Wilhelm II.: Archäologie und Politik um 1900 3515115579, 9783515115575

Die Begeisterung Kaiser Wilhelms II. für die Archäologie schlug sich nicht nur in der Förderung von Grabungen und fachwi

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German Pages 140 [142] Year 2017

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Inhaltsverzeichnis
Thorsten Beigel/Sabine Mangold-Will: Einleitung
Suzanne Marchand: German Archaeology in the Wilhelmine Era: An Overview
Matthias Steinbach: Wilhelm II. und die Gelehrten: Aspekte einer Beziehungsgeschichte
Dieter Vieweger/Julia Serr/Marcel Serr: "Archäologie ist ein extrem politisches Geschäft": Die Palästina-Reise Kaiser Wilhelms II.
Sabine Mangold-Will: Die Orientreise Wilhelms II.: Archäologie und die Legitimierung einer hohenzollernschen Universalmonarchie zwischen Orient und Okzident
Lars Petersen: Kaiser Wilhelm II. und die deutschen Ausgrabungen in Baalbek
Thorsten Beigel: Der Stolz des Dilettanten: Wilhelm II. und die Gorgo
Christoph Johannes Franzen: Wilhelm II. und die "Doorner Arbeits-Gemeinschaft"
Sabine Mangold-Will: Schlussbetrachtung: Wilhelm II. - Archäologie als wissenschaftliche Herrschaftslegitimation in der Ambivalenz der Moderne
Autorenverzeichnis
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Wilhelm II.: Archäologie und Politik um 1900
 3515115579, 9783515115575

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Thorsten Beigel / Sabine Mangold-Will (Hg.) Wilhelm Ir.

Wilhelm 11. Archäologie und Politik um 1900

Herausgegeben von Thorsten Beigel und Sabine Mangold-Will

@

Franz SleinerVerlag

Umschlagabbildung: Kaiser Wilhelm 11. zu Besuch bei den Ausgrabungen auf Korfu im März 1911. Privatbesitz Freiburg.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz SteinerVerlag, Stuttgart 2017 Druck: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-SIS-IISS7- S (Prillt) ISBN 978-3-SIS-IIS64-3 (E-Book)

INHALTSVERZEICHNIS

Thorsten Beigel/Sabine Mangold-Will Einleitung

7

Suzanne Marchand Gennan Archaeology in the Wilhelmine Era: An Overview

15

Matthias Steinbach Wilhelm 11. und die Gelehrten: Aspekte einer Beziehungsgeschichte

23

Dieter Vieweger /Julia Serr /Marcel Serr "Archäologie ist ein extrem politisches Geschäft": Die Palästina-Reise Kaiser Wilhelms

11.

39

Sabine Mangold-Will Die Orientreise Wilhelms 11 : Archäologie und die Legitimierung einer hohenzollernsehen Universalrnonarchie zwischen Orient und Okzident

53

Lars Petersen Kaiser Wilhelm 11. und die deutschen Ausgrabungen in Baalbek

67

Thorsten Beigel Der Stolz des Dilettanten: Wilhelm 11. und die Gorgo

87

Christoph Johannes Franzen Wilhelm 11. und die "Doomer Arbeits-Gemeinschaft"

101

Sabine Mangold-Will Schlussbetrachtung: Wilhelm

11.

-

Archaologie als wissenschaftliche Herr-

schaftslegitimation in der Ambivalenz der Modeme

. 123

Autorenverzeichnis

127

Literaturverzeichnis

129

Personemegister

139

.

EINLEITUNG! Thorsten Beigel/Sabine Mangold-Will

Kaiser Wilhelm

11.

gehört sicherlich zu den meistbehandelten und besterforschten

deutschen Monarchen. Zuletzt rückte die Person des Hohenzollern anlässlich des ein­ hundertsten Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges abermals in den Fo­ kus auch einer weiteren Öffentlichkeit. Die nachvollziehbare Konzentration der For­ schung wie der Medien und des Publikums auf die politische und militärische Rolle Wilhelms lässt jedoch umso deutlicher eine bislang vernachlässigte Fa,ette seiner Persönlichkeit und seines Wirkens zutage treten: Wilhelms archäologisches Interesse und sein damit verbundenes Eintreten für die wissenschaftliche Archäologie, sowie seine eigene publizistische Tätigkeit auf diesem Gebiet. Gewiss, Wilhelms Archäologiebegeisterung findet in seinen Biographien regel­ mäßig Erwähnung und wird zumeist mit dem Einfluss seines Vaters, seiner huma­ nistischen Schulbildung oder seinen Studien an der Universität Bonn erklärt. Auch seine Förderung deutscher Grabungstätigkeit insbesondere im östlichen Mittelmeer­ raum und im Vorderen Orient wird in Studien zum deutschen Imperialismus oder archäologischen Wissenschaftsgeschichten thematisiert. Seine im Exil entstandenen historisch-archäologischen Schriften, die sich wiederum besonders mit der ,orienta­ lischen' Antike beschäftigten, schienen hingegen bislang kaum einer ernsthaften Be­ trachtung wert und wurden, wenn überhaupt, als dilettantisches Freizeitvergnügen amüsiert

zur

Kenntnis genommen? Die Frage nach einer Verbindung jener drei As­

pekte und gar ilue Einbettung in einen breiteren politischen Kontext sind schließlich fast gänzlich unterblieben. Hier setzt der vorliegende Band an. Wir, die Herausgeber, verstehen ihn keineswegs als Versuch einer Ehremettung Wilhelms als Wissenschaftler. Der Band möchte jedoch das breit gefächerte, le­ benslange Engagement des Deutschen Kaisers nicht länger als bloße Marotte eines überspannten Monarchen abtun, sondern als historisch relevanten Aspekt von Wil­ helms Persönlichkeit und Herrschaftspraxis ernst nehmen. Das persönliche Interesse wie das öffentliche kaiserliche Engagement für die Geschichte des mittelmeerisch­ vorderorientälischen Altertums und seine archäologische Erschließung erklärt sich­ so die grundsätzliche These unseres Beitrages - durch dezidiert politische, insbeson­ dere legitimatorische Motive. Dort, wo der Kaiser die neue Spatenwissenschaft und Wir danken Gemt Walther und Annin Eich herzlich für ihre UnterstÜ"tzung bei der Finanzierung dieses Bandes.

2

Für ein zeitgenössisches Elogium aufWilhehns Engagement für die Altertums'Nissenschaften hingegen siehe z. B. Schmidt-Ott, Friedrich: Der Kaiser und die Altertumskunde, in: Friedrich Everlingl AdolfGÜIlther (Hg.), Der Kaiser: 'Nie er

war-

'Nie er ist, Berlin 1934, 173-175.

