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German Pages 72 Year 1916
Wirtschaftsfragen im zweiten Kriegsjahre von
Dr. Brandt-Düsseldorf
Vortrag, gehalten in der
47. Hauptversammlung des Vereins deutscher Eisengießereien zu Düsseldorf am 5. August 1916
Druck von R. Oldenbourg in München
Inhaltsverzeichnis.
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I. Innere Kriegswirtschaft Wandlungen der Kriegswirtschaft. Kriegsbedarf. Abkehr von der Ausfuhr. Neutrale Staaten als Geldgeber . . . Allgemeine Rohstoffknappheit und -Teuerung. Sprengung der Hungerblockade um Mitteleuropa. Zunehmender englischer Druck auf die Neutralen, zunehmender Gegendruck der Mittelmächte mit Hilfe des Gegengeschäftes Einschränkungen in der deutschen Industrie. Preispolitik der Heeresverwaltung. Lage der Eisen- und Stahlgießereien Vorbereitung der Industrie auf die Friedensarbeit. Stärkung ihrer Finanz- und Arbeitsgrundlage durch die Kriegsarbeit. Verbandsbildung und Zusammenlegungen in der Industrie während des Krieges. Kriegsbedarfsgesellschaften als Keimzellen von Friedens verbänden. Zusammenschluß der chemischen Industrie, der Kraftwagenindustrie. Rohstoffverbände. Schiffbau und Industrie. Wirtschaftspolitische Ausschüsse der Gesamtwebwarenindustrie. Organisationswut. Staatliche Syndikatsförderung und Monopolvorbereitungen. Kartellbetriebsgesetze an Stelle von Kartellaufsichtsgesetzen. Teile der Industrie für Zwangskartelle Wechsel der Anschauungen in der Regierung über die Notwendigkeit der Ausfuhr während des Krieges. Stärkere Ausfuhrförderung im zweiten Kriegsjahre. Einschränkung der Luxuseinfuhr. Devisenhandel. Bestandsaufnahme von Wertpapieren. Förderung des Überweisungsverkehrs . . Wechsel in den Anschauungen über die Volksernährung. Schonung der Ernährungsquellen statt reiner Verbraucherpolitik. Militarisierung des Wirtschaftslebens. Kriegsernährungsamt. Volksernährung in der französischen Revolution und im Kriege 1916 Die Arbeit des Reichstags im zweiten Kriegsjahre. Die Deckung der Kriegsausgaben. Direkte und indirekte Steuern. Verteilung der Steuerlasten. Wachsende Macht des Reichstags Feststellung der Kriegssachschäden. Kapitalabfindung der Kriegsrentenempfänger 1*
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Seite Sozialpolitik im Kriege. Die freiwilligen Unterstützungen der Industrie für die Beamten und Arbeiter. Leistungen der Versicherungsträger und der Heeresverwaltung. Herabsetzung der Altersgrenze der Invalidenversicherung. Änderung des Vereinsge$etzes. Arbeitsnachweisförderung. Sparzwang für jugendliche Arbeiter. Schiedsgerichte übsr Abkehrscheine in der Industrie. Zusammenarbeiten von Gewerkschaften und Unternehmerverbänden II. Vom Krieg znm Frieden Sicherstellung deutscher Forderungen im Auslande. Gegenmaßregeln gegen den Wirtschaftskrieg. Vermögenssperre. Auflösung englischer Unternehmungen in Deutschland . . Rohstoffversorgung nach dem Kriege. Absperrung Deutschlands von der Rohstoffzufuhr. Staatliche Besorgung der Rohstoffeinfuhr. Bildung freier Rohstoffeinfuhrgesellschaften der Industrie. Verschiffung der Rohstoffe. Lage der deutschen und ausländischen Reederei. Abhängigkeit des deutschen Überseeverkehrs von fremder Schiffahrt. Linienschiffahrt und wilde Fahrt. Beauftragter für Übergangswirtschaft nach dem Kriege. Kriegsentschädigung und Rohstofffrage Regelung der Ausfuhr nicht nötig. Erzwingung der Einfuhr mit Hilfe von Gegengeschäften Abstoßung