende Zuneigung eines Menschen zum andern. Die S. in diesem Sinne wurde bes. von engl. Philosophen (D. Hume, A. Smith, H. Spencer) als Grundlage des Gemeinschaftslebens angesehen. Sympathikus (lat. nervus sympathicus), der Teil des Nervensystems, der die von unserem Willen unabhängigen Funktionen des Herzens, der Lunge, des Darms usw. beherrscht. Er hat seinen Namen daher, daß er in der alten Medizin als Sitz der Liebe (8Sympathie) galt. Symptom, gr. symptôma ›Zufall‹, Unfall; das Krankheitszeichen, im weiteren Sinn ein Anzeichen, aus dessen Auftreten auf etwas Kommendes, meist Unheilvolles, geschlossen wird; in der Psychologie zeigt das S. einen seelischen (zumeist als krankhaft oder störend def.) Sachverhalt an, ist also keine Ausdruckserscheinung, wie z. B. die Gebärde, die Geste u. a. Zeichen der Mimik (8Ausdruck); symptomatisch, eine Krankheit ankündigend; von Vorbedeutung für Kommendes.
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synchron, gr., gleichzeitig; Synchronismus, die Gleichzeitigkeit, das Zusammentreffen von nichtzusammenhängenden Vorgängen, Begebenheiten, Ereignissen zu derselben Zeit. Synderesis, 8Synteresis. Synechologie (gr. synechein ›zusammenhängen‹), die Lehre vom Zusammenhängenden, Stetigen, bei J. F. Herbart der zweite Teil der 8Metaphysik, der die Lehre von Raum, Zeit und Materie enthält. Synergie, gr., ›das Mitwirken‹; Synergismus, neulat. ›Mitwirkungslehre‹, die Lehre, wonach der Mensch zu seiner Erlösung mitwirkt (8Pelagianismus). 1558 entbrannte durch N. v. Amsdorff und M. Flacius, die M. Luthers Gegnerschaft zum S. nicht teilten, der synergistische Streit. Die Konkordienformel verdammte den S. und den »Flacianischen Manichäismus«. synkatathesis, gr. ›die Zustimmung‹; in der Lehre der 8Stoiker die Zustimmung des Geistes zu einer Vorstellung, auf der das Wahrnehmungsurteil beruht. Synkretismus, gr. synkrëtismos, urspr. die Vereinigung der streitenden Parteien der Kreter gegen einen gemeinsamen Feind, ›Verkreterung‹, übertr.: die kritiklose Vermischung verschiedener philosophischer oder religiöser Systeme; im bes. die Verschmelzung der Religionen im Zeitalter des Hellenismus; vgl. 8Eklektizismus. Synkrisis, gr. ›die Zusammensetzung‹, Komposition, Mischung, Vergleichung; Gegensatz: Diakrisis, die Scheidung, Unterscheidung; in J. W. v. Goethes Farben-
Syntax
lehre in bezug auf die Retina als analoge Polarität zur 8Systolë und 8Diastolë (Zusammenziehung und Streckung) des Herzens gebraucht. Synonymie, von gr. synonymos ›gleichnamig‹, gleichbedeutend; das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Ausdrücken gleicher oder zumindest ähnlicher Bedeutung: Synonyme sind z. B. »Geige« und »Violine«, »Großvater« und »Opa«, »Junggeselle« und »unverheirateter Mann«. Synonyme unterscheiden sich häufig dadurch, daß sie zu verschiedenen Sprachschichten (Hochsprache, Umgangssprache, Slang) oder zu verschiedenen Dialekten gehören. Dazu synonym: gleichbedeutend. Synopsis, Synopse, gr., ›die Zusammenschau‹, der Überblick; daher synoptisch, zusammenschauend, insbes. die ›synoptischen‹, d. h. aus gleichartiger Schau geschriebenen, daher zusammengehörigen ersten drei Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas). Syntagma, gr. ›die Zusammenordnung‹, Übersicht. Syntax, von gr. syntaxis ›Anordnung‹, Ordnung, zu syntassein ›zusammenstellen‹, zusammensetzen, ordnen; allgemein die Theorie der rein formalen Beziehungen zwischen (in der Regel sprachlichen) 8Zeichen. Die S. unterscheidet sich von den sprachwissenschaftlichen bzw. - philosophischen Disziplinen der 8Semantik und der 8Pragmatik dadurch, daß sie die Beziehung zwischen 8Zeichen und ihren Bedeutungen sowie die zwischen Zeichen und Zeichenbenutzern außer Betracht läßt (vgl. auch 8Semiotik). S.
Synteresis
in diesem allgemeinen Sinne bezeichnet man auch als Syntaktik. Häufig spricht man von der S. einer bestimmten 8natürlichen Sprache, etwa von der S. des Deutschen. Damit meint man dasjenige Teilgebiet der 8Grammatik dieser Sprache, in dem beschrieben wird, welche Kombinationen von elementaren Zeichen wie Morphemen und Wörtern formal korrekte Zeichenverbindungen wie Satzglieder und Sätze ergeben oder, wie man auch sagen kann, welche Zeichenverbindungen ›wohlgeformt‹ sind. So ist etwa »Hans mag Kokosnüsse« syntaktisch wohlgeformt, »Hans mögen Kokosnüsse« dagegen nicht. – Unter der S. einer 8formalen Sprache versteht man ein System von Regeln, nach denen wohlgeformte Ausdrücke dieser Sprache aus ihrem grundlegenden Zeichenvorrat, ihrem ›Alphabet‹, gleichsam ›erzeugt‹ werden. Die wohlgeformten Ausdrücke einer Sprache AL der 8Aussagenlogik, in der neben den Symbolen ›¬ ‹ und › → ‹ als ihren 8logischen Partikeln nur noch die Zeichen › p‹, › ’ ‹, › (‹ und ›) ‹ vorkommen, werden etwa durch das folgende Regelsystem erzeugt: (1) p ist eine Satzkonstante (oder 8Aussagenkonstante) von AL; (2) wenn x eine Satzkonstante von AL ist, dann auch x’; (3) Satzkonstanten von AL sind Sätze von AL; (4) wenn x ein Satz von AL ist, dann auch ¬(x); (5) wenn x und y Sätze von AL sind, dann ist auch (x → y) ein Satz von AL; (6) Sätze von AL sind nur die nach (1)- (5) gebildeten Zeichenverbindungen; (7) nur Sätze von AL sind wohlge-
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formte Ausdrücke von AL. Es ist dann z. B. ((p → p’) → ¬(p)) ein wohlgeformter Ausdruck, nicht aber p → → ¬, weil sich der erste, aber nicht der letzte aus den Regeln (1)(5) ›erzeugen‹ läßt. (In der Praxis schreibt man der Einfachheit halber statt p, p’ etc. oft q, r usw. und führt Konventionen ein, nach denen Klammern eingespart werden können.) – In der Tradition der sog. generativen Grammatik (8generative Transformationsgrammatik) versucht man, derartige Regelsysteme auch für natürliche Sprachen zu entwickeln, um deren wohlgeformte Ausdrücke auf diese Weise ökonomisch und geordnet anzugeben. – Oft nennt man auch das Verfahren, bestimmte Ausdrücke im Rahmen eines 8Kalküls durch rein formale Operationen als 8Theoreme auszuzeichnen, syntaktisch. Synteresis, auch Synderesis, scholast. Ausdruck von etymologisch unsicherer Herkunft für das 8Gewissen, der auf eine dem Kommentar des Hieronymus zu Hes. 1, 4 ff. (Com. in Ezech. I 1 § 10. PL. 25, 23 B) entnommene Glosse zurückgeht, in der die S. als der Gewissensfunke (scintilla conscientiae) bezeichnet wird, der auch in Adam nach der Vertreibung aus dem Paradiese nicht erloschen ist und durch den wir uns auch als Sünder noch der 8Sünde bewußt sind. Synthesis, Synthese, gr. ›Zusammenstellung‹, die Verknüpfung, Verbindung von mehrerem zu einer Einheit; in der Erkenntnistheorie und Logik im Gegensatz zur 8Analysis die Verknüpfung der Wahrnehmungen, Vorstellungen
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und Begriffe miteinander, so besonders bei I. Kant. Eine bes. Bedeutung hat die S. in der von J. G. Fichte und Fr. W. J. Schelling entw. 8Dialektik, auf die sich auch später G. W. Fr. Hegel beruft (ohne selbst von S. zu sprechen). Als spekulative S. bedeutet sie hier die Aufhebung des sich in 8These und 8Antithese Widersprechenden und Entgegengesetzten in einer höheren Einheit, die Vereinigung der Gegensätze in einem umfassenderen Ganzen. In die Psychologie hat W. Wundt den Begriff der schöpferischen Synthese eingeführt, unter der er einen nicht auf anderes zurückführbaren produktiven Willensakt versteht, durch den die einzelnen 8Empfindungen und Empfindungselemente zu neuen Einheiten zusammengefügt werden, die nicht als bloße Summierungen von Empfindungen aufgefaßt werden können, sondern Neuschöpfungen darstellen, die mehr enthalten als die Summe der Elemente, aus denen sie sich aufbauen (8Ganzheit, 8Gestalt). In der Chemie heißt Synthese die künstliche Herstellung von in der Natur vorhandenen oder anderen chemischen Verbindungen aus Elementen oder einfacheren Verbindungen. synthetisch, zusammensetzend, verknüpfend, vom Allgemeinen zum Besonderen fortschreitend, im Gegensatz zu 8analytisch, auflösend; synthetische Urteile, Erweiterungsurteile (im Gegensatz zu 8analytischen oder Erläuterungsurteilen). Synthetische Geometrie heißt die Geometrie, die ihre Gebilde aus einfachsten Grundgebilden
System
(Geraden als Punktreihen, Strahlenbüschel, Ebenenbüschel usw.) durch Beziehungsgesetze aufbaut; Gegensatz: Methode der analytischen Geometrie. System, gr. systëma das ›Zusammengesetzte‹, die Zusammenstellung; das geordnete 8Ganze, die Anordnung von mehreren Teilen (Stoffen, Einzelwesen, Begriffen, Erkenntnissen usf.) zu einem Ganzen, in der gr. Philosophie, bes. bei den 8Stoikern, der Aufbau und das Gefüge des 8Kosmos, d. i. die Weltordnung selbst, und das Ganze von zusammengehörigen Lehrsätzen, das Ganze einer Wissenschaft; entspr. in der Neuzeit das in sich geschlossene Ganze, wie es in der Natur selbst gegeben ist (z. B. Planetensystem) oder wie es durch Menschen durch 8Klassifikation hergestellt wird (Pflanzensystem). Vgl. die Definition I. Kants: »Ich verstehe unter einem S. die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von der Form eines Ganzen, sofern durch denselben der Umfang des Mannigfaltigen sowohl als die Stelle der Teile untereinander a priori bestimmt wird.« (KrV, B 860 ff.). Philosophien, welche versuchen, das Ganze denkend zu treffen, herzustellen oder zu umgreifen, sind häufig geleitet von der Idee des S. s. (8Architektonik). – Seit Mitte des 20. Jh. ist S. ein zentraler Begriff der 8Kybernetik/8Systemtheorie, im Rahmen derer die Bedeutung von S. von der statischen Struktur auf dynamische Prozesse und wechselseitige Beziehungen erweitert wur-
Systematik
de. Dazu: systemisch, 1. auf ein S. bez.; 2. unter einem Aspekt der 8Systemtheorie betrachtet (im Unterschied zu 8systematisch). S.e lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten einteilen, so z. B. in natürliche (biologische, physikalische etc.) und künstliche (technische, soziale etc.) S.e. Unterschieden werden von diesen materiellen S.en die ideellen oder immateriellen S.e (Begriffs- S., Aussagen- S., Axiomen- S. etc.). Eine spezielle Klasse materieller dynamischer S.e bilden die kybernetischen S.e, die sich durch eine relative Autonomie gegenüber ihrer Umgebung auszeichnen; ein Beispiel für solche S.e sind lebende Organismen. Ein zentrales Merkmal kybernetischer S.e ist die Kommunikationsfähigkeit, der Austausch und die Verarbeitung von (sowie in unterschiedlichem Grade die Reaktion auf) 8Informationen. Unter selbstoptimierendes System wird ein S. verstanden, das sein 8Verhalten eigenständig optimieren kann. Systematik, gr. systëmatikë (technë), die Kunst, einen Stoff nach seinem sachlichen und logischen Zusammenhang zu gliedern; in der Philosophie und in Einzelwissenschaften gelegentlich gebr. auch für eine theoretische (mehr oder weniger geschlossene) Gliederung, im Unterschied zum 8System als einem in sich abgeschlossenen rationalen Lehrgebäude; systematisch, zu einem Ganzen verbunden oder geordnet, in sachlicher und logischer Ordnung befindlich, ein System bildend, auch svw. planmäßig, methodisch; bes. gebr. zum Unter-
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schied von 8historisch im Sinne von rein sachgebietsorientiert vorgehend, ohne auf Geschichtliches Rücksicht zu nehmen. système de la nature ou des lois du monde physique et du monde moral, Titel des zweibändigen Werkes von P. Holbach (1770, dt. von Schreiter 1783), des Hauptwerks des frz. 8Materialismus. Systemtheorie, interdisziplinäre, urspr. auf die Arbeiten von L. v. Bertalanffy und N. Wiener zurückgehende Forschungsrichtung, die sich mit der Struktur und Funktion von Systemen sowie den Beziehungen zwischen ihren Elementen und zwischen Teil- und Gesamtsystemen beschäftigt (s. 8Kybernetik, 8System). Systolë, gr. ›die Zusammenziehung‹, Verdichtung; Gegensatz: 8Diastolë. Das Begriffspaar S. und Diastole wird in der Neuzeit verschiedentlich z. Bez. des Lebensgesetzes der 8Polarität gebr.; so bei F. Chr. Oetinger (Die Theologie aus der Idee des Lebens abgeleitet, 1765, § 187: »Die S. und Diastole oder die Aufnahme und das Herauslassen des Lebens und des Äthers findet sich allenthalben«) und J. W. v. Goethe (8Synkrisis). szientifisch, von lat. scientia ›Wissenschaft‹, wissenschaftlich; Szientismus, die auf Wissen und Wissenschaft gegründete Ansicht im Gegensatz zu der auf Glauben gegründeten (8Fideismus); auch in abwertender Bed. verw. für die (kritikwürdige) Auffassung, daß die Wirklichkeit ausschließlich mit den Mitteln der (oder einer bestimmten) Wissenschaft beschreibbar sei.
T
tabu, polynesisch, svw. behaftet mit der Mahnung: Berührung verboten! – in der urspr. Bedeutung ein Zustand, in den ein Wesen oder ein Ding durch Verleihung einer besonderen Kraft (Mana) versetzt wird. tabula rasa, lat. Übers. von gr. pinax agraphos ›unbeschriebene Tafel‹, Bez. desjenigen Zustands der 8Seele, in dem sie noch keine Eindrücke von außen empfangen und noch keine 8Vorstellungen entwickelt hat, bes. des Zustandes der Seele bei der Geburt des Menschen. Dem Gedanken der t. r. liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Seele ihrem Wesen nach etwas Empfangendes (8Passivität, 8Rezeptivität) und nur durch das Empfangene sich Entwickelndes (8Sensualismus), nicht eine bestimmte, gerichtete und ursprünglich tätige Kraft (8Spontaneität) sei. Die Geschichte des t.- r.- Begriffs beginnt schon bei Äschylos (Der gefesselte Prometheus 789), wo vom »Eingraben« der Erlebnisse »in die Tafeln der Sinne« die Rede ist. Plato (Theaitetos 191 C ff.) vergleicht das Gedächtnis mit einer Wachstafel (s. ebd. 197 D, 200 B und Philebos 39 A), Aristoteles (De an. III 4, 430 a 1) das Denkvermögen mit einer Schreibtafel (gr. grammateion), die der Möglichkeit nach alles Denkbare enthält. Der gr. Ausdruck »unbeschriebenes Blatt« kommt erst bei Alexander von Aphrodisias (um
200 v. Chr.), der lat. bei Aegidius Romanus († 1316 n. Chr.) vor; vgl. Thomas v. Aquin (Lib. sent. 1, 40, 1; 2 ad 5). Maßgeblich für eine bestimmte Gesamtauffassung vom Seelenleben (8Sensualismus) wurde er erst bei J. Locke (An Essay Concerning Human Understanding II 1, § 2), für den die Seele »ein weißes Blatt (white paper) ohne irgendwelche Vorstellungen« ist (8nihil est in intellectu ...). Von G. W. Leibniz (Nouv. ess. I 1, 3; II 1 u. ö.) wurde die Einseitigkeit dieser Auffassung bekämpft (8Monade). Takt, lat. tactus ›Berührung‹, seit dem 18. Jh. eingedeutscht, 1. die Teilung der 8Zeit nach einem auf längere oder kürzere Strecken hinaus sich gleichbleibenden Maß (am extremsten in der Fließbandarbeit verwirklicht), 2. in der Musik, im Tanz und in der Lyrik die Regelung der Tonbewegung durch Einheit des Wechsels zwischen schwer und leicht akzentuierten Zeiteinheiten (8Rhythmus), 3. das Gefühl für das Angemessene, Schickliche, Erlaubte, das in bestimmten Lebenslagen dazu führt, das ›Richtige ‹ zu treffen und die Grenzen einzuhalten, die durch die Verhältnisse und die Personen, mit denen man es zu tun hat, gegeben sind. taktil, den Tatsinn betreffend. Talent, gr. talanton, lat. talentum das ›Gewogene‹, frz. talent ›Naturgabe‹, seit dem 18. Jh. gebr. und von I. Kant (Anthrop. § 54) mit
Talion
»natürliche Anlage« wiedergegeben. Der Bedeutungswandel von ›Gewicht‹ zu ›Naturgabe‹ erklärt sich wahrscheinl. durch Matth. 25, 15- 28, wo mit »Talenten«, die die Knechte von ihrem Herrn empfangen, die dem Menschen von Gott zuerteilten Gaben gemeint sind. Der Begriff T. wird in der Bedeutung von 8Begabung abgesetzt gegen den des 8Genies, in der Bedeutung von einseitiger Begabung und deren Ausbildung gegen den des 8Charakters. Talion, die, lat. talio, die Wiedervergeltung von Gleichem mit Gleichem oder Ähnlichem, z. B. das Verbrennen des Brandstifters, das Abhauen der Schwurhand beim Meineid. Ius talionis und poena talionis bedeuten das Recht und die Strafe der Wiedervergeltung, das zurückgeht auf das altrömische Zwölftafelgesetz (lat. lex duodecim tabularum): Si membrum rupit, ni cum eo pacit, talio esto ›wenn er einem ein Glied bricht und sich nicht mit ihm vergleicht, soll ihm das gleiche geschehen‹. Ebenso im A. T. (2. Mos. 21, 24): »Auge um Auge, Zahn um Zahn« usw., dagegen im N. T. (Matth. 5, 38) verworfen. Tao, chin. der ›Weg‹, die ewige Ordnung, das Ewige, in neuerer Transskription auch Dao. Taoismus, die auf Laotse zurückgehende chinesische Volksreligion. Tao-tehking, das Buch vom Tao und vom Leben des Menschen, Aphorismensammlung, die dem Laotse zugeschrieben wird. Tapferkeit, ahd. tapfar, mhd. tapfer ›fest‹, streitbar; bezeichnet eine sittliche 8Haltung, die seit der grie-
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chischen Antike zu den vier Kardinaltugenden zählt (8Klugheit, 8Gerechtigkeit, T., 8Besonnenheit). Sie ist das vernunftgeleitete freie Standhalten, Widerstehen und Entgegentreten im Kampf jedweder Art: in Schwierigkeiten und Gefahr, in Schmerz, Trauer, Leid und Verachtung, gegen Angriff, Verfolgung und Unterdrückung. Geläufiger sind heute die Wörter 8Mut und 8Zivilcourage, aber sie sind nicht deckungsgleich mit dem in T. Angesprochenem. Mut ist auch das vitale Antriebsgefühl, das T. begleiten kann; Zivilcourage ist das unerschrockene, Nachteile riskierende Eintreten für Wahrheit und Recht, betrifft also einen Teil der T. In Aristoteles’ Nik. Ethik ist T. die Mitte zwischen Tollkühnheit und Feigheit. »Der Tapfere ist unerschrocken nach dem Maße des Menschen« (1115b 11), d. h. wer Angst und Furcht gar nicht kennt, kann nicht tapfer sein. Der Tapfere »leidet und handelt, wie es angemessen ist und wie es die Vernunft will« (1115b 19), und zwar um des Guten willen, ehrenhalber (1116a 27). Nur scheinbar tapfer ist, wer durch Vorgesetzte gezwungen wird; wer sich auf die Überlegenheit seines Wissensvorsprungs oder seiner Waffen verlassen kann; wer nur emotional aus Zorn oder Rache handelt (»Denn sie machen es nicht um des Edlen willen und nicht, wie die Vernunft will, sondern aus Leidenschaft.« 1117a 7); wer in der Gefahr sicher ist (als Stärkerer oder zuversichtlich wie ein Betrunkener); schließlich wer ahnungslos ist, weil er die Gefahr
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nicht einschätzen kann. Bei Augustinus wird die allgemeine Tugend der T. zu einer christlichen, zu einem Element der Liebe zu Gott. »T. ist die Liebe, die um Gottes willen alles leicht erträgt« (De moribus lib. I. cap. XV, 25). Auch Thomas von Aquin kennt die T. als christliche Tugend (Gnadengabe), aber sie baut auf der natürlichen auf (vgl. Summa theol. II., II., Fragen 123- 140). Für I. Kant ist die Suche des eigenen Nutzens nicht bürgerliche Attitüde, sondern natürliche Neigung des Menschen. Gegen Neigungen und Laster anzukämpfen, bedarf es der 8Tugend. Die nötige sittliche Stärke macht »als Tapferkeit (fortitudo moralis) die größte und einzige wahre Kriegsehre des Menschen aus« (Met. d. Sitten, Tugendlehre, EA 1797, A 46). Tatbestand, jurist. Begriff, der denjenigen Teil einer Rechtsnorm (z. B. eines Strafgesetzes) bezeichnet, der die Voraussetzungen angibt, unter denen die in der 8Norm angeordnete Rechtsfolge (z. B. eine bestimmte Strafe) eintreten soll. Lautet z. B. die Norm: »Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Gefängnis bestraft«, so ist der T. dieser Norm: die fahrlässige Verursachung des Todes eines Menschen. Als »objektiver T.« wird dabei die Verursachung, als »subjektiver T.« die dabei obwaltende Fahrlässigkeit (8culpa) bezeichnet. Mitunter versteht man unter dem T. aber auch den Lebenssachverhalt, also den konkreten Vorgang, auf den die Gesetzesnorm angewandt wer-
Tautologie
den soll. Vgl. 8Verbrechen, 8nulla poena sine lege. Tatsache (lat. res facti), im 18. Jh. eingef. für engl. matter of fact, das, was vorhanden oder geschehen ist oder war und Gegenstand der Wahrnehmung, Beobachtung und Feststellung war oder ist (8Faktum, 8Positivismus). tat twam asi, sanskr. ›das (nämlich: alles andere) bist du‹; ein Satz der ind. Philosophie, der die 8Identität von Ich und ›Nichtich‹, Selbst und ›Außenwelt‹ ausspricht. Der Satz ist vielseitig deutbar insofern, als er sowohl den Zugang zu dem als wahrhaft erkannten Wirklichen als auch das bloße Sichauswechseln, Sichaustauschen mit Anderem meinen kann (8Atman, 8Brahman; 8Mitleid). Tautologie, zu gr. tauto ›dasselbe‹ und logos ›Wort‹, im ursprünglichen Sinne eine rhetorische Figur, in der etwas bereits Gesagtes mit einem sinnverwandten oder sinngleichen Ausdruck noch einmal wiederholt wird: »nackt und bloß«, »voll und ganz«. Häufig bezeichnet man in der Rhetorik auch Wendungen wie »alter Greis« und »weißer Schimmel«, in denen zu einem Substantiv ein Adjektiv hinzugefügt wird, dessen Bedeutung schon in der des Substantivs enthalten ist, als T. – In 8Logik und Philosophie nennt man im allgemeinen solche Sätze tautologisch, die allein aufgrund der semantischen Regeln (8Semantik) für die in ihnen vorkommenden 8logischen Partikeln wahr (d. h. 8logisch wahr oder 8allgemeingültig) sind: So ist »Es regnet oder es regnet nicht«
Technik
eine T., weil dieser Satz allein aufgrund der semantischen Regeln (speziell der 8Wahrheitsbedingungen) für die Partikeln »oder« (8Adjunktion) und »nicht« (8Negation) wahr ist, unabhängig von der Bedeutung der übrigen Satzbestandteile (»Die Sonne scheint oder die Sonne scheint nicht«, »Fritz springt oder Fritz springt nicht« etc. sind ebenso wahr). Sind nur aussagenlogische Partikeln involviert (8Aussagenlogik), so spricht man manchmal genauer von aussagenlogischen T.n; sind daneben prädikatenlogische, modallogische ... Partikeln relevant (8Prädikatenlogik, 8Modallogik), so redet man von prädikatenlogischen, modallogischen... T.n. Zuweilen meint man mit ›T.‹ auch ausschließlich aussagenlogisch wahre Sätze. – In einem weiteren Sinne verwendet man den Begriff der T. für alle analytisch wahren Aussagen (8analytisch), für solche also, die aufgrund der Bedeutung der in ihnen vorkommenden Ausdrücke wahr sind, ohne daß den logischen Partikeln eine besondere Rolle zufiele (»Alle Junggesellen sind unverheiratet«). Die Verneinung einer Tautologie (»Nicht alle Junggesellen sind unverheiratet«, »Es gilt nicht: Es regnet oder es regnet nicht«) nennt man 8Kontradiktion; Aussagen, die weder tautologisch noch kontradiktorisch sind, heißen (logisch) indeterminiert. Technik, von gr. technikos ›kunstgemäß‹, ›künstlich‹ (zu gr. technë, lat. ars, 8Kunst im weitesten Sinne), 1. im Gegensatz zur 8Natur die Tätigkeit der Gestaltung, Erschließung oder Nutznießung na-
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türlicher Stoffe und Kräfte im Dienst menschlicher Bedürfnisse, Zwecksetzungen oder Ideen überhaupt, bzw. der Bereich dieser Tätigkeit und deren Erzeugnisse (8Artefakt), 2. im Unterschied zu dieser Tätigkeit selbst (8schöpferisch) die formelle Verfahrensweise, die Summe der Mittel und Regeln, um solche Erzeugnisse hervorzubringen (z. B. Denktechnik); 3. im Gegensatz zur Kunst und zum Handwerk die wesentlich maschinell betriebene Ausbeutung der Natur zum Zweck der Entlastung von 8Arbeit und der Befriedigung von 8Bedürfnissen auf Grund der Erkenntnisse der neuzeitlichen mathematisch- physikalischen Naturwissenschaft, der Bereich der mechanisierten gesellschaftlichen Produktion. Von Technik der Natur spricht I. Kant in der Kritik der Urteilskraft »Die selbständige Naturschönheit entdeckt uns eine T. d. N., welche sie als ein System nach Gesetzen, deren Prinzip wir in unserem ganzen Verstandesvermögen nicht antreffen, vorstellig macht« (§ 23). »Wir wollen, indem wir das Verfahren (die Kausalität) der Natur wegen des Zweckähnlichen, welches wir in ihren Produkten finden, T. nennen, diese in die absichtliche (technica intentionalis) und in die unabsichtliche (technica naturalis) einteilen. Die erste soll bedeuten, daß das produktive Vermögen der Natur nach Endursachen für eine besondere Art von Kausalität gehalten werden müsse, die zweite, daß sie mit dem Mechanismus der Natur im Grunde ganz einerlei sei
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und das zufällige Zusammentreffen mit unseren Kunstbegriffen und ihren Regeln, als bloß subjektive Bedingung sie zu beurteilen, fälschlich für eine besondere Art der Naturerzeugung angedeutet werde« (§ 72 ff.). Zur Unterscheidung des in der T. der Natur waltenden teleologischen Prinzips von dem 8Mechanismus der Natur bildet I. Kant den Ausdruck Technizismus (KdU § 78). Technikphilosophie, Bez. für die philosoph. Bemühungen, die Bedeutung der 8Technik für die menschl. Lebenswelt zu klären. Einzelne Überlegungen, die in diese Richtung zielen, finden sich bereits in der Antike. So legitimiert Protagoras das, was wir heute Technik nennen, durch den Hinweis auf die natürliche körperliche Schwäche des Menschen, die den Einsatz technischer Mittel für sein Überleben notwendig mache, während Plato ihren möglichen Mißbrauch betont. Diese beiden Pole bestimmen fortan die Diskussion, wobei sich die Gegensätze mit der Entwicklung der Technik verschärfen. Während die frz. Aufklärer den 8Fortschritt in der Technik als Vervollkommnung des Menschen verstanden, sah J.- J. Rousseau in der Entfernung von den Gegebenheiten der 8Natur moralische Gefahren. K. Marx wies auf das Problem hin, daß der Einsatz technischer Mittel zwar einerseits den Menschen von schwerer körperlicher 8Arbeit befreien könnte, daß die damit verbundene Produktivitätssteigerung unter den herrschenden ökonomischen Bedingungen aber
Technologie
andererseits zu Arbeitslosigkeit mit all ihren sozialen Folgen führen müßte. Dieser letzte Aspekt ist heute von größter Bedeutung. – Als eigenständige Disziplin hat sich die T. erst in jüngerer Zeit entwickelt, in der eine immer tiefgreifendere Durchdringung aller Lebensbereiche durch die Technik eine systematischere Untersuchung des Phänomens als solchem nötig macht. Zentrale Themen der T., die etwa seit 1920 mit wechselnden Schwerpunkten diskutiert werden, sind u.a. die Verabsolutierung der materiellen Zweckgerichtetheit in der technisch geprägten 8Zivilisation, die Tatsache, daß eine immer weitergehende Technisierung ihre eigenen Sachzwänge schafft und Handlungsmöglichkeiten einengt, und die unüberschaubaren langfristigen Folgen technischer Eingriffe in die Natur, die neuartige Fragen nach der 8Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen aufwirft. Im Rahmen der sog. Technikfolgenabschätzung werden Ergebnisse der T. auch politisch wirksam. Technokratie, Neub. aus gr. technë ›Kunst‹, Technik, und kratos ›Herrschaft‹, die Herrschaft der 8Technik; enth. die These, daß die Wirtschaft von Technikern und mit den Mitteln der Technik planmäßig geleitet werden kann. Technologie, mod. Begriffsschöpfung, urspr. nur Verfahren der Umwandlung von Rohstoffen in Fertigprodukte; heute 1. Sammelbegriff für techn. Verfahren und deren Kenntnis insges.; 2. Lehre von der 8Technik.
Teilhabe
Teilhabe, 8methexis. teleoklin, Neub. aus gr. telos ›Ende‹, ›Ziel‹ und klinein ›biegen‹, ›beugen‹, sich einem Endzweck zuneigend, zielstrebig (8Zielstrebigkeit). Teleologie, aus gr. telos ›Ende‹, ›Ziel‹, ›Vollendung‹ und logos ›Lehre‹; die Lehre vom 8Zweck und der Zweckmäßigkeit; telos ist urspr. dasjenige, was man durch die teletë, die ›innere Umwendung‹, das zentrale Geschehen in den 8Mysterien, erreichte. Aus der Mysteriensprache ist das Wort in die Philosophie gedrungen. Plato (Phaidros 249 C): Nur ein Mann, der seine »Erinnerungsbilder« richtig benützt, indem er stets die vollendende Kraft vollkommener Weihen auf sich wirken läßt, wird wirklich vollkommen (teleios). Der Ausdruck T. als solcher wurde von Chr. Wolff (Philos. rat., 1728, III § 85) eingeführt: philosophiae naturalis pars, quae fines rerum explicat ... dici potest teleologia ›der Teil der Naturphilosophie, der die Endzwecke der Dinge darlegt, kann T. genannt werden‹. Mit diesem Ausdruck wird die durch Aristoteles in die Philosophie eingeführte Lehre von der Endursache oder dem Endzweck (gr. telos, lat. 8causa finalis) im Unterschied von der Anfangsursache (gr. aitia, lat. 8causa efficiens) oder der 8Kausalität bezeichnet. Betrachtungen im Sinne der T. nennt man teleologisch (vgl. 8Gottesbeweise). Teleolog. Deutungen der Natur finden sich schon bei Anaxagoras (8nous). Der aristotelische Begriff der Zielursächlichkeit (8Entelechie, 8Absicht) wurde
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eine Hauptquelle der Weltauffassung der 8Kirchenväter und der 8Scholastik: dem mittelalterlichen Christentum gilt die Welt als eine Seinsordnung, in die sich alles als Glied zweckmäßig einfügt (8ordo). R. Descartes verbannt die teleolog. Erklärung aus den Naturwissenschaften (8Mechanismus). Der Versöhnung der teleolog. mit der mechanistischen Betrachtungsweise ist G. W. Leibnizens Philosophie gewidmet. »Die Seelen (oder Entelechien der Tiere) wirken nach den Gesetzen der Zweckursachen durch Strebungen, Zwecke und Mittel. Die Körper wirken nach den Gesetzen der wirkenden Ursachen bzw. der Bewegung. Die beiden Reiche aber, das der wirkenden Ursachen und das der Zweckursachen, harmonieren miteinander« (Monadologie § 79; 8Harmonie). I. Kant meint, daß sich die Organismen zwar der Betrachtung, als ob sie zweckmäßig eingerichtet seien und ihre Entwicklung durch Endzwecke bestimmt sei (subjektive Zweckmäßigkeit), nicht widersetzen, daß aber die Richtigkeit dieser menschlichen Deutung aus den Erscheinungen selbst (objektive 8Zweckmäßigkeit) nicht zu beweisen ist (vgl. KdU, 2. Teil: Kritik der teleolog. Urteilskraft; 8Organismus). teleologische Ethik, eine Richtung in der 8Ethik, in der Handlungen nicht, wie in der 8deontologischen Ethik, für sich selbst genommen als 8gut bewertet werden, weil sie durch den Willen motiviert sind, ein bestimmtes Gebot zu erfüllen (etwa den 8katego-
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rischen Imperativ oder eines der zehn Gebote der christlich- jüdischen Tradition); t. E.en machen den Wert einer Handlung vielmehr von ihren beabsichtigten (bzw. in Kauf genommenen; seltener: von ihren tatsächlichen) Folgen abhängig. Eine Handlung gilt dann als gut oder geboten, wenn sie der Herbeiführung eines als inhärent gut angesehenen Zieles dienen soll bzw. dient. Dabei können verschiedene Handlungen in unterschiedlichem Grade gut oder geboten sein, je nach ihrer (voraussichtlichen) Tauglichkeit zum Erreichen eines Zieles und nach dessen inhärenter Güte. Wichtige t. E.en sind der 8Utilitarismus und der ethische 8Egoismus. Teleosis, gr. das ›Vollenden‹, die Vervollkommnung. Teleplasma, Neub. aus gr. tele ›fern‹ und plasma ›Gebilde‹, das Ferngebilde (8Materialisation). tellurisch, von lat. tellus ›Erde‹, zur Erde gehörend, von der Erde ausgehend. Telos, gr. ›das Ziel‹, der Endzweck (8Teleologie). Temperament, lat., ›rechtes Maß‹ und ›rechte Mischung‹, als dt. Lehnwort seit dem 17. Jh. gebr. Nach der Lehre des Hippokrates von den vier Säften im Menschen (gelbe, schwarze Galle, Blut und Schleim), die zugleich zu den vier Elementen in Beziehung gesetzt wurden, unterschied Galen (ca. 131- 201 n. Chr.) das cholerische, das melancholische, das sanguinische und das phlegmatische T. (De temperamentis, lat. Erstdruck 1523). Dabei sollte das cholerische T. auf
Temporallogik
dem Überwiegen der gelben Galle, die wie das Feuer warm und trocken, das melancholische auf dem der schwarzen Galle, die wie die Erde kalt und trocken ist, das sanguinische auf dem Überwiegen des Blutes, das wie die Luft warm und feucht, und das phlegmatische auf dem des Schleims, der wie das Wasser kalt und feucht ist, beruhen. Temporallogik, von lat. tempus ›Zeit‹, Zeitlogik, ein Teilgebiet der 8philosophischen Logik, in dem die logischen Gesetze (8Logik) untersucht werden, die für temporale Wendungen wie »Es wird der Fall sein, daß ...«, »Es war der Fall, daß ...« und »Es ist der Fall, daß ...« gelten. Wie die (alethische) 8Modallogik kann man die Temporallogik als Erweiterung der elementaren 8Aussagen- bzw. 8Prädikatenlogik konstruieren. Dazu führt man etwa die einstelligen 8Operatoren P (engl. ›Past‹) und F (›Future‹) ein, so daß PA und FA für beliebige Aussagen A bedeuten, daß A der Fall war bzw. der Fall sein wird; »A« ist dann als »Es ist (gegenwärtig) der Fall, daß A« zu lesen. Häufig nimmt man auch einen Operator M hinzu, der für »Es wird möglicherweise der Fall sein, daß ...« steht; dadurch kann man der Intuition gerecht werden, daß die Zukunft (im Gegensatz zur Vergangenheit) ›offen‹ ist. 8Kalküle der T. erhält man, indem man zu den 8Axiomen und 8Schlußregeln der Aussagen- bzw. Prädikatenlogik spezifische Prinzipien für die temporalen Operatoren hinzufügt. Ein weithin akzeptiertes temporallogi-
Tendenz
sches Prinzip ist etwa FA→ PFA: Wenn es der Fall sein wird, daß A, dann war es auch der Fall, daß es der Fall sein wird, daß A. Da die temporalen Operatoren keine extensionalen, sondern intensionale Kontexte bilden (8Intension/Extension), benötigt man für die Interpretation einer Temporallogik eine intensionale 8Semantik; den Ansatzpunkt dafür liefert die 8Mögliche- Welten- Semantik. Erste Überlegungen zur temporalen Logik finden sich bereits in der Antike; die moderne Pionierarbeit wurde von A. N. Prior (Time and Modality 1957; Past, Present, and Future, 1967) geleistet. Neben dem hier vorgestellten Zugang sind inzwischen eine ganze Reihe weiterer temporallogischer Ansätze entwickelt worden. Tendenz, von lat. tendere ›nach etwas streben‹, ›zielen‹ über frz. tendance, die Neigung, die Richtung, das Streben (8Absicht, 8Intention, 8Strebung): ein bes. bei G. W. Leibniz im Sinne seines antimechanistischen Dynamismus gebr. und von G. Th. Fechner (Ideen zur Schöpfungs- und Entwicklungsgesch. der Organismen, 1873) neubegründeter Begriff. Dazu tendenziös, meist abwertend gebr. i. S. v. auf einen bestimmten Zweck gerichtet, die Absicht in peinlicher Weise durchblicken lassend. Terminus, lat. ›Grenzzeichen‹, ›Endpunkt‹, in der Logik der 8Begriff, bes. innerhalb eines 8Syllogismus, in der Grammatik die feststehende Bedeutung eines Begriffs; t. a quo, der Punkt, von dem aus etwas beginnt, t. ad quem, der
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Punkt, bis zu dem etwas geht; t. interminus, bei Nikolaus von Kues das unendliche Ziel (alles Endlichen); t. technicus, der Kunstausdruck. Dazu: Terminismus, 1. die Lehre, nach der alles Denken nur aus begriffl. Vorstellungen besteht, deren Begriffswörter (lat. ›termini conceptus‹) allein es sind, welche Sachverhalte repräsentieren, eine Lehre, die selbst wieder nur eine Variante des 8Nominalismus ist; 2. in der Theologie (vor allem im 8Pietismus) die Lehre, nach der Gott dem Menschen eine Gnadenfrist, einen ›Termin‹ gesetzt habe, bis zu dem er sich bekehren müsse. Terminologie, die Lehre von den Begriffen innerhalb eines bestimmten Faches; auch die Gesamtheit dieser Begriffe selbst. Term, in 8Logik und 8Sprachphilosophie ein Bezeichnungsausdruck. Singuläre Terme (vgl. 8singulär) wie Eigennamen (»George Washington«, vgl. 8Name) und 8Kennzeichnungen (»der erste Präsident der USA«) bezeichnen einzelne Personen oder Objekte, generelle (allgemeine) Terme wie »Pferd« oder »Auto« bezeichnen 8Mengen von Objekten (vgl. auch 8Intension/Extension). Ausdrücke, die biologische Arten und Gattungen (»Mensch«), Naturphänomene (»Blitz«), natürliche Stoffe (»Gold«) u. ä. bezeichnen, heißen ›Terme für natürliche Arten‹ (engl. natural kind terms). In der Mathematik sind Terme Ausdrücke, die Zeichen für Elemente aus Mengen (z. B. Zahlsymbole), Operationssymbole oder Variablen enthalten: Mathematische Terme sind z. B. 12, 5+3, 92, x+y.
Theologie
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Verbindet man zwei solche Terme durch das Gleichheitszeichen › = ‹, so erhält man eine Gleichung. Tertium comparationis, lat. ›das Dritte des Vergleichs‹ (8Parabel), in der traditionellen Logik der Bezugspunkt eines Vergleichs, dasjenige, hinsichtlich dessen zwei Dinge verglichen werden: Zwei Personen kann man etwa etwa bezüglich ihrer Körpergröße oder ihres Gewichtes vergleichen. Tertium non datur, lat. ›ein Drittes gibt es nicht‹, das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten; vgl. 8principium exclusi tertii. Test, engl., die Probe, Untersuchung, Stichprobe. Tetrade, von gr. tetras, die Vierheit; das aus vier Einheiten bestehende Ganze, z. B. eine zusammengehörige, ein Ganzes kennzeichnende Vierheit von Zahlen (a, b, c, d ), Quadrupel. Tetraktys, gr., die Zahl 4, bei den 8Pythagoreern die heilige Zahl, zugleich die Zehn als die Summe der ersten vier Zahlen (1+2+3+4 = 10), die sich durch zehn Punkte in der Form eines Dreiecks darstellen läßt.
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Tetralemma, zu gr. tetra- ›vierfach‹ und lëmma ›Voraussetzung‹, ›(Vorder- )Satz‹, also etwa soviel wie ›Vierfachsatz‹, vgl. 8Dilemma. Thanatismus, von gr. thanatos ›Tod‹, die Lehre von der Sterblichkeit der Seele im Gegensatz zum 8Athanatismus. Theaitetos, latinisiert Theaetet, gr. Mathematiker, nach dem
Plato einen seiner Dialoge benannte. Theismus, Neub. zu gr. theos ›Gott‹, der Glaube an einen Gott, im Unterschied vom 8Deismus und 8Pantheismus der Glaube an einen außerweltlichen, persönlichen, selbstbewußten und selbsttätigen Schöpfer und Lenker der Welt. Theodizee, aus gr. theos ›Gott‹ und dikë ›Gerechtigkeit‹, frz. théodicée, die Rechtfertigung Gottes gegen den Vorwurf, daß er für das 8Übel und das 8Böse in der Welt verantwortlich sei, da es in seiner 8Allmacht gestanden haben müßte, es nicht zuzulassen: von G. W. Leibniz (Essais de théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l’homme et l’origine du mal, 1710) nach Röm. 3, 5 geb. Ausdruck. Vgl. I. Kant, Über das Mißlingen aller philos. Versuche in der Theodizee, 1791; 8beste Welt, 8Optimismus. Theognosie, von gr. 8theos ›Gott‹ und 8gnôsis ›Erkenntnis‹, die Gotteserkenntnis. Theogonie, gr. ›Abstammung der Götter‹, ›Götterschöpfung‹, die in den Mythen dargestellte Zeugung und Geburt der Götter. Theokratie (gr. kratos ›Herrschaft‹), die Herrschaftsform, in der die Stiftung, Leitung und Ordnung eines Staates auf den unmittelbaren göttlichen Willen zurückgeführt wird; Ideal einer irdischen Gemeinschaft, die das 8Reich Gottes vorzubereiten strebt. Theologie, gr., die Lehre von 8Gott; bei den Griechen das Reden, Lehren und Dichten über die Götter; bei den Christen urspr. die
Theomonismus
Verkündigung, Verherrlichung Gottes, dann in der 8Patristik die wissenschaftliche Lehre von Gott, seinem Dasein, Wesen und Wirken. Die 8Scholastiker unterscheiden die natürliche, aus der Vernunft als Erkenntnisquelle entspringende, und die geoffenbarte, auf dem Glauben an die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche beruhende Th. (8Offenbarung). Im Laufe der Jahrhunderte weitete sich die Th. zur Glaubenslehre und zu einer wissensch. Disziplin aus, die sich mit Glaubenseinstellungen beschäftigt. In beiden christl. Hauptkonfessionen (ev., kath.) wurden Einzeldisziplinen ausgebildet, so daß die gesamte Th. zerfällt in die historische (Bibelwissenschaft, Kirchen- , Dogmen- und Theologiegeschichte), die systematische (Dogmatik, Apologetik, Ethik oder Moraltheologie, also geordnete Aufstellung und Verteidigung der Glaubens- und Sittenlehre) und die praktische Th. (Homiletik, Katechetik, Liturgik, also Ausübung des Lehr- und Pfarramtes). Theomonismus (8Monismus), die Weltanschauung, nach der Gott die eigentliche Wirklichkeit ist und alles in ihm und durch ihn geschieht (8Theismus); Gegensatz: Physiomonismus, die Lehre von der Natur als allumfassendem Einheitsprinzip. Theonomie (gr. nomos ›Gesetz‹), die Gottesgesetzlichkeit, die Ableitung aller Sittlichkeit von Gottes Gesetz und Gebot, im Gegensatz zur 8Autonomie, der Selbstgesetzlichkeit. Im Unterschied von der 8Heteronomie, bei der mensch-
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liches Denken und Handeln durch ein ihm fremdes, von außen gegebenes Gesetz bestimmt werden, soll die Th. die Autonomie nicht aufheben, sondern sie bis zu dem Punkte vertiefen, wo sie über sich selbst auf eine göttliche Gesetzlichkeit hinausweist. Theophanie, gr., die Gotterscheinung, die Selbstoffenbarung Gottes. Theorem, von gr. theôrëma ›Lehrsatz‹ (eigentlich das ›Angeschaute‹, zu theorein ›anschauen‹), im weiteren Sinne ein Lehrsatz einer wissenschaftlichen Disziplin, im engeren Verständnis eine Aussage, die aus den 8Axiomen eines 8Kalküls bzw. eines 8axiomatischen Systems folgt, d. h. in ihm beweisbar ist (insbesondere in Logik, Arithmetik und Geometrie). theoretisch, gr. theoretikos ›beschauend‹, ›betrachtend‹, zuerst bei Aristoteles im Gegensatz zu 8praktisch: bios theoretikos (lat. vita contemplativa), das der denkenden Betrachtung der Dinge gewidmete Leben (8Lebensformen); dianoia theoretikë, die mit der Erkenntnis der großen Welt und ihrer ewigen Ordnungen beschäftigte Vernunft, während die dianoia praktikë mit dem Wechsel und Wandel der menschlichen Dinge zu tun hat; auch im Gegensatz zu 8empirisch gebr. (8Theorie). Als theoretischen Menschen bezeichnet E. Spranger (Lebensformen, EA 1914) denjenigen Menschentyp, in dem »die erkenntnismäßige Einstellung mit entschiedener Einseitigkeit vorherrscht« und von dem er annimmt, daß sein Zustand die Af-
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fektlosigkeit, seine Leidenschaft die des objektiven Erkennens sei. Theoretische Philosophie, im Unterschied zur 8praktischen Philosophie (die sich unter verschiedenen Gesichtspunkten mehr oder minder mit dem Handeln befaßt, wie etwa die 8Ethik oder die 8politische Philosophie) derjenige Bereich der Philosophie, in dem es tendenziell um ›reine Erkenntnis‹ geht oder in dem die 8Theoriebildung selbst sowie die Bedingungen ihrer sprachl. Formulierung untersucht werden. Als Teildisziplinen gehören hierzu z. B. die 8Erkenntnistheorie, die 8Metaphysik, die 8Wissenschaftstheorie, die 8Sprachphilosophie und die 8Logik. Theorie, gr. theoria (geb. zu ion. theôrein ›schauen‹) ›die Betrachtung‹, insbes. das geistige Schauen dessen, was der sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich ist, svw. 8Kontemplation, 8Spekulation und in diesem Sinne bei Aristoteles gleichbedeutend mit dem 8Denken des Denkens; Gegensatz: 8Praxis; daher 1. die reine Erkenntnis und das systematisch geordnete Wissen ohne Rücksicht auf seine Anwendung und seine Nutzbringung zu bestimmten Zwecken. In der neuzeitl. Philosophie und Wissenschaft heißt Th. 2. im Gegensatz zur 8Empirie (8Erfahrung) die durch Denken gewonnene 8Erkenntnis, die wissenschaftliche 8Erklärung bestimmter Erscheinungen aus einem 8Prinzip und die Zusammenfassung der Einzelerkenntnisse unter allgemeine Gesetze sowie ihre Ordnung nach Prinzipien, aus denen sich Gesetz-
theos
mäßigkeiten und Einzelfälle ableiten lassen. Von dem Einzelgesetz, in dem, und von der 8Hypothese, durch die ebenfalls Einzeltatsachen und Sachverhalte zusammengefaßt werden, unterscheidet sich aber die Th. durch ihren umfassenderen Charakter (z. B. Wellentheorie, Atomtheorie, Entwicklungstheorie usw.). Jede Wissenschaft erstrebt als Ideal und Abschluß eine Th. in dieser doppelten Bedeutung der Ergänzung der unmittelbaren Erfahrung durch gedankliche Ansätze und der Zusammenfassung der Einzelergebnisse in ihnen (theoretische Physik usw.). Th. beansprucht einen Überblick in der Beschreibung und eine Einsicht durch Erklärung. – Bezeichnend für die Auffassung von Th. als Lebensform ist der Satz des Aristoteles (Met. XII, 7, p. 1072 b 24): hë theoria to hëdiston kai ariston ›die Theorie ist das Erfreulichste und das Beste‹. Gr. theoria ist verwandt mit gr. 8theos, ›Gott‹. In der Neuzeit hat Chr. Wolff die Unterscheidung 8theoretischer und 8praktischer Philosophie durchgeführt und wie Aristoteles der ersteren den Vorzug gegeben. Auch I. Kant hält an dem Grundsatz fest, spricht aber bei der internen Ordnung der menschl. 8Seelenvermögen vom 8Primat der praktischen Vernunft. theos, gr. 8›Gott‹ (vgl. 8deus), im MA sprachlich abgeleitet von gr. theôrein ›schauen‹; noch bei Nikolaus v. Kues heißt es, Gott werde Gott genannt, »weil er auf alles schaut« (De visione Dei, dt. v. E. Bohnenstädt, Von Gottes Sehen, 1944, S. 56). Vgl. 8Theorie.
Theosophie
Theosophie, gr., die Gottesweisheit, von den Neuplatonikern geb. z. Bez. des Wissens um das Göttliche durch unmittelbare Erkenntnis (8Gnôsis), durch Erleben des Göttlichen und die mystische Vereinigung mit ihm (8Ekstase, 8unio mystica). Viele Mystiker nannten sich Theosophen. Der Begriff wurde auf alle Religionen ausgedehnt, bei denen es sich um eine Erkenntnis Gottes, ein Wissen, nicht um einen Glauben handelt. Im engeren Sinne heißt Th. die von H. P. Blavatsky in ihren Werken: The Isis unveiled (Die entschleierte Isis, 1877) und Secret doctrine (Geheimlehre, 1888) entwickelte moderne Lehre, in der sich 8Okkultismus, indische und abendländische 8Mystik vermischen und die den gemeinsamen Kern der großen Weltreligionen und der philos. Systeme aller Zeiten darstellen soll. Sie wurde in der 1875 in New York gegründeten Theosophischen Gesellschaft, deren Hauptsitz 1882 nach Adyar in Indien verlegt wurde und die sich über die ganze Welt verbreitete, weiter ausgebaut, bes. durch A. Besant (The ancient wisdom ›Die alte Weisheit‹, 1897), die 1907- 1933 Präsidentin der sich mehrfach spaltenden Gesellschaft war. Unter anderem löste sich 1913 die von R. Steiner gegründete Anthroposophische Gesellschaft von ihr ab (8Anthroposophie). Therapeuten, gr. therapeutai ›Diener‹ (nämlich Gottes), die in Philos Schrift De vita contemplativa geschilderte Gemeinschaft von Männern und Frauen, die ihre Hauptsiedlung bei Alexandria am Ma-
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reotischen See hatten und ein den späteren christlichen Mönchsorden ähnliches Leben führten, das sie der Kontemplation und der allegorischen Bibelauslegung widmeten. Heute allg. Bez. für in Heilberufen Tätige: wie z. B. Ärzte, Psychiater, speziell ›Psychotherapeuten‹ und ›Physiotherapeuten‹. Therapie, gr. therapeia, urspr. die Dienstleistung, die Behandlung, heute allg. das Heilverfahren. Vgl. 8Therapeuten. These, gr. thesis ›die 8Setzung‹, der Satz, insbes. der Lehrsatz, der eines Beweises bedarf. Der Ausdruck in thesi bedeutet: im Satz, in der Regel, im allgemeinen. Im Gegensatz zur 8Antithese bedeutet T. die Behauptung, der eine ihr widersprechende Behauptung gegenübergestellt wird (8Dialektik). Thetik, gr. thetikë (epistëmë), urspr. die Wissenschaft von den Festsetzungen, bei I. Kant (KrV, B 448) »ein jeder Inbegriff dogmatischer Lehren«; thetisch, gr. theteos ›zu setzendes‹; setzend, svw. 8dogmatisch. Theurgie, gr., ›göttliches Werk‹, die Kunst, durch 8Magie Götter und Geister zu beschwören und sie sich dienstbar zu machen. Thomismus, die Philosophie und Theologie des Thomas von Aquin (1225 bis 1274), der doctor angelicus genannt, 1323 zum Heiligen und 1567 zum 8Kirchenlehrer ernannt wurde. Er schuf mit den Mitteln der aristotelischen Philosophie das umfassendste, bis in alle Einzelheiten ausgebaute rationalistische System der kath. Kirche, das noch heute deren ideelle Grundla-
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ge ist (8Neuthomismus, 8Neuscholastik). thymos, gr. ›der Mut‹, Wille (8Seelenteile). Tiefe, Dimension des Raumes. Im übertr. Sinne neben Klarheit und Weite ein dritter metaphor. Ausdruck zur Bewertung von Gedankengängen: svw. innere Differenziertheit (8Innerlichkeit). Tiefsinn, die Fähigkeit des Geistes, in die ›T.‹ zu gehen, d. h. das innere Wesen von Dingen, ihre Gesetze und verborgenen Gründe zu erforschen. Tiefenpsychologie, urspr. Bezeichnung für die 8Psychoanalyse und die 8Individualpsychologie, die das unbewußte oder kaum bewußte Triebleben zu ihrem Hauptgegenstand hat, ein Leben, von dem man annimmt, daß es sich in der ›Tiefe‹ der Seele abspielt, während das Bewußtsein nur ihre ›Oberfläche‹ darstellt (8bewußt, 8Ich, 8Unbewußtes). tierischer Magnetismus, die von Fr. Mesmer angenommene besondere Heilkraft eines Menschen, die durch eine dem physischen Magnetismus (Bestreichen mit den Händen) entsprechende Einwirkung auf einen anderen Menschen aktiviert werden soll. Die Lehre vom t. M., auch Mesmerismus genannt, fand im 19. Jh. viele Anhänger (Chr. W. Hufeland, J. K. Passavant, J. Ennemoser) und wurde auch von der idealistischen Naturphilosophie (Fr. W. J. Schelling) ernst genommen. Timaios, gr. (lat.: Timaeus), ein 8Pythagoreer, nach dem Plato einen Dialog nannte, der von der Weltordnung handelt.
Todesstrafe
Timarchie, gr. (zu timë ›Schätzung‹), von Plato (Politeia 545 B) gebr. für die auf Ehrsucht, Ruhm und Reichtum der Regierenden beruhende Herrschaft im Staate; bei Plato gleichbedeutend mit Timokratie (gr. kratos ›Herrschaft‹); Aristoteles (Nik. Ethik VIII 12, 1160a 31 ff.) versteht unter letzterer den Staat, in dem die Ämter nach der Schätzung des Vermögens, dem Zensus, verteilt werden. Tod (gr. thanatos, lat. mors), das Aufhören des individuellen Lebens, d. h. der organischen Tätigkeit von Menschen, Tieren und Pflanzen. Philosophisches Denken hat sich daher von je an dem Faktum des T.es entzündet (8Leben, 8Unsterblichkeit). Todesstrafe, in ältester Zeit vielfach sakralen Charakters – der Straftäter wird den Göttern geopfert – als 8Strafe für begangenen Mord, Ausdruck der Vergeltung des Gleichen mit Gleichem, der 8Talion. In der Aufklärung und ebenso in der neuesten Zeit wurde vielfach ihre gänzliche Abschaffung gefordert und in vielen Ländern durchgesetzt (vgl. Grundgesetz der BRD, Art. 102, gültig seit 1949). Soweit die Ablehnung der T. damit begründet wurde, niemand könne im sog. Staats- oder 8Gesellschaftsvertrag darin eingewilligt haben, sein Leben im Falle, daß er einen Mord beginge, zu verlieren, da niemand in dieser Weise über sein Leben verfügen könne, steht und fällt diese Begründung mit der Vertragstheorie selbst. Darüber hinaus hat I. Kant gegen die T. eingewandt, daß nicht der im voraus erklärte empirische
Todsünden
Wille des Mörders ihm das Leben aberkenne, sondern die »reine rechtlich- gesetzgebende Vernunft« in ihm, vermöge derer er ein allgemeingültiges Gesetz aufstellt, das auch auf ihn selbst angewandt werden muß. Außer 8humanitären Bedenken läßt sich gegen die T. vor allem geltend machen, daß sie im Gegensatz zu allen anderen Strafen nicht mehr reparabel ist, ferner, daß sie bei häufiger Anwendung viel von ihrer abschreckenden Wirkung einbüßt und für mögliche Täter mit Suizidneigung sogar als Tatanreiz begriffen werden kann. Todsünden, nach gr. hamartiai pros thanaton ›Sünden zum Tode‹ in 1. Joh. 5, 16 (»So jemand sieht seinen Bruder sündigen eine Sünde nicht zum Tode, der mag bitten; so wird er geben das Leben denen, die da sündigen nicht zum Tode; es gibt eine Sünde zum Tode, für die sage ich nicht, daß jemand bitte«), von der kath. Kirche verstanden als solche Sünden, die den geistigen Tod, den Verlust der Gnade, nach sich ziehen, aber im Bußsakrament vergeben werden können. T. sind nach Ap.gesch. 15, 28 f., Off. Joh. 22, 15, 1. Kor. 5: Götzendienst, Mord und Unzucht; nach dem christl.- kath. Dogma: Dünkel, Geiz, Wollust, Neid, Völlerei, Zorn, Trägheit des Herzens (8Traurigkeit). Tohu wa bohu, hebr., nach 1. Mos. 1, 2 der chaotische Zustand der Welt vor der 8Schöpfung, nach M. Luthers Übers. »wüst und leer« (vgl. 8Chaos). Toleranz, lat., die Duldung, die Duldsamkeit, das Geltenlassen
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fremder Ansichten und Grundsätze, bes. in konfessionellen Fragen. Die Idee der T. entwickelte sich zur Zeit der Aufklärung im Widerstand gegen die Kämpfe zwischen Protestanten und Katholiken; ihr bedeutendster literarischer Ausdruck in Deutschland ist G. E. Lessings Nathan der Weise (1779). T. bedeutet nicht notwendig Billigung aller fremden Überzeugungen, Gleichgültigkeit gegenüber Wahrheit, Recht, Sitte usf. (8Indifferentismus). T. entspringt der 8Achtung vor der Eigenart anderer Personen, Kulturen, Religionen, Weltanschauungen, Völker und Rassen. Topik, gr. topikë ›den Ort betreffend‹, die Lehre von den ›Örtern‹, den ›Gemeinplätzen‹, den einzelnen Punkten; bei den gr. Rhetoren die Anweisung, wie man die zur Behandlung eines Themas geeigneten Punkte auffindet; bei Aristoteles (8Organon) das Verfahren, »nach dem wir über jedes aufgestellte Problem aus wahrscheinlichen Sätzen Schlüsse bilden können und, wenn wir selbst Rede stehen sollen, in keine Widersprüche geraten« (Top. I, 100a). Aristoteles entfaltete in diesem Werk eine Systematik dieser Disziplin. Ähnliches versuchte Cicero in ›De inventione‹; ein damit vergleichbares Werk ist Lullus’ ›Große Kunst‹ (s. 8Lullische Kunst), die G. Bruno 1580 durch seine ›Kompendiöse Architektur‹ vervollständigte. Auch läuft die ›Chrie‹ (gr. chreia ›Gebrauch‹, auch gesammelte Lebensweisheit) des Aphthonios (Anf. d. 4. Jh. n. Chr.) auf eine T. hinaus, die Daries auf folgenden Vers brachte:
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Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando? (Wer, was, wo, wodurch, warum, wie, wann?). Endlich hat sich G. W. Leibniz zeitlebens mit Aufstellung einer »allgemeinen Charakteristik« (8characteristica universalis) beschäftigt. I. Kant unterschied von der logisch rhetorischen die transszendentale T., die sich mit Erforschung des Ursprungs der Vorstellungen beschäftigt. Torheit, im Gegensatz zu 8Klugheit die verkehrte Anwendung der Vernunft; sie kann sowohl in der konsequenten Verfolgung kritikwürdiger Zwecke wie in der falschen, d. h. mit ungeeigneten Mitteln durchgeführten Verfolgung von als ›richtig‹ beurteilten Zwecken bestehen. Totalitarismus, abgeleitet von ital. stato totalitario ›Totalstaat‹, urspr. kritische Kennzeichnung für die eine gesamte Gesellschaftsordnung dominierende 8Ideologie und Herrschaftsform, zuerst verw. von Gegnern des ital. Faschismus, später auch von B. Mussolini als Selbstbezeichnung für die eigene polit. Bewegung übernommen. Der Begr. T. wurde zunächst nur als Merkmal des ›totalen Staates‹ verwendet, zur Rechtfertigung einer autoritären Herrschaft im dt. Sprachraum zunächst bei C. Schmitt und E. Forsthoff, in kritischer Absicht dagegen zuerst bei H. Arendt (Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, EA engl. 1938) und F. Neumann (Behemoth, EA 1942). Aus der kritischen Verwendung des T.sbegriffs entstand das Adj. totalitär, weiterentw. aus 8To-
Totalitarismus
talität. Es bed. praktisch: umfassend (d. h. in allen gesellsch. Bereichen) nach 8Macht strebend; theoretisch: auf eine Ideologie mit ausschließlichem und unwideruflichen Konformitätsanspruch bezogen. T. wurde später zum Typenbegriff erweitert für all diejenigen Machtstrukturen und Ideologien, welche gekennzeichnet sind durch zentralisierte Einparteienherrschaft, durch Verbindlichkeit eines einzigen ideologisch gerechtfertigten Programms zur gesellschaftlichen Gestaltung, durch Machtansprüche nicht nur über den Staatsapparat, sondern auch über die Wirtschaft, das kulturelle Leben und über die Erziehung. Politische Systeme, die als totalitär bez. werden, praktizieren darüber hinaus auch eine Gleichschaltung der Massenmedien im Sinne der herrschenden Ideologie, eine Zensur für Publikationsorgane und in einigen Fällen auch eine Militarisierung des zivilen Lebens und eine weitgehende Kontrolle nichtstaatl. Aktivitäten durch Geheimdienste. All diese Merkmale trafen nach übereinstimmendem Urteil von Gesellschaftstheoretikern unterschiedl. Richtungen ausnahmslos auf den deutschen Nationalsozialismus, weitgehend auch auf bisher praktizierte faschistische und religiös- fundamentalistisch begründete politische Herrschaftsordnungen zu. Auch Regimes, die sich auf den 8Kommunismus als Endziel gesellsch. Entwicklung beriefen, werden häufig, inbes. für die Phase einer nachrevolutionären Konsolidierung ihrer Herrschaftsordnung (in
Totalität
der Sowjetunion z. B. für die Epoche des Stalinismus), als totalitär bezeichnet. Totalität, von lat. totum ›das Ganze‹; svw.: 8Vollständigkeit, Gesamtheit, 8Ganzheit; vor allem in kritischen Gesellschaftstheorien (inbes. in der 8Frankfurter Schule, zuerst bei M. Horkheimer und Th. W. Adorno) verw. zur Bez. der eine Gesellschaftsordnung insges. kennzeichnenden historisch- sozialen Lebensverhältnisse. Nach den Voraussetzungen der 8Kritischen Theorie muß auch ein in kritischer Absicht arbeitender Gesellschaftsanalytiker von der T. der gesellsch. Verhältnisse ausgehen, in deren Traditionen er selbst befangen ist. 8Kritik am Gesamtzusammenhang einer spätkapitalistischen Gesellschaftsordnung ist danach nur noch möglich, wenn entweder eine systemimmanente Tendenz zur Veränderung erkennbar ist oder aber das utopische Gegenbild einer gesellschaftlichen Alternative (8Utopie) aufgezeigt werden kann, welche den T.scharakter der bestehenden Lebensverhältnisse insgesamt infrage stellt. Dazu: total, auch in anderen Kontexten: vollständig, restlos, gänzlich – im Unterschied zu 8totalitär; die Bezeichung T. für den Gesamtkontext sozialer und kultureller Verhältnisse wird auch verwendet für Gesellschaften, deren Ordnung keineswegs, nicht mehr oder noch nicht als Varianten des 8Totalitarismus bezeichnet werden können. Totemismus (indianisch totem von oteteman ›Blutsverwandter‹), das Zeichen für die Verwandtschaft
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einer Gruppe von blutsverwandten, einer Sippe. Der T. besteht in dem Glauben, daß sich für eine Verwandtschaft, eine Sippe, einen Stamm etwas Gemeinsames in einer Tiergruppe, seltener in einer Pflanzenart, oder anderen Naturgegenständen und Himmelserscheinungen ausdrückt, die infolgedessen für heilig gehalten und verehrt werden Der T. diente lange Zeit als ein umfassendes religiöses Beschreibungs- und Erklärungsschema der Ethnologie, wurde aber später nur noch als Bez. für ein soziales Klassifikationsprinzip beibehalten (so z. B. bei Cl. Levi- Strauss, Das Ende des T.; Das wilde Denken, frz. E A jeweils 1962). Tradition, von lat. traditio ›Überlieferung‹, Übertragung, in die dt. Sprache aufgenommen im Zuge der Reformation zur Kennzeichnung der im kath. Glauben neben der 8Offenbarung der Hl. Schrift stehenden Überlieferung der kirchlichen Autoritäten. T. meint Weitergabe der 8Sitten, 8Normen und Bräuche von Generation zu Generation, die sowohl schriftliche als auch mündliche Überlieferung eines kanonischen, aus der 8Autorität eines Ursprungs oder einer 8Offenbarung begründeten kulturellen Ganzen. Erst im Bruch mit der Verbindlichkeit und Autorität einer einheitlichen T. entsteht ein moderner, reflexiver T.sbegriff: das in der Moderne aus der vorgegebenen T. entlassene Subjekt kann und muß jetzt frei entscheiden, in welche der heterogenen, koexistierenden T.en es sich stellt. Das Denken einer autonomen Vernunft
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führt den Prozeß der T.skritik mit sich: dies zeigt sich im cartesischen 8Zweifel ebenso wie in der baconschen 8Idolenlehre und stellt bis zu I. Kant (Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? 1784) einen sich durchhaltenden Topos der Aufklärungsphilosophie dar. In G. W. Fr. Hegels Philosophie schließlich wird der Prozeß der Moderne selbst reflektiert und damit ein differenzierter Begriff der Überlieferung möglich (Phän. d. Geistes, 1807). G. W. Fr. Hegel setzt an die Stelle der T. als ›erkenntnisloser Erbmasse‹ die Aneignung der Überlieferung durch das freie Individuum im Prozeß der Bildung als Selbstvermittlung des Subjekts mit dem kulturellen Ganzen. In einer modernen Welt, die objektiv längst mit unreflektierten T.en gebrochen hat, läßt sich das Bewußtsein für die Aktualität der Überlieferung nur in der denkenden Vermittlung der Vergangenheit mit den philos. Anliegen der Gegenwart erhalten. Traditionalismus, Neub. zu 8Tradition, allg. die geistige Haltung, die sich aus dem Bemühen um Wiederverlebendigung vergangener Formen, Werte usw. (8Historismus) ergibt, im bes. die geistige Strömung in Frankreich zu Anfang des 19. Jh., die mit dem 8Rationalismus und 8Materialismus vor allem die in der Franz. Revolution zur Auswirkung gekommenen Lehren bekämpfte und zu den religiösen, politischen und philos. Bindungen früherer Zeiten zurückführen wollte. Vertreter: L. de Bonald, H. de Lamennais, J. M. de Maistre. Nach ihrer Auffassung
tragisch
sollten die ersten Menschen von Gott selbst nach der Schöpfung mit den grundlegenden Einsichten und den Mitteln, sie auszudrücken und zu verbreiten, begabt worden sein. Allgemein meint T. eine konservative Haltung, die auf Bewahrung des Hergebrachten im Anschluß an eine in der Gegenwart gelebte Vergangenheit zielt. Traduzianismus, Neub. von lat. traducere ›hinüberführen‹, übertragen, die aus Ansätzen bei den 8Stoikern hervorgegangene, von Tertullian (De anima, 19 f.) formulierte, auch Generationismus genannte Lehre, nach der die Seele des Menschen zugleich mit dem Leib, und zwar vom Vater, erzeugt werde, im Unterschied zum 8Creationismus und zur 8Präexistenzlehre. Trägheit, in der Mechanik svw. 8Beharrungsvermögen; in moralischem Sinn die Unlust zur Arbeit, die Neigung, sich nicht anzustrengen; svw. 8Faulheit. tragisch, das Tragische, von gr. tragos ›Ziegenbock‹, daher gr. tragodia, der dem Opfertier gewidmete Bocksgesang, die Tragödie, die diesen Namen bekam, weil an den Dionysien die das Gefolge des Gottes bildenden Sänger des Dithyrambus und der dionysischen Chöre als Böcke verkleidet waren. Aristoteles gab folgende Definition der Tragödie: »Die Tragödie ist die Nachahmung einer edlen und abgeschlossenen Handlung von einer bestimmten Größe in gewählter Rede, derart daß jede Form der Rede in gesonderten Teilen erscheint und daß gehandelt
transeunt
wird und nicht berichtet wird und daß mit Hilfe von Mitleid und Furcht eine Reinigung von eben diesen Affekten bewerkstelligt wird« (Poetik 1449 b, Übers. Olof Gigon). Die Tragödie hat für Aristoteles exemplarische Bedeutung für die Funktion der Kunst überhaupt, ihre Darstellung macht den Hauptteil seiner Poetik aus. Die Funktion der Tragödie ist die Darstellung ergreifender 8Leidenschaften mit dem Ziel, ihr Übermaß durch die Wirkung auf den Zuschauer in ihm abzubauen (8Katharsis). Das T.e der attischen Tragödie (Aischylos, Sophokles, Euripides) liegt in einer Situation, in der der Held durch einen Fehler, der entweder durch Anmaßung (8hybris) oder Unwissenheit (atë) entsteht, ins Unglück gerät. Der t.e Konflikt ist prinzipiell unlösbar, weshalb er eine pathetische Situation bzw. Handlung darstellt, die zum leidvollen Untergang des Helden führt. Der zum Untergang führende Konflikt zwischen Individuum und den objektiven Mächten wird entweder durch das unbeabsichtigte Schuldigwerden des Menschen (klassisches Beispiel bei Sophokles: König Ödipus) oder durch die bewußte Entscheidung des tragischen Charakters, der zwischen zwei Geboten wählen muß (klassisches Beispiel ebd.: Antigone) hervorgerufen. In der klassischen modernen T. (W. Shakespeare, F. Calderón, J. Racine) entsprechen diesen Typen die Schicksalsbzw. die Charaktertragödie. In der modernen T. tritt »das Prinzip der Subjektivität« bzw. die »subjektive
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Innerlichkeit des Charakters« (G. W. Fr. Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, Nachschr. ed. Hotho, 2. Teil, 3. Abschn., 3. Kap.) ins Zentrum der Konfliktsituation: das T.e ist hier Ausdruck subjektiver Überzeugungen des Helden, die er gegen die gesellschaftlichen Kräfte, die historischen Weltverhältnisse überhaupt geltend macht. Dieser theoretischen Bestimmung entspricht die historische Funktion des bürgerlichen Trauerspiels im 18. Jh. (in Deutschland seit G. E. Lessing), am Bildungsprozeß bürgerlichen Selbstbewußtseins mitzuwirken: der tragische Konflikt entwickelt sich durchgängig im Anspruch des bürgerlichen Subjekts auf 8Autonomie, der an höfischer Willkür scheitert, aber im Scheitern an einer moralischen Überlegenheit festhält. transeunt, lat., über etwas hinaus, in einen anderen Bereich übergehend; insbes. über die Sphäre des Subjekts hinaus auf etwas anderes, etwas Objektives gehend. transfinit, neulat., ›über jedes Ende hinaus liegend‹, 8unendlich; in der Mathematik die Zahlenfolge oder Funktion, die über jede gedachte noch so große Zahl hinauswächst; in der formalen Logik die gedachte Gesamtsumme einer unendlichen Reihe als ein Begriff (8infinit, 8indefinit). Transformation, lat., die Umformung, Umwandlung; in der Mathematik svw. 8Substitution, auch jedes Verfahren, durch das aus Figuren neue Figuren anderer Gestalt abgeleitet werden; in der Physik die Umwandlung einer
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Energieform in eine andere, in der Biologie einer Tierart in eine andere. Transformationsgrammatik, vgl. 8generative T. Transformationstheorie, Umwandlungslehre, svw. 8Abstammungslehre. Transformator, lat., der Umformer, Umwandler, z. B. in der Technik eines Gleichstroms in Wechselstrom oder einer Spannung in eine andere. Transformismus, die Lehre von der Umwandlung der Arten, svw. 8Transformationstheorie, Abstammungslehre. transgredient, lat., überschreitend, über etwas hinausgehend. transitiv, lat. ›übergehend‹, auf etwas übergehend, hinweisend; in der Logik heißt eine Beziehung (8Relation) t., wenn die Beziehung, die zwischen x und y, y und z besteht, auch auf x und z übergeht, z. B. A ist Vorfahre von B, B ist Vorfahre von C, A ist daher auch Vorfahre von C; in der Grammatik heißt t. ein Tätigkeitswort (verbum), das ein Objekt bei sich haben kann, auf das die Tätigkeit zielt, z. B. etwas hinlegen, jemanden töten. transobjektiv, Neub. aus lat. trans ›über hinaus‹ und 8objektiv, bei N. Hartmann (Grundzüge einer Metaphysik der Erkenntnis, 19252, S. 50) über das Objekt, den Gegenstand hinausgehend. transsubjektiv, Neub. aus lat. trans ›über hinaus‹ und 8subjektiv, über das Subjekt (das Ich) hinausgehend, auch jenseits seines Bewußtseins liegend, nicht zu den Bewußtseinsvorgängen gehörend.
transzendent
transzendent, lat. transcendens ›hinüberschreitend‹, hießen in der späteren scholastischen Philosophie die allgemeinsten Eigenschaften der Dinge, welche nach neuplatonischer Lehre als metaphysische Wesenheiten noch jenseits der einzelnen Prädikamente oder 8Kategorien liegen: res das ›Ding‹, ens das ›Seiende‹, verum das ›Wahre‹, bonum das ›Gute‹, aliquid das ›Etwas‹, unum das ›Eine‹; von hier aus ergab sich die Beziehung auf Gott als das allen menschl. Begriffen überlegene Sein. Heute wird t. in dreifachem Sinn gebraucht: 1. die Grenzen der Erfahrung überschreitend, 2. außerhalb der Grenzen der natürlichen, uns mittels der Sinne erkennbaren Welt liegend, 3. über den Bereich des menschl. Bewußtseins hinausgehend; Gegenbegriff: 8immanent. Für die Mathematik definierte G. W. Leibniz als t. alles, was über das Gebiet der Algebra hinausgeht; daher transzendente Zahl, svw. nichtalgebraische Zahl, d. h. eine Zahl, die keiner algebraischen Gleichung genügt, deren Koeffizienten rationale Zahlen sind, z. B. das Verhältnis von Kreisumfang und Durchmesser. I. Kant nennt t. »die Ausdehnung der Prinzipien möglicher Erfahrung auf die Möglichkeit der Dinge überhaupt« und »die Behauptung der objektiven Realität solcher Begriffe, welche ihre Gegenstände nirgend als außerhalb der Grenze aller möglichen Erfahrung finden können« (KrV, B 809); ein Grundsatz heißt t., wenn er die Schranken der Erfahrung »wegnimmt, ja gar sie zu überschreiten gebietet« (ebd.
transzendental
B 353). – Transzendenz, neulat. transcendentia, die Überschreitung der Grenze zwischen zwei Gebieten, das Hinausgehen über die Grenzen der Erfahrung, des Bewußtseins oder über die Welt als ›Diesseits‹, auch das Ziel, der ›Gegenstand‹ dieses Hinausgehens; daher svw. das 8Übersinnliche, das 8Absolute, insbes. die Jenseitigkeit Gottes (8Offenbarung). transzendental, neulat., hinüberschreitend, bei den Scholastikern svw. 8transzendent; ihre t.en Wesenheiten hießen daher Transzendentien oder Transzendentalien. I. Kant gab dem Wort eine neue Bedeutung: »Ich nenne alle Erkenntnis t., die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnisart von Gegenständen, sofern diese a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt. Ein System solcher Begriffe würde Transzendentalphilosophie heißen« (KrV, B 25). Vgl. Proleg., Anhang: »Das Wort t. [...] bedeutet nicht etwas, das über alle Erfahrung hinausgeht, sondern was vor ihr (a priori) zwar vorhergeht, aber doch zu nichts mehrerem bestimmt ist, als lediglich Erfahrungserkenntnis möglich zu machen. Wenn diese Begriffe die Erfahrung überschreiten, dann heißt ihr Gebrauch transzendent.« (A 204 Anm. – Der Gegensatz zu t. ist 8empirisch; vgl. 8a posteriori). Vgl. 8Erkenntnistheorie. –Transzendentalismus, die Art des Philosophierens, die im Sinne I. Kants von den im Erkenntnisvermögen selbst liegenden apriorischen Bedingungen alles Erkennens ausgeht.
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transzendieren, Neub. zu 8transzendent, über einen Bereich hinaus in einen anderen übergehen, insbes. in den der 8Transzendenz. Traum, ahd. mhd. troum, urspr. svw., ›Trugbild‹, psychischer Vorgang während des Schlafes, meist lebendig- bildhafter Natur mit Wirklichkeitscharakter und Phantastik, manchmal auch von quälenden Beeinträchtigungsgefühlen gefärbt (Alptraum). Viele im Naturzusammenhang lebende Völker und der Volksglaube früherer Zeiten schreiben dem T. prophetische und hellseherische Kräfte zu. Deshalb entwickelten sich früh Bemühungen um eine T.deutung, in der magische, religiöse und psychologische Vorstellungen ältester Zeiten enthalten sind, so daß antike T.bücher bis heute wichtige geistesgeschichtliche Quellen darstellen. Die psychologische Erforschung des T.s ging bisher drei Wege: Eine von der mechanistischen Psychologie des ausgehenden 19. Jh. ausgehende Richtung suchte den T. aus physiologischen, innerkörperlichen Reizen, aus Vorstellungs- und Erinnerungsresten des seelischen Tageslebens zu erklären, ohne jedoch eine Beziehung des T.s zur 8Symbolik und zum 8Unbewußten herzustellen. Eine zweite Richtung knüpfte an psychiatrische und psychotherapeutische Erfahrungen an und stellte sich den T.inhalt als aus verdrängten Wünschen entstanden vor, die im T. dann symbolhaft verkleidet auftreten (8Psychoanalyse). Eine dritte Richtung ist beeinflußt durch die Einsichten der deutschen Romantik in das bilder-
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schauende Wesen des T.s, setzt die Symbolsprache des T.s in Beziehung zur sonstigen Symbolik in Seelenleben, Kunst, Religion usw. der Völker (so z. B. C. G. Jung, Psychologische Abhandlungen II. u. IV., 1928 u. 1934.) – Psychologisch verwandt mit dem echten T. ist der sog. Tag- oder Wach- T., das phantasierende Ausmalen von wünschbaren Situationen (so z. B. bei E. Bloch, Das Prinzip Hoffnung, 1. Teil, EA 1955). Trauma, gr. ›Wunde‹, in der Medizin gebr. Begriff für eine durch äußere Einwirkung zustandegekommene Verletzung. Im übertragenen Sinn spricht man auch von einem psychischen T. So kann z. B. die Entstehung neurotischer Symptome durch erschütternde Erlebnisse erklärt werden (zuerst bei J. Breuer und S. Freud, Studien über Hysterie, 1895). Dazu traumatisch, durch Verletzung bedingt. Traurigkeit (lat. tristitia), eine Lebensgrundstimmung, in der Aussichtslosigkeit, Gedrücktheit und eine sinnleere Welt erlebt werden, das Gegenteil von 8Freude, bei Thomas von Aquin als acedia eine der sieben Todsünden, die den Menschen hindert, tätig zu sein. Zur T. in diesem Sinn gehören: Kleinmut (pusillanimitas), Verzweiflung (desparatio), Gefühlsstarre (torpor), finsterer Groll (rancor), Bosheit (malitia) und das Abschweifen des Geistes (evagatio mentis). Als anhaltender Zustand svw. Depression. Treue, mhd. triuwe, idg. Wurzel dru- zu d(e)rew(o)- ›Baum‹, wahrscheinl. ›Eiche‹; Bedeutungsentfal-
Treue
tung von Baum, festes Holz, fest zu beständig, treu: sanskr. dru ›Baum‹, ›Holzgerät‹, dhruva ›fest‹, ›bleibend‹; got. triggws ›treu‹, triggwa ›Vertrag‹, altnord. tru ›Versicherung‹, ›Glaube‹, engl. true ›treu‹, ›wahr‹; romanische Form treuga im Sinne von got. triggwa: Treuga Dei ›Gottesfriede‹; zur gleichen Wurzel dru gehört trauen (got. trauan) ›Glauben schenken‹, ›ehelich binden‹ (8Heirat) und Trost, got. traust ›Vertrag, Bündnis‹, altnord. trauest ›Zuversicht‹, ahd. trost ›Trost‹. – T. bedeutet Zuverlässigkeit, zeitübergreifendes Verbundensein. T. enthält in seinem pragmatischen Wortsinn bereits die Hochschätzung des mit ihm Bezeichneten: zum gegebenen Wort stehen. Im germanischen Altertum bilden Versprechen, Vertrag, Gelübde und Eid neben dem Familienband die Verknotungen der sozialen und politischen Verbindungen. T. hatte über Gesinnung hinaus Tatcharakter, bezog sich auf den Wortlaut der Abmachung und verlor mit dem Tod eines Partners seine Geltung. Im biblischen Judentum erhielt T. ihren verpflichtenden Grund durch das Vorbild der T. des Bundesgottes Jahwe, der die T. hält, auch wenn das Bundesvolk sie bricht. Über das Neue Testament erhält der T.begriff auch im abendländischen Kulturraum einen ethischen und religiösen Gehalt. (Das Deutsche Wörterbuch v. Grimm u. a. führt über hundert Verwendungsweisen im sittlichen Bereich an). Zum Inbegriff von 8Tugend als ritterlichem Standesideal wird T. im Mittelalter.
Triade
Schon im 16. Jahrhundert tritt die Verbindung ›deutsche T.‹ auf, und es beginnt die Erhebung der T. zur deutschen Tugend und zum Bestandteil des ›deutschen Wesens‹, das im Rassenmythos der Nazi- Bewegung seine faschistische Form als bedingungslose Unterwürfigkeit erlangt. T. hat bis in die Gegenwart eine bedeutsame Funktion im politischen Herrschaftsgebilde (Beamtentreue, Soldatentreue, Vertragstreue, Treuepflicht im Arbeits- und Tarifrecht). T. in der Liebe wird als Moment von personaler Beziehungsqualität verstanden, oft identisch mit ehelicher T., die vor allem sexuelle T. meint. Außereheliche Beziehungen gelten nach diesem Maßstab als Ehebruch. Auch in nichtehelichen Zweierbeziehungen einschließlich homosexueller treten Probleme in bezug auf T. als wechselseitige Erwartung auf. Wo es sich nicht um eine unverbindliche sexuelle Beziehung handelt, sondern um Beziehungen aus Interesse an der Person, ihrer Geschichte und Gegenwart, in Verbindung mit Selbstoffenbarung und Hingabe, kann das Problem der Ausschließlichkeit bedeutsam werden. Die Formel »T. zu sich selbst« kann verstanden werden als die notwendige Besinnung auf die eigene Beharrlichkeit in den Treueverhältnissen, auf deren Sinn und Sinnverlust. Der Begr. wird auch im Kontext ›T. zu Grundsätzen‹ verwendet i. S. v. Unerschütterlichkeit gegenüber Anforderungen anderer. – Wo T. in der dramatischen Dichtung als Ideal gefeiert wird, handelt es sich stets um eine spezifische T.
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und ihre Konflikte (z. B. in der ›Antigone‹ des Sophokles um die T. zur Sippe im Widerstreit mit der zur Vaterstadt, in Chr. Fr. Hebbels Herodes und Mariamne um die T. zur eigenen Persönlichkeit). Zu einem Rechtsbegriff sind Treu und Glauben verbunden im BGB (§§ 242 und 257). Dieser Grundsatz soll ausschlaggebend sein, wenn für die Streitentscheidung eine gesetzliche oder im Vertrag getroffene Anordnung fehlt. Triade, von gr. trias, die Dreiheit. Trichotomie, gr., die Dreiteilung (8Einteilung). Trieb, in der empirischen Psychologie des. 18. Jhs. svw. 8Neigung, in der prakt. Philosophie des deutschen Idealismus (z. B. bei J. G. Fichte) Gerichtetheit der Aktivität, bei G. W. Fr. Hegel der noch nicht vernunftbest. 8Wille (GPhR § 11); in der Psychologie des 20. Jh. das unbewußt auf ein Ziel gehende und sein Objekt suchende Streben. Wie weit T.richtungen unterschieden werden können, blieb umstritten. K. Jaspers ordnete die T.e hierarchisch nach drei T.schichten: 1. somatisch- sinnliche T.e, die alle ein leibliches Korrelat besitzen (Sexualtrieb, Hunger, Schlafbedürfnis usw.), 2. vitale T.e ohne leibliche Lokalisation (Selbstbehauptungst., Unterwerfungst., Wandert., Geselligkeitst. usw.), 3. geistige T.e (triebhafte Hingabe an Werte). Die höheren T.schichten können sich nach dieser Auffassung ohne die unteren nicht verwirklichen (8Motiv). Trilemma, zu gr. tri- ›dreifach‹ und lëmma ›Voraussetzung‹, ›(Vor-
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der- )Satz‹, also etwa soviel wie ›Dreifachsatz‹, vgl. 8Dilemma. Trivium, lat. ›Dreiweg‹; Sammelbez. für die drei grundlegenden Disziplinen der 8artes liberales (8Grammatik, 8Rhetorik, 8Dialektik); dazu: trivial, urspr.: aus dem Elementarwissen des T. ableitbar, später auch abwertend: selbstverständlich, abgedroschen. Trivialname, in der Biologie der die Art oder Unterart bezeichnende letzte Namensbestandteil einer Nomenklatur (z. B. lupus für ›Wolf‹ in: canis lupus), auch gemeinsprachl. Name für chem. Substanzen, für Tierund Pflanzennamen, z. B. ›Veilchen‹ für viola (Lefkoje), ›Glycerin‹ für 1,2,3- Proprantriol. Trivialschulen, im MA urspr. Lateinschulen, in denen nur das T. gelehrt wurde, im Unterschied zu den 8Artistenfakultäten, welche sämtliche artes liberales im Lehrprogramm hatten. Tropen, von gr. tropos ›Wendung‹, auch: Art und Weise, Sitte, Charakter. 1. Klimazone zwischen den Wendekreisen (nur Plural); 2. rhetor. Ausdrucksmittel der uneigentl. Rede (Singular: Trope, Tropus), Verwendung eines Worts im übertragenen Sinne (so z. B. in der antiken philos. Literatur; vgl. 8skeptische Tropen), svw.: Metonymie (vgl. 8Metapher); 3. kirchenmusikal. Tonart, Gesangformel. Trugschluß, im weiteren Sinne ein Beweisfehler (vgl. 8Beweis), im engeren Verständnis ein Schluß, der logisch fehlerhaft (d. h. nicht 8allgemeingültig) ist. Ein T. in diesem letzten Sinne ist z. B. der Übergang von »Wenn es regnet, dann wird die Erde naß« zu »Wenn es
Tugend
nicht regnet, dann wird die Erde nicht naß«. Oft nennt man solche ungültigen Schlüsse dann Trugschlüsse, wenn der Fehler absichtlich begangen wurde, um jemanden in die Irre zu führen (8Sophismen); andernfalls spricht man von einem 8Fehlschluß. Trugwahrnehmung, eine Wahrnehmung von nicht Vorhandenem (8Halluzination) oder anders Vorhandenem (8Illusion). T. gibt es auf allen Sinnesgebieten. Tugend, von taugen, got. dugan, ahd. tugan, mhd. tugen (verwandt mit gr. 8tychë ), ›Tüchtigkeit‹, im Mittelalter jede einzelne Eigenschaft wie auch der Inbegriff von Eigenschaft, durch die eine Person oder Sache etwas taugt, das Vortreffliche aller Art, während das Wort in der Neuzeit im Sprachgebrauch des Alltags, der Philosophie und Theologie auf das sittliche Verhalten und die sittlichen Werte beschränkt und zur Übers. von lat. 8virtus, gr. 8aretë gebraucht wird, die dem Wortsinne nach urspr. Mannhaftigkeit bedeuten (vgl. 8Kardinaltugenden). Aristoteles unterscheidet die 8dianoetischen T.en, z. B. die der 8Weisheit und 8Klugheit, und die 8ethischen T., die im Einhalten der richtigen Mitte (8mesotës) zwischen Extremen bestehen. Als wesentlich christl. T. gilt die allgemeine 8Nächstenliebe. In der 8Wertphilosophie und 8Ethik des 20. Jh. sind die T.en die Fähigkeit und die Bereitschaft zur Verwirklichung sittlicher Werte in Gesinnung und Handlung. Entspr. der vielfältigen Einteilungen der Werte ergibt sich daraus eine lebendige
Tugend- und Lasterkataloge
Mannigfaltigkeit der T.en. Diese werden als Handlungsweisen oder Haltungen (vgl. O. Fr. Bollnow, Wesen u. Wandel d. T.en, 1958) oder Seinsweisen verstanden (vgl. J. Pieper, Die Wirklichkeit u. d. Gute, 1947), von denen im allgemeinen angenommen wird, daß sie gut sind für das Leben des Einzelnen und zum Gemeinwohl beitragen. Gegenbegr.: 8Laster, das sind Fehlhaltungen bzw. - handlungen, die schlecht sind für den Einzelnen und das Gemeinwohl stören. T.en und Laster beziehen sich auf Lebensäußerungen (Arbeit, Kampf, Genuß, Voraussicht, Sexualität), bestimmen aber die Tätigkeiten meist nicht inhaltlich, sondern sind dessen Modalitäten. In den meisten T.Theorien wird eine gesellschaftliche Ordnung vorausgesetzt. Platos T.theorie ist in der Politeia zusammengefaßt: was vollkommen gut ist, das ist weise, tapfer, besonnen und gerecht (427e, seit Ambrosius sog. 8Kardinaltugenden). Plato entwickelt die T.en zuerst am idealen Staat, erschließt sie hieraus für das Individuum und sieht alle T.en in der Gerechtigkeit vereint. Daß jeder das von Natur ihm Eigene verrichtet (8suum cuique), bewirkt die 8Gerechtigkeit des Staates (433b). Wer solche Harmonie auch für seine Seelenkräfte erreicht, ist ebenfalls gerecht (443e). So ist T. Gesundheit, Schönheit und Wohlbefinden der Seele, Laster dagegen svw. seelische Krankheit, Häßlichkeit und Schwäche (444e). Aristoteles versteht seine 8T.lehre im Hinblick auf die Ordnung der 8Polis, deren Gelingen im Befolgen der T.
