Werke von Cajus Cornelius Tacitus: Band 5
 9783111469744, 9783111102801

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Werke Von

Kajus Kornelius Tacitus, Deutsch, mit Abhandlungen und Anmerkungen

Karl Ludwig »»>> Weltmann. Fünfter Band.

Berlin/ 3#

finde« in

der

1812.

Realschulbuchhandlung.

Verzeichniß der Subscribenten.

(Fortsexung.)

Berlin. Herr Frkedr. Buchholz, Professor. —

v. Colomch, Rittmeister.



Franz, Antiquar.

Die Realschulbuchhandlung

(ioo Exempl.)

Bücher

d e r Geschichten. Viertes Buch.

I. »Aach HZitellius Hinrichtung hatte der Krieg mehr aufgehört, alscherFriede begonnen. Die gewaffnetm Sieger verfolgten die Stadt hindurch mit unversöhnlichem Haß die Besiegten:

ange­

füllt die Straßen von Mord, blutig die Markte Und Tenvel, allenthalben Metzelei, so wie das Ungefahr Einett dargeboten hatte. Und dann, mit wachsender Frechheit, spüren sie die Versteckten auf und zieh» sie hervor: erblicken sie Jemand W hohent jugendlichen Wuchs, Hünen sie ihn nieder, ohne Soldaten und Volk zu unterschei­ den. Diese Wüchigkekt, bei frischem Haß, ward durch Blut gesättigt, verkehrte sich nachher in Habsucht. Durchaus nichts ließen sie geheim oderverschlosten, unter dem Vorwand, daß VikelliaNet verborgen würden. Dies war der An, fang zu Erbrechung der Hauset, oder, wenn Widerstand geschah, Anlaß zu Morde: auch fehl­ ten nicht alle die Dürftigsten vom Pöbel) und

4

Bücher der Geschichten.

die Verruchtesten der Sklaven verrotten von freien Stücken ihre reichen Herrn: Ardre sind von Freunden dargewieftn. Allenthalbm Weh­ klage, Zusammenschrein, und das Bild einer er­ oberten Stadt: so gänzlich, daß man die zuvor gehässige Uebermüthigkeit des Othonkanishen und Vitellianischen Soldaten zurückwünschte. Die Führer der Parthei, rüstig, den Bürgerkrieg zu entzünden, waren der Bändigung des Sieges nicht gewachsen:

zu Verwirrung nämlich und

Zwietracht ist jeglichem Verworfensten die meiste Gewalt;

Frieden und Ruhe

bedürfen guter

Künste. IT. Namen und Sitz des Cäsars hatte Domitianus empfangen: noch nicht,ouf Geschäfte gerichtet; aber durch Schändungen und Ehebrüche spielte er den Sohn des Fürsten. Die Prätorksche Präfectur war bei Arrius Varus: die Summe der Gewalt bei Primus Antonius. Dieser raubt Geld und Gesinde aus des Fürsten Haus, gleich wie Cremcnensische Beute: die Uebrigen, aus Be, scheidenheit oder Unberühmrheit, wie im Kriege namenlos, so des Lohns untheilhaftig. Bebend und zur Knechtschaft bereit, verlangte die Ge­ meinde, daß der von Tarrackna mit den Cohor, feit zurückkehrende Lucius Vitellkus gefaßt, und des Krieges Ueberrest ausgetilgt werde.

Vorauf-

Viertes Buch.

5

gesandt sind nach Aricia die Reiter; der Legko, ne» Heereszug stand binnen Bovilla. Dktel, Nus hat auch nicht gesauntes, sich und die Co, horten der Willkühr des Siegers zu übergeben; und der Soldat warf die unseligen Waffen mit weniger Grimm weg, als Furcht. Die lange Reihe der Uebergebenen, eingeschlossen von Be, waffneten, ging durch die Stadt daher; keiner mit demüthiger Miene, sondern traurig und trußig, und widep Beifall oder Frechheit des verhöhnen, den Haufens unbeweglich: Wenige, die heraus, zubrechen wagten, erdrückte die Umrkngung; die Klebrigen sind in Gewahrsam beseitigt: nicht ir, gend Einer hat Unwürdiges geredet, und selbst in der Trübsitl bliieb unversehrt ihrer Tapferkeit Ruf. Hierauf wbrd Lucius Vitellius hingerichtet, gleich dem Bruder an Lastern: wahrend der Für, stenschaft desselben wachsamer, und nicht so sehr von seinem Glück Genosse, als durch seine Wider, wart hknabgezogen. HI. In eben diesen Tagen wird LuciliuS Bassus mit leichter Reiterei gesandt, um Cam, panien zu beruhigen; indem der Munkckpkett Ge, müther mehr gegen einander fthdevoll waren, als in Verstocktheit wider den Fürsten. Nachgeschautem Soldaten war Ruhe; und den kleineren Colonken Ungestrafthekt. Gen Capua wird die dritte Le,

6

Bücher der Geschichten.

flfoti m überwintern gelegt; und hie erlauchten Häufte gingest zu Grunde: da im Gegensatz den ^qrracinensern durch keine Unterstützung aufge, Holftn ward. Soviel anziehender ist, der Beleb digung, qls der Wohlchat Erstattung zu leisten^ weil der Dank für Beschwer, die-Rache für Ge­ winn gehalten wird. Zum Trost diente der Sklav von Verzinkn- Eapkto, welchen wir den Verrathet her Tarraeknensey geheißen haben, an das Kreuz geschlagen in ebendenselben Ringen, welche er von VktelkkuH empfing und trug. Zu Rom aber beschließt der Senat alles für Fürsten Gewohnte demVespastanus, freudig und zuverlässiger Hoffnung. Nämlich, die bürgerlichem Waffen -schienen, aufgenommen Gallien und Hispanien hindurch; nach Bewegung her Germanen zum Kriege, dann Jllyriens; nachdem sie Aegyp­ ten Iudaa und Syrien und alle Provinzen und Heere gemustert Hatten; wie nach ausgesühntem Kreise der Erden, ein Ende genommen zu haben. Die Munterkeit steigerte Vespasians Brief, ge, schrieben, als daure der Krieg noch, So war die Form beim ersten Anschein; übrigens redete er wie Fürst, bürgerlich über sich, und höher über die Republik; und es entstand nicht des Se, nates Willfahrung, Ihm selbst wird das Eon, sulat mit seinem Sohn Titus, die Pratur dem

Viertes Buch.

7

Domitian und Consularkscher Oberbefehl be­ schlossen. IV. Gesandt hatte auch Mucianus Briefe an den Senat, die Stoff zu Gerede gaben. „Wenn er Privatmann sek, warum rede er öf­ fentlich? Ebendasselbe habe er nach wenigen Ta­ gen, als Meinung sprechen können." Auch der Ausfall selbst auf Ditellius war verspätet und ohne Freiheit; das aber hochmüthig gegen die Republik, gegen den Fürsten schmachvoll, daß er prahlte, in seiner Hand sek die Obergewalt gewe, sen, und geschenkt an Vespasian. Uebrigens war der Haß km Verborgenen, die Schmeichelei am Tage. Mit vieler Ehre der Worte sind dem Mucian Trkumyhalken über den Bürgerkrieg verliehn; aber ein Feldzug wider die Sarmaten wurde vorgewendet. Dazu thut man Consularische In, signien für Primus Antonius, Pratorische für Cornelius Fuscus und Arrkus Varus. Dann berücksichtigten sie die Götter: es gefiel, daß das Capitol wieder hergestellt werde. Und Alles die, ses achtete Valerius Asiaticus, bezeichneter Con, sul: die Uebrigen stimmten mit Miene und Hand, Wenige, denen ausgezeichnete Würde, oder «in für Schmeichelei geübter Geist war, in kunstrei­ chen Reden bei. Als an Helvidius PriscuS, be, zeichneten Prater, die Reihe kam, brachte er seine

Bücher der Geschichten.

8

Meinung vor, Fürsten.

wie eine ehrende für den guten

Falschheit war

fern;

die Begeisterung des Senates.

und ihn

hob

Dieser Tag vor,

züglich ward ihm der Anfang großes Anstoßes und großes Ruhms. V.

Die Sache scheint zu fobern, weil wir

wiederum auf Erwähnung des Mannes gerathen sind,

des öfters' zu gedenkenden,

daß ich sein

Leben und Trachten, und welcherlei Glück er ge, noß, mir Wenigem nachhole.

Helvidkus Priscus,

aus Tarracina's Municipium, erzeugt von Cluvius, der den Rang eines Obercenturio bekleidet Hat, weihte als zarter Züngling seinen glanzenden Geist gar sehr den höheren Studien: nicht wie die Mek, sten,

auf daß er mit prächtigem Namen eine

trage Muße bedecke, sondern damit er, gevestigter wider das Zufällige, die Republik umfinge: jenen Lehrern der Weisheit ist er gefolgt, welche einzig ein Gut, was ehrenmäßig, nur ein Uebel heißen, wüs schändlich:

Macht, Ahnenglanz, und das

Uebrkge außerhalb der Seele, weder den Gütern, noch den Uebeln beizählen. annoch,

Ein Quästorischer

von Pätus Thrasea zum Eidam erkoh-

ren, hat er aus den Sitten des Schwähers nichts so sehr als die Freiheit eingeathmet: als Bürger, Senator, Ehemann, Eidam,

Freund, für alle

Lebenspflichten gleichmäßig, des Reichthums Ver,

Viertes Buch.

9

achter, für Recht unerschütterlich, standhaft wider Furcht.

Es gab Etliche, welchen er des Ruhmes

zu begehrend schien,

sintemal auch die Weisen

der Ruhmbegier sich zuleht entkleiden. VI. Durch den Ruin seines Schwähers ins Exil getrieben, unternahm er, als er unter Galba's Fürstenschaft zurückkehrte, den Eprius Mar­ cellus,

Angeber Thrasea's, anzuklagen.

Diese

Rache, ungewiß, ob wichtiger, ob gerechter, hatte den Senat in Beeiferungen zertheilt; Marcellus,

denn, siel

so ward «in Heer von Schuldigen

niedergeworfen.

Anfangs dräuhafter Wettstreit,

und bewahrt durch treffliche Reden von beiden Seiten; dann, als Galba s Wille zweifelhaft, viele der Senatortzn fürbaten, ließ Priscus nach: un­ ter mancherle-i Gerede,

wie der Menschen Sin­

nesarten sind, der seine Mäßigung lobenden, oder seiner Standhaftigkeit nachfragenden. UebrigenS hatte an demselben Tage des Sena­ tes, wo sie über die Obergewalt Vespasians achte­ ten, gefallen, Gesandte an den Fürsten zu schicken. Daher zwischen Helvidkus und Eprius ein hefti­ ger Zank.

Priscus foderre,

daß dieselben na,

mentlich von geschwornen Magistratspersonen ge­ wählt würden,

Marcellus die Urne der Loose,

welcher Meinung auch der bezeichnete Consul ge­ wesen war.

io

Bücher der Geschichten. VE. Allem des Marcellus Eifer spornte die

eigene Schaam auf,

damit er nicht nach der

Wahl Andrer für Hintangesetzt gehalten würde. Und aümählkg sind sie durch Wortwechsel zu fort­ laufenden und feindseligen Reden vorgerückt, in­ dem Helvidius fragt: „was Marcellus also dem Urtheil der Magistrate erbange?

Geld sei ihm

und Wohlredenheit, woran er Vielen zuvorgknge, wenn er nicht etwa durch das Gedächtniß von Schandthaten bedrängt würde.

Durch Loos und

prne unterscheide man nicht die Sitten: Stim« mengebung und Schatzung des Senates wären erfunden, damit sie kn eines Jedweden Leben und Ruf eindrängen.

Es betreffe den Vortheil der

Republik, betreffe die Ehre Vespasians, daß ihm entgegenkämen,

welche der Senat für die Un,

beschsltensten halte,

welche mit ehrenpreislichen

Reden des Imperators Ohr füllten. Freundschaft sek dem Vespasianus gewesen mit Thrasea, SoranuS, SentiuS, deren Ankläger, wenn man sie gleich nicht bestrafen müsse, doch nicht zur Schau gebracht werden sollten.

Durch diese Wahl des

Senates werde der Fürst gleichsam erinnert, welche er billige, welche er scheue: kein größeres Werk­ zeug

einer

Freunde.

guten Obergewalt

sei,

als gute

Dem Marcellus genüge, daß er Nero

zum Verderben sovieler Schuldlosen angetrieben

Viertes Buch. Habe.

ii

Genießen mögt« er des Lohns und der

Ungestrafthrit, lassen." VIII.

den Despasianus Bessern über­

Marcellus erwiderte:

„ nicht

seine

Meinung werde angefochten, sondern der bezeich­ nete Consul habe geachtet, gemäß den alten Bei­ spielen,

weiche das Loös über Gesandtschaften

entscheiden ließen, damit nicht dem Ehrgeiz oder Feindschaften Raum würde. Nichts habe sich begeben, warum der uralte Brauch verwittern sollte; oder des Fürsten Ehre zur Schmach von irgend Jemand verkehrt würde. Zu Gehorsam reichten sie alle hin; dies sei mehr zu vermeiden, daß picht durch die Halsstarrigkeit Gewisser ein Gemüth gereizt würde, argwöhnend wegen dev neuen Fürstenschasst, und nach den Mienen auch, den Reden Aller umherspähend. Er sei eingedenk der Zeiten, in welchen er gebohren sek, welche Form der Gemeinde Väter und Großväter einge­ führt hätten; das Jenseitige hewundre, dem Ge­ genwärtigen folge er; stehe mit Gelübden um gute Imperatoren, ertrage sie, welcherlei auch. Nicht mehr sei Phrasen durch seine Rede geschlagen, als durch des Senates Urtheil. Nero's Wüthig, feit hab« durch dergleichen Scheknbilder getäuscht; und ibm sei solcherlei Freundschaft nicht weniger angstvoll, als Andren das Exil gewesen.

Endlich

i2

Bücher der Geschichten.

mögt« an Standhaftigkeit, tapferem Sinn, Helvidjus den Catonen und Brutus gleich werden: er sei einer von jenem Senat, der einmal gedient habe. Auch , rathe er dem Prlscus, daß er nicht über den Fürsten steigen, nicht den Vespastanus, den triumphalischen Greisen, den Vater junger Männer, durch Vorschriften zwängen wolle. Wie den ärgsten Imperatoren Herrschaft ohne Schran,

fett, also gefalle den gleichwol vortrefflichen ein Maaß der Freiheit."

Dieses, von beiden Sekten

mit großer Bitterkeit hingeworfen, ward von verschiednerlei Bestrebungen Aufgenommen. Er siegte der Theil, welcher lieber wollte, daß über die Gesandten geloset werde, indem auch die in der Mitte stehenden Väter sich bemühten, den Brauch zu erhalten; selbst die Hervorragendsten neigten sich ebendahin, aus Furcht vor Mißgunst, wenn sie selber gewählt würden. IX. Es folgte ein andrer Streit. Die Prä­ toren des Aerarium, denn damals wurde von Prätoren das Aerarium verwaltet, hatten über die öffentlicheArmuth geklagt, und Beschränkung der Ausgaben gefodert. Diese Sorge bewahrte der bezeichnete Consul, ob Größe der Last und Schwierigkeit des Heilmittels, dem Fürsten. Hel, vidius achtete, es sei nach Gutdünken des Sena, «es zu handlen.

Als die Consuln die Meinungen

Viertes Buch. umfragten,

iS

trat der Volkstrkbun Vulcatkus da­

zwischen, „daß nicht über eine so wichtige Sache in Abwesenheit des

Fürsten

etwas beschlossen

werde." Geachtet hatte Helvidius, daß das Capito, lium öffentlich wiederhergestellt würde, Despasianus beihülfe.

Diese Meinung ließen die Be,

scheidensten mit Stillschweigen vorübergehn, dann mit Vergessung.

Einige blieben ihrer auch ein,

gedenk. X. Darauf brach Musonius Rufus wider Publius Celer los, von welchem Bareas Sora, nus, beschuldigte er ihn, durch falsches Zeugniß umstrickt sei.

Durch diese Untersuchung schien

der Haß der Anklagen, wieder erneuert zu wer, den; aber der geringe und schuldige Angeklagte konnte nicht beschirmt werden.

Nämlich, des

Soranus Andenken war heilig, und Celer, der die Weisheit gelehrt, war darauf Zeuge wider Bareas, Verräther und Verderber des Freundes geworden, für dessen Lehrmeister er sich gab. Der nächste Tag wird der Sache bestimmt, und nicht so wurden Musonius und Publiius, als Priscus und Mar, cellus und Andre,

unter Bewegung der Gemü,

ther zur Rache, erwartet. XI.

Zn solchem Zustande der Dinge,

Zwietracht unter den Vätern,

da

Grimm bei-den

*4

Bücher -er Geschichten.

Besiegten, kein Ansehn bei den Siegern,

nicht

der Fürst in der Gemeinde war, zog der in die Stadt gerückte Mucianus Alles zugleich an sich. Gebrochen ist des Primus Antonius und Darus Einfluß, indem seine Ergrimmung wider dieselben Mucian schlecht verhehlte, Miene verbarg.

wiewol er sie in der

Die Gemeinde aber,

in Auffindung des Grolles,

spürsam

hatte sich gewandt,

und war übergegangen. Jener Einzige wird um­ schmeichelt, verehrt; auch entstand er selbst nicht, dicht umringt von Gerüsteten, Häusev und Gär­ ten wechselnd; durch Pomp, Einherzug, Wachen, erfaßt er des Fürsten Gewalt,

erlaßt den Titel.

Am meisten verbreitete Schrecken die Ermordung des

Calpurnius

Galerianus.

von Cajus Piso

Dieser

Söhn

hatte nichts gewagt; aber sein

ausgezeichneter Namen,

und feine eigne schöne

Jugend, wurden im Gerede des Volkes gefeiert; und in der noch stürmischen, über neue Gerüchte frohen Gemeinde,

gab es deren,

die ihm den

grundlosen Ruf von Fürstenschast anhingen. Auf Mueiatts Geheiß von soldatischer Wache Umzin, gelt,

wird er,

damit nicht in der Stadt selbst

sein Tod mehr Aufsehn erregte, beim vierzigsten Stein von der Stadt, auf der Appischen Straße, durch Vergießung seines Blutes aus den Adern vertilgt.

Julius Priscus, unter Vitellins Prä-

Viertes Buch. fect prätorischer Cohorten,

15

hat sich selbst getöd-

tet, mehr aus Schaam, als Nothwendigkeit.

11U

phenu's Varus überlebte seine Feigheit und Ehr­ losigkeit.