überflüssiger Kriegsvorräte III. Wlrtschaftsbttndnisse Deutsch-österreichisch-ungarischer Wirtschaftsbund mit Vorzugszöllen. Verschiedenheit deutscher und österreichischungarischer Volkswirtschaft. Geringe gegenseitige Ergänzung und Förderung der Rohstoffunabhängigkeit. Geringe Ausdehnung des Warenaustausches mit Hilfe der Vorzugszölle. Schwache Rückendeckung Deutschlands an Österreich-Ungarn bei handelspolitischen Verwicklungen infolge der Vorzugszölle Der Balkan und der mitteleuropäische Wirtschaftsbund. Sicherung größerer Rohstoffunabhängigkeit Mitteleuropas durch den Bund mit dem Balkan. Ablehnung dieses Wirtschaftsbundes und jeder Ausbeutung der Balkanländer. Notwendigkeit freier, unabhängiger, nationaler Entwicklung der Wirtschaftskräfte auf dem Balkan. Nationale Bewegung auf dem Balkan, insbesondere in der Türkei Wirtschaftliche' Annäherung an Österreich-Ungarn und die Balkanstaaten mit Hilfe der Verkehrspolitik. Notwendigkeit handelspolitischer Beweglichkeit Größerer europäischer Festlaudbund als Zukunftsplan. Europäischer Schiffahrtbund IV. Vom Wirtschaftskriege Wirtschaftskrieg während des Krieges Wirtschaftskrieg nach dem Kriege. Die Pläne unserer Feinde. Der Wirtschaftsbund des Vierverbandes und der mitteleuropäische Wirtschaftsbund. Die Neutralen und die Wirtschaftsbünde Englisches Schutzzollsystem. Englische Kolonien und englische Schutzzölle. Englisches Imperium und Vorzugszölle des Vierverbandes. Die Vereinigten Staaten und Vor-
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Seite zugszölle des Vierverbandes. Japan in einem Wirtschaftsbund des Vierverbandes. Die Stellung Frankreichs und Rußlands zu einem Wirtschaftsbund. Englands deutscher Zwischenhandel beim Bestehen eines Wirtschaftsbundes des Vierverbandes. Zunehmende Abkehr vom englischen Zwischenhandel. Einfluß englischer Schutzzölle und Wirtschaftsbönde auf die englische Zwischenhandelsstellung . 48 Die Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz. Ihre Kritik in Rußland. Der englische Studienausschuß der wirtschaftlichen Vorkehrungen nach dem Kriege 50 Ergänzung der Abmachungen des Vierverbandes über gemeinsamen Friedensschluß durch ein Abkommen über Handelspolitik im gegenseitigen Einverständnis. Abwehr des Wirtschaftskriegs des Vierverbands durch Erwirkung der allgemeinen Meistbegünstigung für Deutschland iu dem Friedensvertrage 53 Umfang der Außenhandelsschwierigkeiten Deutschlands nach dem Kriege. Austreibung deutschen Einflusses und deutschen Besitzes in den Ländern des Vierverbandes. Festsetzung Englands und der Vereinigten Staaten in Rußland, Italien; Japans in China; der Vereinigten Staaten und Japans in Südamerika. Außenhandelsförderung der Vereinigten Staaten. Wirkung einer zweijährigen Unterbrechung des deutschen Außenhandels. Entstehung neuer Industrien im Auslande. Überspannung .der Rohstoffunabhängigkeit und Unabhängigkeit industrieller Kriegsbereitschaft vom Auslande. Vorratwirtschaft. Wirtschaftlicher Druck der Gläubigerstaaten auf die Schuldnerstaaten Die Möglichkeit einer Entwicklung der Vereinigten Staaten zur Weltgeldmacht an Stelle Englands 54 Notwendigkeit deutscher Abwehrmaßregeln gegen handelsfeindliche Stellung unserer Gegner. Gute amtliche Handelsförderung. Das beste muß der Gewerbetreibende selbst tun. Vorbereitungen zur Wiedereroberung des Weltmarktes . . 60 Zaghaftigkeit vor den Schwierigkeiten der Zukunft. Vergleich der Lage Preußens nach dem Tilsiter Frieden 1807 mit der Lage Deutschlands nach dem Weltkriege seit 1914. Welche Mittel verbürgen uns eine erfolgreiche Volkswirtschaft der Zukunft ? Notwendigkeit einer Steigerung der Arbeitsausbeute. Taylor in der deutschen Industrie. Ellbogenfreiheit für die Industrie und den Handel. Die Bereitwilligkeit der Arbeiter, den wissenschaftlich-technischen Industriebetrieb auf der Höhe zu halten. Zweifel und ihre optimistische Lösung. Englische und deutsche Arbeiterbewegung 6t