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durch die Einzelnen liege. T. ist, was ein Wesen zu guter Verfassung bringt. Die T. des Auges macht dessen Leistung vollkommen, die T. des Pferdes macht dieses brauchbar. Die T. des Menschen ist das, wodurch dieser tüchtig wird (Nik. Ethik 1106a; 15- 20). 8Laster ist bei Aristoteles Mangel an oder Übermaß von etwas. In der Hochscholastik erhält die T.lehre ihre klassische Systematik durch Thomas von Aquin (8Tugendlehre). Der niederländische Philosoph A. Geulincx begründet die bürgerliche Tugendepoche, indem er die 8Kardinaltugenden neu definiert (vgl. desgl. 8Tugendlehre). Tugend- und Lasterkataloge sind Fachtermini für die literarische Gattung der Aufzählung von T.en, 8Lastern und deren Gegenüberstellung in der Bibel, insbes. im Neuen Testament. Sie sind dem spätjüdischen und hellenistischen Denken entnommen und setzen in ihrer dualistischen Anordnung oft Traditionen iranischer Religionen (Zoroastrismus, 8Manichaismus) fort: zwei Wege, zwei Engel oder Geister, Licht/Finsternis, Geist/Fleisch (z. B. Gal. 5, 19- 23; Eph. 5, 3- 9; Röm. 1, 29- 31). Der rhetorische Stil läßt die Verwendung in Missionspredigt und Didaktik sowie im Taufritual erkennen. T. u. L. mit Familien-, Standes- und Berufspflichten richten sich an die entsprechenden Personengruppen (z. B. 1. Tim. 3, 2- 6; Tit. 2, 1- 5). Tugendlehre, ehem. systemat. Disziplin der 8Ethik, enthält Beschreibungen des Wesens der einzelnen 8Tugenden, deren Ord-
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nung und Anweisungen zu deren Verwirklichung (Aristoteles, Nik. Ethik; Cicero, De officiis; Seneca, Epistolae morales, I. Kant, Metaph. Anfangsgr. d. Tugendlehre, in: Met. d. Sitten; N. Hartmann, Ethik, EA 1926). In der Hochscholastik erhält die T. ihre klassische Systematik durch Thomas von Aquin. Die 8Kardinaltugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß) bilden neben den drei göttlichen Tugenden (8Glaube, 8Hoffnung und 8Liebe) die Grundstruktur der Morallehre des Aquinaten. Der niederländische Philosoph A. Geulincx (De virtute et primus proprietatabus, 1665; dt.: Ethik oder üb. d. Kardinaltugenden, 1948) kann insofern als Begründer der bürgerlichen T. bezeichnet werden, als er passend zur Entstehung der gewerblichen Ökonomie in der bürgerlichen Gesellschaft die nun brauchbar werdende Neufassung erstellt. Er setzt an die Stelle der traditionellen vier Kardinaltugenden vier neue: Fleiß, Gehorsam, 8Gerechtigkeit (als rechtes Maß) und Demut. Fleiß (diligentia) versteht sich bei ihm noch als »Liebe zur Vernunft«; wandelt sich jedoch bald zur heutigen Bedeutung. Im Unterschied zur zunächst normativen Begründung seiner Ethik (Grundl. zur Met. d. Sitten, 1785) enthält I. Kants Spätwerk eine T.- und Lasterlehre (Met. d. Sitten, 1797; Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 1794). Innerhalb des 8Neuthomismus erfuhr die T.lehre des Thomas von Aquin eine Modernisierung durch J. Pieper unter Beibehaltung des scholastischen
Turing-Maschine
Seins- und Sollensverständnisses agere sequitur esse (Das aus dem Sein folgende Handeln; vgl. J. Pieper, Das Viergespann, 1964). Tugendpflichten (lat. officia honestatis), in der älteren Ethik die 8Pflichten, die nur durch freiwillige Übernahme, nicht durch Zwang anderer bestehen. I. Kant z. B. erklärt (Met. d. Sitten , 2. Teil, Einl. II), daß zu einer Rechtspflicht »ein äußerer Zwang moralisch- möglich ist«, daß aber T. »auf dem freien Selbstzwang allein« (ebd., A 9) beruhen. Tugendwert, in der Ethik von N. Hartmann der 8Wert des sittlichen Verhaltens des Menschen, »der Wertcharakter der Tugend als solcher als des auf bestimmte Verhältnisse bezogenen Guten« (Ethik, EA 1926, S. 379). Turing-Maschine, ein von dem engl. Mathematiker A. M. Turing entwickeltes abstraktes Modell einer symbolverarbeitenden Maschine, mit dessen Hilfe der mathematische Begriff der Berechenbarkeit (einer 8Funktion) exakt definiert werden kann. Anschaulich kann man sich eine T.- M. durch einen beweglichen Schreib- Lese- Kopf realisiert denken, der Zeichenfolgen auf einem in Felder unterteilten (unendlichen) Band nach bestimmten, in einer ›Maschinentafel‹ niedergelegten Regeln in andere Zeichenfolgen umwandelt. Jede wirkliche Maschine, die Berechnungen anstellt, insbesondere jeder digitale Computer, kann durch eine T.- M. modelliert werden. Auf das Konzept der T.- M. greift auch eine Variante des Funk-
Tychë
tionalismus in der modernen Philosophie des Geistes zurück (vgl. 8Leib- Seele- Problem). Tychë, gr., der glückliche 8Zufall, das 8Glück, die Glücksgöttin, in der bildenden Kunst mit Füllhorn und Steuerruder, Kugel, Rad oder Flügel ausgestattet. Tychismus, die Ansicht, nach der in der Welt der Zufall herrscht. Sie wurde bes. vertreten von dem amerikanischen Denker Ch. Peirce auf Grund der Erkenntnis, daß Experimente niemals exakte Naturgesetze lieferten, daß vielmehr der Zufall herrsche und daneben nur eine Tendenz zu Gesetz und Gewohnheit feststellbar sei. Typentheorie, ein von B. Russell und A. N. Whitehead in den Principia mathematica (1910- 13) entwickeltes System der Mengenlehre, in dem 8Mengen verschiedene Stufen zugeordnet werden: Mengen von Objekten eines 8Grundbereichs sind solche erster Stufe, Mengen, die Mengen erster Stufe enthalten, sind Mengen zweiter Stufe etc. Ausdrücke der Form x∈y und x∉y sind für zwei Mengen x und y nur dann definiert, wenn y mindestens eine Stufe höher eingeordnet ist als x. In diesem System treten bestimmte mengentheoretische 8Antinomien nicht auf. Ein vereinfachtes typentheoretisches System wurde 1921 von L. Chwistek vorgestellt. Typik, gr. typikë (epistëmë), die Wissenschaft vom 8Typus, svw. typisch, einen Typus darstellend, kennzeichnend für eine Art von Gegenständen oder Personen, auch mustergültig. Typologie, die Lehre
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von den Typen, die überall dort möglich ist, wo Ganzheiten gesucht werden. Typus, von gr. typos ›Gepräge‹, Muster, Modell, Mz.: Typen, die mehreren Dingen oder Lebewesen derselben Art gemeinsame Grundform oder Urgestalt, die Gesamtvorstellung einer Sache oder Person nach ihren bleibenden wesentlichen Merkmalen (8Genotypus, 8Phänotypus). Der Einzelfall wird dabei am T. gemessen. Ein Durchschnittstyp einer Gruppe entsteht durch Zusammenstellung der durchschnittlichen Stärke aller meßbaren Eigenschaften, ein 8Idealtypus dagegen nur bei Gelegenheit der Erfahrung durch die Entwicklung aller Konsequenzen in denkender Anschauung. Die Bildung von Typenbegriffen geschieht häufig nicht so sehr durch Abstraktion als durch Intuition, durch ›anschauendes‹ Denken, das nicht das Allgemeine und Normale, sondern einen angenommenen ›Wesenskern‹, erfaßt, der nur durch und in den Besonderungen sichtbar wird, auf den die Einzelmerkmale bezogen werden, der aber nicht deren Summe ist, sondern ein Ganzes, das die Merkmale insges. enthält oder enthalten kann, die zum T. gehören. Der Ausdruck T. ist aus der Medizin in den neueren philos. Sprachgebrauch übergegangen; er bezeichnet dort die Regel des Verlaufs einer Krankheit. Die typologische Betrachtungsweise wurde zuerst von Plato entwickelt, der die 8Ideen die Typen (Musterbilder) der sinnlichen Dinge nannte (8Archetypus, 8Ektypus). Bewußt ange-
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wandt wurde sie zuerst in der Zoologie von Cuvier (Sur un rapprochement à établir entre les différentes classes des animaux, 1812). Sie wird seitdem häufiger in all den Disziplinen gebraucht, wo das rein deduktiv klassifikatorische Denken
Typus
zum Verstehen von Gegenständen oder Durchdringen von Sinnbereichen nicht genügt, so vor allem früher in der 8Physiognomik und 8Charakterologie, heute noch in der 8Psychologie und in den eigentl. 8Geisteswissenschaften.
U
Übel (lat. malum, engl. evil ), das Schädliche, das Unlust oder Abscheu erregt. Im Unterschied zu engl. evil wird im Dt. unterschieden zwischen einem Ü., das ein bloßes Merkmal schädlicher Handlungsfolgen sein kann, und dem 8Bösen, d. h. dem intendiert ein Ü. bewirkenden Tun (vgl. auch 8Bosheit). Ü. nennt man daher auch das Schädliche, Schlechte in Bez. auf nicht beabsichtigte Konsequenzen eines Handelns oder eines Prozesses. G. W. Leibniz sieht drei Arten des Ü. s: das »metaphysische Ü.« der Endlichkeit und des Irrtums, das »physische Ü.« der Krankheit, des Leidens, und das »moralische Ü.« der Sünde. Seine 8Theodizee findet sich mit diesen Ü.n ab durch die Anschauung, daß »alle Ü. nur ein Beinahe- Nichts« seien »im Vergleich mit den Gütern, die das Universum enthält«. Üble Nachrede heißt ein Straftatbestand für Handlungen, die geeignet sind, einen anderen öffentlich verächtlich zu machen. Im Unterschied zur intendierten Beleidigung, die auf Antrag ebenfalls strafbar sein kann, kann üble Nachrede auch dann vorliegen, wenn der Täter beteuert, mit seiner Handlung gegenüber seinem ›Opfer‹ subjektiv keine Mißachtung ausdrücken zu wollen. Überbau, metaphor. Sammelbezeichnung im 8histor. Materialismus für 8Staat, 8Kultur, soziales Bewußtsein, 8Ideologie, 8Politik, im
Unterschied zur 8Basis (zu den Produktionsverhältnissen). Nach K. Marx ist der Ü., entspr. der materialist. Voraussetzung, daß das gesellsch. 8Sein das Bewußtsein determiniert, von der ›Basis‹ abhängig (8Marxismus). Gesellschaftl. Veränderungen im Ü. setzen danach grundlegende Veränderungen in den gesellsch. 8Produktionsund Eigentumsverhältnissen voraus. Überdeterminierung, Überdetermination, mehrfaches Bestimmtsein des Psychischen durch das 8Unbewußte, wie es in der psychoanalyt. Theorie erklärt wird (8Psychoanalyse). Übereinstimmung, im objektiven Sinn Gleichheit (8Identität), im subjektiven Meinungsgleichheit. Über-Ich, ein von S. Freud geprägter Begriff der 8Psychoanalyse, der in der Persönlichkeit eines Menschen die Instanz des 8Gewissens, der Selbstkontrolle und der Idealbildung bez. Seine Funktion liegt insbes. darin, die triebhaften Ansprüche des Es unter Kontrolle zu halten und diejenigen abzuwehren, die gegen die im Ü.- I. verinnerlichten 8Normen verstoßen. Wesentlich für die Entwicklung des Ü.- I. im konkreten Fall sind etwa elterliche Verbote, später auch die kulturellen und sozialen Forderungen der Gesellschaft. Eine rigide Kontrolle des Es durch das Ü.- I. gilt als Ursache psychischer
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Störungen (Neurosen, Depressionen). überindividuell, nicht nur für ein, sondern für viele Individuen geltend. Überlegung, 1. das 8Nachdenken über etwas, 2. die 8Reflexion. Übermensch, schon gr. bei Lukian in der ›Hadesfahrt‹ (Kataplous 16: hyperanthrôpos tis anër), danach 1. in mystisch- theolog. Sinne für Gottmensch, z. B. bei Tasso (Lettere 5. 6), 2. im Sinne des Selbstbewußtseins der 8Renaissance als außergewöhnliche Menschlichkeit (z. B. bei Ariost, Orlando furioso, 38, 62), dt. zuerst bei H. Müller (Geistliche Erbauungsstunden, 1664- 66) im Sinne der ersten Auffassung, dann bei J. G. Herder, bei J. W. v. Goethe (Zuneigung: »So glaubst du dich schon Ü. genug«; Faust I, Nacht: »Welch erbärmlich Grauen faßt Übermensch dich«), auch bei Th. G. von Hippel, Jean Paul u. a. im Sinne der zweiten Auffassung; heute zumeist zitiert als das Zukunftsideal, das Fr. Nietzsche einem fiktiven Propheten zuschreibt. (Also sprach Zarathustra I, Vorrede 3: »Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll. Was habt ihr getan, ihn zu überwinden?«). übernatürlich, in der dt. Mystik für lat. supranaturalis geb., von Chr. Wolff (Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes, 1712, § 612) definiert: »Was weder im Wesen noch in der Kraft der Körper und also nicht in ihrer Natur, noch auch im Wesen und der Kraft der Welt und also in
Überzeugung
der ganzen Natur nicht gegründet ist, das heißt ü.«; daher svw. den Naturgesetzen nicht unterstehend, 8übersinnlich, geistig, göttlich, 8transzendent. übersinnlich, nicht der Erkenntnis durch die Sinne entstammend, nicht in der sinnlichen Anschauung gegeben, sondern durch das Denken gewonnen; das Übersinnliche, das von unserer sinnlich bedingten Erkenntnis und ihren Formen Unabhängige, das zwar gedacht, aber nicht wahrgenommen werden kann; anders faßt G. W. Fr. Hegel (Phän. d. Geistes) das Übersinnliche als die Erscheinung im Unterschied zur sinnlichen Welt als »selbst reale Wirklichkeit« (8Erscheinung). Übertragung, in der Philologie svw. Übersetzung; in der 8Psychotherapie ein Vorgang während der Behandlung, in dem die Konfliktspannungen des Patienten auf den Behandler übertragen werden. Diese Ü. tritt dann an die Stelle der behandelten 8Neurose und bedarf wiederum der Auflösung. Übertretung, in der Rechtssprache die am wenigsten strafbare Handlung im Unterschied zum Vergehen und 8Verbrechen; bei I. Kant (Met. d. Sitten, Einl. IV) jede pflichtwidrige Tat. übervernünftig, über die Erkenntnis durch menschliche Vernunft hinausgehend, im Unterschied zu widervernünftig und 8unvernünftig. Überzeugung, die durch eigenes Urteil gewonnene Einsicht, das auf Gründe gestützte Fürwahrhalten und die Entschlossenheit, danach
Ubikation
zu leben und zu handeln. Vgl. 8Meinung. Ubikation, neulat. (von lat. ubi ›wo‹), das Wo- sein, das Sein eines Gegenstandes an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Ubiquität, neulat. ubique ›überall‹, das Überallsein, scholast. Ausdruck zur Bez. der Anwesenheit Gottes an allen Orten zugleich, von G. E. Lessing übersetzt mit Allenthaltenheit (vgl. 8Allgegenwart). ultra, lat. ›darüber hinaus‹, jenseits; ultramundan, über die Welt (lat. mundus) hinausliegend, jenseitig. Ultramontanismus (lat. montes ›Berge‹), die Ausrichtung des Katholizismus auf Rom (das jenseits der Berge, d.h. der Alpen liegt). Umfang des Begriffs, svw. die Extension eines 8Begriffs bzw. eines 8Prädikates, d. h. die Menge aller Objekte, die unter diesen Begriff (bzw. das Prädikat) fällt. Vgl. 8Intension/Extension. Umgreifende, das, existenzphilosophischer Begriff bei K. Jaspers (Existenzphilosophie, 1938, S. 16), der die Bezüge ausdrücken soll, in denen der Mensch existiert. Es ist 1. dasjenige, in dem das Sein selbst erscheint: die Welt, 2. dasjenige, das ich bin und das wir sind: Bewußtsein überhaupt, Dasein, Geist. Beide Weisen des U.n führen den Menschen von der Immanenz zur 8Transzendenz. Umkehrung, 8Konversion, 8Kontraposition. Umwelt, entspr. gr. peristasis ›Umgebung‹; der Ort, wovon man umgeben ist, worin man lebt, auch die
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Umstände, mit denen man zu rechnen hat, endlich auch die Umstehenden, d. i. die Menschen, mit denen man sich im Umkreis der eigenen Tätigkeit berührt (8Milieu). Das Verhältnis von U. und Mensch ist Gegenstand der 8Soziologie, 8Biologie, 8Psychologie, 8Ökologie usf. In der Biologie hat sich unter diesem Titel zuerst, begr. u. a. von J. v. Uexküll, eine Umweltforschung entwickelt. Die U. wird in dieser Theorie als Wirkwelt und Merkwelt von der Innenwelt unterschieden und als der von den Sinnen erfaßbare Lebensraum einer Tierart bestimmt. Als solcher ist die U. eine Eigenwelt, m. a. W. derjenige Ausschnitt aus dem Weltall, an dem ein Lebewesen teilhat. Der (jeweils besondere) Funktionszusammenhang von U. und Innenwelt heißt bei v. Uexküll Funktionskreis. Entwicklung (8Abstammungslehre) führt nach dieser Theorie zu zunehmender Umweltunabhängigkeit. Umweltethik, der Bereich der 8Ethik, in dem die moralische Dimension des Verhältnisses zwischen Menschen und der nichtmenschlichen Natur thematisiert wird. Die U. als philosophische Disziplin entstand in den 1970er Jahren, in denen die verheerenden Konsequenzen des Raubbaus an den natürlichen Ressourcen immer deutlicher ins Bewußtsein drangen. Eine der zentralen Streitfragen der U. ist die, ob Tieren, Pflanzen oder gar Landschaften, Ökosystemen oder der Natur als ganzer ein eigener Wert zukommt, ob sie also gleichsam als »moralisch relevante
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Individuen« zählen sollen, oder ob sich Verpflichtungen in bezug auf die nichtmenschliche Umwelt lediglich aus den langfristigen Interessen der Menschen an stabilen Ökosystemen ergeben. Die weitreichenden und z. T. irreversiblen Folgen, die menschliches Handeln für die 8Umwelt haben kann, scheinen es dabei in jedem Fall nötig zu machen, auch die Interessen künftiger Generationen mit zu berücksichtigen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Nutzung von Atomenergie, deren Abfallprodukte jahrtausendlang gefährlich strahlen. Umwertung aller Werte, von Fr. Nietzsche eingef. Bez. für sein Verfahren, das er in einem Fragment einer Vorrede zu »Menschliches, Allzumenschliches« beschrieben hat: »Ich prüfte alles, woran sich bis dahin überhaupt mein Herz gehängt hatte, ich drehte die besten und geliebtesten Dinge um und sah mir ihre Kehrseiten an, ich tat das Entgegengesetzte mit allem, woran sich bisher die menschliche Kunst der Verleumdung und Verlästerung am meisten geübt hatte.« Fr. Nietzsches Verfahren besteht darin, daß er entweder einem 8Wert einen andern oder einer Wertung eine andere entgegensetzt. Beispiel: Fernstenliebe gegenüber 8Nächstenliebe. Unabhängigkeit, in der Soziologie svw. 8Autonomie; auch ein Begriff der Logik und Mathematik: Allg. sagt man, eine Aussage B sei unabhängig von einer Ausssage A, wenn sie nicht 8abhängig von A ist. Spezieller heißen die 8Axiome eines 8axiomatischen Systems bzw.
unbewegter Beweger
eines 8Kalküls K unabhängig voneinander, wenn kein Axiom A von K in dem Kalkül K’ beweisbar ist, der aus K hervorgeht, wenn man daraus A streicht. Etwas informeller gesprochen bedeutet das, daß die Axiome eines Kalküls unabhängig voneinander sind, wenn kein Axiom aus den anderen Axiomen folgt. Die Forderung nach U. ergibt sich aus dem Gedanken, daß ein axiomatisches System die auf einem best. Gebiet gültigen Sätze und die Folgerungsbeziehungen zwischen ihnen auf überschaubare und ökonom. Weise darstellen soll. unbedingt, nicht durch anderes bedingt, nicht von anderem abhängig, svw. 8absolut. Unbestimmbarkeitsrelation, 8Heisenbergsche Unschärferelation. unbewegter Beweger, ein Begriff aus der ›Metaphysik ‹ des Aristoteles. Nach dessen Auffassung sind alle Dinge ständig in einer Bewegung begriffen, in der sie das Ziel verfolgen, in ihnen angelegte Möglichkeiten zu verwirklichen. Diese Ziele sind die Ursachen (Zielursachen, lat. causae finalis, vgl. 8causa) ihrer Bewegung. Auch die 8Bewegung alles Seienden im ganzen muß ein solches Ziel haben, das die Ursache seiner Bewegung ist. Dieses Ziel bewegt alles, kann aber seinerseits nicht bewegt sein, weil es nach Voraussetzung alles Bewegte bewegt und weil nichts durch sich selbst bewegt sein kann (Aristoteles, Physik VIII). Entsprechend hat dieser u. B. keine unverwirklichten Möglichkeiten in sich, sondern ist reine Wirklichkeit. Der u. B. spielt auch eine Rolle in der
Unbewußte, das
philos. Theologie, u. zwar in der ebenfalls auf Aristoteles (Met., Buch XII) zurückgehenden These, daß 8Gott, selbst unbewegt und ewig, der Urheber aller Bewegung im 8Kosmos sei. Da in der Welt selbst vermeintlich ›ewige‹, d. h. gleichförmige invariante Bewegungen vorkommen, wird mit ›Gott‹ ein Wesen postuliert, welches selbst sämtliche innerweltlichen Bewegungen letztlich verursacht, ohne selbst durch dieses Merkmal definiert zu werden. Im MA galt die These vom u. B. als ein Argument bei Versuchen, die Existenz Gottes zu beweisen (so z. B. im ersten der »fünf Wege« zu einem 8Gottesbeweis bei Thomas von Aquin, Summa contra gentiles, I, 13). Unbewußte, das, ›Schicht‹ in der menschlichen 8Psyche, welche als Einflußgröße für menschl. Fühlen, Erleben und Handeln in den Fällen verantwortlich gemacht wird, in denen der/die Erlebende sich des Sinns der eigenen Strebensrichtung nicht bewußt ist oder in denen andere als die manifesten Gründe im Bewußsein als Erklärungsvariablen herangezogen werden können. Bei S. Freud entspr. das U. zumeist dem, was er das ›Es‹ nennt (8Psychoanalyse). Er übernimmt mit der Bez. U.s einen Begriff, der bereits von G. W. Leibniz verwendet worden ist, der sich aber bei ihm nur auf nicht- bewußte ›Perzeptionen‹ (frz. petites perceptions Monadologie, Nr. 14) bezieht. Die These, daß Bewußtes überhaupt passiv sein kann, wurde später von E. v. Hartmann (Die Phil. des U., EA 1868) um die Annahme erwei-
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tert, daß ein ›absolut U.s‹ als aktives Prinzip sowohl die Natur wie das Geistesleben steuert. Die These, daß das Bewußtsein von einer nichtbewußten Instanz abhängig ist, geht in der psycholog. Theoriebildung auf C. G. Carus zurück (Psyche, EA 1846). Für ihn ist U.s ein Organisationsprinzip der ›Seele‹, das Bewußte dagegen ein solches des ›Geistes‹. Die daraus folgende Annahme, daß man mit einem ganzheitl. Begr. des U.n oder mit einer Instanz, die (wie auch das ›Ich‹) ein Unikat ist, bei der Deskription von innerpsychischen Prozessen operieren kann, wie es von Vertretern der 8Psychoanalyse praktiziert wird, ist vielfach bestritten worden. Ebenso umstritten blieb die von C. G. Jung (8Psychoanalyse) entwickelte Kulturpsychologie, wonach die Menschheit nicht nur je individuell über unbewußte Symbole, sondern auch gemeinsam über 8Archetypen (Bilder des sog. ›kollektiv U.n‹) verfügt, die in der Vorgeschichte entstanden sind und die als kollektives Gedächtnis von einer Generation zur anderen weitergegeben werden. Unding, etwas, das entweder nicht als existierend gedacht (non ens) oder überhaupt nicht gedacht (8nonsens) werden kann. Uneigentlichkeit, ein von M. Heidegger (Sein und Zeit, 1927) eingef. Begriff für Nicht- Authentizität im ›Selbstsein‹ dessen, das er in existenzphilosoph. Hinsicht dem (menschl.) 8Dasein zuschreibt (8Existenzphilosophie). Danach ist U. ebenso eine ›existentiale‹ Bestimmung, d. h. eine Seinsmöglich-
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keit des Daseins, wie die ›Eigentlichkeit‹. Merkmale der U. im Modus des ›Mitseins‹ sind ›Verfallen‹ an das ›8Man‹, ›Gerede‹ u. a. (ebd., §§ 25- 38). Eine weitergehende phänomenolog. Beschreibung dessen, was Heidegger U. nannte, lieferte J.- P. Sartre (Das Sein und das Nichts, frz. EA 1943, dt. zuerst 1952) im Rahmen seiner Analyse des Selbstverhältnisses des ›Fürsich- seins‹, wobei er Authentizität und das, was er mauvaise foi nennt (etwa: Unaufrichtigkeit gegenüber sich selbst, Selbstbetrug), unterscheidet. Für Heidegger resultieren Akte der U. im Verhältnis zu sich selbst aus dem Verfehlen des ›Seinkönnens‹ (Sein und Zeit, § 60), bei Sartre aus der Verleugnung der 8Freiheit als innerer Möglichkeit der Selbstbestimmung (D. Sein u. d. Nichts, 1. Teil 2, Kap. I- III). unendlich (mhd. unendehaft, unendelich, bei Notker Übers. v. lat. infinitus), dazu das Unendliche, das, was nach Maß und Zahl (quantitativ) oder Wert (qualitativ) kein Ende hat. Gegensatz: 8endlich. »Es ist nur Bewußtlosigkeit, nicht einzusehen, daß die Begrenzung von etwas als einem Endlichen oder Beschränkten den Beweis von der wirklichen Gegenwart des Unendlichen, Unbeschränkten enthält, daß das Wissen von Grenzen nur sein kann, insofern das Unbegrenzte diesseits im Bewußtsein ist« (G. W. Fr. Hegel, Enz., § 60). Der quantitative Begriff des U. erwacht im Erfahren der Unmöglichkeit, sich zeitlich oder räumlich eine Grenze vorzustellen, jenseits derer man nicht wiederum Zeit und Raum
unendlich
vorstellt, der qualitative Begriff der u.en Zeit ist gleichsinnig mit 8Ewigkeit. – Das Zeichen ∞ für u. wurde von dem engl. Mathematiker Willis 1655 eingeführt. 8apeiron nennt Anaximander den körperlich, im übrigen aber eigenschaftslos, ungeschaffen und unvergänglich gedachten Grundstoff, aus dem die Vielheit entsteht. Leukipp, Demokrit sprachen von U.keit in der Zahl der 8Atome und von vielen Welten, die im U.en des leeren Raumes ihr Neben- , im Fluß der Zeit ihr Nacheinander haben. Doch die Tatsache dieser U.svorstellungen ist für den Weltbegriff der Antike nicht bestimmend geworden. Schon auf der Gegensatztafel der 8Pythagoreer (s. Aristoteles, Met. I 5, 986a 22 ff.) findet sich das U. als das Grenzenlose auf der Seite des (nicht moralisch) Schlechten. Seitdem sind die Begriffe endlich- u. im gr. Denken fest als sich ausschließende Gegensätze verwurzelt. Bei Plato ist das 8apeiron das »zum einen wie zum andern Fähige« und gleich mit der Materie (Philebos 466 ff.); die Welt ist begrenzt (Aristoteles, Physik III 4, 203a). Ebenso blieb für Aristoteles das U. das geringer Wertige. U. ist ihm der Ausdruck für das Unbestimmt- Formlose, das Unvollendetsein im Werden, das auf Grund seiner Unbegrenztheit das Mangelhafte ist; das Vollkommene ist das formhaft Geschlossene, Begrenzte. Nur als Begrenztheit ist die 8Welt ein 8Kosmos. Erst im Hellenismus kennt man ein anderes, der Art nach höheres Unendliches als das mögliche grenzenlose, zeit- räum-
unendlich
liche Hinausgehen nach außen: bei Philo ist das U.e nicht mehr das Mangelhafte, sondern das Vollendete, es enthält in sich zusammengefaßt alles, was sich als Sein und Werden aller Zeiten und Räume ohne Ende ausbreiten kann. Diesen Begriff der vollendeten Unendlichkeit des göttlichen Seins trug die Philosophie der 8Kirchenväter weiter, den Begriff der Welt als endlicher übernahm sie aus dem klassischen Griechentum, veränderte aber die Wertung: Angesichts des U.n erscheint die endl. 8Schöpfung als (noch) unvollständig, unvollkommen. Das Mittelalter hält fest an der 8Endlichkeit der Welt als Kosmos, 8Gott allein ist unendlich, daher ihrer beider Unvergleichbarkeit. Als erster in christl. Zeit lehrte Nikolaus v. Kues die raumzeitliche Unendlichkeit: die Welt ist auseinandergelegt (explicite), was Gott in sich (implicite) befaßt. Die von N. v. Kues zunächst mathematisch (De docta ignorantia) dargelegte äußere U.keit wurde nach der Vorarbeit des N. Kopernikus von G. Bruno bald auch als astronomische Wahrheit gekündet: »Ich lehre ein unendliches Universum, die Wirkung der unendlichen göttlichen Macht.« G. W. Leibniz führte den Begriff des aktual U.en ein, den der junge I. Kant aufgreift. Wie den vorhergehenden Philosophen vor allem die räumliche U.keit in Ausdehnung und Teilung, so wird ihm jetzt insbes. die U.keit der niemals abbrechenden Entwicklung ein unmittelbarer Ausdruck Gottes. »Ich finde nichts, das den Geist des Men-
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schen zu einem edleren Erstaunen erheben kann«, indem er von der »Aussicht in das unendliche Feld der Allmacht« durch eine Theorie spricht, »die die sukzessive Vollendung der Schöpfung betrifft.« (Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, 7. Hauptst.) Bei J. G. Fichte und Fr. W. J. Schelling ist das Endliche selbst ein Moment in dem u.en Prozeß des 8Absoluten. G. W. Fr. Hegel unterscheidet die ›schlechte‹, von ihm sog. »empirische äußerliche U.keit« (z. B. die der großen Zahlen und Maße), und die ›wahre‹ U.keit, d. i. die des Geistes. »Das wahre Unendliche«, das im ›Geist‹ in die Endlichkeit eingeht, ist für ihn einer der Grundbegriffe der Philosophie. Die zunehmende Verwendung des Begriffes des U.en in versch. Wissenschaftsdisziplinen erklärt sich auch aus der neuzeitlichen Mathematik, die mit der Erfindung der 8Infinitesimalrechnung, darunter auch der Theorie der unendlichkleinen Größen, beginnt. Die Schwierigkeit einer widerspruchsfreien Begründung führte im 19. Jh. zur Eliminierung des UnendlichKleinen. Es blieb aber das Unendlich-Große, das in der 8Mengenlehre G. Cantors als aktuale U. behandelt wird. Die Widersprüche der Mengenlehre (8Antinomie) führten im Brouwerschen 8Intuitionismus auch zur Eliminierung des Unendlich- Großen. Es blieb dort nur die potentielle U., d. h. genauer: Regeln zur Konstruktion beliebig vieler Elemente, wie z. B. Zahlen und Eigenschaften.
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unentscheidbar, vgl. 8entscheidbar. Ungleichung, in der Mathematik der Ausdruck für die Verschiedenheit zweier Größen: a ≠b, a > b, a < b. Ungrund, das nicht weiter ›Begründete‹, Unergründete, Bodenlose, daher ungründige Erste, tritt erst im 16. Jh. neben 8Abgrund, 8Urgrund auf. Bei J. Böhme ist es (wie die Gottheit Eckharts und das 8Mysterium magnum des Paracelsus) die anfanglose, unaufgeschlossene Einheit vor allem besonderen Leben. Fr. W. J. Schelling bezeichnet den U. als die absolute Indifferenz vor aller Dualität und verw. ihn als Synonym für 8Urgrund. unio mystica, lat., die mystische Einigung des Menschen mit Gott (8Mystik). universal, universell, lat. universalis (frz. universel), die Gesamtheit, das Ganze betr., 8allgemein, allumfassend. Als universaler Mensch (ital. uomo universale) wird von einigen Autoren der Geistesgeschichte bezeichnet, wem man Universalität in Bez. auf Wissen, Können und Lebensorientierung zuspricht, wie z. B. Leonardo da Vinci und J. W. v. Goethe. Dies entspr. der Grundbedeutung vom 8Universum einer Persönlichkeit, die eine große Mannigfaltigkeit von Wesensseiten in ihrer einheitlichen Individualität konzentriert. Vgl. 8Mikrokosmos. – Universalwissenschaft nannte G. W. Leibniz seine 8characteristica universalis. Universalgrammatik, zu lat. universalis ›allgemein‹ und 8Grammatik, auch ›Allgemeine Grammatik‹ oder ›philosophische Grammatik‹, ein
universal
System, in dem die strukturellen Gemeinsamkeiten der vielen verschiedenen menschlichen Einzelsprachen (die ›linguistischen Universalia‹) geordnet zusammengefaßt sind. Die These, daß es gewisse, nicht triviale Merkmale gibt, die all diesen Sprachen gemeinsam sind, sowie Versuche, diese Gemeinsamkeiten systematisch darzustellen, finden sich bereits im 17. Jahrhundert, u. a. in der Grammaire générale et raisonnée de Port Royal von A. Arnauld und C. Lancelot. In jüngster Zeit wird die Idee einer Universalität in einer spezifischen Ausprägung vor allem von N. Chomsky vertreten. Nach Chomsky kann man die Schnelligkeit und Effektivität, mit der ein Kind eine natürliche Sprache auf der Basis dessen erlernt, was es zufällig und unsystematisch hört und beobachtet, nur erklären, wenn man annimmt, daß dem Menschen gewisse kognitive Strukturen angeboren sind, die den Raum möglicher menschlicher Sprachen gleichsam vorgeben. Es kommen also nicht alle im Prinzip möglichen Sprachen als menschliche in Frage, sondern nur solche, die dem angeborenen Spracherwerbsmechanismus (engl. Language acquisition device, LAD) zugänglich sind. Es ist eine Aufgabe der 8Sprachwissenschaft, u.a. durch Sprachvergleich herauszufinden, welche Eigenschaften eine Sprache haben muß, um als menschliche in Frage zu kommen, welche Eigenschaften damit also allen menschlichen Sprachen gemeinsam sind, und diese Gemeinsamkeiten in einer U. systematisch
Universalia
darzustellen. Diese U. müßte so allgemein sein, daß sie grundlegende Züge aller menschlichen Sprachen expliziert, aber doch auch so spezifisch, daß sie bestimmte prinzipiell denkbare Sprachen als menschl. ausschließt. Damit ergäbe sich zugleich auch ein (die Psychologie angehender) Zugang zu den kognitiven Strukturen, die das Sprachvermögen des Menschen bestimmen. Universalia, lat., die Universalien, 1. die Allgemeinbegriffe, die den Gegenstand des die 8Scholastik durchziehenden Universalienstreites bildeten: Haben die U. (8Gattung und 8Art) eine von den individuellen Realitäten unabhängige, selbständige Existenz, gehen sie ihnen voraus und liegen ihnen zugrunde wie die platonischen Ideen (ante res), oder existieren sie wie die Formen des Aristoteles nur in Verbindung mit den individuellen Wesen (in rebus), oder sind sie nur Namen (nomina) zur Zusammenfassung des Ähnlichen und erst nachträglich von uns durch Abstraktion gebildet (post res)? Die erstere Auffassung, vertreten schon von Johannes Scotus im 9. Jh., bezeichnet man als (extremen) Begriffsrealismus (8Realismus), die zweite, vermittelnde, als gemäßigten Realismus, vertreten in der Hochscholastik im 13. Jh. von Albert d. Gr. und Thomas von Aquin das Allgemeine wohnt dem Individuellen als dessen Wesen (8Quiddität) inne (in rebus), ante res ist es nur als Idee Gottes, post res in unserem Bewußtsein durch die Abstraktion unseres Verstandes –, die dritte als 8Nominalismus, vertreten
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in der zweiten Hälfte des 11. Jh. von Roscelinus, abgewandelt in der ersten Hälfte des 14. Jh. von Wilhelm von Occam (8Konzeptualismus; 8Ockhamismus). Das Problem hat aber nicht nur historische Bedeutung, sondern gehört zu den zeitlosen Fragen der Philosophie. – 2. Begr. der modernen 8Sprachwissenschaft (vgl. auch 8Universalgrammatik). Universalisierung, svw.: 8Verallgemeinerung, im engeren Sinne Ausweitung des Geltungsbereichs für eine 8Aussage oder eine 8Norm auf sämtliche ›Welten‹; im engeren Sinne Verallgemeinerung eines Normgeltungsanspruchs über definierte geographische oder soziale Bereiche hinaus als verbindlich für die gesamte 8Menschheit. Dazu Universalität, 1. universeller Geltungsbereich, Geltungsanspruch; 2. Allseitigkeit als Bildungsideal, insbes. vertreten in der Zeit der 8Renaissance und der 8Aufklärung. Universalitätsprinzip: im Recht ein Grundsatz, wonach Delikte, die auf einem Territorium außerhalb des Geltungsbereichs eines best. national verbindlichen Strafrechts begangen worden sind (im ›Ausland‹), auch im ›Inland‹ strafrechtl. verfolgt werden können. Universalismus, die dem 8Individualismus entgegengesetzte Betrachtungsweise, die den Vorrang des Ganzen, des Allgemeinen, vor den Teilen, dem Besonderen und Einzelnen, betont. Universismus, ein von dem Sinologen J. J. M. de Groot geprägter Sammelbegriff für die ethischen, metaphysischen und religiösen
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Ordnungsprinzipien der chinesischen Tradition (8Konfuzianismus, 8Taoismus). Der Begr. geht von der Vorstellung einer universellen (makro- und zugleich mikrokosmischen) Harmonie aus und bezeichnet die Orientierung menschlichen Erkennens und Handelns an kosmolog. Idealen. Universum, lat., das als Unikat gefaßte, zu einem Ganzen zusammengefaßte 8All, das Weltall. univok, aus lat. unus ›einer‹ und vox ›Stimme‹, Name; einnamig, eindeutig; dazu die Univokation, die Eindeutigkeit, Bez. für Wörter, die stets die gleiche Bedeutung haben. Gegensatz: 8äquivok. unmittelbar, lat. immediatus ›ohne Mittel‹, ohne Dazwischenkunft eines anderen, svw. 8direkt; unmittelbare Gewißheit ist daher eine 8Gewißheit, die ohne 8Vermittlung durch Symbole oder Begriffe, ohne Anwendung der Reflexion im Denken, Schließen und Beweisen, also durch 8Anschauung, 8Intuition gewonnen wird. Unmittelbarkeit in diesem Sinn hat sowohl die bloß empirische, sinnliche, als auch die rein geistige, insbes. die religiöse Erfahrung. Für Joh. Arndt (Vier Bücher vom wahren Christentum, 1605, IV B., 4) ist die u.e Gewißheit übernatürlich: Gott teile seine Weisheit entweder mittelbar, d. i. auf natürliche Weise, oder unmittelbar, d. h. auf übernatürliche Weise mit. Nach R. Descartes werden die 8angeborenen Ideen unmittelbar oder 8intuitiv erkannt. J. Locke lehnt den Erkenntniswert der Unmittelbarkeit radikal ab: »Da die unmittelbare Offenbarung eine
Unrecht
viel leichtere Art für die Menschen ist, ihre Meinungen zu bekräftigen und ihr Leben danach einzurichten, als die langwierige und nicht allezeit glückliche Art eines richtigen Schließens, so ist es kein Wunder, daß sich einige gar leicht der Offenbarung gerühmt und sich beredet haben, [...] sie hätten einen näheren Zutritt zu Gottes Gnade und erfreuten sich eines unmittelbaren Umgangs mit der Gottheit« (An Essay Concerning Human Understanding, EA 1690, 19. Hauptstück). Ein radikaler Fürsprecher der unmittelbaren Erkenntnis ist Fr. H. Jacobi; sie ist für ihn die Quelle einer Gewißheit, welche keiner Beweise bedarf, sondern sich auf den 8Glauben an die Realität der sinnlichen wie der übersinnlichen Welt stützt. Kritik an dieser 8Gefühlsphilosophie hat insbes. G. W. Fr. Hegel geübt, indem er die Unmöglichkeit aufzeigte, das unmittelbare Wissen zum Kriterium der Wahrheit zu machen (Enz. § 72 ff.). Unrecht, die Verletzung, der Bruch des 8Rechts, im Untersch. zur Gesetzlosigkeit. Nur Menschen, deren Handlungen der 8Zurechnung fähig sind, können U. begehen, da sich die Gebote des Rechts nur an sie als verantwortliche Wesen, als 8Personen richten. Der juristische Sprachgebrauch unterscheidet die ›objektive Rechtswidrigkeit‹, den äußeren Verstoß gegen die 8Rechtsordnung, von der subjektiven 8Rechtswidrigkeit oder 8Schuld, der persönlichen Vorwerfbarkeit der Handlung, die voraussetzt, daß der Handelnde zumin-
Unschärferelation
dest die Möglichkeit hatte, das Unrechtmäßige seines Tuns zu erkennen und dieser Erkenntnis gemäß zu handeln. Objektiv rechtswidrig kann auch ein Schuldunfähiger, z. B. ein psychisch Kranker, handeln. Die Verteidigung gegen den objektiv rechtswidrigen Angriff eines anderen ist, soweit zur Abwehr des Angreifers erforderlich, 8Notwehr. Eine sonst rechtswidrige Handlung ist gerechtfertigt, wenn sie in Notwehr, in einem unverschuldeten 8Notstand oder mit Einwilligung des Verletzten erfolgt. Nur das strafbare U. gilt als 8Verbrechen; andere Rechtsfolgen des U.s können sein: Schadenersatzpflicht (8Gerechtigkeit), Verlust eines Amtes oder einer günstigen Rechtsstellung. Unter den Begriff des U.s fällt auch die Verletzung eines geschlossenen Vertrages. – Nach I. Kant (Met. d. Sitten, Einl.) ist eine Handlung »unrecht«, sofern sie pflichtwidrig ist. G. W. Fr. Hegel (GPhR) nterscheidet, abweichend vom jurist. Sprachgebrauch, das »unbefangene U.« (gemeint ist: die irrtümliche Behauptung eines nicht bestehenden Rechts – ebd. §§ 84-86), vom 8Betrug (§§ 87- 89) und vom 8Verbrechen (§§ 90- 93), beides als Beispiele für gewollte Rechtsverletzung. Unschärferelation, auch Unsicherheitsrelation, 8Heisenbergsche Unschärferelation. Unsinn, das überhaupt keinen 8Sinn Enthaltende (im Unterschied zum Widersinn, dem Verstoß gegen den 8Satz vom Widerspruch); das Unverständige und Unverständliche.
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Unsterblichkeit (gr. athanasia, lat. immortalitas), negativer Begriff für den positiven des ewigen Lebens, eine über das irdische Leben hinausreichende, mit der Erhaltung des Wesenskerns des Menschen verbundene Seinsweise (z. B. 8Seele, 8Person). Der älteste U.sglaube äußert sich in der Ahnen- oder Manenverehrung. Auf den Frühstufen der geschichtlichen und bleibend in den geschichtslosen sog. Naturvölkern wird, wie an Gräberbeigaben feststellbar ist, die U. ganz dem irdischen Leben gleichlaufend gedacht (›lebender Leichnam‹). Die Vorstellung der Welt Homers traute der von den Kräften des Leibes verlassenen 8Seele nur ein schwaches Leben als Schatten (gr. eidôlon 8Idol) bei halbem Bewußtsein in der Unterwelt (Hades) zu. Die Vorstellung von einer U. kam zunächst in der älteren schriftl. und mündl. relig. Tradition der Israeliten nicht vor; erst nach deren Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft (um 500 v. Chr.) findet sich bei ihnen, vermutlich als angenommenes Gut, die Wiedererweckung als 8Auferstehung der Toten. Stark ausgeprägt indessen, im Unterschied zu Homer, lebte der U.sglaube in den gr. 8Mysterien, in denen man sich vor allem der Weise des Todüberlebens zu vergewissern suchte. Das urkundlich erhaltene Begreifenwollen der U., ihre philosophische Behandlung, begann im abendländischen Umkreis mit Pythagoras’ Lehre von der 8Seelenwanderung. Plato folgert aus dem Wesen der Seele als Leben (Phaidon 105 D ff.) oder als Prinzip der
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Bewegung (Phaidros 245 C ff.) ihre Unvergänglichkeit: Wir besitzen ein angeborenes Wissen, das durch 8Anamnese zu neuem Leben geweckt wird; folglich muß die Seele das Wissen in einem Zustand der 8Präexistenz erworben haben; dieser muß ein Fortleben nach dem Tode entsprechen (Menon 80 ff., Phaidon 72 E ff.). Die edelsten Menschen haben eine Sehnsucht nach dem Jenseits; diese kann nicht getäuscht werden (Phaidon 62 ff.). Sein Hauptargument ist jedoch das denkende und erkennende Wesen der Seele. Ähnlich: Aristoteles (De an., 427 ff., Nik. Ethik X 78a 8). Das N. T. kennt statt des nur zweimal (1. Kor. 15, 53 und 1. Tim. 6, 16) begegnenden Begriffes der U. überwiegend den des ewigen Lebens, das Überwindung des Todes während des Lebens und nach ihm ist und in dessen Dienst Christus gestellt wird (z. B. nach Joh. 12, 50). –I. Kant argumentiert ethisch von der Angemessenheit des Willens zum moralischen Gesetz (Heiligkeit) aus: Weil diese Angemessenheit in diesem Leben nicht erreicht werden kann, muß es einen Prozeß ins 8Unendliche, also ein ewiges Leben der Seele, als Postulat der reinen praktischen Vernunft geben. Von französ. Materialisten wurde – auch im 18. Jh. schon – jede U. verneint, ebenso im 19. Jh. von der Naturwissenschaft aus. An Naturforschern des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jhdts. sind u. a. für die U.slehre eingetreten: G. Th. Fechner (Büchlein vom Leben nach dem Tode, 1836), H. Driesch (Wirklichkeitslehre, 19303), J. v. Uex-
Untergang des Abendlandes
küll (Der unsterbliche Geist in der Natur, 1938). Moderne, insbesondere materialistische Strömungen in der Philosophie des Geistes, die den Geist als Funktion neurophysiologischer Prozesse verstehen, lehnen die Vorstellung der Unsterblichkeit zumindest im hergebrachten Sinne des Wortes ab. Vgl. 8Tod, 8Ewigkeit. unterbewußt, unter der 8Schwelle des Bewußtseins liegend (8bewußt); svw.: 8Unbewußtes. Untergang des Abendlandes, Titel des Hauptwerkes von O. Spengler, dessen 1. Bd. 1918, dessen 2. Bd. 1922 erschien und das bis 1933 viele Auflagen erfuhr. Es enthält eine 8Morphologie der Kulturen, die sich nach seiner Auffassung nicht eine aus der andern entwickeln und unmittelbar beeinflussen, sondern im wesentlichen voneinander unabhängig wie einzelne Organismen eigener Struktur in einer Lebenszeit von etwa tausend Jahren wachsen und vergehen, wobei jede einen Frühling, Sommer, Herbst und Winter an sich erlebt und in derselben Reihenfolge einen Stil nach dem andern, die großen 8Revolutionen und Reformationen hervorbringt, die zu jeder Kulturentwicklung gehören. Er stellte acht solche Kulturen nebeneinander, von denen er eingehend die sog. ›griechisch- apollinische‹, die ›faustisch- abendländische‹ und die von Spengler als ›magisch‹ bezeichnete Kultur des 8Islam behandelte. Aus dem Vergleich mit der Entwicklung der antiken Kultur glaubte er feststellen zu können, daß die christlich- abendländische Kul-
Unterordnung
tur ihrem nahen Ende entgegengeht, woraus der Titel des Werks sich erklärt. Am Erfolg dieser These hat die Untergangsstimmung nach dem Ersten Weltkrieg ihren Anteil. Unterordnung, 8Subordination (8Begriff). Untersatz, die zweite 8Prämisse eines syllogistischen Schlusses (lat. propositio minor, auch ›Minorprämisse‹), die den 8Subjektsbegriff enthält; vgl. 8Syllogistik. Unterschiedsempfindlichkeit (ein Begriff aus der physiologischen Psychologie), die individuell verschiedene Empfindlichkeit für Reizunterschiede. Unterschiedsschwelle, 8Reiz. unvereinbar heißen Begriffe, die sich ggs. ausschließen; svw. 8disparat (8konträr, 8kontradiktorisch). unvollständig, vgl. 8Vollständigkeit. Unwert, das einem 8Wert Entgegengesetzte, wie z. B. die Unwahrheit im Gegensatz zum Wert der 8Wahrheit, die Feigheit, Ungerechtigkeit, Häßlichkeit im Gegensatz zu den Werten der 8Tapferkeit, 8Gerechtigkeit, 8Schönheit. unwillkürlich, ohne Mitwirkung des Willens (8Willkür). Upanishaden, urspr. Bed. im Sanskr.: dicht (upa) zu den Füßen des Lehrers nieder (ni) sitzend (sad), um nicht belauscht zu werden; 1. Sammelbegriff für eine Gruppe philosoph.- religiösen Schrifttums im Hinduismus (8Brahmanismus) in Prosa und Versform; 2. Bez. für eine Geheimlehre über den Weg zur Erlösung durch Selbstbestimmung mit Hilfe des 8Yoga (8Veda).
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Uranos, gr. ›der Himmel‹; auch göttl. Ursprungsprinzip, Name des Himmelsgotts. Urbegriff, svw. 8Kategorie. Urbild, 8Idee. Urgrund (gebildet aus ur, ahd. Präposition ›aus‹, ›anfänglich‹ und 8Grund), das schöpferisch Erste, das die Mannigfaltigkeit der Welt geheimnisvoll in sich birgt und aus sich hervorbringt. Urpflanze, Begriff der spekulativen Naturphilosophie im 19. Jh. für das Urbild, von dem alle Pflanzenarten Abwandlungen sind. J. W. v. Goethe sah die Aufgabe seiner Naturbetrachtung darin, aus den 8Urphänomenen die Phänomene zu entwickeln und aus den Gestalten die Urgestalten zu erschließen. Solche Urbilder sind in der Philosophiegeschichtsschreibung häufig mit platon. 8Ideen oder aristotel. 8Entelechien verglichen oder auch nur als Namen für Ähnlichkeiten bezeichnet worden (8Nominalismus). Urphänomen, von J. W. v. Goethe zu 8Phänomen gebildeter (u. a. im § 175 seiner ›Farbenlehre ‹ erklärter) Begriff. Danach »fügt sich alles nach und nach unter höhere Regeln und Gesetze, die sich aber nicht durch Worte und Hypothesen dem Verstande, sondern gleichfalls durch Phänomene dem Anschauen offenbaren. Wir nennen sie U.e, weil nichts in der Erscheinung über ihnen liegt, sie aber dagegen völlig geeignet sind, daß man stufenweise, wie wir vorhin hinaufstiegen, von ihnen herab bis zu dem gemeinsten Falle der täglichen Erfahrung niedersteigen kann.«
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Ursache, gr. aitia, auch archë, lat. 8causa, die Sache, deren Dasein das Dasein oder den Zustand einer anderen (lat. causa essendi, Seinsursache), oder der Vorgang, der den Eintritt eines anderen (lat. causa fiendi, Geschehensursache), der Wirkung, notw. macht (8Grund, 8Kausalgesetz, 8Kausalität). Ursprung, in der Philosophie svw.: Anfang, erste Wirkursache; in der Mathematik Bez. für den Nullpunkt in einem Koordinatensystem. Urstand, nach der Kirchenlehre der Zustand der ersten Menschen als Ebenbilder Gottes vor dem Sündenfall. Urstoff, 8Materie. Urtatsache, die Tatsache, mit der eine Reihe von Begebenheiten beginnt. Urteil, ahd. mhd. urteil, Subst. zu erteilen, also urspr. das, was zugeteilt wird, früh verengt auf den erteilten Richterspruch (lat. decretum) und bis ins 17. Jh. nur in diesem Sinn als Begriff der Rechtssprache gebr.; von G. W. Leibniz für gr. apophasis, lat. enuntiatio, scholast. iudicium, als Glied eines Syllogismus (gr. protasis, lat. propositio) eingef. (8Syllogistik) und von Chr. Wolff als die logische Verbindung oder Trennung zweier oder mehrerer Begriffe definiert (vgl. auch 8Urteilskraft). Oft versteht man unter einem U. einfach eine 8Aussage; in diesem Sinne wird es sprachlich ausgedrückt durch einen Aussageoder Behauptungssatz. Nach der scholastischen, auch von I. Kant übernommenen Einteilung werden die U.e eingeteilt nach ihrer
Urteilskraft
8Quantität in allgemeine oder universale (alle Menschen sind sterblich), besondere oder partikuläre (einige sterbliche Wesen sind Menschen) und einzelne oder singuläre (Sokrates ist ein Mensch), nach ihrer 8Qualität in bejahende oder affirmative, verneinende oder negative, unendliche oder 8limitative (S ist ein Nicht- P ), nach ihrer 8Relation in unbedingt aussagende oder kategorische (S ist P ), in bedingt setzende oder hypothetische (wenn A ist, so muß B sein), einteilende oder 8disjunktive (s ist P oder Q oder ...), nach ihrer 8Modalität in problematische oder eine Möglichkeit ausdrückende (auch außerhalb der Erde kann organisches Leben sein), assertorische oder die Wirklichkeit behauptende (am Himmel sind Sterne) und in apodiktische oder eine logische Notwendigkeit meinende (zweimal zwei ist vier), wobei diejenigen U.e 8problematisch sind, neben denen die entgegengesetzte Behauptung auch möglich ist, 8assertorisch die, deren kontradiktorisches Gegenteil zwar nicht undenkbar, aber tatsächlich ausgeschlossen ist, und 8apodiktisch solche, deren kontradiktorisches Gegenteil undenkbar ist (vgl. auch 8analytisch). Für weitere Klassifikationen vgl. auch 8Syllogistik. Urteilskraft, von G. Ph. Harsdörffer im 17. Jh. geb. zur Verdeutschung von lat. facultas discretiva, von G. W. Leibniz in die Philosophensprache eingef., von I. Kant in der Kritik der reinen Vernunft definiert: »Wenn der Verstand überhaupt als das Vermögen der Regeln erklärt wird, so ist U. das
Urzeugung
Vermögen, unter Regeln zu subsumieren, d. i. zu unterscheiden, ob etwas unter einer gegebenen Regel (casus datae legis) stehe oder nicht«. Die U. ist entweder bestimmend oder reflektierend: »Ist das Allgemeine (die Regel, das Prinzip, das Gesetz) gegeben, so ist die U., welche das Besondere darunter subsumiert, ... bestimmend. Ist aber nur das Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist die U. bloß reflektierend.« In der Kritik der Urteilskraft unterscheidet I. Kant ferner die ästhetische und die teleologische U. als Voraussetzung des Verständnisses der Gebilde von Natur und Kunst. Urzeugung, die hypothetisch angenommene erste Entstehung des Lebens aus anorganischem Stoff, svw. 8generatio aequivoca. Utilitarismus (veraltet auch Utilismus), von lat. utilis ›nützlich‹; 1. allg.: Sammelbez. für Nützlichkeitsdenken. 2. Speziell und im Unterschied dazu in der Philosophie: eine Position in der 8Ethik, nach der diejenigen Handlungen geboten sind, die jeweils den größtmöglichen Nutzen (oder das größtmögliche Glück, die größtmögl. Lust) für die größte Zahl der Betroffenen herbeizuführen verspricht. Der U. ist damit eine teleologische, d. h. zielorientierte Form der Ethik (8Teleologie); beurteilt werden dabei jedoch nicht die tatsächlichen Handlungen, sondern die absehbaren Folgen einer Handlung. Die Grundgedanken des U. gehen bereits auf Fr. Bacon zurück; systematisch ausgearbeitet wurden sie vor allem von J. Bentham (An In-
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troduction to the Principles of Moral and Legislation, 1789) und J. St. Mill. Mit seinem empirischen Ausgangspunkt (dem natürlichen Streben des Menschen nach Glück) und seinem pragmatischen Ansatz ist der U. vor allem im angelsächsischen Raum verbreitet, hat aber auch außerhalb dieses Raumes viele Anhänger. Die zentralen Themen der philosophischen Diskussion um den U. entspringen der u. a. Frage, wie die Formel vom ›größtmöglichen Glück der größtmögl. Zahl‹ jeweils zu konkretisieren ist: Wie lassen sich z. B. unterschiedliche Freuden, die auf verschiedenen Wegen erreichbar scheinen, so vergleichen, daß man einen Maßstab für eine rationale Wahl gewinnt? Wie ist mit unterschiedlichen Vorstellungen davon umzugehen, was unter 8Glück zu verstehen ist? Problematisch ist auch, daß der U. in seiner klassischen Formulierung in bestimmten Konstellationen die Benachteiligung einzelner Gruppen zuläßt oder gar fordert; in jüngster Zeit hat man deshalb versucht, die Grundannahmen des U. durch Gerechtigkeitsprinzipien zu ergänzen und so einen ›Gerechtigkeitsutilitarismus‹ zu entwickeln (R. W. Trapp, Nichtklassischer Utilitarismus, 1988). Im Laufe der Diskussion haben sich eine ganze Reihe verschiedener Varianten des U. herausgebildet. Eine wichtige Unterscheidung ist die zwischen Handlungs- und Regelutilitarismus: Während für den Handlungsutilitarismus der Nutzen der einzelnen Handlung in einer konkreten Situation zählt, bewertet der
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Regelutilitarismus den Nutzen, den die Einhaltung einer festen Regel (wie z. B. »Man soll nicht lügen«) auf lange Sicht hat. Utopie, von gr. ou ›nicht‹ und topos ›Ort‹, Nirgendsland, in Anlehnung an den Titel des Romans De optimo statu reipublicae, deque nova insula Utopia (Über die beste Staatsordnung und die neue Insel Utopia, EA 1516) von Th. More (Morus) entstandene Bez. für Gegenentwürfe zu jeweils bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnungen: Der als mangelhaft empfundenen gesellschaftlichen und staatlichen Wirklichkeit wird ein idealer, (bisher) nicht wirklicher Zustand gegenübergestellt. In diesem Sinne kann schon Platos Politeia als erste U. gelten; ihre erste eigentliche Blüte erlebt die U. jedoch in der 8Renaissance, in der eine Reihe von Staatsromanen (meist im Rahmen fiktiver Berichte über weit entfernte Länder oder Zeiten) ideale Gesellschaftsordnungen beschrieben wurden: Mores Utopia, T. Campanellas ›Sonnenstaat‹ (1602, vgl. 8Sonnenstaat), Fr. Bacons Nova Atlantis (1627). Eine Vielzahl utopischer Schriften entstand auch in der Zeit der 8Aufklärung. Beschrieben wurden Gesellschaften, in denen Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, und Frieden mit sozialem Wohlergehen verbunden sind. Die Sozialutopien der Frühsozialisten im 19. Jahrhundert (Cl.- H. Saint- Simon, P.- J. Proudhon, Ch. Fourier) wurden von K. Marx und Fr. Engels mit dem Argument kritisiert, sie stell-
Utopie
ten der unvollkommenen Wirklichkeit nur einen theoretischen Idealzustand gegenüber, ohne konkrete Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen; an die Stelle dieses ›Utopismus‹ sollte eine genaue Analyse der Gesellschaft und ihrer Entwicklungsgesetze treten, die wissenschaftlich fundierte Aussagen über die Zukunft gesellschaftlicher Ordnungen ermöglichen. Die Erschütterung des Fortschrittsglaubens im 20. Jh. brachte sog. Gegenoder Anti- Utopien wie G. Orwells 1984 (1948) hervor, die die Wirklichkeit nicht kritisieren, indem sie ihr einen Idealzustand gegenüberstellen, sondern indem sie Gesellschaften entwerfen, in denen bedrohliche Züge der Gegenwart apokalyptische Ausmaße angenommen haben. Wichtige Beiträge zur Theorie der U. hat im 20. Jh. u. a. E. Bloch geliefert, für den utopisches Denken in den anthropologischen Grundbedingungen des Menschseins wurzelt (Geist der Utopie, 1918; Das Prinzip Hoffnung, 1959). Seit den 1970er Jahren hat u. a. H. Jonas vor der Tendenz von U.n gewarnt, die konkrete Gegenwart zu entwerten und im Interesse einer nur vorgeblich besseren Zukunft große Opfer zu verlangen; vor dem Hintergrund knapper Ressourcen und unkalkulierbarer Risiken neuer Technologien könne nach Jonas nicht mehr Fortschritt um jeden Preis, sondern nur verantwortungsvolle Bewahrung von Lebensmöglichkeiten ein Leitziel sein (Das Prinzip Verantwortung, 1979).
V
Vaisheshika, sanskr. ›unterscheidend‹; eines der sechs klass. Systeme der indischen Philosophie (neben 8Samkhya, Mimamsa, 8Vedanta sowie 8Yoga), verw. mit der gleichzeitig entstandenen 8NjajaPhilosophie. Die V.- Philosophie ist in erster Linie mit der Entwicklung eines Kategoriensystems (orientiert an zentralen Begriffen wie 8Substanz, 8Qualität, 8Bewegung bzw. Tätigkeit u. a.) für eine Philosophie der 8Natur hervorgetreten, während die Njaja- Richtung eine Sprachtheorie und Logik des Argumentierens entwickelt hat. Für die Vertreter beider Richtungen wird der Zusammenhang der Welt aus kleinen unzerteilbaren (atomaren) Teilchen erklärt. Der Prozeß der ewigen Weltveränderung wird nach den Regeln der Kombination und Rekombination dieser Teile erklärt. Vakuum, lat. die 8›Leere‹. Valenz, v. lat. valentia ›Stärke‹; allg. Kraft, Tüchtigkeit, auch: Wertigkeit 1. in der Psychologie: Aufforderungscharakter (8Werttheorie); 2. in der Chemie Bez. für das Mengenverhältnis, in dem sich ein chem. Element zu einer chem. Verbindung umsetzt (auch: Wertigkeit); 3. in der Sprachwissenschaft die Eigenschaft eines Verbs oder eines anderen Prädikatsausdrucks, zur Bildung eines semantisch und syntaktisch vollständigen Satzes ergänzende Bestimmungen zu for-
dern (z.B. bei ›einwertigen‹ Verben in: »Der Hund bellt«; ›zweiwertigen‹: »Die Maus frißt Speck«; ›dreiwertigen‹: »Peter reicht Paul die Seife«). Validierung, von lat. validus ›stark‹, gesund, fest; systematische Überprüfung einer 8Gültigkeit, insbes. für die Resultate experimenteller Wissenschaften, aber auch für die Konstruktion von Meßinstrumenten. Das Ergebnis dieser Prüfung heißt Validität. Darunter versteht man die Übereinstimmung eines Testergebnisses mit einem Kriterium, das außerhalb von Testwerten gewonnen wurde, z. B. aufgrund eines in einer Prüfhypothese angenommenen Schätzwertes (Kriteriumsvalidität) oder aufgrund des Zutreffens einer 8Prognose (Vorhersagevalidität) oder auch in Bezug auf Übereinstimmung mit einer zum Kontext passenden Theorie (Konstruktvalidität). Dazu: valide, gültig. Variation, lat., ›Verschiedenheit‹, die Abänderung, Abweichung; in der Biologie die Abweichung vom Arttypus, 8Auslese. Variabilität, von lat. variabilis ›veränderlich‹, die Veränderlichkeit, Veränderungsfähigkeit; in der Biologie die Neigung zu 8Variationen; variabel, veränderlich, veränderungsfähig; die Variable, die Veränderliche (im Gegensatz zu einer 8Konstanten). In Mathematik und Logik sind Variablen Symbole, die
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als ›Platzhalter‹ für beliebige Gegenstände aus einem vorgegebenen 8Grundbereich (etwa der Menge R der rellen Zahlen) dienen. Variablen können frei oder durch einen 8Quantor gebunden vorkommen: In der Aussageform y = x2 kommen die Variablen x und y frei vor, in der Aussage ∀x(Wenn x >1, dann x > 0) ist x durch den 8Allquantor gebunden (vgl. auch 8Quantifikation). In der 8Prädikatenlogik spricht man etwa von 8Gegenstands- und 8Prädikatvariablen. In Funktionsbeziehungen nennt man die Elemente des Definitionsbereichs unabhängige Variablen (in Symbolschr. zumeist › x ‹), die des Wertebereichs abhängige Variablen (geschr. zumeist als › y ‹). In der sog. 8Faktorenanalyse in empirischen Wissenschaften (z. B. bei der rechnerischen Ermittlung des Einflusses von unterschiedl. Veränderlichen auf ein Resultat) nennt man, abweichend vom mathemat. Sprachgebrauch, auch invariante mögliche Ursachen oder Randbedingungen ›unabhängige Variablen‹, dagegen die möglichen zusätzlichen Einflußfaktoren auf ein Ereignis ›abhängige‹ oder ›intermittierende Variablen‹. Varianz, von lat. varius ›buntfarbig‹, mannigfaltig, verschieden; in der 8Wahrscheinlichkeitstheorie und 8Statistik das Maß für die Größe einer Abweichung von einem als Zufallsgröße angenommen Mittelwert; durch sog. Varianzanalyse untersucht man aufgr. von Stichproben, ob eine gegebene Zufallsveränderliche auf einer Normalverteilung (8Normalität; 8Gauß-
Vedismus
Verteilung) beruht oder aber nur aus verschiedenen, in sich unterschiedlich normalverteilten Gesamtheiten besteht. Vaterland, gelehrte Lehnübersetzung von lat. patria (gr. patris), das Land der Väter, die Heimat. Im Ahd. entspricht unserm Begriff V. lant, im Angelsächs. u. Got. heim. Vgl. 8Patriotismus, 8Volk. Veda (männl.), Mz. die Veden, von sanskr. vid das ›Wissen‹, Sammelname eines um 500 v. Chr. abgeschlossenen Schrifttums der zur indo- arischen Sprachfamilie zählenden Nordinder. Er zerfällt in vier Veden, die den vier Opferpriestern entsprechen, die sie als Text- und Lehrbücher brauchten: Rigveda, Yayurveda, Samoveda und Atharvaveda. In jedem V. stehen zunächst die heiligen Texte (Samhitas), an die sich die ausführlichen Erklärungen (Brahmanas) anschließen, denen als Anhang die mystische Spekulationen und Geheimlehren enthaltenden Aranyakas und 8Upanishaden folgen. Vedanta, sanskr. ›Ende des 8Veda‹; eines der sechs. klass. Systeme (›darsana‹) der hinduist. Philosophie. Im V. wird ein 8Monismus (8Advaita) gelehrt, in dem allein das 8Brahman real ist, während die Erscheinungswelt auf Täuschung beruht. Die literar. Tradition des V. geht aus von den 8Upanishaden und den sog. Brahma- Sutras. Vedismus (von sanskr. 8Veda), vedische Religion, älteste der in Südasien entstandenen und in schriftl. Fassung (8Veden) weitergegebenen relig. Traditionen, urspr. Verbreitungsgebiet: Indien.
vegetativ
vegetativ, pflanzlich, wachstümlich; Gegensatz: 8animalisch. Velatus, lat. ›der Verhüllte‹ (gr. enkekalymmenos), eine der Fangfragen des Eubulides, von Aristoteles (Soph. elench. 24, 179 a 33) überliefert; formuliert bei Lukian (Vitarum auctio 22): »Sage mir, kennst du deinen Vater? – Ja. – Wie nun? Wenn ich jemand verhüllt neben dich stelle und dich frage: Kennst du diesen Mann? Was wirst du sagen? Natürlich: nein. Aber eben dies war dein Vater. Also, wenn du diesen nicht kennst, so kennst du offenbar deinen Vater nicht« (vgl. 8Elektra). Velleïtät, frz. (von lat. velle ›wollen‹), die Willensregung, die Anwandlung, der Wunsch, der nicht Tat wird. Verallgemeinerung, 8Generalisation (8Induktion); svw. 8Generalisierung; vgl. auch 8Universalisierung. Veränderung, der Wechsel der Beschaffenheit oder Form eines Dinges, während dieses selbst (8Substanz) bestehen bleibt. Verantwortung, das Aufsichnehmen der Folgen des eigenen Tuns, zu dem der Mensch als frei handelnde 8Person sich innerlich verpflichtet fühlt, da er sie sich selbst, seinem eigenen Willensentschluß zurechnen muß. Die 8Zurechnung der Tat begründet im Strafrecht die 8Schuld des Täters und diese seine V. (vgl. 8Willensfreiheit). Rechtlich äußert sich die V. für eine unrechtmäßige Tat in der Verpflichtung zum Schadenersatz (vgl. 8Unrecht) und, wenn es sich um ein Kriminaldelikt handelt, in der Verurtei-
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lung zu einer entsprechenden 8Strafe. Kinder, psychiatrisch Erkrankte und andere Personen, die im Augenblick der Tat unfähig sind, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, sind straf- und zivilrechtlich nicht verantwortlich. V. in der Frage, inwiefern Menschen Urheber ihres Tuns sind und sich Rechenschaft ablegen müssen, ist Grundproblem der 8Ethik von der Antike bis in die Gegenwart. Die Eingangsbestimmung enthält bereits, daß die Instanz für Rechenschaft der Mensch selbst ist, was traditionell im Begriff 8Gewissen gefaßt ist. Weil Menschsein Mitmenschsein ist, kann V. eine soziale und kollektive Angelegenheit sein. Für Menschen, die Qualität und Folgen ihres Handelns nicht ersehen können, wird stellvertretende V. möglich; in der Erziehung mit der Tendenz, sie im Laufe des Prozesses aufzuheben. Die Frage nach der V. erhält aufgrund der technologischen Veränderungen wie Reichweite der Handlungsfolgen, Information über den Zustand der Welt, globale Bedrohtheit menschlichen Lebens ein bisher geschichtlich unerreichtes Ausmaß in Politik und Alltag. Bereits aus dem täglichen Kaufen, Essen, Wohnen und Autofahren ergibt sich eine materiale Verstrickung in die Zerstörung von Lebensgrundlagen, so daß sich nicht nur Politiker und ökonomische Machthaber, sondern alle vor die Frage gestellt sehen, inwieweit sie für alles in der Welt mitverantwortlich sind. Den Versuch einer Ethik globaler Mit-
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V. hat H. Jonas unternommen, indem er einen absoluten Vorrang des Seins vor dem Nichts dadurch zu bestimmen versucht, »daß mit der bloßen Zusprechbarkeit von Wert an Seiendes ... der Vorrang des Seins über das Nichts ... bereits entschieden« sei (Das Prinzip V., 1984, S. 100). Während in der bisherigen Gesellschaft V. nur in der Sorge für Kinder und Enkel über die eigene Lebenszeit hinausreichte, wird die Zukunft künftiger Generationen heute – z. B. angesichts der Giftigkeit radioaktiven Mülls bis zu 20 000 Jahren – zum Zeitraum ethischer Fragen. Als 8Imperativ, der auf diesen neuen Typ menschlichen Handelns paßt, formuliert Jonas: »Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden« (ebd.). Verantwortungsethik, eine auf M. Weber zurückgehende Form der 8Ethik, die Aspekte sowohl 8deontologischer (pflichtorientierter) als auch 8teleologischer (zielorientierter) Ethikkonzeptionen vereint. Weber stellt sein Konzept der V. der von ihm so bez. 8Gesinnungsethik gegenüber, die die Handlungen nur nach ihrem ›inneren moralischen Wert‹ beurteilt, insbes. etwa danach, ob sie durch den Willen motiviert sind, allgemeinen moralischen Prinzipien zu gehorchen. Für die V. ist diese Motivation ebenfalls wichtig, aber sie berücksichtigt auch die absehbaren oder in Kauf genommenen Folgen einer Handlung: Im Einzelfall kann es nötig sein, gegen eine be-
Verbrechen
stimmte, grundsätzlich als richtig erkannte Norm zu verstoßen, nämlich dann, wenn dies aller Wahrscheinlichkeit nach positive Folgen haben wird. Wer sich in diesem Sinne entscheidet, lädt jedoch 8Schuld auf sich und muß die Verantwortung für diesen Regelverstoß übernehmen. Hierin unterscheidet sich die V. von verschiedenen Formen des 8Utilitarismus, nach denen ein Handelnder durch die absehbar guten Folgen seiner Handlungen gerechtfertigt ist. – V. wird auch gebr. als Bez. für universalistische Konzepte globaler Mitverantwortung für potentielle Folgen des Handelns für künftige Generationen (z. B. b. H. Jonas; vgl. 8Verantwortung). Verbrechen (lat. crimen), das Brechen einer gebotenen Ordnung, die strafbare Handlung, das 8Unrecht, das wegen der Schwere der darin enthaltenen Pflichtverletzung oder mit Rücksicht auf die darin liegende Gefährdung der Gemeinschaft für strafbar befunden worden und deshalb in einem 8Gesetz mit 8Strafe bedroht ist. Seinem Wesen nach ist es bereits in früheren 8Rechtsphilosophien häufig verstanden worden als Auflehnung des besonderen Willens des Täters gegen den allgemeinen Willen des Rechts (so z. B. G. W. Fr. Hegel, GPhR §§ 95 ff.). Strafbar ist nach heutigem Recht aber nur, wer gemäß dem Tatbestand eines Strafgesetzes handelt (8nulla poena sine lege) und wen eine persönliche 8Schuld trifft. Der jurist. Sprachgebrauch bezeichnet als V. im engeren Sinne nur eine Straftat, die mit
Verdienst
einer Haftstrafe von mindestens einjähriger Dauer bedroht ist; sonstige Straftaten sind, je nach der Schwere der angedrohten Strafe, entweder Vergehen oder Übertretungen (nach StGB). Verdienst bedeutet 1. in ökon. Hinsicht (›der‹ V.) die vereinbarten Formen von Entschädigung für Leistungen (z. B. Lohn, Gehalt, Vergütung, Honorar), 2. in ethischer Hinsicht (›das‹ V.) den Wert, den gewisse Handlungen in moralischer Hinsicht haben. Das V. ist also das 8Gute, das jemand in redlicher Absicht und ohne Rücksicht auf die äußeren Folgen leistet. I. Kant unterscheidet ›saures‹ und ›süßes‹ V.: jenes soll das V. um andere Menschen sein, das mit Undank belohnt wird, dieses dasjenige, welches in der Beglückung anderer den Wohltäter selbst beglückt. – Verdienstlich nennt man häufig diejenige als ›gut‹ bewertete Handlung, die jemand über die Forderung einer 8Norm hinaus ausführt (8supererogatorisch). Verdinglichung, allg.: Vergegenständlichung. Urspr. Bed. von ›verdingen‹: seine Arbeitskraft verkaufen. Bei G. W. Fr. Hegel und K. Marx wird V. als spezifische Bestimmung von allg. zwischenmenschlicher 8Entfremdung verwendet: sie bed. in der marxistischen Theoriesprache den Prozeß der Herabwürdigung des Menschen zu einem 8Ding, d. h. zu einem nicht selbständig handelnden Objekt im Rahmen von abhängiger 8Arbeit, z. B. bei Sklavenarbeit die Reduzierung des menschl. Körpers auf ein Besitzverhältnis, beim Frondienst
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die fremde Verfügung über einen die Arbeit einschließenden gesamten Lebensprozeß, bei der Lohnarbeit die Degradierung der Arbeitskraft, im Extremfall des Menschen selbst zur Ware. Verdrängung, Ausdr. von J. F. Herbart, Verweisung einer peinlichen Vorstellung, besonders eines Wunsches, den wir uns nicht eingestehen wollen, aus dem Bewußtsein ins 8Unbewußte, wo das Verdrängte ein vom Bewußtsein abgespaltenes Leben weiterführt. Verdrängtes kann sichtbar werden in 8Fehlleistung, 8Traum und 8Neurose (z. B. als Hemmung). Bewußtmachung des Verdrängten ist Aufgabe der 8Psychotherapie (vgl. 8Psychoanalyse, 8Sublimierung). Vererbung, die Weitergabe von elterlichen Eigenschaften, insbes. physischen Merkmalen, 8Dispositionen auf die Nachkommen. Die Tatsache einer solchen Übertragung drückt sich im großen vor allem aus in der 8Konstanz der Arten. Aus Versuchen an Erbsen hat G. Mendel um 1865 die nach ihm benannten grundlegenden Mendelschen Gesetze gefunden, die indes zunächst keine Beachtung fanden und erst 1905 von H. de Vries und C. E. Correns fast gleichzeitig wiederentdeckt wurden. Sie sagen aus: 1. daß bei Kreuzung verschiedener reiner Rassen die Mischlinge alle gleich beschaffen sind; und zwar stehen sie entweder hinsichtlich der Eigenschaften, in denen die Eltern sich unterschieden, zwischen diesen (Fall A), oder sie tragen das Merkmal des einen Elternteils, das man dann 8dominant
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heißt (Fall B), 2. bei Befruchtung der Bastardgeneration unter sich tritt bei einem Viertel der Nachkommen wieder das Merkmal der einen großelterlichen reinen Rasse auf, bei einem Viertel das der anderen, bei der Hälfte im Fall A das Zwischenmerkmal, im Fall B das dominante Merkmal. Im übrigen beziehen sich alle errechenbaren Zahlenverhältnisse nur auf eine sehr große Anzahl von Fällen (Wahrscheinlichkeitsgesetz der großen Zahl). Als Träger der Erbanlagen hat man die im Kern der Keimzelle enthaltenen Chromosome und in diesen wiederum die 8Gene festgestellt. Die Tatsache der Vererbung wurde vom 8Vitalismus als einer der Beweise für die nichtmechanische Erklärbarkeit des Organismus betrachtet. Die Vererbung betrifft auch bestimmte psychische Eigenschaften; doch ist hier naturgemäß die Forschung sehr schwierig. Vererbt werden können danach nicht seelisches und geistiges Wissen und Können, nicht Anschauungen und Wertungen, auch nicht fertige Fähigkeiten, sondern nur die Anlagen zu gewissen Formeigenschaften zur Ausbildung geistiger Fähigkeiten, d. h. ganz allgemein allenfalls eine 8Disposition, auf Umweltreize spezifisch zu reagieren, wobei der Rahmen der möglichen Reaktionen je nach Eigenschaft und Indivduum enger oder weiter gezogen ist. Vererbung erworbener Eigenschaften, die 8Vererbung gewisser, durch die Wechselwirkung mit der Umwelt bei den Eltern hervorgerufener Veränderungen, so daß diese
Verfassung
Veränderungen in genau der gleichen Art und Weise bei den Nachkommen als Anlagen wieder erscheinen. Sie wurde bes. von J. Lamarck behauptet, ist aber bisher nicht bewiesen und stark umstritten (8Lamarckismus). Verfassung, urspr. Bed. v. ›fassen‹: eigentl. ›in ein Gefäß füllen‹, in eine Form bringen, daher die Form, die Ordnung, die etwas erhält; im rechts- und sozialwissenschaftlichen Sinn die als rechtsverbindlich angesehene Grundordnung eines 8Staates oder anderen Sozialverbandes (z. B. Kirche), nach der sich die Art und Weise der Bildung eines Gesamtwillens, der ›Integration‹ der Vielheit seiner Glieder zu einer handlungsfähigen einheitlichen juristischen 8Person richtet. In diesem Sinne schreibt man jedem Staat (ausgenommen die ungeregelte Willkürherrschaft) notwendigerweise eine V. zu, mag sie nun in einer Urkunde niedergelegt sein oder nicht. Die V. kann auf dem Wege einer sich allmählich festigenden Übung, als Gewohnheitsrecht (8Recht), durch Vereinbarung miteinander um ihren Anteil an der Staatsgewalt ringenden Kräfte (so z. B. die Anfänge der engl. V. in der Magna Charta) oder durch einen Staatsvertrag mehrerer Bundesstaaten untereinander oder endlich durch ein V.sgesetz begründet werden, wobei als Gesetzgeber in der modernen 8Demokratie das Volk im Sinne der Gesamtheit der Staatsbürger, und zwar entweder unmittelbar oder vertreten durch eine Nationalrepräsentation, auftritt.