Asi'aticus hat seine böse Machthabunz

durch knechtische Todesstrafe gebüßt. XII. Zn ebendenselben Tagen nahm,

kei-

neswegeö traurig, die Gemeinde die überhandneh­ mende Sage von der Niederlage in Germanien auf:

daß Heere geschlagen, der Legionen Win­

terlager erobert, die Gallier abgefallen waren, be­ redete man nicht wie rin Uebel.

Aus welchen

Ursachen dieser Krieg entstanden, mit wie großer Erschütterung aushekmischer und bundesgenössischer Völker entbrannt sei, will ich tiefer entwickeln. Die Bataver, so lange sie jenseit des Rheins walteten, ein Theil der Catten, besetzten, durch hei­ mischen Aufruhr vertrieben, das äußerste der Gal­ lischen Küste, leer an Bebauern, eine

zwischen Lachen

belegene

und zugleich Insel,

welche

der Ocean von vorn, der Rheinstrom im Rücken und in den Seiten umspühlt.

Nicht um ihre

Habe durch die Genossenschaft mit Mächtigern verkümmert, liefern sie nur Männer und Waffen an die Obergewalt; lange geübt durch die Ger­ manischen Kriege, in Britannien, hatten,

dann mit gemehrtem Ruhm

wohin sie Cohorten übergeschifft

welche nach altem Brauch die edelsten

z6

Bücher der Geschichten.

ihrer Landsleute anführten.

Auch war in der

Heimath eine erlesene Reiterei; Schwimmens beflissen:

vorzüglich des

Waffen und Roß rück,

wärts haltend, durchbricht sie inganzen Geschwa­ dern den Rhein. XIII. Julius Paulus und Claudius Civilis, von königlichem Stamme,

ragten weit vor den

Uebrigen hervor. Den Paulus hat Fonte;us Capito unter grundloser Beschuldigung von Rebellion hin­ gerichtet. Civilis, in Ketten geworfen und gesandt an Nero, und von Galba freigegeben, kam un­ ter Ditellius wiederum in Gefahr, Heer seinen Tod heischt. bitterung,

indem das

Daher Anlaß zu Er­

und Hoffnung aus unsren Uebeln.

Civilis aber, mehr als Barbaren gewöhnlich, ge, wandtes Geistes,

und sich als Sartorius oder

Hannibal nehmend,

bei gleicher Entstellung des

Gesichtes, schützet, um nicht als ein Feind ange­ griffen zu werden, wenn er offenbar vom Römi­ schen Volk absiele, Vespasians Freundschaft, und Eifer für die Parthei vor;

indem freilich ein

Brief von Antonius an ihn gesandt war,

mit

dem Geheiß, die von Virellius entbotenen Hülfs, truppen abzuwenden,

und durch Schein eines

Germanischen Aufstandes die Legionen zurückzu, Halten: ebendasielbe hatte der anwesende Hordeonius erinnert, aus Neigung gegen Vesparsian, und Sorge

Viertes Buch. für die Republik;

J7

deren Untergang Heranrückte,,

wenn der wkedererneuerte Krieg, und soviele Tau­ sende Bewaffneter, auf Italien eingebrochen waren. XIV. begann

Civilis nun,

abzufallen entschloffen,

unter einstweiliger

tieferen Anschlags,

Verbergung

seines

indem er das Uebrige aus

dem Errfclg ermessen wollte, auf folgende Weise die Neüiemng.

Nach Virellkus Befehl, wurde der

Bataver Jugend zur Aushebung berufen; diese,

und

ihrer eignen Beschaffenheit nach beschwer­

lich, m achten Beamte durch Habsucht und Auf­ wand fastend,

da ste Greise oder Schwächlinge

zusammensuchten, um sie für einen Preis freizu­ lassen; wogegen Unmannhafte, aber von ansehn­ licher Gestalt, und die Meisten sind von schlanker Knabenjugend, wurden.

zur

Schandung

weggeschleppt

Daher Haß; und die Urheber der an­

gelegten Meuterei trieben, daß sie die Aushebung ablehnen sollten.

Civilis hatte die Vornehmsten

des Volkes, und die Entschlossensten der Gemei­ nen, unterm Vorwand eines Gastmahls, in einen heiligen Wald berufen, und wie er sie durch Nacht und Freude befeuert sieht, beginnt er mit Lob und Ruhm des Volkes, und zahlt die Unbilde und Räubereien und sonstigen Uebel der Knechtschaft: her.

„Denn sie würden nicht als Bundesgenos­

sen, wie ehemals, sondern gleichwie Leibeigne gev,

i8

Bücher der Geschichten.

halten.

Wann komme ein Legat,

roettti gleich

mit drückendem Gefolge und mit stolzm Ober­ befehl?

sie würden Prafecten und Certurionen

überliefert;

und hätten sie diese mit 9'e Einschließung des Lagers vernommen, und' Gallien

hindurch Abgeordnete zur Entbke-

tung von Hülfstruppen gesandt hatte,

Auserle­

sene von den Legionen an Dillius Vocula, den Legat der achtzehnten Legion,

daß er mit den

stärksten Marschen am Ufer hineile. war schüchtern, Soldaten;

krank an Körper,

Er selbst verhaßt den

denn. sie murrten nicht zweideutig,

„daß aus Magontkacum der Bataver Cohorten herausgesandt,

die Wagnisse des Civilis verhek-

melt, die Germanen in Bundesgenossenschaft be­ rufen waren.

Nicht durch des Primus Antonius,

nicht durch Muckans Hülfe sei Vespasianus mehr erstarkt.

Offenbarer Haß und Waffen würden

offenbar zurückgeschlagen:

Trug und Hinterlist

sei im Dunkel und deshalb unvermeidlich.

Civi­

lis stehe entgegen, schaffe Schlachtordnung: Hordeonius befehle aus Gemach und Bette, nur irgend dem Feinde fromme.

was

Soviel gewaff-

nete Arme der tapfersten Männer würden durch die Krankenschwäche eines einzigen Greisen ge­ lenkt.

Sie sollten lieber nach Tödtung desVer-

räthers, ihr Glück und ihre Tapferkeit vom bösen

Z2

Bücher der Geschichten.

Vorzeichen erlösen." einander gehetzt,

Durch solche Reden unter­

wurden sie überdies durch ein

von Vespasianus angelangtes Schreiben entrüstet, welches Flaccus, weil es nicht verborgen werden konnte, in Versammlung vorlas: auch sandte er die Ueberbringer gefesselt an Vitellius. XXV.

Nach

so besänftigten Gemüthern

gelangte man gen Bonn«, der ersten Legion.

in das Winterlager

Dort ergrimmter, schob der

Soldat die Schuld der Niederlage auf Hordeonius:

„auf dessen Geheiß wäre die Schlacht­

reihe wider die Bataver gerichtet,

als ob von

Magontiacum Legionen folgten: durch ebendessel­ ben Verrath waren sie niedergehauen, keine Hülfe dazukam.

indem

Unbekannt bliebe dieses

den übrigen Heeren, und werde ihrem Impera­ tor nicht verkündet: da durch Zusammenwkrkung sovieler Provinzen die zahlinge Treulosigkeit habe unterdrückt werden können."

Hordeonius las Ab­

schriften aller Briefe, in welchen er Gallien und Britannien und Hispanien hindurch um Hülfe bat, dem Heere vor; und führte die ärgste Ver­ ruchtheit ein,

daß die Briefe den Adlertragern

der Legionen überliefert wurden, welche sie frü­ her die Soldaten, als die Führer, lesen ließen. Darauf befiehlt er, fesseln, mehr um

einen der Meuterischen zu

das

Recht zu behaupten, als

weit

Viertes Buch.

53

weil die Schuld eines Einzigen seyn mogte. Und von Bonna ward das Heer nach der Agrippinenfischen Colonie gerückt; unter Zuströmung Galli­ scher Hülfstruppen,

die anfänglich der Römi­

schen Sache ausbündig beistanden! die Germanen erstarkten,

als

haben sich die mei­

sten Gemeinden wider uns, Freiheit gerüstet,

bald,

aus Hoffnung auf

und aus Begier zu

befeh­

len, wenn sie sich der Knechtschaft entladen §att ten.

Es wuchs die Ergrimmung der Legionen,

und die Bande eines einzigen Soldaten hatten keinen Schrecken eingejagt; ja eben dieser berief sich sogar auf Einverständnis des Führers, als würde er,

Böthe zwischen Civilis und Flaccus,

durch fatsche Beschuldigung als Zeuge der Wahrheit unterdrückt.

Das Tribunal bestieg Voculct

mit wundervoller Standhaftigkeit,

Und befahl,

den ergriffenen und schreienden Soldat zur Hin­ richtung zu führen. tern,

Und indem die Bösen zit­

gehorchten alle die Besten dem Befehl.

Als darauf sie einstimmig den Docula zum An­ führer fodern,

überließ Flaccus ihm die oberste

Leitung. XXVI. Aber Vieles machte die zwietrachtvollen Gemüther wild:

Mangel an Sold und

Getraide; Gallien, die Aushebung zugleich und den Tribut verweigernd; T. Band.

der Rhein, 3

bei einer

34

Bücher der Geschichten.

für jenen Himmel ungekannten Trockenheit kaum Schiffe tragend; spärliche Zufuhr;

Vertheilung

von Posten das Gestade hin, tun die Germanen von den Untiefen abzuwehren;

und ob ebenver-

selben Ursache weniger Getraide, und mehr Volk, das verzehrte.

Bei den Unkundigen wurde statt

eines schlimmen Wunders der Mangel an Wasser selbst genommen, als wenn uns die Ströme auch und die alten Vesten der Obergewalt verließen: was im Frieden Zufall oder Natur, hieß daznals Schicksal und Zorn der Gottheit.

Als sie in

Novesium eingerückt waren, kommt die dreizehnte Legion hinzu.

Beigefügt ist dem Docula in

Theilnahme der Sorgen,

der Legat Herrennius

Gallus; und nicht wagend, gegen den Feind zu rücken, schlugen sie an einem Ort, welcher Gelduba heißt, ein Lager auf.

Daselbst vestkgten

sie den Soldat durch Einrichtung einer Schlachte reihe, durch Schanzung und Bewallung und das übrige Trachten des Krieges.

Und damit er

durch Beute zur Tapferkeit entzündet würde, ist in die benachbarten Gauen der Gugerner, welche des Civilis Bundesgenossenschaft angenommen, das Heer von Docula geführt.

Ein Theil ver­

blieb mit Herennius Gallus. XXVI. Zufällig zogen die Germanen, nicht fern vom Lager,

ein gettaidebeladenes Schiff,

Viertes Buch.

35

als es an Untiefen stecken blieb,

an ihr Ufer.

Gallus ertrug es nicht, und sandte eineCohorte, es zu retten.

Auch der Germanen Zahl mehrte

sich, und indem allmahlig die Hülfstruppen sich zurotten, ist in Schlachtreihe gefochten. Die Ger­ manen reißen, unter großer Niederlage der Un­ seren,

das Schiff hinweg.

Die Geschlagnen

schoben die Schuld, was schon Sitte geworden, nicht auf ihre Feigheit, sondern Treulosigkeit des Legaten? rissenem

Hervorgezogen aus dem Zelte, in zer­ Gewände,

mit zerschlagenem Körper,

wird er geheißen zu sagen,

für welchen Preis,

mit welchen Mitvcrschwornen, er das Heer verra­ then hatte. Zurückkam der Haß wider Hordeonius. Diesen nennen sie den Urheber des Verbrechens, jenen

den

Handlanger;

bis

die Verderben Dräuenden,

geschreckt

durch

auch er selbst dem

Hordeonius Verratherei vorwarf: gebunden, wird er

endlich

durch Vocula's

Ankunft entfesselt.

Derselbe strafte am folgenden Tage die Urheber der Meuterei mit dem Tode,

Eine solche Ver­

schiedenheit von Frechheit und Geduldigkeit war in jenem Heere.

Ohne Zweifel der gemeine Sol­

dat dem Vitellius treu: alle Vorscheknende neig­ ten sich zu Vespasianus.

Daher der Wechsel von

Frevelstücken und Hinrichtungen,

und die mit

36

Bücher der Geschichten.

Gehorsam untermischte Raserei, daß die nicht gebändigt, welche bestraft werden konnten. XXVIII. Aber den Civilis erhob ganz Ger­ manien durch unermeßliche Beihülfe, nach Befe­ stigung derBundesgenoffenschaft, durch die adelichsten Geißeln. Nächste war, wüsten,

Er befiehlt, was jeglichem das

die Ubier und Treverer zu ver­

und daß eine andre Mannschaft über

den Mäaßstrom sehte,

um die Menapier und

Moriner und Galliens Spitze zu erschüttern. Auf beiden Punkten ward

Beute zusammengeholt;

feindseliger von den Ubiern, Germanischer Herkunft, Vaterlandes,

weil dieses Volk,

nach Abschwörung des

mit Rümernamen die Agrippinen-

ser geheißen wurde.

Niedergehauen sind Cohor-

ten derselben, welche km Dorfe Marcodurum un­ besorgter walteten, weil sie fern vom Ufer waren. Auch rasteten die Ubier nicht,

Raub aus Ger­

manien zu holen: anfangs ungestraft, dann sind sie umzingelt worden:

diesen ganzen Krieg hin­

durch besserer Treue, als Glückes.

Nach Nie,

Verwerfung der Ubier drängte Civilis, gewichtiger und übermüthiger durch den Erfolg, mit der Be, lagerung der Legionen, und schärfte die Wachen, damit nicht irgend ein geheimer Böthe von na­ hender Hülfe durchkäme.

Die Maschinen und

der Werke Last überantwortet er den Batavern:

Viertes Buch.

37

den Ueberreknkschen, die eine Schlacht fodern, ge­ bietet er hknzugehn,

tun den Wall zu durchbre­

chen, und, wie sie abgeschlagen waren, den Kampf zu erneuern:

indem die Menge überwiegt, und

der Schaden leicht fiel.

Auch brachte die Nacht

der Anstrengung kein Ende. XXIX. Nach ringsum zusammengehaufrem und angezündetem Holze, stürmten sie,

zugleich schmausend,

sowie jeglicher von Wein

erhitzt

war, mit eitler Verwegenheit zum Gefecht. Näm­ lich, ihre eigne Wurfwehr ward durch die Dun­ kelheit wirkungslos:

die Römer erzielten die be­

leuchtete Schlachtreihe der Barbaren,

und wo

einer durch Verwegenheit oder Insignien hervor­ glanzte, ihn für den Wtirf. Civilis merkte dies, und befiehlt,

nach Auslöfchung der Feuer,

Dunkel und Waffen zu mischen.

Alles in

Darauf wider­

stimmiges Getöse, unsichre Falle, weder zum Tref­ fen noch zum Abwehren eine Voraussicht. wannen das Geschrei herankam, sie die Körper,

Von

dahin wenden

richten sie den Bogen:

nichts

frommt Tapferkeit, das Ungefähr verwirrt Alles, und die Tapfersten fallen

durch der Feigsten

Wehr. Bei den Germanen unbesonnener Grimm: der Römische Soldat, der Gefahren kundig, warf eisengesprtzte Pfähle, schwere Steine, nicht aufs Un­ gefähr, woher Klang der Untergrabenden kam; oder

Bücher der Geschichten.

38

angesetzte Leitern hotten die Feinde in seine Hand gegeben, und er stößt sie zurück mit demSch'ldbuckel, verfolgt sie mit dem Speer; durchbohrt mit dem Dolch Viele, welche die Mauern erstiegen. So ward die Nacht erschöpft, eine neue Schlacht­ ordnung offenbarte der Tag. Die Bataver hatten einen Thurm aufge­ führt,

von

zwei

Pratorische Thor,

Stock,

welcher,

an das

dies war der ebenste Platz,

nahe gerückt, von dagegengestoßnen gewaltigen Stangen

und

gegengeworfenen Balken

unter

großem Verderben der Obenaufstehenden zertrüm­ mert wurde.

Man focht gegen die Bestürzten

in einem plötzlichen und glücklichen Ausfall.

Zu

gleicher Zeit unternahmen die Legionäre mehreres, da ste an Erfahrung und Kunst überwogen. Den vorzüglichsten Schrecken sagte ein aufgezo­ genes und schwankendes Maschinenwerk ein, wel­ ches, plötzlich hinabgelassen, oder mehrere,

die Feinde einzeln

aus dem Angesichte der Ihrigen

in die Höhe entnahm, halb des Lagers

und rücklingsüber inner­

schleuderte.

Hoffnung zu erstürmen müßig daneben sitzen,

auf,

Civilis gab blieb

die

wiederum

durch Bothen und Ver­

heißungen die Treue der Legionen rüttelnd. XXXI.

Dies war in Germanien vor der

Schlacht von Cremona geschehen,

über deren

Viertes Buch.

39

Erfolg ein Schreiben von Primus Antonius be­ lehrte, dem ein Edict von Cäcina beigefügt war. Und Alpinus Montanus,

Präfect einer Coh'orte

von den Besiegten, gestand anwesend das Schick­ sal der Parthei.

Daher verschiedene Bewegung

der Gemüther.

Die Hülfsvülker aus Gallien,

welchen weder Liebe noch Haß gegen eine Par­ thei,' ein Kriegsdienst ohne Zuneigung, fallen auf Ermahnung der Prafecren alsbald von Vitellius ab:

der alte Soldat zauderte.

Als aber Hor-

deonius Flaccus schwören ließ, die Tribunen sie drängten, sprac

n sie den Eid, nicht zusichernd

genug, weder mit Gesicht noch Gemüth: und da sie die übrigen Worte des Schwurs aufnahmen, übergingen sie Despasians Namen stockend, oder mit leichtem

Gemurre

und

meistentheils

mit

Stillschweigen. XXXII. lung,

Vorgelesen darauf in Versamm­

haben die Briefe von Antonius an Civi­

lis der Soldaten Argwohn gereizt, gleichwie an einen Genossen der Parthei, und über das Ger­ manische Heer feindselig geschrieben.

Bald ist

die Bothfchaft nach Gelduba ins Lager gebracht, und man sprach, that ebendasielbe; und gesandt ist mit'Aufträgen Montanus an Civilis, daß er vom Krieg abstehen

und nicht Ausheimisches

durch falsche Waffen verdecken mögte: wenn er

4o

Bücher der Geschichten.

unternommen hätte,

Vespasian zu unterstützen,

sei dem Beginnen genug gethan.

Hierauf Civi-

lis gnfönglich verschmitzter Erwiederung: malen,

nach­

wie er den Montanus überschäumendes

Sinnes, und zu neuen Dingen bereit steht, hebt er an vyn Klage und den Gefahren, fünfundzwanzig Jahre

welche er

hindurch im Römischen

Lager ausgeduldet hätte,

und spricht:

„einen

rrefflichey Lohn der Mühsal habe ich empfangen, Ermordung des Bruders und meine Fesseln, und die wüthigsten Stimmen dieses Heeres, wodurch zur Hinrichtung geheischt, ich nach dem Völker­ rechte

die Strafe dagegen fodre.

