Wilhelmine [Abdr. d. 1. Ausg. 1764. , Reprint 2021 ed.] 9783112465301, 9783112465295


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German Pages 66 [76] Year 1895

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Wilhelmine [Abdr. d. 1. Ausg. 1764. , Reprint 2021 ed.]
 9783112465301, 9783112465295

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Verzeichnis der bis jetzt erschienenen Nummern: 1. Klinger,F.M., Otlo,Trauersp. Hei .v. b. 8 cutt er t. VJL11,1088.1881.00Pi.

2. Wagncr,H;L.,VoMaireainAbendseinerApotheose.Her.v.B Seuffert. XI, 19 S. 1881. 40 Pf. 3. Müller,Maler,FaustsLe ben. Her .v. B.Scuffert. XX VI, 116S. 1881.M. 1.10. 4. Gleim, J.W.L., Preuss« Kriegslieder v. e. Grenadier. Her*v. A. Sauer. XXX VII, 44 8. 1882. 70 Pf. 5. Goethe, Faust, cinFragm. Her. v. B.Seuffert. XV, 89 8. 1882. 80Pf. 6. Wieland,GM., Hermann. Her. v. F.Muncker.XXX, 1168. 1882. M.1.20. 7/8. Frankfurt, gelehrte Anzeigen vom Jahre 1772. (EingeLitet von Willi. Scherer, her. v. B. Se.u ffert.) Erste Hälfte. S. 1—352. 1882. M. 2.80. Zweite Hälfte nebst Einleitung u. Register. S. 353—700 u. CXXIX S.1883. 'M. 3.80, zus. M. 6.60. 9.Bodmer, J. J., Karl v. Burgund, e. Trauersp. (nach Aeschylus). Her. v. B. Seuffert. XII, 26 S. 1883. 50Pf. 10. Hagedorn, F. v., Versuch einiger Gedichte. Her. v. A. Sauer. XI, * . 99 S. 1883. 90 Pf. 11. Klopstock, F. G», Der Messias, erster, zweiter u. dritter Gesang. Her. v. F Muncker. XXXI, 84 8. 1883. 90 Pf. 12. Bodmer, J. J., Vier kritische Gedichte. Her. v. J.Bächtoid. XLVII, 110 8. 1883. M. 1.20. 13. Wagner, H. L., Die Kindermörderinn, e. Trauerspiel nebst Szenen aus d. Bearbeitungen K. G. Lessings u. Wagners Her. v.Erich Schmidt. X, 116 S. 1883. M. 1.— 14. Goethe, Ephemerides und Volkslieder. Her. von Ernst Martin. XX, 47 8. 1883 60 Pf. 15 Brentano, U., Gustav Wasa. Her. v.J. Minor. XIV, 1368. 1883 M. 1.20. 16. Friedrichd.Gr., De lalitteratureallemande. Her. v.L.Geiger. XXX, 37 8 1883 60 Pf.

17.18.19. Schlegel, A. WVorlesungen üb. schöne Litteratur u.Kunst. 1884. Her. v.J.Minor. Erster Teil: Die Kunstlehre. LXXII, 3708. M.3.50. Zweiter Teil: Gesch. d.klass. Litt. XXXII, 3968. M.3.50. Dritter Teil: Gesch.d.romant.Liti. (nebst Personenreg.zA1.3Teil.)XXXJX,252S.M.2.50,zus.M.9.50. 20. Wi n ckelmann, J. J., Gedanken üb. die Nachahmung der griech.W erke inderMalereiu.Bildhauerkunst. ErsteAusg. 1755 mit Oesers Vignetten. Emgeieitet von L. v U rlichs, her. v. B. Seuffert. X, 44 8. 1885. 70Pf. 21. Goethe, Die guten Frauen. Mit Nachbildg. d Originalkupfer. Her. v. B. Seuffert. XI, 27 S 1885 70 Pf. 22. Pyra, J. J. u. S. G. Lange, Freundschatti. Lieder. Her. v. A. Sauer. L, 167 S. 1885 M. 1.80. 23. Moritz, K. Ph., Anton Reiser, ein psycliol.Roman. Her v. L. Geiger. XXXVIII, 443 8. 1886 M. 3.80 24 Btt and, A. W«, Ueber meine theatral. Laufbahn. Her. v. H.Holstein. OVI, 130 8 1886 M 225. Meyer, Heinr., Kleine Schriften z« Kunst. Her v P Weizsäcker CLXIX, 258 S 1886. M. 4.20. 26. Schlegel, Joh. Elias, Ästhetische und dramaturgische Schriften. Her v. J. v. Antoniewicz CLXXX, 226 8 1887 M.4.— 27. Heine, Buch der Lieder nebst ein. Nachlese nach den ersten Druck, od. Handschi Her. v. E Elster. OLIV, 255 8 1887 M.4.— 28. Lessing,K.G.,i).Mätresse,Lustsp.Her.v.E, Wolff. XX, 1138.1887. M. 1.30 29. 30. Briefe üb. Merkwürdigkeiten der Litteratur. Her. v.A.vo n We ilen 29. Erste u. zweite Sammt. 8. 1—187. 1888. M 1.80. 30. Dritte Sammlung nebst Emleitg. CXLIX, 8. 188—367 1889 M 4, zus. M. 5.80, 31. Moritz, K, Ph., Ueber d. bild. Nachahmung des Schönen. Her. v. 8 Auerbach. XLV, 45 8. 1888 90 Pf.

32. Leisewitz, J. A.. Julius von Tarent u. die dramatischen Fragmente« Her. v. R. M. Werner. LXVIII, 134 8. 1889. M. 2.” Fortsetzung s. dritte Seite des Umschlags!

Deutsche Litteraturdenkmale des 18. u. 19. Jahrhunderts begründet von B. Seuffert, fortgeführt von A. Sauer unter Mitwirkung von

F. Muncker, W. Scherer, J. Bächtold, E. Schmidt, E. Martin, J. Minor, L. Geiger, L. v. Urlichs u. s. w. ■■■

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WILHELMINE VON

MORITZ AUGUST VON THÜMMEL ABDRUCK DER ERSTEN AUSGABE

STUTTGART

G. j. GÖSCHEN’SCHE VERLAGSHANDLUNG 1894

Das Übersetzungsrecht Vorbehalten.

Druck von Carl Rembold in Heilbronn.

Inhalt. Seite

Einleitung............................................................................ V Wilhelmine oder der vermählte Pedant Erster Gesang .... 3 Zweiter Gesang........................................................ 12 Dritter Gesang........................................................ 19 Vierter Gesang........................................................ 22 Fünfter Gesang........................................................ 29 Sechster Gesang................................................... 38 Lesarten.................................................................. 44

Einleitung. -Bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahr-

hunderts war von verschiedenen Seiten der Versuch gemacht worden, die in Frankreich gut aufgenommene Probe, epische Dichtungen in prosaische Form zu klei­ den, auch in Deutschland einzuführen. Die deutschen Dichtungen dieser Art waren jedoch zu unbedeutend, um Beachtung zu finden. Selbst der Dichter des „Renommisten“ hatte mit seiner „Lagosiade“ (1757) einen entschiedenen Misserfolg zu verzeichnen. Erst Lessings wirksames Eingreifen lenkte die Aufmerksam­ keit der Schriftsteller auf dieses Gebiet und fand an­ fangs begreiflicherweise verschiedenartige Beurteilung. Einer Auseinandersetzung über dieses Thema zwischen Thümmel und seinem Jugendfreunde Bose verdankt die „Wilhelmine“ ihre Anregung. Der vierundzwanzig­ jährige Thümmel soll sich erboten haben, für seine Ansicht, dass die deutsche Sprache gleich der fran­ zösischen für poetische Prosa verwendbar sei, binnen kurzem den Beweis zu erbringen (Jördens V, 64; Gruner, Leben Thümmels S. 49). Bald nachher war die Dichtung im Rohen auch schon vollendet. Die Entstehung der „Wilhelmine“ fällt in das letzte Viertel des Jahres 1762, wie aus den bei Gruner abgedruckten Brieffragmenten an Weisse hervorgeht. Der Brief Thümmels vom 20. März 1763, aus Coburg, liegt mir handschriftlich vor und ich füge den hiebergehörigen Teil in korrekterer und vollständigerer Wiedergabe, als dies dort geschehen ist, hier ein: „Wegen des beyliegen-

VI den M. S. habe ich weit mehr Ursache schüchtern zu seyn — da ich es nicht meinem Freunde allein, sondern meinem critischen Freunde insbesondre überschicke. Ich habe es vor länger als einem Virthel Jahre ver­ fertigt und dachte würklich schon nicht mehr daran, als mich der H. v. Bose ermunterte — mir Ihre Ge­ danken über ein Gedicht auszubitten das seinen Bey­ fall hat — ich habe [es] daher abgeschrieben und bey jeder Seite des Textes ein Blanket für Ihre Anmer­ kungen und Verbesserungen gelassen — Ich wollte wohl dass Sie dieses Gedicht für gut — oder doch für fähig hieltfen] es noch zu werden — So amüsant als die Lagosiade dächte ich, müsste es allemal seyn, wenn es auch sonst keiner Epopee vom Zachariä gleich käme. Sie sehen dass ich keine Schwierigkeit mache Ihnen selbst diejenigen Gedanken zu entdecken die meinen Authorstolz verrathen — dadurch muntere ich Sie auf eben so aufrichtig in Ihrer Critic zu seyn und mir es dreust zu sagen was ich mit diesem Gedicht machen soll.“ Minor (in Schnorrs Archiv IX, 469 ff.) bringt also mit Unrecht ältere Briefe des Dichters, in denen Thümmel von seiner Arbeit an einem Romane spricht, mit unserer Dichtung in Verbindung.*) Ungleich wichtiger ist der Hinweis auf Zachariäs „Lagosiade“ als direktes Vor­ bild, wofür das Gleichnis im fünften Gesänge (S. 34 f.) schon äusserlich Zeugnis ablegt. Dafür wiederum haben wir einen noch entschiedeneren Beleg in einem unge­ druckten Briefe Thümmels an Weisse (aus Coburg, 19. Januar 1764), der beweist, welche Aufmerksamkeit Thümmel Zachariäs Produktion widmete. Ich führe die betreffende Stelle daraus im Wortlaut an: „Haben *) Damit fallen auch die Bemerkungen Carl Heines in seiner Schrift: Der Roman in Deutschland von 1774 bis 1778, Halle 1892, Seite 55 f., die auf Minors Deutung süssen.

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Sie schon die neue Edition des Zachariä gesehen ? Ich habe voller Begierde sein neustes comisches Gedicht aufgeschla­ gen, zu welchen Er seine Leser schon längst Hofnung gemacht hat*) — aber wie sehr habe ich mich in meiner Erwartung betrogen gesehen — Wie langweilig und ge­ zwungen ist es mir nicht vorgekommen! Können Sie rathen was ich noch darbey gedacht habe? Ich will es Ihnen vertrauen: Mein comisches Gedicht das Weise so herunter gemacht hat — dachte ich, ist gewiss un­ gleich amüsanter und besser — darauf will ich meinen Kopf lassen: Seitdem Sie es mir wieder zugeschickt haben, habe ich es an allen den Stellen auf die mich Ihre Critic aufmerksam gemacht hat, geändert und überhaupt harmonischer — pompöser und comischer zu machen gesucht — Nunmehro mache ich auch im ganzen Ernst Anstalten es drucken zu lassen — Wenn Sie allso hören dass in Gotha ein Werkehen heraus ge­ kommen sey, das den Titel hat: (Willhelmine oder der vermähl de Pedant) so denken Sie nur dass es meine Arbeit ist — Eins ist mir nur noch im Wege; Ich habe Keinen Menschen in Gotha dem ich die Besorgung an vertrauen könnte, ohne dass man dadurch den Ver­ fasser erführe, und dieses wollte ich durchaus nicht; Wissen Sie mir keinen Vorschlag dieserwegen zu thun?“ Der junge Autor durfte ohne Ueberhebung derart über Meister und Muster aburteilen, selbst wenn wir die „Lagosiade“ zum Vergleich heranziehen, die ent­ schieden höher zu bewerten ist als die „Hercynia.“ Welche Fülle weitausblickender Motive, um nur eines hervorzuheben, schliessen die Gleichnisse in der „Wil­ helmine“ ein gegenüber der Einförmigkeit Zachariäs, der die entlegensten mythologischen Gebilde zu ephe­ merem Leben aufruft. Bei Thümmel hingegen waltet

*) Gemeint ist „Hercynia, ein scherzhaftes Helden­ gedicht,“ das in den Poetischen Schriften, Braunschweig 1763—65, II, 201 ff. zum ersten Male veröffentlicht ist.

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eine ständige Beziehung auf seine Zeit vor: hier wird auf politische Ereignisse, die der siebenjährige Krieg nahelegt, angespielt, dort werden anakreontische Motive ins Lächerliche gezogen, da wieder der Spott als Waffe des Aufklärertums in den Dienst des Zeitgeistes ge­ stellt. Der angezogene Brief deutet ferner an, welch bedeutendes Verdienst um die älteste Gestalt der „Wil­ helmine“ sich Weisse erwarb, der für die folgenden Aus­ gaben auch den Verlag bei Reich vermittelt und den Druck überwacht zu haben scheint. — So erschien denn das Werkehen im Frühjahre 1764 und begründete durch das ungewöhnliche Aufsehen, das es bei Lesern und Kri­ tikern erregte, des Dichters Ruhm in einer Weise, dass es ihm für immer eine geachtete Stellung in der Lit­ teraturgeschichte eroberte. Der gleiche Zufall, der bei der Wahl der Form mitspielte, war beim Inhalte massgebend. Thümmel war seit 1761 Kammerjunker des Erbprinzen von Sachsen - Koburg und verfiel der satirischen Anlage seines Talentes gemäss auf die naheliegenden Mängel des .Hoflebens, die vor ihm bereits Löwen in der „Walpurgisnacht“ (1756) und Moser in „Der Herr und der Diener“ (1759) gebrauchnarkt hatten. Der Freimut seiner Gesinnung und die harmlose Laune seines Witzes gemahnten an die spielende Art der komi­ schen Epopöe in ihrer ersten Blüte. Durch naiven Ton und fliessende Diktion gewann das kleine Gemälde be­ deutend an Reiz und versöhnte mit einem Schlage alle Gegner der Form. Als gar Nicolai Thümmels Pastor zum Helden seines Romanes „Sebaldus Nothanker“ machte, da erschlossen sich der „Wilhelmine“ auch die Kreise dieser Leserwelt, und eine Ausgabe in gleichem Druck und Format leistete der gemeinsamen Verbreitung beider Bücher Vorschub. Weisse rezensierte die Dichtung in der Bibliothek der schönen Wissenschaften XII, 79 ff. sehr günstig. Er setzt bloss den Sprung über vier ganze Lebensjahre

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der Heldin, etliche kleinere chronologische Fehler aus und tadelt den geringen komischen Gehalt des Ausgangs. Zachariä ist der erste, der Luthers Verwendung als Maschine in einem komischen Heldengedichte zu ernst­ haft findet (Brief vom 20. August 1764). Unabhängig von ihm verficht Uz die gleiche Meinung in einem für die Umarbeitung des Gedichtes höchst wichtigen Schrei­ ben (an Grötzner, 28. Dezember 1766, bei Henneberger 115 ff.), dessen Einzelbeobachtungen in den Lesarten des Neudrucks bei den einzelnen Stellen unter der Chiffre U verzeichnet sind. Hier mögen bloss jene Sätze des Briefes Platz finden, die auf den Plan des Ganzen gehen. „ . . . Am meisten scheint mir der erste Gesang einer Verbesserung nöthig zu haben. Das comische Helden­ gedicht richtet sich nach den Regeln des heroischen, in ansehung der Einrichtung. Aber würde wohl ein Virgil oder ein Zachariä gleich im ersten Anfang einen Sprung von vier Jahren machen, wie in der Wilhelmine geschieht, wo von ihrer Abholung nach Hof bis zu ihrer Vermählung vier Jahre verfliessen ? So lang steht indess die Geschichte still, welches unmöglich angeht. Ich wollte daher den Anfang des Gedichtes mit der 18. Seite und den Worten: In der zwölften Stunde der Nacht u. s. w. machen. Darauf könnten in einem Traum die übrigen vorhergegangenen Umstände nachgeholet, oder, wo es nicht angeht (denn die Mario­ netten wollte ich durchaus nicht vermissen), nachher sonst auf eine schickliche Art erzählet werden. Aber Doctor Luther müsste nicht erscheinen. Die Einfüh­ rung dieser Person, die nicht einmal ihrem bekannten Charakter gemäss redet, ist durchgängig anstössig ge­ wesen. Warum kann Amor nicht diese Stelle vertreten, da er ohnehin gleich darauf sich in die Sache mischt und am Ende sich geschäftig erweist ? . . ." Die wichtigste Aenderung also, die TKümmel auf Uzens Vorschlag vornahm, bedingte eine Umgestaltung des Planes, welcher der Dichter auf das beste Rechnung

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trug. Die Gestalt Luthers verschwand gänzlich. Die bemängelte Einheit der Zeit wurde durch eine leichte Verschiebung hergestellt, indem die Erzählung in dem Zeitpunkte einsetzt, da Wilhelmine nach vierjähriger Anwesenheit am Hofe den ersten Besuch in ihrer Heimat macht. Ihre Abholung aus dem Vaterhause durch den Hofmarschall wird als Episode dem ersten Gesänge ein­ verleibt, wogegen die Scene in der Dorfschenke, auf eine passende Gelegenheit verspart, in den Beginn des zweiten Gesanges verlegt wird. Auch auf die übrigen Vorschläge Uzens ging Thümmel ein, änderte im Sinne seiner Angaben und feilte auch darüber hinaus im einzelnen an der Dich­ tung, wie aus den Lesarten ersichtlich ist. Seine Aende­ rungen sind sämtlich Besserungen. Fraglich bleibt dies nun in einem Punkte, bezüglich Luthers. — Aus den Worten der Vorrede zur zweiten Auflage spricht unverkennbar nur eine resignierende Zustimmung des Dichters zu den Forderungen der Freunde. Diese An­ sicht bestätigt auch L. M. Weissenborn in seinem bio­ graphischen Beitrag zu Thümmel (Zeitgenossen, Neue Reihe, Band I, Heft IV, S. 129 ff.). Er erwähnt aus mündlicher Ueberlieferung des Dichters, dass Thümmel in späteren Jahren sich oft in beissenden Bemerkungen über seine „den Schulgebrauch zum Wortgebrauch machenden Freunde,11 die ihn zu jener Aenderung be­ wogen hatten, erging. Thümmel fühlte mit Recht, dass durch die Ausscheidung Luthers eine Lücke in den treibenden Motiven der Handlungsweise des Helden ent­ stehe, eine Lücke, die durch das alleinige Auftreten Amors nur teilweise verdeckt wird. Denn es erwächst eine neue Schwierigkeit in dem Widerspruche, dass der beschränkte, doch rechtgläubige Dorfprediger einem heidnischen Traumgesicht ohne Bedenken Einfluss auf seine Handlungen einräumt. Betrachtet man die Dichtung in ihrer ersten Ge­ stalt, so muss man ihr auch eine andere Beurteilung zu

XI teil werden lassen. Luther ist darin nicht mehr ganz Maschine in dem Sinne eines Zachariä und Uz, sondern seine Erscheinung im Traume findet eine natürliche Erklärung aus dem psychischen Leben des verliebten, pedantischen Magisters. Eine gleich natürliche Lösung deutet der Dichter bei ähnlichen Anlässen an, z. B. nm Schlüsse für den „schwarzen Dämon,“ dem die Bauern ihre Rettung verdanken, womit auf den Schorn­ steinfeger hingewiesen ist. Die Komik verschiebt sich dadurch von den Maschinen auf die Charaktere, die die Grundlage der komischen Erzählung und weiterhin des komischen Romanes, Thümmels eigensten Schaffens­ gebietes, sind. Billigt man diese Auffassung, so bedarf es keiner weiteren Rechtfertigung für den Neudruck der ersten Ausgabe dieser einst so gefeierten Dichtung. In der Umarbeitung, der auch in unserer Zeit wiederholt gedruckten Gestalt, repräsentiert sich die „Wilhelmine“ als eine gelungene Fortsetzung der Be­ strebungen auf dem Gebiete des komischen Heldenge­ dichtes, deren wahrhaft poetische Prosa allerdings nur wenigen der Zeitgenossen voll zum Bewusstsein ge­ kommen zu sein scheint. Das zeigt die Menge frucht­ loser Nachahmungen, deren keine einen Vergleich mit dem Vorbild aushält. Die „Wilhelmine“ kennzeichnet demzufolge den Endpunkt in der Entwickelung einer vielbeliebten Dichtungsart des XVIII. Jahrhunderts und leitet in ihrem ganzen Wesen bereits zu jener Form hinüber, die durch Wieland, gleichzeitig und unabhängig von Thümmel, der klassischen Reifezeit unserer natio­ nalen Dichtung in die Hände arbeitet. Auch von dieser Erwägung aus verdient das Werkehen dauernde Wert­ schätzung. Den meisten Dank schulde ich dem Herausgeber dieser Sammlung für die zahlreichen Anregungen und Winke, mit denen er mich bis zur Beendigung des Druckes bereitwilligst unterstützte. Herrn Otto Göritz in Berlin, der mir jederzeit zu den von ihm verwalteten

XII Sammlungen Zutritt gestattete, bin ich für sein freund­ liches Entgegenkommen zu Danke verpflichtet. In dieser Bibliothek fand ich den Druck der r Wilhelm ine11* von 1769.