8

Thorsten Beigel/Sabine Mangold-Will

mit ihr verbundene historische Zugänge für seine Zwecke passend wahrnahm, konnte dies auch zu konkreten disziplingeschichtlich relevanten Entscheidungen führen. Gerade in der jüngeren Forschung ist immer wieder der Zusammenhang von im­ perialem Ausgreifen und wissenschaftlicher Expansion in Fonn neuer Disziplinen thematisiert worden. So gehört es mittlerweile zu den Gewissheiten der kulturhisto­ risch inspirierten Irnperialisrnusforschung wie der Wissenschaftsgeschichte, dass die Förderung von wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit der außereuropäischen Welt beschäftigen, wie bereits diese Beschäftigung selbst, Teil einer Vereinnahmung der Welt durch Europa darstellte. Diese ließ sich, wenn auch keineswegs zwangs­ läufig, politisch von den europäischen Nationalstaaten in imperiale 1.1achtausweitung umsetzen. In einer umgekehrten Logik lässt sich mit Dirk van Laak allerdings auch formulieren, dass "das Ausgreifen auf fremde Kulturen, Märkte und Territorien (. .. ) zugleich als eine international zu beobachtende Variante der Aneignung von ,Welt' und der nationalen Horizontenveiterung verstanden werden (muß)".3 Ebenso gewiss ist der Wissenschaftsgeschichte mittlerweile, dass die akademische Beschäftigung mit antiken und/oder nicht-europäischen Welten immer auch dazu diente, indirekte Ent­ würfe der je eigenen nationalen Entwicklung zu schaffen. Jede Form des "Orientalis­ " mus beinhaltete immer auch einen Entwurf des Okzidents. Vor diesem Hintergrund kann die Beschäftigung mit der Disziplingeschichte der Archäologie, insbesondere der deutschen Vorderasiatischen Archäologie, gar nicht anders, als nach den innen- wie außenpolitischen Dimensionen einer wissenschaft­ lichen Ausgrabungstätigkeit zu fragen. Tatsächlich lässt sich beobachten, dass die Forschungsliteratur in den letzten Jahren zunimmt, die diesen Zusammenhang von Archäologie und Politik genauer unter die Lupe nimmt4 International machten und machen sich Einzelforscher und Institutionen seit der Jahrtausendwende daran, ihre nationalen Archäologietraditionen oder archäologisch arbeitenden nationalen Institu­ te unter diesem Aspekt zu untersuchen; das gilt beispielsweise für Frankreichs, aber auch die Türkei6 In Deutschland hat sich in den letzten Jahren zunächst Stefan Hauser

3

Vgl. stellvertretend Laak, Dirk

van:

Über alles in der Welt. Deutscher Imperialismus im 19.

und 20. Jahrhundert, München 2005, 22-33, 15 (unsere Hervorhebung). DieserZusammenhang \VUfde in der le1ztenZeit an verschiedenen Disziplinen vvie z. B. der Geographie, der Etlmologie oder der Orientalischen Philologie thematisiert. Auf diese Studien und ihre Ergebnisse karmhier nicht im Detail eingegangen werden. 4

Den Anfang dazu machte mit Blick auf die deutsche klassische Archäologie Marchand, Suzan­ ne: DO\VIlfrom Olympus. Archaeology and Philhellenismus in Gennany 1750-1970, Princeton 1996.

5

Vgl. Gran-Aymerich, Eve: Naissance de I 'archeologie modeme, 1789-1945, Paris 1998, dies.: L'histoire des sciences de I'Antiquite etles correspondances savantes: transfers culturels etmise en place des institutions (1797-1873), in: Anabases 3 (2006), 241-265 sovvie Chevalier, Nicole:

La recherche archeologique franyais au Moyen-Orient de 1842 a 1947, Paris 2002. 6

In der Türkei führt Edhem EIdern diese Debatte mit Blick auf das Osmanische Reich an. Vgl.

z. B. EIdern, Edhem: An Ottoman Archaeologist caught between two Worlds: Osman Hamdy Bey (1842-1910), in: David Shankland (Hg.), Archaeology, Anthropology and Heritage in the Balkans and Anatolia. The Life and Times ofF. W. Hasluck 1878--1920, Bd. 1, Istanbul 2004, 121-149 sovvie Shaw, Wendy M. K.: Possessors and Possessed. Museums, Archaeology, and the Visualization of History in the Late Ottoman Empire, Betkeley 2003.

9

Einleitung

mit dieser Frage beschäftigt', darm auch das Orient-Institut in Beirut, das nach wie vor die deutschen Ausgrabungen in Baalbek betreut.8 Die Frage nach dem Zusam­ menhang von Archäologie und Politik stand auch am Begirm des wissenschaftsge­ schichtlichen Großprojektes im

20.

zur

Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts

Jahrhundert. Wie die zahlreichen mittlerweile erschienen Teilstudien dieses

Forschungsunternehmen nahe legen, wird die Diskussion über politische Instrurnen­ talisierung und Inszenierung, über Selbstindienststellung und Nützlichkeitserwägun­ gen auch in der Zukunft weitergehen.' Der vorläufige mediale Höhepunkt war die von eharlotte TrÜillpler organisierte Ausstellung "Das Große Spiel. Archäologie und Po­ litik" am Ruhrmuseum in Essen 2010, die dem Thema als internationale Erscheinung neue Aufmerksamkeit verschafft hat.1 O Im Zusammenhang mit der deutschen Archäologie des Kaiserreiches tut sich nun indes ein erstaunliches Desiderat auf. Als allgemein bekarmt darf gelten, dass Kaiser Wilhelm 11. höchst persönlich zu den wichtigsten F örderern der deutschen Archäolo­ gie des langen

19.

Jahrhunderts im Vorderen Orient gehörtell Insbesondere sein En­

gagement für die von James Simon gegründete Deutsche Orient-Gesellschaft (DOG) ist in den letzten Jahren eingehend berücksichtigt worden 1 2 Eine quellengesättigte Untersuchung liegt zudem zu Wilhelins Engagement im Bibel-Babel-Streit vor, einer letztlich religionspolitischen und antisemitisch konnotierten Auseinandersetzung um die orientalischen Wurzeln der biblischen Erzählungen, die elementar durch archäo­ logische Funde und die wissenschäftliche Erforschung assyriologischer Texte ver­ ursacht worden warY Obwohl in den letzten Jahren zudem manches zu Wilhelrns antihumanistischem Bildungsideal und seiner alternativen Bildungspolitik, etwa zu seinem Einsatz für die Realgymnasien und die Technischen Hochschulen, erschie-

7

Hauser, Stefan R.: Deutsche Forschungen zum Alten Orient und ihre Beziehungen zu politi­ schen und ökonomischen Interessen vom Kaiserreich bis zum Zweiten Weltkrieg, in: Wolfgang G. Schwanilz (Hg.), Deutschland und der Mittlere Osten, Leipzig 2004, 46--65.