Treuerer,

Ihr aber,

und ihr übrigen Geister der Dienen­

den, welchen Lohn des so oft vergossenen Blutes erwartet ihr, als nur undankbaren Kriegsdienst, unsterbliche Tribute, Ruthen, Beile, und der Be­ herrscher Launen?

Seht da,

ich Prafect einer

einzigen Cohorte, und die Canninefaten und 5W taver, ein kleiner Theil Galliens, wir haben jene eitelen Räume der Läger zerstört, oder drangen sie,

von Eisen und Hunger umschlossen.

End­

lich wird den Kühnen entweder die Freiheit folgen, oder bestegt,

werden wir ebendaffelbe bleiben."

Den so Entflammten, aber Geheißnen, Milderes zu hinterbringen,

entläßt er.

Dieser kehrt wie

Viertes Buch.

41

von vergeblicher Gesandtschaft zurück, das Uebrige verheimelnd, was bald hervorbrach. XXXIII. Nach Zurückhaltung eines Thekles der Truppen, cohorten,

sendet Civilis die Veteranen-

und was von Germanen am meisten

tüchtig war,

wider Vocula und dessen Heer:

unter den Anführern Julius Maximus und sei­ nem Schwestersohn Claudius 'Victor.

Sie be­

stürmen beim Uebergang das zu Asciburgium gelegne Winterlager des Reiterflügels;

und so

unerwartet flogen sie in das Lager, daß Vocula die Seinen nicht anreden, reihe ausbreiten konnte.

nicht eine Schlacht­ Dies allein erinnerte

er, wie im Tumult, „daß man durch den Soldat unter der Fahne die Mitte vestkgeHülfstruppen sind allseitig umhergeströmt.

Der Reiter bricht

hervor, und empfangen von gefügten Reihen der Feinde, flieht er zu den Seinen zurück. zel darauf,

nicht eine Schlacht.

Gemez-

Und der Ner-

vier Cohorren entblößten, aus Furcht oder Treu­ losigkeit,

die Seiten der Unsren.

man an die Legionen,

So gelangte

welche nach verlohrneu

Krkegszeichen innerhalb des Walles niedergeschla­ gen wurden, als plötzlich durch neue Hülfe das Glück der Schlacht gewandelt wird. sken von Galba damals

entboten,

Der Va-

ausgehobene Cohorten, vernehmen,

während

und sie

42

Bücher der Geschichten.

dem Lager nahn, der Fechtenden Geschrei, greifen den beschäftigten Feind im Rücken an, und erregen weirerfaffenden sprach:

Schrecken,

als ihrer Zahl ent­

indem Einige glauben, es sei von No-

vesium, andre, von Magontiacum die gesammte Macht angekommen.

Dieser Irrthum mehrte

der Römer Muth, und indem sie fremden Kräf­ ten vertraun,

gewannen sie die ihrigen wieder.

Alle die Tapfersten der Baraver, soviel des Fuß­ volkes war, rann

mit

werden vertilgt: den Kriegszeichen

die Reiterei ent­ und

Gefangnen,

welche sie im Beginn der Schlacht gefaßt hatte. Der Erschlagnen war an diesem Tage, auf un­ serer Seite, die größere Zahl, und die mehr un­ kriegerische; von den Germanen der Kern selbst., XXXIV. Die Anführer auf beiden Seiten, mit gleicher Schuld Widerwart verdienend, ent­ standen dem Glücke.

Denn hatte Civilis

die

Schlachtordnung mit einer größeren Truppenzahl bestellt, so konnte er nicht von so wenigen Cohorten umringt werden, und hatte das durchbrochne Lager ausgerottet.

Vocula erkundete nicht der

Feinde Ankunft, und ist darum, so wie herausge­ kommen, auch besiegt: auf den Sieg hierauf nicht vertrauend, rückte er,

nach fruchtlos verzehrten

Tagen, das Lager wider den Feind; und hätte er diesen alsbald fortgetrieben, und geeilt, den Lauf

Viertes Buch.

43

der Dinge zu verfolgen, so konnte er durch eben­ denselben Ungestüm die Belagerung der Legionen lösen.

Versucht hatte inzwischen Civilis die Ge­

müther der Belagerten,

als Hatten die Römer

verlohren, und wäre den Seinigen der Sieg zu­ gefallen.

Umhergetragen wurden Kriegszeichen

und Fahnen, dargewiesen auch Gefangne: welchen Einer,

von

zu trefflicher Hochrhar erkühnt,

mit Heller Stimme das Geschehne kund that, durchbohrt alsbald von den Germanen; und da­ her der Angabe größerer Glaube.

Zugleich ver­

merkte man an Verwüstung und Einäscherung brennender Pillen,

es käme das steghafte Heer.

Daß im Anblick des Lagers die Kriegszeichen aufgestellt, Graben und Wall umhergezogen wer­ den, befiehlt Vocula: nach Ablegung von Gepäck und Bündeln sollten sie leichtgerüstet kämpfen. Hierauf Geschrei gegen den Anführer der die Schlacht Fodernden; dräuen.

fie hatten sich gewöhnt zu

Nicht einmal Zeit ward genommen, die

Schlacht zu ordnen,

ungeordnet

und ermüdet

huben sie das Treffen an; denn Civilis war zur Hand, nicht weniger auf der Feinde Fehler, als der Seinen Tapferkeit vertrauend.

Wechselnd

bei den Römern das Glück, und eben die Meu­ terischsten die Feigen.

Etliche, eingedenk des fri­

schen Sieges, behaupten den Platz, schlagen den

44

Bücher der Geschichten.

Feind, muntern sich und die Nächststehenden auf; und strecken nach Wiederherstellnng der Schlachtreihe die Hände zu den Belagerten, daß sie der Gelegenheit nicht fehlen sollten. Diese, Alles von den Mauern schauend, brechen aus allen Thoren hervor. Und zufällig durch Fall des Ros­ ses niedergestürzt, sagte Civilis, da in beiden Heeren das Gerücht geglaubt ward, er sei verwun­ det oder getödtet, unglaublich welchen Schrecken den Seinen, und den Feinden welchen Muth ein. XXXV. Allein Vocula ließ ab von dem Rücken der Fliehenden und verstärkte Wall und Thürme des Lagers, als wenn Wiederum eine Belagerung bedrohte: durch so oftmalige Verder« bung des Sieges nicht fälschlich beargwohnt, daß er den Krieg lieber wolle. Nichts schwächte un­ sere Heere so sehr, als Mangel an Lebensmitteln. Die Packwagen der Legionen sind mit dem un­ kriegerischen Haufen nach Novesium geschickt, daß sie von dort auf Landwage.» Getraide anführen; denn des Stromes war der Feind Meister. Der erste Zug ging sicher einher, da Civilis noch nicht genugsam genesen war: welcher, als er erfuhr, daß Getraidehoker, wiederum nach Novesium ge­ schickt, und zur Bedeckung gegebene Cohorten, wie im tiefen Frieden einherzogen, planmäßig den bei den Kriegszeichen seltenen Soldat, sie

Viertes Buch.

45

Alle, die Waffen in den Fahrzeugen, züg-llos um; herfchweifend,

überfallt:

nach Voraufsendung

von Truppen,

weiche die Brücken und die En­

gen der Wege besetzen sollten.

Gekämpft ist in

langem Heereszuge

unentschiedenem

Glück, riß.

und

mit

bis die Nacht das Treffen auseinander­

Die Cohorten rückten auf Gelduba, indem

das Lager blieb, wie es gewesen war, und durch die Besatzung dort zurückgelassener Soldaren be­ hauptet wurde.

Es ließ sich nicht verkennen,

welche große Gefahr man beim Rückzüge beste­ hen müsse,

da die Getraideholer beschwert und

bangend wären.

Docula thut zu seinem Heere

tausend Erlesene, von der fünften und fünfzehn­ ten Legion, sen,

die bei Vetera eingeschlossen gewe,

einen unbändigen und auf die Führer er­

grimmten Soldat. zogen mit,

Mehr,

als

befohlen war,

knirschten offenbar im Heereszuge,

„nicht fürder wollten sie Hunger, Tücke der Le­ gaten erdulden;" . nd, die Zurückgebliebenen klag­ ten, „sie waren verlassen, nach Abführung eines Theils der Legionen."

Hieraus eine

doppelte

Meuterei; andre rufen den Vocula zurück;

an­

dre weigern sich, ins Lager zurückzukehren. XXXVI. tera.

Civilis belagerte unterdessen Ve­

Vocula zog auf Gelduba und von dort

nach Novesium.

Gelduba ward von Civilis ge-

46

Bücher der Geschichten.

nommen.

Dann lieferte er nicht fern von No-

vefmm ein glückliches Reitertreffen.

Der Soldat

aber wurde durch Glück und Widerwart gleich­ mäßig zum Verderben

der Führer angefeuert.

Und die, durch Ankunft der fünften und fünf­ zehnten,

gemehrten Legionen h-ifchen das Ge­

schenk, nachdem sie erfahren harten, von Vitellius sei Geld geschickt.

Nicht zögernd gab es Hor-

deonius im Namen Vespasians;

und dies war

vorzügliche Nahrung der Meuterei.

Ergossen in

Schwelgerei und Gastmahle und nächtliche Ge­ lage,

erneuern sie den alten Groll wider Hor-

deonius;

und während keiner der Legaten oder

Tribunen zu widerstehen wagt, die Nacht hatte nämlich alle Schaam entnommen,

schleppen sie

ihn aus dem Schlafgemach

tödren ihn.

und

Dasselbe war wider Docula beabsichtigt, aber in Sklaventracht entkam er unerkannt in der Fin­ sterniß.

Als nach gelegtem Ungestüm Furcht zu­

rückkehrte,

sandten sie Centurionen mit Briefen

an die Gemeinden Galliens, um Hülfe und Sold zu flehn. XXXVII. Sie selber, wie der Haufe ohne Lenker jach, zaghaft,

untüchtig ist,

reißen bei

Civilis Anrücken verwegen die Waffen auf, und lassen sie alsbald Flucht.

fahren und

werfen sich in

Das Unglück erzeugte Zwietracht. Die-

Viertes Buch. jem'geri,

47

welche von dem oberen Heere waren,

trennen ihre Sache.

Vüellius Bilder jedoch sind

im Lager und die nächsten Gemeinden der Vel­ gen

hindurch

wider aufgestellt,

schon gestürzt war.

als Vitellius

Hierauf folgen,

zu Reue

gewandt, die Ersten und Vierten und Achtzehner, dem Vocula, und wurden, nachdem sie bei ihm Vespasians Eid wiederaufgenommen, Magontiacum zu entsetzen geführt.die Belagerer,

Verzogen hatten sich

ein gemischtes Heer von Catten,

Usipiern, Matciacen, von Raub gesättigt, und nicht ohne Blutverlust.-

Auf dem Wege hatte die Zer­

streuten und Achtlosen unser Soldat angegriffen. Ja die Treverer haben sogar längs ihren Gren­ zen Brustwehr und Wall

erbaut,

und fochten

mit den Germanen zu wechselseitig großen Nie­ derlagen, bis sie, bald Rebellen, ihre trefflichen Verdienste um das Römische Volk befleckten. XXXVIII.

Unterdessen

traten

abwesend,

Vespasianus wiederum, und Titus, das Consulat an; bei trauriger und durch mannigfache Furcht gespannter Gemeinde, welche außer den vorhan­ denen Uebeln sich mit falscher Furcht angethan hatte: Piso

daß Afrika abgefallen sei, indem Lucius auf neue Dinge trachte.

Dieser stand

der Provinz vor, keinesweges unruhiger Sinnes­ art:

weil aber die Schiffe durch des Winters

48

Bücher der Geschichten.

Wüthkgkeit gesäumt wurden, hat der Haufe, ge­ wohnt seine Nahrungsmittel von Tag zu Tag ein, zukaufen, und dem von der Republik Sorgen Eine, um Getraidevorrath ist, was er fürchtet, geglaubt, daß der Strand geschlossen sek,

die Zufuhr zu­

rückgehalten werde; indem die Vitellianer, welche ihren Partheieifer noch nicht abgelegt hatten, die Sage verstärkten, und nicht einmal den Siegern das Gerücht unlieb war, deren auch durch aus­ heimische Kriege

unausfüllbare

Begierden nie

irgend ein bürgerlicher Sieg gesättigt hat. XXXIX. in dem Senat,

An des Januars Kalenden sind welchen Julius Fronlinus, der

städtische Prätor, berufen hatte, den Legaten und Heeren und Königen, Lob und Dank beschlossen; und dem Tertius Julianus ward, als ob er die zu Dcspaftans Patthei übergehende Legion ver­ lassen hätte, die Prätur genommen, damit man sie auf Plotius Griphus übertrüge.

Dem Hor-

mus ist die ritterliche Würde verlieh«; und hier­ auf, als Frontinus die Pratur abschwört, Cäsar Domitian sie übernommen.

hat

Sein Name

ward den Briefen und Edicten vorgesetzt,

die

Gewalt war bei Mucianusr nur daß Domitkanus auf Anstiften von Freunden,

oder aus eigner

Lüsternheit, sich eines Mehrern erkühnte.

Allein

vorzügliche Furcht hatte Mucianus vor Primus Änto-

Viertes Buch. Antonlus und Varus Arrkus,

49

welchen Neuem,

porgekommenen und durch ihrer Thaten Ruf, der Soldaten Gun'r Glänzenden auch das Volk wohlwollte,

weil sie über die Schlacht hinaus

wider Niemand gewüthet hatten. Auch ging um, Antonius habe den Scribonkanus Crassus,

der

durch treffliche Vorfahren und das Bild des Bru­ ders leuchtete, aufgemuntert, di« Republik zu er, fassen, indem eine Schaar von Mitverschwornen nicht fehlen werde; aber.Scribonian hätte es ab­ gelehnt, nicht einmal der bereiten Gelegenheit leicht zu gewinnen,

gar bange vor dem Ungewissen.

MucianuS nun,

weil ganz öffentlich Antonius

nicht unterdrückt, werden konnte,

überhäuft ihn

im Senat mit großen Lobsprüchen, überladet ihn mir geheimen Verheißungen,

das diesseitige Hi,

sporne», das durch Abgang des Cluvius RufuS erledigte,

ihm darweisend:

zugleich schenkt er

seinen Freunden Tribunate und Präfecturen. Als er dann das eitle Gemüth mit Hoffnung und Begierde angefüllt hatte, tilgt er ihm die Kräfte, durch Entsendung der siebenten Legion, voll der brennendsten Liebe gegen Antonius, in das Wim terlager.

Auch ist die dritte Legion, der traut«

Soldat von Arrius Varus, nach Syrien zurück­ gesandt.

Ein Theil des Heeres wurde gen Ger­

manien geführt. V. Band.

Nach solcher Ausräumung allei 4

5o

Bücher der Geschichten.

Unruhigen, kehrten der Stadt ihre Gestalt und Gesetze zurück, lind der Magistrate Amtspflichten. XL.

An dem Tage,

wo in

den Senat

Domitianus eintrat, redete er über des Vaters und Bruders Abwesenheit und seine Jugend Weniges und gemäßigt, mit anstandsvoller Haltung; und

die

häufige

Erröthung

seines Antlitzes

wurde, da noch unbekannt seine Sitten, für Be­ scheidenheit genommen.

Als

der Cäsar über

Wiederherstellung der Ehren Galba's

vortrug,

achtete Curtius Montanus, daß auch Piso's An­ denken gefeiert würde. des,

über Piso

Die Väter befahlen bei­

blieb es eitel.

durch Loös diejenigen gezogen,

Darauf find welche

das im

Krieg Geraubte wieder herbeischaffen, und welche die aus Alter herabgefallnen Erztafeln der Ge­ setze untersuchen und anschlagen ,

auch die von

der Zeiten Schmeichelei befleckten Zeittafeln wie­ der entlasten, und ein Maaß für die öffentlichen Ausgaben

bestimmen

sollten.

Wiedergegeben

wird dem Tertius Julkanus die Pratur, Nachdem erkannt ist,

daß er zu Vespasian geflohn sek.

Dem Griphus blieb die Ehrenwürde. beliebte,

die Untersuchung

Hierauf

zwischen Musonius

Rufus und Publius Celer wieder vorzunehmen; und Publius ist verurtheilt, des Soranus genuggethan.

und den Manen

Ausgezeichnet durch

Viertes Buch.

5i

die öffentliche Strenge entbehrte dieser Tag auch nicht für den Privatmann des Lobes.

Mufonius

schien eine gerechte Anklage vollführt zu haben; bei ganz verschiedenem Rufe des Demetrius, der sich zur Cynischen Secte bekannte:

weil dieser

den offenbar Schuldigen mehr gunstbuhlerisch, als ehrenpreislich vertheidigt hatte.

Dem Publius

selbst reichte weder Muth noch Rede in der Ge­ fahr zu. Nachdem das Zeichen zur Rache wider die Ankläger gegeben war, verlangte Junius Mauricus vom Casar,

daß er den Senat zu bett

fürstlichen Denkschriften ließe,

woraus man er­

sähe,

wen ein

Jeglicher zur Anklage gefodert

härte.

Die Antwort war, über eine solche Sache

müsse der Fürst befragt werdett. XLI.

Der Senat verfaßte,

unter Anhe,

bung der Vornehmern, einen Eidschwur,

mit

welchem wettstreitig alle Magistrate, die Uebrkgen, so wie sie um ihre Meinung gefragt wurden, die Götter zu Zeugen anriefen, „daß nichts kraft Ihrer geschehn sei, wodurch das Heil von irgend Jemand verletzt wäre, und daß sie nicht Lohn oder Ehrenstelle für Bedrängniß von Bürgern gehofft hätten:" indem diejenigen zitterten oder mit mancherlei Kunstgriffen des Eides Worte änder­ ten,

welchen das Bewußtseyn der Schandthat

62

Bücher der Geschichten.

beiwohnte. Es hielten die Väter den reinen Schwur genehm,

bezüchtigten den Meineid;

und diese

gleichsamige Censur lastete am heftigsten auf ©a* riolenus Vocula,

und Nonius Actianus,

und

Cestius Severus, den durch häufige Angebungen vor Nero berüchtigten.

Den Sariolenus drängte

auch das frische Verbrechen, da er sich Ebendes­ selben bei Vitellins unterwunden hatte; und der Senat ließ nicht ab, gegen Vocula die Hände zu brauchen, bis et von der Curie wiche.