Berlin, im Februar 1894.

Richard Rosenbaum»

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Erster Gesang. Ich singe das Abentheuer, das ein Dorfpfarr, der

Liebe wegen, erdulden mußte, ehe sie ihn mit dem er» seufzten Besitze seiner Geliebten belohnte. Feindlich empörten sich die langsam athmende Schwermuth, die fröhliche Thorheit, die Jntrüge des Hofs und der bäurische Blödsinn wider die ruhigen Tage des Pastors; doch seine Standhaftigkeit siegt' endlich durch die Hülfe des Amors, und sein [4] ausgestandenes Leiden verschönert seinen Triumph. Der große Gedanke, der sonst die deutschen Dichter erhitzt, daß sie die Freuden des Tags und die Erquickung der Nacht — daß sie die Peiniger der menschlichen Natur, Hunger und Durst, und die größern Quaalen der Dichter, den Spott der Satyre und die Faust des Kunstrichters verachten — Dieser große Gedanke: Einst wird die Nach­ welt mich lesen — hat keinen Antheil an meinen Ge­ sängen. Dein belohnendes Lächeln allein, römische Muse! reizt mich an, diesen neuen Sieg der Liebe zu singen; und will ja die Göttinn des Ruhms der süßen Bemühung des Dichters noch eine Belohnung hinzu thun, so sey es der theure Beyfall meiner Caroline! Sie lese dieß Lied, das ich, entfernt von Ihr, aus Einsamkeit sang, meinen Geist zu ermuntern! Ihr harmonisches Herz schwell' auf; Unwillig über den Einfluß [»] des glücklichen Dichters, in ihr jugendlich wallendes Blut, verschlucke Sie dann eine doppelte Dosin Bezoarpuloer, und seufze nach meiner Zurückkunft! Nah an der glänzenden Residenz eines glücklichen Fürsten, nicht fem von der schiffbaren Elbe, verbreiteten

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sich in dem anmuthstigen Thale, hundert kleine Wohnungen ftöhlicher Landleute. Junge Haselstauden und wohlriechende Birken verbauten dieß Landgut in Schatten und versüßten dem fleißigen Taglöhner die entkräftende Arbeit, wenn der Hundsstern wüthete, und entblättert vom Boreas flammte dieß nutzbare Gebüsch in wohlthätigen Oefcn, wenn der Winter das Thal mit Schnee füllte, und nun ein Nach­ bar zum andern schlich, um die vielen müßigen Stunden etwan durch die Thaten eines preußischen Helden oder eines freygebigen Kobalts zu verkürzen, oder auch über die Policeybefehle der Regierung zu spotten. So [6] leb­ ten diese Hüttenbewohner ruhig und mit jeder Jahrszeit zufrieden. Ein exemplarischer Pfarrherr und ein fried­ fertiger Schulze waren ihre einzigen Beherrscher; denn der Junker des Dorfs verbrauste seine Renten in dem römischen Frankreich; Hätt' ihm das holde Gesicht der Tochter seines Verwalters, nur ein einziges mal geglänzt, er würde gewiß nicht mit seiner Unterthanen Tribut eine abgedankte Opernprinzeßinn ernähren; Ach! er hätte gewiß zu seiner Landsmänninn Ehre, als ein edles Gespann, ihren Siegeswagen gezogen! Aber niemand bewunderte noch Willhelminen. Schon der sechzehnte Frühling hatte ihre Wangen mit einer Hähern Räthe gemahlt, ihre Augen funkelnder gemacht und ihr Haar schwärzer gefärbt. Ihr Halstuch erhob und senkte sich schon, und keiner — Isis möglich? keiner von den hartherzigen Bauern gab Achtung darauf. Sie selbst [7] wußte noch nicht über süße Gedanken der Liebe zu erröthen, ihr Herz klopfte in immer ruhigen Pulsen, wenn sie einsam das verdeckte Veilchen aus dem hohen Rietgrase hervorpflückte, ein wahres Bildniß ihres eignen jungfräu­ lichen Schicksals, oder wenn Sie an dem Ufer des klaren Bachs sitzend, die bunte Forelle mit geschwinden Augen verfolgte, und indeß den schönen Gegenstand der Natur, Ihr wiederscheinendes Gesicht aus der Acht ließ. Ihr freundlichen Nymphen, die ihr so oft das mächtige Ver­ gnügen eures eigene» Anschauens genossen habt! bedauert

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diese Unglückliche — aber noch eifriger werdet ihr Sie bedauern, ihr männlichen Kenner der Schönheit! denn nie­ mand — ich wiederhol' es mit Jammer, niemand als ein frommer schüchterner Mann, der Magister, hatte bis itzt den feinen Verstand gehabt, Ihre Reize zu bemerken, und nur von ihm ward Sie heimlich geliebet. Mit welchem zittern-ssfden Vergnügen empfieng er nicht den Decem von Ihren schmeichelnden Händen, und mit welcher süßen Be­ täubung unterschied er nicht ihre liebliche Stimme, wenn Las andächtige Geschrey der Gemeinde durch die Sacristey in sein lauschendes Ohr drang. Wie glücklich konnte nicht die Liebe ihn machen! Aber zwo andere Leidenschaften, fast eben so mächtig als jene, stritten heftig in seiner theo­ logischen Seele, jagten die Liebe heraus und legten den Grund zu dem grausamen Schicksale des Pastors. Der Stolz war es und die Begierde nach einem bequemlichen Leben! Denn wenn ihn auf der einen Seite seines hinfälligen Herzens, die Tochter des vornehmen Kirchen­ raths mit ihrer Neigung verfolgte, so bestritt es auf der andern die Ausgeberinn des Präsidenten. Ihre Wahl war der gewisse Beruf zum Vorsteher der Kirche: Als Super­ intendent konnt' er alsdann eines langen ruhigen Lebens genießen, von den Truthäh-ssjnen seiner freygebigen Diöces, und den Complimenten gemeiner Pfarrherren gemästet. So wird oft ein Knabe geängstet, wenn ihm sein lachender Vater ein Stück kräftiges Brodt und eine einzelne wohl­ riechende Erdbeere vorlegt. Was soll er wählen? Sein Gaum verwirft was sein hungriger Magen verlangt, doch seine minutenlange Näscherey verachtet das Elend des ganzen Tages — Kurz entschlossen verschluckt er die Erdbeere und übertäubt das Murren seines Magens durch erzwungene Gesänge. Eben so gewiß würde auch endlich der verliebte Magister seine kleine Willhelmine gewählt haben, wenn nicht das feindliche Ohngefähr und der hämische Neid den Unentschlossenen überrascht und vier lange Jahre seine Liebe getäuscht hätten. Ein Spührhund der Schönheit, ein leichtfertiger Page,

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der einst in seinem Müßiggänge diese ländliche Benns er­ blickte, prahl-siojte so laut mit seiner Entdeckung, daß sein verliebtes Geschwätz durch fünfzig Thüren in die Ohren des aufmerksamen Hofmarschalls erscholl, der sogleich den sultanischen Entschluß faßte, mit den Reizungen der holden Willhelmine den Hofstaat zu verschönern und Sie dem unsaubern Dorfe und der List eines Pagen zu entziehen. Wenn die weibliche Aelster in der Mitte deS Weinbergs eine volle Traube entdeckt, die von hundert Blättern beschützt die letzte Zeit ihrer Reife erlangt hat: so erweckt oft dieß prophetische Geschrey bey dem reisenden Hand­ werksmann ein durstiges Nachdenken — Er ersteigt den Weinberg und entzieht dem Stocke und der verjagten Schwätzerinn die vortrefflichsten Beeren. Der entschloßne Hofmarschall fuhr von der Cabale, seiner beständigen Schutzgöttinn, begleitet, in hoher Person zu Nicklas, dem Verwalter, übersah mit geschwind for-slls schenken Blicken die Schönheit des verschämten Landmägdchens, und es währte nicht lange, so hatte er seine großmüthige Absicht eröffnet. „Ich will, sagte er freundlich zu dem Alten, eure schöne Tochter in den glänzenden Posten einer fürstlichen Kammerjungfer erheben: Dieß ist die Ursache meines Besuchs.----------------Betäubt von der höflichen Rede des vornehmen Herrn, stund der alte Verwalter vor ihm, strich ungeschickt mit dem Fuße aus und fühlte ängstlich seine Verwirrung. Der feine Hofmarschall ließ ihm Zeit, Athem zu holen, und versuchte indeß mit Willhelminen zu sprechen: aber die Schöne verstummte, blinzte mit den Augen, und ihr Blödsinn zeigte ihm eine so weiße Reihe von Zähnen, die ihm noch nie die vornehme Sucht zu gefallen, in dem langen Laufe seines Lebens verrieth. Die Verlegenheit der Tochter weckte zuletzt den Alten aus seiner Betäu-sissbung. Er nahm stotternd das Wort, und als Vater geboth er der Schöne, Sie möchte, weil einmal ihr gutes Glück es ver­ langte, zur Reise nach Hofe sich geschickt machen; und über den gütigen Herrn schüttete seine schwere Zunge tausend

7 unvollendete Wünsche und abgebrochene Danksagungen aus; und beredtere Thränen strömten von seinen bleichen Wangen herunter. Damals waren noch zwanzig Minuten genug, die Schöne in ihren besten Putze zu kleiden; alsdenn hob sie der vergoldete Herr in seine verhenkte Carosse, und sechs wiehernde Hengste jagten durch die Reihen unzähliger Bauern, denen das starre Erstaunen die weiten Mäuler geöffnet. Aber welche Muse beschreibt das Entsetzen des studierenden Magisters, als in sein düstres Museum der freudige Nicklas hereintrat und ihm das wunderbare Schicksal entdeckte, das seine arme Willhelmine zu einer hoch­ fürstlichen Kam-fl3fmerjungfer erhoben I Ohne Gedanken hört' er die dreymal wiederholte Geschichte des Verwalters, der ihn endlich unachtsam verließ, sein häusliches Glück den Gevattern, und der Versammlung der Schenke zu verkündigen, Wie schien sich doch alles zur Feyer dieses seines glücklichen Tages zu verbinden! Er hörte schon von weitem den Schall einer muthigen Fiedel. In der Freude seines Herzens vergaß er sein Alter und tanzte mit Jauchzen der har­ monischen Schenke entgegen. Ein ungewöhnlicher Schimmer umleuchtete heute ihre rostigen Wände — Denn das Schick­ sal vergönnte diesen Abend den fröhlichen Bauern ein seltnes Vergnügen. Die Schauspielkunst war vor kurzem mit allem dem Pomp ihrer ersten Erfindung etngezogen. Welch ein frohes Getümmel! Welch eine Lust! Ein vielstimmiger Mann schwebte wie Jupiter unsichtbar über eine lärmende thörichte Welt, lenkte mit seiner Rech-sl4jten ganze tragische Jahrhunderte und regierte mit gegenwärtigem Geiste die schrecklichsten Begebenheiten und Veränderungen der Dinge, über welche die weisesten Menschen erstaunen. Itzt sah man hochmüthige Städte, wie sie sich über die Dörfer erheben — und augenblicklich darauf eingeäschert oder in einem Erdbeben versunken; Rom und Carthago, Troja und Lissabon wurden zerstöhrt, und der Hellespont schlug über ihre stolzen Thürme seine Wellen zusammen! Was hilft es euch, ihr Tyrannen, daß ihr über Länder geherrscht, arme Bauern gerückt, und Nationen elend gemacht habt?

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denkt ihr wohl der Strafe des Zevs zu entfliehen? Ja, da sieht mans — Hier liegt nun der grausame Nero in seinem Blute und wird von seinen eigenen Grenadiren zertreten! Bald wird es auch an Dich kommen, Du überwüthiger Mann I Heliogabalus! Pompejus! oder wie Du sonst heißen magst — [15] Seht nur, wie stolz er ein­ hergeht und alle Leute verachtet, aber Jupiter winkt — und nun wird er unter Donner und Blitzen von den Sara­ cenen ermordet. Doch wer kann sie alle zählen — die Wüthriche, die hier fallen; und wo wollte ich Worte her­ nehmen, die blutigen Scenen zu beschreiben, die die ge­ rührten Zuschauer mit lautem Lachen beehren? Itzt sah man auch das bedrängte Friedrichshall von Carln dem Zwölften belagert! Schon war die Pistole gespannt, die diesem schrecklichen Helden das Leben endigen wird — und schon wurden die Laufgräben geöffnet und alles war voller Erwartung, als — der alte Verwalter herein trat. Bey seiner längst gewünschten Ankunft verstummte die Fiedel — Die große Versammlung der Zuschauer hob sich von ihrem Sitze — schmiß eine allgemeine Bank um und grüßte freundlich den Alten — Eine Ehre, die vor ihm noch kein Sterblicher genoß — als allein der ehrwür-si6]dige Cato — und die vielleicht nach ihm keiner wieder ge­ nießen wird! Dieser Zufall schob die Belagerung auf — eine glückliche Pause für Carln! und selbst der Regierer der Welt stieg itzt in seinen Cothurnen von dem hohen Sitze des Olymps herunter, und ein ernsthaftes Still­ schweigen der ganzen Natur forderte den Alten auf, seine glückliche Geschichte zu erzählen. Er that es mit vertraulicher Beredsamkeit, und man hörete ihm zu mit sicht­ barem Erstaunen und stämmte die Hände in die Seiten und schüttelte mit bedenklichen Minen die Köpfe. Aber was leidest du nicht indeß, bey diesem allgemeinen Jubel, o du armer Verlassener! Welche Menge von vielsagenden Seufzern und welch eine Fluth von bittern Thränen wurden nicht täglich von Dir der erzürnten Liebe geopfert: aber sie blieb unerbittlich und der klägliche Liebhaber be-

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zeichnete diesen schrecklichen Zeitpunkt seines Verlusts mil­ den größten Trophäen [17] der Schwermuth — mit rothgeweinten Augen und zerrungenen Händen. Und wenn er die ganze Woche hindurch in der Einsamkeit seiner ver­ rußten Klause getrauert hatte, dann winselte er am Sonntage der schlafenden Gemeinde unleidliche Reden vor, und selbst bei dem theuer bezahlten Leichensermon verließ ihn seine sonst männliche Stimme. Vier Jahrgänge hatte er also beschlossen. Mit zitternden Händen geschrieben und auf einen Haufen gesammelt, lagen sie in einem verriegelten Schranke, oft von andächtigen Würmern besucht, die höf­ licher für die dankbare Nachwelt sorgten und alle Buch­ staben zerfraßen, als der betrogene Buchhändler, der so oft mit drolligten Postillen den einfältigen Freygeist be­ lustigt. Aber die comische Muse hüpft ängstlich über den heiligen Staub und über die traurigen Scheduln des Pastors. Sie soll den glücklichen Traum erzählen, der ihn, bewill­ kommend an der letzten Stufe des [18] Jahrs, mit dem Besitze seiner Geliebten und dem Ende seines schwindsüch­ tigen Kummers schmeichelte. In der zwölften Stunde der Nacht, damals, als sich das zwey und sechzigste blutige Jahr deS achtzehnten Seculs, von wenig Minuten loszuarbeilen suchte, um sich an die Reihe so vieler vergangenen Jahrtausende zu hängen: So wie der furchtbare Nachtvogel*) auf dessen Rücken die Natur einen Todtenkopf gebildet, sich mühsam aus dem Gefängnisse seiner Puppe herauswindet, seine schweren Flügel versucht — und verschwinden würde, wenn nicht ein natur­ forschender Rösel sein Leben verfolgte — Der pfählt ihn mit einem glühenden Pfriemen gleich nach seiner Geburt, und setzt diesen gräulichen Vogel in die bunte Gesellschaft der Schmetterlinge, Heuschrecken und Käfer. [19] Da erschien dem eingeschlummerten Dorfpfarm jener große Verfolger des Pabsts, der herzhafte Doctor Martinus — lebhaft erschien er ihm, wie ihn für alle

*) S. Rösels Jnsecten-Belustigung.

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künftige Zeiten Lucas von Kranach gemalt hat. Sein alter getreuer Mantel, wie ihn die Schloßkirche zu Wittenberg sehen läßt, hieng ihm über die Schultern — aber er floß ihm nicht mehr wie ehmals ehrwürdig am Rücken herab; denn der Aberglaube hatte davon mehr Stücken gerissen, als die-alles verderbende Zeit und die Zähne der Motten: Und noch vor kurzem raubte ein unternehmender Schul­ meister den halben Kragen des Mantels; In enthusiastischem Hochmuthe glaubt er schon die Kräfte seiner Eroberung, den Zuwachs neuer Verdienste und den Antheil an Luthers unerschrocknem Geiste zu fühlen — Freudig und dumm geht er zurück in sein Dorf, schimpft ungerochen den Pabst, und nun versucht er es auch zuversichtlich an seinem ®e=[20] richtsherrn. Doch siehe da! der arme Betrogene wird bald von seinem eigenen Gevatter, dem Schöppen, ins Trillhaus geführet, von allen den jauchzenden Jungen verfolgt, die nun Feyertage auf eine ganze Woche bekommen. Und der Schatten sprach also zu dem träumenden Magister: „Lieber Herr Amtsbruder! Oft habe ich mit Deinen Thränen meine besten Schriften befleckt gesehen und Deine verliebten Seufzer gehöret, wenn Dein Fleiß bald eine Stelle der Erbauung aus meinen Briefen, bald aus meinen Tischreden eine lustige Geschichte ausschrieb, wo­ mit du die gähnenden Bauern zu rechter Zeit wieder erwecktest. Warum erröthest du? O! schäme dich nicht, mir deine keusche Liebe zu gestehn ! War ich nicht selbst der erste unter den Priestern, der es auf Paulus Verant­ wortung wagte, ein zärtliches Weib zu nehmen? Sollte einem Ken-ssijner der Kirchengeschichte, sollte dir unbesannt seyn, wie ich einst dem neidischen Kloster das schönste Fräulein entriß? Ach Catharina, Catharina von Bora! wie sehr beglückte deine Liebe mein einsames Leben! Und du — du verzagst, dem Hofe ein Mägdchen zu entziehn, das von keiner eisernen Thüre verschlossen, von keiner Aebtissinn bewacht, und von der Klostergelübde weit ent­ fernt ist, eine ewige Jungfer zu bleiben? Höre meinen liebreichen Rath: Morgen wird die reizende Wtllhelmine

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ihren Vater besuchen. Von keinem Höflinge begleitet, wird sie des Mittags zu ihm fahren — Welch ein bedeutender Wink, den die Liebe dir giebt — Folg' ihm — erhebe dich in Willhelminens Gesellschaft, und eröffne Ihr deine brennende Neigung! Sie — die gleich einem leichten Federballe von Hand in Hand geworfen — in der Höhe des Hofs flatterte — oft mit Schwindel herabfiel [22] und wieder in die Höhe gejagt ward — Sie — die von den Zofen des ganzen Landes verfolgt, der Ruh entgegen seufzt— Sie, ich schmeichle dir nicht, wird froh seyn, an deiner ehrwürdigen Hand den Widerwärtigkeiten der großen Well zu entwischen — und ehe diese Neujahrswoche verläuft, kannst Du für Deine treue Liebe belohnt seyn — aber versäume — versäume diese unwiederbringliche Zeit nicht!" Dieß sagt' er, und wie der scherzende Ovid oft aus den Händen des geistlichen Studenten den heiligen Cyprian verdrängt, so verschwand itzt der Wittenbergische Doctor, und Amor erschien an eben der Stelle und fieng lächelnd die letzten Worte des geistlichen Schattens auf: „Aber versäume diese unwiederbringliche Zeit nicht, ehe der feindliche Hofmarschall seine Brunnencur schließt, und die Schön­ heiten wieder aufsucht, die itzt sein durchwässertes Herz medi-[23]cinisch verachtet. Wasche Dich — pudere Deine beste Perücke; dein schwarzer Rock soll dir in deiner Eroberung nicht schaden: nur sey so dreust und munter wie ein Kammerjunker; dieser siegt oft auch in der Trauer des Hofs, nicht immer im fröhlichen Jagdkleide." Nach diesen Worten verschwand der wahrheitliebende Amor, und die an Wiederholen gewöhnte Seele des theuern Magisters wiederkäuete noch dreymal diesen glücklichen Traum, und er hatte ihn im frischen Gedächtniß, als er aufwachte.

