Werbecontrolling: Konzepte, Instrumente, Fallbeispiele [1 ed.] 9783886405039, 9783886401031

Nicht zuletzt durch die Anfang des Jahrhunderts einsetzende Werbekrise werden Werbung und Werbebudgets von den Werbungtr

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German Pages 280 [281] Year 2003

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Werbecontrolling: Konzepte, Instrumente, Fallbeispiele [1 ed.]
 9783886405039, 9783886401031

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Werbecontrolling

WERBECONTROLLING Konzept, Instrumente, Fallbeispiele von Prof. Dr. Ingomar Kloss

Deutscher Betriebs wirte-Verlag

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Na­ tionalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.ddb.de abrufbar.

© Deutscher Betriebswirte-Verlag, Gernsbach 2003 Satz: Claudia Wild, Stuttgart Druck: Konkordia GmbH, Bühl ISBN: 3-88640-103-0

Inhaltsübersicht Vorwort...........................................................................................................

VII

1 Werbung unter Controllingaspekten.................................................. 1.1 Werbung und Controlling............................................................... 1.2 Aktuelle Lage der Werbung in Deutschland............................... 1.3 Klassische Fehler der Werbetreibenden...................................... 1.4 Effizienz und Effektivität der Werbung........................................ 1.5 Werbeumfeld................................................................................... 1.6 Wirkungsmechanismen der Werbung.......................................... 1.7 Werbepsychologie.......................................................................... 1.8 Positionierung...................................................................................

1 1 2 6 12 15 22 33 49

2 Werbecontrolling-Konzept.................................................................... 2.1 Grundgedanken des Controlling................................................... 2.2 Grundkonzept des Werbecontrolling............................................. 2.3 Gegenstandsbereiche des Werbecontrolling............................... 2.4 Implementierung des Werbecontrolling......................................

57 58 66 80 121

3 Instrumente des Werbecontrolling....................................................... 3.1 Instrumente und Kennzahlen des operativen Werbecontrolling. 3.2 Instrumente des strategischen Werbecontrolling........................

131 132 168

4 Fallbeispiele............................................................................................... 4.1 Boehringer Ingelheim...................................................................... 4.2 Kellogg Deutschland......................................................................

213 213 232

Literaturverzeichnis...................................................................................... Sachverzeichnis.............................................................................................

250 257

Abbildungsverzeichnis.................................................................................. XIII TabellenVerzeichnis.................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis............................................................................. XVIII

Vorwort Erstmals in der deutschen Werbegeschichte waren zu Anfang dieses Jahrhun­ derts die Investitionen in Werbung rückläufig, sie fielen im Jahr 2002 unter das Niveau von 1998. Die Tatsache als solche ist bereits bemerkenswert, da sich die werbetreibende Wirtschaft bisher stets antizyklisch verhielt. Wichti­ ger allerdings ist, daß die Werbekrise mit einer „Entzauberung“ des „Mythos“ Werbung einherzugehen scheint. Offenbar gilt Werbung nicht mehr als das Allheilmittel gegen Absatzkrisen. Die Folge ist eine sehr viel kritischere Haltung gegenüber der Werbung, verbunden mit dem Anspruch, sie sowohl wirtschaftlicher als auch wirksamer gestalten zu wollen. In dieser Situation erscheint eine Kombination von zwei betriebswirtschaftlichen Teilfunktionen naheliegend, die noch vor kurzer Zeit als undenkbar galt: von Werbung und Controlling. Das vorliegende Buch versucht, Werbung und Controlling zu einem Wer­ becontrolling zu verknüpfen. Werbecontrolling ist nach wie vor in großen Teilen der werbetreibenden Wirtschaft nicht institutionalisiert bzw. erfolgt überwiegend in seiner operativen Ausprägung, also im Bereich der Mediaplanung und der Werbewirkungskontrolle. Vor allem mit der strategischen Aus­ richtung des Werbecontrollings betritt dieses Buch Neuland. Werbung ist ein Bereich, in dem - vor allem in mittelständischen Betrieben - Entscheidungen vielfach „aus dem Bauch heraus“ getroffen werden. Werbe­ controlling ermöglicht es, daß der Prozeß von Planung, Steuerung und Kon­ trolle der Werbung mit einem hohen Maß an Rationalität erfolgt. Das Buch gliedert sich in vier Kapitel:

• Da Werbung den „weichen“ Managementfunktionen zuzuordnen ist, er­ folgt im ersten Kapitel eine Darstellung der werblichen Grundlagen aus Controllingsicht. Aufgezeigt wird, in welches Umfeld Werbung eingebettet ist und auf welchen Wirkungsmechanismen sie beruht. Es wird dabei ver­ sucht, die für ein Werbecontrolling notwendige Grundeinstellung gegen­ über der Werbung zu vermitteln. • Im zweiten Kapitel wird ein Werbecontrolling-Konzept vorgestellt, das die Grundlagen des Controlling mit den spezifischen Besonderheiten der Wer­ bung verknüpft. Ferner werden Empfehlungen zur Implementierung des Werbecontrollings gegeben. • Das dritte Kapitel ist den im Werbecontrolling einzusetzenden Instrumen­ ten gewidmet. Aufgezeigt wird sowohl die Anwendbarkeit der klassischen Controllinginstrumente für werbetypische Fragestellungen (wie z.B. SWOT- und Portfolio-Analyse), als auch werbespezifische Instrumente (wie Werbe Wirkungskontrolle oder Copy Analyse).

VIII

Vorwort

• Das vierte Kapitel schließlich umfaßt zwei Fallbeispiele, die aufzeigen, welche konkreten und individuellen Lösungen für das Werbecontrolling in der werbetreibenden Wirtschaft gefunden wurden. Die Beträge stammen von Boehringer Ingelheim (Dr. Roland Schneider und Gerhard Eming) und Kellogg Deutschland (Torsten Danker). Mein Dank gilt zunächst meinem Kollegen Prof. Dr. Torsten Czenskowsky für die kritische und konstruktive Durchsicht des Manuskriptes, sowie Herm Rene Diers für seine Zuarbeit zur Balanced Scorecard. Bedanken möchte ich mich aber vor allem auch bei den Autoren der Fallbeispiele, die trotz Einge­ bundenseins in das operative und strategische Tagesgeschäft die Zeit für ihre Beiträge gefunden haben. Das vorliegende Buch richtet sich an alle, die mit Werbung zu tun haben. Angesprochen werden Lehrende und Studierende des Faches Werbung, eben­ so wie Werbe- und Mediaagenturen, sowie vor allem auch die Werbetreiben­ den. Das hier vorgestellte Werbecontrolling-Konzept erhebt nicht den An­ spruch, den „Stein der Weisen“ gefunden haben. Es ist aber grundsätzlich in jedem werbetreibenden Unternehmen einsetzbar. Da Werbecontrolling vor al­ lem auf der Systematisierung und kritischen Hinterfragung der Werbepro­ zesse im Unternehmen und bei den Werbedienstleistern beruht, ist es vor al­ lem auch für kleine und mittelständische Unternehmen einsetzbar, die die ein­ zelnen Bestandteile der Werbekonzeption vielfach vollständig oder zu großen Teilen extern erstellen lassen. Anregungen zur Verbesserung und konstruktive Kritik nimmt der Verfasser gerne entgegen.

Ingomar Kloss

www.ingomar-kloss.de

Inhaltsverzeichnis Vorwort............................................................................................................. VII 1 Werbung unter Controllingaspekten....................................................

1

1.1

Werbung und Controlling................................................................

1

1.2

Aktuelle Lage der Werbung in Deutschland.................................

2

1.3

Klassische Fehler der Werbetreibenden....................................... 1.3.1 Unklare Werbeziele............................................................... 1.3.2 Unklare Zielgruppendefinition............................................. 1.3.3 Falscher Werbeträgereinsatz............................................... 1.3.4 Unspezifische Copy Strategy............................................... 1.3.5 Kreativität als Selbstzweck................................................... 1.3.6 Fehleinschätzung des Interesses der Zielgruppe...............

6 6 7 8 8 11 12

1.4

Effizienz und Effektivität der Werbung..........................................

12

1.5

Werbeumfeld..................................................................................... 1.5.1 Mythos Werbung................................................................... 1.5.2 Kommunikative Bedingungen............................................. 1.5.3 Marktbedingungen.................................................................

15 15 16 19

1.6

Wirkungsmechanismen der Werbung............................................ 1.6.1 Werbewirkung........................................................................ 1.6.2 Der duale Wirkungsprozeß der Werbung........................... 1.6.3 Wirkungsmodelle................................................................... 1.6.3.1 Wirkungskette der Werbung.................................. 1.6.3.2 Black-Box der Werbewirkung................................ 1.6.3.3 Der „relevante Satz von Marken“...........................

22 23 25 27 27 28 31

1.7

Werbepsychologie............................................................................ 1.7.1 Wahrnehmung........................................................................ 1.7.1.1 Selektive Wahrnehmung......................................... 1.7.1.2 Kognitive Dissonanzen........................................... 1.7.1.3 Beiläufige Wahrnehmung....................................... 1.7.2 Lernen..................................................................................... 1.7.2.1 Determinanten des Lernerfolges........................... 1.7.2.2 Semantische Netzwerke........................................... 1.7.2.3 Lernen von Emotionen............................................. 1.7.3 Motivation...............................................................................

33 33 33 36 37 38 39 40 41 43

Inhaltsverzeichnis

X

inA Images.................................................................................... 1.7.4.1 Funktionen von Images......................................... 1.7.4.2 Komponenten von Images....................................

44 44 47

Positionierung................................................................................. 1.8.1 Konzept der Positionierung................................................ 1.8.2 Positionierungsansätze und-regeln..................................

49 50 52

2 Werbecontrolling-Konzept ..................................................................

57

2.1

Grundgedanken des Controlling.................................................... 2.1.1 Controlling als betriebliches Führungssystem................ 2.1.2 Operatives und strategisches Controlling.................... 2.1.3 Regelkreis des Controlling.................................

58 58 62 64

2.2

Grundkonzept des Werbecontrolling........................................... 2.2.1 Ziele des Marketingcontrolling............................ 2.2.2 Werbecontrolling als Subsystem des Marketing­ controlling ................................................................. 69 2.2.3 Werbecontrolling und Werbekonzeption.................... 2.2.4 Operatives und strategisches Werbecontrolling............... 2.2.4.1 Gegenstandsbereiche............................................. 2.2.4.2 Regelkreis des Werbecontrolling......................... 2.2.5 Besonderheiten des Werbecontrolling...................... 2.2.5.1 Qualitative Ausprägungen.................................... 2.2.5.2 Indirekte WerbeWirkung.......................................

66 67

1.8

2.3

72 74 74 75 78 78 79

Gegenstandsbereiche des Werbecontrolling................................ 80 2.3.1 Verteilung des Werbedrucks.............................. 81 2.3.1.1 Räumliche Verteilung: Werbegebiet.................. 81 2.3.1.2 Zeitliche Verteilung: Werbezeitraum.................. 84 2.3.2 Werbeetat.............................................. 86 2.3.3 Werbeziele............................................. 89 2.3.4 Zielgruppe.............................................. 92 2.3.4.1 Aktuelle und potentielle Zielgruppen.................. 92 2.3.4.2 Soziodemographische Zielgruppenbeschreibung 93 2.3.4.3 Psychographische Zielgruppenbeschreibung . . . 96 2.3.5 Werbeobjekt.................................................................. 100 2.3.6 Werbestrategie................................................................ 102 2.3.7 Copy Strategy................................................................ 105 2.3.8 Mediastrategie................................................................ 110 2.3.8.1 Aufgaben der Mediaagenturen....................... 110 2.3.8.2 Informationsquellen in der Mediaplanung......... 115

Inhaltsverzeichnis

XI

2.3.8.3 Werbeträgerkontakte und WerbemittelKontaktchancen ........................................

119

Implementierung des Werbecontrolling...................................... 2.4.1 Anforderungen an einen Werbecontroller......................... 2.4.2 Organisation des Werbecontrolling..................................

121 122 124

3 Instrumente des Werbecontrolling.......................................................

131

Instrumente und Kennzahlen des operativen Werbecontrolling. 3.1.1 Reichweiten und Kontakte................................................. 3.1.2 Tausenderpreise................................................................... 3.1.3 Affinitäten............................................................................ 3.1.4 Rangreihen............................................................................. 3.1.5 Modelling............................................................................ 3.1.6 Kennzahlen für den Werbedruck...................................... 3.1.7 Werbewirkungskontrolle................................................... 3.1.7.1 Gegenstandsbereiche der Werbewirkungs­ kontrolle .................................................... 3.1.7.2 Werbe Wirkungstests................................................ 3.1.7.3 Probleme der Werbe Wirkungsmessung..............

132 132 143 146 148 150 154 157

2.4

3.1

3.2

Instrumente des strategischen Werbecontrolling......................... 3.2.1 SWOT-Analyse................................................................... 3.2.2 Portfolio-Analyse................................................................. 3.2.3 Positionierungsanalyse........................................................ 3.2.4 Copy Analyse........................................................................ 3.2.5 Werbe-Benchmarking........................................................ 3.2.6 Semantisches Differential.................................................... 3.2.7 Target Costing...................................................................... 3.2.8 Balanced Scorecard............................................................. 3.2.8.1 Das Grundkonzept der Balanced Scorecard .... 3.2.8.2 Der Einsatz der Balanced Scorecard in der Werbung...................................................... 3.2.8.3 Beispiel-Balanced Scorecard für den Werbebereich...............................

4 Fallbeispiele............................................................................................... 4.1

158 160 164 168 169 173 179 183 190 195 197 199 199

202 208 213

Kommunikation und Medialeistungen messen und bewerten Werbecontrolling als Erfolgsfaktor bei Boehringer Ingelheim. . 213 4.1.1 Was bestimmt den Erfolg eines Produktes? Zur Bedeutung und Definition des Werbecontrollings.............................. 213

XII

Inhaltsverzeichnis 4.1.2 Verfahren zur Entwicklung und Prüfung von Strategien. 4.1.3 Meß-und Bewertungsmethoden....................................... 4.1.3.1 Brand Performance System.................................. 4.1.3.2 Brand Profile Assessment.................................... 4.1.3.3 Positioning Testing................................................ 4.1.3.4 Pre-Test System.................................................... 4.1.3.5 Media Research System....................................... 4.1.3.6 Post-TestSystem.................................................... 4.1.4 Wie sind Meß- und Bewertungsverfahren des Werbecontrollings im Unternehmen organisiert?...

215 216 216 218 219 220 221 227

4.2 Instrumente des Werbecontrolling bei Kellogg Deutschland. . . 4.2.1 Werbewirkung, Werbecontrolling und die Rolle des Marktforschers................................................. 232 4.2.2 Der Prozeß der Werbeentwicklung .................................... 4.2.2.1 Der Copy Development Process......................... 4.2.2.2 Die Pre-Test Phase................................................ 4.2.2.3 Der Post-Test.........................................................

232

Literaturverzeichnis......................................................................................

250

Sachverzeichnis.............................................................................................

257

228

234 236 237 242

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 -1: Werbeinvestitionen in Deutschland................................ Abbildung 1-2: Langfristige Entwicklung der Werbeausgaben in Deutschland.................................. 3 Abbildung 1-3: Beeinflussungsfaktoren ökonomischer Größen........... Abbildung 1 -4: Effizienz- und Effektivitätsaspekte des Werbe Controlling......................................... 15 Abbildung 1-5: Die Kraft der Bilder........................................................... Abbildung 1-6: Differenzierungsmöglichkeiten....................................... Abbildung 1-7: Der duale Prozeß der Zielerreichung der Werbung .. . Abbildung 1-8: Einfaches Kommunikationsmodell................................ Abbildung 1-9: Wirkungskette der Werbung........................................... Abbildung 1 -10: Black-Box-Modell des Käuferverhaltens....................... Abbildung 1-11: Das Stimulus-Organismus-Response-Modell 1........... Abbildung 1-12: Das Stimulus-Organismus-Response-Modell 2........... Abbildung 1 -13: Wahrnehmung und Erwartungshaltung......................... Abbildung 1 -14: Wahrnehmung und Produktumfeld................................ Abbildung 1-15: Kognitive Dissonanzen in der Werbung......................... Abbildung 1-16: Determinanten des Lernerfolges.................................... Abbildung 1 -17: Semantische Netzwerke.................................................. Abbildung 1-18: Beispiel emotionaler Beeinflussung.............................. Abbildung 1-19: Die Maslowsche Bedürfnispyramide.............................. Abbildung 1 -20: Funktionen von Images im Kaufentscheidungsprozeß. Abbildung 1 - 21: Relevanz von Markenimages nach Branchen................ Abbildung 1 -22: Imageträchtige Markenlogos........................................... Abbildung 1-23: Komponenten des Markenimage.................................... Abbildung 1 -24: Die 20 wertvollsten Marken der Welt........................... Abbildung 1-25: Positionierungsbeispiel.................................................... Abbildung 1 -26: Dimensionen eines Produktes......................................... Abbildung 1 -27: Differenzierungsansätze der Positionierung.................. Abbildung 1 -28: Positionierungsansätze im Benzinmarkt....................... Abbildung 2 -1: Entwicklung des Controlling........................................... Abbildung 2-2: Controlling-Konzept und seine Interpretationen......... Abbildung 2-3: Zeithorizont des strategischen und operativen Controlling......................................... 62 Abbildung 2-4: Strategisches und operatives Controlling....................... Abbildung 2-5: Der Controlling-Regelkreis............................................. Abbildung 2-6: Operatives und strategisches Controlling im Regelkreis..................................... 65 Abbildung 2-7: Zielgrößen des Markencontrolling.................................. Abbildung 2-8: Werbecontrolling als Controlling-Subsystem..............

3

7

18 21 26 27 28 29 30 30 35 35 37 39 41 42 43 45 46 47 48 49 51 52 53 55

59 61

63 64

68 70

Inhaltsverzeichnis

XIV Abbildung 2-9: Abbildung 2-10: Abbildung 2-11: Abbildung 2-12: Abbildung 2-13: Abbildung 2-14:

Abbildung 2-15: Abbildung 2-16: Abbildung 2-17: Abbildung 2-18: Abbildung 2-19: Abbildung 2-20: Abbildung 2-21: Abbildung 2-22: Abbildung 2-23: Abbildung 2-24: Abbildung 2-25: Abbildung 2-26: Abbildung 2-27: Abbildung 2-28: Abbildung 2-29: Abbildung 2-30: Abbildung 2-31: Abbildung 2-32: Abbildung 2-33: Abbildung 3 -1: Abbildung 3-2: Abbildung 3-3: Abbildung 3-4: Abbildung 3 -5: Abbildung 3-6:

Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

3-7: 3 - 8: 3-9: 3-10: 3-11:

Dimensionen einer Werbecontrolling-Konzeption .. 70 Gegenstandsbereiche der Werbekonzeption.............. 72 Werbecontrolling-Prozeß............................................. 73 Operatives und strategisches Werbecontrolling......... 74 Regelkreis des Werbecontrolling: Grundstruktur ... 76 Regelkreis des Werbecontrolling: Anwendungs­ beispiel............................................. 77 Möglichkeiten der räumlichenWerbestreuung ........... 82 Teaser-Werbung............................................................. 83 Möglichkeiten der zeitlichen Verteilung des Werbedrucks....................... 85 Erinnereranteil bei unterschiedlicher Wiederholungsdichte................ 86 Zielorientierte Werbeetatplanung............................ 88 Verteilungsdimensionen des Werbebudgets................ 89 Zielsystem der Werbung............................................ 90 ACNielsen-Gebiete................................................... 95 Zwei völlig unterschiedliche Typen....................... 96 Die Sinus-Milieus in Gesamtdeutschland 2001 ......... 99 Entscheidungen über das Werbeobjekt................... 101 Konzeptionspyramide der Werbung....................... 103 Entscheidungen im Rahmen der Werbestrategie .... 104 Umsetzungsmöglichkeiten einer Copy Strategy .... 107 Mediaagenturen als Mittler zwischen Werbetreibenden und Werbeträgern....................... 111 Planungsablauf in einer Mediaagentur................... 111 Kommunikations- und Mediazielgruppe................ 112 Organisationsmöglichkeiten des Werbecontrolling. . 127 Organisatorische Einbindung des Werbecontrolling . 128 Instrumente und Kennzahlen des Werbecontrolling . 131 Der Kontaktkorridor.................................................. 136 Zielkonflikt zwischen Werbedruck und Werbeetat . . 137 Externe Überschneidung 1....................................... 138 Externe Überschneidung 2....................................... 139 Überschneidungsmodell der kumulierten Leserschaft eines Mediums............................ 140 Fluktuation von Leserschaften................................. 141 Interne Überschneidungen und Durchschnittskontakte 141 Werbeträgerauswahl nach Affinitäten..................... 147 Awareness: Baselevel und Maximum..................... 151 Awareness-Entwicklung in Abhängigkeit vom Werbedruck........................ 151

Inhaltsverzeichnis

XV

Abbildung 3 -12: Modelling: Ausgangssituation....................................... 152 Abbildung 3-13: Modelling: Modellabbildung......................................... 153 Abbildung 3-14: Modelling: Modellprognose......................................... 153 Abbildung 3-15: Werbedruck auf Zielpersonen....................................... 155 Abbildung 3-16: Share of Mind.................................................................. 156 Abbildung 3 -17: Wirkungsebenen............................................................. 158 Abbildung 3-18: Werbewirkungsfunktion................................................ 160 Abbildung 3-19: Werbewirkungstests...................................................... 161 Abbildung 3-20: Beeinflussungsfaktoren der Kaufentscheidung......... 164 Abbildung 3-21: Verzahnung von Umwelt- und Untemehmensanalysen als Ausgangspunkt der Marketing-Konzeption......... 169 Abbildung 3-22: Ziel-strategische Ansatzpunkte der Planung.............. 170 Abbildung 3-23: Beispiel einer vernetzten SWOT-Analyse.................. 172 Abbildung 3-24: Grundschema des McKinsey-Portfolios....................... 174 Abbildung 3 -25: Beispiel-Portfolio........................................................... 178 Abbildung 3-26: Grundmodell der Positionierungsanalyse.............. 180 Abbildung 3 - 27: Positionierungsmodell für den Biermarkt............ 181 Abbildung 3-28: Analyse-Beispiel 1: American Express................ 185 Abbildung 3-29: Analyse-Beispiel 2: Jägermeister............................ 187 Abbildung 3 - 30: Analyse-Beispiel 3: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 188 Abbildung 3-31: Kemgedanke des Benchmarking............................ 192 Abbildung 3-32: Ablauf des Werbe-Benchmarking......................... 193 Abbildung 3-33: Vergleichsobjekte im Benchmarking..................... 194 Abbildung 3-34: Beispiel für ein semantisches Differential............ 197 Abbildung 3-35: Grundprinzip des Target Costing............................ 198 Abbildung 3-36: Anwendungsmöglichkeit des Target Costing im W erbecontrolling................ 199 Abbildung 3-37: Die Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton..... 200 Abbildung 3-38: Die Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen..................... 201 Abbildung 3-39: System von Balanced Scorecards im Unternehmen . . 203 Abbildung 3-40: Kausalzusammenhänge innerhalb der Balanced Scorecard......................................... 211 Abbildung 4-1: Abbildung 4-2: Abbildung 4-3: Abbildung 4-4: Abbildung 4 - 5: Abbildung 4-6: Abbildung 4-7: Abbildung 4-8: Abbildung 4-9:

Strategie-Hierarchie...................................................... Ganzheitliches Marketing-Kommunikations-Modell. Meß-und Bewertungsmethoden.................................. Brand Performance System, Beispiel1........................ Brand Performance System, Beispiel2....................... Brand Profile Assessment 1........................................... Brand Profile Assessment 2........................................... Pre-Test System (monadic), Beispiel........................... Beispiel Media Research: GRP and Brutto-Investment

214 214 215 217 217 218 219 220 224

XVI

Abbildung 4-10: Abbildung 4-11: Abbildung 4-12: Abbildung 4-13: Abbildung 4-14: Abbildung 4-15: Abbildung 4-16: Abbildung 4-17: Abbildung 4-18: Abbildung 4-19: Abbildung 4-20: Abbildung 4-21: Abbildung 4-22: Abbildung 4-23: Abbildung 4-24:

Inhaltsverzeichnis Beispiel Media Research: Day-Time Mix.................. Beispiel Media Research: Station Mix....................... Beispiel für Post-Test System....................................... Beispiel Brand Performance System........................... Ablauforganisation ......................................................... Zielhierarchie im Unternehmen.................................. Effektivität vs. Effizienz................................................ Aufgaben Verteilung im Unternehmen......................... Prozeß der Werbeentwicklung.................................... Millward-Brown Link-Test........................................... Werbetracking................................................................ Recognitiontest 1........................................................... Recognitiontest 2........................................................... Imagemessung................................................................ Messung der Abverkäufe.............................................

225 226 227 228 229 230 231 231 235 240 244 245 246 246 248

Inhaltsverzeichnis

XVII

T abeilenVerzeichnis Tabelle 2-1: Tabelle 2-2: Tabelle 2-3:

Regionale Steuerbarkeit von Werbeträgern.................... Die 20 größten Mediaagenturen in Deutschland 2002 . . Werbeträger in Deutschland............................................

82 113 115

Externe und interne Überschneidungen.......................... TKP-Vergleich unterschiedlicher Werbeinseln............. Der Einfluß der Zielgruppe auf die Wirtschaftlichkeit. . TKP der deutschen Fernsehsender................................... Rangreihe............................................................................ Share of Mind: Berechnungsbeispiel............................... Kriterien zur Beurteilung von Marktattraktivität und relativer Wettbewerbsstärke.................. 175 Tabelle 3-8: Bestimmung der Marktattraktivität................................. Tabelle 3-9: Bestimmung der relativen Wettbewerbsstärke............... Tabelle 3-10: Positionierungsansätze nach der Maslowschen Bedürfnishierarchie im Biermarkt......... 182 Tabelle 3-11: Beispiel-Balanced Scorecard für den Werbebereich ...

142 145 145 146 149 157

Tabelle 3 -1: Tabelle 3-2: Tabelle 3-3: Tabelle 3-4: Tabelle 3-5: Tabelle 3-6: Tabeile 3-7:

176 177

210

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis AG.MA AWA BRW DAR FMCG GEZ GfK GRP IVW LpA LpE LpS LpwS MA NRW OTH OTS PIN POS SGE SOA SOM SOV TAP TdW THP TKP TLP TNP TSP TZP UAP USP VA WLK WSK ZAW

Arbeitsgemeinschaft Media Analyse Allensbacher Werbeträger-Analyse Bruttoreichweite Day After Recall fast moving consumer goods Gebühreneinzugszentrale Gesellschaft für Konsumforschung, Nürnberg Gross Rating Point Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern Leser pro Ausgabe Leser pro Exemplar Leser pro Seite Leser pro werbungführender Seite Media Analyse Nettoreichweite opportunity to hear opportunity to see personenindividuelle Nutzungsdaten Point of Sales Strategische Geschäftseinheit Share of Advertising Share of Mind Share of Voice Tausender-Auflagen-Preis Typologie der Wünsche T ausend-Hörer-Prei s Tausend-Kontakt-Preis Tausend-Leser-Preis Tausend-Nutzer-Preis Tausend-Seher-Preis Tausend-Zielpersonen-Preis unique advertising proposition unique selling proposition Verbraucher-Analyse weitester Leserkreis weitester Seherkreis Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft

1

Werbung unter Controllingaspekten

Werbung wird vor allem unter Marketingaspekten betrachtet, unter Kommu­ nikationsaspekten, unter dem Aspekt der Kreativität, unter dem Aspekt der Wirkung. Werbung wird nur sehr zögerlich unter Controllingaspekten be­ trachtet, obwohl es vom Wirkungsaspekt nur ein kleiner Schritt dorthin ist. Denn Wirkung muß immer zielorientiert sein, somit ist eine Überprüfung des Zielerreichungsgrades der Werbung auch naheliegend. Dieses erste Kapitel soll in vertretbarer Kürze Grundlagen der Werbung vermitteln, wobei die Perspektive des Controlling eingenommen wird. Ziel ist es, die Notwendigkeit zur Institutionalisierung eines Werbecontrolling im Un­ ternehmen zu begründen und die dafür erforderliche Grundeinstellung gegen­ über der Werbung aufzuzeigen. Beides ist gleichermaßen wichtig: Nur wenn im Management realistische Vorstellungen darüber vorhanden sind, in wel­ chem Umfeld Werbung heute erfolgt, wie Werbung wirkt und was sie bewir­ ken kann, ist ein Werbecontrolling sinnvoll zu etablieren.

1.1

Werbung und Controlling

Auf den ersten Blick läßt sich kaum etwas Unvereinbareres vorstellen als aus­ gerechnet eine Kombination von Werbung und Controlling. Die Fremdbilder dieser beiden betriebswirtschaftlichen Teilbereiche verdeutlichen die Vorur­ teile, die vielfach nach wie vor bestehen. Werbeleute gelten als „Theoretiker, die ohne operative Kenntnis vom Elfenbeinturm aus agieren“, als „Bademei­ ster ohne Wasserberührung“, „Cashburner, die Millionenbeträge in die Kom­ munikation stecken und sich von ihren Agenturen pampern lassen“, Mitarbei­ ter der „Partyabteilung“, „Nebelwerfer, die nicht meßbar sind und dies auch nicht sein wollen“, „Pappenträger und Broschüren-Entwickler“ (vgl. Schütz 2002, S. 40). Controller auf der anderen Seite werden als „Kreativitätsverhin­ derer“, „Bremser“, „Erbsenzähler“, „Kontrolleure“, „Sicherheitsbeauftragte“, „Zahlenfetischisten, -Zauberer und Jongleure“ bezeichnet (vgl. Czenskowsky/ Schünemann/Zdrowomyslaw 2002, S. 17). Wie ist also eine Kombination dieser so offensichtlich gegensätzlichen be­ trieblichen Funktionen vorstellbar? Bei allen Unterschieden, beide Bereiche haben auch Gemeinsamkeiten, die ihre Kombination nicht nur als sinnvoll, sondern als unabdingbar erscheinen lassen. Diese Gemeinsamkeiten liegen in der Zielsetzung, der sich beide Bereiche unterordnen. Werbung ist schließlich kein Selbstzweck, sondern vor allem als betriebswirtschaftliches Instrument anzusehen, mit dem die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sicherge­ stellt werden soll. Auch das Controlling zielt auf die Überlebensfähigkeit des Unternehmens. Damit ziehen beide Bereiche nicht nur am gleichen Strang, sondern auch in die gleiche Richtung.

2

Werbung unter Controllingaspekten

In der betrieblichen Realität ist eine isolierte Betrachtung von Werbung und Controlling nicht mehr möglich. Funktionsspezifische Sichtweisen oder gar ein Bereichsegoismus sind angesichts einer sich stetig verschärfenden Wettbewerbssituation untemehmensschädlich. Es geht heute vielmehr darum, die Synergie- und Ergänzungspotentiale aller Funktionsbereiche zur Verwirk­ lichung der Unternehmensziele zu nutzen. Die beiden Bereiche, in denen dies vielfach noch nicht in befriedigender Weise gelungen ist, sind verstärkt in ei­ nem Werbecontrolling zusammenzubringen. Auch in der Werbeabteilung hat jeder Mitarbeiter ein hohes Interesse daran, zu wissen, wie die eingeleiteten Maßnahmen wirken, Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und entspre­ chend gegensteuern zu können. Dem Controlling sind naturgemäß alle Maß­ nahmen recht, die die Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit des Unter­ nehmens stärken, auch und insbesondere, wenn sie aus der Werbung kom­ men. Dem Werbecontrolling kommt die Aufgabe zu, die tendenziell eher introver­ tierte Sichtweise des Controlling mit der eher extrovertierten Sichtweise der Werbung zu einem Gesamtdenken zu kombinieren und weiterzuentwickeln (vgl. Auerbach 1994, S. 13). Aus dem Zusammenwirken dieser in der Tat sehr gegensätzlichen Bereiche sind konstruktive Beiträge für das Management zu erwarten.

1.2

Aktuelle Lage der Werbung in Deutschland

Das neue Jahrtausend begann erwartungsgemäß mit einem neuen Rekord bei den Werbeausgaben, die sich auch bereits in den Jahren zuvor von einem Re­ kord zum anderen bewegten. Zugegebenermaßen war das Jahr 2000 in bezug auf die Werbeausgaben von einigen Sondereffekten geprägt. Zusätzliche Werbeimpulse resultierten aus der allgemeinen Börsenbegeisterung, großen Untemehmenszusammenschlüssen und dem Wettbewerb zwischen den Telekommunikationsanbietem. Sie führten gegenüber dem Vorjahr zu einer Stei­ gerung des Werbevolumens um annähernd 6% auf 33,2 Milliarden Euro, wo­ von 23,4 Milliarden Euro reines Streuvolumen waren. Mit dem Jahr 2001 begann möglicherweise aber eine neue Zeitrechnung auch in der Werbung, das Werbevolumen fiel zurück auf das Niveau von 1999. Als Gründe dafür listet der Zentralverband der deutschen Werbewirt­ schaft (ZAW) auf: Flurbereinigung bei der New Economy, Absturz der Bör­ senkurse, Einbruch bei den Stellenangeboten und Pkw-Anzeigen, Stim­ mungsabfall nach den Anschlägen des 11. September in New York sowie aus­ bleibende Sonderimpulse (vgl. 2002, S. 10). Damit verzeichneten die Werbeausgaben in Deutschland erstmals seit 1970 eine negative Entwicklung (vgl. Abbildung 1 -2). Dieser Trend hielt allerdings auch im Jahr 2002 an, in

Werbung unter Controllingaspekten

3

dem die Werbeausgaben sogar noch unter das Niveau von 1998 sanken. Erst­ mals seit Jahrzehnten rutschte damit der Anteil der Werbeinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt auf 1,4%.