Zu Pac-

tius Africanus übergehend, stürmen sie auch auf diesen:

als

hätte

er den Nero

die

Brüder

Scribonius, die durch Eintracht ausgezeichneten, zuM Verderben dargewiesen. weder einzugestehn,

noch konnte er ableugnen;

gegen Dibius Crispus, abgemüht wurde, vermengend,

was

Asricanus wagte

durch dessen Fragen er

freierdings gewandt, hat er, er nicht vertheidigen konnte,

durch Genossenschaft der Schuld den Haß

ab­

geleitet. XLII.

Großen Ruf der Frömmigkeit und

WohlreoeNheit erlangte an diesem Tage Vipstanus Messalla, noch nicht von Senatorischem Al­ ter, wagend, für seinen Bruder Aquilins Regu­ lus zu flehn.

Den Regulus hatte der Sturz

des Hauses der Crassus, und des Orphitus, dem äußersten Haß ausgesetzt. Freiwillig, nach eignem

Viertes Buch.

53

Rathschluß, schien derselbe kn großer Jugend, nicht um eine Gefahr abzutreiben,

sondern aus Hoff­

nung auf Machthabung, sich der Anklage unter­ zogen zu

haben.

Und

Sulpicia

vier

Kinder

Gemahlin,

und

waren

als

rachefodernd zugegen,

Senat

entscheide.

Mrffalla

Ppatextaca, des

Crassus

wenn

nun

der

vertheidigt

weder die Sache, noch den Angeklagten, sondern erweichte Einige, sich selbst der Gefahr des Bru­ ders entgegenstellend.

Es tritt mit einer grimmi­

gen Rede Currkus Montanus entgegen, der soweit ging, vorzuwerfen, daß, nach Galba's Ermordung, Regulus

dem

Mörder

Piso's Geld

und in Piso's Haupt gebissen habe.

gegeben,

„Dies we­

nigstens," sprach er, „hat nicht Nero erzwungen, und du hast

nicht Würde

Wüthigkeit eingelöset.

oder Leben um djese

Wol mögen wir Jener

Vertheidigung dulden, welche lieber Andere ver­ derben,

als selbst gefährdet seyn wollten.

Dich

hatte in Sicherheit der verbannte Vater zurück, gelassen, und das unter die Gläubiger vertheilte Gut: noch war dein Alter nicht der Ehren fähig; nichts, was Nero an dir begehrte, er fürchtete.

Aus Gier nach Blut und Schmach­

ten nach Lohn, Geist,

nichts, was

hast du den noch unbekannten

den durch keine Vertheidigungen erprob­

ten, in edles Blut getaucht:

als du,

nach ge-

54

Bücher der Geschichten.

raubten consularischen Spotten, vom Leichenbegängniß

der

Republik

gemästet

Millionen

Sestertien,

glänzend,

schuldlose Knaben,

angesehene als

du

Frauen die

und

mit

vom Priesterthum erlauchte Greise,

in Einem Ruin

Trägheit

sieben

Nero's

stürztest;

schaltest,

daß

er mit einzelnen Häusern sich und die Angeber abmühe:

es könne der ganze Senat durch ein

Wort vertilgt werden.

Behaltet,

versammelte

Väter, und bewahret diesen Mann von so rüsti­ gem Rathe,

damit alles Alter unterrichtet sei,

und wie unsre Greise den Marcellus,

Crispus,

die Jünglinge den Regulus nachahmen.

Gefun­

den hat auch unglückliche Ruchlosigkeit Nachah­ mer:

wie, wenn sie blüht und gedeiht?

Und

wen als noch Quästorischen wir nicht zu beleidi­ gen wagen, werden wir ihn als Prätorischen und Consularischen anschaun dürfen? Haltet ihr etwa Nero für den letzten der Herrn?

Dasselbe hat­

ten auch die geglaubt, welche den Tiberius, welche den Cajus überlebten,

da inzwischen der ver-

fluchungywehrkere Würhrich aufgestanden ist. Wir fürchten nicht den Vespasianus: so ist des Fürsten Alter, so seine Mäßigung. Allein länger währen Beispiele, als das Menschenleben.

Wir ermatten

mehr und mehr,.versammelte Väter, und sind schon nicht jener Senat, welcher nach getödtetem Nero die

Viertes Buch.

55

Angeber und Handlanger zur Strafe nach Brauch der Vorfahren foderte.

Der beste Tag ist, nach

einem schlechten Fürsten der erste." XLVIII. Mit so großem Beifalls des Se­ nates ist Montanus gehört, daß Helvidius Hoff­ nung faßte, auch Marcellus könne gestürzt wer­ den.

Deshalb anhebend vom Lobe des Cluvius

Rufus,

welcher eben so reich als durch Bered­

samkeit berühmt,

nie irgend Einem unter Nero

Gefahr erweckt hatte,

drängte er zugleich mit

der Uebelthat und dem Beispiel den Eprius, kn, dem die Gemüther der Vater glühten.

Wie dies

Marcellus vermerkte, sprach er, gleichsam schei­ dend aus der Curie:

„wir gehn, Priscus, und

hinterlassen dir deinen Senat: wesenheit des Casars."

herrsche, in An­

Ihm folgte Vibius Crk-

spus: beide grimmvoll mit verschiedenartigem Ge­ sichte; Marcellus mit dräuhaften Augen, Crispus grinsend:

bis

sie

durch Zusammenlauf

Freunde zurückgezogen wurden.

ihrer

Als der Streit

wuchs, von hier Viele und Gute, von dort We­ nige und Gewaltige, strebten,

mit hartnäckigem Hasse

ist der Tag durch Zwietracht hinge­

nommen. XLIV. Im nächsten Senat, bei Anhebung des Casars über Tilgung des Schmerzes und Zornes, und die Nothgedrungenheit voriger Zeiten,

56

Bücher der Geschichten.

achtet- MucianuS weitläufig für die Ankläger; zugleich hat er diejenigen,

die eine begonnene,

dann bei Seite gelegte Klagefache,

wieder her,

vorsuchten, in einer sanften Sprache, als wenn er bäte, vermahnet.

Die Väter haben die ange,

fangne Freiheit, sobald man entgegentrat, fahren lassen.

Mucianus,

um nicht zu scheinen, daß

des Senates Urtheil verachtet,

und allem unter

Nero Verübten Ungestraftheit

verlieh« werde,

trieb den OctavkuS Sagitta, und Antistius So, sianus, senakorisches Ranges, die das Exil ver, lasten hatten, nach denselben Inseln zurück.

Oc,

tavius hatte Pontia Posthumia, die kn Unzucht erkannte und seine Vermählung ablehnende, der Liebe nicht mächtig, getödtet; Sosianus war durch Schlechtigkeit Beide,

der

Sitten Vielen

verderblich.

durch schweren Senatschluß verurtheilt

und verbannt, sind in derselben Strafe, wiewol Andren die Rückehr zugestanden ist, halten.

zurückge,

Darum ist der Haß gegen Mucianus

nicht gemildert.

Sosianus nämlich und Sagitta

waren gering, auch wenn sie zurückkehrten:

der

Ankläger Geister und Reichthümer, und in bösen Künsten geübtÄ Einfluß, wurden gefürchtet. XLV. Wiedergewonnen ist ein wenig der Väter Zuneigung durch eine im Senat altem Brauch gehaltene Untersuchung.

nach Man,

Viertes Buch. liuS Patruitus,

Senator,

57

klagte,

daß er in

der Senensischen Colonie bei Zusammenrottirung der Menge und auf Geheiß der Magistrate ge­ stoßen sei:

und hier habe nicht das Unbild ein

Ende genommen: mit Jammerschlägen und Weh­ klagen und dem Bilde des Todes habe man ihn umringt,, unter Schimpfworten und Schmachre­ den, welche wider den gestimmten Senat hinge­ worfen wurden. fodert;

Die Beschuldigten sind vorge-

nach untersuchter Sache ward Ahndung

an den Ueberwiesenen verübt. Senatschluß,

Hierzu kam ein

wodurch man die Gemeinen der

Senenser zu Bescheidenheit ermahnte.

In eben

den Tagen wird Antonius Flamma auf Anklage der Cyrenenser nach dem Gesetz der Wiederer­ stattung verurtheilt, und mit dem Exil ob Grau­ samkeit bestraft. XLVI. Wahrend dessen entbrannte fast ein soldatischer Aufruhr. Den pratorianischen Kriegs­ dienst verlangten die von Vitellius Entlassenen, für Vespasian Zusammengerotteten wieder.

Und

verlockt zu gleicher Hoffnung, faderte legionarer Soldat

den verheißenen Sold.

Nicht einmal

die Vitellianer konnte man ohne viel Blutv.-gie­ ßen verstoßen. Allein ein unermeßliches Geld ward angegeben, welches die Beibehaltung einer so großer Gewalt voll Menschen erfodre. Ins Lager getreten,

Bücher der Geschichten.

58

ließ Mucian, um richtiger die Kriegsdienste der Einzelnen zu erkennen, die Sieger mit Insignien und Waffen sich stellen, durch mäßigeZwischenräume untereinander gesondert.

Die Vitellianer darauf,

welche bei Bovilla, wie wir gedachten, in Erge­ bung aufgenommen waren, und die Uebrkgen, die Stadt und der Stadt Umgebungen hindurch zu­ sammengesucht, werden mit fast unbedecktem Kör­ per

vorgeführt.

Sie befiehlt Mucianus von

einander zu trennen, und den Germanischen und Britannischen Soldat, andren Heeren, hatte

und wenn welche von

gesondert zu stellen.

Dieselben

sofort der erste Anblick bestürzt gemacht,

da sie gegenüber gleichsam eine mit Wehr und Rüstung dräuhafte Schlachtreihe, sich selbst ein­ geschlossen und nackt schauten, und entstellet durch Schwall.

Wie man aber nun anfing,

hin dorthin auseinander zu zkehn, durch Alle,

sie hie-

ging Furcht

und vornehmlich ein Bangen durch

den Germanischen Soldat, als würden sie durch diese Sonderung zur Hinrichtung bestimmt: fassen die Brust der Mitmanlpularen, gen ihren Nacken,

sie

umschlin­

bitten um die letzten Küsse,

daß sie nicht allein verlassen würden, und nicht bei gleicher Sache ein ungleiches Geschick erdul­ deten:

sie beschwören bald den Mucianus, bald

den abwesenden Fürsten, zuletzt den Himmel und

Viertes Buch. die Götter:

bis Mucr'anus,

ebendesselben Eidschwurs,

69

sie Alle Soldaten

ebendesselben Impera­

tors heißt, und dem falschen Schrecken begegnet. Denn auch das sieghafte Heere unterstützte mit Geschrei derselben Thränen.

Dies war das Ende

an jenem Tage. Wenige Tage nachher empfingen sie

schon

gevestkgt den anredenden Domitian.

Sie verschmähn die dargebotenen Aecker: flehn um

Kriegsdienst

es,

aber

konnte:

und Sold.

welchen nicht

Bitten

waren

widersprochen werden

sie sind deshalb unter die Prätorianer

aufgenommen.

Hierauf sind diejenigen, welchen

Alter und vollzählige Dienstjahre, mit Ehre ent­ lassen, einzeln;

einige ob Schuld;

aber theilweise und

durch welches Mittel am sichersten die

Uebereinstimmung der Menge geschmählert wird. XL VII. Im klebrigen ward aus wahrer Armuth, oder damit es so schien, in Senat verhandelt, daß man sechszkg Millionen Sestertien von Privat­ personen zum Darlehn nehmen wollte.

Poppäus

Silvanus ist zu dieser Sorge bestellt; und nicht lange nachher wich das Bedürfniß,

oder man

gab die Verstellung auf.

Abgeschafft sind dar­

auf, indem Donntianus

die Verordnung vor­

schlug,

die Consulare,

welche Vitellius ertheilt

hatte; und ein censorisches Leichenbegängm'ß ward dem Flavius SabinuS gehalten:

große Belege

6o

Bücher -er Geschichten.

des unbeständigen Glückes, welches das Höchste und Unterste mischt. XLVIII.

Zu derselben Zeit wird der Pro,

eonftrl Lucius Piso hingerichtet.

Ueber diesen

Mord will ich auf das wahrhaftigste mich aus, lassen, wenn ich ein Weniges darüber hinaus bei, gebracht habe, was dem Anfang und den Ursa, chen solcher Frevelstücke nicht fremd ist.

Die

Legion in Afrika und die Hülfsvölker zu Siche, tunos der Grenzen des Gebietes, gehorchten unter den Fürsten,

dem göttlichen Augustus und Ti,

brrkus, einem Proconsul. unruhiges Sinnes, fürchtend,

Dann hat Cajus Cäsar,

und den Marcus Silanus

der Afrika inne hatte,

die Legion

dem Proconsul genommen, und einem absichtlich dazu gesandten Legaten übergeben.

Gleich w

theilt ist an Zwei der Beförderungen Zahl, und durch die gemischten Befehle von Beiden Zwie­ tracht eingeleitet, eifer.

vergrößert durch bösen Wett,

Der Legaten Kraft erwuchs durch die

Dauer ihres Dienstes, oder weil den Geringern die größere Sorge ist nachzueifern:

eben die

glanzvollsten der Proconsuln sorgten mehr um Sicherheit, als Macht. XLIX.

Damals aber befehligte Afrika's

Legion Valerius

Festus,

von

aufwandsvoller

Jugend, flicht Mäßiges begehrend und wegen der

61

Viertes Buch. Verwandtschaft mit Vitellins bänglich.

Ob die­

ser in häufigen Unterredungen zu Neuerungen den Piso versucht,

oder' dem Versuchenden wi,

verstanden habe, ist ungewiß; sintemal dem Ge­ heimnisse derselben Niemand beigewohnt hat, und nach getödtetem Piso die Meisten sich zu dun­ sten Des Tödters gezweifelt,

daß

geneigt haben. Provinz

und

Nicht wird Soldat

abge­

wandtes Sinnes gegen Vespasian gewesen seien, und einige aus der Stadt flüchtige Vitellianer den Piso auf das wankende Gallien, das bereite Germanien, seine Gefahren und einen Krieg ver­ wiesen haben, Friede.

der sichrer sei,

als verdächtiger

Inzwischen kam Claudius Sagitta, Pra-

fecl des Petrinischen Reiterflügels, durch glückliche Schiffahrt

dem von Muckanus gesandten Cen­

turio Papirius zuvor, und versicherte: „Aufträge zur Hinrichtung Piso's wären

dem Centurio ge­

geben.

Gefallen sei Galerianus, sein Detter und

Eidam.

Einzig in der Kühnheit bleibe Hoffnung

zur Rettung. seyn;

Aber es gebe zwei Wege, kühn zu

entweder, daß er sofort lieber Waffen

wolle, oder auf Gallien zuschiffend, sich den Vktellianischen Heeren als einen Führer zeige."

In­

dem Piso hiezu keinesweges bewegt war,

ruft

der von Muckanus gesandte Centurio,

wie er

im Hafen Carthago's landet, mit lauter Stimme

62

Bücher der Geschichten.

erfreuliche Vordeutuugen für Piso, als den Für­ sten, ununterbrochen aus; ermahnt die ihm Auf­ stoßenden und durch das Wunderbare des plötz­ lichen Ereignisses Betroffnen, daß sie ebendasselbe zujauchzten.

Der seichtglaube Volkshaufe stürzt

auf den Markt,

fodert Piso's Gegenwart.

Freude und Geschrei vermischten ste Alles,

In aus

Sorglosigkeit um das Wahre, und Lust zu schmei­ cheln. Pifo ging nicht, ob Sagitta's Anzeige oder angebohrner Bescheidenheit, ins Oeffentliche hin­ aus, und überließ sich nicht den Gunstbezeugungen des Haufens. forschend,

Und als er den Centurio durch­

erfuhr,

Anklage wider ihn und sein

Tod waren gesucht, befahl er wider denselben zu verfahren,

nicht sowol aus Hoffnung für sein

Leben, als aus Grünm wider den Mörder, weil ebendieser,

einer der Tödter des Claudius Ma-

cer, die von eines Legaten Blut gefärbten Hände zum Mord eines Proconsuls

hergebracht hatte.

Hierauf schalt er in einem ängstlichen Edkct die Carthaginenser, und versah nicht einmal die ge­ wöhnlichen Dienstpflichten, verschlossen innerhalb des Hauses,

damit nicht etwa zufällig ein An­

laß zu neuer Bewegung entstünde. L.

Als dem Festus der Auflauf des Vol­

kes, die Hinrichtung des Centurio, und Wahres und Falsches,

nach Weise des Gerüchtes,

mit

Viertes Buch.

63

Vergrößerung bekannt wurde, sandte er Reiter zur Ermordung

des Piso.

Reißend herange­

sprengt, brechen diese, in Dämmerung des be­ gonnenen Tages, in des Proconsuls Haus, mit entblößten Schwertern,

und zum größten Theil

den Piso nicht kennend,

weil Punische Hülfs-

soldaten und Mauren zu diesem Morde gewählt waren.

Nicht fern vom Schlafgemach fragten

sie einen von ungefähr begegnenden Sklaven, wer denn und wo Piso wäre? wortete mit herrlicher Lüge,

Der Sklave ant­ daß er Piso sei;

und wird alsbald niedergestoßen.

Nicht viel

nachher wird auch Piso getödtet, denn zugegen war Bcbius Massa, der ihn kannte, den Prokuratoren Afrika's,

einer von

schon damals jegli­

chem Biedern verderblich, und unter den Ursachen der Uebel, welche wir bald geduldet haben, ters wieder vorkommend.

öf­

Festus eilte von Adru-

metum, wo er abwartend geblieben war, zur Le­ gion, und befahl, den Lagerprafeck Cetronius Pi­ sanus zu fesseln,

ob ihrer eignen Feindschaft;

aber er nannte ihn Piso'ö Trabanten,

strafte

einige Soldaten und Centurionen, v.b vertheilte Belohnungen an andre: keines von Beidem nach Verdienst,

sondern damit er angesehen würde,

als hätte er einen Krieg unterdrückt.

Hierauf

legt er der Oeenser und Lrpcltaner Fehden bei,

64

Bücher der Geschichten.

welche, nach Raub von Frucht und Lieh zwischen Landleuten, Waffen

geringes

Anfanges,

und Schlachtreihen

schon

geführt

durch

wurden.

Denn das Oeensische Volk, geringer an Menge, hatte die Garamanten aufgeregt, ein unbezähm, tes und mit Straßenraub unter den Angrenzen» den vielbemühres Geschlecht.