I. Innere Kriegswirtschaft. Der Druck der Kriegslage auf die deutsche Volkswirtschaft dauerte natürlich auch im zweiten Kriegsjahre an. Aber Form und Inhalt der Kriegswirtschaft sind vielfach grundlegend geändert worden. Der Krieg hat die Kräfte aller kriegführenden Staaten an die Deckung des innern Bedarfs gebunden und durch den gewaltigen Umfang der eigenen Kriegsbedürfnisse und die erheblich kleinere Arbeiterzahl der Industrie die Abkehr von der Ausfuhr und die Vergrößerung der Einfuhr da, wo sie möglich ist, gewissermaßen automatisch erzwungen. Zugleich aber sind große Goldmengen aus dem Besitz unserer Feinde in den neutraler Staaten gekommen, und umgekehrt sind von dem Vierverbande Riesenanleihen bei neutralen Ländern gemacht worden. Die für unsere Feinde merkwürdige und überraschende Erscheinung, daß der Krieg alle in ihn verwickelten Staaten ebenso wie die Neutralen in Europa in dieselben Nöte der N a h r u n g s m i t t e l - u n d R o h s t o f f k n a p p h e i t u n d Teuer u n g stürzt, hat sich auch im zweiten Kriegsjahre befestigt. Die Ursache dieser Vorgänge ist in Europa der äußere Zwang der Absperrung vom Meere durch England, bei den Staaten des Vierverbandes der Mangel an Frachtraum und die Frachtteuerung, die infolge der Verwendung ungeheurer Schiffsmengen zur Militärbeförderung und infolge des Eingreifens unserer Unterseeboote entstanden sind, sowie die Stockung des Hafen- und Eisenbahnverkehrs in Rußland und Frankreich. Den geschlossenen Handelsstaat in Mitteleuropa herzustellen, ist auch dem Druck Englands auf die neutralen Staaten bisher nicht gelungen; vielmehr haben wir durch die Eröffnung des
Balkanweges nach der Türkei und Kleinasien den Hungerring in breiter Landlinie gesprengt, und das überraschende Auftreten der Unterwasserschiffe hat vielleicht auch den Ozeanweg in beschränktem Umfange wieder frei gemacht. Der Druck Englands auf die neutralen Staaten wird in der nächsten Zeit noch stärker werden, und ebenso unser Gegendruck in Form des Gegengeschäftes, so daß die neutralen Staaten wahrhaftig nicht in einer beneidenswerten Lage sind. Die I n d u s t r i e mußte sich in dem zweiten Kriegsjahre, in dem sich Rohstoffmangel und Arbeiterentziehungen stärker geltend machten, mehr E i n s c h r ä n k u n g e n unterwerfen, als man wohl zunächst gedacht hatte. Bei vielen Industrien, besonders der Metallindustrie, gelang es, die Rohstoffe durch andere Stoffe zu ersetzen, aber bei einzelnen Industrien, wie der Webstoffindustrie, der Bierbrauerei und fast der gesamten Nahrungsmittelindustrie, der Papierindustrie, Seifenindustrie, Lederindustrie u. a., führte Rohstoffmangel zu empfindlichen Einschränkungen der Arbeit für den inneren Markt, Arbeiterentlassungen und Arbeitslosenunterstützungen. Während die Heeresverwaltung im ersten Kriegsjahre mit den Preisen nicht kargte, um die Industrie zu schneller Einrichtung auf Kriegsbedarf, zu schleuniger Lieferung dieses Bedarfes zu veranlassen und die