2000

Abbildung 1-1: Werbeinvestitionen in Deutschland Quelle: ZAW Jahrbücher

Abbildung 1—2: Langfristige Entwicklung der Werbeausgaben in Deutschland Quelle: Nickel, V.: ZAW 1949-1999, Bonn 1999; ZAW Jahrbücher

4

Werbung unter Controllingaspekten

Waren die meisten konjunkturellen Krisen in Deutschland durch ein antizyk­ lisches Werbe verhalten gekennzeichnet, scheint dies in der gegenwärtigen Krise nicht mehr der Fall zu sein. Vielleicht liegt die eigentliche Krise ja auch tiefer, und es hat bei den Werbetreibenden eine Neubewertung der Werbung stattgefunden. Vielleicht hat ja der Glaube, Werbung könne alle Absatz- und Umsatzprobleme lösen, einen - wenn auch wahrscheinlich nur kurzfristigen Einbruch erlitten. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist bei vielen Werbetreibenden eine kritischere Einstellung zur Werbung festzustellen. In konjunkturellen Krisen ist es eine naheliegende Reaktion, den Werbeetat zu überprüfen.

Diese Überprüfung kann grundsätzlich auf zwei Ebenen erfolgen: • Unter Effizienzaspekten wird die Wirtschaftlichkeit der Werbung, • unter Effektivitätsaspekten die Wirksamkeit der Werbung hinterfragt.

Diesen Betrachtungsweisen liegen grundsätzlich unterschiedliche Dimensio­ nen zugrunde, die im folgenden näher zu untersuchen sind (vgl. Kapitel 1.4). Die Effizienz der Werbung zu steigern ist verhältnismäßig einfach. Ausge­ sprochen problematisch ist es hingegen, Steigerungen auf der Werbewir­ kungsebene zu erzielen und zu messen. Für Fragen der Effizienz hat der Wer­ betreibende seine Mediaagentur, die auf den ökonomisch sinnvollen Einsatz der Werbeträger spezialisiert ist. Die Effektivität der Werbung kann der Wer­ betreibende jedoch vor allem nur intern durch Institutionalisierung von Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumenten steigern bzw. überprüfen. Grundvoraussetzung dafür ist die Einführung eines Werbecontrolling.

Während preispolitische Entscheidungen unmittelbar wirken, treten Werbe­ wirkungen meist nicht sofort ein, sondern i.d.R. mittel- bis langfristig. Preis­ politische Fehlentscheidungen können daher sehr kurzfristig korrigiert wer­ den. Korrekturen in der Werbung können hingegen sehr teuer werden, wenn Fehlentscheidungen zu spät erkannt werden und Produktion und Schaltung bereits erfolgt ist bzw. die Zielgruppe die Werbebotschaft nicht oder falsch verstanden hat. Werbecontroliing ermöglicht es, Fehlentscheidungen rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden, weil es bereits im Planungspro­ zeß steuernd eingreift.

Um es vorwegzunehmen: Werbecontrolling kann nicht notwendigerweise ei­ nen Werbeerfolg garantieren. Ohne Werbecontrolling bleibt der Werbeerfolg jedoch weitgehend dem Zufall überlassen, was angesichts der Höhe der Wer­ beinvestitionen keine ernsthafte Option sein kann.

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5

Das Wirkungspotential des Werbecontrolling liegt vor allem darin, daß der gesamte Prozeß von Konzeption, Realisation und Kontrolle der Werbung systematisiert wird und zusätzlich Positionierung und Marketingziele auf ihre Stimmigkeit mit den Un­ ternehmenszielen permanent überprüft werden.

Die Tatsache, daß sich das Werbecontrolling in der werbetreibenden Wirt­ schaft nur sehr zögerlich durchsetzt, resultiert aus einer Vielzahl sehr unter­ schiedlicher Gründe: • Konzeptionell befindet sich das Werbecontrolling immer noch in einer An­ fangsphase. Weder Wissenschaft noch Praxis haben bisher ein umfassendes Konzept des Werbecontrolling entwickelt. • Ein anderer Grund ist in der immanenten Problematik des Werbecontrol­ ling selbst zu suchen, die das Werbecontrolling vom klassischen Control­ ling unterscheidet: Während letzteres im wesentlichen auf quantifizierba­ ren Größen basiert, liegt es in der Natur der Werbung, daß sie sich einer Quantifizierung weitgehend entzieht. • Ein weiterer Grund ist auch darin zu sehen, daß Werbung vielfach vollstän­ dig außerhalb des Unternehmens geplant und realisiert wird. Für Werbung hat ein Unternehmen i.d.R. „seine“ Werbeagentur, die letztlich auch für Er­ folg oder Mißerfolg der Werbung verantwortlich gemacht werden kann. • Bei Werbung wird vielfach - wenngleich zunehmend seltener - der kreati­ ve Aspekt in den Vordergrund gestellt, verbunden mit der Fehleinschät­ zung, daß Kreativität mit rationaler Planung unvereinbar sei. • Schließlich ist ein eklatantes Mißverhältnis zwischen der außerordentlichen Professionalität festzustellen, mit der Werbung in der Mehrzahl der Fälle in Deutschland betrieben wird und dem häufig anzutreffenden hohen Maß an Subjektivität in der Beurteilung des fertigen Werbemittels. Jeder Product­ manager oder Werbeleiter, der die Agenturentwürfe der nächsten Ebene präsentiert, weiß davon ein Lied zu singen. Mit der Einführung eines Werbecontrolling wird die Verantwortung für den strategischen und konzeptionellen Bereich der Werbung internalisiert und professionalisiert, was gleichzeitig auch subjektive Momente minimiert.

6

1.3

Werbung unter Controllingaspekten

Klassische Fehler der Werbetreibenden

Um die Notwendigkeit einer Institutionalisierung des Werbecontrolling nach­ vollziehbarer zu machen, soll an dieser Stelle zunächst aufgezeigt werden, welche Fehler mit dem Werbecontrolling vermieden werden können. Wer­ bung wird in Deutschland auf einem hohen Niveau betrieben, schließlich ver­ fügt die werbetreibende Wirtschaft über eine langjährige Erfahrung. Man­ gelnde Professionalität ist selten zu beobachten, aber falls doch, resultiert sie üblicherweise aus einer der folgenden Fehlerquellen (vgl. Kloss 2003, S. 245 ff.). „Handwerkliche“ Fehler sind hier ausdrücklich nicht berücksich­ tigt, vielmehr sind die im folgenden beschriebenen falschen Vorgehens weisen ausschließlich dem konzeptionellen Bereich zuzuordnen und im Rahmen ei­ nes strategischen Werbecontrolling vermeidbar.

1.3.1

Unklare Werbeziele

Werbecontrolling kann nur dann sinnvoll erfolgen, wenn operationale Werbe­ ziele festgelegt wurden. Das Motiv, in Werbung zu investieren, ist immer ein ökonomisches. Aber genau hierin liegt eine grundlegende Problematik des Wer­ becontrolling: Ökonomische Erfolge lassen sich der Werbung nicht unmittelbar zuordnen. Werbung ist eine kommunikative Größe, insofern kann Werbung un­ mittelbar auch nur kommunikative Größen beeinflussen (vgl. Kapitel 1.6.1). Werbung wirkt niemals für sich alleine. Sie ist immer in ein Geflecht von Wirkungsinterdependenzen eingebunden. Zu unterscheiden sind Faktoren, die der Werbetreibende selbst beeinflussen kann und solche, auf die er keinen Einfluß hat (vgl. Abbildung 1-3).

Seine ökonomischen Ziele kann der Werbetreibende unmittelbar nur über sein eigenes Marketing-Mix beeinflussen. Darin wirkt die Werbung interdepen­ dent mit den anderen Mix-Faktoren. Der größte Einfluß geht dabei von dem Produkt/der Leistung aus, aber auch der Preis und die Distribution beeinflus­ sen das Absatzergebnis. Bei der Erreichung seiner ökonomischen Ziele hängt der Werbetreibende aber u. a. auch von konjunkturellen Gegebenheiten ab, von Tarifabschlüssen, der Steuerbelastung der Abnehmer, Wechselkursen (und zwar unabhängig davon, ob er selbst exportiert, denn die Wechselkurse beeinflussen natürlich auch die Importpreise eventueller ausländischer Kon­ kurrenten), sowie dem Marketing-Mix seiner Wettbewerber.

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7

Abbildung 1-3: Beeinflussungsfaktoren ökonomischer Größen

Eine Umsatzsteigerung ist also nicht notwendigerweise auf die laufende Wer­ bekampagne zurückzuführen. Sie kann auch entstanden sein, weil der Preis verändert wurde, neue Distributionskanäle erschlossen werden konnten, das Produkt verbessert wurde, die Abnehmer optimistischer in die Zukunft blikken oder der Wettbewerber negativ in die Schlagzeilen geriet. Werbecontrolling muß sich also auf solche Größen beschränken, die von der Werbung unmittelbar beeinflußt werden können, also kommunikative Größen (vgl. Kapitel 1.6.1). Diese müssen präzise formuliert, schriftlich fi­ xiert und meßbar sein. Die werbliche Umsetzung erfolgt in Abhängigkeit von den festgelegten Werbezielen. Sie ist notwendigerweise eine andere, wenn Bekanntheit als Ziel vorgegeben wird, als wenn die Veränderung bestimmter Imagefacetten, Aktualität oder Informationen angestrebt werden. Sinnvollerweise sollte sich eine Werbekampagne auf ein Ziel konzentrieren. Zwar lassen sich Bekannt­ heit und Image problemlos miteinander kombinieren; häufig ist aber bei meh­ reren Zielen ein fauler Kompromiß das Ergebnis.

1.3.2

Unklare Zielgruppendefinition

Die Festlegung des Kreises derjenigen Personen, die durch die Werbung an­ gesprochen werden sollen, ist eines der komplexesten Probleme im Rahmen des Werbecontrolling (vgl. Kapitel 2.3.4). Folgende, sehr unterschiedliche, Problemkreise können sich ergeben:

• Grundsätzlich sollte jede Zielgruppendefinition zwei Kriterien erfüllen: 1. Die Zielgruppe sollte in sich homogen sein.

8

Werbung unter Controllingaspekten 2. Die Zielgruppendefinition sollte operational sein, d.h. die Zielgruppe

muß über Werbeträger möglichst streuverlustfrei erreichbar sein. Zielgruppen werden üblicherweise definiert über soziodemographische oder psychographische Kriterien. Soziodemographische Zielgruppenbe­ schreibungen haben den Vorteil, operational zu sein, aber den Nachteil, daß sie keine homogenen Gruppen abbilden. Werbeträger lassen sich über Merkmale wie Alter, Geschlecht, Beruf, Einkommen, Bildung u. dgl. hin­ reichend genau ansteuem. Ein gleichartiges Konsumverhalten ist bei so de­ finierten Gruppen allerdings nicht zu erwarten. Die umgekehrte Konstella­ tion ergibt sich bei psychographischen Definitionen. Personen mit ver­ gleichbaren Einstellungen, Motiven oder Lebensstilen sind auch in ihrem Konsumverhalten einigermaßen ähnlich. Probleme können sich aber im Auffinden adäquater Werbeträger ergeben. • Ein anders gearteter Problembereich ergibt sich aus der Frage, ob die Perso­ nen angesprochen werden sollen, die das Produkt tatsächlich kaufen oder diejenigen, von denen der Werbetreibende möchte, daß sie es kaufen. Also die Frage nach Ist- oder Wunschzielgruppe. Es kann durchaus sinnvoll sein, als Hersteller von hochpreisigen Produkten jüngere Personenkreise anzu­ sprechen, die noch nicht über die entsprechende Kaufkraft verfügen. Die aber dann, wenn sie ein hohes Einkommen haben, als Kunden gewonnen werden sollen. Dies läßt sich als eine Investition in die Zukunft betrachten, bei der es darum geht, entsprechende Statusambitionen zu wecken, den Wunsch, auch dazu zu gehören. Grundsätzlich gilt jedoch, daß Unternehmen den überwiegenden Teil ihres Umsatzes mit Stammkunden tätigen. Werden diese vernachlässigt, kann das zu Abwanderungen führen. Es ist sehr viel schwerer und teurer, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen bestehenden Kunden zu halten. Eine der Hauptfunktionen der Werbung ist darin zu sehen, die bestehenden Kun­ den in ihrem Kaufverhalten zu bestätigen. • Werbung kann nur dann zielgruppenadäquat konzipiert und umgesetzt wer­ den, wenn der Werbetreibende in der Lage ist, sich in seine Zielgruppe hin­ einzuversetzen. Bei spezifischen Zielgruppen ist dies außerordentlich schwer. Beispielsweise bei sehr jungen und sehr alten Zielgruppen oder bei Personen mit geringem oder sehr hohem Einkommen. Die meisten Perso­ nen, die mit Werbung befaßt sind, sind entweder nicht mehr in dem entspre­ chenden Alter bzw. der entsprechenden Einkommensgruppe oder noch nicht. Wenn der Werbetreibende nicht in der Lage ist, die Bedürfnislage seiner Zielgruppe genau nachvollziehen zu können, produziert er Streuver­ luste. Es ist offensichtlich, daß hieraus sehr hohe Anforderungen an den Werbecontroller resultieren.

Werbung unter Controllingaspekten

1.3.3

9

Falscher Werbeträgereinsatz

Die Planung des Werbeträgereinsatzes ist in Deutschland sehr ausgereift. Wenn dennoch Werbeträger belegt werden, die die Zielgruppe nicht erreichen oder unverhältnismäßig hohe Streuverluste erzielen, so ist dies i.d.R. eine be­ wußte Entscheidung des Werbetreibenden. Streuverluste kosten Geld und sind unwirtschaftlich. Es ist völlig sinnlos, Personen werblich anzusprechen, die das Produkt ohnehin nicht kaufen wür­ den. Es sei denn, ein zielgruppenspezifischer Werbeträgereinsatz wäre noch unwirtschaftlicher. Beispielsweise scheint es durchaus vertretbar zu sein, Da­ menhygiene über das Massenmedien Fernsehen zu bewerben. Zwar betragen die Streuverluste hier annähernd 50 Prozent, da Männer weder als Käufer, ge­ schweige denn als Verwender in Frage kommen. Eine Printkampagne mit der Belegung von Frauentiteln, hätte zwar deutlich geringere Streuverluste, wäre aber, um vergleichbare Reichweiten zu erzielen, dem Fernsehen wirtschaft­ lich unterlegen. Ganz abgesehen davon, daß Anzeigen spezifische Nachteile gegenüber Fernsehspots haben. Eine andere Dimension liegt allerdings vor, wenn eine rein regionale Bier­ marke auf nationalen Fernsehsendern beworben wird. Gänzlich unverständ­ lich ist es, wenn der Werbetreibende seine Anzeige lieber in einem renom­ mierten Titel sehen möchte, als in der Yellow Press, obwohl diese sehr viel zielgruppenaffiner wäre. Viele Werbetreibende meiden im Fernsehen bestimmte Umfelder, z.B. Erotikprogramme, aus Angst vor negativen Imagetransfers. In einem solchen „Schmuddelprogramm“ soll das Produkt nicht beworben werden. Dies ist als grundsätzliche Entscheidung natürlich zu respektieren, rational ist eine solche Haltung nicht unbedingt. Ist es doch als eher unwahrscheinlich anzusehen, daß die Zielpersonen, die im Erotikumfeld Werbung sehen, ähnliche Überle­ gungen anstellen. Wer die Sendung sieht, wird sich nicht fragen, ob dies ein adäquates Umfeld für die beworbenen Produkte ist.

1.3.4

Unspezifische Copy Strategy

Die Copy Strategy (vgl. ausführlich Kapitel 2.3.7) ist eines der wichtigsten In­ strumente im Rahmen des strategischen Werbecontrolling. Sie ist die Basis jeglicher kreativer Umsetzung, sowohl deren Richtschnur (als Briefing für die Werbeagentur) als auch deren Bewertungsmaßstab. Die Copy Strategy defi­ niert und begründet die werbliche Alleinstellung der beworbenen Marke ge­ genüber den Wettbewerbern und beinhaltet somit den Grund, warum ein Käu­ fer die Marke den Wettbewerbsmarken vorziehen soll. Es ist eine gute Übung, den Benefit als Superlativ zu formulieren (beispielsweise: Milka ist die beste Schokolade), weil sich dann die Stichhaltigkeit des Reason Why („... weil

10

Werbung unter Controllingaspekten

Milka die zarteste Versuchung ist, seit es Schokolade gibt“) am besten über­ prüfen läßt. Bei konsequenter kreativer Umsetzung ist es dann den Wettbe­ werbern nicht mehr möglich, mit der Zartheit ihrer Schokolade zu werben, weil diese Begründung der Alleinstellung bereits vergeben ist. Um als Instrument im Werbecontrolling nutzbar zu sein, muß eine Copy Strategy spezifisch sein, also eine Position beschreiben, die sich eindeutig von den Positionen der Wettbewerber unterscheidet. Dies ist nur dann mög­ lich, wenn vorher eine Analyse der werblichen Positionen der Wettbewerbs­ marken durchgeführt wurde. Dies geschieht mittels der Copy Analyse, bei der versucht wird, vom Werbemittel auf die zugrundeliegende Copy Strategy zu schließen (vgl. Kapitel 3.2.4). Die Analyse zeigt auf, welche Positionen im relevanten Markt unbesetzt sind. Benefit und Reason Why müssen eigenstän­ dig und für den Verbraucher in der Produktkategorie relevant sein. Es zeigt sich immer wieder, daß dies nicht in jedem Fall gegeben ist. Klare Differen­ zierungen finden sich beispielsweise bei Süßwaren, Bier und Automobilen, hingegen nicht bei Düften, Bekleidung und den meisten Dienstleistungen. Nicht immer basiert Werbung auf einer Copy Strategy. Dies ist häufig dann der Fall, wenn das Werbeziel „Aktualität“ heißt. Vielfach erfolgt hier Wer­ bung nach der Devise „Auffallen um jeden Preis“. Als Beispiele lassen sich die Jeanswerbung oder die Marke West im Zigarettenmarkt anführen. Aktua­ lität ist üblicherweise ein kurzfristiges Werbeziel das in der Tat nicht notwen­ digerweise auf Basis einer Copy Strategy verfolgt wird. Bei allen Werbezie­ len, die langfristig orientiert sind, ist jedoch eine Copy Strategy zugrunde zu legen.

Die Copy Strategy ist vom Werbetreibenden zu erstellen! Da sie die strate­ gischen Werbeziele reflektiert und nur der Werbetreibende selbst eine kon­ forme Einbettung in die Unternehmens- und Marketingstrategie vornehmen kann, darf sie nicht der Werbeagentur überlassen sein. Da die kreative Lei­ stung der Agentur an Hand der Copy Strategy beurteilt wird, wäre es nicht sinnvoll, ihr auch die Definition der Maßstäbe zu überlassen, an denen sie selbst gemessen wird. Im Sinne einer kooperativen Zusammenarbeit emp­ fiehlt es sich aber, die Agentur mit ihrem spezifischen Werbe-Know-how an der Entwicklung der Copy Strategy zu beteiligen.

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1.3.5

11

Kreativität als Selbstzweck

Es kann nicht oft genug betont werden, daß Werbung kein Selbstzweck ist. Da die Beurteilung von Werbung häufig auf sehr individuellen und subjekti­ ven Empfindungen beruht, ist ein verbindlicher Maßstab notwendig, der mit der Copy Strategy gegeben ist. Beurteilt wird üblicherweise die kreative Um­ setzung, die ja für jeden offensichtlich ist, und nicht die strategische Grundla­ ge, die vielfach eben nicht offensichtlich ist. Es ist ein sehr schwerwiegender Fehler, die Maßstäbe zur Beurteilung von Werbung aus der Cannes-Rolle, dem Art Directors Club oder sonstigen Kreativpreisen zu ziehen. Viele Wer­ betreibende möchten ihre Werbung natürlich gerne einmal von einer dieser Institutionen prämiiert sehen. Es kann allerdings nicht das primäre Ziel der Werbung sein, Kreativpreise zu gewinnen. Positionen im Marketing oder der Werbung können auch nicht nach den kreativen Fähigkeiten der Bewerber vergeben werden. Kreativität ist Sache der Agenturen. Im Marketing geht es um etwas viel Schwierigeres, nämlich um die Beurteilung von Kreativität im Hinblick auf ihre strategiekonforme Umsetzung.

Gute Werbung kann nicht notwendigerweise gleichgesetzt werden mit kreati­ ver Werbung. Werbung ist dann „gut“, wenn sie die Ziele der Werbetreiben­ den erreicht. Im Werbecontrolling kann Kreativität nicht der maßgebliche Beurteilungsmaßstab sein, dies ist die Copy Strategy. Werbung, die „in Schönheit stirbt“, kann nicht effektiv sein. Kreative Werbung ist nicht not­ wendigerweise „gute“ Werbung, aber „gute“ Werbung kann - und sollte! durchaus kreativ sein. Kreativität soll hier nicht diffamiert werden. Im Gegen­ teil, sie ist ohne Frage eine wesentliche Voraussetzung für den beabsichtigten Werbeerfolg. Kreative Werbung fällt auf und hebt sich aus der Masse heraus. Sie wird vom Zuschauer gerne gesehen. Richtig ist auch, daß der Verbraucher im Einzelfall durchaus von der Qualität der Werbung auf die Qualität der be­ worbenen Produkte schließt (nach dem Motto: „Wer gute Werbung macht, der macht auch gute Produkte“). Das soll hier nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr betont werden, daß Kreativität immer zielgerichtet und strategiekon­ form eingesetzt werden sollte. Unter den prämiierten Werbemitteln finden sich Beispiele, in denen die Kreativität so dominant ist, daß die beworbene Marke in den Hintergrund ver­ drängt wird und noch nicht einmal eine Erinnerungswirkung hinterläßt.

12

1.3.6

Werbung unter Controllingaspekten

Fehleinschätzung des Interesses der Zielgruppe

Jeder weiß, daß die eigenen Kinder die schönsten und klügsten sind. Diese Einschätzung ist auch in der Werbung zu beobachten. Die Realisierung eines Werbemittels erfolgt mit einem hohen Maß an Professionalität und Arbeits­ einsatz. Alle an der Umsetzung beteiligten Personen investieren viel Zeit und Engagement. Insofern ist es durchaus menschlich, wenn Werbe treibende un­ terstellen, daß der Zuschauer das eigene Kind (die eigene Werbung) mit dem gleichen Wohlwollen (der gleichen Aufmerksamkeit) betrachtet, wie sie selbst. Tatsächlich wird jedoch die meiste Werbung - wenn überhaupt - eher zufällig und mit geringer Aufmerksamkeit wahrgenommen. Zwar sollte der Werbetreibende über den gesamten Entwicklungsprozeß der Werbung stets das Interesse der Zielgruppe vor Augen haben. Er sollte sich jedoch nicht der Tatsache verschließen, daß er mit seiner Werbung auch einen weiteren Bei­ trag zur Werbeüberflutung leistet. Die Entwicklung der Werbung muß also unter dem Aspekt erfolgen, daß sie mit einer Vielzahl anderer Werbung um die Aufmerksamkeit der Zielgrup­ pe konkurriert. In diesem Wettbewerb kann Werbung nur dann bestehen, wenn sie es schafft, sich aus der Masse herauszuheben und die eigene Marke unmittelbar identifizieren läßt. Jedes Werbemittel sollte daher mit einem Identifikationsmerkmal ausgestattet sein, das dem Werbeträger angepaßt ist. Also in einem optischen oder akustischen Element bzw. bei der Fernsehwer­ bung in einer Kombination beider Elemente.

1.4

Effizienz und Effektivität der Werbung

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß Werbecontrolling unter zwei Aspekten erfolgen kann, denen grundsätzlich unterschiedliche Dimensionen zugrunde liegen: Werbung kann sowohl hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit als auch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit Gegenstand des Werbecontrolling sein. Für diese Betrachtungsweisen stehen die Begriffe Effizienz und Effekti­ vität. In den zurückliegenden Jahrzehnten erfolgte die Werbeerfolgskontrolle vor allem unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit. Erst zu Beginn der 90er Jahre wurde zunehmend auch der Wirkungsaspekt in die Betrachtung einbezogen. Ursache dafür war die Entwicklung auf dem deutschen Fernsehmarkt (vgl. zum Folgenden Kloss 2003, S. 24 f.). Die Überführung des deutschen Fernsehmarktes von einem öffentlichrechtlichen Monopol in einen Wettbewerbsmarkt führte seit 1984 (Sendebe­ ginn des ersten privaten Fernsehsenders, RTL) dazu, daß für viele Werbetrei­ bende Fernsehwerbung überhaupt erst möglich wurde. Gleichzeitig verteilten sich die Zuschauer nun auf eine größere Anzahl von Sendern.

Werbung unter Controllingaspekten

13

Dies hatte zwei Konsequenzen: 1. Der Wettbewerb um die Gunst der Zuschauer wurde intensiver durch eine höhere Zahl von Werbetreibenden und eine größere Anzahl von Werbe­ spots (zum Vergleich: 1984 nur ca. 25.000 Werbespots, 2001 ca. 2,5 Mil­ lionen). Die Sehdauer hingegen stieg nur unterproportional. Die Überflu­ tung der Zuschauer mit Fernsehwerbung führte zu Phänomenen wie „Zap­ ping“, die die Effizienz der Fernsehwerbung in Frage stellen. 2. Werbung wurde teurer: Um die gleichen Zuschauerreichweiten zu erzielen, mußten die Werbeetats überproportional erhöht und eine größere Zahl an Sendern gebucht werden. Dies erhöhte für die Werbetreibenden die Not­ wendigkeit des ökonomischeren Umgangs mit ihren Etats.

Die beiden Faktoren führten dazu, daß die Werbeplanung nicht mehr nur un­ ter Effizienzaspekten, sondern zunehmend unter Effektivitätsaspekten er­ folgte. D.h. neben die Betrachtung des Preis-Leistungsverhältnisses trat als weiteres Kriterium der Werbe Wirkungsaspekt. Die Begriffe Effizienz und Effektivität werden in der wissenschaftlichen Lite­ ratur nicht einheitlich verwendet. Im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften sind es vor allem die Organisations- und Managementtheorie, die diese Be­ griffe zum Erfahrungsgegenstand haben. Die begriffliche Trennung stammt aus dem amerikanischen Sprachraum, in dem die Unterscheidung von effec­ tiveness und efficiency vorgenommen wird, die auch Eingang in den deut­ schen Sprachraum gefunden hat.

In dieser Trennung wird unter Effektivität eine Maßgröße für die Zielerrei­ chung (output) verstanden und unter Effizienz eine Maßgröße für die Wirt­ schaftlichkeit (output/input-Relation) (vgl. Scholz 1992, Sp. 533 ff.). Sprach­ lich eingängiger wird Effizienz auch verstanden als „doing things right“ und Effektivität entsprechend als „doing the right things“ (vgl. Steinmann/ Schreyögg 1993, S. 53). Effizienz läßt sich also als quantitatives, ökonomi­ sches Maß der Wirtschaftlichkeit gegenüber Effektivität als qualitatives, au­ ßerökonomisches Maß für die Zielerreichung abgrenzen. Eine Werbekampagne ist dann effektiv, wenn die Mittel so eingesetzt wer­ den, daß tatsächlich eine bessere Kampagnenleistung nachvollzogen werden kann. Es geht damit nicht mehr allein darum, das Werbebudget effizient ein­ zusetzen, sondern so, daß gleichzeitig auch auf der Werbewirkungsebene ent­ sprechende positive Ergebnisse sichtbar werden. Effektivität ist allerdings ein „a priori unscharfes Konstrukt, • dessen Geltungsbereich zu bestimmen ist (Worin äußert sich Effektivität?), • für das Effektivitätsindikatoren abzuleiten und zu operationalisieren sind (Wie mißt man Effektivität?) und

14

Werbung unter Controllingaspekten

• für das Effektivitätsprädiktoren zu bestimmen und zuzuordnen sind (Wie entsteht Effektivität?)“ (Scholz 1992, Sp. 533 ff.). Die Werbe Wirkungsforschung ist derzeit nicht in der Lage, generelle Antwor­ ten auf diese Fragen zu geben. Diese Faktoren sind vielmehr für jeden konkre­ ten Einzelfall festzulegen. Angenommen ein Kaffeeanbieter stellt durch seine Marktforschung fest, daß die Imagekomponente „Kaffeekompetenz“ im Vergleich zu seinen Wettbe­ werbern deutliche Defizite aufweist. Er konzipiert eine neue Werbekampa­ gne mit dem Ziel, das Imagedefizit auszugleichen und mit dem Hauptwettbe­ werber gleichzuziehen. Dafür werden zwei alternative Werbjkampagnen ge­ testet, um herauszufinden, welche der beiden Kampagnen effektiver ist. In diesem Fall ist der Geltungsbereich der Effektivität die Imagekompo­ nente „Kaffeekompetenz“; die Kampagne ist effektiver, die das Ziel besser erreicht. Meßbare Effektivitätsindikatoren wären beispielsweise innerhalb eines semantischen Differentials eine Menge von Eigenschaftsaussagen, die polar gefaßt sind und semantisch abgestuft werden können. Es ist diejenige Kampagne effektiver, die die höheren Werte erreicht. Im Rahmen von Tie­ feninterviews kann schließlich versucht werden, die Faktoren in der kreati­ ven Umsetzung der Kampagnen zu isolieren, die die besseren Eigenschafts­ aussagen generierten, und die somit als Effektivitätsprädiktoren bestimmt werden können.

Effizienz und Effektivität entsprechen im Rahmen des Werbecontrolling des­ sen strategischer bzw. dessen operativer Ebene: Das operative Werbecontrol­ ling betrachtet Werbung unter Effizienz- und das strategische Werbecontrol­ ling unter Effektivitätsaspekten. Die Wirtschaftlichkeit der Werbung bezieht sich vor allem auf die Werbe­ trägerleistung im Hinblick auf deren Preiswürdigkeit. Im Rahmen des operati­ ven Werbecontrolling wird Effizienz üblicherweise durch Tausendkontakt­ preise (TKP), Reichweitenerhebungen (Media-Analyse, GfK-Meter) und Preislisten der Werbeträger ermittelt. Der Wirkungsaspekt der Werbung be­ zieht sich vor allem auf ihre Differenzierungsleistung, also darauf, inwieweit eine Kampagne der beworbenen Marke Eigenständigkeit und damit Wettbe­ werbsvorteile gegenüber den Konkurrenzmarken verschafft. Im Rahmen des strategischen Werbecontrolling wird die Effektivität über quantitative und qualitative Verfahren der Planung, Steuerung und Werbeerfolgskontrolle er­ hoben (vgl. Abbildung 1-4).

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Effizienz

Effektivität

Betrachtungsebene

Wirtschaftlichkeit

Wirksamkeit

Gegenstandsbereich

operatives Werbecontrolling

strategisches Werbecontrolling

Tausend­ kontaktpreis

Differenzierungs­ leistung

Reichweitenerhe­ bungen, Preislisten

quantitative und qualitative Werbe­ erfolgskontrolle

Indikator

Erhebungsmethode

15

Abbildung 1-4: Effizienz- und Effektivitätsaspekte des Werbecontrolling

1.5

Werbeumfeld

Werbung trifft auf ein Umfeld, das zunehmend schwierigere Bedingungen aufweist. Der Verbraucher hat ein überaus ambivalentes Verhältnis zur Wer­ bung, das gleichermaßen Faszination wie Belästigung beinhaltet. Von den kommunikativen Voraussetzungen hat es Werbung denkbar schwer, über­ haupt wahrgenommen zu werden. Gegen die Werbeüberflutung kämpft die Werbung vor allem mit noch mehr Werbung. Schließlich trifft Werbung auf gesättigte Märkte, auf denen für weitgehend identische und damit austausch­ bare Produkte und Leistungen geworben wird. Die Umfeldbedingungen der Werbung führen das Management in eine Zwickmühle: Auf der einen Seite gewinnt Werbung zu­ nehmende Bedeutung als strategischer Erfolgsfaktor im Wettbe­ werb, auf der anderen Seite wird es schwieriger, Effizienz und Effektivität der Werbung sicherzustellen.