Vergehen
Die ersten geschriebenen V.en gaben sich in der Neuzeit i. J. 1776 die nordamerikanischen Bundesrepubliken. Die in der frz. Revolution entstandenen und ebenso die meisten kontinental- europäischen V.en des 19. Jh. enthielten, den Forderungen des 8Liberalismus entsprechend, eine Aufzählung der den Staatsbürgern allein oder auch allen Menschen zustehenden Grundrechte (8Menschenrechte) und suchten in der einen oder anderen Weise das Prinzip der 8Gewaltenteilung sowie die Erfordernisse des 8Rechtsstaates durchzuführen. Als Verfassungsstaat oder konstitutionellen Staat bezeichnete man vielfach nur einen solchen Staat, der über verfassungsmäßige Einrichtungen dieser Art verfügte. Gegenüber dem bei Plato und in der Neuzeit bei J.- J. Rousseau und J. G. Fichte hervortretenden Bestreben, ein zeitloses Idealbild der ›besten‹ V. zu entwerfen, betonten C.- L. Montesquieu und, ihm folgend, die 8historische Schule, daß die V. eines jeden Staates dem Geiste und den überlieferten Sitten dieses Volkes entsprechen müsse. Vergehen, 8Verbrechen. Vergeltung, zu gelten, ahd. geltan ›zurückzahlen‹, sich äußernd in Belohnung oder Bestrafung als Reaktion auf eine moralisch anzuerkennende oder abzulehnende Tat. Eine Forderung der 8Gerechtigkeit besteht nach verbreiteter Auffassung darin, Gutes mit Gutem und Böses mit Bösem zu vergelten. Während das A. T. den Grundsatz der Vergleichbarkeit von Tat und V. (»Auge um Auge, Zahn um
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Zahn«) aufstellte, verlangte das N. T. an einigen Stellen die V. von Bösem mit Gutem. Die ursprüngliche Form der Vergeltung ist die 8Rache insofern, als derjenige, dem Unrecht getan war, bzw. seine Sippe die Tat vergalt. Dieser Gedanke ist in der Institution des Zweikampfes (Duell) lange lebendig geblieben. Sonst ist die Rache durch die 8Strafe von seiten des Staates oder sonstiger dazu ermächtigter Instanzen ersetzt worden (vgl. 8Talion). Verhalten, 1. allg. die Gesamtheit aller beobachtbaren Zustandsänderungen, inbes. Reaktionsweisen von 8Materie. 2. das äußerlich sichtbare Tun und Reagieren eines Lebewesens. Die Verhaltenspsychologie konzentriert sich in ihrem Programm auf die Analyse des V.s (im letzteren Sinne) und anerkennt keinen Unterschied zwischen Verhaltenseigenschaften und anderen psych. Merkmalen (z. B. den nur introspektiv zugängliche Bewußtseinszuständen). Verhaltensforschung (Ethologie) beschäftigt sich mit V.sabläufen von Lebewesen, möglichst in ›natürlicher‹ Umgebung (deskriptive V.sforschung) oder auch mit Laborexperimenten, in denen Situationen simuliert werden, um seriell an Versuchspersonen oder Versuchstieren Regelmäßigkeiten des V.s festzustellen oder zu überprüfen (experimentelle V.sforschung), vgl. dazu: 8Reiz; 8Behaviorismus. In der modernen 8Handlungstheorie wird im allgemeinen intentionales V. von nichtintentionalem V. unterschieden. Intentionales V. wird als 8Hand-
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lung aufgefaßt. In der 8Kybernetik und 8Systemtheorie wird unter V. eine Menge von aufeinanderfolgenden Zuständen eines 8Systems verstanden. Verhältnis, in der Logik svw. 8Beziehung oder 8Relation; in der Mathematik svw. 8Proportion (a:b = 2:3). Verifikation, zu lat. verificare ›wahrmachen‹, 1. jurist.: Beglaubigung, Unterzeichnung eines diplomat. Protokolls; 2. wissenschaftstheoret.: die Bewahrheitung einer 8Aussage oder Behauptung. In deduktiven Wissenschaften (8deduktiv) wie der Logik oder Mathematik gilt eine Aussage als verifiziert oder bewahrheitet, wenn sie aus zugrundegelegten 8Definitionen oder 8Axiomen abgeleitet wurde. In den empirischen (8induktiven) Wissenschaften lassen sich positive 8Existenzaussagen (»Es gibt ein x, daß F ist«) und negative 8Allaussagen (»Nicht alle x sind F«) jeweils durch das Aufweisen eines Beispiels endgültig verifizieren; die für diese Wissenschaften typischen gesetzesartigen positiven Allaussagen wie »Alle Kupferstücke leiten elektrischen Strom« lassen sich dagegen in der Praxis nicht endgültig verifizieren, sondern nur mehr oder weniger gut bestätigen. Solche Aussagen ließen sich lediglich (durch das Aufweisen eines Gegenbeispiels) endgültig falsifizieren (8Falsifikation). – Im 8logischen Empirismus wurde die 8Bedeutung eines Satzes mit der Methode seiner V. gleichgesetzt: Einen (Aussage- )Satz zu verstehen heißt demnach, zu wissen, wie man seine
Vermittlung
Wahrheit im Prinzip überprüfen könnte. Nach R. Carnap dienen insbes. 1. analytische (v. a. logische) Folgerungen aus sprachl. Konventionen und 2. empirische Begründungen durch Rekurs auf intersubjektiv überprüfbare 8Beobachtungsätze als mögliche Verfahren der V. Der Möglichkeit, durch Erkenntnis zu ›wahren‹, d. h. zu nicht mehr weiter überprüfbaren Sätzen zu gelangen, wird in der Theorie des 8kritischen Rationalismus (begr. v. K. R. Popper) widersprochen (vgl. auch 8Falsifikationismus). Danach wird wissenschaftl. 8Fortschritt ausschließlich durch gesicherten Nachweis der Falschheit einer bis dato anerkannten wissenschaftl. Annahme, also über 8Falsifikation der zu überprüfenden wissenschaftl. Lehrmeinungen erreicht. Dazu verifizieren; Verifizierbarkeit: Möglichkeit, insbes. Eignung zur V. vérités de fait, frz., bei G. W. Leibniz im Unterschied zu vérités de raison (Vernunftwahrheiten): Tatsachenwahrheiten. Verknüpfung, allg. die Verbindung von zwei Objekten zu einem neuen Objekt, wobei alle Objekte zu einem gemeinsamen Bereich gehören müssen. So verknüpfen etwa die zweistelligen 8Junktoren der 8Aussagenlogik zwei Aussagen zu einer neuen: Aus den Aussagen A und B wird so durch V. mit dem Junktor der 8Konjunktion »und«, formal ∧, die Aussage A ∧B (»A und B«). Vgl. z. B. auch 8Boolesche Algebra. Vermittlung, lat. mediatio, die Herstellung oder Annahme eines
Vermögenspsychologie
Mittleren (einer Mitte oder eines Mittels) zum Zweck der Verbindung oder Vereinigung von Wesenheiten, Möglichkeiten, Begriffen, die einander entgegengesetzt sind oder ausschließen, zwischen denen also an sich keine Beziehung, kein Zusammenhang zu bestehen scheint, z. B. Gott und Mensch, Leib und Seele, Pflicht und Neigung (8Dualismus, 8Rigorismus). Die platonische 8methexis, die neuplatonische 8Emanation, der neuzeitliche 8concursus Dei, G. W. Leibnizens prästabilierte 8Harmonie, der naturwissenschaftliche 8Monismus des 19. Jh. u. a. beanspruchen, in diesem Sinne V. zwischen urspr. als Gegensätze definierten Teilbereichen zu sein. So lehrte Johannes Scotus Eriugena (Komm. zu Pseudo- Dionys. Areop., CXXII, 143), daß es, da der Mensch sich zur Schau der intelligiblen Dinge nicht von sich aus und nicht ohne vermittelnde Zwischenstufe aufschwingen könne, der Symbole bedürfe, die die Vorsehung uns mit der Bibel gegeben habe. Die sich im 11. Jh. anbahnende Lehre von Christus als dem Prinzip der V. findet ihren Höhepunkt in der Schrift des Nikolaus v. Kues De visione Dei (dt. Von Gottes Sehen, ed. Bohnenstädt, 1944, Kap. XIX: »Wie Jesus die Vereinigung von Gott und Mensch ist«), wo Christus, der »vermittelnde Vermittler«, als das Prinzip der »Einigung, in der das Geeinte im Einigenden besteht«, expliziert wird (8Versöhnung). In Abgrenzung gegenüber dem abstrakten 8Rationalismus und der ebenso ab-
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strakten 8Gefühlsphilosophie (8unmittelbar) des 18. Jh. hat sich insbes. G. W. Fr. Hegel über die ›8Dialektik‹ der V. geäußert (z. B. Enz. § 65 ff.). Die begriffliche Tätigkeit der V. ist für ihn »die werdende Unmittelbarkeit und das Unmittelbare selbst« (Phän. d. Geistes, Vorrede). Vermögenspsychologie, der systemat. wissensch. Versuch einer 8Erklärung der seelischen Leistungen durch 8Seelenvermögen, z. B. des Denkens durch das Denkvermögen, den Verstand, der Erinnerung durch das Erinnerungsvermögen, das Gedächtnis usw. im Rahmen einer Disziplin, die bes. im 18. Jh. entwickelt wurde. Gegen solche Erklärungen und Aufteilungen des Seelischen wurde bes. von G. W. Fr. Hegel (Enz. § 445), J. F. Herbart (Allg. Metaph., 1828, I, S. 88), H. Lotze u. a. gekämpft, so daß die V. als solche heute als überwunden gilt. Ihre Klassifikationsprinzipien haben sich z. T. in der Einteilung des Seelenlebens in Grundklassen, in der Annahme von 8Dispositionen zu Erlebnissen und von unbewußten Grundlagen des Bewußten erhalten. Verneinung, 8Negation. Vernunft, Subst. zu vernehmen, ahd. firnunft ›sinnliche Wahrnehmung‹, Einsicht, Verstand, bei Eckhart, M. Luther u. a. dt. Übers. für lat. 8ratio, bedeutet zunächst im Anschluß an die scholast. Psychologie und ihren Sprachgebrauch in der Reihe der Erkenntnisvermögen (sensatio ›Sinneswahrnehmung‹, ratio ›Vernunft‹, intellectus ›Verstand‹) das niedere Erkenntnisor-
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gan, durch das die Sinneswahrnehmungen unter Begriffe gebracht werden (vgl. 8Intellekt). Von den Philosophen der Aufklärung und besonders von I. Kant wurde das Verhältnis von V. und 8Verstand umgekehrt und der V. die Ideenerkenntnis und die Bildung der metaphysischen Begriffe zugeschrieben. Während nach I. Kant dem Verstand die Gewinnung und Ordnung der 8Erfahrung auf Grund der Sinneseindrücke und der Denkformen (8Kategorien) zukommt, soll die V. als das »obere Erkenntnisvermögen« die Verstandesbegriffe zu einem in sich geschlossenen Ganzen der Erkenntnis verbinden, was nur durch Überschreiten der Erfahrung möglich ist: »Der Erfahrungsgebrauch, auf welchen die V. den reinen Verstand einschränkt, erfüllt nicht ihre eigene ganze Bestimmung ... das absolut Ganze aller möglichen Erfahrung ist aber selber keine Erfahrung, und dennoch ein notwendiges Problem für die V.« (Proleg. § 40). Diese Bedeutung behielt die V. in der dt. Philosophie nach Kant bei (nur Fr. Schlegel und A. Schopenhauer hielten an dem älteren Sprachgebrauch fest). So besteht für G. W. Fr. Hegel der Kampf der V. darin, das, was der Verstand fixiert hat, aufzulösen und zu einer Einheit zu bringen. – Seit Kant wird ferner die theoretische oder spekulative V. von der 8praktischen getrennt, die in ihrem Wesen dieselbe, aber in ihrer Anwendung verschieden ist. – Vernunftglaube, bei den Aufklärern, bei Kant, J. G. Fichte u. a. der aus V.gründen ent-
Versöhnung
springende religiöse Glaube an das Übersinnliche, von I. Kant begründet in seiner Schrift: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 1793. Versöhnung, frühnhd. zu 8Sühne, die Beilegung des Streits, in der Theologie die Wiederherstellung der durch die 8Sünde verwirkten Gemeinschaft mit Gott durch Christus (8Vermittlung). Die Lehre von der V. spielt insbes. in der Religionsphilosophie G. W. Fr. Hegels eine Rolle. Im Unterschied dazu heißt ›verzeihen‹ (von ›zeihen‹, d. h. beschuldigen, vgl. zeigen und bezichtigen), jemandes 8Schuld nicht mehr weiter zu beachten und im künftigen Handeln und Verhalten nicht mehr zu berücksichtigen. Während ›Vergeben‹ von Schuld im strengen Sinne dem religiösen Bereich vorbehalten ist (Gott, Sünde, Beichte), weil Menschen nichts ungeschehen machen können, stehen V. und Verzeihung auch für den menschlichen Umgang miteinander. Im christlichen Verständnis gehört V. zu Jesu Gebot der Feindesliebe (vgl. Lk 6, 27). Sein Wortsinn – (Wieder- )Herstellung eines guten Verhältnisses – hat seine Herkunft von 8Sühne(n) verloren. Bei I. Kant ist »Versöhnlichkeit (placabilitas) Menschenpflicht« (Met. d. Sitten, Tugendlehre, 1797, A 138). In der politischen Rhetorik spielt sie eine bedeutende Rolle in bezug auf die Völkerverständigung. In der ökologischen Bewegung wird von einer V. mit der Natur gesprochen. Die universale V. von Mensch und Natur ist geschichtsphilosophische Utopie in
Verstand
E. Blochs Das Prinzip Hoffnung (EA 1954). Verstand, lat. intellectus, die Fähigkeit, durch Denken Bedeutungen, Beziehungen und Sinnzusammenhänge zu erfassen und zu erschließen, sowohl im Dienste der Erkenntnis wie des praktischen Lebens (vgl. 8Intellekt, 8Intelligenz, 8Begabung). Die Unterscheidung von V. – als Mittel zur Lösung bestimmter theoretischer und praktischer Aufgaben, zur Herstellung von Ordnung und Herrschaft über eine Mannigfaltigkeit – und 8Vernunft als dem umfassenderen Erkenntnisvermögen, dem Vermögen der Ideen, der Ganzheit im Dienst der 8Weisheit, die schon auf die Aufklärung und I. Kant zurückgeht, hat sich im philos. Sprachgebrauch immer mehr durchgesetzt. Verstehen, urspr. dicht vor etwas stehen (um es zu erkennen), allg. den 8Sinn von etwas erfassen als methodolog. Begr. in die 8Geisteswissenschaften eingeführt. Hier bedeutet er zunächst, im Unterschied zum Erklären und Begründen, das intuitive Erfassen des Sinns eines ›Gegenstandes‹ aus ihm selbst heraus. Die Notwendigkeit des V.s ergibt sich aus der Tatsache, daß geistig- kulturelle Äußerungen etwas Individuelles, Einmaliges, Einzigartiges darstellen, das durch Hinweis auf allg. Gesetze und Regeln nicht hinreichend oder gar vollständig beschrieben werden kann. Die Wissenschaft von dem Wesen und den Formen des V.s heißt 8Hermeneutik; wissenschaftstheoretische Bedeutung erhält der Begriff V. in W. Diltheys Versuch, den Erkennt-
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nismodus der Geisteswissenschaften vom objektiven Erkenntnisbegriff der Naturwissenschaften abzugrenzen (Einl. i. d. Geisteswissenschaften, 1883). V. ist die Erkenntnisform der historischen Wissenschaften, die sich mit solchen Gegenständen befassen, in denen sich, im Unterschied zur Natur, der menschliche 8Geist objektiviert hat. Das V. dauerhaft fixierter, d. h. tradierbarer Lebensäußerungen findet in der 8Auslegung statt, deren Ziel es ist, den ursprünglichen Sinnzusammenhang zu rekonstruieren (8Sinn). Methodisches Grundprinzip ist es, das Einzelne hermeneutisch auf den Zusammenhang des Ganzen – etwa die Textstelle auf den gesamten Text oder ein Dokument auf die Epoche, aus der es stammt – zu beziehen, wie das Ganze aus dem Einzelnen zu begreifen. H.- G. Gadamer hat gegenüber diesem reproduzierenden Verstehensbegriff ein produktives V. geltend gemacht, indem er, ausgehend von M. Heideggers existentialer 8Hermeneutik, die das V. aus dem Entwurf des individuellen Daseins heraus entwickelt (vgl. M. Heidegger, Sein und Zeit, EA 1927, §§ 31 ff.), die 8Geschichtlichkeit nicht nur der Gegenstände des V.s, sondern des Verstehensprozesses selbst philosophisch begründet hat (Wahrheit und Methode, 1960, 250 ff.). Die Zirkularität des V.s, d. h. die Tatsache, daß in den Verständnisprozeß eines Subjekts immer schon dessen subjektive Voraussetzungen eingehen, ist für Gadamer ein »ontologisches Strukturmoment des V.s« (ebd. 277),
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weil der hermeneutische Horizont, das Vorverständnis der unhintergehbaren historischen Differenzen zwischen den Sinnerwartungen der Urheber und des Interpreten eines Werks nicht vermieden werden können, sondern vielmehr im V. bewußt produktiv gemacht werden müssen. Im V. tritt also ein gegenwärtiges historisches Bewußtsein mit einem vergangenen in eine spezifische und einmalige Beziehung, deren Ergebnis nicht die Wiederherstellung eines ursprünglichen Sinns, sondern die wirkungsgeschichtliche Fortbestimmung einer in Entwicklung begriffenen Bedeutungsvielfalt ist. Ziel des V.s ist demnach nicht mehr allein die Rekonstruktion des Ursprungs eines Auslegungsgegenstandes, sondern auch die Bewußtmachung seiner Bedeutung für uns. Vertrag (lat. pactum, frz. contrat), zu ›sich vertragen‹, seit der ersten Hälfte des 17. Jh. gebr. für Kontrakt (von contrahere ›zusammenziehen‹, verbinden); die als bindend getroffene Vereinbarung zweier oder mehrerer 8Personen, die von deren übereinstimmendem Willensentschluß ausgeht und durch ihren übereinstimmenden 8Willen auch wieder gelöst werden kann. Inhalt des V.s kann die Eingehung einer Verpflichtung, einer Verbindlichkeit (8Schuld) oder die Verfügung über das 8Eigentum oder ein anderes Sachenrecht sein. Vertrauen ist eine grundlegende positive Beziehungsqualität zwischen Menschen. Es meint als erstes ein einseitiges Entgegenkommen, den vorbehaltlosen ›Kredit‹
Vertrauen
(von credit ›er glaubt‹, v. lat.: credere), der andere werde zum Gelingen beitragen; als zweites das Hoffen darauf, daß auch der andere wohlgesonnen ist (gegenseitiges V.). Die Bestätigung oder Nichtbestätigung der vorgeschossenen Glaubwürdigkeit (auch: Vertrauenswürdigkeit) wird Bestand der Erfahrung, wie verläßlich Menschen und Welt sind. Das Wort Trauen (s. auch 8Glaube) macht darauf aufmerksam, daß V. (lat. fides ›Glaube‹ und V.) etwas mit den Grundhaltungen Lieben (im Entgegenkommen) und Hoffen (Ungewißheit und Wagnis) gemeinsam hat. Wer zu wenig V. schenkt und sich zu wenig zutraut, gewinnt kein Selbstvertrauen, weil die Gewißheit des Könnens sowie Risikobereitschaft und Enttäuschungsfestigkeit nicht gewonnen werden können. O. Fr. Bollnow spricht in bezug auf das allgemeine lebensweltliche V., daß ein erwartetes Gelingen überhaupt möglich ist, von Seinsvertrauen (Neue Geborgenheit, 1955; Wesen u. Wandel der Tugenden, 1958). Wie die ›Aufrichtigkeit‹ (soweit sie als ›aufrechte Haltung‹ urspr. zur menschlichen Bestimmung gehört) auch erwartet wird, so gehört auch das V. zu den urspr. von Menschen erwarteten Kommunikationsbedingungen. In einigen Theorien werden sie außerdem als 8Tugenden, also als erwerbbare Fähigkeiten und Haltungen bezeichnet. Aufgrund erfahrenen Mangels an Verläßlichkeit stellen sich Vorsicht und Skepsis ein, die nur durch neu zu gewinnendes V. im rechten Maß gehalten werden:
verzeihen
Entwicklungspsychologische Forschung stellt heraus, daß V. im Maße des Gelingens frühkindlicher Lebensgemeinschaft entsteht. verzeihen, svw. vergeben; vgl. 8Versöhnung. virtualiter, neulat. Bildung von 8virtus, der Anlage, der Möglichkeit nach, im Gegensatz zu realiter, wirklich vorhanden; entspr. virtuell, eingedeutscht über frz. virtuel ›wirkungsfähig‹, svw. 8potentiell; in der Optik scheinbares Bild (im Gegensatz zum reellen), in der Mechanik mögliche, aber nicht wirkliche Bewegung, im gleichen Sinn in der Naturphilosophie. virtus, lat. (von vir ›Mann‹), wie 8aretë die männliche Tüchtigkeit, Tapferkeit, Standhaftigkeit. Dazu Virtuoso, ital., bei A. Shaftesbury das Ideal des gebildeten Menschen. vis, lat. ›die Kraft‹, die Stärke, die Gewalt; vis inertiae, das Beharrungsvermögen; vis vitalis, die 8Lebenskraft. visuell, von lat. videre ›sehen‹ über frz. visuel, vom Gesichtssinn her bestimmt, zum Sehen gehörig. vita, lat. ›das 8Leben‹, der Lebenslauf, die Lebensbeschreibung (Biographie); auch (wie gr. bios) die lebenden Menschen, die Welt. vital, das Leben betreffend. Vitalismus, Neub. von lat. vitalis ›zum Leben gehörig‹, ›lebenskräftig‹, die Lehre, nach der das Leben einer besonderen 8Lebenskraft zu verdanken ist, die die Lebenserscheinungen hervorbringt. Sie war von etwa 1750 bis 1850 allgemein bei Physiologen und Philosophen verbreitet. Dann überwog der 8Me-
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chanismus. Unter Neuvitalismus versteht man die von R. Wagner, H. Driesch, J. J. v. Uexküll, E. Becher u. a. auf Grund auch experimenteller Forschung vertretene Auffassung der Lebenserscheinungen, nach der diese nicht aus der physikalisch- chemischen Gesetzmäßigkeit und ihrer Kausalität allein erklärt werden können, sondern einer eigenen, die physikalisch- chemische übergreifenden Gesetzlichkeit folgen, die als die Autonomie des Lebens bezeichnet, auf seelenartige Kräfte (8Psychovitalismus) zurückgeführt oder durch die Annahme von 8Entelechien, 8Dominanten oder teleologisch erklärt wird (8Organismus, 8Teleologie, 8Holismus). Vitalität, Lebenskraft, Lebensfülle. Der Begriff entstammt urspr. der naturphilos. Theorie des 8Vitalismus, wird heute aber als psychologisch- biologisch- medizinischer Grenzbegriff verwendet. Volk, ahd. mhd. volc, urspr. etwa der Heerhaufe. Die späteren Bedeutungen waren immer von den politischen und gesellschaftl. Zuständen her bestimmt. Ein spezif. ›deutscher‹ Begr. von V. entsteht in einer etwa um 1800 einsetzenden Geistesbewegung, die V. zu einem umfassenden und sozialen Begriff machte. J. G. Fichte definiert V. als »das Ganze der in Gesellschaft miteinander und sich aus sich selbst immerfort natürlich und geistig erzeugenden Menschen, das insgesamt unter einem gewissen, besonderen Gesetze der Entwicklung des Göttlichen aus ihm steht« (Reden a. d. dt. Nation, 8. Rede). Eine schar-
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fe Trennung zwischen den Begriffen V. und 8Nation ist nicht möglich. Vgl. 8Staat. Völkerbund, ein Bund möglichst aller Staaten der Erde zwecks schiedsrichterlicher Erledigung aller internationalen Streitigkeiten und Verhinderung von Kriegen. Der erste V. wurde nach dem Ersten Weltkrieg im Anschluß an den Friedensvertrag von Versailles geschaffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein neuer Versuch mit der Organisation der Vereinten Nationen (United Nations) unternommen, deren Satzung den beteiligten Staaten eine gewisse Einschränkung ihrer Souveränität auferlegte. – Philosophisch wurde die Idee des V.es von I. Kant in seiner Schrift Zum ewigen Frieden entwickelt: »Für Staaten im Verhältnis unter einander kann es nach der Vernunft keine andere Art geben, aus dem gesetzlosen Zustande, der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als daß sie ebenso wie einzelne Menschen ihre wilde (gesetzlose) Freiheit aufgeben, sich zu öffentlichen Zwangsgesetzen bequemen und so einen (freilich immer wachsenden) Völkerstaat (civitas gentium), der zuletzt alle Völker der Erde befassen würde, bilden. Da sie dieses aber nach ihrer Idee vom Völkerrecht durchaus nicht wollen, mithin, was in thesi richtig ist, in hypothesi verwerfen, so kann an die Stelle der positiven Idee einer Weltrepublik (wenn nicht alles verloren werden soll) nur das negative Surrogat eines den Krieg abwehrenden, bestehenden und sich immer ausbreitenden Bundes den
Völkerrecht
Strom der rechtsscheuenden, feindseligen Neigung aufhalten, doch mit beständiger Gefahr ihres Ausbruchs.« Skeptisch hierzu äußerte sich G. W. Fr. Hegel (GPhR § 333): die durch die Idee eines solchen Bundes geforderte Einstimmigkeit verschiedener »souveräner Willen« werde stets »mit Zufälligkeit behaftet« und daher unsicher bleiben. Völkerpsychologie, Ausdruck des 19. Jh. (Ztschr. für V. u. Sprachwissenschaft, 1860 ff.) zur Bez. der Aufgabe, das geschichtliche Leben und die objektiven geistigen Erzeugnisse, die durch das Zusammenwirken einer Mehrheit von Menschen entstehen und deren wichtigstes die Sprache ist, als Ausdruck der verschieden veranlagten 8Volksgeister zu begreifen und psychologisch zu erklären. W. Wundt (V., 10 Bde., 1900- 20) bezeichnete als ihre Aufgabe die Herausarbeitung der für alle Völker gültigen Gesetze des psychischen Lebens, das sich aus dem Zusammenleben von Individuen ergibt, eine Aufgabe, die später eher der Sozialpsychologie zugeordnet wurde. Ob es solche allgemeingültigen Gesetze gibt, blieb indes umstritten, so daß sich die V. als lehrbare Teildisziplin im Psychologiestudium nicht durchsetzen konnte. Völkerrecht, in der neuzeitl. Rechtstheorie der Inbegriff der im Verhältnis der Völker als selbständiger 8Staaten untereinander geltenden Rechtssätze, die teils auf der Natur der Sache, teils auf allgemeiner internationaler Anerkennung, auf Gewohnheitsrecht oder Verträgen beruhen. Begründet wurde es,
Volksgeist
im Zusammenhang mit dem 8Naturrecht, von dem Holländer H. de Groot (Grotius) in seinem Werk De jure belli ac pacis libri tres (Drei Bücher über das Recht des Krieges und des Friedens, EA 1635), nachdem durch das tatsächliche Ende der mittelalterlichen Kaisergewalt die Rechtsgrundlage der Beziehungen der mitteleuropäischen Völker untereinander in ihrer bisherigen Form fraglich geworden war. Subjekte des V.s sind nicht Einzelpersonen, sondern die Staaten; die Gesamtheit der sich grundsätzlich an das V. gebunden erachtenden Staaten bildet die Völkerrechtsgemeinschaft. Sie unterscheidet sich von anderen Rechtsgemeinschaften, besonders dem 8Staat, dadurch, daß es ihr, wenigstens heute noch, an einer ihr allein zur Verfügung stehenden überlegenen Macht fehlt, um die Befolgung ihrer Normen von jedem Glied notfalls zu erzwingen. Doch ist es nicht berechtigt, dem V. deshalb, wie das oft geschehen, die Rechtsnatur abzusprechen (8Recht). Denn auch das V. tritt mit dem Anspruch rechtlichen Geltens auf und zielt auf eine Verwirklichung der Rechtsidee in den Beziehungen grundsätzlich selbständiger Staaten. G. W. Fr. Hegel bezeichnet es demgemäß als »äußeres Staatsrecht« (GPhR §§ 330 f.); es beruht vornehmlich auf der wechselseitigen Anerkennung der Staaten als solcher, d. h. als 8Personen im Sinne eines sittlichen Willens. Das römische ius gentium war nicht V. im heutigen Sinn, sondern das für die Rechtsverhältnisse der römischen Bürger zu Nichtbürgern und
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der letzteren untereinander von den römischen Gerichten anerkannte Recht. Volksgeist, in der Staats- und Rechtslehre der Romantik und der 8historischen Schule, vorher schon von G. W. Fr. Hegel (in seinen Theologischen Jugendschriften) gebr. Ausdruck für den in einem 8Volk – also in einer eigentümlichen geschichtlichen Lebenseinheit, einer 8Nation – sich darstellenden Gesamtgeist, der sich vor allem in den gemeinsamen geistigen Schöpfungen wie der 8Sprache, der 8Sitte, dem 8Recht, auch in Volksbrauch und Volkskunst und schließlich in dem Verhalten des Volkes, in seiner Geschichte äußert. In der urspr. Bed. hat V. nichts mit gemeinsamen phys. Merkmalen (8Rasse) zu tun. Bereits bei C.L. Montesquieu findet sich der Ausdruck esprit de la nation, doch versteht er ihn noch nicht wie jene im Sinne einer schöpferischen Kraft, sondern mehr nur eines Produkts der geschichtlichen Begebenheiten und natürlichen Verhältnisse, unter denen dieses Volk lebt und die auf seinen Charakter einwirken. Für G. W. Fr. Hegel ist der V. in erster Linie 8Geist überhaupt, d. h. Teil einer universalen, schöpferisch gestaltenden 8Vernunft, sodann ein bestimmter, in der Geschichte hervortretender und endlich objektiver, in einem bestehenden Ganzen von Sitten und Gesetzen, Einrichtungen und Gebräuchen verwirklichter (und sich fortgesetzt verwirklichender) Geist (Vorles. üb. d. Phil. d. Gesch. I), somit Geist der 8Gemeinschaft, sittlicher Geist
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(GPhR § 156) und als die Seele des 8Staates »das sich wissende und wollende Göttliche« (GPhR § 257); in der Geschichte treten nach ihm die Volksgeister, in zeitlicher Reihenfolge einander ablösend, jeder in einer Epoche führend hervor, wobei jeder von ihnen eine bestimmte Seite oder ein »Moment« des 8Weltgeistes zu seinem »Prinzipe« hat und dazu bestimmt ist, diese zur vollen Entfaltung zu bringen. Volkskunde, im engeren Sinn die Erforschung der überlieferten Sitten und Brauchtümer, der künstlerischen und religiösen Äußerungen des Volkes. Nach Ansätzen bei J. G. Herder und J. Möser, E. M. Arndt und U. Jahn wurde W. H. Riehl (Zur V. der Gegenwart, 1858) ihr eigentl. Begründer. Volkssouveränität, die Idee, daß »alle Macht vom Volke ausgehe«, die abstrakte Grundlage republikanisch- demokratischer Verfassungen überhaupt, im Gegensatz zu der monarchisch- aristokratischen Idee des Gottesgnadentums wie zu dem Prinzip autoritärer Staaten (8Souveränität). Das Prinzip der V. ist in dieser Form erst in der Neuzeit, und zwar zunächst in der Philosophie des 8Naturrechts entwickelt worden. Sie wird durch Plebiszite, Wahlen, aber auch ergänzend durch rechtlich legitimierte Freiheiten wie durch das Petitionsrecht, das Recht auf freie Meinungsäußerung u. a. Rechte wahrgenommen (8Bürgerrecht; vgl. auch 8Menschenrechte). In seiner klassischen Formulierung bei J.J. Rousseau (Du contrat social, EA
Vollkommenheit
1762) setzt es die Konstituierung einer Menge von Staatsbürgern zu einem ›Volk‹, d. h. zu einem gemeinsam handelnden Rechtssubjekt voraus (8volonté générale; vgl. 8Gemeinwohl). In späteren, auf dem Prinzip der 8Repräsentation des Wählerwillens gründenden Verfassungen (z.B. den Konstitutionen der nordamerikanischen Staaten und der Französischen Revolution im 18. Jh.) wurden die gen. Grundund Menschenrechte der Verfügungsgewalt der V. entzogen. Diese Rechte anzuwenden wurde damit auch für Ziele erlaubt, die nicht der Durchsetzung eines einheitl. Willens auf der Basis von V. dienen. Vollkommenheit kennzeichnet in 8Ontologie und 8Metaphysik sowohl die 8Vollständigkeit eines Objekts wie auch die Übereinstimmung aller seiner Bestimmungen zu einer geordneten Einheit. In der 8Ethik meint V. ein anzustrebendes, aber nie voll erreichbares Ideal (vgl. I. Kant, Met. d. Sitten, 1797, Tugendlehre, Einl. A 14- 16). In der 8Geschichtsphilosophie wandelt sich die Frage nach der V. über die 8Theodizee (G. W. Leibniz, in: Theodizee, 1710: Gott schuf die beste aller möglichen Welten) zur Frage nach der möglichen Vervollkommnung (Perfektibilität, vgl. 8Perfektionismus) von Menschen und ihrer Welt. Die Welterfahrung des Bürgertums in Handel, Manufaktur und in der sich industriell beschleunigenden Entwicklung von Technik und Wissenschaft hatte den Gedanken der Perfektibilität von Mensch und Geschichte er-
Vollständigkeit
möglicht. Als Beweger der Vervollkommnung galt die als teleologisch betrachtete Verfaßtheit von Natur und Vernunft, deren Hervorbringung einer vollkommenen Menschheit zum Kern der Fortschrittsideen der Aufklärung wurde (vgl. Cl. A. Helvétius, De l’homme, 1772, J.- A.- N. Condorcet, Esquisse d’un tableau historique des progrès ..., 1795, J. G. Herder, Ideen zur Gesch. d. Phil. d. Menschheit, 1791). Kant formulierte die These, die Natur habe gewollt, daß der Mensch keiner anderen V. teilhaftig werde, als die er sich selbst durch seine 8Vernunft verschaffe. Sie entwickele sich beim Menschen »nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig« (I. Kant, Idee zu einer allg. Gesch. in weltbürgerl. Absicht, 1784). Vollständigkeit, ein Begriff der Logik und Mathematik. Man nennt einen 8Kalkül bzw. ein 8axiomatisches System für ein bestimmtes Gebiet semantisch (inhaltlich, vgl. 8Semantik) vollständig, wenn sich alle gültigen Sätze des betreffenden Gebietes in ihm beweisen lassen (vgl. 8Beweis). Vollständige Kalküle in diesem Sinne lassen sich z. B. für die 8Aussagenlogik und die 8Prädikatenlogik erster Stufe angeben. Für die Prädikatenlogik zweiter (und höherer) Stufe lassen sich nur Kalküle formulieren, die semantisch unvollständig sind; dasselbe gilt nach einem Resultat von K. Gödel von 1931 (Über formal unentscheidbare Systeme der Principia Mathematica und verwandter Systeme) für widerspruchsfreie Systeme der Arithmetik (Gödelscher Un-
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vollständigkeitssatz; vgl. 8Gödelisierung) . – Deduktiv oder klassisch vollständig heißt ein Kalkül K, wenn für jeden Satz der Sprache von K gilt, daß entweder er selbst oder seine 8Negation in K beweisbar ist. Schließlich nennt man einen Kalkül K syntaktisch vollständig (8Syntax), wenn für jeden Satz A der Sprache, die K zugrundeliegt, gilt: A ist in K beweisbar, oder K wird zu einem (syntaktisch) widerspruchsvollen Kalkül, wenn man A zu seinen 8Axiomen hinzunimmt (vgl. auch 8Widerspruchsfreiheit). In diesem Sinne ist z. B. die 8Aussagenlogik in der hier vorausgesetzten Formulierung nicht vollständig. volonté générale / volonté de tous, frz. ›allg. Wille/Wille aller‹, ein Gegensatzpaar in der Staatsphilosophie J.- J. Rousseaus (Contrat social, 1762). Unter der v. t. ist eine Art Mittelwert aus den einzelnen Präferenzen der Angehörigen eines Staatswesens zu verstehen. Da die Einzelinteressen der Individuen sich in der Regel nicht auf das 8allg. Wohl richten, kann die v. t. nicht zum Ausgangspunkt für Entscheidungen genommen werden, welche dieses 8Gemeinwohl fördern sollen. Solche Entscheidungen müssen vielmehr auf der v. g. basieren, dessen Artikulierung ein ideales Verfahren politischer Willensbildung voraussetzt: Die v. g. als Ausgangspunkt eines Handelns, welches das Allgemeinwohl am zuverlässigsten befördert, soll sich aus einer Meinungsbildung üb. d. öffentliche 8Wohlfahrt ergeben, an der alle Bürger frei und gleichberechtigt, ohne Rücksicht auf Einzel-
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und Gruppeninteressen, ohne wirtschaftliche Zwänge und ohne Angst vor Repressionen teilnehmen können. Voluntarismus, Neub. von F. Tönnies nach lat. voluntas ›Wille‹, die Lehre, nach der der 8Wille 1. die Grundfunktion der menschlichen Seele ausmacht, auf die sich Denken und Fühlen zurückführen lassen (psychologischer V.), 2. das innere Wesen der Welt und aller ihrer Erscheinungen ist (metaphysischer V.). Als V. werden auch 3. Positionen bez., in denen die theoretischen Grundlagen der Wissenschaft durch Setzung bestimmt werden (erkenntnistheoretischer V., verw. dem 8Positivismus, 8Konventionalismus). Gegensatz zu dieser Bed.: 8Intellektualismus. Voraussetzung, eine 8Setzung oder ein 8Satz, von dessen Gültigkeit die Geltung weiterer Sätze abhängt. Voraussetzungslosigkeit der Wissenschaft, Ausdruck von D. Fr. Strauß (Leben Jesu, 1836, S. IX), in Umlauf gebracht insbes. durch Th. Mommsens Artikel Universitätsunterricht und Konfession (Münchener Neueste Nachr. Jg. 54, 1901, 15. Nov.), seit K. Fischer (Gesch. d. neueren Philos., 18652) im allg. das Freisein und Freibleiben der Wissenschaften von solchen Voraussetzungen, Grundsätzen und Zielsetzungen, die nicht aus ihnen selbst, der Eigenart ihrer Gegenstände und ihrer Verfahren entspringen, sondern von außen (durch Religion, Kirche, Staat, Politik, Parteiinteressen, persönliche Wünsche und Überzeugungen) an
Vorsokratiker
sie herangetragen werden, um sie außerwissenschaftlichen Bindungen und Zwecken zu unterwerfen. Vorsatz, der auf die Verwirklichung einer beabsichtigten Tat oder einer künftigen Unterlassung gerichtete Wille; Vorsätzlichkeit, die bewußte Absicht insbes. einer sittlich oder rechtlich verwerflichen Handlung; 8Schuld. Vorsehung (lat. providentia), das göttliche Voraussehen und Vorsorgen für die Zukunft, die Lenkung insbes. des einzelnen Menschen durch einen gnädigen Gott. Der Glaube an die V. entspricht der christl. 8Frömmigkeit und 8Demut. Vorsokratiker, die griechischen Philosophen vor der Phase der griechischen Philosophie, die mit Sokrates einsetzt: 1. die Naturphilosophen von Milet (um 600- 500 v. Chr.): Thales, Anaximander, Anaximenes, die die Frage nach dem Urstoff stellen, den sie als lebensträchtig betrachten (8Hylozoismus); für Thales ist das Wasser, für Anaximander ein unerfahrbares, unbegrenztes 8apeiron, für Anaximenes die Luft der Anfang und Ursprung; 2. Heraklit von Ephesos; für ihn ist das Feuer der Ursprung und zugleich das Symbol des ewigen Werdens (8Heraklitismus); 3. die 8eleatische Schule (Unteritalien), die gerade den umgekehrten Seinsbegriff des Unveränderlichen als des allein wahrhaft Seienden vertritt; 4. Pythagoras und seine Schule (8Pythagoreer), Vertreter der 8Zahl als der Idee der Wirklichkeit und der 8Seelenwanderung; 5. Empedokles von Agrigent, für den die Natur Mischung
Vorstellung
und Sonderung der Elemente des Feurigen, Luftigen, Flüssigen und Erdhaften nach den Kräften der Liebe und des Hasses ist; 6. Anaxagoras, Freund des Perikles, erster Vertreter einer teleologischen Welterklärung durch Einführung des 8nous; 7. die 8Sophisten (um 480 bis 410), vor allem Protagoras. Vorstellung (lat. repraesentatio), das im Bewußtsein zustande kommende ›Bild‹ eines Gegenstandes oder Vorgangs. Im weiteren Sinne ist eine V. jeder als ein relativ Ganzes erscheinende Bewußtseinsinhalt, der auf einen 8intendierten Gegenstand bezogen wird, ohne Rücksicht darauf, ob diesem ein wirkliches Objekt entspricht oder nicht. In der älteren Psychologie galten die V.en als Grundlage des geistigen Lebens überhaupt (8Intellektualismus) und wurdedurch 8Assoziation erklärt. W. Wundt setzte dieser Auffassung die 8Apperzeptionspsychologie entgegen. Vorurteil, von gesellsch. Gruppen vertretener Beurteilungstyp über
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Sachverhalte, bei dem die Behauptungen aus jeweils nur subjektiv gebildeten 8Vorstellungen, vorgefaßten 8Meinungen und mehr od. weniger willkürl. Bewertungen insbes. über solche Gegenstände gebildet werden, deren Realität oder Einschätzung umstritten ist. Als V.e werden gängige Meinungen insbes. dann bezeichnet, wenn sie ohne Prüfung von bereits bekannten Informationen über Tatsachen oder gar unter Absehung des zugänglichen Wissens über diese vertreten werden. Psychologisch werden V.e häufig dadurch erklärt, daß mit dem Instistieren auf ihnen jeweils das eigene Unvermögen kompensiert wird, indem man nicht selbst eingestandene eigene Schwächen auf externe Gruppen projiziert, wie z. B. auf Angehörige des anderen Geschlechts, einer anderen Altersgruppe, auf kulturelle, politische und religiöse Minderheiten und auf fremde Völker oder Träger anderer physischer Merkmale.
W
Wahlfreiheit, lat. liberum 8arbitrium, 8Willensfreiheit. Wahrhaftigkeit, die sittliche Forderung der Übereinstimmung von Aussage und Überzeugung; auch die natürliche oder durch Selbsterziehung erworbene charakterliche Haltung, der die 8Wahrheit im Sinne der Übereinstimmung von Rede und Verhalten mit der inneren Meinung Bedürfnis ist. Der deutsche Wortschatz zur Umschreibung von W. ist reich: Aufrichtigkeit, Echtheit, Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Redlichkeit, Sauberkeit, Klarheit, Offenheit, auch Integrität. Das Wort W. kommt erst im Neuhochdeutschen (Mitte 17. Jh.) vor. Es kennzeichnet das Bestreben, die Wahrheit zu sagen, kann aber auch auf die ganze Person bezogen werden. So betrifft W. das subjektive Verhältnis zur vorausgesetzten objektiven 8Wahrheit in dreifacher Hinsicht: a) daß wahr sei, was ich sage (Gegensatz: Unwahrheit, 8Lüge); b) daß ich die Wahrheit sage, wenn ich sie weiß (Gegensatz: Verschweigen, Verschleierung); c) daß ich insgesamt in Reden und Tun mit mir übereinstimme (Gegensatz: Verstellung, Lebenslüge). Insofern eine Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen, angenommen wird, gilt W. als sittliche Pflicht. W. hat in der griechischen Philosophie nur relative Bedeutung, ein eigenes Wort für sie kennt das Griechische nicht. Ari-
stoteles prägt das Wort alëtheutikos: der Wahrhafte steht in der Mitte zwischen Über- und Untertreibung (Nik. Ethik 1108a 20). Die Lüge ist schlecht und verwerflich, die Übertreibung mehr zu tadeln als die Untertreibung (eirôneia, 1127a, b). In J. Habermas’ Aufs. üb. ›Wahrheitstheorien‹ (zuerst 1973; Nachdr. in: Vorstud. u. Erg. zur Theorie des kommunik. Handelns, 1984, 127183) sowie in seiner Theorie des kommunikativen Handelns (1981) stellt W. einen Aspekt von 8Geltung dar: Ein Geltungsanspruch kann sich auf die Wahrheit einer Aussage, auf die Richtigkeit von Handlungsnormen und auf die W. von Äußerungen beziehen. Wahrheit (gr. alëtheia, lat. veritas), Subst. zu wahr, aktiv: ›glaubend‹, vertrauend, passiv: ›geglaubt‹, angenommen, zurückgehend auf idg. wëros ›vertrauenswert‹, wahr; dazu auch lat. verus; ahd. wara ›Vertrag‹, ›Bündnistreue‹, altnord. varar ›Treugelöbnis‹, Var Göttin der Treuschwüre u. Verträge. Unmittelbar zu wahr gehört bewähren, mhd. (be)waeren ›bekräftigen‹, beweisen. Der Begriff der W. ist seit jeher ein zentraler Gegenstand philosophischen Interesses. Schon bei Aristoteles findet sich ein berühmter Explikationsversuch seines (realistischen) W.sverständnisses: »Denn zu behaupten, daß Seiende sei nicht oder das Nichtseinende sei, ist falsch. Aber zu behaupten, das Sei-
Wahrheit
ende sei und das Nichtseiende sei nicht, ist wahr« (Met. 1011 b 26 ff.). In der Philosophie versteht man unter W. im engeren Sinne eine Eigenschaft, die, je nach theoretischem Hintergrund, einer 8Vorstellung, einem 8Urteil oder einer 8Aussage bzw. einem Aussagesatz zukommen kann: Daß Schnee weiß ist, ist wahr; Der Satz »Schnee ist weiß« ist wahr. Die Verwendung von ›wahr‹ in alltagssprachlichen Formulierungen wie »Ein wahrer Freund« oder »wahre Gerechtigkeit« spielt in diesem Zhg. keine wichtige Rolle. Philosophische Wahrheitstheorien verfolgen eine Reihe unterschiedlicher, z. T. eng miteinander zusammenhängender Ziele. U. a. geht es (mit wechselnden Schwerpunkten) um die Fragen, wie der W.sbegriff zu definieren ist, welchem Zweck der Ausdruck ›wahr‹ in der Sprache dient und welche W.skriterien man ansetzen kann. Diejenige Auffassung, die in der Philosophie am häufigsten vertreten wird und dem Alltagsverständnis von W. auch am nächsten kommt, ist die sog. Korrespondenztheorie der W. Ihre Grundannahme lautet, daß ein Satz (eine Vorstellung, ein Urteil) genau dann wahr ist, wenn er mit (dem entsprechenden Teil) der Wirklichkeit übereinstimmt, wenn also eine Korrespondenzbeziehung zwischen Satz (Vorstellung, Urteil) und Welt besteht. Sie hat z. B. in der scholastischen Formel von Wahrheit als adaeqatio rerum et intellectus (lat. ›Übereinstimmung der Dinge mit dem Verstand‹, Albertus Magnus, Summa theologiae
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1, 25, 2) Ausdruck gefunden und entspricht im Kern der Auffassung des Aristoteles. Nach moderneren Auffassungen, etwa nach der des frühen L. Wittgenstein (Tractatus logico- philosophicus, 1921), läßt sich die fragliche Korrespondenzbeziehung genauer als eine Art struktureller Isomorphierelation zwischen einem Satz und einer Tatsache bestimmen. Die Kohärenztheorie betont demgegenüber, daß es für die Beurteilung eines Satzes als wahr zentral ist, ob er mit anderen, schon als wahr erkannten Sätzen verträglich ist, ob er sich also mit ihnen zu einem widerspruchsfreien Ganzen verbinden läßt (8Widerspruchsfreiheit). Kohärenz als Prüfkriterium für W. wurde zuerst von den engl. Neuhegelianern F. H. Bradley (Appearance and Reality, II 1893; Essays on Truth and Reality, 1914) und H. H. Joachim (Logical Studies, 1906) vorgeschlagen und als Wahrheitskriterium zu Beginn der 1930er Jahre im 8Wiener Kreis ebenfalls erwogen (C. G. Hempel, On the Logical Positivists’ Theory of Truth, Analysis, Vol. II 4/1935, 4959). Eine detaillierte neuere Ausarbeitung dieser Theorie hat N. Rescher vorgelegt (The Coherence Theory of Truth, 1973). Neben der Kohärenz mit anderen Sätzen wurden eine Reihe weiterer Wahrheitskriterien für Sätze vorgeschlagen. Dazu gehören insbesondere das der intuitiven 8Evidenz, inbes. in bezug auf einfache Beobachtungssätze; das der Nützlichkeit der Annahme, der fragliche Satz sei wahr (8Pragmatismus); das des Konsenses einer (wirklichen oder
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idealen) Gemeinschaft von Menschen (insbes. von Wissenschaftlern; Konsenstheorie, u.a. vertreten von J. Habermas, Wahrheitstheorien, in: Wirklichkeit und Reflexion. W. Schulz zum 60. Geb., 1973). Im Rahmen der Diskussion über W.skriterien wird häufig betont, daß man W. nicht unter Absehung von der Frage definieren sollte, wie man die W. eines Satzes feststellen, ihn also verifizieren könnte (8Verifikation). In diesem Zusammenhang steht M. Dummetts Bestimmung der W. als gerechtfertigte Behauptbarkeit (bzw. seine These, der Begriff der W. sollte durch den der gerechtfertigten Behauptbarkeit ersetzt werden; Truth and Other Enigmas, 1978) mit ihren weitreichenden Folgen für die Logik. – Einen vollkommen anderen Charakter haben die sog. Redundanztheorien der W. Sie gehen davon aus, daß der Gehalt des W.sbegriffs schon durch das sog. Äquivalenzschema »Es ist genau dann wahr, daß A, wenn A« erschöpfend angegeben ist: Zu sagen, eine bestimmter Satz A sei wahr, läuft auf nicht mehr hinaus als auf die Behauptung von A selbst. Der Ausdruck ›wahr‹ ist in desem Sinne eigentlich überflüssig (redundant). Diese Auffassung wurde v.a. im Zusammenhang der 8analytischen Philosophie entwickelt, u. a. von A. J. Ayer (Sprache, Wahrheit und Logik, dt. 1970). Bedeutsam für die analytische Philosophie ist auch A. Tarskis semantische Theorie der W.: Die Verwendung des W.sbegriffs in der (›semantisch geschlossenen‹) Alltagssprache er-
Wahrheit
laubt die Formulierung von Ausdrücken der Art »Dieser Satz ist nicht wahr« (gleichbed. mit »Dieser Satz ist falsch«), die zu 8Antinomien führen. Das kann man vermeiden, wenn man mit Tarski systematisch zwischen Objekt- und Metasprache unterscheidet und festlegt, daß die Behauptung, ein bestimmter Satz einer Sprache sei wahr, nur in einer Metasprache ausgedrückt werden kann: »A ist wahr in S1« kann selbst kein Satz von S1, sondern nur ein Satz einer Metasprache Sn über S1 sein (vgl. 8Metasprache). Auf der Basis dieses Grundgedankens lassen sich Wahrheitsdefinitionen für 8formale Sprachen angeben, die nicht in Antinomien führen. Für 8normale Sprachen ist dieses Vorgehen so jedoch nicht ohne weiteres durchführbar. Entsprechend sind Tarskis Untersuchungen vor allem für die 8Logik und die 8Mathematik von Bedeutung. Es gibt im wesentlichen zwei mit Tarskis Theorie konkurrierende Ansätze. Die erste, u. a. von S. Kripke (Outline of a Theory of Truth, in: Journal of Philosophy LXXII 1975, 690- 716) vertretene Auffassung postuliert Wahrheitswertlücken (8Wahrheitswert), um mit dem Problem der Antinomien fertigzuwerden; die zweite orientiert sich an Konzepten, die im Rahmen der Untersuchungen A. R. Andersons und N. D. Belnaps zur 8Relevanzlogik entwickelt wurden. Insgesamt ist die Diskussion über die vielfältigen Aspekte des W.sbegriffs nach wie vor in vollem Gange. Die ästhetische Wahrheit ist ein Grundproblem der 8Ästhetik:
Wahrheitsbedingung
A. G. Baumgarten hat den Begriff veritas aesthetica in seiner als Theorie sinnlicher Erkenntnis angelegten systematischen Ästhetik als die W. bestimmt, sofern sie sinnlich erkennbar bzw. vorstellbar ist (Aesthetica 1750- 58, §§ 423 ff.). Die Frage nach der spezifischen W. der Kunst wurde indes schon in den Anfängen der Kunstphilosophie gestellt und hat mit dem Nachahmungs- bzw. Scheincharakter der Kunst zu tun (8Mimesis, 8Schein). Die klassischen Positionen haben Plato und Aristoteles formuliert. Plato gesteht der nachbildenden Kunst, die ein 8Abbild des Abbilds und damit Schattenbilder produziert, keinerlei Wert im Hinblick auf die prinzipiell unsinnliche W. zu (Politeia, 10. Buch). Aristoteles differenziert, indem er die ästhetische W. als eine spezifische Art W. begreift, die es nicht direkt mit der Wirklichkeit, sondern mit der Darstellung von Möglichkeiten zu tun hat, deren W.scharakter darin besteht, die Wirklichkeit so nachzuahmen, daß die in der Kunst gestalteten Möglichkeiten Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit haben, also wirklich sein könnten. An diesen Gedanken knüpft A. G. Baumgarten in für die moderne Ästhetik an: Er unterscheidet erkenntnistheoretisch logische und ästhetische W. in W. der Allgemeinbegriffe und W. der Einzeldinge bzw. der individuellen Vorstellungen (Vorlesungen über die Ästhetik, § 440, 8analogon rationis, 8cognitio sensitiva) und bestimmt kunstphilosophisch die W. in der Kunst als ästhetische Wahrschein-
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lichkeit (verisimilitudo aesthetica, d. h. sie beruht auf Ähnlichkeit mit Wirklichkeit, nicht auf einem hypothetischen 8Urteil; vgl. ebd. §§ 478 ff.). Die W. der Kunst liegt darin, andere Welten zu schaffen (veritas heterocosmica, § 441). Diese Unterscheidung der ästhetischen W. von der epistemischen W. wird die Grundlage der ästhetischen Diskussion nach I. Kant bilden (der den Anspruch der Ästhetik auf objektive W. explizit ausgeschlossen hat – vgl. 8Geschmack, 8Wohlgefallen – und damit die Rehabilitierung des Begriffs ästhetische W. herausfordern mußte): G. W. Fr. Hegel unterscheidet die W. in der Kunst von bloßer Richtigkeit: Nicht Übereinstimmung mit der Wirklichkeit, sondern ihre geistige Verarbeitung wird zum Kriterium der W. in der Kunst. Diese Auffassung setzt sich in modifizierter Form im ästhetischen 8Realismus von G. Lukács als Theorie geistiger 8Widerspiegelung der 8Wirklichkeit in der Gestaltung einerseits, in der modernen 8Hermeneutik andererseits fort. Für M. Heidegger ist es das Wesentliche der Kunst, die W. des Seienden ins Werk zu setzen, d. h. gegenüber der empirischen W. das verborgene Wesen der Dinge sichtbar zu machen (Der Ursprung des Kunstwerks, 1935). Wahrheitsbedingung, in der 8Logik eine semantische Regel (8Semantik), die den 8Wahrheitswert einer Aussage in Abhängigkeit von ihren Bestandteilen festlegt. In der klassischen 8Aussagenlogik geben solche Regeln die Bedingungen an,
Wahrheitstafel
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unter denen komplexe, mit Hilfe der verschiedenen 8Junktoren gebildete Aussagen wahr sind. Dadurch werden zugleich die Bedeutungen der Junktoren festgelegt. Für die 8Konjunktion zweier beliebiger Aussagen A und B mit Hilfe des Junktors »und« (symbolisch ∧) gilt etwa: A ∧ B (sprich: »A und B«) ist genau dann wahr, wenn sowohl A als auch B wahr sind; sonst ist A ∧ B falsch. Für die Verneinung einer Aussage A mit Hilfe des einstelligen Junktors »nicht« (¬ , vgl. 8Negation) gilt: ¬ A (»Es ist nicht der Fall, daß A«) ist genau dann wahr, wenn A falsch ist; sonst ist ¬A falsch. Gegenstand der Aussagenlogik ist u. a. die Frage, welche Aussagen allein aufgrund derartiger Regeln wahr, d. h. aussagenlogisch wahr oder tautologisch (8Tautologie) sind. Man macht sich recht leicht klar, daß z. B. die Aussage ¬ (A ∧ ¬ A) (»Es ist nicht der Fall, daß zugleich A und nicht- A der Fall ist«) allein aufgrund der eben angegebenen Regeln für die Konjunktion und die Negation wahr, also tautologisch ist. Die Bedeutungen der meisten logischen Partikeln anderer Logiken, etwa die von 8Quantoren und Modaloperatoren (8Modallogik), werden ebenfalls durch W.en festgelegt. Formal präzise lassen sich W.en im Rahmen der 8modelltheoretischen Semantik formulieren. Wahrheitstafel, auch Wahrheitswerttafel, eine von L. Wittgenstein im Tractatus logico- philosophicus (1921) eingeführte Methode, die 8Wahrheitsbedingungen für die
8Junktoren der 8Aussagenlogik (bzw. für die komplexen Aussagen, die mit Hilfe von Junktoren gebildet sind) schematisch und übersichtlich darzustellen. Seien A und B zwei beliebige Aussagen; die W.n für die Negation »nicht- A« (symbolisch ¬A) und die Konjunktion »A und B« (A∧B) sehen dann so aus: A w f
¬A f w
A w w f f
B w f w f
A∧B w f f f
Dabei stehen ›w‹ und ›f‹ für die 8Wahrheitswerte ›wahr‹ und ›falsch‹. Man kann aus diesen Tafeln leicht ablesen, daß ¬ A genau dann wahr ist, wenn A falsch ist, und daß A ∧ B genau dann wahr ist, wenn sowohl A als auch B wahr sind. Allgemein ist eine Aussage genau dann aussagenlogisch wahr (tautologisch) bzw. falsch (kontradiktorisch), wenn sie aufgrund der Wahrheitsbedingungen für die in ihr vorkommenden Junktoren wahr (falsch) ist. Auf W.n bezogen kann man das so formulieren: Eine Aussage ist genau dann aussagenlogisch wahr (falsch), wenn sich in der zugehörigen Spalte der W. nur der Wahrheitswert ›wahr‹ (›falsch‹) findet. Mit der Methode der W.n steht so ein einfaches und rein mechanisch durchführbares Prüfverfahren für den logischen Charakter von Aussagen zur Verfügung. Z. B. ergibt sich aus den folgenden Tafeln, daß A ∧ ¬ A (»A ist der Fall, und A ist nicht der Fall«) aussagenlogisch falsch und ¬(¬ A ∧A) (»Es
Wahrheitswert
ist nicht der Fall, daß A der Fall und nicht der Fall ist«) aussagenlogisch wahr ist: A ¬A w f f w (nach der Negationstafel) A ¬A A ∧¬ A w f f f w f (nach der Konjunktionstafel; nach der vorigen Tafel kann der Fall, daß A und ¬A gleichermaßen wahr sind, nicht auftreten) A ∧¬A ¬ (A∧¬ A) f w (nach der Negationstafel; da A ∧¬ A nach der vorigen Tafel nur falsch sein kann, muß hier nur dieser Fall berücksichtigt werden). Wahrheitswert, ein auf die logischen und sprachphilosophischen Untersuchungen G. Freges zurückgehender Begriff. In der 8klassischen Logik unterscheidet man die W.e ›wahr‹ (oft durch ›w‹, zuweilen auch durch ›1‹ bezeichnet) und ›falsch‹ (›f‹ oder ›0‹), die wahren bzw. falschen Aussagen zukommen, und untersucht, welche Aussagen allein aufgrund der semantischen Regeln (8Semantik) für die 8logischen Partikeln den W. ›wahr‹ erhalten müssen, also 8logisch wahr sind (vgl. auch 8Wahrheitsbedingung, 8Wahrheitstafel). In nichtklassischen, sog. 8mehrwertigen Logiken kommen auch weitere W.e, etwa der Wert ›unbestimmt‹ (›u‹), vor. Abweichend vom heutigen Sprachgebrauch nennt G. Frege den W. einer Aussage ihre ›Bedeutung‹ (Über Sinn und Bedeutung,
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1892); heute heißt der W. einer Aussage ihre Extension (8Intension/Extension). Wahrnehmung (gr. aisthësis, lat. perceptio), im urspr. Sinn die Hinwendung der 8Beobachtung, 8Aufmerksamkeit auf etwas, von mhd. warnemen, wobei war sprachverw. engl. aware, urverw. gr. horan ›sehen‹ ist, die Bewußtwerdung, unmittelbare 8Erfahrung und Erfassung realer Gegenstände und Vorgänge, zunächst in ›äußerer‹ W. von Dingen und Vorgängen der Außenwelt durch die Sinne, in die sich stets schon eine unbewußt die 8Empfindungen verarbeitende Verstandestätigkeit mischt, dann als ›innere‹ W. die Erfassung seelischer Vorgänge in uns, die Selbstwahrnehmung, Erlebniswahrnehmung. In beiden Fällen steht W. zwischen bloßem Empfinden und Fühlen einerseits und aufmerksamer, reflexiver und denkender Beobachtung anderseits. Für den erkenntnistheoretischen 8Idealismus ist das ›Sein‹ des W.sgegenstandes gleich 8Erscheinung. Die neuere Psychologie untersucht das Zustandekommen der W. und die Gliederung der W.sinhalte im räumlichen Neben- und zeitlichen Nacheinander, ihren Zusammenhang mit den übrigen seelischen und geistigen Funktionen und vor allem ihre Gestalthaftigkeit und Ganzheit (8Aktualgenese, 8Eidetik, 8Gestaltpsychologie). – Wahrnehmungsurteile, von I. Kant (Proleg. § 18) eingef. z. Bez. der log. Verknüpfung von Wahrnehmungen in Urteilen, die zunächst nur subjektive Gültigkeit haben.
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Wahrscheinlichkeit (lat. probabilitas), der mittlere Grad der 8Gewißheit, der zwischen der vollen Gewißheit, daß etwas wirklich eintreffen wird und muß, und der bloßen Möglichkeit liegt. Sie besteht in der Erwartung, daß etwas nach den bisher gemachten Erfahrungen eintreten wird, schließt aber das Nichteintreten oder das eintreten von etwas anderem als dem Erwarteten nicht aus. – Die mathematische W. (W. ›a priori‹) ist ein echter Bruch, in dessen Nenner die Zahl aller möglichen Fälle, in dessen Zähler die Anzahl der dem fraglichen Ereignis ›günstigen‹ (es realisierenden) Fälle steht. So ist z. B. die W., mit einem Würfel in einem Wurf 6 Augen zu werfen, 1 : 6, bei zwei Würfeln 11 : 36 (36 mögliche Kombinationen, 11 ›günstige‹, d. h. mindestens einen Sechserwurf enthaltene Kombinationen), die W., dreimal hintereinander 6 zu werfen, 1 : (6 · 6 · 6) = 1 : 216, usw. Aber erst bei einer sehr großen Zahl ist zu erwarten, daß die errechneten Verhältnisse in der Wirklichkeit erfüllt sind, d. h. erst unter einer sehr großen Zahl von Würfeln wird der 6. Teil 6 Augen zeigen und werden auf durchschnittlich 216 Fälle 3 Sechserwürfe aufeinander folgen. Wenn unter N Fällen das Ereignis E n mal beobachtet wurde, heißt n : N die ›aposteriorische‹ W. dafür, daß unter sonst gleichen Umständen auch künftig unter N Fällen n dem Ergebnis E günstig sind. In der Angewandten Mathematik ist W. Gegenstand der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die sich mit den Gesetzen ›zufälliger‹ Ereignisse be-
Weber-Fechnersches Gesetz
schäftigt, deren Regelmäßigkeiten bei Massenerscheinungen unterschiedlicher Art abschätzbar und berechenbar werden (8Gauß- Verteilung, 8Normalität). Wahrscheinlichkeitslogik, der von H. Reichenbach (zuerst in: Wertlehre, 1935) formulierte Versuch einer Deutung der statistischen W. mit den Mitteln einer mehrwertigen Logik, in der mit unbegrenzt vielen 8Wahrheitswerten operiert werden kann. Wahrscheinlichkeitsschluß, ein 8Schluß, durch den aus der Häufigkeit gegebener einzelner Fälle auf das Eintreffen gleichgearteter geschlossen wird. Warschauer Schule, eine im 20. Jh. in Warschau lehrende und forschende Schule der 8Logik, zu der u. a. St. Lesniewski, J. Lukasiewicz, A. Tarski und K. Adjukiewicz gehörten. Die W. Sch. lieferte Beiträge zur formalen 8Semantik und zur Methodologie axiomatischer Verfahren, die insbes. für die deduktiven Wissenschaften grundlegend wurden. Sie wurde berühmt für ihre Versuche zur Neubegründung einer 8Junktorenlogik und einer 8mehrwertigen Logik. Weber-Fechnersches Gesetz, das von E. H. Weber (Annotationes anatomicae et physiologicae, 1834) entdeckte Gesetz der 8Psychophysik, nach dem für gewisse Sinnesgebiete die 8Reizunterschiedsschwelle proportional mit der Reizintensität wächst. Es wurde von G. Th. Fechner (Elemente der Psychophysik, 1860) erweitert und mathematisch formuliert: Die Intensitäten der Empfindungen verhal-
Wechselbegriffe
ten sich wie die Logarithmen der Intensitäten der sie hervorrufenden Reize, wobei als Einheit diejenige Reizstärke angesehen wird, bei der die Empfindung in der Reihe wachsender Reize zuerst entsteht und in der Reihe abnehmender Reize zuletzt verschwindet. Wechselbegriffe (lat. notiones reciprocae) nennt man die 8äquipollenten Begriffe (8Begriff). Wechselwirkung, die Wirkung eines Gegenstandes A auf einen anderen B und die Gegenwirkung von B auf A. Bei I. Kant ist die W. eine 8Kategorie der Relation, derzufolge der Grundsatz gilt: Alle Substanzen, sofern sie im Raume als gleichzeitig wahrgenommen werden können, sind in durchgängiger W. (Dritte Analogie der Erfahrung, KrV ). Weisheit, mhd. wisheit, wistuom (entspr. gr. sophia, lat. sapientia), zu weise, welches Adj. zu wissen ist, also ›wissend‹; wisheit ist ›Verständigkeit‹, Wissen, Erfahrenheit, ferner der zusammenfassende Ausdruck der künste (8Kunst) oder liste (8List), heute allg. die aus der richtigen Einschätzung der Dinge und Menschen entspringende Lebenshaltung und Handlungsweise. W. ist in der Bibel des A T Philosophie des Lebens (zum Zusammenhang von W. und Kardinaltugenden einschließlich 8Klugheit: vgl. Weish. Salomonis; zur W.slehre im AT insbes. das Buch Pred. Salomonis, hebr. Koheleth, Kap. 5- 7). Nach Aristoteles befaßt sich die W. nicht mit dem Werden wie die Klugheit, sondern mit dem Sein. W. ist Geist aller Kunst und Wissenschaft, als
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Haupt der Wissenschaft hat sie »die ehrwürdigsten Gegenstände« (Nik. Ethik, 1141 a 19). Und – bemerkenswert – »unter allen tugendgemäßen Tätigkeiten [ist] die der W. zugewandte eingestandenermaßen die genußreichste; ... in der Tat bietet die Philosophie Genüsse von wunderbarer Reinheit und Beständigkeit« (1177 a 25). In vielen Theorien zählt die W. (wie schon bei Plato, vgl. Politeia) zu den 8Kardinaltugenden. In der Ethik von N. Hartmann wird sie als eine der eth. Tugenden vorgestellt, die er in der Reihenfolge 8Gerechtigkeit, W., 8Tapferkeit und Beherrschung (8sôphrosynë) behandelt. N. Hartmann beurteilt die aristotelische Zuordnung der W. zu den dianoetischen Tugenden als Abweg und betont ihren praktischen Sinn. »Gerade eine allseitige Weltnähe, Fühlung mit allem, was in der Welt werthaltig ist, liegt im praktischen Sinn der W.« (Ethik, 1926, 45. Kap.). Er grenzt sie dennoch von der 8Klugheit ab, die als »bloße Providenz (prudentia) ... nur Lebensklugheit« sei und »durchaus keinen Gesinnungswert« habe (ebd.). Er gewinnt die Bestimmung der W. durch ihren lateinischen Namen sapientia (von sapere ›schmecken‹). »Die sapientia ist der ethische Geschmack, und zwar der feine, differenzierte, wertunterscheidende, kultivierte Geschmack, die Kultur des moralischen Organs, sofern es, auf die Lebensfülle gerichtet, Fühlung mit allem bedeutet und bejahende, auswertende Einstellung auf alles, was wertvoll ist« (ebd., 45. Kap. a).
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Welle-Teilchen-Dualismus, eine Erscheinung, die die Grundlagen der 8Quantentheorie betrifft. Zu Beginn des 20. Jhdts. zeigte sich, daß das 8Licht sowohl Eigenschaften hat, die nur erklärbar sind, wenn man es als elektromagnetische Wellenerscheinung betrachtet (Beugung, Interferenz), als auch solche, die nur mit einer Vorstellung von Licht als eines Teilchenstromes vereinbar sind (Photoeffekt, Comptoneffekt). Licht ist damit weder eine elektromagnetische Wellenerscheinung noch ein Teilchenstrom, sondern etwas Drittes, das je nach den Umständen der Beobachtung Eigenschaften hervorkehrt, die mit dem Teilchen- oder mit dem Wellenmodell beschrieben werden können. Der frz. Physiker L. V. De Broglie kam 1924 zu dem Ergebnis, daß auch 8Elektronen und andere Objekte, die man als Teilchen auffaßte, Welleneigenschaften haben. Diese Eigenschaften haben u.a. zur Folge, daß die Zustände von Elektronen und anderen mikrophysikalischen Objekten niemals zugleich durch scharf definierte Werte für Ort und Impuls beschrieben werden können: Wird der Impuls genauer bestimmt, so wird der Ort notwendigerweise unbestimmter und umgekehrt (8Komplementarität). Dieser Zusammenhang ist in der 8Heisenbergschen Unschärferelation quantitativ genau bestimmt. Die Diskussion über die philosophische Deutung dieser Phänomene, insbesondere über die anscheinende Abhängigkeit von Erscheinungen der ›objektiven‹ Welt
Welt
von einem Beobachter, hält bis heute an. Welt (gr. 8kosmos, lat. 8mundus), urspr. Sammelbegr. für das Insgesamt des Seienden, für 8Kosmos. Den philosophischen Streit, ob die W. Anfang und Ende oder beides nicht habe, den noch I. Kant in unaufhörlicher 8Antinomie auftreten läßt (KrV B 454), versucht dieser durch Definition zu schlichten: die W. sei endlich und unendlich zugleich. – Kant (KrV B 446) sagt: »Wir haben zwei Ausdrücke: W. und Natur, welche bisweilen ineinander laufen. Der erste bedeutet das mathematische Ganze aller Erscheinungen und die Totalität ihrer Synthesis im Großen sowohl als im Kleinen, d. i. in dem Fortschritt derselben durch Zusammensetzung als durch Teilung. Ebendieselbe W. wird aber Natur genannt, sofern sie als dynamisches Ganzes betrachtet wird, und man nicht auf die ... Größe ..., sondern auf die Einheit im Dasein der Erscheinungen sieht.« In der Kritik der Urteilskraft nennt er die W. »ein nach Zwecken zusammenhängendes Ganze(s)«. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird heute unter W. einerseits das astronomische Gefüge verstanden (W.körper, W.achse), anderseits die Erde und von dieser oft nur die Menschen (W.bürger, W.geschichte), schließlich auch nur der subj. erlebte Lebensbereich oder die 8Umwelt. Eine zusätzl. Bedeutung erhielt der Terminus W. in der 8Analytischen Phil. des 20. Jhs. als Sammelbegriff für »alles, was der Fall ist« (zuerst: L. Wittgenstein, in: Tractatus logico- philosophicus, zwei-
Weltanschauung
sprach. EA engl. u. dt. 1921), demnach als Inbegriff bzw. als Menge aller bestehenden Sachverhalte oder Tatsachen (vgl. auch 8Mögliche- Welten- Semantik). Sofern diese Sachverhalte in 8Aussagen benannt werden, hängt die Bed. des Begr. W. im engeren Sinne von den Regeln der 8Sprache ab, in denen jene formuliert werden. »Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt« (L. Wittgenstein, Tractatus, ebd. 5.6). Die Annahme, daß es Sprachen gibt, die sich nicht ineinander übersetzen lassen (eine These, die zuerst von W. von Humboldt aufgestellt und sprachwissenschaftl. begründet worden ist), ist im 20. Jh. zur Theorie einer Pluralität von W.en weiterentwickelt worden (N. Goodman, Words, works, worlds. In: Erkenntnis 9/1975, 57- 73; auch ders., Weisen der Welterzeugung, engl. 1978, dt. 1990). Sie radikalisiert Th. Kuhns These von der Pluralität unterschiedlicher Erkenntnismöglichkeiten in der Wissenschaft (ders., in: Die Struktur wissenschaftl. Revolutionen, engl. 1962, dt. 1967; insbes. Kap. X). Nach Goodman beschreiben unterschiedl. Sprachen genau dann auch unterschiedl. W.en, wenn sie nicht ineinander übersetzbar sind. Weltanschauung; das Wort taucht um 1800 im Kreise der Romantiker auf, wird von Fr. D. E. Schleiermacher in seinen ›Reden über die Religion‹ von der religiösen »Anschauung des Universums« gebraucht und von ihm in seinen ›Vorlesungen über Pädagogik‹ (1813) folgendermaßen erklärt: »Es ist die
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W. eines jeden, worin die Totalität aller Eindrücke zu einem vollständigen Ganzen des Bewußtseins bis auf den höchsten Punkt gesteigert, mit eingeschlossen die Totalität der menschlichen Zustände, ohne welche doch die W. nicht sein würde, gedacht wird ... Die W. ist das Resultat der spekulativen Naturwissenschaft und der wissenschaftlichen Betrachtung der Geschichte, sie setzt die höchste Selbsttätigkeit des menschlichen Geistes voraus. Aber es ist doch in dem Entwicklungsgang vom ersten Anfangspunkt, auf dem die Sinne uns einzelnes darbieten, bis zu diesem Punkt, wo die W. sich herausgebildet hat, ein zusammenhängendes Ganze(s)«. Nach W. Dilthey ist W. die Gesamtansicht von der 8Welt und der Stellung des Menschen in ihr, dargestellt in einem philos. System, zu dem gehören: die 8Metaphysik mit Ontologie und Theologie, die 8Kosmologie, die 8Anthropologie mit Ethik und Geschichtsphilosophie; all diese Gebiete hängen derart miteinander zusammen, daß jedes in ihnen auftretende Motiv zu allen anderen in bestimmter Beziehung steht und die Entscheidung über eine metaphysische Frage die ihr entsprechenden über die kosmologischen und anthropologischen Probleme nach sich zieht. Weltanschauungspsychologie, die von K. Jaspers (Psychol. d. Weltanschauungen, EA 1919) entwickelte Psychologie, in der nach der seelischen Wirklichkeit der Wirkung von weltanschaulichen 8Einstellungen, 8Weltbildern, Strebungen
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usw. gefragt wird. Die Quellen weltanschaulicher Inhalte werden dabei aus der subjektiven Erfahrung, die als ›seelische Wirklichkeit‹ gedeutet wird, abgeleitet. Weltbegriff (lat. conceptus cosmicus), von I. Kant eingef. und in zweifacher Bedeutung gebraucht: 1. z. Bez. der kosmologischen Ideen, die sich auf das Weltganze beziehen, 2. im Unterschied vom Schulbegriff: »W. heißt derjenige, der das betrifft, was jedermann notwendig interessiert«; während der Schulbegriff nur für den engeren Kreis einer Schule Bedeutung hat. Weltbild, 1. Modell für die theoretische Behandlung der Ergebnisse objektivierbaren Wissens im Rahmen einer Gesamtansicht von 8Welt; 2. auch, synonym mit Weltsystem, eine Bez. für eine auf theoret. Basis und aufgr. der Resultate der Naturwissenschaften gewonnene Vorstellung vom Aufbau des Weltalls. So nennt man die Vorstellung eines 8Kosmos mit der Erde als ruhendem Mittelpunkt ein ›geozentrisches W.‹, im Unterschied zu der erst von N. Kopernikus bestätigten Version, welches von der Sonne als Mittelpunkt des Planetensystems ausgeht (›heliozentr. W.‹). 3. In erweiterter Bed. verwendet man den Begr. W. auch als Synonym für 8Weltanschauung, für eine philos. begründete 8Ideologie oder für eine religiöse Glaubenslehre, sofern mit ihr eine Vorstellung von einer kosmischen Ordnung verbunden ist. Weltbürgertum, 8Kosmopolitismus.
Weltordnung
Weltgeist, nhd., zunächst der ›weltliche‹ Geist im Gegensatz zum christlichen, heiligen, göttlichen Geist (so z. B. bei Quirinus Kuhlmann, Kühlpsalter, 1684), dann der naturhaft- kosmisch, im Sinne von gr. 8nous und 8pneuma, lat. 8spiritus oder anima mundi (vgl. 8Weltseele) gedachte Geist (so bei Chr. Thomasius, Versuch vom Wesen des Geistes, 17092), endlich, seit J. G. Herder und vor allem bei G. W. Fr. Hegel der nicht mehr göttliche, sondern nur noch innerweltliche geschichtliche Geist, der 8Geist, wie er »sich im menschlichen Bewußtsein expliziert«. Der W. ist das im historischen Fortschritt sich selbst vergegenwärtigende Verhältnis der Menschen und Völker zu sich; Hegel nennt es den »Weg zur Befreiung der geistigen Substanz, die Tat, wodurch der absolute Endzweck der Welt sich in ihr vollführt«, so daß »der nur erst an sich seiende Geist sich [...] auch zum äußerlich allgemeinen, zum Weltgeist wird« (Enz. § 549). Weltlichkeit, in religiöser Bedeutung svw. 8Endlichkeit oder Befangensein im Endlichen; in der 8Existenzphilosophie das Verhältnis des 8Daseins (des Menschen), der menschl. 8Existenz zu seinen Seinsmöglichkeiten (8In- der- Welt- sein; vgl. 8In- Sein). Weltordnung, das Ganze der die Welt beherrschenden Naturgesetze. Moralische W., bei I. Kant und seinen Nachfolgern das sich in der Menschheit auswirkende und ihre Entwicklung bestimmende 8Sittengesetz (8Moral).
Welträtsel
Welträtsel, Ausdruck des 17. Jh., von E. Du Bois- Reymond (Die sieben W., 1880) nach Analogie der sieben Weltwunder der Antike gebr. z. Bez. der Probleme der Naturwissensch., für die das 8ignorabimus gilt: 1. Wesen der 8Materie und 8Energie, 2. Ursprung der Bewegung, 3. erste Entstehung des Lebens, 4. absichtsvoll zweckmäßige Einrichtung der Natur, 5. Entstehung der einfachen Sinnesempfindung, 6. Ursprung des vernünftigen Denkens und der Sprache, 7. Wesen der 8Willensfreiheit. E. Haeckel benutzte das Wort als Titel zu seinem sehr populär gewordenen, aber auch stark bekämpften Werk Die W. (1899), in dem er diese Fragen im Sinne eines materialist. 8Monismus auf der Grundlage der Entwicklungslehre behandelte. Weltrevolution, unter dem Titel ›révolution mondiale‹ entstanden urspr. als Programm einiger Vertreter der Französ. Revolution, die sich die weltweite Verbreitung der republikanischen Staatsordnung erhofften; später übernommen in revolutionären Programmen der Arbeiterbewegung des 19. Jh., theoret. begründet insbes. im 8Marxismus. Das im 20. Jh. zunächst von W. I. Lenin und von L. N. Trotzki theoretisch formulierte Programm einer W. schloß als Ziel eine weltweite Verbreitung der kommunistischen Gesellschaftsordnung ein und wurde mitunter auch mit der Vorstellung einer Weltrepublik als Föderation aller sich selbst verwaltenden regionalen sozialistischkommunistischen Gesellschaften verbunden.
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Weltschmerz, eine depressive Verstimmung, die sich in einer Überempfindlichkeit gegen die Übel der Welt kundtut und für die die Projektion erfahrenen Leids auf den vermeintlichen Zustand der gesamten Welt charakteristisch ist (8Pessimismus). Weltschöpfung, 8Schöpfung. Weltseele (lat. anima mundi, anima orbis), bei den 8Pythagoreern und Plato (Timaios 34 B) zuerst auftretender Begriff z. Bez. des Gesamtlebens der Welt, wo diese als ein 8Organismus aufgefaßt wird. Sie wurde von den 8Stoikern der Gottheit gleichgesetzt und tritt als allgemeines Weltleben in zahlreichen Systemen auf; z. B. bei Plotin (Enneaden 5, 12), G. Bruno (Della causa ..., 1584), Fr. W. J. Schelling (Von der W., 1798), G. Th. Fechner (8Allbeseelung, 8Pantheismus). Weltweisheit, von Paracelsus zuerst als Bez. für die Philosophie im Unterschied zu der Theosophie oder Theologie gebraucht und in diesem Sinne als Übersetzungswort für Philosophie (z. B. bei I. Kant, im polemischen Sinn bei Fr. Schlegel) beibehalten. Werden (gr. gignesthai, lat. fieri), ahd. werdan; die angenommene idg. Urform hängt mit lat. vertere ›wenden‹, altslaw. vratiti ›drehen‹ und altind. vrt ›rollen‹ zusammen; Grundbedeutung ›sich wenden‹, also die Umwandlung bezeichnend, im Gegensatz zum starren 8Sein, zum abstrakten 8Wesen und zur bloßen Veränderung das sich aus sich selbst entwickelnde Geschehen (8Entwicklung, 8Geschichte, 8Welt). Mit dem Begriff des W.s
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wird besonders in der dt. Philos. von jeher der Vollzugscharakter des 8Lebens getroffen. Einer der Begründer einer solchen Philosophie des W.s ist Heraklit (8Heraklitismus). Meister Eckhart spricht selbst Gott ein W. und »Entwerden« zu: »Gottes Gewerden ist sein Wesen.« Auch für G. W. Fr. Hegel bewegt sich alles W. in Gegensätzen; es ist »ein Strömen nach zwei entgengesetzten Richtungen, die sich schlechthin in einer bewegen und durchdringen«. Den logischen Begriff des W.s gewinnt er am Anfang seiner Wissenschaft der Logik (I) aus den ineinander umschlagenden Abstraktionen des Seins und des 8Nichts (8konkret). Wert, im allg. die zwischen einem Gegenstand und einem Maßstab durch den wertenden Menschen hergestellte Beziehung. Mit aller menschlichen Tätigkeit sind Wertschöpfung und Bewertung verbunden. Die verteilende, entscheidende und zielrealisierende Tätigkeit des Wertens bringt die Beziehungsdimension zwischen einem Menschen und einem Gegenstand (Gebilde, Prozeß, Person) zum Ausdruck. Die antike Ethik (Sokrates, Plato, Aristoteles) sprach diesen Befund darin aus, daß jemand im Wollen und Tun ein 8Gut(es) erstrebe. Mit der Tätigkeit bilden sich Maßstäbe des Bewertens aus, Brauchbarkeit (z. B. eines Werkzeugs), Eignung zur Befriedigung eines 8Bedürfnisses. Im sozialen Verbund erhalten die Maßstäbe 8Geltung durch Weitergabe und Lehre und werden durch Abstraktion selber zu W.n. Von da an kann unter-
Wert
schieden werden zwischen W.n als 8Idealen und als 8Gütern. In die neuere Philosophie wurde der Wertbegriff durch H. Lotze in Verbindung mit dem Begriff der 8Geltung eingeführt, von Fr. Nietzsche verwendet (8Umwertung aller W.e), von W. Windelband, H. Rickert und anderen Neukantianern, dann von den Phänomenologen (M. Scheler, A. Pfänder u. a.) und von N. Hartmann in seiner heutigen Bedeutung festgelegt: Die Dinge, Vorgänge, Verhältnisse, Personen und ihre Handlungen, auch ihre Gesinnungen haben nicht von selbst und an sich W., sind nicht an sich Güter oder Übel, sondern erst, wenn sie zu uns in Beziehung treten, gewinnen sie dadurch, daß wir sie beurteilen, einen W. Die (erst im 20. Jh. unter diesem Titel entstandene) phänomenologische Wertphilosophie geht von idealen W.en aus, erklärt sie aber nicht aus menschlicher Praxis, sondern aus einem ›Reich der W.e‹, das zum Bereich des obj. Seins gehöre. Mit ihm seien die W.e objektiv gegeben und unbedingt geltend. Garant dieser Geltung ist entweder der Erstbegründer (vgl. Platos Ideenlehre) oder der Schöpfer des Seins (so bei Thomas von Aquin, J. Pieper); den Menschen ermögliche ihre Vernunft eine Einsicht in die Geltung der idealen W.e (N. Hartmann). Die idealen W.e enthalten nach dieser Auffassung ein unbedingtes Sollen, unabhängig von ihrer Verwirklichung, von subjektiver Neigung oder Bejahung. Das Wertreich ist »eine Sphäre ideal ansichseiender Wesenheiten« (N.
Wertbeziehung
Hartmann, Ethik, EA 1926, 26. Kap.). Nach N. Hartmann sind sie absolut, unabhängig vom »Dafürhalten des Subjekts«, sie »bestehen unabhängig vom Bewußtsein« (ebd., 16. Kap.). Sie sind »bedingendes Prius aller Phänomene des moralischen Lebens« (ebd.); die W.erkenntnis (Wertschau, Wertgefühl) ist apriorisch und »echte Seinserkenntnis« (ebd.). Im übrigen wird in der neuzeitl. Philosophie die Herkunft der W.e aus der menschlichen Praxis erklärt und erst dadurch die Unterscheidung von idealen und herrschenden Werten möglich. Dadurch wird sichtbar, welche W.e mit der sozialen, politischen, ökonomischen Ordnung verbunden und in welchem Maße herrschende W.e bestimmend sind. »Die Geltung oder der Wert eines Menschen ist wie der aller anderen Dinge sein Preis« (Th. Hobbes, Leviathan, EA 1651, 10. Kap.). Die Rede vom unwerten Leben setzt ebenfalls den Begriff vom W. als Marktwert bzw. vom biologischen Rassewert voraus, wo dieser (Un- ) Wert von außen beurteilt wird; in der neueren ethischen Diskussion erhält der Begriff vom W. eines Lebens jedoch insofern eine völlig andere Bedeutung, als nicht der W. für andere oder für die Gesellschaft gemeint ist, sondern der W., den das Leben für die betreffende Person selbst hat (und der etwa bei schweren, unheilbaren Leiden erheblich sinken kann). Der Begriff vom W. des Lebens in diesem Sinne spielt z. B. in der Debatte um 8Euthanasie eine wichtige Rolle. Wo vom W.wandel oder gar vom
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Wertezerfall die Rede ist, sind meist die idealen W.e gemeint, aber möglicherweise wird ein sinkender Respekt vor dem herrschenden W.n wahrgenommen und diese mit dem Schwinden idealer W. aus dem Bewußtsein der Menschen verwechselt (8Wertfreiheit; 8Werttheorie; 8Werturteil). Wertbeziehung, ein von H. Rickert (Die Grenzen der naturwissenschaftl. Begriffsbildung, EA: I 1896, II 1902) eingeführte Begr. für die wissenschaftl. Rekonstruktion einer Wertung von handelnden Personen, im Unterschied zur subjektiven Wertung des Forschers; bei M. Weber auch Wertinterpretation (Der Sinn der Wertfreiheit ..., zuerst in: Logos VII, 1918, 49- 88). W. bezeichnet hier die vom subjektiven Interesse eines Forschers bestimmte Auswahl von sozialwissenschaftlichen Forschungsobjekten. Nach Weber ergibt sich die Notwendigkeit der Auswahl von Objekten für die wissensch. Bearbeitung aus der forschungspraktischen Unmöglichkeit, die Wirklichkeit als Gesamtheit zum Thema zu machen. Gefordert sei dabei die Rechenschaft über die Wertmaßstäbe, nach denen ausgewählt wird. Wertfreiheit der Wissenschaft, ein Postulat, das explizit zuerst 1909 von M. Weber im 8Werturteilsstreit formuliert wurde; es war zunächst auf die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bezogen (M. Weber, Der Sinn der ›Wertfreiheit‹ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften, Logos VII, 1917, 49- 88), wurde dann aber auch auf die Wissenschaft im allgemeinen
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ausgedehnt. Inhaltlich besagt es, daß die gesellschaftliche Funktion der Wissenschaft nur darin liegen kann, Erkenntnisse über verschiedene Handlungs- und Entwicklungsmöglichkeiten und ihre jeweiligen Konsequenzen (etwa im sozialen, wirtschaftlichen oder technischen Bereich) zu gewinnen; sie kann diese Möglichkeiten nicht selbst bewerten und zu Entscheidungen kommen. Sich auf der Basis dieser Erkenntnisse im konkreten Fall zu entscheiden ist vielmehr Aufgabe der Politik und Verwaltung. Die Wissenschaft macht in diesem Sinne nur Seins- , keine Sollensaussagen. Dieses Postulat geht mit der Forderung nach Unabhängigkeit der Wissenschaft von politischen Vorgaben einher: Sie soll nicht für politische Zwecke instrumentalisierbar sein. Die Forderung nach sorgfältiger Trennung von Seins- und Sollensaussagen betrifft auch die Lehre: Zusammenhänge sollen ohne Bewertung dargestellt werden. Wegen der Beschränkung auf die Fakten kann die Wissenschaft auch keine Lebensorientierung bieten. Sie kann nur verschiedene Formen der Lebensgestaltung untersuchen. Webers Position wurde vor allem von den Anhängern der 8Frankfurter Schule als ›positivistisch‹ kritisiert. Als Vertreter der Wertfreiheit als Wissenschaftsprinzip galten in den 1920er Jahren insbes. V. Kraft u. a. Vertreter des 8Wiener Kreises, später auch E. Topitsch, H. Albert. Als Kritiker des Ideals der Wertfreiheit traten in den 1920er Jahren zuerst O. Spann, E. Spranger und Th. Litt
Werttheorie
auf. In den letzten Jahrzehnten entwickelten insbes. Th. W. Adorno und J. Habermas Argumente gegen ›Wertfreiheit‹ als Wissenschaftsideal aus dem Gesichtspunkt, daß sich Wissenschaft seit der Aufklärung dem gesellschaftlichen Fortschritt verpflichtet habe und sich insofern selbst an Werte wie Wahrhaftigkeit, Humanität gebunden habe. Das danach kritikwürdige Ideal der Wertfreiheit wird in dieser Schule ideologiekritisch beurteilt als letztlich interessegebundener Standpunkt, nach dem die rationale Prüfung der sozialen Relevanz wissenschaftl. Praxis unterbunden und damit zugleich die unkontrollierte Verwendung von wissenschaftl. Resultaten im Dienste herrschender Mächte ermöglicht werden kann. Wertprädikat, s. 8Werturteil. Werttheorie, 1. Sammelbez. für die philosoph. Begründung von Wertmaßstäben und Zielen für die Orientierung im Handeln und für die (z. B. ethische oder auch ästhetische) Beurteilung von Handlungsresultaten (in diesem S. auch 8Axiologie; vgl. 8Werte). 2. psycholog. Theorie für die Erklärung bzw. für die empir. Messung von menschl. Wahlverhalten bei der Auswahl präferierter Gegenstände, die wegen ihrer Vigilanz oder Begehrungswürdigkeit ›Werte‹ genannt werden. In neueren Untersuchungen spricht man in diesem Sinne (statt von ›Werten‹) häufiger von 8Valenzen. 3. Sammelbegriff für ökonomische Theorien der Neuzeit, in denen der Frage nachgegangen wird, in welchem Ver-
Werturteil
hältnis Waren regelmäßig ausgetauscht werden. Größte Verbreitung erfuhr die sog. konventionelle oder tautolog. W., welche ausschließlich vom Angebot- Nachfrage-Verhältnis ausgeht. Die Vertreter der 8Arbeitswerttheorie (begr. von J. Locke, zuerst zusammenhängend entfaltet von A. Smith und D. Ricardo, erweitert von K. Marx) nahmen darüber hinaus an, daß die um Angebot und Nachfrage variierenden Durchschnittspreise letztlich aus den durchschnittlich erforderlichen Arbeitsmengen für marktgängige Waren (gemessen in Zeiteinheiten) zu erklären sind. Im Unterschied dazu bestimmen die Vertreter der 8Grenznutzentheorie den ökon. Wert von Waren aus der Wertschätzung (d. h. an dem subjektiv eingeschätzen Nutzen) der am Tauschakt beteiligten Subjekte (›subjektive W.‹). Nach dem sog. Gesetz des 8Grenznutzens, das von der abnehmenden Intensität des Nutzens bei steigender Befriedigung ausgeht, wird der Wert letztendlich durch den Nutzen bestimmt, den dessen letzte Teilmenge erzeugt. Werturteil, mittels eines Wertprädikats (z. B. ›gut‹) gebildetes Urteil, das im Unterschied zum deskriptiven Urteil (z. B. »Dieses Tuch ist rot«) eine Bewertung ausdrückt (z. B. »Dieses Tuch ist gut«). Zu unterscheiden sind moralische (»Sokrates ist ein guter Mensch«) und nicht- moralische W.e (»Dieses Bild ist gut«), sowie reine (»Dieses Bild ist gut«) und teil- deskriptive W.e (»Dieses Bild ist schön«). Seit Beginn des 20. Jh. wurden im Rah-
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men der 8Metaethik eine Reihe unterschiedlicher Positionen bezüglich der Bedeutung von W.en entwickelt (s. 8Kognitivismus). Von kognitivistischer Seite werden die in Werturteilen vorkommenden Wertprädikate wie ›gut‹ als mittels empirischer Prädikate definierbar (8Naturalismus) bzw. als undefinierbar, aber intuitiv erfaßbar (8Intuitionismus) gedeutet. Nonkognitivistische Positionen sehen die Bedeutung von W.en im Ausdruck von Emotionen und Einstellungen (8Emotivismus) oder deuten W.e bzw. Wertprädikate als 8präskriptiv oder als empfehlend (8Präskriptivismus, s.a. 8Supervenienz von Werteigenschaften). Werturteilsstreit, eine Auseinandersetzung, die auf der Wiener Tagung des ›Vereins für Sozialpolitik‹ 1909 begann und auf zwei weiteren Tagungen 1912 und 1914 sowie im Rahmen der ›Deutschen Gesellschaft für Philosophie‹ weitergeführt wurde. Ihr Anlaß war die These des Nationalökonomen E. v. Philippovich, im Rahmen der Volkswirtschaft sei der Volkswohlstand als oberster Wert zu definieren. M. Weber, W. Sombart u. a. wandten dagegen ein, hier würden Tatsachenbehauptungen und Werturteile auf unzulässige Weise vermischt. Dabei wurden zwei grundsätzlich verschiedene Auffassungen über die Rolle deutlich, die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften spielen sollten: Während Philippovich u. a. meinten, es müßten wertende Stellungnahmen zu sozialpolitischen Themen abgegeben werden, betonten Weber und seine
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Mitstreiter, die Aufgabe dieser Wissenschaften bestehe nur in der Untersuchung der tatsächlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge und der möglichen Folgen von Eingriffen in sie, nicht aber in ihrer Bewertung. Dieses Postulat der 8Wertfreiheit dehnte Weber später auch auf andere Wissenschaften aus. Wesen (gr. ousia, to ti ën einai), substantivierter Infinitiv zu dem Hilfsverb sein (ahd. wesan); bei Plato wird W. aufgefaßt als das Bleibende, das Urbild des im im Wechsel der Erscheinungen sich zeigende Abbild von etwas; bei Aristoteles bed. ousia das einem Gegenstand zugrundeliegende Substanzielle (gr. hypokeimenon) einschl. dessen unverlierbarer Bestimmungen. Er unterscheidet dieses W. (als ›W.‹ eines Gegenstandes) von dem einen Gegenstand definierenden Begriff. In der 8Scholastik setzt sich die bis heute gültige Unterscheidung zwischen W. und 8Erscheinung fest: W. wird hier 1. der einen Gegenstand definierende Begriff und 2. der (häufig unbekannte) Grund oder die Ursache eines erscheinenden Gegenstandes gen. (8Essentialismus). In der modernen Existenzphilosophie (8Existentialismus) wird noch einmal der scholast. W.sbegriff aufgenommen, etwa in J.- P. Sartres anthropolog. Substituierung des Begr. des ›W.s‹ des Menschen durch den der 8Existenz, eine Explikation, die aller vorgängigen W.sbestimmung durch Gott oder Natur (8Teleologie) widerspricht: L’existence précède l’essence, »Die 8Existenz
Wesen
geht dem W. (des Menschen) voraus« (J.- P. Sartre, L’existentialisme est un humanisme, 1946). Die Erzeugung von W.heiten bez. Sartre lediglich als Resultat literar. Praxis: »Einen Gegenstand benennen heißt, ihn als Gegenstand töten und ihn in ein Wesen verwandeln, sein Sein im Wort aufgehen lassen, das Wort an die Stelle des Dings setzen« (ders., De l’essence de la vérité, geschr. 1948, ersch. posthum als ›Wahrheit und Existenz‹, frz. 1989, dt. 1996, S. 61, Anm. 12). Zum dt. Sprachgebr.: von den dt. Mystikern wurde W. zuerst für lat. essentia ›Sein‹, ›Sosein‹ im Unterschied zu existentia ›Dasein‹ gebraucht. Alltagssprachl. Hauptbedeutung: die Bestimmtheit, Eigenart eines Daseienden, der Inbegriff der Eigenschaften, die die Eigenart einer Person, einer Sache oder einer Gruppe von Personen oder Sachen ausmachen, von denen also all deren übrige Eigenschaften abhängen. Daher versteht man unter W. auch das Bleibende, Beharrliche an einem Daseienden im Unterschied zu seinen wechselnden Zuständen, das Wahrsein, das wahrhaft Wirkliche im Gegensatz zur 8Erscheinung oder zum 8Schein. Daneben hat W. die Bedeutung: einzelnes Ding; man spricht in dieser Hinsicht von mehreren W.en derselben Art. – Das Wesentliche an einer Sache ist in diesem Sinne svw. die Hauptsache, der Kern, das Ausschlaggebende an ihr. – Wesensschau, von E. Husserl eingef. Ausdruck z. Bez. der in seiner 8Phänomenologie geübten Methode. Durch sie soll das W.