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Zweyter Gesang. Die neue Sonne rollte den jungen Tag deS Jahres

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herauf. Ihr ungewohnter Blick übersah schüchtern die Planeten, die Sie bescheinen sollte, und nun wandte Sie auch Ihr unschuldiges Gesicht zu unserer Erdkugel. Ein Heer vorausbezahlter Gratulanten jauchzt' Ihr entgegen, andre — unglücklicher, zerrissen das Neujahrsgedicht, seit bem frostigen September geschmiedet; denn ihr alter Mäcen ist den heiligen Abend vorher gestorben, und hinterläßt geizige Erben, die den Apoll samt den Musen verachten und ungeheißene Arbeiten niemals großmüthig belohnen. Verjährte Rechte, drohende Wechselbriefe, erfüllte Hoffnun­ gen und erseufzte [25] Majorennitäten, drängten sich auf den Strahlen des neuen Lichts in das beunruhigte Herz der erwachten Sterblichen. Aber friedliebend und sanft wirkt Sie, die mächtige Sonne, auf die Felsenherzen der Großen und in die morschen Gebeine der Helden, die itzt voller Neigung zur Ruhe sich beschwerlich von ihren Lagern erheben, um ihre Wunden verbinden und die Merkmaale ihrer Tapferkeit vernähen zu lassen. Stolz auf ihr Elend behängen sie den krüpplichen Körper mit den bunten Zeichen des gnädigen Spottes der Fürsten, mit dem theuern Spiel­ werke von Kreuzen und Bändern; und die Empfindung ihres Heldenlebens wüthet in jeglicher Nerpe. Betäubt von den murrenden Wünschen der Thorheit und von den lauten Seufzern des Unglücks, stund die Sonne in weh­ müthiger Schönheit am Himmel, fürchtete sich, länger herab zu schauen, und versteckte sich oft hinter ein trübes Gewölle. So steht ein blü-[26]hendes unschuldiges Mägdchen, zu arm ihr junges Leben zu erhalten, vor der versammelten Schule der Mahler, und verräth die geheimsten Schönheiten der Natur, für einen geringen, unbilligen Preis, der Betrach­ tung der Kunst. In schamhafter Einfalt versteckt sie ihre mächtigen Augen hinter einer ihrer jungftäulichen Hände, indem sie mit der andern das letztere neidische Gewand von

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sich legt, das ihre Reize verbarg, und nun — ängstlich erwartet sie nun den Verlauf der verkauften Stunde. Die geschicktesten Jünglinge zittern bey dem Anblicke der un­ verhüllten schönen Natur, und ihre sonst gewisse Hand zeichnet Fehler auf das gespannte Papier. Der minderjährige Knabe allein übertrifft hier seinen Meister; denn in seinem kleinen noch fühllosen Herzen liegen jene sym­ pathetischen Trieb' unentwickelt, und seine Hand lernt' eher der Kunst, als jenes der Liebe gehorchen. Und der hoffende Pfarrherr gieng [27] in der Frühe zu Nicklas, dem Verwalter, wünschte ihm ein fröhliches Neues­ jahr und ließ sich wieder eins wünschen; dann erzählte er ihm seinen nächtlichen Traum bündig und kürzlich — denn die gebiethenden Glocken hatten schon zum drittenmale geläutet, und die geputzte Gemeinde sah sehnlich ihrem Herrn Pastor mit seinem Neujahrswunsche ent­ gegen. Ach wie fröhlich klopfte nicht Nicklas dem Herm Magister die Achsel, und zweifelte gar nicht an der Er­ füllung des Traums. Hurtig bestellt' er die Küche, da­ mit sie, würdig des lieben Besuchs, viele schmackhafte Gerichte den Mittag zu liefern vermöchte. Er bath auch den werthesten Träumer zur Tafel, und gieng an seiner rechten Seite, mit ihm vertraulich zur Kirche. Der künftige Herr Schwiegersohn hielt eine erbauliche Predigt, bis unter Singen und Bethen die Mittagssonne hervortrat. Schon eilte die buntschäcktge Gemeinde mit gesättigter Seele und hung­ rigem Magen nach [28] Hause, als die gehoffte Caroffe zur Höhe des Dorfs hereinschimmerte. Wie eilte nicht der rappenfärbichte Herr, den sechs Schimmeln vorzukommen, um auf Befehl des Traums die Schöne aus dem Wagen zu heben. Keichend schmählt' er auf sich, daß er so lange gepredigt, aber dennoch überholt' er die rollende Kutsche, und er empfieng die holde Willhelmine an der Thüre ihrer vormaligen Wohnung. Von dem Zuruf ihrer herzuge­ laufenen Bekannten begrüßt, reichte sie, nicht mehr als eine Nymphe des Dorfs, ihrem unerkannten Liebhaber die Hand mit kostbaren Ringen sezieret, und sagte höflich zu

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ihm: Wie geht es, werther Herr Pastor? Darauf um­ armte sie ihren alten meinenden Vater, der vor der Hof­ stimme der Tochter erschrack, und nicht wußte, ob er mit seiner bäurischen Sprache ihre Ohren beleidigen dürfte. Noch scheuer und in einem unaufhörlichen Bücklinge stund ihr Liebhaber vor ihr, [29] und hustete immer und sprach nichts. Lange getraute er sich auch nicht, sie anzublicken; denn ihr hüpfender Busen, von keinem ländlichen Hals­ tuche bedeckt, war ein zu ungewöhnlicher Anblick für ihn, und setzte seine Nerven in ein fieberhaftes Erzittern. Mit zufriednem Mitleiden beobachtete Willhelmine den Einfluß ihrer Person, und riß endlich Vater und Liebhaber aus ihrer Betäubung. Ihre harmonische Stimme bildete manche vertraute Erzählung, bald von den Freuden des Hofs, von englischen Tänzen und überirdischen Opern und von den unnützen Verfolgungen ihrer Amanten; bald aber auch bejammerte sie mit nachdenkender Stirne den steten Wechsel des Hofs und den Ekel, der, ein unermüdeter Verfolger aller rauschenden Ersetzungen, hinterlistig dem taumelnden Höflinge nachschleicht — und da wünschte sie sich — Welch ein Vergnügen für den horchenden Priester — einst [30] wieder mit Ehren zur glücklichen Stille des Landes zurück. Unter diesen anmuthigen Gesprächen, wovon meine Muse nicht die Hälfte verräth, setzte sich diese liebe Gesellschaft vertraulich und ohne Gebethe zu Tische. Erschrocken dachte zwar der Magister daran, doch durst' er es itzo nicht wagen, sich wider die Gewohnheiten des Hofs zu empören. Um das Mittagsmahl zu verherrlichen, hatte die schöne Tochter des Hauses vier Flaschen köstlichen Weins mitgebracht — Sie öffnete eine davon, und schenkte mit wohlthätigen Händen ihrem Liebhaber und Vater, schäumende Gläser ein. Lange besah der Magister das unbekannte Getränke, kostete es mit der Mine des Kenners und ließ doch sein Feuer verrauchen! Endlich fragte er pedantisch — Liebe Mamsel, für was kann ich das eigentlich trinken? Lächelnd antwortete sie: Es ist von unserm Burgunder. Nach ihm [31] setzte man auch eine langhälsichte Flasche des stillscheinenden bleichen

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Champagners auf die Tafel. Schon ganz freundlich durch den Burgunder, reichte sie der Magister den befehlenden Händen der Schöne: aber er wäre bald vor Schrecken versunken, als der betrügerische Wein den Stöpsel an die Wand schmiß, und wie der vogelfreye Spion, der sich einsam und sicher in dem Walde geglaubt hat, durch dm Mörser eines feindlichen Hinterhalts aus seiner Ruh ge­ schreckt wird •— so betäubte der schreckliche Knall die Ohren des zitternden Pastors. Erst auf langes Zureden und hundert Betheurungen der Schöne, trank er den tückischen Wein, und er empfand bald dessen feurige Wirkung; denn nun öffnete der laute Scherz und der wiederkehrende Witz seine geistigen Lippen — Antithesen und Wortspiele jagten einander, und da gewann er auf einmal den ganzen Bey­ fall der artigen Willhelmine, wie ihm [32] sein wahrhafter Traum vorher verkündigt hatte. Itzt erschrack er nicht mehr vor dem aufrichtigen Busen, den er selbst belebender fand, als den brausenden Champagner — Dreymal hatt' er mit lüsternen Augen hingeschielt, da ward er so dreust und wagte es, von dem alten Verwalter unterstützt, das Herz der englischen Kammerjungfer zu bestürmen. So viel Waffen der Liebe als nur seine unerfahrne Hand regieren konnte; so viel als ihm nur zärtliche Blicke und gefälliges Lächeln zu Gebothe stehen wollte, verwendete er auf die Hoffnung einer geschwinden Eroberung. Welch eine Verschwendung von süßen zärtlichen Worten! Erstaunt sah Willhelmine ihren dringenden Feind an, und dreymal wankte sie — aber ein geheimer Stolz und die Rücksicht auf den präch­ tigen Hof erhielt sie noch, bis ihr endlich Vater und Lieb­ haber, immer einander unterbrechend, das Wunder [33] des Traums entdeckten — Denn da erkannte sie selbst in allen die sichtbaren Wege des Himmels und ihren Beruf, und durch die Beredtsamkeit des Pastors bekehrt, entfernte sie allen Zwang des Hofs von ihren offenherzigen Lippen: Wohlan I sagte sie, nachdem sie in einer kleinen freundlichen Pause die Beschwerden und die Vortheile des Hymen gegen einander gehalten, und noch die reife Ueberlegung

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ans ihrer hohen Stirne saß — „Wohlan! ich unterwerfe mich den Befehlen meines Schicksals; ja, ich will selbst mit Vergnügen das unruhige Leben des Hofes mit den Freuden meines Geburtsorts vertauschen, und da Sie mich einmal lieben, Herr Pastor, so würd' es unzeitig seyn, spröde zu thun — ich sehe die Ungeduld Ihrer Neigung auf Ihrem Gesichte! Kommen Sie her, mein Geliebter, und — Welch ein Triumph für einen Unerfahrenen, der nie den Ovid und [34] das System einer versuchten, klugen Lenclos gelesen — „küssen Sie mich, und nehmen Sie zum Zeichen unserer Versprechung diesen Ring an!" Und mit unaussprechlichem Vergnügen kam der schwerfällige Lieb­ haber gestolpert — küßte sie dreymal, und macht' es zur Probe recht artig. Sie steckt' ihm einen Demant, in Form eines flammenden Herzens, an das kleinste Glied seines Fingers, nnd Er — welcher Tausch, hätt' ihn nicht die duldende Liebe gerechtferUgt — überreichte Ihr einen ziegel­ farbenen Carniol, worein ein Anker gegraben. Nun brachte jede Minute neuen Zuwachs an Liebe und Vertrauen in ihre verbundene Gesellschaft und frohe Gespräche von ihrer baldigen Hochzeit beschäfftigten ihre unermüdeten Lippen — Da sagte Willhelmine diese merkwürdigen Worte: „Morgen, wenn die Göttinn der Cabale auf den feuchten balsamischen Wol-[3S]ken des dampfenden Thees, nachdenkend an den kostbaren Plafonds herumzieht und ihre Anbether ermuntert, und wenn die eigensinnige Göttinn der Mode ihren Lieb­ ling, den Schneider, zu wichtigen Conferenzen der Staats­ räthe geleitet, oder damit Sie mich deutlich verstehen: Morgen, wenn es früh Zehne geschlagen, so rüsten Sie sich, mein Geliebter, und machen Sie Ihre schuldige Auf­ wartung bey unserm Hofmarschall; Bitten Sie ihn in dehmüthiger Stellung um die Erlaubniß zu meiner baldigen Heurath! Ich selbst will, ihn noch heute zu diesem Ihrem Besuche bereiten, und so werden Sie dann Morgen gar keine Schwierigkeit finden. Er ist der beste Herr von der Welt; und wenn meine Bitten, wie ich aus guten Gründen mir schmeichle, etwas bey ihm vermögen, so geben Sie Acht

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— so soll er selbst bey unserer Hochzeit erscheinen, und durch fei«[36]ne ehrende Gegenwart unser Fest ansehnlicher machen: Itzt aber theilen Sie, ohne Complimente, den Platz in meinem zweysitzigen Wagen, damit Ihnen der Weg nach einem fürstlichen Hofe nicht eben so sauer ankommen möge, als der benebelte Stetnweg zu Ihrem Filiale!" Zärtlich und süß versprach der gehorsame Lieb­ haber ihr in allem zu folgen, und an der Hand seiner Geliebten verließ er itzt sein trauriges Kirchspiel. Wer weiß, wie viele nicht indessen dieß Dorf und die Welt ohne seinen Abschied verlassen, und wie viele darinnen an­ kommen, die bey ihrer Geburt weder von dein Lächeln einer Melpomene, noch von dem stärkenden Anblick des Pastors, begrüßt werden! Nach drey kurzen hinweg geplauderten Stunden waren die beyden Verliebten in den Mauern der Residenz. Der ehrwürdige Fremde begab sich unter den Schutz [37] des wirthbaren Hirsches, und Braut und Bräutgam trennten sich hier bis auf ein glückliches Wiedersehn, mit höchst zärtlichen Küssen. Welche triumphirende Freude durchströmte nicht itzt das Herz des verliebten Magisters, als er sich, seinen Betrachtungen überlassen, in dem weiten Zimmer des Gasthofs allein sah! — Eine ganz andere Empfindung seines Glücks, als er selbst an dem vergnügten Tage seines überstandenen Examens nicht gefühlt hatte! Denn damals machte der Präsident seinem stotternden Ge­ schwätze, durch ein ungehofftes Bene, ein freudiges Ende, und die gelehrten Herren Beysitzer widersprachen es nicht. Sollten sie etwan durch lange Untersuchungen sich um die kurzen Lustbarkeiten der Messe und den schwitzenden Candidaten ums Amt bringen? O nein! Aus Menschen­ liebe hofften sie, er würd' es schon löblich verwalten, und sie überließen die Seelen der Bauern seiner Treue [38] und Gottes Barmherzigkeit. Mit mehrerm Rechte freu( er sich itzt, und schmeichelhaft fragt' er sich: Ist es nicht dein eigenes Verdienst, das sprödeste Mägdchen in einem Nachmittage besiegt zu haben? Wie wohl that ich, daß Deutsche Litteraturdenkmale. 48.

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ich meinem prophetischen Traume zu folge, mich so dreust und munter bezeigte, wie die vornehme Welt es verlangt. Ach welch eine Liebe für mich muß nicht in der Brust meiner Willhelmine erwacht seyn, da sie sich so eilig entschließt, den prächtigen Hof zu verlassen, um einem armen Dorfprediger zu folgen, dessen altfränkische Wohnung — wer weiß wie manche Reformation überlebt hat. Schon tönte der Wächter seinen letzten Nachtgesang, in einem tiefen verunglückten Baß — hüllte sich in seinen Schafpelz und beurlaubte sich von der Stadt. In gehö­ riger Entfernung schlichen die Spötter seiner Aufsicht, die glücklichen Diebe, ihm nach, [39] weckten den Thorschreiber auf und erreichten bald das sichere Gehölze: Und am Horizont stetig schon der Tag an zu grauen, eh' unser Verliebter einschlafen konnte. Wie war es auch möglich? Auf allen Seiten verfolgten ihn Unruh und Schrecken. Gleich höllischen Gespenstern rasselt' unter ihm mit Ketten der böhmische Fuhrmann: doch Gedanken der Liebe machten noch einen größer» Tumult in seinem zerrütteten Herzen, Aus Mattigkeit fiel er endlich in die Arme des Schlafs — Doch auch der Schlaf eines Verliebten ist Unruh — Denn so bald er das Bellen der Hunde und das Rasen des Windes nicht mehr deutlich vernahm, so bemächtigten ängstliche Ahndungen sich seines Gefühls. Bald träumt' er — seine berauschte Seele erhübe sich über das Zenith und begrüßte unbekannte Gefilde — dann glaubte er wieder in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen, schrie — sträubte sich — stieß sich an den [40] schlafenden Scheitel, und erwachte in einem plötzlichen Schrecken. So steigt ein lustiger Schwärmer durch die dunkle Nacht in einem Wirbel empor — wirft freundliche Sternchen von sich, und brauset unter den Wolken; bald darauf sinkt er — nun sinkt er — endet sein kurzes Geräusch, und zerplatzt mit einem lächerlichen Knall.

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Dritter Gesang. Schon blitzten die Strahlen der Sonne,

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spiel unserer itztlebenden Neutons, auf dem leeren Kopfe des Thurmes und der geputzten Coquette, die wie ein wach­ samer Feldherr schon früh mit dem sorgenden Gedanken ausgieng, welchen Posten sie heute besetzen, und welches Bollwerk sie heut' erstürmen sollte. Alle berühmten Schläfer der Residenz, alle Hofjunker und Staatsräthe waren er­ wacht. Einige verschluckten levantinischen Coffee und blätter­ ten im Herrn und Diener,*) oder bezeichneten, um nach vollbrachtem Tage weiter zu lesen, dankbar [42] die rüh­ rende Stelle, bey der ihnen den Abend vorher — die Gedanken in Schlaf Übergiengen. Mit edelm Eifer übten sich andere im Stillen die Zahlen der Würfel zu lenken, oder durch geschwinde Folien (ein mystisches Wort) sich über allen Wechsel des Glücks zu erheben. Die von flüch­ tigerm Geblüte flatterten schon über das Pflaster, um die blassen Fräuleins an der Toilette zu besuchen, und ihnen durch mächtige Scherze rothe Wangen zu schaffen. Aber noch immer schnarchte der müde Magister; ja! er würde gewiß den Endzweck seiner Reise, den so wichtigen Besuch bey dem Hofmarschall, verschlafen haben, hätte ihn nicht die käufische Stimme eines bärtigen Juden erweckt, der dreymal schon vergebens an die Stubenthüre klopfte. Haben Sie etwas zu schachern? schrie der Ebräer gewaltig hinein, daß die Fenster erklangen, und der betäubte Magister in [43] die Höhe fuhr. Der Ungläubige floh — erschrocken sah der schläfrige Christ nach seiner tombackenen Uhr, erstaunte, daß es so spät war, und warf sich schleunig in seinen bepuderten Schwarzrock. Halb träumend lief er über die Gassen und ohne Vorbereitung, den Complimenten des Hofmarschalls entgegen. Aber welche Muse beschreibt mir den Einzug des frommen Pedanten, *) Eine bekannte Schrift des Hrn. von Moser.

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in das vergoldete Zimmer des glänzenden Weltmanns? In einem Schlafrocke von Stoffe, der, o Wunder! von eben dem Stücke war, das auch Willhelminen ein Braut­ kleid geliefert, empfieng er den Pastor mit offner Stirne und satyrischer Mine, die sein schlauer Diener verstund, der hinter dem Rücken des armen Magisters die galante Falschheit wiederlächelnd bewunderte. Mit Husten und Scharrfüßen suchte der Supplicant den Eingang zur Rede; aber als Ceremoniennlcister trat der bellende Melampus ihm entgegen — nö-ft4sthigte ihn stille zu stehen, und zerstreuete die hervorquellenden Worte, daß sie ungehört vom Hofmarschall sich an den Spiegeln zerstießen, und ihr Wiederhall den bethenden Pfarrherrn in Angst und Schrecken versetzte. Endlich legte des Hofmanns mächtige Stimme dem ergrimmten Cerberus Still­ schweigen auf — Gehorsam kroch er zu den Füßen seines Herrn, und leckte schmeichelnd den saffianen Pantoffel. Darauf wandte sich die Rede zu dem immer sich bückendeu Verliebten: „Ich weiß schon Ihr Anbringen, lieber Herr Pastor, ist es nicht wahr? Sie wollen uns unsere Willhelmine entziehen? das schönste und ehrlichste Mägdchen in diesem ganzen Gebiethe! Habe ich es nicht errathen, Herr Pastor? Schon gestern hat sie mir selbst ihre Lieb' eröffnet und mit verschämten Gesichte um den glücklichen Abschied gebethen. Wohlan! Ich werde kein Hinder-ftss niß Ihrer Neigung und bescheidenen Bitte in den Weg legen, wenn Sie mir anders eine kleine Bedingung ver­ sprechen — Werden Sie nicht unruhig, Herr Pastor l Es hat mich unsere Willhelmine gebethen, morgen selbst bey Ihrer Hochzeit zu erscheinen — Mit Vergnügen will ich auch kommen, und will selbst eine Gesellschaft versammeln, die ihren Ehrentag glänzender machen wird, als eine Kirch­ meß — eine Gesellschaft, die meinem Stande gemäß ist — wenn Sie — Denn dieß sey die Bedingung — Wenn Sie die Tochter des alten Grafen von Nimmer vermögen, dieses Fest zu beleben. Er — der Ihr Nachbar ist, und oft vor Ihrer Kanzel erscheinet, wird sich nicht weigern.