Deshalb war der

Leptitaner Sache bedrängt,

und nach weitum

verwüsteten Feldern,

zitterten sie innerhalb der

Mauern: bis nach Dazwischenkunfc von Cohorcen und Reiterstügeln die Garanianten geschlagen wurden, und alle Beute wiedergenommen,

bis

cuf diejenige, welche sie, umherschweifend durch unbetretene Gegenden der Hirtenhütten den Zenseitigern verkauft hatten. LI.

Dem Despasianus aber verkündigten,

nach der Schlacht von Cremona und allseitig glück­ lichen Bothfchaften, „daß Vitellkus gefallen sek," Viele von allerlei Ständen,

die mit gleichem

Wagniß und Gelingen sich auf das winterliche Meer begeben hatten.

Bei ihm erschienen Ge­

sandte des Königs VologesuS, welche vkerzigtaufend Parthifche Reiter anboten. erfreulich war,

so große Hülfe von Bundes­

genossen angeboten zu sehn, zu bedürfen.

Prächtig und

und ihrer nicht

Dank ist dem Dologesus gesagt,

und angedeutet, da߻er Gesandte an den Senat schicken-

Viertes Buch. schicken und wissen solle,

65

es sek Friede.

Auf

Italien und die Angelegenheiten der Stadt ge­ richtet,

empfängt Vespasianus eine nachtheilige

Kunde über Domitianus: als wenn er die Gren­ zen seines Alters, und die dem Sohne gestattet waren, überschritte.

Nun übergiebt er den ge­

waltigsten Theil des Heeres an Titus,

den Ue-

berrest des Judaischen Krieges zu vollführen. LU. Titus soll,

ehe er abzog, mit wieder-

Holter Rede den Vater gesteht haben, „er wolle nicht durch Sagen von Anklagenden

grundlos

entrüstet werden, und sich ganz und versöhnlich dem Sohne dargeben.

Nicht Legionen,

nicht

Flotten, waren so starke Vesten der Obergewalt, als der Kinder Zahl. den durch Zeit, den

oder

Glück, bisweilen durch Begier­

Irrthümer

rissen sich los.

Denn die Freunde wür­ vermindert',

verwandelt,

Sein Blut sei Jeglichem das

nicht zu scheidende, aber am meisten den Fürsten, deren Glück auch Andre genössen, deren Wider­ wart den Allereigensten

angehöre.

Auch den

Brüdern werde nicht die Eintracht dauern, wenn der Vater nicht das Beispiel. gegeben hatte." Vespasianus, nicht so gegen Domitian besänftigt, als sich über Titus Frömmigkeit erfreuend, heißt, guten Muth zu

haben, und

mit Krieg

Waffen die Republik zu erheben; v. Band.

5

und

ihm werde

66

Bücher der Geschichten.

Frieden und Haus zur Sorge seyn. Darauf vertraut er die schnellsten der Schiffe, getraidebeschwert, dem noch stürmischen Meere. Nämlich die Stadt schwebte in so großer Gefahr, daß sich nicht mehr als für zehn Tage Korn in den Speichern befand, als die Zufuhr von Vespasianus zu Hülfe kam. LIII. Die Obliegenheit, das Capitol wieder­ herzustellen, übertragt dieser an Lucius Vestinus, einen Mann vom Ritterstande, aber nach Ansehn und Ruf einen der Vornehmsten. Die von ihm zugezogenen Haruspices erinnerten, daß die Ueberreste des vorigen Tempels in die Sümpfe weggebracht würden; man den Tempel auf eben­ denselben Spuren aufbaue; die Götter nicht wollten, daß die alte Form verändert werde. Am einundzwanzigsten Junius ist bei heitrem Himmel der ganze Raum, welcher dem Tempel bestimmt wurde, mit Binden und Kränzen um­ schlungen. Soldaten, denen günstige Namen, traten mit glücklichen Zweigen hinein: Vestalische Jungfraun darauf, mit Knaben und Mädchen noch lebender Väter und Mütter, sprengten aus lebendigen Quellen und Strömen geschöpftes Wasser. Darauf hat Helvidius Priscus, Prätor, unter Dortritt des Pon­ tifex Plautius Aelianus, die Tenne mit Suove-

67

Viertes Buch. taurilien,

und

über

Rasen

ar^gebreneten

Eingeweiden gesühnt, und Jupiter, Juno, Mi­ nerva und die göttlichen Vorsteher der Oberge­ walt angefleht, „daß sie das Beginnen beglückten, und ihre durch Frömmigkeit der Menschen ange­ fangnen Sitze mit göttlicher Kraft erhüben:" die Binden berührend, in welche der Stein geschlun­ gen und Stricke geknüpft waren.

Zugleich ha­

ben die übrigen Magistrate und Priester,

und

Senat und Ritter, und ein großer Theil des Vol­ kes, in Eifer und Freude zusammen strebend, einen ungeheuren Feldstein herangezogen;

und

hin und wieder sind in den Grund Stufen Sil­ bers und Goldes hineingeworfen,

und Erstlinge

von Metallen, durch keine Essen bezwungne, son­ dern so wie sie erwachsen. warnten zuvor,

Die

Haruspices

daß das Werk nicht durch an­

dren Zwecken bestimmtes Gestein und Gold be­ fleckt würde. Höhe ward dem Tempel hinzugethan. Dies allein, glaubte man,ward von der Religion be­ willigt, und fehlte der Pracht des vorigen Tempels. LIV. Die Kunde vom Tode des Vitettius, Gallien und Germanien hindurch, hatte inzwischen den Krieg verdoppelt. Denn Civilis ließ die Ver­ stellung fahren und stürzte auf das Römische Volk. DieVitellianischen Legionen wollten selbst der Aus­ heimischen Joch lieber,

als den Imperator Ve-

68

Bücher der Geschichten.

spasianus. Erhoben hatten die Gallier den Muth, in der Meinung, daß allenthalben ebendasselbe Schick­ sal unsrer Heere sek, indem sich ein Gerücht ver­ breitete,

daß von den Sarmaten und Dacern

auch die Moeßschen und Pannonischen Winter­ lager eingeschlossen würden. über Britannien erdichtet.

Aehnlkches

Allein nichts hatte so,

wie der Brand des Capktolkums, glauben:

der

ward

Oberherrschaft

sie bewegt zu Ende

sek

da.

„Daß vorzeiten von den Galliern die Stadt er­ obert wäre;

allein bei unversehrtem Sitze Jupi-

ters die Obergewalt gedauert

habe: nun durch

des Verhängnisses Feuer ein Zeichen himmlisches Zornes gegeben sei, und der Besitz der Menschen­ dinge den Transalpinischen weiffagt werde:" ben die Druiden.

Volksstammen

ge-

sangen mit eitlem Aberglau­ Ueberhand

genommen

hatte

die Sage, die Vornehmsten Galliens, von Otho an

Vitellius

gesandt,

hätten,

ehe

denn sie

schieden, den Bund geschlossen, daß sie der Frei­ heit nicht entstehn wollten,

wenn die ununter,

brochne Reihe von Bürgerkriegen und die innern Uebel das Römische Volk gebrochen hätten. LV.

Vor des Flaccus Hordeonkus Ermor,

düng brach nichts hervor, rung vermerkt würde. nkus

woran'die Verschwü,

Nach getödcetem Hordeo,

verkehrten Bothen

zwischen

Civilis

und

69

Viertes Buch. Ctaffkcus,

dem Pröfecten des Reiterflügels der

Treveren.

Clafficus war an Adel und Reichthum

vor den Andren: königliches Geschlecht ihm, und durch

Frieden und Krieg glanzender Ursprung.

Cr selbst rühmte sich von seinen Vorfahren her mehr einen Feind als Bundesgenossen des Rö­ mischen Volkes.

Ihm gesellten sich Julius Tu-

tor und Julius Sabinus, dieser ein Lingon.

dieser ein Treverer,

Jener war zum Machthaber

über das Rheinufer von Vitellius gesetzt: Sabinus wurde außer der angebohrnen Eitelkeit durch den Ruhm unachter Abstimmung befeuert: seine Aektermutter habe dem göttlichen Julius, wie er in Gallien kriegte,

dem Körper nach

Ehebruch gefallen.

Diese prüfen in geheimen

Gesprächen der Uebrkgen Gemüther.

und zu

Als sie die­

jenigen, welche sie tüchtig glaubten, in die Ver­ schwörung verflochten hatten, kommen sie in der Agrippknensischen Colonke in einem Privathause zusammen;

denn öffentlich hatte die Gemeinde

vor solchem Beginnen einen Abscheu.

Freilich

waren einige Ubier und Tungren zugegen; allein der größte Ungestüm bei den Treveren und Lingonen;

und sie ertrugen nicht den Verzug der

Berathschlagung.

Wetteifernd schrien sie aus:

„es rase in Zwietracht das Römische Volk, nie­ dergehauen waren die Legionen, Italien verwü-

yo

Bücher der Geschichten.

stet,

durchaus erobert die Stadt;

sämmtliche

Heere würden, ein jeglichss durch besondren Krieg, abgehalten.

Wenn die Alpen durch Bestihungen

versichert wären, Freiheit

mögte Galliefl

umschaun,

in gediehener

welche Grenzscheide

seiner

Kräfte es wolle/i LVI.

Dies ward zugleich gesagt und gut

geheißen: über den Rest des Ditellianischen Hee­ res waren sie uneins.

Die Meisten acbteten, mal»

müsse sie niedermachen, die Meuterischen, Treu­ losen, mit der Führer Blut Befleckten.

Es siegte

der Grund zu schonen: „daß sie nicht, nach ent­ nommener Hoffnung auf Verzeihung, durch Hart­ näckigkeit

entflammt würden.

Man müsse sie

vielmehr zu Genossenschaft anlocken. die Legaten

der Legionen

Wenn nur

umgebracht

wären,

würde der übrige Haufe im Gedächtniß seiner Frevel,

und in

leicht beitreten."

Hoffnung

auf Ungestraftheit,

Dies war die Form des ersten

Anschlages; und gesandt durch Gallien sind Er­ reger des Krieges. fährigkeit,

damit sie den um so

Docula erdrückten. chen,

Sie selbst heuchelten Will­ unbeso^gtern

Auch fehlte es nicht an Sol­

die dem Docula Kunde gaben.

Allein

ihm mangelten die Kräfte, jene zu bezwingen, bei keinesweges vollzähligen, und ungetreuen Legionen. Unter zweideutigen Soldaten und verborgenen

Viertes Buch.

71

Feinden, hielt er nach dem Gegenwärtigen für das Beste,

mit gegenseitiger Verstellung und

denselben Künsten,

mit welchen man auf ihn

trachtete, zu Werke zu gehn; und begab sich nach der Agrippinensischen Colouie.

Dorthin istClam

dius Labeo, welcher gefangen und außerhalb des Verkehrs den Friesen überantwortet war,

wie

wir gesagt haben, nach Bestechung der Wachter geflohn. Auf das Versprechen, „wenn ihm Mann­ schaft gegeben würde, wolle er zu den Batavern gehn, und den vorzüglichern Theil der Gemeinde zur Römischen Bundesgenossenschast zurückbrin­ gen," empfing er eine mäßige Mannschaft von Fußvolk und Reitern, aber wagte nichts bei den Batavern, und brachte einige von den Nerviern und Betafiern in Waffen.

Verstohlen mehr als

mit Krieg, streifte er auf die Caninefaten und Marsacen. LVII. Voculg, durch der Gallier Trug verlockt, zog auf den Feind zu; und war nicht fern von Vetera, als Classicus und Turor, unter dem Vorwand zu kundschaften vorausgerückt, mit den Führern der Germanen die Vertrage bekräftigten.

Damals

zuerst abgesondert von den Legionen, umgeben sie mit einem eignen Walle ihr Lager, Vocula betheuert:

indem

„nicht so gar sei die Römer-

sache durch bürgerliche Waffen getrübt, daß sie

72

Bücher der Geschichten.

auch den Treveren und Lingonen zu Verachtung diene.

Uebrig wären treue Provinzen, sieghafte

Heere,

das Glück der Oberherrschaft,

rächenden Götter. und die Aeduer,

und die

So seien vorzeiten Sacrovir neuerdings

Vindex und Gal­

lien, jegliche durch ein einziges Treffen gefallen. Ebendieselben Gottheiten

wiederum,

ebendiesel,

ben Schicksale, sollten die Bundbrüchigen erwar­ ten.

Besser hätten ihre Gesinnung der göttliche

Julius

und

der

göttliche

Augustus

gekannt.

Galba und die Minderung der Tribute hätten mit feindseligem Geiste sie angethan.

Nun ^wä­

ren sie Feinde, weil gelinde das Joch; wenn sie beraubt

und

ausgezogen

Freunde seyn."

Nachdem

wären,

würden

sie

er dies mit Macht

gesprochen, und in der Treulosigkeit den Clasiicus und Tutor verharren sieht, wendet er den Marsch und rückt auf Noveftum.

Die

Gallier setzten

sich auf zwei Meilen von dorr gelegene Felder. Der dorthin wandernden Centurionen und Solda­ ten Gemüther wurden erkauft; auf daß ein RömerHeer, ein unerhörtes Schandmaal, ausheimische» Schwur leistete,

und mit Tod oder Fesseln der

Legaten ein Pfand so gegeben

würde.

ungeheurer Verruchtheit

Vocula meinte,

wiewol

die

Meisten ihm Flucht riethen, daß er wagen müsse,

Viertes Buch.

73

und redete in berufener Versammlung auf diese Weise: LVIU. „Niemals habe ich zu euch geredet, so bekümmert eurenthalb, so sicher meinetwegen. Denn daß mir Untergang bereitet werde, höre ich gern; und einen ehrenprcislichen Tod unter so vielen Uebeln erwarte ich wie das Ende des Elends. Schaam und Erbarmen fühle ich um euch, wider welche nicht Kampf und Schlacht, reihe bereitet werden, denn dies ist Gebühr der Waffen und Recht der Feinde: daß er mit dem Römervolke durch eure Hände den Krieg führen werde, hofft Elassicus, und prahlt mit der Ober, gewalt des gehuldigten Galliens. So durchaus fehlen, wenn uns Glück und Tapferkeit für das Gegenwärtige verlassen Haben, auch alte Beispiele. Wie oft Haben die Römischen Legionen gewünscht, lieber umzukommen, als daß sie vom Platz ver, trieben würden. Oft haben unsre Bundesge, »offen erduldet, daß ihre Städte ausgerottet, und sie mit Weibern und Kindern verbrannt wurden; und kein andrer Lohn für solchen Aus, gang, als Treue und Ruhm. Es ertragen auf das Aeußerste die Legionen bei Vetera Darben und Belagerung, und werden weder durch Schrek, ken, noch Verheißungen abwendig. Uns sind außer Waffen und Männern und vortrefflichen

74

Bücher der Geschichten.

Schanzen des Lagers,

Korn und Zufuhr,

auch für langen Krieg ausreichen.

die

Das Geld

hat neulich auch zu dem Geschenk hingelangt, welches ihr,

mögt ihr es als von Vespaftanus

oder von Vitellius gegeben lieber ansetzn, wenig­ stens von einem Römischen Imperator empfan­ gen habt.

Ihr Sieger so vieler Schlachten, bei

Gelduba,

bei Vetera, in so vielen Niederlagen

des Feindes, wenn ihr die Schlachtreihe fürchtet, so ist es freilich unwürdig: aber es giebt Wall und Mauern, und Künste hinzuhalten, bis aus den nächsten Provinzen Hülfsvölker und Heere zusammeneilen.

Wol mißfalle ich:

dere Legaten, Tribunen;

es giebt an­

einen Centurio zuletzt

oder Soldat. Wenn nur dieser Wundergreul sich nicht über den ganzen Kreis der Erden verbreitet, daß mit euch als Trabanten Civilis und stlaffitus in Italien einfallen werden.

Wie,

wenn Ger­

manen und Gallier euch unter die Mauern der Stadt geführt haben, werdet ihr die Waffen in das Vaterland senken?

Es schaudert die Seele

vom Bilde so ungeheurer Schandthat.

Dem

Treverer Tutor werden die Schildwachen gestellt seyn? die Kriegslosung wird der Bataver geben? werdet ihr den Trupp der Germanen ergänzen? und welcher Ausgang zuletzt dieses Frevels? wenn Römische Legaten sich gegenstellen:

werdet ihr,

Viertes Buch. Ueberlaufer von Ueberläufern,

75 und Verrather

von Verräthern, zwischen dem alten und dem neuen Eide,

verhaßt den Göttern umherirren?

Dich, bester, größter Jupiter, den achthundert und zwanzig Jahre hindurch wir mit so vielen Triumphengefeiert haben; dich, Quirinus, Vater der Römerstadt, fleh' ich verehrend:

laßt doch,

wenn euch nicht am Herzen lag, daß unter mei­ ner Anführung das Lager unverderbt und unbe­ fleckt bewahret sek, wenigstens nicht zu, daß es von Tutor und Claflkcus besudelt und entstellt werde. Verleiht den Römischen Soldaten entweder Unstraflichkeit, oder frühzeitige Reue ohne Schaden." LIX. Verschiedenartig ist die Rede aufge­ nommen,

zwischen Hoffnung und Furcht und

Schaam.

Als Vocula Hinweggeschieden, auf sein

Ende trachtete,

hinderten ihn Freigelaßne und

Sklaven, dem schmähligsten Tode freiwillig zu­ vorzukommen.

Und Classicus,

den Aemilius

Longinus sendend, einen Ausreißer der ersten Le­ gion,

beschleunigte

die Ermordung

desselben.

Die Legaten Herennius und Numistus zu fesseln, schien genug.

Hierauf kam er ins Lager, nach­

dem er die Insignien der Römischen Obergewalt genommen hatte.

Und ihm,

dem gleichwol zu

allem Frevel abgehärteten, langte die Rede nicht weiter aus,

als daß er den Eid vorlas.

Es

76

Bücher der Geschichten.

schwuren, die zugegen waren, Galliens.

zur Obergewalt

Den Mörder Vocula's erhebt er zu

hohem Kriegsrange;

die Uebrigen durch Beloh­

nungen, je nachdem sie Lasterstücke geschafft hat­ ten.

Getheilt wurden dann die Sorgen zwischen

Tutor und Classkcus.

Tutor laßt die von star­

ker Mannschaft umringten Agrivpinenser, und was an Soldaten auf dem oberen Rheinufer war, ebendenselben Schwur leisten,

nach Töd-

tung der Tribunen zu Magontiacum, Versagung des Lagerpräfecten, welche sich geweigert hatten. Clafflcus

heißt

allen

Verworfensten

von

den

Ergebenen, zu den Belagerten zu gehn, Verzei­ hung darzuweisen, wenn sie sich in die Gegen­ wart fügten: anders sei nichts von Hoffnung, sie würden Hunger und Eisen und das Äeußerfte bestehen müssen.