Widerlegung
von Gegenständen, Sachverhalten, Bedeutungs- und Sinngehalten als solches, also unabhängig von deren Dasein bzw. der Art ihres Gegebenseins erfaßt werden (8Bedeutung, 8Einklammerung, 8Ideation). Widerlegung (Übers. für lat. refutatio seit dem 16. Jh.), der Nachweis der Unhaltbarkeit einer Behauptung. Widerspiegelungstheorie, in der marxistischen Erkenntnistheorie ausgebildete Variante der Erkenntnis- und der Ideologietheorie, als solche theoretisch zuerst ausgearbeitet von W. I. Lenin (Materialismus und Empiriokritizismus, russ. 1909): Das Bewußtsein findet die erkennbare Materie als gegeben vor. Sie wird nur mehr oder weniger adäquat ›widergespiegelt‹, wobei sich das ›Bewußtsein‹ im historischen Verlauf des gesellschaftl. Fortschritts allenfalls der Wahrheit annähert. Die W.th. wurde im 8Marxismus auch zur Begründung einer Theorie der 8Ideologien verwendet, u. a. als Erklärungsmuster dafür, daß das gesellschaftliche Bewußtsein als Ausdruck oder Resultat oder Produkt oder ›Reflex‹ des gesellsch. ›Seins‹ (gemeint war zumeist: der Klassenlage) verstanden wird. Widerspruch (lat. contradictio, auch Kontradiktion), in der 8Logik eine Aussage, die aufgrund der semantischen Regeln (8Semantik) für die in ihr vorkommenden 8logischen Partikeln falsch sein muß, die also in diesem Sinne 8logisch falsch ist. Nach der Zugehörigkeit der involvierten Partikeln zu ver-
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schiedenen Logiken spricht man auch genauer von aussagenlogischen, prädikatenlogischen ... Widersprüchen (8Aussagenlogik, 8Prädikatenlogik). Ein aussagenlogischer W. ist z. B. »Es regnet und es regnet nicht«, formal: p ∧ ¬ p. Diese Aussage ist allein aufgrund der 8Wahrheitsbedingungen für die aussagenlogischen Partikeln ›nicht‹ (8Negation) und ›und‹ (8Konjunktion) falsch; daß in ihr von Regen die Rede ist, spielt keine Rolle (»Fritz lacht und Fritz lacht nicht« und andere Sätze dieser Art sind ebenso falsch). Aussagen dieser allgemeinen Form A ∧ ¬A gelten als ›Prototypen‹ für Widersprüche. Ein prädikatenlogischer W. ist »Nicht alle Menschen sind Menschen« (¬ ∀x(Mx → Mx)). In 8Kalkülen bzw. 8axiomatischen Systemen dürfen keine Widersprüche ableitbar sein; man fordert ihre 8W.sfreiheit. Zuweilen verwendet man den Begriff des W.s auch in einem etwas weiteren Sinne und meint damit solche Aussagen, die allein aufgrund ihrer Bedeutung falsch sind, ohne daß logische Partikeln dabei die zentrale Rolle spielen müssen. In diesem allgemeineren Sinne ist auch »Fritz ist verheiratet und Junggeselle« ein Widerspruch: Es ist aus rein begrifflichen Gründen ausgeschlossen, daß jemand zugleich verheiratet und Junggeselle ist. Die Verneinung eines Widerspruchs ist eine 8Tautologie. Oft sagt man auch, daß mehrere Aussagen einander widersprechen oder einen Widerspruch ergeben, etwa zwei Aussagen der Form A und ¬ A: Das ist
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genau dann der Fall, wenn sich aus diesen Aussagen ein Widerspruch (wie A ∧ ¬A) ableiten läßt (vgl. auch 8Ableitung). Der Begr. W. stammt urspr. aus der 8Rhetorik. Er diente hier zur Klassifizierung der einer These widerstreitenden Argumente (8Antilogie), später auch als Grundlage des sog. dialektischen Denkens (8Dialektik), so bei J. G. Fichte als Synonym für ›Antithese‹ (wobei reale Gegensätz nach in der urspr. rhetorischen Kategoriensequenz These- Antithese- Synthese klassifiziert werden, ein Verfahren, das G. W. Fr. Hegel als zu ›abstrakt‹ scharf kritisiert hat); bei G. W. Fr. Hegel ist W. Merkmal von Dialektik in einem anderen Sinne: als prozeßhaftes Gestaltungsprinzip des Wirklichen (im Unterschied zum ›spekulativen‹ Denken, welches Gegensätze aufhebt und ›versöhnt‹). Abweichend vom Sprachgebrauch G. W. Fr. Hegels setzte sich im 19. Jh. ein Schema zur Beschreibung historischen u. a. prozeßhaften Veränderungen durch, die in dessen Nachfolge als ›Realdialektik‹ gefaßt wurden (so z. B. im 8Marxismus). W. wird im Rahmen dieser Theorie zu einem als objektiv erkennbaren Sachverhalt. So entstand eine zweite Bed. von W. – z. B. in Kontexten wie ›soziale Widersprüche‹, hier vor allem als Synonym für ›8Antagonismen‹, also als Fälle von ›Widerstreit‹ bei Interessenunterschieden. Satz des (zu vermeidenden) Widerspruchs, zuerst von Aristoteles als oberster logischer Grundsatz formuliert: »Es ist unmöglich, daß dasselbe demselben in derselben Beziehung
Wiener Kreis
zukomme und nicht zukomme«, von G. W. Leibniz in die Formel gekleidet: A ist nicht non- A; vgl. auch 8principium contradictionis. Widerspruchsfreiheit, eine wichtige Eigenschaft von 8Kalkülen bzw. 8axiomatischen Systemen. Ein 8Kalkül oder 8axiomatisches System K für ein bestimmtes Gebiet wird semantisch (inhaltlich, vgl. 8Semantik) widerspruchsfrei genannt, wenn jeder in K beweisbare Satz in dem betreffenden Gebiet gültig ist. Klassisch widerspruchsfrei heißt K, wenn sich in ihm kein Satz A zusammen mit seiner Negation ¬ A, also kein 8Widerspruch, beweisen läßt (vgl. auch 8principium contradictionis). Schließlich wird K syntaktisch (8Syntax) widerspruchsfrei genannt, wenn sich in ihm nicht alle Sätze der zugrundegelegten Sprache beweisen lassen. – Allgemeiner nennt man jede Satzmenge klassisch bzw. syntaktisch widerspruchsfrei (oder auch konsistent, vgl. 8Konsistenz), aus der keine Widersprüche resp. nicht alle Sätze der betreffenden Sprache ableitbar sind (8Ableitung). W.sbeweise spielen eine zentrale Rolle in der Logik und in der mathematischen Grundlagenforschung. Wiederkunft, 8ewige Wiederkunft. Wiener Kreis, Wiener Schule, eine Gruppe von Philosophen, die sich in die Nachfolge der Positivisten einordneten (8Neopositivismus), welche unter Ablehnung der 8Metaphysik die logischen und erkenntnistheoretischen Grundlagen der Wissenschaft erforschten und
Wille
insbes. die Philosophie von ihren wirklichen oder vermeintlichen Scheinproblemen zu befreien versuchten. Der W. K. entstand aus einem seit 1922 in Wien bestehenden Diskussionszirkel von Wissenschaftlern, die mit den Mitteln der von B. Russell und G. Frege formulierten Prinzipien einer modernen 8Logik das Ziel hatten, eine rational konstruierte wissenschaftliche Einheitssprache (›Universalsprache‹) zu begründen, um die Inhalte des menschl. Wissens in einer logisch ausgewiesenen ›8Einheitswissenschaft‹ neu überprüfen und begründen zu können (8Analytische Philosophie, 8Positivismus, 8Neopositivismus). Zum W. K. rechneten sich insbes. R. Carnap, M. Schlick, H. Feigl, Ph. Frank, H. Hahn, C. G. Hempel, V. Kraft, O. Neurath, F. Waismann und R. von Mises. Auch K. R. Popper und L. Wittgenstein haben sich zeitweise mit dem Programm des W. K.es identifiziert. Wille (gr. boulësis, lat. voluntas), verwandt mit Wahl, die menschliche Fähigkeit, sich auf Grund von 8Motiven u. in bewußter Stellungnahme zu ihnen für Handlungen zu entscheiden (Handeln), im Unterschied zu 8Trieb, 8Instinkt und 8Begehren. Zu einem vollständigen Willensvorgang gehören also 1. das 8Motiv oder der 8Beweggrund, der in einer Gemütsbewegung, einer 8Zweckvorstellung oder in dem Ergebnis einer Überlegung über eine zu treffend Wahl, so oder anders zu handeln, bestehen kann, 2. das eigentliche 8Wollen, der Willensakt oder Entschluß, 3. die Willens-
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handlung, die Verwirklichung des Gewollten, die eine innere (z. B. die Konzentration der Gedanken auf einen bestimmten Gegenstand) oder eine äußere Tat sein kann. W. entzündet sich nur am Antrieb, er ist ein rein formales Instrument, er kann nur wählen, hemmen und fördern, nicht selbst schaffen. Andererseits erlebt sich der Mensch im Wollen als bewußtes einheitliches Ichzentrum. Wo der W. als metaphysische oder psychologische Grundkraft angesehen wird, spricht man von 8Voluntarismus. (Vgl. auch 8Freiheit; 8Willensfreiheit) Willensakt, s. 8Wollen. Willensfreiheit (lat. liberum arbitrium), die 8Freiheit der Wahl zwischen zwei oder mehr Möglichkeiten, von denen grundsätzlich jede gewollt werden kann. Die Überzeugung von der W. im eigentlichen Sinn, der 8Indeterminismus, entspringt aus dem unmittelbaren Erleben, im Fall von Motivfreiheit oder Unentscheidbarkeit zwischen verschiedenen 8Zielen und 8Mitteln eine aktive Wahl treffen zu können (Wahlfreiheit). Der 8Determinismus bestreitet eine solche Freiheit unter Hinweis auf die durchgängige psychophysische und psychologische, wenn auch unbewußte Bestimmtheit. Er spricht von Freiheit nur im Sinne des Fehlens äußeren Zwanges, so daß wir zwar tun, was wir wollen, wir aber genötigt sind zu wollen (A. Schopenhauer). Das Erlebnis der Freiheit und des Sollens ist dann Täuschung, die Begriffe der Verantwortung und Schuld werden
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gegenstandslos, die ethische Forderung, so zu handeln, als ob man verantwortlich wäre, wird zur Fiktion. Um dieser Konsequenz zu entgehen, hat I. Kant dem empirischen 8Charakter, den der Verstand als determiniert betrachtet, weil er den Menschen als Erscheinung den Bedingungen der Erfahrung unterwerfen muß, den »intelligiblen Charakter« gegenüberstellt, der sich selbst das Gesetz gibt und den die 8Vernunft als frei erkennt, indem sie den Menschen als zur intelligiblen Welt gehörig betrachtet. Dieser Ansicht I. Kants steht in gewisser Hinsicht die moderne Auffassung nahe, daß das Problem der W. ein Scheinproblem der Wissenschaft ist, indem vom Standpunkt des erlebenen Ich Wahlfreiheit besteht, von außen gesehen das Wollen des Menschen aber immer kausal determiniert erscheint (8LeibSeele- Problem). Willensschwäche (gr. akrasia ›unbeherrscht‹; engl. weakness of will), zentrales Problem in der 8Ethik und insbes. der 8Handlungstheorie: Gibt es Fälle, in denen eine bestimmte 8Handlung eindeutig ausgezeichnet, aber eine andere Handlung ausgeführt wird? Und wenn ja, wie läßt sich dies erklären? In der modernen Handlungstheorie wird W. im allgemeinen als ein Phänomen des Handelns betrachtet; seit einiger Zeit jedoch von einigen Autoren (A. Rorty, R. Audi) auch als mentales Phänomen. Nach Aristoteles unterliegt der Willensschwache einem Irrtum hinsichtlich dessen, was unter die Unterprämisse seines praktischen Schlusses
Wirklichkeit
(8Schluß, praktischer) fällt, oder er unterläßt die Schlußfolgerung (Nik. Ethik, Buch VII). Für P. M. Churchland bezeichnet W. eine Unfähigkeit zu uneingeschränkten Urteilen zu gelangen (The Logical Character of Action- Explanations, Phil. Review 79, 1970); für D. Davidson hingegen handelt es sich um einen Fall von Irrationalität des Handelns und Urteilens (How is Weakness of the Will Possible? 1970). Wille zur Macht, das im bewußten Gegensatz zu Ch. R. Darwins 8Kampf ums Dasein gebildete Prinzip Fr. Nietzsches für eine neue Auslegung und Ausrichtung des Daseins; auch der Titel seines geplanten und nur fragmentarisch überlieferten Spätwerkes. Fr. Nietzsche sieht nicht die Selbsterhaltung durch 8Anpassung, sondern das Stärkerwerden durch 8Kampf und Überwindung als eigentliche Triebfeder in Natur und Geschichte an. Vgl. 8Macht. Willkür, bei J. G. Schottelius (Ethica, 1669) für lat. vis electiva ›Erwählungsvermögen‹, bei Chr. Wolff für lat. arbitrium ›die Wahlfreiheit des Willens‹, bei I. Kant das Vermögen, etwas nach Belieben zu tun oder zu lassen. In diesem Sinne wird das Wort auch verwendet, womit das Willkürliche als das bewußt Gewollte dem Unwillkürlichen gegenübergestellt wird. In der Umgangssprache hat das Wort die Bedeutung des sachlich unbegründeten Wollens nach bloßer 8Laune angenommen. Wirklichkeit, Abl. von wirken, mhd. würken (altgerm. Wort zu ›Werk‹) zuerst bei Meister Eckhart
Wirkung
für actualitas (8Aktualität), bez. im allg. den Inbegriff dessen, was wirkt bzw. wirksam geworden, ins 8Dasein getreten, zur 8Existenz gekommen (8energeia) und als ein Wirksames oder Gewirktes greifbar bzw. erkennbar ist (8Erfahrung). Vgl. 8Realität. Im speziell metaphysisch- ontologischen Sinne ist W. der Inbegriff des Seienden, in einer anderen Hinsicht des Wesentlichen (8Idee, 8an sich) im Gegensatz zum Erscheinenden, Unwesentlichen, nur Empirischen, Zufälligen (8Schein) und auch im Gegensatz zum Nicht- bzw. Nochnicht- Wirklichen (8Möglichkeit); im naturwissenschaftlichen Sinne der Inbegriff dessen, was wir auf Grund äußerer oder innerer 8Wahrnehmung nach deren kritischer Läuterung von subjektiven Zutaten und auf Grund von Schlüssen aus der Wahrnehmung (z. B. aus registrierbaren Daten über nicht sinnlich Wahrnehmbares, aber Meßbares) als objektiv seiend anerkennen. Wirkung, das als Vorgang oder Ergebnis gedachte Endglied des Kausalzusammenhangs (8Kausalität; 8Plancksches Wirkungsquantum). Wirtschaftsethik, ein Zweig der Ethik, der sich speziell mit den durch wirtschaftliche Gegebenheiten aufgeworfenen moralischen Problemen befaßt. Dabei gibt es sowohl Ansätze, die zur Beurteilung wirtschaftlicher Verhältnisse oder ökonomisch relevanter Handlungen allgemeine moralische Argumentationsweisen heranziehen (Vereinbarkeit mit dem 8kategori-
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schen Imperativ etc.), als auch solche, die Beurteilungskriterien erst aus wirtschaftswissenschaftlichen Überlegungen heraus entwickeln. Sog. Interdependenzkonzepte vereinigen beide Ansätze miteinander. Konkrete Beurteilungskriterien sind dabei z. B. die der 8Gerechtigkeit (v. a. im Sinne von Verteilungsgerechtigkeit und des ›gerechten Preises‹ – zu beiden Problemen vgl. bereits Aristoteles, Nik. Ethik, Buch V), der Human- , Sozial- und Umweltverträglichkeit und des schonenden Umgangs mit begrenzten Ressourcen (›nachhaltiges Wirtschaften‹). Als Subjekte moralisch relevanten wirtschaftlichen Handelns gelten einzelne Personen, aber auch etwa Unternehmen, wirtschaftliche Institutionen wie Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände, Wirtschaftsorganisationen und Gruppen wie die der Konsumenten oder Produzenten (vgl. auch 8Armut, 8Reichtum mit weiteren Verweisen, 8Wohltätigkeit, 8Wohlfahrt). Wissen – substantivisches Zeitwort, ahd. wizzan, got. witan, dem eine idg. Wurzel uid ›sehen‹, ›erkennen‹ (vgl. sanskr. vid ›finden‹, gr. eidenai, lat. videre ›sehen‹) zugrunde liegt – ist das, was ich ›weiß‹, mhd. weiz (Mz. wizzen); d. h., da beide Präsensformen wie die eines alten starken Präteritums gebildet sind, daß ihre Bedeutung des Kennens und inneren Habens wie die der gleichgebildeten und gleichbedeutenden urverwandten sanskr. 8veda, gr. oida (Perf. akt. von eidenai) auf einer Vergangenheitsvorstellung beruht. Vom
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bloßen Meinen (8Meinung) unterscheidet sich das W. durch die auf objektiv und subjektiv zureichenden Gründen beruhende 8Überzeugung vom tatsächlichen Bestehen von Gegenständen, Vorgängen oder Sachverhalten. Die Begründung des W.s kann der 8Erfahrung, kritisch geprüften Berichten, Dokumenten, Zeugnissen, Denkmälern (historisches W.) oder der 8Einsicht in das Wesen und die Zusammenhänge ideeller Gegenstände (Logik, Mathematik, Ethik) entnommen werden. W. bed. auch Kenntnis über verfügbare Orientierungsmuster im Rahmen alltägl. Lebenszusammenhänge (Alltags- W.). W. und die Zusammenfassung aller Wissensinhalte (8Wissenschaft) ist heute durch die im Lauf der Zeit immer stärker gewordene Ablösung vom persönlichen Leben weitgehend verschieden von 8Weisheit (sapientia). Wissenschaft (gr. epistëmë, lat. scientia), im weitesten Sinne der Inbegriff dessen, was man weiß, der durch Schrift und Lehre überlieferte Schatz an 8Wissen und insofern gleichbedeutend mit dem in der Mz. gebrauchten Begriff die Wissenschaften; im engeren Sinn eine bestimmte (Einzel- )W., die einen umgrenzten Gegenstandsbereich systematisch nach ihm angemessenen 8Methoden erforscht, ordnet und die Fülle der so gewonnenen Erkenntnisse auf umfassende Grundsätze zurückzuführen und aus ihnen zu erklären sucht. Die Einteilung der sich immer feiner gliedernden und vermehrenden W.en erfolgt sachlich nach ihren Gegen-
Wissenschaft
ständen und deren Eigenart (Idealw., Realw., Geistesw., Naturw., Sozialw. usw.), methodisch nach Fragestellung, Gesichtspunkt, Forschungsweg und Ziel (experimentelle, theoretische Physik, Psychologie usw.; deduktive und induktive W.en, analytische, synthetische Geometrie; Physiologie, Morphologie usw., reine und angewandte W.en). Die Einteilungsprinzipien überschneiden sich zum Teil. Vgl. 8System. Die geistigen Grundlagen der abendländischen W. wurden von gr. Philosophen, Naturforschern und Ärzten geschaffen. Im Mittelalter wurden diese Grundlagen zum Ausbau des theologischen Lehrgebäudes (8Scholastik) benutzt; die wissenschaftl. Forschung war den kirchlichen Ansprüchen unterstellt. Seit der 8Renaissance nahm die W. einen Aufschwung, übertrug das naturwissenschaftlichmathematische Denken auch auf die Bereiche des organischen und seelischen Lebens. Andersartige Ansätze (Paracelsus, J. Böhme) sowie die Widerstände gegen die mechanische oder die kausalanalytische Erklärung von Phänomenen des Lebens (z. B. bei G. W. Leibniz, J. G. Herder, J. W. v. Goethe) setzten sich nicht durch. Im 19. Jh. erfuhr das naturwiss. Denken insbes. durch den Anteil, den es am Siegeszug der 8Technik hatte, eine ungeheure Steigerung; damit zugleich aber zersplitterte sich die W. in eine kaum noch übersehbare Anzahl von Einzelw.en, deren jede Selbstzweck sein wollte. Die W. sollte wertfrei (8Wertfreiheit; 8Werturteilsstreit), voraussetzungslos (8Vor-
Wissenschaftsethik
aussetzungslosigkeit der W.en), ihre 8Objektivität das einzig Verpflichtende sein. Wissenschaftsethik, ein Zweig der Ethik, der sich speziell mit den durch die Wissenschaft aufgeworfenen moralischen Problemen befaßt. Themen der W. sind dabei sowohl das Verhalten des einzelnen Wissenschaftlers als auch die gesellschaftlich- politische Wissenschaftssteuerung; ferner sowohl die Vorgänge bei der Suche nach wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch ihre spätere Verwertung. Lange Zeit war die Forderung nach einer speziellen Ethik der Wissenschaften umstritten. Deren Gegner beriefen sich dabei auf die vermeintliche 8Voraussetzungslosigkeit und auf die 8Wertfreiheit der Wissenschaften (vgl. auch 8Werturteilsstreit). Die W. hat sich in unterschiedl. Disziplinen dagegen als systematische Reflexion auch über die nicht beabsichtigten Folgen wissenschaftlicher Praxis durchgesetzt. Gegenwärtig wird etwa diskutiert, unter welchen Umständen Tierexperimente in der wissenschaftlichen Forschung legitim sind. Umstritten ist auch, ob die Forschung auf bestimmten Gebieten gesellschaftlich unterbunden werden soll, wenn der Forschungsprozeß selbst oder die spätere Anwendung der Ergebnisse mit unkontrollierbaren Gefahren verbunden sein könnten. In Deutschland verlangen beispielsweise Gegner der Gentechnologie ein solches Forschungsmoratorium, während Befürworter darin eine illegitime Einschränkung der Wissenschafts-
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freiheit sehen. Problematisch sind auch Bereiche, in denen die Forschung nur schwer oder gar nicht von ihrer Anwendung zu trennen ist, wie etwa in der Embryonenforschung. Eine allgemeinere Fragestellung lautet, ob Wissenschaftler für die Verwertung ihrer Erkenntnisse generell mitverantwortlich sind: inwieweit tragen z. B. Atomphysiker der ersten Hälfte des 20. Jh. eine Mitverantwortung für den Bau und den Einsatz der Atombombe? Wissenschaftslehre, die Lehre von dem Wesen, den Methoden und der Einteilung der Wissenschaften. Bei J. G. Fichte (Über den Begriff der W. oder der sog. Philosophie, 1794, 17982) ist W. gleichbedeutend mit Philosophie; sie hat die Aufgabe, die Prinzipien der Erkenntnis und der Wissenschaft überhaupt zu entwickeln und aus ihnen die Einzelwissenschaften in systematischem Zusammenhang mit den Erkenntniskräften des Menschen abzuleiten. Wissenschaftstheorie, im Unterschied zur 8Erkenntnistheorie, die sich mit den Bedingungen und den Wahrheitskriterien für alltägliche und wissenschaftl. nicht unbedingt kontrollierte Erkenntnisse beschäftigt, konzentriert sich die W.th. auf auf die 8Methoden, Strukturen, Ziele und Folgen speziell der wissenschaftlichen Erkenntnis. Zentrale Gegenstände der wissenschaftstheoretischen Forschung sind Aussagen, die auf ihren Wahrheitsgehalt nach wissenschaftl. Methoden überprüft werden. Daher stehen 8Hypothesen und Strategien der
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Gewinnung und der rationalen Überprüfung ›wissenschaftlichen‹ 8Wissens im Zentrum der W.th. Der Begriff W.th. wurde von E. Dühring eingef. (ders., Logik und Wissenschaftstheorie, 1878), ein Gebiet, das von ihm (noch umfassender als in heutiger Bed.) als »Wirklichkeitslehre«, als Lehre von den »Vorbedingungen des Wissenschaftsfortschritts« bez. wird. Wissenssoziologie (8Soziologie), eine u. a. von M. Scheler (Versuche zu einer Soziologie des Wissens, 1924) begründete wissenschaftliche Richtung, in der urspr. nur mit philos. und historischen Methoden die Zusammenhänge zwischen den Gesellschaftsformen und den verschiedenen Arten des Wissens (Heils- und Erlösungswissen, Bildungswissen, Leistungs- und Naturbeherrschungswissen) erforscht worden sind; heute eine Teildisziplin der Soziologie, die sich u. a. mit empirischen Mitteln mit den gesellsch. Formen und Bedingungen der Produktion und Reproduktion des 8Wissens beschäftigt. Witz, mhd. witze (entspr. lat. ingenium), urspr. natürliche, dem Menschen mitgegebene 8Klugheit und erworbene Kunde. Während das Wort in dieser Bedeutung allmählich durch 8Vernunft abgelöst wurde, verengte es sich im 18. Jh. unter dem Einfluß von frz. 8esprit zu dem Vermögen, verborgene Ähnlichkeiten wahrzunehmen (vgl. I. Kant, Anthrop. § 52), aus dem seitdem auch der heutige Begriff des Witzes (8komisch) abgeleitet wird (vgl. Jean Paul, Vorschule d. Ästhetik, § 42 ff.); Fr. Th. Vischer (Über das Er-
Wohlfahrt
habene und Komische, 1837, S. 199) definierte: »Der W. ist eine Fertigkeit, mit überraschender Schnelle mehrere Vorstellungen, die nach ihrem inneren Gehalt und dem Nexus, dem sie angehören, einander eigentlich fremd sind, zu einer zu verbinden.« Wohlfahrt, engl. welfare, frz. salut publique, zumeist polit. verw. Sammelbegriff zur Charakterisierung eines gesellschaftlichen Ziels oder eines Zustandes, bei dem den Betroffenen eines regionalen Lebenszusammenhangs nicht nur Überlebensmöglichkeiten, sondern auch Chancen zur Vermehrung und Bewahrung materieller und ideeller Güter zugesprochen werden können oder sollen. In den Begr. Wohlfahrtsstaat gehen daher Errungenschaften ein wie soziale Sicherheit, Chancengleichheit für die Besetzung sozialer Positionen, Garantien zur Daseinsvorsorge, auch die kompensatorische Sozialhilfe für diejenigen, welche die erforderlichen Eigenleistungen zum Lebensunterhalt nicht selbst erbringen können. Unter die Bezeichnungen Wohlfahrtsökonomie (- ökonomik) und Wohlfahrtstheorie werden Untersuchungen des Wirtschaftslebens eingeordnet, die mit dem Ziel durchgeführt werden, festzustellen, wie die soziale und wirtschaftl. W. für die Angehörigen einer Gesellschaft durch deren Wirtschaftssubjekte maximiert werden kann. Umstritten ist dabei, wie die inhaltl. unterschiedlich zu bestimmenden Wohlfahrtsfunktionen einheitlich quantifiziert werden können und wie sich unter Minimal-
Wohltätigkeit
und unter Totalbedingungen einer ökonomischen und sozialen Entwicklung die gewünschten sozioökonomischen Optima ableiten lassen. Wohltätigkeit ist ein Ausdruck positiver Bewertung für das Bemühen, die auf Versagen der Wirtschaft oder auf Naturkatastrophen zurückzuführenden Versorgungsmängel auszugleichen und den durch Versorgungs- und Betreuungskrisen in Not Geratenen zu helfen. Dem 8Ethos des christlichen Mittelalters entsprechen die von allen geforderten Almosen (von gr. eleëmosynë ›Mildtätigkeit‹) und die Verpflichtung zur Barmherzigkeit in den Orden (vgl. die sechs Werke der Barmherzigkeit nach Mt 25, 35 ff.: Speisung, Tränkung, Bekleidung, Unterbringung, Krankenpflege, Gefangenenbetreuung). Aufgrund des Pauperismus im 16. Jh. wandelte sich das System der W. vom Almosen- und Barmherzigkeitswesen (z. B. Spitalorden) zur Sozialpolitik. Die Theorie vermochte nun das öffentliche Elend auf ökonomische Ursachen zurückzuführen (z. B. Th. Morus 1516 in seiner Utopia); die Versorgung der Armen wird den Kommunen und dem Staat überantwortet (z. B. 1526 durch J. L. Vives in De subventione pauperum). Während des sozialpolitischen Bemühens bleibt die religiöse Motivierung zur W. bestehen. Die materielle Notwendigkeit, der 8Armut Herr zu werden, spiegelt sich in I. Kants Darstellung der W. als vernunftnotwendiger Pflicht. Indem Kant W. als 8Pflicht begründet, stellt er sie für jedermann als unbe-
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dingtes Gebot der Vernunft heraus und ermöglicht zugleich, die örtlichen und staatlichen Maßnahmen als W. aufzufassen. Denn »gerade da hebt der Wert des Charakters an, der moralisch und ohne alle Vergleichung der höchste ist, nämlich daß er wohltue, nicht aus Neigung, sondern aus Pflicht« (Grundl. zur Met. d. Sitten, 1785, BA 12/13). Dabei kann zwar das 8Wohlwollen unbegrenzt sein, aber im Wohltun soll ich nur »mit einem Teil meiner Wohlfahrt ein Opfer an andere, ohne Hoffnung der Wiedervergeltung machen«; denn die Maxime der Aufopferung eigener Glückseligkeit könne nicht allgemeines Gesetz sein (I. Kant, Met. d. Sitten, 1797, Tugendlehre A 27, vgl. auch A 122 f.: §§ 29- 31). Wohlwollen, im normativen Sinne eine Verpflichtung, im Sinne einer 8Tugendlehre die Fähigkeit und Bereitschaft, das Wohl des und der anderen fördern. Es kann den Gedanken der Gegenseitigkeit enthalten, weil aufgrund von Menschlichkeit als Mitmenschlichkeit das eigene Wohl von dem der anderen mitbedingt ist und ein Unwohlsein bleibt, solange das Gemeinwohl nicht erreicht ist. I. Kants Tugendlehre (in: Met. d. Sitten) enthält feinste Differenzierungen. W. gehört zur Liebespflicht gegen andere Menschen, d. h. nicht »als Lust an der Vollkommenheit« anderer und auch nicht »als Liebe des Wohlgefallens«, sondern als Maxime des Wohlwollens (als praktisch)«, »welche das Wohltun zur Folge hat« (Met. d. Sitten, 1797,
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A 118 f.). Dennoch ist W. »das Vergnügen an der Glückseligkeit (dem Wohlsein) anderer« (A 124). W., »welches uns nichts kostet« (A 124) muß ergänzt werden durch das Wohltun, und zwar als 8Maxime, sich das Wohlsein anderer zum Zweck zu machen (8Wohltätigkeit). Das Wohlwollen kann unbegrenzt sein, aber im Wohltun soll ich nur »mit einem Teil meiner Wohlfahrt ein Opfer an andere, ohne Hoffnung der Wiedervergeltung machen«; denn die Maxime der Aufopferung eigener 8Glückseligkeit kann nicht allgemeines Gesetz sein (A 27). In der Gegenwartsgesellschaft, in der zwischenmenschl. Beziehungen häufig durch Tausch, Konkurrenz und bürokratische Organisation überlagert erscheinen und daher die Personen sich gegenseitig von diesen Bestimmungen her wahrnehmen, kann W. ein ethisch bedeutsames Korrekturkriterium sein, nicht nur aus Pflicht, auch aus Freude. Wohlgefallen, von mhd. wolgefallen, Empfindung der Freude oder der sinnlichen Lust, ist ein Grundbegriff der »Analytik des Schönen« I. Kants (KdU, 1790, §§ 1- 5), in der das subjektive Gefühl der 8Lust in Ansehung des 8Schönen als W. und dieses als Ergebnis des 8Geschmacksurteils bestimmt wird. Das W. am Schönen ist im Unterschied zum W. am Angenehmen (§ 3) und zum W. am Guten (§ 4) interesselos, d. h. es ist reine Anschauung und Reflexion des ästhetischen Gegenstands, deren einzige Triebfeder die subjektive Lust an diesem Gegenstand ist. Allein das W. am
Wollen
Schönen ist freies W., »denn kein Interesse, weder das der Sinne, noch das der Vernunft, zwingt den Beifall ab« (§ 5). Der Begriff W. ermöglicht es Kant, das Interesse am Schönen und der Kunst gegen Erkenntnis (die den Gegenstand objektiv bestimmt, nicht subjektiv beurteilt) und gegen die praktischen Zwecke der 8Ethik (deren Ziel es nach Kant sein muß, jede Neigung, d. h. jede subjektive Triebfeder aus dem Urteil über die Güte der Handlung auszuschließen) abzugrenzen und so die 8Autonomie der Kunst zu begründen. Der Begriff des interesselosen W.s bezeichnet eine zweckfreie, kontemplative Haltung dem Schönen gegenüber, die auch in anderen ästhetischen Theorien des deutschen 8Idealismus (Fr. W. J. Schelling, G. W. Fr. Hegel) in modifizierter Form als die dem Schönen gegenüber angemessene – und hier liegt der Unterschied zu Kant –Erkenntnis- Einstellung betrachtet wird. Wollen, uneinheitlich verwendete Bezeichnung für mentale Zustände des Wünschens oder Beabsichtigens, für die bewußte Entscheidung zu einem bestimmten 8Handeln, oft auch im Sinne von 8Motivation. In der Philosophiegeschichte wurde W. lange Zeit mit sog. Willensakten (selbständigen Ereignissen, eigenständigen mentalen Tätigkeiten) in Verbindung gebracht bzw. als solches verstanden (G. Berkeley, D. Hume, Prichard). Im 20. Jh. wurden aber insbesondere von sprachanalytischer Seite Willensakttheorien heftig angegriffen (zuerst bei G. Ryle, The Concept of
Wort
Mind, 1949). Der bekannteste Einwand gegen solche Theorien, die W. selbst als eine Art Handlung auszeichnen, durch die Handlungen (Körperbewegungen) verursacht werden, ist der des infiniten 8Regresses, wonach Willensakte selbst wieder durch Willensakte verursacht sein müßten, in infinitum. (S. a. 8Wille.) Wort (urspr. Bed. in germanischen Sprachen: das Gesagte, lat. verbum), 1. grammatisch: kleinster selbständiger Teil der gesprochenen oder geschriebenen Rede, Mz.: Wörter; 2. semantisch zusammenhängender Ausdruck von Gedanken, Vorsätzen, Gefühlen, Mz.: Worte. Worterklärung, 8Definition. Wunder, ein als tatsächlich behauptetes Ereignis, das bekannten Naturgesetzen widerspricht und auf übernatürliche, göttliche Einwirkung zurückgeführt wird. Wunsch, in der Psychologie die Vorstellung eines Gegenstandes mit dem Verlangen, ihn zu erlangen; bei S. Freud Begehren, Motivation, auch unbewußte Wünsche. Aristoteles bestimmt den W. als auf ein Ziel gerichtet, im Unterschied zur Entscheidung, die auf Mittel zur Erreichung des Ziels ausgerichtet sei (Nik. Ethik 1113b); bei I. Kant das »Begehren ohne Kraftanwendung zur Hervorhebung des Objekts«, dieser kann »auf Gegenstände gerichtet sein, zu deren Herbeischaffung das Subjekt sich selbst unvermögend fühlt, und ist dann ein leerer (müßiger) W.« (Anthrop. A: § 63, B: § 70). In der modernen 8Handlungstheorie spielen
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Wünsche (als motivationale Komponenten) zusammen mit Überzeugungen und 8Plänen (als kognitive Komponenten) eine zentrale Rolle hinsichtlich der Erklärung von 8Handlungen (s. 8Handlungserklärung) bzw. der Bestimmung des Absichtsinhalts (s. 8Absicht). Würde kennzeichnet allgemein die dem Menschen in seinem Menschsein zukommende Ehrbarkeit (innere Ehre). Äußere 8Ehre gründet als konventionelle Größe in Fremdbestimmung, W. dagegen in der Möglichkeit zur Selbstbestimmung. I. Kant brachte den Grund für die Ehrbarkeit des Menschen sowie für menschheitliches Selbstbewußtsein auf den Begriff der W. »eines vernünftigen Wesens, das keinem Gesetz gehorcht, als dem, das es zugleich selbst gibt« (Grundl. zur Met. d. Sitten, 1785, BA 77). »Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalentes, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.« »... was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich selbst sein kann, hat nicht nur einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern einen inneren Wert, d. i. Würde« (ebd. BA 78). Aufgrund dieser W. darf ein Mensch »niemals bloß als Mittel« gebraucht werden (ebd. BA 67). Bei Fr. Schiller ist W. der Gegenbegriff zu 8Anmut. »Beherrschung der Triebe durch die moralische Kraft ist Geistesfreiheit, und Würde heißt ihr Ausdruck in der Erscheinung.« »Die Anmut läßt der Natur da, wo
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sie die Befehle des Geistes ausrichtet, einen Schein von Freiwilligkeit; die Würde hingegen unterwirft sie da, wo sie herrschen will, dem Geist ...« (Über Anmut und Würde, 1793). In der philosophischen 8Anthropologie H. Plessners liegt die Ermöglichung von W. in der exzentrischen Positionalität der Leibverfassung des Menschen, daß Menschen zugleich Leib sind und Körper haben. Sie sind Subjekt, indem sie sich zu sich selbst in ein Verhältnis setzen können. Menschsein sei »gebrochene Ursprünglichkeit«, »die nicht über sich selbst verfügt«; ein Mensch falle nicht mit dem zusammen, was er ist. In dieser Crux des Uneinsseins mit sich selbst und seinem Lebensraum liegt die Ermöglichung des Objektbezugs, des Werkzeuggebrauchs, des Handelns und der W., insofern Menschen um Gelingen kämpfen müssen: »Würde besitzt allein die gebrochene Stärke, die
Würzburger Schule
zwischen Macht und Ohnmacht gespannte Lebensform« (H. Plessner, Zur Anthropologie des Schauspielers, 1948; Nachdr. in Ges. Schr., Bd. VII, hg. G. Dux u. a., 1982, 416). Würzburger Schule, die von O. Külpe, einem Vertreter der sog. 8Denkpsychologie begr. Richtung, die sich durch Theoriebildung und Empirie (inbes. mittels psycholog. Experimente) mit Willens- , Urteilsund Denkprozessen befaßte und damit die Vorherrschaft der noch im 19. Jh. dominierenden 8Assoziationspsychologie infrage stellte. Die Forscher der W. Sch. arbeiteten inbes. mit Befragungen von Probanden über deren Selbsterfahrung bei der reflexiven Beobachtung innerer psychischer Zustände (›Introspektion‹), ein Verfahren, das sich wegen großer methodischer Schwierigkeiten bei der 8Validierung der Resultate nicht durchsetzen konnte.
Y
Yana, sanskr. ›Fahrzeug‹; im übertr. Sinne im 8Buddhismus der Weg zur Erleuchtung (›buddhi‹), auch verw. zur Bezeichung unterschiedl. Richtungen der buddh. Tradition, z. B. Hinayana (›kleines Fahrzeug‹): atheistische Richtung, die sich ausschließlich auf die dem Buddha zugeschr. Quellen beruft, vor allem verbreitet in Sri Lanka, Burma, Kambodscha und Laos; Mahayana (›großes Fahrzeug‹): eine Richtung, welche unterschiedl. relig. Traditionen Südasiens (z. T. auch polytheist. Vorstellungen) in die eigene Lehre integriert hat; Vajrayana (›diamantenes Fahrzeug‹), in der tibet. Tradition auch Mantrayana gen. (von sanskr. mantram, ›Silbe‹, rituell verwendete Silbenfolge): eine Richtung, welche die Beherrschung psycholog. Methoden der Selbstvergewisserung mit Ritualen, wie dem Rezitieren von MantraFormeln verbindet (verbreitet in Tibet, China und Japan); Ekayana (›das eine Fahrzeug‹, die letzte Wahrheit): Auffassung über die Möglichkeit zur Vereinigung der Rituale und Meditationen sowohl der Hinayana wie der MahayanaTraditionen. Yin/Yang, 1. entgegengesetzte Kategorien, die als Ordnungsprinzipen der Natur in die chin. Philosophie (etwa ab 400 n. Chr.) eingeführt wurden und ihre jeweils unterschiedl. Bedeutung durch Konnotation mit deren Gegenteil erhal-
ten: Yin ist in jeweils nur einer Hinsicht das männliche, das kraftvollbewegte, das gute Prinzip, Yang dagegen das weibliche, ruhend- passive, das schlechte Prinzip. Ihre jeweilige Bedeutung erhalten diese Begriffe nicht durch die zusätzlichen anderen Bedeutungen in anderen Kontexten, sondern ausschließlich durch die Bedeutung des jeweiligen Gegensatzes (eine Gleichsetzung z. B. von passiv, schlecht und weiblich wird durch diese Klassifikation nicht hergestellt). 2. ebenfalls in der chin. Philosophie Bezeichnung für das Einheitsprinzip, das sich jeweils aus der Dualität von Gegensätzen bildet. Es wird graphisch in der Form eines Kreises dargestellt, in den eine s- förmige Linie eingefügt wird, der die verschiedenen Sektoren des Yin und des Yang trennt und zugleich vereinigt. Yoga, sanskr. ›Joch‹, Anspannung; im 8Hinduismus (vgl. auch 8Brahmanismus; 8Brahman) Bez. für unterschiedl. Wege zur Gotteserkenntnis, in Zusammenhang mit der Ausbildung der 8SamkhyaSchule entstanden. Man unterscheidet: 1. Karma- Y.: durch Tat (8Karma), d. h. durch selbstloses Handeln; 2. Bhakti- Y. (von sanskr. bhakti ›Hingabe‹, Liebe zu Gott): Zuwendung zu Gott durch eine mit Liebe verbundene Erkenntnis; 3. Raja- Y. (von sanskr. raja ›König‹) nach dem ›Yogasutra ‹, das in
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der Tradition auch dem Grammatiker Patanjali (um 150 n. Chr.) zugeschrieben wurde. In Europa und Nordamerika hat sich der Y. zumeist in der Form des Hatha- Y. durchgesetzt, einer Praxis mit Körper- und Atemübungen, die in der indischen Tradition nur als Vorübungen für die versch. geistigen Y.Formen praktiziert werden. Dazu: Yogi, Weiser (weibl. Form: Yogini), urspr. nur der/die das Y. Beherrschende und Lehrende, später auch übertragen auf andere Kulturkreise, z. B. auf Vermittler/innen esoterischen Wissens oder auf Mystiker/innen (8Mystik). Yogacara- Schule (von sanskr. ›Y. aus-
Yoga
übend‹): Richtung im Mahayana8Buddhismus, in der gelehrt wird, daß alle Phänomene nur als Erkenntnisobjekte Realität besitzen. Die Wahrnehmung wird als Prozeß schöpferischer Imagination begriffen. Hauptwerk: Yogakarambhumi- Shastra, nach der Überlieferung verf. von Asanga (sankr.: Ehrenname für ›unberührt‹, der Ungebundene; 4. Jh. n. Chr.); umstritten ist, ob der ebenfalls als Gründer der Yogacara- Schule bezeichnete Maitryanatha (nach einer tradierten Buddhagestalt ›Maitreya‹, der des kommenden Buddha gen.; 4. od. 5 Jh.) mit Asanga identisch ist.
Z
Zahl (gr. arithmos, lat. numerus), ahd. zala, mhd. zal, von urgerm. talo ›Einschnitt‹ (nämlich ins Kerbholz, als primitive Zählweise), auch svw. Aufzählung, Bericht, urspr. eine Abstraktion aus der Gesamtgestalt einer Menge oder Gruppe von Gegenständen (Herde, Schwarm u. dergl.) oder eines vielgliedrigen zusammenhängenden Ganzen. Bereits in den ältesten Hochkulturen Ägyptens und Mesopotamiens kommt es zu einer systematischen Z.schreibung, bei den Sumerern sogar schon zu einem sexagesimalen (relativen) Positionssystem, bei den späteren Indern (etwa des 7. Jh. n. Chr.) zu dem noch heute gebräuchlichen dekadischen absoluten Positionssystemen. Bei den Griechen behält die Z., streng geschieden von der kontinuierlichen Größe (megethos) und deren Verhältnissen (logoi), einen gewissen Gestaltcharakter, der auch philosophisch von Bedeutung ist (z. B. für die 8Pythagoreer und Plato). Zahlenmystik, Geheimwissen, das auf der Annahme basiert, daß 8Zahlen über ihren numerischen Wert hinaus zusätzliche Bedeutungen enthalten, die von Inhabern eines ›Geheimwissens‹ als relevant für das Leben oder die Ordnung des 8Kosmos gedeutet werden können. Eine solche Zahlensymbolik, die aus zusätzl. Zuschreibungen von Sinn (z. B. ›7‹ als Glücks- oder Unglückszahl) bestehen kann, läßt sich
sich rekonstruieren aus den sonstigen Bedeutungen anderer Ziffern im Rahmen eines einheitlichen Deutungssystems (z. B. dem der 8Astrologie). Die ersten naturphilosoph. Thesen über die numerische Ordnung des 8Kosmos bei den Vorsokratikern (8Pythagoreer) würde man im heut. Sinne als Z. klassifizieren (vgl. auch 8Kabbala). Zeichen, aus germ. Wurzel, verwandt mit zeihen, bezichtigen, allg. Ausdruck für das, was etwas bedeutet. Man unterscheidet zwischen natürlichen Z. (auch ›Anzeichen‹) und künstlichen oder konventionellen Z. Die Bedeutung eines natürlichen Z.s ergibt sich aus einer kausalen Relation: In diesem Sinne wird z. B. aufsteigender Rauch als ein Z. (oder Anzeichen) für Feuer verstanden. Die Bedeutung eines künstlichen Z.s beruht auf einer 8Konvention im Sinne einer stillschweigenden Übereinkunft zwischen den Mitgliedern einer bestimmten Gemeinschaft: Daß etwa das Wort »gelb« im Deutschen die Farbe Gelb bezeichnet, ist das Ergebnis einer solchen Konvention und damit in gewisser Hinsicht arbiträr (willkürlich). Wichtig ist die u. a. von F. de Saussure (Cours de linguistique générale, 1916) betonte Unterscheidung zwischen dem Z.körper (der lautlichen oder graphischen Gestalt eines Z.s, oft Signifikant genannt) und dem dadurch bezeichneten Gegenstand
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(Bezeichnetes, Signifikat). Ikonische Z. sind solche, deren Z.körper in einer gewissen Ähnlichkeitsbeziehung zum Bezeichneten steht (z. B. Piktogramme). Die Disziplin, die sich mit allg. Charakteristika von Z. befaßt, heißt 8Semiotik. Vgl. auch 8Sprache, 8Symbol, 8Chiffrenschrift, 8Semantik, 8Syntax. Zeit (ahd. mhd. zit ), idg. Wurzel di- ›teilen‹, zerschneiden, urspr. wie lat. tempus (vgl. gr. temnein ›abschneiden‹), bez. bei einer Abfolge von Ereignissen (im Unterschied vom 8Raum, dem Nebeneinander) das Nacheinander in einer nicht umkehrbaren Richtung. Z. wird aufgefaßt als homogenes, teilbares 8Kontinuum, das, je nach wissensch. oder philos. Grundannahmen, als 8unendlich oder als 8endlich bezeichnet wird. Die kleinste wahrnehmbare Z.einheit ist der 8Moment. Häufig wird Z. als eine Reihe, eine fortlaufende gerade Linie veranschaulicht, die nach rückwärts ins Unendliche (die Vergangenheit) und ebenso nach vorwärts (in die 8Zukunft) verläuft. Jedem Wirklichen wird seine Stelle oder sein Abschnitt auf dieser einen Z.reihe zugeschrieben. Damit wird das Modell der ›objektiven Z.‹ dargestellt. Diese Z. ist meßbar. Gemessen wird sie allerdings nicht an sich selbst, sondern an der gleichmäßigen Fortbewegung von Körpern, deren Bahn in gleiche Abschnitte zerlegt wird, so daß die Gliederung der räumlichen Bewegung zugleich eine Zerlegung der Z. in Z.abschnitte ermöglicht. Hierauf beruht das Prinzip der Uhr, deren Gang nach dem gedachten
Zeit
Modell einer großen Weltuhr, der Bewegung der Gestirne, geregelt wird. Diese Z.messung ermöglicht die exakte Naturwissenschaft, die Wissenschaft von der berechenbaren Natur. (Über die Relativierung der meßbaren Z.: 8Zeitdilatation 8Relativitätstheorie.) Von dieser objektiven Z. hat I. Kant gelehrt, daß ihr in Wahrheit nicht objektive Realität zukomme: sie sei eine im menschlichen Subjekt liegende »reine Form der Anschauung« bzw. auch »reine Form der Sinnlichkeit« (KrV B 34 f.), als solche selbst »reine Anschauung« (ebd. und Proleg., § 10). Das vom Ich rezipierte Material der 8Sinnlichkeit werde von diesem in die Form des Raumes (Form des »äußeren« Sinnes) und in die Form der Zeit (Form des »inneren« Sinnes) aufgenommen und erhalte so seine erste Ordnung durch 8Anschauung. Die Geltung der durch die Naturwissenschaft gewonnenen Erkenntnisse habe die »Apriorität« (8a priori) dieser beiden »Formen der Anschauung« zur notwendigen Voraussetzung: »Die Z. ist nicht etwas, was für sich selbst bestünde oder den Dingen als objektive Bestimmung anhinge, mithin übrigbliebe, wenn man von allen subjektiven Bedingungen der Anschauung derselben abstrahiert: denn im ersten Fall würde sie etwas sein, was ohne den wirklichen Gegenstand dennoch wirklich wäre. Was aber das zweite betrifft, so könnte sie als eine den Dingen selbst anhängende Bestimmung oder Ordnung nicht vor den Gegenständen als ihre Bedingung vor-
Zeitalter
hergehen und a priori durch synthetische Sätze erkannt und angeschaut werden ... Die Z. ist nichts anderes als die Form des inneren Sinnes, d. i. des Anschauens unserer selbst und unseres inneren Zustandes ... Die Z. ist die formale Bedingung a priori aller Erscheinungen überhaupt« (KrV, § 6, B 49 f.). Mit dieser Bezeichnung der Z. als der Form der inneren Anschauung, des inneren Sinnes weist I. Kant auf die zweite Wurzel des Z.begriffs hin, auf das Z.- erleben, dessen Analyse schon in den ›Bekenntnissen‹ des Augustinus einsetzt. Dieses Erleben ›durchläuft‹ nicht die Zeitreihe wie eine Linie, deren Punkte einer um den anderen passiert werden. Es ist niemals in einen ›Jetztpunkt‹ eingeschlossen, sondern stets ein zusammenfassendes und überschauendes Bewußtsein von einer gewissen Dauer (psychologischer Begriff der ›Präsenzzeit‹). Zum histor. Begr. der Z.: 8Zeitalter; 8Zeitgeist; 8Annalen, 8Geschichtlichkeit, 8Epoche, 8Periode. Zeitalter, längerer historischer Zeitabschnitt, der durch gemeinsame vorherrschende Denkströmungen, Lebensweisen und Gesellschaftsordnungen (z. B. Antike, Mittelalter, Neuzeit), auch durch untereinander verwandte Stilrichtungen in den Künsten oder vergleichbare Grundsätze der Raumgestaltung (z. B. 8Renaissance, 8Romantik, 8Postmoderne) definierbar ist. Zeitdilatation, Zeitdehnung, auch Einstein- Dilatation gen.; nach der Speziellen Relativitätstheorie verläuft die 8Zeit kontinuierlich ledig-
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lich in einem einem System, welches sich gleichförmig bewegt. Im Unterschied dazu erscheint die Zeit, gesehen von einem ›ruhenden‹, einem langsamer (oder schneller) sich bewegenden Standpunkt aus, als schneller (oder langsamer) ablaufend (8Relativitätsprinzip, 8Relativitätstheorie). Zeitgeist, Bez. für die für einen geschichtl. Abschnitt (8Epoche, 8Periode, 8Zeitalter) spezifischen Auffassungen, Ideen und bewußten Lebensweisen; bei G. W. Fr. Hegel eine Ausprägung des 8Weltgeistes, soweit er sich als 8objektiver Geist verwirklicht. Zeitlichkeit, Merkmal der im Bewußtsein von 8Zeit, insbes. nach den Kriterien Vergänglichkeit, 8Werden, Veränderung, 8Kontinuität beurteilten Sachverhalte; svw.: 8Geschichtlichkeit; bei M. Heidegger (Sein und Zeit, 1927, §§ 61- 82) ist Z. Grundstruktur des 8Daseins des Menschen, vor allem ausgezeichnet durch 8Endlichkeit und Sterblichkeit, welche lange vor dem tatsächliche Ableben (8Tod) durch die Begrenztheit menschlicher Lebensentwürfe das Leben (bei M. Heidegger: die Seinsweise des Menschen, das ›Dasein‹) bestimmen. Zeitlogik, vgl. 8Temporallogik. Zen, jap. ›Meditation‹, chin. ch’an (von sanskr. dhyana, d. i. urspr. eine Meditationsstufe des achtstufigen 8Yoga); eine von dem buddh. Mönch Bodhidharma im 5./6. Jh. begründete und zunächst in China verbreitete, mit Meditationspraxen verbreitete Lehre. Diese ch’an- Lehre wurde später von Hui Neng
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(7. Jh.) durch die Anleitung zur ›plötzlichen Erleuchtung‹ (chin. wu, jap. satori) als Ziel der 8Meditation weiterentwickelt. Er gilt als Verfasser des ›Lin- tsu t’an- ching ‹ (wörtl.: Plattform- Sutra). Der Meditationsweg verläuft über ›nicht- unterscheidendes Denken‹ (chin. wu- nien), welches in Dialogen zwischen Meister (jap. san- zen) und Schüler gefördert wird. Dies geschieht über Fragen, welche Antworten erzwingen, die nach den Kriterien westlicher 8Rationalität auch mehrdeutig, sinnlos oder absurd sein können. Dadurch soll ein schrittweises ›Begreifen‹ (jap. koan) erreicht werden, das sich aber nicht in sprachl. Formulierungen eindeutig artikulieren läßt. In Japan wurden die Meditationspraxen dieser Richtung besonders intensiv weiterentwickelt. Sie fanden unter der jap. Bezeichnung Z. in abgewandelter Form auch in anderen Kontinenten (z. B. in kleinen Gruppen in Westeuropa und Nordamerika) Verbreitung. Zerebralsystem (lat. cerebrum), das 8Gehirn und die Hirnnerven; Zerebrospinalsystem, die Gesamtheit des Zerebral- und des Spinalsystems. Zetetiker (gr. zëtëtikos ›zum Untersuchen neigend‹), Bez. der gr. 8Skeptiker. Ziel, im allg. ein bestimmter, zu erreichender Zustand, insbes. svw. 8Zweck. Dazu Zielstrebigkeit, von K. E. v. Baer (Über den Zweck in den Vorgängen der Natur, 1874, in: Reden und Aufsätze, Bd. 2) eingef. zur Bez. der Entwicklung und des Verhaltens der Organismen, deren Ergebnisse vorher bestimmt sind,
zivil
jedoch nicht durch eine bewußte Zwecksetzung; svw. 8Entelechie. Ziffer, mlat. cifra aus arab. Adj. sifr ›leer‹, gelangt im 13. Jh. mit der Bedeutung ›Zahlzeichen ohne absoluten Wert‹, ›Null‹ in die roman. und german. Sprachen, wird, nachdem ital. nulla diese Bedeutung übernommen hat, zu ›Zahlzeichen überhaupt‹, frz. 8chiffre; daneben entwickelt sich im 18. Jh. die Bedeutung ›Geheimzeichen‹, da in alten Geheimschriften die Buchstaben durch Zahlen ersetzt wurden; 8Chiffrenschrift. Zirkelbeweis, zuweilen auch Zirkelschluß, ein fehlerhafter 8Beweis, in dem die zu beweisende Behauptung implizit schon vorausgesetzt wird; vgl. auch 8circulus vitiosus. Zirkeldefinition, eine fehlerhafte 8Definition, in der der zu definierende Begriff bereits als bekannt vorausgesetzt, in der also ›dasselbe durch dasselbe‹ (lat. idem per idem) erklärt wird: »Ein Quadrat ist ein Rechteck, das ein Quadrat ist« (vgl. auch 8circulus vitiosus). zivil, von frz. civil, ›bürgerlich‹, gesittet; Merkmal eines gesellschaftl. Zustandes, orientiert an staatsbürgerl. Tugenden (8Zivilisation). Als Rechtsbegr. gebr. im Unterschied zu Militär, militärisch: für den von staatl. Dirigismus unabh. Teil einer 8Gesellschaft; als Subst. auch verw. als Bez. für nichtuniformierte Kleidung. Zivilcourage: 8Mut bei der Vertretung eigener Positionen in der Öffentlichkeit und bei der Durchsetzung politischer Ziele. Zivilrecht, svw. bürgerliches 8Recht. Ziviler Ungehorsam, engl. civil disobedience; ein Begr., der
Zivilgesellschaft
von H. D. Thoreau (Üb. d. Pflicht zum Ungehorsam gegenüb. d. Staat, engl. 1849, dt. 1967) in die Politische Philosophie eingef. wurde zur Bez. von Widerstandsformen inbes. gegen staatl. 8Gewalt (vgl. auch 8Macht), die sich auf die passive Verweigerung bei der Erfüllung staatl. Pflichten (z. B. Steuern zu zahlen) oder auf den gezielten und begrenzten Verstoß gegen öffentl. Normen (z. B. Verkehrsregeln) beschränken, insofern untersch. von der 8Revolte. Z.er Ungehorsam wird in der polit. Theorie insbes. dann gerechtfertigt, wenn die jurist. Normen eines Staates dadurch unglaubwürdig gemacht werden sollen, daß Akteure freiwillig die Sanktionen gegen den Regelverstoß auf sich nehmen (z. B. Strafhaft), um die Fragwürdigkeit eines Rechtssystems (z. B. eines, das Rassenschranken errichtet oder das bes. Vorrechte von Kolonialherren gegenüber den Beherrschten schützt) öffentlich zu demonstrieren. Zivilgesellschaft, engl. civil society, frz. société civile, ital. società civile, von lat. societas ›Bündnis‹, civilis ›bürgerlich‹ (bez. auf Stadt- , später auch auf Staatsbürger). Der Begr. ersetzt im Dt. neuerdings häufiger den der ›Bürgerl. Gesellschaft‹ (zur unterschiedl. Bedeutung von ›bürgerlich‹ im Dt. für Staatsbürger und für Besitzbürger, für frz. citoyen und bourgeois vgl. 8Bürger). Die Festlegung der Bedeutung ›bürgerlich‹ für Angehörige einer besitzenden Klasse, damit die Festlegung der Bedeutung ›bürgerliche Gesellschaft‹ als von der Bourgeoisie beherrschte Klassengesellschaft ist im Dt. erst
750
durch die politische Theorie des 8Marxismus eingeführt worden. Im Unterschied dazu bedeutete civil society im Engl. seit dem 18. Jh. Staatsbürgergesellschaft, entspr. also annähernd dem, was G. W. Fr. Hegel in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts ›bürgerliche Gesellschaft‹ nennt: den von der staatl. Administration unabhängigen Bereich, der sich z. B. in berufsständischen Kammern eigene Selbstverwaltungsorgane schafft. Der Begr. Z. fand in die dt. polit. Terminologie erst mit der Rezeption der politischen Schriften von A. Gramsci (inbes. in Quaderni del carcere, 6 Bde., ersch. seit 1947) Eingang. Während der bisher verw. Begr. ›bürgerl. Gesellschaft‹ noch nicht immer eindeutig unterscheidet zwischen 1. staatsunabh. Bereichen der 8Gesellschaft und 2. besitzbürgerl. Klassenherrschaft (in der Bedeutung, auf der insbes. K. Marx und Fr. Engels insistiert haben), umfaßt Z. bei Gramsci, darüber hinausgehend, auch die politischen Organisationen, welche auch und schon unter besitzbürgerl. Klassenherrschaft eine kulturelle und damit ideologische Hegemonie erlangen können. Z. bez. in der polit. Philosophie gegen Ende des 20. Jh. Unterschiedliches, z. B. in der Sprache des nordamerik. 8Liberalismus die von der staatl. Administration unabh. Gesellschaft der einzelnen Staatsbürger, in der Theorie des 8Kommunitarismus dagegen das soziale Netzwerk staatsunabhängiger Gemeinschaften, die durch unterschiedl. kulturelle Traditionen geprägt sind.
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Zivilisation (lat. civis ›Bürger‹), allg. der Kulturzustand, die Ordnung des Gemeinschaftslebens im Unterschied zum Zustand sog. Naturvölker (8Naturzustand). In unserer Zeit ist Z. mitunter zum Gegenbegriff der 8Kultur geworden. Z. meint dann den Inbegriff des äußeren Lebens, wie es sich durch die Beherrschung der Natur in der Technik und die staatliche Organisation ergibt, und die Befriedigung in diesen Formen. Z. als Maßstab zur Selbstbeurteilung einer Gesellschaft wurde erst in der frühen Neuzeit eingeführt, insbes. in Frankreich nach dem Ideal des ›zivilisierten‹ Verhaltens. Der frz. Begr. civilisation stammt von civil (›bürgerlich‹) und civilité (›Gutbürgerlichkeit‹) und ersetzte im französ. Gesellschaftsleben des 8Absolutismus das urspr. nur höfische Ideal der courtoisie (›Höflichkeit‹). Nach N. Elias (Der Prozeß der Z., 2 Bde, EA 1939) entstehen und erhalten sich gesellschaftl. 8Normen durch Einführung von Verhaltensmustern, die nicht mehr allein durch Fremdzwänge durchgesetzt (8Zwang), vielmehr durch Selbstkontrolle (Elias: »Selbstzwänge«) internalisiert werden. Von Z. kann nach Elias nur bei Gesellschaftordnungen gesprochen werden, welche Techniken der zeitlichen und räumlichen Abstimmung des Verhaltens ihrer Glieder (einheitl. Zeitmaß, Kalender, Verkehrswege, kontinuierliche Nachrichtenübermittlung) entwickelt haben und diese auch tradieren. zôon, gr. ›Lebewesen‹, auch: Tier; dazu: Zoologie, urspr. die
Zufall
Lehre von den Lebewesen – so noch bei J. Lamarck (Philosophie zoologique, EA 1809; vgl. 8Abstammungslehre, 8animal, 8Evolution, 8Evolutionstheorien, 8Lamarckismus); später nach Einf. des Wissenschaftsbegr. 8Biologie nur noch Teilgebiet ders. als Tierkunde; zôon logon echôn, gr. das ›über Sprache verfügende Lebewesen‹, bei Aristoteles Wesensbestimmung des 8Menschen (vgl. 8Logos) als eines vernünftigen ›Tieres‹; zôon politikon, gr. das ›städtische Lebewesen‹, das ›politische Tier‹, lat. animal sociale, ebenfalls auf Aristoteles zurückgehende Wesensbest. des Menschen als eines auf Gemeinschaft angewiesenen Lebewesens. Zufall, zuerst bei Eckhart zuoval für lat. accidens (8Akzidenz), dann im weiteren Sinne alles, was nicht als notwendig oder beabsichtigt erscheint und für dessen unvermutetes Eintreten wir keinen Grund angeben können. Dementsprechend hat das Wort Z. die drei Bedeutungen des Nichtwesentlichen, des Nichtnotwendigen oder des Nichtbeabsichtigten. Wird unter Z. das Nichtnotwendige verstanden, ist also absoluter Z. gemeint, so bedeutet Z. eine Durchbrechung des 8Kausalgesetzes und setzt die Möglichkeit teilweise freien, willkürlichen Geschehens voraus, im Unterschied von dem relativen Z., der nur die Unberechenbarkeit, Unvoraussagbarkeit eines Geschehens im einzelnen meint, während die Berechnung des durchschnittlichen Eintreffens solcher zufälligen Ereignisse und ihrer 8Wahrschein-
Zukunft
lichkeit bei einer großen Zahl der Gegenstand der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der 8Statistik ist. Zukunft, Dimension der 8Zeit; im Untersch. zur 8Gegenwart das zu Erwartende, noch nicht Realisierte, auf uns ›Zukommende‹; als Gegenstand philos. Reflexion vor allem in der 8Geschichtsphilosophie und in 8Utopien behandelt; in der 8Existenzphilosophie, insbes. bei M. Heidegger und J.- P. Sartre Dimension der 8Zeitlichkeit im ›Entwurf‹ (frz. projet) des 8Daseins (frz. réalité humaine) auf 8Möglichkeiten hin. Zukunftsforschung, auch ›Futurologie‹ gen.: interdisziplinär. Wissenschaftsbereich, der sich mit natur- und gesellschaftswissenschaftl. 8Prognosen, Planungsalternativen und mit Theorien über Zukunftsmodelle beschäftigt, z. B. in der 8Geschichtsphilosophie, bei der systemat. Kritik utopischer Modelle und in der 8Ideologiekritik von politischen Programmen, die auf Z.sprognosen aufbauen; vgl. 8Fortschritt, 8Aufklärung, 8historischer Materialismus, 8Marxismus. Zuordnung, allg. ein durch eine Vorschrift festgelegter Vorgang, bei dem unterschiedl. Sachverhalte regelmäßig miteinander in Beziehung gesetzt werden. In der Mathematik und in der Logik sind Zuordnungsvorschriften Definitionen z. B. für 8Funktionen, 8Operatoren, in der Physik z. B. für Meßanweisungen. Zum Begr. Zuordnungsregel vgl. auch 8Korrespondenzregel. Zurechnung, lat. imputatio, das Urteil, durch das jemand entweder als Urheber einer Handlung (Z. zur
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Tat, lat. imputatio facti, objektive Z.) und ihrer Folgen erkannt oder mit der 8Schuld für sie belastet (Z. zur Schuld, lat. imputatio juris, subjektive Z.) wird. In dem zurechnenden Urteil liegt ganz allgemein, daß die zugerechnete Tat die eigene des Täters ist, d. h., daß sie in seinem freien Willen ihren Ursprung hat. I. Kant (Met. d. Sitten, Einl.) sagt: »Z. in moralischer Bedeutung ist das Urteil, wodurch jemand als Urheber (causa libera) einer Handlung, die alsdann Tat heißt und unter Gesetzen steht, angesehen wird.« Die heutige Rechtswissenschaft versteht unter Z. als Beurteilungskriterium nur noch die Z. zur Schuld, zumal die Z. zur Tat mit der Zuschreibung von ›Kausalität‹, d. h. des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Handlung und ihren Folgen, gegeben ist. Zurechnungsfähigkeit bedeutet ihr soviel wie Schuldfähigkeit, d. i. (strafrechtliche oder zivilrechtliche) Verantwortungsfähigkeit. Zwang, 1. Bestimmung zu einem Handeln gegen den eigenen 8Willen durch Androhung oder Vollzug physischer 8Gewalt; 2. Sammelbegr. für rigorose soziale Rollenund Verhaltenserwartungen; 3. in der Psychopathologie das Beherrschtsein von unfreiwillig ausgeübten Handlungsmustern (z. B. Kaufzwang, Kleptomanie) oder von 8Zwangsvorstellungen; 4. in der 8Pädagogik Mittel zur Durchsetzung des Erzieherwillens (z. B. durch Tadel, als Strafe verstehbare negative Sanktion, Entzug von Zuwendung, Versprechen unter Bedingungen); 5. im Strafrecht eine
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mit Strafe oder mit Strafandrohung verbundene Maßnahme. Darüber hinausgehend gibt es Formen staatlicher Einwirkung auf Personen und Sachen durch körperl. 8Gewalt oder Waffengebrauch, die aber gegebenenfalls als ›unmittelbarer Z.‹ gerechtfertigt werden müssen. Als administrative Maßnahme in einer rechtsstattl. Ordnung ist Z. nur dann 8legal (z. B. im Polizeirecht oder Strafvollzug), wenn mildere Mittel nicht zum Erfolg führen (vgl. auch 8Strafe). Zwangsvorstellung, eine sich dem Menschen aufdrängende 8Vorstellung, derer er sich nicht erwehren kann, obwohl er sie als krankhaft empfindet. Zweck, mhd. zwec, 1. Nagel von Holz oder Eisen, Bolzen, 2. Nagel inmitten der Zielscheibe, daher 3. das 8Ziel, die vorgestellte und erstrebte Wirkung, die Endursache (8causa finalis im Gegensatz zu 8causa efficiens) insofern, als die Zielvorstellung die Ursache für den Verlauf einer Tätigkeit, für die Auswahl der Mittel zur Erreichung des Z.s und ihre ›zweckmäßige‹ Anwendung ist (8Teleologie; 8Zweckmäßigkeit). Der Z.begriff steht in einem Bedeutungsspektrum, das zuerst Aristoteles in der 8Naturphilosophie (Physik), in der 8›Metaphysik‹ und auch für die 8Ethik entwickelt hat. Seiendes wird als 8Entelechie aufgefaßt, als ein Prozeß, der seinen Z. der 8Möglichkeit nach in sich trägt. Die Natur enthält nach diesem Modell latent die in ihr angelegte Vollendung und 8Vollkommenheit alles Seienden. Natur wird als Entwicklung auf den Z. voll-
Zweckmäßigkeit
kommener Verwirklichung aller in ihr angelegten Möglichkeiten hin gedacht. In der Ethik hat Aristoteles zuerst systematisch die intentionale Gerichtetheit menschlichen Handelns, seine prinzipielle Orientierung im Handeln auf Z.e durchdacht (Nik. Ethik, 3. Buch). In der Moderne tritt der Z. im wesentlichen in Zusammenhängen der 8Ethik auf: I. Kant etwa läßt als Selbstzweck nur noch das vernunftbegabte 8Subjekt gelten (Grundl. zur Met. d. Sitten, 1785). Jede 8Handlung ist zweckgerichtet und als solche ebenso willkürlich wie der Z., auf den sie als 8Mittel gerichtet ist. Erst wo Z. und Mittel einem moralischen Prinzip unterworfen werden – in der autonomen Selbstgesetzgebung durch den die Handlungsmaxime bestimmenden 8kategorischen Imperativ – ist eine Abstraktion von den Privatzwecken zum Ganzen aller möglichen Z.e erreicht und die Handlung selbst als Z. bestimmt. Im 20. Jh. hat M. Weber die moderne Vernunft als einen an der Abwägung von Z. und Mittel orientierten Vernunfttypus der 8Zweckrationalität begriffen, der außerhalb dieser Nützlichkeitsbeziehung keinerlei außer ihr liegenden, an sich als wertvoll zu verfolgenden Z. mehr kennt (im Untersch. zur reinen Wertrationalität u. anderen für weniger rational beurteilten Handlungstypen). Zweckmäßigkeit, 1. das Prinzip der Betrachtung der organischen Natur (8Organismus) in Analogie zum zielgerichteten Handeln des Menschen (8Absicht, 8Teleologie), auch Begriff für eine philosophi-
Zweckrationalität
sche Betrachtungsweise der Natur nach dem Prinzip der inneren 8Vollkommenheit; 2. in der 8Ethik dient Z. zur Kennzeichnung solcher Handlungen, die der 8Absicht eines sie verursachenden Subjekts entsprechen. Aristoteles spricht in der Metaphysik in der ersten Bed. von der 8Entelechie in der Natur, die in ihren Entwicklungsprozessen 8Ziele, die sie latent in sich trägt, zur Vollendung bringt (Met., Buch IX). 8Natur entwickelt sich nach zweckgerichteten 8Anlagen. Der an der klassischen Physik orientierte Naturbegriff der modernen Philosophie hat in seiner Ausrichtung auf die 8Kausalität der Natur ihre 8Finalität weitgehend ausgeblendet. I. Kant, für den es eine Z. der Natur nur noch im Reflexionszusammenhang der 8Urteilskraft, d. h. als subjektives und regulatives Prinzip gibt, die Einheit des Mannigfaltigen der Natur im Denken herzustellen (vgl. KdU 1790, §§ 61 ff.), denkt Z. nicht mehr als objektive Eigenschaft der Natur, sondern thematisiert sie primär als subjektives Handeln aus einer Absicht (KdU § 10). Der Z. 1. in der 8Naturphilosophie und 2. in der Ethik, denen beiden ein (dort objektiver, hier subjektiver) 8Zweck zugrundegelegt wird, stellt I. Kant 3. eine ästhetische Zweckmäßigkeit ohne Zweck entgegen, die ihren Ursprung allein in der subjektiven Einheit des Mannigfaltigen im 8Geschmacksurteil hat, das durch die Reflexion nichts als die »bloße Form der Z. in der Vorstellung« (ebd., § 11) ermittelt. Diese »bloß formale Z.« eines Gegenstandes
754
kommt ohne den metaphysischen Begriff innerer Vollkommenheit aus, ist unabhängig von jedem äußeren Zweck der Nützlichkeit und steht somit für die 8Autonomie der Kunst bzw. des Schönen (§§ 15- 17; vgl. 8auch schön). Zweckrationalität, Begriffsschöpfung von M. Weber für ein Merkmal eines an rationalen Kriterien allein orientierten techn. oder sozialen Handelns, welches vor allem nach einem Kosten- NutzenPrinzip beurteilt wird, wobei die erwünschten Folgen und die kalkulierbaren Nebenfolgen mit einbezogen werden (M. Weber, Wirtschaft u. Gesellschaft, posthum 1922, Soziol. Grundbegriffe II, § 2). Zweifel, mhd. zwivel aus germ. Stammwort, verwandt mit zwei; der Zustand der Unentschiedenheit, das Schwanken zwischen verschiedenen Ansichten, insbes. in der Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Lehre: der theoretische Z.; zwischen Billigung und Mißbilligung einer Handlung oder Gesinnung: der moralische Z.; zwischen 8Glauben und Unglauben: der religiöse Z. Der grundsätzliche erkenntnistheoretische Z. in bezug auf die Außenwelt würde zum 8Solipsismus führen, der Z. an der Erkenntnisfähigkeit des Menschen überhaupt zur 8Skepsis; positiv indessen in der ›methodische‹ Z., das einstweilige Dahingestelltsein des noch nicht Geprüften. Gegensatz: 8Gewißheit. Zweiwertigkeitsprinzip, vgl. 8Bivalenzprinzip. Zyklentheorie, von gr. kyklos ›Kreis‹, Ring; 1. Geschichtstheorie,
755
nach der, im Unterschied zu einer linearen Vorstellung von geschichtl. 8Zeit, sich die Menschheitsgeschichte in großen Abständen wiederholt (8ewige Wiederkunft). 2. in der Geologie die Annahme, daß die Entwicklungen der Erdkruste in mehreren geotektonischen Zyklen abgelaufen sind. Zynismus, die Lebensanschauung der 8Kyniker, insbes. ihre ehrfurchtslose, Anstand und Sitte nicht achtende Ausdrucksweise; daher das ›zynische‹, Scham und Anstand absichtlich verletzende Reden und Benehmen. Unter einem Zyniker versteht man allg. einen Menschen, der sich so darstellt, als ob ihm nichts ernst, ehrwürdig oder heilig ist, der daher bestrebt ist, die Wertgläubigkeit seiner Mitmenschen zu erschüttern. Das grundlegende Werk des modernen Z. ist Rameaus Neffe von D. Diderot (übers. v. J. W. v. Goethe 1805). Z. ist im allgemeinen Sprachgebrauch höhnisch- bissiger, auch verletzender Spott. Kynisch, von gr. kynikos, hündisch, hieß eine Lebensweise und Philosophie, die durch auffälliges Benehmen sowie durch gewitzte und anstößige Reden die Bürgerschaft des zerfallen-
Zynismus
den Athens bzw. Roms attackierte. Begründer soll der Sokratesschüler Antisthenes sein, als Protokyniker aber gilt dessen angeblicher Schüler Diogenes von Sinope, eine nur in Anekdoten und Legenden bezeugte Gestalt. Er soll wegen seines abgerissenen Aussehens und seiner schamlosen Frechheit ›Hund‹ (kyôn) geschimpft worden sein, woraus er prompt eine Selbstbezeichnung gemacht habe, die zum Namen der ›Schule‹ führte (8Kyniker). Um die Zeitenwende erfährt der 8Kynismus ein Wiederaufleben in Rom und wirkt dort bis ins 5. Jahrhundert. ›Zynisch‹ hält nur noch eine Seite des Kynismus fest: Moralverachtung. Im 18. Jahrhundert wird aufgrund einer christlichen Vereinnahmung der Diogenes- Literatur die Tugend der 8Autarkie ›diogenisch‹ genannt und alles Spöttische und Schamlose ›cynisch‹. Im Spätkapitalismus ist Z. (so P. Sloterdijk, Kritik d. zynischen Vernunft, 1983) als Haltungsmuster in einer Gesellschaft, in der Menschen sich den Regeln des Warentausches unterwerfen, »zum System geronnen« (248), »ein universales und diffuses Phänomen« (34).
Abkürzungsverzeichnis
a. a. O.
abgel. Abh. abh. Abk. Abl. Abschn. Adj. Adv. afrz. ahd. akt. allg. altn. Am. Anal. Anm. Aph. arab. Art. Aufl. Aufs. Ausg. Ästh. b. Bsp. Bd. Bde. Bed. Begr. begr. Beitr. bel.
am angeführten Orte, d. h. in dem kurz vorher genannten Buche oder an der bereits zitierten Stelle abgeleitet Abhandlung(en) abhängig Abkürzung Ableitung Abschnitt Adjektiv Adverb altfranzösisch althochdeutsch aktiv allgemein altnordisch American, amerikanisch Analytik, analytisch Anmerkung Aphorismus arabisch Artikel Auflage(n) Aufsatz Ausgabe Ästhetik bis, bei Beispiel Band Bände Bedeutung Begriff begriffen, begrifflich, begründet Beiträge, Beitrag beliebig(es)
bes. beschr. best. betr. bez. Bez. BGB bibl. BRD brit. buddh. bzw. chin. christl. d. Ä. d. h. d. i. d. J. d. s. dän. denj. derj. desgl. df., def. dergl. diej. dim. dt. EA ebd. ED ed. EDV
besonders beschreibend, beschrieben bestimmt(es) betreffend, betrifft bezeichnet, bezieht, bezogen Bezeichnung, Beziehung Bürgerliches Gesetzbuch biblisch Bundesrepublik Deutschland britisch buddhistisch beziehungsweise chinesisch christlich der Ältere das heißt das ist der Jüngere das sind dänisch denjenigen derjenige desgleichen definiert dergleichen diejenige dimensional deutsch Erstausgabe ebenda Erstdruck ediert, Editor Elektronische Datenverarbeitung
Abkürzungsverzeichnis
eig. Einf. eingef. Einl. Einz. empir. engl. enth. entspr. Erg. etc. eth. ev. f.
ff.
frz., franz. gdw. geb. gebr. gegr. gen. gepr. germ. ges.
Gesch. GG Ggs. got. gr. grammat. graph. Grdr. GW HA
eigen, eigene(s) Einführung eingeführt Einleitung Einzahl empirisch englisch enthält, enthalten entsprechend, entspricht Ergänzung(en) lat.: et cetera (entspr. dt.: usw., usf.) ethisch evangelisch folgende Seite (Kapitel, Paragraphen, Zeilen) folgende Seiten (Kapitel, Paragraphen, Zeilen) französisch genau dann, wenn gebildet, geboren gebraucht, Gebrauch, gebräuchlich gegründet genannt, genetisch geprägt germanisch gesamt(es), gesammelt(es), gesehen, gesagt Geschichte Grundgesetz Gegensatz gotisch griechisch grammatisch, grammatikalisch graphisch Grundriß Gesammelte Werke Hauptabschnitt
758 hg. histor. Hw. i. allg. i. bes. i. d. R. i. e. i. e. S. i. J. i. S. v. i. w. S. Id. idg. ind. indiv. insbes. ion. ital. Jahrb. jap. Jb. Jg. Jh. Journ. jurist. jüd. Kap. kath. klassif. klassifik. krit. körperl. künstl. lat. latin. Lehrb. Lehrs. lib. Log. log. m. MA Met. met.
herausgegeben (von) historisch Hauptwerk(e) im allgemeinen im besonderen in der Regel lat.: id est (dt.: d. h.) im engeren Sinne im Jahre im Sinne von im weiteren Sinne Idee(n) indogermanisch indisch individuell insbesondere ionisch italienisch Jahrbuch (Jahrbücher) japanisch Jahrbuch Jahrgang Jahrhundert Journal juristisch jüdisch Kapitel katholisch klassifiziert klassifikatorisch kritisch körperlich künstlich lateinisch latinisiert Lehrbuch Lehrsatz liber (Buch) Logik logisch Meter Mittelalter Metaethik metaphysisch
Abkürzungsverzeichnis
759 mhd. mlat. mod. moral. Mz. n. Chr. Naturwiss. Neub. neulat. nhd. NZ o. ä. orient. Orig. pass. Perf. pers. philos. Phil.
phys. physiolog. Pkt. Pl. portug. prakt. psychol. psych. Psych. qu. Quart. Reg. S. s. s. a. sanskr. Schr. seel. Sing. sittl. slaw. sog. soz.
mittelhochdeutsch mittellateinisch modern, modisch moralisch Mehrzahl nach Christi Geburt Naturwissenschaft(en) Neubildung neulateinisch neuhochdeutsch Neuzeit oder ähnlich(es) orientalisch Original passiv, passend Perfekt persisch philosophisch Philosophie, philosophy, philosophia(e), philosophical physisch physiologisch Punkt Plural portugiesisch praktisch psychologisch psychisch Psychologie quaestio Quartal, quarterly Register(band) Seite siehe siehe auch Sanskrit Schriften seelisch Singular sittlich slawisch sogenannt sozial
span. Spr. spr. StGB Stichw. Subst. svw. systemat. t. techn.
spanisch Sprache sprich(t) Strafgesetzbuch Stichwort Substantiv soviel wie systematisch tomus (Band) technischtheoret. theoretisch transz. transzendent(al) türk. türkisch u. und u. a. und andere(s), unter anderem u. d. T. unter dem Titel u. ö. und öfter(s) u. U. unter Umständen umgek. umgekehrt unabh. unabhängig unbest. unbestimmt(es) Unt. Untersuchung(en) Untersch. Unterschied(en), unterscheidet unterschiedl. unterschiedlich(e/n) urspr. ursprünglich urgerm. urgermanisch usf. und so fort usw. und so weiter Übers. Übersetzer/in, übersetzt, Übersetzung übertr. übertragen v. von v. a. vor allem v. Chr. vor Christi Geburt Verf. Verfasser/in, Verfassung verf. verfaßt Verh. Verhalten, Verhältnis Vers. Versuch(e) verw. verwendet, verwandt vgl. vergleiche Vgl. vergleiche(nd)
Abkürzungsverzeichnis
Vorles. Vorlesung(en) Vorr. Vorrede W. (Gesammelte) Werke Wb. Wörterbuch wechsels. wechselseitig(es) wissenschaftl. wissenschaftlich z. zu, zum, zur
760 z. B. z. Bez. zeitl. Zhg. Ztschr. zugeschr. z. Zt.
zum Beispiel zur Bezeichnung zeitlich Zusammenhang Zeitschrift zugeschrieben(e/er/en) zur Zeit
Abkürzungsverzeichnis zum Nachweis von Bibelstellen
A. T. Act. Apg., Ap.gesch. Apk. Chron. Col., Kol. Dt., Deut. Eph. Ex(od). Gal. Gen. Hebr. Hes. Jac., Jak. Jer. Jes. Jes. Sir. Joh.
Kor.
Altes Testament Acta Apostolorum Apostelgeschichte Apokalypse, s. Offb. Chronica (1. u. 2. Buch) Kolosserbrief Deuteronomium (5. Mos.) Epheserbrief Exodus (2. Mos.) Galaterbrief Genesis (1. Mos.) Hebräerbrief Hesekiel (Ezechiel) Jacobusbrief Jeremia Jesaia Jesus Sirach Johannes-Evangelium, JohannesBriefe (1–3) Korintherbriefe (1, 2)
Kön. Lev. Lk., Luk. Makk. Mk., Mark. Mos. Mt., Matth. N. T. Num. Off., Offb. Petr. Phil. Pred. Ps. Rm., Röm. Sam. Thess. Tim. Weish.
Könige (1. u. 2. Buch) Leviticus (3. Mos.) Lukas Makkabäer (1. u. 2. Buch) Markus Moses (Bücher 1–5) Matthäus Neues Testament Numeri (4. Mos.) Offenbarung des Johannes Petrusbriefe (1, 2) Philipperbrief Prediger Salomonis Psalter, Psalmen Römerbrief Samuel (1. u. 2. Buch) Thessalonikerbriefe (1, 2) Timotheusbrief Weisheit Salomonis
Verzeichnis logischer Symbole
Aussagenlogische Symbole A, B, C, ... Aussagenvariablen p, q, r, ... Aussagenkonstanten ¬, ∼ Negation (nicht ...) →, ⊃ materiale Implikation, Subjunktion (wenn ..., dann ...) ↔, ≡ materiale ˜quivalenz ( ... genau dann, wenn ...) ∧, & Konjunktion (und) ∨ Disjunktion, Adjunktion (»inklusives Oder«) >⎯< Kontravalenz (»exklusives Oder«: entweder ..., oder ...) | Negatkonjunktion (»Sheffer-Strich«: weder ..., noch ...) w, f, u Wahrheitswerte »wahr«, »falsch«, »unbestimmt«
Pr dikatenlogische Symbole a, b, c... s, t x, y, z F, G, H
∀, Λ ∃, V = ≠ ι
Gegenstandskonstanten beliebige singul re Terme (Gegenstandskonstanten und Kennzeichnungen) Gegenstandsvariablen und verschiedene andere Gro buchstaben: Pr dikatkonstanten bzw. -variablen Allquantor (f r alle ...) Existenzquantor (es gibt ein ...) Identit t (... ist identisch mit ...) ... ist nicht identisch mit ... Kennzeichnungsoperator (der...)
Modallogische Symbole N M G(s, ) (s, ) W(s, ) →.
Notwendigkeitsoperator (Es ist notwendig, da ...) M glichkeitsoperator (Es ist m glich, da ...) Glaubensoperator (s glaubt, da ...) berzeugungsoperator (s ist berzeugt, da ...) Wissensoperator (s wei , da ...) »Wenn ..., dann ...« -Operator der Konditionalsatzlogik
Verzeichnis logischer Symbole
3 llogistik
Subjektbegriff Pr dikatbegriff Mittelbegriff Beziehung der allgemeinen Bejahung (SaP: Alle S sind P) Beziehung der patikul ren Bejahung (SiP: Einige S sind P) Beziehung der allgemeinen Verneinung (SeP: Kein S ist P) Beziehung der partikul ren Verneinung (SoP: Einige S sind nicht P)
ngentheoretische Symbole Mengenklammern Elementsymbol (... ist Element von ...) ... ist nicht Element von ... Schnittmengensymbol Vereinigungsmengensymbol Teilmengenbeziehung (... ist eine (evtl. unechte) Teilmenge von ...) echte Teilmengenbeziehung (... ist eine echte Teilmenge von ...) Klassenabstraktion
itere Symbole und Abk rzungen
E
w.
logische Implikation, Schlu (... impliziert logisch ...) Entailment- Operator der Relevanzlogik Beweisbarkeit, Ableitbarkeit (Es ist beweisbar bzw. ableitbar, da ...) G ltigkeit (... ist g ltig) ... genau dann, wenn ... definitorische Gleichheit im Kontext der modelltheoretischen Semantik: Bewertung bzw. Interpretation im Kontext der Funktionentheorie: Zuordnung ... ist kleiner als ... ... ist gr er als ... ... ist kleiner als oder gleich ... ... ist gr er als oder gleich ...