8

Sader, Helene/Schefiler, Thomas/ Neuwirth, Angelika (Hg.): Baalbek. Image and monument

9

S. Cluster 5 , ,Die Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts im 20. Jahrhundert", in:

1898-1998, Beim! 1998. e-Jahresbericht 2012/13 des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin 2014, 207-209. Di­ gital abrufbar unter http://fallback.dainst.org/ptfpublikationen!e-publikationen!e-j ahres berichte (zuletzt abgerufen am 27.08.2016). Dort finden sich auch die Angaben der bis 2013 bereits

10

abgeschlossenen vvie der bis 2016 zu erwartenden Projektpublikationen.

Trütnpler, Charlotte (Hg.): Das Große Spie1. Archäologie und Politik zurZeit des Kolonialismus (1860-1940). (Begleitbuchzur Ausstellung im Ruhr Museum, WeltkulturerbeZollverein, Essen 2010), Köln 2008.

11

Vgl. neuerdings als populärwissenschaftliche, aber gerade daher bezeiclmende Zusammenfas­ sung: Crusemann, Nicola: Archäologie und Politik im Vorderen Orient bis

zum

Ersten Welt­

krieg, in: Veit Velzke (Hg.), Playing Lawrence on the other side. Die Expedition Klein und das deutsch-osmanische Bündnis im Ersten Weltkrieg, Berlin 2014, 48--59. 12

Wilhelm, Gemot (Hg.): Zvvischen Tigris und Nil. 100 Jahre Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Vorderasien und Ägypten, Mainz 1998 und Matthes, Olaf: James Simon. Mäzen im WilhelminischenZeitalter, Berlin 2000.

13

Eine gute Einführung in den Bibel-Babel-Streit einschließlich der einschlägigen Literatur bietet: Marchand, Suzarme: Gennan Orientalism in theAge ofEmpire. Religion, Race and Scholarship, Cambridge 2009, 244-249.

10

Thorsten Beigel/Sabine Mangold-Will

nen ist14, blieb sein Konzept einer alternativen Vorderasiatischen Antike und der Zu­ sammenhang zu seiner auf Realien und Anwendbarkeit fixierten Wissenschaftspoli­ tik jenseits der wissenschaftsgeschichtlichen Spezialisten unberücksichtigt Inwieweit diese Wahrnehmung historischer Entwicklung des orientalischen Altertums, gestützt auf Funde der neuen Ausgrabungswissenschaft, zugleich mit der Legitimation seiner weltpolitischen Ambitionen korrespondierte, wurde meist gar nicht erst gefragt " Zu sehr wurde und wird das "Ausgraben und seine daran geknüpfte "kulturge­ " " schichtliche Spekulation in Studien zu Wilhelm II. lediglich als " kaiserliches Hobby abgetan.15 Unter den einschlägigen Wilhelm-Biographien widmet vor allem Lamar Cecil dem Thema immerhin einigen Raum, 16 wohingegen Rölil es lediglich randstän­ " dig behandelt 17 Ein Blick auf den "Archaologen und Förderer der Archäologie aber fehlt bei ihm ganz. Selbst Autoren, die sich explizit dem archäologischen Interesse des Kaisers zu­ wenden, finden dafür nur mehr oder weniger abfällige Worte. Wolfgang Lölilein be­ titelt seinen durchaus infonnativen Beitrag etwas ridikülisierend ,,1.1ajestät brauchen " Scherben !8 . In Willibald Gutsches Betrachtung des Exilkaisers wird dessen Interes­ se - unter der bezeichnenden Kapitelüberschrift "Archaologischer Zeitvertreib und weltanschauliche Meditationen" - rein funktional als Propagandainstrument gedeu­ tet!9 Eher hilflos waren bisher auch die Ansätze, Wilhelms "wissenschaftliches CEu­ " vre 2 0 zu bewerten, das sich in so bezeichnender Weise genau auf die Themen der altorientalischen Geschichte und der Vorderasiatischen Archäologie konzentrierte. Doch genau hier, bei Wilhelrns wissenschaftlichem Dilettantismus im Sinne einer " für das Ausgraben und die (mehr oder weniger) selbstän­

wirklichen "Liebhaberei

dige Deutung des Ausgegrabenen, setzen in letzter Zeit die Versuche an, Wilhelms Interesse für die Archäologie eine neue Bedeutung abzugewinnen.21 Einige wichti14

Vgl. Simon, Christian: Kaiser Wilhelm 11. und die deutsche Wissenschaft, in: JOM C. G. Röhl

(Hg.), Der Ort Kaiser Wilhelms 11. in der deutschen Geschichte, München 1991, 91-110 smvie

König, Wolfgang: Wilhelm 11. und die Modeme. Der Kaiser und die technisch-industrielle Welt, Paderbom 2007, bes. 110-136.

15

Simon, Kaiser Wilhelm 11. und die deutsche Wissenschaft, 104.

16

Cecil, Lamar: Wilhelm 11, 2 Bde., Chapel HilllLondon 198911996, s. besonders: Bd. 2, 51-53

17

Röhl, JOM C. G.: Wilhelm 11., 3 Bde., München 1993-2008, s. besonders: Bd. 3, 1286f. Röhls

und 317-320.

Aufsatz zur Exilzeit Wilhehns (The Unicom in Winter. Kaiser Wilhehn 11 in Exile in the Nether­ lands, 1918-1942, in: Torsten RiotteI Philip Mansel (Hg.), Monarchy and Exile: the Politics of

Legitimacy from Marie de Medicis to Wilhelm 11, Cambridge 2011, 337-351) blendet die Ar­ chäologie aus. 18

Löhlein, Wolfgang: Majestät brauchen Scherben. WeIlll Wilhelm 11. statt seines Szepters den

Spaten schwang, in: Antike Welt 6 (2003), 659-664. 19

Z. B.: , ,Das kaiserliche Altertumsinteresse war von Anfang an mit Bestrebungen verknüpft ge­

wesen, auch diese Wissenschaft für weltanschaulich-pädagogische Zwecke zu instrumentalisie­

ren." Gutsche, Willibald: Ein Kaiser im Exil. Der letzte deutsche Kaiser Wilhehn 11. in Holland. Eine kritische Biographie, Marburg 1991, hier: 69.

20 21

Gschliesser, Oswald: Das "Wissenschaftliche CEuvre des ehemaligen Kaisers Wilhehn 11., in:

Archiv fur Kulturgeschichte 54 (1972), 385-392.