Lehr- und Lernzeit für manche neue Fabrikation erträglich zu gestalten, wurde sie im zweiten Kriegsjahre kritischer, steigerte die Anforderungen, setzte aber die Preise herab, die sie selbst zahlte und schob starken Preissteigerungen vieler Rohstoffe und Hilfsstoffe der Industrie einen Riegel vor. Die Lage der Eisen- und Stahlgießereien hat sich insofern verschoben, als zuerst die Graugießereien den Hauptbedarf an Geschossen geliefert haben, der dann allmählich auf die Stahlgießereien und Preßgeschoßwerke überging und, je länger der Krieg dauert, immer mehr von den Preßgeschoßwerken allein gedeckt wird. Soweit die Industrie durch Kriegsaufträge beschäftigt war und ist, wird sie aus dem Kriege g e s t ä r k t für neue Aufgaben hervorgehen, und sie bereitet sich sowohl auf diese, wie auf einen erheblichen inneren und äußeren Wettbewerb schon systematisch vor. Hierbei ist allerdings ein Unterschied zwischen der Industrie zu machen, die die Erzeugung von Kriegsbedarf neu aufnahm und der Industrie, die nur die bisherige Erzeugung stark steigerte. Die umgestellte Industrie, wenn
ich sie so nennen darf, hat oft die Massenerzeugung erst im Kriege begonnen: »Außer den Erfahrungen des neu aufgenommenen Fabrikationszweiges umfassen die Errungenschaften solcher Werke einen leistungsfähigen neuen Maschinenpark, die Einrichtungen für Massenfabrikation in Werkzeugmacherei und Vorrichtungsbau und dafür neu- oder umgeschultes Personal, an neuen Aufgaben erprobte Leiter, einen für neue Unternehmen gesteigerten und empfänglichen Geist und eine durch Kriegsgewinne verbesserte wirtschaftliche Grundlage. Das ist das »Mehr« nach dem Kriege: »die Friedensbereitschaft«. Gegenüber dem Ausland hat dabei die deutsche Industrie den Vorteil, daß sie alle Errungenschaften auf nationalem Boden gezogen hat, während unsere Feinde zweifellos gerade ihren Bedarf an Munition, Kriegsgerät, Fahrzeugen und maschinellen Einrichtungen besonders von Amerika entnahmen, also zweifellos ihre industrielle Kriegsrechnung mit einem viel kleineren Gewinnvortrag abschließen müssen. Dabei haben wir gelernt, ohne fremde Einfuhr auszukommen und werden gern und natürlich hieran festzuhalten haben. «*) Die Neueinrichtungen der genannten deutschen Fabriken sind schon unter Rücksicht auf die Friedensarbeit ausgewählt. Der Besitzer des Betriebes konnte in dieser Hinsicht frei walten. Anders scheint das in England zu sein, wo die Regierung die Industriebetriebe vielfach gezwungen haben soll, die Einrichtungen rücksichtslos aufzubrauchen, so daß dort die Aufnahme der Friedensarbeit vielleicht vielfach schwerer wird wie bei uns. »Einfacher liegen die Aufgaben für die deutschen Betriebe der zweiten obengenannten Gattung. Hier handelt es sich meistens nur um Erweiterung der Fabrikation und Aufnahme von im Rahmen dieser Herstellung liegenden neuen Typen. Es sind also nur gewisse Verschiebungen eingetreten, die jederzeit die Rückbildung ermöglichen, immer aber ein Ubermaß neuer Erfahrungen einschließen. Die Schwierigkeit liegt hier mehr auf kaufmännischem Gebiet. Es wird überall angestrebt werden, den oft ungewöhnlich, nämlich auf das Doppelte oder das Dreifache vergrößerten Betrieb weiter ausreichend zu beschäftigen. Dazu gehört gewaltige Werbearbeit, die in vorsorglichen Unternehmungen schon heute begonnen wird. Ihr Ziel muß besonders auf den inneren Markt gerichtet sein, um *) Dipl.-Ing. N. Stern, Frankfurter Zeitung, 4. Juni 1916.