Umschrift griechischer Buchstaben
A AY ' '' E EY Z H 1 = O OY Y M X S
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Literatur zur Begriffsgeschichte
Die mit * gekennzeichneten Arbeiten enthalten weitere Literaturhinweise zur Geschichte des jeweiligen Begriffs. AAWLM
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Lite ratur in Mainz, geisteswissenschaftliche Klasse. AB Archiv für Begriffsgeschichte ADA Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur ASNSL Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen AuA Antike und Abendland BGDSL Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Halle (1[1874]–76[1955, recte: 1954]) BGDSL-H Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Halle (77[1955]–100[1979]) BVSAW Berichte über die Verhandlungen der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, phil.-hist. Klasse DVLG Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte DW Deutsches Wörterbuch, gegr. von J. und W. Grimm DZPh Deutsche Zeitschrift für Philosophie EE Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Hg. H. J. Sandkühler, 4 Bde. Hamburg 1990 EG Etudes germaniques EPW Enzyklopädie Philosophie u. Wissenschaften, Hg. J. Mittelstraß, Bde. 1 und 2 Mannheim/Wien/Zürich 1980–1984, Bde. 3 und 4, Stuttgart/Weimar 1995/96. EWAH Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, Hg. A. L. Lloyd und A. Springer, Göttingen/Zürich 1988 ff. EWEW Etymologisches Wörterbuch der europäischen (germanischen, romanischen und slavischen) Wörter orientalischen Ursprungs, Hg. K. Lokotsch, 2. Aufl., Heidelberg 1975 EWSE Etymologisches Wörterbuch der slawischen Elemente im Ostmitteldeutschen, Hg. E. Eichler, Bautzen 1965 FV Feldmann, W.: Fremdwörter und Verdeutschungen des 18. Jahrhunderts. ZDW 8 (1906/07). S. 49–99 GFD Schoppe, G.: Zur Geschichte der Fremdwörter im Deutschen. ZDW 15 (1914), S. 174-216 HPD Pragmatik. Handbuch pragmatischen Denkens, 5 Bde., hg. H. Stachowiak, Hamburg 1986–1995
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HPG HWP IF JEGPh KNLL LdK LFBGV MS NPhM PhJ PMLA PRCA
RGG RLGA SG SN Suppl. VWP WBdK WW ZDA ZDS ZDW
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Handbuch philosophischer Grundbegriffe, Hg. H. Krings, H. M. Baumgartner, Chr. Wild Historisches Wörterbuch der Philosophie, Hg. J. Ritter, u. a., Basel, seit 1971 Indogermanische Forschungen Journal of English and Germanic Philology Kindlers Neues Literatur Lexikon. Hg. W. Jens, 20 Bde., München, Nachdr. 1996 Lexikon der Kunst, Hg. L. Alscher, u. a., Red.-Leitg. G. Feist, 5 Bde., Leipzig 1968–78, Nachdr. Berlin 1984 A Lexicon of French Borrowing in the German Vocabulary (1575–1648), Hg. W. J. Jones, Berlin/N.Y. 1976 Muttersprache Neuphilologische Mitteilungen Philosophisches Jahrbuch Publications of the Modern Language Association of America Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Bde. I.1 (1893) bis XXIII, 2 (1959) sowie Bd. I A.1 (1914) bis X A(1972). Supplementbände I (1903) bis XV (1978) Religion in Geschichte und Gegenwart, Hg. K. Galling, J. C. B. Mohr, Tübingen 1957 ff. Reallexikon der germanischen Altertumskunde; 2. neubearb. Aufl. ed. Hoops, Berlin/N.Y. 1973 ff. Studium Generale Studia Neophilologica Supplementband, s. PRCA Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache, Hg. A. Schimer, Straßburg 1911 Wirkendes Wort Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur Zeitschrift für deutsche Sprache Zeitschrift für deutsche Wortforschung
Abakus: Hultsch, Fr., Art. Abacus, PRCA, Bd. I,1 und Nagl, Alfr., ebd., Suppl. III, S. 2–13. Aberglaube: Riess, E., Art. Aberglaube, PRCA, Bd. I,1 und Weidlich, Th., ebd., Suppl. I, S. 3. Absicht: Grimm, Art. ›Absicht‹ u. verw., ›absichtsvoll‹, DW. absolut: Feldmann, W., FV, S. 50; Kahlen, R. u. a., Art. Absolut, das Absolute, HWP; Holz, H. H., Art. Absolute, das, EE I. Absolutismus: Skalweit, St., Das Zeitalter des Absolutismus als Forschungsproblem, DVLG 35 (1961). abstrakt: Aubenque, P., Art. Abstrakt, Konkret, HWP; Feldmann, W., FV, S. 50. Abstraktion: Kobusch u. a., Art. Abstraktion II–IV, HWP. absurd: Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 247 f.; Sandkühler, K., Art. Absurde, das, EE I;
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Mahnwald, J. R.: Zur Bedeutungsentwicklung von franz. absurde und absurdité, Diss. Bonn, 1968. Achtung, Hochachtung, Selbstachtung: Grimm, Art. ›Achtung‹. DW; Grimm, Art. ›Hochachtung‹. DW; Öhmann, E., NPhM 66 (1965), S. 517–519; Lloyd, A. L./Springer, O., EWAH, S. 116–118. Adel: Zutt, H., Adel u. Edel, 1956; Hoops, RLGA, Bd. I, S. 58–77. Affekt: Bernecke, Geschichte des Affektbegriffs, 1915; Feldmann, W., FV, S. 51 f.; Schoppe, G., GFD, S. 175; Hengelbrock, J. u. a., Art. Affekt, HWP*. agôn: Reisch, E. u. a.: Art. agones, PRCA I,1* ähnlich, Ähnlichkeit: Wenzlau, Fr., Ähnlich. ZDW VI (1904/05), S. 99 f. Akademie: Erkelenz, P., Der Akademiegedanke im Wandel der Zeiten, 1968*; Feldmann, W., FV, S. 50; Immisch, O., Academia, 1924; v. Heigel, Th., Über den Bedeutungswandel der Worte Akademie und akademisch. Reden der Bayr. Akad. d. Wissensch., 1911; Grau, C., Berühmte Wissenschaftsakademien, 1988*; Grau, C., Art. Akademie, EE I; Garber, K., Art. Sozietäten, Akademien, Sprachgesellschaften, EE IV*. Akkumulation: Goldschmidt, W., Art. Akkumulation, EE I. Akt: Feldmann, W., FV, S. 51; Schoppe, G., GFD, S. 175 f. Aktion: Feldmann, W., FV, S. 51. aktiv: Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 248. Aktivismus: Rothe, W. (Hg.), Der Aktivismus 1915–20, 1969; Paulsen, W., Expressionismus und Aktivismus, 1935. Akzidenz: Pätzold, D., Art. Substanz/Akzidens, EE IV. Alchemie: Lokotsch, EWEW, S. 92; Riess, Art. Alchemie, PRCA I,1*. Aletheia: Boeder, H., Der frühgriech. Wortgebrauch von Logos u. Aletheia, AB 4/1959. Algorithmus: Schirmer, A., Der Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 4; Littmann, E., Morgenländische Wörter im Deutschen, 2. Aufl., 1924, S. 77; Kunitzsch, P., Kleines Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft. ADA 94 (1983), S. 109. All: Grimm, Art. ›All‹. DW*. Allegorie: Feldmann, W., FV, S. 52; Freytag, H., Die Theorie der allegor. Schriftbedeutung u. die Allegorie, 1982; Haug, W. (Hg.): Formen und Funktion der Allegorie, 1979*; Calin, V., Auferstehung der Allegorie. Weltlit. im Wandel von Homer bis Beckett, 1975*; Kurz, G., Metapher, Allegorie, Symbol, 21988. allgemein: Axelos, Chr. u. a., Art. Allgemeines, Besonderes, HWP; Grimm, Art. ›allgemein‹ u. verw., DW analog: Feldmann, W., FV, S. 52; Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 8 f.; Schoppe, G., GFD, S. 176. analogia entis: Klein, J., Art. Analogia entis, RGG, Bd. III*. Analogie: Höffding, H., Der Begriff der Analogie, 1924; Kluxen, W. u. a., Art. Analogie I, II, HWP; Sandkühler, H. J., Art. Analogie, EE I; Pannenberg, W., Art. Analogie, RGG, Bd. I; Klein, J., Art. Analogia entis, RGG, Bd. III; Holz, H., Art. Analogie, Handb. philos. Grundbegr., Bd. I. Analyse: Feldmann, W., FV, S. 52; Oeing-Hanhoff, L., Art. Analyse, Synthese, HWP. Analytik: Tonelli, G., Der historische Ursprung der kantischen Termini ›Analytik‹ und ›Dialektik‹, AB 7 (1962), S. 120–139. Analytische Philosophie: Koppelberg, D., Naturalismus, Pragmatismus. Grundströmungen. i. d. analyt. Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie seit W. V. Quine. HPD V, S. 144–178; Dummett, M., Ursprünge der analyt. Phil., dt. 1988*; Mehrtens, A. u. a., Art. Analyt. Philosophie, EE I; Steg-
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müller, W., Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, 4 Bde, 1987–89. Anarchie: Feldmann, W., FV, S. 52; Dierse, U., Art. Anarchie, Anarchismus, HWP; Zenker, E. V., Der Anarchismus. Krit. Gesch. d. anarchist. Theorie, 1895; Krämer-Badoni, R., Anarchismus. Gesch. u. Gegenw. e. Utopie, 1970. Anderheit, Andersheit: Grimm, Art. ›ander‹, ›anders‹ u. verw., DW*. Anerkennung: Grimm, Art. ‹anerkennen‹ u. verw., DW. Aneignung: Keiler, P., Art. Aneignung, EE I*. Anfang: Grimm, Art. ›Anfang‹ u. verw., DW*. angenehm: Grimm, Art. ›angenehm‹ u. verw., ›annehmlich‹ u. verw., DW. Angst: Grimm, Art. ›Angst‹, ›angst‹ u. verw., DW*. animalisch: Feldmann, W., FV, S. 53; Schoppe, G., GFD, S. 176. Animismus: Borchert, Der Animismus, 1900. Anlage: Grimm, Art. ›Anlage‹, DW*. Anlaß: Grimm, Art. ›Anlasz‹, DW*. Anmut: Grimm, Art. ›Anmut‹ u. verw., ›anmutig‹ u. verw., DW*. Annahme: Grimm, Art. ›Annahme‹, ›annehmen‹ u. verw., DW*. Anschauung: Grimm, Art. ›Anschau‹ u. verw., ›Anschauung‹, DW*; Petzelt, A., Der Begriff der Anschauung, 1933; Kaulbach, Fr. u. a., Anschauung (6 Artikel), HWP. Anstand: Grimm, Art. ›Anstand‹, DW*. Antichrist: Bousset, W., Der Antichrist in der Überlieferung des N. T. und der alten Kirche, 1895. Antizipation: Sandkühler, H. J. u. a., Art. Antizipation, EE I. Aphorismus: Neumann, G. (Hg.), Der Aphorismus. Zur Geschichte u. zu den Formen einer literar. Geltung, 1976*; Schalk, F., Exempla romanischer Wortgeschichte, 1966, S. 1–20. Apologie: Feldmann, W., FV, S. 53. Apriori: Sandkühler, H. J., Art. A priori/ a posteriori, EE I; Schepers, H. u. a., Art. A priori, a posteriori, HWP. äquivalent: Feldmann, W., FV, S. 51; Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 257. Arbeit: Grimm, Art. ›Arbeit‹ u. verw., DW*; Schneidewind, G., Die Wortsippe ›Arbeit‹ und ihre Bedeutungskreise in den ahd. Sprachdenkmälern, BGDSL-H 81 (1959), S. 174–187; Hoops, RLGA, S. 383–386; Lloyd/Springer, EWAH, I, S. 313–318; Hund, W. D.: Art. Arbeit, EE I. Arbeitsteilung: Oppolzer, A., Art. Arbeitsteilung, EE I. Aretalogie: Crusius, O., Art. Aretalogoi, PRCA, Bd. II,1; Weinreich, O., Fabel, Aretalogie, Novelle, 1931. aretë: Natorp, P. u. a., Art. Arete, Teil 3, PRCA, Bd. II,1; Eisenhut, W., Art. virtus, ebd. Suppl. IV, S. 895–910. Argument: Feldmann, W., FV, S. 53 f.; Schoppe, G., GFD, S. 177. Aristokratie: Feldmann, W., FV, S. 54. Arithmetik: Schirmer, A., Der Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 6. Armut: Grimm, Art. ›arm‹, ›armen‹ u. verw., ›Armut‹ u. verw., DW*. Art: Grimm, Art. ›Art‹, DW*; Nägeli, C., Entstehung und Begriff der naturhistorischen Art, 18652; Wolters, G., Art. Species, EPW*. artes liberales: Koch, J. (Hg.), Artes liberales. Von der antiken Bildung zur Wissensch. des Mittelalters, 21976*. Aspekt: Feldmann, W., FV, S. 54. assoziieren: Schirmer, A., WBdK, S. 18. Ästhetik: Art. ›Ästhetik‹, ›Ästhetizismus‹, LdK, Bd. I, S. 152–157. Pochat, G., Gesch. d. Ästhetik und der Kunsttheorie, 1986*; Tatarkiewicz, W., Gesch. der Ästhetik, 3 Bde., 1979–87*; Dilthey, W., Die Epochen der modernen Ästhetik, Ges. Schr. Bd. 6, 1924; Lotze, H., Gesch. d. Ästhetik in Deutschld., 1868, Nachdr. 1913; Gombert, A., Noch einiges über Schlagworte und Redensarten, ZDW 3 (1902), S. 164; Feld-
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mann, W., FV, S. 51 f.; Lotze, H., Geschichte der Ästhetik in Deutschland, 1868; v. Stein, H., Die Entstehung der neueren Ästhetik, 1886; Bosanquet, A History of Aesthetics, 1892. Astrologie: Henseling, R., Werden und Wesen der Astrologie, 1923; Riess, E., Art. Astrologie, PRCA, Bd. II,2. Astronomie: Hultsch, Fr., Art. Astronomie, PRCA, Bd. II,2. Atheismus: Fahs, W., Theous nomizein. Zum Probl. d. Anfänge des Atheismus b. d. Griechen, 1969; Ley, H., Gesch. d. Aufkl. u. des Atheismus, 2 Bde., 1966/1971*; Feldmann, W., FV, S. 54; Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 249; Mauthner, F., Die Geschichte des Atheismus, 4 Bde., 1920–23. Äther: Ganz, P. F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 28 f.; Walz, J., Ätherisch. ZDW XIII (1911/12), S. 24–29. Atomismus: Lasswitz, K., Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis zur Neuzeit, 2 Bde., 1889/90. Attentismus: de la Vega, R., Art. Attentismus, EE I. Aufgabe: Grimm, Art. ›aufgeben‹, DW. aufheben: Grimm, Art. ›aufheben‹, ›Aufhebung‹, DW*. Aufklärung: Cassirer, E., Die Philosophie der Aufklärung, 1932; Schröder, W., Art. Aufklärung, EE I. Engelberg, E. u. a. (hg.), Genese und Gültigkeit von Epochenbegriffen, 1974; Grimminger, R. (Hg.), Dt. Aufklärung bis zur Frz. Revolution, 2 Bde. In: Hansens Sozialgesch. der dt. Literatur, Bde. 3/1, 3/2, 1980*; Pütz, P., Die dt. Aufklärung, 21979*; Kondylis, P., Die Aufklärung im Rahmen des neuzeitl. Rationalismus, 1981*. Aufmerksamkeit: Grimm, Art. ›aufmerken‹ u. verw., DW. Augenblick: Grimm, Art. ›Augenblick‹ u. verw., DW*. Ausdruck: Grimm, Art. ›Ausdruck‹ u. verw., DW*. authentisch: Feldmann, W., FV, S. 55; Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 249. Automat: Kurrer, K.-E., Art. Automation, EE I. Autonomie: Pohlmann, R., Art. Autonomie I–II, 2., HWP. Autorität: v. Jessen-Wesienski, E. J., Der Autoritätsbegriff in den Hauptphasen seiner Entwicklung, 1907. Aversion: Brunt, R. J., The Influence of the French Language on the German Vocabulary, Berlin/N.Y., 1983, S. 41. Avesta: Hoffmann, H., Art. ›Awesta‹. KNLL, Bd. 18, S. 161–163*; Hoffmann, H., Die alt- und mitteliran. Literaturen. KNLL, Bd. 20, S. 523–527. Axiom: Oeing-Hanhoff, L. u. a., Art. Axiom II, HWP; Schirmer, A., Der Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 8. Basis: Gombert, A., Noch einiges üb. Schlagw. u. Redensarten, ZDW 3(1902), S. 167–169; Feldmann, W., FV, S. 55; Schirmer, A., WBdK, S. 29; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 8. Basis-Überbau-Verhältnis: Tomberg, F.: Art. Basis und Überbau, EE I*; Ahrweiler, G., Art. Basis-Überbau-Verhältnisse, EE I. Bedeutung: Grimm, Art. ›bedeuten‹ u. verw., DW*. Bedingung: Grimm, Art. ›bedingen‹ u. verw., DW*. Bedürfnis: Grimm, Art. ›bedürfen‹ u. verw., DW*; Schönpflug, V. u. a., Art. Bedürfnis II, HWP; Schürmann, V. u. a., Art. Bedürfnis, EE I. begreifen: Grimm, Art. ›begreifen‹ u. verw., ›Begriff‹ u. verw., DW*. Begriff: Grimm, Art. ›Begrif‹ bis ›begrifsmäszig‹, DW; Horn, E., Der Begriff des Begriffes. Die Geschichte des Begriffes und seine metaphysische Bedeutung, 1932. Beifall: Grimm, Art. ›Beifall‹ u. verw., DW. Beispiel:
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Buck, G., Art. Beispiel, Exempel, exemplarisch, HWP. Beobachtung: Grimm, Art. ›beobachten‹ u. verw., DW. Beruf: Grimm, Art. ›Beruf‹ u. verw., DW; Holl, K., Die Geschichte des Wortes Beruf, 1924. Bescheidenheit: Grimm, Art. ›bescheiden‹ als Verb u. Adj., ›Bescheidenheit‹ u. verw., DW. Besitz: Grimm, Art. ›besetzen‹ u. verw., Besitz u. verw., DW. besonder: Grimm, Art. ›besonder‹ u. verw., DW. Bestätigung: Grimm, Art. ›bestätigen‹ u. verw., DW*. bestimmen: Grimm, Art. ›bestimmen‹ u. verw., DW. Betrachtung: Grimm, Art. ›betrachten‹ u. verw., DW. Beweggrund, Grimm, Art. ›Bewegungsgrund‹, DW. Bewegung: Grimm, Art. ›bewegen‹ u. verw.. ›Bewegung‹ u. verw., DW*. Beweis: Grimm, Art. ›Beweis‹ u. verw., ›Beweisthum‹, ›Beweisung‹, DW. bewußt: Grimm, Art. ›bewust‹, ›Bewust‹, ›Bewustsein‹ u. verw., DW. Bewußtsein: Diemer, A., Art. Bewußtsein II, III, HWP*; Schurig, V., Art. Bewußtsein, EE I; Regenbogen, A. u. a., Art. Unbewußte, das, EE IV. Beziehung: Grimm, Art. ›beziehen‹ u. verw., DW*. Bhagavadgita: Grönbold, G., Art. ›Bhagavadgita‹. KNLL, Bd. 18, S. 192 f.*. Bienenfabel: Landry, H., Art. ›The Fable of the Bees‹. KNLL, Bd. 11, S. 16f.*. Bild: Grimm, Art. ›Bild‹ u. verw., ›bilden‹ u. verw., ›Bildnis‹, DW*; Kaspers, W., Montjoie/Weichbild - Bild ZDS 20 (1964), S. 91–97 u. 178–192. Bildung: Bracht, U. u. a., Art. Erziehung und Bildung, EE I; Grimm, Art. ›Bildung‹ u. verw., ›Bildungstrieb‹, DW; Lichtenstein, E., Art. Bildung, HWP*; Schaarschmidt, I., Der Bedeutungswandel der Worte Bildung und Bilden, Diss. Königsberg 1931. Billigkeit, Grimm, Art. ›billig‹ u. verw., DW. böse: Grimm, Art. ›böse‹, DW*; Regenbogen, A., Art. gut/böse, EE II. Bosheit: Grimm, Art. ›Bosheit‹, DW*. Brahman, Brahmanismus: Witzel, M., Art. ›Brahmanas‹. KNLL, Bd. 18, S. 332–336*; Witzel, M., Art. ›Veda‹, ebd. Bd. 19, S. 725f. Buddhismus: Halbfaß, W., Art. ›Reden des Buddha‹. KNLL, Bd. 19. S. 371–375*. Bürger, bürgerliche Gesellschaft: Kraiker, G., Art. Bürger/ citoyen/ bourgeois, EE I*; ders., Art. Gesellschaft, bürgerliche, EE II; Weihnacht, P.-L., Staatsbürger. Zur Gesch. und Kritik e. polit. Begr. In: Der Staat, 8/1969; Birtsch, G. (Hg.), Grund- und Freiheitsrechte im Wandel der Geschichte, 1981; Garber, J. (Hg.), Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft, 1981; Ruppert, W., Bürgerlicher Wandel, 1981; Sombart, W., Der Bourgeois. Zur Geistesgesch. d. mod. Wirtschaftsmenschen, 1913. Buße: Grimm, Art. ›Busz, Busze‹ u. verw., DW; Weisweiler, J., Buße, Halle 1930; Weisweiler, J., Buße. Bedeutungsgeschichte. Beiträge zur Kultur- und Geistesgeschichte, 1930. Charakter: Feldmann, W., FV, S. 57 f.; Ganz, P. F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, Berlin 1957, S. 51; Grimm, Art. ›Character‹ u. verw., DW; Seidel, Ch., Art. Charakter I, HWP; Hopfner, Th., Art. Charakteres, PRCA, Suppl. IV, S. 1183–1187. Chauvinismus: de la Vega, R., Art. Chauvinismus, EE I*. Chiffre: Littmann, E., Morgenländische Wörter im Deutschen, 2. Aufl., 1924, S. 77; Brunt, R. J., The Influence of the French Language on the German Vocabulary, 1983, S. 193. civitas dei: Heuss, H. L., Art. ›De civitate dei‹. KNLL, Bd. 1, S. 866–868*. cognitio: Kleinfellner, G.,
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Literatur zur Begriffsgeschichte
Art. cognitio, PRCA, Bd. IV,1. common sense: Pust, H., Common sense. In: Knobloch, J. u. a. (Hg): Europ. Schlüsselwörter, II.1, 1964; Leinkauf, Th. u. a., Art. sensus communis, HWP*. contrat social: Forschner, M., Art. ›Du contrat social‹. KNLL, Bd. 14, S. 388–390*. Dankbarkeit: Grimm, Art. ›dank‹, ›dankbar‹, ›Dankbarkeit‹, DW. Darwinismus: Schuring, V., Art. Darwinismus, Art. Evolutionsbiologie, EE I; Regenbogen, A. u. a., Art. Evolutionstheorien, EE I. definieren: Feldmann, W., FV, S. 63 f. Deklaration: Feldmann, W., FV, S. 63; Schoppe, G., GFD, S. 180; Schirmer, A., WBdK. Demokratie: Bien, G. u. a., Art. Demokratie I, II, HWP; Kinzl, K.H., )/9?5C!I3!, in: Gymnasium 84/85 (1978), S. 117–127, S. 312–326; Lambrecht, L., Art. Demokratie, EE I*; Meier, C., Entstehung d. Begr. ›Demokratie‹, 1970*; Schoeffer, V. v., Art. Demokratie, PRCA, Suppl. I, S. 346–474*. demonstrieren: Feldmann, W., FV, S. 64. Denken: v. Bormann, C. u. a., Art. Denken I, HWP; Grimm, Art. ›denken‹ u. verw., DW*. Deskription: Feldmann, W., FV, S. 64. Desperatismus: Schoppe, G., GFD, S.181. Despotismus: Bien, G., Art. Despotie, Despotismus, HWP. determinieren: Feldmann, W., FV, S. 64. Dialektik: Holz, H. H., Art. Dialektik, EE I*; Müller, A. u. a., Art. Dialektik, HWP*; Samwald, A., Der Begriff der Dialektik und der Anthropologie, 1931. dialektischer Materialismus: Sandkühler, H. J., Art. Materialismus, EE III*; Sandkühler, H. J. u. a., Art. Marxismus, EE III*; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4.7), EE I. Dialog: Feldmann, W., FV, S. 64 f. Didaktik: Feldmann, W., FV, S. 65; Knecht, I., Zur Geschichte des Begriffs Didaktik, AB 28 (1984), S. 100–122. Didaktik: Schickel, J., Art. ›Didactica magna‹. KNLL, Bd. 4, S. 113*. Differenz: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 15; Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 255. Diktatur: Feldmann, W., FV, S. 65. Dimension: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912. Ding: Grimm, Art. ›Ding‹, DW*; Karg-Gasterstädt, E., Althochdeutsch ›thing‹ – neuhochdeutsch ›Ding‹, Berlin 1958 [= BVSAW 104, 2]. Diskrepanz: Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 255 f. Disposition: Bönisch, S., Art. Disposition, EE I; Thürnau, D., Art. Dispositionsprädikate, EE I*. Distanz: Feldmann, W., FV, S. 65; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 15; Jones, W. J., LFBGV, S. 293. Disziplin: Mauck, O., Der lateinische Begriff ›disciplina‹, Freiburg/Schweiz 1941. divergent: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 15. Division: Feldmann, W., FV, S. 66. docta ignorantia: Schickel, J., Art. ›De docta ignorantia‹. KNLL, Bd. 12, S. 460 f.*. Dogma: Feldmann, W., FV, S. 66. Dogmatismus: Mader, H., Art. Dogmatismus, EE I*. Doktrin: Feldmann, W., FV, S. 66. Domäne: Feldmann, W., FV, S. 66; Jones, W. J., LFBGV, S. 294. Dressur: Schoppe, G., GFD, S. 182; Brunt, R.J., The Influence of the French Language on the German Vocabulary (1649–1735), Berlin/N.Y. 1983, S. 255.
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ecce homo: Brusotti, M., Art. ›Ecce homo‹. KNLL, Bd. 12, S 421–424*. edel: Grimm, Art. ›edel‹ u. verw., DW; Zutt, H., Adel und Edel, 1956. Effekt: Feldmann, W., FV, S. 66; Schoppe, G., GFD, S. 182. Ehre: Grimm, Art. ›Ehre‹ bis ›Ehrwürdigkeit‹, DW*; Karg-Gasterstädt, E., Ehre und Ruhm im Althochdeutschen, BGDSL 70 (1948), S. 308–331; Must, G., The Origin of the German Word Ehre ›Honor‹, PMLA 76 (1961), S. 326–329. Ehrfurcht: Grimm, Art. ›Ehrfurcht‹ u. verw., DW; Nichtenhauser, D., Rückbildungen im Neuhochdeutschen, Freiburg/Br. 1920, S . 25. Eigenschaft: Grimm, Art. ›Eigenschaft‹ u. verw., ›eigentümlich‹, DW. Eigentum: Grimm, Art. ›Eigenthum‹, DW; Wagner, H., Art. Eigentum, EE I*; Keiler, P., Art. Aneignung, EE I*. Einbildung: Grimm, Art. ›einbilden‹ bis ›Einbildungsvermögen‹, DW. Eine, das: Hadot, P., Art. Eine (das), Einheit, HWP; Oittinen, V., Art. Einheit/ Vielheit, EE I. Einfalt: Grimm, Art. ›Einfalt‹ bis ›einfältiglich‹, DW. Einfluß: Grimm, Art. ›Einflusz‹, DW. Einheitswissenschaft: Fiedler, F., Art. Einheit der Wissenschaften, EE I. Einstellung: Neumann, Fr., Einstellung als seelisches Verhalten, ZDW XVII (1961), S. 59–75*; Vorwerg, M., Art. Einstellung, EE I. einzig: Grimm, Art. ›einzig‹ u. verw., DW. Ekel: Schröder, H., Etymologisches. BGDSL 29 (1904), S. 557. Ekstase: Feldmann, W., FV, S. 66. élan vital: Roloff, V. u. a., Art. ›L’évolution créatrice‹. KNLL, Bd. 2, S. 565 f. eleatische Philosophie: Wellmann, E., Art. Eleat. Philos., PRCA, Bd. V, 2. Element: Grimm, Art. ›Element‹ u. verw., DW. Emanation: Kremer, K., Die neuplaton. Seinsphilos. u. ihre Wirkung auf Th. v. Aquin, 1966; Jonas, H., Gnosis und spätantiker Geist, 2 Bde., 1934/1954*. Emblem: Penkert, S. (Hg.), Emblem und Emblematikrezeption, 1978. Emergenz: Krohn, W. u. a. (Hg.), Emergenz, 1992; Stephan, A. u. a., Emergenz, Information Philosophie 3 (1994), S. 46–51. Emotion: Feldmann, W., FV, S. 66; Jones, W. J., LFBGV, S. 306; Hermsen, H., Art. Emotion/ Gefühl, EE I*. Empfindsamkeit: Sauder, G., Empfindsamkeit, Bd.1, 1974, Bd. 2, 1980. Empfindung: Feldmann, W., FV, S. 303–315; Ganz, P.F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 64–68; Piepmeier, R. u. a., Art. Empfindung I–II 3., HWP. Empirie: Mehrtens, A., Art. Empirie/ Beobachtung, EE I*. empirisch: Schoppe, G., GFD, S. 182. Empirismus: Vidoni, F., Art. Empirismus, EE I*; Hegselmann, R., Art. Empirismus, logischer, EE I*; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 5.5), EE I. endlich: Grimm, Art. ›endlich‹, ›Endlichkeit‹, DW*; Romberg, G. u. a., Art. endlich, HWP; Becker, W., Art. Endlichkeit, HPG. Energie: Feldmann, W., FV, S. 67; Schoppe, G., GFD, S. 182 f. Engagement: de la Vega, R., Art. Engagement, EE I*. Engel: Grimm, Art. ›Engel‹ u. verw., DW. Entfremdung: Ritz, E., Art. Entfremdung, HWP; Zimmer, J. u. a., Art. Entfremdung, EE I*; Enthusiasmus: Feldmann, W., FV, S. 67. Enthymem: Schepers, H., Art. Enthymem, HWP. Entropie: Swing, R., Art. Entropie, EE I. Entscheidung: Schramm, A., Philosophische Studien zum Begriff der Entscheidung, 1940. entweder – oder: Grimm, Art. ›entweder‹, DW. Entwicklung: Brandenburg, E., Der Begriff der Entwicklung und seine Anwendung auf die Geschichte,
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Literatur zur Begriffsgeschichte
1941; Weyand, K., Art. Entwicklung I, HWP; Schurig, V., Art. Entwicklung, EE I*; Bullens, H., Art. Entwicklungspsychologie/ psychische Entwicklung, EE I*. Enzyklopädie: Art. ›Enzyklopädie‹, in: Meyers Enzykl. Lexikon, Bd. 8, 1973*; Zisch, G., Index lexicorum. Bibliogr. d. lexikal. Nachschlagewerke, 1959*. Dierse, U. u. a., Art. Enzyklopädie, EE I*; Henningsen, J., ›Enzyklopädie‹. Zur Sprach- und Deutungsgeschichte eines pädagogischen Begriffs. AB 10 (1966), 271–357; Dierse, U., Enzyklopädie, Bonn 1977; Mittelstraß, J., Art. Enzyklopädie, EPW; Wendt, B., Idee und Entwicklungsgeschich. d. enzyklopäd. Literatur, 1941. Epikuräer: Arnim, H. v., Art. Epikuros, Abschn. 4, PRCA, Bd. VI, 1. Epistemologie: Michaux, B., Art. Epistemologie, EE I; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 5.6), EE I. Epoche, epochal, epochemachend: Borst, E., Epoche machen. ZDW X (1908/09), S. 189–193; Herzog, R. u. a. (Hg.): Epochenschwelle und Epochenbewußtsein, 1987. Equity: Regenbogen, A., Gerechtigkeitsforschung. Dialektik 1994/1, 131–146. Erbe: Zimmer, J., Art. Tradition, EE IV. Erfahrung: Kessler, A. S. u. a., Art. Erfahrung, HPG; Wagner, H. J., Der Erfahrungsbegr. des Positivismus, der krit. Theorie u. der obj. Hermeneutik, 1981. Erfindung: Hügli, A. u. a., Art. Invention, HWP. Erinnerung: Grimm, Art. ›erinnern‹, DW. Erkenntnis: Grimm, Art. ›erkennen‹, ›Erkenntnis‹ u. verw., DW; Krings, H. u. a., Art. Erkennen, Erkenntnis I, IIA, HWP; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie, EE I*. Erklärung: Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4.8), EE I. erlaubt: Wiercinski, D., Des lobes ris. ZDPh 84 (1965), S. 98 f. Erleben: Cramer, K., Art. Erleben, Erlebnis, HWP; Grimm, Art. ›erleben‹, DW. Erlebnis: Dilthey, W., Das Erlebnis und die Dichtung, 141965; Grimm, Art. ›erleben‹, DW. Eros: Waser, O. u. a., Art. Eros, PRCA, BD. VI, 1. Erscheinung: Grimm, Art. ›erscheinen‹, ›Erscheinung‹, DW. Erziehung: Bracht, U. u. a., Art. Erziehung und Bildung, EE I*; Grimm, Art. ›erziehen‹ u. verw., DW; Rein, W., Enzyklopädisches Handbuch der Pädagogik, 10 Bde., 21903–1910. Erziehungswissenschaft: Bracht, U. u. a., Art. Erziehungswissenschaft, EE I*. Eselsbrücke: Grimm, Art. ›Eselsbrücke‹, DW; Schepers, H., Art. ›Eselsbrücke‹, HWP. esprit: Feldmann, W., FV, S. 68; Jones, W. J., LFBGV, S. 318; Brunt, R. J., The Influence of French Language on the German Vocabulary (1983), S. 284 f. Essay: Haas, G., Essay, 1969*. Essenz: Schoppe, G., GFD, S. 183. Ethik: Feldmann, W., FV, S. 68; Chamberlain, Ch., Why Aristotle called Ethics Ethics: The Definition of ëthos: Eudemian Ethics 2,2, Hermes 112 (1984), S. 176–183; Romberg, R., Art. Ethik, HWP*. etwas: Grimm, Art. ›etwas‹, DW*. Evolution: Schurig, V., Art. Evolutionsbiologie, EE I; Regenbogen, A. u. a., Art. Evolutionstheorien, EE I*. Exempel: Feldmann, W., FV, S. 68; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 21 f. existentia: Hadot, P. u. a., Art. Existenz, existentia, HWP. Existenz: Hadot, P. u. a., Art. Existenz, existentia, HWP. existieren: Feldmann, W., FV, S. 68 f. Experiment: Dingler, H., Über die Geschichte und das Wesen des Experiments, 1952; Feldmann, W., FV, S. 69; Röseberg, U., Art. Experiment, EE I; Dingler, H.,
Literatur zur Begriffsgeschichte
Das Experiment; sein Wesen und seine Geschichte, 1928. mann, W., FV, S. 69.
774 extrem: Feld-
Faktum: Feldmann, W., FV, S. 69; Walz, J. W., Zum Sprachgebrauch des 18. Jahrhunderts, ZDW 12 (1910), S. 179. falsch: Grimm, Art. ›falsch‹, DW*. Fanatismus: Gombert, A., Noch einiges über Schlagworte und Redensarten, ZDW 3 (1902), S. 174 f.; Feldmann, W., FV, S. 69. Spalmann, R., ›Fanatisch‹ und ›Fanatismus‹, AB 15 (1971), S. 256–274; Schalk, F., Exempla romanischer Wortgeschichte, 1966, S. 60–74. Faszination: Feldmann, W., FV, S. 70. fatal: Feldmann, W., FV, S. 70. Fatalismus: de la Vega, R., Art. Fatalismus, EE II. Feigheit: Schütt, A., Zu Wolfs Bibelglossar von 1523, ZDW 11 (1909), S. 274 f. Feld: Grimm, Art. ›Feld‹, DW*. Jammer, M. u. a., Art. Feld, Feldtheorie, HWP*; Trier, J., Art. Feld, sprachliches, HWP*. Feminismus: Friese, M., Art. Frauen, EE II*. Fetisch: Iacono, A. M., Art. Fetischismus, EE II*; Littmann, E., Morgenländische Wörter im Deutschen, 2. Aufl., 1924, S. 139. Figur: Feldmann, W., FV, S. 71; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 23 f. final, Finalität: Jones, W., LFBGV, S. 335 f. fixieren: Gombert, A., Kl. Bem. z. Wortgesch., ZDW 8 (1906/07), S. 126 f. Fluktuation: Schirmer, A., WBdK, S. 64. Folge: Grimm, Art. ›Folge‹ u. verw., DW. Form, formal: Schoppe, G., GFD, S. 185; Kutzelnigg, A., Die Begriffe Form, Gestalt und Größe, MS 82 (1972), S. 27–37; Jones, W. J., LFBGV, S. 344; Feldmann, W., FV, S. 70; Bormann, C. v. u. a., Art. Form und Materie, HWP; Grimm, Art. ›Form‹ bis ›Formung‹, DW. Fortschritt: Ritter, J., Art. Fortschritt, HWP. Frankfurter Schule: Regenbogen, A., Art. Frankf. Schule, EE II; Wiggershaus, R., Die Frankf. Schule, 1986; Jay, M., Dialektische Phantasie. Die Gesch. d. Frankf. Schule u. d. Inst. f. Sozialforschung, 1976. Freidenker: Ganz, P.F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1952, S. 76–78. Freidenker: Strüning, H. D., Art. Freidenker, EE II*. Freiheit: Galceran-Huguet, M., Art. Freiheit, EE II; Grimm, Art. ›frei‹, ›Freiheit‹ u. verw., DW; Schlumbohm, J., Freiheitsbegriff und Emanzipationsprozeß. Zur Geschichte eines politischen Wortes, AB 17 (1973), S. 140–142; Schrader, O., ›Freiheit‹. Eine sprachgeschichtliche Betrachtung. Zeitschrift für Sozialwissenschaft I, 1898; Warnach, W. u. a., Art. Freiheit, HWP*; Blasche, S., Art. Freiheit, EPW; Mercier, A., Freiheit. Begr. u. Bedeutung in Gesch. u. Gegenw., 1973; Freyer, H. u. a., Das Probl. d. Freiheit im europ. Denken, 1958*; Steinvorth, U., Freiheitstheorien i. d. Philos. d. Neuzeit, 1987*; Waser, O. u. a., Art. Eleutheria, PRCA, Bd. V, 2. Freude: Grimm, Art. ›Freude‹, ›freuen‹, DW. Freundschaft, Kameradschaft: Götze, A., Freundschaft. ZDW XII (1910), S. 93–108; Scheller, M., Vedisch priyá- und die Wortsippe frei, freien, Freund. Eine bedeutungsgeschichtliche Studie, 1959. Frömmigkeit: Trillhaas, W., Art. Frömmigkeit, RGG. fundiert: Ganz, P. F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 81; Grimm, Art. ›fundieren‹, DW. Funktion: Cassirer, E.: Substanzbegriff und Funktionsbegriff, 1910; Steiner, H. G. u.a., Art. Funktion I, II, HWP; Thiel, Ch., Art. Funktion, HPG; Steinbacher, K.,
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Literatur zur Begriffsgeschichte
Art. Funktion/ Funktionalismus, EE II; Otte, M., Art. Funktion, mathem., EE II; Hirdiner, H., Art. Funktionalismus, ästhet., EE II. Furcht: Grimm, Art. ›Furcht‹, DW*. furioso eroico: Stadler, H., Art. ›De gl’heroici furiosi‹. KNLL, Bd. 3, S. 279 f.*. Fusion: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 67. Ganze: Bueno Martinez, G., Art. Ganzes/ Teil, EE II; Grimm, Art. ›ganz‹, DW*; Kaulbach, F. u. a., Art. Ganzes, Teil, HWP*; Wenzl, A., Der Gestalt- und Ganzheitsbegriff in der modernen Psychologie, Biologie und Philosophie und sein Verhältnis zum Entelechiebegriff, Festschrift Geyser, 1931. Gattung: Grimm, Art. ›Gattung‹, DW*. Gebot: Grimm, Art. ›Gebot‹, DW*. Gedächtnis: Grimm, Art. ›Gedächtnis‹, DW*. Gedanke: Grimm, Art. ›Gedanke‹, DW*. Geduld: Grimm, Art. ›Geduld‹ u. verw., DW. Gefühl: Franke, U. u. a., Art. Gefühl, HWP*; Grimm, Art. ›Gefühl‹ u. verw., DW*; Hermsen, H., Art. Emotion/ Gefühl, EE I. Gegensatz: Beierwaltes, W., Art. Gegensatz I, HWP; Grimm, Art. ›Gegensatz‹, DW*; Pätzold, D., Art. Gegensatz, EE II. Gegenstand: Grimm, Art. ›Gegenstand‹ u. verw., DW*; Heintel, E. u. a., Art. Gegenstand I, HWP; Pfaff, W., Zum Kampf um deutsche Ersatzwörter, 1933, S. 30 f.; Oittinen, V., Art. Gegenstand, EE II. Gegenteil: Grimm, Art. ›Gegentheil‹, DW. Gegenwart: Grimm, Art. ›Gegenwart‹, DW*. Geist: Grimm, Art. ›Geist‹ u. verw., DW*; Lutze, E., Die germanischen Übersetzungen von ›spiritus‹ und ›pneuma‹, Diss. Bonn 1960, S. 480–490; Weidmann, B.G., On the Semantic Development of English ghost and German Geist. Orbis 32 (1983), S. 223–240; Oeing-Hanhoff, L., Art. Geist, HWP*; Morenz, S. u.a., Art. Geist, RGG; Blasche, S., Art. Geist, EPW*; Buchner, H., Art. Geist, HPG. Geisteswissenschaft: Gadamer, H. G., Art. Geisteswissenschaft, RGG; Riedel, M., Art. Geisteswissenschaft, EPW. Geistigkeit: Grimm, Art. ›geistig‹, ›Geistigkeit‹, DW. Geiz: Grimm, Art. ›Geiz‹ u. verw., DW*. Gemeinschaft: Grimm, Art. ›Gemeinschaft‹ u. verw., DW. Gemeinsinn: Ganz, P. F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 83. Gemüt, Gemütsbewegung: Braune, W., Gemüt, BGDSL 43 (1918), S. 356–359; Emmel, H. u. a., Art. Gemüt, HWP; Grimm, Art. ›Gemüt‹, DW*; Schmidt-Sauerhöfer, P., Art. Gemütsbewegung, HWP*. Generation: Klocke, H.: Der Begriff der Generation, Blätter für deutsche Philosophie, 1933, H. 5. Genie: Bauerhorst, K., Der Geniebegriff, Diss. Breslau 1930; Brunt, R. J., The Influence of French Language on the German Vocabulary (1649–1735), Berlin/N.Y. 1983, S. 320 f.; Grimm, Art. ›Genie‹, DW*; Warning, R. u. a., Art. Genie, HWP*; Wolf, H., Versuch einer Geschichte des Geniebegriffs I, 1923*; Zilsel, E., Die Entstehung des Geniebegriffs, 1926; Schmidt, L., Die Gesch. d. Genie-Gedankens, 2 Bde., 1985*. Gerechtigkeit: Gollnick, R. u. a., Art. Gerechtigkeit, EE II; Regenbogen, A., Gerechtigkeitsforschung. In: Dialektik 1994/1; Grimm, Art. ›gerecht‹ u. verw., ›Gerechtigkeit‹, DW; Hauser, R. u. a., Art. Gerechtigkeit, HWP; Pinomaa, L., Art. Gericht, HWP*; Hommel, H., Wahrheit und Gerechtigkeit. Zur Geschichte und Deutung eines Begriffspaars,
Literatur zur Begriffsgeschichte
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AuA 15 (1969), S. 159–186. Geschichte, Geschichtswissenschaft: Irmschler, K., Art. Geschichtswissensch., EE II; Küttler, W. u. a., Art. Geschichtstheorie, EE II; Geiger, Das Wort Geschichte, 1908; Grimm, Art. ›Geschichte‹ u. verw., DW*; Hager, F. P. u. a., Art. Geschichte, HWP*. Geschichtsphilosophie: Buhr, M. u. a., Art. Geschichtsphilosophie, EE II*; Küttler, W. u. a., Art. Geschichtstheorie, EE II*; Dierse, U. u. a., Art. Geschichtsphilosophie, HWP. Geschlecht: Grimm, Art. ›Geschlecht‹, DW*; Schunter-Kleemann, S., Art. Geschlechterverhältnis, EE II*. Geschmack: Grimm, Art. ›Geschmack‹, DW*; Stierle, K. u. a., Art. Geschmack, HWP. Gesellschaft: Grimm, Art. ›Gesellschaft‹, DW*; Kaupp, P., Art. Gesellschaft, HWP; Riedel, M., Art. Gesellschaft, bürgerliche, HWP; Kraiker, G., Art. Gesellschaft, bürgerliche, EE II*; Tjaden, K. H., Art. Gesellschaftsformation, EE II*; Lambrecht, L. (Hg.), Gesellschaftsformationen in der Geschichte, 1978. Gesellschaftsvertrag: Burgio, A., Art. Gesellschaftsvertrag, EE II*; Medick, H., Naturzustand und Naturgeschichte der bürgerl. Gesellschaft, 1973. Gesetz: Grimm, Art. ›Gesetz‹, DW*; Krawietz, W. u. a., Art. Gesetz, HWP; Windelband, Zum Begriff des Gesetzes, 1908. Gestalt: Grimm, Art. ›Gestalt‹, DW*; Kutzelnigg, A., Die Begriffe Form, Gestalt und Größe, MS 82 (1972), S. 27–37. Gestaltpsychologie: Lewin, K., Die Entw. der exerimentellen Willenspsychol. u. Psychotherapie, 1929; Stadler, M., Art. Gestalttheorie, EE II*. Gewissen: Grimm, Art. ›Gewissen‹, DW*; Reiner, H., Art. Gewissen, HWP. Gewißheit: Grimm, Art. ›gewiss‹, ›Gewissheit‹ u. verw., DW*. Gewohnheit: Funke, G., Art. Gewohnheit, HWP; Funke, G., Gewohnheit, AB 3 (1958); Grimm, Art. ›Gewohnheit‹, DW*. Glaube: Vorster, H., Art. Glaube, HWP*, Grimm, Art. ›Glaube‹, DW*. Gleichheit: Grimm, Art. ›Gleichheit‹, DW*. Glück: Ritter, J. u. a., Art. Glück, HWP; Sanders, W., Glück. Diss. Graz 1965, S. 236–261; Grimm, Art. ›Glück‹, DW*. Gnade: Grimm, Art. ›Gnade‹, DW*. Gnosis: Leisegang, H., Die Gnosis, 31941; Jonas, H., Gnosis u. spätantiker Geist, 2 Bde., 1934/1954*; Foerster, W. (Hg.), Die Gnosis, 3 Bde. 1969–1979*. Gott: Burbert, W., Art. Gott, HWP*; Goldammer, K., Art. Gott, RGG; Gatzemeier, M., Art. Gott, philosophisch, EPW; Grimm, Art. ›Gott‹, DW*. Grammatik: Grimm, Art. ›Grammatik‹, DW*; Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 10–13; Roos, H. u. a., Art. Grammatik, HWP. Gravitation: Feldmann, W., FV, S. 73; Schoppe, G., GFD, S. 186. Grenze: Bielefeldt, H. H., Die Entlehnungen aus den verschiedenen slavischen Sprachen im Wortschatz der nhd. Schriftsprache, 1965, S. 29 f.; Eichler, E., EWSE, S. 40 f.; Grimm, Art. ›Grenze‹, DW*. Größe: Grimm, Art. ›Grösze‹, DW*. Großmut: Grimm, Art. ›Groszmuth‹, DW. Grund: Bendszeit, K., Art. Grund, HWP; Grimm, Art. ›Grund‹, DW*; Kunisch, H., Das Wort ›Grund‹, Münster 1929. Gruppe: Eusebi, M., Die Etymologie der Wortfamilie von ital. groppo/gruppo (span. grupo, frz. groupe, dt. Gruppe ) , ASNSL 198/113 (1961), S. 30–32. Gültigkeit: Grimm, Art. ›gültig‹, ›Gültigkeit‹, DW. gut: Grimm, Art. ›gut‹, DW*; Reiner, H. u. a., Art. Gut, HWP; Schwemmer, O., Art. (das) Gute, EPW; Schmidt, F., Zur Ge-
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Literatur zur Begriffsgeschichte
schichte des Wortes ›gut‹. Diss. Berlin 1898; Regenbogen, A. Art. gut/ böse, EE II. Handeln: Grimm, Art. ›handeln‹, DW*. Harmonie: Schoppe, G., GFD, S. 186; Gigon, O., Zum antiken Begriff der Harmonie, SG 19 (1966), S. 539–547; Hüschen, H., Der Harmoniebegriff im Mittelalter, SG 19 (1966), S.548–554. Haß: Grimm, Art. ›Hasz‹, DW. häßlich, das Häßliche: Franke, U., Art. (das) Häßliche, HWP; Götze, A., Häßlich, ZDW 7 (1905), S. 202–220; Grimm, Art. ›häszlich‹, DW. Hegelianismus: Lübbe, H. (Hg.): Die Hegelsche Rechte, 1962; Löwith, K. (Hg.): Die Hegelsche Linke, 1962*; Fetscher, J. (Hg.): Hegel in der Sicht der neueren Forschung, 1973. Heil: Grimm, Art. ›heil‹ (Heil), DW; Walz, J., Heil, ZDW XV (1914), S. 157–174. heilig, Heiligkeit: Grimm, Art. ›heilig‹, ›Heiligkeit‹, DW; Feigel, F., Das Heilige, 1949; Must, G., English holy, German heilig. JEGPH 59 (1960), S. 184–189. Held: Ganz, P.F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 94 f. Hermeneutik: Brinkmann, H., Mittelalterl. Hermeneutik, 1980; Leibfried, E., Literar. Hermeneutik, 1980; Wach, S., Das Verstehen, 3 Bde., 1926–33, Nachdr. 1966*; Gadamer, H.-G., Art. Hermeneutik, HWP*. Hermetica: Scott, W. (Hg.): Hermetica, 4 Bde. 1924–36, Nachdr. 1968*. heroisch: Feldmann, W., FV, S. 74. Herz: Biesterfeld, W., Art. Herz, HWP; Grimm, Art. ›Herz‹, DW*. heterogen: Feldmann, W., FV, S. 74. Heuchelei: Schröder, H., Etymologisches, BGDSL 29 (1904), S. 556 f. Hinduismus: Lorenz, K., Art. Philosophie, indische, EPW*. Historie: Feldmann, W., FV, S. 74; Keuck, K., Historia, Diss. Münster 1934; Seifert, A., Historia im Mittelalter, AB 21 (1977), S. 226–284. historischer Materialismus: Chitas, E., Art. Materialismus, histor., EE III*; Sandkühler, H. J., Art. Marxismus, EE II*. Historismus: Lozek, G., Art. Historismus, EE II; Meinecke, F., Die Entstehung des Historismus, 1936; Schnädelbach, H., Geschichtsphil. nach Hegel. Die Probleme des Historismus, 1974; Troelsch, E., Der Historismus und seine Probleme, 1922; Rothacker, E., Das Wort ›Historismus‹, ZDW XVI (1960), S. 3–6*; Scholts, G., Historismus, HWP*. Höflichkeit: Elias, N., Über den Prozeß der Zivilisation, 2 Bde., EA 1939. Holismus: Bueno Martinez, G., Art. Holismus, EE II. Homonym: Pronay, A., Art. Homonym I, HWP. Horizont: Hinske, N. u. a., Horizont I, II, HWP. human: Feldmann, W., FV, S. 74; Schoppe, G., GFD, S. 186 f. Humanismus: Böhme, G., Wirkungsgesch. des Humanismus, 1988*; Buck, A., Humanismus, 1986; Böhme, G., Bildungsgesch. d. europ. Humanismus, 1986. Deutsche Forschungsgemeinsch. (Hg.): Humanismus-Forschung seit 1945, 1975*; Maasen, J., Drama und Theater d. Humanistenschulen. 1929*; Menke, C. u. a., Art. Humanismus, Humanität, HWP. Humor: Feldmann, W., FV, S. 74; Schütz, K.O., Zur Geschichte des Wortes ›Humor‹, MS 70 (1960), S. 193–202; Ganz, P. F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 98 f.; Hörhammer, D., Die Formation des literar. Humors, 1984. Hybris: Hooker, J. T., Thucydides’ use of !C+I/ and O!C3G, AB 19 (1975), S. 125–137.
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Hypostase: Studer, B. u. a., Hypostase 1., 2., HWP; Menne, A., Zur Begriffsgeschichte von ›hypothetisch‹, AB 22 (1978), S. 120 f. Hypothese: Szabó, A. u. a., Art. Hypothese, Hypothesis, I, II, HWP. Ich: Grimm, Art. ›ich‹, DW*; Herring, H., Art. Ich, HWP; Gethmann, C. F., Art. Ich, EPW. Ideal: Schlesinger, A.: Der Begriff des Ideals. Eine historischpsychologische Analyse I, 1908; Thürnau, D. u. a.: Art. Ideal, EE II. Idealismus: Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4), EE I; Zeltner, H. u. a., Idealismus (13 Artikel), HWP*. Idee: Feldmann, W., FV, S. 75; Jones, W.J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SM 51 (1979), S. 260; Brunt, R. J., The Influence of French Language on the German Vocabulary, Berlin/N.Y., 1983, S. 337; Meinhardt, H., Art. Idee, HWP*. Identität: Lorenz, K. u. a., Art. Identität, Identitätssystem, HWP. Ideologie: Barth, H., Wahrheit u. Ideologie, 1945; Dierse, U. u. a., Art. Ideologie, HWP; Ganslandt, H.R., Ideologie, EPW; Frese, J., Ideologie, Diss. Münster 1965; Oertel, H., Zur Genesis des Ideologiebegriffs, DZPh 18 (1970), S. 206–210; Rauh, H.-Chr., Zur Herkunft, Vorgeschichte und ersten Verwendung des Ideologiebegriffs bei Marx und Engels bis 1844, DZPh 18 (1970), S. 689–715; Sandkühler, H. J., Art. Ideologie, EE II*; Sandkühler, H. J., Praxis und Geschichtsbewußtsein, 1974*. Idol: Feldmann, W., FV, S. 75; Reckermann, A., Art. Idol, Ido(lo)latrie, HWP; Uhl, A., Art. ›Instauratio magna‹. KNLL, Bd. 2, S. 39–42. Illusion: Feldmann, W., FV, S. 75; Schoppe, G., GFD, S. 187; Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 260; Strabe, W., Art. Illusion, HWP. imitatio Christi: Wehr, G., Art. ›De imitatione Christi‹. KNLL, Bd. 16, S. 542 f.*. immanent: Oeing-Hanhof, L., Art. Immanent, Immanenz, HWP. Imperativ: Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 63; Brunt, R. J., The Influence of French Language on the German Vocabulary, (1649–1735), Berlin/N.Y. 1983, S. 338. Imperialismus: Krause, G., Art. Imperialismus, EE II*; Mommsen, W. J. (Hg.), Der moderne Imperialismus, 1971. Impetus: Wolff, M., Art. Impetus, EE II*; Wolff, M., Geschichte der Impetus-Theorie, 1978. Index: Feldmann, W., FV, S. 76. index librorum prohibitum: Sleumer, A., Index Romanus, 111956*; Loiskandl, H. u. a.: Art. ›Index libr. prohib.‹. KNLL, Bd. 18, S. 797–799*. Individualismus: Koehler, F., Wesen und Begriff des Individualismus, 1922. Individualität: Haering, Th., Über Individualität in Natur und Geisteswelt, 1926. Individuationsprinzip: Assenmacher, G., Die Gesch. des Individuationsprinzips in der Scholastik, 1926. Individuum: Feldmann, W., FV, S. 76; Kobusch, Th. u. a., Art. Individuum, Individualität, HWP; Sève, L., Art. Individuum, EE II; Taylor, Chr., Quellen des Selbst, dt. 1994. Induktion: Ruzicka, R., Art. Induktion I, II, HWP. induktiv: Feldmann, W., FV, S. 76. Inhalt: Grimm, Art. ›Inhalt‹ u. verw., DW. Innerlichkeit: Sauder, G., Zur Kontinuität von Innerlichkeit. In: Thum, B. (Hg.), Gegenwart als kulturelles Erbe, 1985. Inspiration: Feldmann, W., FV, S. 76. Instinkt: Funke, G. u. a., Art. Instinkt, HWP; Lorenz, K., Über die Bildung des
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Literatur zur Begriffsgeschichte
Instinktbegriffs, Naturwissenschaften, Jg. 25, 1937; Ziegler, H. E., Der Begr. d. Instinkts einst und jetzt, 1920. integrieren: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 35; Schoppe, G., GFD, S. 187. Intellekt, Intellektualismus, Intellektualität, intellektuell: Romberg, R. u. a., Intellekt (6 Artikel), HWP. intelligent: Feldmann, W., FV, S. 76; Jones, W. J., LFBGV, S. 383 f. Intelligenz: Piepmeier, R., Art. Intelligenz, Intelligentsia, Intellektueller, HWP. intelligibel: Engelhardt, P., Art. Intelligibel, das Intelligible, Intelligibilität, HWP. Intention: Engelhardt, P., Art. Intentio, HWP; Holtkamp, H., Zum Begriff ›intentio‹ in der scholastischen Philosophie. Eine bedeutungsgeschichtliche Untersuchung, 1926; Jones, W. J., LFBGV, S. 384. Interesse: Fuchs, H.-J. u. a., Art. Interesse, HWP; Esser, A., Art. Interesse, HPG; Grimm, Art. ›Interesse‹, ›interessieren‹, DW; Neuendorff, H., Der Begr. des Interesses, 1973; Schürmann, V., Art. Interesse, EE II*. Interpretation: Feldmann, W., FV, S. 77; Schoppe, G., GFD, S. 187. Intersubjektivität: Theunissen, M., Der Andere, 1965; Regenbogen, A., Art. Intersubjektivität, EE II. Intuition: Feldmann, W., FV, S. 77; Kobusch, Th., Art. Intuition, HWP; Wolters, G., Intution, EPW; König, J., Der Begriff der Intuition, 1926*. Ironie: Behler, E., Klass. Ironie, romant. I., tragische I., 21981; Weinrich, H., Art. Ironie, HWP; Mittelstraß, J., Ironie, EPW. Irrationalismus: Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4.2), EE I. Irrtum: Grimm, Art. ›Irrthum‹, DW; Schwarz, B., Art. Irrtum, HWP. Islam: Paret, R. u. a., Art. ›al-Qur‹an‹. KNLL, Bd. 19, S. 347–354*. Judentum: Prijs, L., Art. ›Talmud‹. KNLL, Bd. 19, S. 627–630*; LandthalerLiss, B., Die hebräische Literatur. KNLL, Bd. 19, S. 897–904; Wimmer, R., Art. Philosophie, jüdische, EPW*. Kabbala: Scholem, G., Zur Kabbala und ihrer Symbolik, 1973*; Thiel, Ch., Art. Kabbala, EPW. kairos: Lamer, H., Art. Kairos, PRCA, Bd. X, 2. Kalkül: Feldmann, W., FV, S. 56 f.; Schoppe, G., GFD, S. 188. Kampf: Grimm, Art. ›Kampf‹, DW*. Kanon: Littmann, E., Morgenländische Wörter im Deutschen, 1924, S. 18; Oppel, H., KANSN, Berlin 1937; Oppel, K., Kanon. Zur Bedeutungsgeschichte des Wortes und seiner lat. Entsprechung (regula-norma), Philologus, Erg. Bd. XX (1937); Schlötterer, R. u. a., Art. Kanon, RGG. Kantianismus: Buhr, M. u. a., Art. Kantianismus, EE II; Schnädelbach, H., Philosophie in Deutschland 1831–1933, 1983. Kapital: Brentel, H., Art. Kapital, EE II; Feldmann, W., FV, S. 57; Schirmer, A., WBdK, S. 93 f.; Knobloch, J., Das Kapital – Bedeutungsgeschichte eines wichtigen Wortes, MS 82 (1972), S. 157 f. Katastrophentheorie: Feldmann, W., FV, S. 77. Kategorie: Baumgartner, H. M. u. a., Art. Kategorie, Kategorielehre I–IV, HWP. Katharsis: Bollenbeck, G., Art. Katharsis, EE II. Kausalgesetz, Kausalität: Bunge, M., Kausalität, Gesch. u. Probleme, 1987; Artuk, S., Das Problem d. Kausalität in der Philos. des 17. und 18. Jhds., 1982; Specht, R. u. a., Kausalität (5 Artikel), HWP; Gabriel, G. u. a., Kausalität, EPW. Kirchenväter: Stuiber, A. u. a., Pa-
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trologie, 81978*; Greschat, M. (Hg.): Gestalten der Kirchengesch., Bd. 1 und 2, Alte Kirche, 1984*. klar: Art. ›Klarheit‹, LdK, Bd. II, S. 620 f.; Grimm, Art. klar, DW*. Klasse: Ganslandt, H.R., Art. Klasse, sozialwissenschaftliche, EPW; Krysmanski, H. J. u. a., Art. Klassen, EE II; Mies, Th. u. a., Art. Klassenbewußtsein, EE II*. Klugheit: Grimm, Art. ›klug‹, ›Klugheit‹, DW; Wiedmann, F. u. a., Art. Klugheit, HWP. kognitiv: Prinz, W., Art. Kognition, kognitiv, HWP. Kollision: Feldmann, W., FV, S. 59. Kombination: Feldmann, W., FV, S. 59. komisch: Horn, A., Das Komische im Spiegel der Literatur, 1988*; Ebeling, F. W., Gesch. d. komischen Literatur in Deutschld., 3 Bde., 1869, Nachdr. 1971*; Flögel, C. F., Gesch. d. komischen Literatur, 4 Bde. 1784–87, Nachdr. 1976*; Grimm, R. u. a., Zwischen Satire und Utopie, 1982; Schoppe, G., GFD, S. 189. Kommunikation: Krüger, H.-P., Art. Kommunikation, EE II*. Kommunismus: Arnold, R.F., Wortgeschichtliche Begriffe, ZDW 8 (1906/07), S. 13; Hahn, M. u. a., Art. Sozialismus/ Kommunismus, EE II*. Kompensation: Feldmann, W., FV, S. 59; Marquard, O., Art. Kompensation, HWP. Komplementarität: Otte, M., Art. Komplementarität, EE II. Konfuzianismus: Trauzettel, R., Art. ›Yijing‹. KNLL, Bd. 19, S.819 f.*. kongruent: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 37 f. konkret: Feldmann, K., FV, S. 60. Konstitution: Hogrebe, W. u. a., Art. Konstitution, HWP. Konstruktion: Feldmann, W., FV, S. 60; Leser E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 80; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 38; König, H. u. a., Art. Konstruktion I–III, HWP; Hoering, W., Konstruktion, HPG. Konstruktivismus: Gethmann, C. F., Art. Wissenschaftstheorie, Konstruktive, EPW*. kontingent, Kontingenz: Becker-Freyseng, A., Die Vorgeschichte des philosophischen Terminus contingens, 1938; Brugger, W. u. a., Art. Kontingenz I, HWP*. Kontinuität, Kontinuum: Herold, N. u. a., Art. Kontinuum, Kontinuität, HWP. Kontroverse: Schoppe, G., GFD, S. 190. Konvention: Feldmann, W., FV, S. 61; Schrader, W.H. u. a., Art. Konvention I, II, HWP. Konventionalismus: Schäfer, D., Der Konventionalismus des beginnenden 20. Jhs., HPD II, S. 59–82. Konzentration: Feldmann, W., FV, S. 60; Schoppe, G., GFD, S. 191. Kopula: Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 67 f. Körper: Grimm, Art. ›Körper‹, DW*. Kosmologie, Kosmos: Lovell, B., Das unendl. Weltall. Gesch. d. Kosmologie, 1983*; Cassirer, E., Logos, Dike, Kosmos i. d. Entw. d. griech. Phil., 1941; Gatzemeier, U. u. a., Art. Kosmos, HWP*; Borzeskowski, H. H. u. a., Art. Kosmologie, Kosmos, EE II*; Laemmli, F., Vom Chaos zum Kosmos. Zur Geschichte einer Idee, 3 Bde., 1962. Kraft: Grimm, Art. ›Kraft‹, DW*. Krisis: Koselleck, R. u. a., Art. Krise I, II, HWP. Kritik: Bormann, C.v., Art. Kritik, HWP; Mittelstraß, J., Kritik, EPW*; Grimm, Art. ›Kritik‹, ›Kritiker‹, ›kritisch‹, DW; Röttgers, K., Art. Kritik, EE II; Röttgers, K., Art. Kritik. In: Geschichtl. Grundbegriffe; Bormann, C. v., Der prakt. Ursprung der Kritik, 1974; Koselleck, R., Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerl. Welt, 1973. Kultur: Niedermann, J., Werden und Wandlungen des Begriffs Kultur und seiner
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Literatur zur Begriffsgeschichte
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Literatur zur Begriffsgeschichte
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Macchiavellismus: Henningsen, M., Art. ›Discorsi sopra la prima deca di Tito Civio‹. KNLL, Bd. 10, S. 806–808*; ders., Art. ›Il principe‹, ebd. S. 810–813, Literatur, ebd., S. 805*; Stegmann, W. v., Art. ›Antimachiavel‹. KNLL, Bd. 5, S. 835*. Macht: Grimm, Art. ›Macht‹, DW*; Röttger, K. u. a., Art. Macht, HWP; Schmidt, G.H., Bedeutung, Herkunft und Verbreitung des Wortes ›Macht‹, MS 90 (1980), S. 1–12; Klenner, H., Art. Macht/ Herrschaft/ Gewalt, EE III*. Magie: Feldmann, W., FV, S. 79. Makrobiotik: Renner, K. N., Art. ›Makrobiotik‹. KNLL, Bd. 8, S. 134*. Makrokosmos: Gatzemeier, U. u. a., Art. Makrokosmos, Mikrokosmos, HWP. man: Grimm, Art. ›man‹ u. verw. (Pronomen und Substantiv), DW. Manichäismus: Polotsky, H. J., Art. Manichäismus, PRCA, Suppl. VI, S. 239–271; Clemens, D., Art. Mazdaismus, ebd. Suppl. V, S. 679–703. Manie: Hole, G. u. a., Art. Manie, HWP. Marxismus: Dierse, U. u. a., Art. Marxismus I, II, IV, HWP; Sandkühler, H. J. u. a., Art. Marxismus, EE III*; Hahn, M. u. a., Art. Sozialismus/ Kommunismus, EE IV*; Sandkühler, H. J., Art. Materialismus, EE III; Chitas, E., Art. Materialismus, historischer, EE III; Oelmüller, W. (Hg.): Weiterentwicklung des Marxismus, 1977; Vranicki, P., Geschichte des Marxismus, 1972*; Schmied-Kowarzik, W., Kritische Philos. d. gesellsch. Praxis. Die Marxsche Theorie u. ihre Weiterentwicklung. HPD III, S. 144–184. Maschine: Feldmann, W., FV, S. 79; Rehmann, A., Die Geschichte der technischen Begriffe ›fabrica‹ und ›machina‹ in den romanischen Sprachen, Münster 1935; Grimm, Art. ›Maschine‹ u. verw., DW. Maschinentheorie: Frost, E., Art. ›L’homme plus que machine‹, Bd. 9, S. 973*. Masse: Grimm, Art. ›Masze‹, DW; Jammer, M. u. a., Art. Masse, Massen, HWP. Materialismus: Hartmann, G. M., Der Materialismus in der Philos. der griech.-röm. Antike, 1959; Lange, F. A., Gesch. des Materialismus, 2 Bde., 1866, Neudr. 1974*; Ley, H., Studien zur Gesch. des Materialismus im Mittelalter, 1957; Rybarczyk, M. L., Die materialist. Entwicklungstheorie im 19. und 20. Jh., 1979; Nieke, W. u. a., Materialismus (4 Artikel) HWP; Sandkühler, H. J. u. a., Art. Materialismus, EE III; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4.3.4), EE I. Materie: Bueno Martinez, G., Art. Materie, EE III; Detel, U. u. a., Art. Materie I–IV, HWP*; Feldmann, W., FV, S. 80; Schoppe, G., GFD, S. 193; Klowski, J., Das Entstehen der Begr. Substanz und Materie. In: Archiv f. Gesch. d. Phil., 48/1966. Mathematik: Kahane, J.-P., Art. Mathematik, EE III; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 44 f.; Meschowski, H., Problemgesch. d. Mathematik, Bd. I und II, 1979–81. Meditation: Mojsisch, B., Art. Meditation I, HWP. Medium: Feldmann, W., FV, S. 80. Megariker: Fritz, K. v., Art. Megariker, PRCA, Suppl. V, S. 707–724*. Meinung: Diemer, A., Art. Meinen, Meinung, HWP; Grimm, Art. ›meinen, ›Meinung‹, DW. Melancholie: Feldmann, W., FV, S. 80; Grimm, Art. ›Melancholie‹, ›melancholisch‹, DW. Menge: Grimm, Art. ›Menge‹, DW*. Menschheit: Böde-
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Literatur zur Begriffsgeschichte
ker, H.E., Art. Menschheit, Menschengeschlecht, HWP; Grimm, Art. ›Menschheit‹, DW*. Mentalität: Schulze, H., Mentalitätsgeschichte. In: Gesch. in Wissensch. u. Unterricht 36/1985. Messias: Littmann, E., Morgenländische Wörter im Deutschen, 1924, S. 32; Lokotsch, K., EWEW, S. 114. Metamorphose: Feldmann, W., FV, S. 80. Metapher: Burkhardt, A., Wie die ›wahre Welt‹ endlich zur M. wurde, Conceptus XXI (1987), S. 52–67; Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 92; Holz, H. H., Art. Metapher, EE III; Haverkamp, A. (Hg.), Theorie der Metapher, 1983; Kurz, G., Metapher, Allegorie, Symbol, 21988; Pongs, H., Das Bild i. d. Dichtung, 3 Bde., 1963–69*; Nieraad, J., ›Bildgesegnet und bildverflucht‹. Forschg. z. sprachl. Metaphorik, 1974. Metaphysik: Boeder, H., Topologie der Metaphysik, 1980; Holz, H. H., Art. Metaphysik, EE III; Oeing-Hanhoff, L. u. a., Art. Metaphysik, HWP*. Methode: Feldmann, W., FV, S. 80; Ritter, J. u. a., Methode (13 Artikel), HWP; Geldsetzer, L., Art. Methodologie, HWP; Lorenz, K., Methode, EPW; Mehrtens, A., Art. Methode/ Methodologie, EE III*. Mikrokosmos: Landry, H. u. a., Art. ›Mikrokosmos‹. KNLL, Bd. 10, S. 616 f. Milieu, Milieutheorie: Stosch, J., Umwelt – milieu, ZDW VII (1905/06), S. 58 f. Mimesis: Art. ›Mimesis‹, LdK, Bd. III, S. 324; Auerbach, E., Mimesis, 51971*; Koller, H., Die Mimesis i. d. Antike, 1954; Koller, H., Art. Mimesis, HWP. Misanthrop: Hussing, H., Art. Misanthropie, HWP. Mitleid: Samson, L., Art. Mitleid, HWP. Mittel: Grimm, Art. ›Mittel‹, DW*; Hügli, A., Art. Mittel, HWP; Zimmer, J., Art. Zweck/ Mittel, EE IV. Modell: Kaulbach, F., Art. Modell I, HWP. Modus: Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 62. möglich, Möglichkeit: Grimm, Art. ›möglich‹, ›Möglichkeit‹, DW. Moira: Eitrem, S., Art. Moira, PRCA, Bd. XV, 2, S. 2449–2497*. Moment: Cesare, D. di u. a., Art. Moment, HWP; Feldmann, W., FV, S. 80; Grimm, Art. ›Moment‹, DW. Monade: Lötzsch, Fr. u. a., Art. Monade, Monas, HWP. Monismus: Strüning, H.-D., Art. Monismus, EE III. Monotheismus: Hülsewiesche, R., Art. Monotheismus, HWP. Monotonie: Feldmann, W., FV, S. 80. Moral, Moralisten: Schneider, U., Der moral. Charakter, 1976; Martens, W., Die Botschaft der Tugend, 1968*; Schalk, F. (Hg.), Die frz. Moralisten, 2 Bde. Nachdr. 1952*; Stackelberg, J. v., Frz. Moralistik im europ. Kontext, 1982; Feldmann, W., FV, S. 81; Schoppe, G., GFD, S. 194; Grimm, Art. ›Moral‹, DW; Jüssen, G. u. a., Art. Moral, moralisch, Moralphilosophie, HWP. Moralität: Samson, L., Art. Moralität/Legalität, HWP; Bien, G., Art. Moralität, Sittlichkeit, HWP. morphe: Piepmeier, R. u. a., Art. Morphologie, HWP; Schmid, G., Über die Herkunft der Ausdrücke Morphologie und Biologie, in: Nova acta Leopoldina, N.F. Bd. 2, 1934. Motiv: Feldmann, W., FV, S. 81; Ricken, F. u.a., Art. Motiv I, II, HWP; Schmitt, Fr. A. u.a., Stoff- und Motivgesch. d. dt. Literatur, 31976*; Frenzel, E., Motive der Weltliteratur, 31988*. Mut: Grimm, Art. ›Mut‹, DW*; Meyer, E.M., Die Bedeutungsentwicklung von germ. ›*moða-‹, Leipzig 1926. Mutterrecht: Kornemann, E., Art. Mutterrecht, PRCA, Suppl. VI, S. 557–571*; Müller, E. W., Art Mutterrecht, HWP; Kamper,
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ca bis Mommsen, dt. 1982; Bökh, A., Encyclopädie u. Methodologie der philolog. Wissensch., 1877, Nachdr. 1966; Wilamowitz-Moellendorf, U. v., Gesch. d. Philologie, 1927, Nachdr. 1959*. Philosophie: Feldmann, W., FV, S. 86; Öhmann, E., Kleine Beiträge zum deutschen Wörterbuch, XI, NPhM 64 (1963), S. 340; Kranz, M. u. a., Art. Philosophie, HWP*. phlegmatisch: Schoppe, G., GFD, S. 200. Physik: Feldmann, W., FV, S. 86; Mainzer, K., Art. Physik, HWP. Physiokratie: Kellenbenz, H., Art. ›Tableau économique‹. KNLL, Bd. 13, S. 816–818*. Physiologie: Rothschuh, K. E., Art. Physiologie, HWP. Pietät: Feldmann, W., FV, S. 86. Pietismus: Beyreuther, E., Gesch. d. Pietismus, 1978; Lange, A., Der Wortschatz des dt. Pietismus, 2 1968*; Ritschl, A., Gesch. d. Pietismus, 3 Bde., 1880–86, Nachdr. 1966. Platonismus: Blum, P.R. u. a., Art. Platonismus, HWP; Willms, H.: Eikon. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zum Platonismus, 1935; Krämer, H. J., Platonismus u. hellenist. Philosophie, 1971; Stein, H. v., Geschichte des Platonismus (Sieben Bücher zur Gesch. d. Platonismus), 3 Teile in 2 Bd., 1862–1875, Nachdr. 1964. Pluralismus: Kerber, W. u. a., Art. Pluralismus I, HWP; Sandkühler, H. J., Art. Pluralismus, EE III*; Sandkühler, H. J. (Hg.), Pluralismus. Erkenntnisth., Ethik und Politik. Dialektik 1996/3*. pneuma: Saake, H., Art. Pneuma, PRCA, Suppl. XIV, S. 387–412. Poetik, poetisch: Maas, A., ›Poet‹ und seine Sippe, ZDW VI (1904/05), S. 233–298; Blume, H.D., Art. Poetik, HWP; Kühnel, J., Art. Poetik. Metzler Literaturlexikon, 2 1990*; Wiegmann, H., Gesch. d. Poetik, 1977. Politik: Meier, Ch. u. a., Art. Politik, HWP*; Müller, C., Beiträge zum neuhochdeutschen Wortschatz, ZDW 3 (1902), S. 257 f.; Schoppe, G., GFD, S. 201; Tomberg, F., Art. Polis, EE III; Goldschmidt, W., Art. Politik, EE III*. Polytheismus: Hülsewiesche, R. u. a., Art. Polytheismus I, HWP. Position: Leser, E., Fachw.z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 27. positiv: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 53; Ganz, P.F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 177; Schalk, F., Exempla romanischer Wortgeschichte, 1966, S. 96–118. Positivismus: Przybylski, H. u. a., Positivismus (3 Artikel), HWP; Schreiter, J., Art. Positivismus, EE III. Postmoderne: Köhler, M., ›Postmodernismus‹. Ein begriffsgesch. Überblick. Amerikastudien 22 (1977); Kamper, D. u. a. (Hg.), Die unvollendete Vernunft. Moderne vs. Postmoderne, 1987; Welsch, W., Unsere postmoderne Moderne, 1987; Meier, S., Art. Postmoderne, HWP. Postulat: Kranz, M. u. a., Art. Postulat, HWP; Thürnau, D., Art. Postulat, EE III. postulieren: Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 53. Potential/potentiell: Ris, R., Zur Geschichte der deutschen Fremdwörter ›Potestat‹ und ›Potentat‹, NPhM 71 (1970), S. 357–372. Prädikat: Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 85 f.; Weidemann, H., Art. Prädikation I, HWP. Pragmatik, pragmatisch, Pragmatismus: Kühne-Bertram, G., Aspekte der Geschichte und der Bedeutungen des Begriffs ›pragmatisch‹ in den philosophischen Wissenschaften des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts, AB 27 (1983), S. 158–186; Schreiter, J., Art. Pragmatismus, EE III; Stachowiak, H. (Hg.):
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Schanze, H. (Hg.), Rhetorik. Beitr. zu ihrer Gesch., 1974; Lausberg, H., Handb. der literar. Rhetorik, 2 Bde., 31989*; Lausberg, H., Elemente d. literar. Rhetorik, 21963; Kroll, W., Art. Rhetorik, PRCA, Suppl. VII, S. 1039–1138. Rhythmus: Seidel, W., Rhythmus. Eine Begriffsbest., 1976; Seidel, W., Über Rhythmustheorien d. Neuzeit, 1975. richtig: Grimm, Art. ›richtig‹ u. verw., DW. Rigveda: Halbfaß, W., Art. ›Rgveda‹. KNLL, Bd. 19, S. 385–388*; Witzel, M., Art. ›Veda‹. KNLL, Bd. 19, S. 721–730. Romantik: Art. ›Romantik‹. LdK, Bd. IV, S. 177–183*; Peter, K. (Hg.), Romantikforschung seit 1945, 1980*; Behler, E. u. a., Die europ. Romantik, 1972; Prang, H. (Hg.): Begriffbest. der Romantik, 1968; Träger, C. u. a., Art. Romantik, EE IV*. Ruhe: Grimm, Art. ›Ruhe‹, DW*. Sache: Grimm, Art. ›Sache‹, DW*. Säkularisation, Säkularisierung: Sandkühler, Th. u. a., Art. Säkularisierung/ Modernisierung, EE IV*; Baruzzi, A., Säkularisierung. Ein Problem von Enteignung und Besitz, PhJ 85 (1978), S. 301–316; Marramao, G., Art. Säkularisierung, HWP. Samkhya: Lorenz, K., Art. Samkhya, EPW. Sarkasmus: Schoppe, G., GFD, S. 202. Satz: Grimm, Art. ›Satz‹, DW*; Mojsisch, B. u. a., Art. Satz, HWP. Scham: Grimm, Art. ›Scham‹ u. verw., DW. Schau: Grimm, Art. ›Schau‹, ›schauen‹, DW. Schein: Grimm, Art. ›Schein‹, DW*; Santel, G. u. a., Art. Schein, HWP. Schema: Stegmaier, W. u. a., Art. Schema, Schematismus, HWP. Schicksal: Grimm, Art. ›Schicksal‹ u. verw., DW; Kranz, M., Art. Schicksal, HWP; Kraft, H., Das Schicksalsdrama, 1974. schlecht: Grimm, Art. ›schlecht‹, DW*. Schluß: Grimm, Art. ›Schlusz‹, DW. Scholastik: Schmidinger, H.M., Art. Scholastik, HWP*; Schwemmer, O., Art. Scholastik, EPW*. schön: Assunto, R., Die Theorie des Schönen im Mittelalter, 1963*; Grassi, E., Die Theorie des Schönen i. d. Antike, 1962*; Reutsch, Th., Art. Schöne, das, EPW*; Grimm, Art. ›schön‹, ›Schönheit‹, DW*; Most, G. W. u. a., Art. (das) Schöne, HWP; Weinacht, P., Zur Geschichte des Begriffs ›schön‹ im Altdeutschen, 1929; Kress, A., Wortgeschichtliches zum Inhalt und Umfang von ›schön‹, 1972. schöne Seele: Müller, H. F., Zur Geschichte des Begriffs ›schöne Seele‹, in: Germanisch-römische Monatsschrift, 1915; Schmeer, H., Der Begr. d. ›Schönen Seele‹, 1926, Nachdr. 1967*. Schöpfung: Albertz, R. u. a., Art. Schöpfung, HWP; Grimm, Art. ›schöpfen‹, ›Schöpfung‹, DW. Schuld: Behaghel, O., Deutsche Syntax, 1923/32, Bd. I, S. 6; Kluge, F., Nominale Stammbildungslehre der altgermanischen Dialekte. 3. Aufl., bearb. von L. Sütterlin und E. Ochs, 1926, S. 66 f.; Glei, R. u. a., Art. Schuld, HWP; Grimm, Art. ›Schuld‹, DW*. Seele: Grimm, Art. ›Seele‹, DW*; Weisweiler, J., Seele und See. Ein etymologischer Versuch, IF 57 (1940), S. 25–55; Ricken, F. u. a., Art. Seele, HWP. Sein: Frede, M. u. a., Art. Sein; Seiendes, HWP; Grimm, Art. ›Sein‹, DW*; Hirzel, R.: ousia, in: Philologus, Bd. 72, 1913, S. 42 ff.; Pätzold, D., Art. Sein/ Seiendes, EE IV*; Lensink, J., Art. Ontologie, EE III; Stadlinger, J., Art. Sein und Bewußtsein, gesellsch., EE IV. Selbst: Fleischhauer, W., Das Selbst, ZDS (1966), S. 92–95*; Grimm, Art. ›selbst‹, DW*; Walz, J., Das Selbst, ZDW
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XIV (1912/13), S. 1–8; Schrader, W. H. u. a., Art. Selbst, HWP*; Taylor, Ch., Quellen des Selbst, dt. 1994. Selbstbewußtsein: Kotatko, P., Art. Selbstbewußtsein, EE IV; Krüger, G., Freiheit und Weltverwaltung, 1958; Taylor, Ch., Quellen des Selbst, dt. 1994. selig: Grimm, Art. ›selig‹, ›Seligkeit‹, DW*. sensibel: Erämetsä, E., Der spanische Einfluß Richardsons auf Goethes Werther, NPhM 57 (1956), S. 118–125; Erämetsä, E., Zum englischen Einfluß auf den deutschen und niederländischen Wortschatz des 18. Jhs. am Beispiel des Wortes »Sentimental«, BGDSL-H 93 (1972), S. 346–354. Sensualismus: Vidoni, F., Art. Sensualismus, EE IV. sensus communis: Leinkauf, Th. u. a., Art. sensus comm., HWP*. Sentiment, sentimentalisch: Grimm, Art. ›Sentiment‹, ›sentimental‹ u. verw., DW; Baasner, F., Art. Sentiment, HWP*, Prill, M., Art. ›Üb. naive und sentimentalische Richtung‹. KNLL, Bd. 14, S. 945 f.*. Setzung: Grimm, Art. ›setzen‹, ›Setzung‹, DW; Leinkauf, Th. u. a., Art. Setzen, Setzung, HWP. Simplizität: Schoppe, G., GFD, S. 209. singulär: Jones, W. J., Z. Lehngut lat.-roman. Herkunft in dt. Texten, SN 51 (1979), S. 272; Strub, Chr. u. a., Art. Singulär, Singularität, HWP*. Sinn: Grimm, Art. ›Sinn‹, DW*; Keller, W.: Der Sinnbegriff als Kategorie der Geisteswissenschaften, 1937; Thürnau, D. u. a., Art. Sinn, EE IV. sinnlich: Grimm, Art. ›sinnlich‹, ›Sinnlichkeit‹, DW. Sinnlichkeit: Thürnau, D., Art. Sinnlichkeit, EE IV. sinnlos: Grimm, Art. ›sinnlos‹, ›Sinnlosigkeit‹, DW. Sitte: Grimm, Art. ›Sitte‹, DW*. sittlich: Grimm, Art. ›sittlich‹ u. verw., DW; Kersting, W., Art. Sittlichkeit, Sittenlehre, HWP. Sklaverei: Westermann, W. L., Art. Sklaverei, PRCA, Suppl. VI, S. 894–1067*. societas: Ziebarth, E., Art. Koinonia, PRCA, Suppl. VIII, S. 252 f.; Marigk, K. A., Art. Societas, PRCA, Bd. III A, 1. Sollen: Grimm, Art. ›sollen‹, DW*; Pieper, A. u. a., Art. Sollen, HWP. sophia: Leisegang, H., Art. Sophia, PRCA, Bd. III A, 1*. Sophistik: Knoll, W., Art. Rhetorik, PRCA, Suppl. VII, Abschn. 5–10, S. 1043–1052; Gerth, K., Art. Die Zweite oder Neue Sophistik, PRCA, Suppl. VIII, S. 719–782* (mit alphabet. Namensregister u. Liste der Lehrer-Schüler-Verhältnisse). Sorge: Grimm, Art. ›Sorge‹, DW*. sozial: Borsche, T. u. a., Art. Sozial, HWP*; Schoppe, G., GFD, S. 210; Geck, L. H. A., Das Aufkommen des Wortes ›sozial‹ im Deutschen, MS 71 (1961), S. 294–308. Sozialdarwinismus: Wolters, G., Art. Sozialdarwinismus, EPW*. Sozialismus: Hahn, M. u. a., Art. Sozialismus/ Kommunismus, EE IV*; Müller, H., Ursprung und Geschichte des Wortes ›Sozialismus‹ und seiner Verwandten, 1967; Ruben, P. u. a., Art. Sozialismus, HWP*. Sozialpädagogik: Ruhloff, J., Art. ›Sozialpädagogik‹. KNLL, Bd. 12, S. 246 f.*. Spekulation: Ebbersmeier, S., Art. Spekulation, HWP; Holz, H. H., Art. Spekulation, EE IV; Schirmer, A., WBdK, S. 179 f.; Schoppe, G., GFD, S. 211. spezial, speziell: Wolters, G., Art. Spezies, EPW*. Speziesismus: Rössler, B., Art. Speziesismus, HWP. Sphäre: Grimm, Art. ›Sphäre‹ u. verw., DW; Hühn, J. u. a., Art. Sphäre, HWP. Spiel: Grimm, Art. ›Spiel‹, DW*; Schröder, E., Spiel und Spielmann, ZDA 74 (1937), S. 45–47; Trier, J., Spiel, BGDSL-H 69 (1947), S. 419–462; Hegselmann, R., Art. Spieltheorie, HWP. Spinozismus: Halbfaß, W., Art. ›Ethica ordine geometrico
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demonstrata‹. KNLL, Bd. 15, S. 837–839*. Sprache: Borsche, T. u. a., Art. Sprache, HWP*; Grimm, Art. ›Sprache‹, DW*. Sprachspiel: Stenius, E. u. a., Art. Sprachspiel, HWP. Sprechakt: Strube, W., Art. Sprechakt, HWP. Sprung: Grimm, Art. ›Sprung‹, DW*; Scholtz, W., Art. Sprung, HWP*. Staat: Grimm, Art. ›Staat‹, DW*; Weinacht, P.-L., Staat, Berlin 1968; Suerbaum, W., Vom antiken zum mittelalterlichen Staatsbegriff, 3. Aufl., 1977; Hagen, J. J., Art. Staat, EE IV*. Stand: Grimm, Art. ›Stand‹ u. verw., DW. Stetigkeit: Grimm, Art. ›stet‹, ›stetig‹, ›Stetigkeit‹, DW. Stil: Art. ›Stil‹, ›Stilkritik‹, ›Stilkunst‹. LdK, Bd. IV, S. 692–696; Gumbrecht, H. U. (Hg.), Stil. Gesch. u. Funktion e. kulturwiss. Diskurselements, 1986; Hein, R., Stil als geisteswiss. Kategorie, 1986; Grimm, Art. ›Stil‹, DW*. Stimmung: Grimm, Art. ›Stimmung‹, DW*. Stoa, Stoizismus: Abel, G., Stoizismus und frühe Neuzeit, 1978; Pohlenz, M., Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, 2 Bde., 4 1970–72*; Hobein, H., Art. Stoa, PRCA, Bd. IV A, 1. Stolz: Grimm, Art. ›Stolz‹ (m.), DW*. Strafe: Durkheim, E., Physik der Sitten und des Rechts, dt. 1991; Regenbogen, A., Art. Sanktion, EE IV; Grimm, Art. ›Strafe‹, DW*. Struktur: Bora, P., Art. Struktur, EE IV; Krueger, F.: Der Strukturbegriff in der Psychologie, 21931; Schoppe, G., GFD, S. 212; Scholtz, G., ›Struktur‹ in der mittelalterlichen Hermeneutik, AB 13 (1969), S. 73–75; Einem, H. v. u. a., Der Strukturbegriff in den Geisteswissenschaften, 1973 (= AAWLM 1973, 2); Einem, H. v., Der Strukturbegr. in d. Geisteswissensch., 1973; Naumann, H. (Hg.): Der moderne Strukturbegr., 1973*. Strukturalismus: Boudon, R., Strukturalismus. Methode u. Kritik, 1973; Levi-Strauss, D., Strukturale Anthropologie, dt. 1971; Stadlinger, J., Art. Strukturalismus, EE IV*. Subjekt: Grimm, Art. ›Subject‹ u. verw., DW; Leser, E., Fachw. z. dt. Grammatik v. Schottel bis Gottsched, ZDW 15 (1914), S. 85 f.; Homann, K., Zum Begriff ›Subjektivität‹ bis 1802, AB 11 (1967), S. 184–205; Pronay, A., – , AB 28 (1984), S. 7–48. Subsistenz: Grimm, Art. ›Subsistenz‹ u. verw., DW. Substanz: Grimm, Art. ›Substanz‹ u. verw., DW; Leschbrand, A., Der Substanzbegriff in der neueren Philosophie, 1895; Cassirer, E., Substanzbegriff und Funktionsbegriff, 1910; Klowski, J., Das Entstehen des Begr. Substanz und Materie. Archiv f. Gesch. d. Phil., 48/1966; Pätzold, D., Art. Substanz/ Akzidens, EE IV*. Sühne, Grimm, Art. ›Sühne‹, DW*. Sukzession: Grimm, Art. ›Sukzession‹, ›sukzessiv(e)‹, DW. Summe: Grimm, Art. ›Summe‹, ›summieren‹, DW. Sünde: Frings, Th., Lex Saliae sunnia, französisch soin, BGDSLH 81 (1959), S. 416–427; Grimm, Art. ›Sünde‹, DW*. Symbol, Symbolik: Art. ›Symbol‹, ›Symbolik der Farben, Formen, Zahlen‹, ›Symbolismus‹. LdK, Bd. IV, S. 762–768; Cassirer, E., Die Philos. d. symbol. Formen, 31958*; Cassirer, E., Wesen u. Wirkung d. Symbolbegr. 1956; Schlesinger, M., Gesch. d. Symbols, 2 Bde., 1912–30*; Frenzel, E., Stoff-, Motiv- und Symbolforschung, 41978; Kurz, G., Metapher, Allegorie, Symbol, 21988; Lurker, M. (Hg.), Beitr. zu Symbol, Symbolbegr., Symbolforschung, 1982*; Grimm, Art. ›Symbol‹ u. verw., DW*; Volkert, J., Der Symbolbegriff in der neueren Ästhetik, 1876. Symmetrie: Grimm, Art. ›Symmetrie‹, ›symmetrisch‹, DW; Schoppe, G.,
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GFD, S. 212. Sympathie: Grimm, Art. ›Sympathie‹, DW*; Schoppe, G., GFD, S. 212. Symposion: Martin, J., Symposion. Gesch. einer literar. Form, 1931. Symptom: Grimm, Art. ›Symptom‹, ›symptomatisch‹, DW. Synkretismus: Grimm, Art. ›Synkretismus‹, DW*. Synkrisis: Focke, F., Synkrisis. In: Hermes 58 (1923), S. 327–368. Synthese: Grimm, Art. ›Synthese‹, ›synthetisch‹, DW. System: Diemer, A. (Hg.): System und Klassifikation in Wissensch. u. Dokumentation, 1968; Ritschl, O., System u. systemat. Methode in d. Gesch. d. wissensch. Sprachgebr. und der phil. Methodologie, 1906*; Grimm, Art. ›System‹, DW*; Steinbacher, K., Art. System/ Systemtheorie, EE IV*. Systematik: Grimm, Art. ›Systematik‹, ›systematisch‹, DW. système de la nature: Naumann, M., Art. ›Système de la nature‹, Art. ›Le vrai sens du système de la nature‹. KNLL, Bd. 7, S. 1035–1037. Systemtheorie: Steinbacher, J., Art. System/ Systemtheorie, EE IV. Takt: Grimm, Art. ›Takt‹, ›Tact‹, DW; Schoppe, G., GFD, S. 213. Talent: Grimm, Art. ›Talent‹ u. verw., DW. Tatsache: Walz, J., Tatsache, ZDW 14 (1913), S. 9–16; Staats, R., Der theologiegeschichtliche Hintergrund des Begriffes ›Tatsache‹, AB 17 (1973), S. 145–146; Pfaff, W., Zum Kampf um deutsche Ersatzwörter, 1933, S. 52; Ganz, P. F., Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz, 1957, S. 217 f. Technik: Kurrer, K.-E., Art. Technik, EE IV*; Lange, H., Art. Technikphilosophie, EE IV*. Teleologie: Theiler, W., Zur Gesch. der teleolog. Naturbetrachtung, 1925*. Theodizee: Engfer, H.-J., Art. ›Essais de théodicée‹. KNLL, Bd. 10, S. 153 f.*. Theologie: Kattenbusch, F., Die Entstehung einer christlichen Theologie – Zur Geschichte der Ausdrücke theologia, theologein, theologos, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche, 1930, S. 161–205. Theosophie: Schäfer, Chr., Art. ›Die Geheimwissensch. im Umriß‹. KNLL, Bd. 15, S. 945*; Wehr, G., Art. ›Theosophie‹, ebd., S. 947; Wehr, G., Die dt. Mystik. Mystische Erfahrung und theosoph. Weltsicht, 1988. Tiefe: Grimm, Art, ›Tiefe‹ u. verw., DW. Tod: Grimm, Art. ›Tod‹, DW*. Topik: Erämetsä, E., Über den englischen Einfluß auf den deutschen Wortschatz des 18. Jahrhunderts, NPhM 59 (1958), S. 40; Moos, P. v., Gesch. als Topik, 1988; Baeumer, M. L., Toposforschung, 1973; Jehn, P. (Hg.), Toposforschung, 1972*. Totalitarismus: Kühnl, R., Art. Totalitarismus, EE IV; Greiffenhagen, M. u. a., Totalitarismus, 1972. Tradition: Zimmer, J., Art. Tradition, EE IV*. Trägheit: Grimm, Art. ›Trägheit‹, DW*. tragisch, Tragik, Tragödie: Sander, V. (Hg.), Tragik und Tragödie, 1971; Wagner, H., Ästhetik der Tragödie, 1987; George, D.E.R., Die Tragödientheorien vom Mittelalter bis zu Lessing, 1972*; Benjamin, W., Ursprung des dt. Trauerspiels, 1928, Nachdr. Schriften I, 21972; Grimm, Art. ›Tragik‹ u. verw., ›tragisch‹, DW. transzendental: Knittermeyer, H., Der Terminus transzendental in seiner historischen Enwicklung bis Kant, 1920; Kotatko, P., Art. Transzendentalphil., EE IV. Traum: Dahmer, H., Art. ›Die Traumdeutung‹. KNLL, Bd. 5, S. 810 f.*; Grimm, Art. ›Traum‹, DW*. Treue: Grimm, Art. ›Treue‹, DW*. Trieb: Grimm, Art. ›Trieb‹, DW*. Trugschlüsse:
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Grimm, Art. ›Trugschlusz‹, DW. Tugend: Art. ›Tugenden und Laster‹. LdK, Bd. V, S. 262–264; Bopp, W., Geschichte des Wortes ›Tugend‹, 1934; Rupp, H., Tugend. In: Saeculum 2 (1951), S. 465–472; Grimm, Art. ›Tugend‹, DW*. Tugendlehre: Fellsches, J., Art. Tugend/ Laster, EE IV*. tyche: Herzog, Hauser, G. u. a., Art. Tyche, PRCA, Bd. VII A 2*. Typus: Art. ›Typologie‹, LdK, Bd. V, S. 291 f; Bergfeld, W., Der Begriff des Typus, 1933; Spinner, H., Goethes Typusbegriff, 1933; Grimm, Art. ›Typ(us)‹, DW*. Übel: Grimm, Art. ›übel‹, DW*. Überbau: Tomberg, F., Art. Basis u. Überbau, EE I; Ahrweiler, G., Art. Basis-Überbau-Verhältnisse, EE I. Überlegung: Grimm, Art. ›überlegen‹, ›Überlegung‹, DW. Übermensch: Grimm, Art. ›Übermensch‹, ›übermenschlich‹, DW; Meyer, R., Der Übermensch, ZDW I (1901), S. 3–25; Salaquarda, J., Art. ›Also sprach Zarathusthra‹. KNLL, Bd. 12, S. 417–419. Umkehrung: Grimm, Art. ›umkehren‹, ›umkehrung‹, DW. Umwelt: Albertsen, L. L., Umwelt. ZDS XXI (1965), S. 115–118. unbedingt: Grimm, Art. ›unbedingt‹, DW*. unbewußt: Grimm, Art. ›unbewuszt‹, ›Unbewusztheit‹, ›Unbewusztsein‹, DW; Regenbogen, A. u. a., Art. Unbewußte, das, EE IV*; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4.6), EE I. unendlich: Grimm, Art. ›unendlich‹ u. verw., DW. Ungrund: Grimm, Art. ›Ungrund‹ u. verw., DW. universal: Brunt, R. J., The Influence of French Language on the German Vocabulary, Berlin/N.Y. 1983, S. 487. Universalienstreit: Hönigswald, R., Abstraktion und Analysis. Zur Problemgesch. d. Universalienstreits, 1961*; Stegmüller, W. (Hg.): Das Universalienproblem einst und jetzt, 1965. unmittelbar: Grimm, Art. ›unmittelbar‹ u. verw., DW. Unrecht: Grimm, Art. ›Unrecht‹, DW*. Unsinn: Grimm, Art. ›Unsinn‹, ›unsinnig‹, DW. Unsterblichkeit: Grimm, Art. ›unsterblich‹, ›Unsterblichkeit‹, DW. Untergang des Abendlandes: Koktanek, A. M., Art. ›Unterg. d. Abendld.‹ KNLL, Bd. 15, S. 814 f.*. Unwert: Grimm, Art. ›unwerth‹, DW*. Upanishaden: Witzel, M., Art. ›Veda‹. KNLL, Bd. 19, S. 727. Urbild: Grimm, Art. ›Urbild‹, ›urbildlich‹, DW; Wolters, G., Art. Spezies, EPW*. Urgrund: Grimm, Art. ›Urgrund‹, DW*. Ursache: Artuk, S., Das Probl. d. Kausalität in der Philos. des 17. und 18. Jhs., 1982; Grimm, Art. ›Ursache‹, DW*. Urstoff: Grimm, Art. ›Urstoff‹, DW*. Urteil: Freudenthal, K.F., Arnulfingisch-karolinigische Rechtswörter, Göteborg 1949, S. 71, 200; Grimm, Art. ›Urtheil‹, DW*. Utopie: Briesmeister, D., Art. ›Utopia‹. KNLL, Bd. 11, S. 961–965*; Neusüß, A. (Hg.): Utopie. Begr. v. Phänomenen des Utopischen, 31986*; Winter, M., Compendium Utopiarium. Typologie u. Bibliogr. literar. Utopien, Bd. 1, 1978*; Voßkamp, W. (Hg.): Utopieforschung, 3 Bde., 1982*; Erämetsä, E., Über den englischen Einfluß auf den deutschen Wortschatz des 18. Jahrhunderts, NPhM 59 (1958), S. 40. Veda: Witzel, M., Art. ›Veda‹, ›Vedanga‹. KNLL, Bd. 19, S. 721–731*; Witzel, M., Art. ›Yajurveda‹. KNLL, Bd. 19, S. 812–817*. Vedanta: Lorenz, K., Art. Vedanta, EPW. Verbrechen: Grimm, Art. ›Verbrechen‹, ›Verbrecher‹, DW.