Die Abgeschickten führten noch

ihr eignes Beispiel an. LX.

Von hier die Treue,

von dort der

Mangel, zerrten die Belagerten zwischen Ehre und Schandthat.

Den Zaudernden entbrachen ge­

wohnte und ungewohnte Nahrungsmittel,

nach­

dem Zugvieh und Rosse verzehrt waren,

und

andre Thiere, welche, unrein und scheußlich, ob der Noth in Gebrauch kamen.

Gesträuche zuletzt

und Stämme und zwischen Felsen gewachsene Kräuter rupfend,

waren sie ein Muster von

Viertes Buch. Elend und Ausdauer, mit

77

bis sie das herrliche Lab

schändlichem Ende

befleckten,

durch Ab­

geordnete an Civilis um das Leben flehend. Und nicht eher wurden ihre Bitten zugelassen, als bis sie auf die Eidesformel Galliens schwuren.

Dar­

auf bedung er sich die Beute des Lagers, giebt Wächter bei, welche Geld, Troßbuben, Gepäck zurückhalten, und sie selbst, die leicht Abziehen­ den geleiten sollten. Ungefähr beim fünften Stein erhoben sich die Germanen und fallen über den unbesorgten Zug her. lagen,

wo sie standen,

Alle die Streitbarsten er, Viele umherschweifend.

Die übrigen fliehn rückwärts ins Lager:

indem

Civilis freilich klagte und die Germanen schalt, als wenn sie die Treue verruchterweise brächen. Ob dies Verstellung wür, oder er die Rasenden nicht zurückhalten gekonnt, wird wenig erhärtet. Nach Plünderung des Lagers, werfen sie Pech­ fackeln hinein, und Alle, welche von der Schlacht übriggeblieben, verzehrte der Brand. LXI. Civilis har, barbarischem Gelübde ge­ mäß, das nach Aufnahme der Waffen wider die Römer niedergekämmte und geröthere Haar, nach endlich vollbrachter Hinwürgung der Legionen ab­ gelegt.

Und gesagt wurde, er habe seinem kleinen

Sohn einige der Gefangnen hingestellt,

um sie

mit Pfeilen und Kinderwurfspießen zu durchbohr

78

Bücher der Geschichten.

rett.

Uebrigens schwur er selbst nicht, noch ließ

er irgend einen

Bataver

auf die Eidesformel

Galliens schwören: vertrauend auf die Macht der Germanen,

und,

wenn wider die Gallier über

den Besch der Dinge zu streiten wäre, rühmt und der vorzüglichere.

hochbe­

Mummius Super#

cus, Legat der Legion, ist unter den Geschenken an Veleda gesandt.

Diese Jungfrau >von der

Bructerer Nation herrschte weitum; Brauch

bei

den

Germanen-

Frauen weissagend, glauben

daß

nach altem sie

mehrere

und bei wachsendem Aber#

Göttinnen vermeinen.

Damals

war

Veleda's Ansehn im Flör, denn sie hatte günsti­ gen Erfolg den Germanen, und der Legionen Un­ tergang vorausgesagt.

Alleili Lupercus ist auf

der Reise hingerichtet.

Wenige in Gallien ge-

bohrne Centurionen und Tribunen werden auf­ bewahrt,

ein Pfand der Bundesgenossenschafr.

Der Cohorten, Reiterstügel, Legionen Winterlager sind zerstört und verbrannt,

und nur die-enigen

übrig

Magontiarum

gelassen,

welche

zu

und

Vindonissa gelegen sind. LXII. Die sechzehnte Legion mit den Zugleich ergebenen Hülfstruppen wird befehligt, von Novesium in die Colonie der Treverer überzurücken, unter Dorausbestimmung des Tages, an welchem sie aus dem Lager gehen würde.

Die

ganze

Viertes Buch.

79

Zeit inzwischen brachten sie mit mancherlei Sor­ gen hin:

die Feigsten alle zitternd wegen Bei­

spiels der bei Detera niedergehaunen; der bessere Theil in Schaam und Schmach. „Welcher Marsch dieser,

welcher Führer des Zuges seyn werde?

und Alles stehe in Willkühr derer, welche sie zu Herrn des Lebens und des Todes gemacht hat­ ten.^ Andre, ohne Sorge um Schande, thun sich an mit Geld und ihrem Liebsten: Einige rüsten die Waffen, und gürten sich mit Wehr, wie zur Schlacht.

Ueber die also. Trachtenden kam die

Stunde zu ziehn, trauervoller durch die Erwar­ tung.

Innerhalb des Walles nämlich war die

Entstaltung nicht so merklich, enthüllten Feld und Tag. peratoren Bildnisse,

die Ehrlosigkeit

Niedergerissen der Im­

ungeschmückt die Kriegszei­

chen, indem von hier von dort der Gallier Fah­ nen glänzen.

Schweigend der Zug und wie ein

langes Leichenbegängniß:

der Führer Claudius

Sanctus mit ausgestochnem Auge, grausam von Gesicht,

all Sinnesart

schwächer.

Gedoppelt

wird die Schmach, cfc nach Verlassung des La­ gers von Bonna sich die andre Legion hinzuge­ mischt hatte.

Und wie sich das Gerücht von den

gefangnen Legionen verbreitete,- liefen Alle, die kurz zuvor dem Römernamen erschauerten, aus Ackern und Behausungen hervor, und genossen

8o

Bücher der Geschichten.

allseitlg umhergeströmt gar zu sehr des wohnten Schauspiels.

unge­

Nicht ertrug der Picen-

tinische Reiterfiügel die Freude des verhöhnenden Hansens, und mit Verachtung der Verheißungen oder Drohungen des Sanctus ziehn sie auf Magontiacum weg; und wie zufällig Vocula's Mör­ der Longinus ihnen aufstößt, werfen sie auf ihn die Wehr und machten den Anfang der in Fol­ gezeit zu lösenden Schuld.

Die Legionen ändern

keinesweges den Marsch, und setzen sich vor den Mauern der Treverer. LXIII.

Civilis und Classicus,

übermüthig

durch die glücklichen Dinge, standen an,

ob sie

die Agrkppknensifche Colonie ihren Heeren Plünderung überließen.

zur

Sie wurden durch Grau­

samkeit der Sinnesart und Gier nach Beute zur Ausrottung der Colonie gezogen:

entgegen trat

die Krkegsvernunft, und jener, eine neue Oberge­ walt Anhebenden nützliche Ruf der Gnade.

Ci­

vilis war auch erweicht durch Erinnerung der Wohlthat, daß man seinen Sohn, den bei erster Bewegung

der Dinge in der Agrlppinensischen

Colonie erfaßten, ehrenmäßig bewacht hatte.

Al­

lein den Ueberrheinischen Volksstämmen war die Gemeinde verhaßt.

ob

Wohlhabenheit

Und sie glaubten,

dem Kriege ein Ende,

und

Umfang

nicht anders sek

als wenn dieser Platz allen

Viertes Buch.

81

allen Germanen vermischt angehöre,

oder durch

seine Zerstörung auch die Ubier zersprengt waren. LXIV". Die Tencteren nun, eine durch dek Rhein gesonderte Volksschaft, befehlen ihren Ab­ geordneten, im Rathe der Agrippinenser ihre Auf­ träge darzuthun, welche der trutzvollste der Gesand­ ten auf diese Weise vorbrachte: „daß ihr in Kör­ per und Namen Germaniens zurückgekehrt seid, sage« wir Dank den gemeinschaftlichen Göttern, und der vorzüglichen Unter den Gottheiten, dem Mars, Und wünschen euch Glück, daß ihr endlich Freie uttcer Freien seyn werdet.

Denn bis auf

diesen Tag hatten die Römer Flüsse und Erden und einigermaßen den Himmel selbst geschlossen; damit ste unsre Gespräche und Zusammenkünfte verwehrten; oder, was Männern, den für, Waffen gebohrntn, schmahliger ist, wir waffenlos und fast nackt unter Wächtern und um einen Preis zu­ sammenkämen.

Allein wie unsre Freundschaft

und Bundesgenossenschaft für Ewigkeit gekräftigt sek, so fodern wir von euch, daß ihr dle Mau­ ren der Colonke, die Veste der Sklaverei, abwer­ fet; auch wilde Thiere, wenn du sie geschlossen hältst,

vergessen

ihrer Rüstigkeit:

daß ihr die

Römer innerhalb stirer Grenzen hinwürget; nicht leicht mischen sich

Freiheit und Herrn,

GetLdteten Gut konime in unsre Mitte, V. Band.

ß

Der damit

Bücher der Geschichten.

82

nicht einer irgend etwas verheimlichen, oderseine Sache sondern könne.

Frei stehe uns und euch,

beide Ufer zu bebauen, wie vorzeiten unsren Vor­ fahren.

Gleich wie Licht und Tag allen Men­

schen, also hat die Natur alle Lande den tapfern Männern aufgethan.

Die Einrichtungen und

den Lebensbrauch der Väter nehmt wieder auf, schleudert fort die Wollüste,

durch welche die

Römer mehr, als durch Waffen, wider die Unter­ worfenen vermögen. zes

Ein aufrichtiges und gan­

und der Sklaverei vergeßnes Volk werdet

ihr entweder in Gleichheit walten, oder über An­ dre gebieten." LXV. Die Agrkppinenser antworteten, nach­ dem sie Zeit zu

Berathung

genommen,

sich der Bedingungen zu untergiehn, Furcht für die Zukunft, verwerfen,

noch

nicht die

sie offenbar zu

die gegenwärtige Lage zugab,

folgende Weise.

„Das erste. Vermögen,

Freiheit verlieh« hat, als fürsichtig ergriffen;

da,

auf das

haben wir mehr. begierig um uns euch und den

übrigen Germanen, unsren Blutsverwandten, zu vereinen.

Die Mauern der Gemeinde zu ver­

stärken, ist uns, da sich am eifrigsten die Heere der Römer zusammenrotten, mehr Sicherheit, als sie abzuwerfen. Zralien

oder

Wenn irgend Fremdlinge aus den Provinzen

innerhalb unsrer

Viertes Buch. Grenzen gewesen,

hat

sie

83

der Krieg hinweg-

genommen, oder sie sind, ein jeglicher in seinen Wohnsitz, zurückgeflohn.

Den vorzeiten

hieher

Geführten und mit uns durch Ehe Verbündeten, was sie land.

bald

geworden,

ist

hier das Vater­

Und wir Halten euch nicht für so unbillig,

daß ihr wollet, gemordet sollten von uns Aeltern, Brüder,

unsre Kinder werden.

Zoll und die

Lasten des Handelsverkehrs heben wir auf.

litt#

behülcr sei der Uebergang, aber am Tage, und der unbewaffnete; brs die neuen und frischen Rechte durch die Gewolhnheit zu etwas Altem werden. Zum Schiedsrichter werden wir Civilis und Veleda haben,

bei welchen die Vertrage geheiligt

werden sollen." Nach so besänftigten Tencteren,

haben die

an Civilis uni) Veleda mit Geschenken versand­ ten Abgeordnete

Alles nach Willen der Agrip-

pinenser erlangt.

Allein vor Veleda persönlich

zu erscheinen und sie anzureden, ist verweigert. Vom Anschaun wurden sie abgewehrt,

damit

mehr der Verehrung einwohnte. Sie selbst hausere in einem hohen Thurm:

ein Ausgewählter aus

ihren Verwandten überbrachte, wie der Gottheit Zwischenbote, Fragen und Antworten. LXVI. Durch die Bundesgenossenschaft der Agrippinenser verstärkt, beschloß Civilis, der näch--

84

Bücher -er Geschichten.

fielt Gemeinden zu begehren, oder die Wider­ spenstigen mit Krieg zu überziehn. Nachdem er der Sunicer mächtig geworden, und die junge Mannschaft derselben in Cohorten eingetheilt, wi­ dersetzte sich ihm, damit er nicht fürder ginge, Claudius Labeo mit zusammengeraffter Mann» schafft von Bekastern, Tungren und Nerviern; vertrauend äuf seinen Stand,- weil et die Brücke des Maaßstroms voreingenommen hatte. Gefoch­ ten wurde unentschieden in den Engen, bis die hinüberschwimmenden Germanen in Labeo's Rükken sielen. Zugleich warf sich Civilis, fr oft eines Wagestücks, oder Verabredung, unter die Trup­ pen der Tungren, und sprach mit lauter Stimme: „nicht deshalb huben wir Krieg an, daß Bata­ ver und Treveren den Völksschaften geböten. Fern ist von uns solche Anmaßung. Empfangt Bundesgenossenschaft. Ich gehe zu euch über, mögt ihr mich zum Führer oder zum Soldaten lieber haben." Der Haufe wurde bewegt, und sie steckten die Schwerter ein, als Campanus und Juvenalis, aus den Vornehmsten der Tun­ gren, ihm den ganzen DolksstaMm übergaben. Labeo entfloh, ehe denn. er umringt wurde. Ci­ vilis hat auch die Betasier und Nervker in Treue aufgenommen, und seinen Truppen beigefügt: ungemeiner Macht, indem die Gemüther der

Viertes Buch.

85

Gemeinden entweder betäubt waren, oder sich freiwillig zu ihm neigten. LXVII. Inzwischen befiehlt Junius Sa bi, nus, nach Umsturz der Denkmale des Römischen Bundes, ihn Casar zu begrüßen; und reißt einen großen ungeordneten Schwarm der Landsleute mit sich wider die Sequaner, eine angrenzende und uns treue Gemeinde. Auch lehnten die Se, quaner nicht den Kampf ab. Das Glück wohnte den Besseren bei. Geschlagen sind dke Lingonen. Sabinus verließ die verwegen beeilte Schlacht mit gleicher Furcht; und damit ep den Ruf sei, nes Unterganges bewirke, steckt er die Villa kn Brand, in welche er geflohn war: dort, glaubte man, sei er durch freiwilligen Tod umgekommen. Allein durch welche Kunstgriffe, in welchen Schlupfwinkeln, er fast neun Jahre hindurch das Leben hingezogen habe, zugleich seiner Freunde Beständigkeit und das ungemeine Beispiel seiner Gemahlin Epponina, werden wir am gehörigen Orte vermelden. Durch der Sequaner glückliche Schlacht stockte des Krieges Ungestüm. Atlmäh, lig erholen sich die Gemeinden, berücksichtigen Recht und Bündnisse, unter Vorgang der Re, men, welche Gallien hindurch kund thaten, daß man nach Abordnung von Gesandtm gemein,

86

Bücher der Geschichten.

schaftlich berathen sollte, ob Freiheit oder Frie, den gefiele. LXVIII. Zu Rom aber ängstete die ver, schlimmerte Kunde von dem Allen den Mucianus, daß die gleichwol vortrefflichen Führer, denn er hatte schon Gallus Annius und Petilius Cerialis erkohren, das ganze Gewicht des Krkeges wenig trügen. Auch durfte man die Stadt nicht ohne Regierung zurücklassen. Und Domitianus unoezahmte Lüste wurden gefürchtet: ver­ dächtig, wie gesagt, waren Primus Antonius und Varus Arrius. Varus, über die Prätoria­ ner gesetzt, hatte Gewalt und Waffen in der Hand. Ihn trieb Mucianus von diesem Platz, und setzte ihn über das Getraidewesen, um ihn nicht ohne Trost zu lassen. Und damit er Do­ mitians, dem Varus nicht abwendiges Gemüth lkndre, stellte er den Arretinus Clemens, der dem Hause Pespasians durch Vermählung verbunden und dem Domitianus sehr lieb war, über die Prä­ torianer, behauptend, d§ß dessen Vater unter Ca, jus Cäsar vortrefflich diese Sorge verwaltet habe: erfreulich sei den Soldaten der gleiche Name, und jener selbst, wiewol vom Senatorenstande, ge, nüge beiden Amtspflichten. Mit sich nehmen sie alle die Glanzvollsten aus der Gemeinde, und Andre ob ihrer Bewer-

Viertes Buch. Lung.

87

Zugleich gürteten sich Domktkanus und

Muckanus, ungleiches Sinnes: jener, hastig aus Hoffnung und Jugend, dieser, Verzug spinnend, wodurch er den Flammenden zurückhielte, damit er nicht durch Wildheit des Alters, und schnöde Anstifter,

wenn er unter das Heer gedrungen

war«, mit Krieg und Frieden sthlecht zu Rathe ginge.

Die sieghaften Legionen, die sechste und

achte, von den Vitellianischen die einundzwanzigste, aus den neuerdings zusammengeschriebenen

die

zweite, werden über die Penninischen und Cottianischen Alpen, ein Theil über das Grajische Gebürge geführt: die vierzehnte Legion aus Britannien, die sechste und die zehnte aus Hispanken, sind entboten. Nun kamen, auf den Ruf des heranrückenden Hee­ res, und nach eigner Sinnesart, die zum Milderen sich hinneigenden Gemeinden Galliens, bei den Re­ nten zusammen. Der Treveren Gesandtschaft wurde dort erwartet,

mit dem heftigsten Erreger des

Krieges, Tullius Dalentinus.

Dieser goß in über­

dachter Rede, Alles, was gewöhnlich großen Ober­ herrschaften vorgeworfen wird, Schmähungen und Haß wider das Römische Volk hin: Meuterei zu mischen;

ungestüm,

und den meisten lieb ob

der rasenden Beredsamkeit. LXIX. Aber Julius Auspep, aus den Vor­ nehmsten der Remen,

redete über die Römische

88

Bücher der Geschichten.

Macht und die Güter des Friedens, und daß der Krieg auch von Feigen aufgenommen, mit Ge­ fahr aller der Tüchtigsten geführt werde,

und

schon die Legionen ihnen über den Kopf kamen; Und hielt geglichen Verständigen durch Gefahr und Furcht an.

Sie priesen des Valentinus Muth,

folgten dem Rathe hesAuspex.

Ausgemacht ist,

den

habe

Treveren

und

Lingonen

bei

den

Galliern entgegengestanden, daß sie wahrend der Bewegung des Dindex mir Verginius gewesen waren,

Dse Meisten

Nebenbuhlerei ab:

schreckte der Provinzen

,.welches Haupt dem Kriege

seyn, von wannen Recht pnd Machtwort geholt würde?

welchen Sitz sie, -wenn Alles gelungen

wäre, für die Obergewalt erlasenNoch war kein Sieg, schon Zwietracht: rndem Einige mit Bündnissen, Andre mit Reichthum und Kräften, oder Alter des Ursprungs, zankweist prahlten. Aus Ueberdruß an dem Künftigen geftel das Ge­ genwärtige.

Geschrieben werden an die Treve­

ren Briefe im Namen Galliens,

daß sie von

Waffen abstünden, da Vergebung erreichbar und Fürbitter zur Hand wären, wenn gereue.