So z. B. die leider unpublizierte Diplom-Arbeit von Ertl, Claudia: Europas Fürstenhöfe und die Archaologie. Habsburg, Wittelsbach und Hohenzollem zwischen Antikenschwännerei und Wissenschaft (1740-1918), Universität Salzburg 2009. Vgl. dies.: Mit Pickelhaube und Spaten

- Kaiser Wilhehn 11. und die Archäologie, in: Claus ReinholdtiWolfgang Wohlmayr (Hg.),

Einleitung

11

ge Hinweise, insbesondere zur Doomer Arbeits-Gemeinschaft finden sich bei Hans Wilderotter.22 Auch die Assyriologin Eva Cancik-Kirschbaum weist darauf hin, dass Wilhelms Darstellung des mesopotamischen Königtums Teil eines komplexen Wech­ selverhältnisses zwischen Kaiser, wissenschaftlicher assyriologischer Forschung in Deutschland und ihren Ergebnissen sowie der Legitimation monarchischer Ordnung des Deutschen Kaiserreiches darstellte.23 Anregend sind in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse Stephan Hausers, der die These vertritt, dass die Geschichte und Kultur des Alten Orients von den Fachvertretern systematisch als Alternative zum neuhurnanistischen Bildungsideal des Kaiserreiches aufgebaut werden sollte.24 Unseren Überlegungen arn nächsten kommen schließlich die Arbeiten von Thomas Scheffler, der am Beispiel des kaiser­ lichen Engagements für die deutschen Ausgrabungen in Baalbek die Frage nach der Verbindung zwischen Wilhelms offizieller Wissenschaftsförderung und seinen welt­ anschaulichen Motiven stellt.25 Obwohl Wilhelin also bekanntermaßen zu den Förderem der deutschen Archäo­ logie, vor allem deutscher Ausgrabungstätigkeit im Vorderen Orient und dem östli­ chen Mittelmeerraum von Griechenland über Ägypten bis nach Mesopotamien ge­ hörte, selbst als Ausgräber und Deuter archäologischer Funde hervortrat und zudem Archäologen und mit archäologischen Funden arbeitende Altertumswissenschaftler protegierte, wird dieses Engagement selten als Einheit betrachtet Darauf zielt da­ her der vorliegende Band ab. Darüber hinaus geht es darum, Wilhelms kaiserliches Engagement in der und für die Archäologie in Bezug zu den kulturimperialistischen

Am bitionen wie den wissenschaftlichen Strömungen des Kaiserreiches zu setzen. Da­ her soll einerseits Wilhelms persönliches wissenschaftliches Engagement als Förde­ rer, Ideengeber, Besucher, dilettierender Archäologe und Buchautor im Vordergrund stehen. Andererseits gilt es aber auch, seine wissenschaftlichen Ideengeber und Netz­ werke zu berücksichtigen, wobei die Frage nach Zielen und Nutzen der Beteiligten in beiden Richtungen zu stellen ist So suchte und fand Wilhelm in Gestalten wie Leo Frobenius oder Wilhelm Dörpfeld offenkundig wissenschaftlichen Rat und Be­ stätigung für seine eigenen Anschauungen. Umgekehrt bedingte die persönliche Nähe zum Monarchen für die betreffenden Forscher einen leichteren Zugang zu Ressour­ cen der Forschungsförderung. Als quasi institutionalisierte "Akademie" in Wilhelms Exil ist hierbei die Doomer Arbeits-Gemeinschaft an erster Stelle zu nennen.

Akten des 13. Österreichischen Archäologentages. Klassische undFrühägäische Archäologie, Paris-Lodron-Universität Salzburg vom 25. bis 27.Februar 2010, Wien 2012, 439-444.

22

Wilderotter, Hans: Zur politischen Mythologie des Exils: Wilhelm 11., Leo Frobenius und die , ,Doomer Arbeits-Gemeinschaft", in: Ders./Klaus-D. Pohl (Hg.), Der letzte Kaiser: Wilhelm

11. im Exil, Berlin 1991, 131-142.

23

Cancik-Kirschbaum, Eva: , ,.Menschen olme König". Zur Wahrnehmung des Königtums in su­ merischen und akkadischen Texten, in: Claus Wilke (Hg.), Das geistige Erfassen der Welt im Alten Orient: Sprache, Religion, Kultur und Gesellschaft, Wiesbaden 2007, 167-190.

24 25

Hauser, Deutsche Forschungen.

Scheffier, Thomas: The Kaiser in Baalbek: Tourism, Archaeology, and the Politics of Imagina­ tion, in: Sader u. a. (Hg.), Baalbek, 13-49 und ders.: Political religion and autocracy. Wilhelm l I's encounter vvith Ottoman Islam, in: Haldun Gülalp/ GÜllter Seufert (Hg.), Religion, Identity and Politics. Gennany and Tmkey in interaction, LondonlNew York 2013, 19-33.

12

Thorsten Beigel/Sabine Mangold-Will

Die verbindende Frage dieses Bandes richtet sich daher auf den Zusammenhang zwischen Wilhelms wissenschaftlich dilettierendem wie öffentlich sichtbarem Enga­ gement zugunsten der Archäologie und archaologischer Ausgrabungstätigkeit mit den innen- und außenpolitischen Interessen des Deutschen Kaisers sowie politischer und wissenschaftlicher Tendenzen im Wilhelminischen Kaiserreich. Der Zugang zu dieser Frage erfolgt primär über die Person des Monarchen; es sollen aber auch Forscher, Institutionen und konkrete Grabungsprojekte behandelt werden. Somit bewegen sich die Beiträge in einem Spannungsfeld von klassischer Politik-, Kultur- und Wissen­ schaftsgeschichte. Nach unserer These verbarg sich hinter Wilhelms archäologischem Engagement ein lebenslanges politisches Legitimationsprogramm, das den Deutschen Kaiser als Erbe einer im östlichen 11ittelmeerraurn entstandenen, über Griechenland nach Europa transfonnierten monarchischen Kultur zu inszenieren suchte, um seinen universalen Machtanspruch zwischen Okzident und Orient zu rechtfertigen. Ausgangspunkt für diesen Band war die Tagung "Wilhelm 11. Politik um

1900", die am 1.

-

Archäologie und

und 2. Juni 2012 stattfand.26 Die verschiedenen Beiträge

präsentierten Wilhelm 11. in einem vielfältigen Spannungsfeld von Wissenschaft (so­ wohl im Sinne einzelner Fächer und Institutionen wie auch einzelner Personen), ver­ schiedener Institutionen und Interessen sowie seiner Ambitionen als wissenschaftsaf­ finer und selbst "forschender" Kaiser. Der vorliegende Band versammelt nun einige der Tagungsvorträge, die durch neu verfasste Beiträge ergänzt wurden: Suzanne 1.1ar­

chand (Gennan Archaeology in the Wilhelmine Era: An Overview) skizziert die allge­

meinen (kultur-)politischen und wissenschaftsgeschichtlichen Rahmenbedingungen archaologischen Engagement des Deutschen Reiches bis zum Ersten Weltkrieg. Die Beziehungen Wilhelms zu den Gelehrten vor dem Hintergrund seiner eigenen Bil­ dungsbiographie untersucht Matthias Steinbach (Wilhelm 11. und die Gelehrten. As­ pekte einer Beziehungsgeschichte). Um die Orientreise Wilhelins 11., die

ihn 1898

nach Konstantinopel, Damaskus,

Jerusalem und Baalbek führte, als einen zentralen öffentlichen Ausdruck seiner Be­ ziehungen