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Vergessen, Grimm, Art. ›Vergesz‹, ›vergessen‹, DW. Vernunft: Burgio, A., Art. Verstand/ Vernunft, EE IV; Eucken, R., Gesch. d. philos. Terminologie, EA 1879. Nachdr. 1964; Grimm, Art. ›Vernunft‹ u. verw., DW. Verstand: Burgio, A., Art. Verstand/ Vernunft, EE IV; Grimm, Art. ›Verstand‹, DW*; Gethmann, D. F., Art. Verstand, EPW. Verstehen: Apel, K.O., Das »Verstehen« (eine Problemgeschichte als Begriffsgeschichte), AB 1 (1955), S. 142–199; Grimm, Art. ›verstehen‹, DW*; Sandkühler, H. J., Art. Erkenntnis/ Erkenntnistheorie (Abschn. 4.8), EE I. Vertrag: Grimm, Art. ›Vertrag‹ u. verw., DW. verworren: Grimm, Art. ›verworren‹, DW*. virtus: Eisenhut, W., Art. virtus, PRCA, Suppl. XIV, S. 896–910. visuell: Art. ›Visuelle Begabung‹, ›Visuelle Kommunikation‹, LdK, Bd. V, S. 450–452. Volk: Grimm, Art. ›Volk‹, DW*; Herold, G., Der Volksbegriff im Sprachschatz des Althochdeutschen und Altniederdeutschen, München 1940. volonté générale: Burgio, A., Art. Gemeinwille, EE II. Vorsatz: Grimm, Art. ›Vorsatz‹, ›vorsätzlich‹, DW. Vorsehung: Grimm, Art. ›vorsehen‹, ›Vorsehung‹, DW. Vorstellung: Grimm, Art. ›vorstellen‹, ›Vorstellung‹, DW; Knüpfer, C., Grundzüge der Geschichte des Begriffs Vorstellung von Wolff bis Kant, 1911. Vorurteil: Grimm, Art. ›Vorurteil‹, DW*. Vorurteil: Schröder, W. u. a., Art. Vorurteil, EE IV. wahr: Hommel, H., Wahrheit und Gerechtigkeit. Zur Geschichte und Deutung eines Begriffspaars, AuA 15 (1969), S. 159–186; Seebold, E., Ahd. war und awn. voerr, IF 78 (1973), S. 146–162. Wahrheit: Art. ›Wahrheit‹, LdK, Bd. V, S. 493–495; Grimm, Art. ›Wahrheit‹, DW*; Kreiser, L., Art. Wahrheit, EE IV*; Franz, M., Art. Wahrheit, ästhetische, EE IV*. Wahrnehmung: Grimm, Art. ›wahr‹, ›wahrnehmen‹, ›Wahrnehmung‹, DW*. Wahrscheinlichkeit: Grimm, Art. ›wahrscheinlich‹, ›Wahrscheinlichkeit‹ u. verw., DW; Schneider, I., Die Entw. d. Wahrscheinlichkeitstheorie von den Anfängen bis 1933, 1988*. Weisheit: Grimm, Art. ›Weisheit‹, DW*; Trier, J., Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes, 1931; Leisegang, H., Art. Sophia, PRCA, Bd. III A, 1. Welt: Grimm, Art. ›Welt‹, DW*; Löwith, K., Der Weltbegr. i. d. neuzeitl. Philos., 21938*. Weltanschauung: Grimm, Art. ›Weltanschauung‹ u. verw., ›Weltbild‹, DW. Weltweisheit: Grimm, Art. ›weltklug‹, ›Weltweisheit‹, DW*. Werden: Grimm, Art. ›werden‹, DW*. Wert: Grimm, Art. ›Wert‹, DW*; Kraus, O., Die Werttheorien, 1937; Lautmann, R., Wert und Norm, 1969. Wesen: Gindele, H., Lateinische Scholastik und deutsche Sprache, 1976, S. 57–103; Grimm, Art. ›Wesen‹, DW*. Widerlegung: Grimm, Art. ›Wi(e)derlegung‹, DW. Widerspruch: Grimm, Art. ›Widerstreit‹, ›Widerspruch‹, DW; Zeleny, J., Art. Widerspruch, dialektischer, EE IV; Losurdo, D., Art. Widerspruch, sozialer, EE IV. Wiederkunft: Grimm, Art. ›Wi(e)derkunft‹, DW. Wille: Grimm, Art. ›Wille‹, DW*. Willkür: Grimm, Art. ›Willkür‹, DW*. Wirkung: Grimm, Art. ›Wirkung‹ u. verw., DW. Wissen: Baumann, H., Der Wissensbegriff, 1908; Grimm, Art. ›wissen‹, DW*. Wissenschaft: Diemer, A. (Hg.), Der Wissenschaftsbegriff, 1970,
Literatur zur Begriffsgeschichte
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S. 64–75; Grimm, Art. ›Wissenschaft‹, DW*. Wissenschaftslehre: Schäfer, Chr., Art. ›Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre‹. KNLL, Bd. 5, S. 543 f.*, Literatur zu Fichte, ebd., S. 538 f.*; Jacobsmeier, W., Art. ›Wissenschaftslehre‹. KNLL, Bd. 2, S. 887 f., Literatur zu Bolzano, ebd. S. 886. Wissenschaftstheorie: Kröber, G. u. a., Art. Wissenschaftstheorie, EE IV. Wissenssoziologie: Schäfer, Chr., Art. ›Die Wissensformen und die Gesellschaft‹. KNLL, Bd. 14, S. 882 f.; Mannheim, K., Ideologie und Utopie, EA 1929; Hettlage, R., Art. ›Ideologie und Utopie‹. KNLL, Bd. 11, S. 96 f.*. Witz: Grimm, Art. ›Witz‹, DW*; Trier, J., Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes, 1931, S. 34. Wollen: Grimm, Art. ›wollen‹, DW*. Wort: Grimm, Art. ›Wort‹, DW*. Wunder: Adolf, H., Wuntarôn and the Verbs of Fear and Wonder, JEGPh 46 (1947), S. 395–406; Grimm, Art. ›Wunder‹, DW*. Würde: Grimm, Art. ›Würde‹, DW*. Yogacara: Lorenz, K., Art. Yogacara, EPW. Zahl: Grimm, Art. ›Zahl‹ u. verw., DW; Schirmer, A., D. Wortsch. d. Mathem., 1912, S. 78. Zeichen: Grimm, Art. ›Zeichen‹, DW*; Haller, R., Das ›Zeichen‹ und die ›Zeichenlehre‹ in der Philosophie der Neuzeit, AB 4 (1959), S. 113–157; Cubbin, G. P., Zeihhan and Derivatives in Old High German, BGDSL-H. 98 (1977), S. 324–345. Zeit: Grimm, Art. ›Zeit‹, DW*; Kluge, F., Ahd. zit = angls. tima, ZDW 8 (1906/07), S. 145 f.; Hörz, H., Art. Zeit, EE IV*. Zen: Lorenz, K., Art. Zen, EPW. Ziel: Grimm, Art. ›Ziel‹, DW*; Hamp, E.P., Notes on Indo-European Dialects, IF 90 (1985), S. 70 f.; Schirmer, A., WBdK, S. 214; Zimmer, J., Art. Zweck/ Mittel, EE IV. Ziffer: Grimm, Art. ›Ziffer‹, DW*; Littmann, E., Morgenländische Wörter im Deutschen, 2. Aufl., 1924, S. 76 f.; Lokotsch, K., EWEW, S. 150. Zivilisation: Grimm, Art. ›zivilisieren‹, ›Zivilisation‹, DW; Pflaum, M., Geschichte des Wortes ›Zivilisation‹, München 1961; Pflaum, M., Die Entwicklung des Wortes Zivilisation, WW 12 (1962), S. 73–79; Pflaum, M., Kultur und Zivilisation. Überblick über die Geschichte der beiden Wörter, WW 15 (1965), S. 289–300; Banuls, A., Les mots ›culture‹ et ›civilisation‹ en français et en allemand, EG 24 (1969), S. 171–180; Elias, N., Über den Prozeß der Zivilisation, 2 Bde., Erstausg. 1939; Prill, M., Art. ›Üb. d. Prozeß der Zivilisation‹. KNLL, Bd. 5, S. 121–123*. Zusammenhang: Fleischhauer, W., Die Bedeutungsgeschichte vom Zusammenhang, ZDW XVIII (1962), S. 16–39. Zweck: Grimm, Art. ›Zweck‹ u. verw., DW; Zimmer, J., Art. Zweck/ Mittel, EE IV. Zweifel: Grimm, Art. ›zweifältig‹, ›Zweifel‹ u. verw., DW. Zynismus: Sloterdijk, P., Kritik der zynischen Vernunft, 2 Bde., 1982.
Autoren- und Werkeverzeichnis1
Abälard, Peter (Petrus Abaelardus) (1079–1142) 424, 455, 549, 585, 603 Abbt, Thomas (1738–1766) 508 Adeldung, Johann Christoph (1732/34–1806) 40 Adler, Alfred (1870–1937) 313, 533 Adorno, Theodor W. (1903–1969) 74, 82, 88, 202, 226, 283, 370, 429, 450, 668, 729 Adrastos von Aphrodisias (um 120 n. Chr.) 653 Aegidius Romanus (gest. 1316) 653 Aenisidemus (um 100 n. Chr.) 610 Agricola, Rudolf (1443–1485) 54 Agrippa (um Christi Geburt) 611 Agrippa von Nettesheim (1486–1535) Aischylos (525–456) 496, 653, 670 Ajdukiewicz, Kasimierz (1890–1963) 721 Albert, Hans (geb. 1921) 729 Albertus Magnus (Albert von Bollstädt, Albert der Große) (1193–1280) 57, 64, 157, 243, 585, 592, 688, 716 Alexander von Aphrodisias (etwa 200 n. Chr.) 24, 489, 653 Alexander von Hales (um 1175–1245) 157
Alexander, Samuel (1859–1938) 178 Alexandros von Aigai (1. Jh. n. Chr.) Algazel, Abu Hamid Mohammed (Ghazali) (1059–1111) 60 Alkmaion von Kroton (um 500 v. Chr.) 180, 243 Althusius, Johannes (1557–1638) 257, 507 Althusser, Louis (1908–1990) 636 Ambrosius (ca. 333–397) 343, 494, 676 Ammonios Sakkas (um 175–242) 417, 452 Amsdorff, Nikolaus von (1483–1565) 649 Anaxagoras von Klazomenai (500–428) 122, 180, 223, 295, 401, 462, 561, 590, 591, 658, 714 Anaximander(-dros) von Milet (ca. 610 – ca. 546) 42, 55, 298, 364, 400, 582, 685, 713 Anaximenes (zwischen 585 und 525) 62, 176, 298, 400, 590, 713 Anderson, James (um 1680–1730) Andronikos von Rhodos (um 70 v. Chr.) 489 Angelus Silesius s. Silesius Anscombe, Gertrude Elizabeth Margret (geb. 1919) 5, 281, 323, 584
Mittelalterliche und frühzeitliche Autoren werden über Vornamen oder, wo ihre Vornamen im Text mitunter abgekürzt erscheinen, über Herkunftsnamen erschlossen (wie z.B. bei Nik. v. Kues). Querverweise helfen bei der Suche. Um Verwechslungen zu vermeiden, werden Autorinnen und Autoren gleichen Namens verzeichnet, auch wenn sie im Wörterverzeichnis nicht erwähnt werden. Bei häufig erwähnten Autoren ist zusätzlich ein Unterverzeichnis der zitierten Schriften eingefügt. Die Werktitel sind alphabetisch geordnet nach vollständigen bzw. abgekürzten Titeln sowie nach Siglen für längere Titel (z.B. ›KrV = Kritik der reinen Vernunft‹ im Unterverzeichnis Kant). 1
Autoren- und Werkeverzeichnis
Anselm von Canterbury (1033–1109) 6, 131, 270, 271, 340, 549, 585 Antiochos von Askalon (ca. 120–69) 19 Antiphon (5. Jh. v. Chr.) Antisthenes (ca. 455–360) 371, 755 Apel, Karl-Otto (geb. 1922) 155, 625, 638 Aphrodisias s. Adrastos Aphthonios (Anf. d. 4. Jh. n. Chr.) 666 Apollonios von Perga (geb. ca. 230 v. Chr.) 452 Aquin(o) s. Thomas v. A. Arendt, Hannah (1906–1975) 667 Areopagita s. Dionysius Areopagita, Pseudo–Dionysius 183 Aristarchos von Samos (um 310 bis um 230) 364, 489 Aristarchos von Samothrake (um 217–145) Aristides von Athen (gest. 138 n. Chr.) 56 Aristippos (um 435–355) 190, 284, 371, 602 Aristophanes (um 445 bis um 338) 349, 613 Aristoteles (384–322) 5, 6, 21, 45, 60, 64, 71, 75, 80, 89, 134, 147, 167, 168, 176, 180, 196, 221, 223, 224, 230, 231, 252, 270, 276, 290, 298, 314, 315, 336, 338, 364, 378, 383, 409, 415, 419, 427, 476, 479, 488, 489, 500, 501, 512, 521, 522, 523, 526, 538, 550, 554, 581, 584, 609, 610, 623, 625, 627, 629, 630, 662, 669, 675, 688, 715, 718, 727, 731, 733 – Analytik 383, 478 – Anal. post. = Analytica posteriora (Analytika hystera: Zweite Analytik) 35, 56, 640 – Anal. prior. = Analytica priora
798 (Analytika protera: Erste Analytik) 35, 54, 55, 185, 530 – De an. = De anima (peri psychës: Über die Seele) 19, 28, 47, 95, 140, 170, 184, 247, 373, 376, 462, 478, 495, 532, 590, 691 – De caelo (peri ouranou: Über den Himmel) 110, 295, 410, 441 – De interpretatione (peri tës hermëneias: Über die Sprachform der Sätze) 286, 383, 405, 478 – Eud. Eth. = Eudemische Ethik 584 – Kategorien (Categoriae, peri tôn katëgôriôn: Von den K.) 64, 383, 478, 640 – Met. = Metaphysik 12, 23, 39, 48, 62, 121, 140, 155, 201, 237, 269, 279, 295, 315, 341, 359, 368, 401, 412, 462, 481, 507, 519, 521, 640, 663, 683, 684, 685, 716, 753, 754 – Nik. Ethik = Nikomachische Ethik 15, 111, 149, 166, 186, 206, 228, 230, 245, 253, 279, 346, 374, 398, 409, 416, 430, 432, 464, 505, 525, 640, 665, 677, 691, 715, 736, 753 – Organon 286, 385, 463, 478, 666 – s. auch Analytik, Anal. post., Anal. prior., De interpretatione, Kategorien, Sophistici elenchi, Topik – Peri poiëtikës (De arte poetica: Über die Dichtkunst) 505 – Physik 11, 213, 375, 412, 414, 501, 591, 614, 683, 685, 753 – Poetik 340, 349, 370, 412, 415, 489, 496, 505, 580, 670 – Politika (Politica: Politik) 64, 166, 507, 519 – Protreptikos 374 – Rhet. = technë rhëtorikë (Ars rhetorica: Rhetorik) 349, 412, 496 – Soph. elench. = peri tôn sophisti-
799 kôn elenchôn (Sophistici elenchi: Sophistische Widerlegungen) 140, 176, 383, 478, 614, 698 – Top. = topika (Topica: Topik) 54, 189, 383, 478, 497, 666 Arkesilaos (316–241) 19, 610 Arnauld, Antoine (1612–1694) 688 Arnd, Johann (1555–1621) 117 Arndt, Ernst Moritz (1769–1860) 689, 711 Arnobius (gest. 327) 592 Asanga (4. Jh. n. Chr.) 745 Äschylos s. Aischylos Aspasios (um 120 n. Chr.) Athanasius (298–373) Auerbach, Erich (1892–1957) 75 Augustinus, Aurelius (354–430) 15, 45, 117, 127, 157, 188, 192, 193, 210, 263, 331, 340, 343, 377, 381, 391, 452, 487, 496, 512, 592, 618, 629, 630, 655, 748 – Confessiones (Bekenntnisse) 80, 115, 130, 288, 351 – Contra Faustum (Gegen Faustus, den Manichäer) 258 – Contra mendacium (Gegen die Unwahrheit) 390 – De civitate Dei (Über den Gottesstaat) 382, 455 – De gratia et libero arbitrio (Gnade und freier Wille) 267 – De trinitate (Über die Dreieinigkeit) 128, 300 – De vera religione (Über die wahre Religion) 131 – Enchidrion ad Laurentium (Leitfaden für Laurentius) 390 Austin, John Langshaw (1911–1960) 605, 628 Autenrieth, Johann Heinrich Ferdinand von (1772–1835) 374 Avenarius, Richard (1843–1896) 181, 325, 509
Autoren- und Werkeverzeichnis
Averroës (Ibn Ruschd) (1126–1198) 60, 89, 98, 159, 428, 441, 592 Avicenna (980–1037) 60 Ayer, Alfred Jules (1910–1989) 179, 347, 411, 613, 717 Baader, Franz von (1765–1841) 436, 603 Bachofen, Johann Jacob (1815–1887) 434 Bacon von Verulam, Francis (1561– 1626) 100, 110, 159, 181, 213, 307, 315, 363, 450, 463, 694, 695 Bacon, Roger (um 1214–1292/94) 381 Bahrdt, Carl Friedrich (1741–1792) 137 Bain, Alexander (1818–1903) 70 Bakunin, Michail (1814–1876) 39 Baldwin, James Mark (1861–1934) 323 Bar-Hillel, Yehoshua (1915–1975) 316 Barcan-Marcus, R. (geb. 1921) 419 Barth, Karl (1886–1968) 148 Barthes, Roland (1915–1980) 636 Basedow, Johannes Bernhard (1724–1790) 433, 497 Basilios von Caesarea (um 330–379) 343 Battista della Porta s. Portas Bauch, Bruno (1877–1942) 451 Baudrillard, Jean (geb. 1929) 336 Bauer, Bruno (1809–1882) 284 Baumgarten, Alexander G. (1714–1762) 34, 71, 72, 128, 170, 180, 195, 221, 251, 283, 370, 498, 506, 587, 718 Bavink, Bernhard (1879–1947) 550 Bayes, Thomas (gest. 1763) 187 Bayle, Pierre (1647–1706) 30, 119, 153, 159, 161, 610 Beattie, James (1735–1803) 589 Becher, Erich (1882–1929) 708 Beda Venerabilis (674–735) 343
Autoren- und Werkeverzeichnis
Benjamin, Walter (1892–1940) 27, 73, 80, 81, 172, 429, 571 Bentham, Jeremy (1748–1832) 143, 248, 267, 284, 323, 411, 464, 518, 694 Bergson, Henri (1859–1941) 100, 134, 175, 294, 349, 375 Berkeley, George (1685–1753) 198, 203, 300, 302, 741 Bernays, Paul (1888–1977) 186 Bernhard von Clairvaux (1091–1153) 343, 592 Bernoulli, Daniel (1700–1782) 100 Bertalanffy, Ludwig von (1901–1972) 652 Bierling, Ernst Rudolf (1841–1919) 555 Bion (um 300 v. Chr.) 150 Blavatsky, Helena Petrovna (1831–1891) 664 Bleuler, Eugen (1857–1939) 534 Bloch, Ernst (1885–1977) 27, 55, 171, 192, 226, 282, 293, 450, 475, 673, 695, 706 Blount, Charles (1654–1693) 137 Bodin, Jean (1530–1596) 7, 614 Boëthius, Anicius Manlius Severinus (um 480–524) 8, 64, 147, 191, 360, 403, 452, 489, 607, 618, 670 Boëtius de Dacia (gest. ca. 1277) Böhm-Bawerk, Eugen von (1851–1914) 273 Böhme, Jacob (1575–1624) 3, 44, 56, 117, 177, 188, 220, 236, 248, 270, 333, 381, 394, 434, 435, 541, 583, 604, 687, 737 Bohr, Niels (1885–1962) 363, 420 Boileau–Despréaux, Nicolas (1636–1711) 506 Bois-Reymond s. Du Bois-R. Bolland, Gerardus Johannes Petrus Josephus (1854–1922) 451
800 Bollnow, Otto Friedrich (1903–1991) 103, 167, 302, 579, 676, 707 Boltzmann, Ludwig Eduard (1844–1906) 185 Bolzano, Bernhard (1781–1848) 41, 578 Bonald, Louis Gabriel Ambroise de (1754–1840) 669 Bonaventura, Giovanni di Fidanza (um 1217–1274) 8, 80, 157, 343, 381, 441 Bonnet, Charles (1720–1793) 516, 602 Boole, George (1815–1864) 24, 114, 344, 385 Boscovich, Ruder Josip (1711–1787) 163 Botero, Giovanni (1533–1617) 630 Bovillus, Carolus (um 1470–1553) 455 Boyle, Robert (1627–1691) 177, 400 Bradley, Francis Herbert (1846– 1924) 347, 716 Brentano, Franz (1838–1917) 64, 101, 173, 241, 323, 495, 575 Breuer, Josef (1842–1925) 532, 673 Bridgman, Percy Williams (1882–1961) 363 Broad, Charlie Dunbar (1887–1971) 178 Broca, Paul (1824–1880) 389 Broglie, Louis Victor de (1892–1987) 359, 723 Bruno, Giordano (1548–1600) 26, 128, 148, 185, 233, 364, 400, 426, 592, 666, 686, 726 Büchner, Ludwig (1824–1899) 593 Bühler, Karl (1879–1963) 312, 627 Burckhardt, Jacob (1818–1897) 567 Buridan, Jean (um 1295–1358) 118, 309 Burke, Edmund (1729–1797) 71, 355, 587
801 Busenbaum, Hermann (1600–1668) 337 Cabanis, Pierre Jean Georges (1757–1808) 592, 593 Calvin, Johannes (1509–1564) 193, 319, 512 Campanella, Tommaso (1568–1639) 613, 695 Campe, Joachim Heinrich (1746–1818) 179, 476, 497 Camus, Albert (1913–1960) 10, 211, 570 Canterbury s. Anselm v. C. Cantor, Georg (1845–1918) 120, 394, 407, 686 Carnap, Rudolf (1891–1970) 1, 37, 38, 92, 94, 100, 104, 155, 179, 181, 214, 316, 322, 357, 385, 422, 450, 472, 538, 600, 606, 703, 734 Carriere, Moriz (1817–1895) 284 Cartesius s. Descartes Carus, Carl Gustav (1789–1869) 684 Casmann, Otto (geb. 1607) 50 Cassirer, Ernst (1874–1945) 451 Chamberlain, Houston Steward (1855–1927) 545 Chardin s. Teilhard Charron, Pierre (1541–1603) 610 Cherbury s. Herbert v. Ch. Chisholm, Roderick Milton (geb. 1916) 281 Chomsky, Noam Avram (geb. 1928) 250, 626, 636, 688 Chrysippos (282–209) 633 Church, Alonzo (geb. 1903) 186, 515 Cicero, Marcus Tullius (106–43) 6, 33, 42, 80, 205, 296, 297, 315, 455, 456, 458, 600 – Acad. = Academici libri quattuor (Die akademischen Bücher) 96, 391 – De fato (Über das Schicksal) 217, 429
Autoren- und Werkeverzeichnis
– De fin. = De finibus bonorum et malorum (Von den Grenzen im Guten und im Bösen) 295, 455 – De inventione (Über die Erfindungsgabe) 666 – De nat. deor. = De natura deorum (Über das Wesen der Götter) 54 – De officiis (Über die Pflichten) 166, 295, 337, 493, 494, 642, 677 – De orat. = De oratore (Über den Redner) 316 – Tusc. disp. = Tusculanae disputationes (Tuskulanische Gespräche) 129, 181 Cieszkowski, August von (1814–1894) 291, 410 Clairvaux s. Bernhard v. C. Clarke, Samuel (1675–1729) 399 Clauberg, Johann (1622–1665) 471 Claudianus Mamertus (gest. um 474 n. Chr.) 592 Clausius, Rudolf Julius Emanuel (1822–1888) 185 Clemens von Alexandria (vor 215 n. Chr.) 24 Cohen, Hermann (1842–1918) 396, 451, 555 Cohn, Jonas (1869–1947) 451 Colbert, Jean Baptiste (1619–1683) 409 Collins, Anthony (1676–1729) 226 Comenius, Johann Amos (1592–1670) 150, 481 Comte, Isidore Auguste Marie Xavier (1798–1857) 31, 161, 255, 415, 509, 578, 617 Condillac, Etienne Bonnot de (1714–1780) 305, 602 Condorcet, Jean Antoine Nicolas de Caritat (1743–1794) 475, 617, 712 Copernicus, Nikolaus s. Kopernikus Corneille, Pierre (1606–1684) 506 Correns, Carl Erich (1864–1933) 700
Autoren- und Werkeverzeichnis
Croce, Benedetto (1866–1952) 451, 454 Crusius, Christian August (1715–1775) 133, 505 Cues, Cusanus s. Kues Cuvier, Georges Baron de (1769–1832) 338, 679 d’Alembert, Jean Le Rond (1717–1783) 189, 202 Damaskios (um 458 bis nach 533) 452 Dante Aligheri (1265–1321) 183, 381, 630 Danto, Arthur C. (geb. 1924) 93, 280, 281 Daries (1714–1772) 666 Darwin, Charles Robert (1809– 1882) 8, 58, 133, 189, 208, 334, 357, 433, 488, 615, 616, 735 Davidson, Donald (geb. 1917) 5, 280, 281, 735 De Broglie, s. Broglie De Vries, Hugo, s. Vries Demetrios von Phaleron (um 350 bis ca. 280) 489 Demokritos (um 460–370) 1, 18, 42, 76, 77, 180, 190, 262, 295, 376, 401, 414, 415, 426, 462, 532, 582, 590, 591, 606, 618, 685 Dennett, Daniel C. (geb. 1942) 108, 378, 538 Derham, William (1657–1735) 501 Derrida, Jacques(geb.1930) 137, 138 Descartes, René (Cartesius) (1596–1650) 36, 42, 77, 81, 120, 121, 252, 439, 469, 483, 498, 546, 609, 689 – Discours de la méthode (Abhandlung über die Methode) 127 – Meditationes de prima philosophia) 134, 201, 271, 300, 521, 638 – Pass. = Traité des passions de l’âme (Passiones animae = Die
802 Leidenschaften der Seele) 16, 95, 377, 450, 485 – Principia philosophiae (Prinzipien der Philosophie) 127, 145, 228, 377, 431, 640 – Reg. = Regulae ad directionem ingenii (Regeln zur Leitung des Geistes) 325 Destutt de Tracy, Antoine Louis Claude (1754–1836) 305 Dewey, John (1859–1952) 194, 347, 411, 428, 441, 518 Diderot, Denis (1713–1784) 189, 202, 508, 592, 755 Dikaiarchos (um 320 v. Chr.) 489 Dilthey, Wilhelm (1833–1911) 28, 83, 101, 199, 245, 254, 287, 373, 375, 467, 604, 635, 636, 706, 724 Diodoros Kronos (gest. 307 v. Chr.) 404, 419 Diodoros von Tarsos (gest. 394 n. Chr.) Diogenes Laertios (um 200 n. Chr.) – De vitis dogmatis et apophtegmatis clarorum philosophorum libri X) (Leben und Meinungen berühmter Philosophen = 10 Bücher) 18, 49, 120, 130, 146, 174, 176, 189, 190, 197, 284, 335, 416, 485, 506, 519, 527, 532, 610, 611 Diogenes von Apollonia (5. Jh.) 590 Diogenes von Sinope (um 412–323) 365, 755 Dionysodoros von Amisos (2. Jh. v. Chr.) 613 Dionysos Areopagita (1. Jh. n. Chr.) 188, 447, 452 Dorner, Isaak August (1809–1884) 209 Driesch, Hans (1867–1941) 184, 453, 477, 550, 691, 708
803 Droysen, Johann Gustav (1808–1884) 285 Du Bois-Reymond, Emil (1818–1896) 307, 726 Duhem, Pierre (1861–1916) 203 Dühring, Karl Eugen (1833–1921) 509, 739 Dummet, Michael Anthony Eeardley (geb. 1925) 550, 717 Duns Scotus s. Scotus, Joh. Duns Durandus de Sancto Porciano (gest. 1334) 314 Durkheim, Emile (1858–1917) 12, 231, 431, 612 Eberhard, Johann August (1738–1809) 508 Eccles, John Carew (geb. 1909) 378 Echtermeyer, Ernst Theodor (1805–1844) 284 Eckhart, gen. Meister Eckhart (Eckehart) (1260–1329) 3, 8, 46, 96, 168, 177, 205, 245, 248, 300, 320, 435, 441, 599, 642, 687, 704, 727, 751 Einstein, Albert (1879–1955) 196, 266, 565, 748 Elias, Norbert (1879–1990) 751 Empedokles (um 490(484)–430(424)) 18, 176, 180, 223, 288, 365, 381, 401, 434, 462, 591, 713 Empiricus s. Sextus. Enfantin, Barthélemy Prosper (1796–1864) 576 Engel, Johann Jakob (1741–1802) 508 Engels, Friedrich (1820–1895) 147, 208, 292, 306, 344, 350, 695, 750 Ennemoser, Josef (1787–1854) 664 Epiktet(os) (ca. 55–135 n. Chr.) 633 Epikur(os) (341–271) 42, 190, 278, 324, 335, 337, 426, 455, 591
Autoren- und Werkeverzeichnis
Erasmus von Rotterdam (1467–1536) 57, 296, 297 Eratosthenes (275–194) 364 Erdmann, Johann Eduard (1805–1892) 427 Erigena (Eriugena), Johannes Scotus oder Scotus Er. s. Scotus, Joh. Ernesti, Johann August (1707–1781) 547 Eubulides von Miletos (4. Jh. v. Chr.) 120, 176, 391, 404, 698 Eucken, Rudolf (1846–1926) 458 Eudemos (um 300 v. Chr.) 64, 456, 479, 489 Euhemeros (um 300 v. Chr.) 206 Eukleides (Euklid) von Alexandria (um 300 v. Chr.) 89, 91, 197, 206, 404, 425, 511, 557 Eukleides von Megara (ca. 450–380) 197, 404 Euler, Johannes (1707–1783) 206 Eunapios aus Sardes (345–420) 452 Euripides (um 485–406) 670 Ewing, Alexander C. (geb. 1931) 347, 411 Fechner, Gustav Theodor (1801–1887) 26, 377, 535, 550, 609, 660, 691, 721, 726 Feigl, Herbert (geb. 1902) 400, 734 Fénélon, François de Salignac de la Mothe (1651–1715) 54 Feuerbach, Ludwig (Andreas) von (1804–1872) 50, 184, 284, 527 Feuerbach, Paul Johann Anselm von (1775–1833) 463, 634 Fichte, Immanuel Hermann (1796–1879) Fichte, Johann Gottlieb (1762–1814) 6, 19, 58, 75, 104, 105, 200, 227, 228, 240, 255, 279, 300, 302, 325, 382, 393, 429, 444, 454, 468, 494, 542, 597, 603, 608, 629, 651, 674, 686, 702, 705, 708, 733, 738
Autoren- und Werkeverzeichnis
– Appellation an das Publikum 21 – Die Bestimmung des Menschen 105 – GdNr = Grundlagen des Naturrechts 40, 41, 257 – Reden an die deutsche Nation 12 – System der Rechtslehre 257 – Zweite Einl. in die W.L. = Einleitung in die Wissenschaftslehre (I und II, 1797) 47 Ficino, Marsilio (1433–1499) 20 Fischer, Kuno (1824–1907) 713 Flacius (Illyricus), Matthias (1520–1575) 649 Fontenelle, Bernard le Bovier de (1657–1757) 364 Foot, Philippa (geb. 1920) 347 Forberg, Friedrich (1770–1848) 75 Forsthoff, Ernst (geb. 1902) 667 Foucault, Michel (1926–1984) 62, 297 Fourier, Charles (1772–1837) 617, 695 Francke, August Hermann (1663–1727) 433, 502 Frank, Philipp (1884–1966) 734 Franz von Sales (1567–1622) 343, 541 Frege, Gottlob Friedrich Ludwig (1848–1925) 37, 41, 46, 90, 94, 98, 136, 305, 342, 344, 352, 385, 402, 438, 541, 600, 605, 720, 734 Freud, Sigmund (1856–1939) 31, 69, 222, 300, 313, 380, 396, 532, 533, 552, 560, 579, 581, 673, 680, 684, 742 Friedrich der Große (1712–1786) 393 Fries, Jakob Friedrich (1773–1843) 19, 58, 301, 552 Fritsch, Gustav Theodor (1838–1927) 389 Fromm, Erich (1900–1980) 450, 595
804 Gadamer, Hans-Georg (geb. 1900) 83, 194, 287, 571, 605, 620, 706 Galenos, Klaudios Ptolemaios (131–200) 158, 206, 243, 306, 406, 450, 489, 609, 659 Galilei, Galileo (1564–1642) 36, 98, 364, 606 Gall, Franz Josef (1758–1828) 243, 500 Garve, Christian (1742–1798) 323, 508 Gassendi, Pierre (1592–1655) 363, 606 Gaunilo von Marmoutier, Pierre (gest. 1083) 271 Gauß, Carl Friedrich (1777–1855) 237, 397 Gehlen, Arnold (1904–1976) 49, 319 Gellius, Aulus (um 130 bis ca. 170) 296, 489 Gentile, Giovanni (1875–1944) 451 Gentzen, Gerhard (1909–1945) 91, 442, 443 Geulincx, Arnold (1624–1669) 139, 469, 676, 677 Ghazali s. Algazel Gilson, Etienne Henri (1884–1978) 203, 211 Gioberti, Vincenzo (1801–1852) 473 Gmelin, Johann Friedrich (1748–1804) 665 Gobineau, Joseph Arthur von (1816–1882) 545 Goclenius, Rudolf (1547–1628) 471, 533 Gödel, Kurt (1906–1978) 91, 225, 268, 326, 385, 419, 515, 516, 712 Goethe, Johann Wolfgang von (1749–1832) 111, 163, 167, 180, 181, 184, 188, 224, 410, 414, 431, 437, 438, 440, 485, 490, 491, 507,
805 601, 623, 649, 652, 681, 687, 692, 737 Gogarten, Friedrich (1887–1967) 148 Goodman, Nelson (geb. 1906) 1, 537, 724 Gorgias von Leontini (um 480 – ca. 380) 610, 613 Gossen, Hermann Heinrich (1810–1858) 269 Gottl-Ott-Lilienfeld, Friedrich von (1868–1958) 546 Gottsched, Johann Christoph (1700–1766) 81, 133, 506 Gournay, Jean-Claude Marie Vincent (1712–1759) 372 Gracián, Balthasar (1601–1658) 256 Gramsci, Antonio (1891–1937) 750 Gratry, Auguste Josephe (1805–1872) 80 Gregor der Große (ca. 540–604) 343 Gregor von Nazianz (um 330–390) Gregor von Nyssa (nach 330 bis nach 394) Griesbach, Johann Jakob (1775–1812) 547 Grimm, Jacob (1785–1863) 167, 291 Grimm, Wilhelm (1786–1859) 167, 291 Grosseteste, Robertus (1175–1253) 381 Grotius (de Groot), Hugo (1583– 1645) 257, 390, 444, 445, 556, 630, 688, 710 Gumplovicz, Ludwig (1838–1909) 545 Guyon (du Chesnoy), Jeanne Marie (1648–1717) 541 Habermas, Jürgen (geb. 1929) 155, 226, 375, 450, 511, 613, 715, 717, 729
Autoren- und Werkeverzeichnis
Haeckel, Ernst (1834–1919) 8, 49, 111, 163, 427, 428, 470, 471, 500, 530, 535, 726 Hahn, Hans (1879–1934) 734 Hales s. Alexander v. H. Haller, Albrecht von (1708–1777) 243, 516 Hamann, Johann Georg (1730–1783) 79, 117, 125, 211, 410, 536 Hamilton, William (1788–1856) 467, 589 Hardenberg, Friedrich Leopold von, s. Novalis Hare, Richard Mervyn (geb. 1919) 219, 309, 347, 411, 520, 595, 613, 643 Harsdörffer, Georg Philipp (1607–1658) 170, 200, 693 Hartley, David (1705–1757) 70 Hartmann, Eduard von (1842–1906) 68, 164, 492, 550, 684 Hartmann, Nicolai (1882–1950) 64, 144, 231, 255, 273, 275, 396, 451, 477, 493, 526, 544, 562, 581, 671, 677, 722, 727, 728 Harvey, William (1578–1658) 288 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831) 58, 188, 189, 196, 233, 241, 244, 245, 284, 290, 291, 370, 382, 410, 439, 443, 447, 451, 475, 495, 501, 554, 562, 588, 608, 619, 628, 630, 631, 686, 705, 748 – Enz. = Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1. Ausg. Heidelberg 1817 = Heidelb. Enz. – 2. und 3. Ausg. Berlin 1827/1830 = Enz) 7, 23, 38, 50, 70, 147, 189, 301, 312, 425, 446, 477, 685, 689, 704, 725 – Gesch. d. Phil. = Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie 12, 28, 48, 406, 468, 596 – GPhR = Grundlinien der Philosophie des Rechts 5, 40, 41, 95,
Autoren- und Werkeverzeichnis
102, 103, 258, 262, 279, 408, 430, 445, 555, 615, 629, 631, 634, 674, 690, 699, 709, 710, 711, 750 – Log. = Wissenschaft der Logik 39, 42, 78, 96, 141, 182, 584, 727 – Phän. d. Geistes = Phänomenologie des Geistes 7, 41, 42, 115, 185, 197, 259, 334, 494, 500, 575, 597, 669, 681, 704 – Philos. der (Welt-)Gesch. = Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte 50, 255, 383, 710 – Vorlesungen über die Ästhetik 66, 124, 283, 301, 304, 437, 573, 581, 647, 670, 718 Heidegger, Martin (1889–1976) 37, 137, 186, 216, 231, 261, 287, 297, 318, 474, 495, 594, 606, 614, 685, 718, 748, 752 – Platons Lehre von der Wahrheit 212 – Sein und Zeit 44, 133, 211, 212, 233, 263, 317, 395, 472, 473, 573, 595, 633, 684, 706 – Was ist Metaphysik? 44 Heine, Heinrich (1797–1856) 573 Heisenberg, Werner (geb. 1901) 285 Helmholtz, Hermann von (1821–1894) 439 Helmont, Franciscus Mercurius van (1614–1699) Helmont, Johann Baptista van (1579–1644) 364 Helvétius, Claude Adrian (1715–1771) 284, 323, 712 Hempel, Carl Gustav (geb. 1905) 100, 104, 348, 538, 716, 734 Herakleides von Pontos (4. Jh. v. Chr.) Herakleitos (Heraklit) (um 500 v. Chr.) 23, 27, 62, 132, 174, 209, 223, 258, 286, 298, 334, 434, 480, 481, 554, 582, 590, 591, 610, 713, 727
806 Herbart, Johann Friedrich (1776–1841) 58, 67, 70, 168, 426, 492, 535, 549, 550, 590, 593, 595, 609, 649, 700, 704 Herbert von Cherbury (1581–1648) 137 Herder, Johann Gottfried (1744–1803) 3, 9, 43, 47, 81, 103, 125, 188, 255, 291, 292, 296, 302, 306, 313, 319, 321, 381, 410, 475, 494, 623, 681, 711, 712, 725 Heron (um 200 v. Chr.) 330 Herophilos von Alexandreia (um 280 v. Chr.) 609 Hesiodos (um 700 v. Chr.) 121, 200, 363, 425 Heyting, Arend (1898–1980) 326, 358, 423 Hieronymus (ca. 345–419/20) 342, 343, 489, 650 Hilbert, David (1862–1943) 89, 90, 91, 186, 225, 407, 410 Hildebrand, Dietrich von (1889–1979) 608 Hintikka, Jaakko (geb. 1929) 160, 191, 385 Hippel, Theodor Gottlieb von (1741–1796) 681 Hippias aus Elis (um 430 v. Chr.) 613 Hippokrates (460–377) 150, 243, 339, 499, 609, 659 Hippon aus Samos (5. Jh. v. Chr.) 590 Hitzig, Eduard (1838–1907) 389 Hobbes, Thomas (1588–1679) 7, 70, 99, 140, 165, 169, 229, 257, 294, 363, 444, 451, 592, 598, 602, 630, 728 Hoene-Wronski, Jósef Maria (1776–1853) 410 Holbach, Paul Henri Thily d’ (Paul Heinrich Dietrich Baron von) (1723–89) 145, 284, 593, 652
807 Hölderlin, Friedrich (1770–1843) 297, 302, 382, 542 Homer(os) (ca. 750 bis ca. 650) 126, 132, 288, 363, 425, 438, 462, 590, 690 Horatius (Horaz) (65–8 v. Chr.) 456, 506, 577 Horkheimer, Max (1895–1973) 226, 450, 668 Hufeland, Christoph Wilhelm (1762–1836) 395, 664 Hugo von St. Victor (1096–1141) 117, 592 Huizinga, Johan (1872–1945) 620 Humboldt, Alexander von (1769–1859) 365 Humboldt, Wilhelm von (1767–1835) 224, 296, 297, 365, 556, 577, 624, 625, 724 Hume, David (1711–1776) 57, 70, 140, 218, 284, 300, 310, 347, 461, 526, 595, 601, 602, 610, 640, 648, 741 Husserl, Edmund (1859–1938) 4, 24, 31, 56, 94, 168, 191, 201, 303, 323, 375, 495, 557, 575, 605, 731 Hutcheson, Francis (1694–1747) 71, 240, 267, 349, 587, 602 Hutten, Ulrich von (1488–1525) 296, 297 Huxley, Thomas Henry (1825–1895) 8, 18 Hypatia (gest. 415. n. Chr.) 452, 497 Iamblichos (um 430 n. Chr.) 452 Ignatius von Loyola (1491–1556) 246 Ihering, Rudolf von (1818–1892) 509, 555 Jacobi, Friedrich Heinrich (1743–1819) 19, 211, 240, 265, 456, 490, 576, 689 Jaensch, Erich Rudolf (1883–1940) 168 Jahn, Ulrich (1861–1900) 711
Autoren- und Werkeverzeichnis
James, William (1842–1910) 428, 518 Jansen(ius), Cornelius (1585–1638) 331 Jaspers, Karl (1883–1969) 126, 141, 186, 210, 212, 273, 498, 674, 682, 724 Jean Paul (Friedrich Richter) s. Paul Jerusalem, Johann Friedrich Wilhelm (1709–1789) 449 Jevons, William Stanley (1835–1882) 1 Joachim von Fiore (um 1135–1202) Johannes Baptista Portas (Giambattista della Porta) s. Portas Johannes Scotus Eri(u)gena s. Scotus Erigena Johannes von Salisbury (um 1120–1180) Jonas, Hans (1903–1993) 399, 695, 699 Joule, James Prescott (1818–1889) 196 Jung, Carl Gustav (1875–1961) 31, 44, 45, 62, 325, 351, 380, 533, 673, 684 Juvenal(is) (47 bis um 120) 408 Kamlah, Wilhelm (1905–1976) 149 Kant, Immanuel (1724–1804) 51, 88, 106, 125, 141, 147, 152, 170, 197, 198, 218, 227, 228, 248, 276, 285, 298, 299, 300, 319, 320, 335, 366, 384, 400, 401, 430, 440, 443, 466, 485, 498, 521, 526, 546, 548, 552, 556, 558, 560, 587, 596, 609, 630, 637, 638, 663, 667, 700, 706 – Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels 335, 364, 686 – Anthrop. = Anthropologie in pragmatischerHinsicht 16, 19, 50, 95, 123, 155, 180, 240, 244, 407, 449, 486, 490, 518, 579, 588, 600
Autoren- und Werkeverzeichnis
– Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft 45, 115, 116, 142, 277, 468, 566, 598, 677, 705 – Der Streit der Fakultäten 468 – Fortschr. d. Met. = Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibnizens und Wolffs Zeiten in Deutschland gemacht hat? 312 – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (2. Aufl. 1786 = B, 1. Aufl. 1785 = A) 5, 11, 238, 257, 279, 339, 375, 416, 493, 561, 612, 677, 740, 742, 753 – Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht 48, 255, 430, 712 – KdU = Kritik der Urteilskraft (1. Aufl. 1790) 3, 8, 11, 16, 36, 43, 47, 52, 71, 73, 81, 82, 111, 124, 126, 164, 171, 182, 185, 194, 195, 205, 207, 240, 251, 256, 283, 298, 301, 304, 320, 323, 327, 438, 478, 501, 505, 520, 587, 588, 594, 598, 602, 620, 647, 656, 657, 658, 694, 723, 741, 754 – KpV = Kritik der praktischen Vernunft (1. Aufl. 1788 = A) 11, 36, 52, 339, 519 – KrV = Kritik der reinen Vernunft (1. Aufl. 1781 = A, 2. Aufl. 1787 = B) 3, 17, 29, 33, 35, 36, 37, 42, 43, 47, 48, 52, 54, 57, 58, 59, 63, 70, 71, 133, 134, 141, 142, 146, 153, 158, 170, 182, 193, 197, 198, 200, 209, 218, 240, 264, 271, 272, 299, 300, 301, 335, 339, 341, 359, 365, 366, 382, 406, 426, 474, 483, 492, 496, 511, 513, 517, 519, 527, 538, 546, 548, 558, 562, 563, 581, 597, 602, 607, 619, 640, 651, 664, 671, 672, 693, 722, 723, 747, 748 – Log. = Immanuel Kants Logik.
808 Ein Handbuch zu Vorlesungen, ed. G. B. Jäsche (1. Aufl. 1800) 35, 97, 618 – Met. d. Sitten = Metaphysik der Sitten 11, 40, 133, 140, 166, 177, 230, 246, 253, 257, 258, 262, 282, 376, 390, 392, 408, 409, 446, 448, 575, 579, 589, 634, 655, 677, 681, 690, 705, 711, 740, 752 – Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft 41, 55, 259, 279, 295, 315, 443, 494, 640 – Proleg. = Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik 36, 50, 153, 193, 272, 339, 440, 462, 527, 538, 602, 672, 705, 720, 747 – Über das Mißlingen aller philosophischer Versuche in der Theodizee 661 – Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen 390, 460 – Was heißt sich im Denken orientieren? 141 – Was ist Aufklärung? 78, 577, 609 – Zum Ewigen Frieden 209, 220, 709 Karneades (um 214 bis um 129) 19, 610 Kautsky, Karl (1854–1938) 208 Kelsen, Hans (1881–1973) 510, 555 Kepler, Johannes (1571–1630) 18, 259, 364, 592 Kierkegaard, Sören Aabye (1813–1855) 10, 44, 63, 73, 80, 115, 133, 147, 148, 186, 188, 211, 327, 483, 638 Kleanthes (um 331–250) 633 Köhler, Wolfgang (1887–1967) 260, 427 Kopernikus, Nikolaus (Copernicus) (1473–1543) 74, 364, 686, 725 Korsch, Karl (1886–1961) 450
809 Koschmieder, Erwin (geb. 1895) 457 Kraft, Viktor (1880–1975) 450, 729, 734 Krantor (ca. 340/35–275) 19 Krates aus Mallos (2. Jh. v. Chr.) 19 Krates aus Theben (um 830 v. Chr.) Krause, Carl Christian Friedrich (1781–1832) 366, 445, 480 Kretschmer, Ernst (1888–1964) 530 Kripke, Saul Aaron (geb. 1940) 144, 385, 419, 422, 424, 438, 717 Kritias (um 460 v. Chr.) 590, 614 Kropotkin, Peter A. (1842–1921) 39 Krug, Wilhelm Traugott (1770–1842) 201, 267 Kues, Nicolaus von (Cusanus) (1401–1464) 8, 15, 117, 128, 129, 145, 157, 171, 177, 183, 188, 214, 230, 510, 660, 663, 686, 704 Kuhn, Thomas S. (geb. 1922) 481, 482, 724 Külpe, Oswald (1862–1915) 142, 358, 550, 743 Kutschera, Franz von (geb. 1932) 326, 595 La Bruyere, Jean de (1645–1696) 123, 288, 430 La Mettrie s. Lamettrie Lacan, Jacques (1901–1981) 636 Laertios s. Diogenes L. Lamarck, Jean Baptiste Antoine Pierre de Monet de (1744–1828) 8, 46, 208, 372, 451, 701, 751 Lambert, Johann Heinrich (1728–1777) 153, 494 Lammenais, Hugues Félicité Robert de (1782–1854) 669 Lamettrie, Julien Offroy de (1709–1751) 145, 284, 397, 400, 592, 593
Autoren- und Werkeverzeichnis
Lancelot, Claude (1616–1695) 688 Lange, Friedrich Albert (1828–1875) 180, 396, 451 Laotse (Lao Tzu) (4. od. 3. Jh. v. Chr.) 654 Laplace, Pierre Simon de (1749–1827) 335, 364, 365, 572 Lask, Emil (1875–1915) 555 Lassalle, Ferdinand (1825–1864) 630 Lavater, Johann Caspar (1741–1801) 500, 501 Lavoisier, Antoine Laurent de (1743–1794) 398, 500 Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716) 23, 43, 57, 81, 83, 90, 94, 105, 229, 247, 248, 282, 313, 320, 327, 339, 385, 401, 427, 444, 486, 491, 524, 526, 531, 583, 593, 602, 608, 640, 660, 661, 667, 671, 686, 687, 703, 704, 737 – Metaphysische Abhandlung 81 – Monadologie 34, 58, 81, 177, 274, 312, 359, 426, 492, 516, 658, 684 – Nouveaux essais sur l’entendement humain (Neue Abhandlung über den menschlichen Verstand) 9, 23, 34, 119, 184, 198, 312, 359, 442, 455, 490, 493, 531, 653 – Principes de la nature et de la grâce (Prinzipien der Natur und der Gnade) 366 – Système nouveau de la nature (Neues System der Natur) 366 – Theodizee (Essais de théodicée: Versuche über Theodizee) 104, 119, 161, 217, 274, 359, 475, 600, 661 Leisegang, Hans (1890–1951) 141 Lenin, Wladimir Iljitsch (1870–1924) 726, 732 Lenzen, Wolfgang (geb. 1946) 160, 191
Autoren- und Werkeverzeichnis
Leo XIII (Papst) (1810–1903) 312, 340, 421, 453 Leonardo da Vinci (1452–1519) 120, 369, 687 Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781) 82, 179, 241, 255, 264, 286, 297, 302, 349, 437, 468, 666, 670, 682 Lessing, Theodor (1872–1933) Leukippos (5. Jh. v. Chr.) 76, 77, 295, 401, 426, 582, 590, 591, 685 Lévi-Strauss, Claude (geb. 1908) 636, 668 Lewes, George Henry (1817–1878) 178 Lewin, Kurt (1890–1947) 78, 470 Lewis, Clarence Irving (1883–1964) 411, 419, 537 Lewis, David (geb. 1941) 353, 424 Lichtenberg, Georg Christoph (1742–1799) 481, 485, 501 Linné, Carl von (1707–1778) 295, 441 Lipps, Hans (1889–1941) Lipps, Theodor (1851–1914) 172, 196, 282, 534 Lipsius, Justus (1547–1606) 7, 507 Litt, Theodor (1880–1962) 729 Locke, John (1632–1704) 70, 226, 317, 325, 439, 444, 446, 538, 556, 558, 601, 602, 606, 630, 640 – Essay concerning human understanding (Versuch über den menschlichen Verstand) 9, 43, 134, 198, 202, 229, 490, 638, 653, 689 – Two Treatises of Government (Zwei Abhandlungen über die Regierung) 40, 257, 262 Lombardus, Petrus (ca. 1095–1160) 455, 585 Lorenzen, Paul (1915–1994) 149, 357, 530
810 Lotze, Rudolf Hermann (1817–1881) 246, 404, 414, 426, 550, 704, 727 Loyola s. Ignatius von L. Lucretius s. Lukrez Luhmann, Niklas (geb. 1927) 12 Lukács, Georg (1885–1971) 124, 370, 551, 718 Lukasiewicz, Jan (1878–1956) 404, 405, 721 Lukianos (120 bis um 190) 176, 367, 681, 698 Lukrez (Lucretius Carus) (ca. 97–55) 190, 213, 259, 337 Lullus, Raimundus (Ramón Lull) (um 1232–1315/16) 66, 117, 337, 391, 666 Lumer, Christoph (geb. 1956) 6 Luther, Martin (1483–1546) 18, 51, 54, 56, 63, 68, 94, 101, 105, 122, 139, 148, 164, 184, 193, 219, 230, 242, 264, 267, 272, 289, 320, 343, 433, 483, 612, 629, 649, 704 Lyotard, Jean-François (1924–1998) 510, 511 Mach, Ernst (1838–1916) 142, 509, 518 Machiavelli, Niccolo (1469–1527) 7, 137, 159, 390, 393, 630 Magnus, Albertus s. Albertus Maimonides (Mose ben Maimon) (1135–1204) Maistre, Joseph de (1753–1821) 669 Malebranche, Nicolas (1638–1715) 42, 50, 80, 121, 153, 359, 377, 451 Mally, Ernst (1879–1944) 143, 309 Malthus, Thomas Robert (1766–1834) 334 Mandelbrot, Benoit (geb. 1924) 122 Mandeville, Bernard de (ca. 1670– 1733) 109, 372 Mannheim, Karl (1893–1947) 141, 564
811 Marc Aurel (121–180) 633 Marcel, Gabriel (1889–1973) 183, 211 Marcuse, Herbert (1898–1979) 450 Martianus Capella (4./5. Jh.) 67 Marx, Karl (1818–1883) 20, 40, 62, 65, 93, 120, 147, 148, 184, 284, 292, 306, 344, 350, 396, 397, 399, 450, 526, 551, 657, 680, 695, 700, 730, 750 Mead, George Herbert (1863–1931) 103, 323 Meinecke, Friedrich (1862–1954) 292 Meiners, Christoph (1747–1810) 172 Meinong, Alexius (1853–1920) 46, 173, 241, 342, 495 Melanchthon, Philipp (1497–1560) 54, 64, 181, 297, 364, 391, 533 Melissos von Samos (5. Jh. v. Chr.) 176, 213 Menandros (342–290) 295 Mendel, Gregor (1822–1884) 700 Mendelssohn, Moses (1729–1786) 148, 494, 508 Ménegoz, Eugène (1838–1921) 221 Menger, Carl (1840–1921) 273 Merleau-Ponty, Maurice (1908–1961) 211 Mersenne, Martin (1588–1648) 121 Mesmer, Franz (1733–1815) 409, 665 Michelet, Karl Ludwig (1801–1893) 284 Mill, James (1773–1836) 70 Mill, John Stuart (1806–1873) 70, 181, 205, 244, 248, 431, 464, 509, 694 Mirabeau, Victor de Riqueti (1715–1789) 502 Mirandola, Pico della (1463–1494) 333, 374
Autoren- und Werkeverzeichnis
Mises, Ludwig von (1881–1973) 734 Moleschott, Jacob (1822–1893) 141, 593 Molinos, Miguel de (1628–1696) 541 Mommsen, Theodor (1817–1903) 713 Montague, Richard (1930–1971) 386, 627 Montaigne, Michel Eyquem de (1533–1592) 202, 430, 610 Montesquieu, Charles (1689–1755) 137, 262, 439, 630, 702, 710 Moore, George Edward (1873–1958) 1, 38, 218, 277, 326, 347, 411, 441, 605, 643 More, Henry (1614–1687) 399, 400, 695 Moreas, Jean (1856–1910) 647 Morgan, Augustus de (1806–1871) 385 Morgan, Conwy Lloyd (1852–1936) 178, 208 Morgenstern, Oskar (geb. 1902) 187, 573, 622 Morris, Charles (1901–1979) 517, 600 Morus (More), Thomas (1478–1535) 65, 629, 695, 740 Möser, Justus (1720–1794) 110, 291, 292, 355, 711 Mounier, Emmanuel (1905–1950) 183, 490 Müller, Adam Heinrich (1779–1829) 248, 355 573, 628 Müller, Johannes (1801–1858) Müller, Max (1823–1900) Münsterberg, Hugo (1863–1916) 451 Natorp, Paul (1854–1924) 396, 451, 617 Nelson, Leonard (1882–1924) 22
Autoren- und Werkeverzeichnis
Neumann, John von (1903–1957) 187, 573, 621, 622 Neurath, Otto (1882–1945) 450, 501, 734 Newton, Isaac (1642–1727) 36, 55, 98, 151, 222, 259, 272, 320, 363, 364, 366, 384, 443, 454, 560, 601 Nicolai, Friedrich (1733–1811) 508, 547 Nicolaus Cusanus s. Kues Nicolaus von Autrecourt s. Nikolaus v. A. Nicolaus von Kues (Cusanus) s. Kues Niethammer, Friedrich Immanuel (1776–1848) 75, 296, 305 Nietzsche, Friedrich (1844–1900) 51, 164, 209, 219, 249, 286, 288, 297, 308, 313, 334, 394, 416, 449, 456, 544, 569, 581, 630, 681, 683, 727, 735 Nigidius Figulus (1. Jh. v. Chr.) 452 Nikolaos von Damaskus (1. Jh. v. Chr.) 489 Nikolaus v. Kues, s. Kues Nikolaus von Autrecourt (um 1300 bis nach 1350) Nikolaus von Oresme (um 1320–1382) Nikomachos (4. bis 3. Jh. v. Chr.) 456 Nikomachos von Gorasa (2. Jh. n. Chr.) 452 Notker Teutonicus (um 950–1022) 46, 96, 193, 262, 263, 461, 493, 604, 685 Novalis (Friedrich von Hardenberg) (1772–1801) 117, 172, 292, 355, 374, 382, 603 Occam, Wilhelm von (Okham, Ockham) (um 1290–ca. 1349) 8, 159, 362, 467, 523, 644, 688 Ockham s. Occam
812 Oetinger, Friedrich Christoph (1702–1782) 396, 602, 652 Ogden, Charles Kay (1889–1957) 600 Opitz, Martin (1597–1639) 506 Origenes (um 185 bis ca. 254) 24, 56, 209, 342, 452, 567 Ortega y Gasset, José (1883–1955) Ostwald, Wilhelm (1853–1932) 182, 428 Otto, Rudolf (1869–1937) 285, 464 Panaitios von Rhodos (um 180–109) 633 Paracelsus, Philippus Aureolus Theophrastus (1493–1541) 45, 63, 65, 77, 117, 170, 172, 193, 220, 248, 364, 394, 414, 434, 592, 604, 687, 726, 737 Pareto, Vilfredo (1848–1923) 143, 273, 464, 476 Parmenides von Elea (5. Jh. v. Chr.) 62, 140, 175, 176, 237, 462, 481, 582, 610 Pascal, Blaise (1623–1662) 10, 80, 135, 193, 259, 263, 265, 289, 383, 477, 483 Passavant, Johann Karl (1790–1857) 664 Paul, Jean (Friedrich Richter) (1763–1825) 172, 681, 739 Paulus (1. Jh. n. Chr.) 68, 157, 192, 267, 483 Peano, Guiseppe (1858–1932) 9, 487 Peirce, Charles Sanders (1839–1914) 2, 487, 518, 678 Pelagius (gest. nach 418 n. Chr.) 192, 487 Pennaforti s. Raimundus Perry, Ralph Barton (1876–1957) 347, 411, 428, 441 Petrarca, Francesco (1304–1374) 80, 296, 297, 374
813 Petrus Aureolus (gest. 1321) 314 Petrus Damiani (1007–1072) 343 Petrus Lombardus s. Lombardus Petrus Ramus s. Ramus Pfänder, Alexander (1870–1941) 495, 727 Philippos von Opus (um 300 v. Chr.) 19 Philon von Alexandria (Judaeus) (15/10 v. Chr. bis ca. 45 n. Chr.) 24, 26, 183, 321, 380, 389, 664, 686 Philon von Larissa 19 Philon von Megara (um 300 v. Chr.) 385 Piaget, Jean (1896–1980) 20, 636 Pico s. Mirandola Pieper, Josef (1904–1998) 293, 346, 676, 677, 727 Planck, Max (1858–1947) 285, 503, 539 Platner, Ernst (1744–1818) 451 Plato(n) (427–347) 6, 19, 20, 55, 77, 80, 112, 117, 127, 148, 150, 157, 160, 176, 196, 200, 223, 252, 276, 288, 302, 303, 315, 338, 370, 406, 414, 426, 434, 36, 452, 503, 506, 549, 591, 609, 612, 628, 631, 678, 718, 727, 731, 746 – Apologie 18, 31, 56, 132 – Euthydem(os) 613 – Gorgias 531, 613 – Hippias maior (Hippias I) 580, 587 – Kratylos 1, 625 – Nomoi (Gesetze) 144, 258, 554 – Menon 38, 110, 197, 439, 498, 594, 691 – Parmenides 39, 80, 171, 283, 349 – Phaidon 48, 119, 132, 197, 381, 416, 484, 494, 690, 691 – Phaidros 132, 327, 396, 491, 494, 498, 531, 532, 594, 658, 691
Autoren- und Werkeverzeichnis
– Philebos 56, 146, 269, 653, 685 – Politeia (Der Staat) 16, 64, 103, 110, 132, 253, 276, 297, 349, 380, 398, 462, 531, 554, 582, 594, 613, 665, 676, 722 – Politikos (Der Staatsmann) 532 – Protagoras 530, 613 – Sophistes 140, 237, 505, 580 – Symposion (Symposium: Das Gastmahl) 39, 48, 200, 381, 505 – Theaitetos (Theätet) 15, 47, 327, 394, 497, 653 – Timaios 39, 76, 122, 138, 237, 269, 665, 666, 726 Plessner, Hellmuth (1892–1985) 45, 49, 215, 743 Plinius d. Ä. (Gaius P. Secundus) (23–79) 500 Plinius d. J. (Gaius P. Caecilius Secundus) (62–114) Plotin(os) (ca. 205–270) 1, 6, 28, 32, 39, 71, 138, 174, 200, 224, 283, 300, 302, 369, 380, 452, 455, 463, 596, 603, 648 – Enneades (Neunheiten) 17, 23, 62, 115, 157, 175, 177, 183, 269, 368, 370, 391, 437, 580, 587, 726 Plutarch(os) von Chaironeia (ca. 46 – ca. 119) 57, 452, 456 Poincaré, Jules Henri (1854–1912) 122, 361, 509 Polybios (210–127) 137, 518 Pomponatius s. Pomponazzi Pomponazzi, Pietro (1462–1525) 24, 159 Popper, Karl Raimund (geb. 1902) 92, 105, 203, 217, 367, 378, 383, 468, 606, 703, 734 Porphyrius (234 bis um 300) 64, 147, 183, 381, 452, 512 Portas, Johannes Baptista (Giambattista della Porta) (1540–1615) 501
Autoren- und Werkeverzeichnis
Poseidonios von Apameia (um 130–50) 287, 338, 633 Priestley, Joseph (1733–1804) 593 Prodikos von Keos (um 430 v. Chr.) 613 Proklos von Konstantinopel (410–485) 64, 380, 447, 452 Protagoras von Abdera (ca. 485–415) 295, 606, 610, 613, 637, 657, 714 Proudhon, Pierre Joseph (1809–1865) 39, 169, 530, 531, 695 Przywara, Erich (1889–1972) 203, 211 Ptolemaios (2. Jh. n. Chr.) 306, 364 Pufendorf, Samuel von (1632–1694) 257, 444, 446 Purkinje, Johannes Evangelista Ritter von (1787–1869) 530 Putnam, Hilary (geb. 1926) 178, 378, 550 Pyrrhon von Elis (ca. 360–271) 536, 610 Pythagoras (580 bis um 500) 18, 23, 282, 365, 426, 434, 456, 536, 591, 690, 713 Quesnay, François (1694–1774) 502 Quine, Willard Van Orman (geb. 1908) 37, 294, 443, 472 Quintilianus (gest. um 100 n. Chr.) 10, 185, 367 Radbruch, Gustav (1878–1949) 555 Raimundus Lullus s. Lullus Raimundus von Pennaforti (gest. 1273) Raimundus von Sabunde s. Sabundus Ramus, Petrus (1515–1572) 544 Rawls, John (geb. 1921) 188, 411, 520, 613
814 Raymundus s. Lullus Rehmke, Johannes (1848–1930) 240, 275 Reichenbach, Hans (1891–1953) 181, 363, 405, 450, 474, 721 Reid, Thomas (1710–1796) 119, 589, 602 Reimarus, Hermann Samuel (1694–1768) 137, 442 Reinhold, Karl Leonhard (1758–1823) 108, 141, 335 Renan, Ernest (1823–1892) 439 Rescher, Nicolas (geb. 1928) 118, 716 Reuchlin, Johann(es) (1455–1522) 296, 297, 333 Ricardo, David (1772–1823) 20, 61, 730 Rickert, Heinrich (1893–1936) 28, 92, 240, 245, 249, 254, 255, 289, 313, 432, 451, 530, 727, 728 Riehl, Aloys (1844–1924) 711 Riemann, Bernhard (1826–1866) 565, 572 Rodbertus-Jagetzow, Johann Karl (1805–1875) 630 Rorty, Richard McKay (geb. 1931) 735 Roscelinus von Compiègne (um 1100) 362, 688 Rosenkranz, Johann Karl Friedrich (1805–1879) 284 Rosenzweig, Franz (1886–1929) Rosmini-Serbati, Antonio (1797–1855) 473 Ross, Alf (geb. 1899) 309 Ross, Edward Alsworth (1886–1951) Ross, William David (1877–1973) 347, 411 Rothacker, Erich (1880–1965) 255, 581 Rousseau, Jean-Jacques (1712–1778) 129, 130, 138, 169, 180, 184, 248,
815 252, 266, 440, 444, 497, 588, 629, 657, 702, 711, 712 Royer-Collard, Pierre Paul (1763–1845) 305 Ruge, Arnold (1802–1880) 284 Ruschd, Ibn s. Averroes Russell, Bertrand Arthur William (1872–1970) 1, 38, 52, 53, 77, 102, 127, 342, 374, 385, 387, 402, 407, 428, 438, 574, 605, 678, 734 Ryle, Gilbert (1900–1976) 38, 98, 99, 155, 605, 741 Sabundus, Raimundus (gest. 1436) 117 Saint-Simon, Claude Henri de (1760–1825) 575, 695 Sakkas s. Ammonios S. Sales s. Franz v. S. Sallust(ius) (gest. 370 n. Chr.) 452 Salzmann, Christian Gotthilf (1744–1811) 497 Sanchez, Franz (1562–1632) 337, 610 Sapir, Edward (1884–1939) 577, 625 Sartre, Jean-Paul (1905–1980) 10, 31, 73, 74, 183, 203, 211, 233, 472, 595, 685, 731, 752 Saussure, Ferdinand de (1857–1913) 626, 636, 746 Savigny, Friedrich Carl von (1779–1861) 291 Schäffle, Albert (1831–1903) 208 Scheler, Max (1874–1928) 49, 68, 141, 161, 167, 173, 244, 303, 382, 430, 477, 493, 495, 544, 579, 595, 727, 739 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph (1775–1854) 6, 26, 30, 129, 148, 188, 201, 211, 302, 305, 312, 325, 328, 335, 339, 357, 381, 409, 436, 437, 447, 480, 509, 603, 619, 628, 647, 651, 665, 686, 687, 726, 741
Autoren- und Werkeverzeichnis
– Ideen zu einer Philosophie der Natur 441 – Naturphil. = Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie 441, 443 – Philosophie der Mythologie 3 – Philosophie der Offenbarung 468 – System des transzendentalen Idealismus 47, 72, 126, 369 – Vom Wesen der menschlichen Freiheit 3, 115 Schiller, Ferdinand Canning Scott (1864–1937) 133, 294, 518 Schiller, Friedrich (1759–1805) 11, 45, 48, 125, 140, 196, 225, 296, 297, 302, 335, 374, 438, 449, 493, 588, 603, 620, 622, 742 Schlegel, August Wilhelm (1767–1845) Schlegel, Friedrich (1772–1829) 225, 320, 327, 369, 374, 433, 705, 726 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (1768–1834) 3, 27, 30, 83, 141, 209, 287, 439, 490, 493, 628, 724 Schlick, Moritz (1882–1936) 179, 411, 450, 734 Schmidt, Alfred (geb. 1931) 226 Schmitt, Carl (1888–1985) 146, 667 Schopenhauer, Arthur (1788–1860) 30, 58, 68, 198, 227, 321, 325, 335, 409, 416, 440, 448, 492, 579, 609, 705, 734 Schottel, Justus Georg (1612–1676) 240, 248, 275, 735 Schulze, Gottlob Ernst (1761–1833) 610 Schuppe, Wilhelm (1836–1913) 308 Schweitzer, Albert (1875–1965) 167
Autoren- und Werkeverzeichnis
Scotus Eriugena, Johannes (um 810–877) 177, 188, 214, 455, 585, 688, 704 Scotus, Johannes Duns (1265 oder 1274–1308) 67, 157, 159, 279, 314, 465, 551, 585, 590, 592 Searle, John Rogers (geb. 1932) 520, 528, 596, 628 Seckendorff, Veit Ludwig von (1626–1692) 137 Semler, Johann Salomo (1725–1791) 449 Seneca, Annaeus Lucius (ca. 4 v. Chr. – 65 n. Chr.) 6, 30, 295, 374, 416, 429, 633, 677 Sextus Empiricus (3. Jh. n. Chr.) 610 Shaftesbury, Anthony Asley (Cooper) (1671–1713) 71, 109, 185, 224, 240, 429, 587, 588, 602, 708 Shakespeare, William (1564–1616) 438, 670 Shannon, Claude (geb. 1916) 316 Sheffer, Henry Maurice (1883–1964) 448, 603 Shyreswood, William v. (Sherwood) (ca. 1200– ca. 1272) 383, 643, 645 Silesius, Angelus (1624–1677) 435 Simmel, Georg (1858–1918) 375, 431, 617 Simplikios (Simplicius) (6. Jh. n. Chr.) 11 Singer, Peter (geb. 1946) 619 Skinner, Burrhus Frederic (geb. 1904) 98 Smith, Adam (1723–1790) 20, 28, 61, 323, 380, 602, 648, 730 Sohn-Rethel, Alfred (1899–1990) 141 Sokrates (469–399) 18, 56, 77, 132, 146, 148, 210, 223, 276, 315, 327, 394, 404, 462, 494, 600, 612, 613, 713, 727
816 Solger, Karl Wilhelm Ferdinand (1780–1819) 148 Solowjow, Wladimir Sergejewitsch (1853–1900) 410 Sombart, Werner (1863–1941) 336, 730 Sophokles (um 496 bis um 406) 670, 674 Sorel, Georges (1847–1922) 100 Spann, Othmar (1878–1950) 236, 729 Spencer, Herbert (1820–1904) 46, 58, 70, 133, 180, 188, 208, 318, 319, 320, 335, 488, 615, 648 Spener, Philipp Jacob (1635–1705) 502 Spengler, Oswald (1880–1936) 218, 431, 691 Speusippos (um 395–334) 19 Spinoza, Baruch de (1632–1677) 15, 21, 32, 77, 81, 90, 95, 119, 145, 227, 229, 314, 377, 396, 431, 441, 483, 486, 546, 622, 623, 640, 641 Spranger, Eduard (1882–1963) 373, 662, 729 Spurzheim, Johann Christoph (1776–1832) 500 Stahl, Friedrich Julius (1802–1861) 44, 356, 458, 500 Stahl, Georg Ernst (1660–1734) Stammler, Rudolf (1856–1936) 451, 555, 617 Stegmüller, Wolfgang (1923–1991) 37 Stein, Lorenz von (1815–1890) 630 Steiner, Rudolf (1861–1925) 51, 664 Stern, William (1871–1938) 490, 572 Stevenson, Charles Leslie (1908–1979) 179, 347, 411 Stewart, Dugald (1753–1828) 589
817 Stieler, Kaspar (Caspar) (1632–1707) 101 Stilpon von Megara (um 380 bis um 300) 404 Stirner, Max (urspr. Johann Caspar Schmidt) (1806–1856) 38 Straton von Lampsakos (um 270 v. Chr.) 64, 489 Strauß, David Friedrich (1808–1874) 284, 713 Strawson, Peter Frederick (geb. 1919) 342, 614 Suárez, Francisco (1548–1617) 64, 391 Sulzer, Johann Georg (1720–1779) 27, 45, 240 Taine, Hippolyte (1828–1893) 415 Tarski, Alfred (1901–1983) 420, 421, 717, 721 Teichmüller, Gustav (1832–1888) 490, 491 Teilhard de Chardin, Marie-Joseph Pierre (1881–1955) 458 Terentius (Terenz) (185–159) 295 Terstegen, Gerhard (1697–1769) 502 Tertullian, Quintus Septimus Florens (ca. 160 bis nach 220) 130, 192, 267, 483, 489, 592, 669 Tetens, Johann Nikolaus (1736–1807) 43 Thales von Milet (ca. 623–546) 176, 298, 400, 590, 713 Theophrastos (um 372–287) 64, 123, 489 Thomas von Aquin(o) (1225–1274) 8, 15, 121, 184, 267, 288, 298, 314, 340, 342, 343, 391, 421, 445, 497, 538, 585, 586, 594, 596, 603, 664, 673, 676, 688, 727 – De ente et essentia (Über das Seiende und das Wesen) 595 – De veritate (Über die Wahrheit) 455
Autoren- und Werkeverzeichnis
– Lib. sent. = Sententia in librum De anima (Kommentar zum Buch Über die Seele, s. auch Aristoteles) 653 – Summa contra gentiles (Summe gegen die Heiden) 130, 684 – Summa theol. = Summa theologica (Summe der Theologie) 12, 13, 30, 33, 159, 166, 183, 210, 264, 279, 317, 346, 390, 398, 490, 655 Thomasius, Christian (1655–1728) 75, 123, 429, 444, 555, 725 Thoreau, Henry David (1817–1802) 750 Thorndike, Edward Lee (1874–1949) 318 Timon aus Phleius (um 320–235) 610 Toland, John (1670–1722) 137, 226, 481 Töllner, Johann Gottlieb (1724–1774) 449 Tönnies, Ferdinand (1855–1936) 247, 368, 713 Topitsch, Ernst (geb. 1919) 729 Torricelli, Evangelista (1608–1647) 375 Tov, Baal Schem (um 1700 bis um 1760) 125 Toynbee, Arnold Joseph (1889–1975) 510 Tracy s. Destutt de T. Trapp, Rainer (geb. 1946) 694 Trendelenburg, Friedrich Adolf (1802–1872) 64, 445 Treviranus, Ludolph Christian (1779–1864) 112 Troeltsch, Ernst (1865–1923) 451 Trotzki, Lew Dawidowitsch (1879–1940) 726 Troxler, Ignaz Paul Vitalis (1780–1866) 50, 51
Autoren- und Werkeverzeichnis
Tschaadajew, Pjotr Jakowlewitsch (1794–1856) 410 Turgenjew, Iwan Sergejewitsch (1818–1883) 456 Turgot, Anne Robert Jaques (1727–1781) 488, 502 Turing, Alan Mathison (1912–1954) 677 Tylor, Edward Burnett (1832–1917) 208 Uexküll, Jakob Johann Baron von (1864–1944) 453, 682, 691, 708 Ulpianus, Domitius (um 170–223) 253 Vaihinger, Hans (1852–1933) 142, 518 Valentinos (um 150 n. Chr.) 3, 63, 503 van Helmont, Johann Baptista s. Helmont Vasari, Giorgio (1511–1574) 567 Venerabilis s. Beda V. Vico, Gian Battista (1668–1743) 161, 255, 412 Vieta (Viète, François) (1540–1603) 388 Viktor s. Hugo v. St.-V. Vinci s. Leonardo Vischer, Friedrich Theodor (1807–1887) 172, 196, 284, 739 Vitruv (vermutlich 84–27 v. Chr.) 528 Vives, Juan Luis (1492–1540) 65, 740 Voltaire, François Marie (Arouet) (1694–1778) 104, 255, 475 Vorländer, Karl (1860–1928) 451 Vries, Hugo de (1848–1935) 75, 433, 700 Wachsmuth, Ernst Wilhelm Gottlieb (1778(?)–1866) 290 Wagner, Rudolf (1805–1864) 708 Waismann, Friedrich (1896–1959) 734
818 Waldeyer (-Hartz), Heinrich Wilhelm Gottfried von (1836–1921) 452 Walzer, Michael (geb. 1935) 351 Wallace, Alfred Russel (1823–1913) 208 Walras, Marie Esprit Léon (1834–1910) 273 Watson, John Broadus (1878–1950) 98, 318 Weber, Alfred (1868–1958) Weber, Ernst (1873–1948) Weber, Ernst Heinrich (1795–1878) 721 Weber, Heinrich (1842–1913) Weber, Karl Julius (1767–1832) Weber, Max (1864–1920) 68, 125, 260, 261, 302, 336, 393, 546, 699, 728, 729, 730, 731, 753, 754 Weber, Theodor (1826–1906) Wegelin, Jakob (1721–1791) 255 Weizsäcker, Carl Friedrich von (geb. 1912) Weizsäcker, Victor von (1886–1957) 260, 601 Whitehead, Alfred North (1861–1947) 53, 127, 385, 402, 407, 531, 678 Whorf, Benjamin Lee (1897–1941) 577, 625 Wieland, Christoph Martin (1733–1813) 246, 588 Wiener, Norbert (1894–1964) 370, 652 Wiese, Leopold von (1876–1969) 109, 238 Wilhelm de la Mare (gest. nach 1282) Wilhelm von Occam, s. Occam Wilhelm von Auvergne (vor 1190–1249) Wilhelm von Conches (um 1080–1154)
819 Wilhelm von Ockham, s. Occam Wilhelm von Shyreswood (Sherwood) s. Shyreswood William v. Sherwood s. Shyreswood Winckelmann, Johann Joachim (1717–1768) 172, 224, 297, 437 Windelband, Wilhelm (1848–1915) 28, 92, 245, 254, 255, 306, 451, 458, 727 Witelo (um 1230–1275) 381 Wittfogel, Karl August (1896–1988) 226 Wittgenstein, Ludwig (1889–1951) 1, 38, 77, 94, 387, 422, 481, 559, 605, 626, 716, 719, 723, 724, 734 Wolff, Christian (von) (Wolf) (1679–1754) 5, 34, 47, 57, 78, 81, 83, 94, 96, 105, 133, 158, 161, 165, 168, 170, 171, 190, 197, 198, 237, 238, 275, 279, 323, 376, 443, 444, 533, 545, 546, 547, 555, 556, 583, 587, 593, 607, 629, 632, 663, 693, 735 – Grundsätze des Natur- und Völkerrechts 248 – Philosophia prima sive Ontologia s. VGG – Philos. rat. = Philosophia rationalis sive logica (s. Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschl. Verstandes) – Psychologia rationalis s. VGG – Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes 562, 681
Autoren- und Werkeverzeichnis
– VGG = Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen 30, 43, 75, 108, 152, 201, 274, 359, 366, 397, 425, 427, 472, 491, 504, 535, 580, 658 Wright, Henrik George von (geb. 1916) 5, 93, 143, 280, 281, 309, 323, 411, 585, 613 Wundt, Max (1879–1963) Wundt, Wilhelm (1832–1920) 58, 59, 70, 180, 213, 289, 534, 651, 709, 714 Wyneken, Gustav (1875–1964) 22 Xenokrates aus Chalkedon (396 bis 314) 19, 132 Xenophanes von Kolophon (6. Jh. v. Chr.) 175, 176, 462, 481 Xenophon (um 434 bis um 353) 56, 87, 132 Young, Thomas (1773–1829) 182 Zenon aus Elea (geb. zw. 490 u. 485 v. Chr.) 96, 416, 485, 633 Zenon aus Kition (der Stoiker) (um 350–258) 10, 146, 175, 176, 237, 482, 614 Zermelo, Ernst (1871–1953) 622 Zesen, Philipp von (1619–1689) 378 Ziehen, Theodor (1862–1950) 509, 534 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von (1700–1760) 502
Sachregister
Stichwörter, die im Wörterbuch durch Fettdruck hervorgehoben sind, werden im Sachregister einschließlich der jeweiligen Seitenzahlen in Kursivschrift aufgeführt. a maiori ad minus, lat. 388, 637 a minori ad maius, lat. 388, 637 a posteriori, lat. 57, 59, 64, 241, 530, 672 a priori, lat. 59, 36, 43, 57, 106, 358, 367, 439, 440, 562, 625 Abakus 1, 25 Abbild 1, 110, 168, 188, 200, 327, 370, 414, 718 Abbildtheorie 1, 13, 110, 190, 311, 330, 618 Abbildung 2, 17, 102, 110, 133, 171, 232, 394, 551 Abduktion 2 Aberglaube 2, 62, 157, 394, 547, 643 Abfall 115, 269, 361, 378, 440 Abgrund 2, 43, 171, 177, 273, 455, 687 Abgründigkeit 3 abhängig 3, 683 Abhängigkeit 3, 143, 227, 230 Ableitung 4, 3, 52, 134, 143, 222, 317, 422, 733 Ableitungsregel 4, 86, 134, 224, 333, 442, 515 Abschattung 4 Absicht 5, 218, 222, 232, 280, 323, 373, 431, 585, 658, 660, 742, 753, 754 absolut 6, 47, 147, 153, 351, 457, 564, 683 Absolute, das 6, 116, 312, 473, 641, 672, 686 Absoluter Geist 6, 244, 267
absolutes Wissen 7, 196, Absolutismus 7, 203, 288, 289, 427, 553, 556, 630, 631, 751 Abstammungslehre 8, 133, 144, 189, 208, 295, 357, 428, 450, 508, 588, 671, 682, 751 Abstoßungskraft 8 abstract ideas, engl. 9 abstrahieren 8 abstrakt 8, 141, 147, 311, 354 Abstraktion 9, 144, 362 Abstraktionsschema 9, 239, 300 abstrus 9 absurd 10, 55, 130 Absurdität 570 Abtrennungsregel 10, 4 abundant 10 Abundanz 10 Abundanzregel 10, 470 accidens, lat. 23, 513, 751 acedia, lat. 673 acervus, lat. 10, 217, 614 Achill 10, 175, 176 Achtung 11, 41, 165, 166, 230, 246, 294, 491, 493, 572, 579, 596, 608, 633, 666 actio, lat. 22, 279, 338 action slip, engl. 218 action type, engl. 281 activité, frz. 22 actualitas, lat. 212, 736 actualité, frz. 22 actus, lat. 21, 48, 130, 462, 510, 512 actus accidentalis, lat. 21 actus entativus, lat. 21
Sachregister
actus formalis, lat. 21 actus primus, lat. 21 actus purus, lat. 12 actus secundus, lat. 21 actus substantialis, lat. 21 ad absurdum (führen), lat. 10 ad hominem (demonstrieren), lat. 14 adaequatio, lat. 13, 43 Adaption, Adaptation 12, 20, 46, 207, 346, 503 Adäquanztheorie 13 adäquat 13, 1, 19, 311, 344 Addition 14, 157, 236 additiv 13, 642 Adept 14 Adharma, sanskr. 146, 331 adiaphora, gr. 14, 199, 278, 373 Adjunktion 14, 31, 70, 84, 154, 332, 361, 386, 522, 656 advaita, sanskr. 14, 697 Aenigma 15 aequalitas, gr. 265 aequitas, lat. 111 aequus, lat. 59, 525 aestheticism, engl. 73 aeterna felicitas, lat. 598 aeternitas, lat. 209 affectio, affectus, lat. 16, 248 Affekt 15, 16, 17, 178, 180, 229, 240, 249, 340, 379, 485, 486, 491 Affektenlehre 16 Affektion 16 affektioniert 16 affektiv 16 Affektivität 16 Affektzustände 244 afferent 16, 164 Afferenz 16, 243 affin 16 Affinität 16, 359 Affirmation 17, 99, 446, 447 affirmativ 17
822 affizieren 16, 17, 165 affiziertes Objekt 17 agapë, gr. 17, 200, 336, 381 agathodaimon, gr. 132 Agathologie 17 agathon, gr. 17, 276 agathos, gr. 275, 334 agens, lat. 17 Agenzien 17 agere sequitur esse, lat. 382, 677 Aggregat 17, 154, 236 Aggregatzustand 18, 503 Aggression 18 aggressiv, Aggresivität 18 Agnosie 18 Agnostiker 18 Agnostizismus 18, 131, 307, 328 agôn, gr. 18 agonal 18 agricultura, lat. 67 ähnlich 18 Ähnlichkeit 18, 33, 347, 415 Ahnung 19, 157, 293 Ahriman 19, 115, 277, 395, 479 Ahura Mazda, 126, 277 aiôn, gr. 55, 209, 576 aisthësis, gr. 19, 47, 70, 140, 720 aisthëtikon, gr. 73, 609 aisthëtos, gr. 73, 343 aitëma, gr. 511 aithër, gr. 75 aitia, gr. 76, 121, 658, 693 akadëmeia, gr. 19 Akademie 19, 20, 503, 610, 612 Akademiker 20 akasha, sanskr. 20 Akashachronik 20 Akatalepsie 20 Akkomodation 20, 69, 503 Akkumulation 20 akolouthia, gr. 222 Akoluthie 21 Akosmismus 21, 481, 623 akrasia, gr. 21, 735
823 akroamatisch 21, 200, 338 akroasis, gr. 501 Akt 21, 142, 498, 534 Aktion 22 aktiv 22, 484 Aktivismus 22, 484 Aktivität 22, 484 aktual 22, 512 Aktualgenese 22, 720 Aktualisierung 22 Aktualismus 22 Aktualität 22, 512, 736 Aktualitätslehre 130 Aktualitätstheorie 23, 639 aktuell 23, 22 aktuos, Aktuosität 23 Akusmatiker 23 Akzeptanz 23 Akzidens, das; Akzidentelle, das 23, 9, 487, 538 akzidentiell, akzidentell 23 Akzidenz 23, 21, 317, 538, 640, 751 Al-Chaliq, arab. 25 Alchemie 23, 14, 65, 125, 176, 395, 399, 415, 469, 499, 623, 632 Alchymia, mlat. 338 alëtheia, gr. 24, 417, 419, 715 alëtheutikos, gr. 715 alethische Logik 24 Alexandriner 24, 487 Alexandrismus 24 Alexandristen 24, 64 Algebra 24, 25, 114, 162, 275, 408, 420, 636 Algebraisierung 24 Algorithmiker 25 Algorithmische Sprachen 25 Algorithmus 25, 316, 464 alienatio, lat. 184 alienatio iuris, lat. 184 al-kimia, arab. 23 All 25, 274 Allah, arab. 25, 270, 332, 428
Sachregister
Allaussage 25, 37, 30, 216, 514, 540, 703 Allbeseelung 44, 435, 726 Allbeseelungslehre 26, 480, 535 Allegorese 26 Allegorie 26, 15, 26, 32, 73, 110, 178, 226, 369, 647 allegorisieren 26 Alleinheitslehre 27 alles 286 alles fließt 27, 286 alles ist eitel 27, 174 Allgegenwart 27, 270, 682 allgemein 27, 47, 103, 250, 484, 602, 687 Allgemeinbegriff 28, 312, 476, 549 Allgemeine, das 27, 467 allgemeine Relativitätstheorie 565 allgemeines Wohl 28, 712 allgemeingültig 29, 85, 86, 218, 275, 334, 386, 421, 461, 466, 515, 583, 599, 655, 675 Allgemeingültigkeit 29, 4, 256 Allgemeinheit 27 Allgemeinvorstellung 29 Allheit 29 Allmacht 29, 229, 270, 512, 566, 661 Allquantifikation 539 Allquantor 30, 522, 697 Allwissenheit 30, 229, 270 alma bella, span. 588 alogisch 30, 328, 519 Al-Qadir, arab. 25 alter ego, lat. 30, 12 altercatio, lat. 31 alteritas, lat. 39 alternatio, lat. 31 Alternation 31 Alternative 31 Alternativhypothese 31, 463 Altruismus 31, 28, 165, 313, 437, 648
Sachregister
ambiguitas, lat. 31 Ambiguität 31, 60, 107, 404, 508 Ambition 32, 167 ambitus, lat. 97 Ambivalenz 32 amicitia, lat. 230 Amnesie 32 amor, lat. 200, 381 amor dei intellectualis, lat. 32, 639 amor fati, lat. 32, 186, 217, 288, 623 amoralisch 32 Amoralismus 32, 308 Amphibolie 32 amphibolisch 32 an sich 47, 153 anagogë, gr. 32 analog 32, 33 analogia, gr. 19, 498 analogia entis, gr./ lat. 32, 19, 498 Analogie 33, 2, 19, 26, 32, 33, 74, 209, 295, 328, 559 Analogiebeweis 33, 106 Analogiebildung 412 Analogieschluß 33 Analogismus 33 analogon, gr. 18, 71, 128, 718 analogon rationis, gr./ lat. 34, 71, 718 Analyse 34, 532 analysis, gr. 35, 34, 532, 560, 650 Analytik 35, 383 analytisch 36, 35, 37, 201, 294, 322, 424, 461, 569, 583, 651, 656, 693 analytisch wahr 36 Analytische Geometrie 36 Analytische Methode 36 Analytische Philosophie 37, 35, 77, 181, 472, 550, 606, 651, 717, 723 Anamnese 38, 19, 42, 110, 210, 591, 638, 691 anamnësis, gr. 38, 196, 439, 638
824 anankë, gr. 38, 462, 582, 583 Anarchie 38 Anarchismus 38, 531 Anarchist 39 an-atma, sanskr. 39 Anatomie 112 anatta, pali 39 Andacht 230 Anderheit, Andersheit 39, 147, 289 andreia, gr. 336 androgyn 39, 256, 286 Aneignung 39, 169 anër, gr. 39 anerkennen 41 Anerkennung 41, 99, 246 Anfang 41 Anfangsgründe 41 angeboren 42, 38, 54, 57, 303, 439, 547, 689 Angeborene, das 42 angeborene Ideen 42 angelos, gr. 183 angenehm 43, 392 Angenehme, das 256, 587 Angleichung 43 angor, anxietas, lat. 43 Angst 43, 3, 175, 232, 455, 542 angustia, lat. 43 anima, lat. 44, 9, 45, 532, 590 anima mundi, lat. 725 anima rationalis, lat. 44 anima vegetativa, lat. 44 animal, lat. 44, 751 animal sociale, lat. 751 animalisch 44, 698 Animismus 44, 26, 50, 102, 132 animus, lat. 44, 243, 248, 289 Anlage 45, 110, 155, 189, 192, 223, 232, 249, 251, 265, 279, 281, 415, 516, 754 Anlaß 45 Anmut 45, 598, 742 anmutig 45
825 Annahme 46, 61, 299, 508 Annalen 46, 260, 748 Annalistik 46 anoia, gr. 113 Anomalie 46 anorganisch 46 Anorganische Chemie 46 Anpassung 46, 12, 69, 232, 263, 335, 503, 735 Anschauung 46, 19, 70, 80, 141, 170, 263, 320, 321, 325, 580, 689, 747 Anschauungsbild 168 Anschauungsformen 47, 638 Ansichsein 48 Anstand 48 Antagonismus 48 Antagonist 48 ante res, lat. 549, 688 antecedens, lat. 48 Antezedenz 48, 355 Anthropismus 49, 296 Anthropogenese, Anthropogenie 49 Anthropologie 49, 112, 145, 182, 214, 244, 294, 319, 357, 458, 495, 499, 519, 613, 615, 724 Anthropologismus 294 Anthropomorphismus 50, 25, 175 anthrôpomorphos, gr. 50 anthrôpos, gr. 49, 50, 51, 161, 496 Anthroposophie 50, 20, 80, 469, 664 anthropozentrisch 51, 49, 363 Antichrist 51, 115 antikeimenon, gr. 465 Antilogie 51, 733 Antimodernisteneid 421, 453 antimoralisch 32 Antinomie 51, 42, 54, 147, 182, 234, 326, 341, 345, 365, 402, 405, 407, 414, 482, 581, 678, 717 Antinomismus 53 Antinomisten 54
Sachregister
Antipathie 89 Antipsychologismus 54 antisozial 69 antistrephôn, gr. 54 Antithese 54, 240, 664 antithesis, gr. 54 Antithetik 54 antithetisch 54 Antizipation 54, 527 Antonym 55, 127, 219, 241 Anzahl 55 Anziehung 55, 8, 77, 568 Anziehungskraft 55 Äon 55, 576 apagogë, gr. 55, 134, 189 apagogischer Beweis 55 apatheia, gr. 246 Apathie 55, 15, 74 apathisch 55 apeiron, gr. 55, 42, 298, 400, 487, 685, 713 aphairein, gr. 8 aphairesis, gr. 9 aphasia, gr. 610 Aphorismus 56, 403, 430 aphrodisia, gr. 398 Apodeiktik, Apodiktik 56 apodeixis, gr. 106 apodiktisch 56, 693 Apokalypse 56, 467 apokalypsis, gr. 467 Apokalyptik 56 apokalyptisch 56 apokatastasis, gr. 56, 174, 209 Apologeten 56, 487 Apologetik 56 Apologie 56 Apophantik 56 apophantisch 56 apophasis, gr. 17, 41, 83, 446, 693 apophthegma, gr. 56 apophthegmatisch 57 Aporem 57, 189, 526 aporëma, gr. 57
Sachregister