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seine holde Clarisse, auf die Hochzeit eines erbaulichen Predigers fahren zu lassen — Der Comtesse aber sagen Sie heimlich: Ich würde darbey [46] seyn. Auf meinen Befehl, der über die fürstliche Küche gebiethet, sollen als­ dann hundert feite Gerichte Ihre hochzeitliche Tafel schmücken, und Madera — Rheinwein — Champagner und ächte Hermitage sollen in Ueberfluß fließen, wie in der heiligen Versammlung der Cardinäle, wenn sie eine ganze lange Woche hindurch, in dem einsamen Conclave sich weise ge­ hungert, und nun das Oberhaupt der Kirche durch ein entscheidendes Habet — habet —gewählt ist." Wie vergnügt hörte nicht der Verliebte diese freund­ lichen Reden — Gern und ohne Anstand versprach er, diesen leichten Befehlen zu folgen, um sich der hohen Ehre und Gnade würdig zu machen. Darauf nahm er Abschied und schnappte nach dem Zipfel des Schlafrocks: aber mit höflichen geübten Händen schlug der Hofmarschall beyde Theile zurück, strich mit dem [47] Fuße aus, und «mpfohl sich dem Schwarzrocke. Bald nach ihm trat Willhelmine herein, und brachte ihrem gnädigen Gönner Chocolade mit perlendem Schaume; da gab ihr der Marschall das Dokument ihrer Tugend, den ehrlichsten Abschied, sauber auf Pergament geschrieben, und siehe da! welche groß­ müthige Gnade! Er umarmte sie mit gefälligen Händen, und küßte sie zärtlich. Eine ganze sapphische Empfindung strömte durch ihr dankbares Herz, und trieb ihren wallen­ den Busen empor, daß der blaßrothe Atlas zu knistern anfieng, der ihn weit unter die Hälfte umspannte. Ach welch ein reizender Busen! 0 scherzhafte Muse beschreib ihn! Auf seiner linken Erhöhung lag ein mondförmiges Schönfleckchen angeheftet durch Gummi, von dem ein kleiner Liebesgott, immer mit drolligten Re-[48]verenzen die Blicke der Grafen und Läufer — Laqueyen und Freyherren auf sich zog. Aber itzt erhob sich dreymal die warme bebende Brust und trennte die gedörrte Musche vom Gummi. Der kleine Liebesgott — mit sammt seinem Gerüste, fiel — zwischen der Schnürbrust — unaufhaltsam hinunter, daß die Schöne

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schrie, und der ernsthafte Hofmarschall wirklich zu lachen anfieng. So fällt ein prahlender Zahnarzt unter die morschen Trümmer seines Theaters, indem er mit stampfender Beredtsamkeit dem Pöbel winkt, sein Rattenpulver zu kaufen. Sein erbärmlich Geschrey, und das laute Lachen des Volks betäuben den Jahrmarkt, wenn ihn nun aus dem theuern Schutte sein buntschäckichter Diener hervorzieht. [49] Mit einer bedeutenden Röthe rauschte bald die schöne Verlobte in die Versammlung der übrigen Zofen des Hofs, die schon ihre glühenden Wangen beneiden, aber Willhelmine vollendet ihrer aller Verzweiflung, als sie ihnen den papierenen Triumph zeigt, den sie itzt vom Hofmarschall erhalten. Aeußerlich klagen sie zwar ihre verkaufte Gespielinn: „Ach du armes verblendetes Mägdchen! So willst du denn fern von den Freuden des Hofs, und fern von deinem verbrämten Amanten, in der Einöde des Landes dein junges Leben verseufzen — und nur von Bauern bewundert, den stolzen Busen erheben? So willst du denn in einer dunkeln geistlichen Hütte, als Frau Magisterinn wirthschaften? Ach Du armes verblendetes Mägdchen!" [50] So klagten alle die Zofen, den Abschied der er­ weichten Willhelmine, aber heimlich wünschte sich jede, bald auch so beweinet zu werden, und in den sichern Armen des weiblichen Schutzgottes, des Hymen, den Wechsel des falschen Hofes zu lachen.

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Vierter Gesang.

Auf den Uhren war schon der Mittag vorüber, aber in den Häusern der Großen brach er erst mit festlichem so Pomp' aus der Küche hervor — Hekatomben rauchten ihm — Denn die mittägliche Sonne hat noch nicht ihre Anbether verloren — Mit mehrerm Eifer, als wohl jemals ein ägyptischer Priester gehabt, feyern sie täglich ihr Fest,

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schrie, und der ernsthafte Hofmarschall wirklich zu lachen anfieng. So fällt ein prahlender Zahnarzt unter die morschen Trümmer seines Theaters, indem er mit stampfender Beredtsamkeit dem Pöbel winkt, sein Rattenpulver zu kaufen. Sein erbärmlich Geschrey, und das laute Lachen des Volks betäuben den Jahrmarkt, wenn ihn nun aus dem theuern Schutte sein buntschäckichter Diener hervorzieht. [49] Mit einer bedeutenden Röthe rauschte bald die schöne Verlobte in die Versammlung der übrigen Zofen des Hofs, die schon ihre glühenden Wangen beneiden, aber Willhelmine vollendet ihrer aller Verzweiflung, als sie ihnen den papierenen Triumph zeigt, den sie itzt vom Hofmarschall erhalten. Aeußerlich klagen sie zwar ihre verkaufte Gespielinn: „Ach du armes verblendetes Mägdchen! So willst du denn fern von den Freuden des Hofs, und fern von deinem verbrämten Amanten, in der Einöde des Landes dein junges Leben verseufzen — und nur von Bauern bewundert, den stolzen Busen erheben? So willst du denn in einer dunkeln geistlichen Hütte, als Frau Magisterinn wirthschaften? Ach Du armes verblendetes Mägdchen!" [50] So klagten alle die Zofen, den Abschied der er­ weichten Willhelmine, aber heimlich wünschte sich jede, bald auch so beweinet zu werden, und in den sichern Armen des weiblichen Schutzgottes, des Hymen, den Wechsel des falschen Hofes zu lachen.

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Vierter Gesang.

Auf den Uhren war schon der Mittag vorüber, aber in den Häusern der Großen brach er erst mit festlichem so Pomp' aus der Küche hervor — Hekatomben rauchten ihm — Denn die mittägliche Sonne hat noch nicht ihre Anbether verloren — Mit mehrerm Eifer, als wohl jemals ein ägyptischer Priester gehabt, feyern sie täglich ihr Fest,

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mit sonnenrothen Gesichtern, bis das wohlthätige Licht den Kreis verläßt, und nun die stille Venus vom nächtlichen Himmel herabblinkt. Da erhub der gesättigte Pfarrherr seine gestiefelten Beine, und trat mit zerstreuten Gedanken seinen bestimmten zwo Meilen langen Weg an; Die alles [52] vermögende Liebe hatt' itzt den gelehrten Magister zu einem gemeinen Bothenläufer erniedrigt, und er mußte, welche sonderbare Bedingung — als sein eigner Hochzeit­ bitter noch ein zweytes Jawort erbetteln, ehe sie ihn glück­ lich zu machen versprach. Der hochbeschneyte Weg ermüdete seine Knie, und die duftende Kälte candirte feinen schwarzen Bart, und bracht' ihm Zahnweh. Aber noch ein größeres Uebel, als Zahnweh und Müdigkeit, lauerte in dem nahen Walde auf ihn. Welcher boshafte Genius war es, der in Gestalt eines Holzhackers, dem Priester entgegen kam? Ein unschuldiges unbekümmertes Gesicht, die Larve der Heucheley, betrogen den heiligen Wanderer. „Guter Freund I redete er ihn vertraulich an, sagt mir doch, ist dieses die rechte Straße nach Nennsdorf, dem Ritter­ sitze des alten Grafen von Nimmer?" Ehrerbietig nahm itzt der Boshafte vor dem Schwarz-[53]rocke den Huth ab und sagte: „Wer Sie auch sind — ehrwürdiger lieber Herr, so beklage ich Sie doch herzlich; denn dieser falsche Holzweg, auf welchem Sie wandeln, wird Sie weit von Nennsdorf ablocken; und wenn endlich sich die Schrecknisse der Nacht über diese Heyde verbreiten, so müssen Sie Ihren ermüdeten Körper einer abgelegenen Schenke — einer Spitz­ bubenherberge vertrauen." Da schlug der erschrockene Ma­ gister seine haarichten Fäuste zusammen. Lieber würd' er auf einem Ameishaufen geschlafen, oder wie ein Zigeuner, den Anbruch seines Hochzeitfestes in einer hohlen Weide erwartet haben, als daß er einer Schenke das Vorrecht gegönnt hätte, seine geweiheten Glieder zu bedecken. „O mein Freund, rief er, den mir noch zu rechter Zeit ein guter Engel entgegen schickt, ach entfernt mich doch eilig von diesem Fußsteige, der meine Ge-ss4]beine umsonst ermüdet, und zeigt mir den richtigen Weg, und nehmt im voraus

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für eure Bemühung ein dankbares Trinkgeld an!" Hier zog er — gleich einer alchymistischen Phiole, einen langen Beutel heraus, der in der Farbe der Hoffnung künstlich gestrickt war. Ein billiger Zwischenraum scheidete dreyßig Ephraimiten von einer güldenen Madona. Ihres innern Werthes gewiß, erwartete sie ruhig ihr verzögerndes Schick­ sal, da sich indeß der jüdische Haufe mit Geräusche bis an die Mündung des Beutels drängte, um bald erlöset zu werden, und in einem ungewissen Course betrügerisch zu wuchern. Doch — indem noch der Pastor die großmüthige Belohnung und das Verdienst eines Wegweisers berechnet, so verschwindet Baarschaft — Tagelöhner und Beutel, und der Gott der Kaufleute und Diebe, verbirgt den Raub und den hurtigen Räu-s55Mr in den Finsternissen des Waldes, Nun erfüllt' eine lange unharmonische Klage des armen Magisters die Luft: „O du treuloser Verräther, so schrie er, wenn du auch — der du einen Priester beraubest, dem Dreyangel des Galgens, der Kühhaut und den glühen­ den Zangen entfliehst — so wird dich doch dein böses Gewissen und mein Fluch verfolgen, daß, wenn das eis­ kalte Fieber deine Glieder zerrüttet, dir keine bittere Essenz, und kein Kirchengebeth helfen soll, wenn du es auch mit einem Gulden bezahltest. Unandächtig gesprochen, wird es in der Atmosphäre der Kanzel zerflattern, wie unser Gebeth für den Römischen Kaiser und aller weltlichen Obrig­ keit." So schrie er und erholte sich langsam unter einer überhangenden Eiche. Ungewiß durch die Lügen des Räubers, ob dieses der rechte Weg sey, überließ er sich furchtsam fev[5G]nem Verhängnisse: doch die tröstende Liebe leitete seine zweifelhaften Füße durch die finstere Nacht glücklich in das labyrinthische Schloß des Grafen. Der zeitige Schlaf, und ein süßer Traum von einem Capaune mit Austern, beherrschte schon den alten Gerichtsherrn, und es schliefen auch schon seine alten Bediente, ob es gleich erst Neune geschlagen. Des ankommenden Fremdlings ehrwürdige Krause flößte dem Wächter des Hofs die schuldige Achtung ein, daß er ihn, nachdem er sein Verlangen erforscht, bis an

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die Stube der jungen Gräfinn begleitete. Mit ihrer ver­ trauten Zofe, Sibylle genannt, saß die muntere Comtesse, den einen ihrer niedlichen Aerme, auf ihrer verschobenen Toilette gelehnt, und in der andern hielt sie einen ver­ goldeten zärtlichen Brief, den sie erst itzt an den HofMarschall, ihren Geliebten, geschrieben.. Sie las ihn mit ge-[57]dämpfter Stimme ihrer critischen Freundinn vor, die aufmerksam zuzuhören schien, und unmerklich nur gähnte. Aber wer kann das Schrecken beschreiben, das diese zwo weiblichen Seelen ergriff, als der gekrümmte Zeigefinger des verspäteten Pastors an die Stubenthüre donnerte. Sie glaubten gewiß, ein prophetischer Verdacht habe die zän­ kische Gouvernantinn erweckt, die wie ein Policeyverwalter alles Unrecht entdeckte, und dem alten Grafen verrieth. Mit angenommener Freymüthigkeit, geboth die betroffene Comtesse ihrer Zofe, die verschlossene Kammerthüre hurtig zu öffnen: doch ihr furchsamer Wink widersprach ihrem geschwinden Befehle — Die kluge Sibylle verstund ihn, gieng langsam zu Werke, klapperte scheinbar an der Thüre, und schmählte entsetzlich auf das strenge verrostete Schloß, da indeß ihre Gebietherinn die nöthige Zeit gewann, mit Eau de [58] Levante ihre Hände zu waschen, die hier und da von der verrätherischen Dinte noch glänzten, und auch den anklagenden Brief aus dem Wege zu schaffen. Mit gegenwärtigem Geiste, 0 wie liebenswürdig! ergriff sie ihn, zerquetschte seinen durchsichtigen Cavalier und das Posthorn, und klein gedrückt, wie eine übelschmeckende Pille, warf sie ihn hurtig unter das Bette; Aber wie dauerte ihr nicht der wohlgeschriebene Brief, als nur der nachbar­ liche Herr Pastor zur Kammerthüre hereintrat. Einen solchen Wechsel von heftigem Schrecken und stiller Be­ trübniß empfand einst der freygeistische Desbarraux, als er sich zur Fastenzeit einen Eyerkuchen erlaubte: Schon hatte sein erzkatholischer Diener, blaß wie der Tod, das verbothene Gericht auf die einsame Tafel gesetzt, als ein geschwindes Gewitter am Himmel heraufzog, und ein er­ schrecklicher Schlag die näschichte Seele [59] betäubte, und

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ihm den ersten Bissen im Munde zu Galle verwandelte. Was das für ein Lärmen um einen Eyerkuchen ist! schrie er halb unwillig, halb furchtsam; ergriff das rauchende Essen, und warf es im Eifer auf die beregnete Gasse; Aber wie dauerte ihm nicht das verlohrne gute Gericht, als das Ge­ witter vorüber gieng! Beschämt warf er sich seine zag­ hafte Eilfertigkeit vor und quälte aufs neue den aber­ gläubischen Koch, ihm ein anderes zu backen. Kaum hatte der keichende Pfarrherr seine ermüdeten Füße von dem niedrigen Armstuhle gestreckt, und mit gnä­ diger Erlaubniß die beklemmende Weste geöffnet, so ver­ richtete er seinen Auftrag mit der unnöthigen Vorsicht eines Pedanten; Er lispelte heimlich der Gräfinn und ihrer Ver­ trauten dieß anbefohlne Geheimniß ins Ohr: Der gnädige Herr Hofmarschall werde ba=[60]bei) seyn — und keine, nein keine, als die gegenwärtigen Seelen, konnten diese mystischen Worte vernehmen. Welch ein Tiefsinn bedeckt' itzt mit den Fittichen der Mitternacht das Cabinet der schönen Clarisse! Ihre erfindungsreiche Liebe stritt immer mit der schwerfälligen Einsicht des Magisters: doch beyde mußten sich der Er­ fahrung eines grauen Kammermägdchens unterwerfen. An­ schläge wurden gefaßt, untersucht, und durch neue verdrängt l Lange gieng das wichtige Project, wie ein Würfel im Kreisläufe herum, ehe die ältliche Zofe mit der verschmitz­ ten hohen Mine eines versuchten Ministers, ihre Gedanken in folgenden klugen Worten entdeckte: „Itzt, ehrwürdiger Herr, da sich Ihre Augen nach Ruhe sehnen, so hören Sie kürzlich meinen unmaßgeblichen Vorschlag: Meine willige Stimme soll itzt dem Wächter des Hofes befehlen, daß sein [61] sicheres Geleite Sie, den Windhunden vor­ bey, in die Stube führe, die unser Haushofmeister be­ wohnet. Dieser wird gern eine Nacht sein Bette mit Ihnen theilen, und morgen meldet er Sie bey dem gnädigen Grafen. Dann gehen Sie nur unerschrocken zu dem alten Papa; er wird Sie gewiß Ihrer Bitte gewähren; denn er liebet Sie von Herzm, und Ihre klagenden Jahrgänge

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haben seine hypochondrische Brust mit Ehrfurcht für Sie, Herr Pastor, erfüllet. Also schlafen Sie sanft! bis die Morgenröthe ihre gestärkten Glieder zum fröhlichen Hoch­ zeitfeste erweckt!" Ein gütiger Lobspruch aus dem rosen­ farbenen Munde der Gräfinn belohnte die Einsicht der Zofe — Auch der Magister wollte ihr gern seinen Bey­ fall darüber bezeigen, aber seine Worte verwandelten sich in gähnenden Mislaut, daß er zur Hülfe ein beredtes Kopfnicken rief. In we-ses^nig Minuten war jeder wich­ tige Umstand nach Sibyllens Sinne geendet. Der HausHofmeister beherbergte den schnarchenden Magister, und die dunkelbraune Nacht verbarg seine heimliche Ankunft unter ihrem Schleyer vor der mistrauischen Gouvernantinn und vor dem murrenden Hofhunde. Der volle Morgen hatte den hochgebohrnen GerichtsHerrn erweckt. Itzt überdenkt er noch im Bette den Zu­ stand seines Magens und fordert mit schwelgerischer Neu­ gier den frühen Küchenzettel — Da tritt der Haushof­ meister herein, und meldet ihm die Beherbergung des ver­ späteten Pfarrherrn, und wie er itzt, voller Verlangen, Jhro Gräfliche Gnaden zu sprechen, vor der Kammerthüre lauschte. „Je, willkommen, werther Herr Pastor, will­ kommen!" schrie der Graf dem Verliebten entgegen. Bückend trat dieser vor das Vorhangbet-sVsjte des Grafen, und sein schwerer Athem blies sogleich die hochzeitliche Bitte hervor, die er mit einer Menge von Wünschen beschloß, worzu ihm der Wechsel der Zeit die beste Gelegenheit darboth. Bey starkem ungeduldigem Herzklopfen wartete er nun, bis der Morgenhusten des stotternden Grafen sich legte — als er auf einmal diese deutliche Antwort vernahm: „O sehr gern will ich meiner Tochter das Vergnügen erlauben, an Ihrem Ehrentage, lieber Herr Pastor, im schönsten Putze zu glänze». Der priesterlichen Aufsicht überlassen, ist ihre Tugend sicherer, als unter meinem eigenen Dache. Ja, mein Freund, verlassen Sie sich darauf, sie soll Nachmittags mit sechs rüstigen Pferden vor Ihrer Hausthüre erscheinen, und das Hochzeitgeschenk will ich selber besorgen.