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dort die Fühlung mit dem bisherigen Abnehmerkreis zu wahren und ihn schon heute zu erweitern. Alles muß natürlich im Hinblick auf die Veränderungen der Absatzbedingungen und der ganzen Wirtschaftsgestaltung geregelt werden, worüber heute nur recht unsichere Voraussagungen gemacht werden können.«1) Freilich hat der Krieg auch manches Unternehmen neu aufleben lassen, das zu bestehen nicht berechtigt war und ist und nun den Wettbewerb verschärft. Es ist ferner für die Tatkraft der deutschen Industrie kennzeichnend, daß weder die Z u s a m m e n l e g u n g von B e t r i e b e n noch die B i l d u n g v o n I n t e r e s s e n g e m e i n s c h a f t e n und Verbänden im Kriege gestockt hat, sondern vielfach vom Kriege gefördert worden ist. Neue Verschmelzungen sind bei den großen gemischten Eisenwerken vor sich gegangen. Wichtig ist vor allem die Beteiligung einiger großer Eisenwerke am Schiffbau und der überseeischen Handelsschiffahrt, die Angliederung von Siegerländer Erzgruben an gemischte Werke2), die als un*) Dipl.-Ing. N. Stern, Frankfurter Zeitung, 4. Juni 1916. 2) Gemäß einer Mitteilung der Rheinisch-Westfälischen Zeitung vom 23. Juli 1916 besitzen die rheinisch-westfälischen Hütten folgende Siegerländer Gruben: A.-G. K r u p p : Bollenbach, Friedrich-Wilhelm, Fusseberg, Bindweide, Glücksbrunnen, Wolf. E i s e n - u n d S t a h l w e r k H ö s c h : Eisenzecherzug. A.-G. P h ö n i x : Bautenberg, Heinrichsglück, Freiergrunder Bergwerksverein. R h e i n i s c h e S t a h l w e r k e : Ameise. G u t e h o f f n u n g s h ü t t e : Vahlbergerzug. D e u t s c h - L u x e m b u r g : Friedrich und Grosseburg. W e s t f ä l i s c h e E i s e n - u n d D r a h t w e r k e : Zufällig Glück. Über das Verhältnis des Besitzes an Gruben der Siegerländer Hütten zu demjenigen rheinisch-westfälischer Hüttenwerke sagt die Rhein.-Westfäl. Zeitung (vgl. auch deren Artikel vom 18. Juni Nr. 469) folgendes: Heute stellt sich dieses Verhältnis nach Erwerb des Freier Grunder Bergwerksvereins durch den Phönix und nach ev. Übergang von Pfanneberger Einigkeit an den Bochumer Verein so, daß von der gesamten Förderung, die letztjährig 2080544 t betrug, schon 1447762 t tatsächlich von der rheinisch-westfälischen Industrie absorbiert sind, also nur 632782 t überhaupt noch übrig bleiben, wovon die Siegerländer Hütten (einschl. Storch und Schöneberg) 460810 t im Besitz haben. In Prozenten ausgedrückt, besitzen rheinisch-westfälische Werke Siegerländer Hütten . . . . die freien Gruben
70% der Gesamtförderung, 22% » •» 8% » »
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mittelbare Folge des Krieges zu betrachten ist, und die Angliederung von Kohlenzechen an einzelne reine Eisenwerke. Die chemische Industrie, sogar die Stadt Berlin tun das gleiche. Bemerkenswert war ferner die Bildung neuer Kohlenhandelsgesellschaften, u. a. von solchen des preußischen Staates, sowie die Verschmelzung mehrerer Kohlenhandelsgesellschaften und die Vereinigung mehrerer bedeutender Werke im Kraftwagenbau. Das bedeutungsvollste Ereignis war die Bildung der umfassenden erweiterten Interessengemeinschaft in der chemischen Großindustrie und die Bildung großer RohstoffEinkaufsverbände in solchen Industrien, die sich bisher der Verbandsbildung sehr unzugängig erwiesen haben. Vielleicht gehen aus diesen losen Einkaufsvereinigungen auch für den Verkauf festere Verbände hervor. Auch die zahlreichen kleinen und größeren Kriegsgesellschaften der Industrie und Zweckverbände zur Förderung der Beschaffung von Heeresbedarf, denen die Industriellen vielfach beitreten mußten, wenn sie keinen Schaden (Ausschluß bei der Verteilung, den Lieferungen u. a.) haben wollten 1 ), Weiter sagt dieselbe Zeitung folgendes: »Die besten Gruben sind veräußert und dem Siegerländer Besitz entzogen. Was übrig