Aporetik 57 Aporetiker 57, 189 aporetisch 57 Aporie 57, 526, 614 apospasma, gr. 389 Apostasie 361 Aposteriori, das 58 aposteriorisch 58 - s. auch a posteriori Apotheose 58 Apperzeption 58, 108, 173, 300, 426, 491, 547, 562, 597 Apperzeptionspsychologie 58, 70, 714 apperzeptiv 59 apperzipieren 59 Apprehension 59, 563 appropriation, engl., frz. 39, 40 apriorisch 59 - s. auch a priori Apriorismus 59 äquipollent 59, 31, 571, 722 Äquiprobabilismus 525 Äquivalenz 59, 85, 109, 265, 266, 305, 332, 564 Äquivalenzrelation 354 äquivok 60, 32, 689 Äquivokation 60, 328 arabische Philosophie 60 Arbeit 60, 61, 101, 218, 292, 432, 561, 620, 656, 700 Arbeitshypothese 61, 299, 221 Arbeitsteilung 61 Arbeitswerttheorie 61, 409, 561, 730 arbitrium, lat. 715 arbitrium liberum, lat. 62, 715, 734 Archaeus 63, 374 archaios, gr. 62, 63 archaisch 62 Archäologie 62 archë, gr. 62, 121, 693 Archetyp(us) 62, 44, 45, 175, 320, 678 archetypisch 62
826 archetypon, gr. 62 Architektonik 63, 651 archôn, gr. 38, 138 Aretalogen 63 Aretalogie 63 aretë, gr. 63, 166, 498, 675, 708 Aretologie 63 Ärger 63 Ärgernis 63 Argument 63 Argumentation 63 argumentieren 63 argumentum a posteriori, lat. 63 argumentum a priori, lat. 63 argumentum a tuto, lat. 64 argumentum ad hominem, lat. 63 argumentum ad veritatem, lat. 63 argumentum e consensu gentium, lat. 64 argumentum e contrario, lat. 64 Arianer 64, 75 Aristokratie 64, 118, 138, 427, 471, 629 Aristotelismus 64, 60, 80, 453 Arithmetik 65, 354 arithmos, gr. 746 Arkanum 65, 242 Armut 65, 68, 736, 740 ars, lat. 65, 67, 88, 146, 189, 194, 244, 271, 368, 382, 391, 585 ars analogi rationis, lat. 34 ars combinatoria, lat. 66 ars coniectandi, lat. 100 ars emblematica, lat. 178 ars inveniendi, lat. 66, 194, 290 ars Lulliana, lat. 66 ars magna et ultima, lat. 66, 391 ars poetica, lat. 506 ars vitae, lat. 374 ars vivendi, lat. 374 Art 66, 151, 168, 183, 544, 618, 619, 688 Artefakt 66, 358, 369, 588, 656 artes liberales, lat. 67, 65, 146, 189,
827 244, 271, 368, 382, 585, 603, 675 artes mechanicae, lat. 67 artes vulgares et sordidae, lat. 67 artifex vitae, lat. 374 artifiziell 67 Artikulation 67 Artistenfakultät 67, 675 a-scholia, gr. 60, 432 Asebie 207 aseitas, lat. 67 Aseität 67, 87, 270 Askese 68, 95, 125, 186, 392, 431, 435 askësis, gr. 68 Asketen 68 Asketik 68 asozial 68 Aspekt 69 assemblé nationale, frz. 439 assertorisch 69, 693 Assimilation 69, 20, 156 assimilation, engl., frz. 39 assimilieren 69 Assoziation 69, 156, 170, 234, 236, 304, 417, 534, 593, 714 Assoziationspsychologie 69, 58, 141, 142, 304, 533, 743 Assoziativität 70 Ästhetik 70, 19, 27, 34, 38, 47, 66, 73, 81, 88, 110, 128, 170, 173, 180, 193, 196, 221, 223, 242, 251, 283, 287, 301, 303, 369, 370, 415, 437, 468, 486, 492, 498, 505, 506, 519, 570, 586, 717 ästhetisch 73 ästhetische Erfahrung 193 ästhetische Wahrheit 717 ästhetische Idee 303 Ästhetizismus 73, 551 Astrologie 74, 69, 74, 357, 364, 469, 746 Astromantie 74 Astronomie 74, 74, 363, 570
Sachregister
asyndeton, gr. 74, 508 Aszendent 74 ataraxia, gr. 246, 610 Ataraxie 74, 186, 217, 610, 633 Atavismus 74, 480 atë, gr. 670 athanasia, gr. 690 Athanasianer 64, 75 Athanasie 75 Athanatismus 75, 661 Athanatologie 75 athanatos, gr. 75 Atheismus 75, 79, 270, 623 Atheismusstreit 75, 21, 430 Atheist 75 atheos, gr. 75 Äther 75, 176, 380, 450, 542, 565 ätherisch 76 Athetese 76 athetieren 76 athetos, gr. 76 Ätiologie 76 ätiologisch 76 Atlantis 76 atman, sanskr. 76, 39, 177, 337, 403, 655 Atom 76, 77, 236, 295, 314, 362, 401, 414, 425, 426, 463, 530, 685 atomar 77 Atomfigur 77 Atomisierung 77 Atomismus 77, 181, 190, 237, 504 Atomisten 582, 591 Atomistik 77 atomistisch 77, 163, 401 atomon, gr. 76, 314 Atomphysik 76, 342, 463 Atomspaltung 398 Atomtheorie 77, 415 Attentismus 77 attische Philosophie 77 Attraktion 77, 272 Attribut 77, 94 attributum, lat. 168
Sachregister
atypisch 78 auctoritas, lat. 88 Auferstehung 202, 690 Auferstehung des Fleisches 78 Auffassung 491 Aufforderungscharakter 78 Aufgabe 78, 240, 526 aufheben 78, 141 Aufklärung 78, 74, 189, 226, 227, 264, 296, 379, 442, 444, 449, 467, 547, 566, 573, 577, 688, 695, 752 Aufmerksamkeit 79, 58, 59, 99, 107, 183, 217, 222, 323, 361, 720 Augenblick 80, 290, 519 Augenschein 207 Augustinismus 80, 265 aura, lat. 80, 429 Ausdehnung 81, 214, 401, 568, 622 Ausdruck 81, 87, 171, 369, 370, 376, 415, 485, 567, 648 Auslegung 82, 178, 286, 287, 605, 706 Auslese 82, 133, 156, 207, 208, 598, 696 Auslösemechanismus 83 Auslöser 83 Ausnahme 83 Aussage 83, 25, 29, 36, 56, 70, 84, 86, 91, 94, 95, 107, 160, 177, 190, 199, 214, 224, 225, 241, 322, 345, 351, 359, 423, 499, 522, 528, 529, 539, 578, 599, 659, 693, 703, 716, 724 Aussageform 84, 26, 194, 212, 513, 539, 540, 578 Aussagefunktion 84 Aussagenkonnektiv 355 Aussagenkonstante 84, 514, 578, 650 Aussagenlogik 84, 4, 14, 29, 31, 60, 84, 86, 91, 107, 109, 114, 136, 149, 154, 186, 213, 218, 232, 309, 322, 332, 333, 353, 354, 360,
828 384, 387, 404, 418, 420, 422, 447, 448, 487, 514, 566, 578, 584, 638, 646, 656, 703, 712, 718, 719, 732 Aussagenschema 86, 29, 84 Aussagenvariable 86, 29, 84, 86, 333, 385, 578 ausschließen 86, 241, 242 Außenwelt 86, 227, 317 Äußerlichkeit 87, 317 Äußerung 87 Autarkie 87, 95, 279, 755 authentës, gr. 87 authentisch 87 authentisieren 87 Authentizität 87, 685 Autismus 87, 165 Autoaggression 18 Autokratie 87 Automat 87, 371, 397, 404, 478, 559, 592 automaton, gr. 87 autonom 87, 88 Autonomie 88, 73, 87, 227, 284, 289, 369, 505, 570, 576, 588, 596, 620, 662, 670, 683, 741, 754 Autonomie der Kunst 88 Autonomisierung 88 autopoiësis, gr. 88, 598 Autopsie 88 Autorität 88, 38, 78, 193, 264, 327, 341, 393 Autoritätsglaube 89, 264, 79, 575 autos epha, gr. 327 autosemantisch 89 Autostereotyp 89 autrui, frz. 31 avaritia, lat. 245 Averroismus 89, 24, 60, 159 Averroisten 64 Aversion 89 Avesta 484 axia, gr. 89
829 Axiologie 89, 729 axiologisch 89 Axiom 89, 4, 86, 90, 91, 134, 136, 149, 160, 190, 231, 259, 268, 275, 333, 344, 353, 358, 361, 376, 418, 442, 487, 511, 515, 659, 662, 703, 712 axiôma, gr. 89, 275 Axiomatik 90 Axiomatisches System 90 Axiomensystem 90, 143, 487, 507 Axiomschema 91, 86, 333, 418 badische Schule 92 Barbara 645, 646 basic action, engl. 93 basieren 92 Basis 92, 530, 551, 680 Basishandlung 93 Basissätze 92, 100 Basis-Überbau-Verhältnis 93 Bauplan 93, 635 beatitudo, lat. 266 beauty of the heart, engl. 588 Bedarf 93, 95 bedeuten 94 Bedeutung 94, 31, 36, 136, 173, 295, 312, 322, 352, 386, 438, 528, 568, 599, 604, 625, 626, 703, 732 bedingen 94 Bedingte, das 94 Bedingung 94, 121, 129, 152, 352, 462 Bedürfnis 95, 93, 232, 269, 656, 727 Bedürfnislosigkeit 95, 87, 392 Begabung 95, 96, 251, 654, 706 Begehren 95, 299, 240, 734 Begehrungsvermögen 96 Begeisterung 96, 185, 233, 318, 589 Begierde 95, 15, 191, 281, 354 450, 485 begreifen 96 Begriff 96, 53, 127, 129, 155, 233,
Sachregister
241, 311, 316, 361, 362, 387, 458, 513, 639, 641, 660, 682, 692, 722 begrifflich 97 Begriffsbestimmung 97 Begriffsbildung 97 Begriffslogik 98 Begriffsnamen 96 Begriffsnetz 97 Begriffspyramide 97, 157, 314 Begriffsrealismus 98, 303, 362, 457 Begriffsschrift 98, 484 Begriffssystem 97 begründen 274 Begründung 98, 121, 554 Beharrlichkeit, Beharrungsvermögen 98, 669 Behauptung 98, 324 Behaviorism, engl. 98 Behaviorismus 98, 318, 409, 534, 702 behaviour, engl. 98 Beifall 99 Beispiel 99, 209 Bejahung 99 belle âme, frz. 588 bellum, lat. 39, 294, 313, 446 bellum omnium contra omnes, lat. 99 beobachten 99 Beobachtung 99, 106, 181, 193, 467, 720 Beobachtungsausdruck 100 Beobachtungssatz 100 Beobachtungssprache 100 Bereich 100 Bergsonismus 100, 175 Bernoullischer Satz 100 Beruf 101 Beschaffenheit 101 Beschaulichkeit 101 bescheiden 101 Bescheidenheit 101, 392 Beschreibung 101, 144, 198 Beseelung 102
Sachregister
Besessenheit 102 Besinnung 102, 105, 596 Besitz 102, 169 besoin, frz. 95 besonders 103 Besondere, das 103 Besonderheit 103 Besonnenheit 103, 336, 392, 398, 399, 596, 614, 654 Beständigkeit 104 bestätigen 104 Bestätigung 104, 181 Bestätigungstheorie 104 beste Welt 104 bestimmen 104, 144, 220 Bestimmtheit 104 Bestimmung 105, 144, 596 Bestimmung des Menschen 105 Bestimmungsgrund 105 Betrachtung 105 Betrug 105, 690 Bewährung 105, 299 Beweggrund 105, 121, 431, 734 Bewegung 106, 6, 10, 223, 425, 549, 574, 696 Bewegungslehre 106, 343, 403, 454, 494 Beweis 106, 4, 26, 56, 63, 127, 134, 139, 148, 177, 218, 270, 274, 299, 326, 493, 526, 530, 557, 675, 712, 749 Beweisfehler 107 Beweisgründe 106 Beweiskraft 107 Beweistheorie 107, 274 Bewertung 107, 727, 194 bewirken 107 bewußt 107, 532, 639, 664, 691 Bewußtheit 107, 104 Bewußtsein 108, 93, 107, 215, 241, 242, 243, 378, 466, 596, 597, 637 Bewußtsein überhaupt 108 Bewußtseinsmonismus 108
830 Bewußtseinsprinzip 109 Bezeichnung 109 Beziehung 109, 96, 188, 648, 703 Beziehungsbegriffe 109, 564 Beziehungsgesetze 109, 564 Beziehungsglieder 109 Beziehungslehre 109 Beziehungsschlüsse 109 bhakti, sanskr. 744 Bienenfabel 109 Bikonditional 109, 85 Bild 109, 111, 178, 221, 223, 260, 308 Bildung 110, 296, 480, 491 Bildungstrieb 110, 374 Billigkeit 111, 192, 253 Binärsystem 111 Binom 111 Binominalreihe 111 Binominalverteilung 111 Binomische Formeln 111 Binomischer Lehrsatz 111 Bioenergetik 111, 185 biogenetisches Grundgesetz 111, 480 Biologie 112, 477, 478, 682, 751 Biologismus 112 Biomechanik 112 bios, gr. 112, 111, 112, 113, 373, 662, 708 bios apolaustikos, gr. 112 bios politikos, lat. 112 bios theoretikos, gr. 112, 662 Biosphäre 112 Biotechnik 112 biotisch 112 Biotismus 112 biozentrisch 112, 389 Biozönese 113 Bit 113 Bivalenzprinzip 113, 52, 84, 164, 345, 404, 420, 522, 523, 754 Black- box(- Methode), engl. 113 Blödsinn 113 Blutrache 543
831 bodhi, sanskr. 744 Bolschewismus 113 bolschoi, russ. 113 bon goût, frz. 256 bon sens, frz. 114, 602 bonum, lat. 671 bonum generale, lat. 247 Boolesche Algebra 114, 24, 344, 385, 420 böse 114 Böse, das 125, 192, 199, 276, 281, 288, 331, 583, 642, 661, 680 Bosheit 116, 680 boulësis, gr. 734 bourgeois, frz. 118, 750 brahman, sanskr. 116, 14, 76, 177, 456, 603, 655, 697, 744 Brahmane 116 Brahmanismus 116, 268, 290, 692, 744 Buch der Natur 117 buddhi, sanskr. 117, 744 Buddhismus 117, 76, 117, 146, 199, 268, 331, 337, 456, 577, 744, 745 Bürger 118, 750 bürgerlich 118 bürgerliche Gesellschaft 118 Bürgerrecht 118, 275, 408, 711 Bürgertum 118 Buridans Esel 118 Buße 119, 569, 642 byte, engl. 113 calvus, lat. 120, 217 camera obscura, lat. 120 Cantorismus 120 Cantorscher Satz 120 Cantorsches Axiom 120 Cantorsches Diagonalverfahren 120 caritas, lat. 17 Cartesianer 121 Cartesianismus 120, 152, 377, 492, 493, 542, 545, 569 cartesisch 121 casus, lat. 337
Sachregister
casus conscientiae, lat. 337 casus datae legis, lat. 694 causa, lat. 121, 95, 183, 222, 270, 341, 431, 658, 683, 693, 753 causa aquirendi, lat. 121 causa cognoscendi, lat. 121 causa donandi, lat. 121 causa efficiens, lat. 121, 658, 753 causa essendi, lat. 121, 693 causa exemplaris, lat. 121 causa fiendi, lat. 121, 693 causa finalis, lat. 121, 182, 222, 658, 683, 753 causa formalis, lat. 121 causa libera, lat. 752 causa materialis, lat. 121 causa motiva, lat. 121, 289, 431 causa movens, lat. 121 causa occasionalis, lat. 121, 469 causa solvendi, lat. 121 causa sui, lat. 121, 183, 270 causalitas, lat. 341 Celarent 645 cerebrum, lat. 243, 749 certitudo, lat. 263 chaos, gr. 121, 2, 138, 223, 476, 503, 666 Chaostheorie 122, 156 chaotisches System 122 chara, gr. 15, 485 characteristica universalis, lat. 124, 66, 98, 305, 391, 484, 590, 667, 687 Charakter 123, 124, 205, 272, 321, 433, 486, 654, 735 Charaktere 123 Charakterismen 124 Charakteristik 124 charakteristisch 124 Charakteristische, das 124 Charakterkunde 124 Charakterologie 124, 679 charis, gr. 267 charisma, gr. 125, 89
Sachregister
charismatische Herrschaft 125 Chassidismus 125 Chauvinismus 125, 486 Chemie 125, 46, 176, 478, 501 Chiffre 125, 290, 749 chiffre, frz. 749 Chiffrenschrift 125, 117, 747, 749 Chiliasmus 126, 202, 255 Chimäre 126 chimärisch 126 Chirologie 126 Chiromantie 126 cholë, gr. 126 Choleriker 126 cholerisch 126 chôrismos, gr. 126 Chorismus 126 chôrista, gr. 8 chreia, gr. 666 chrëma, gr. 152 Chromosom 127, 249, 434 Chronos, gr. 55 chthonisch 127 circulus, lat. 127, 107 circulus in probando, lat. 107 circulus in probando, lat. 127 circulus vitiosus, lat. 107, 127, 148, 749 Circulus- vitiosus(- Axiom), lat. 127 citoyen, frz. 118, 750 civil society, engl. 750 civilisation, frz. 751 civilité, frz. 751 civis, lat. 118, 751 civitas dei, lat. 127, 80, 193, 255, 271, 455, 630 civitas gentium, lat. 709 civitas solis, lat. 613 civitas terrena, lat. 127, 382 clarus et distinctus, lat. 127, 104, 120, 128, 145, 156, 344, 547 classe industrielle, frz. 575 Code civil, frz. 169, 553 Codex iuris canonici, lat. 281
832 cogitare, lat. 140 cogitatio, lat. 238 cogito, lat. 120, 140, 142, 300, 546, 598 cogito ergo sum, lat. 127, 120, 127, 140, 142, 300, 546, 598 cognitio, lat. 71, 197, 347, 492, 718 cognitio sensitiva, lat. 128, 71, 718 cognitivism, engl. 347 cohaerens, lat. 347 coherence, engl. 348 coincidentia, lat. 157, 171, 241, 348, 510 coincidentia oppositorum, lat. 128 combinatio, lat. 348 common sense, engl. 129, 247, 256, 589, 602 common wealth, engl. 28 communicatio, lat. 349 communio sanctorum, lat. 247 communitas, lat. 350 community, engl. 350 commutatio, engl. 259 comparatio, lat. 33, 351 compensatio, lat. 525 complexus, lat. 97, 316 complicatio, lat. 129, 214 compositio, lat. 352 comprehendere, lat. 96 compressio, lat. 352 conatus, lat. 129, 352 conceptus, lat. 129, 96, 361 conceptus cosmicus, lat. 725 conclusio, lat. 129, 354, 583 concursus dei, lat. 129, 121, 316, 377, 469, 704 conditio, lat. 13, 95, 109, 352 conditio per quam, lat. 129 conditio sine qua non, lat. 129 conditionatum, lat. 94 Confessio Augustana, lat. 193, 264 coniunctio, lat. 354 consciens, lat. 639
833 conscientia, lat. 108, 262, 358 conscius, lat. 342 consecutio, lat. 222 consensus communis, lat. 129 consensus gentium, consensus omnium, lat. 129 consequens, lat. 129, 95 constantia, lat. 104 constitutio, lat. 357 consuetudo, lat. 263 contemplatio, lat. 46, 47, 101, 618 continuatio, lat. 181 continuitas, lat. 359, 632 contradictio, lat. 129, 732 contradictio in adjecto, lat. 129 contrat, frz. 707 contrat social, frz. 129, 257, 313, 712 control, engl. 559 convenientia, lat. 13, 295 cornutus, lat. 130, 243, 296 corpus, lat. 362, 376 Corpus Hermeticum 287 Corpus iuris civilis, lat. 480 correspondentia, lat. 13 corruzione, ital. 137 courtoisie, frz. 751 Craigs Lemma 130 Creatianismus 130 creatio, lat. 130, 588 creatio continua, lat. 130, 270 creatio ex nihilo, lat. 130, 269 Creationismus 669 credo quia absurdum, lat. 130, 10, 80, 159, 328, 483, 547 credo ut intelligam, lat. 131 culpa, lat. 131, 589, 655 cultura, lat. 367 cultura animi, lat. 296 cura, lat. 614 daimôn, gr. 132, 133 daimonion, gr. 132 Dämon 132, 102, 132 Dämonenglaube 132, 133
Sachregister
dämonisch 132 Dämonische, das 132 Dämonologie 133 Dankbarkeit 133 dao, chin. 133, 654 Daoismus 133 darsana, sanskr. 697 darstellen 133 Darstellung 415, 567 Darwinismus 133, 208, 346, 415, 428, 442 Dasein 133, 211, 231, 233, 287, 318, 472, 473, 573, 594, 595, 614, 684, 725, 736, 748, 752 Dauer 133, 632 de dicto, lat. 134, 359, 418, 424, 461, 529 de omnibus dubitandum, lat. 142, 127 de re, lat. 143 debitor, lat. 589 décadence, frz. 137 decisio, lat. 186 decision, engl. 186 decision theory, engl. 187 decline, engl. 137 déconstruction, frz. 137 decretum, lat. 693 decus, lat. 165 Deduktion 134, 28, 106, 315, 367, 414 deduktiv 134, 703 deduktives System 134 deduktiv-nomologische Erklärung 199 definiendum, lat. 134, 135, 136 definiens, lat. 134, 135, 136 definit 134 definitio, lat. 101, 134 Definition 134, 10, 56, 96, 101, 106, 127, 134, 144, 146, 151, 198, 214, 252, 457, 549, 703, 742, 749 definitum, lat. 137
Sachregister
deiknymi, gr. 137 deiktikon, gr. 137, 311 Deiktische Ausdrücke 137 deisidaimonia, gr. 2 Deismus 137, 79, 109, 129, 130, 226, 264, 270, 380, 547, 661 Deist 137 deitas, lat. 8 dekadent 137 Dekadenz 137, 183 Deklaration 137 Dekonstruktion 137 Dekonstruktivismus 138 Dematerialisation 138, 399 Demiurg 138, 177, 269, 389, 462, 588 Demokratie 138, 427, 568, 629, 701 demokratisch 138 demonstrabel 139 demonstrandum, lat. 139, 106, 526 demonstratio, lat. 106 Demonstration 139 demonstrativum, lat. 139 demonstrieren 139, 311 demoralisieren 139 Demut 139, 101, 186, 230, 502, 713 Denkart 140, 142 Denken 140, 81, 146, 149, 383, 495, 622, 663 Denkform 141, 142, 384, 435 Denkfreiheit 141 Denkgesetze 141, 259 Denkökonomie 142, 467, 470, 471 Denkpsychologie 142, 141, 743 Denktechnik 656 Denkungsart 142, 140, 605 Denkvorgang 142 Denkweise 142, 140, 142 Denomination 142 Denotation/Konnotation 142, 355 deon, gr. 143 Deontic Logic, engl. 143, 309, 411 deontisch 280, 309, 411, 418, 419, 423, 460, 499, 595, 613
834 deontische Logik 142 Deontologie 143, 494 deontologisch 204, 205, 275, 459, 658, 699 deontologische Ethik 143, 276 Dependenz 143 Derivat 143 derivatio, lat. 143 Derivation 143 descriptio, lat. 101 descriptivism, engl. 219 Designator 144, 631 designieren 144 Desintegration 320 Deskription 144, 459 deskriptiv 520 desparatio, lat. 673 Desperatismus 144 despoteia, gr. 144 despotës, gr. 144 Despotismus 144, 227, 556 destructio, lat. 137 Deszendenztheorie 144 determinatio, lat. 9, 105 Determination 144 determinieren 144, 220 Determiniertheit 144 Determinismus 144, 30, 119, 144, 217, 228, 311, 512, 734 deus, lat. 145, 3, 8, 18, 137, 214, 467, 622, 663 deus absconditus, lat. 145, 3, 18, 214, 467 deus ex machina, lat. 145 deus explicitus, lat. 214 deus revelatus, lat. 145 deus sive natura, lat. 145, 622 deutlich 145, 127, 156 deutsche Mystik 435 deutscher Idealismus 302 Deutscher Monistenbund 428 Deutung 145, 94, 466 deva, sanskr. 145 Dezisionismus 145
835 dharma, sanskr. 146, 331 dhyana, sanskr. 748 Diagnose 146, 38, 526 diagnôsis, gr. 146 Diagnostik 146 diagnostisch 146 diagnostizieren 146 Diagramm 146 diairesis, gr. 149, 157 diaita, gr. 150 diakrisis, gr. 146, 649 Dialektik 146, 35, 39, 78, 147, 171, 241, 244, 289, 383, 384, 483, 651, 664, 675, 733 Dialektiker 147 dialektisch 147, 208, 265, 297, 400 dialektische Theologie 148 dialektischer Materialismus 147 Diallele 148 diallëlos tropos, gr. 148 Dialog 148, 21, 31, 146, 149 Dialogbetrieb 149 dialogisch 149, 345, 357, 523 dialogische Logik 149 Dialogismus 148 dialogos, gr. 148 Dialogsystem 149 DIAMAT 147 diametral entgegengesetzt 149 Dianoëtik 149 dianoëtikos, gr. 149 dianoëtisch 149, 336, 675 dianoëtische Tugenden 149 dianoia, gr. 149, 140, 525 dianoia praktikë, gr. 662 dianoia theoretikë, gr. 662 diaphora, gr. 151 Diärese 149, 150 diastolë, gr. 150, 649, 652 Diät 150 Diätetik 150, 395 Diatribe 150 Dichotomie 150, 174
Sachregister
Didaktik 150, 202 differentia, lat. 150, 97, 134, 151, 409, 513 differentia numerica, lat. 150 differentia specifica, lat. 151 Differential 151, 320, 382 Differentialquotient 151 Differentiation 320 Differenz 151, 150 differenzieren 151, 151 Differenzierung 151 diffidentia, lat. 2 dikaiosynë, gr. 252, 336 dikë, gr. 252, 661 Diktatur 151, 114, 629 Dilemma 151, 507, 661, 675 diligentia, lat. 677 Dimension 152, 81, 549 Ding 152, 48, 94, 153, 168, 174, 183, 205, 272, 316, 362, 376, 454, 538, 564, 568, 575, 639, 700 Ding an sich 153, 48 direct acquaintance, engl. 605 direkt 153, 689 Diremtion 153 disengagement, engl. 183 Disharmonie 153 disiunctum, lat. 153 disjunkt 153 disjunkte Begriffe 97 disjunkte Mengen 153 Disjunktion 154, 31, 84, 328, 332, 384, 386, 447, 474 disjunktiv 153, 174, 693 disjunktiver Syllogismus 154 diskontinuierlich 154, 359 Diskontinuität 154 Diskontinuum 154 diskrepant 154 Diskrepanz 154 diskret 154, 273, 359, 360 Diskretion 154 Diskurs 154, 636
Sachregister
Diskursethik 155 diskursiv 154, 175, 325, 545, 580 Diskursivität 154 Diskurstheorie 154, 355 disobedience, engl. 749 dispar, lat. 155 disparat 155, 692 disparate Begriffe 97 dispositio, lat. 45, 155, 279 Disposition 155, 18, 45, 99, 168, 232, 516, 572, 700, 704 Dispositionsbegriffe 155 Dispositionsprädikate 155, 92, 353 disputatio, lat. 586 Disputation 156 Dissimilation 156 Dissipation 156, 122 dissipativ 156 Dissolution 156 Dissonanz 156 Dissoziation 156 distinctus, lat. 145 distinkt 156 Distinktion 156 Distribution 156 distributiv 156 Disziplin 156 divergent 156 Divergenz 156, 361 divergierend 156 divinatio, lat. 19 Divination 156 divinus, lat. 156 divisio, lat. 97, 174, 586 Division 157, 484 docta, lat. 18 docta ignorantia, lat. 157, 15, 18, 128, 171, 328, 483 doctor, lat. 157 doctor angelicus, lat. 157, 664 doctor ecclesiae, lat. 343 doctor gentium, lat. 157 doctor gladiorum, lat. 157 doctor irrefragabilis, lat. 157
836 doctor seraphicus, lat. 157 doctor subtilis, lat. 157 doctor universalis, lat. 157 dogma, gr. 157, 158 Dogma 2, 89, 127, 129, 158, 191, 193, 264, 281, 603 Dogmatik 158, 567 Dogmatiker 158 dogmatisch 158, 664 Dogmatismus 158, 366 Doktrin 158 doktrinär 158, 159 dolus, lat. 159, 383 dolus directus, lat. 159 dolus generalis, lat. 159 Domäne 159 dominant 159, 495, 571 Dominante 159, 572, 708 dominium, lat. 168 doppelte Moral 159 doppelte Wahrheit 159 doxa, gr. 160, 140, 175, 289, 406, 479, 482 doxastisch 160, 191, 265, 418, 419, 423, 499, 529 doxastische Logik 160 Doxographen 160 doxographoi, gr. 160 Drang 160, 311, 572 Dreistadiengesetz 161, 255 dual 161 Dualismus 161, 48, 127, 161, 173, 302, 378, 395, 427, 504, 604, 641, 704 Dualist 161 dualitas, lat. 162 Dualität 162 Dualitätsprinzip 161 Dualsystem 162, 111 Duldsamkeit 162 dunkel 344 duplex (duplicata) negatio, lat. 447, 162 duplex negatio affirmat, lat. 162
837 Duplizität 162 duratio, lat. 134 duritia cordis, lat. 289 Dyade 162 Dyadik 162 dyadisch 162 dyas, gr. 162, 426 dynamei, gr. 43 Dynamik 162, 106, 343, 403, 632 dynamis, gr. 163, 45, 48, 163, 182, 365, 401, 424, 510, 512, 538 dynamisch 163 Dynamische Psychologie 163 Dynamismus 163 Dysphorie 206 Dysteleologie 163 ecce homo, lat. 164 echein, gr. 184 edel 164 Edle, das 231, 275 Edukt 164 Eduktion 164 effectivus, lat. 164 effectus, lat. 95, 164 Effekt 164 effektiv 164 effektive Logik 164 efferent 164, 16 Efferenz 164, 243 Effizienz 165 effizieren 165 effiziertes Objekt 165 Effulguration 165, 230 egal 165 Egalitarier 165 Egalitarismus 165 Egalität 165 égalité, frz. 165, 266 ego, lat. 165, 300 égoisme, frz. 165 Egoismus 165, 31, 109, 168, 313, 504, 598, 612, 659 égoiste, frz. 165 Egotismus 165
Sachregister
Egozentrik 165 egozentrisch 165 Egozentrismus 165, 87 Ehre 165, 63, 167, 230, 543, 553, 631, 634, 742 Ehrfurcht 167, 11, 12, 230, 502, 579 Ehrgefühl 167 Ehrgeiz 167, 167 Ehrliebe 167 Eidektiker 168 eidenai, gr. 736 Eidetik 167, 720 Eidologie 168 eidôlon, gr. 168, 1, 109, 306, 618, 690 eidos, gr. 168, 66, 301, 303, 495, 618 Eigenheit 168 Eigenliebe 168 Eigennamen 438, 96, 241 Eigennutz 168, 248 Eigenschaft 168, 152, 640 Eigenschaftsnamen 168 Eigentlichkeit 168 Eigentum 168, 61, 102, 168, 392, 408, 460, 461, 555, 707 Eigentumsformen 169 Eigentumsordnung 531 Eigentumsverhältnisse 526 eikasia, gr. 140 eikôn, gr. 109, 178 einai, gr. 594 Einbildung 170, 221, 307 Einbildungskraft 170, 71, 195, 308, 450, 496, 588, 620 eindeutig 171, 2 Eindruck 171 Eine, das 171, 173, 177 eineindeutig 171 einfach 171 Einfachheit 172, 172, 604 Einfalt 172 Einfluß 172
Sachregister
Einfühlung 172, 50, 98, 173, 325, 404 Einfühlungsästhetik 196 Einheit 173, 236, 396, 425, 588 Einheit in der Mannigfaltigkeit 173 Einheitensystem 173 Einheitswissenschaft 173, 501, 509 Einklammerung 173, 86, 191, 495, 557, 732 Einschachtelung 327 Einschachtelungstheorie 173, 207, 517 Einsfühlung 173 Einsicht 173, 205, 320, 345, 737 Einsichtigkeit 173, 207 Einstellung 173 Einteilung 174, 345, 484, 508, 619, 637, 639, 674 Einzelbegriff 174, 312 Einzelding 174 Einzelurteile 174 einzig 174 eirôneia, gr. 327, 715 eisagôgë, gr. 329, 512 Eitelkeit 174, 633 Ekayana, sanskr. 744 Ekklesiastës, gr. 332 eklampsis, gr. 174 Eklektiker 174 Eklektizismus 174, 642, 649 ekpyrôsis, gr. 174, 56, 209, 395, 480 Ekstase 174, 185, 435, 468, 664 Ektropie 175, 62, 185, 678 Ektropismus 175 ektypisch 175 ektypon, gr. 81, 175 Ektypus 175 élan vital, frz. 175, 100 Eleaten 175, 364 eleatische Schule 175, 404, 713 Eleatismus 175, 21, 162, 286 eleëmosynë, gr. 740
838 Elektra 176, 217, 698 Elektron 176, 76, 723 Element 176, 75, 125, 177, 380, 488 elementa, lat. 41, 176, 425 Elementaraussage 177 Elementarteilchen 76, 285 elenchos, gr. 177 Elenktik 177 eleos, gr. 15, 485 eleutheria, gr. 177, 227 Eleutheriologie 177 Eleutheronomie 177 elohijm, hebr. 332 elpis, gr. 293, 336 Emanation 177, 28, 164, 165, 171, 174, 188, 269, 381, 468, 503, 588, 642, 704 Emanationssystem 177 emanatistisch 177 Emblem 177 Emblematik 178 emblematisch 178 emergence, engl. 178 emergent 178 emergent evolution, engl. 178 Emergenz 178 Emergenzphilosophie 178 Emotion 178, 16, 78 emotional 179, 328 Emotionalismus 179, 321 Emotivismus 179, 240, 278, 347, 411, 520, 730 empeiria, gr. 180 Empfindlichkeit 179 empfindsam 179 Empfindsamkeit 179, 82 Empfindung 180, 240, 310, 401, 450, 492, 534, 592, 604, 720 Empirie 180, 193, 290, 387, 663 Empiriker 181 Empiriokritizismus 181 empirisch 181, 216, 545, 662, 672
839 Empirismus 181, 43, 58, 92, 179, 439, 491, 546 Empirist 181 empiristisch 181 Enargie 181 encheiresis, gr. 181 Endelechie 181 endlich 181, 273, 311, 685 Endlichkeit 181, 686, 725, 748 endogen 202 endon eidos, gr. 224 Endursache 182 Endzweck 182, 222, 642 energeia, gr. 21, 45, 48, 163, 182, 401, 424, 462, 510, 512, 620, 736 Energetik 182 energetischer Imperativ 182 Energie 182, 61, 111, 163, 182, 184, 185, 285, 366, 428, 503, 512, 606, 619 engagement, frz., engl. 183, 77 Enge des Bewußtseins 182, 79, 108 Engel 183, 224, 321 Engramm 183, 417 Enneaden 183 ennoia, gr. 96 ens, lat. 183, 68, 152, 185, 594, 671 ens a se, lat. 183, 68 ens ab alio, lat. 183, 68 ens rationis, lat. 183, 239 ens reale, lat. 152 ens realissimum, lat. 183 Ensoph 183, 171 Entartung 183, 137 entelecheia, gr. 163 Entelechie 184, 163, 181, 224, 303, 373, 376, 426, 453, 478, 532, 591, 658, 692, 708, 749, 753, 754 Entfremdung 184, 370, 397, 700 Enthusiasmus 185, 96, 175, 318 Enthymem 185
Sachregister
Entität 185 Entropie 185, 111, 156, 175, 182 Entsagung 186, 569 entscheidbar 186, 687 Entscheidung 186, 80, 188, 239, 366, 519, 542 Entscheidungskriterium 187, 402 Entscheidungslogik 187, 187 Entscheidungsproblem 186 Entscheidungsregeln 187 Entscheidungstheorie 187, 205, 281, 378, 402, 548, 573, 621, 622 Entscheidungsverfahren 186 Entschließung 188 Entschluß 188, 186 Entsprechung 188 Entstehen und Vergehen 188 entweder- oder 188 Entwicklung 188, 23, 28, 133, 207, 225, 250, 327, 517, 726 Entwicklungstheorie 414, 508 enuntiatio, lat. 83, 578, 693 enzephalon, gr. 243 Enzyklopädie 189, 67, 202, 642 Enzyklopädisten 189, 79, 137 epagogë, gr. 189, 315 epagogisch 189 Ephektiker 189 epicheirëma, gr. 189 Epicherem, Epichirem 189 Epigenese 190, 188, 517, 520 Epikureer 190, 1, 206, 364, 400, 527, 532, 583, 609 Epikureismus 190, 392 epiphainesthai, gr. 190 Epiphänomen 190 epipnoia, gr. 318 epistëmë, gr. 190, 149, 406, 737 Epistemische Logik 190 Epistemologie 190, 385 Episyllogismus 191, 530 episyllogistisch 191 epithymia, gr. 191, 15, 95, 191, 381, 485, 531, 594
Sachregister
epochal 191 Epoche, 191, 312, 488, 551, 576, 748 epochë, gr. 191, 158, 191, 610 epochemachend 191 equity, engl. 192 Erbe 192 Erblichkeit 192 Erbsünde 192, 50, 115, 200, 487, 512, 642 Erfahrung 193, 70, 81, 99, 180, 287, 290, 391, 546, 570, 587, 663, 720, 736, 737 Erfahrungsbegriffe 193 Erfahrungsurteile 193 Erfahrungswissenschaften 193 Erfindung 194, 221 Erfolg 194, 101 Erfolgsethik 194 Erfüllbarkeit 194, 186 erhaben 195, 71, 639 Erhabene, das 195 Erhaltung 213 Erhaltung der Energie 196 Erinnerung 196, 38, 102, 110, 315, 406, 407, 417, 495, 496, 568 Eristik 197, 404 Eristiker 197 Erkenne dich selbst 197 Erkennen 141 Erkenntnis 197, 1, 34, 38, 110, 195, 201, 268, 328, 492, 549, 588, 663 Erkenntnisgrund 198, 545 Erkenntniskritik 198 Erkenntnisprinzipien 523 Erkenntnistheorie 198, 71, 108, 181, 347, 358, 465, 498, 530, 538, 663, 672, 738 Erkenntnisvermögen 198, 34, 128 Erklären 254, 706 Erklärung 198, 101, 137, 172, 214, 259, 287, 352, 663, 704 erlaubt 199
840 Erleben 374 Erlebnis 199 Erleuchtung 199, 307, 380, 480 Erlösung 199, 456 Erörterung, 200, 214, 479 erôs, gr. 200, 17, 39, 200, 233, 363, 381, 503 erotematisch 200, 21, 338 Erregung 179 error, lat./ engl. 328 Erscheinung 200, 48, 110, 153, 403, 462, 494, 538, 580, 681, 720, 731 Erscheinungswelt 200 Erschleichung 201, 467 Erste Philosophie 201 Erweiterungsurteile 201 Erziehung 201, 110, 480, 620 Erziehungswissenschaft 201 Es 300, 582, 680 Eschatologie 202, 126, 160, 410, 436 es’chaton, gr. 202 Eselsbrücke 202 esogen 202, 213 Esoteriker 202 esôterikon, gr. 202 esoterisch 202, 21, 213 esprit, frz. 202, 183, 739 esprit de la nation, frz. 710 esprit fort, frz. 227 Essay 202, 430 esse est percipi, lat. 202, 302, 623 essentia, lat. 203, 211, 473, 541, 594, 595, 614 essential 203 Essentialismus 203, 211, 594, 731 Essentialität 203 essentiell 203, 23 Essenz 203 état, étatisme, frz. 203 Etatismus 203
841 Ethelismus 204 Ethik 204, 38, 71, 112, 143, 205, 206, 260, 278, 281, 329, 347, 385, 410, 416, 429, 430, 493, 498, 505, 519, 554, 603, 608, 616, 658, 663, 675, 676, 682, 694, 698, 699, 711, 735, 741, 753, 754 ëthika, gr. 204, 244 Ethikotheologie 205, 431 ethisch 205, 608, 675 Ethischer Logizismus 389 Ethizismus 205 ethnisch 205 Ethnologie 205, 201 ethnologisch 205 ethnos, gr. 205 Ethos, gr. 205, 263, 279, 486, 607 ëthos, gr. 132 etwas 205 Etymologie 205 etymon, gr. 205 euboulia, gr. 149 Eubulie 205 eudaimonia, gr. 205, 266 Eudämonie 205, 207, 230 Eudämonismus 206, 79, 88, 190, 204, 267, 284, 392 Eugenik 206 Euhemerismus 206, 58 Euklidischer Raum 206 Eukolie 206 Eukrasie 206 Eulersche Diagramme 206 euphëmia, gr. 206 Euphemismus 206 euphemistisch 206 Euphorie 206, 206 euphyia, gr. 316 eusebeia, gr. 230 Eusebie 207 Euthanasie 207, 612, 728 euthymia, gr. 205
Sachregister
Euthymie 207 evagatio mentis, lat. 673 evident 197 Evidenz 207, 173, 181, 263, 356, 716 evil, engl. 114, 680 evolutio, lat. 188 Evolution 207, 8, 156, 173, 177, 178, 189, 190, 208, 327, 520, 588, 751 evolutionär 207 Evolutionstheorie 207, 13, 46, 156, 173, 178, 189, 517, 520, 751 ewige Wiederkunft des Gleichen 209 ewiger Friede 209 Ewigkeit 209, 55, 209, 213, 269, 685, 691 Ewigkeit der Welt 209 ex causis, lat. 57 ex effectibus, lat. 57 ex hypothesi, lat./ gr. 210 ex negativo, lat. 283 ex nihilo nihil fit, lat. 213, 130, 177, 455, 588 ex posterioribus, lat. 57 ex prioribus, lat. 57 ex quodlibet verum, lat. 214 exakt 209 exakte Wissenschaften 209 exceptio, lat. 83 exclusi tertii principium, lat. 209 Exegese 209 Exegetik 209 Exempel 209 Exemplar 209 exemplarisch 209 Exemplarismus 209 Exemplifizierung 210 exemplum, lat. 99, 210 exetasis, gr. 210 existentia 210, 133, 203, 210, 211, 212, 473, 594, 614, 731 existential 211
Sachregister
existentialisme, frz. 210, 211 Existentialismus 210, 203, 213, 222, 472, 490, 594, 731 Existentialphilosophie 213 existentiell 211 Existenz 211, 6, 12, 133, 182, 211, 213, 216, 233, 272, 287, 447, 514, 540, 638, 725, 731, 736 Existenzaussage 212, 92, 213, 274, 484, 703 existenzial 211 Existenzialismus 210 Existenzialphilosophie 213 Existenzphilosophie 212, 10, 44, 49, 73, 133, 186, 203, 210, 211, 212, 216, 231, 356, 395, 495, 573, 595, 684, 725, 752 Existenzquantifikation 539 Existenzquantor 213, 514, 540 Existenzsätze 213 existere, lat. 213 existieren 213 Exklusion 213 exklusiv 213 exogen 213, 202 exoterisch 213, 202 experience, engl./ frz. 199 experientia, lat. 193 Experiment 213, 92, 99, 106, 181, 193, 213 Experimentalphysik 501 experimentell 213 Experimentelle Psychologie 213 experimentum crucis, lat. 213 explicatio, lat. 129, 177, 188, 214 explicatio Dei, lat. 214 explicite, lat. 214, 309, 686 Explikandum 214 Explikation 214, 171, 198 Explikatum 214 Exploration 214 exponibel 214 Exposition 214, 200 expression, engl./frz. 81
842 extensio, lat. 81 Extension 214, 322, 316, 318, 324 extensional 322 extensionale Logiken 322 Extensität 214 extensiv 214 Externalisation 214 Externalisierung 214 extramental 214 extramundan 214, 325 extravertiert 214, 325 Extrem 214 Extremwert 214 extrovertiert 214 exzentrisch 214 facultas discretiva, lat. 693 facultas fingendi, lat. 170, 221 facultas imaginandi, lat. 170 facultas sentiendi, lat. 180 Fairneß 192 fait social, frz. 88 faktisch 216 Faktizität 216, 263 Faktor 216 Faktorenanalyse 216 Faktum 216, 655 Fallazien 216 fallibel 216 Fallibilismus 216, 217 Fallibilität 216 falsch 216 Falschheit 216, 239 Falsifikation 216, 92, 105, 216, 367, 606, 703 Falsifikationismus 217, 703 falsifizierbar 216, 203, 216 falsifizieren 216 fama, lat. 165 Fanatiker 217 fanatisch 217 Fanatismus 217, 214, 544 Fangfrage 217, 289 Fangschluß 217, 404 fascinosum, nlat. 285
843 Faszination 217 Fatalismus 217, 229, 512 Fatalist 217 fatum, lat. 217, 186, 217, 343, 582 fatum christianum, lat. 217 fatum mahumetanum, lat. 217 fatum stoicum, lat. 217 faule Vernunft 217 Faulheit 218, 669 faustisch 218 Fehlhandlung 218 Fehlleistung 700 Fehlschluß 218, 60, 107, 216, 217, 234, 441, 483, 675 Fehlschluß, naturalistischer 218, 595 Feigheit 219 Feld 219 Feminismus 219, 256 feministisch 220 Fernstenliebe 273, 683 feststellen, festsetzen 220 Fetisch 220 Fetischisierung 220 Fetischismus 220 fiat, lat. 220 fiat iustitia, pereat mundus, lat. 220 fictio, lat. 221 Fideismus 220, 159, 265, 547, 576, 652 fides, lat. 220, 263, 264, 707 Figur 221 figura, lat. 221 figura legalis, lat. 221 figürlich 221 Fiktion 221, 46, 142, 222, 299 fiktiv 222 final 222 Finaldeterminismus 222 Finalismus 222 Finalität 222, 453, 754 Finalnexus 222, 454 finis, lat. 222, 272 finis bonorum, lat. 278
Sachregister
finis ultimus, lat. 182 finit 222 finitio, lat. 101 Finitismus 222 finitum, lat. 181 Fixierung 222 Fluent 222 Fluktuation 222 fluktuieren 222 fokal 222 Folge 222, 274 folgerichtig 222, 355 Folgerung 222 Form 223, 121, 163, 184, 224, 242, 260, 316, 400, 401, 424, 633, 641 forma, lat. 140, 223, 260, 298 forma substantialis, lat. 541 formal 224 formale (formalisierte) Sprache 224, 624 formale Prinzipien 523 formalisiert 224, 225, 414 Formalisierung 224 Formalismus 224, 551 formativus, lat. 110 Formel 225 Formtrieb 225 formula, lat. 225 fortitudo, lat. 336 fortitudo moralis, lat. 655 Fortschritt 225, 46, 79, 188, 367, 487, 511, 526, 549, 703, 752 Fortschrittsglaube 510 fortuna, lat. 267, 299 Fragment 225, 27, 73, 429, 571 fragmentum, lat. 225 Frankfurter Schule 226, 17, 367, 397, 568, 668 freethinker, engl. 226 Freidenker 226, 79, 137, 227, 576 Freigeist 226 Freiheit 227, 30, 79, 144, 211, 267, 331, 379, 408, 511, 512, 519, 573, 685, 734
Sachregister
Freude 230, 206, 207, 230, 266, 378, 673 Freundschaft 230, 200, 334, 381 Frömmigkeit 230, 207, 502, 713 fruitio dei (deitatis), lat. 230 Fulguration 165, 230 Fülle 230, 177, 275, 503 Fundament 231 Fundamentalismus 231 Fundamentalontologie 231, 472 Fundamentalphilosophie 231 fundiert 231 Fundierung 231 Fundierungsaxiome 231 Funktion 231, 2, 63, 100, 107, 109, 171, 222, 232, 233, 312, 324, 327, 420, 423, 438, 474, 564, 677, 752 funktional, funktionell 232 Funktionalismus 232 Funktionspsychologie 232 Funktor 232 Furcht 232, 15, 43, 167, 293 furioso eroico, ital. 233 Fürsichsein 233 fuzzy control, engl. 234, 235 fuzzy logic, engl. 233, 345 fuzzy set, engl. 233 Ganze, das 236 Ganzheit 236, 22, 29, 651, 668 Gattung 237, 66, 168, 252, 618, 688 Gattungsname 237, 438 gaudium, lat. 230 Gauß-Verteilung 237 Gebärde 261 Gebiet 238 Gebilde 238 Gebildelehre 238 Gebot 238 Gedächtnis 238, 196, 243, 288, 407, 409, 417, 450, 569 Gedächtniskunst 238 Gedanke 238 Gedankending 239, 183
844 Gedankenexperiment 239 Geduld 239, 186 Gefangenendilemma 239, 621 Gefüge 239, 635 Gefühl 240, 179, 180, 243, 244, 392, 505, 534 Gefühlsmoral 240 Gefühlsphilosophie 240, 689, 704 gegeben 240, 495 Gegebenheit 240 Gegensatz 240, 147, 148, 360, 568 Gegensatzwort 241 Gegenstand 241, 205, 356, 465, 568, 575, 697 Gegenständlichkeit 242 Gegenstandsbereich 241, 194 Gegenstandskonstante 241, 314, 324, 421, 423, 514 Gegenstandstheorie 241, 173, 495 Gegenstandsvariable 241, 84, 100, 274, 314, 513, 514, 539, 540 Gegenteil 242 Gegenwart 242, 80, 290, 519, 752 Gehalt 242, 72, 94, 260, 316, 369, 570 Geheimlehren 242, 65, 243, 469 Geheimnis 242 Geheimwissenschaft 242, 469 Gehirn 243 Gehörnte, der 243 Gehorsam 677 Geist 243, 96, 202, 244, 245, 248, 251, 316, 389, 401, 440, 458, 504, 623, 710, 725 Geistesgeschichte 304 Geisteswissenschaften 244, 83, 101, 249, 254, 287, 296, 312, 368, 431, 440, 451, 534, 679, 706 Geisteswissenschaftliche Psychologie 245 Geistigkeit 245 geistlich 245 Geistlicher 245 Geiz 245, 618
845 Gelassenheit 246 gelten 246 Geltung 246, 275, 727 Gemeineigentum 169 Gemeinplatz 246 Gemeinschaft 247, 257, 313, 314, 351, 439, 710 Gemeinsinn 247, 602 Gemeinwille 248 Gemeinwohl 247, 7, 29, 247, 267, 629, 711, 712 Gemüt 248, 16, 45 Gemütsbewegung 248, 178 Gen 249, 127, 252, 701 Gene 249 Genealogie 249 genera dicendi, lat. 252 generalis, lat. 28, 29, 249, 250 Generalisation 249, 313, 698 generalisierend 249, 28, 245, 254, 306, 313 Generalisierung 249, 698 generatio, lat. 250, 694 generatio aequivoca, lat. 250, 694 Generation 250 generative Transformationsgrammatik 250 generell 250, 314, 619 generisch 250 Genese 250 genesis, gr. 250, 22, 49, 111, 190, 431, 471, 500 Genetik 250 genetisch 251 Genetische Methode 251 Genie 251, 71, 82, 171, 194, 316, 415, 479, 496, 506, 588, 654 genius, lat. 243, 251 genos, gr. 237 Genotyp(us) 252, 249, 495, 678 genuin 252 genus, lat. 252, , 97, 135, 237, 255, 513, 618 genus grande, lat. 252
Sachregister
genus humile, lat. 252 genus mediocre, lat. 252 genus proximum, lat. 134, 252 geometria analytica, gr./ lat. 36 Geometrie 252 geozentrisch 252, 285 Gerechtigkeit 252, 7, 63, 103, 111, 192, 266, 336, 340, 351, 449, 510, 552, 554, 631, 634, 644, 654, 676, 677, 690, 702, 722, 736 Gesamtheit 254 Geschichte 254, 80, 188, 245, 290, 291, 304, 306, 440, 442, 511, 582, 726 Geschichtlichkeit 254, 287, 291, 292, 748 Geschichtsphilosophie 255, 71, 291, 368, 469, 493, 752 Geschichtstheologie 255 Geschichtswissenschaft 254 Geschlecht 255 Geschmack 256, 71, 170, 194, 303, 396, 493, 506, 571, 587, 603, 718 Geschmacksurteil 256, 88, 741, 754 Geselligkeit 256 Gesellschaft 256, 69, 247, 573, 615, 749, 750 Gesellschaftsvertrag 257, 8, 99, 129, 169, 229, 257, 292, 355, 356, 379, 446, 628, 665 Gesetz 258, 199, 240, 261, 266, 289, 552, 556, 559, 699 Gesetz der Kontinuität 359 Gesetz des Herzens 259 Gesinnung 260, 142, 204, 605 Gesinnungsethik 260, 263 gesta, lat. 260 Gestalt 260, 221, 225, 242, 431, 636, 651 Gestaltkreis 260 Gestaltpsychologie 260, 70, 329, 720
Sachregister
Gestaltqualitäten 260 Geste 261 Gestell 261 Gestik 261 gestus, lat. 261 Geviert 261 Gewalt 261, 265, 394, 750, 752, 753 Gewaltenteilung 262, 259, 265, 379, 702 Gewaltlosigkeit 262 Gewaltverhältnis 261 Gewissen 262, 108, 132, 260, 265, 337, 460, 569, 612, 634, 650, 680, 698 Gewissensfälle 337 Gewissensfreiheit 263 Gewißheit 263, 598, 689, 721, 754 Gewohnheit 263, 279, 290, 607 Gewohnheitsrecht 553 Gewöhnung 263 Geworfenheit 263, 216 gignesthai, gr. 726 gignôskein, gr. 267 Glaube 263, 2, 89, 139, 160, 174, 267, 268, 293, 336, 381, 468, 483, 547, 566, 612, 677, 689, 707 Glaubensfreiheit 264 Glaubenslogik 265 Glaubensphilosophie 265, 221, 240 Glaubenszwang 265 Gleichgewicht 265 Gleichgröße 265 Gleichheit 265, 79, 253, 259, 266, 296, 365, 556 Gleichheit vor dem Gesetz 266 Gleichnis 266 Gleichung 266, 121 Gleichzeitigkeit 266 Glorious Revolution, engl. 570 Glück 266, 73, 205, 206, 276, 284, 378, 678, 694 Glückseligkeit 267, 276
846 Gnade 267, 50, 53, 80, 101, 193, 199, 512, 576 Gnadenlehre 331 Gnome 267 gnômonia, gr. 501 Gnoseologie 267 gnôsis, gr. 268, 661 Gnosis 115, 342, 381, 395, 410, 436, 661, 664 Gnostiker 268, 53, 177, 199 Gnostizismus 268 gnôthi seauton, gr. 197, 460 Gödelisierung 268, 712 goldene Regel 268 gonia, gr. 289 goodwill, engl. 268 Gossensche Gesetze 269, 273, 464 Gott 269, 6, 21, 121, 183, 201, 228, 230, 278, 332, 426, 428, 441, 473, 474, 566, 661, 663, 684 Gottesbeweis 270, 51, 75, 133, 183, 270, 340, 365, 430, 473, 501, 545, 567, 658, 684 Gottesstaat 271 Grammatik 271, 4, 77, 244, 250, 286, 386, 513, 520, 559, 578, 586, 627, 650, 675, 687 grammatikalisch, grammatisch 271 grand homme, frz. 288 Graph 271 Graphem 271 Graphematik 272 Graphemik 272 Grapheologie 272 Graphische Darstellung 272 Graphologie 272 gratia, lat. 45, 267, 391 gratia gratis data, lat. 267 Gravitation 272, 55, 590 Grenzbegriffe 272 Grenze 272, 181, 296 Grenznutzen 273, 269, 464, 730 Grenznutzenschule 273 Grenznutzentheorie 730
847 Grenzsituationen 272, 186 Grenzwert 273, 156, 382 Grenzwerttheorem 273 Größe 273, 288 Großkonjunktion 273 Großmut 273, 289 groupe, frz. 275 Grund 273, 3, 12, 41, 95, 121, 142, 198, 222, 227, 523, 545, 549, 578, 692, 693 Grundbegriffe 274 Grundbereich 274, 25, 212, 241, 678, 697 Grundlagenforschung 274 Grundlagenkrise 274 Grundlagenstreit 274 Grundlagentheorie 274 Grundrechte 275 Grundsatz 275 Grundwerte 275 Grundwissenschaft 275 Gruppe 275, 69 Gruppendynamik 275 Gruppentheorie 275 gültig 583 Gültigkeit 275, 186, 246, 584, 696 gusto, span./ ital. 256 gut 276, 278, 114, 125, 164, 270, 278, 288, 335 Gut 278, 642, 658, 727 Güte 278 Gute, das 275, 114, 231, 275, 416, 583, 700 Güter 278 Güterlehre 278 Gymnosophisten 278 habituell 279 habitus, lat. 279, 133, 174, 205, 279, 290, 338, 488, 538 Hades, gr. 2 haecceitas, lat. 279 Halluzination 200, 307, 675 Haltung 279, 654 hamartia, gr. 642
Sachregister
Handeln 323, 435, 495, 518, 519 Handelsstaat, geschlossener 279 Handlung 279, 5, 18, 93, 186, 187, 218, 276, 280, 281, 735, 742, 753 Handlungsbeschreibung 280 Handlungserklärung, 280, 281, 323, 585, 742 Handlungslogik 280 Handlungsperformanz 488 Handlungsschema 281 Handlungstheorie 281, 93, 119, 155, 187, 280, 323, 519, 585, 627, 702, 735, 742 Hang 281 haptisch 281 Häresie 281 Häretiker 282 harmonia, lat. 153 Harmonie 282, 30, 153, 188, 265, 377, 380, 426, 469, 493, 520, 528, 619, 648, 658, 704 Harmonie der Sphären 282 harmonie préétablie, frz. 282 Haß 282, 381, 449 häßlich 283, 349 Häßliche, das 196, 256 Hatha-Yoga, sanskr. 745 Haufenschluß 283, 342, 614 Häufigkeit 283 Heautognosie 283 Heautologie 283, 289 Heautonomie 284 heautos, gr. 283 hëdonë, gr. 15, 190, 284, 392 Hedonismus 284, 190, 206, 267, 278, 371, 392 Hedonisten 284 Hegelianismus 284, 451 hëgemonikon, gr. 285, 288 heil 285 Heil 267 Heiland 285 heilig 285, 464, 598
Sachregister
Heiligkeit 285 heimarmenë, gr. 285, 217, 582, 583 Heisenbergsche Unschärferelation 285 Held 285, 287, 288, 379 heliozentrisch 285, 252 Hellenismus 285, 269 Hellsehen 469 Hemmung 532, 700 hen, gr. 25, 171, 237 hen kai pan, gr. 286, 25, 171, 237 hen to pan, gr. 286 Henade 285 Henotheismus 286, 270, 508 Heraklitismus 286, 175, 188, 334, 713, 727 hereditas, lat. 192, 286 Heredität 286 heredium, lat. 192 Hermaphrodit 286 Hermaphroditismus 286 hermaphroditos, gr. 286 Hermeneutik 286, 70, 73, 82, 145, 178, 194, 199, 231, 324, 369, 429, 506, 534, 605, 706, 718 Hermes 287 Hermetica, Corpus Hermeticum 287 Hermetische Schriften 287 hermeutischer Zirkel 137 heroisch 287, 58, 285, 289 heroisieren 287 Heroismus 288 hëros, gr. 287 héros, frz. 288 Herrenmoral 544, 611 Herrenmoral und Sklavenmoral 288 Herrschaft 261 Herz 288, 45, 80, 240, 259, 591 heterodox 289 Heterodoxie 289, 479 heterogen 289, 155, 294 heterogene Begriffe 97 Heterogeneïtät 289, 208 Heterogenese 289
848 heterogenetisch 289 Heterogonie 289 Heterologie, Heterothese 289, 39 heterologisches Prinzip 289 Heteronogie der Zwecke 289 Heteronomie 289, 88, 227, 284, 662 heterotës, gr. 39 Heterozetesis 289 Heuchelei 289, 216, 299, 390 heuriskein, gr. 290 Heuristik 290, 66 heuristisch 290, 34 heuristische Prinzipien 290 hexis, gr. 290, 279, 538 hiatus, lat. 576 hiatus divisionis, lat. 174 hic et nunc, lat. 290, 133 Hierarchie 290, 394 hierarchisch 290 hieratisch 290 Hieroglyphe 290, 125 Hieroglyphik 290 hieroglyphisch 290 hieros, gr. 285 hieros gamos, gr. 435 Hinayana, sanskr. 117, 744 Hinduismus 290, 76, 331, 577, 603, 744 Hirn 243 histôr, gr. 290 historein, gr. 290 historia, gr. 290 Historie 290, 254, 291, 292 Historik 291 Historiker 291 Historiographie 291 Historiosophie 291, 410 historisch 291 historische Schule 291 historischer Materialismus 292 Historismus 292, 192, 292, 467, 509, 547, 631, 669 Hochmut 293, 164, 633
849 höchstes Gut 278 Hoffnung 293, 139, 233, 264, 336, 677 Höflichkeit 293 Hohn 294 Holismus 294, 236, 478, 708 holon, gr. 236, 237, 294 Hominismus 294, 297, 518 hoministisch 294 homo, lat. 8, 294, 295 homo faber, lat. 294 homo homini lupus, lat. 294, 99 homo ludens, lat. 620 homo sapiens, lat. 295 homo sum, humani nihil a me alienum puto, lat. 295 homogen 294, 289 Homogeneïtät 294, 208 homoiôma, gr. 13 homoiomereiai, gr. 295 Homoiomerien 295 homoiôsis, gr. 13 homolog 295 Homologie 295 33, 93 homo- mensura(- Satz), lat. 295, 294 homonymia, gr. 295 Homonymie 295, 32, 508 Homöomerien 295 honestum, lat. 166 honor, lat. 166 honos, lat. 165 horan, gr. 720 horismos, gr. 134 Horizont 296, 172, 373 Hörnerfrage 296 horror vacui, lat. 375 human 296 humaniora, lat. 296, 368 Humanismus 296, 49, 296, 297, 313, 437, 585 Humanist 297, 296 humanistisch 297 humanistische Bildung 297
Sachregister
humanitär 298 humanitas, lat. 8, 296, 408, 496 Humanität 296, 167, 295, 296, 297, 408, 496 Humanitätsideal 491 humanities, engl. 244 humanus, lat. 296 Humesches Gesetz 298 humilitas, lat. 139 humilitas moralis, lat. 140 humor, lat. 298 Humor 373 hybris, gr. 298, 293, 670 Hybris 449, 670 hybrisch, hybrishaft 298 hylë, gr. 140, 298, 400, 633 Hylismus 298, 505 hylogen 298 Hylogenese 298 Hylomorphismus 298 Hylozoismus 298, 26, 480, 535, 713 Hylozoisten 298, 209, 223, 364, 400, 462 hyparxis, gr. 210 hyperanthrôpos, gr. 681 hyperkritisch 298 Hyperousie 298 hyperphysisch 298 hypokeimenon, gr. 298, 299, 637, 639, 640, 731 Hypokrisie 299 hypokrisis, gr. 289 hypologisch 299 Hypostase 299, 491 hypostasieren 299 hypostasis, gr. 639 hypostatisch 299 Hypothese 299, 46, 61, 98, 104, 221, 299, 351, 356, 663 Hypothesenbildung 315 hypothesis, gr. 299, 2 hypothetisch 299, 339 hysteron, gr. 57
Sachregister
hysteron proteron, gr. 299, 107 Ich 300, 6, 12, 200, 212, 302, 351, 454, 582, 596, 597, 603, 612, 637, 664 idea, gr. 69, 301, 302, 303, 305 idea informatrix, lat. 63 idea operatrix, lat. 63 ideae innatae, lat. 42, 547 ideal 300, 301 Ideal, das 296, 72, 110, 242, 300, 302, 304, 328, 370, 528, 549 idealis, nlat. 300, 301 idealisieren 301 Idealismus 302, 71, 87, 203, 356, 373, 441, 480, 503, 549, 741 Idealist 302 Idealsprache 460 Idealtypus 302, 373, 678 Ideation 302, 495, 732 Ideationsprinzip 303 Ideative Regel 303 Ideatoren 302 Idee 303, 1, 28, 47, 110, 121, 168, 200, 211, 300, 301, 304, 484, 503, 552, 580, 692, 736 ideell 304 Ideenassoziation 70, 304, 17 Ideengeschichte 304 Ideenlehre 303, 110, 176, 223 Ideenwelt 321 ideieren 303 Ideierung 303 idem per idem, lat. 749 Identifikation 304 identifizieren 304, 173 Identifizierung 304 Identität 304, 37, 141, 265, 523, 524, 559, 563, 655, 680 Identitätsphilosophie 305, 129, 302, 384, 609 Ideographie, Ideographik 305 Ideologen 305 Ideologie 305, 120, 148, 324, 329, 406, 507, 557, 667, 680, 725, 732
850 Ideologiekritik 306, 752 Ideologienlehre 143 ideologischer Überbau 306 idiographisch 306, 245, 249, 254, 458 Idiosynkrasie 306 Idiot 306 idiôtës, gr. 306 Idiotie 306 Idiotismus 306 Idol 306, 168, 302, 463, 690 idola fori, lat. 307 idola specus, lat. 307 idola theatri, lat. 307 idola tribus, lat. 307 Idolenlehre 110, 669 idolum, lat. 306 ignava ratio, lat. 307, 217 ignorabimus, lat. 307, 726 ignorantia, lat. 18 ignoratio elenchi, lat. 107 illegal 307 illokutiver Akt 307, 627 Illumination 307, 199 Illusion 307, 200, 675 Illusionismus 307 imaginär 307 imaginatio, lat. 170, 308 Imagination 308 imaginativ 307 imago, lat. 308, 109 imitatio, lat. 415, 437 imitatio Christi, lat. 308 immanent 308 Immanenz 308 Immanenzphilosophie 308, 108 Immaterialismus 308 Immaterialität 308 immateriell 308, 300 immoralisch 32 Immoralismus 308, 623 Immoralist 308 Immoralität 308 immortalitas, lat. 690
851 Imperativ 308, 204, 459, 520 Imperativlogik 308, 143, 411 Imperialismus 309, 365 imperium, lat. 309 impetus, lat. 309 implicatio, lat. 309 implicite, lat. 309, 214, 686 Implikation 309, 84, 95, 107, 214, 316, 332, 353, 566, 584, 639 implizit 309 Imponderabilien 310 impressio, lat. 171, 310 Impression 310 impression, engl./ frz. 171 Impressionismus 310 Impuls 311, 503 impulsiv 311 imputatio, lat. 752 imputatio facti, lat. 752 imputatio iuris, lat. 752 Imputation 311 imputieren 311 in abstracto, lat. 311, 619 in concreto, lat. 311, 311, 619 in finitum, lat. 527 in hypothesi, lat. 709 in individuo, lat. 301 in infinitum, lat. 317, 527, 742 in thesi, lat. 664, 709 inadäquat 311, 344 Inbegriff 96, 311 incompatibilité, frz. 213 incompatibility, engl. 213 indefinit 311, 134, 315, 670 indemonstrabel 311 In- der- Welt- sein 318 Indeterminismus 311, 145, 228, 512, 734 index, lat. 311 index librorum prohibitorum, lat. 312 Indexausdrücke 311 Indexikalität 311, 94, 124, 137, 139 Indexmenge 311
Sachregister
indifferent 312 Indifferentismus 312, 75, 666 Indifferenz 312, 302 indirekter Beweis 312 indiscernibilia, lat. 312 individual 312 Individualbegriff 312, 174, 279 Individualethik 313 individualis, lat. 28, 312, 313, 314 individualisierend 313, 28, 245, 249, 254, 306, 313 Individualisierung 313 Individualismus 313, 79, 314, 688 Individualität 313, 212, 279, 313, 314, 439 Individualpsychologie 313, 351, 533, 664 Individualsatz 314 Individualstufe, - niveau, - gebiet 314 Individuation 314, 81, 313, 523, 590 Individuationsprinzip 314, 279 individuell 314, 103, 250, 312, 313 Individuenkonstante 314 Individuenvariable 314 Individuum 314, 173, 174, 300, 313, 314, 427 Indizienbeweis 314, 106 indolent 315 Indolenz 315 inductio, lat. 315 inductio completa, lat. 315 Induktion 315, 36, 106, 107, 134, 158, 189, 249, 315, 329, 414, 463, 584, 698 Induktionsregel 315 induktiv 315, 134, 326, 413, 703 inductivus, lat. 315 inesse, lat. 317 inexistentia, lat. 315 Inexistenz 315 infallibel 315 Infallibilität 315 infinit 315, 670
Sachregister
infinitesimal 315 Infinitesimalrechnung 315, 320, 686 Infinitismus 315 infinitus, lat. 685 inflammatio animi, lat. 96 influxus, lat. 172 influxus physicus, lat. 316, 180 Informatik 316 informatio, lat. 316 Information 316 Informationstheorie, 316, 350, 371, 535, 558 ingenium, lat. 316, 251, 739 Inhalt 316, 242, 397 Inhärenz 316, 317 initium, lat. 41 Inklusion 317 Inkohärenz 317 inkommensurabel 317, 273, 349 inkompatibel 317 Inkompatibilität 317 inkomprehensibel 317 inkongruent 317 Inkongruenz 317 inkonsequent 317, 222 Inkonsequenz 317 Inkonsistenz 317 Innenwelt 317 innerer Sinn 317 Innerlichkeit 317, 87, 248, 273, 664 Innervation 317 Insein 317, 318, 472, 595 inspiratio, lat. 267 Inspiration 318, 96, 185 instantia, lat. 318 Instanz 318 instinctus, lat. 318 Instinkt 318, 734 institutio, lat. 319 Institution 319, 18, 236, 336 Instrumentalismus 319, 518 Integral, das 320 integral 320
852 Integralrechnung 320 Integration 320, 320 integrieren 320 integrierender Bestandteil 320 Integrität 320 intellectualis, lat. 321, 45, 320, 462, 704, 706 intellectuel, frz. 321 intellectus, lat. 45, 62, 175 intellectus archetypus, lat. 320 intellectus ectypus, lat. 320 Intellekt 320, 100, 321, 432, 705, 706 Intellektualismus 321, 558, 713, 714 Intellektualität 321 intellektuell 321, 72, 322 intellektuelle Anschauung 47, 321 intellektuelle Welt 321 Intellektuellen, die 321 intelligentia, lat. 321 Intelligenz 321, 706 intelligere, lat. 320 intelligibel 321, 181, 200, 321 intelligible Welt 321 intelligibler Charakter 321 intendere, lat. 322 intendieren 322, 495, 714 Intension 94, 97, 98, 104, 142, 160, 190, 214, 312, 316, 346, 353, 418, 419, 420, 422, 438, 513, 528, 558, 599, 600, 605, 641, 660, 682, 720 Intension/Extension 322 intensional 322 intensionale Logiken 322 intensionale Struktur 322 intensitas, lat. 322 Intensität 322, 214 intensiv 322 intensive Größe 323 intentio, lat. 323, 5 Intention 323, 5, 78, 199, 280, 322, 406, 534, 660 intentional 323, 315
853 Intentionalismus 323 Intentionalität 323, 22, 161, 281, 478 interactio, lat. 323 Interaktion 323, 41 Interaktionismus 323 Interesse 323, 23, 329, 449, 572 Interferenz 324 interferierend 324 interferierende Begriffe 97 intermediär 324 intermittierend 324 intermittierende Variablen 324 Intermundien 324 Interpolation 324 Interpretation 324, 82, 194 Interrogativlogik 324 intersubjektiv 324, 325 Intersubjektivität 324, 29, 31, 41, 323, 375, 617 Intoleranz 325 intramundan 325 intransigent 325 Intransigenz 325 intransitiv 325 intrasubjektiv 325, 324 Introjektion 325 Introspektion 325, 534 Introversion 325, 165 introvertiert 325, 214 Introzeption 325 intuitio, lat. 492 Intuition 325, 47, 100, 173, 263, 473, 689 Intuitionismus 326, 106, 179, 278, 347, 411, 686, 730 intuitionistisch 149, 162, 345, 406, 423, 523 intuitionistische Logik 326 intuitiv 325, 154, 328, 344, 689 invariabel, invariant 326 Invariante 326, 365 inventio, lat. 194 Inversion 327
Sachregister
invidentia, lat. 448 invidia, lat. 448 Involution 327 Involutionstheorie 327 involvieren 327 Ionische Philosophie 327 ipse dixit, lat. 327 Irenik 327 ironia, lat. 327 Ironie 327, 577, 612 irrational 328, 30, 131, 519, 545 Irrationale, das 328 irrationalis, lat. 328 Irrationalismus 328, 313, 546 Irrationalität 328, 3, 317 irreal 328 Irrealität 328 irreduzibel 328 Irreduzibilität 328 irreflexiv 328 irregulär 328 irrelevant 328 irreversibel 328 Irritabilität 328, 601 Irrtum 328, 216 Isagoge 329 Isagogik 329 isagogisch 329 Isis 434 Islam 329, 25, 183, 270, 332, 428, 642 isogen 329 Isolation 329 isomorph 329, 1, 428 Isomorphie 329, 507 Isomorphietheorie 330 Isomorphismus 329 isostheneia, gr. 610 isotës, gr. 265 Iteration 330 iterativum, lat. 330 iudicia singularia, lat. 174 iudicium, lat. 693 ius, lat. 552
Sachregister
ius gentium, lat. 710 ius naturae (naturale), lat. 444 ius talionis, lat. 654 iustitia, lat. 252, 336 iustitia distributiva, lat. 253 Jahwäh, hebr. 332 Jainismus 331, 20 jainistisch 331 Jansenismus 331, 512 Jude 331 Judentum 331, 270, 428, 484 jüdisch 331 Junktion 332 Junktor 332, 14, 60, 109, 188, 232, 234, 309, 322, 332, 354, 355, 360, 384, 387, 446, 448, 566, 638 Junktorenlogik 332, 721 Kabbala 333, 183, 746 kairos, gr. 333, 80, 267 kakon, gr. 114 Kalkül 333, 4, 77, 86, 90, 91, 134, 136, 149, 160, 190, 224, 326, 344, 353, 385, 418, 423, 442, 499, 515, 659, 712, 732, 733 kalokagathia, gr. 334 Kalokagathie 480 kalon, kalos, gr. 48, 334, 586 Kameradschaft 334 Kampf 334, 18, 82, 133, 286, 442, 616, 735 Kampf ums Dasein 334 Kanon 335 Kanonik 335 Kantianer 335 Kantianismus 335, 367 Kant- Laplacesche Theorie 335 Kapital 335, 62, 336 Kapitalismus 336, 62, 65, 101, 350, 396, 504, 617 Kapitalisten 336 kardia, gr. 288 Kardinaltugenden 336, 15, 103, 139, 253, 343, 388, 398, 675,
854 676, 677, 722 karma, sanskr. 337, 331, 577, 582, 594, 744 Karma-Yoga, sanskr. 744 kartesianisch (cartesianisch) 121 kartesisch (cartesisch) 121 Kasualismus 337 Kasuistik 337, 525, 569 kasuistisch 337 kath’ auto, gr. 47, 48 kath’ ekasta, gr. 28 kata meros, gr. 484 Katachrese 337 Kataklysmentheorie 338 Katalepsie 337 kataleptische Phantasie 337 Katalysator 338 katalysis, gr. 338 kataphasis, gr. 17 Katastrophentheorie 338 Katasyllogismus 338 katëchein, gr. 338 Katechese 338 katechetisch 338 Katechismus 338 katëgorein, gr. 338 katëgorëma, gr. 338, 513 kategorematisch 338 kategorial 338 Kategorie 338, 29, 378, 540, 692, 722 Kategorien 141, 274, 290, 338, 357, 382, 384, 418, 446, 511, 513, 538, 552, 638, 639, 671, 705 katëgorikon, gr. 339 kategorisch 339 kategorischer Imperativ 339 katëgoroumenon, gr. 512 katharos, gr. 561 katharsis, gr. 339, 72, 506, 571, 670 kathëkon, gr. 493 kathexis, gr. 340 katholikos, gr. 28
855 Katholizismus 340 katochë, gr. 102 Kausaldeterminismus 222 Kausalgesetz, Kausalitätsgesetz 341, 341, 693, 751 Kausalismus 341, 222 Kausalität 341, 107, 121, 143, 188, 189, 198, 222, 229, 281, 341, 366, 513, 658, 693, 736 Kausalitätsprinzip 404 Kausalnexus 341, 222 Kennzeichnung 342, 144, 322, 405, 438, 521 kenon, gr. 375 Kernphysik 342, 463 Kettenschluß 342, 283, 614 keusch 342 Keuschheit 342 kinästhetisch 343 kinëma, gr. 343 Kinematik 343, 106, 403 kinësis, gr. 106, 343 Kinetik 343, 403 kinëtikon kata topon, gr. 609 Kirchenlehrer 343, 157, 664 Kirchenschriftsteller 343, 486 Kirchenväter 343, 486, 686 kismet, türk./ arab. 343 klar 344, 127, 145 Klasse 344, 66, 306, 336, 344, 630 Klassen 336, 345 Klassenkampf 344, 114, 147, 292 Klassenlogik 344, 98 Klassifikation 345, 174, 651 Klassifizierung 345 klassische Logik 345 klassische Physik 501 klësis, gr. 101, 344 Klimax 345 klug 345 Klugheit 345, 204, 205, 391, 531, 547, 654, 667, 675, 722, 739 Klugheitslehren 416
Sachregister
Koadaptation 346 Koexistenz 346 koexistieren 346 koextensional 346 Kognition 346, 377 Kognitionsforschung 347 Kognitionswissenschaften 347 kognitiv 346 Kognitivismus 347, 179, 218, 326, 411, 441, 458, 520, 613, 730 kohärent 347 Kohärenz 347, 317, 356 Kohäsion 348 koinai ennoiai, gr. 460 koinë aisthësis, gr. 247 koinonia, gr. 247 Koinzidenz 348 kollektiv 348 Kollektivbegriffe 348, 577 Kollektivbewußtsein 348 Kollektivismus 348 kollektivistisch 348 Kolligation 348 Kollision 348, 353 Kombination 348, 348, 489 Kombinatorik 348, 66, 348 kombinatorische Logik 348 Kombinierbarkeit 348 komisch 349, 739 Komische, das 196 kommensurabel 349, 273 Kommunikation 349, 231, 316, 323, 623 Kommunismus 350, 165, 397, 613, 616, 617, 667 Kommunitarismus 350 kommutativ 350, 750 Komödie 349 komparativ 351 kompatibel 351 Kompatibilität 351, 348 Kompensation 351 Komplement 351 komplementär 351
Sachregister
Komplementarität 351, 380, 723 komplex 351 Komplex 351, 348 Komplextheorie 351 Komplikation 351, 129 kompliziert 351, 171 Komponente 352 Kompositionalitätsprinzip 352, 386 Kompositionsprinzip 352 komprehensibel 352 Komprehension 352, 407 Komprehensionsprinzip 352, 52, 407 kompressibel 352 komprimierbar 352 Konation 352 konditional 352 Konditionalismus 352 Konditionalsatzlogik 352, 155, 310, 499 Konditionismus 352 Konflikt 353 konform 353 konfus 353 Konfuzianismus 353, 337, 689 kongruent 354 Kongruenz 354, 317 Kongruenzrelation 354 Konjunktion 354, 74, 84, 332, 384, 386, 387, 442, 447, 448, 474, 487, 540, 703, 719, 732 konjunktiv 153 Konklusion 354, 4, 29, 55, 129, 223, 224, 283, 309, 342, 421, 514, 583, 638, 645 Konkordanz 354 konkret 354, 311, 727 konkretisieren 354 Konkretum, das Konkrete 354 Konkupiszenz 354 Konnex 354 konnexe Verknüpfungen 354 Konnexion 355 Konnotation 355
856 konsekutiv 355 Konsens 355, 350, 356 Konsensustheorie 355 Konsequens 355, 48 konsequent 355, 222 Konsequenz 355, 129, 317 konservativ 355, 291 Konservativismus 355, 380 konsistent 356 Konsistenz 356, 733 Konsistenztheorien 356, 241, 273, 314, 696 Konstante 356 Konstanz 357, 8, 104, 700 Konstanz der Arten 357 Konstellation 357 Konstitution 357 Konstitutionslehre 357 konstitutiv 357 Konstrukt 357, 329, 443 Konstruktion 357 Konstruktive Logik 357 Konstruktivismus 357, 326, 357 Konszientialismus 358 Kontakt 358 Kontemplation 358, 105, 195, 433, 435, 580, 663 kontemplativ 358 Kontiguität 358 kontingent 358, 417 kontingente Begriffe 97 Kontingenz 358, 462 Kontinuation 359 kontinuierlich 359, 360 Kontinuität 359, 134, 189, 263, 632, 748 Kontinuitätsprinzip 442 Kontinuum 360, 154, 237, 504, 747 Kontradiktion 360, 129, 194, 386, 424, 606, 656 kontradiktorisch 360, 241, 360, 692 Kontraposition 360, 682
857 konträr 360, 241, 360, 692 konträre Begriffe 97 Kontrast 360 Kontravalenz 360, 14, 31, 154, 188, 213 kontrovers 361 Kontroverse 361 Konvention 361, 92, 625 Konventionalismus 361, 358, 713 konventionell 361 Konvergenz 361, 156 konvergieren 361 Konversion 361, 682 Konvertit 361 Konzentration 361, 156, 217 Konzeption 361 Konzeptualismus 361, 688 Koordinatensystem 362 Koordination 362 kopos, gr. 60 Kopula 362 Korollar 362 Körper 362, 376, 401, 622 Korpuskel 362 Korpuskulartheorie 362 korrelat(iv) 363 Korrelat, das 363, 188 Korrelation 363 Korrelativismus 363 Korrespondenzprinzip 363 Korrespondenzregel 363, 474, 752 Korrespondenztheorie 363, 348 kosmisch 363 Kosmogonie 363, 436 kosmogonisch 363 Kosmologie 363, 51, 236, 363, 412, 498, 546, 724 kosmologisch 365 kosmologische Antithetik 365 Kosmopolit 365 Kosmopolitismus 365, 79, 296, 486, 724 kosmos, gr. 365, 21, 278, 321, 363,
Sachregister
395, 400, 414, 432, 528, 603, 651, 685, 686, 723 kosmos noëtos, gr. 321 Kosmos 25, 112, 122, 236, 278, 286, 363, 364, 400, 432, 528, 651, 684, 685, 723, 725, 746 kosmozentrisch 365 Kovariante 365, 327 Kraft 365, 162, 173, 427, 512, 641 Kraftfeld 366 kratos, gr. 389, 458, 657, 661, 665 Krausismus 366 krinein, gr. 366 Krishna 15 krisis, gr. 366 Kriterium 366 Kritik 366, 17, 668 kritisch 17 Kritische Philosophie 367 Kritische Theorie 367, 226 kritischer Idealismus 302 Kritischer Rationalismus 367 kritischer Realismus 550 Kritizismus 366, 158, 367, 547 Krokodilschluß 367 Kronos, gr. 55 ktëma, gr. 168 Kultur 367, 110, 319, 440, 680, 751 Kulturgeschichte 367 Kulturindustrie 368 Kulturkreis 367 Kulturkritik 368 Kulturmorphologie 431 Kulturphilosophie 368 Kulturwissenschaften 368 Kunst 368, 7, 27, 34, 66, 70, 71, 88, 110, 369, 382, 415, 437, 505, 506, 528, 580, 587, 656, 722 Künstliche Auslese 82 Kunstphilosophie 369, 66, 70, 71, 83, 193, 225, 356, 368, 499, 580 Kunstwerk 369, 70, 588
Sachregister
Kybernetik 370, 316, 535, 559, 598, 651, 652, 703 Kyniker 371, 365, 497, 583, 612, 755 Kynismus 371, 755 Kyrenaiker 371, 612 labil 372 Labilität 372, 630 labor, lat. 60 laissez faire, laissez aller (passer), frz. 372 Lamarckismus 372, 208, 451, 701, 751 langue, frz. 557, 636 lapis philosophorum, lat. 632 l’art pour l’art, frz. 73 Laster 372, 104, 379, 676 latent 372 Latitudinarier 373 latitudo, lat. 373 Laune 373, 735 learning by doing, engl. 414 Leben 373 Lebensform 373 Lebensformen 112, 374, 375, 432, 662 Lebensgeister 373 Lebenshorizont 373, 296 Lebenskraft 373, 111, 708 Lebenskunst 374, 373 Lebenskünstler 374 Lebensphilosophen 374 Lebensphilosophie 374, 100, 199, 326 Lebensstil 367, 373 Lebenswelt 375 Lebewesen 373 lectio, lat. 586 Leere 375, 696 Leerformel 375 legal 375, 307, 753 Legalisierung 375, 376 Legalität 375, 376, 430, 552 leges motus, lat. 454
858 leges naturae, lat. 259 Legitimation 376 legitimieren 376 Legitimität 376 Lehnsatz 376 Lehrsatz 376 Leib 376, 141, 236, 244, 281, 282, 300, 362, 373, 376, 390, 469, 483, 533, 592, 593, 609, 678, 735 Leib-Seele-Problem 377 Leid 378, 15, 117, 378, 492 leiden 378 Leiden 338 Leidenschaft 378, 15, 249, 372, 381, 450, 485, 486 Leitmotiv 432 lëmma, gr. 151, 379, 661, 674 Lemma 379 lex, lat. 258 lex aeterna, lat. 258 lex continui, lat. 359 lex naturae, lat. 442 liberal 379 Liberalismus 379, 313, 351, 356, 468, 480, 556, 702, 750 libertas, lat. 227 libertin, frz. 226 liberum arbitrium, lat. 62, 715, 734 libido, lat. 380, 381 Libido 222, 325, 381, 392, 533 libri annales, lat. 46 Licht 380, 199, 391, 723 Lichtmetaphysik 380 Liebe 381, 17, 80, 139, 200, 264, 336, 416, 503, 677 limes, lat. 382, 272, 273 Limitation 382, 538 limitatives Urteil 382 lingua, lat. 383, 626 lingua universalis, lat. 383 linguistic turn, engl. 323 List 382, 66, 216, 390, 722 List der Vernunft 383
859 littérature engagé, frz. 183 livor, lat. 448 localisation, frz. 389 locus, lat. 479 locus communis, lat. 383, 246 Logic for use, engl. 133 logic piano, engl. 1 logica antiqua, lat. 383 logica moderna, lat. 383 logica nova, lat. 383 logica vetus, lat. 383 logifizieren 383 Logik 383, 1, 3, 4, 14, 24, 26, 29, 30, 38, 48, 52, 60, 82, 84, 86, 90, 95, 98, 102, 113, 114, 134, 135, 141, 149, 151, 154, 160, 164, 181, 186, 188, 189, 190, 194, 224, 231, 232, 241, 283, 299, 304, 324, 326, 330, 332, 342, 344, 348, 352, 354, 356, 383, 387, 388, 402, 404, 413, 420, 442, 450, 487, 498, 513, 514, 516, 519, 521, 522, 529, 559, 566, 578, 584, 586, 627, 636, 646, 648, 655, 659, 660, 663, 717, 718, 721, 734 Logikbausteine 386 Logikelement 386 logisch 386, 359, 583, 655, 720, 732 logische Addition 386 logische Grammatik 386 logische Netze 386 logische Partikeln 387 logische Propädeutik 387 logische Schaltung 386 Logischer Abakus 1 Logischer Atomismus 77, 387 Logischer Empirismus 181, 387 Logisches Konnektiv 355 logisches Quadrat 387 logisma, gr. 388 lôgismos, gr. 388 Logismus 388 logistica numerosa, lat. 388
Sachregister
logistica speciosa, lat. 388 Logistik 388, 648 logistikon, gr. 462, 531, 594 Logizismus 388, 181, 345, 408, 411 logizistisch 388 Logizität 389 logoi, gr. 746 Logokratie 389 logomachia, gr. 389 logos, gr. 389, 96, 138, 177, 274, 285, 383, 416, 493, 516, 582, 751 Logos 32, 49, 76, 89, 112, 133, 138, 143, 177, 202, 268, 272, 274, 285, 305, 389, 427, 436, 458, 471, 485, 493, 500, 505, 516, 582, 613, 644, 655, 658, 751 logos apophantikos, gr. 56 logos argos, gr. 217 logos spermatikos, gr. 224 logozentrisch 389 Lokalisation 389, 500, 609 Lüge 390 Lügner 391, 404, 531 Lullische Kunst 391, 66, 290, 666 lumen divinum, lat. 391 lumen naturale, lat. 391, 159, 199, 380, 468, 547 lumen supranaturale, lat. 391 Lust 392, 15, 229, 240, 278, 284, 552, 587, 741 lux, lat. 380 Luxus 392 lypë, gr. 15 Machiavellismus 393, 394, 629, 630 machina, lat. 397 Macht 393, 394, 629, 667, 735, 750 Mächtigkeit 394 Mäeutik 394, 21, 210, 327, 612 Magie 394, 383, 664 magis et minus, lat. 395 magisch 394 magische Zahlen 395
Sachregister
magisches Dreieck 395 magisches Quadrat 395 magisches Viereck 395 magisterium, lat. 395 Magna Charta, lat. 701 Magna Mater, lat. 434 magnanimitas, lat. 273 magnitudo aesthetica, lat. 195 Mahayana, sanskr. 117, 744, 745 major (terminus), lat. 395, 415, 514 makaria, gr. 598 Makrobiotik 395 Makrokosmos 395, 364, 414, 604 Makrophysik 501 malitia, lat. 673 malum, lat. 114, 680 man 395, 685 manas, sanskr. 76 mania, sanskr. 395 Manichäismus 395, 3, 19, 115, 130, 161, 342, 380, 484, 676 Manie 395 manifest 396 Manifestation 396, 467 manifester Inhalt 396 Mannigfaltigkeit 396, 72, 172 Mantrayana 744 Marburger Schule 396, 451 Marginalien 396 Marxismus 396, 113, 147, 148, 151, 158, 170, 208, 226, 292, 336, 344, 399, 449, 471, 526, 570, 617, 630, 680, 726, 732, 733, 750, 752 Maschine 397, 400, 404, 478 Maschinentheorie 397, 87, 397, 478 Maß 397, 398 Masse 398, 397, 467 Mäßigung 398, 103, 104, 343, 392 materia, lat. 140, 298, 400, 424, 633 materia prima, lat. 399, 424 materia secunda, lat. 399 material 399
860 materiale Prinzipien 523 Materialisation 399, 138, 469, 659 Materialismus 399, 77, 147, 190, 229, 284, 298, 302, 308, 373, 377, 400, 404, 451, 592, 602, 623, 641, 652, 669 Materialist 400 Materialität 400 Materie 400, 121, 147, 298, 308, 316, 399, 400, 462, 503, 592, 633, 693 materiell 399, 304 mathëma, gr. 401 Mathematik 401, 65, 252, 315, 410, 450, 528, 586, 717 Mathematische Logik 402 mathësis, gr. 402 mathesis universalis, gr./ lat. 402 Matrixspiel 402 matter of fact, engl. 655 mauvaise foi, frz. 685 Maximax 187 Maximax- / Maximinprinzip 402 Maxime 403, 267, 275, 339, 367, 430, 459, 608, 741 Maximin 187 maximitas, lat. 6 maximum, lat. 403 Maxwellsche Gleichungen 403 maya, sanskr. 403 më on, gr. 455 mécanisme, frz. 403 Mechanik 403, 112, 162, 272, 397, 538, 632 mechanisch 403, 404 Mechanisierung 403, 294, 373, 374, 397, 404, 478, 657, 658, 708 Mechanismus 403 mechanistisch 404 mechanistisches Weltbild 404 mediatio, lat. 703 medicina, lat. 67 Medien 404 Meditation 404, 435, 437