zum

Vorderen Orient kreisen die folgenden drei Beiträge. Die Motivation,

den Verlauf sowie den archäologischen Aspekt der Reise zeichnen Dieter Vieweger, Julia SeIT und Marcell Sen nach ("Archaologie ist ein extrem politisches Geschäft": Die Palästina-Reise Kaiser Wilhelms 11.). Sabine Mangold-Will (Die Orientreise Wil­ helms 11.: Archäologie und Legitimierung einer hohenzollernschen Universalmonar­ chie zwischen Orient und Okzident) zeigt, wie das "persönliche Interesse" des Kai­ sers für archäologische Ausgrabungsstätten während der Reise, seine Schrift zum Me­ sopotamischen Kaisertum und die politischen Ambitionen der berühmt-berüchtigten Damaskusrede engstens miteinander verknüpft sind. Den aus archäologischer Sicht llilillittelbarsten Ertrag der Reise, die Genese und Durchführung der deutschen Gra­ bungen in Baalbek, nimmt schließlich Lars Petersen (Kaiser Wilhelm 11. und die deut­ schen Ausgrabungen in Baalbek) in den Blick. Die letzten Beiträge des Bandes thematisieren die eigenen archäologisch­ historischen Versuche des Kaisers. Thorsten Beigel (Der Stolz des Dilettanten: Wil­ helm 11. und die Gorgo) erläutert, wie und warum gerade die Figur der Gorgo einen 26

Wir danken an dieser Stelle nochmals der Fritz Thyssen-Stiftung und dem IZ\Vf der Bergischen

Universität Wuppertal für ihre finanzielle Unterstützung dieser Tagung.

Einleitung

13

solch zentralen Platz i n Wilhelms Denken und Arbeiten einnahm. Die Bedeutung der Doomer Arbeits-Gemeinschaft für den Kaiser im Exil analysiert schließlich der Bei­ trag von Christoph Franzen (Wilhelm 11. und die "Doomer Arbeits-Gemeinschaft").

GERMAN ARCHAEOLOGY IN THE WILHELMINE ERA: AN OVERVIEW Suzanne Marchand

In 1872, just as the semi-dilettantish Institut für archäologische Korrespondenz, head­ quartered in Rorne, was rnaking a bid to becorne a Gennan national organization, with offices inBerlin, the Greek historian and classicist Ernst Curtius offered the following endorsement in the pages of the Preussische Jahrbücher: The time is ripe. In the whole ofthe Orient, as far as educated men live, it is expected that Prussia -will make gooo its new position of power in honorable and strang representation ofthe interests ofart and science in the classical lands. [...] Everywhere they see us as the progenitors of greater enterprises, -without our being able to promise these. Can one imagine what could be achieved ifour available energies could be harnessed together in the right way: the steam power ofthe navy, the technical know-how ofthe General Staff, the expertise ofarchaeologists and architects!l

Curtius, Professor at the University ofBerlin, and fonner tutor of Crown Prince Fried­ rich(briefly Friedrich III in 1888), had grown up in an age in which classical philology was queen of the sciences, and 'archaeology' in the Gennan-speaking lands rernai­ ned largely an annchair enterprise, or one practiced by antiquarians and travelers. Although theBritish and the French had a!ready filled the Louvre and theBritish Mu­ seum nearly to bursting with authentie Greek, Egyptian, and Near Eastern artifacts, Gennan museums contained relatively few such pieces, and were instead crarnrned full of pIaster casts. Curtius had been trying to organize an excavation at Olympia - a dream once cherished by J J Winckelmann - since 1852, but only in 1875, and only with the backing of his royal former pupil and his father, Kaiser Wilhelm I, was he able to realize this dream. Overseen by the new Deutsches Archäologisches Institut (DA!; founded 1873), the first campaign came to a close here in 1880, thwarted by insufficient funds and Bisrnarck's longing to extricate the Gennans [rom any Balkan "Die Zeit ist günstig. Im ganzen Oriente, soweit gebildete Menschen walmen, erwartet man,

daß Preußen seine neue Machtstellung bewähre, indem es die Interessen von Kunst und Wis­

senschaft auf klassischem Boden \VÜrdig und kräftig vertrete. [ . . .] Überall sah man uns, olme

daß vvir einen Anspruch darauf machen kOIlllten, als Vorläufer größerer Unternehmungen an.

Möchte man doch erkermeJl, was sich erreichen läßt,

WeJlll

die vorhandenen Kräfte sich in rech­

ter Weise verbinden, die Dampfkraft der Marine, die Technik des Generalstabs, die SachkeJUltnis " des Archäologen und Architekten! Curtius, Ernst: Ein Ausflug nach Kleinasien und Griechen­ land, in: Preußische Jahrbücher 29 (1872), 52-71, 71; also quoted in Michaelis, Adolf: Ernst Curtius, in: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog 1 (1897), 56-88, 75.

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Suzarme Marchand

entanglements, despite the team's discovery of two important sculptures (the Nike of Paionios and the Hennes of Praxiteles) and a huge quantity of archaic bronze figuri­ nes, and despite the fact that the first season brought to the site many young archaeolo­ gists who would soon thereafter rnake Gennany the leader in scientific archaeology? Although the Olympia excavations were extensively covered in the popular media, Wilhelmine archaeology had not yet come of age. In the course of the I 870s, however, a11 that changed. Several developments crea­ ted the conditions for archaeology's rising stock, one of thern being the enonnous con­ troversies surrounding the work ofHeimich Schliernann, a Gerrnan native, to be sure, but also a passionate Graecophile, a shady international businessman, a dilettante­ digger, and, as David Trai11 has shown, a pathological liar3 Schliemann would give the material he called 'Priarn 's treasure' to the Gennan ethnographie museum, but on­ ly after a decade of competing with the DA! for sites and warring with Gennan acade­ mic classicists, who long refused to believe he had actua11y found Troy. Working with him would make the architect Wilhelm Dörpfeld a household name; and Dörpfeld, for his part, would help to give Schliemann's later work greater scholarly respectability. But Gerrnan archaeology also flourished in the era as a result of the rninistrations of the now largely fOl-gotten Richard Schöne, the first properly scholarly and professio­ nal director of the Royal Museums inBerlin. Trained as an archaeologist, Schöne, had been manning the Prussian Cultural Ministry's art-matters desk when news of Karl Humann's extraordinary finds at Pergamon reached Berlin in 1878. Together with the newly-appointed head of the Museums' sculpture department, A!exander Conze, Schöne engineered the plan that would bring the Pergamon Altar horne to the Reich. Building on this success, Schöne took over the directorship of the Museums. During his half-century in office ( 1880-1905), Schöne wrestled larger and larger budgets from the Reichstag, but it was not until the ascent of Wilhelm lI that he could perfect the model of linking state-funded DA! expeditions to Museum acquisitions he had pioneered in the Altar acquisition; when the Comire behufs Erforschung der Trüm­ merstaetten des Alten Orients was fonned in 1887, it was composed (like England's Egyptian Exploration Fund) of scholars and private donors, and able only to fund srnallish expeditions.4 But its founding was, in itself, a sign that in archaeological as weIl as in colonial conquests, the 'belated' Second Reich was eager to catch up to its French andBritish competitors. Indeed, as the Gennans embarked, after 1884, on the conquering of their own colonial territories, many expressed their frustration at having been confined, so far, to mostly 'inte11ectual' triumphs in the field of Altertumskunde. Given its undisputed leadership in classical and oriental scholarly philologies, scholars argued, Gennany ought to be entitled to a greater share of the world's archaeological treasures. There were some places Germans could not really dig, and hope for acquisitions; Greece and Italy already had instituted bans on antiquities' exports, and the Egyptian Anti2