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für eure Bemühung ein dankbares Trinkgeld an!" Hier zog er — gleich einer alchymistischen Phiole, einen langen Beutel heraus, der in der Farbe der Hoffnung künstlich gestrickt war. Ein billiger Zwischenraum scheidete dreyßig Ephraimiten von einer güldenen Madona. Ihres innern Werthes gewiß, erwartete sie ruhig ihr verzögerndes Schick­ sal, da sich indeß der jüdische Haufe mit Geräusche bis an die Mündung des Beutels drängte, um bald erlöset zu werden, und in einem ungewissen Course betrügerisch zu wuchern. Doch — indem noch der Pastor die großmüthige Belohnung und das Verdienst eines Wegweisers berechnet, so verschwindet Baarschaft — Tagelöhner und Beutel, und der Gott der Kaufleute und Diebe, verbirgt den Raub und den hurtigen Räu-sssMr in den Finsternissen des Waldes, Nun erfüllt' eine lange unharmonische Klage des armen Magisters die Luft: „O du treuloser Verräther, so schrie er, wenn du auch — der du einen Priester beraubest, dem Dreyangel des Galgens, der Kühhaut und den glühen­ den Zangen entfliehst — so wird dich doch dein böses Gewissen und mein Fluch verfolgen, daß, wenn das eis­ kalte Fieber deine Glieder zerrüttet, dir keine bittere Essenz, und kein Kirchengebeth helfen soll, wenn du es auch mit einem Gulden bezahltest. Unandächtig gesprochen, wird es in der Atmosphäre der Kanzel zerflattern, wie unser Gebeth für den Römischen Kaiser und aller weltlichen Obrig­ keit." So schrie er und erholte sich langsam unter einer überhangenden Eiche. Ungewiß durch die Lügen des Räubers, ob dieses der rechte Weg sey, überließ er sich furchtsam sei-ssejnem Verhängnisse: doch die tröstende Liebe leitete seine zweifelhaften Füße durch die finstere Nacht glücklich in das labyrinthische Schloß des Grafen. Der zeitige Schlaf, und ein süßer Traum von einem Capaune mit Austern, beherrschte schon den alten Gerichtsherrn, und es schliefen auch schon seine alten Bediente, ob es gleich erst Neune geschlagen. Des ankommenden Fremdlings ehrwürdige Krause flößte dem Wächter des Hofs die schuldige Achtung ein, daß er ihn, nachdem er sein Verlangen erforscht, bis an

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die Stube der jungen Gräfinn begleitete. Mit ihrer ver­ trauten Zofe, Sibylle genannt, saß die muntere Comtesse, den einen ihrer niedlichen Aerme, auf ihrer verschobenen Toilette gelehnt, und in der andern hielt sie einen ver­ goldeten zärtlichen Brief, den sie erst itzt an den Hofmarschall, ihren Geliebten, geschrieben. Sie las ihn mit ge-[57]dämpfter Stimme ihrer critischen Freundinn vor, die aufmerksam zuzuhören schien, und unmerklich nur gähnte. Aber wer kann das Schrecken beschreiben, das diese zwo weiblichen Seelen ergriff, als der gekrümmte Zeigefinger des verspäteten Pastors an die Stubenthüre donnerte. Sie glaubten gewiß, ein prophetischer Verdacht habe die zän­ kische Gouvernantinn. erweckt, die wie ein Policeyverwalter alles Unrecht entdeckte, und dem alten Grafen verrieth. Mit angenommener Freymüthigkeit, geboth die betroffene Comtesse ihrer Zofe, die verschlossene Kammerthüre hurtig zu öffnen: doch ihr furchsamer Wink widersprach ihrem geschwinden Befehle — Die kluge Sibylle verstund ihn, gieng langsam zu Werke, klapperte scheinbar an der Thüre, und schmählte entsetzlich auf das strenge verrostete Schloß, da indeß ihre Gebietherinn die nöthige Zeit gewann, mit Eau de [58] Levante ihre Hände zu waschen, die hier und da von der verrätherischen Dinte noch glänzten, und auch den anklagenden Brief aus dem Wege zu schaffen. Mit gegenwärtigem Geiste, 0 wie liebenswürdig! ergriff sie ihn, zerquetschte seinen durchsichtigen Cavalier und das Posthorn, und klein gedrückt, wie eine übelschmeckende Pille, warf sie ihn hurtig unter das Bette; Aber wie dauerte ihr nicht der wohlgeschriebene Brief, als nur der nachbar­ liche Herr Pastor zur Kammerthüre hereintrat. Einen solchen Wechsel von heftigem Schrecken und stiller Be­ trübniß empfand einst der freygeistische Desbarraux, als er sich zur Fastenzeit einen Eyerkuchen erlaubte: Schon hatte sein erzkatholischer Diener, blaß wie der Tod, das verbothene Gericht auf die einsame Tafel gesetzt, als ein geschwindes Gewitter am Himmel heraufzog, und ein er­ schrecklicher Schlag die näschichte Seele [59] betäubte, und

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ihm den ersten Bissen im Munde zu Galle verwandelte. Was das für ein Lärmen um einen Eyerkuchen ist! schrie er halb unwillig, halb furchtsam; ergriff das rauchende Essen, und warf es im Eifer auf die beregnete Gasse; Aber wie dauerte ihm nicht das verlohrne gute Gericht, als das Ge­ witter vorüber gieng! Beschämt warf er sich seine zag­ hafte Eilfertigkeit vor und quälte aufs neue den aber­ gläubischen Koch, ihm ein anderes zu backen. Kaum hatte der reichende Pfarrherr seine ermüdeten Füße von dem niedrigen Armstuhle gestreckt, und mit gnä­ diger Erlaubniß die beklemmende Weste geöffnet, so ver­ richtete er seinen Auftrag mit der unnöthigen Vorsicht eines Pedanten; Er lispelte heimlich der Gräfinn und ihrer Ver­ trauten dieß anbefohlne Geheimniß ins Ohr: Der gnädige Herr Hofmarschall werde da-[60]bey seyn — und keine, nein keine, als die gegenwärtigen Seelen, konnten diese mystischen Worte vernehmen. Welch ein Tiefsinn bedeckt' itzt mit den Fittichen der Mitternacht das Cabinet der schönen Clarisse! Ihre er« findungsreiche Liebe stritt immer mit der schwerfälligen Einsicht des Magisters: doch beyde mußten sich der Er­ fahrung eines grauen Kammermägdchens unterwerfen. An­ schläge wurden gefaßt, untersucht, und durch neue verdrängt l Lange gieng das wichtige Project, wie ein Würfel im Kreisläufe herum, ehe die ältliche Zofe mit der verschmitz­ ten hohen Mine eines versuchten Ministers, ihre Gedanken in folgenden klugen Worten entdeckte: „Itzt, ehrwürdiger Herr, da sich Ihre Augen nach Ruhe sehnen, so hören Sie kürzlich meinen unmaßgeblichen Vorschlag: Meine willige Stimme soll itzt dem Wächter des Hofes befehlen, daß sein [61] sicheres Geleite Sie, den Windhunden vor­ bey, in die Stube führe, die unser Haushofmeister be­ wohnet. Dieser wird gern eine Nacht sein Bette mit Ihnen theilen, und morgen meldet er Sie bey dem gnädigen Grafen. Dann gehen Sie nur unerschrocken zu dem alten Papa; er wird Sie gewiß Ihrer Bitte gewähren; denn er liebet Sie von Herzen, und Ihre klagenden Jahrgänge

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haben seine hypochondrische Brust mit Ehrfurcht für Sie, Herr Pastor, erfüllet. Also schlafen Sie sanft! bis die Morgenröthe ihre gestärkten Glieder zum fröhlichen Hoch­ zeitfeste erweckt!" Ein gütiger Lobspruch aus dem rosen­ farbenen Munde der Gräfinn belohnte die Einsicht der Zofe — Auch der Magister wollte ihr gern seinen Bey­ fall darüber bezeigen, aber seine Worte verwandelten sich in gähnenden Mislaut, daß er zur Hülfe ein beredtes Kopfnicken rief. In toe=[62]nig Minuten war jeder wich­ tige Umstand nach Sibyllens Sinne geendet. Der HauSHofmeister beherbergte den schnarchenden Magister, und die dunkelbraune Nacht verbarg seine heimliche Ankunft unter ihrem Schleyer vor der mistrauischen Gouvernantinn und vor dem murrenden Hofhunde. Der volle Morgen hatte den hochgebohrnen GerichtsHerrn erweckt. Itzt überdenkt er noch im Bette den Zu­ stand seines Magens und fordert mit schwelgerischer Neu­ gier den frühen Küchenzettel — Da tritt der Haushof­ meister herein, und meldet ihm die Beherbergung des ver­ späteten Pfarrherrn, und wie er itzt, voller Verlangen, Jhro Gräfliche Gnaden zu sprechen, vor der Kammerthüre lauschte. „Je, willkommen, werther Herr Pastor, will­ kommen I" schrie der Graf dem Verliebten entgegen. Bückend trat dieser vor das Vorhangbet-s«3jte des Grafen, und sein schwerer Athem blies sogleich die hochzeitliche Bitte hervor, die er mit einer Menge von Wünschen beschloß, worzu ihm der Wechsel der Zeit die beste Gelegenheit darboth. Bey starkem ungeduldigem Herzklopfen wartete er nun, bis der Morgenhusten des stotternden Grafen sich legte — als er auf einmal diese deutliche Antwort vernahm: „O sehr gern will ich meiner Tochter das Vergnügen erlauben, an Ihrem Ehrentage, lieber Herr Pastor, im schönsten Putze zu glänzen. Der priesterlichen Aufsicht überlassen, ist ihre Tugend sicherer, als unter meinem eigenen Dache. Ja, mein Freund, verlassen Sie sich darauf, sie soll Nachmittags mit sechs rüstigen Pferden vor Ihrer Hausthüre erscheinen, und das Hochzeitgeschenk will ich selber besorgen.

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Damit aber auch Sie, mein Lieder, sich nicht vor Ihrer nahen Hoch-[64]zeit ermüden, oder wieder bestohlen werden, und sich im Walde verirren, so soll meine geschwinde Jagd­ chaise Sie itzt, Ihren erwartenden Geschafften zurück führen, und meine aufrichtigen Wünsche sollen Ihnen folgen." Da ergriff der entzückte Magister die schwere Hand des Grafen von Nimmer, küßte sie hundertmal, und benetzte sie mit Thränen der Freude, die über seinen stachlichten Bart herunter rollten, wie ein plötzlicher Sonnenregen über die glänzenden Stoppeln der Felder. Wie rechtmäßig war diese Freude; denn nach diesem Orakelspruche endigte sich alle seine Leiden. Halb war nun schon die Bedingung des Hofmarschalls erfüllt, und für die andere Hälfte wird die schöne Clarisse schon sorgen. Mit einem segnenden Komplimente verließ er die Stube des Grafen. An der Treppe lauerte die verschmitzte Sibylle auf ihn, und er­ forschte den [65] Ausgang der Sache. Mit zwey kurzen Worten entdeckt' er ihr die gnädige Erlaubniß seines Patrons; und indem er sich in die Chaise warf, flog die erfreute Zofe zu ihrer Gebieterinn. Nun beschäfftigte die Wahl eines reizenden Putzes den ganzen Vormittag beyde weib­ liche Herzen, und alles lag schon in der schönsten Ord­ nung, ehe der langsame Alte seiner Tochter die Bitte des Bräutigams, und seine eigene väterliche Erlaubniß anzukündigen glaubte. Sie hörte ihn an, als ob sie von nichts wüßte, und bedankte sich gleichgültig für die vergönnte Spatzierfahrt — und leichtfertig erkundigte sie sich nach den übrigen Gästen der priesterlichen Hochzeit: doch der gute Alte wußte ihr keine Nachricht zu geben. „Wer wird dabey seyn, sprach er, als seine Confratres vom Lande!" Indessen klopfte das Herz der jungen Gräfinn ungeduldig nach ihrem lie-[66]ben Hofmarschalle, bis der geschäfftige Putz die langen Minuten vertrieb, und ein sanfter Wagen die freundliche Göttinn, nebst ihrer vielfarbichten Iris aufnahm, und zu dem Hofe des traurigen Schlosses hinaus flog.

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Fünfter Gesang. Der glücklich angelangte Magister fand seine berostete

Pfarre zu. einem Palaste verwandelt, als er hinein trat. Ein Dutzend Bediente seines gnädigen Gönners hatten in seiner Abwesenheit die herkulische Arbeit unternommen, Stuben und Kammern zu säubern, und in der Küche herrschte ein ansehnlicher Koch, dessen eigensinnige Befehle tausend Geräthe verlangten, deren Namen noch nie in diesem Dorfe waren gehört worden. Seine donnernden Flüche flogen in der heiligen Küche hemm, daß der erschrockene PfarrHerr mit einem Schauer vorbey gieng, sich in sein ruhiges Museum setzte, und das Gesangbuch zur Hand nahm. [68] Als ein Fremdling in seiner eigenen Behausung, getraute er sich nicht, itzt von dem vornehmen Koche etwas zu essen zu fordern; lieber versäumte er das Mittagsmahl, und tröstete sich politisch mit dem fröhlichen Soupe. Die dritte critische Stunde des Nachmittags brach an, und lud durch ihren Glanz den Neid des ungebethenen Superintendenten und aller Amtsbrüder auf den Hals des armen Verlobten. Strenge dich an, Muse! und hilf mir das Gewühl der Vornehmen beschreiben, die sich itzt in das Haus des Pfarrherrn sammelten. Zuerst erschien der lackirte Schlitten des Hofmarschalls, an der Spitze vieler andern. Vier deutsche Hengste, chinesisch geschmückt, zogen ihn, und ein vergoldeter Jupiter regierte den Kutscher — Ein musikalisches Silbergeläute hüpfte auf dem Rücken der Pferde, indem unter ihren stampfenden Füßen die [69] fröhliche Erde davon flog. Schon von ferne erkannte der zitternde Pfarrherr seinen Gönner, und an seiner Rechten die geputzte Braut. Mit unbedachtsamer Höflichkeit gieng er dem fliegenden Schlitten entgegen — aber sein schnur­ bärtiger Führer wendete mit seinen vier Schimmeln in vollem Trabe um, daß der Magister, mit verzerrtem Ge­ sichte, eilig wieder zurück sprang. Mit majestätischem An­ stande stieg nun die einnehmende Willhelmtne von dem

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sammtenen Sitze. Zum erstenmale — aber auch zum letzten, verrieth sich der kleine vorgestreckte Fuß bis an die Höhe des gestickten Strumpfbandes; denn so bald sie aus­ gestiegen war, umrauschte ein buntfarbiger Stoff die verdeckten Schönheiten. Eine schneeweiße türkische Feder blähte sich auf ihre gekräuselten Haare, und bog sich neugierig über ihren wallenden Busen, der unter den feinen Spitzen aus Brabant hervorblickte, wie der volle [70] Mond hinter den Sprößlingen eines jungen Orangenwäldchens. Nach ihr sprang der ansehnliche Hofmarschall unter die Menge der erstaunten Bauern, die heute Arbeit und Tagelohn vergaßen, um das Fest ihres Hirten zu begaffen. Ein gewässertes Band hieng schief über den Lazurblauen Sammt seines Kleides; und der milde Einfluß seines Gestirns zeigte sich auf allen Gesichtern und nöthigte dem unhöf­ lichsten Treschcr den Huth ab. Alle Blicke wandten sich itzt einzig auf den gestirnten Herrn — nicht einer fiel mehr auf Willhelminen. Diese werden wir noch oft, dachten die Bauern, als Frau Magisterinn bewundern, aber einen Hofmarschall sieht man nicht alle Tage. So vergißt man das alles bescheinende Licht des Olymps, wenn eine sel­ tene Nebensonne erscheint, die plötzlich entsteht und ver­ schwindet. Ein anderer Schlitten, unter dem Zeichen des Mars, der (eine seltsame Erfin-[7i]dung des witzigen Bildhauers) auf einem Ladestock ritt, lieferte zween aufgedünstete Müßig­ gänger am Hofe, Kammerherrcn genannt. Einst hatten sie in ihrer Jugend als hitzige Krieger einen einzeln furcht­ samen Räuber verjagt und sich und dem geängsteten Prinzen das Leben errettet. Zur Belohnung hatten sie sich dieses unthätige Leben erwählt, genossen einer feistmachenden Pen­ sion, erzählten immer die große That ihres Soldaten­ standes — und gönnten gern ihre lärmende Gegenwart einem jeglichen Schmause. So lebten einst die Erhalter des Capitols, die dummen Gänse, von den Wohlthaten der dankbaren Römer; ohne Furcht, geschlachtet zu werden, fraßen sie den ausgesuchtesten Waizen von Latiums Feldern,

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für einen wichtigen Dienst, den eine jede andere schnatternde Gans mit eben derTreue verrichtet hätte. Der fluchtige Mercur und vier schnaubende Rappen brach-[72]ten die pygmäische Figur eines affectirten Kammerjunkers gefahren. Stolz auf einen eingebildeten guten Geschmack, ersetzten seine reichen Kleider den Mangel seines Verstandes. Zuver­ sichtlich besah er heut' eine glänzende Weste, die, wie die weiße Wamme eines drollichten Eichhörnchens, unter seinem rothplüschnen Rocke hervorleuchtete; und tröstlich dacht' er an die Verdienste der weit kostbarern zurück, die sich noch in seiner Garderobe befanden. Ein paar blitzende Stein­ schnallen, und eine Dose von Saint-Martin erschaffen, waren ihm das, was einem rechtschaffenen Manne ein gutes Gewissen ist — sie machten ihn zufrieden mit sich selbst, und dreust in jeder Gesellschaft. Itzt lief er gebückt in die Pfarre hinein; gebückt, als ob sein kleiner Körper befürchtete, an die altväterische Hausthüre zu stoßen, die gothisches Schnitzwerk verbrämte. Nun aber kam unter der Anführung einer gefälligen [73] Minerva ein einzelner vernünftiger Mann gefahren, der wenig geachtet von den Weisen des Hofs den Befehlen seines Herzens mit strengem Eigensinne folgte. Nie erniedrigte er sich zu der Schmeicheley, und nie folgte er der Mode des Hofes, die das Haupt­ laster des Fürsten zu einer Tugend erhebt, und durch Nach­ ahmung billigt; Vergebens — (Konnt' es wohl anders seyn?) hofft' er in diesem Getümmel ein nahes Glück, hier wo man nur durch feine Ränke gewinnt, und wo die Blicke der Großen mehr gelten, als ein richtiger Verstand und Tugend und Wahrheit. Zischet ihn aus — ihr Lieblinge des Hofes 1 Was helfen ihm alle seine Verdienste? Daß sie einst vielleicht, in Stein gehauen, auf seinem Grabmaale sitzen und weinen? O wie thöricht! den Gebothen des Himmels zu gehorchen, wo ein Fürst befiehlt, und auf dem einsamen Wege der [74] Tugend zu wandeln, wo noch kein Hofmann eine fette Pfründe erreicht hat. Wenn «ine falsche schwankende Uhr des Stadthauses den Vorurtheilen der Bürger gebiethet, so betriegt uns ost unsere

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wahre Kenntniß der Zeit um ihren Gebrauch; denn hier, wo ein jedes dem allgemeinen Irrthume folget, den eine summende Glocke ausbreitet, und die entfernte Sonne für nichts achtet, was hilft es hier dem gewissen Sternseher, daß er sich allein nach ihren Befehlen richtet — und den Wahn der Stadt verlachet — und seine Stunden nach der Natur mißt? Mit allen seinen Calendern wird er bald sein Mittagsmahl — bald den Besuch bey seiner Geliebten und bald den Thorschluß versäumen, Zween würdige Gesellschafter beschlossen den Einzug in einem alten Schlitten, den ein unscheinbares Bildniß beschwerte — [75] Ob es einen nervigten Vulcan oder einen aufgeblähten Midas vorstellte, war für die Kunst­ richter ein Rätzel. Ein halbgelehrter Patritius, ehmaliger Hofmeister des Marschalls, am Stande, so wie an Wissen­ schaft, weder Pferd noch Esel — nahm die eine Hälfte des bretternen Sitzes ein, und auf der andern saß ein graugewordener Hofnarr, der mühsam den ganzen Weg hindurch auf Einfälle dachte, in Versen und Prosa, die hohe Gesellschaft zu erlustigen: aber sein leerer Kopf blieb ohne Erfindung. Oft weinte der Arme, daß sein Alter ihm das Ruder aus den Händen wand, das er so lange glücklich regieret, und um welches sich itzt der fürstliche Läufer, der Oberschenk und eine dicke Tyrolerinn rissen. Niemand ward mehr erwartet, als die junge Com­ tesse. Der Hofmarschall stund unbeweglich an dem offenen Fenster, und [76] seine feurigen Blicke fuhren, durch ein ungeduldiges Fernglas auf den Weg hin, wo die schöne Clarisse Herkommen sollte. Wimmernd rang der angstvolle Magister die Hände, und versicherte ohn' Aufhören den argwöhnischen Hofmann: „Die junge Dame werde ge­ wiß kommen. Ach! sagte er, sie hat mir ja mit der auf­ richtigsten Mine versprochen, meine schwere Bedingung er­ füllen zu helfen, und sie wird mich gewiß nicht in meinen Nöthen verlassen." Unterdessen war auch schon der theure Mann angelanget, der dieß Brautpaar fester verbinden sollte. Auf dem benachbarten Dorfe, wo niemand die

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Reizungen einer Willhelmine kannte, hatt' er von den drey Setten seiner hölzernen Kanzel trotzig gefragt: Ob jemand wider das Aufgeboth seines Freundes etwas einzuwenden hätte? Und dreymal hatt' er die Verleumdung mit diesen mächtigen Worten ge-f77jbannt: Der schweige nachmals stille! Sein frommfarbichter Mantel bedeckt' ein wildes Herz; ohne Neigung war er ein Geistlicher, und ward selbst in einem Amte mager, das seit dreyhundert Jahren die Schwindsüchtigen fett gemacht hatte. Mosheim und Cramern konnt'er nicht; er sprach aber gern von dem General Ziethen und von dem Treffen bey Roßbach. Seine Bauern, wild wie er selbst, konnt' er lange nicht durch die Bibel be­ zähmen — denn er verstund sie nicht — aber es glückte ihm nach einer neuern Methode. Denn eh' er seinen Rednerstuhl bestieg, besah er sein florentinisches Wetterglas, und rief prophetisch alle die Veränderungen von seiner Kanzel, die es ihm ankündigte. Bald wahrsagt' er der ungezogenen Gemeinde Regen und Wind in der Heuerndte: bald aber beglückt' er sie, zum Troste, mit einem warmen Sonnenschein in der Wein-s78jlese. Die gerührten Bauern bewunderten den neuen Propheten, besserten ihr Leben, und besetzten seit dem alle Stühle der Kirche. Nach einer langen gefeierten Pause — erschien endlich die erseufzte Göttinn, köstlich in ihrem Schmucke, und wunderschön von Natur; und welch ein Glück für den Hofmarschall! ohne Gouvernantinn erschien sie. Die Furcht vor einem Hoch­ zeitgeschenke hatte diese geizige Seele zurück gehalten; und die sonst nie von der Seite ihrer jungen Dame wich, über­ ließ heute zum erstenmale den langbewahrten Schatz einem listigen Geliebten, der als ein alter Politicus, die Zeit zu gebrauchen weis. Mit funkelnden Augen empfieng er die Schöne, auf deren Wangen sich eine warme Röche ver­ breitete, da sie ihm die glaßirte Hand reichte, die auch schon in dem Augenblicke zärtlich gedrückt war. Und nun war die ganze Bedingung erfüllt, die das Schick-s7Sjsal des armen Dorfpfarren bestimmte. Die vornehme Ver­ sammlung begleitete ihn zur vollen Kirche, wo er durch Deutsche Litteraturdenkmale» 48.