1.5.1

Mythos Werbung

Nicht zuletzt durch Packards „Geheime Verführer“ (Packard 1957), hat Wer­ bung auch etwas Anrüchiges. Das äußert sich in Vorurteilen wie „Werbung verführt uns, Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen, mit Geld, das wir nicht haben“. Mit Werbung scheine grundsätzlich alles möglich zu sein, Werbung

16

Werbung unter Controllingaspekten

arbeite mit geheimen Methoden, die direkt das Unterbewußte ansprechen, so daß der Mensch ihr hilflos ausgeliefert sei. Auf der anderen Seite gibt es im­ mer wieder Werbespots, die gerne gesehen werden, die spontan Begeisterung auslösen, die zum Tagesgespräch werden. Der Verbraucher ist durchaus gerne bereit, sich Werbung anzusehen und dies nicht nur auf der Cannes-Rolle oder in den „Witzigsten Werbespots der Welt“. Der Gegenpol dazu liegt in einem hohen Belästigungsfaktor der Werbung. Es gibt praktisch keinen Bereich des täglichen Lebens, der nicht von Werbung durchdrungen ist, man kann sich ihr nicht mehr entziehen. Werbung unter­ bricht Spielfilme an der spannendsten Stelle, läßt den Briefkasten überquel­ len, verfolgt den Verbraucher mittlerweile selbst bis auf die Toilette. Folgen davon sind Werbeflucht und Werbemüdigkeit, die sich in Phänomenen wie Zapping und wear-out-Effekten äußern. Gegen die Werbevermeidung wurden neue Werbeformen wie Sponsoring oder Product Placement entwickelt, bei denen Werbung nicht mehr unmittelbar als solche erkennbar ist. Der Verbraucher verfügt über eine langjährige Erfahrung im Umgang mit Werbung und hat längst gelernt, sie nicht mehr wörtlich zu nehmen, wie sie ja in aller Regel auch nicht gemeint ist. Niemand glaubt, daß ein Schokoriegel tatsächlich Frühlingsgefühle bei einem Indianer auf dem Totenbett weckt oder daß ein Waschmittel weißer wäscht als ein anderes. Hier zeigt sich deut­ lich ein Erziehungseffekt der Werbung. Der Verbraucher hat gelernt, sich mit dem eigentlichen Bedeutungsgehalt einer Werbeaussage auseinanderzuset­ zen. Der Mythos Werbung ist allerdings nicht nur auf Seiten der Verbraucher anzutreffen, sondern - wenn auch in geringerer Ausprägung - auch auf Seiten der Werbetreibenden. Wenn ein Produkt sich nicht verkauft, wird häufig als erstes die Werbung dafür verantwortlich gemacht. Nicht immer liegt es aber tatsächlich an ihr, denn selbst die beste Werbung kann keine schlechten Pro­ dukte verkaufen. Das Produkt bzw. die Leistung wirkt immer stärker als die Werbung. Im Gegenteil: Je mehr für ein schlechtes Produkt geworben wird, desto eher wird die mangelnde Qualität offenbar. Werbung kann zwar viel be­ wirken, aber nur wenn die Grundvoraussetzung stimmt, nämlich wettbe­ werbsfähige Produkte und Leistungen, deren Wettbewerbsfähigkeit sich in ei­ nem Wettbewerbsvorteil beweisen läßt.

1.5.2

Kommunikative Bedingungen

Im Jahr 2001 wurden ca. 2,5 Millionen Werbespots im Fernsehen ausge­ strahlt, pro Kopf der deutschen Bevölkerung rund 275 € an Streuvolumen ausgegeben, jeder Bundesbürger mit etwa 3000 Werbebotschaften pro Tag konfrontiert. Dies verdeutlicht die kommunikativen Voraussetzungen, auf die Werbung trifft. Die große Herausforderung liegt heute darin, sich gegen kon­

Werbung unter Controllingaspekten

n

kurrierende Werbung durchzusetzen. Der Werbetreibende muß sich darüber im Klaren sein, daß seine Werbung nur eine geringe Chance hat, überhaupt wahrgenommen zu werden. Werbung konkurriert heute weniger um die finan­ ziellen Mittel der Verbraucher, als um deren Aufmerksamkeit. Werbung hat sich diesen kommunikativen Bedingungen angepaßt. Einer­ seits mit einer großen Wiederholungsdichte, andererseits durch spezielle kreative Umsetzungen. Werbung arbeitet heute vor allem mit Bildern, mit akustischen Bildern im Hörfunk und visuellen Bildern im Print und Fernse­ hen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, daß Bilder und Texte im menschli­ chen Gehirn unterschiedlich verarbeitet werden. „Um ein ganzes Bild mittle­ rer Komplexität so aufzunehmen, daß es später wiedererkannt werden kann, sind nur 1,5 bis 2,5 Sekunden erforderlich. In dieser Zeit können ca. zehn Wörter aufgenommen werden“ (Kroeber-Riel/Esch 2000, S. 145). Die Kraft der Bildkommunikation ist in Abbildung 1-5 an einigen Beispie­ len der „Print wirkt“-Kampagne des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverle­ ger demonstriert. In dieser Kampagne werden weder Produkte noch Marken­ logos, weder Texte noch Originalfotos gezeigt. Dennoch werden die Kampag­ nen erkannt und richtig zugeordnet. Möglich wird dies nur, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

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Print wirkt.

Abbildung 1-5: Die Kraft der Bilder Quelle: www.printwirkt.de (Marlboro, Lucky Strike, Mercedes, Sixt)

Werbung unter Controllingaspekten

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1. Der Markenauftritt muß eigenständig und einprägsam sein. 2. Die Kampagne muß konsequent und langfristig orientiert sein. Die Beispiele zeigen, daß Bilder Konditionierungen hervorrufen können. So wie dem Pawlowschen Hund das Wasser im Maul zusammenläuft, wenn er das Klingelzeichen hört, weil er erwartet, daß er nun etwas zu fressen be­ kommt, assoziiert auch der Betrachter bei den Motiven nicht nur die zugehöri­ gen Marken, sondern auch die entsprechenden Erlebniswelten. Im Bereich der Werbung wird hier von emotionaler Konditionierung ge­ sprochen: Durch gleichzeitige Darbietung einer Marke mit einem emotiona­ len Reiz erhält die Marke einen emotionalen Erlebnisgehalt. Dies ist eine au­ tomatische Reaktion, die unabhängig davon erfolgt, ob sich jemand für eine bestimmte Werbung interessiert oder nicht (vgl. Kroeber-Riel/Esch 2000, S. 154).

1.5.3

Marktbedingungen

Die zweite große Herausforderung, der sich Werbung gegenübersieht, resul­ tiert aus den Marktbedingungen. Fast alle Märkte sind heute gesättigt. Dies hat sehr weitreichende Folgen für den Wettbewerb. Während auf expandie­ renden Märkten Unternehmens- durch Marktwachstum erzielt werden kann, ist Wachstum auf gesättigten Märkten nur auf Kosten der Wettbewerber mög­ lich. Auf wachsenden Märkten kann ein Unternehmen trotz Marktanteilsver­ lust Umsatzwachstum erzielen, auf gesättigten Märkten ist Marktanteilsver­ lust gleichbedeutend mit Umsatzverlust. Der Wettbewerb ist auf gesättigten Märkten also viel intensiver und zielt auf Verdrängung bzw. auf die Verschie­ bung von Marktanteilen. Marketing auf gesättigten Märkten ist fundamental anders als Marketing auf ungesättigten Märkten. Es ist ein Kennzeichen gesättigter Märkte, daß die dort angebotenen Produkte und Leistungen sehr weitgehend identisch und da­ mit austauschbar sind. Auf solchen Märkten macht es daher keinen Sinn, in der Werbung die funktionalen Eigenschaften eines Produktes auszuloben, da diese Aussagen auch für das Konkurrenzprodukt zutreffen. Qualität wird auf gesättigten Märkten als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Die funktionalen Eigenschaften sind auch nicht der Grund, warum der Ver­ braucher ein Produkt kauft. Wenn es tatsächlich um die Funktion ginge, wel­ che ein Produkt erfüllt, wäre es - bei funktionaler Austauschbarkeit - grund­ sätzlich egal, welches Produkt der Verbraucher kauft. Alle Kaffees, Zigaret­ ten und Biere erfüllen grundsätzlich die gleiche Funktion. Aber ganz offensichtlich haben Verbraucher Präferenzen für bestimmte Marken, die sie häufiger kaufen als andere. Diese Präferenzen können somit nicht funktio­ nal begründet sein, sondern emotional. Der Verbraucher kauft die Marken, die in seiner subjektiven Einschätzung einen Vorteil, Nutzen oder Imagewert

20

Werbung unter Controllingaspekten

besitzen, die für ihn wichtig sind. Präferenzen sind also nicht notwendiger­ weise in einem konkreten Produktvorteil begründet, sondern können auch aus der Positionierung der Marke resultieren.

Bei der Entscheidung zwischen Alternativen entscheidet sich der Verbraucher für diejenige, die seine individuellen Bedürf­ nisse besser befriedigt, die seine Präferenzen besser trifft. Diese Präferenzen werden häufig von subjektiv und emotional emp­ fundenen Unterschieden gesteuert.

Die Situation auf gesättigten Märkten soll an Hand von zwei Beispielen erläu­ tert werden: Auf dem Marktplatz eines Frisches Frisches Ei Landei Dorfes haben drei Eierver­ käufer einen festen Stand­ Frisches Landei platz. Jeder von ihnen ver­ von freilebenden und glücklichen kauft die Eier zum Stück­ Hühnern preis von 15 Cent. Für die Drei ist die Welt in Ord­ nung, bis auf die Tatsache, daß jeder eigentlich gerne mehr Eier verkaufen möchte als die anderen. Eines Tages belegt einer der Eierverkäufer in der Volkshochschule einen Kursus über Marketing, und es dauert nicht lange, bis er an seinem Stand ein Schild anbringt: „Frische Eier, das Stück 16 Cent“. Die Reaktion der anderen Eierverkäufer bleibt nicht aus. Der Zweite verkauft am nächsten Tag „Frische Landeier, das Stück 17 Cent“, der Dritte reagiert mit „Frische Landeier von freilaufenden und glücklichen Hühnern, das Stück 18 Cent“ (vgl. Kloss 2003, S. 20)

Das Beispiel zeigt, wie Werbung auf gesättigten Märkten agieren muß: Es geht darum, das eigene Produkt so vom Wettbewerbsprodukt zu differenzie­ ren, daß es als eigenständige und präferierte Alternative gesehen werden kann. Auch das zweite Beispiel verdeutlicht die Notwendigkeit von Wettbewerbs­ vorteilen bei austauschbaren Produkten: „Wenn das Produkt schon keinen ob­ jektiven Vorteil gegenüber einem Konkurrenzprodukt hat, muß man ihm eben einen Vorteil beilegen“ (Kloss 2003, S. 22): Ein dem französischen Philosophen Buridan zugeschriebenes Gleichnis be­ schreibt einen Esel, der nach einem arbeitsreichen Tag hungrig in den heimi­ schen Hof zurückkehrt und zwischen zwei gleichen Heuhaufen stehenbleibt.

Werbung unter Controllingaspekten

21

Nach Buridan wird dieser Esel verhungern, weil er sich nicht für einen der Heuhaufen entscheiden kann. Stünde bei einem Heuhaufen jedoch ein Eimer Wasser, dann hätte dieser Heuhaufen gewissermaßen einen USP, und die Entscheidung würde dem Esel leicht fallen. Die Entscheidung wäre aber wahrscheinlich auch dann eindeutig, wenn einer der Heuhaufen im Schatten liegen und der andere von der Abendsonne beschienen würde. Der Heuhau­ fen bleibt objektiv genau der gleiche wie der benachbarte. Aber er erscheint dem Esel anders (vgl. Kloss 1986, S. 509 f.).

Eine der fundamentalen Aufgaben des Werbecontrolling ist es, zu überprüfen, ob die Werbung einen Wettbewerbs vorteil bein­ haltet, der die Frage beantwortet, warum der Verbraucher das beworbene Produkt kaufen und es allen Wettbewerbsprodukten vorziehen soll.

Wettbewerbsvorteile setzen voraus, daß es gelingt, das eigene Angebot von den Angeboten der Wettbewerber zu differenzieren. Es gibt zwei grundsätzli­ che Möglichkeiten zur Differenzierung und damit zu einer werblichen Allein­ stellung (vgl. Abbildung 1-6): Wettbewerbsvorteil

Differenzierung

unique selling proposition

unique advertising proposition

Abbildung 1-6: Differenzierungsmöglichkeiten

• Läßt sich die Alleinstellung im Produkt bzw. der Leistung selbst begrün­ den, handelt es sich um eine unique selling proposition (USP). Hier ist der Werbe treibende in der Lage, sein Produkt mit einem Superlativ zu belegen, den kein Wettbewerber für sich in Anspruch nehmen kann. • Kann das Produkt oder die Leistung keine derartige Einzigartigkeit rekla­ mieren, bleibt als einzige Möglichkeit die werbliche Alleinstellung. In die­

22

Werbung unter Controllingaspekten

sem Fall handelt es sich um eine unique advertising proposition (UAP), also eine Differenzierung, die auf einem Wettbewerbs vorteil beruht, die die Werbung dem Produkt bzw. der Leistung beilegt. Auf gesättigten Märkten sind USP eher die Ausnahme. Als Beispiele lassen sich anführen Persil Megaperls, als einziges Waschmittel mit dieser Beschaf­ fenheit, Gillette Mach 3, als einziger Rasierer mit 3 Klingen oder Kinder Schokolade, als einzige Schokolade mit der Extra-Portion Milch. Derartige Alleinstellungen machen nur dann Sinn, wenn sie 1. beweisbar und 2 . von Dauer sind, der Wettbewerber also nicht ohne weiteres in der Lage ist, diesen Vorteil zu kopieren.

Der Regelfall der Differenzierung auf gesättigten Märkten ist die Alleinstel­ lung über einen UAP. Hierin kommt auch die herausragende Bedeutung der Werbung für den Wettbewerb zum Ausdruck: Auf gesättigten Märkten ist es vor allem die Werbung, die Wettbewerbsvorteile kreieren kann. Beispiele da­ für sind zahllos: Prominent sind das Verwöhnaroma, der Geschmack von Freiheit und Abenteuer, die wahrscheinlich längste Praline der Welt, die zar­ teste Versuchung seit es Schokolade gibt. Um es nochmals zu verdeutlichen: Das Verwöhnaroma ist eine reine Marketingleistung. Nur dadurch unterschei­ det sich dieser Kaffee von Wettbewerbern. Die Funktion, die Werbung unter einem langfristigen strategischen Aspekt auf gesättigten Märkten einnimmt, läßt sich als „strategischer Imperativ“ for­ mulieren:

Strategischer Imperativ der Werbung: Werbung muß den Unterschied zum Wettbewerb aufzeigen! Für das Werbecontrolling leitet sich daraus die Frage ab: Diffe­ renziert die Werbung hinreichend genug?

1 .6

Wirkungsmechanismen der Werbung

Dieses Buch soll kein Lehrbuch über Werbung sein. Da jedoch die Kenntnis über die Wirkungsmechanismen der Werbung unabdingbare Voraussetzung für die Etablierung eines Werbecontrolling ist, soll an dieser Stelle lediglich in vertretbarer Kürze eine Zusammenfassung gegeben werden. Zur Vertie­ fung wird auf entsprechende Standardwerke verwiesen (z.B. Bruhn 1997, Kloss 2003, Pepels 2001, Kroeber-Riel/Weinberg 2003).

Werbung unter Controllingaspekten

1.6.1

23

W erbewirkung

Werbung ist grundsätzlich und immer auf Wirkung ausgerichtet. Jeder Wer­ bemaßnahme liegt die Annahme zugrunde, daß sich mit ihr das Kaufverhalten der Zielgruppe beeinflussen läßt. Somit hat ein Werbetreibender, zumindest implizit, auch Vermutungen darüber, wie Kaufentscheidungsprozesse ablau­ fen. Er muß sich darüber im Klaren sein, welche Wirkung er mit seiner Wer­ bung erreichen will. Das letztliche Ziel der Werbung ist natürlich ein ökono­ misches: Mit Werbung wird versucht Marktanteile, Umsatz, Absatz, Kauffre­ quenz usw. zu steigern. Diese Ziele kann Werbung in aller Regel allerdings nicht direkt, sondern nur auf indirektem Wege erreichen. In einer rein betriebswirtschaftlichen Betrachtung ist Werbung ein Instru­ ment, mit dem versucht wird, den Unternehmensgewinn abzusichem bzw. auszubauen. Der Gewinn ist eine Residualgröße aus Erlösen und Kosten, der Erlös ist das Produkt aus Verkaufspreisen und Absatzmengen:

Gewinn = Erlös - Kosten Erlös = Preis x Menge Werbung zielt auf den Erlös, indem einerseits versucht wird, bestimmte Preise durchzusetzen, andererseits, bestimmte Mengen. Dies kann durch Wer­ bung beispielsweise insofern erfolgen, als es gelingt, die Nutzeneinschätzung des Käufers zu beeinflussen bzw. den Besitzwunsch nach dem Produkt zu wecken. Kostensenkungen kann Werbung nur über Mengeneffekte erreichen (economies of scale), wenn durch erhöhte Absatzmengen eine Reduktion der Stückkosten erzielt wird. Werbung ist eine kommunikative Größe. Mittels Werbung kommuniziert der Werbe treibende mit seinen Umworbenen. Wer­ bung übermittelt Werbebotschaften. Unmittelbare, direkt zuordenbare und meßbare Wirkungen kann Werbung nur auf der kommunikativen Ebene erreichen. Wer­ bung muß also versuchen, solche kommunikativen Größen zu beeinflussen, von denen ihrerseits ein Einfluß auf ökonomische Größen vermutet werden kann. Die wesentlichen kommunikativen Wirkungsgrößen sind Bekanntheit und Image. Aber Werbung kann auch darauf abzielen, Sympathie oder Neugier zu wecken, Aufmerksamkeit zu erregen oder ganz einfach nur über bestimmte Eigenschaften des Produktes zu informieren. Ein Beispiel aus der Energiebranche soll die werblichen Möglichkeiten hinsichtlich ökonomischem und kommunikativem Erfolg verdeutlichen:

24

Werbung unter Controllingaspekten „Marken wie E.on, Yello oder RWE besitzen inzwischen Bekanntheitswerte, die sich ohne weiteres mit denen führender Konsumgütermarken messen können. Der Aufbau der Marken ist somit aus ‘reiner Markenperspektive’ un­ bestritten als Erfolg einzustufen. Allerdings führten die kostspieligen Mar­ kenkampagnen in der Regel nicht zu dem erhofften ökonomischen Erfolg. So konnte etwa E.on mit seiner ‘Mix-it’-Kampagne bei geschätzten Werbeaus­ gaben von 22,5 Mio. Euro lediglich 1.100 Neukunden gewinnen. Dies ent­ spricht Akquisitionskosten von 20.500 Euro pro Neukunde bei einem durch­ schnittlichen Jahresumsatz von 600 Euro je Kunde“ (Meffert/Schröder/Perrey 2002, S. 28 f.).

Das ökonomische Ziel wurde in diesem Beispiel mit der Werbung eindeutig nicht erreicht. Das kommunikative Ziel Bekanntheit hingegen eindeutig ja. Das Werbecontrolling muß nun abwägen, ob sich langfristig die Bekannt­ heitswerte dennoch in ökonomische Größen umsetzen lassen. Offenbar aber scheint der Strommarkt ein Markt zu sein, in dem Markenstärke nur eine un­ tergeordnete Rolle bei der Wahl des Lieferanten spielt (vgl. Meffert/Schröder/ Perrey 2002, S. 29) (vgl. dazu auch Abbildung 1-21).

Werbung ist also der Versuch, einen Käufer dazu zu veranlassen, ein be­ stimmtes Produkt oder eine bestimmte Leistung zu kaufen. Werbung versucht somit, das (Kauf-) Verhalten zu beeinflussen. Die Beeinflussungsabsicht setzt üblicherweise an den Einstellungen ein. Es läßt sich mit einiger Berechtigung unterstellen, daß sich Käufer einstellungskonform verhalten, also solche Pro­ dukte und Leistungen kaufen, denen gegenüber sie positiv eingestellt sind. Diese Plausibilität wird vor allem durch den Umkehrschluß bekräftigt: Es ist als eher unwahrscheinlich anzusehen, daß jemand Geld für etwas ausgibt, das er nicht mag. Dennoch ist einstellungskonträres Verhalten möglich, beispiels­ weise können ursprüngliche Kaufabsichten am Point of Sale (PoS) durch Son­ derangebote oder distributive Gegebenheiten (Marke ist nicht vorrätig) beein­ flußt werden. Vor diesem Hintergrund läßt sich Werbung wie folgt definieren (vgl. Kloss 2003, S. 6): Werbung ist eine absichtliche und zwangfreie Form der Kom­ munikation, mit der gezielt versucht wird, Einstellungen von Personen zu beeinflussen. Konstituierend für diese Definition ist das Wort „zwangfrei“. Es beinhaltet zwei Dimensionen: • Einerseits ist der Konsument in der Lage, den Beeinflussungsversuch zu er­ kennen. In dem Moment, in dem Werbung als solche erkannt wird, weiß der Verbraucher, daß ihm jemand damit etwas verkaufen will. Ist der Be­ einflussungsversuch nicht mehr erkennbar und somit auch nicht kontrollier­

Werbung unter Controllingaspekten

25

bar, handelt es sich definitionsgemäß nicht mehr um Werbung. Vielmehr muß in diesem Fall von Manipulation gesprochen werden, als „bewußter und gezielter Einfluß auf Menschen ohne deren Wissen und oft gegen deren Willen“ (Duden). • Zwangfrei bedeutet aber auch - und das ist eine sehr nachhaltige Beschrän­ kung der Beeinflussungsmöglichkeiten -, daß Werbung niemanden dazu veranlassen kann, etwas zu kaufen, was dieser nicht will. Der Werbung ste­ hen keine Sanktionen zur Verfügung, mit denen ein Kaufverhalten „er­ zwungen“ werden kann. Wenn ein Umworbener trotz Werbung ein Produkt nicht kauft, bleibt dies für ihn ohne Folgen. Der beabsichtigten und angestrebten Werbewirkung ist eine unbeabsichtigte Wirkung gegenüberzustellen: die Reaktanz. Sie entsteht, wenn eine Person den Beeinflussungsversuch erkennt und sich dadurch in seiner Handlungsfrei­ heit eingeschränkt fühlt. In diesem Fall ist davon auszugehen, daß die Person die genau gegenteilige Position einnimmt. Diese „Trotzreaktion“ verhindert also nicht nur die angestrebte Werbewirkung, sie führt im Gegenteil zu Ein­ stellungen, die eine Gegenposition zu der beabsichtigten Wirkung darstellt (Bumerang-Effekt). Da Werbung versucht, die Meinungen und Einstellungen von Zielpersonen zu beeinflussen, ist sie potentiell auch immer von Reaktanz bedroht. Reaktanzen sind um so wahrscheinlicher, je „plumper“ der Beein­ flussungsversuch der Werbung ausfällt, je deutlicher er erkannt wird.

1.6.2

Der duale Wirkungsprozeß der Werbung

Werbung kann nur dann wirken, wenn sie nicht nur die Ziele der Werbetrei­ benden, sondern auch die Ziele der Umworbenen erreicht. Anders ausge­ drückt: Der Werbetreibende erreicht seine Werbeziele nur dann, wenn auch der Umworbene mit der Werbung bzw. dem beworbenen Produkt seine Ziele angesprochen sieht. So banal dieser Zusammenhang auch sein mag, er ver­ deutlicht jedenfalls einmal mehr, daß Werbung kein Selbstzweck ist, sondern stets Mittel zu dem Zweck jemanden zum Kauf zu veranlassen. Die Ziele der in die Werbung Involvierten sind durchaus unterschiedlich (vgl. Abbildung 1-7). Dem Werbetreibenden geht es darum, möglichst vielen Käufern möglichst oft möglichst viel zu verkaufen. Er versucht dafür, die Aufmerksamkeit seiner Umworbenen zu erreichen, Markenbewußtsein und Interesse zu wecken und eine positive Einstellung zu erzielen.

26

Werbung unter Qmtrollingaspekten

Ziele der Verbraucher

Befriedigung der Neugier/ Erinnerung/Unterhaltung

Identifikation der persönlichen Bedürfnisse

Sammlung relevanter Informationen

Reduzierung der Risiken des Markenwechsels

Erhöhung der Bedürfnisbefriedigung

Bestätigung nach dem Kauf

Abbildung 1-7: Der duale Prozeß der Zielerreichung der Werbung Quelle: Wells, W./Burnett, J./Moriarty, S.: Advertising: Principles and Practice, 5th ed., Prentice Hall 2000, S. 3

Für den Umworbenen ist Werbung im Normalfall eher von geringem Inter­ esse, häufig sogar lästig. Wenn Werbung aber einen gewissen Unterhaltungs­ wert für ihn besitzt und er vor allem einen persönlichen Bezug zur Werbung bzw. dem beworbenen Produkt erkennen kann, vermag Werbung durchaus, sein Interesse zu wecken. Ist er bisher Käufer einer anderen Marke, muß er in der Werbebotschaft auch einen Grund für einen Markenwechsel erkennen können. Ist er zum Käufer geworden, dient Werbung vor allem dazu, ihn in seinem Kauf zu bestätigen. Für den Käufer sind die Ziele des Werbetreibenden in dessen Werbung nicht immer erkennbar. Letztlich kann nur der Werbe treibende selbst beurteilen, ob die Werbung seine Ziele erfüllt hat oder nicht. Für die Werbekonzeption muß der Werbetreibende bzw. dessen Agentur jedoch wissen, daß Werbung immer auf zwei Ebenen wirkt und die beabsichtigte Werbewirkung nur dann zustan­ de kommt, wenn auch der angesprochene Verbraucher seine Ziele in der Wer­ bung erkennen kann. Der Werbetreibende kann seine Ziele nur dann erreichen, wenn er die Ziele seiner Umworbenen kennt. Er muß in der Lage sein, sich in seine Zielgruppe hineinzuversetzen und sie mit Respekt behandeln. Der Umworbene muß die

Werbung unter Controllingaspekten

27

Ernsthaftigkeit der Bemühungen des Werbenden erkennen können. Ogilvy hat dies sehr treffend formuliert: „Die Konsumentin ist durchaus nicht dumm. Sie ist wie Ihre Frau. Sie beleidigen ihre Intelligenz, wenn Sie annehmen, daß ein einziger Slogan oder einige nichtssagende Adjektive sie zum Kauf einer Ware veranlassen können“ (Ogilvy 1991, S. 128ff.).

1.6.3

Wirkungsmodelle

Zur Erklärung der Wirkungsweise von Werbung wurde eine Vielzahl von Modellen konstruiert. Es liegt in der Natur von Modellen, daß sie vereinfa­ chen, um komplexe Strukturen zu veranschaulichen. Die im folgenden vorge­ stellten Modelle sollten den Wirkungsprozeß der Werbung und damit die möglichen Ansatzpunkte für das Werbecontrolling aufzeigen.

1.6.3.1 Wirkungskette der Werbung

Alle Werbewirkungsmodelle beruhen letztlich auf einem Kontaktmodell: Werbung kann nur dann wirken, wenn ein Werbekontakt erfolgt ist, wenn es dem Sender also gelungen ist, seine Botschaft an den Empfänger zu übermit­ teln und dieser sie auch so verstanden hat, wie der Empfänger sie verstanden haben wollte.

Feed-back Abbildung 1-8: Einfaches Kommunikationsmodell

Mit Ausnahme der Medien des Direct Marketing setzt der Werbetreibende (Sender) in der Regel jedoch Massenmedien (Werbeträger) ein, so daß keine unmittelbare, sondern nur eine mittelbare Kommunikation mit der Zielgruppe (Empfänger) erfolgt. Diese Kommunikation ist eine Ein-Weg-Kommunikation, entsprechend hat der Werbetreibende auch keinen unmittelbaren Feed­ back darüber, ob seine Werbebotschaft die Empfänger erreicht hat und ver­ standen wurde (vgl. Abbildung 1-8). Kommunikative Mißverständnisse kön­

28

Werbung unter Controllingaspekten

nen bei der klassischen Werbung also nicht unmittelbar beseitigt werden. Das Werbecontrolling muß Werbebotschaften somit bereits im Vorfeld daraufhin überprüfen, ob ihr Bedeutungsgehalt für die Zielgruppe auch erkannt wird. Ausgehend von einem Werbekontakt, läßt sich eine Wirkungskette der Werbung strukturieren, wie in Abbildung 1-9 dargestellt. Die Wirkungskette zeigt auf, daß Werbung auf vier Ebenen wirkt: der Kontakt-, Bekanntheits-, Einstellungs- und Kaufverhaltensebene.

Abbildung 1-9: Wirkungskette der Werbung Quelle: Janßen, V.: Einsatz des Werbecontrolling, Wiesbaden 1999, S. 42

Diese Wirkungskette ist jedoch nicht als zwangsläufige zeitliche Abfolge zu verstehen, Kontakt und Kontaktdauer erfolgen beispielsweise gleichzeitig bei allen erreichten Personen, unabhängig davon, ob sie Zielpersonen sind oder nicht (vgl. Janßen 1999, S. 45). Sprünge zwischen den einzelnen Kettenglie­ dern sind möglich, Kaufverhalten kann von jeder einzelnen Stufe ausgelöst werden. Diese Strukturierung ist im Sinne des Werbecontrolling jedoch zweck­ mäßig, da eine Messung der Werbewirkung aufjeder Ebene möglich ist.

1.6.3.2 Black-Box der Werbewirkung Daß Werbung wirkt, ist unbestritten, wie Werbung wirkt, ist weniger eindeu­ tig. Die eigentliche Kaufentscheidung findet im Kopf des Käufers statt. Da sich in den nun einmal nicht hinein sehen läßt, wird er als „Black-Box“ be­ trachtet. Zwar ist es über Marktforschung problemlos möglich, die Faktoren zu be­ obachten, die die Kaufentscheidung mutmaßlich beeinflussen. Dies ist bei­ spielsweise das eigene Marketing und das Marketing der Wettbewerber. Auch

Werbung unter Controllingaspekten

29

die soziodemographischen Daten der Käufer, wie Alter, Geschlecht, Beruf, Bildung, Einkommen, Haushaltsgröße, Wohnort u. dgl. sind zu erfassen. Es läßt sich auch beobachten, welche Produkte und Leistungen gekauft werden. Problematisch ist es jedoch, zwischen dem beobachtbaren input und dem be­ obachtbaren output einen kausalen Zusammenhang herstellen zu wollen. Die Marktforschung kann den „typischen“ BMW-Fahrer, Mallorca-Urlauber, Co­ la-Trinker, McDonald" s-Besucher beschreiben. Aber wie in einem konkreten Einzelfall die Kaufentscheidung nun tatsächlich erfolgt, ist nicht vorhersag­ bar, eben weil sich der eigentliche Kaufentscheidungsprozeß nicht beobach­ ten läßt (vgl. Abbildung 1-10).

Output

Realisierter Kauf

beobachtbar

Abbildung 1-10: Black-Box-Modell des Käuferverhaltens Quelle: Meffert: Marketing, 7. Aufl., 1993, S. 145

Für Werbetreibende ist diese Tatsache natürlich nicht sehr befriedigend. Da­ her wird versucht, die Kaufentscheidung über Plausibilitäten und Wahr­ scheinlichkeiten vorherzusagen. Dies erfolgt in der Werbe Wirkungsforschung mittels sogenannter Reiz-Reaktions-Modellen. Das verbreitetste dieser Mo­ delle ist das Stimulus-Organismus-Response- (S-O-R-) Modell. (Da auch die etwas komplexeren Involvement-Modelle im Grunde auf dem S-O-R-Modell beruhen, soll auf deren Darstellung hier verzichtet werden. Vgl. dazu Kloss 2003, Kroeber-Riel/Weinberg 2003.) Damit wird versucht, über „intervenie­ rende Variablen“ wie Wahrnehmung, Lernprozesse, Einstellungen oder Moti­ ve des Käufers Einblick in die „Black-Box“ zu erlangen. Der Grundgedanke des S-O-R-Modells ist einfach: Eine Werbemaßnahme trifft auf einen potentiellen Käufer, wird von diesem wahrgenommen (oder

Werbung unter Controllingaspekten

30

auch nicht), eventuell im Gehirn gespeichert, trifft auf gegebene Einstellun­ gen und Kaufmotive und führt gegebenenfalls zum Kauf. Der Kauf wird in diesen Modellen also nicht als direkte Folge einer Werbemaßnahme angese­ hen. Vielmehr ist der Kauf eine indirekte Folge von Reaktionen im Vorfeld, die durch die individuelle soziale, psychologische und demographische Situa­ tion - sogenannten „intervenierenden Variablen“ - des Käufers bestimmt ist (vgl. Abbildung 1-11). Stimulus

Response

(unabhängige Variable)

(Abhängige Variable)

Werbemaßnahme

• Kauf eines Produktes • Inanspruchnahme einer Dienstleistung • Übernahme einer Idee...

Abbildung 1-11: Das Stimulus-Organismus-Response-Modell 1 Quelle: Rosenstiel/Kirsch: Psychologie der Werbung, Rosenheim 1996, S. 49

Diese „intervenierenden Variablen“ im S-O-R-Modell sind also nichts ande­ res als Hilfskonstrukte, mit denen ein Zugang zur „Black-Box“ versucht wird. Allerdings sind diese Hilfskonstrukte ihrerseits ebenfalls nicht zugänglich. Das Modell gibt somit letztlich keine Antwort auf die Frage, warum ein Pro­ dukt gekauft wurde. Alle werblichen Maßnahmen zielen auf das R im S-O-R-Modell. Für das Werbecontrolling spielt jedoch das O die entscheidende Rolle. Hier werden die „intervenierenden Variablen“ als (meßbare) Teilerfolgsgrößen der Wer­ bung definiert (vgl. Abbildung 1-12). Stimulus

Organismus

Response

(unabhängige Variable)

(Intervenierende Variable)

(Abhängige Variable)

Werbemaßnahme

• M • • •

Wahrnehmungsprozesse • Lernprozesse M • Einstellungen Motivation •

Kauf eines Produktes Inanspruchnahme einer Dienstleistung Übernahme einer Idee...