On the Olympia excavations, see Marchand, Suzarme: Dmvn from Olympus. Archaeology and Philhellenism in Gennany 1750-1970, Princeton 1996, 77-92; and Kyrieleis, Helmut (Hg.): Olympia, 1875-2000: 125 Jahre Deutsche Ausgrabungen, Mainz 2002.

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Traill, David A.: Schliemarm ofTroy. Treasure and Deceit, London 1997. On the most important member ofthis Comite, the Jevvish banker James Simon, see Matthes, Olaf: James Simon. Mäzen im Wilhelminischen Zeitalter, Berlin 2000.

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quities Service was under the control of a Frenchman, who handed out the best sites to English and Freneh exeavators; they were supposed to send their finds to theBulak Museum, though many ended up at horne. Despite fieree protests, the Germans made little headway here until 19 l l , when LudwigBorehardt was permitted to dig at Tell el Amarna. North Afriean sites went to the Freneh; India wasBritish. The arehaeologieal 'place in the sun' had to be sought closer to horne. If other colonial or subcolonial territories were effectively closed to Gennan ex­ cavators, this was not true of the Ottoman Empire. Moreover, Asia Minor's coasts and lraq's river valleys -not to mention theHoly Land itself -teemed withnever-explored or only lightly exeavated classieal and aneient oriental sites. The Sultan, too, eared little for pre-Islamic cultures. Moreover - and here we can see more clearly than did Curtius why the Germans were expected to be 'progenitors of greater enterprises' many Ottoman Turks were happier to do business with nations other than the Freneh and the British, who had been slieing pieces off the Empire for eenturies, and more reeently had established the mueh-resented Ottoman Debt Administration. For the Ot­ tomans, cultivating a friend against the Russians was also highly attractive; after the lapsing of the Three Emperors' Alliance in 1887, the Germans were an ideal ehoiee. Finally, the Germans already had a man, as it were, on the inside: Osman HamdiBey, the son of a fonner Grand Vizier and an orientalist painter trained by none other than Jean-Luc Gerame. OsmanHamdi was an urbane, Europe-oriented intellectual, butone who also wanted and needed outside help to build up his own arehaeologieal museum, of whieh he had beeome direetor (following the original Austrian direetor) in 1881.' Hamdi andHumann had already beeome friends in the l870s, andHamdi would play a erueial role in German arehaeologieal aetivities until the time of his death, in 19 10. Other papers in this book will deseribe the background to and the eonsequen­ ces of Wilhelin II's Orientreise, whieh eommeneed in Oetober 1898. For our purpo­ ses, however, two virtually simultaneous and loosely-related developments are per­ haps more important. Together, these two developments underlay Germany's adop­ tion of an unpreeedented (and sinee unequalled) form of state intervention in sup­ port of arehaeologieal endeavors, dedieated to giving German arehaeology its proper 'place in the sun.' The first is the founding, in January 1898, of the Deutsche Orient­ Gesellschaft (DOG), the sueeessor to the Orient Comit" and eomposed of a mueh larger and more impressive executive board, including the president of the Deutsche Bank and direetor of the Baghdad Railway projeet. Georg von Siemens, the direetor of the eolonial office, Freiherr Oswald von Riehthofen, and other important politi­ eians, bankers, and seholars (including, of course, Schöne and Conze). The Kaiser offered royal proteetion for the body, and the DOG inereasingly beeame a funnel for state monies, provided from the Prussian state budget or the Kaiser's own disposition fund, to support Gennan excavations and museum acquisitions. More aggressive, and also more eeumenieal, than the DAJ, the DOG nonetheless took advantage of the 0 1der institution's expertise and prestige, while the DAJ benefited greatly from the new 5

On Hamdi see Shaw, Wendy M. K. : Possessors and Possessed. Museums, Archaeology, and the Visualization ofHistory in the Late Ottoman Empire, Berkeley 2003, and EIdern, Edhern: An Ottoman Archaeologist caught behveen two Worlds: Osman Hamdy Bey (1842-1910), in: David Shankland (Ed.), Archaeology, Anthropology, and Heritage in the Balkans and Anatolia: the Life and Tim es ofF. W. Hasluck 1878-1920, vol. 1, Istanbul 2004, 121-149.

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forcefulness and funds provided by the DOG. In Asia Minor - the site of the overw­ helrning rnajority of Gennan excavations - the two organizations worked virtually as one6 Wilhelm II was a strong supporter of both, as well as of the more amateur and clerical Deutscher Verein zu Erforschung Palästinas. The second major development in archaeological diplomacy in 1898-9 was the signing of a secret excavation treaty between Gennany and the Sublime Porte. Nego­ tiations for such a treaty had been initiated by Richard Schöne and Theodor Wiegand, in 1897, after they learned that the Sultan, in violation of the Ottoman's own antiquity laws, had made special concessions to Russian, French and Austrian archaeologists; the Gerrnans, now trading on the 'special friendship' evolving between the Kaiser and the Sultan, insisted that they receive an even better, and more dependable, deal. In 1899, the Sultan agreed to sign a secret accord, pennitting the Berlin Museums to retain half the artifacts uncovered during their excavations? The only person displea­ sed by this arrangement - other than French, English, and Russian excavators - was Osman Hamdi, who resented the Sultan's abrogation of the laws he was supposed to enforce, and began to invest more energy into building up his own museum and training Turkish archaeologists, though he continued on reasonably good terms with the Gennan excavators. Wilhelm II was not a direct part of these negotiations, but throughout them, the Gennan archaeologists invoked his name, knowing that he en­ dorsed their more aggressive efforts to give German scholarship and museums greater prestige, and to make Gennany a more powerful player in the world beyond Europe. Together, the founding of the DOG and the signing of the secret accords provi­ ded Gennan archaeologists the two things they needed to unleash a torrent of new projects in the Near East: money and political backing. In the immediate wake of these developments, state-sponsored Gennan teams opened or expanded excavations at Assur, Axum, Tell-el-Amama, Kos, Priene, Miletus,Baalbek, Pergamon, Didyma, Samos, Samarra, Pasargadae, Abusir, and Warka. They negotiated the acquisition of three monumental gates (fromBabyIon, Mschatta, and Miletus). Numerous other ex­ cavators - funded by other means - started work at Hattusa, Tell Halaf, Jericho, and elsewhere. Remarkable discoveries were made, and European knowledge about the ancient world expanded at such a terrifying rate that handbooks swelled to hundreds of pages, and then to multi-volumes; had the war come later, Karl Scheffler joked in 1921, the basements of the Royal Museums would have had to make room for the remains of a whole Greek city-state.8 But it was not only classical artifacts that were being piled up; the singularly-rapacious Turfan expeditions to Central Asia ( 1902-14) sent horne an estimated 16, 1 15 kilos of manuscripts, murals, statues, and other arti­ facts, shipped back with fantastic difficulty over deserts and treacherous mountain passes.' Some of the preciousBuddhist murals the Turfan teams acquired (by ripping