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ein vielbedeutendes Ja! vor der ganzen Gemeinde gesprochen, von seiner reizenden Braut alle die mystischen Rechte der Ehe, und das beschlossene Glück und Unglück seines ge­ fesselten Lebens, mit Freuden empfieng.' Mit zurückhaltender Bescheidenheit, erhielt auch Sie von seinen Lippen das Blanket der Liebe, worauf die eigensinnige Zeit ihre Befehle schreiben wird, die kein Thränenguß auslöscht. Ein geheimer Neid saß in den glatten Stirnen und in den Runzeln der weiblichen Gemeinde: aber die Männer blickten ihren beweibten Hirten mit lächelndem Mitleid an; denn die Erinnerung ihres ehmaligen glücklichen Traums, der heut' auch über ihrem Pfarrherrn schwebte — und das wache Bewußtseyn ihres itzigen Schicksals bracht' ein ernsthaftes [80] Nachdenken in ihre Gemüther. Und nun besaß der Beglückte seine Beute, die ihm kein Sterblicher wieder entreissen konnte. Nun hab' ich sie endlich erhascht, die fröhlichen Minuten, dacht' er, die mir vier Jahre lang entwischt waren; und voll Empfindung seines Glücks, drückt' er oft seiner angetrauten Willhelmine die kleine Hand, und führte sie mit triumphirender Nase nach Hause. Aber ein wunderlicher unversehner Gedanke, der sich wider alles Vergnügen auflehnte, stieg itzt aus dem klopfenden Herzen der armen Verlobten empor — Ist dieß nicht, seufzte sie bey sich selbst, das Leichengepränge deiner Schönheit? Klägliches Geschenk der Natur, das keinem weniger hilft, als der es besitzt! Was für unruhige Tage hast du mir nicht verursacht! und itzt begräbst du mich sogar in einer schmutzigen Pfarre? Wie verschieden waren hier nicht die Begriffe der [81] Schöne und ihres Vermählten! Wo soll ich ein Gleichniß hernehmen, ihren Eigensinn und seine gierige Liebe deutlicher zu machen? Meine Muse hilft mir — Hier ist es: So überholt ein unermüdeter Wind­ hund die abgemattete Häsinn, wenn er sie von der Seite ihres verliebten Ramlers gestört, und durch Büsche und Sümpfe verfolgt hat — und so fällt sie — die arme Häsinn, und sieht noch, mit sterbenden Augen, manchen stattlichen Jäger sich um ihr Wildpret versammlen — Einer

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betrachtet es noch mit spottenden Minen; ein anderer be­ fühlt es, und da dächte sie, wenn Häsinnen denken könnten, gewiß: Welch ein trauriges Verdienst ist es — schmack­ haft zu seyn! Würde wohl mein kurzes Leben, durch hun­ dert Reviere gejagt, noch endlich unter dem Biss' eines $ dürren Windhundes verfliegen, wenn ich keine Häsinn wär', und kein besser Fleisch besäß', als ein Maulwurf. [82] Ein mathematischer Furier hatt' indeß die hoch­ zeitliche Tafel geordnet. Ehe man sich setzte, bewunderte man seinen Geschmack in einer minutenlangen Stille, und 10 faltete dabey die Hände. Schimmernder Wein, der, wie die Begeisterung der Liebe, nicht beschrieben, nur empfunden werden muß, blickte durch den geruchvollen Dampf der theuern Gerichte, wie das Abendroth unter dem aufsteigenden Nebel hervor. is Itzt ergriff der gestirnte Hofmarschall die warme weiche Hand der blauäugichten Willhelmine, führte sie an die oberste Stelle der Tafel, und bath den dankbaren Schwarz­ rock, sich neben seiner Göttin zu setzen, und nicht durch den Zwang eines Neuvermählten die Freuden der Tafel zu 20 stören. Ach! wie giebt hier die veränderliche Zeit ihr Recht zu erkennen! Er — der ehemals dem weinenden Pfarrherrn seine Geliebte entzog, giebt sie ihm itzt bey einem [83] freygebigen Gastmahle geputzt und artig wieder

zurück, und macht ihm alle sein ausgestandenes Leiden ver- 25 gessen. So überschickt' einst der große Agamemnon seine Chriseis, dem belorberten Priester des Apoll, die der königliche Liebhaber der väterlichen Sehnsucht lange Zeit vorenthielt. Prächtige Geschenke, und eine Hekatombe mußten den Alten trösten, und seinen Gott versöhnen, und in so hohen Tönen besang der Dichter der Ilias diese Ge­ schichte, wie ich itzt die Hochzeit eines Magisters besinge: Der Schmaus gieng an! Ein köstliches Gericht ver­ drängte das andere, und Bacchus und Ceres tanzten um den Tisch her. Der freymüthige Scherz, die feine Spötterey, 35 und das fröhliche Lächeln, vertrieben unbemerkt die tau­ melnden Stunden des Nachmittags, und der Geist der Com-

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tesse und des Champagners durchbrauste die fühlbaren Herzen der Gäste. Alles war [84] munter und fröhlichen Muths. Nur der Magister und der Hofnarr — immer ihres Amteseingedenk, saßen unruhig an der frohen Tafel. Den einen überfiel bald ein theologischer Scrupel, bald ein Gedanke seiner künftigen Liebe; und der andere ängstete sich heim­ lich, daß es in seinem Gehirne so finster, wie eine durch­ nebelte Winternacht, aussah. Wie oft buhlt' er vergebend um das belohnende Lächeln des Marschalls, und wie oft verfolgte sein schwerer Witz die flüchtigen Reden des lusti­ gen Kammerjunkers! aber eh' er sie erreichte, waren sievon der Gesellschaft und von dem Redner selber ver­ gessen, und mit Verdrusse nahm er wahr, daß niemand seine Einfälle begriff, und alle seine witzige Mühe verloren gieng. Ein alter hungriger Wolf schleicht so dem Fuchse nach, der unbekümmert durchs Gras scherzt, den verdrüßlichen Räuber bald nach dieser bald nach jener Seite hinlockt, und [85] endlich doch seiner groben Tatze entwischet. Zur Erholung der gesättigten Gäste, deren immer sich anstrengender Witz manchmal schlaff zu werden begonnte, rief der kluge Hofmarschall den Verstand dessinnreichen Conditors zur Hülfe, der so oft seine Wirkung zeigt, wenn die langweiligen Reden des Fürsten seinen Hof einzuwiegen bedrohen — Und — Auf einmal reizt' eine überzuckerte Welt die weiten Augen der Gäste. Faunen und Liebesgötter und nackende Mügdchens, in einem poeti­ schen Brennofen gebildet, scherzten ohn' Aufhören im fun­ kelnden Grase. In der Mitten entdeckte sich eine lachende Scene unter einer hohen arkadischen Laube, von ewigem Wintergrün: Die porzelane Zeit war es, die mit einer furchtbaren Hippe, den zerbrechlichen Amor in der Laube cherumjagte. — O wie wird es ihm gehen, wenn er sich einholen läßt! denn der kleine lose Dieb [86] hat der Zeit ihr Stundenglas listig entwendet, und schüttelt den Sand darinnen unter einander, worüber die hohe Gesell­ schaft sich inniglich freute. Ein voller Teller lustiger Ein­ fälle, in buntem Kraftmehle gebacken, streute neues Ver-

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gnügen über die Tafel. Welche Vermischung von Dingen! Stiefeln und Unterröcke, Ferngläser und Schnürbrüste, Küraß' und Palatins, Spiegel und Larven, klapperten unter cinunder. Jedes öffnet' eine Figur, die ihni das Ohngefähr oder seine Neigung in die Hand gab; und die ausgewickelten Orakelsprüche wurden laut gelesen. Ein Putzkopf lieferte dem Hofmarschall eine feurige Liebeserklärung — Lächelnd sah er seine gräfliche Nachbarinn an, und über­ reicht' ihr die bunten Loose. Sie ergriff einen Federhuth, und las stotternd eine prophetische Beschreibung des verliebten Meyneids ab. Furchtsam gab Sie den Teller von sich — [87] Ein ungesalznes Epigramm auf den Hymen, lag in einem Strohhuthe gehüllt, und ward von den Kammer­ junker aus seinem Staube gezogen und mit lautem Lachen uusgeposaunt — Die lose Willhelmine zerrieb eine KnotenPerücke, die in Knittelversen den Kanimerjunker würdig widerlegte — Nach ihr ergriff, aus verliebter Ahndung, der Magister ein schneeweißes Herz, worein eine witzige 3 geätzt war. Bedächtlich öffnet' er es, und fand diese wenigen Worte: Ich liebe einen um den andern — Wer hätt' es diesem falschen Herzen ansehen sollen, rief er voller Ver­ wunderung, und klebte mühsam die beyden Hälften wieder zusammen. Alle noch übrige Devisen wurden von den beyden Kammerherren und dem Hofnarren zerknickt, die ganz still die noch verborgenen Schätze des Witzes für sich einsammelten, wie der [88] Geizhals das wohlfeile Korn auf die theuern Zeiten der Zukunft. Die verdrüßliche Langeweile fleug wieder an, den an­ genehmen Lärm der Gesellschaft zu unterdrücken, als der schlaue Hofmarschall es zeitig bemerkte, und ein frohmachendes Hochzeitgeschenk aus seiner Tasche hervorzog. Er wickelt' es aus dem umhüllten Papier, und ermunterte die übrigen Gäste, seinem Beyspiele zu folgen. Ungezwungen stellt' «r fich hinter den Stuhl der angenehmen Braut, und hieng ihr ein demantenes Kreuz um, das an einem schwarzmoornen Bande zwischen dem schönen Busen hinunter rollte — O was für ein Bewußtseyn durchströmt' itzt die blut-

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vollen Wangen der Schönei Mit ungewisser Stimme dankte sie dem galanten Herrn. Lange konnte sie nicht ihre widerstrebenden Augen in die Höhe schlagen, [89] und die unzeitige Schaam brachte sie in eine kleine Verwirrung. Ein solches Gefühl durchdringt oft die treulose Brust eines Hofmanns, wenn sie nun zum erstenmale unter dem gnädigst ertheilten Ordenssterne klopfet. Furchtsam glaubt' er, die Gemahlinn des Fürsten möchte das Verdienst errathen, das ihm dieß Ehrenzeichen erwarb. Selbst denen ihm unbekannten lakonischen Worten des Sterns trauet er nicht, und er wird es nicht eher wagen, sich unter seine Neider zu brüsten, bis ihm sein trostreicher Schreiber die goldenen friedlichen Buchstaben verständlich gemacht hat. Was für köstliche Geschenke häuften sich nicht in dem Schooße der glücklichen Willhelmine — Spitzen und Ringe und Dosen und künstliche Bluhmen — Ach dachte der Pastor — ach! so viel Reichthum habe ich ja nicht in meinem zehnjährigen be-[9«]schwerlichen Amte gesammelt — und wie wunderbar! als Herr seines Weibes dankt' Er — auch Erl seinen großmüthigen Gönnern für diese Geschenke. Man sah es an dem satirischen Lächeln der Gäste, wie gut seine fröhlichen Danksagungen angebracht waren.

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Der sechste Gesang. So endigte sich das fröhliche Hochzeitmahl.

Die trun­

kenen Gäste taumelten in dem kleinen Raume des Zimmers immer wieder einander. Ein Evan Evoe umschallte die Wände, Leuchter und Stühle drehten sich in einem Kreis herum, und unvollendete Lieder und halbgestohlene Küsse so erfüllten die Luft. Die zerstreuten Kammerherren, ohne . Gedanken, in welchem frommen Hause sie lebten, riefen nach einer Karte zum Pharao — Die junge Comtesse, ihres jungfräulichen Zwanges, und ihrer Gouvernantinn

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vollen Wangen der Schönei Mit ungewisser Stimme dankte sie dem galanten Herrn. Lange konnte sie nicht ihre widerstrebenden Augen in die Höhe schlagen, [89] und die unzeitige Schaam brachte sie in eine kleine Verwirrung. Ein solches Gefühl durchdringt oft die treulose Brust eines Hofmanns, wenn sie nun zum erstenmale unter dem gnädigst ertheilten Ordenssterne klopfet. Furchtsam glaubt' er, die Gemahlinn des Fürsten möchte das Verdienst errathen, das ihm dieß Ehrenzeichen erwarb. Selbst denen ihm unbekannten lakonischen Worten des Sterns trauet er nicht, und er wird es nicht eher wagen, sich unter seine Neider zu brüsten, bis ihm sein trostreicher Schreiber die goldenen friedlichen Buchstaben verständlich gemacht hat. Was für köstliche Geschenke häuften sich nicht in dem Schooße der glücklichen Willhelmine — Spitzen und Ringe und Dosen und künstliche Bluhmen — Ach dachte der Pastor — ach! so viel Reichthum habe ich ja nicht in meinem zehnjährigen be-[9«]schwerlichen Amte gesammelt — und wie wunderbar! als Herr seines Weibes dankt' Er — auch Erl seinen großmüthigen Gönnern für diese Geschenke. Man sah es an dem satirischen Lächeln der Gäste, wie gut seine fröhlichen Danksagungen angebracht waren.

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Der sechste Gesang. So endigte sich das fröhliche Hochzeitmahl.

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kenen Gäste taumelten in dem kleinen Raume des Zimmers immer wieder einander. Ein Evan Evoe umschallte die Wände, Leuchter und Stühle drehten sich in einem Kreis herum, und unvollendete Lieder und halbgestohlene Küsse so erfüllten die Luft. Die zerstreuten Kammerherren, ohne . Gedanken, in welchem frommen Hause sie lebten, riefen nach einer Karte zum Pharao — Die junge Comtesse, ihres jungfräulichen Zwanges, und ihrer Gouvernantinn

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uneingedenk, stellte sich mit dem gestirnten Hofmarschall in den [92] einsamen Bogen des Fensters, und dieser genoß der süßen Betäubung der Schönen, so gut als er vermochte. Der kindische Kammerjunker versuchte seinen Witz an dem schläfrigen Hofnarren, und alle Vortheile, die er über ihn erhielt, erzählt' er mit lautem Triumphe der unaufmerk­ samen Gesellschaft — Aber alle verachteten die harmonische Erinnerung des Nachtwächters, und übersahen das politische Gähnen des Neuvermählten, und lachten alle den Mond an. So taumeln oft die vermummten Geschöpfe einer Maskerade widersinnisch unter einander, vergessen ihre Ver­ kleidung, um nach dem Trieb' ihrer Sinne zu handeln — Rabbi Moses zieht die verkappte Nonne zum schwäbischen Tanz auf, oder fordert ein Stück schmackhafte Cervelatwurst. Der lange Türke trinkt im falben Burgunder die Gesundbeit des allerchristlichsten Königs, und die [93] stroherne Pyramide fängt an, Knaster zu rauchen. Itzt gieng der ungeduldige Ehmann in seine einsame Studierstube — verwünschte seine lärmenden Gäste, und rief also zum Amor: „O du mächtiger Sohn der Cythere! hast du mir deinen Schutz nur darum angebothen, und mich deines Rathes gewürdiget, um mich itzt desto mehr zu kränken, und mein dankbares Herz wider dich zu em­ pören? Was Hilst es, daß du mich nach den Reizungen meiner Willhelmine hast schmachten gelehret, und daß du mich durch ihr melodisches Jawort beglückt hast — Was Hilst es, daß mir dieser Tag in der schönsten Feyer ent­ flohen ist, wenn meine erste Brautnacht langweilig und ungefeyert davon zieht? Die lächelnde Morgenröthe wird mich spottend an die neue Bekanntschaft einer Freud' erinnern, die wider mein [94] Verschulden mir fremd geblieben ist, und Willhelmine wird mir mit ernsthaftem Lächeln in das Gesicht sehn, wenn sie die glückwünschenden Bauern, Frau Magisterinn, grüßen. Diese Nacht, 0 Sohn der Venus, nur diese einzige Nacht, beherrschest du noch mit dem Hymen in gemeinschaftlicher Ehre — So laß mir doch nicht durch das wilde Getöse der geputzten Höflinge, und

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durch das Wiehern ihrer Pferde, diese glücklichen Stunden entziehen, die keine Macht vermögend ist, mir wieder zu­ rück zu führen, sollten sie einmal davon seyn!" Also sagte der klagende Magister, und brachte den Stolz des kleinen Gottes in Bewegung. Er freute sich, daß der dankbare Vermählte, nicht trotzig auf die dienstbare Hülfe des Hymen, des Amors Freundschaft noch suchte; (o würde doch von keinem Vermählten des Amors Freundschaft für [95] ent­ behrlich gehalten.) Gütig entschloß er sich, dem Verliebten zu helfen, und den Jupiter und des Pantheons verirrte Bemohner und Ritter und Pferde hinaus zum Dorfe zu jagen. Welch ein heroisch Unternehmen — Welch eine That! Recht zu gelegener Zeit fiel dem kleinen Helden der Trojanische Brand ein, der die trotzige Garnison der Griechen nöthigte, den flammenden Platz zu verlassen, und diese so oft besungene schreckliche Geschichte, gab ihm eine sinnreiche Kriegslist an die Hand, die er mit Glück und Tapferkeit ausführte. Er drehet' aus den Händen des gefesselten Hymen die hochzeitliche Fackel, die lichterloh brannte, und stahl sich unvermerkt in die geruchduftende Küche des Pfarr­ herrn. Von der edlen Kochkunst verlassen, die vor kurzem zwanzig schöpferische Hände darinnen beschäffügte, ruht itzt eine finstere Traurig-[96]keit unter ihren Gewölben. Auf dem warmen Herde lag eine ungebrauchte Speckseite in der aufgehäusten Asche verborgen, woran die ganze große geschwänzte Armee, des scherzhaften Mäonides sich hätte sättigen können. Dieses ungeheure Magazin steckte der freybeutische Amor, mit abwärts gesenkter Fackel in Brand. Auf einmal flog es, durch die fettige Flamme belebt, in die schwarze Esse, die sich rauschend entzündete — und ihr blutrothes Feuer dem hohen Firmamente zuwälzte — Es war geschehen — Amor schüttelte seine Flügel und floh, und stellte sich auf die knarrende Fahne des Kirchthurms. Hier stund er, wie Nero, als er mit grausamer Wollust seine Residenz brennen sah, und freute sich seines gelungenen Anschlags, und erwartete den erschrecklichen Ausgang — Ünd nun — o Muse! hilf mir das Getümmel beschreiben.