Abbildung 1-12: Das Stimulus-Organismus-Response-Modell 2 Nach Rosenstiel/Kirsch: Psychologie der Werbung, Rosenheim 1996, S. 49

Die Ausprägung der Organismus-Faktoren läßt in gewissem Umfang eine Vorhersage der Wirksamkeit einer Werbekampagne zu. Es werden Antworten auf folgende Fragen erhoben:

Werbung unter Controllingaspekten • • • •

31

Wie stark wurde die Werbung wahrgenommen? Wurde die Werbung erinnert? Konnten Einstellungsänderungen herbeigeführt werden? Welche Motive wurden angesprochen?

Liegen genügend Daten über frühere Werbekampagnen vor, läßt sich im Ver­ gleich dieser Daten eine Beurteilung der getesteten Kampagne vornehmen. Das wohl bekannteste dieser Reiz-Reaktions-Modelle ist das AIDA-Modell. Es erklärt Werbewirkung schrittweise, indem Werbung bei einem potentiellen Käufer zunächst die Aufmerksamkeit (attention) erregt, dann Interesse (inter­ est) weckt, das Verlangen (desire) nach dem Produkt hervorruft und schließ­ lich zum Kauf (action) führt. Diese Modelle haben den Vorteil, daß sie leicht verständlich und operatio­ nalisierbar sind. Sie müssen allerdings notwendigerweise vereinfachen und können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß Kaufverhalten eben nicht vorhersagbar ist.

L JI V

Die Bedeutung der Werbewirkungsmodelle für das Werbecontrolling ist darin zu sehen, daß sie zwischen Werbekontakt und Kaufhandlung meßbare und der Werbung unmittelbar zuordenbare Teilerfolgsgrößen definieren, die als Indikatoren für die Wirksamkeit der Werbung dienen können.

1.6.3.3 Der „relevante Satz von Marken“ Im engeren Sinn beschreibt die Theorie des „relevant set“ kein Wirkungsmo­ dell. Da sie aber entscheidend zum Verständnis des Kaufverhaltens beiträgt, soll sie an dieser Stelle kurz erläutert werden (vgl. dazu auch Kloss 2003, S.79ff.). Nach der Theorie des „relevant set“ (in der Literatur auch als evoked set be­ zeichnet) vollzieht sich die Kaufentscheidung üblicherweise innerhalb eines bestimmten Satzes von Marken, den jeder Käufer für jedes Produktfeld indi­ viduell bestimmt und der i.d.R. zwischen drei und vier Marken umfaßt. Die Bezeichnung „Markentreue“ bezieht sich tatsächlich also nicht auf eine einzi­ ge, bestimmte Marke, sondern auf einen, für jeden Verbraucher individuellen relevanten Satz von Marken. Folgende Überlegung soll dies plausibel ma­ chen: Wenn ein Käufer „seine“ Marke beim Einkauf nicht vorfindet, hat er ei­ gentlich nur die Wahl zwischen dem Kauf einer anderen Marke oder er sucht noch ein weiteres Geschäft auf. Es mag, für jeden Käufer individuell, einzelne Marken geben, für die tatsächlich ein anderes Geschäft aufgesucht wird. In al­ len anderen Fällen wird eine andere Marke aus dem relevanten Satz gekauft.

Werbung unter Controllingaspekten

32

Ist eine Marke nicht im relevant set eines Käufers, wird sie für den Kauf auch nicht in Betracht gezogen. Die Kaufentscheidung innerhalb der im relevant set befindlichen Marken wird durch die aktuellen Präferenzen gesteuert. Der relevant set wird über die spontane Bekanntheit abgefragt: „Wenn Sie an den Biermarkt (Schokolademarkt, Shampoomarkt, ....) denken, welche Marken fallen Ihnen spontan dazu ein?“ Es ist mit einiger Berechtigung davon auszugehen, daß die Marken, die spontan genannt werden auch diejenigen sind, die für den Befragten im relevant set der abgefragten Produktkategorie sind1. Die Reihenfolge der Nennungen ist hierbei wichtig, da die zuerst ge­ nannte Marke wahrscheinlich die ist, die aktuell die höchste Präferenz hat. Derartige Erhebungen zeigen, daß spontan nur eine sehr begrenzte Zahl von Marken genannt werden kann. Der Deutsche erinnert sich zwar durchschnitt­ lich an acht verschiedene Automarken, aber nur 5,5 Bier-, 5,3 Zigaretten- und 1,5 Pfefferminzbonbonmarken (vgl. o.V. 1994, S. 16). Es besteht also ein Zusammenhang zwischen der Bekanntheit einer Marke und ihrer Aufnahme in den Kreis derjenigen Marken, die für den Kauf in Be­ tracht gezogen werden.

irJnWJt

Der relevante Satz von Marken, in dem sich die Kaufentscheidung vollzieht, ist für jeden Käufer auf ganz bestimmte Marken begrenzt, außerhalb liegende Marken werden nicht für den Kauf in Betracht gezogen.

In dieser Betrachtungsweise heißt das für die Werbung, daß sie die eigene Marke • bei möglichst vielen Zielpersonen in deren relevant set verankern und dar­ über hinaus • mit einem hohen Maß an Präferenz versehen muß, damit sie zu einer bevor­ zugten Marke wird.

Eine der Konsequenzen aus den Überlegungen zum relevant set liegt darin, daß eine Marke, die nicht mehr beworben wird, bei vielen Personen nicht mehr in deren relevant set verbleiben und damit nicht mehr in die Kaufent­ scheidung einbezogen wird. Ein Werbestopp kann also durchaus zu Umsatz­ rückgängen führen. Henry Ford hat dies in dem Aphorismus ausgedrückt: „Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu sparen.“ 1

Im Unterschied dazu wird bei der gestützten Bekanntheit den Befragten eine Liste mit Marken vorge­ legt und gefragt, welche sie davon kennen. Spontane und gestützte Bekanntheit können stark divergie­ ren. Pilsener Urquell ist beispielsweise vielen Biertrinkern bekannt, aber spontan würden sie nur weni­ ge nennen. Spontane Bekanntheit ist also eine aktive, gestützte Bekanntheit eine passive Form, die vor allem die Wiedererkennung erhebt.

Werbung unter Controllingaspekten

1.7

33

Werbepsychologie

Schon 1927 definierte ein Lehrbuch Werbung, die damals noch Reklame hieß, als „praktisch angewandte Menschenkenntnis“ (Halbert 1927, S. 11). Werbewirkung basiert auf psychologischen und soziologischen Grundlagen. Die folgenden Ausführungen geben eine zusammenfassende Übersicht. (Zur Vertiefung vgl. z. B. Felser 2001, Kloss 2003, Rosenstiel/Kirsch 1996, Mayer/ Illmann 2000.) Die folgenden Abschnitte sind im Grunde nichts anderes, als eine Vertie­ fung der „intervenierenden Variablen“ im S-O-R-Modell. Die wohl größte Wirkungsschwelle der Werbung ist heute die Wahrnehmung. Werbung die nicht wahrgenommen wurde, kann nicht wirken. Werbebotschaften müssen gelernt werden, wenn Werbekontakt und Kaufhandlung zeitlich auseinander fallen. Allerdings kauft niemand ein Produkt nur deshalb, weil er dessen Wer­ bung wahrgenommen und die Botschaft gelernt hat, er muß es auch kaufen wollen, es muß also ein Kaufmotiv vorliegen. Insbesondere Produkte, die von anderen wahrnehmbar sind, werden auch nach ihren Images gekauft, d. h. Pro­ dukte werden häufig auch als Mitteilungen für Dritte genutzt. Diese Grundla­ gen werden in den folgenden Abschnitten vertieft.

1.7.1

Wahrnehmung

Die größte Hürde, die Werbung heute überwinden muß, ist ihre Wahrneh­ mung durch die Zielgruppe. Wahrnehmung läßt sich definieren als ein „Pro­ zeß der Aufnahme, Selektion, Weiterleitung und Verarbeitung von Reizen aus der Umwelt durch einen oder mehrere Wahrnehmungsapparate (Gesichts­ sinn, Gehör, Tastsinn, Geruchs- und Geschmackssinn)“ (Mayer/Illmann 2000, S. 427). Die folgenden Ausführungen sollen sich auf drei Aspekte der Wahrnehmung konzentrieren, die für Werbewirkung fundamental sind.

1.7.1.1 Selektive Wahrnehmung

Eine der Besonderheiten von Wahrnehmung ist, daß sie grundsätzlich selektiv erfolgt. Der Mensch nimmt also nur das wahr, was aus seiner subjektiven Sicht für ihn von Bedeutung erscheint. Wahrnehmung wird dabei von drei Faktoren gesteuert: • Erfahrungen wecken eine bestimmte Erwartungshaltung und programmie­ ren damit gewissermaßen die Wahrnehmung schon vor. Als beliebtes Bei­ spiel zur Untermauerung dieser Tatsache wird das Probeessen von schoko­ ladenbraunem Vanillepudding berichtet (vgl. Felser 2001, S. 81). Da aus

34

Werbung unter Controllingaspekten

Erfahrung bekannt ist, daß Vanillepudding nicht braun ist, wird der Vanille­ geschmack in der Regel nicht wahrgenommen. • Die im Moment der Wahrnehmung aktiven Bedürfnisse filtern aus den zur Verfügung stehenden Informationen diejenigen heraus, die der aktuellen Bedürfnislage entsprechen. Wenn jemand die Uhrzeit wissen will, nimmt er beim Blick auf die Uhr auch nur diese und keine anderen Informationen wahr, wie beispielsweise das Aussehen der Uhr, das wiederum für den Kauf der Uhr entscheidend gewesen sein mag. Will jemand wissen, wie lange eine Veranstaltung noch dauert, nimmt er häufig auch nur die der Fragestel­ lung entsprechende Information auf und möglicherweise nicht einmal die genaue Uhrzeit. • Auch die Umfeldsituation, in der ein Reiz wahrgenommen wird, beein­ flußt die Interpretation und Erinnerung dieses Reizes. Eine nackte Frau in einem Männermagazin wird anders wahrgenommen als die gleiche nackte Frau in einer Kochzeitschrift.

Es wird also deutlich, daß eine „objektive“ Wahrnehmung nicht notwendiger­ weise vorausgesetzt werden kann. Dies hat für die Werbung weitreichende Konsequenzen, die vom Werbecontrolling bereits in ihrer Konzeption berück­ sichtigt werden sollten: 1. Es ist sinnvoll, eine Rangordnung der von der Zielgruppe wahrzunehmen­ den Elemente des Werbemotivs festzulegen. Oberste Priorität muß dabei die Marke haben. 2. Werbemotive, die der Erfahrung der Zielgruppe nicht entsprechen, laufen Gefahr, nicht wahrgenommen zu werden. Das würde bedeuten, daß die Werbung möglichst Schemavorstellungen bedienen sollte. Auf der anderen Seite jedoch können Motive, die der Erfahrung widersprechen, ein so hohes Maß an Aufmerksamkeit erregen, daß sie gerade aufgrund dieser Tatsache wahrgenommen werden. Abbildung 1-13 zeigt als Beispiel ein BMW CI-Werbemotiv, das auf un­ gewöhnliche Weise die Vorteile des Produktes im Hinblick auf die Park­ platzsuche versinnbildlicht und aufgrund der Ungewöhnlichkeit des Auf­ tritts ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit hat, wahrgenommen zu werden. Text: „Wenn Sie zu spät zur Arbeit kommen, sollte das nicht an der Park­ platzsuche liegen.“ Das Bedienen von bzw. Verstoßen gegen Schemavorstellungen kann glei­ chermaßen zur Wahrnehmung führen. Die Entscheidung hängt von der kreativen Umsetzung im konkreten Einzelfall ab.

Werbung unter Controllingaspekten

35

Abbildung 1-13: Wahrnehmung und Erwartungshaltung

3. Werbung kann die Wahrnehmung auch durch die Schaffung von Stimmun­ gen beeinflussen, die auf das Wahrnehmungsklima einwirken. Dies ist in der Regel bei sehr emotionalen Motiven der Fall, die Assoziationen wekken, die mit dem beworbenen Produkt zunächst nichts zu tun haben. Abbil­ dung 1-18 gibt dafür ein Beispiel. 4. In engem Zusammenhang damit steht auch die Entscheidung darüber, in welches Umfeld das zu bewerbende Produkt eingebettet werden soll. Das Umfeld ist entscheidend für assoziative Verknüpfungen. Das Beispiel in Abbildung 1-14 zeigt einen Chrysler Voyager vor einem noblen Etablisse­ ment und rückt ihn dadurch in die Nähe zu einer entsprechend noblen Au­ tomarke.

W

&CHRYSLER

Abbildung 1-14: Wahrnehmung und Produktumfeld

36

Werbung unter Controllingaspekten Die Gestaltung der Werbemittel muß berücksichtigen, daß ihre Wahrnehmung selektiv erfolgt. Die Wahrnehmung kann beein­ flußt werden, indem bewußt mit Schemavorstellungen umgegan­ gen wird und Produktumfelder und Stimmungen gezielt einge­ setzt werden.

1.7.1.2 Kognitive Dissonanzen Wenn unterstellt wird, daß der Mensch ein Wesen ist, das nach innerer Ausge­ glichenheit (Konsonanz) strebt, dann verursachen wahrgenommene Informa­ tionen, die mit vorhandenen Einstellungen nicht übereinstimmen, Unbehagen (Dissonanz) (vgl. Festinger 1957). Kognitive Dissonanzen sind erkenntnismä­ ßige Ungleichgewichte, die aus unterschiedlichen Gründen entstehen können, beispielsweise • nach einem Kauf, als Bedauern über die ausgeschlagenen Alternativen, • wenn die persönliche Produkterfahrung nicht die - z. B. durch Werbung ge­ weckte - Erwartungshaltung bestätigt oder • durch neue Informationen über ein bereits gekauftes Produkt.

Treten kognitive Dissonanzen auf, wird versucht, diese durch ein gezieltes In­ formationsverhalten zu beseitigen. Es werden dann vor allem diejenigen In­ formationen wahrgenommen, die die getroffene Entscheidung stützen bzw. es wird die Wichtigkeit von Informationen umbewertet. „Hat sich der Konsu­ ment für eines von zwei gleich attraktiven Produkten entschieden, dann be­ wertet er das gekaufte Produkt noch positiver, während das nicht ausgewählte Produkt abgewertet wird“ (Schenk/Donnerstag/Höflich 1990, S. 57). Die Aufwertung der gewählten bei gleichzeitiger Abwertung der nicht ge­ wählten Alternative weist auch der Werbung eine bedeutende Rolle bei der Dissonanzbewältigung zu. So wird Werbung für die gekauften Produkte grundsätzlich stärker wahrgenommen und positiver bewertet als Werbung für die Produkte, die nicht gekauft werden (vgl. Schenk/Donnerstag/Höflich 1990, S. 57). Der Mechanismus, den kognitive Dissonanzen hervorrufen, wirkt also tendenziell gegen einen Markenwechsel. Im Fall von vergleichen­ der Werbung werden somit auch immer kognitive Dissonanzen hervorgeru­ fen, da zwei Alternativen unmittelbar miteinander verglichen werden. Wird Werbung unter dem Aspekt des Abbaus von Dissonanzen betrachtet, so dient sie nicht in erster Linie zur Beeinflussung der Kaufentscheidung sondern zu deren Bestätigung. Werbung ist somit auch ein Instrument zur Kundenbindung.

Werbung unter Controllingaspekten

37

Abbildung 1-15: Kognitive Dissonanzen in der Werbung

Kognitive Dissonanzen haben aber noch eine zweite wichtige Funktion für die Werbung: Sie schaffen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit! Werbemotive, die Unstimmigkeiten enthalten, können zu kognitiven Dissonanzen und damit zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem Motiv führen, um diese Unstim­ migkeiten aufzulösen. Die Darstellung eines Geckos in einer Autowerbung (vgl. Abbildung 1-15) ist auf den ersten Blick verwirrend. Die Dissonanz löst sich aber auf, wenn der Gecko als Beispiel für gute Haftung erkannt wird. An­ zeigentext: „Perfekte Bodenhaftung ist angeboren. Oder eingebaut. Der Audi A4 quattro“.

Unstimmigkeiten kann Werbung vor allem dann verursachen, wenn das be­ worbene Produkt gar nicht oder verfälscht dargestellt wird und statt dessen eine Allegorie gewählt wird. Für den Betrachter wird das Werbemotiv in die­ sem Fall nur dann verständlich, wenn er sich mit dem Bedeutungsgehalt aus­ einandersetzt.

1.7.1.3 Beiläufige Wahrnehmung Unter Berücksichtigung des heutigen Ausmaßes der Werbeüberflutung und des allgemein geringen Interesses an Werbung erscheint es als geradezu un­ wahrscheinlich, daß Werbung überhaupt Wirkung erzielen kann. Während ei­

Werbung unter Controllingaspekten

38

nes 10-minütigen Werbeblocks können leicht 25 Werbespots ausgestrahlt werden. Im Laufe eines Fernsehabends kämpfen somit mehr als 100 Werbe­ botschaften um die Wahrnehmung des Zuschauers. Wie kann ein einzelner Werbespot da überhaupt noch erinnerungswirksam werden? Effekte aus be­ wußter Wahrnehmung und Informationsverarbeitung müssen als unwahr­ scheinlich angesehen werden. Tatsächlich erfolgt die Informationsaufnahme und -Verarbeitung nicht im­ mer bewußt, sondern unterliegt auch automatischen Prozessen, die keiner Kontrolle unterliegen. Bewußt aufgenommene Informationen werden häufig kritisch verarbeitet und hinterfragt. Diese Kontrollmechanismen entfallen bei nur beiläufiger Wahrnehmung, die dadurch u.U. eine stärkere Wirkung entfal­ ten kann, als bewußte Wahrnehmung. Dieser Effekt der beiläufigen Darbie­ tung wird als Mere-exposure-Effekt bezeichnet (vgl. Zajonc 1968). Er besteht darin, „daß ein Reiz, der früher schon einmal verarbeitet wurde, allein als Fol­ ge der früheren Darbietung positiver bewertet wird“ (Felser 2002, S. 508). Präferenzen für Marken können also allein schon durch die Tatsache vermit­ telt werden, daß ihre Werbung einmal beiläufig, gewissermaßen „im Vorbei­ gehen“ wahrgenommen wurde. Werbewirkung beruht somit zu einem erhebli­ chen Teil darauf, daß Vertrautes grundsätzlich positiver beurteilt wird, als Unbekanntes: „familiarity leeds to liking“ (vgl. Harrison 1977, S. 40).

Da der Mere-exposure-Effekt eine für die Werbung typische Si-

JRKmL tuation beschreibt, ist er als einer ihrer fundamentalen Wir|] y kungsmechanismen anzusehen. Beiläufig wahrgenommene Werbung hat zumindest den Effekt, daß die beworbene Marke vertraut wird.

1.7.2

Lernen

Üblicherweise liegt zwischen der Wahrnehmung einer Werbebotschaft und der Möglichkeit zu ihrer kaufverhaltensrelevanten Umsetzung eine gewisse Zeitspanne. Werbung muß also nicht nur wahrgenommen, sondern auch im Gedächtnis gespeichert werden, ein Vorgang, der gemeinhin als Lernen be­ zeichnet wird. Die Speicherung kann allerdings nur dann zum Erfolg führen, wenn die Botschaft auch wiedergefunden, also erinnert werden kann.

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1.7.2.1 Determinanten des Lernerfolges

Ob ein Lernerfolg erzielt wird und wie nachhaltig dieser ausfällt, ist im we­ sentlichen von vier Faktoren abhängig: der Art der Codierung, der Anzahl der Wiederholungen, dem Involvement der Empfänger und der Anzahl der zu ler­ nenden Informationen.

Abbildung 1-16: Determinanten des Lernerfolges

Informationen werden im Gehirn entweder sprachlich, visuell oder als Erleb­ nis codiert gespeichert (vgl. Felser 2001, S. 111 ff.). Die Erinnerungsleistung hängt von der Art der Codierung ab. Sie ist um so höher, je konkreter und be­ deutungsvoller die Information für den Empfänger war und je mehr Wege der Codierung genutzt wurden. Die Botschaft in Abbildung 1-15 läßt sich auf­ grund ihrer Visualisierung durch den Gecko sowohl sprachlich als auch bild­ lich abspeichern, wesentlich ist allerdings noch die Verknüpfung mit der Mar­ ke und der persönliche Bezug. Kann der Empfänger der Information keinen Bezug zu seinen persönlichen Bedürfnissen herstellen, sieht er auch keine Veranlassung, sie zu speichern. Werbebotschaften, die mit einprägsamen und eigenständigen Bildern verknüpft werden können, haben eine größere Chance erinnert zu werden, als Botschaften, bei denen eine solche Verknüpfung nicht gegeben ist. Beispielhaft ist zu erwähnen die Verknüpfung der Strommarke Yello mit der Farbe gelb oder die Ohrfeige in dem berühmten Werbespot von Mercedes. Bei Erdgas ist etwas Vergleichbares nicht gelungen. Eine besondere Schwierigkeit besteht vor allem darin, Zahlen merkfähig zu visualisieren, eine Aufgabe, vor der

11880 ... da werden Sie geholfen

insbesondere Telekommunikations­ gesellschaften stehen, um pre-call-

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Werbung unter Controllingaspekten

oder Auskunftsnummern zu vermitteln. Tele 2 hat dies in hervorragender Weise gelöst, Telegate versucht eine numerische mit einer sprachlichen Ver­ knüpfung, durch falsche Verwendung des Akkusativs. Beiden Unternehmen ist offensichtlich die Erinnerung an die Nummer wichtiger als an die Marke.

Der Lernerfolg hängt ferner von der Anzahl der Wiederholungen der zu ler­ nenden Information ab. Wie oft eine Information wiederholt werden muß, um gelernt zu werden, ist wiederum abhängig von dem Involvement des Lernen­ den. Je höher das persönliche Interesse an einem Gegenstand ist, desto weni­ ger Wiederholungen sind notwendig, um etwas darüber zu lernen (Beispiel: Studenten in einer Vorlesung). Für die Werbung ist jedoch als Regelfall ein geringes Zuschauerinvolvement zu unterstellen; daher hängt der Lernerfolg hier von einer hohen Anzahl von Wiederholungen ab. Ein hohes Werbeinvolvement kann beispielsweise dann unterstellt werden, wenn jemand unmittel­ bar vor einer Kaufentscheidung steht oder ein Werbemittel besonders origi­ nell gemacht ist. Der Lernerfolg hängt schließlich auch von der Anzahl der zu lernenden In­ formationen ab, dergestalt, daß der Lernaufwand mit steigender Anzahl von Informationen überproportional zunimmt.

1.7.2.2 Semantische Netzwerke

Dem Lernen entgegen steht das Vergessen. Wenn unterstellt wird, daß einmal Gespeichertes das Gehirn nicht mehr verläßt, muß Vergessen als Verlust der Bahnen verstanden werden, die zu der gesuchten Information führen. Die so­ genannten semantischen Netzwerke stellen ein Modell der Wissensstrukturen dar, in denen die Wissensspeicherung nachvollzogen werden kann. In diesem Modell wird unterstellt, daß neue Informationen über einen Gegenstandsbe­ reich vor allem dadurch gelernt werden, indem sie mit vorhandenen Informa­ tionen abgeglichen werden. Neue Informationen können nur dann gelernt werden, wenn sie in ein Netzwerk von vorhandenem Wissen eingebunden werden können. Diese Betrachtungsweise führt zu einer scheinbaren „Parado­ xie des Lernens“: „... wir (können) um so mehr über einen Gegenstand dazu­ lernen, je mehr wir schon von ihm wissen“ (v. Rosenstiel/Kirsch 1996, S. 99).

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41

Abbildung 1-17: Semantische Netzwerke

Das Beispiel in Abbildung 1-17 zeigt das semantische Netzwerk einer Person zum Thema Waschmittel. Sie unterscheidet Färb-, Fein- und Vollwaschmit­ tel; mit jeder dieser Kategorien werden bestimmte Eigenschaften und Marken verbunden. Beispielsweise werden der Kategorie Vollwaschmittel die Eigen­ schaften „wäscht bei 30°, 60° und 90°, schont die Farben und die Fasern“ zu­ gewiesen, sowie u. a. die Marken Ariel, Omo und Persil. Mit jeder dieser Mar­ ken werden wiederum bestimmte Eigenschaften assoziiert. So werde mit der Marke Persil verbunden, daß sie etwas teurer ist als andere, eine hohe Qualität habe und sowohl in flüssiger Form als auch als Pulver erhältlich ist. Dies sei die Ausgangssituation des vorhandenen Wissens. Wenn jetzt eine neue Infor­ mation zu Persil gelernt werden soll, beispielsweise, daß es Persil jetzt auch als Megaperls gibt, dann läßt sich diese neue Information in die vorhandenen Wissensstrukturen problemlos einpassen, „Megaperls“ kann also an die richti­ ge Stelle „angedockt“ und damit gelernt werden. Wissen besteht also aus standardisierten Strukturen, die auch für zu bewer­ bende Marken aufgebaut werden müssen. Je dichter das Netz von Wissen über die Marke geknüpft werden kann, um so besser gelingt die Vermittlung von neuen Informationen.

1.7.2.3 Lernen von Emotionen Auf gesättigten Märkten sind Informationen über Produkte immer dann trivi­ al, wenn sie genauso austauschbar sind, wie die Produkte selbst. Wenn Diffe­ renzierungen auf Basis einer unique advertising proposition vorgenommen

42

Werbung unter Controllingaspekten

werden, geht es weniger um das Lernen von Informationen, als vielmehr um das Lernen von Erlebniswelten und Emotionen. In einer langfristigen Aus­ richtung versucht Werbung über den Mechanismus der emotionalen Kondi­ tionierung (vgl. Kapitel 1.5.2) Marken mit emotionalen Werten aufzuladen. Kurz- und mittelfristig wird versucht, den gefühlsmäßigen Zustand des Kon­ sumenten so zu beeinflussen, daß der Bedeutungsgehalt der Werbebotschaft in einer bestimmten Art und Weise interpretiert wird. Abbildung 1-18 zeigt ein sehr emotionales Werbemotiv das von Mannes­ mann eingesetzt wurde zur Abwehr der Übernahme durch Vodafone. Ange­ sprochen werden sollten die Mannesmann-Aktionäre mit dem Ziel, sie zu ver­ anlassen, gegen die Übernahme zu stimmen. Das Baby hat mit der Übernah­ me eines Unternehmens durch ein anderes nicht das geringste zu tun. Übernahmen erfolgen üblicherweise auf einer sehr rationalen Basis, den Ak­ tionären ist vor allem die Entwicklung von Kurs und Dividende wichtig. Un­ ter verhaltenswissenschaftlichen Aspekten spricht das Baby sofort den Be­ schützerinstinkt des Betrachters an; beabsichtigt ist, diesen Beschützerinstinkt auch auf das Unternehmen zu übertragen. Der Angriff auf das Unternehmen wird in dieser Werbung gleichgesetzt mir dem Angriff auf das Baby.

^mannesmann

Abbildung 1-18: Beispiel emotionaler Beeinflussung

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1.7.3

43

Motivation

Die Wahrnehmung der Werbung und das Lernen ihrer Botschaft sind notwen­ dige Voraussetzungen zur Entfaltung einer Werbewirkung. Ein Produkt wird jedoch nicht allein deshalb gekauft, weil seine Werbung wahrgenommen und gelernt wurde, der Käufer muß auch einen Grund dafür haben. Dabei ist es un­ erheblich, ob der Grund vor dem Kauf gegeben ist oder, wie im Fall von Spontankäufen, nachträglich gerechtfertigt wird. Motive sind Beweggründe für ein bestimmtes Verhalten und zählen zu den individuellen Persönlich­ keitsmerkmalen (vgl. v. Rosenstiel/Kirsch 1996, S. 127). Ein und derselben Kaufentscheidung können also bei unterschiedlichen Personen verschiedene Kaufmotive zugrundeliegen. Motive lassen sich an Hand der Erwartungs-Wert-Modelle veranschauli­ chen. Sie erklären die Motivation zu einem bestimmten Verhalten als Produkt aus der Erwartung, mit diesem Verhalten Erfolg zu haben und dem Wert, den die Folgen des Verhaltens für eine Person haben. Die Motivation ist um so hö­ her, je stärker beide Faktoren ausgeprägt sind. Ist hingegen einer der Faktoren Null, so besteht keinerlei Motivation zu einem bestimmten Verhalten (vgl. Felser 2001, S. 35 f.). Die wohl bekannteste Motivtheorie ist die Bedürfnishierarchie von Maslow (vgl. Abbildung 1-19). Maslow entwickelte ein Modell menschlicher Bedürf­ nisse, die in einer nach ihrer Dringlichkeit abgestuften Hierarchie angeordnet sind. Der Mensch ist bestrebt, die dringlichsten Bedürfnisse zuerst zu befrie­ digen. Ist dies erfolgt, verliert dieses Bedürfnis an Wirkung, und es wird ver­ sucht, das nächstdringliche Bedürfnis zu befriedigen.

Be­ dürfnis nach Selbst­ verwirklichung (z.B. Entfaltung der Persönlichkeit)

Bedürfnis nach Wertschätzung (z.B. Anerkennung, Status)

Soziale Bedürfnisse (z.B. Liebe, Geselligkeit)

Sicherheitsbedürfnisse (z.B. Geborgenheit, Alterssicherung)

Physiologische Bedürfnisse (z.B. Hunger, Durst, Schlaf)

Abbildung 1-19: Die Maslowsche Bedürfnispyramide

Da in Wohlstandsgesellschaften die physiologischen Bedürfnisse und die Si­ cherheitsbedürfnisse im allgemeinen abgedeckt sind, werden die oberen Schichten der Bedürfnishierarchie besonders verhaltensrelevant. Daher ist es

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auch nicht überraschend, daß die Werbung häufig den Prestige- und Status­ wert der Produkte heraushebt. Die unteren Bereiche der Bedürfnishierarchie werden nur in Ausnahmefällen von der Werbung angesprochen („Hoffentlich Allianz versichert“) (vgl. Kloss 2003, S.73f.). Sehr häufig sprechen auch Banken und Versicherungen das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung an: „Wir machen den Weg frei“ (Volksbanken), „Leben Sie. Wir kümmern uns um die Details“ (HypoVereinsbank). In Abbildung 1-14 richtet sich Chrysler an das Bedürfnis nach Wertschätzung. Unter motivationstheoretischen Aspekten wird bei der Wahl zwischen Alternativen diejenige gekauft, die in der subjektiven Einschätzung des Käufers am besten geeignet erscheint, seine individuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Im Rahmen der Wer­ bekonzeption müssen die Motive eindeutig definiert werden, die mit der Kampagne angesprochen werden und die Zielgruppe zum Kauf des Produktes veranlassen sollen.

1.7.4

Images

Images spielen im Kaufentscheidungsprozeß eine überragende Rolle, weil die Differenzierung vor allem über sie erfolgt. Produkte, die funktional völlig austauschbar sind, unterscheiden sich vor allem über die Images ihrer Mar­ ken. Es sind letztlich die Images, die eine Marke von ihren Wettbewerbern differenziert. Es sind somit auch Images, die eine Marke konstituieren. Auf gesättigten Märkten ist Werbung die einzige Möglichkeit, Marken zu diffe­ renzieren und Images zu kreieren: Eine unique advertising proposition kann nur durch Werbung aufgebaut werden. Diese Zusammenhänge verdeutlichen die strategische Bedeutung der Werbung als Wettbewerbsfaktor.

In Images kommen immer subjektive Bewertungen zum Ausdruck. Image läßt sich definieren als „das Bild, das sich jemand von einem Gegenstand macht. Ein Image gibt die subjektiven Ansichten und Vorstellungen von ei­ nem Gegenstand wieder“ (Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 190) bzw. die „subjektiven, Verstandes- wie gefühlsmäßigen Bedeutungsgehalte, die der Konsument mit der Marke verbindet“ (Mayer/Mayer 1987, S. 6).

1.7.4.1 Funktionen von Images

Im Kaufentscheidungsprozeß des Konsumenten nehmen Images unterschied­ liche Funktionen wahr (vgl. Mayer/Mayer 1987, S, 14ff.) (vgl. Abbildung 1-20):

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45

1. In einem sehr komplexen Markenumfeld dienen Images zur Umweltbe­ wältigung, indem sie Orientierung geben bei der Bewertung von Alternati­ ven. Marken bündeln Schlüsselinformationen wie Herstellerkompetenz und Preis-Leistungs-Verhältnis und können somit das subjektiv empfun­ dene Kaufrisiko begrenzen. 2. Die Funktion der Selbstbestätigung übernehmen Images dann, wenn Mar­ ken danach ausgewählt werden, das Selbstbild zu stützen bzw. zur Identifi­ kation mit persönlichen Werten dienen. 3. Während die Selbstbestätigungsfunktion nach innen gerichtet ist, richtet sich die Wertausdrucksfunktion nach außen. Hier werden die mit den Marken verbundenen Images genutzt, um zu zeigen, was man ist bzw. für was man gehalten werden möchte. Markenimages dienen hier zur Selbstdarstellung. 4. Images haben dann eine Anpassungsfunktion, wenn mit dem Konsum be­ stimmter Marken eine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen signalisiert werden soll. Kaufmotiv ist hier das Bemühen um Akzeptanz durch die Um­ welt. Umweltbewältigung

Selbstbestätigung

Image

Anpassung

Wertausdruck

Abbildung 1-20: Funktionen von Images im Kaufentscheidungsprozeß Nach Mayer/Mayer: Imagetransfer, Hamburg 1987, S. 13 ff.