Es

widerstand ebenderselbe Valentinus und verstopfte die Ohren seiner Gemeinde; nicht so sehr gerich­ tet, den Krieg

zu

versammlungen.

rüsten, als bemüht ury Volks­

Viertes Buch. LXX.

89

So handelten weder die Treveren,

noch die Lingonen, und die übrigen Gemeinden der Rebellen, nach Größe der übernommenen Ge­ fahr.

Nicht einmal die Führer sorgten in Ein­

stimmung.

Civilis aber zog sich um der Belgen

unwegsame Gegenden, indem er strebt, den Clau­ dius Labeo zu fangen oder auszurotten. Classicus, sich träger Muße meistentheils hinschleppend, ge­ noß

wie der errungenen Obergewalt.

Nicht

einmal Tutor beeilre, das obere Ufer Germaniens, und die steilen ^llpepengen, durch Besatzungen zu verschließen.

Und inzwischen brachen die eln-

undzwanzigste Legion von Vindonjssa, Sextllius Felix mit bett Eohyrten der Hülfstruppen, durch Rhatken ein. Besondren,

Hinzu kam der Reiterflügel der voryrals durch Pirellius

entboten,

dann zu Vespasians Partbei übergetreten. befehligte Julius Brigqyticus, Civilis Schwester,

Ihn

ein Sohn von

denx Oheim, tvie eben der

Haß der Nächstverwandten am heftigsten ist, verhaßt und feindselig.

Tutor verstärkte

der

Treveren, neuerdings durch eine Aushebung von Vangionen,

Caracaten,

Tribocen,

gemehrte

Truppen, durch Veteranenvolk zu Fuß und Roß? nachdem die Legionäre durch Hoffnung verführt, oder durch Furcht bezwungen waren.

Anfäng­

lich tödten diese die von Sextilius Felir vorauf-

90

Bücher der Geschichten.

gesandte Cohorte,

kehrten

dann,

als Römische

Führer und Heere nahten, durch ehrenpreifilichen Ueberlauf zurück; und ihnen folgten die Tribocen, Vangkonen,

und Caracaten.

unter Begleitung

Tutor wich,

der Treveren, Magonriacum

vermeldend, nach Bingium, voll Zuversicht auf den Standpunkt, weil er die Brücke des Navastroms

abgeworfen

hatte;

allein

durch Anfall

der Cohorten, welche Sertilius führte, und durch Auffindung einer Untiefe, ist er überschlichen und geschlagen.

Ob

dieser

Niederlage

die

Tre­

veren bestürzt; und die Gemeinen schweifen nach weggeworfner Wehr

durch die Felder.

Einige

der Fürsten flohn, damit sie zuerst schienen vom Krieg ausgeschieden zu seyn, in die Gemeinden, welche der Römischen Bundesgenossenschaft sich nicht erledigt hatten. Bonna

nach

Die von Novesium und

den Treveren,

wie

wir

gedacht,,

geführten Legionen nehmen sich selbst in den Eid Vespasians auf.

Dies geschah wahrend der Ab­

wesenheit von Valentinus: als dieser rasend an­ kam,

und Alles wieder in Sturm und Unter,

gang verkehren wollte, den Mediomatriken meinde.

ab,

zogen die einer

Legionen zu

genössischen Ge­

Valentinus und Tutor ziehn die Tre­

veren in die Waffen zurück, nach Tödtung der Legaten Herennius

und Numisius,

damit das

Viertes Buch. Band

des Frevels durch bfe

91

geminderte Hoff­

nung auf Vergebung erstarke. LXXI.

Dieser Stand

als Petilkus Cerialis

des Krieges

war,

nach Magontiacum kam;

durch' dessen Ankunft die Hoffnung aufgerichtet ward.

Er

selbst

begierig

der Schlacht,

und

besser die Feinde zu verachten, als sich davor zu hüten,

entflammte

durch

Worte die Soldaten,

die

Wildheit

seiner

als wolle er, sobald er­

laubt sei aneinanderzustoßen, keinen Verzug mit dem Treffen machen.

Die Gallien hindurch ge­

haltenen Aushebungen sendet er in die Gemein­ den zurück, und heißt kund zu thun, daß der Obergewalt die Legionen hinreichten: die Bun­ desgenossen

sollten

zu des Friedens Geschäften

zurückgehn, gesichert, als sei der Krieg beendet, weil

ihn

Römerhände

aufgenommen

Dies mehrte der Gallier Gehorsam,

härten.

denn nach

Wiederempfang der jungen Mannschaft, duldeten sie leichter die Tribute,

williger zu

weil sie verschmäht wurden.

Diensten,

Civilis aber und

Classicus, zitternd und hastig, als sie vernahmen, „Tutor sei verjagt, niedergehauen die Treveren, Alles glücklich für die Feinde," warnten inzwi­ schen, während sie ihre zerstreuten Truppen zu­ sammenziehen,

durch Häufige Boten den Dalen­

tinus, daß er nicht die höchste Entscheidung ge-

92

Bücher der Geschichten.

fährden sollte. lis,

Um so reißender gelangt Cerka-

nachdem er zu den Mediomatriken Etliche

gesandt, die

auf kürzerem Wege die Legionen

wider den Feind richteten, und zusammengezogen, was an Soldaten zu Magontiacum war, oder er selbst mit sich gebracht, mit dreimaligem Lager nach Rigodulum; welchen von Bergen und dem Moselstrom

umgürteten

Ort

Valentinus

starker Mannschaft der Treveren

mit

beseht hatte:

und Graben und der Felsstücke Fürschub waren hinzugethan. Diese Perschanzungen schreckten den Römischen Führer nicht ab, daß er dem Fuß­ volke befahl, durchzubrechen, der Reiter Schlachtreihe den

Hügel Hinaufstellte, mit

der Feiyde;

Verachtung

welche verwegen zusammengethan,

nicht so durch den Platz unterstützt wurden, daß die Seinen nicht mehr Hülfe in der Tapferkeit fänden.

Wenig Verzug beim Hinansteigen, in­

dem der Feinde Wvrfwehr vorbeischießt: wie es zum Handgemenge

kam,

sind

jene zerschlagen

und wie ein Ruin hinabgestürzt.

Ein Theil der

Reiterei,

der sich

auf ebener» Bergen herum­

gezogen,

hat die

edelsten

ihnen

der Belgen,

den Anführer Valentinus

unter

gefangen ge­

nommen. LXXII. Eerialis rückte am folgenden Tage in die Colonie der Treveren ein, mit einem, dir

Viertes Buch.

93

Gemeinde zu zerstören gierigen Soldaten: „diese sei

des

durch

Classtcus,

dies

Tutors

dieser Frevel waren

schlossen und Cremona

die Legionen einge­

niedergehauen.

verschuldet

Vaterstadt;

Was so großes

hatte,

welches aus dem

Schooß Italiens gerissen sek, weil es den Ver­ zug einer einzigen Nacht den Siegern verursacht Habe?

Es stehe

auf der Grenzscheide Germa­

niens der unversehrte Siß,

jauchzend über die

Spolien der Heere, und der Führer Ermordung. Die Beute werde in den Fiscus gebracht: ihnen selbst

genüge der Brand Und der Ruin der re­

bellischen Colonie,

wodurch

die Zerstörung so

vieler Lager vergolten würde."

Cerialis drückte,

aus Furcht vor der Schande, wenn ihm zuge­ traut würde, daß er mit Frechheit und Wüthigkeit den Soldat anthäte, die Ergrimmung nie­ der; und sie gehorchten,

nach Beseitigung des

Bürgerkrieges,

bescheidener für das Ausheimi­

sche.

wandte auf sich die Gemüther

Hierauf

der bejamrungSwürdkge Anblick, Medkomatriken standen

traurig,

herbeigeholten

der von

Legionen.

im Bewußtseyn

den Sie

der Schand­

that, mit zur Erde gehefteten Augen.

Keine Be­

grüßung zwischen den zusammenkommenden Hee­ ren; und sie gaben den Tröstenden und Ermun-

94

Bücher der Geschichten.

ternden keine Antwort, verborgen in den Zelten, und das Licht selbst vermeidend; und nicht so harte sie Gefahr und Furcht, als Schaam und Ehrlosigkeit betäubt: unter Bestürzung auch der Sieger, vor tvelchen sie, keinen Laut noch Bit, ten wagend, mit Thränen und Schweigen Ver­ gebung fodern: bis Cerialis die Gemüther sänftigte, darthuend, „durch das Schicksal sei gesche­ hen, was sich durch der Soldaten und Führer Zwietracht oder Trug der Feinde begeben härte. Diesen Tag sollten sie für den ersten ihres Sol­ des und Eides halten: der früheren Gewaltthaten sei weder er noch der Imperator eingedenk.,, Darauf sind sie in ebendasselbe Lager aufgenom­ men, und die Manipeln hindurch ist kund gethan, daß Niemand in Kampf oder Zank dem Cameraden Meuterei oder Niederlage vorwürfe. LXXIII. Hierauf redet er die in Versamm­ lung berufenen Treveren und Lingonen also an: „Ich habe niemals Beredsamkeit geübt, und die Tüchtigkeit des Römervolkes hab' ich durch Waf­ fen erhärtet. Weil aber bei euch die Worte das Meiste gelten und Gur und Uebel nicht nach sei­ ner Natur, sondern nach Stimmen der Meu­ terischen geschäht wird: habe ich beschloffen, We» niges zu reden, was nach Niederschlagung des Krieges Euch nützlicher ist zu Hören, als und zu

Viertes Buch. sagen.

95

Euer Land, und das der übrigen Gal-

lier, haben die Römischen Führer und Jmperakoren ohne irgend eine Gier, sondern auf Anru­ fen eurer Altvordern betreten, welche die Fehden bis zum Untergange abmüdeten;

und herbeige­

holt zur Hülfe, hatten die Germanen über Bun­ desgenossen und Feinde ebenmäßig Sklaverei ver, hängt. bren

Zn wie vielen Schlachten wider Cimund Teutonen,

mit wie großer Mühsal

unsrer Heere und mir welchem Erfolg wir die Germanischen genug.

Kriege handhabten,

Nicht deshalb

ist berühmt

haben wir den Rhein

beseht, auf daß wir Italien schirmten, sondern auf daß nicht ein

andrer Ariovistus sich des

Reichs von Gallien bemächtigte. dem Civilis

Oder glaubt ihr,

und den Batavern und den Ueber-

rheinischen Volksstämmen wehrter zu seyn, als den Vorfahren derselben eure Väter und Groß­ väter gewesen sind?

Eben dieselbe Ursache bleibt

immer den Germanen, nach Gallien überzusehen, Lüsternheit

und Habsucht,

und die Lust den

Wohnsitz zu verändern, damit sie, nach Zurück, lassung

ihrer

Sümpfe

fruchtbarsten Boden

und Einöden,

und euch

diesen

selber besäßen.

Uebrigens werden Freiheit und scheinbare Aus, drücke vorgewendet:

und nicht irgend Jemand

hat Sklaverei für Andre, und Herrschaft für

96

Büchet der Geschichten.

sich begehrt, daß er sich nicht ebenderselben Be­ nennungen anmaßte." LXXIV. „ Oberherrschaften und Kriege sind immer Gallien hindurch gewesen, bis ihr in unser Recht übergekommen seid. Wir haben, wiewol so oft gereiht, nach Recht des Sieges dies allein euch noch hinzugethan, daß wir den Frieden schirmten. Denn weder Ruhe der Völ­ ker kann ohne Waffen, noch die Waffen ohne Sold, noch der Sold ohne Tribute gehabt wer­ den. Das Uebrige liegt Uns gemeinschaftlich da. Ihr selbst steht MeisteNtheils unsren Legio­ nen vor: ihr selbst regiert diese und andre Pro­ vinzen: nichts ist gesondert oder geschloffen. Und von gepriesenen Fürsten ist, der Vortheil gleich, wiewol sie fern walten: die wüthigen la­ sten auf den Nächsten. So wie Unfruchtbar­ keit oder zu starke Regengüsse, und andre Uebel der Natur, ertragt ihr Schwelgerei oder Hab­ sucht der Herrschenden. Laster werden seyn, so­ lange Menschen; allein jene nicht ununterbrochen, und sie werden durch Dazwkschenkunft der Bessern ausgewogen: wenn ihr nicht etwa unter Regie­ rung von Tutor und Classicus eine mildere Obergewalt hoffet: oder vermöge geringerer Tri­ bute, als jetzt, die Heere gerüstet seyn werden, durch welche man Germanen und Britannen ab­ wehrt.

Viertes Buch. wehrt.

97

Denn nach Vertreibung der Römer, wel­

ches die Götcer verhüten, was andres wird seyn, als Krieg aller Völker gegen einander!

Durch

Glück und Kriegszuchr von achthundert Jahren ist

diese

Zusammenfügung

erwachsen,

welche

nicht zerrüttet werden kann ohne Untergang der Zerrüttenden.

Aber für euch ist die größte Ge­

fahr, bei denen Gold und Reichthum, der Kriege vorzüglicher Anlaß, sind.

Wohlan denn, Frieden

und die Stadt, welche wir, Sieger und Besiegte, mit ebendemselben Rechte inne haben, liebet, eh­ ret sie.

Warnen mögen euch

die Belege zu

beiderlei Schicksal, daß ihr nicht lieber Verstockt­ heit

mit

Verderben,

Sicherheit wollet."

als

Willfährigkeit

mit

Durch solche Rede hat er

sie, die Schwereres fürchteten, beruhigt und auf­ gerichtet. LXXV. Gehalten durch das sieghafte Heer wurden die Treveren, als Civilis und Classicus Briefe sandten, deren Inhalt dahin ging: „Vespasianus sei, wiewol die Bolen die Kunde verheh­ len, aus dem Leben geschieden.

Die Stadt und

Italien waren durch innerlichen Krieg verzehrt; eitel und

kraftlos

und Domitianus.

die Namen von Mucianus Wenn Cerkalis die Oberge­

walt über Gallien wolle, so waren sie zufrieden mit den Grenzer»

V. Band.

ihrer Gerneinden;

und unveränderliche,

und nimmer- vergehende.

Fünftes Buch.

121

Deswegen dulden sie keine Bilder in ihren Srädteu, geschweige in den Tempeln. Nicht erweiset man den Königen diese Schmeichelei, nicht den Casarn die Ehre. Weil aber ihre Priester Pfeifen und Cymbeln zu, sammelt erklingen ließen, sich mkt Epheu umwanden, und ein goldner Rebenstock im Tempel ge­ funden ist, haben Einige gemeint, „der Vater Liber werde verehrt, der Bändiger des Orients," ohne daß die Satzungen im Geringsten überein­ stimmen: Liber nämlich hat festliche Bräuche und fröhliche angeordnet, der Judaer Brauch ist abgeschmackt und schmutzig. VI, Land und Grenzen, wo sie zum Orient sich wenden, werden von Arabien beschrankt; vom Mittag liegt Aegypten gegen; vom Nieder­ gang Phönicier und das Meer; nach Norden schaun sie weit aus von der Seite Syriens, Die Leiber der Menschen sind gesund und ver­ tragen die Arbeit. Seltene Regenströme, frucht­ barer Boden: die Früchte wie bei uns; und außer denselben der Balsam und die Palmen, Den Palmbäumen ist Höhe und Schönheit. Der Balsam ein mäßiger Baum: so wie jeglicher Ast angeschwollen ist, und du bringst des Eisens Ge­ walt daran, zagen die Adern zurück; durch einen Bruch von Hteinen, yder eine Scherbe

V22

Bücher der Geschichten.

werden sie geöffnet:

die Feuchtigkeit ist in der

Heilenden Gebrauch.

Der Berge vornehmster,

steigt der Libanus auf, wunderbar schattig unter so großer Hihe, und treu dem Schnee.

Eben,

dieser nährt und ergießt den Jordanstrom;

und

der Jordan wir- nicht vom Meer aufgenommen, sondern den ersten und den zweiten See durch, strömt er unversehrt, halten.

wird vom dritten rückbe-

Dieser See, von unermeßlichem Umfang,

dem Scheine nach das Meer, an Geschrnack ver­ derbter,

durch die Schwere der Ausdünstung

den Anwohnern pestbringend,

wird weder vom

Winde bewegt, noch duldet er Fische, Wasser gewöhntes Wogen tragen Grund;

Geflügel.

oder an

Die ungewissen

Daraufgeworfenes,

wie

fester

Erfahrne im Schwimmen und. Uner­

fahrne werden gleichmäßig gehoben.

Zu

be­

stimmter Jahreszeit bfingt er ein Pech empor, welches man sammelt, und zu brauchen, wie die übrigen Künste, Erfahrung gelehrt hat. Schwarz ihrer Natur nach, und durch aufgesprengten Es­ sig zusammengezogen, keit obenauf:

schwimmt die Feuchtig­

die dem obliegen,

fassen sie mit

der Hand, und ziehen sie auf den Rand Schiffes. hinein,

des

Don da fließt sie, ohne weitere Hülfe und

beladet,

Doch magst hu

bis man sie abschneidet.

sie nicht mir Erz oder Eisen ab-

Fünftes Buch.

I2Z

schneiden: sie flieht geronnenes Blut und ein in das Geblüt getünchtes Gewand, dessen sich mo­ nathlich die Frauen entledigen. Autoren.

Also die alten

Allein des Landes Kundige überliefern,

„fluthende Klumpen von Pech trieben hin, und würden mit. der Hand ans Gestade gezogen; hernach, wenn sie durch der Erde Ausdünstung, herSrnne Gewalt getrocknet waren, durch Beile und Keile, wie Balken oder Steine gespalten."

VII, Nicht fern von da sind Felder, welche vorzeiten, sagt man, fruchtbar und von großen Städten bewohnt,

durch Blitzesschlag gebrannt

haben; und die Spur daure, und die Erde selbst, von versengtem Ansehn, habe die fruchtbringende Kraft verlohren. vorkommende, so

Denn alles von sich selbst Her­ oder von Menschenhand Gesäete,

wie es zu Gras oder

Blumen,

wohnten Gestalt heranwachst,

zur ge­

verfällt schwarz

und nichtig gleichsam zu Asche.

Ich, wie ich

zugestehn wklll, daß einst berühmte Städte durch himmlisches Feuer aufgebrannt sind, glaube also, daß durch des Sees Ausdünstung das Erdreich vergiftet, der darüber ausgegossene Geist verderbt werde, und dadurch die Geburt der Saaten und des Herbstes verfaule, bei gleicher Schädlichkeit des Bodens

und Himmels.

Und der Strom

Pesus fällt in das Zudaische Meer:

um dessen

124

Bücher der Geschichten.