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das in dem Hause [97] des Magisters entstund, als die gräßliche Feuerschreyende Stimme, sich über das aufge­ schreckte Dorf ausbreitete! Das hohle furchtbare Getöne -er stürmenden Glocken, die ein angstvoller Cantor uner­ müdet läutete — verkündigten den verzagten Matronen ihren Untergang, und das Geschrey der Kinder, und das Pochen der Nachbarn und das Bellen der Hunde, machten die finstere unglückliche Nacht noch schrecklicher. Von dem stummen Entsetzen geführt, kam die verlorene Nüchternheit itzt wieder in die Versammlung der Hochzeitgäste zurück. Doch kaum begriffen sie das drohende Unglück ihres be­ trübten Wirths, so flohen sie ihn, als wahre Hofleute, mit eilenden Füßen, und nach einem kurzen gleichgiltigen Lebewohl! verließen sie alle das neue Ehepaar in Thränen. Aber, wie ehemals der junge Aeneas seinen alten frommen Vater aus dem flammenden [98] Troja trug, so umfaßt' itz der getreue Hofmarschall seine weinende Clarisse, und durch die Liebe gestärkt, verachtet' er alle Gefahren. Das Feuer prasselt' über sein Haupt, und die Wellen des Fisch­ beinrocks schlugen über seine zerrissenen Haarlocken zufamtnen — dennoch bracht' er sie glücklich an ihre sichere Carosse, und übergab sie den Händen ihrer schützenden Zofe. Und wie der unerschrockene Weise, gegenwärtig in den größten Bedrängnissen, sich noch um Kleinigkeiten des Lebens bekümmert, oder so, wie der große Lips Tullian auf dem Richtplatze, da schon der Stab gebrochen ist, noch für seine Nase besorgt, um eine Prise Rappee bath. Noch schnupft' er ihn mit süßer Empfindung, in dieser ent­ scheidenden furchtbaren Minute — reckte darauf mit einem Seufzer den Hals dar — und befand sich in der andern Welt, eh' er niesen konnte. Eben [99] so nahm noch itzt der Hofmarschall drey verliebte Küsse von seiner beängsteten Schöne, und warf sich mit unterdrückter Sehnsucht in seinen fortschallenden Schlitten. Das Zeichen war gegeben, und nun flogen alle die unbändigen Pferde mit ihren Rittern davon, die mit stillem Vergnügen über ihre Sicher» heil, oft nach der brennenden Pfarre zurück sahn.

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Kaum war die lärmende Versanimlung der Götter­ und Menschengestalten zum Dorfe hinaus, so geboth Amor: das Feuer sollte verlöschen — und es verlosch. Zwar verkannte der blinde Pöbel die Hülfe des Amors, und jauchzend dankten die Bauern ihre Rettung einem schwarzen Dämon, der es gewagt hatte, aufs priesterliche Dach zu steigen, wo er, dem Feuer zum Opfer, eine arme geraubte Najade der Elbe, in den schwarzen Abgrund hinunter stieß, daß [100] ihre zerschmetterten Glieder in einer schmutzigen Küche ein unbekanntes Grabmaal bedeckte. Nun brachte der Gott der Liebe dem Hymen die hochzeitliche Lunte wieder zurück; darauf gieng er Hand in Hand mit ihm, zu dem getrösteten Verliebten, und sammelte seine entzückten Danksagungen in den leeren Köcher; denn der kleine Held hatte den Tag über, alle seine Pfeile verschossen. Die noch übrige Nacht hindurch wachte seine hohe Person an dem rauschenden Brautbett', und da der Morgen anbrach, erhob er sich fröhlich in den Olymp auf den Strahlen der Sonne, die zuerst dem frohen Magister die Mischung von Schaam und gedemüthigter Sprödigkeit, auf den Wangen seiner zufriedenen Schöne sichtbar machten, und ihn zu neuen Morgenküssen erweckten. Wie reizend blick-[101]te nicht die vollendete Braut ihrem glücklichen Sieger in das männliche Gesicht! Gleich einer jungen Rose, die sich unter dem schwarzen Gefieder einer einzigen balsamischen Nacht entfaltet. Der überhangende Phöbus trifft sie in ihrem vollen Schmucke an, und vergebens be­ mühen sich seine brennenden Strahlen, sie noch mehr zu entwickeln. Itzt stund der kleine Amor vor feiner freundlichen Mutter, und erzählt' ihr in scherzhafter Prahlerey, seine Kriegslist und seinen Triumph, daß seine Stinime durch den Olymp schallte, und selbst die bescheidenen Musen ihm Beyfall zuwinkten. Ihr Lächeln löste sich in einem sanften geistischen Sonnenscheine auf, wovon ein goldener Blick in die Welt drang und unter so vielen tausend poetischen Seelen die Meinige allein begeisterte. Ich hab' alles

ge=[102]ti)an, was meine Muse befahl; ich habe das Elend des verliebten Magisters, und seine fröhliche Hochzeit be­ sungen, und hab' ein Werk verrichtet, das durch eine schöne Druckerpresse vervielfältigt, der Vergänglichkeit trotzen kann. 5

ENDE.

Lesarten. Thümmels „Wilhelmine“ liegtin folgenden Ausgaben vor: A: Willhelmine oder der vermählte Pedant. Ein prosaisches römisches Gedicht. 1764. 102 8. 8. Diese Fassung liegt unserem Neudruck unverändert zu Grunde. Es sind bloss folgende Druckfehler verbessert worden: 13 33 empfieng für empfing 2418 dem Dreyangel für den Dreyangel 31s weiße für weise 3818 beschwerlichen für beschwerlichem An folgen­ den Stellen sind die irrtümlich fehlenden Apostrophe ein­ gesetzt worden: 324, 416, 53, 11 3, 1331, 31?, 35?; an folgenden Stellen ist die Interpunktion geändert: 26 27 ent­ deckte : für entdeckte! 27 23 entgegen, für entgegen! 37 2 Schnürbrüste, für Schnürbrüste 3718 die Zahl 3 für 3. 4123 Weise, für Weise B: Willhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht. Mit gnädigster Freyheit. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich. 1766. 106 S. 8. C: Wilhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht, von Moritz August von Thümmel. Mit gnädigster Freyheit. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich. 1768. 132 8. 8. C1.- Wilhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht, von Moritz August von Thümmel. Mit gnädigster Freyheit. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich. 1769. 132 8. 8. Die Mitberücksichtigung dieser Ausgabe, die sonst nirgends aufgezählt wird, — sie fehlt auch bei Goedeke — erwies sich aus folgenden Gründen als notwendig. Die wenigen Aenderungen, die C1 gegen C aufweist, gingen sämtlich in die folgenden Drucke über; die Ausgabe Ci ist gleich­ falls mit den Kupfern von Geyser und Stock geziert wie C und E; endlich wurde sie vom Dichter selbst als Auf­ lage mitgezählt. Dies erhellt aus Zeile 33 des Gedichts „An eine junge Prinzessin bey Uebersendung der fünften Ausgabe der Wilhelmine“ (Werke I, 24), was nur auf D bezogen werden kann. D: Wilhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht, von Moritz August von Thümmel. Mit gnädigster Freyheit. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich. 1773. 86 8. 8., im

Lesarten.]

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Formate des „Sebaldus Nothanker“ und diesem meist auch beigebunden. E: Wilhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht, von Moritz August von Thümmel. Vierte Auflage. Mit gnädigster Freyheit. Leipzig, bey M. G. Weidmanns Erben und Reich. 1777. 132 8. F: Wilhelmine, ein prosaisch komisches Gedicht. Im ersten Bande der Werke. Leipzig bei Göschen, 1811, Seite 149—254. Die sonstigen häufigen Drucke der „Wilhelmine“ (1764 mit 96 Seiten, Frankfurt und Leipzig 1775, Wien 1792, Prag 1804 und vielleicht noch andere, mir unbekannte) sind sämtlich ohne Vorwissen des Dichters gedruckt und zeichnen sich durch zahlreiche Fehler aus. Wo die Ausgaben B—F übereinstimmen, sind die Chiffern in unserem Apparate weggelassen. Blosse Aende­ rungen der Orthographie und Interpunktion finden keine Berücksichtigung, ebensowenig augenscheinliche Druck­ änderungen des Setzers, woran namentlich F reich ist. C—I1 schreiben durchgehends Wilhelmine und Sebaldus. U bedeutet, wie schon in der Einleitung Seite IX er­ wähnt ist, den Brief von Uz an Grötzner vom 28. Decem­ ber 1766.

Titel und Vorreden. 11-3 „Ich würde auf den Titel bloss: Wilhelmine setzen und den vermählten Pedanten weglassen. Warum wird der arme Pfarrer gleich anfänglich geschimpft. Ueberdiess scheint der doppelte Titel eine Duplicite d’action zu ver­ kündigen.“ I) In B geht dem Texte folgende Vorrede ohne Ueber­ sehnst voraus, welche in D—F als Vorrede der zwoten Auf­ lage ohne Unterschrift wiederholt wird: Die Willhelmine könnte in dieser neuen Auflage ganz wohl ohne Vorrede erscheinen, weil der Verfasser seinen Lesern [feinen Lesern fehlt DF] nicht viel über dieses kleine unwichtige Gedicht zu sagen hat. Durch den Beyfall, womit ihn einige Personen beehrt, denen er vorzüglich zu gefallen wünschte, hat er seine Ab­ sicht vollkommen erreicht — Indessen ist ihm auch nicht unbekannt geblieben, daß ihn verschiedene andere lieber beschuldigt hätten, als ob er mit dieser Kleinigkeit etwas Böses wider die Religion und ihre Diener im Sinne führe, und diesen zu ernsthaften Kunst­ richtern hält er sich für verbunden, öffentlich zu sagen, daß keiner von ihnen vielleicht selbst mehr Ehrerbietung gegen die Religion und Hochachtung gegen vernünftige Geistliche haben könne als er; wie würden sie sich wundern, wenn der Verfasser hier die ehrwürdigen Namen einiger großen Geistlichen hersetzen wollte, die dieses Gedicht bey allen seinen ersten Fehlern mit Vergnügen gelesen und kein Geheimniß daraus gemacht haben. .Da sich aber

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[Lesarten.

der Verfasser auf einen witzigen Einfall, dem ein zu strenger Eifer vielleicht ein verdächtiges Gepräge geben könnte, nicht so viel zu Gute thut, um ihn nicht ohne Barmherzigkeit auszu­ streichen, so hat er, auf den Rath eines unsrer trefflichsten Dichter, diesen Anstoß durch einige Veränderungen zu heben gesucht. Der Ruhm eines guten Christen gilt ihn: mehr, als das Lob eine? glänzenden Genies — aber er macht freylich keine Umstände, eben so herzhaft über Kobers Kabinetsprediger und seines gleichen zu lachen, als er einen Cramer und Schlegel mit stillem Ernste und gerührtem Herzen liest. Er würde von dieser seiner Gewohn­ heit nicht abgehen, wenn er gleich selbst die Würde eines Priesters begleitete, [bekleidete, F] so wenig als er itzt, da er an einem Hofe lebt, sich Bedenken macht, über einen allzugalanten Hof­ marschall , einen müßigen Staatsrath und einen affectirten Cammerjunker seinen Scherz zu treiben. M. A. v. Th. In C—F folgt:

Borrede zu der dritten Auflage. Es ist mir des Herrn Pastors wegen nicht lieb, daß Wil­ helmine, seitdem sie an ihn verheurathet ist, mit ihren Kleidern noch so oft ändert, als sie es am Hofe gewohnt war, und von jeder Leipziger Messe wenigstens mit einem Jupon versehen wird, woran der Pastor, wie man wohl denken kann, nicht den gering­ sten Antheil hat. Das sind die Sitten der großen Welt, Madame, die Sie auf dem Lande ablegen müssen! Kann man es den Leuten ver­ denken, wenn sie sich darüber aufhalten? „Was bildet sich denn die Frau ein?" habe ich schon hier und da sagen hören, „Trägt sie nicht Spitzen, die mehr kosten als die Pfarre ihres Mannes in vielen Jahren kaum einträgt — da andere ehrliche Weiber, die doch wohl ein bischen mehr werth sind, züchtig und ehrbar einhergehen — Wenn sie doch an ihren Ursprung dächte, und die Spötter nicht so oft erinnerte, daß sie einmal am Hofe ge­ wesen ist — Wie froh sollte sie doch seyn, wenn es die Leute vergäßen!" Diese Reden, Madame, zu denen Ihr prächtiger Aufzug so vielen Anlaß giebt, bringen auch mich in eine gewisse Verlegenheit, da jedermann weis, daß ich einige Freundschaft für Sie habe und gern Ihre Aufführung zu entschuldigen suche, wo es nur möglich ist; aber würklich — itzt gehn [gehen Ci—F] Sie zu weit. Sie tragen sogar, wie ich höre, noch immer seidne Strumpfbänder mit französischen Versen gestickt? —Je! zu was denn solche Strumpfbänder, Madame? An Ihrem Hochzeittage konnte zwar dieser verborgene gelehrte Staat noch mit Ehren ans Licht kommen; denn hätte nur damals das Feuer Ihre vor­ nehmen Gäste nicht so erschreckt, so würden sie gewiß die artigste

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Ceremonie nicht vergessen haben — Ihre Strumpfbänder wären gewiß, noch vor der völligen Uebergabe Ihrer kleinen Person, an den Herrn Pastor, von einer adlichen Hand abgeknüpft und in guter Gesellschaft seyn verlesen worden, und ich weis, der Cammerjunker würde darbey seiner Lunge Ehre gemacht haben; Aber zu was in der Welt kann Ihnen itzt diese "Mode nutzen? Ich weis mir keinen Umstand zu denken, wo Ihre Strumpfbänder noch itzt der Lectüre ausgesetzt seyn könnten, und verlöhren Sie Eins einmal auf dem Kirchwege, zu welchem Aergernisse würde dieses Gelegenheit geben! Uebrigens will ich gern eingestehen, daß Ihre Kleidung sehr artig und Ihr ganzer Anzug mit vielem Geschmacke gewählt sey; Ob ichs aber billige, ist eine andere Frage. Ja, wenn Sie noch am Hofe wären: ie null da — aber da haben Sie in Ihrer Blüte genung gefallen, und nun thäten Sie wohl, wenn Sie sich auch denen Personen zu empfehlen suchten, die bisher nicht Ihre Freunde gewesen sind. Damit Sie dieses erreichen, rathe ich Ihnen, eine stille ehrbare Mine anzu­ nehmen, wenn sie Ihnen auch nicht natürlich seyn sollte. Eine schwarze Stirnbinde würde gut darzu stehen! Statt der durch­ sichtigen Halstücher legen Sie eine schwere Sammtmantille um — Ein cannefaßner Rock — flohrne Streifgen am Hemde — So ungefehr muß Ihr Putz seyn, wenn Sie denen Herren gefallen wollen, die sich bisher über Ihr leichtsinniges Ansehn so ge­ ärgert haben.

Erster Gesang. 31—10 Ich — Triumphs „Der Anfang scheint mir das Sujet nicht vollständig, wenigstens nicht deutlich anzu­ kündigen. Ich weis nicht, von welchem Abentheuer der Dichter redet, und ein Abentheuer erdulden möchte wohl nicht deutsch seyn. Der Dorfpfarr ist ein sächsisches Provinzial wort.“ U Einen seltenen (seltnen DF) Sieg der Liebe sing ich, den ein armer Dorfprediger über einen vornehmen Hofmarschall erhielt, der ihm seine Geliebte vier lange Jahre entfernte, doch endlich durch das Schicksal gezwungen ward, (wurde, F so immer) sie ihm geputzt und artig wieder zurück zu bringen. 12 Tags) Tages 4i hundert) „Ein Ort, wo hundert Wohnungen sind, kann der ein Landgut genannt werden?“ D zwanzig 4 Taglöhner) „Und sollte anstatt Taglöhner nicht Landmann stehn?“ U Bauer 8 vielen) langen C—F 9-10 etwan — verkürzen,) durch schlaue Ge­ spräche zu verkürzen, bald auf den Durchmarsch der Preussen zu schmählen, bald die bessern Besuche eines freygebigen Kobalts zu erheben C—F 13-21 Ein — gezogen!) Nur der Pastor des Dorfes allein, der gelehrte Sebaltus, hatte seit vier unglücklichen Jahren, die ländliche Munterkeit verlöhren, die auch sonst (sonst

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auch F) auf seiner offnen Stirne gezeichnet war. Ein geheimem Kummer peinigte sein Herz; wenn er die ganze. . . Jagdkleide wie 94—1127 20 „Ein Gespann wird von 2 Pferden und nicht von einem gesagt.11 U 23 ifjre] Willhelminens 25 Ihr] Ihr nesseltuchnes erhobt hob 26 und feinet] aber keiner 32 klaren] rieselnden 34 schönen] schönern 35 Ihr freundlichen] Spottet nicht ihrer Unschuld, ihr freundlichen 37 eigenen] eignen 4 37—52 bedauert — Schönheit!] fehlt 02-3 denn — Jam­ mer] Denn niemand hatte noch bisher Willhelminen gelehrt, wie reizend sie sey und niemand! ich sag es mit Jammer 4 hatte bis itzt] hatte selbst bis hieher 5 Ihre Reize] ihre Vorzüge 8 ihm] ihm allein 7-8 empfieng — Händen,] „Was für ein Decem kann der Pfarrer von den Händen eines Mädchens erhalten ? Besteht er nicht in Feldfrüchten ?“ U schlich er ihr nicht auf jedem kleinen Spatziergange nach und hielt sich doch immer in einer ehrerbietigen Entfernung, 11-12 Wie —machen!] Schon sann die Liebe ernsthaft darauf ihn glücklich zu machen. 12 zwo] zwey F so immer andere] andre B—E 22 alsdann] alsdenn 37 Schönheit] „Ein Spürhund der Schönheit deutet einen Spürhund an, den die Schönheit hält, nicht der sie ausspürt.“ U Liebe 64 erscholl] er­ klang 15 entschloßne] entschlossene 18 Landmägdchens] Land­ mädchens so immer 25 stund] stand F so immer 26 Fuße] Fuß' 35 Schöne] Schönen B—E (im I. und II. Gesänge) F so immer möchte,] „er geboth, sie möchte pp vielmehr sollte“ U so Wz B—E sollte F 74 ihren] ihrem 8-14 Aber — verließ,] fehlt 714—8 32 sein — Köpfe.] ist im zweiten Gesänge nach 17 9 eingeschaltet 7 23 seltnes] seltenes C—JE 26-27 eine lärmende thörichte] einer lärmenden thörichten 31 die] fehlt 810 wollte] wollt 13 Carln] Carl 15 wird] „pro endigen wird, vielmehr sollte.“ U sollte 28 forderte] foderte 30 hörete] hörte 8 32—9 3 Aber — Händen.] fehlt 93—1127 Und — Jagdkleide.] schliesst B—F an die Variante zu 413-21 an 93 Und] fehlt 8 Vier .... beschlossen.] Die Klügsten der Gemeinde marterten sich umsonst, die Ursach seines Leidens zu entwickeln: Was fehlt unserm Magister? fragte einer den andern: Wir lieben ihn ja, er ist der Vornehmste im Dorf, und er wird auch nicht etwan, wie dieser und jener — von einem hochmüthigen Junker geplagt, denn der unsere lebt, Gott sey es gedankt, ferne von uns, und verbraußt seine Renten in Frankreich. So klagten die Bauern den Kummer ihres Magisters! Aber umsonst blieb ihr mitleidiges Nachforschen; der tiefsinnige Pastor verbarg seine Sorgen der Neugier, und auser Sonntags, wo sein Amt ihm geboth, schien seine Sprache verlohren. Vier Jahrgänge finstererPredigten hatt' er also geendiget: 10 gesammelt^ gesammlet sie] fehlt F n-13 die — zerfraßen,] die alle Buch.-

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staben zerfraßen, und höflicher für die dankbare Nachwelt sorgten, 17 Sie — erzählens sie beschäfftige sich nur mit seinem Glücke — und erzähle den wunderbaren Traum, ihn,) ihn B—E ihm, F 18 Jahrs,) Jahres B—E Jahres, F is-19 dem — und) fehlt 23 Seouls) Jahrhunderts wenig) wenigen 24 vergangenen) vergangener F 933—10 32 Da — Und) Da erschien Amor dem eingeschlummerten Priester, der über das Zudrängen dieses kleinen Unbekannten heftig erschrack, denn bisher hatt' Er ihn nur aus dem großen Rufe seiner Verwüstungen gekannt — wie etwan den Beelzebub oder den General Meyer; doch der freundliche Amor ließ ihn nicht lange in seinem ungewissen Erstaunen, schüttelte seinen Köcher und sprach also zu ihm: Entschuldige den Amor, theurer Sebaltus! wenn er bisher wider seinen sdeinen ^) Willen dein Feind gewesen ist, und erschrick nicht über seine Erscheinung, die [ber F] dir ein Glück verkündiget, [verkündigt, F] das dir wenigstens vormals nicht gleichgültig war. Willhelmine — bey diesem Namen, durchströmte ein leuchtendes Jncarnat sRoth C—F] die verfallnen Wangen des Pastors und Amor fuhr lächelnd fort: Ich sehe, du erinnerst dich noch dieser leb­ haften Schönen, [Schöne, DE] die einst, in diesen Fluhren gebohren, nur von der unschuldigen Natur erzogen ward, die dir oft in der feurigsten Predigt, durch einen einzigen Blick ihrer hellblauen Augen ein langes, verhaßtes Stottern — und wenn du allein wärest, manchen lauten Seufzer erregte — Ach, sie hätte dich gewiß zum Glücklichsten deines Standes erhoben, wenn nicht die Intrigue eines neidischen Hofes sie deinem Kirchspiel entführet, und unter die fürstlichen Zofen versetzt hätte. O wie traurig hast du diese Zeit ihres Hofdienstes hinschleichen lassen! Bergieb es mir, lieber Magister, daß ich hier deiner Unthätigkeit spotte! Hast du denn nie gehört und gelesen, wie oft die ent­ schlossene und geschäfftige Liebe, Klöster gestürmt, Mauern erstiegen und sich nachgiebige Nonnen Unterthan gemacht hat, die zu einem ewigen frommen Müßiggänge verdammt waren; und 10 33 ver­ zagst) verzagtest entziehnj entziehen 35 der) dem F ent­ fernt) entfernet B—Ci 36-87 Höre Morgen) Doch ich komme nicht her, dich mit Borwürfen zu kränken — Das Ende deiner Leiden ist da! Wie leicht wird es dir werden in Willhelminens tröstenden Armen, oder an ihrem wallenden Busen der vergangenen traurigen Tage zu vergessen; der Aufschub deines Verlangens — Ja — er ward dir schwer zu ertragen. Doch itzt vermehrt er dein Glück! Denn siehe! Mit muntern [munterm D—F] Gesichte erwartet dich die jüngste feurigste Liebe! Sie würde kraftlos — schläfrig, ja wohl gar erloschen seyn, wenn Willhelminens Besitz dich schon vor vier Jahren beglückt hätte — Ermuntre dich also und höre meinen liebreichen Rath: morgen Deutsche Litteraturdenkmale.