Die Ausprägung der einzelnen Imagefunktionen ist in hohem Maße davon ab­ hängig, ob die Produkte nach außen sichtbar sind oder nicht. In einer Untersu­ chung des Marketing Centrums Münster und der Unternehmensberatung McKinsey wurde die Markenrelevanz in allen bedeutenden Konsumgüter­ märkten erfaßt. Es zeigte sich, daß sie von Branche zu Branche stark variiert (vgl. Abbildung 1-21). Die Liste der 45 untersuchten Branchen wird ange­ führt von Designer-Sonnenbrillen. Aber auch für Genußmittel wie Zigaretten, Bier, Schokolade und Champagner spielt das Markenimage eine zentrale Rol­ le. Am wenigsten relevant ist das Markenimage bei Kaffeemaschinen, Papier­ taschentücher und Strom, auch die Fernsehsender haben keine ausgeprägte Markenstärke (vgl. Meffert/Schröder/Perrey 2002, S. 28 ff.). Wesentlicher Bestandteil des Markenimage sind die Assoziationen der Zielgruppe mit der Marke. Diese wiederum resultieren aus einem gezielten kommunikativen Auftritt und einem damit konsistenten Verhalten. Das Mar­ kenimage ist auch ein wesentlicher Faktor bei der Bestimmung des Markenund damit Unternehmenswertes.

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Abbildung 1-21: Relevanz von Markenimages nach Branchen Quelle: Meffert/Schröder/Perrey: Lohnt sich Ihre Investition in die Marke?, in: Ab­ satzwirtschaft Nr. 10, 2002, S. 30

Werbung unter^ Controlüngaspekten

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An Hand der in Abbildung 1-22 dargestellten Markenlogos möge sich der Le­ ser selbst ein Bild über die assoziierten Images machen.

BOSS HUGO

BOSS

N*5 CHANEL PARFüM

Abbildung 1-22: Imageträchtige Markenlogos

1.7.4.2 Komponenten von Images Abbildung 1-23 zeigt, wie außerordentlich komplex die Struktur eines Mar­ kenimage ist. Es sind im wesentlichen folgende Komponenten, deren Zusam­ menwirken das Markenimage ergibt: • Wenn der Hersteller der Marke in Erscheinung tritt, kommt es zu Wechsel­ wirkungen zwischen Marken- und Herstellerimage (beispielsweise Beiers­ dorf und Nivea, Henkel und Persil). Der Vorteil liegt darin, daß sich positi­ ve Images gegenseitig verstärken. Der potentielle Nachteil liegt entspre­ chend in einem negativen Imagetransfer. Wenn z.B. ein Auto den „Eichtest“ nicht besteht, kann das fatale Folgen für das Image des Herstel­ lers und damit wiederum aller seiner Marken haben. • Das Markenimage wird auch beeinflußt von den einzelnen Produkten der Marke, sowie dem Image der Produktkategorie als solcher. Produkte aus dem Bereich Damenhygiene werden (zumindest bei der Nicht-Zielgruppe Männer) deutlich anders bewertet als Genußmittel. • Auch die konkurrierenden Marken beeinflussen das Image der eigenen Marke. Wenn eine Marke generisch für die gesamte Produktkategorie steht (Tempo, Uhu, Aspirin), haben es die anderen Marken schwer, sich dagegen zu behaupten. • Eine große Bedeutung hat auch das Image des Herstellerlandes. So ist das Label „Made in Germany“ international einer der stärksten Qualitätsindika­

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toren. Der Erfolg ausländischer Produkte hängt in hohem Maße auch von den Imagekomponenten des Herstellerlandes ab (Whisky aus Schottland, Käse, Wein und Parfum aus Frankreich). Der Einfluß des Herkunftslandes auf die Beurteilung von Produkten wird auch als Country of Origin-Effect bezeichnet. • Auch der Distributionskanal wirkt insofern auf das Markenimage, als bei­ spielsweise selektiver Vertrieb (Fachhandel) tendenziell positiver bewertet wird als Massendistributionskanäle. Auch hier sind Rücktransfers denkbar, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich.

Abbildung 1-23: Komponenten des Markenimage Quelle: Mayerhofer: Imagetransfer, Wien 1995, S. 55

Zusammen mit Nicht-Image Faktoren (z.B. Gewinn-und-Verlust-Rechnung) fließt das Markenimage in die Markenbewertung ein, aus der sich schließlich der Markenwert ergibt. Nach einer Untersuchung von Interbrand war im Jahr 2002 Coca-Cola mit ei­ nem Wert von fast 70 Milliarden $ die wertvollste Marke der Welt, gefolgt von Microsoft und IBM. Als wertvollste deutsche Marke rangiert Mercedes mit einem Wert von 21 Milliarden $ auf Platz 10, BMW mit 14,4 Milliarden auf Platz 20 (vgl. Abbildung 1-24). Wenn die Marke das Kapital eines Unternehmens ist, muß jede Art der Werbung als eine Investition in die Marke aufgefaßt wer­ den. Das Werbecontrolling muß daher jede Werbemaßnahme daraufhin überprüfen, inwieweit sie mit dem angestrebten Mar­ kenimage kompatibel ist.

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Abbildung 1-24: Die 20 wertvollsten Marken der Welt 2002 Quelle: Interbrand 2002, Angaben in Millionen US$

Im Rahmen des Werbecontrolling ist es notwendig, das Ist-Image dem ange­ strebten Soll-Image gegenüberzustellen. Als Instrument zur Imagemessung und Imagebewertung steht dafür insbesondere das semantische Differential zur Verfügung (vgl. Kapitel 3.2.6).

1.8

Positionierung

Markenimages sind i.d.R. keine Zufallsprodukte sondern meist das Resultat von Positionierungen. Da sich auf gesättigten Märkten Produkte vielfach aus­ schließlich über die Marke differenzieren, kommt der Positionierung eine ent­ scheidende Bedeutung als Wettbewerbsfaktor zu. Die folgenden Ausführun­ gen sollen Grundlagen der Positionierung vermitteln, im Vorgriff auf das im Rahmen des strategischen Werbecontrolling einzusetzende Instrument der Positionierungsanalyse (vgl. Kapitel 3.2.3). Im Rahmen des sogenannten STP-Ansatzes (segmenting, targeting, positio­ ning) bildet die Positionierung des Abschluß. Dieser Ansatz charakterisiert die Vorgehensweise des zielgruppenorientierten Marketing. Im ersten Schritt wer­ den Märkte segmentiert, also in abgrenzbare Käufergruppen eingeteilt, für die spezifische Angebote erstellt werden. Im zweiten Schritt erfolgt die Festlegung der Zielmärkte und im dritten Schritt wird mit der Positionierung die Wettbe­ werbsposition für das Angebot bestimmt (vgl. Kotler/Bliemel 2001, S. 415).

50

1.8.1

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Konzept der Positionierung

Der Begriff Positionierung ist maßgeblich mit den Werbeleuten Ries und Trout verbunden, die sich in ihrem äußerst lesenswerten Buch (1986) erstmals ausführlich damit befaßten. Sie beschreiben Positionierung als einen Prozeß, der zwar mit einem Produkt beginnt, am Produkt selbst aber nichts ändert, der sich vielmehr in den Köpfen der Adressaten abspielt: „Man plaziert, positio­ niert ein Produkt in den Köpfen der potentiellen Kunden“ (Ries/Trout 1986, S. 19). Ein Unternehmen hat nur dann Erfolg, wenn es ihm gelingt, eine Posi­ tion im Bewußtsein seiner Adressaten zu etablieren, „die nicht nur die eigenen Stärken und Schwächen, sondern auch die der Konkurrenten berücksichtigt“ (Ries/Trout 1986, S.43f.). Um sich in der Produktvielfalt zurechtzufinden, haben es die Verbraucher gelernt, „Produkte und Marken geistig einzuord­ nen“ (Ries/Trout 1986, S. 52). Ausgangspunkt der Positionierung ist die Tatsache, daß Verbraucher ihre Kaufentscheidung danach richten, inwieweit die Produkte ihren Vorstellun­ gen entsprechen (vgl. Becker 2001, S. 248). Es werden die Produkte gekauft, die in der subjektiven Wahrnehmung die geringste Distanz zu einem Idealpro­ dukt aufweisen (vgl. Meffert 2000, S. 343 f.). Positionierung läßt sich somit definieren als das „Bestreben des Unternehmens, sein Angebot so zu gestal­ ten, daß es im Bewußtsein des Zielkunden einen besonderen, geschätzten und von Wettbewerbern abgesetzten Platz einnimmt“ (Kotler/Bliemel 2001, S. 496). Da Verbraucher Positionierungen mit oder ohne Hilfe des Marketing vornehmen, ist es also naheliegend, diese Positionierungen nicht dem Zufall zu überlassen, sondern sie gezielt zu planen (vgl. Kotier 2002, S. 390). Alle strategischen Entscheidungen im Marketing werden von der angestrebten Positionierung bestimmt. Die Markenpositio­ nierung wird schriftlich fixiert und definiert somit die strategi­ sche Zielsetzung der Werbung. Gleichzeitig ist sie im Rahmen des Werbecontrolling auch die Richtschnur, an der alle werbli­ chen Aktivitäten zu bewerten sind.

Die Positionierung sollte eindeutig formuliert sein und sich klar von Wettbe­ werbspositionierungen abgrenzen. Da die Werbung die Positionierung nicht expressis verbis, sondern nur implizit zum Ausdruck bringt, ist sie kein vom Wettbewerb rechtlich angreifbares Dokument. Die in der Positionierung (üb­ licherweise als Superlativ) behauptete Alleinstellung muß einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten, wohl aber die Werbeaussagen. In dem Bei­ spiel in Abbildung 1-25 könnte die zugrundeliegende Positionierung lauten, daß Ballantine's der beste Whisky ist. Diese Formulierung wäre als Werbe­ aussagejuristisch nicht haltbar. In der Anzeige wird aber genau diese Positio­ nierung impliziert, indem ein offensichtlich notorischer Querulant an dem

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Oldtimer herummäkelt (Dach fehlt, langweilige Farbe, abgefahrene Reifen, Löcher in der Seite) und allein an dem Whisky nichts auszusetzen findet.

Abbildung 1-25: Positionierungsbeispiel

Um eine Position in den Köpfen der Verbraucher einnehmen zu können, muß die für ein Angebot aufgebaute Positionierung zwei Voraussetzungen erfüllen (vgl. Kloss 2003, S. 117): 1. Sie muß eigenständig, d. h. von den Positionierungen der Konkurrenzange­ bote unterscheidbar sein. Eine Positionierung ist um so eigenständiger, je besser sie einem Bedürfnisproblem einer bestimmen Zielgruppe entspricht und das Angebot als Problemlösung glaubwürdig im Bewußtsein der Ver­ braucher verankern kann.

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2. Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit einer Positionierung ist ihre Konsumrelevanz. Die Verbraucher akzeptieren kein Nutzenversprechen, mag es noch so eigenständig sein, wenn es keine Relevanz für den Konsum die­ ses Produktes hat.

Für eine Positionierung reicht es nicht, Produkteigenschaften herauszustellen, vielmehr müssen diese Eigenschaften in einen verbraucherrelevanten Nutzen übersetzt werden. Beispielsweise ist „kalorienreduziert“ eine Produkteigen­ schaft, die von der Marke Du-darfst in Verbrauchervorteile wie „gute Figur“, „gutes Aussehen“, „stärkeres Selbstbewußtsein“ umgesetzt wurden (vgl. Kloss 2003, S. 116).

1.8.2

Positionierungsansätze und -regeln

Grundsätzlich läßt sich jedes Produkt immer mit zwei Dimensionen beschrei­ ben (vgl. Abbildung 1-26):

Zusatznutzen Abbildung 1-26: Dimensionen eines Produktes

• Der Grundnutzen ist die funktionale Dimension, die objektive und ratio­ nale Kriterien hat. Eine Zigarette kann mit dem Nikotin- und Teergehalt, Länge, Filter, Verpackungsart u. dgl. beschrieben werden, ein Kaffee über Koffein, Magenfreundlichkeit, Röstung, Herkunft der Bohnen usw. • Der Zusatznutzen ist hingegen eine Dimension, die dem Produkt beigelegt wird (vgl. die Allegorie vom Buridanschen Esel in Kapitel 1.5.3) und emo­ tional und subjektiv definiert wird. Für eine Zigarette kann sich daraus der Geschmack von Freiheit und Abenteuer, für einen Kaffee das Verwöhnaro­ ma ergeben.

Durch die Unterscheidung von Grund- und Zusatznutzen läßt sich grundsätz­ lich jedes Angebot positionieren, selbst ein so profanes Produkt wie ein Ei (vgl. Kapitel 1.5.3).

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Erweist sich ein Produkt als Flop, kann das sowohl an der Qualität (Grundnut­ zen) als auch an der Positionierung (Zusatznutzen) gelegen haben, was im Einzelfall schwierig zu unterscheiden sein kann. Im ersten Fall ist der Fehler bei der Produktentwicklung zu suchen, im zweiten Fall dem Marketing zuzu­ schreiben. Auf gesättigten Märkten führt eine Argumentation auf Basis des Grundnut­ zens üblicherweise nicht zu einer Differenzierung vom Wettbewerb. Die Marlboro würde sich objektiv genauso wenig von der Camel unterscheiden, wie die Jacobs Krönung von Tchibos Beste Bohne. Die Positionierung setzt daher in der Regel beim Zusatznutzen an oder, um das Differenzierungsmo­ dell in Abbildung 1-6 heranzuziehen, an der unique advertising proposition (vgl. Abbildung 1-27). Auf gesättigten Märkten sind Positionierungen auf Basis einer unique selling proposition eher die Ausnahme. Zwar hat Sony bei­ spielsweise eine Alleinstellung im Hinblick auf die Miniaturisierung in der Unterhaltungselektronik, die Werbung dramatisiert jedoch den Slogan „It’s not a trick, it’s a Sony“.

Abbildung 1-27: Differenzierungsansätze der Positionierung

Der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens ist nicht notwendigerweise mit der Positionierung seiner Produkte identisch. Beispielsweise lassen sich Ko­ stenvorteile nicht immer sinnvoll in eine Positionierung übersetzen.

Ein Beispiel für die Positionierung auf Basis eines USP ist das PRE-SAFE in der neuen S-Klasse von Mercedes, das eindrucksvoll in einem TV-Spot umge­ setzt wurde. Gezeigt wird der Bewegungsablauf einer fallenden Katze in Röntgenbildem, begleitet von einem Sprecher aus dem Off: „Sich auf einen Aufprall vorzubereiten ist bei Katzen angeboren. Beim Menschen nicht. Des­ halb haben wir das erste Sicherheitssystem entwickelt, das schon vor einem Crash reagieren kann: PRE-SAFE. Jetzt in der S-Klasse.“ Es handelt sich da­

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bei um eine echte Innovation, die so lange als Wettbewerbsvorteil dient, wie der Wettbe­ werb nichts Vergleichbares vorweisen kann.

Für den Aufbau einer Positionierung sind eini­ ge Regeln einzuhalten (vgl. Kroeber-Riel/ Esch 2000, S. 47ff.): 1. Die Besonderheiten des Angebotes her­ ausstellen. Diese können in objektiven und funktionalen Eigenschaften liegen, wobei selbst Nebensächlichkeiten Unterschiede verdeutlichen können. Besteht keine Mög­ lichkeit zu einer rationalen Argumentation, ist auf subjektive, emotionale Werte abzu­ heben, die im Wege einer emotionalen Kon­ ditionierung mit dem Angebot in Verbin­ dung gebracht werden. 2. Für den Konsumenten attraktiv sein. „Der Köder muß dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“ (Kroeber-Riel/Esch 2000, S. 50). Der Verbraucher kauft keine Produkteigenschaften, sondern Produktnut­ zen. Da durch den Wertewandel die Nut­ zenerwartungen der Verbraucher Trends unterworfen sind, muß eine Positionierung immer zukunftsorientiert sein und versu­ chen, die künftigen Werte der Verbraucher vorwegzunehmen. 3. Sich gegenüber der Konkurrenz abhe­ ben. Es geht darum, verbraucherrelevante Positionen zu finden, die die Konkurrenz nicht besetzt. Das eigene Angebot muß als eine eigenständige Alternative gesehen werden können. 4. Langfristige Positionen aufbauen. Kurz­ fristig wechselnde Positionierungen haben es schwerer, sich im Verbraucherbewußt­ sein festzusetzen, da sie immer wieder neu gelernt werden müssen. Langfristigkeit be­ deutet auch Kontinuität. „Zur Umsetzung der gewählten Positionierung ist Kontinuität in der Markenführung unabdingbar, da es sich beim Aufbau von Gedächtnisstrukturen für Marken und Unternehmen um ein Lernkon­ zept handelt“ (Puhlmann/Semlitsch 1997, S. 25).

Werbung unter Controllingaspekten

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Unterschiedliche Positionierungsstrategien führen dazu, daß mehrere Unter­ nehmen auf dem gleichen Markt mit weitgehend identischen Produkten erfolg­ reich nebeneinander konkurrieren können (vgl. Kloss 2003, S. 116). Da alle Werbemaßnahmen sich an der Positionierung orientieren müssen, ist es für das Werbecontrolling fundamental, die gewählte Positionierungsstrategie selbst einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Je nach gewählter Strategie sind die werblichen Umsetzungen grundsätzlich unterschiedlich. Abbildung 1-28 zeigt am Beispiel des Benzinmarktes, daß eine Positionierung sowohl über die Qualität des Produktes als auch über die Einkaufsmöglichkeiten an den Statio­ nen sinnvoll wäre, aber zu unterschiedlichen Umsetzungen führen. Im Dienstleistungsbereich lassen sich Positionierungen in erster Linie über die Servicequalität realisieren. Der Qualität des Personals kommt daher im Dienstleistungsbereich eine entscheidende Bedeutung zu. Die wesentlichen Dimensionen sind dabei Höflichkeit, Freundlichkeit, Kompetenz, Zuverläs­ sigkeit und Sensibilität. Da Dienstleistungen immateriell sind, lassen sie sich schlechter beurteilen als Sachgüter. Im Gegensatz zu Sachgütern, die sich „anfassen“ lassen und sichtbar sind, lassen sich Dienstleistungen eben nicht anfassen. Dadurch ist es häufig so, daß sie zur Positionierung den umgekehr­ ten Weg wählen wie Sachgüter: Während letztere häufig immaterialisiert wer­ den, wird bei Dienstleistungen versucht, sie zu materialisieren. Bei einem Sachgut Auto kann nachvollziehbarerweise eine Positionierung über etwas so Immaterielles wie „Sicherheit“ angestrebt werden. Diese Sicherheit kann z.B. über ein schlafendes Kind im Fond eines fahrenden Autos ihrerseits wieder materialisiert werden. Dienstleister wie Banken materialisieren ihr Angebot beispielsweise über eine Metapher wie „Wir machen den Weg frei“. Häufig dienen auch Personen zur Materialisierung, wie Herr Kaiser von der Ham­ burg-Mannheimer. Warum unser Benzin auch Kraftstoff heißt.

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Abbildung 1-28: Positionierungsansätze im Benzinmarkt

56

Werbung unter Controllingaspekten

Generell läßt sich feststellen, daß Positionierungen im Dienstleistungsbereich weniger ausgeprägt sind als bei Konsumgütem. Dies ist zum einen sicherlich in der schwierigeren Ausgangsposition begründet (Immaterialität). Nachdem viele Konsumgüter aber mit grundsätzlich gleicher Austauschbarkeit der An­ gebote bewiesen haben, daß Positionierungen möglich sind, ist dies anderer­ seits wiederum nur schwer nachzuvollziehen. Nach wie vor fehlen eindeutige Positionierungen im Banken-, Versicherungs-, Kreditkarten- oder Tourismus­ bereich (vgl. Kloss 2003, S. 129).

2

Werbecontrolling-Konzept

Im ersten Kapitel wurde die Notwendigkeit eines Werbecontrolling aufge­ zeigt und ein Überblick über das heutige Werbeumfeld, Wirkungsmechanis­ men der Werbung sowie die Grundlagen der Positionierung gegeben. In die­ sem Kapitel soll nun ein einfaches, praxisnahes Konzept entwickelt werden, das es ermöglicht, Werbecontrolling in jedem werbetreibenden Unternehmen zu etablieren. Ferner werden die Gegenstandsbereiche des Werbecontrolling sowie Voraussetzungen zu dessen Implementierung aufgezeigt. Werbecontrolling eignet sich nicht nur für große und diversifizierte, son­ dern insbesondere für auch für mittelständische Unternehmen. Werbecontrol­ ling systematisiert den Prozeß der Werbeentwicklung und sorgt für Transpa­ renz bei allen Mitarbeitern. Informierte Mitarbeiter sind motivierter und lei­ stungsbereiter. Insbesondere Informationen über die Strategie und Ziele des Unternehmens müssen mit den Mitarbeitern geteilt werden, um ihnen im ope­ rativen Alltag Orientierungsfunktion zu geben. Werbecontrolling kann helfen, die notwendigen Veränderungsprozesse einzuleiten. Einer der Hauptgründe für die derzeitige Krise vieler mittelständischer Un­ ternehmen liegt im fehlenden Markenaufbau und in der fehlenden strategi­ schen Ausrichtung des Marketing und damit auch der Werbung. Schätzungen zufolge betreiben nur etwa zehn Prozent der Mittelständler strategisches Mar­ keting, während der Rest werbliche Entscheidungen aus dem „Bauch heraus“ trifft (vgl. Peymani 2002, S.36). Diesen Unternehmen hilft die Entwicklung und Implementierung eines Werbecontrolling gleich in mehrfacher Hinsicht. Einerseits werden alle Prozesse und Ziele strategiekonform ausgerichtet und den Mitarbeitern kommuniziert, andererseits werden Wirkungszusammen­ hänge zwischen verschiedenen Zielen und Maßnahmen deutlich. Gerade im Marketing- und Werbebereich wird so der strategische Markenaufbau über ganzheitliche Ansätze gefördert und der Werbeprozeß systematisiert. Da es in den meisten mittelständischen Unternehmen keine eigenständige Werbeabtei­ lung gibt, wird diese Aufgabe entweder vom Marketing wahrgenommen oder an Agenturen vergeben. Auch ist das Marketingcontrolling oft nicht vorhan­ den, oder es existiert nur ein Marketing-Controller. Dadurch, daß das Werbe­ controlling bis auf die Mitarbeiterebene heruntergebrochen werden kann, er­ möglicht es allen Beteiligten ein Selbstcontrolling. Aufgrund der knappen personellen Ressourcen und des fehlenden Know-hows ist die Einbeziehung externer Berater bei der Entwicklung eines Werbecontrolling empfehlens­ wert. Vor allem durch einen langfristigen, konsequenten Markenaufbau kann in Zukunft eine Differenzierung vom Wettbewerb erreicht werden. Werbecon­ trolling kann durch seinen ganzheitlichen Charakter dieses Vorhaben unter­ stützen.

58

Werbecontrolling-Konzept

Für den Werbebereich bedeutet das, daß durch einen breiten Diskussions­ prozess im Management und gemeinsam mit den Mitarbeitern und Agenturen die Ziele und Maßnahmen im Marketing und der Werbung festzulegen und Ursache-Wirkungsbeziehungen aufzustellen sind. Die Ziele, Vorgaben, Maß­ nahmen und Zusammenhänge müssen periodisch einer kritischen Prüfung un­ terzogen werden. Nur wenn über die festgelegten Ziele und deren Verknüp­ fung Konsens besteht, kann Werbecontrolling zur Grundlage der täglichen Arbeit werden (vgl. Diers 2003, S. 73 f.).

2.1

Grundgedanken des Controlling

Controlling zählt zu den jüngeren Entwicklungen in der Betriebswirtschafts­ lehre und hat aufgrund dieser Tatsache seine endgültige Ausprägung noch nicht gefunden. Ende der fünfziger Jahre hielt das Controlling Einzug in Deutschland und beschränkte sich damals noch auf eine rein buchhalterische ex-post Kontrolle. Seither hat es einen enormen Bedeutungswandel und eine entsprechende Aufgabenausweitung erfahren (vgl. Abbildung 2-1). Zuneh­ mend entwickelt sich das Controlling zu einem ex-ante Frühwarnsystem, das Planabweichungen rechtzeitig zu erkennen versucht und dem Management Möglichkeiten zum Ergreifen von entsprechenden Gegenmaßnahmen ein­ räumt. Das Grundproblem des Management besteht darin, das Unternehmen und seine Beziehungen zur Untemehmensumwelt in seiner ganzen Komplexi­ tät unter Kontrolle zu bringen (vgl. Malik 1996, S. VII). Controlling ist heute ein betriebliches Führungssystem, das durch Transparentmachung von Um­ weltbedingungen und innerbetrieblichen Strukturen und der Bereitstellung von Informationen dazu einen wesentlichen Beitrag leisten muß.

2.1.1

Controlling als betriebliches Führungssystem

Der Begriff Controlling hat sich aus dem Amerikanischen ins Deutsche ohne Übersetzung eingebürgert. Er wird zurückgeführt sowohl auf das Französi­ sche contre role (Gegenrolle), als auch auf das Englische control (überwa­ chen, beherrschen, prüfen). Diese beiden Wurzeln des Begriffes beleuchten bereits schlaglichtartig die Bandbreite der Controlleraufgaben: Sie tragen ei­ nerseits durch kritisches Hinterfragen der Planansätze und andererseits durch Überprüfung der Entscheidungsprozesse zur Erreichung der Unternehmens­ ziele bei (vgl. Weber/Schäffer 2001, S. 35).

Werbecontrolling-Konzept

Betriebswirtschaftliches Steue­ rungs­ konzept

Zeit­ epoche Führungs­ stil

Finanz­ buch­ haltung 15. Jh. Ende

Operati­ Operative ves Con­ Voll­ Planung/ trolling/ kosten­ Teilkosten­ DBrechnung rechnung Rechnung

Strate­ gische Planung

Strate­ gisches Con­ trolling

59

Strate­ gisches Manage­ ment

Ganzheit­ liche Unter­ nehmens­ führung

Anfang Mitte Anfang Ende Ende Mitte Mitte 20er Jahre 20er Jahre 50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre 80er Jahre 90er Jahre

autoritär patriarchalisch

Ziel vorgabe

Zielvereinbarung

offene Führung

Substanzerhaltung

Gewinnsicherung Setzung

Existenzsicherung Existenzberechtigung

Abbildung 2-1: Entwicklung des Controlling Quelle: Liessmann, K. (Hrsg.) (1997): Lexikon Controlling und Kostenrechnung, Stichwort: Strategisches Controlling, Wiesbaden 1997

Der Bedeutungswandel des Controlling ist noch nicht abgeschlossen, was auch der Grund dafür ist, daß sich eine einheitliche Definition nicht durchge­ setzt hat. Controlling ist daher als Arbeitsbegriff aufzufassen, „dessen Inhalt in der Praxis vielfältig und unterschiedlich ausgelegt wird“ (Preißler 1996, S. 107). Horvath definiert Controlling als „funktionsübergreifendes Steue­ rungskonzept mit der Aufgabe der ergebnisorientierten Koordination von Pla­ nung, Kontrolle und Informationsversorgung“ und sieht den Controller als „wirtschaftliches Gewissen“ des Unternehmens (Horvath 2000, S. 5).

Das Controlling ist üblicherweise nicht mit Weisungsbefugnis ausgestattet, sondern beinhaltet eine Service- und Querschnittsfunktion für das Manage­ ment (vgl. ter Haseborg 1995, Sp. 1542). Die vom Controlling bereitgestellten Informationen und Analysen sollen das Management entlasten und dienen der Entscheidungsvorbereitung. Mit zunehmender Unternehmensgröße kann diese Funktion jedoch nicht mehr allein von einer zentralen Controllingabtei­ lung wahrgenommen werden, vielmehr werden dezentrale Controllingabtei­ lungen in verschiedenen Untemehmensbereichen geschaffen (Produktions­ controlling, Marketingcontrolling usw.) (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 278).

Es sind im wesentlichen drei Gründe, die zu einer steigenden Bedeutung des Controlling führen werden (vgl. Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw 2002, S. 19):

60

Werbecontrolling-Konzept

1. Bei vielen Unternehmen ist eine Dezentralisierung des Controlling zu be­ obachten, was zu neuen Einsatzbereichen im Sparten- und Bereichs-Con­ trolling führt, wie z. B. auch im Marketing und der Werbung. 2. Linienmanager nehmen zunehmend selbst Controlling-Aufgaben wahr und nutzen Controlling-Instrumente zur Planung, Steuerung und Koordination ihres Bereiches. 3. Controlling findet unter dem Druck knapper werdender Mittel zunehmend auch Verbreitung in Non-Profit-Organisationen wie Theatern, Kranken­ häusern oder Hochschulen. Vielfach haftet dem Controlling der Beigeschmack der Kontrolle im negati­ ven Sinn des Wortes an, und der Controller wird als Kontrolleur aufgefaßt. Im Bereich der Werbung ist vielfach ein Controlling gar nicht vorstellbar, da der Rationalismus des Controlling nicht mit Kreativität kombinierbar erscheint, schon gar nicht deren Kontrolle. Natürlich hat das Controlling auch eine Kon­ trollfunktion. Dies ist allerdings nur eine Funktion unter vielen und vor allem im Sinne eines Soll-Ist-Vergleichs zu verstehen. Kontrolle ist stets vergangenheits-, Controlling jedoch vor allem zukunftsbezogen. Das Selbstverständnis eines Controllers sollte daher als unternehmensinterner Berater in betriebs­ wirtschaftlichen Fragen zu sehen sein (vgl. Czenskowsky/Schünemann/ Zdrowomyslaw 2002, S. 17). Da das Controlling auf die Erreichung der Wertziele des Unternehmens ausgerichtet ist und jeder Mitarbeiter ein fundamentales Interesse an der Er­ reichung dieser Ziele hat, muß somit auch jeder Mitarbeiter in das Controlling involviert sein. Controlling ermöglicht es, frühzeitig Planabweichungen fest­ zustellen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dabei geht Con­ trolling von dem Grundsatz aus, daß diese Abweichungen nicht als Schuldzu­ weisungen aufzufassen sind, sondern als Ausgangspunkt für zu ergreifende Maßnahmen (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 12). Das System des Control­ ling ermöglicht es, aufgrund transparent gemachter Ziele, daß sich alle Mitar­ beiter an Hand der erreichten Ergebnisse selbst kontrollieren können (vgl. Preißler 1996, S. 108). Der Nachteil dieses Selbstcontrolling besteht nahelie­ genderweise allerdings darin, daß die Mitarbeiter nicht objektiv sind bzw. dem Tagesgeschäft höhere Prioritäten einräumen.

Wie in Abbildung 2-2 dargestellt, läßt sich Controlling grundsätzlich in vier verschiedenen konzeptionellen Ansätzen intepretieren (vgl. Czenskowsky/ Schünemann/Zdrowomyslaw 2002, S. 29ff.):

W^rbecontmUing-Konze^

61

Zukunftsorientierte Führungsphilosophie

Einflußnahme auf den Wertschöpfungsprozeß

Controlling verstanden als...

Unterstützung im Managementprozeß

InstrumenteBaukasten

Abbildung 2-2: Controlling-Konzept und seine Interpretationen Quelle: Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw: Grundzüge des Controlling, Gernsbach 2002, S. 29

• Als Ausdruck einer zukunftsorientierten Führungsphilosophie im Sinne von Zielvorgaben („Management by Objectives“) hat das Controlling die Funktion der Beratung der Führungskräfte bei der Zielformulierung. Es muß sichergestellt sein, daß eine Überprüfung der Zielerreichung möglich ist. Diese Zukunftsorientierung basiert auf dem Gedanken, daß Mitarbeiter aus Fehlern lernen und deren Wiederholung vermeiden können. • Controlling leistet eine Unterstützung im Managementprozeß und entlastet somit die Führung. Aus der Zielorientierung des Controlling folgt der Grundsatz: „Steuerung und Kontrolle ohne Ziele und Planung ist unmög­ lich, Ziele und Planung ohne Steuerung und Kontrolle sinnlos“ (Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw 2002, S. 33). Die Unterstützung des Managements ergibt sich aus dem daraus zwangsläufig resultierenden Re­ gelkreis (vgl. Kapitel 2.1.3). • Es nimmt Einfluß auf den Wertschöpfungsprozeß eines Unternehmens und konzentriert sich damit auf die wesentlichen Bereiche und kaufmännischen Fragestellungen in einer Organisation. Auf Basis der Wertschöpfungskette (vgl. Porter 1999) untersucht das Controlling die gesamte Prozeßhierarchie des Unternehmens. • Es stellt in einem Instrumente-Baukasten Verfahren zur Unternehmens­ steuerung und seiner organisatorischen Einheiten zur Verfügung. Dem Controlling stehen dafür eine Vielzahl von Instrumenten sowohl auf der strategischen (z. B. Portfolio-Analyse, SWOT-Analyse, Target Costing, Ba­ lanced Scorecard) als auch auf der operativen Ebene (z.B. Break-EvenAnalyse, Deckungsbeitragsrechnung, ABC-Analyse) zur Verfügung.