geblieben ist, sind noch sechs Gruben von mittlerer und untergeordneter Bedeutung (Alte Dreisbach, Eiserner Union, Ver. Henriette, Wilhelmine, Eisernehardt und Wernsberger Erbstolln). Für die Entwicklung der Gruben selbst ist der Übergang in kapitalkräftige Hände ja zweifellos von Vorteil. Und insofern werden auch dem Siegerlande keine besonderen Nachteile aus dem Besitzwechsel erwachsen. Der Nachteil ist aber darin zu suchen, daß sich die Verhüttung der Erze mehr und mehr vom Siegerlande weg nach auswärts verschiebt und der Siegerländer Eisenindustrie damit die Basis entzogen wird, auf der sie sich bisher aufbaute. Und ein anderer Nachteil wird sich aus dem Umstand entwickeln, daß die Eigenart des Siegerländer Qualitätseisens mehr und mehr auch auf die westfälischen Werke übergeht und den Siegerländer Eisenabsatz überhaupt beeinträchtigt, damit die ganze Eisenindustrie des Siegerlandes gefährdet. Zweifellos also können recht bedenkliche Folgewirkungen für die Zukunft mit dem Besitzwechsel bei den Gruben verbunden sein.« Wenige Wochen nach dieser Mitteilung ist die Mehrheit der Kuxen der obengenannten Grube Alt-Dreisbach, die bisher der Niederscheldener Hütte gehörte, durch Verkauf dieser Hütte in den Besitz von Henschel & Sohn in Cassel gekommen. 1 ) Eine Notiz der Frankfurter Zeitung vom 25. Juli 1916 mag das als Muster für viele solcher Fälle beweisen: Der Verband deutscher Ledergroßhändler G. m. b. H. in Berlin fordert alle Ledergroßhändler, d. h. alle diejenigen davon, die Bodenleder im Einzelfall überwiegend in höheren als M. 500 betragenden Posten im Jahre 2*
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sind ebensoviel Ansatzpunkte für Friedensverbände. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Behörden und Gewerbekreise offpnbar auf diesem Gebiete etwas übertreiben und von einer bedenklichen, weit über das Bedürfnis hinausgehenden Organisationswut befallen sind. Die B e z i e h u n g e n der I n d u s t r i e zu S c h i f f b a u und der deutschen H o c h s e e s c h i f f a h r t , in der sich ebenfalls mancherlei Verschmelzungen und wichtige Veränderungen im Kriege vollzogen haben, sind von größtem Interesse. Dem Wege, den Krupp mit der Germaniawerft beschritten hatte, folgt nunmehr Thyssen, nachdem er die Mehrheit der Aktien des Bremer Vulkan erworben hat, die vor allem Trampschiffe (vgl. S. 36) baut. Stinnes sitzt als Vorsitzender des Aufsichtsrates schon seit einigen Jahren mit Ballin und Heinecken im Aufsichtsrate der Gesellschaft Midgard, die den Hafen von Nordenham verwaltet, und deren Kapital zum größten Teil im Besitz von Deutsch-Luxemburg und Hugo Stinnes-ist. Nunmehr sind zwischen der Hapag, dem Lloyd und der deutschen Ostafrikalinie, der Woermannlinie und Stinnes, der in den Aufsichtsrat der Hapag eingetreten ist, enge, auch finanzielle Beziehungen entstanden, und dieser Interessenkreis hat gleichfalls eine Werft, die Hamburger Werft, gegründet, an der auch die A.E.G. beteiligt ist, um sich die Lieferungen für die Werft und ihre Bauten zu sichern. Diese Werft wird auch vor allem Handelsdampfer nach einheitlichem Plane bauen. Kurze Zeit danach wurde von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft abermals in Fühlung mit der Hamburg-Amerikalinie eine große Industrieund Schiffswerftanlage in Hamburg begonnen, wo DieselMotorschiffe hergestellt werden sollen. Die Bedeutung dieser Beziehungen liegt nicht nur, wie die Frankfurter Zeitung (13. Sept. 1916) meint, in der Sicherung der Lademengen oder der Kohle und auskömmlicher Frachtsätze für die Schiffahrt in der ersten Zeit nach dem Kriege und den kommenden schweren Jahren (vgl. auch S. 36), sondern sie geht natürlich viel weiter; sie wird den deut1913 gehandelt haben, auf, sich zu melden, denn nur dann werden sie Anspruch an den dem Großhandel vorbehaltenen Nutzen der Reichslederhandelsgesellschaft m. b. H. bei der Verteilung von Bodenleder haben, wenn sie sich dem Verband deutscher Ledergroßhändler, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und gleichzeitig dem Verband deutscher Ledergroßhändler E. V. anschließen. Der Beitritt hat bis zum 31. Juli zu erfolgen.«