48.

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[Lesarten I,

111 ihren Vater) den graubärtigen Verwalter, ihren Vater Höf­ linge) Höfling g die Liebe) das Schicksal Folg') Folge D—F erhebe dich in) „Erhebe dich u. s. w. gefällt mir nicht.“ U suche 4 Ihr) ihr, so rührend als du vermagst, 8-9 Sie, — verfolgt,) Sie, die itzt mit ernsthaftem Nachdenken ii Widerwärtigkeiten) Berläumdungen 13—19 aber — auf!) So sprach der philosophische Amor, glaubte genug gesagt zu haben, und wollte verschwinden^ als ihm noch eine wichtige Erinnerung einfiel — Mit der lächerlichen Mine eines jungen Officiers, der zum erstenmal einen armseligen Posten zu vertheidigen bekömmt, und bey aller feiner Geschäftigkeit bald den kleinen Umstand vergessen hätte, die Parole zu geben — rief Amor: Bald hätt ich nicht an das Wichtigste gedacht — Wär es auch ein Wunder? und hab ich nicht immer meinen Kopf so voll? Merke also noch dieses, lieber Magister! 19-21 Aber — feindliche) Laß ja nicht die unwiederbringliche Zeit vorbey streichen, damit nicht die Tage herannahen, wo der galante 21 Brunnencur) Ptisanencur 23 Wasche dich) Und morgen sey bedacht, dich reinlich zu waschen! 24 Perücke) Parücke B—E 24-25 in deiner Eroberung) fehlt 28-31 Nach — aufwachte.) Und nun verschwand Amor — das Rauschen seiner Flügel er­ weckte auf einige Augenblicke den Pastor; Schwerfällig sammelte er seine Gedanken — rieb sich gähnend die Augen und seine rauhe Stimme erklang durch die Stille der Nacht: Welch ein Traum! Sollte es möglich seyn, daß er wahr wäre — 0 so wäre kein König glücklicher als der arme Pastor Sebaltus — Doch eitle Hoffnung — die schönsten Träume betrügen! Hab ich vier Jahre bey den eifrigsten Wünschen hinschmachten müssen — Warum sollte denn itzt die Liebe einen Elenden aufsuchen, der zu abgehärmt ist ihren Diensten Ehre zu machen — Doch der morgende Tag wird mir dieses Geheimniß erklären — Mit Ge­ duld will ich seiner erwarten — Schon schlägt es zwey — Ach Willhelmine! Angenehmer Schlaf — So murmelte der Pastor und schnarchte. Was könnten wir besseres sbessers F] vornehmen, komische Muse, um nicht selber zu schlafen, als wenn wir in die ver­ gangenen Zeiten blicken, Willhelminen in ländlicher Unschuld be­ trachten und erforschen, wie des Magisters Liebe und sein Unglück entstand, dessen Ende ihm Amor in dieser merkwürdigen Nacht verkündigt hat. Darauf folgt dann: Schon der sechzehnte Früh­ ling bis Mäuler geöffnet, wie 422—7 8 und der Schluss des ersten Gesanges lautet: Und seit dieser trüben Stunde warb das welkende Herz des Pastors von keinem Strahle der Freude erwärmt und nur in der letzten Nacht dieses kritischen Jahres erblickt er zum erstenmal wieder die tröstende Hoffnung.

Lesarten II. III.]

51 Zweiter Gesang,

1226 ftunb] stand 13 g sympathetischen Triebs sympathe­ tischen Triebe BCF sympathetische Triebe CiE sympathetische Trieb D io hoffende, voll Hoffnung erwachte 13 kürzlich, kurz 20 würdig des, zur Ehre eines so C—F 26 buntschäckige, buntschäckichte E 27 die gehoffte Carosse, der erwartete Wagen C—F 28—29 Wie — Herr,", „Der rappenfärbichte Herr, der Schwarzrock zu niedrig.“ U Mit weiten Schritten und fliegendem Mantel eilte der hagre (hagere C— F] Magister 30 auf Befehl des Traums, fehlt die, seine 33 er, fehlt 37 geziert! geziert F 14 6-7 sprach nichts, sprach — nichts 16 ihrer, ihrer lächerlichen 25 Gebethe, Gebeth 26 itzo, jetzo 34 fragte, fragt 1511 er, fehlt ie verkündigt, verkündiget B—E 17 aufrichtigen! erhabenen 23-24 so — wollte, so viel zärtliche Blicke, so ein gefälliges Lächeln, als ihm nur zu Gebothe stehen wollte 26 zärtlichen, rührenden 31 allen, allem F lii 4 Freuden, stillen Freuden C—F 3 Unerfahrenen, Unerfahrnen 17 ziegelfarbenen, ziegelfarbnen F is gegraben, gegraben war >72 ansehnlicher, glänzender 9-14 Wer — werden! | lelilt B—F\ dafür folgt hier die Scene: Nicklas in der Dorfschenke, die mit den Worten eingeleitet ist: Noch halb berauscht von dem Besuche seiner Tochter und dem seltenen Weine, den er bey vollen Gläsern getrunken, gieng nun der alte Verwalter aus, sein häusliches Glück . . . Köpfe wie 714—>*32. 15—16 Nach — Verliebten, Indessen waren die beyden Verliebten nach drey kurzen hinweg geplauderten Stunden 18 Bräutgam, Bräutigam DE 23 andere, andre C— F 28 es, ihm 32 würd', würde F 34 Rechte, Recht C—F freut', freute F 36 eigenes, eignes E 181 zu folge, folgte C—F 13 erreichten, erreichten B 25 erhübe, erhöbe B—E erhöhe das Zenith, „Kann man sich über das Zenith erheben, welches nichts anders als der Punct über unserm Haupte ist? Man mag sich erheben, so hoch man will, so hat man immer noch ein Zenith.“ U die Sonne 26 begrüßte, begrüße F 28 schlafenden Scheitel! „der schlafende Scheitel gefüllt mir nicht.“ U unruhigen Kopf 32 den, fehlt F

Dritter Gesang. 192—7 Schon — sollte., „Die geputzte Coquette, die früh ausgeht, will mir an diesem Orte nicht gefallen.“ U fehlt B, dafür C—F: In einer prächtigen Wintertracht war heute die Sonne dem Erdball erschienen; Ihr Einfluß hatte die lebenden Geschöpfe der Welt schon alle aus dem Schlafe geweckt, wenn ich in Savoyen die Murmelthiere, und in Deutschland die Mädchens (Mädchen ausnehme, welche die Mode erzieht;

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[Lesarten III. IV.

7 9(öe] Schon waren die B So gar die C—F % Hofjunkerl Hof­ junkers B—E totiren] fehlt B 8—9 erwacht — levantinischen] erwacht, hatten nun ausgegähnt und fiengen nun an ihren erhabenen Trieb nach Geschähen zu fühlen, denn einige verschluckten schon levantinischen ii weiters wieder F 13 edelm] edlem F 18 Fräuleins] Fräulein F 23 erweckt] erschreckt F 202-4 der — geliefert,] „Dass der Schlafrock des Hofmarschalls und der Wilhelmine Hochzeitkleid von einerley Stoff sind, sollte vielleicht hier noch nicht, sondern weiter unten gemeldet werden.“ U fehlt 4 offner] offener C—F 5 verstund] verstand F so immer 13 bethenden] bebenden F 29 unsere] unsre F 213 darbey] dabey F in] in solchem 7-11 wie — ist."] „Das Gleichniss von der Papstwahl scheint mir nicht passend zu seyn. Die Cardinäle hungern nicht im Conclave und der Papst wird nicht durch ein entscheidendes habet gewählt.“ V wie an dem Hofe eines geistlichen Fürsten." 19 empfohl] empfahl F Schwarzrockel Pastor Sebaltus 25 ganze] ganz C—F 28 die] der um­ spannte] umspannete E 35 vom] von DF 2137—22 2 daß — anfieng.] „Warum die Schöne schrie und der Hofmar­ schall lachte, als ein Pflästerchen von ihrer Brust fiel, kann ich nicht erraten.“ U 2215 fern — und] fehlt 26 lachen] belachen B verlachen C—F

Vierter Gesang. 23 21 Schwarzrocke] Pastor 24«, betrügerisch] betrüglich E 15 erfüllt'] erfüllte E ie Luft] Lüfte 17 beraubest] be­ raubet 23—26 Unaudächtig — Obrigkeit."] Ohne Ernst und An­ dacht und in dem gleichgültigen Tone gesprochen, in dem wir oft für den römischen Kaiser und alle weltliche Obrigkeit ^Obrig­ keiten D—F] bethen, wird es in der Atmosphäre der Kanzel zerflattern." C—F 28 furchtsam] mit nagender Furcht C—F 29 Verhängnisse, Berhängniß D—F 33 beherrschte] beherrscht E 34 Bediente] Bedienten D—F 25 3 Aerme,] Arme F ihrer verschobenen! ihre verschobene BEF ihre verschobenen C—D 4 und — sie] und hielt in der andern F 18 geschwinden] fehlt 27 Posthorn] dazu C—F die Anmerkung: Welches die Zeichen des sogenannten Cavalier- oder Postpapiers sind, und klein] und warf ihn klein 27—28 wie — ihn] „Die Pille könnte tneines Bedünkens wegbleiben.“ U fehlt 36 und] fehlt 36-37 erschrecklicher] schrecklicher 26 5 ihm] ihn F Gericht] Gerichte 8 anderes] andres F 9 keichende] kriechende DF 22 Kammermägdchens] so auch nur hier B—Ci, jedoch Kammermädchens D—F wie sonst immer 27 8 zur] zu 26 wor311] 100511 EF 34 eigenen] eignen DF eignem E 37 Hochzeit­ geschenk] Hochzeitsgeschenk F so immer 282 bestohlen] beraubt C—F 34 vielfarbichten] vielfarbigen F

Lesarten V.]

53 Fünfter Gesang«

27 io heiligen) fehlt 13 getraute) getrauete F 25 den) den schnurbärtigen C—F 31 schnurbärtiger) wilder C—F 32 Führer,) Führer schwengte schwang F] die knallende Peitsche und C-F 32-33 in vollem) im vollen E 301 2 Sitze — Fuß) Sitze, und da verrieth sich zugleich auf einige süße Augen­ blicke für dell entzückten Bräutgam, ^Bräutigam, F] ihr kleiner vorgestreckter Fuß C—F 3 gestickten! seidnen C—F Strumpf­ bandes ; — bald) Strumpfbands, auf welchem mit Püllctgen lPünktchen^') von Silber ein zärtlicher Vers des Voltaire ge­ stickt war; Ach wohin weiß doch nicht ein französischer Dichter zu schleichen! Gesteht es nur, ihr Deutschen! Bis dahin ist noch keiner voll euern größten Geistern gedrungen. So bald C—F 4 die) diese C—F 6 ihre) ihrem F 13 den) dem Sammt) Sammte 15-16 unhöflichsten! unhöflichen EF 17 gestirnten^ „Der Hofmarschall wird hin und wieder der gestirnte Herr genannt. Aber man nennt den Himmel nicht ge­ stirnt, wenn er nur einen Stern hat.“ U gestempelten 26 zween) zwey so immer 30 errettet) gerettet Ci—F 35 die dummen) „Es thut, wie mir scheint eine grössere Wirkung, wenn gesagt wird: die Gänse, als die dummen Gänse.“ U jene berühmten 31g tröstlich) fröhlich C—F 29 Wahrheit.) Der Charakter eines vernünftigen Mannes ist vortrefflich gezeichnet, und eben desswegen verdriesst es mich, dass im ganzen Stücke seiner nicht mehr gedacht wird. Wenig­ stens sollte eine Ursache angegeben werden, warum er in dieser Gesellschaft erscheint.“ U Es folgt denn auch hier B—F: Er war es, der Willhelminen zuerst mit glimpflichen Worten, vor der weiten Gefahr warnte, in die ihr Leichtsinn und die verjährte List eines wollüstigen Hofs ihre Jugend verwickelte, der ihr zuerst den Gedanken erträglich und wünschenswerth machte, wiederum die heitre gesmldere Luft ihres Geburthsorts zu athmen. Mit innrer Befriedigung sah er, daß der heutige Tag seine Be­ mühung krönte und dieses frohe Gefühl beschäftigte ihn einzig in dem Taumel einer thörichten Gesellschaft. Ungern sah ihll der Hofmarschall in dem Kreis seiller Lust — Er aber ertrug ungekränkt diese ehrende Verachtimg und gab sich gern einem unruhigen Tage Preis, um ein verirrtes Mädchen in einer glück­ lich entschlossenen Tugend zu stärken. 29 Zischet) Zischt Lieb­ linge) Lieblinge und Weisen 30 Hofes) Hofs 322 jedes > jeder F 5 allein) alleine B—E 9 bald) fehlt C—F 14 ehmaliger) ehemaliger 28 wo) woher F 29 Herkommen kommen F 36 angelanget) angelangt F 33? und warlf und in diesem gezwungenen Stande ward er C—F 9 hatte hat F 11 dem) dem lustigen 13 denn — nicht) fehlt C— F

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[Lesarten V. VI.

18 ungezogenen) ungezognen F 19 Trostes Trost F 30 als — Politicus) „Der alte Politicus gefällt mir nicht.“ U fehlt 3i weis> wußte F 34 schon) fehlt C—F 344-5 Mit — er­ hielt) Mit einer zurückhaltenden bescheidenen Mine empfieng C—F 12 ihren:) ihren F 15 Beute) Braut D—F 3428—35? Wie — Maulwurf.) Aber ihr weiser Freund und Rathgeber entdeckte kaum diesen unzufriedenen Gedanken in ihren: bekümwerten Ge­ sicht, als . er durch einen ernsthaften Blick gen Himmel geschlagen, ihr denselben verwies, sie nut ihren: Schicksal versöhnte und ihr eine kleine reihende ^tugendhafte C—F] Thräne ablockte. 3512 nur) der E 14 theuern) theuren F is Schwarzrock) Magister 19 seiner) seine 27 Chriseis) Briseis F 361 durch­ brauste) durchbrausten E 3-4 ihres — eingedenk) in sich ge­ kehrt 12 selber > selbst F is hinlockt) hinlockte F 22 zur) zu F 24 bedrohen) drohen BF 36 inniglich) innerlich 3715 ausgeposaunt) ausposaunt F 35 dernantenes) demantnes F 383 widerstrebenden) widerstrebende C—E 6 gnädigst) fehlt C—F 11 seine Neider) seinen Neidern 13 friedlichen) fehlt

Sechster Gesang. 3824 Der sechste) Sechster 29 halbgestohlene) hälbgestohlne C—F 39i gestirntenI freundlichen >1 wiedersinnisch) wider­ sinnig F is Ehmann) Ehemann 25 gelehret) gelehrt C—F 403-4 Also — brachte) Diese Seufzer des unruhigen Magister ^Magisters DF] brachten C—F 7-9 die Parenthese fehlt 13 gelegener) gelegner 7-' 20 geruchduftende fehlt C—F 35 und) fehlt C—F 41i entstund) entstand F 7 machten) machte 8 die) eine F 15 ehemals) ehmals F 25 große) größte DF 27-31 „Das Nickel List in der andern Welt sich befand, ehe er niesen konnte, ist ein Meister-Zug.“ U 31 er) er — 4216-17 wachte seine hohe Person) „ Amors hohe Person will mir nicht gefallen.“ U wacht' Er 21 zufriedenen) zufriednen D—F 34 einem) einen F 35 geistischen Sonnenscheine) gei­ stigen Sonnenschein F 43 6 fehlt

33—38.Uz,sänitl.poetischeWr erke.Her.v. A.S au e r.CIX, 422S.1890.M.8.40. 39 DasFaustbuch des Christlich Meynenden. Nach dem Druck von 1725 her. v. Siegfr. Szamatölski. Mit 3 Portr. XXVI, 30 S. 1891. M. 1.60. 40—41. Von deutsch. Art u.Kunst. Einige flieg.Blätter.Her.v. H. Lambel. LVII, 124 S. 1892. M. 3.50. 42. Götz, Joh. Nie., Gedichte. Her. v. C. Schilddekopf. XXXVI, 89 S. 1893. M. 2.40, 43—45. GoezesStreitschriften gegen Lessing. Her.v. E r i ch S c h m i d t. VI. 208 S. 1893. M. 3.30. 46—47. Forster,Georg,Ausgew« kleineSchriften. Her.v.A. L e i t z m a nn. XX, 165 S. 1894. M. 3.—. 48. Thiimmel, M. Ä« v«, Wilhelmine. Her. v. Rich. Rosenb aum. Xll, 54 S. 1894. M. 1.20.

In Vorbereitung: Göttinger Musenalmanach 1770. Her. von Dir. Dr. Karl Redlich. V. Humboldt, Willi., Sechs ungedruckte Aufsätze. Her. v. A. Leitz mann. Wernicke, Chr., Sämtliche poetische Werke. Her. v. J ul. Elias. Borkenstein, H., Der Bookesbeutel. 1742. Her. v. F. Hei t müll er. Alle Nummern auch gebunden. Preis des Einbandes, braun Leinwand mit Rotschnitt, 80 Pf. Blätter f. bayr. Gymnafialw. Die Neudrucke unter Seufferts über­ aus geschickter Leitung sind allmählig für jeden, des sich mit der Litteratur des 18. Jahrhunderts beschäftigen will, ein unentbehrliches Hilfsmittel geworden. Zeitschriftf. N eal schulw esen. Die Bände dieser Sammlung verdienen die Aufmerksamkeit der Germanisten, der Litterarhistoriker und der Litteratur­ freunde, welche litterarische und wissenschaftliche Kritik zu schätzen wissen.

Im gleichen Verlage sind erschienen

Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte. Unter ständiger Mitwirkung von J. Bolte, W. Creizenach, G. Ellinger,

E. Elster. L. Geiger. W. Golther, O.xHarnack, Ä. Heusler, G. Kawcrau, K Kehrbach, K. Kochendoerffer, A. Koester, Rud. Lehmann, R. M, Meyer, V Michels, F Muncker. R Muther, E. Naumann, O.Pniower, A. Reiffer­ scheid, G Roethe, A. Sauer, P. Schlenther, Erich Schmidt, G. Steinhausen, Ph.Strauch, V Valentin, M v. Waldberg, O.F. Walzel, A.v. Weilen, H.Welti, R. M Werner, G Witkowski, H Wunderlich herausgegeben von Julius Elias, Max Herrmann, Siegfried Szamatölski. Erster Band (Jahr 1890) M. 10—, in gewähltem schwarzem Bibliotheksband M. 12.—.Zweiter Band (Jahr 1891) M 12.60, in Bibliotheksband M 14.60

Einige Urteile über die „Jahresberichte". Mit dem Erscheinen dieser Jahres­ berichte tritt die deutsche Litteraturgeschichte in eine neue Phase ihrer Entwicklung. Magazin für Litteratur Jeder, der da sucht, wird mit Sicherheit zu finden wissen. Blätter f bayr. Gymnasialschulwesen; Für Litteratur­ historiker und Schulmänner wird das Werk in kurzer Zeit geradezu unentbehrlich werden. Nation Ein Treffer auf den ersten Wurf. ..... Dtsche Litteraturzeit.:

G J Göschensche Verlagshandlung in Stuttgart.