Werbecontrolling-Konzept

62

2.1.2

Operatives und strategisches Controlling

Controlling ist auf den Wertschöpfungsprozeß des Unternehmens ausgerich­ tet. In Zeiten intensiven Wettbewerbs ist die Überlebensfähigkeit eines Unter­ nehmens nur dann gesichert, wenn es in der Lage ist, sich an Veränderungen im Wettbewerbsumfeld anzupassen bzw. selbst solche zu initiieren. Die lang­ fristige Existenzsicherung eines Unter­ Erfolgsfaktoren eines Unternehmens nehmens setzt ausreichende Gewinne voraus, die wiederum von der Wettbe­ strategisch: operativ: werbsfähigkeit des Unternehmens ab­ Wettbewerbsfähigkeit Gewinn hängen. Diese Interdependenz zwi­ schen operativen und strategischen Er­ folgsfaktoren ist reflektiert in den beiden Teilkonzepten des Controlling, dem operativen und dem strategischen Controlling.

Strategisches und operatives Controlling bedingen und ergänzen sich gegen­ seitig. Während sich das operative Controlling an dem Planjahr und der Ver­ gangenheit orientiert, ist das strategische Controlling auf das Erkennen von Chancen und Risiken der Zukunft ausgerichtet, also auf die Erfolgspotentiale des Unternehmens (vgl. Horvath 2000, S. 196), im Sinne einer systematischen Auseinandersetzung mit der Markt- und Unternehmenszukunft (vgl. Abbil­ dung 2-3).

Vergangenheit

Kontrolle

Vorperiode

Gegenwart (heute und morgen)

Operatives Controlling

Jahresplanung

Zukunft

Strategisches Controlling

Mittelfristplanung

Langfrist­ planung

Abbildung 2-3: Zeithorizont des strategischen und operativen Controlling Quelle: Preißler, P.R.: Controlling, 12. Aufl., München 2000, S. 17

Inhalt des strategischen Kontrollprozesses ist neben der Kontrolle der Zieler­ reichung vor allem die Prämissenkontrolle. Da strategische Pläne langfristige Dokumente sind und die Richtung für mehrere Jahre vorgeben, ist die Kon­ trolle der Prämissenstabilität und die Beurteilung der Abweichungsrelevanz notwendig, d. h. die strategische Kontrolle „muß Auskunft darüber geben, ob

Werbecontrolling-Konzept

63

die Annahmen, die einer Strategie zugrunde lagen, noch richtig sind“ (Galla 2000, S. 41). Bei Bedarf müssen notwendige Korrekturen des strategischen Pfades identifiziert werden, um trotz Abweichungen die gesetzten Ziele den­ noch zu erreichen. Dadurch wird deutlich, daß es sich bei der strategischen Kontrolle vorwiegend um einen feedforward Prozeß handelt (vgl. Baum/Coenenberg/Günther 1999, S. 304f.). In Ergänzung zum strategischen Oberziel der nachhaltigen Existenzsiche­ rung, dient das operative Controlling der Erreichung der Oberziele Gewinn und Liquidität. Diese beiden Ziele wiederum sind notwendige Voraussetzung einer nachhaltigen Unternehmenssicherung. Das operative Controlling befaßt sich also mit Entwicklungen, die sich bereits in der Gegenwart durch Auf­ wand und Ertrag belegen lassen (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 196). Das operative Controlling arbeitet in aller Regel mit Vorgaben, die als Kennzahlen oder Prozentwerte definiert sind. Derartige Quantifizierungen sind im strategischen Controlling schwierig. Hier geht es häufig um Planung und Kontrolle qualitativer Größen, was im Einzelfall zu Interpretationspro­ blemen führen kann. Die Aufgabenteilung zwischen strategischem und operativem Controlling zeigt Abbildung 2-4. Beide Teilbereiche sind in einem betriebswirtschaftli­ chen Regelkreis miteinander verknüpft. Strategisches Controlling

Operatives Controlling

Orientierung

Umwelt und Unter­ nehmung: Adaption

Unternehmung: Wirtschaft­ lichkeit betrieblicher Prozesse

Planungsstufe

Strategische Planung

Taktische und operative Planung, Budgetierung

Dimension

Chancen/Risiken Stärken/Schwächen

Aufwand/Ertrag Kosten/Leistungen

Zielgrößen

Existenzsicherung Erfolgspotential

Wirtschaftlichkeit, Gewinn, Rentabilität

Abbildung 2-4: Strategisches und operatives Controlling Quelle: Horvath & Partner 2000: Das Controllingkonzept, S. 197

Allgemein gilt folgende Verzahnung zwischen operativem und strategischem Controlling (Preißler 2000, S. 19f.): 1. Operativ kann nur das aus der Unternehmung geholt werden, was strate­ gisch im Unternehmen vorher geschaffen wurde! 2. Im Mittelpunkt jeder Unternehmung sollte die Existenzsicherung stehen, nicht der kurzfristige Erfolg. 3. Aber Existenzsicherung ist ohne operatives Handeln nicht möglich!

64

2.1.3

WerbecontroHin^-Konze^

Regelkreis des Controlling

Die Führungsfunktionen des Controlling lassen sich in einem Controlling-Re­ gelkreis wie in Abbildung 2-5 darstellen. Dieser Regelkreis läßt sich als ky­ bernetisches System interpretieren (vgl. Auerbach 1994, S.48ff.). Im Vor­ griff auf den später darzustellenden Regelkreis des Werbecontrolling, soll diese Interpretation etwas ausführlicher erläutert werden. Kybernetik ist die Lehre von sich selbst steuernden und regulierenden Syste­ men und hat als solche auch Eingang in die Managementlehre gefunden. Be­ sondere Beachtung fand die Idee des kybernetischen Regelkreises und seine Anwendung für die Untemehmenssteuerung und -kontrolle (vgl. Steinmann/ Schreyögg 1997, S. 64). Die Funktionsweise des kybernetischen Regelkreises im Controlling basiert auf der Tatsache, daß die Mitarbeiter eines Unterneh­ mens in der Lage sind, ihr Verhalten so zu lenken, daß die angestrebten Ziele so weit wie möglich erreicht werden. Das Controlling hat somit auch eine Steuerungsfunktion für die Mitarbeiterführung; allein durch die Bereitstellung und Aufbereitung bestimmter Informationen sind die Mitarbeiter in der Lage, ihr Verhalten zieladäquater auszurichten („Behavioral Accounting“). Leistungsmaßstäbe festsetzen (Zielsetzung und Planung) Grundsatz: Abweichungen sind keine Schuldbeweise, sondern Ausgangspunkt für zu treffende Maßnahmen

Abbildung 2-5: Der Controlling-Regelkreis Quelle: Horvath & Partner 2000: Das Controllingkonzept, S. 12

Norbert Wiener, der Begründer der Kybernetik, definiert Lernen als „dem Wesen nach eine Form der Rückkopplung bei der das Verhaltensschema durch vorausgegangene Erfahrung abgewandelt wird“ (Wiener 1958, S. 55). Unter bezug auf Organisationsstrukturen definiert Malik: „Das Paradigma ei-

WertecontivUing^Ko^

65

nes kybernetischen Systems ist der lebende Organismus, der sich in ständiger Interaktion mit seiner Umwelt entwickelt, lernt und zu einem Fließgleichge­ wicht mit seiner Umwelt kommt“ (Malik 1996, S. 81). Dem Controlling liegt dieses Grundprinzip des kybernetischen Regelkrei­ ses zugrunde, der sich aus der Abfolge von Zielsetzung, Planung, Informa­ tion, Kontrolle, Abweichungsanalyse und Steuerungsmaßnahmen ergibt. Stra­ tegisches und operatives Controlling sind im gleichen Regelkreis miteinander verknüpft, allerdings mit unterschiedlichen Ausrichtungen (vgl. Abbildung 2-6).

Abbildung 2-6: Operatives und strategisches Controlling im Regelkreis

Ausgangspunkt des Controlling sind immer Ziele. Abweichungen können ei­ nerseits in den Zielen selbst begründet sein (unrealistische Zielsetzungen), sich andererseits durch den Einfluß von Störgrößen ergeben. Aufgabe des Controlling ist es daher zunächst, sicherzustellen, daß die anzustrebenden Untemehmensziele auch realisierbar sind und in operationale Ziele übersetzt werden. Aufgrund der Komplexität der Untemehmensumwelt ist es praktisch nicht möglich, alle Einflußfaktoren, die auf die Zielerreichung einwirken, zu

66

Werbecontrolling-Konzept

erfassen und zu planen. Daher wird es immer zu mehr oder weniger großen Zielabweichungen kommen, so daß Controlling einen kontinuierlichen Pro­ zeß der Sychronisation von Soll- und Ist-Werten darstellt. Neben der Zielset­ zung besteht die Aufgabe des Controlling also darin, den Zielerreichungspro­ zeß so zu steuern, daß sich das Unternehmen durch einen Lernprozeß an seine Umgebung anpaßt. Der Regelkreis des Controlling basiert also auf einem Rückkopplungspro­ zeß (Feedback), in dem Abweichungen automatisch Steuerungsprozesse aus­ lösen, um den angestrebten Gleichgewichtszustand zu erreichen und zu stabi­ lisieren. Da das Steuerungssystem jedoch Korrekturen bereits in dem Moment veranlaßt, in dem Abweichungen erkannt werden, beinhaltet der Regelkreis auch einen Vorkopplungsprozeß (Feedforward). Durch ein zeitnahes Reagie­ ren wird es somit prinzipiell möglich, das Wirksamwerden von Abweichun­ gen gar nicht erst eintreten zu lassen. Die Feedback- bzw. Feedforward-Aus­ richtung begründet einen wesentlichen Unterschied zwischen dem operativen und dem strategischen Controlling. Im operativen Controlling erfolgt die Ge­ winnsteuerung auf Basis abgerechneter Perioden bzw. fortlaufend in Form des rollierenden Forecast. Das strategische Controlling ist zukunftsorientiert und analysiert die Erfolgsaussichten alternativer Strategien. Ziel ist es, wenig erfolgversprechende Strategien zu erkennen, bevor sie Mittel binden. Gegen­ stand der Planung müssen somit auch Alternativpläne („Schubladenpläne“) sein.

Controlling ist in erster Linie ein Aufgabenfeld und nicht not­ wendigerweise an eine bestimmte Stelle oder Personen gebun­ den. Vielmehr ist es notwendig, den Controllinggedanken bei al­ len Mitarbeitern des Unternehmens zu verankern. Sinnvolles Controlling - ebenso wie sinnvolles Marketing - kann nur dann erfolgen, wenn alle Mitarbeiter seine Notwendigkeit erkennen und akzeptieren. Zur Abgrenzung von dem nun zu entwickelnden Werbecontrolling soll im fol­ genden das in diesem Kapitel in Grundzügen vorgestellte Controlling als „klassisches“ Controlling bezeichnet werden.

2.2

Grundkonzept des Werbecontrolling

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß mit dem hier zu entwickelnden Konzept eines Werbecontrolling ein Gebiet betreten wird, das als Neuland einzustufen ist. Die Gründe dafür wurden aufgezeigt (vgl. Kapitel 1.1.1). Hier soll nicht der Anspruch vertreten werden, auf Anhieb den „Stein der Weisen“ gefunden zu haben. Die Diskussion der nächsten Jahre, zu der dieses Buch ei­

Werbecontrolling-Konzept

67

nen Beitrag leisten will, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit neue Gedanken in das Werbecontrolling einbringen. Hier steht Pragmatik im Vordergrund, die zu einem konkreten Lösungsbeitrag aktueller Probleme führen soll. Im Werbecontrolling werden die beiden betrieblichen Funktionsbereiche Werbung und Controlling zusammengeführt. Diese Bereiche sind von ihrer grundsätzlichen Ausrichtung her sehr unterschiedlich, aber durch ihre ge­ meinsame Zielsetzung miteinander verbunden, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhöhen. Der vielleicht wesentlichste Unterschied liegt dar­ in, daß Controlling nach wie vor überwiegend quantitativ ausgerichtet ist, während Werbung vor allem qualitative Dimensionen hat, die sich vielfach ei­ ner Quantifizierung entziehen. Bevor das Konzept des Werbecontrolling entwickelt wird, soll ein kurzer Überblick über das Marketingcontrolling gegeben werden, als das dem Wer­ becontrolling übergeordnete Bereichscontrolling.

2.2.1

Ziele des Marketingcontrolling

Je größer ein Unternehmen ist, desto notwendiger ist die Spezialisierung des Managements auf einzelne Funktionsbereiche. Da es dadurch für das zentrale Controlling auch zunehmend schwieriger wird, seine Funktionen zu erfüllen, werden einzelne Managementteilbereiche durch Formen des Bereichscontrol­ ling unterstützt. Die am häufigsten anzutreffende Spezialisierung des Control­ ling ist in Form des Marketingcontrolling anzutreffen (vgl. Amshoff 1993). Bei der Betrachtung von Marketing und Controlling werden zunehmend nicht mehr die Gegensätze (introvertierte versus extrovertierte Betrachtungs­ weise), sondern ihre verwandtschaftlichen Beziehungen gewürdigt, sie wer­ den sogar als „Schwesterfunktionen“ bezeichnet (vgl. Seidenschwarz/Gleich 2001, S. 614ff.). Diese Sichtweise wird durch zwei Entwicklungen bestätigt: • Einerseits steigt der Informationsbedarf im Marketing aufgrund zunehmen­ der Kundenorientierung, Internationalisierung und Intensivierung des Wettbewerbs. • Andererseits erfolgt auch im Controlling eine stärkere Markt- und Kunden­ orientierung, die in jüngerer Zeit beispielsweise in den sehr marktorientier­ ten Controlling-Instrumenten Balanced Scorecard oder Target Costing zum Ausdruck kommt (vgl. Seidenschwarz/Gleich 2001, S. 616f.). Die Definitionsproblematik des Controlling findet sich auch im Marketing­ controlling wieder. Während Köhler (2001, S. 13f.) und ter Haseborg (1995, Sp. 1543) vor allem auf die Informationsversorgungs- und Koordinations­ funktion des Marketingcontrolling abheben, zählt Meffert (2000, S. 1044f.) auch die Planungs- und Kontrollfunktion dazu. Als übergeordnetes Ziel des Marketingcontrolling läßt sich die „Sicherstellung der Rationalität einer

68

Werbecontrolling-Konzept

marktorientierten Unternehmensführung“ definieren (Weber/Schäffer 2001, S. 32). Im Marketingcontrolling erfolgt die funktionale Verknüpfung von Marketing als „Führungskonzept vom Markt her“ und Controlling als „Füh­ rungskonzept vom Ergebnis her“ (vgl. Meffert 2000, S. 1035).

Abbildung 2-7: Zielgrößen des Markencontrolling Quelle: Meffert/Koers: Integratives Markencontrolling auf Basis des Balanced Scorecard-Ansatzes, in: Reinecke/Tomczak/Geis, (Hrsg.): Handbuch Marketingcontrol­ ling; Frankfurt/Wien 2001, S. 300

Abbildung 2-7 stellt diese Verknüpfung dar. Eine der Hauptaufgaben des Marketing liegt in der Herausbildung und Pflege von Marken. Mit einer Mar­ ke verbindet der Konsument nicht nur Eigenschaften, sondern auch emotio­ nale Nutzenaspekte. „Marken stellen für Unternehmen nicht nur ein Vertrau­ enskapitel dar, das der Verbraucher mit Markentreue verzinst, sondern sind auch im Wortsinn das Kapital eines Unternehmens“ (Kloss 2001a, S. 238). Für das Marketingcontrolling ist es sinnvoll, den Wert, den eine Marke für den Konsumenten darstellt, dem Markenwert aus der Sicht des Unternehmens gegenüberzustellen, da „sowohl eine gesteigerte externe Wirkungseffizienz der Marke als auch eine höhere interne Planungs- und Umsetzungseffizienz

Werbecontrolling-Konzept

69

angestrebt“ wird (Meffert/Koers 2001, S. 299). Der Markenwert stellt somit also eine Verknüpfung von monetären und nicht-monetären Größen dar. Die Zielgrößen des Marketingcontrolling sind somit sowohl quantitativer (z.B. Umsatz, Marktanteil, Deckungsbeitrag, Kosten) als auch qualitativer Art (z.B. Markenimage, -bekanntheit, -Sympathie, Kundenzufriedenheit).

Die psychographischen Zielgrößen, die im Rahmen des Marketing insbeson­ dere durch die Werbung beeinflußt werden, haben jedoch unmittelbare Aus­ wirkungen auf die finanziellen Zielgrößen des Unternehmens. Denn ein aus Sicht des Konsumenten hoher Markenwert führt einerseits zu höheren Ver­ kaufspreisen (Preispremium der Marke) und andererseits zu höheren Absatz­ zahlen (Mengenpremium der Marke) (vgl. Meffert/Koers 2001, S. 300).

In der Planung, Steuerung und Kontrolle auch qualitativer Größen liegt einer der wesentlichen Unterschiede des Marketingcontrolling gegenüber dem klas­ sischen Controlling begründet. Ein weiterer Unterschied liegt darin, daß die meisten der psychographischen Größen sehr schwer planbar sind, und somit einen intensiven Steuerungsprozeß mit entsprechenden Anpassungsmaßnah­ men bedingen (vgl. Meffert 2000, S. 1041).

2.2.2

Werbecontrolling als Subsystem des Marketingcontrolling

Werbung ist ein Teilbereich des Marketing, der gemeinsam mit den anderen Marketing-Mix-Faktoren zur Sicherstellung der Untemehmensziele beitragen soll. Entsprechend ist auch das Werbecontrolling als Subsystem des Marke­ tingcontrolling anzusehen, das neben den Controlling-Subsystemen der ande­ ren Teilbereiche (Produkt-, Preis-, Distributions-controlling) spezifische Ziel­ setzungen verfolgt (vgl. Abbildung 2-8). Wenn das Marketingcontrolling die Rationalität des unternehmerischen Handelns sicherstellen soll, so gilt dies für das Werbecontrolling in ganz be­ sonderem Maße, da Differenzierungskonzepte auf gesättigten Märkten sehr häufig auf einer unique advertising proposition beruhen, die einen emotiona­ len Mehrwert zu vermitteln versuchen.

70

Werbecontrolling-Konzept

Abbildung 2-8: Werbecontrolling als Controlling-Subsystem

Während das betriebliche Controlling strategisch auf die Existenzsicherung und operativ auf Gewinnmaximierung des Unternehmens zielt, sind die Ziel­ größen des Werbecontrolling aus den Funktionen und Zielen der Werbung ab­ zuleiten (zu den Werbezielen vgl. Kapitel 2.3.3). Demzufolge wären als stra­ tegische Werbeziele in erster Linie die Erzielung von Wettbewerbs vortei­ len und Differenzierung als USP bzw. UAP anzusehen. Operative Werbeziele sind naturgemäß vielfältiger und vor allem situativ zu formulie­ ren. Als Beispiele können Bekanntheit, die Ausprägung bestimmter Imagefa­ cetten, Sympathie, Erhöhung der Kaufbereitschaft u. dgl. genannt werden.

Abbildung 2-9: Dimensionen einer Werbecontrolling-Konzeption Quelle: Bauer/Meeder/Jordan: Werbung. Der große Spagat zwischen Kreativität und Controlling, in: Absatzwirtschaft Nr. 8, 2002, S. 50ff.

Da schon kein Konsens über die Begrifflichkeit des Controlling besteht, ist natürlich erst recht keine allgemein verbindliche Definition von Werbecon­ trolling zu erwarten. Bevor hier ein Definitionsvorschlag gegeben wird, sollen zunächst die Dimensionen einer Werbecontrolling-Konzeption aufgezeigt werden. Abbildung 2-9 unterscheidet fünf Dimensionen, die grundsätzlich einer Werbecontrolling-Konzeption immanent sind (vgl. Bauer/Meeder/Jordan 2002, S. 50ff.):

Werbecontrolling-Konzept

71

• Die funktionale Dimension konkretisiert die Aufgaben des Werbecontrol­ ling. Sie können verstanden werden als Qualitätssicherung des Werbema­ nagement, im Sinne einer „optimalen Kombination von Reflexion und In­ tuition“ (Bauer/Meeder/Jordan 2002, S. 50). Es geht mit anderen Worten darum, die rational orientierte strategische Ausrichtung der Werbung mit der kreativen Umsetzung in Einklang zu bringen. Als Funktionen des Wer­ becontrolling, sowohl auf strategischer als auch auf operationaler Ebene, lassen sich unterscheiden (vgl. Meffert 2000, S. 1044f.): ° Informationsversorgung des Managements, auf Basis der über die Markt­ forschung erhobenen Daten, ° Planungsunterstützung auf allen Ebenen des Planungsprozesses, ° Kontrolle im Hinblick auf Effektivität, Effizienz und Umsetzung, ° Koordination aller am Werbeprozeß beteiligten Einheiten und Einzelak­ tivitäten wie z. B. der einzelnen Werbesubmix-Instrumente. • Die prozessuale Dimension beschreibt die einzelnen Phasen des Control­ ling-Prozesses, im Hinblick auf Planung, Steuerung und Kontrolle der Wer­ bung bzw. Konzeption, Realisierung und Kontrolle, je nachdem, welche Betrachtungsweise zugrunde liegt. Die prozessuale Dimension des Werbe­ controlling beinhaltet den kybernetischen Regelprozeß, der automatisch Gegenmaßnahmen initiiert, wenn Soll-Ist-Abweichungen erkannt werden. • Die Dimension der Ebenen beinhaltet die Unterscheidung in ein strategi­ sches und ein operatives Werbecontrolling. Die strategische Ausrichtung gibt den Handlungsrahmen vor, der operativ umzusetzen ist. • Die institutionale Dimension betrifft die organisatorische Einbindung des Werbecontrolling. Hier sind unterschiedliche Möglichkeiten denkbar, de­ ren Konkretisierung vom individuellen Einzelfall abhängt. Werbecontrol­ ling kann entweder unternehmensintern oder -extern realisiert werden. Grundsätzlich ist das Werbecontrolling nicht an die Person eines Werbe­ controllers gebunden. Wird auf eine Personalisierung verzichtet, mündet dies letztlich in ein Selbstcontrolling der Mitarbeiter. Falls eine Personali­ sierung erfolgt, müssen funktionale Einbindung und Kompetenzen geregelt werden (vgl. Kapitel 2.4). • Die instrumentelle Dimension umfaßt die Verfahren, Methoden und In­ strumente, mit denen das Werbecontrolling arbeitet. Hier steht eine große Auswahl zur Verfügung, die ausführlich im dritten Kapitel des vorliegen­ den Buches beschrieben werden.

72

2.2.3

Werbecontrolling-Konzept

Werbecontroiling und Werbekonzeption

Eine der Hauptfunktionen des klassischen Controlling ist es, Planabweichun­ gen rechtzeitig zu erkennen und das Management in die Lage zu versetzen, entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Diese Funktion kann und muß das Controlling natürlich auch im Bereich der Werbung erfüllen. Da das Werbecontrolling in der Wirtschaft noch nicht sehr verbreitet ist, besteht über seine begriffliche Auffassung auch keine Einheitlichkeit. Hier soll (in Anlehnung an die Controlling-Auffassung von Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw 2002, S. 17) folgende Definition zugrundegelegt wer­ den, die als hinreichend allgemein erscheint, um konsensfähig zu sein:

Werbecontrolling ist die zielorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle der Werbung. Aufgabe eines werblichen Planungs- und Steuerungssystems ist es somit, das Management bei zielorientierten Werbeentscheidungen zu unterstützen.

Ausgangspunkt für das hier zu entwickelnde Werbecontrolling-Konzept ist die Werbekonzeption. Da in jedem werbetreibenden Unternehmen (bzw. in dessen Werbeagentur) der Erstellungsprozeß der Werbung in konzeptionelle Einzelschritte aufgeteilt ist, läßt sich daran problemlos ansetzen. In diesen Ausführungen sollen die Teilbereiche der Werbekonzeption wie in Abbildung 2-10 betrachtet werden. Sie werden im folgenden unter den Aspekten des Werbecontrolling ausführlich vorgestellt (vgl. Kapitel 2.3).

Abbildung 2-10: Gegenstandsbereiche der Werbekonzeption

Das Werbecontrolling hebt auf die Doppelfunktion von Werbe­ konzeptionen ab: Die Werbekonzeption stellt einerseits die Grundlage für die Realisierung der Werbung dar (Planung), gleichzeitig ist sie aber auch Richtschnur für deren Bewertung (Steuerung).

Werix^ontmll^

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Werbekonzeption und Werbecontrolling haben also korrespondierende Funk­ tionen und lassen sich als die Seiten ein und derselben Medaille auffassen. Die in Abbildung 2-10 dargestellten Gegenstandsbereiche der Werbekonzep­ tion sind also gleichzeitig Plan- und Kontrollgröße im Werbecontrolling. Al­ lerdings geht das Werbecontrolling noch über die Bereiche der Werbekonzep­ tion hinaus, da es auch deren strategischen Fundamente in die Überprüfung einbezieht, nämlich Marketingziele und Positionierung. Letzteres erfolgt in Kooperation mit dem übergeordneten Marketingcontrolling. Üblicherweise verläuft die Werbekonzeption in drei Phasen, mit denen sich das Werbecontrolling als ein Prozeß wie in Abbildung 2-11 darstellen läßt. Konzeption x> Realisation "> Kontrolle

Werbeziele \ Produktion Zielgruppe \ Schaltung Werbeobjekt \

Werbegebiet Werbezeitraum Werbeetat

Copy Strategy

Werbe­ wirkungs­ messung

Werbestrategie

Soll-Ist-Vergleich Gegenmaßnahmen

Abbildung 2-11: Werbecontrolling-Prozeß

• In der Konzeptionsphase werden Werbeziele, Zielgruppe, Werbeobjekt und Werbestrategie festgelegt. • In der Realisationsphase erfolgt die Werbemittelproduktion und daran an­ schließend die Schaltung. Da die Copy Strategy nicht nur die strategische Vorgabe für die Agentur ist, sondern auch Maßstab für deren kreative Lei­ stung, kommt sie phasenübergreifend sowohl in der Konzeptions- als auch in der Realisationsphase zum Tragen. Das gleiche gilt für die Mediastrategie, die während der Konzeptionsphase üblicherweise an die Mediaagentur delegiert wird. • Die Kontrollphase dient schließlich der Überprüfung, ob die angestrebten Werbeziele auch tatsächlich erreicht wurden. In der Praxis ist sie aber durchaus auch phasenübergreifend, da vielfach die Werbemittel auch PreTests unterzogen werden. • Häufig ist es so, daß Werbegebiet, Werbezeitraum und Werbeetat vorgege­ ben sind und gewissermaßen Rahmenbedingungen darstellen. Im Rahmen eines Werbecontrolling sind diese konzeptionellen Teilbereiche natürlich ebenfalls einer Überprüfung zu unterziehen.

74

2.2.4

Werbecontrolling-Konzept

Operatives und strategisches Werbecontrolling

Wie im klassischen Controlling ist auch im Werbecontrolling die Unterschei­ dung in einen operativen und einen strategischen Bereich sinnvoll und not­ wendig. Allerdings liegt der Schwerpunkt eindeutig im strategischen Werbe­ controlling.

2 .2.4.1 Gegenstandsbereiche Abbildung 2-12 stellt die Gegenstandsbereiche des strategischen und opera­ tiven Werbecontrolling dar. Das strategische Werbecontrolling überprüft die Ziele und Strategien, die der Werbung zugrunde liegen. Ausgangspunkt sind die Unternehmensziele, aus denen sich die Marketingziele ableiten. Diese sind ihrerseits die Grundla­ ge für die Positionierung, auf der wiederum die Werbekonzeption basiert. Es empfiehlt sich, von Zeit zu Zeit eine Überprüfung vorzunehmen, inwieweit die einzelnen Strategieebenen in sich konsistent und stringent auseinander ab­ zuleiten sind. Gegenstand des strategischen Werbecontrolling sind beispielsweise folgen­ de Fragen: • Haben wir die richtige Positionierung? • Begründet unser Differenzierungsansatz hinreichend genug eine Alleinstel­ lung? • Welche Stärken und Schwächen hat unsere aktuelle Kampagne? • Welche Marken sollen mit welcher Priorität beworben werden? • Wie hoch sollten Werbedruck und Werbeetat sein? • Verfolgen wir die richtigen Werbeziele?

Abbildung 2-12: Operatives und strategisches Werbecontrolling

Werbecontrolling-Konzept

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Das operative Werbecontrolling überprüft auf der Ebene der Werbeumset­ zung vor allem die Mediastrategie und die Werbewirkung. Es geht um die Frage, ob vorher festgelegte Vorgaben auch eingehalten wurden. Dabei ist die Werbekonzeption sowohl Gegenstand des strategischen als auch des operati­ ven Werbecontrolling, je nachdem, ob es sich um strategische oder operative Vorgaben handelt. Es sind vor allem folgende Bereiche, die im Rahmen des operativen Wer­ becontrolling einer Überprüfung unterzogen werden: • Kam es zu Abweichungen im Werbeetat und worin sind sie begründet? • Welche Tausendkontaktpreise wurden in den einzelnen Zielgruppen, auf­ gegliedert nach Medienkategorien, erzielt? • Wurde die Werbung spezifisch erinnert, d. h. hat die Zielgruppe die Werbe­ botschaft eindeutig der Marke zuordnen können? • Wie ist die Werbung von der Zielgruppe aufgenommen worden? • Sind die Recallwerte erreicht worden? • Welcher Werbedruck wurde erreicht? • Welche Reichweiten in den einzelnen Zielgruppen? • Wurde die Zielgruppe mit der vorgegebenen Frequenz angesprochen? • Wurden Share of Voice, Share of Advertising und Share of Mind erreicht? • Wurden die vorgegebenen geografischen Schwerpunkte in der Streupla­ nung eingehalten? • Das gleiche gilt für eventuelle zeitliche Schwerpunkte. • Sind die anvisierten Rücklaufquoten eingetreten? • Ist die angestrebte Werbewirkung eingetreten? Wurden die Bekanntheits­ ziele erreicht, sind die vorgegebenen Informationen übermittelt worden, ha­ ben sich Einstellungen in der Zielgruppe geändert?

Das operative Werbecontrolling kann also auf eine Reihe von Kennzahlen, absoluten und prozentualen Werten zurückgreifen und ist somit verhältnismä­ ßig einfach durchzuführen. Wichtiger als die reine Feststellung von Planabweichungen ist jedoch die Ursachenanalyse, um daraus für die Zukunft entsprechende Konsequenzen ziehen zu können. Werbecontrolling ermöglicht einen Lernprozeß. Fehler der Vergangenheit werden, im Sinne des kybernetischen Regelprozesses, für ein zukünftiges geändertes Verhalten genutzt.

2 .2.4.2 Regelkreis des Werbecontrolling

Der in Abbildung 2-5 in seinen Grundzügen aufgezeigte Regelkreis des Con­ trolling läßt sich in einer spezifischeren Ausprägung für das Werbecontrolling wie in Abbildung 2-13 darstellen. Es soll auch an dieser Stelle nochmals deutlich gemacht werden, daß der Regelkreis die Führungsfunktion des Wer-

76

Werbecontrolling-Konzept

decontrolling beschreibt. Das Erkennen von Soll-Ist-Abweichungen versetzt das Werbemanagement in die Lage, rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergrei­ fen. Aus der Analyse der Abweichungen sind Lernprozesse zu erwarten („Selbstcontrolling“), die sowohl zu Effizienz- als auch Effektivitätssteige­ rungen führen.