Mündung Sand gesammelt,

und nach Beimk-

schung von Nirrum zu Glas verkocht wird. mäßig dies Ufer,

So

ist es durch die Ausführung

»»erschöpft. VIII. Dörfer

Ein großer Theil Judäa's wird in

zerstreut:

Hierosolyma,

sie haben

auch Städtchen;

des Volkes Haupt.

Dort der

Tempel mit unermeßlichem Reichthum;

und die

Stadö mit den ersten Vesten Mauern,

hernach

die Königsburg: von den innersten Mauern der Tempel umschlossen.

Nur zu den Thören war

dem Zudäer der Zugang frei: von der Schwelle wurden sie,

außer

den Priestern,

abgewehrt.

Solange bei Assyriern und Medern und Persern der Orient war,

der verachtetste Theil der Die­

nenden: seitdem die Macedonier übermächtig wur­ den, ist König Antiochus, bemüht, ihnen

den

Aberglauben zu nehmen und Sitten der Griechen zu geben, daß er das greulichste Geschlecht nicht zum

besseren

veränderte,

durch

der

Parther

Krieg verhindert worden.

Denn zu jener Zeit

war Arsaces

Damals haben die

abgefallen.

Judäer, während die Macedonier geschwächt, die Parther noch nicht erstarkt und fern die Römer waren,

sich selber Könige gesetzt:

die Veränderlichkeit nach

des

Volkes

welche durch ausgetrieben,

wiedergewonnener Herrschaft mittelst der

Fünftes Buch. Waffen,

125

Verjagung der Bürger,

Ausrottung

von Städten, der Brüder, Gemahlinnen, Aeltern Ermordung, und Anderes den Königen Ge­ wohntes wagend, den Aberglauben hegten: weil sie die Ehre des Priesterthums als Bevestigung der Macht hinzu nahmen. IX. Lon Römern zuerst hat Cnejus Poinpejus die Judaer bezwungen: und ist nach Recht des Sieges in den Tempel getreten.

Seitdem

ward ruchtbar, daß ohne ein Bildniß von Gott­ heiten, der Sih drinnen leer sei und eiteles Ge­ heimniß.

Die Mauern von Hierofolyma wurden

niedergerissen, der Tempel blieb.

Hierauf, im

bürgerlichen Kriege zwischen uns,

und als jene

Provinzen unter Botmäßigkeit des Marcus An­ tonius gefallen waren, hat sich der Partherkönkg Pacorus Judäa's bemächtigt, und ist von Publius Ventidius getödtet; die Parther sind jenseit des Euphrats zurückgeworfen: Cajus Sosius unterjocht.

die Judäer hat

Das von Antonius

an Herodes gegebene Reich, mehrte der Sieger August.

Nach Herodes Tode hat ein gewisser

Simo, ohne des Cäsars Willen abzuwarten, den königlichen Namen an sich gerissen.

Dieser ist

von Quinctilius Varus, der Syrien inne hatte, bestraft worden;

und das gebändigte Geschlecht

haben die Kinder von Herodes, zu drei Theilen

126

Bücher der Geschichten.

regiert.

Unter Tiberkus Ruhe.

sie,

von Cajus Casar geheißen, sein Bildnlß in

dem Tempel aufzustellen, griffen. Tod.

Darauf haben

lieber die Waffen er­

Diese Bewegung zertheilte des Cäsars Claudius überließ,

nach erloschenen oder

auf ein Geringes heruntergebrachten Königen, Judäa als Provinz Römischen Rittern oderFreigelaßnen:

von welchen Antonius Felix, mittelst

jeglicher Wüthigkeit und Lustgier, königliches Recht mir sklavischer Sinnesart handhabte; er Drusilla,

Enkelin von Cleopatra und Anto­

nius, zur Ehe empfangen harte: Enkeleidam,

nachdem

Claudius der Enkel,

daß Felix der ebendesselben

Antonius war. X.

Ausgedauert hat jedoch den Judäern

die Geduld bis auf den Procurator Gesims Florus.

Unter ihm ist Krieg entstanden;

und Ce-

stius Gallus, Syriens Legat, welcher die Däm­ pfung unternahm, hat mancherlei, und zum öfrern widerwärtige Schlachten bestanden.

Als er

durch Schicksal oder Ueberdruß fiel, brachte Vespasianas, von Nero gesandt, durch Glück und Ruf und treffliche Beamte,

innerhalb

zweier

Sommer, das Ganze der Feldw, und alle Städte außer Hierosolyma mit sieghaftem Heere in seine Gewalt.

Das nächste Jahr

Krieg gerichtet,

ging,

auf bürgerlichen

was die Judäer betraf,

Fünftes Buch. in Muße vorüber.

127

Nach Erwerbung des Frie­

dens in Italien kehrten auch die ausheimischen Sorgen zurück.

Es mehrte den Grimm,

daß

allein die Judaer sich nicht unterworfen hatten. Zugleich schien für alle Ereignisse und Zufalle der neuen Fürstenschaft nützlicher, daß Titus bei den Heeren bliebe.

Also schlug er,

wie wir gesagt,

vor den Mauern von Hieroftlyma das Lager auf, und zeigte die krieggerüsteten Legionen dar. XI.

Die Judaer stellten unter den Mauern

selbst die Schlachtordnung auf, bei glücklichem Er­ folg ein Weiteres zu wagen, und, würden sie ge­ worfen, unter bereiter Zuflucht. Geschickt wider sie mit leicht gerüsteten Cohorten, focht die Reiterei zweifelhaft.

Dann wichen die Feinde, und lie­

ferten an den folgenden Tagen häufige Treffen vor den Thoren: bis sie durch ununterbrochenen Nachtheil innerhalb der Mauern zurückgedrängt wurden. rung;

Die Römer wandten sich zur Belage­ denn nicht würdig schien,

des Feindes

Hunger abzuwarten, und sie heischten Gefahren, ein Theil aus Tapferkeit,

viele aus Uebermuth

und Begier nach dem Lohne.

Dem Titus selbst

warenRom und der Reichthum und dieVergnügun, gen vor Augen:

und, wenn Hierosolyma nicht

alsbald fiel, schien man zu säumen.

Allein die

Stadt, steil ihrer Lage nach, war durch Werke

i28 und

Bücher der Geschichten. Dämme

Ebenes

gevestkgt,

genug bevestigt

durch

welche

auch

seyn würde.

Denn

zwei überaus hohe Hügel waren geschlossen von Mauern, durch Kunst schrägen oder einwärts ge­ krümmten,

damit die Seiten der Belagernden

dem Wurfe frei stünden.

Der außtrste Fels

war jäh; und die Thürme, wo der Berg gehol­ fen hatte, wurden auf sechzig Fuß, in den Aus­ höhlungen, auf hundert und einige zwanzig auf­ geführt,

von wunderlicher Gestalt,

mäßig für die von fern Schauenden.

und gleich­ Innerhalb

der Mauern hatte man mit andren Vesten die Königsburg umgeben; und von ansehnlicher Höhe war der Thurm, Antonia zur Ehre des Marcus Antonius von Herodes geheißen. XII.

Der Tempel,

auf Art einer Burg,

und mit eigenen Mauern,

übertraf an Arbeit

und Werken alles Andre.

Die Porticus selbst,

von welchen der Tempel umringt wurde, -waren eine vortreffliche Brustwehr.

Ein ewig rinnen­

der Quell von Wasser, Berge unter dem Boden ausgehöhlt;

und Behälter und Cisternen,

Regengüsse aufzubewahren.

um

Vorausgesehen hat­

ten die Erbauer, wegen Verschiedenartigkekt der Sitten,

häufige Kriege.

Darum war

Alles

auch wider eine lange Belagerung bereit; und den von PompejUs Eroberten hatten Furcht und Ersah,

Fünftes Buch. Erfahrung sehr viel gezeigt.

129

Von der Habsucht

der Claudianischen Zeiten kauften sie das Recht der Bevestigung, und erbauten Mauern im Frie­ den, als wie für den Krieg, gemehrt durch einen großen Zusammenfluß, und Niederlage der übri­ gen Städte;

denn jeder 'der Hartnäckigsten war

dorthin geflohn, und schaltete meuterischer. Drei Anführer, ebe.soviel Heere.

Die äußersten und

weitesten der Mauern hatte Sims, welchen sie auch Bargioras Joannes,

nannten,

die mittlere Stadt

den Tempel Eleazarus besetzt.

An

Menge und Waffen waren Joannes und Simo stark,

durch den Platz Eleazarus.

Allein Ge­

fechte, Tücke, Brandstiftungen, unter ihnen selbst; und mächtiges Getraide war verbrannt. nimmt Joannes,

Dann

nachdem er unterm Schein zu

opfern, Krieger abgesandt, welche den Eleazarus und seine Mannschaft niederhieben, Besitz vom Tempel.

Also schied sich die Gemeinde in zwei

Partheien, bis bei der Römer Nahen der aushekmische Krieg Eintracht gebot. XIII. welche

Wunderdinge hatten sich ereignet,

mit Hostien oder Gelübden zu

sühnen,

nicht für Recht die Dolksschaft hielt, die dem Aberglauben unterworfne, den Religionen wider­ strebende.

Schlachtreihn sah man den Himmel

hindurch zusammenstoßen, rothschimmernde Waf-

V. Band.

Q

izo

Büchet der Geschichten.

fett, und von plötzlichem Wolkenfeuer den Tempel erglänzen.

Ausgebreitet sind jählings die Pfor­

ten des Gotteshauses,

und vernommen ist eine

übermenschliche Stimme, „daß die Götter auszö­ gen;" zugleich die ungemeine Bewegung der aus­ ziehenden.

Dieses brachte Wenige in Furcht:

in den leisten war die Ueberredung,

daß in

der Priester alten Schriftzeichen enthalten sek, „zu eben dieser Zeit werde geschehen, Orient erstarkte,

daß der

und von Judäa Aufgestandne

sich der Dinge bemächtigten:"

welche Zweideu­

tigkeit den Vespasianus und Titus voraus, ver­ kündete.

Allein der Volkshaufe

hatte,

sich zu

Gunsten nach Weise menschlicher Begier, eine solche Größe des Schicksals gedeutet,

daß sie

nicht einmal durch Widerwart zum Wahren ge­ kehrt

wurden.

Die

Menge der Belagerten

von allem Alter, von männlichem und weiblichem Geschlecht, habe sich auf sechshunderttausend be­ laufen;

vernahmen wir.

Waffen hatten Alle,

welche sie tragen konnten; und mehr, Volkszahl gemäß, waren in Wagnkß.

als der Gleiche

Verstocktheit Männern und Frauen; und, wenn sie gezwungen würden, den Wohnsitz zu verlegen, größere Furcht vor dem Leben, Wider diese Stadt und Cäsar Titus,

als dem Tode.

Volksschaft beschloß

wenn der Platz Erstürmung und

Fünftes Buch.

rZi

fad)C Zufälle des Kriegs verwehrte,

mit Däm­

men und Schanzkörben zu kämpfe». Vertheilt an die Legionen werden die Werke, und Ruhe war von Gefechten,

bis Alles,

was zu Eroberung

der Städte von den Alten,

oder durch neuen

Scharfsinn erfunden ist, veranstaltet wäre. XIV.

Civilis aber,

welcher nach der un­

glücklichen Schlacht im Lande der Dreveren, das Heer

Germanien

setzte sich den Platz,

hindurch

wiederhergestellt,

bei dem Lager Detera;

sicher durch

und damit durch Gedächtniß dort

glücklich vollbrachter Dinge der Muth der Bar­ baren wüchse.

Gefolgt ist ebendahin Cerialis,

mit einer durch Ankunft der zweiten und sechsten und vierzehnten Legion verdoppelten Kriegsmacht. Cohorten und Reiterflügel, schon längst entboten, hatten nach dem Siege geeilt. den Heerführen ein Zaudrer.

Keiner von bei­ Allein es hielt die

Breite der Felder ab, dir durch eigne Naturbe­ schaffenheit naß waren: dazu hatte Civilis einen schrägen Damm in den Rhein gesenkt, durch dessen Gegenstämmung zurückgewälzt der Strom über das Anliegende sich ergoß.

Diese Gestalt der

Gegend war durch die ungewissen Furchen trüglich und widerwärtig für uns; denn der Römer­ soldat ist durch die Rüstung schwer, und bange zu

schwimmen;

die

Germanen,

an

Flu-

Bücher -er Geschichten.

IZ2

then gewöhnt, hebt die Leichtigkeit ihrer Waffen, und die Lange ihrer Leiber. XV.

Nun ist,

indem die Bataver reizen,

von den TruHkgsten der Unsren der Kampf be­ gonnen;

darauf entstand Zittern,

überaus tiefen Sümpfen Waffen, schlungen wurden.

Die

als von den Rosse ver­

Germanen sprengten

hindurch an bekannten Untiefen; griffen meistentheils nicht von vorne an, umringend.

Nicht ward,

Seiten und Rücken wie in Schlachtreihe

des-Fußvolkes, nahebei gefochten; sondern, gleich wie in einem Seetreffen,

wurden sie,

schwan­

kend zwischen Wogen, oder, wenn sie auf etwas Haltbares stießen, mit dem ganzen Leibe dorthin strebend,

Verwundete

mit

Unverletzten,

des

Schwimmens Kundige mit den Unerfahrnen, in gegenseitiges Verderben verwickelt.

Geringer je­

doch das Morden, als dem Getümmel entsprach; weil die Germanen, nicht wagend aus den Süm­ pfen hervorzugehn, ins Lager zurückkehrten. Durch Ausgang dieses Kampfes fühlten beide Heerführer, mittelst verschiedener Gemüthsbewegungen, sich auf­ gerichtet, die Haupcentscheidung zu beschleunigen: Civilis zu verfolgen das Glück; Cerialis zu vertilgen die Schmach: die Germanen übermüthig ob Er­ folg; Schaam spornte die Römer an: die Nacht ist bei den Barbaren mit Gesang und Geschrei;

Fünftes Buch.

1.33

von dm Unsrigen in Grimm und Dräuungen hingebracht. XVI.

Am folgenden Tage füllt Cerkalks

fein Vordertreffen mit Reiterei und Hülfscohorten: zur zweiten Schlachtreihe sind die Legionen gestellt:

Auserkohrne hatte der Führer sich, für

unversehne Zufälle, zurückbehalten.

Civilis nahm

seinen Stand nicht mit ausgestreckten Reihen, sondern in Keilen.

Die Bataver und Gugerner

auf dem rechten Flügel;

das Linke und

dem

Strome Nähere behaupteten die Ueberrheinischen. Die

Führer

ermahnten

sie nicht

nach Art der Versammlung, an jedweden

insgesammt

sondern wie sie

der Ihren hinankamen:

Cerialks,

„kraft des alten Ruhms des Römischen Namens, vormaliger und neuer Siege:

daß sie den treu­

losen, feigen, geschlagenen Feind, auf ewig aus­ rotten sollten:

der Rache

Schlacht vonnöthen.

sek mehr,

als der

Wenigere hätten sie neu­

lich mit der Mehrzahl gekämpft: dennoch wären die Gennanen versprengt, soviel des Kernes ge­ wesen.

Uebrkg wären, »velche Flucht km Gemüth,

welche Wunden auf den Rücken trügen."

Dar­

auf wandte - er eigenthümlichen Sporn bei den Legionen an,

„Bändiger Britanniens die Vler-

zehner nennend:

Fürst sei Galba durch Ansehn

der sechsten Legion geworden: in dieser Schlacht

i34

Bücher der Geschichten.

zuerst werde die zweite die neuen Krlegszekchen und den neuen Adler weihn."

Von hier zu dem

Germanischen Heer hingelangt,

streckte er die

Hände aus, „daß sie ihr Ufer, ihr Lager, durch Blut der Feinde wiedergewönnen." munter war Aller Geschrei, Begierde der Schlachi,

Ueberaus

da ihnen entweder

nach langem Frieden,

oder den Kriegsmüden Liebe des Friedens war, sie Lohn und Ruhe für die Zukunft hofften. XVII. Auch

Civilis

gend die Schlachtreihe,

ordnete nicht schwei­ den Ort der Schlacht

zum Zeugen der Tapferkeit anrufend.

„Es stün­

den die Germanen und Bataver auf den Fuß­ tapfen ihres Ruhmes, Legionen tretend:

Asche und Gebeine der

wohin auch der Römer die

Augen richte, schwebe Gefangenschaft ihm vor, und Niederlage und Alles voll Grauen.

Sie

mögt«« nicht erschreckt seyn durch den schwanken­ den Ausgang der Treverkschen Schlacht:

ihr

eigner Sieg sei bort den Germane» entgegen gewesen,

indem sie nach entlassener Wehr in

Beute die Hände verwickelten; und bald sei Al­ les glücklich, und zum Nachtheil der Feinde er­ folgt.

Was durch des Führers Klugheit fürge,

sorgt werden müßre, sei fürgesorgt:

die Felder

schwömmen, und waren ihnen bekannt; Verderb, sich die Sümpfe den Feinden:

der Rhein und

Fünftes Buch.

i55

Germaniens Götter vor ihrem Auge: unter deren Schuhe sie die Schlacht fahren, Aeltern,

des Vaterlandes

der Frauen,

eingedenk.

Dieser

Tag werde der ruhmvollste bei den Altvordern, oder ein schmachvoller bei den Nachkommen seyn." Als durch Waffenklang und Jubeltönze,

so ist

ihre Sitte, diese Aussprüche gebilligt sind, wird mit Steinen, Schleuderkugeln und andrer Wurfwehr die Schlacht begonnen; indem unser Sol-

Sumpf hineingeht,

dat nicht kn den

und hje

Germanen ihn reizen, um ihn heranzulocken. XVIII. Nach Verbrauch dessen, was gewor­ fen wird,

und

indem die Schlacht entbrennet,

laufen die Feinde grimmiger

vorwärts.

Be!

ihren ungeheuren Leibern und überlangen Spee­ ren durchbohrten sie von fern den fluchenden und wankenden Soldat: zugleich schwemm von dem Damme,

welcher,

aufgebaut war, über.

wie gesagt,

in dem Rhein

der Bructeren Keklhaufe hin­

Daselbst wurde die Sache mißlich und

vertrieben die Schlachtreihe der genössischen Cohorten, als die Legionen das Gefecht aufnehmen, und nach gedämpfter Verwegenheit der Feinde, die Schlacht gleich wird.

Inzwischen gelangt

ein Batavischer Ueberläufer zu Cerialis, und ver­ spricht,

„man werde dem Feind kn den Rücken

kommen, wcrm durch das Aeußerste des Sum-

iS6

Bücher der Geschichten.

pfes die Reiterei gesandt würde: und die Gugerner,

fest sei es da,

weichen die Bewachung zu­

gefallen wäre, wenig auf derHuth?