861 meditieren 404 medium, lat. 404, 416 medius (terminus), lat. 404, 416 medius locus, lat. 414 Megakosmos 395 Megariker 404, 147, 610, 612 megethos, gr. 746 Mehrdeutigkeit 404 Mehrpersonenspiel 406 Mehrwertige Logik 404 meilleur monde, frz. 104 Meinung 406, 160, 174, 575, 682, 737 Melancholie 406 melancholisch 406 membrum divisionis, lat. 174 memoria, lat. 238 memorieren 406 mendacium, lat. 390 Menge 407, 26, 53, 55, 100, 114, 120, 176, 233, 254, 274, 322, 326, 344, 352, 394, 396, 410, 513, 540, 558, 563 Mengenlehre 127, 232, 402, 686 mens, lat. 45, 214, 243, 248 mens sana in corpore sano, lat. 408 Menschenliebe 408, 298, 497 Menschenrechte 408, 11, 118, 275, 379, 445, 463, 556, 702, 711 Menschenverstand 114, 129, 547, 602 Menschenverstand, gesunder 408 Menschewiki, russ. 113 Menschheit 408, 255, 408, 688 Menschlichkeit 408 mental 409 Mentalismus 409 Mentalität 409, 245 Mephistopheles 115 merismos, gr. 484 Merkantilismus 409, 62, 372, 502, 561 Merkantilsystem 409 Merkfähigkeit 409
Sachregister
Merkmal 409, 152 Mesmerismus 409, 469, 665 mesotës, gr. 409, 398, 675 Messianismus 410 Messias 409, 285 Messung 410 meta-, gr. 410 meta ta physika, gr. 412 metabasis, gr. 107 metabasis eis allo genos, gr. 410 Metaethik, 410, 204, 219, 326, 347, 389, 441, 453, 595, 613, 730 metaethisch 326 Metageometrie 410 Metakritik 410 metalogisch 410 Metamathematik 410 Metamorphose 410 metanoëtisch 410 metanoia, gr. 119, 382 Metapher 411, 27, 110, 126, 465, 481, 646, 675 metaphora, gr. 411 metaphorisch 411 Metaphysik 412, 6, 34, 37, 71, 72, 197, 201, 231, 269, 335, 370, 384, 401, 435, 443, 450, 472, 474, 495, 498, 509, 521, 546, 550, 586, 595, 605, 641, 663, 711, 724, 733, 753 metaphysische Punkte 413 Metasprache 52, 309, 644, 717 Metasprache/Objektsprache 413 Metempsychose 414 metempsychôsis, gr. 594 methexis, gr. 414, 110, 303, 484, 638, 658, 704 Methode 414, 193, 737 Methodik 414 methodisch 158 methodisches Prinzip 523 Methodologie 414 methodologisch 414 metodo compositivo, ital. 36
Sachregister
metodo risolutivo, ital. 36 Metonymie 412 Migrationstheorie 414 Mikrokosmos 414, 364, 395, 591, 601, 687 Mikrophysik 501 Milieu 414, 503, 682 Milieutheorie 415 Mimamsa, sanskr. 696 mimëma, gr. 1 mimësis, gr. 415, 368, 370, 415, 429, 437, 619 Mimesis 82, 368, 370, 429, 437, 505, 528, 551, 587, 619, 718 mimetisch 415 minima naturalia, lat. 415 minimum, lat. 403 minor (terminus), lat. 415, 638 Misanthrop 416 Misanthropie 416 Misologie 416 misos, gr. 15, 485 Mitleid 416, 204, 268, 378, 437, 648, 655 Mittel 416, 345, 734, 753 mittelbarer Besitz 102 Mittelbegriff 416 mnëmë, gr. 417, 238 Mneme 196 Mnemonik 417 mnëmonikos, gr. 417 Mnemosyne, gr. 417 Mnemotechnik 417, 238, 407 mnësis, gr. 32 modal 417, 418 modalitas, lat. 417 Modalität 417, 133, 358, 365, 387, 418, 419, 511, 512, 513, 526, 595, 646, 693 Modalitäten 210, 424, 461 Modallogik 418, 24, 134, 143, 160, 190, 322, 326, 385, 387, 417, 421, 422, 424, 462, 475, 499, 524, 529, 584, 599, 656, 659, 719
862 Modell 419, 114, 421 Modelltheoretische Semantik 420 Modelltheorie 420 Modernismus 421, 453 Modifikation 421 modifizieren 422 modus, lat. 422, 106, 417 Modus 4, 10, 86, 515, 595 modus ponens, lat. 422, 4, 86, 422 modus probandi, lat. 422 modus procedendi, lat. 422 modus substantiae, lat. 538 modus tollens, lat. 422 modus vivendi, lat. 422 möglich 422 Mögliche Welten 144, 160, 191, 312, 326, 353, 386, 387, 419, 421, 438, 600, 724 Mögliche-Welten- Semantik 422 Möglichkeit 424, 140, 163, 223, 366, 415, 417, 418, 422, 462, 475, 499, 510, 526, 736, 752, 753 Möglich-Sein 210 moira, gr. 425, 217, 582 Moiren 425 Molekel, Molekül 425, 76, 434 molestica, lat. 60 Moment 425, 80, 631, 747 momentan 425 momentum, lat. 80, 425 Monade 425, 87, 140, 152, 173, 229, 285, 313, 362, 377, 401, 413, 414, 427, 491, 593, 623, 640, 653 Monadologie 427, 428 Monarchianer 427 Monarchie 427, 87, 138, 629 monas, gr. 173, 425, 426, 427 Moneren 427 Monismus 427, 15, 27, 161, 165, 173, 177, 182, 294, 302, 504, 623, 662, 697, 704 Monist 427
863 Monomerie 428 monomorph 428 Monomorphie 428 Monomorphismus 428 monophyletisch 428, 508 Monopsychismus 428 Monotheismus 428, 75, 270, 286, 329, 331, 508 monoton 428 Monotonie 428 Montage 429 Montague- Grammatik 429 Moral 429, 32, 240, 308, 469, 521, 552, 608, 725, 751 moral science, engl. 244, 431 moral sense, engl. 429 moralisch 429, 608 moralische Weltordnung 429, 725 moralischer Sinn 429 moralisches Gefühl 429 moralisieren 430 Moralismus 430 Moralist 430, 374 moralitas, lat. 430 Moralität 430, 204, 375, 379, 608, 620 Moralphilosophie 430 Moralprinzip 430 Moraltheologie 431, 205 Moralwissenschaft 431, 429 more geometrico, lat. 431, 90 morphë, gr. 431, 140, 223, 298, 329, 428, 538 Morphogenese 431 Morphologie 431, 112, 168, 410 mors, lat. 665 Mortifikation 431 motio, lat. 425 Motiv 431, 105, 121, 545, 633, 674, 734 Motivation 432 Motiverklärung 198 motiviert 432 Motivierung 432
Sachregister
motor, lat. 432, 535 Motorik 432 motrices orbium, lat. 183 motus, lat. 106, 425 movimentum, lat. 425 Multiversum 432 mundus, lat. 432, 214, 325, 365, 519, 682, 723 mundus archetypus, lat. 432 mundus intelligibilis, lat. 432 mundus sensibilis, lat. 432, 605 Muße 432 Müßiggang 432, 60 Mut 433, 749 Mutante 433 mutatio, lat. 433 Mutation 433, 289, 357, 422 Mutationstheorie 433, 207 Mu’tazila 25 Mutterrecht 434 Mutualismus 434 mutualité, frz. 531 Mysten 434 Mysterien 434, 243, 468, 469, 479, 480, 658, 690 Mysterienfeier 199 mystërion, gr. 434 mysterium, lat. 434, 65, 242, 687 mysterium magnum, lat. 434, 270, 687 Mystifikation 434 mystifizieren 434 Mystik 434, 80, 175, 199, 246, 404, 436, 452, 481, 664, 687, 745 Mystizismus 436 Mythologie 436, 509 mythos, gr. 436, 363, 436, 509, 530 Nachahmung 437, 82, 396, 415, 551 Nachdenken 437, 681 Nächstenliebe 437, 268, 298, 416, 648, 675 naiv 438, 603
Sachregister
Naive, das 438 Naivität 438, 172 Name 438, 144, 322, 385, 457, 513, 558, 641, 660 Narzißmus 438 natio, lat. 438 Nation 438, 486, 629, 709, 710 Nationalität 439 Nationalstaat 439 Nationalversammlung 439 Nativismus 439, 58 Natur 440, 83, 180, 195, 244, 367, 441, 445, 656, 696, 754 natura, lat. 189, 359, 440, 441, 443, 627, 644 natura aeterna, lat. 441 natura insitus, lat. 42 natura naturans, lat. 441, 441, 443 natura naturata, lat. 441, 441 natura non facit saltus, lat. 441 natural kind terms, engl. 660 natural kinds, engl. 438 natural philosophy, engl. 443 Naturalismus 441, 179, 218, 326, 347, 411, 551, 730 naturalistic fallacy, engl. 218 naturalistischer Fehlschluß 218, 595 Naturgeschichte 254, 442 Naturgesetz 259, 442, 145 natürliche Auslese 82 natürliche Religion 442 natürliche Sprache 442, 624 natürliche Zuchtwahl 442 Natürliches Schließen 442 Naturphilosophie 443, 148, 441, 455, 499, 753, 754 Naturrecht 444, 184, 408, 509, 547, 554, 628, 710 Naturrechtsdenken 266 Naturrechtslehre 169, 257, 292, 408, 446, 629 Naturwissenschaften 445, 287, 368
864 Naturzustand 446, 99, 129, 257, 292, 367 navigatio, lat. 67 ne peccatur, lat. 634 néantisation, frz. 472 need, engl. 95 Negat 446 negatio, lat. 17 Negation 446, 147, 148, 241, 330, 332, 334, 386, 387, 448, 472, 474, 508, 522, 524, 538, 541, 656, 704, 712, 719, 732 Negation der Negation 447 negativ 447, 508 Negative Philosophie 447 negative Theologie 447 Negativismus 447 Negatkonjunktion 448, 85, 332, 603 Neglektion 448 neglektiv 448 negotium, lat. 60, 432 Neid 448, 449 Neigung 449, 204, 228, 251, 256, 516, 572, 620, 674 Nemesis, gr. 449, 298 Neologie 449 Neologismenkomplex 449 Neologismus 449 Neomarxismus 449, 397 Neomarxisten 449 Neopositivismus (Neupositivismus) 450, 100, 173, 341, 509, 581, 733, 734 Neorealismus 550 Neotenie 450 Neovitalismus 450, 453, 708 Nervengeist 450 nervus probandi, lat. 451, 107 nervus sympathicus, lat. 648 Neugier 451 Neuhegelianismus 451, 285 Neuhumanismus 297 Neukantianismus 451, 54, 58, 92,
865 210, 240, 335, 367, 396, 530, 555, 642 Neulamarckismus (Neolamarckismus) 451, 372 Neuplatoniker 480 Neuplatonismus 452, 177, 188, 412, 436, 503 Neupositivismus s. Neopositivismus Neupythagoreismus 452, 536 Neurasthenie 452 Neurologie 452 neuron, gr. 452 Neurophysiologie 452 neuropsychisch 452 Neurosen 452, 533, 535, 681, 700 Neuscholastik 453, 65, 297, 586, 664 Neuthomismus 453, 340, 421, 453, 497, 586, 664, 677 Neutralitätsthese, metaethische 453, 411 Neuvitalismus s. Neovitalismus New Criticism, engl. 453 Newtonsche Bewegungsgesetze 454 nexus, lat. 454, 222, 341 nibhana, pali 456 Nicht- Ich 454, 302 Nichtmonotone Logik 454 Nichts 455, 2, 44, 128, 130, 205, 269, 457, 472, 595, 727 nihil, lat. 455, 493, 601, 653 nihil est in intellectu, quod non prius fuerit in sensu, lat. 455 Nihilismus 455 Nihilist 455 Nikomachische Ethik 456 nil admirari, lat. 456 nirvana, sanskr. 456, 118, 199, 577 nisus formativus, lat. 110 niti, sanskr. 457 Njaja 457, 696 Njaja-Vaisheshika 457 noein, gr. 140
Sachregister
Noem 457 noëma, gr. 457, 495 Noematik 457 noematisch 457 noësis, gr. 457, 140, 149, 457, 596 noësis noëseôs, gr. 140, 462 Noetik 457 noëtikos 457 noetisch 457, 73 noëton, gr. 321, 463, 596 nomen, lat. 457, 438, 688 nomina rerum, lat. 457 Nominaldefinition 135, 457, 97 Nominalismus 457, 140, 159, 203, 361, 467, 549, 586, 660, 688, 692 Nominalisten 313 Nomokratie 458 nomos, gr. 458, 53, 177, 258, 289, 458, 662 Nomothetik 458 nomothetisch 458, 254, 306 non posse peccare, lat. 193 non- A, lat. 458 non- ens, lat. 458, 684 Nonkognitivismus 458 Nonnaturalismus 347 Nonsens 458, 684 Noologie 458 noologisch 458 Noologisten 458 Noosphäre 458 Norm 458, 225, 460, 520, 552, 559, 688 norma, lat. 458 normal 458 normale Sprache 442, 460, 624 Normalität 460, 697, 721 Normalsprache 460 Normalverteilung 460 normativ 459, 520 normative Ethiken 459 Normativismus 459
Sachregister
Normen 204, 238, 246, 260, 460, 554, 668, 680 Normenlogik 460 Normwissenschaften 460 nosce te ipsum, lat. 460 notio, lat. 460, 96 notiones communes, lat. 460, 129, 602 notiones innatae, lat. 42 notiones reciprocae, lat. 722 notitiae communes, lat. 460 Notlüge 460, 390 Notstand 460, 690 Notwehr 461, 690 notwendig 461 Notwendigkeit 461, 95, 229, 359, 417, 418, 419, 423, 424, 499 noumenon, gr. 462, 272, 462 nous, gr. 462, 39, 138, 140, 191, 243, 389, 401, 458, 462, 463, 561, 569, 582, 591, 609, 658, 714, 725 nous pathëtikos, gr. 140 nous poiëtikos, gr. 140 novum organum, lat. 463, 307 n-tupel 548 nuklear 463, 342 Null 463, 474 nulla, lat. 463, 125, 749, 556, 655, 699 nulla poena sine lege, lat. 463 Nullhypothese 463 Nullsummenspiel 463 numerisch 464 numerische Darstellung 464 numerische Integration 464 numerische Mathematik 464 numerisches Verfahren 464 numerus, lat. 464, 746 Numinose, das 464, 285 Nutzen 464, 273, 621 Nutzenfunktion 464 Nutzenzuwachs 464 nyaya, sanskr. 457
866 Nyayasutra, sanskr. 457 obduratio, lat. 289 Obersatz 465, 514 obiectum, lat. 241, 465 Objekt 465, 241, 413, 465, 466, 637, 638 Objektebene 465 Objektion 465 objektiv 465, 466, 671 Objektivation 466 Objektive, das 466 objektiver Geist 467 objektiver Idealismus 302 objektivieren 466 Objektivierung 466 Objektivismus 466 Objektivität 466, 738 Objektsprache 411 objets en eux-mêmes, frz. 153 obligatio, lat. 589 Obreption 467 observatio, lat. 99 Observation 467 observation sentence, engl. 100 obskur 467 Obskurant 467 Obskurantismus 467 occasio, lat. 45, 469 occultum, lat. 469 Ochlokratie 467, 629 Ockhamismus 467, 688 Ockhamsches Rasiermesser 467 Offenbarung 467, 3, 23, 116, 137, 145, 159, 220, 265, 286, 318, 328, 329, 391, 396, 442, 447, 509, 547, 566, 569, 644, 662, 668, 672 offene Form 468 Offene Gesellschaft 468 öffentliche Meinung 469 officia honestatis, lat. 677 officium, lat. 493 oida, gr. 736 oikonomia, gr. 142
867 oikos, gr. 469 Okkasionalismus 469, 45, 121, 129, 316, 377, 520 Okkultismus 469, 243, 404, 496, 623, 664 Okkultisten 469 Ökologie 469, 112, 471, 682 ökologisch 470 ökologische Ethik 470 ökologische Grundregeln 470 ökologische Nische 470 Ökonomie 470 ökonomisches Prinzip 470 Ökonomismus 471 Ökophysiologie 470 Ökosystem 471, 470 ökumenisch 471 Oligarchie 471, 629 omnipotentia, lat. 29 omnipraesentia, lat. 27 omniscientia, lat. 30 on aei, gr. 176 on, gr. 471, 473, 594 onoma, lat. 438 ontisch 471, 473 ontisch- ontologische Differenz 473 Ontogenese 471, 111, 251, 314, 500 Ontogenesis 471 ontogenetisch 471, 500 Ontogenie 471, 112 Ontologie 471, 133, 148, 201, 231, 236, 275, 347, 356, 384, 412, 438, 461, 473, 495, 498, 546, 581, 594, 711 ontologisch 473, 471 ontologische Differenz 473 ontologischer Gottesbeweis 473 Ontologismus 473 Ontosophie 471 Ontotheologie 473 onto-theologisch 474 operatio immanens, lat. 474 operatio, lat. 474
Sachregister
Operation 474 operationale Definition 474 operationale Regel 474 Operationalisierung 474, 557 Operationismus 474 Operativismus 474 Operator 474, 322, 330, 418, 521, 566, 659, 752 opificium, lat. 67 opinio, lat. 406 opinion publique, frz. 469 opponens, lat. 537 Opposition 475 optimal 475 Optimalitätskriterium 475 Optimierung 476 Optimismus 475, 79, 104, 109, 115, 225, 378, 488, 492, 661 optimum, lat. 475, 104, 475 Optimum 484, 621 ordinary language philosophy, engl. 476 Ordnung 476 Ordnungsbegriffe 476 Ordnungslehre 477 ordo, lat. 477, 658 ordre du coeur, frz. 477, 80, 259, 265, 289 orektikon, gr. 609 Organ 477, 478 Organempfindungen 477 Organik 477, 501 Organisation 477 organisch 477 organische Chemie 477 organische Natur 477 organisieren 477 organisiert 477 organisierte Materie 477 Organismus 478, 18, 93, 236, 278, 477, 495, 573, 658, 708, 726, 753 Organizismus 478 Organologie 478 organologisch 478
Sachregister
Organon, gr. 478, 46, 286, 385, 463, 477, 627, 666 orgë, gr. 15, 485 orientation, frz./ engl. 478 orientieren 479 Orientierung 478 Original, das 479 original 479 Originalität 479, 588 originär 479 originell 479 Ormuzd 479, 19, 395 Orphik, Orphiker 479, 434, 480 orphikoi, gr. 479 Ort 479 orthodox 289 Orthodoxie 479, 297, 502 orthos, gr. 479 orthos logos, gr. 479, 556 otium, lat. 432 ouden, gr. 455, 463 ousia, gr. 203, 210, 594, 640, 731 ousia autotelës, gr. 373 Oxford philosophy, engl. 479, 38, 499 pactum, lat. 707 Pädagoge 480 Pädagogik 480, 201, 414, 617, 752 paidagôgos, gr. 480 paideia, gr. 480, 201, 296, 334 Palingenesie, Palingenese 480, 577 palingenesis, gr. 480, 594 pan, gr. 480, 25, 26, 237, 481 Pandekten, Pandektistik 480 Panentheismus 480, 177 Panlogismus 480, 388 Panpsychismus 26, 480, 535 Pansophie 481 panta rhei, gr. 481, 27 Pantelismus 480 Pantheismus 481, 15, 25, 27, 75, 137, 145, 286, 308, 428, 473, 480, 490, 623, 661, 726
868 Pantheist 481, 209 pantokrator, gr. 29 Panvitalismus 481, 480 par’ allëlôn, gr. 483 par coeur, frz. 288 Parabel 481, 661 parabolë, gr. 481 paradeigma, gr. 99 Paradigma 481, 27 paradigmatisch 481 Paradigmenwechsel 482 paradox 482 Paradox 10, 130, 547 Paradoxie 482, 11, 237, 310, 581 paradoxon, gr. 482 Paralipomena 483 Parallelismus 483, 535 Parallelismus, psychophysischer 377 Paralogie 483 Paralogismen der reinen Vernunft 483 paralogismos, gr. 483 Paralogismus 483, 107, 147, 216, 218, 581 Parameter 483 Paraphrase 484 parataxis, gr. 468 pareto- optimal 476, 484 parole, frz. 557 pars, lat. 484 pars philosophiae, lat. 429 Parsismus 484 Parteienpluralismus 504 partial 484 particula, lat. 387 particularis, lat. 28, 103 partiell 484 partikulär 484, 103 Partikulargeschichte 254 Partikularismus 484, 103 partitio, lat. 97 Partition 484 Partizipation 484
869 Parusie 484 pas’chein, gr. 378 Pasigraphie 484 passio, lat. 484, 338, 378, 381 passion, frz. 378, 485 Passion 484 passiv 484, 22 Passivismus 484 Passivität 484, 653 patër kai archë, gr. 3 pathëtikos, gr. 484 pathetisch 484 pathëtos, gr. 484 Pathognomik 485 Pathologie 485 pathologisch 485 pathos, gr. 485, 378, 381, 485 Pathos 15, 55, 485 pati, lat. 378 patres ecclesiae, lat. 343, 486 patria, lat. 697 patriota, nlat. 486 Patriotismus 486, 697 Patristik 486, 662 Patristische Philosophie 486 Patrologie 486 pax, lat. 487 Pazifismus 487 Peano- Formalismus 487 peccatum, lat. 642 peccatum originis, lat. 192 Peirce- Funktion 487 Peircesche Implikation 487 Pelagianismus 487, 192, 267, 649 pensum, lat. 78 per accidens, lat. 487 per impossibile, lat. 488 per locutionem, lat. 489 per se, lat. 489, 487 peras, gr. 487, 56, 195 perceptio, lat. 145, 238, 720 perceptions remarquables, frz. 491 perfectibilité, frz. 487
Sachregister
perfection, frz./engl. 487 Perfektibilismus 487 Perfektionismus 487, 711 performance, engl. 488 Performanz 488 Performanzmodell 488 performativ 488 periechon, gr. 237 Periode 488, 191, 576, 748 Periodensystem der Elemente 488 Periodik 488 periodisch 488 Periodizität 488 periodos, gr. 488 Peripatetiker 488, 64, 364 peripatetische Schule 488 peripeteia, gr. 489 Peripetie 489 peripher (peripherisch) 489 periphereia, gr. 489 peristasis, gr. 682 perlokutiver Akt 489 permanent 489 Permanenz 489 Permanenzprinzip 489, 307 Permutation 489, 348 Perseität 489 perseverantia, lat. 489 Perseveranz 489 persistent 489 Persistenz 489 Person 489, 11, 41, 50, 165, 262, 294, 376, 408, 461, 490, 491, 493, 553, 555, 575, 589, 596, 597, 634, 690, 698, 701 persona, lat. 489 Personalismus 490 personalitas, lat. 491 Personalität 490 personificatio, lat. 490 Personifikation 490, 50 personifizieren 491 Persönlichkeit 491, 273, 296, 313, 490
Sachregister
Perspektivismus 491 Perversion 491 perzeptibel 491 Perzeptibilität 491 Perzeption 491, 58, 180, 300, 426, 493, 570 perzeptiv 492 perzeptorisch 492 perzipieren 492 Pessimismus 492, 144, 378, 475, 726 pessimum, lat. 492 petites perceptions, frz. 493, 34, 58, 145, 491, 684 petitio, lat 107 petitio principii, lat. 493 Pflicht 493, 11, 228, 238, 392, 449, 459, 572, 740 Pflichtbewußtsein 493 Pflichten 677 Pflichtenlehre 494 Pflichtgefühl 493 Phaidon 494 Phaidros 494 phainomenon, gr. 494 Phänomen 494, 200, 692 Phänomenalismus 494 Phänomenologie 494, 4, 21, 35, 47, 54, 141, 168, 173, 200, 241, 303, 323, 356, 451, 457, 472, 535, 580, 601, 731 Phänotyp(us) 495, 159, 252, 678 phantasia, gr. 170, 495, 496 Phantasie 495, 170, 293, 589 Phantasievorstellungen 496 phantasma, gr. 496 Phantom 496 Phase 496 phasis, gr. 496 Philanthrop 496, 296 philanthrôpia, gr. 296, 408, 496 Philanthropie 496, 298, 408 Philanthrop(in)ismus 497 Philanthrop(in)isten 497
870 Philanthropin(um) 497 philia, gr. 15, 17, 230, 381, 401, 485 philodoxoi, gr. 406 Philologie 497, 287 Philosophem 497, 189 philosophëma, gr. 497 Philosophenmantel 497 philosophia, gr. 201, 498, 521 philosophia perennis, lat. 497, 65, 526 philosophia prima, lat. 498, 201, 231, 613 Philosophie 498, 255, 479, 530, 554, 613, 629, 641 Philosophie der idealen Sprache 499 Philosophie der normalen Sprache 460, 499 philosophie sociale, frz. 617 Philosophische Anthropologie 49 Philosophische Logik 499 Philosophische Propädeutik 527 philosophisches Ei 499 philosophos, gr. 406, 498 philosophy of mind, engl. 244, 378 philotimia, gr. 167 phlegma, gr. 499 Phlegmatiker 500 Phlogiston, gr. 500 phobos, gr. 15, 219, 485 Phoronomie 403 phôtismos, gr. 199 phrën, gr. 500, 590 Phrenologie 500, 243, 389, 478, 579, 609 phronësis, gr. 149, 173, 346 phthonos, gr. 15, 448, 485 phylë, gr. 428, 500, 508 Phylogenese, Phylogenie 500, 8, 111, 112, 251, 471, 512, 630 phylogenetisch 500 physei dikaion, gr. 444 physica generalis, lat. 530
871 physica rationalis, lat. 546 Physik 500, 366, 477, 498, 501, 535, 586 Physikalismus 501 Physikotheologie 501, 205 Physiognomie 501, 500 Physiognomik 501, 485, 679 Physiokraten 502, 62, 561 Physiokratie 502, 409 Physiokratismus 502, 372 Physiologie 502, 112, 477 physique sociale, frz. 618 physis, gr. 440, 500, 501, 502 physisch 502 piëtas, lat. 502 Pietät 502, 230 Piëtismus 502, 246, 660 Pilatusfrage 502 pistis, gr. 263, 264, 336 Pistis Sophia, gr. 268 Plancksches Wirkungsquantum 503 plasma, gr. 503 Plasma 530 Plasmaphysik 503 Plasmazustand 503 Plastizität 503 platonische Liebe 503 Platonismus 503, 120, 302, 303, 395 pleasure, engl. 230, 284 Pleonasmus 503, 557 pleonexia, gr. 245 plëroma, gr. 503, 138, 177, 231 Plerotismus 503 pluraler Satz 504 Pluralismus 504, 294, 427, 604 Pluralist 504 pluralitas, lat. 467 Plutokratie 504, 629 pneuma, gr. 504, 243, 505, 532, 725 Pneuma 505, 532, 725 Pneumatik 504 Pneumatiker 504, 532
Sachregister
pneumatikoi, gr. 504 pneumatisch 505 pneumatische Exegese 505 Pneumatologie 505, 504 poena talionis, lat. 654 poenitentia, lat. 119 Poetik 505, 71, 370, 505, 529, 587 poetisch 506 poiësis, gr. 505, 66, 279, 369, 370 poietisch 506, 519 poion, gr. 538 poiotës, gr. 538 Polarität 507, 97, 149, 241, 652 polemos, gr. 334 polis, gr. 507, 676 Politik 507, 469, 498, 507, 519, 586, 680 politische Philosophie 507 Polyhistor 507 Polylemma 507 Polymathie 507 polymorph 507 Polymorphie 507 Polymorphismus 508 Polynom 508 polynomisch 508 polyphyletisch 508, 428 polysemantisch 508 Polysemie 508, 32, 295 Polysyllogismus 508 polysyndetisch 508 Polysyndeton 508 Polytheismus 508, 75, 175, 428 Polytomie 508, 174 ponos, gr. 60 pons asinorum, lat. 202 Popularphilosophen 508, 547 Position 508, 603 positiv 508 positive Philosophie 509 positive Religionen 509 positives Recht 509, 553, 258 Positivismus 509, 37, 100, 133, 142, 161, 291, 297, 445, 450, 509,
Sachregister
555, 556, 581, 628, 655, 713, 734 Positivisten 733 posse, lat. 510 posse non peccare, lat. 193 possessio, lat. 102 possest, lat. 510 possibilis, lat. 422 Possibilität 510 post hoc, lat. 510, 529 post hoc, ergo propter hoc, lat. 510 post res, lat. 688 Postexistenz 510, 516 postmodern 510 Postmoderne 510, 748 Postprädikamente 511 Postulat 511, 209, 271, 299, 303, 519, 520, 521, 566 Postulate des empirischen Denkens 511 postulieren 511 potentia, lat. 48, 510, 512 potential 22 Potential 512 Potentialität 512, 22, 512 potentiell 512, 22, 366, 708 potentielle Unendlichkeit 686 Potenz 512, 12, 21, 498 pothos, gr. 15, 485 pouvoir absolu, frz. 7 Prädestination 512, 30, 193, 531 Prädestinationslehre 229 Prädeterminismus 512 Prädikabilien 512, 542 Prädikamente 513, 338, 511, 513, 538 Prädikat 513, 144, 342, 421, 516, 524 Prädikate 84, 91, 96, 168, 233, 387, 514, 524, 564, 644 Prädikatenlogik 514, 14, 26, 29, 30, 37, 84, 91, 98, 100, 160, 186, 190, 212, 213, 224, 225, 232, 233, 241, 274, 305, 324, 326, 334,
872 342, 344, 345, 385, 387, 407, 418, 421, 423, 475, 499, 513, 516, 522, 523, 524, 539, 540, 564, 644, 656, 659, 697, 712, 732 Prädikation 514, 516, 37, 387, 514, 521 Prädikatkonstanten 513, 344, 356 Prädikatoren 513, 28 Prädikatsbegriff 514 Prädikatvariable 516, 91, 130, 357, 697 Prädisposition 516 prädizieren 514 praeambula fidei, lat. 516 praedicabilia, lat. 512 praedicatio, lat. 516 praedispositio, lat. 45 praemissa, lat. 519 praescribere, lat. 520 praesens, lat. 519 Präexistenz 516, 217, 510, 591, 691 Präexistenzlehre 669 Präferenz 516 Präformation 516, 173, 188, 190, 207, 520 Präformationssystem der reinen Vernunft 517 Präformationstheorie 516 pragma, gr. 101, 518 Pragmatik 517, 149, 231, 599, 600, 625, 626, 627, 649 pragmatisch 518 pragmatische Geschichtsschreibung 518 Pragmatismus 518, 181, 194, 294, 319, 361, 414, 548, 716 Pragmatisten 518 prägnant 518, 521 Prägnanz 518 Prajapasi 117 praktisch 518, 506, 518, 521, 662 praktische Philosophie 519 praktischer Schluß 581 prälogisch 519
873 Prämisse 519, 342, 421, 465, 508, 529, 692 Prämissen 4, 29, 55, 189, 223, 224, 283, 309, 541, 583, 645 prämundan 519 Präsens 519 präsent 519 Präsenz 519 Präsenzzeit 519 Präskription 459 präskriptiv 520, 613, 730 Präskriptivismus 520, 219, 347, 411, 730 prästabilierte Harmonie 282, 520, 593 Prästabilismus 520 Präsum(p)tion 520, 527 präsum(p)tiv 521 präsupponieren 521 Präsupposition 521, 130, 643 praxis, gr. 521, 279 Praxis 505, 663 präzis 521 präzisieren 521 Präzision 521 prima causa, lat. 441 prima facie, lat. 263 prima materia, lat. 177, 220 prima philosophia, lat. 521, 201, 231, 498, 613 Primalitäten 521 primär 521, 596 primäre und sekundäre Qualitäten 538 Primat 521, 519, 663 Primat der praktischen Vernunft 521 Primaten 521 Primaussage 521, 177, 522 primitiv 522 primitives Symbol 522 Primsatz 522 primum causatum, lat. 441 principiis obsta, lat. 522
Sachregister
principium, lat. 41, 275 principium contradictionis, lat. 522 principium exclusi tertii, lat. 522 principium identitatis, lat. 523 principium individuationis, lat. 523 principium rationis sufficientis, lat. 523 Prinzip 523, 259, 265, 275, 352, 515, 516, 524, 663 Prinzip der doppelten Verneinung 523 Prinzip der Identität 523 Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren 524 Prinzip der Ununterscheidbarkeit des Identischen 524 Prinzip der Zweiwertigkeit 523, 113 Prinzip vom (verbotenen) Widerspruch 524, 522 Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten 523, 522 prinzipiell 524 Priorität 524 privare, lat. 524 Privateigentum 169 Privatheit 524 privatio, lat. 115 Privation 524, 241, 446, 568 privativ 525 privative Merkmale 525 Privatsphäre 524 pro et contra, lat. 526 proairesis, gr. 525 proarchë, gr. 3 Proärese 525, 527 Probabiliorismus 525 probabilis, lat. 525 Probabilismus 525, 337, 569 probabilitas 221, 721 probatio, lat. 105 Problem 526, 57, 78, 526 problëma, gr. 526 Problematik 526
Sachregister
problematisch 526, 693 problematische Begriffe 526 problematische Urteile 526 Problemdenken 526, 57, 498 processus, lat. 531 Produkt 526, 164 Produktion 526 Produktionsverhältnisse 526, 93, 292, 336, 680 produktiv 526, 571 Produktivität 526, 571 Produktivkräfte 526, 93, 292 Prognose 526, 259, 752 prognôsis, gr. 526 Prognostik 526 prognôstikon, gr. 526 prognostizieren 526 progrès, frz. 225 Progreß 526, 317 Progression 527, 560 progressiv 527, 191 progressiver Schluß 527 progressus, lat. 526, 560 progressus in indefinitum, lat. 527 Prohairesis, urspr. gr. 525, 527 proiectio, lat. 527 Projekt 527 Projektion 527 projet, frz. 752 projizieren 527 Prolegomena, gr. 527, 36 prolëpsis, gr. 527, 54 Propädeutik 527, 189 propator, lat. 3 Prophysik 530 proportio, lat. 33 Proportion 527, 528 proportional 528 Proportionale, die 528 Proportionalität 528 propositio, lat. 528, 78, 403, 693 propositio maior, lat. 465, 528 propositio minor, lat. 528, 692 Proposition 528, 94, 322, 529
874 propositionale Einstellung 529 propositionaler Akt 528 proprietas, lat. 168 proprium, lat. 529, 513 propter hoc, lat. 529 pros hemas, gr. 57 prosa, lat. 529 prospektiv 529 prosthesis, gr. 9 Prosyllogismus 529 prosyllogistisch 529 protasis, gr. 578, 693 protensiv 530 Protensivität 530 proteron, gr. 57 prothymia, gr. 449 Protisten 530, 530 Protokollsatz 530, 100 Proton 530 prôton pseudos, gr. 530, 107 Protophilosophie 530, 201 Protophysik 530 Protophyten 530 Protoplasma 530, 373, 417, 503 Prototyp 530, 175 Protozoën 530 protreptikos, gr. 530 protreptisch 530 Proudhonismus 530, 169, 630 providentia, lat. 531, 713 providentiell 531 Providenz 531 proximum, lat. 136 Prozeß 531 Prozeßtheologie 531 prudentia, lat. 531, 722 prudentiell 531 pseudomenos, gr. 531, 391 pseudos, gr. 328, 390 Psittazismus 531 psychë, gr. 531, 26, 138, 376, 462, 532, 535, 590 Psyche 138, 462, 533, 535, 590, 684
875 Psychiker 532, 505 psychikoi, gr. 532 psychisch 532 Psychoanalyse 532, 18, 30, 69, 222, 300, 308, 313, 325, 351, 380, 453, 527, 536, 546, 552, 560, 568, 639, 647, 664, 672, 680, 684, 700 psychogen 533 Psychogenesis 533 Psychognostik 533 Psychologie 533, 180, 245, 313, 390, 498, 534, 586, 593, 639, 679, 682 Psychologismus 534, 54, 495, 631 Psychom 535 psychôma, gr. 535 Psychomatik 535 Psychometrie 535 Psychomonismus 535 Psychomotorik 535 psychomotorisch 535 Psychoneurose 535, 452 Psychophysik 535, 483, 535, 721 psychophysischer Parallelismus 483, 535 Psychotherapeutik 535 Psychotherapie 535, 532, 681, 700 Psychovitalismus 536, 708 pulcher, lat. 586 Purismus 536 Purismus der Vernunft 536 pusillanimitas, lat. 673 Pyrrhonismus 536, 610 Pythagoreer 536, 223, 364, 452, 591, 619, 713, 746 Pythagoreismus 536 qua talis, lat. 72 quadrivium, lat. 603 quaestio, lat. 537 quaestio facti, lat. 537 quaestio iuris, lat. 537 quale, lat. 537, 538 Qualia 537, 180, 378, 606
Sachregister
qualitas, lat. 101, 538 Qualität 538, 17, 101, 338, 365, 596, 693, 696 qualitativ 538 quanta, lat. 541 Quanten 541 Quantenmechanik 538, 359, 442, 501 Quantenphysik 638 Quantentheorie 539, 184, 351, 380, 405, 442, 539, 541, 723 Quantifikation, Quantifizierung 539, 26, 37, 84, 212, 241, 514, 538, 540, 697 Quantität 539, 338, 365, 693 quantitativ 540 quantité négligeable, frz. 540 Quantor 540, 14, 26, 30, 84, 212, 213, 241, 273, 697 Quantorenlogik 487 quantum, lat. 541, 538, 539 quaternio terminorum, lat. 541 Quellgeister 541 qui nimium probat, nihil probat, lat. 542 quid pro quo, lat. 541 quidditas, lat. 541 Quiddität 541, 205, 688 Quietismus 541, 158, 218, 435 quinque voces, lat. 542 quinta essentia, lat. 542 Quintessenz 542, 75, 203 quod erat demonstrandum, lat. 542 quod libet, lat. 542 quod quid est, lat. 205 Quodlibet 542, 586 Qur’an, arab. 25, 329 Rabulist 543 Rabulistik 543 Rache 543, 569, 633, 702 radikal 543 radikal Böses 115, 543 Radikalismus 543 raison, frz. 544, 630
Sachregister
raison ingénieuse, frz. 202 raisonnement, frz. 544 raisonnieren 544 Raja-Yoga, sanskr. 744 Ramisten 544 rancor, lat. 673 Rangordnung 544, 460 Rasse 544, 208, 545, 710 Rassenideologie 545 Rassismus 545, 208, 545 ratio, lat. 545, 95, 179, 274, 320, 328, 546, 547, 580, 604, 704 ratio agendi, lat. 545 ratio cognoscendi, lat. 545 ratio fiendi, lat. 545 rational 545, 328, 546 rationale Psychologie 545 rationale Theologie 545 Rationalisierung 546 Rationalismus 546, 65, 79, 120, 131, 159, 179, 181, 193, 221, 251, 291, 321, 439, 442, 542, 545, 553, 669 rationalistisch 545 rationalitas, lat. 547 Rationalität 547 Rationalitätskriterium 548 Raum 548, 70, 176, 206, 252, 317, 360, 619, 747 Raum- Zeit- Kontinuum 549 reagieren 549 Reaktion 549 Reaktionär 549 Reaktionsnorm 549 real 549, 300, 304, 328, 558 Realdefinition 135, 549, 97 Reale, das 465 Realgrund 549, 198, 545 Realismus 549, 73, 87, 110, 124, 198, 302, 356, 358, 369, 370, 415, 437, 441, 535, 551, 586, 688, 718 Realist 551 realistisch 551
876 realitas, nlat. 551 Realität 551, 538, 736 Realitätsprinzip 552 réalité humaine, frz. 752 realiter, nlat. 552, 708 Realprinzipien 523 Recht 552, 145, 165, 252, 258, 263, 292, 356, 446, 461, 509, 556, 572, 608, 629, 634, 701, 710, 749 Rechtfertigung 553, 98, 546, 634 Rechtfertigungsgründe 554 Rechtsdogmatik 555 Rechtsgemeinschaften 552 Rechtsgesinnung 552 Rechtsidee 552 Rechtsordnung 552, 554 Rechtsphilosophie 554, 247, 444, 499, 509, 556, 617, 629, 699 Rechtspositivismus 509 Rechtsprechung 553 Rechtsstaat 555, 446, 629 Rechtstheorie 554 Rechtswissenschaft 555 reciprocus, lat. 54 recta ratio, lat. 556, 479 Rede 556 reductio, lat. 557 reductio ad absurdum, lat. 557, 312 Reduktion 557, 173, 191, 328 Reduktionismus 557 reduktionistisch 557 redundant 557 Redundanz 557, 503 reell 558, 304 reelle Zahlen 558 Referenz 558 reflektieren 558 reflektierende Urteilskraft 558 Reflex 318 reflexio, lat. 558
877 Reflexion 558, 317, 325, 545, 600, 681 Reflexionsmoral 558, 240 Reflexionsphilosophie 558, 575 reflexiv 559, 328 Reflexologie 534 refutatio, lat. 177, 732 Regel 559, 328, 559, 560 Regelkreis 559 regelmäßig 559 Regelung 559 Regeneration 559 Region 559 regional 559 Regler 559 Regreß 560 regressio, lat. 560 Regression 560 regressiv 560, 530 regressive Methode 560 regressus, lat. 560, 527, 560, 611 regressus in finitum, lat. 560 regressus in indefinitum, lat. 560 regressus in infinitum, lat. 560 regula, lat. 560, 403, 442, 559, 560 regulae fidei, lat. 560 regulae iuris, lat. 560 regulae philosophandi, lat. 560 regulär 560 Regulation 560, 559 regulativ 560, 357 Regulierung 560 Reich 560, 65, 127, 202, 661 Reich der Werte 544 Reichtum 561, 409, 736 Reihe 561 Reihenbegriffe 561 rein 561, 57, 231, 275 Reinkarnation 562 Reiz 562, 549, 692, 702 Reizbarkeit 562 Reizschwelle 562, 590 Reizumfang 563
Sachregister
Reizunterschiedsschwelle 563, 721 Rekognition 563 Rekonstruktion 563 Rekursion 563 rekursiv 563 Relata 563 relatio, lat. 563 Relation 563, 2, 37, 59, 109, 171, 219, 231, 232, 305, 327, 328, 338, 365, 559, 640, 671, 693, 703 relational 564 Relationalismus 564 Relationalität 564 Relationenlogik 564 Relationismus 564 Relationsbegriff 564 Relationsgesetze 564 relativ 564 Relativismus 564, 292, 631 Relativität 564 Relativitätsprinzip 564, 565, 748 Relativitätstheorie 565, 76, 152, 266, 549, 564, 619, 747, 748 relevant 565 Relevanzlogik 565, 345, 717 Reliabilität 566 religio, lat. 566 Religion 566, 7, 230, 442 Religionsphilosophie 566, 499, 519, 527 remedium, lat. 416 remotiv 567 remotive Urteile 567 renaissance, frz. 567 Renaissance 368, 394, 497, 501, 567, 604, 648, 681, 688, 695, 737, 748 renovatio, lat. 567 repraesentatio, lat. 714 Repräsentation 567, 711 repräsentativ 568 Repräsentativität 568 Repräsentativsystem 568 repräsentieren 567
Sachregister
Repression 568 repressiv 568 Reproduktion 568, 563 reproduzieren 568 Republik 568 Repugnanz 568 repugnatio, lat. 568 Repulsion 568, 77 Repulsivkraft 568 res 568, 81, 121, 152, 549, 575, 671 res cogitans, lat. 568, 81, 121, 128, 152, 300, 638 res corporalis, lat. 575 res extensa, lat. 568, 81, 121, 638 res facti, lat. 655 res gestae, lat. 254 res publica, lat. 568, 628 res significans, lat. 178 reservatio, lat. 409 reservatio mentalis 569, 409 residuum, lat. 569 resignatio, lat. 186 Resignation 569, 307 resolutiv 569 respective, nlat. 569 ressentiment, frz. 569, 449 ressource, frz. 569 restitutio, lat. 56 Restriktion 569 retroduction, engl. 2 Reue 569 revelatio, lat. 467 Revelation 569 reversibel 569 Revisionismus 569 Revolte 570, 750 Revolution 570, 106, 207, 617 révolution mondiale, frz. 726 Rezeption 570, 70, 73, 172, 194, 225, 287, 369, 570 Rezeptionsästhetik 570 rezeptiv 571 Rezeptivität 571, 47, 607, 623, 653 Rezeptoren 571
878 rezessiv 571, 159, 495 Rezipienten 570 reziprok 571 reziproke Begriffe 571 reziproke Gleichungen 571 reziproke Zahlen 571 Reziprozität 571 Reziprozitätsgesetz der Begriffe 571 Rhetorik 572, 71, 221, 244, 251, 412, 481, 506, 586, 632, 675, 733 rhythmos, gr. 572 Rhythmus 572, 653 richtig 572 Richtigkeit 572, 246 Richtkräfte 572 Richtungsdisposition 572 Riemannscher Raum 572 rigid designators, engl. 144, 438 Rigorismus 572, 204, 373, 449, 704 rigoros 572 Rigorosität 572 Rigveda, sanskr. 572, 697 rinascimento, ital. 567 Risiko 572 romanesque, frz. 573 romantic, engl. 573 Romantik 573, 492, 748 romantique, frz. 573 romantisch 573, 72 Romantische, das 573 Romantische Schule 573 Rudra-Siva 117 Ruhe 574 Russellsche Antinomie 574 Russellsches Paradox 574 Sache 575, 152, 153, 568 Sache selbst 575 Sachverhalt 575, 239, 578 sacrificium intellectus, lat. 575, 438 Sadismus 575 saeculum, lat. 576 sagacitas, lat. 580 Saint- Simonismus 575 Sakrament 576
879 Säkularisation 576 Säkularisierung 576 Säkularismus 576 Säkulum 576 salto mortale, ital. 576, 265, 628 saltus, lat. 576 saltus in concludendo, lat. 576 saltus in demonstrando, lat. 576 salut publique, frz. 739 salvator, lat. 285 Samhitas, sanskr. 697 samkhya, sanskr. 576, 696, 744 Sammelbegriffe 348, 577 Samoveda, sanskr. 697 samsara, sanskr. 577, 76, 331, 577 sancta simplicitas, lat. 577, 172, 577 sankhya, sanskr. 576, 331 san-zen, japan. 749 sapere aude, lat. 577, 79 sapientia, lat. 66, 336, 531, 722, 737 Sapir-Whorf- Hypothese 577, 625 Sarkasmus 577 satori, japan. 749 Satz 578, 227, 239, 351, 478, 625, 690, 713 Satz an sich 578 Satz des (zu vermeidenden) Widerspruchs 733 Satz vom (verbotenen) Widerspruch 578 Satz vom ausgeschlossenen Dritten 578 Satz vom zureichenden Grund 274, 578 Satz von der Identität 578 Satzform 578 Satzfunktion 578 Satzkonstante 578 Satzlogik 578 Satzvariable 578 savoir pour prévoir, frz. 578 Schädellehre 579
Sachregister
Schadenfreude 579 Scham 579 Schamhaftigkeit 579 Scharfsinn 580 Schau, Schauung 580 Schein 580, 72, 110, 176, 200, 369, 429, 437, 494, 506, 718, 731, 736 Scheinprobleme 581 s’chëma, gr. 86, 91 Schema 581, 124, 647 Schematismus 581, 496, 647 schenkende Tugend 581, 273 Schichttheorie 581 schicklich 582 Schicklichkeit 582 Schicksal 582, 32, 38, 132, 217, 229, 272, 285, 337, 343, 425, 512 schlecht 583 Schlechtigkeit 583 Schluß 583, 3, 5, 29, 54, 60, 69, 106, 151, 154, 218, 222, 280, 309, 383, 387, 411, 422, 454, 515, 644, 721, 735 Schluß, praktischer 584 Schlußkette 191, 529 Schlußregeln 190, 344, 418, 442, 659 Schmerz 585, 378 Scholastik 585, 24, 32, 60, 64, 77, 140, 157, 180, 210, 214, 293, 297, 338, 340, 374, 399, 431, 442, 453, 457, 486, 490, 498, 547, 567, 586, 644, 688, 731, 737 Scholastiker 585, 662 scholastische Methode 586 s’cholë, gr. 432 Scholien 586 scholion, gr. 586 schön 586, 172, 173, 370, 392, 505, 528 Schöne, das 586, 71, 88, 256, 283, 289, 304, 396, 580, 741 schöne Seele 588
Sachregister
Schönheit 441 Schöpfer 137 schöpferisch 588, 479, 589, 656 Schöpferische, das 588 schöpferische Synthese 651 Schöpfung 588, 42, 138, 173, 177, 213, 269, 270, 357, 363, 440, 666, 726 Schöpfung aus dem Nichts 588 Schöpfungslehre 231 schottische Schule 589 Schulbegriff 589 Schuld 589, 13, 131, 272, 311, 569, 579, 612, 633, 635, 642, 689, 698, 699, 705, 707, 713, 752 Schuldner 589 Schuldverhältnis 589 Schwärmerei 589 Schwelle des Bewußtseins 590 Schwellenwert 590 Schwerkraft 590 science, engl./ frz. 244 science sociale, frz. 617 scientia, lat. 65, 652, 737 scientia enigmata, lat. 15 scientia generalis, lat. 590, 391 scientific community, engl. 274, 481 Scotismus 590, 611 Scotisten 590 scriptores ecclesiae, lat. 343 Secularists, engl. 576 secunda natura, lat. 263 secundum fidem, lat. 160 secundum rationem, lat. 160 Seele 590, 81, 95, 102, 110, 180, 184, 201, 240, 244, 248, 308, 376, 531, 545, 690 Seelenteile 594, 462, 591, 609, 664 Seelenvermögen 594, 663, 704 Seelenwanderung 594, 199, 414, 480, 532, 562, 577, 690, 713
880 Seiende, das 594 Seiendes 183, 236, 472, 473, 474, 594 Sein 594, 93, 175, 176, 183, 210, 219, 236, 286, 298, 309, 459, 471, 473, 580, 594, 595, 613, 680, 726 Seinsart 595 Seinsmodus 595, 596 Sein- Sollen- Dichotomie, 595 Seinsprinzipien 523 Seinsweise 596 sekundär 596, 521 sekundäre Qualitäten 596 selbst, das Selbst 596, 638 Selbstachtung 596 Selbstaktualisierung 596 Selbstbeherrschung 596 Selbstbesinnung 596, 102 Selbstbestimmung 596 Selbstbewußtsein 596, 462, 596 Selbsterhaltungstrieb 597, 598 Selbsterkenntnis 597, 197, 283 Selbstgerechtigkeit 597 Selbstgewißheit 598 Selbstliebe 598, 165 Selbstmord 598 selbstoptimierendes System 652 Selbstorganisation 598, 88, 207 selbstorganisierend 598 Selbstsucht 598 Selbstverwirklichung 596 selectio, gr. 82, 598 Selektion 598 Selektionsprinzip 133 selig 598 Seligkeit 598 sëma, gr. 89, 599 semantic ascent, engl. 37 Semantik 599, 36, 37, 52, 60, 86, 94, 109, 136, 142, 160, 224, 231, 250, 271, 316, 322, 326, 332, 334, 353, 354, 361, 384, 387, 407, 419, 420, 422, 424, 438, 442, 448, 508, 513, 514, 517, 522,
881 558, 559, 600, 625, 626, 639, 649, 655, 660, 712, 718, 720, 721, 732, 733, 747 semantischer Realismus 550 Semasiologie 599 Semiotik 600, 517, 600, 624, 625, 649, 747 Semiotisches Dreieck 600 semper idem, lat. 600 sempiternitas, lat. 209 sensatio, lat. 320, 704 sensation, engl./ frz. 601 Sensation 600, 317, 558 sensationell 601 sense data, engl. 605 sensibel 601, 607 sensibilitas, lat. 607 Sensibilität 601, 452 sensitiv 601 sensoriell 601 sensorisch 601 sensorische Nerven 601 sensorium, lat. 601 sensualis, lat. 601 Sensualismus 601, 311, 321, 455, 491, 493, 546, 589, 653 sensualitas, lat. 607 sensuell 607 sensus, lat. 602, 458, 604 sensus bonus, lat. 602 sensus communis, lat. 602, 114, 129, 247, 256, 589 sensus communis aestheticus, lat. 603 sensus communis logicus 603 sententiae auctorum, lat. 586 sentiment, frz. 603 sentimental, engl./ frz. 179 sentimental 603 sentimentalisch 603 Sentimentalität 603, 179 septem artes liberales, lat. 603, 65, 67, 146, 189, 368, 675 Setzen 603
Sachregister
Setzung 603, 508, 664, 713 Sexualethik 603 sexuell 603 shakti, sanskr. 603 Shaktismus 603 shalah, arab. 329 Sharia, arab. 329 Shefferfunktion 603 Shia, arab. 643 si tacuisses philosophus mansisses, lat. 607 sic et non, lat. 603, 498, 586 sieben Weise, 604 signa distributiva, lat. 156 Signal 83 Signatur 604, 117, 125 signatura rerum, lat. 604 Signaturenlehre 604 Signifikant/Signifikat 604 similis, lat. 18 similitudo, lat. 6 simplex, lat. 171 Simplizität 604 simul, lat. 604 Simulation 289 simultan 604 Simultaneität 604 simultaneus, nlat. 604 singulär 604, 174, 250, 660 singulärer Term 604 singularis, lat. 28 Singularismus 604 Sinn 604, 10, 94, 286, 348, 602, 607, 690, 706 Sinnenwelt 605 Sinnesart 605 Sinnesdaten 605 Sinnesempfindungen 606 Sinnesenergie 606 Sinnesorgane 606, 604, 606 Sinnesqualitäten 606, 550 Sinnestäuschung 328, 580 Sinneswerkzeuge 606 Sinnkriterium 606, 181
Sachregister
sinnlich 607 Sinnlichkeit 607, 34, 128, 180, 195, 240, 496, 604, 620 sinnlos 607 sinnvoll 607 Sitte 607, 110, 132, 204, 258, 263, 430, 469, 553, 582, 710 Sittengesetz 608, 228, 258, 259, 403, 430, 519, 608, 725 Sittenlehre 608 sittlich 608 Sittlichkeit 608, 429, 430, 629 Situationsethik 608 situs, lat. 338 Sitz der Seele 609 skandalon, gr. 63 Skepsis 609, 18, 57, 75, 307, 312, 536, 754 Skeptiker 609, 189, 191, 583, 749 skeptische Tropen 610, 675 Skeptizismus 609, 157, 158, 547, 564 Sklavenmoral 288, 611 skopos, gr. 182 Skotismus, Skotisten 611 Slippery- slope(- Argument), engl. 611 sociabilis, lat. 615 socialis, lat. 68, 615, 616 società civile, ital. 750 societas, lat. 247, 256, 750 société civile, frz. 750 socius, lat. 617 Sokratik 612, 21, 210, 394 Sokratiker 612 sokratisch 338, 414 sokratische Methode 612 sola fide, lat. 612, 158 Solidarität 612 Solipsismus 612, 504, 754 Sollen 612, 143, 459, 493, 494, 595 Sollsätze 613
882 solus ipse, lat. 612 solutio, lat. 586 sôma, gr. 127, 376, 613 Somatologie 613 Sonnenstaat 613, 695 sophia, gr. 613, 50, 62, 149, 336, 346, 412, 498, 521, 722 sophisma, gr. 613, 107 Sophisma 107, 189 Sophismus 614, 216 Sophisten 613, 18, 478, 625, 714 sophistës, gr. 498, 613 Sophistik 614, 498 sophos, gr. 498 sôphrôn, gr. 103, 398 sôphrosynë, gr. 614, 103, 336, 398, 722 Sorge 614, 232 sorites, lat. 614, 10, 120, 234, 283, 404 sortal, engl. 614 Sortal, sortaler Ausdruck 614 Sosein 614, 211, 594 sôtër, gr. 285 souverain, frz. 614 Souveränität 614 Soziabilität 615, 88, 262, 711 sozial 615 Sozialanthropologie 615 Sozialdarwinismus 615 Sozialethik 616, 313, 617 Sozialeudämonismus 206 Sozialismus 616, 313, 380, 396, 397, 575, 613, 615, 630 sozialistisch 615 Sozialpädagogik 617 Sozialphilosophie 617 Sozialwissenschaft 617, 618 Soziologie 617, 201, 236, 257, 302, 615, 617, 682, 739 Sparsamkeit 618 specialis, lat. 28, 619 species, lat. 618, 66, 97, 168, 513, 619
883 species sensibilis, lat. 618 speculatio, lat. 618 speech acts, engl. 520, 596, 627 Spekulation 618, 663 spekulatives Denken 618 spes, lat. 293 spezial 619 Spezialgeschichte 254 speziell 619, 250 spezielle Relativitätstheorie 565 Speziesismus 619 Spezifikation 619, 151 spezifisch 619, 250 spezifizieren 619 sphaira, lat. 112, 458, 619 Sphäre 619 Sphärenharmonie 619 Sphärenmusik 619 sphärischer Raum 619 Spiel 620, 72, 88, 194, 402, 406, 635, 643 Spiel gegen die Natur 621 Spielbaum 621 Spielstrategie 621 Spieltheorie 621, 188, 281, 371, 476, 519, 621, 635, 643 Spieltrieb 622, 225 Spinozismus 622, 545, 569, 641 Spiritismus 623, 404, 469 spiritual 623 Spiritualen, die 623 Spiritualismus 623, 21, 203, 307, 308, 409 Spiritualität 623 spirituell 623 spiritus, lat. 623, 44, 243 spiritus animalis, lat. 623, 450 spiritus mundi, lat. 725 spiritus rector, lat. 623 spiritus vitalis, lat. 623, 374 spontan 623 Spontaneität 623, 22, 571, 653 spontaneus, lat. 623 Sprachanalyse 623
Sachregister
Sprache 623, 93, 557, 625, 626, 710, 724, 747 Sprache und Denken 624 Sprache, formale 624 Sprache, natürliche 624 Sprachphilosophie 625, 36, 38, 52, 82, 94, 102, 142, 311, 322, 342, 385, 413, 423, 499, 513, 516, 517, 521, 529, 558, 559, 624, 627, 660, 663 Sprachspiel 626, 94, 605 Sprachwissenschaft 626, 31, 94, 142, 271, 322, 383, 386, 423, 513, 517, 521, 624, 625, 636, 688 Sprechakt 627, 94, 517, 556 Sprechakttheorie 38, 307, 489, 528, 625, 626, 627 Sprung 628 Staat 628, 93, 229, 248, 257, 261, 356, 380, 439, 552, 555, 556, 615, 631, 680, 709, 710 Staatsformen 629 Staatsphilosophie 629, 356, 379, 519, 554, 628 Staatsraison 630 Staatssozialismus 630, 617 Staatsvertrag 257 Stabilität 630 Stadium 630 Stammesgeschichte 630 Stand 630, 344, 615, 628 Ständestaat 631 Standpunkt 631 starrer Designator 631 Statik 631, 162, 403 stationär 632 statischer Sinn 632 Statistik 632, 347, 752 statistische Erklärung 199 statistische Methode 632 stato totalitario, ital. 667 status, lat. 632, 627, 632 status nascendi, lat. 632 status quo, lat. 632
Sachregister
Stein der Weisen 632 sterësis, gr. 524 Stetigkeit 632 Stil 632, 510 stilistische Formen 632 Stimmung 633, 605 stimulus, lat. 98 Stoa, gr. 633, 224, 342, 385, 583 Stoff 633, 223, 401 stoicheion, gr. 176, 295 Stoiker 633, 42, 364, 434, 440, 450, 485, 496, 497, 498, 525, 532, 609, 648, 649 Stoizismus 633, 190 Stolz 633, 174, 293 strafbarer Eigennutz 168 Strafe 633, 463, 543, 555, 665, 698, 699, 702, 753 Straftheorie 634 stratëgia, gr. 635 Strategie 635, 239, 621 Strategieraum 635, 621 strategisches Spiel 621 Strebung 660, 674 stringent 635 Stringenz 635 struggle for life, engl. 334 Struktur 635, 93, 240, 245, 375, 636 Strukturalismus 635, 635 Strukturpsychologie 636, 635 studium, lat. 251 stupiditas, lat. 113 sub specie aeternitatis, lat. 639 Subalternation 636 Subalternationsschlüsse 636 subalternierendes Urteil 637 subalterniertes Urteil 637 Subdivision 637 subiectum, lat. 298, 637 Subjekt 637, 50, 465, 549, 597, 637, 638, 753 subjektiv 637, 324, 325, 671
884 subjektiver Idealismus 302 subjektives Recht 553 Subjektivismus 637, 259, 466, 495, 551, 612 Subjektivität 637, 71, 82, 132, 288, 575, 597 Subjektivität der Sinnesqualitäten 606 Subjekt- Objekt- Problem 638 Subjektsbegriff 638, 692 Subjunktion 638, 29, 48, 85, 95, 309, 310, 332, 334, 353, 355, 384, 387, 443, 461, 566, 584 subkonszient 639 subkonträr 639 Subkontraritätsschluß 639 sublim 639, 195 Sublimierung 639, 533, 700 sublimis, lat. 639 Subordination 639, 362, 692 subordiniert 639 subreptio, lat. 201 subsistens, lat. 639 subsistent 639 Subsistenz 639, 317 subspecies, lat. 639 substantia, lat. 639 substantial 639 Substantialismus (Substanzialismus) 639 Substantialität 639, 610 Substantialitätstheorie 639 substantiell (substanziell) 639, 23, 299 Substanz 639, 21, 77, 81, 121, 153, 298, 299, 316, 338, 401, 426, 538, 592, 593, 610, 622, 637, 639, 641, 696, 698 Substanzialität s. Substantialität substituieren 641 Substitution 641, 670 Substitutionsprinzip 641 Substitutionsregel 641 Substrat 641, 637
885 substratum, lat. 641 Subsum(p)tion 642 Subsum(p)tionsschluß 642 subsumere, lat. 641 subsumieren 641 successio, lat. 642 südwestdeutsche Schule 92, 642 Sufi 642 Sufismus 642 Sühne 642, 635, 705 sui generis, lat. 369 Sukzession 642 sukzessiv 642 summa, lat. 586, 642 Summandus, lat. 151 summativ 642 Summe 642, 236, 604, 642 Summisten 642 summum bonum, lat. 642, 278 summum ius summa iniuria, lat. 642 sumptio, latj. 376 Sünde 642, 15, 68, 115, 119, 192, 282, 569, 579, 650, 705 Sündenfall 642, 193, 512 sunder warumbe, mhd. 642 sunna, arab. 642, 25 Sunniten 642 superbia, lat. 293 supererogatio, lat. 643 supererogatorisch 643 Superspiel 643 superstitio, lat. 2, 643 Superstition 643 supervenience, engl. 643, 730 Supervenienz 643, 520, 730 suppositio, lat. 643 Supposition 643 supranatural 298 supranaturalis, lat. 681 Supranaturalismus 644, 547 sustainable, engl. 155 sutra, sanskr. 331 suum cuique tribue, lat. 644, 676
Sachregister
syllogismos, gr. 134, 644 Syllogismus 644, 185, 189, 191, 660 Syllogistik 644, 1, 29, 129, 134, 154, 191, 202, 221, 354, 385, 387, 388, 395, 404, 415, 416, 422, 465, 484, 497, 508, 514, 516, 519, 528, 530, 541, 559, 581, 584, 586, 614, 638, 639, 644, 692, 693 syllogizesthai, gr. 644 symbebëkos, gr. 23, 640 Symbiose 646, 61, 113, 434 symbiôsis, gr. 646 Symbol 646, 27, 124, 177, 221, 369, 412, 567, 648, 747 Symbolfideismus 221 Symbolforschung 648 Symbolik 648, 672 Symbolisation 647 symbolisch 648, 344 symbolische Bücher 648 symbolische Logik 648 Symbolismus 647 symbolon, gr. 646 Symbolsprachen 648 Symbolum Apostolicum, lat. 646 symmetria, gr. 648 Symmetrie 648, 528 symmetrische Beziehung 648 sympatheia, gr. 648 Sympathie 648, 74, 648 Sympathikus 648 sympnoia panta, gr. 359 Symptom 648 symptôma, gr. 648 symptomatisch 648 synaisthësis hautës, gr. 596 synchron 649 Synchronismus 649 Synderesis, mlat. 649, 650 synechein, gr. 649 Synechologie 649
Sachregister
syneidësis, gr. 262 synekdochë, gr. 412 Synergie 649 Synergismus 649 synergistischer Streit 649 synesis, gr. 149 synkatathesis, gr. 649, 99 synkrasis, gr. 306 synkrëtismos, gr. 649 Synkretismus 649, 174, 267 synkrisis, gr. 649, 146, 652 synonym 649, 438 Synonym 649 Synonymie 649 synonymos, gr. 649 Synopsis, gr., Synopse 649 synoptisch 649 syntagma, gr. 649 Syntaktik 650 syntaktisch 650 Syntax 649, 82, 86, 136, 224, 231, 271, 333, 515, 517, 559, 578, 600, 626, 712, 733, 747 syntaxis, gr. 649 Synteresis, mlat. 650 Synthesis, gr., Synthese 650, 35 synthetisch 651, 36 synthetische Geometrie 651 synthetische Urteile 651 System 651, 18, 63, 92, 128, 236, 371, 375, 471, 546, 586, 598, 652, 737 systëma, gr. 651 Systematik 652 systematisch 652 système de la nature, frz. 652 système du monde, frz. 203 systemisch 652 Systemtheorie 652, 122, 598, 651, 652, 703 systolë, gr. 652, 150, 649 szientifisch 652 Szientismus 652 Tabu 653
886 tabula rasa, lat. 653 42, 140, 171, 440, 455, 601 Takt 653 taktil 653 talanton, gr. 653 Talent 653, 95, 99, 251 Talion 654, 543, 665, 702 tao (dao), chin. 654, 133 Taoismus 654, 133, 689 Tao- teh- king, chin. 654 tapeinophrosynë, gr. 139 Tapferkeit 654, 103, 219, 336, 409, 433, 722 tat twam asi, sanskr. 655, 268, 416 Tatbestand 655 tätige Reue 569 Tätigkeit 512 Tatsache 655, 216, 239 tattvartha, sanskr. 331 Täuschung 176 Tautologie 655, 60, 310, 384, 386, 387, 405, 421, 443, 584, 599, 606, 719, 732 technë tou biou, gr. 374 technica naturalis, lat. 656 Technik 656, 112, 261, 657, 737 Technik der Natur 656 Technikfolgenabschätzung 657 Technikphilosophie 657 technische Physik 501 Technizismus 657 Technokratie 657 Technologie 657 Teilhabe 658 teleios, gr. 658 teleoklin 658 Teleologie 658, 121, 163, 182, 222, 373, 404, 413, 659, 694, 708, 731, 753 teleologisch 658, 184 teleologische Erklärung 198 teleologische Ethik 658 Teleosis 659 Teleplasma 659
887 teletë, gr. 658 tellurisch 659, 363 telos, gr. 659, 163, 184, 278, 620, 658 Temperament 659, 206, 306, 406 Temperamente 126, 500 temperantia, lat. 336, 343, 398 Temporallogik 659, 748 tempus, lat. 659, 747 Tendenz 660, 129, 323 tendenziös 660 tërësis, lat. 99 Term 660, 144, 312 Terminismus 660 Terminologie 660 terminus, lat. 660, 395, 415 terminus a quo, lat. 660 terminus ad quem, lat. 660 terminus conceptus, lat. 660 terminus interminus, lat. 660 terminus maior, lat. 645 terminus medius, lat. 645 terminus minor, lat. 645 terminus technicus, lat. 660 tertium comparationis, lat. 661 tertium non datur, lat. 661, 86, 326, 522 Test 661 Tetrade 661 tetraktys, gr. 661 Tetralemma 661 Thanatismus 661 thanatos, gr. 661, 665 Theaitetos, Theaetet 661 theatrica, lat. 67 Theismus 661, 42, 75, 264, 428, 662 Theodizee 661, 115, 270, 475, 680, 711 Theognosie 661 Theogonie 661, 363, 436 Theokratie 661 theologia moralis, lat. 431
Sachregister
Theologie 661, 42, 75, 205, 270, 286, 341, 412, 473, 498, 501, 567, 586 Theomonismus 662 Theonomie 662 Theophanie 662 theorein, gr. 662 Theorem 662, 149, 162, 362, 578 theôrëma, gr. 376, 662 theoretisch 662, 506, 519 theoretische Informatik 316 theoretische Mensch, der 662 theoretische Philosophie 663 theoretische Physik 501 theôria, gr. 101, 279, 358 theoria, gr./lat. 47, 432, 433, 618, 663 Theorie 663, 140, 181, 260, 521, 539, 662, 663 theory of games, engl. 621 theos, gr. 663, 132, 286, 428, 473, 480, 661, 663 Theosophen 664 Theosophie 664, 20, 51, 80, 469 Theosophische Gesellschaft 664 therapeia, gr. 535, 664 Therapeut 664 therapeutai, gr. 664 Therapeuten 664 Therapie 664 These 664 thesin cum antithesi, lat. 54 thesis, gr. 106, 664 theteos, gr. 664 Thetik 664 thetisch 664 Theurgie 664 things in themselves, engl. 153 Thomismus 664, 65, 453, 590 thrasos, gr. 15, 485 threptikon, gr. 609 thymos, gr. 664, 191, 531, 590, 594 Tiefe 664 Tiefenpsychologie 664, 351
Sachregister
Tiefsinn 664 tierischer Magnetismus 664 Timaios 665 Timarchie 665 timë, gr. 166, 665 Timokratie 665 Tod 665, 272, 691, 748 Todesstrafe 665 Todsünden 666 tohu wa bohu, hebr. 666, 476 Toleranz 666, 79, 162, 296, 325, 365, 504 tollere, lat. 78 topica, lat. 478 Topik 666, 478, 479 topos, gr. 479, 695 Torheit 667 torpor, lat. 673 total 668, 667 totalitär 667, 668 Totalitarismus 667, 469, 668 Totalität 668 totalité, frz. 29 totem, indian. 668 Totemismus 668, 31 totum, lat. 236, 668 totum divisionis, lat. 174 traditio, lat. 668 Tradition 668, 81, 193, 669 Traditionalismus 669, 221, 265 Traduzianismus 669, 130 Trägheit 669, 218, 398 tragisch 669 Tragische, das 669, 349 tragodia, gr. 669 Tragödie 669, 285, 370 transcendens, lat. 671 transcendentia, lat. 672 transeunt 670, 308 transfinit 670 Transformation 670 Transformationsgrammatik 250 Transformationstheorie 671
888 Transformator 671 Transformismus 671 transgredient 671 transiens, lat. 308 transitiv 671, 325 transobjektiv 671 transsubjektiv 671, 465 transzendent 671, 214, 308, 672, 681 transzendental 672, 57 transzendentale Analytik 35 transzendentale Deduktion 134 transzendentale Ideen 303 transzendentale Logik 384 transzendentaler Idealismus 302 transzendentales Schema 581 Transzendentalien 672 Transzendentalismus 672, 133 Transzendentalphilosophie 672, 198, 638 transzendente Zahl 671 Transzendentien 672 Transzendenz 672, 33, 145, 483, 672, 682 transzendieren 672 Traum 672, 495, 700 trauma, gr. 673 traumatisch 673 Traurigkeit 673, 230, 666 tremendum, lat. 285 Treu und Glauben 674 Treue 673, 104, 264 Triade 674 trias, gr. 674 tribôn, gr. 497 Trichotomie 674, 174 Trieb 674, 95, 160, 161, 225, 318, 379, 449, 734 Trilemma 674 tristitia, lat. 673 trivial 675 Trivialname 675 Trivialschulen 675 trivium, lat. 675, 603
889 Trope 675, 610 tropos, gr. 610, 675 tropus, lat. 675 Trugschluß 675, 107, 217, 218, 613 Trugwahrnehmung 675 Tugend 675, 63, 68, 103, 104, 133, 139, 253, 276, 278, 279, 282, 336, 342, 346, 372, 374, 398, 433, 476, 488, 498, 505, 579, 618, 655, 673 Tugend- und Lasterkataloge 676, 139 Tugendbegriff 409 Tugendideal 392 Tugendkataloge 139 Tugendlehre 676 Tugendlehren 430, 459, 676, 740 Tugendpflichten 677, 494 Tugendwert 677 Turing-Maschine 677, 378 tychë, gr. 678, 267, 675 Tychismus 678 Typen 678 Typenbegriffe 678 Typentheorie 678 Typhon 115 Typik 678 typisch 678 Typische, das 551 Typologie 678 typos, gr. 1, 252, 495, 678 Typus 678, 78, 110, 373, 678 Übel 680, 114, 378, 661 Überbau 680, 93 Überdetermination, Überdeterminierung 680 Übereinstimmung 680 Über- Ich 680, 300 überindividuell 681 Überlegung 681, 437 Übermensch 681, 313 übernatürlich 681, 298 übersinnlich 681, 200, 681 Übersinnliche, das 681, 672 Übertragung 681
Sachregister
Übertretung 681 übervernünftig 681 Überzeugung 681 Ubikation 682 Ubiquität 682 Üble Nachrede 680 ultra 682 Ultramontanismus 682 ultramundan 682 Umfang 316, 682 Umfang des Begriffs 682 Umgreifende, das 682 Umkehrung 682 Umma 642 Umwelt 682, 86, 375, 595, 723 Umweltethik 682 Umweltforschung 682 Umweltunabhängigkeit 682 Umwertung 308, 727 Umwertung aller Werte 683 Unabhängigkeit 683, 90 unbedingt 683 Unbestimmbarkeitsrelation 683 unbewegter Beweger 683 unbewußt 58, 107, 639, 691 Unbewußte, das 684, 31, 532, 546, 680, 700 Unding 684 Uneigentlichkeit 684, 87, 168 unendlich 685, 22, 171, 181, 670 Unendliche, das 685, 691 unendliche Subjektivität 638 Unendlich- Große, das 686 unendlich- klein 686 Unendlichkeit 44, 55, 182, 195, 209, 359, 592 unentscheidbar 687 Ungleichung 687 Ungrund 687, 3, 270, 273, 434 unio compositionis, lat. 592 unio mystica, lat. 687, 80, 434, 664 unitas, lat. 6, 173 United Nations, engl. 709
Sachregister
universal 687, 484, 619 Universal Grammar, engl. 386 universaler Mensch 687 Universalgeschichte 254 Universalgrammatik 687, 250, 624, 688 universalia, lat. 688, 457, 513 universalia in re, lat. 303 universalia post rem, lat. 362 Universalien 688, 303, 412, 438, 467, 550, 585 Universalienstreit 688, 28, 98, 303, 314, 457 universalis, lat. 28, 687 Universalisierung 688, 29, 698 Universalismus 688, 236, 313, 365 Universalität 687, 688 Universalitätsprinzip 688 Universalwissenschaft 687 universel, frz. 687 Universismus 688 universitas, lat. 29 universum, lat. 25 Universum 689, 81, 432, 687 univok 689 Univokation 689 unmittelbar 689 unmittelbare Gewißheit 689 Unmittelbarkeit 689 Unmöglichkeit 417 Unrecht 689, 461, 543, 698, 699 Unschärferelation, Unsicherheitsrelation 285, 690 Unsinn 690 Unsterblichkeit 690, 75, 184, 209, 228, 591, 665 Unsterblichkeitsglaube 455 unterbewußt 691 Untergang des Abendlandes 691 Unterordnung 692 Untersatz 692 Unterschiedsempfindlichkeit 692 Unterschiedsschwelle 692
890 unum, lat. 671 Ununterscheidbarkeit 305, 524 unvereinbar 692 unvernünftig 681 unvollständig 692 Unwert 692 unwillkürlich 692 uomo universale, ital. 687 Upanishaden 692, 337, 403, 697 Uranos 692 urbanus, lat. 118 Urbegriff 692 Urbild 692, 414 Urgrund 692, 273, 503, 687 Urpflanze 692 Urphänomen 692 Ursache 693, 45, 62, 95, 107, 121, 222, 352, 401, 549, 610 Ursachenerklärung 198 Ursprung 693 Urstand 693, 49, 446 Urstoff 693 Urtatsache 693 Urteil 693, 17, 46, 69, 83, 106, 362, 583, 716, 718 Urteilskraft 693, 35, 198, 558, 693, 754 Urzeugung 694, 250 usus, lat. 230 utilis, lat. 694 Utilismus 694 Utilitarismus 694, 88, 194, 204, 205, 206, 230, 248, 267, 459, 464, 578, 659, 699 utility, engl. 464 Utopia 65, 695, 740 Utopie 695, 39, 306, 613, 629, 668 vacuum, lat. 375 Vaisheshika 696, 457 Vajrayana, sanskr. 744 Vakuum 696 valentia, lat. 32, 696 Valenz 696, 78, 729
891 valere, lat. 59, 113, 360 valide 696 Validierung 696, 743 Validität 696 validus, lat. 696 vanitas, lat. 174 variabel 696 variabilis, lat. 696 Variabilität 696, 133, 357 Variable 696, 86, 241, 273, 314, 418, 514, 516, 524 Varianz 697 Varianzanalyse 697 Variation 696, 207, 348 varius, lat. 697 Vaterland 697, 486 Veda, sanskr. 697, 116, 692, 697, 736 vedanta, sanskr. 697, 76, 116, 696 Veden 116, 290, 572, 697, 736 Vedismus 697 vegetativ 698, 44 Velatus, lat. 698, 217, 404 velle, lat. 698 Velleïtät 698 venatio, lat. 67 Verallgemeinerung 698, 28, 29, 688 Veränderung 698, 453 Verantwortung 698, 555, 634, 699 Verantwortungsethik 699, 260 Verbalinspiration 318 Verbrechen 699, 655, 681, 690, 702 verbum, lat. 325, 671, 742 Verdienst 700 verdienstlich 700 Verdinglichung 700 Verdrängung 700, 532 Vererbung 700, 133, 192, 249, 286, 372, 512, 701 Vererbung erworbener Eigenschaften 701 Verfassung 701, 356, 357, 380, 556, 628, 629 Verfassungsstaat 702
Sachregister
Vergangenheit 242 Vergehen 702 Vergeltung 702, 543, 633 Vergeltungshandlung 543 Verhalten 702, 113, 263, 279, 342, 652 Verhaltensforschung 702 Verhaltenspsychologie 702 Verhältnis 703 verificare, lat. 703 Verifikation 703, 26, 104, 105, 181, 217, 299, 550, 606, 717 Verifizierbarkeit 703 verifizieren 703 veritas, lat. 715 veritas aesthetica, lat. 718 vérités de fait, frz. 703, 34 vérités de raison, frz. 703, 34 Verknüpfung 703 Vermittlung 703, 78, 576, 642, 689, 705 Vermögen 240, 366, 512 Vermögenspsychologie 704, 96, 500, 594 Verneinung 704 Vernunft 704, 34, 79, 198, 211, 392, 475, 483, 511, 544, 545, 547, 591, 620, 706, 710, 712, 739 Vernunftglaube 705 Versöhnung 705, 642, 704, 708 Verstand 706, 78, 320, 462, 496, 558, 580 Verstandesbegriffe 538 Verstehen 706, 83, 96, 172, 254, 287, 320, 373, 375, 466, 605 Vertrag 707, 257, 313, 589 Vertrauen 707, 475 verum, lat. 671, 715, 726 verworren 145, 353 verzeihen 708 Verzicht 618 vires occultae, lat. 243, 469 virginitas, lat. 342
Sachregister
virtualiter, nlat. 708 virtuell 708 virtuoso, ital. 708 virtus, lat. 708, 63, 675, 708 vis, lat. 708, 288, 365 vis absoluta, lat. 261 vis attractiva, lat. 55 vis compulsiva, lat. 261 vis concupiscibilis, lat. 15 vis electiva, lat. 735 vis inertiae, lat. 708, 98, 366 vis irascibilis, lat. 15 vis motiva, lat. 289 vis motrix, lat. 366 vis repulsiva, lat. 8 vis vitalis, lat. 708, 373 Vishnu 117 Vision 200, 467 visuell 708 vita, lat. 708, 373 vita contemplativa, lat. 662 vital 708 Vitalismus 708, 93, 236, 294, 373, 374, 404, 453, 481, 536, 701, 708 Vitalität 708 vitium originis, lat. 192 vivre pour autrui, frz. 31 vocatio, lat. 101 Volk 708, 439, 697, 710 Völkerbund 709, 209, 444 Völkerpsychologie 709 Völkerrecht 709, 445, 615 Volksgeist 710, 244, 467, 555, 628 Volkskunde 711 Volkssouveränität 711, 138, 230, 257, 615 Vollendung 435 Vollkommenheit 711, 33, 128, 210, 223, 340, 473, 475, 588, 593, 753, 754 Vollständigkeit 712, 86, 90, 334, 385, 410, 443, 515, 668, 692 volonté, frz. 130 volonté de tous, frz. 130, 248, 712
892 volonté générale, frz. 130, 248, 711, 712 volonté générale/volonté de tous, frz. 712 Voluntarismus 713, 204, 321, 509, 590, 734 voluntas, lat. 713, 734 voluptas, lat. 392 Voraussetzung 713 Voraussetzungslosigkeit der Wissenschaft 713, 738 Vorbild 209 Vorsatz 713, 131, 159, 525, 589 Vorsätzlichkeit 713 Vorsehung 713, 30, 217, 255, 270, 383 Vorsokratiker 713,62, 295, 327 Vorstellung 714, 29, 46, 69, 110, 240, 303, 307, 308, 491, 495, 534, 567, 716, 753 Vorurteil 714 vox, lat. 60, 689 Wahlen 711 Wahlfreiheit 715 wahr 715, 572 Wahrhaftigkeit 715, 155, 391, 460 Wahrheit 715, 24, 154, 197, 198, 216, 239, 246, 275, 347, 356, 366, 390, 406, 429, 510, 547, 715 Wahrheitsbedingung 718, 60, 85, 310, 332, 334, 354, 361, 384, 420, 423, 442, 447, 448, 515, 540, 599, 639, 656, 719, 720, 732 Wahrheitskriterien 716 Wahrheitstafel 719 Wahrheitstheorien 716, 13, 363, 347, 355, 356 Wahrheitswert 720, 113, 194, 234, 322, 326, 404, 522, 540, 641, 717, 718 Wahrheitswerttafel 719 Wahrnehmung 720, 47, 54, 193,
893 221, 401, 491, 495, 534, 606, 641, 736 Wahrnehmungsurteile 720 Wahrscheinlichkeit 721, 199, 263, 273, 464, 632 Wahrscheinlichkeitslogik 721 Wahrscheinlichkeitsrechnung 721 Wahrscheinlichkeitsschluß 721, 2 Wahrscheinlichkeitstheorie 697 want, engl. 95 Warschauer Schule 721 weakness of will, engl. 735 Weber- Fechnersches Gesetz 721 Wechselbegriffe 97, 722 Wechselwirkung 722 Weisheit 722, 62, 63, 66, 103, 291, 336, 340, 345, 346, 410, 498, 613, 675, 706, 737 welfare, engl. 739 well formed formulas, engl. 82 Welle-Teilchen- Dualismus 723 Welt 723, 25, 49, 236, 324, 414, 432, 441, 519, 595, 685, 725, 726 Weltanschauung 724, 412, 435, 440, 441, 492, 499, 631, 725 Weltanschauungspsychologie 724 Weltbegriff 725 Weltbild 725, 389, 435, 444, 625 Weltbürgertum 725 Weltgeist 724, 244, 462, 467 Weltgeschichte 254 Weltlichkeit 725 Weltordnung 725 Welträtsel 726 Weltrevolution 726 Weltschmerz 726 Weltschöpfung 726 Weltseele 726, 244, 591, 604, 725 Weltsystem 725 Weltweisheit 726 Werden 726, 23, 27, 188, 250, 251, 286, 748 Wert 727, 104, 260, 416, 677, 692 Wertbeziehung 728
Sachregister
Werte 61, 196, 204, 275, 276, 495, 555, 578, 608, 729 Werten 727 Wertethik 143, 205, 276 Wertfreiheit 728, 731, 737, 738 Wertfreiheit der Wissenschaft 728 Wertgefühl 429 Wertinterpretation 728 Wertlehre 89 Wertphilosophie 727, 675 Wertprädikat 729 Wertschöpfung 727 Werttheorie 729, 273, 409, 696, 728 Werturteil 730, 179, 219, 441, 459, 613, 728, 729 Werturteilsstreit 730, 728, 737, 738 Wesen 731, 94, 168, 203, 211, 440, 473, 595, 726 Wesenheiten 495 Wesensschau 731, 47, 303 Wesentliche, das 731 white paper, engl. 653 Widerlegung 732 Widerspiegelung 551, 718 Widerspiegelungstheorie 732, 1 Widerspruch 732, 48, 51, 128, 129, 141, 147, 241, 242, 360, 483, 522, 557, 568, 733 Widerspruchsfreiheit 733, 86, 90, 225, 317, 334, 356, 410, 515, 712, 716 Widerstand 262 widervernünftig 681 Wiederkunft 733 Wiener Kreis, Wiener Schule 733, 173, 181, 450, 472, 501, 509, 530, 538, 581, 716, 729 Wille 734, 229, 331, 394, 431, 433, 534, 572, 674, 713, 742 Wille zur Macht 735 Willensakt 734 Willensfreiheit 734, 62, 115, 119, 229, 281, 311, 512, 596, 698, 715, 734
Sachregister
Willensschwäche 735, 21 Willkür 735, 229, 692 Willkürliche, das 735 Wirklichkeit 735, 133, 140, 163, 182, 210, 223, 242, 301, 415, 424, 459, 505, 512, 551, 718 Wirkung 736, 22, 571 Wirtschaftsethik 736 wisheit, mdh., niederdt. 722 Wissen 736, 264, 406, 547, 737 Wissenschaft 737, 190, 737 Wissenschaften 737 Wissenschaftsethik 738 Wissenschaftslehre 738, 454, 603 Wissenschaftstheorie 738, 38, 181, 499, 511, 663 Wissenssoziologie 739, 397, 564 Witz 739, 202, 316, 580 Wohlfahrt 739, 409, 712, 736 Wohlfahrtsfunktionen 739 Wohlfahrtsökonomie 739 Wohlfahrtsstaat 739, 629 Wohlfahrtstheorie 739 Wohlgefallen 741, 71, 88, 194, 396, 587, 718 Wohltätigkeit 740, 278, 736, 741 Wohlwollen 740, 278, 740 Wollen 741, 435, 734 Wort 742 Worterklärung 742 wu, chin. 749 wu-nien, chin. 749 Wunder 742 Wunsch 742, 186, 572 Würde 742 Würzburger Schule 743 yana, sanskr. 744 Yang, chin. 277, 744 Yayurveda, sanskr. 697 Yin, chin. 277, 744 yin/yang, chin. 744 yoga, sanskr. 744, 404, 692, 696, 748 yogacara, sanskr. 745
894 Yogasutra, sanskr. 744 Yogi, sanskr. 745 Yogini, sanskr. 745 Zahl 746, 55, 268, 328, 425, 509, 545, 713 Zahlenmystik 746, 333, 452 Zahlensymbolik 746 Zahlensystem 333 zakah, arab. 329 Zeichen 746, 94, 178, 221, 604, 625, 636, 649 Zeichenregel 121 Zeit 747, 70, 134, 209, 317, 360, 397, 572, 748, 752, 755 Zeitalter 748, 576, 748 Zeitdehnung 748 Zeitdilatation 748, 747 Zeitgeist 748, 748 Zeitlichkeit 748, 752 Zeitlogik 748 zëlos, gr. 15, 485 Zen, japan. 748 Zerebralsystem 749 Zerebrospinalsystem 749 zëtësis, gr. 289 Zetetiker 749 zëtëtikos, gr. 749 Zeus 145 Ziel 749, 163, 199, 222, 280, 475, 596, 754 Zielbestimmung 163 Zielsetzung 431 Zielstrebigkeit 749, 184, 222, 658 Ziffer 749 Zirkelbeweis 749 Zirkeldefinition 749 Zirkelschluß 749, 557 zivil 749 Zivilcourage 749 Ziviler Ungehorsam 749 Zivilgesellschaft 750, 118 Zivilisation 751, 294, 319, 522, 749
895 Zivilrecht 749 zôë, gr. 298 Zoologie 751 zôon, gr. 751 zôon logon echôn, gr. 751, 623 zôon politikon, gr. 751 Zrwan 55 Zufall 751, 23, 87, 266, 272, 337, 373, 462, 678 Zukunft 752 Zukunftsforschung 752 Zuordnung 752 Zuordnungsregel 752 Zuordnungsvorschriften 752 Zurechnung 752, 311, 555, 589, 689, 698
Sachregister
Zurechnungsfähigkeit 752 Zwang 752, 751 Zwangsvorstellung 753, 752 Zweck 753, 5, 121, 182, 222, 223, 276, 323, 373, 416, 430, 585, 604, 620, 658, 749 Zweckmäßigkeit 753, 71, 73, 88, 298, 369, 505, 588, 620, 753 Zweckmäßigkeit ohne Zweck 754 Zweckrationalität 754, 753 Zweifel 754, 110, 142, 158, 502, 669 Zweiwertigkeitsprinzip 754 Zyklentheorie 754 Zyniker 755 Zynismus 755, 371, 577, 578