Abbildung 2-13: Regelkreis des Werbecontrolling: Grundstruktur

Auch das Werbecontrolling hat zunächst die Aufgabe, realistische (strategi­ sche und operative) Ziele zu formulieren. Da es, insbesondere bei den strate­ gischen Zielen, um die Beeinflussung menschlichen Verhaltens geht, erfolgt die Planung naturgemäß unter erheblicher Unsicherheit. Insofern ist davon auszugehen, daß auf die Planung zwangsläufig ein intensiver Steuerungspro­ zeß folgt. An die Soll-Vorgabe schließt sich die Feststellung des Ist-Zustandes an, der zu bewerten und dem Soll gegenüberzustellen ist. Wesentlicher Be­ standteil der Steuerung ist die Analyse der Abweichungen und das Aufzeigen der möglichen Auswirkungen. In einem so außerordentlich komplexen Sy­ stem wie der Werbung, das durch Interaktionen mit dem übrigen MarketingMix, den Aktivitäten der Wettbewerber und volkswirtschaftlichen Gegeben­ heiten gekennzeichnet ist, ist die Frage nach den Ursachen von Abweichun­ gen nicht immer eindeutig zu beantworten. Entsprechend ist auch die Planung und Durchführung der Korrekturen wiederum mit einem hohen Maß an Unsi­ cherheit behaftet. Korrekturen führen zu einer Überprüfung und gegebenen­ falls Neudefinition der Zielsetzung. Strategisches und operatives Werbecontrolling erfolgen im gleichen Regel­ kreis, allerdings mit unterschiedlicher Ausrichtung. Das operative Werbecon­ trolling ist gegenwartsbezogen und vergangenheitsorientiert (Feedback). Das strategische Werbecontrolling ist zukunftsorientiert (Feedforward) und er­ möglicht somit das Erkennen von Chancen und Abwägen von Risiken (vgl. Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw 2002, S. 33). In der in Abbildung 2 -14 beispielhaft dargestellten Situation wird als über­ geordnetes strategisches Werbeziel die Unterstützung der Wettbewerbsfähig­ keit des Unternehmens definiert, als operatives Werbeziel wurde Erhöhung

WwbecontwUmg^

77

von Bekanntheit und Kaufbereitschaft abgeleitet. Für den Regelkreis des Wer­ becontrolling ergibt sich daraus folgende Situation: In der Planungsphase wird als strategisches Werbeziel die Entwicklung eines Wettbewerbsvorteils durch Differenzierung, als operative Werbeziele werden ein bestimmter Werbedruck (GRP), sowie Recallwerte und Reichweiten vorgegeben (= Soll). Ausgehend von einer Wettbewerbsanalyse wird eine Werbekampagne konzipiert. Es wer­ den Werbegebiet, Werbezeitraum und Werbeetat festgelegt, Zielgruppe, Wer­ beobjekt und Werbestrategie definiert und aus der Marketingstrategie die Copy Strategy abgeleitet. Unter Hinzuziehung der Mediaagentur wird die Mediastrategie entwickelt und verabschiedet, parallel dazu die Werbekampagne nach Maßgabe der Copy Strategy fertiggestellt. Schließlich werden die Werbemittel produziert und geschaltet. Die damit gegebene Ist-Situation wird nun kontinu­ ierlich mit den Methoden der Werbe Wirkungsforschung (Werbetracking, Re­ call) daraufhin überprüft, inwieweit sie den vorgegeben strategischen und ope­ rativen Vorgaben entspricht. Wird festgestellt, daß die Differenzierung nicht in ausreichendem Maße gelungen ist, muß die Situation analysiert und gegenge­ steuert werden. Die Analyse hat nicht nur die Ursachen der Abweichung zu er­ mitteln, sondern muß auch aufzeigen, welche Auswirkungen sich ohne Korrek­ turmaßnahmen ergeben würden. Operativ kann sowohl in der Mediaplanung als auch in der Kreation angesetzt, strategisch ein neuer Differenzierungsansatz gesucht werden. Falls Planmodifikationen nicht ausreichen, müßten die Schub­ ladenpläne zum Einsatz kommen. Sollte sich herausstellen, daß die Ziele nicht erreichbar sind, muß eine Neudefinition erfolgen. ZIELSETZUNG Strategisch: z.B.: Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit

PLANUNG Strategisch: * z.B.: Wettbewerbsvorteil/Differenzierung

Operativ:

Operativ:

z.B.: Bekanntheit, Kaufbereitschaft

z.B.: Werbedruck, Erinnerer, Reichweite

INFORMATION

STEUERUNG

Strategisch: z.B.: strategisches Berichtswesen

Strategisch: *

z.B.: Wettbewerbs» analyse, Mediaplanung

Operativ:

Operativ:

z.B.: Methoden der Werbewirkungsmessung

z.B.: Mediaplanung, kreative Umsetzung

ANALYSE Soll -Ist-Vergleich

Abbildung 2-14: Regelkreis des Werbecontrolling: Anwendungsbeispiel Quelle: Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw, Grundzüge des Controlling, Gernsbach 2002, S. 34

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Werbecontrolling-Konzept

Der Planungs- und Steuerungsaufwand im Werbecontrolling hängt vom Neu­ igkeitsgrad des Planungsgegenstandes und der Erfahrung der Planenden ab. Er ist bei einer laufenden Kampagne für bestehende Produkte naturgemäß ge­ ringer und erfolgt unter einem höheren Ausmaß an Sicherheit als beispiels­ weise bei einer Umpositionierung oder einer Neueinführung. Je geringer die Planungssicherheit, desto wahrscheinlicher ist es, daß sich der endgültigen Strategie in einem trial-and-error-Prozeß angenähert wird.

2.2.5

Besonderheiten des Werbecontrolling

Die Besonderheiten des Werbecontrolling sind im Planungsgegenstand, dem Konsumentenverhalten, begründet. Jeder Entscheidung in der Werbung lie­ gen Annahmen über mutmaßliche Reaktionen der Zielgruppe zugrunde. Diese Reaktionen sind jedoch das Resultat eines Prozesses, der weitgehend in einer „Black-Box“ erfolgt (vgl. Kapitel 1.6.3.2), ihre Vorhersehbarkeit ist daher nur sehr begrenzt möglich. Von allen Managemententscheidungen im Marke­ ting sind daher die, die sich auf die Werbung beziehen, vermutlich diejenigen, die mit dem größten Maß an Unsicherheit behaftet sind.

2.2.5.1 Qualitative Ausprägungen Der hier vorgestellte Ansatz des Werbecontrolling verdeutlicht einen funda­ mentalen Unterschied zum „klassischen“ Controlling: Werbecontrolling ent­ zieht sich in einigen konzeptionellen Teilbereichen einer Quantifizierung. Co­ py Strategy oder Werbestrategie verlangen sowohl in der konzeptionellen Pla­ nung als auch in der konzeptionellen Überprüfung ein hohes kreatives Gespür, das sich nicht durch Kennzahlen oder Prozentwerte ersetzen läßt. Aufgrund dieser dem Werbecontrolling immanenten Problematik ist es not­ wendig, Interpretationsspielräume bei qualitativen Zielvorgaben so klein wie möglich zu halten. Quantitative Vorgaben lassen praktisch keine unterschied­ lichen Auffassungen zu, Qualitäten werden jedoch immer subjektiv beurteilt. Um Diskussionen hinsichtlich der Ausprägung qualitativer Zielerreichungs­ grade zu minimieren (sie werden sich nie gänzlich vermeiden lassen), ist eine besondere Sorgfalt bei der Formulierung qualitativer Vorgaben zu legen, bei­ spielsweise bei der Erstellung der Copy Strategy. Dies ist für das Werbecon­ trolling zum Prinzip zu erheben: Prinzip der Schriftlichkeit: Qualitative Vorgaben sind im Werbecontrolling grundsätzlich schriftlich zu fixieren. Sie müssen so eindeutig formuliert sein, daß möglichst keine Interpretationsspielräume bestehen.

Werbecontrolling-Konzept

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Vermutlich wird dieses Prinzip der Schriftlichkeit bei der Institutionalisierung des Werbecontrolling zunächst zu einigen Anlaufschwierigkeiten führen. Aber spätestens bei der ersten Agenturpräsentation dürfte allen Beteiligten deutlich werden, ob die Zielvorgaben eindeutig formuliert waren oder nicht. Eindeutige Zielvorgaben sind im Interesse jedes Einzelnen: • Auf der Seite des Werbetreibenden zwingen sie alle Beteiligten dazu, sich unmißverständlich darüber im Klaren zu werden, was mit der Werbung be­ absichtigt werden soll. • Sie ermöglichen es der Werbeabteilung, die Ziele selbst zu definieren, an denen sie gemessen wird. Im Sinne eines Werbe-Selbstcontrolling kann dies nur im eigenen Interesse sein. • Der Agentur wird ein zielgerichtetes Arbeiten erleichtert und Mißverständ­ nisse zwischen Kunde und Agentur erschwert.

Das Prinzip der Schriftlichkeit reduziert somit die Subjektivitität bei der Be­ urteilung von Werbemitteln und kann die Wahrscheinlichkeit des worst case bei der Realisierung der Werbung reduzieren, daß der Kunde ein Werbemittel auf seine Weise interpretiert, die Agentur auf ihre und die Zielgruppe wieder­ um andere Möglichkeiten der Interpretation findet.

2.2.5.2 Indirekte WerbeWirkung Eine weitere Besonderheit des Werbecontrolling liegt darin, daß Werbung in außerordentlich komplexe und interdependente Wirkungszusammenhänge eingebettet ist, die es im Einzelfall schwer machen, Ursache-Wirkungs-Zu­ sammenhänge zu bestimmen. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß ökonomische Erfolge der Werbung in aller Regel nur indirekt über kommunikative Erfolge zu erzie­ len sind. Es soll in diesem Zusammenhang nochmals betont werden, daß Ge­ genstand der werblichen Beeinflussung das menschliche (Kauf-) Verhalten ist, das sich weitestgehend einer Vorhersagbarkeit entzieht. Insofern ist es auch keinesfalls sicher, daß kommunikative Erfolge überhaupt in ökonomi­ sche Erfolge umgesetzt werden können. Beispielsweise lassen sich Spontan­ käufe nicht notwendigerweise auf Werbung zurückführen. Es ist auch mög­ lich, daß trotz gesteigerter Werbeausgaben Umsatz und Marktanteile sinken. Dennoch läßt dieser Fall nicht die Aussage zu, daß keine Werbewirkung er­ folgt ist. Vielmehr wäre zunächst zu fragen, ob sich ohne Werbung nicht eine noch schlechtere Situation eingestellt hätte. Aber selbst kommunikative Zielgrößen werden nicht ausschließlich von den aktuellen Werbeaktivitäten beeinflußt. • Jeder Marketing-Mix-Faktor hat auch eine kommunikative Dimension. So sind Preise und Distributionswege immer auch Qualitätsindikatoren. Zwar

80

Werbecontrolling-Konzept

können Veränderungen im eigenen Marketing-Mix problemlos erfaßt wer­ den. Aber sollten sich z.B. die Preisrelationen aufgrund von Preisänderun­ gen des Wettbewerbs verschieben, gestaltet sich deren Zuordnung auf kom­ munikative Zielgrößen bereits schwieriger. • Nicht alle kommunikativen Zielgrößen reagieren unmittelbar auf Werbe­ maßnahmen. Veränderungen von Bekanntheitswerten erfolgen zumeist zeitgleich mit der Werbung, das Ausmaß ihrer Veränderung ist jedoch auch abhängig vom Bekanntheitsniveau und steigt mit zunehmender Bekanntheit nur degressiv an. Fast alle anderen kommunikativen Größen reagieren zeit­ versetzt. • Bei der Werbewirkung sind nicht nur timelags zu berücksichtigen, sondern auch sogenannte carryover-Effekte. Sie bezeichnen die Tatsache, daß Wer­ bung über den aktuellen Kampagnenzeitraum hinaus wirkt bzw. Werbung in der aktuellen Periode auch von Werbemaßnahmen der vorangegangenen Periode beeinflußt wird (vgl. Kapitel 3.1.5). • Die eine Marke konstituierenden Vorstellungsbilder und Erlebniswelten sind außerordentlich komplex und nur in langfristigen Zeiträumen aufzu­ bauen bzw. zu verändern. Werbung ist bei Aufbau und Absicherung des Markenbildes zwar ein maßgeblicher Faktor, aber nur einer unter vielen.

2.3

Gegenstandsbereiche des Werbecontrolling

In diesem Kapitel werden die einzelnen Elemente der Werbekonzeption als Gegenstandsbereich des Werbecontrolling vorgestellt. Auch hier gilt jeweils, daß Schwerpunkt der Betrachtung die für das Werbecontrolling relevanten Aspekte sind. Konzeptionell geht es im Werbecontrolling um die Antworten und deren kritische Überprüfung auf folgende Fragen: • Was soll beworben werden (Werbeobjekt)? • Wer soll mit der Werbung angesprochen werden (Zielgruppe)? • Was soll bei dieser Zielgruppe erreicht werden (Werbeziele)? • Wie können die Ziele am besten erreicht werden (Werbestrategie)? • Was soll die Werbung aussagen (Copy Strategy)? • Welche Werbeträger erscheinen dafür am besten geeignet (Mediastrategie)? • Wann soll geworben werden (Werbezeitraum)? • Wo soll geworben werden (Werbegebiet)? • Wieviel Geld soll dafür ausgegeben werden (Werbeetat)? Diese Fragen, die grundsätzlich vor jeder Werbeaktivität zu beantworten sind, werden durch eine Vielzahl von Detailfragen ergänzt und verdeutlichen die Bandbreite und Komplexität des Werbecontrolling.

Werbecontrolling-Konzept

2.3.1

81

Verteilung des Werbedrucks

Entscheidungen über die Verteilung des Werbedrucks beziehen sich sowohl auf dessen räumliche als auch auf dessen zeitliche Komponente. Unter Wer­ bedruck ist die Gesamtheit aller Werbeaktivitäten innerhalb einer Produktka­ tegorie zu verstehen. Diese umfassen sowohl die eigenen Werbeaktivitäten (Eigendruck = eigener Anteil am Gesamtwerbevolumen) als auch die der Konkurrenz (Konkurrenzdruck = Anteil aller Konkurrenzmarken am Ge­ samtwerbevolumen). Das Wirkungspotential der eigenen Werbung ist in er­ heblichem Maße vom Gesamtwerbedruck abhängig. Die isolierte Betrach­ tung der eigenen Werbemaßnahmen kann somit zu Fehleinschätzungen des notwendigen Werbedrucks in der Zielgruppe führen.

Im Rahmen des Werbecontrolling ist vor allem der relative Werbedruck entscheidend. Es kommt also weniger auf die ab­ solute Höhe des eigenen Werbeetats an, als vielmehr auf dessen relativen Anteil an den gesamten Werbeaufwendungen inner­ halb der Produktkategorie.

2.3.1.1 Räumliche Verteilung: Werbegebiet

Das Werbegebiet bestimmt die geographische Streuung der Werbung und ist üblicherweise durch die Distribution bzw. durch das Einzugsgebiet der Ziel­ gruppe vorgegeben. Das Werbegebiet kann lokal, regional, national oder in­ ternational sein und hat damit grundlegenden Einfluß auf die zu belegenden Werbeträger. Im Rahmen des Werbecontrolling kann das Werbegebiet beispielsweise dann Gegenstand der konzeptionellen Planung sein, wenn • keine gleichmäßige Verteilung des Werbedrucks angestrebt wird, • distributive Gegebenheiten zusätzliche regionale Schwerpunkte erforder­ lich machen, • regionale Wettbewerber existieren oder • die Marktausschöpfung über- oder unterproportional ist. Abbildung 2-15 zeigt einige Möglichkeiten der räumlichen Verteilung des Werbedrucks. Die gleichmäßige Abdeckung des Werbegebietes ist als Nor­ malfall für überregionale Werbetreibende anzusehen. Werden zusätzliche re­ gionale Schwerpunkte gesetzt (z.B. in Ballungsräumen), sind neben dem Ba­ sismedium ergänzend weitere, zielgruppenspezifische Werbeträger mit regio­ naler Steuerbarkeit einzusetzen. Für Werbetreibende mit nur lokaler oder regionaler Bedeutung kann ein abgestufter Werbedruck sinnvoll sein. Mit zu­ nehmender Entfernung vom Kerngebiet kann der Werbedruck erhöht, i.d.R.

Werbecontrolling-Konzept

82

jedoch verringert werden. Lokale Gewerbetreibende und Dienstleister werden den Werbedruck abgestuft verringern, Urlaubsregionen erhöhen.

Lokale/regionale Werbung

Abgestufter Werbedruck

Setzen regionaler Schwerpunkte

Gleichmäßige Verteilung des Werbedrucks

Abbildung 2-15: Möglichkeiten der räumlichenWerbestreuung

Tabelle 2-1 gibt einen Überblick über die regionale Steuerbarkeit der klassi­ schen Werbeträger. Für nationale Anbieter ist i.d.R. das Fernsehen Basiswer­ beträger, für den Einzelhandel und lokale Dienstleister bieten sich insbeson­ dere lokale Tageszeitungen und Haushaltswerbung an, für jüngere Zielgrup­ pen aber auch Kinowerbung. Tabelle 2-1: Regionale Steuerbarkeit von Werbeträgern Werbegebiet

Werbeträger

lokal

lokale Tageszeitungen, Anzeigenblät­ ter, Kino, Plakate, lokaler Hörfunk, Haushaltswerbung, Schaufenster

regional

Regionale Tageszeitungen, Plakate, Kino, Hörfunk

national

Fernsehen, Publikumszeitschriften, Plakate, Kino, überregionale Tages­ zeitungen, Hörfunk

international

internationale Fernsehsender, Tageszeitungen, Publikumszeitschrif­ ten

Ein werblicher Grundsatz lautet „advertising follows distribution“. Es sollte also nur in dem Gebiet geworben werden, in dem die Produkte und Leistun­ gen erhältlich sind. Dieser Grundsatz folgt der offensichtlichen Logik, daß es keinen Sinn macht, ein Produkt zu bewerben, das es noch nicht gibt bzw. dort zu werben, wo das Produkt (noch) nicht erhältlich ist. Eine Faustformel lautet: Werbung setzt erst dann ein, wenn eine gewichtete Distribution von 30% er­ reicht ist, das Produkt also in Läden verfügbar ist, die insgesamt 30% des Umsatzes der Kategorie repräsentieren.

WertecontwUin^^

83

In begründeten Einzelfällen können davon jedoch Ausnahmen gemacht werden. Wird ein Produkt beworben, das noch gar nicht auf dem Markt ist, handelt es sich um eine sogenannte Teaser-Werbung. Häufig ist darin weder Produkt noch Hersteller zu erkennen. Diese Art der Werbung zielt darauf ab, Neugier und einen hohen Erwartungsdruck aufzubauen, der die spätere Ein­ führung erleichtern soll. Beispiele dafür waren E.on, die A-Klasse, der Smart und der neue Opel Signum. Diese Art der Werbung sollte aber vor allem Un­ ternehmen mit hohen Werbebudgets vorbehalten bleiben. Zur Entscheidungsfindung über die Festlegung des Werbegebietes stützt sich das Werbecontrolling auf Unterlagen des Verkaufs (Umsatzzahlen nach Ab­ satzgebieten, Handelspanel, Distributionskennzahlen, Key Accounts), sowie auf die Wettbewerbsbeobachtung (regionale Werbeschwerpunkte des Wettbe­ werbs, A.C.Nielsen Werbeforschung S+P).

Sind Sie

on www.ich-bin-on.de

Abbildung 2-16: Teaser-Werbung

84

Werbecontrolling-Konzept

2.3.1.2 Zeitliche Verteilung: Werbezeitraum

Entscheidungen über den Werbezeitraum beziehen sich einerseits auf die Länge der Planungsperiode, andererseits auf die optimale zeitliche Verteilung des Werbedrucks innerhalb der Planungsperiode. Es lassen sich kurz-, mittelund langfristige Planungszeiträume unterscheiden (vgl. Hempelmann 1993, S. 479): • Kurzfristige Werbepläne beziehen sich auf Werbeaktivitäten mit enger zeit­ licher Begrenzung (z. B. im Einzelhandel). • Mittelfristige Werbepläne beziehen sich üblicherweise auf die innerhalb des Geschäftsjahres durchzuführenden regelmäßigen Werbeaktivitäten. • Langfristige Werbepläne werden für eine strategisch ausgerichtete Absatz­ planung erstellt. Wie das Werbegebiet ist auch der Werbezeitraum häufig bereits im Briefing vorgegeben. Er wird im wesentlichen beeinflußt durch • Eigenschaften des Produktes (z.B. saisonale Verkaufsschwerpunkte, zykli­ scher oder anti zyklischer Werbedruck), • die Budget-Planungsperiode oder • Werbeaktivitäten der Konkurrenz.

Abbildung 2-17 zeigt die grundsätzlichen Möglichen der zeitlichen Vertei­ lung des Werbedrucks. Für das Werbecontrolling ist die zeitliche Verteilung des eigenen Werbedrucks vor allem in Relation zu dem zu erwartenden Wer­ bedruck der Wettbewerber von Bedeutung. Die beabsichtigte Werbewirkung ist in hohem Maße abhängig von den mit der eigenen Marke erzielten Werbe­ kontakten bei den Zielpersonen im Verhältnis zu den Kontakten, die die Wett­ bewerbsmarken bei den gleichen Zielpersonen erreichen. Ein Mediaplan, der die Konkurrenzpläne nicht berücksichtigt, ist somit wenig aussagefähig über die mutmaßlichen Wirkungseffekte. Bei einem insgesamt hohen Werbedruck in der Branche ist die Gefahr hoch, daß die eigene Werbung nicht im ge­ wünschten Maß auffällt. Wenn alle werben, kann die eigene Marke keine Al­ leinstellung erreichen. Unter Wettbewerbsaspekten sollten Mediapläne also eine gewisse Flexibilität besitzen, um auf das reale Werbeverhalten der Wett­ bewerber reagieren zu können.

Werbecontrolling-Konzept

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Abbildung 2-17: Möglichkeiten der zeitlichen Verteilung des Werbedrucks Quelle: Hempelmann: Zeitliche Einsatzplanung der Werbung, in: Berndt/Hermanns (Hrsg.): Handbuch Marketing-Kommunikation, Wiesbaden 1993, S. 480

Wann die Wettbewerber mit welchem Werbedruck agiert haben, läßt sich na­ türlich nur im nachhinein feststellen. Zu Planungszwecken können daher nur Vergangenheitswerte herangezogen werden sowie Vermutungen über die ak­ tuellen und zukünftigen Werbepläne der Wettbewerber. Auf dieser Basis sind alternative Mediapläne für die eigene Marke zu entwickeln. Zur Beurteilung des eigenen Werbedrucks im Verhältnis zu dem der Kon­ kurrenz, stehen dem Werbecontrolling als Kennzahlen der Share of Adverti­ sing, der Share of Voice und der Share of Mind zur Verfügung (vgl. Kapitel 3.1.6). Werbeausgaben der Wettbewerber sind von der A.C.Nielsen Werbe­ forschung S+P zu beziehen.

Eine grundsätzliche Problematik bei der zeitlichen Verteilung des Werbe­ drucks liegt in den erwähnten carryover-Effekten, also der Tatsache, daß Werbung über den Planungszeitraum hinaus wirkt. Werbeaktivitäten in einer Planungsperiode beeinflussen auch die Werbeziele in der folgenden Pla­ nungsperiode. Die zeitliche Verteilung des Werbedrucks ist in der Werbepraxis auch un­ ter dem Aspekt der Wiederholungsdichte von Relevanz. Grundsätzlich bietet sich die Möglichkeit - bei gegebenem Werbebudget - die Schaltungen zu massieren oder über einen längeren Zeitraum zu verteilen (vgl. Abbildung 2-18). Beide Strategien führen zu unterschiedlichen Ergebnissen (vgl. Mayer/Illmann 2000, S. 544ff.):

Werbecontrolling-Konzept

86

Abbildung 2-18: Erinnereranteil bei unterschiedlicher Wiederholungsdichte Quelle: Mayer/Illmann: Markt- und Werbepsychologie, 3. Aufl., Stuttgart 2000, S.545

• Bei der massierten Strategie ist der Grenzzuwachs der Erinnerer deutlich größer als bei den über das Jahr verteilten Schaltungen, ebenso ist das Ma­ ximum höher. • Allerdings strebt der Erinnereranteil bei der massierten Strategie am Jahres­ ende gegen Null, während er im Fall der verteilten Strategie deutlich höher liegt. Der sägezahnartige Verlauf der Kurve bei der verteilten Strategie verdeutlicht das periodische Vergessen der Botschaftsinhalte. Damit wird deutlich, daß Werbewirkung nicht nur von der Höhe der Werbe­ ausgaben abhängt, sondern auch von ihrer zeitlichen Verteilung. Die Wahl der Strategie hängt davon ab, welche Ziele verfolgt werden. Soll möglichst schnell ein möglichst hoher Bekanntheitsgrad erreicht werden, ist die Strate­ gie der Massierung vorzuziehen. Wird jedoch eine längerfristige Bekanntheit und detailliertere Produktkenntnis angestrebt, ist die Strategie der Verteilung über einen längeren Zeitraum empfehlenswerter.

2.3.2

Werbeetat

Der Werbeetat legt die Höhe der Werbeaufwendungen für eine definierte Pla­ nungsperiode fest und stellt damit eine Vorgabe im Rahmen des operativen Werbecontrolling dar. Trotz aller Professionalität, die Werbetreibende gene­ rell in der Werbekonzeption walten lassen, basiert die Etatplanung jedoch überwiegend auf einfachen Faustformeln. Dies ist in der Tatsache begründet,

Werbecontrolling-Konzept

87

daß die Etatplanung über die geringste gesicherte Informationsbasis zur Ent­ scheidungsunterstützung verfügt (vgl. Simon/Möhrle 1993, S. 303). In der Praxis wird die Höhe des Werbeetats vielfach an Orientierungsgrö­ ßen gekoppelt, wie dem Umsatz, dem Marktanteil, den Werbeaufwendungen der Konkurrenz oder einfach den verfügbaren finanziellen Mitteln. Diese Me­ thoden haben den Vorteil, einfach zu sein, halten einer logischen Überprüfung aber nicht stand, da ihnen eine Orientierung an den geplanten Maßnahmen fehlt. Die Orientierung am Umsatz verkehrt den unterstellten Wirkungszu­ sammenhang ins Gegenteil, da hierbei die Werbeausgaben in eine funktionale Abhängigkeit vom Umsatz gebracht werden. Der Umsatz kann jedoch nicht Ursache für höhere Werbeausgaben sein, vielmehr sollten umgekehrt die Werbeausgaben zu einem höheren Umsatz führen. Wird der Umsatz der Ver­ gangenheit zugrundegelegt, hätte dies ein prozyklisches Werbe verhalten zur Folge. Die Orientierung an den Werbeausgaben der Konkurrenz ist insofern problematisch, als die verfolgten Ziele sehr unterschiedlich sein können und die Datenbasis erst nachträglich zur Verfügung steht. Ferner werden dabei die möglicherweise sehr unterschiedlichen Ausprägungen des übrigen Marke­ ting-Mix vernachlässigt. „Wenn alle Konkurrenten ihre Budgets nach demsel­ ben Verfahren festsetzen, so betreibt eine Branche kollektiven ökonomischen Unfug, der für die meisten von ihnen sogar sehr ruinös sein kann“ (Koschnick 1995, S. 306). So problematisch die Orientierung des eigenen Werbebudgets an dem der Konkurrenz auch sein mag, sie ist sachlogisch jedoch insofern be­ gründet, als der eigene Werbedruck auf die Zielgruppe vom Werbedruck der Wettbewerber relativiert wird. Im Hinblick auf die angestrebte Werbewir­ kung sollte der Werbeetat Kennzahlen wie Share of Advertising, Share of Voice und Share of Mind berücksichtigen (vgl. Kapitel 3.1.6). Als rationales Verfahren zur Bestimmung des Werbebudgets ist die ziel­ orientierte Methode anzusehen (vgl. Abbildung 2-19). Ausgangspunkt sind hierbei klar definierte Werbeziele, aus denen die zu ihrer Erreichung notwen­ digen Werbemaßnahmen abgeleitet werden. Dafür sollte beispielsweise be­ kannt sein, wie viele Personen (Reichweite) in welcher Form (Werbemittel) über welche Medien (Werbeträger) wie häufig (Werbedruck) angesprochen werden müssen (vgl. Unger/Durante 2000, S. 85). Überschreitet das dafür not­ wendige Werbebudget die finanziellen Möglichkeiten, ist die Etatplanung mit modifizierten Zielen neu zu durchlaufen. Zwar erscheint diese Methode als sachlogisch richtig, allerdings ergibt sich ein Prognoseproblem im Hinblick auf den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang.

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Werbecontrolling-Konzept

Abbildung 2-19: Zielorientierte Werbeetatplanung Quelle: Berndt: Budgetierung, in: Tietz/Köhler/Zentes (Hrsg.): Handwörterbuch des Marketing, 2. Aufl. Stuttgart 1995, Sp. 331

Bei der Bestimmung des Werbeetats sind folgende Zusammenhänge zu be­ rücksichtigen: • Die angestrebten Ziele hängen nicht nur vom eigenen Werbedruck, sondern auch von dem der Konkurrenz, sowie von seiner zeitlichen Verteilung ab. • Die angestrebte Werbewirkung erfolgt häufig nicht unmittelbar, sondern mit einer zeitlichen Verzögerung. Zu berücksichtigen sind carryover-Effekte der Werbeaktivitäten vergangener Perioden. • Besteht eine Marke aus unterschiedlichen Produktlinien, kommt es bei der Bewerbung einer Produktlinie automatisch auch zu spill-over-Effekten auf alle anderen Linien und die Dachmarke. Neben der Höhe des Werbeetats sind auch Entscheidungen über dessen Ver­ teilung zu treffen und zwar in zeitlicher und räumlicher Hinsicht (vgl. Kapitel 2.2.1), sowie sachlich, im Hinblick auf die Mediaselektion und die Frage, welche Werbeobjekte mit welchen Werbemitteln beworben werden sollen (vgl. Abbildung 2-20). Bei der sachlichen Verteilung geht es somit um die Planung der Kostenarten:

WerbecontroUing^Konzept^ • • • •

89

Schaltkosten, Produktionskosten, Honorare und gegebenenfalls Kosten der Werbeerfolgskontrolle.

Abbildung 2-20: Verteilungsdimensionen des Werbebudgets Quelle: Behrens et.al.: Gabler Lexikon Werbung, München 2001, S. 415

Unterstützung kann die Werbeetatplanung durch das Target Costing finden (vgl. Kapitel 3.2.7). Die Frage, welche Marken in welcher Höhe werblich un­ terstützt werden sollen, ist beispielsweise mit Hilfe der Portfolio-Analyse zu beantworten (vgl. Kapitel 3.2.2).

2.3.3

Werbeziele

„Werbeziele sollen (...) das werbliche Handeln möglichst präzise auf ganz be­ stimmte Resultate ausrichten helfen. Durch sie soll der Werbung eine klare und spezifizierte Richtung verliehen werden, an der alle Werbeentscheidun­ gen zu orientieren und zu bewerten sind“ (Steffenhagen 1993, S. 287). Auch die Werbeziele haben eine Vorgabe- und eine Kontrollfunktion. Sie sind ei­ nerseits Zielvorgabe für alle an der Werbung Beteiligten, gleichzeitig aber auch Maßstab für die Bewertung der Ergebnisse. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß es wenig Sinn macht, Werbung an ökonomischen Zielen auszurichten (vgl. Kapitel 1.6.1). Ohne Zweifel ist es Endziel der Werbung, Personen zum Kauf der angebotenen Produkte und Leistungen zu bewegen. Die ökonomischen Erfolge lassen sich der Werbung jedoch nicht unmittelbar zuordnen, da sie von einer Reihe weiterer Faktoren abhängen, die vom werbetreibenden Unternehmen nicht beeinflußt werden können (vgl. Abbildung 1-3). Somit macht es auch keinen Sinn, der Wer­ bung Ziele vorzugeben, an denen sie nicht gemessen werden kann. Werbung ist ein Bereich der Kommunikation, insofern können ihr auch nur kommunikative Ziele vorgegeben werden. Kommunikative Größen eignen

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Werbecontrolling-Konzept

sich allerdings nur dann als Werbeziele, wenn sie folgende Bedingungen er­ füllen. Sie müssen: • realisierbar und meßbar, • konsistent mit den Unternehmens- und Marketingzielen, • vom Werbetreibenden beabsichtigt, • direkt durch die Werbung beeinflußbar und ihr somit unmittelbar zuzuord­ nen und • in der Lage sein, Kaufentscheidungen zu beeinflussen.

kommunikative Ziele

strategisch

A Wettbewerbs­ \ vorteile durch \ Differenzierung \ (USP/UAP) / / Kunden­ / zufriedenheit J

wA ökonomische ^7 Ziele

operativ

• • • • • • • •

Bekanntheit Images Sympathie Neugier Aufmerksamkeit Information Aktualität Emotionen ...

• • • •

Marktanteil Umsatz Absatz Kauffrequenz

Abbildung 2-21: Zielsystem der Werbung

Abbildung 2-21 stellt das Zielsystem der Werbung dar. Darin sind einige kommunikative Ziele aufgeführt, die die angegebenen Bedingungen erfüllen. Als strategische Werbeziele sind Aufbau und Absicherung von Wettbe­ werbsvorteilen (Differenzierung) und Kundenzufriedenheit anzusehen, letzte­ res kann Werbung vor allem durch ihre Funktion der Bestätigung nach dem Kauf erreichen. Die operativen Werbeziele sind dabei als Operationalisie­ rung der strategischen Ziele aufzufassen. Beispielsweise ist die Steigerung der Bekanntheitswerte ein naheliegendes Ziel für jeden Werbetreibenden. Be­ kanntheit ist vor und nach dem Werbeeinsatz problemlos meßbar und die Ver­ änderung der Werte der Werbung unmittelbar zuzuordnen. Der Bezug zur Kaufbereitschaft ist sehr eng, da das Kaufrisiko unbekannter Produkte vom Käufer als hoch eingeschätzt wird. Die genannten Bedingungen werden auch von Images, Sympathie, Neugier, Aufmerksamkeit, Information, Aktualität u.ä. erfüllt, die sich insofern gleichermaßen als Werbeziele eignen.

Bekanntheit ist in der Werbung ein Wert an sich, da einer der grundlegenden Wirkungsmechanismen der Werbung darauf beruht, daß bekannte Marken und Produkte grundsätzlich positiver bewertet werden als unbekannte. Ak­ tualität ist die aktive Form der Bekanntheit und ein Indiz für die Position der

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Marke im relevant set. Werbung, die dieses Ziel verfolgt, vermittelt häufig weder Informationen noch Emotionen. Sie setzt die Marke vielmehr so auffäl­ lig in Szene, daß sie sich in das Bewußtsein der Verbraucher einprägt. Be­ kanntheit und Aktualität lassen sich über gestützte und ungestützte Befragun­ gen erheben. Aufmerksamkeit, Neugier und Sympathie sind Werbeziele, die in eine ähnliche Richtung zielen. Informationen sind als Werbeziel immer dann sinnvoll, wenn es sich um erklärungsbedürftige Angebote handelt bzw. wenn die Zielgruppe über be­ stimmte Eigenschaften des Angebotes nicht oder nicht ausreichend informiert ist, diese Information aber als wichtiger Kaufgrund erachtet wird. Bei aus­ tauschbaren Produkten sind Informationen jedoch vielfach trivial. In diesen Fällen geht es in der Werbung vor allem um die Vermittlung von Emotionen und Images, um den Aufbau von Erlebniswelten, die das eigene Angebot von dem der Konkurrenz unterscheiden. Der Erreichungsgrad dieser Ziele läßt sich durch einfaches Abfragen (Information) bzw. über semantische Differen­ tiale messen (vgl. Kapitel 3.2.6).