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sehen Schiffbau ungeheuer stärken und entwickeln und den gemischten Eisenwerken den Absatz großer Walzzeugmengen zu guten Preisen sichern. F ü r die Zoll- und Handelspolitik ist es von der größten Bedeutung, daß sich W i r t s c h a f t s a u s s c h ü s s e d e r W o l l i n d u s t r i e u n d B a u m w o l l i n d u s t r i e gebildet haben, in denen Spinner und Weber vereinigt sind. Diese werden die Interessengegensätze, die früher bei Zollverhandlungen in schärfster Form öffentlich zutage traten, nunmehr untereinander ausgleichen. Ich wies schon in meinem Berichte über das Jahr 1 9 1 5 auf die S c h a f f u n g v o n Z w a n g s s y n d i k a t e n m i t H i l f e v o n R e i c h s g e s e t z e n hin. Wir machen uns im Drange der Kriegsereignisse meist nicht recht klar, wie weit wir auf diesem Wege schon gegangen sind. Eine ganze Reihe älterer Gesetze, z. B . über die Branntweinsteuer und Biersteuer, enthielt schon gewisse Ansätze zur Regelung der Erzeugung. Aber erst neuerdings hat man durch die Gesetzgebung einen gewissen Erzeugungsschutz für einzelne Waren eintreten lassen, indem man die Gründung neuer Fabriken erschwerte und verbot. Dieses Eingreifen bemerken wir beim Brausteuergesetz vom 15. Juli 1909 1 ) und bei der Zündwarenbesteuerung vom 15. Juli 1909 / *) § 6 lautet: Die Steuer beträgt für jeden Doppelzentner des nach § 5 Abs. 3 berechneten Gesamtgewichts der in einem Brauereibetrieb innerhalb eines Rechnungsjahrs steuerpflichtig gewordenen Braustoffe: von den ersten 250 dz M. 14 von den folgenden 1250 dz »15 » » » 1500 dz » 16 » » » 2000 dz » 18 » dem Reste »20 Für neue Brauereien, welche nach dem 1. August 1909 in Betrieb genommen werden und mit deren Bau nicht bereits vor dem 1. Januar 1909 begonnen war, sowie für Brauereien, welche nach dem 1. August 1909 wieder in Betrieb genommen werden, nachdem sie mehr als 2 Jahre außer Betrieb waren, erhöhen sich die Steuersätze des Abs. 1 in der Zeit bis zum 31. März 1915 um 50 v. H „ in der Zeit vom 1. April 1915 bis 31. März 1918 um 25 v. H. Für die vor dem 1. Oktober 1908 betriebsfähig hergerichteten Brauereien wird, sofern in ihnen im Durchschnitte der Rechnungsjahre 1906, 1907 und 1908 nicht mehr als 150 dz Malz verarbeitet worden sind, die Steuer von den ersten 150 dz des in einem Rechnungsjahre verwendeten Malzes auf M. 12 für den Doppelzentner ermäßigt. Diese Vergünstigung erlischt mit dem Ablauf des Rechnungsjahres, in dem die Brauerei mehr als 150 dz Malz verwendet hat. Die verwendete Zuckermenge und das verwendete Weizenmalz sind nach den Vorschriften des § 5 als Malz anzurechnen.
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6. Juni 1 9 1 1 1 ) . In diesen Fällen bestand der Erzeugungsschutz der zur Zeit des Inkrafttretens der Gesetze bestehenden Erzeugungsstätten darin, daß die später entstehenden Erzeugungsstätten höhere Sätze der dieser Industrie auferlegten Sondersteuer zu zahlen hatten, womit man die Gründung neuer Betriebe erschweren oder verhindern wollte. Beim Kaligesetz vom 25. Juli 1 9 0 5 sollte die gleiche Wirkung dadurch erzielt werden, daß man eine Zeitlang die Anlage neuer Werke ganz unterband, indem man die Annahme von Mutungen auf Steinkohlen und Salze für zwei Jahre fast ganz verbot 2 ). Später gab man den neuen Werken mehrere Jahre lang nach Eröffnung des Betriebes eine erheblich niedrigere Beteiligungsziffer wie den alten Betrieben. 3 ) x ) § 3: In den ersten 10 Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Artikels tritt eine Erhöhung der Zün