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See Marchand, Do\VIl from Olympus, especially 188--220. Marchand, Do\VIl from Olympus, 198f. For a host of other accounts of semi-colonial forms of archaeological extraction, see Trtimpler, Charlotte (Hg.): Das Grosse Spie1. Archäologie und Politik zur Zeit des Kolonialismus (1860-1940), Köln 2008. ScheIDer, Karl: Berliner Museumskrieg, BetEn 1921, 76. Le Coq gives the number of boxes for each expedition and an average weight of each of the boxes. See Le Coq, Jean: Auf Hellas Spuren in Osttmkistan, Leipzig 1926, 8-9.

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them off eave walls) wou1d be eemented to the walls of the Ethnographie Museum in Berlin, and lost when the Museum was destroyed by Allied bombs in 1945. There was a price to be paid, however, for these often rushed extractions and acquisition-oriented excavations. In the Ottoman Empire, relations between Turkish antiquities overseers continued to degenerate over time, even as Turkish nationalism surged in the wake of the 1908 Young Turk revolution. Only intense diplomatie pres­ sure convinced the Turkish governrnent to accede to the export of materials from BabyIon in the spring of 19 14, a final eoneession whieh would be eoneealed from the Ottoman parliament and would mark the end of the 1899 seeret aeeord.lO And on June 7,Halil Edhem,Hamdi's successor and more nationalistic younger brother, clo­ sed down the excavations atBabyion. As KarlHumann's sonHans - who ingratiated hirnself into high Turkish eircles -noted in a seeret memo of 19 17, the Turks had lear­ " ned to pereeive German antiquities poliey as a form of"subjugation (Erpressung)ll The Great War, of course, put an end to much of the excavating, though some ar­ ehaeologists (such as Robert Koldewey, in Baghdad) stayed at their sites, and others dreamt of using the opportunities offered by the war to open new ones.12 During the war, Schöne's successor as Museums Director, Wilhelm vonBode, developed a num­ ber of schemes to use circumstances to the Museums' benefit, including the holding hostage of French art seized by the Gennan anny until the Parisians returned German treasurers taken by Napoleon.By 19 17, he was also eager to redeem in artifacts some of the Gennans' expenditures in the service of saving its ally, and wanted to press the Turks for new eoneessions. During the war, the arehaeologists Theodor Wiegand, Georg Karo, and Martin Schede were officially involved in monument protection in the Ottoman Empire, though they may weil have also been spying for the Gennans, ancl/or ereating a list of sites to exploit when the war ended. Turkish offieials, key among them Ralil Edhem, eertainly suspeeted this. The Islamie arehaeologist and close friend to Ramdi and Ralil, Friedrieh SaITe, spent most of the war in Persia, in undisclosed aetivities; he would be kieked out when the war ended, presumably because he, too, had engaged in some fonn of espionage.13 None of these efforts en­ deared the Gennan exeavators to their fonner Turkish friends, who eertainly feIt that they had not saerifieed so mueh blood and treasure to emerge from the war still bound by secret and quasi-colonial treaties. In a 19 17 memo I reeently found in the archives of the Royal Museums, we are pennitted interesting aeeess to the ehanged attitude of at least one of the key players in the arehaeologieal diplomaey of the late Wilhelmine era, Friedrieh SaITe. SaITe told Bode that he would be happy to try to advanee the eause of the Museums alongside his military duties, but begged hirn not to ask for new concessions at a sensitive time: 10

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[Turkish Foreign Minister] Said Halim to [Gennan Ambassador] Hans Freiherr von Wangen­ heim, 30 March 1914, Politisches Archiv, Auswärtiges Amt, Kulturabteilung, (PNAA/K.) 468a, vol. 1. Sarre to Bode, 20 May 1917, Staatliche Museen zu Berlin, Zen1ralarchiv, Nachlass Bode, Sar­ re/Bode Briefe. See Vigener, Marie: "Ein vvichtiger kulturpolitischer Faktor" . Das Deutsche Archäologische Institut zvvischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit, 1918--1954, Berlin 2012, 14. On Sarre, see Kröger, Jens: Friedrich Sarre und die islamische Archäologie, in: Trtimpler (Hg.), Das Grosse Spiel, 275-285.

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Since the [promulgation of] the constitution Turkey has fallen under the sway of nationalisill. During the war this has intensified and has been furthered by government für transparent rea­ sons. Our attempts to keep Turkey from signing a separate peace have, similarly, just streng­ thened these nationalistic ideas, because in our far-reaching accommodations on all political and militmy questions, für example, on the question of the dissolving ofthe capitulations, have found support from our side. The leading Turkish statesmen, who have remained 1rue to us and continued their pro-Gennan policies under the most difficult conditions against the Entente-fiiendly orientation ofthe higher classes and all the minority peoples (Fremdvölker) of the Ottoman Empire and against the -..vill of the whole war-weary lower classes, vvill now find it vety hard to understand how they can make concessions to us which vvill be interpreted as in­ dulgences; they -will protect themselves, in order not to do their opponents the favor of allo-wing their patriotism and their dedication to protecting the nation's property and rights to be called into question. TIris -will be the case, if the government brings before the parliament a change in the antiquities law -with new provisions that are beneficial to US.14

There might be an opportunity, SaITe argued, reverting to the 'secret negotiations' mo­ de, to discuss concessions with the Cultural Minister privately, without the presence ofHalil Bey, or even of Enver Pasha, who, despite being pro-Gennan, pereeived the taking of artifaets from Turkey as an infringement of national property; but the Turks in general had leamed to fear foreign arehaeologists, as Turkey has so long been "an " object of foreign expropriation. SaITe's long experience, and his contacts with Tur­ kish offieials here told: he had learned to see the antiquities rush through their eyes. We eannot know what might have happened had the Gennans won the war; per­ haps they would have extorted new concessions in Asia Minor after a11. But as it was, the Gennans were both too poor, and too diplomatieally disadvantaged, to retain Sehöne's late Wilhelmine model. They would, instead, seek to eultivate good will wi­ thout seeking aequisitions. This was the model Ernst Herzfeld adopted in Persia, for example, and that Georg Karo adopted in Greeee. Even in reopening the Olympia ex­ cavations during the Nazi era, the Gennans forewent acquisitions, though of course during the Seeond World War, both soldiers and seholars plundered the eolleetions of Eastem Europe, and archaeologists concocted plans for new excavations.15 The Wilhelmine model of arehaeologieal extraction is no more, though the fruits of tho­ se extractions are viewed by thousands of visitors to Berlin's Museums Island every 14

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''Seit der Konstitution steht die Türkei unter dem Zeichen des Nationalismus. Dieser hat sich während des Krieges gesteigert und wird von der Regierung aus durchsichtigen Gründen ge­ fördert. Unser Bestreben, die Türkei von einem Sonderfueden abzuhalten, hat diese nationali­ stischen Ideen gleichfalls gestärkt; deIlll in unserem weitgehenden Entgegenkommen bei allen politischen und militärischen Fragen, z.B. bei der Abschaffung der Kapitulationen, haben sie auch unsererseits Unterstützung gefunden. Die leitenden türkischen Staatsmätmer, die uns treu geblieben sind und ihre deutsch-freundliche Politik gegen die Ententefreundliche GesiJUlung der höheren Klassen und aller Fremdvölker des osmanischen Reiches und gegen den Willen der gesamten kriegsmüden niederen Klassen unter den grössten Sch-wierigkeiten durchhalten, werden sich gerade jetzt schwer dazu verstehen, uns Konzessionen zu machen, die ilmen als Nachgiebigkeit ausgelegt werden kÖIlllten; sie werden sich hüten, ihren Gegem den Gefallen zu hm, ihren Patriotismus und ihren Eifer, die nationalen Güter und Rechte zu wahren, anzu­ zweifeln. Das 'NÜfde der Fall sein, weJUl die Regierung eine Abänderung des Antikengese1zes mit neuen, uns günstigeren Bestimmungen vor das Parlament bräuchte." Sarre to Bode, 20 May 1917, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, Nachlass Bode, SarrelBcxle Briefe. Vigener, "Ein -wichtiger kulturpolitischer Faktor", 79--30, 94.

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day. When the rebui!t Berliner Schloss is eompleted aeross the street on Unter den Linden, we will have a visual reereation of that link between royal power, state fun­ ding, and arehaeologieal aequisition that Wilhelm 11, like no other monarch before or since, forged.

WILHELM Ir. UND DIE GELEHRTEN:

ASPEKTE EINER BEZIEHUNGSGESCHICHTE 1 Matthias Steinbach

"Mein Geburtstag hier verlief reizend als grosses Familienfest" , schrieb Wilhelm 11. am 23. Mai 1929 aus Doom an den Ethnologen Leo Frobenius, ,,mit Kindern, Enkeln und verwandten deutschen Fürsten, Vertretern der alten Annee und Mari­ ne [ . . .]. Von den Deutschen Wissenschaftl. Instituten, vor allem Universitäten, haben korporativ nur eine einzige mir Adresse geschickt: Würzburg! Wo der treffliche Bucher2 thätig ist. Weder BoIlll, noch Berlin, noch Königsberg haben von mir Notiz genommen ! ! ! Ebenso hat man bei der Jahr[hundert]feier des Preussischen Archaeol[ogischen] Instituts - von F[riedrich] W[ilhehn] IV geglÜlldet und W[ilhelm] d[ em] Gr[ aßen], Fr[iedrich] III und mir gefördert! - von mir keine Notiz genommen. [ . . .] Kein einziger Archäologe hat mir heimlich geschrieben, oder telegrafiert ! ! ! Babyion, Assur, Palästina etc. etc. Alles vergessen ! ! ! Nicht zuel tzt Umso grässer ist die Freude über Ew. Exz. grandiosen Kulturentdeckungen, die ich als von der Vorsehung ilmen vorbehalten ansehe, damit Sie dieselben mir namens der Deutschen Wissen­ schaft auf meinen Geburtstagstisch legen sollten. Zur Beschämung all Ihrer in Berlin versam­ melten socialistisch angehauchten, demokratisch sich gebärdenden Collegen. So löschen Sie eine wahre Kulturschande aus! - Kulturbolsche'Nismus! "3

Wir beginnen mit dieser typisch exzentrischen Briefstelle des gewesenen Kaisers, weil sie, abgesehen von der vernichtenden Kritik an den republikanisch gewendeten Berliner "Collegen" auf die akademische Sozialisation Wilhelms 11. und seine Be­ ziehungen zum universitären Milieu verweist. Da scheint am Ende einer langen und durchaus lebendigen Beziehungsgeschichte nichts als Kritik, Distanz und Frustrati­ on geblieben zu sein. Auch Wilhelms wissenschaftlicher Intimus Frobenius macht im Antwortschreiben vom 12. Juli 1929 keinenHehl aus seinen Reserven dem herrschen­ den akademischen Establishment gegenüber:

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Die Redefassung des Wuppertaler Tagungsbeitrages vom Juni 2012 \VUfde, ergänzt um wenige Fußnoten, im Wesentlichen beibehalten, die Rechtschreibung insbesondere in einigen Zitaten behutsam angepasst. Max Bucher (1881-1941), Mediävist in Würzburg und München, Herausgeber der katholisch­ nationalkonservativen " Gelben Hefte". Franzen, Christoph Johatllles I Kohl, Karl-Heinz / Recker, Marie-Luise (Hg.): Der Kaiser und sein Forscher. Der Briefurechsei Z'Nischen Wilhelm 11. und Leo Frobenius (1924-1938), Stutt­ gart 2012, 245-248.

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,,Es hat mir bitter Wehe gethan", so Frobenius am Rande eines Forschungsberichts aus Pretoria, "dass die Deutsche Wissenschaft Euer Majestät gelegentlich des hohen Festtages so ent täuscht hat. Aber ich meine, dass es nicht anders zu erwarten war. Derm " der Gelehrte an sich" ist stets ein Sklave und zwar ein unendlich dünkelhafter. Er ist ,,an sich" stets unfrei und vor al­ lem beschränkt. Er weiss auf dem kleinen Feldstückehen seines Faches und Specialistentumes ausgezeiclmet Bescheid [I] und als solcher Viehvisser kräht er immer arrogant aus seinem Win­ kel [. . .]. Leute vom Schlage Humboldts, Helmholtz',ja sogar Eduard Meyers und Mommsens sind nicht mehr möglich. Ich selbst fühle mich der heutigen Gelehrtenwelt gegenüber fremd, veraltet, allzu universell, um nicht auch lückenhaft im Einzelnen zu sein." Diese " Masse der Gelehrtenwelt ist daher Persänlichkeitsschwach[!]. Sie vvird sich mehr als eine andere Berufsart den Zeitverhäl1nissen anpassen.'