Während ein strategisches Ziel versucht, langfristige Positionen für ein Ange­ bot aufzubauen, kann es aus taktischen Gründen sinnvoll sein, kurzfristig De­ fizite im Hinblick auf Informationen, Emotionen oder Aktualität auszuglei­ chen. Verfolgt beispielsweise ein Nahrungsmittelhersteller über den Aufbau emotionaler Erlebniswelten (z.B. das gesunde Landleben als Assoziationsba­ sis für die Naturbelassenheit der Rohstoffe) das strategische Ziel, sich als der ideale Anbieter für besonders anspruchsvolle Genießer zu positionieren, kann er durchaus kurzfristig andere Schwerpunkte setzen. Wenn er feststellt, daß seine Angebote als sehr teuer eingeschätzt werden, kann er aus taktischen Gründen über bestimmte Sonderangebote informieren. Die Formulierung von Werbezielen sollte die folgenden Dimensionen enthal­ ten (vgl. Steffenhagen 1993, S. 298): 1. Angabe der Zielart („Was soll erreicht werden?“). 2. Angabe des angestrebten Ausmaßes einer Zielart („Wieviel soll bei der Zielart erreicht werden?“). 3. Angabe des Zeitbezugs der angestrebten Zielerreichung („Wann soll das Ziel erreicht sein?“). 4. Angabe des Objektbezugs der angestrebten Zielerreichung („Bei welcher Marke, Produktvariante, Einkaufsstätte o.ä. soll das Ziel erreicht wer­ den?“). 5. Angabe der Zielgruppe („Bei wem soll das Ziel erreicht werden?“). Folgende Beispiele aus dem „Effie Jahrbuch 2000“ sollen die Formulierung von Werbezielen veranschaulichen:

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• Die Werbeziele der AOL-Kampagne „Ich bin drin“ (vgl. GWA 2000, S. 237): ° Steigerung der Markenbekanntheit und der Werbeerinnerung. ° Aufbau eines uniquen Markenimages (im Sinne der „USA-Positionie­ rung“). ° Maximierung der Registrierungen und Minimierung der Abwanderungs­ rate. Diese Ziele sind insgesamt als zu unspezifisch zu betrachten. Erheblich besser ist die Zieldefinition im folgenden Beispiel: • Die Werbeziele der Handelsblatt-Kampagne „Substanz entscheidet“ (vgl. GWA 2000, S. 91): ° Steigerung des Bekanntheitsgrades der Zeitung um zwei Prozent. ° Erreichung einer gestützten Werbeerinnerung von 15 %. ° Durchsetzung des Claims mit klarer Markenanbindung in den ersten drei Monaten mit acht Prozent.

2.3.4

Zielgruppe

2.3.4.1 Aktuelle und potentielle Zielgruppen

Als Zielgruppe werden diejenigen Personen bezeichnet, die mit der Werbung angesprochen und beeinflußt werden sollen (vgl. zum folgenden Kloss 2003, S. 157 ff.). Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß sich die Werbung niemals an alle richtet, sondern immer nur an bestimmte Personengruppen. Werden mit den werblichen Maßnahmen Personen erreicht, die nicht zur anvisierten Zielgruppe gehören, wird von Streuverlusten gesprochen. So sind z.B. alle Männer, die Werbung für Damenhygiene sehen, Streuverluste, ebenso wie alle eingefleischten Vegetarier, die von der Werbung für Fleischprodukte ei­ nes Nahrungsmittelherstellers erreicht werden. Unternehmen richten ihre werblichen Maßnahmen nur an die Personen, die grundsätzlich ein Interesse an ihren Produkten haben bzw. haben könnten, al­ so aktuelle und potentielle Kunden. Für einen Tiernahrungshersteller sind dies entsprechend alle Personen, die Tiere halten, für einen Nahrungsmittelprodu­ zenten z.B. alle Haushaltsführenden, für einen Friseur oder ein Restaurant alle Personen in einem bestimmten Umkreis um den Standort. Die werbliche Ansprache potentieller Zielgruppen kann als langfristig wir­ kende Investition in die Zukunft betrachtet werden. Für ein Automobilunter­ nehmen, das beispielsweise hochpreisige Statuslimousinen herstellt, deren Fahrer ein Durchschnittsalter von 50 Jahren haben, kann es daher durchaus sinnvoll sein, die Zielgruppe der 20- bis 40-Jährigen anzusprechen. Zwar ver­ fügen die noch nicht über die Kaufkraft, um sich ein Auto dieser Firma leisten zu können. Aber wenn sie es einmal tun, dann sollen sie einen Wagen dieser

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Firma in engere Erwägung ziehen. Diese Vorgehensweise zielt auf ein lang­ fristiges „Heranführen“ potentieller Zielgruppen an eine Marke. Jeder Werbetreibende muß bei der Konzeption seiner Werbung zunächst die anvisierte Zielgruppe eingrenzen und beschreiben. Bei der Festlegung der Zielgruppe sollten zwei Kriterien erfüllt sein: • Die Zielgruppe sollte möglichst homogen sein, d. h. über Merkmale oder Einstellungen verfügen, die sie hinreichend deutlich von der Nicht-Ziel­ gruppe unterscheidbar machen. • Die Zielgruppendefinition sollte operationalisierbar sein, d. h. die heran­ gezogenen Merkmale sollten sich auch für die Werbeträgerplanung eignen. Die Zielgruppe kann sinnvoll nur nach solchen Kriterien beschrieben wer­ den, mit denen sie später auch erreicht werden kann.

Zielgruppenbeschreibungen erfolgen entweder nach soziodemographischen oder nach psychographischen Merkmalen.

2.3.4.2 Soziodemographische Zielgruppenbeschreibung Am häufigsten erfolgt die Zielgruppenbeschreibung nach soziodemographi­ schen Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Beruf, Einkommen, Bildung, Haushaltsgröße, Schichtzugehörigkeit, Wohnort oder Wohnortgröße (vgl. Koschnick 1995, S. 347 f.). Der Verwendung dieser Merkmale liegt die An­ nahme zugrunde, daß sie mit spezifischen Konsumgewohnheiten korrelieren. Der Rückschluß von den soziodemographischen Merkmalen eines Konsu­ menten auf dessen Konsumverhalten ist jedoch nur in Einzelfällen sinnvoll. Die meisten dieser Merkmale haben den Vorteil, daß sie leicht erfaßbar und meßbar sind. Da sich auch die Nutzerschaften von Werbeträgern nach diesen Merkmalen erfassen lassen, erfüllen sie das Kriterium der Operationalisierbarkeit. Allerdings lassen sich nach diesen Kriterien keine homogenen Gruppen bilden, da sie nur in sehr eingeschränktem Maße von prognostischer Relevanz im Hinblick auf das Konsumverhalten sind. • Das Geschlecht ist für bestimmte Produktgruppen, die nur von Frauen (z.B. Lippenstifte, Damenhygiene) bzw. nur von Männern (Rasierwasser) nachgefragt werden, durchaus ein konsumdifferenzierendes Merkmal. Bei vielen Produktgruppen kann dieses Merkmal jedoch entweder nur einge­ schränkt (Zeitschriften, Autos, Bekleidung) bzw. überhaupt nicht (Zigaret­ ten, Waschmittel) zur Abgrenzung des Konsums herangezogen werden. Für Nahrungsmittel ist das Geschlecht im allgemeinen kein Merkmal, mit dem sich sinnvolle Zielgruppenbeschreibungen erzielen lassen. • Das Alter greift als differenzierendes Merkmal ähnlich ungenau wie das Geschlecht. Zwar gibt es typische Produkte für einzelne Altersgruppen

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Werbecontrolling-Konzept

(Höschenwindeln, Gebißreiniger), für die Mehrzahl der Produktbereiche läßt das Alter der Zielgruppe jedoch nur eine sehr vage Konsumabgrenzung nach vermutlichen Interessenschwerpunkten zu. Auch bei Nahrungsmitteln finden sich Angebote, die allein auf das Alter der Zielgruppe abheben, rela­ tiv selten. Als Beispiel läßt sich Babynahrung anführen. Traditionell konzentriert sich die Mediaplanung in Deutschland auf die Stan­ dardzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, was sich auch in der Strategie der Me­ dien, insbesondere von Hörfunk und Fernsehen, reflektiert, die Angebote vor allem für jüngere Zielgruppen machen. Argumentiert wird, daß die ab 50-Jäh­ rigen sowieso mehr fernsehen und in der Seherschaft überproportional vertre­ ten und damit leichter zu kontaktieren sind als die 14- bis 49-Jährigen. Die Mediaplanung richtet sich daher vor allem auf die Ansprache jüngerer Ziel­ gruppen, die schwerer zu erreichen sind. Die älteren Zuschauer gebe es quasi als ‘kostenlose Dreingabe’. Ein anderes Argument ist die Befürchtung, daß die Verbindung von Marken mit älteren Menschen bei jüngeren Zielgruppen Ak­ zeptanzprobleme verursachen könnten. Schließlich besteht die Auffassung, ältere Menschen seien in ihren Markenpräferenzen und Konsumgewohnheiten schon zu festgelegt, als daß sie noch zu einem Markenwechsel bereit wären. In der Vernachlässigung der über 50-Jährigen offenbart sich ein Mißver­ hältnis zwischen dem zunehmend größer werdenden Anteil dieser Zielgruppe an der Bevölkerung und ihrer überdurchschnittlichen Kaufkraft einerseits und der Werbepraxis andererseits. Ältere Menschen sind in der Werbung auch deutlich unterrepräsentiert. Ferner zeigt sich, daß eine altersadäquate Ansprache dieser Zielgruppe noch kaum gelingt. Noch immer herrscht ein Defizitmodell des Alterns vor, d.h. es wird die Unterstützungs- und Hilfsbe­ dürftigkeit älterer Menschen herausgestellt, was sie gegenüber jüngeren Ziel­ gruppen deutlich abgrenzt (vgl. Gleich 1999, S. 301 ff.).

• Das Einkommen ist als Zielgruppenkriterium insofern bedeutsam, als es die finanziellen Möglichkeiten der Zielgruppe beschreibt. Als Einkom­ mensgröße wird üblicherweise das Haushaltsnettoeinkommen verwendet. Kaviar und Champagner erfordern einen höheren finanziellen Mitteleinsatz als Eintopf und Bier. Allerdings lassen Statusambitionen einkommens­ schwächerer Zielgruppen oder auch die Erfüllung von lange gehegten Wün­ schen das Merkmal Einkommen nicht als eindeutiges Abgrenzungskriteri­ um erscheinen. Insbesondere bei Produkten, die nach außen sichtbar sind oder die gegenüber Freunden und Bekannten als berichtenswert erscheinen (Autos, Spirituosen, Urlaub), stellt das Einkommen heutzutage häufig keine Grenze mehr dar. Das gleiche gilt für die Kriterien Ausbildung und Beruf. • Das Einkommen wird vor allem auch durch das Kriterium Haushaltsgröße relativiert. Mit steigender Haushaltsgröße sinkt die Konsumkraft des Haus­ haltes bei gegebenem Einkommen. Während für einen Single eine Gour­ metmahlzeit problemlos mit seinem Einkommen vereinbar sein kann, mul­ tiplizieren sich für eine mehrköpfige Familie die Kosten der Zutaten für das

Weriiecontmlliry^

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Menü mit der Anzahl der Personen. Bei Nahrungsmitteln ist die Haushalts­ größe häufig ein relevantes Kriterium, das in speziellen Packungsgrößen berücksichtigt wird. • Insbesondere für Produkte des täglichen Bedarfs ist die Zielgruppe Haus­ haltsführende relevant, womit die Personen beschrieben werden, die für den Einkauf des gesamten Haushaltsbedarfs verantwortlich sind. • Geographische Kriterien, wie Wohnortgröße oder Region, können einen großen Einfluß auf den Konsum haben. Einige Produkte sind nur regional distribuiert (regionale Spezialitäten), so daß die Zielgruppenansprache auch nur regional erfolgen kann. Häufig lassen sich Trendprodukte eher in Bal­ lungsräumen absetzen und Bewohner der Küstenregion beispielsweise eher für frische Fische ansprechen. Das Marktforschungsinstitut A.C. Nielsen hat Deutschland in sogenannte „ACNielsen-Gebiete“ eingeteilt, die sich als Basis für eine geographische Ziel­ gruppenplanung durchgesetzt haben. Darin sind einzelne Bundesländer zu ei­ nem Nielsen-Gebiet zusammengefaßt (vgl. Abbildung 2-22). Insgesamt teilt sich Deutschland in sieben Nielsen-Gebiete auf. Bei Betrachtung von Regio­ nalstrukturen wird entsprechend von „Nielsen 2“ oder „Nielsen 6“ gesprochen.

Abbildung 2-22: ACNielsen-Gebiete

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Werbecontrolling-Konzept

Da jedes einzelne soziodemographische Merkmal für sich genommen Ziel­ gruppen nicht hinreichend genau abgrenzen kann, werden i.d.R. Kombinatio­ nen dieser Merkmale verwendet. Häufig werden dazu die Merkmale Alter und Einkommen oder auch Haushaltsgröße und Einkommen kombiniert. Merkmalskombinationen finden beispielsweise ihren Niederschlag in Ziel­ gruppenbeschreibungen wie Yuppies oder Dinks. Yuppy steht als Abkürzung für Young Urban Professional People und bezeichnet Personen zwischen 20 und 39 Jahren, mit hohem Bildungsniveau, überdurchschnittlichem Einkom­ men und einem großstädtischen Wohnsitz. Dinks stehen für Double Income, no Kids, also Doppelverdiener ohne Kinder.

23.4.3 Psychographische Zielgruppenbeschreibung Abbildung 2-23 verdeutlicht, daß eine Zielgruppendefinition auf rein sozio­ demographischer Basis nicht ausreicht, um seine Zielgruppen zu beschreiben. Es ist offensichtlich, daß die beiden dargestellten Typen, obwohl nach sozio­ demographischen Daten identisch, völlig unterschiedlich sind und sicher auch verschiedene Konsumgewohnheiten haben.

Abbildung 2-23: Zwei völlig unterschiedliche Typen

Aufgrund der ungenügenden Trennschärfe soziodemographischer Merkmale werden diese häufig durch psychographische Merkmale ergänzt, d. h. Ziel­ gruppen werden nach psychologischen Kriterien beschrieben. Während sozio­ demographische Merkmale lediglich einen beschreibenden Charakter haben, zielt die Verwendung psychographischer Merkmale auf eine Erklärung des Verbraucherverhaltens. Diese Art der Zielgruppenbeschreibung verwendet Merkmale wie Einstellungen, Motive, Verhaltensweisen und Persönlichkeits­ merkmale, um daraus einstellungs- und verhaltenshomogene Personengrup­ pen zu bilden. Diese Merkmale dienen im S-O-R-Modell als intervenierende

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Variable dazu, das Käuferverhalten als indirekte Folge von Reaktionen im Vorfeld der Kaufhandlung zu erklären (vgl. Kapitel 1.6.3.2). Der nach soziodemographischen Merkmalen bereits beschriebene Yuppy läßt sich mit psychographischen Merkmalen wie folgt beschreiben: Er hat eine positive Grundeinstellung und schätzt die Zukunft optimistisch ein. Häu­ fig zeigt er wenig Interesse an politischen oder kulturellen Fragen, er ist emo­ tionsarm, ichbezogen und materialistisch eingestellt. Er orientiert sich an äu­ ßerlichen Attributen, ist voller Selbstvertrauen, strebt nach Erfolg und demon­ striert den Erfolg mit Statussymbolen (vgl. Koschnick 1995, S. 1923).

Aus den psychographischen Merkmalen entwickelten sich sogenannte LifeStyle-Typologien, mit denen Persönlichkeitstypen beschrieben werden, die bestimmte Personengruppen repräsentieren sollen: „Die einzelnen Life-StyleTypen werden gemäß ihren dominierenden Einstellungen und Lebensstilen beschrieben, die das Fundament der Life-Style-Typen-beschreibungen bilden und ergänzt werden um ihr Konsum- und Medienverhalten sowie die vorherr­ schenden soziodemographischen Ausprägungen“ (Koschnick 1995, S. 1018). Als Beispiel sei die Typologie vorgestellt, mit der das ZDF seine Zuschauer kategorisierte. Diese Typologie basiert auf einer exklusiven Studie von der Agentur Michael Conrad & Leo Burnett. Zur Personifizierung wurden jeweils exemplarisch Personen abgebildet, die die jeweiligen Typen repräsentieren sollen und den Personen wurden Namen gegeben. Die Zahlen in Klammem bezeichnen den Anteil der Typen an der Gesamtbevölkerung: • Gerd und Gerda, die resignierten Unzufriedenen (8 %), • Martin und Martina, die trend- und modebewußten Freizeitorientierten (5%), • Tom, der spontane, gruppenorientierte Jugendliche (9 %), • Erika, die konventionelle Häusliche (15 %), • Jochen, der sportliche, aufgeschlossene Facharbeiter (7 %), • Monika, die moderne Angepaßte (8 %), • Andreas und Andrea, die alternativ orientierten Intellektuellen (9 %), • Wilhelm und Wilhelmine, die pflichtbewußten Rentner (12%), • Erwin, der autoritäre Arbeiter (9 %), • Eberhard, der selbstbewußte arrivierte Konservative (11 %), • Alexandra, die vielseitig interessierte Selbstbewußte (7 %). Jeder dieser Typen ist im Hinblick auf seine Einstellungen und seine Konsum­ muster genau beschrieben. Alexandra wird beispielsweise wie folgt charakte­ risiert:

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Werbecontrolling-Konzept „Dieser Frauentyp hat sich aufgrund seiner deutlich überdurchschnittlichen Bildung und einer gewissen materiellen Unabhängigkeit auf selbstverständliche Weise emanzipiert. Ob als Alleinstehende oder als Familienmutter hat sie eine gleichberechtigte Eigenständigkeit er­ reicht, die nicht nur in ihrer geistigen Kompe­ tenz zum Ausdruck kommt. Sie nimmt gerne und intensiv am öffentlichen Leben jeder Art teil, ist prestigebewußt und luxusorientiert; im Hinblick auf Mode und Kultur zählt sie zur Avantgarde. Alexandra dokumentiert ihren Wohlstand und ihre Kennerschaft durch den Konsum mo­ derner, hochwertiger Produkte und durch ihr aufwendiges und genußorientiertes Freizeitverhalten. Aktuelle und ausgefal­ lene Kleidung und Kosmetika hoher Qualität gehören zu ihren Konsumprio­ ritäten ebenso wie Reisen, gutes Essen und der Besuch von teuren Restau­ rants und Discotheken.“ (Lürzer, Conrad & Leo Burnett: Life Style Research 1985).

Typologien stellen den Verbraucher einfach und übersichtlich dar. Aber ge­ rade darin liegt ihre Problematik, denn sie täuschen eine Trennschärfe vor, die sie per se nicht haben. Je nach Produktbereich haben Lebensstile unterschied­ liche Relevanz. Bei persönlichkeitsgeprägten, äußerlich sichtbaren Produkten wie Urlaub, Kleidung oder Autos haben sie wahrscheinlich einen größeren Stellenwert als bei Produkten des täglichen Bedarfs bzw. generell bei Massen­ produkten. Außerdem erscheinen derartige Typologien in einer Zeit, die durch den Wertewandel gekennzeichnet ist, als obsolet. Zwar erfüllen Typologien die Forderung nach Homogenität der Zielgrup­ pen, jedoch sind sie nicht operationalisierbar, denn sie grenzen den Konsum nicht hinreichend genau ab. Die Frage ist, ob Tom, Jochen oder Monika tat­ sächlich unterschiedliche Nahrungsmittel kaufen. Einen anderen Ansatz verfolgen die sogenannten Sinus-Milieus. Hier orien­ tiert sich die Zielgruppenbeschreibung an der Lebensweltanalyse der Gesell­ schaft. Es werden Menschen gruppiert, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Die Positionierung der Milieus erfolgt in einer stra­ tegischen Karte mit den Achsen soziale Lage und Grundorientierung (vgl. Abbildung 2-24). „Je höher ein Milieu in dieser Grafik angesiedelt ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Berufsgruppe; je weiter rechts es positioniert ist, desto moderner ist die Grundorientierung“ (vgl. www.sinusmilieus.de). Mit dieser strategischen Karte können auch Marken und Produkte positioniert werden.

Werbecontrolling^^ojizept

Oberschicht/ Obere Mittelschicht

99

Sinus A12 Konservative 5,6% v

1

Mittlere Mittelschicht

Bürgerliche Mitte 15,9%

Sinus A23 Untere Mittelschicht / Unterschicht

Sinus C2 Experimentalisten 6,4%

2

Traditions­ verwurzelte 15,2%

5,6%

Sinus B3 Konsum-Materialisten 10,6%

Sinus BC3 Hedonisten 11,0% © Sinus Sociovision 2001

Soziale .x Lage S' Grundx Orientierung

A Traditionelle Werte Pflichterfüllung, Ordnung

B Modernisierung I Konsum-Hedonismus und Postmaterialismus

c Modernisierung II Patchworking, Virtualisierung

Abbildung 2-24: Die Sinus-Milieus in Gesamtdeutschland 2001 Quelle: www.sinus-milieus.de, Kurzcharakteristik

Die einzelnen Milieus werden wie folgt charakterisiert: Gesellschaftliche Leitmilieus • Sinus Bl 10% Das selbstbewußte Establishment: Erfolgs-Ethik, (Etablierte) Machbarkeitsdenken und ausgeprägte Exklusivitätsan­ sprüche • Sinus B12 10% Das aufgeklärte Nach-68er-Milieu: Postmaterielle Wer­ (Postmaterielle) te, Globalisierungskritik und intellektuelle Interessen • Sinus C12 8% Die junge, unkonventionelle Leistungselite: intensives (Moderne Performer) Leben - beruflich und privat, Multi-Optionalität, Flexi­ bilität und Multi-Media-Begeisterung Traditionelle Milieus • Sinus A12 5% Das alte deutsche Bildungsbürgertum: konservative (Konservative) Kulturkritik, humanistisch geprägte Pflichtauffassung und gepflegte Umgangsformen • Sinus A23 15% Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgenerati­ on: verwurzelt in der kleinbürgerlichen Welt bzw. in (Traditionsverwurzelte) der traditionellen Arbeiterkultur • Sinus AB2 6% Die resignierten Wendeverlierer: Festhalten an preußi­ (DDR-Nostalgische) schen Tugenden und altsozialistischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidarität

Werbecontrolling-Konzept

100 Mainstream-Milieus • SinusB2 16% (Bürgerliche Mitte)

• Sinus B3 11% (Konsum-Materialisten)

Der statusorientierte moderne Mainstream: Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesi­ cherten und harmonischen Verhältnissen Die stark materialistisch geprägte Unterschicht: An­ schluß halten an die Konsum-Standards derbreiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteiligung

Hedonistische Milieus • Sinus C2 7 % Die extrem individualistische neue Boheme: Ungehin­ (Experimentalisten) derte Spontaneität, Leben in Widersprüchen, Selbstver­ ständnis als Lifestyle-Avantgarde • Sinus BC3 11 % Die Spaß-orientierte moderne Unterschicht/untere (Hedonisten) Mittelschicht: Verweigerung von Konventionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesellschaft

Quelle: www.sinus-milieus.de, Kurzcharakteristik Abschließend sei auf eine Reihe von Spezialuntersuchungen hingewiesen, in denen psychographische Merkmale mit Besitz- und Verbrauchsdaten zu soge­ nannten Markt-Media-Studien kombiniert werden. So erstellt der Verlag Gru­ ner + Jahr im Abstand von zwei Jahren die „Brigitte Kommunikations-Ana­ lyse“, in der für Produktfelder wie z. B. Mode, Kosmetik/Körperpflege, neben quantitativen Konsumdaten auch psychographische Merkmale erhoben wer­ den. Diese werden kombiniert mit dem Medienverhalten, so daß sich exakt beschreiben läßt, über welche Zeitschriften beispielsweise Verwenderinnen von Parfums zu erreichen sind.

2.3.5

Werbeobjekt

Werbeobjekt ist das, wofür geworben werden soll. Dabei kann es sich bei­ spielsweise um eine Marke, ein Produkt, eine Leistung, eine Partei oder eine Idee handeln. Die Entscheidung über das Werbeobjekt ist immer dann unpro­ blematisch, wenn es sich über ein Monoprodukt handelt bzw. das zu bewer­ bende Produkt von vornherein feststeht. Ist das Werbeobjekt jedoch Teil eines Sortiments, stehen unterschiedliche Möglichkeiten offen: • Ein Angebot kann stellvertretend für das Gesamtsortiment beworben und ausführlich vorgestellt werden (pars pro toto). Sind die Angebote innerhalb des Sortiments einigermaßen homogen, repräsentiert dieses Werbeobjekt das Gesamtsortiment. Handelt es sich jedoch um ein heterogenes Sortiment, besteht die Gefahr, daß das ausgewählte Werbeobjekt ein nicht repräsenta­ tives Bild der Angebotsleistung des Unternehmens zeichnet. • Soll das gesamte Sortiment beworben werden, stehen zwei Alternativen zur Verfügung: Es können (mehrere oder) alle Angebote gleichzeitig oder je­

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101

weils ein Angebot rotierend dargestellt werden. Auf diese Weise kann das gesamte Leistungsspektrum des Unternehmens dargestellt werden. Die Wahl der Alternative hängt von der Sortimentsbreite ab. Bei einem um­ fangreichen Sortiment steht dem einzelnen Angebot nur wenig Raum zur Verfügung bzw. entstehen hohe Produktionskosten für die Erstellung der Werbemittel. Kombinationen der dargestellten Umsetzungsmöglichkeiten sind möglich. Beispielsweise kann in einem Spot ein Angebot vorgestellt werden, und ein sich anschließender, kürzerer Reminderspot kann auf weitere Sortimentsbe­ standteile hinweisen.

Eine grundsätzlich andere Möglichkeit besteht darin, das eigene Angebot mit Angeboten anderer Hersteller gleichzeitig zu bewerben. In diesem Fall han­ delt es sich um ein sogenanntes Co-Branding. Sind die Werbepartner auf der gleichen Marktstufe, wird von Verbund Werbung gesprochen. Schließen sich Partner unterschiedlicher Marktstufen zu einem gemeinsamen Werbeauftritt zusammen (z.B. Hersteller und Handel), liegt Kooperationswerbung vor. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß diese definitorische Trennung weder in der Literatur noch in der Praxis sehr strikt gehandhabt wird. Werbeobjekt

Co-Branding

Verbund­ werbung __ Kooperations­ werbung

Abbildung 2-25: Entscheidungen über das Werbeobjekt

Die wesentlichen Vorteile des Co-Branding liegen einerseits darin, daß die Produktions- und Streukosten zwischen den Werbepartnern geteilt werden und damit für jeden einzelnen ein größerer Werbeauftritt ermöglicht wird. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen kann dies eine in­ teressante Option sein. Andererseits lassen sich durch die Wahl der Partner Synergien erzielen (z.B. im Hinblick auf Imagetransfers) und kreative Wer­ beauftritte ermöglichen, die ein hohes Maß an Aufmerksamkeitspotential ha-

102

Werbecontrolling-Konzept

ben. Probleme können sich aus der Gewichtung der Partner im Werbeauftritt ergeben. Die kreative Umsetzung des Werbeobjektes in ein Werbemittel orientiert sich an der Copy Strategy. Voraussetzung ist, daß sich die Partner auf eine gemeinsame Copy Strategy einigen können. Marken-Kooperationen können auf sehr vielfältige Weise erfolgen und ein hohes Maß an Kreativität freisetzen. Beispielsweise haben sich Warsteiner und Zewa Wisch & Weg zu einem gemeinsamen Werbeauftritt vereint und ih­ re Produkte sinnvoll zueinander in Bezug gesetzt. Zuerst erscheint ein Warsteiner-Spot, in dem beim Einschenken des Bieres ein Schaumfleck auf der Kameralinse zurückbleibt, der beim nachfol­ genden Zewa-Spot weggewischt wird. Noch enger ist die Zusammenarbeit zwischen Ritter Sport und Smarties, die nicht nur ihren Werbeauftritt verschmolzen haben, sondern durch eine Schokolade mit eingestreuten Smarties auch ihre Produkte. Ein weiteres Bei­ spiel ist die Kooperation zwischen Langnese und Milka.

Co-Branding läßt sich sowohl unter strategischen als auch unter taktischen Aspekten einsetzen. Strategisch beispielsweise um einzelne Imagefacetten der Marke auszubauen. Bei einem gemeinsamen Auftritt mehrerer Marken muß ein gemeinsames Thema als verbindende Klammer gefunden werden. Dieses Thema kann die jeweiligen Markenwelten verstärken, ergänzen oder variieren und somit für alle Beteiligten einen positiven Impact haben. Tak­ tisch ist Co-Branding vor allem bei Promotions sinnvoll einzusetzen, wenn beispielsweise der Abverkauf eigener Produkte mit Fremdprodukten kombi­ niert werden kann.

Das Werbecontrolling sollte bei der Entscheidung über das Wer­ beobjekt unterschiedliche Alternativen berücksichtigen. Sowohl unter strategischen als auch unter taktischen Aspekten eröffnen sich vielfach Synergiepotentiale.

2.3.6

Werbestrategie

Die Werbestrategie beantwortet die Frage, wie die Werbeziele erreicht wer­ den sollen. Konzeptionell geht es um die Planung der Werbemittel. Der Be­ griff Werbestrategie wird weder in der Literatur noch in der Praxis einheitlich verwendet. Daher erfolgt hier die Orientierung an der Marketing-theorie und an Hand der „Becker-Pyramide“ (vgl. Becker 2002, S. 11) wird die Werbe­ strategie als Bindeglied zwischen Werbezielen und Werbemaßnahmen einge­

Werbecontrolling-Konzept

103

ordnet. Spätestens bei der Strategiediskussion zeigt sich also, ob die Werbe­ ziele hinreichend genau definiert wurden. Da „viele Wege nach Rom“ führen, Werbeziele also in aller Regel mit unterschiedlichen Strategien erreicht wer­ den können, kommt dem Werbecontrolling die schwierige Aufgabe zu, Stra­ tegiealternativen zu bewerten und diejenige auszuwählen, mit der die Ziele voraussichtlich am besten erreicht werden. Bei gleichwertigen Alternativen fällt die Entscheidung zu Gunsten der des geringsten Aufwands. Es empfiehlt sich, Strategiealternativen als fall-back position bereit zu halten, für den Fall, daß die gewählte Strategie sich als ungeeignet erweisen sollte.

Werbe- KWo wollen wir hin?

ziele

Werbe­ strategie Werbe­ maßnahmen

Wie kommen wir dahin?

Was müssen wir dafür einsetzen?



Abbildung 2-26: Konzeptionspyramide der Werbung In Anlehnung an Becker: Marketing-Konzeption, 7. Aufl., München 2002, S. 11

Die Werbestrategie muß stets an den Werbezielen ausgerichtet sein und bestimmt die zu ergreifenden Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. „Strategien legen den not­ wendigen Handlungsrahmen (...) fest, um sicherzustellen, daß alle operativen (taktischen) Instrumente auch zielführend einge­ setzt werden“ (Becker 2002, S. 140).

Grundlage der Werbestrategie ist die Marketingstrategie, von der sie ein Teil ist, sowie die Positionierung. Während Marketingstrategie und Positionierung jedoch grundsätzlich langfristig orientiert sind, wird die Werbestrategie häu­ fig nur für einen Kampagnenzeiträum festgelegt. Sie hat damit einen anderen Planungshorizont als die Copy Strategy, die grundsätzlich langfristig ausge­ richtet ist (vgl. nächstes Kapitel). Die nachfolgende Liste stellt einige der Entscheidungen vor, die im Rah­ men der Werbestrategie getroffen werden müssen (zu den konkreten Ausge­ staltungsmöglichkeiten vgl. Kloss 2003, S. 181 ff., Pepels 2001, S. 208 ff.): • Werbezeitraum und Werbegebiet. • Sollen klassische oder (flankierend auch) nicht-klassische Werbemittel ein­ gesetzt werden, above-the-line- und/oder below-the-line-Aktivitä-ten, programminteme oder -externe Werbeformen?

104

Werbecontrolling-Konzept

• Welche Werbemittel erscheinen am besten geeignet, die Werbebotschaft zu übermitteln bzw. sind dem Werbeobjekt angemessen? Damit wäre bereits eine Vorentscheidung auf die Mediastrategie getroffen. • Formate der Werbemittel (Anzeigengröße und -farbigkeit, Länge TV-/Hörfunkspot)? • Welche Gestaltungselemente sollen eingesetzt werden (visuell, akustisch, audiovisuell)? • Wort-/Bildanteil, Schrifttype, Bild-/Soundeffekte? • Argumentationsstil? • Gestaltungstechniken (Slice of Life, Testimonial, Lifestyle, Presenter, Tea­ ser, vergleichende Werbung)? Abbildung 2-27 gibt eine Übersicht über die Gegenstandsbereiche der Ent­ scheidungen innerhalb der Werbestrategie.

Abbildung 2-27: Entscheidungen im Rahmen der Werbestrategie Quelle: Backhaus/Büschgen/Voeth: Internationales Marketing, 2. Aufl., Stuttgart 1998, S. 343

Die werbestrategischen Entscheidungen werden üblicherweise in einem kon­ tinuierlichen Prozeß unter Einbeziehung der Agentur getroffen, die ihr Werbe-Know-how einbringen kann. Die strategische Leitlinie sollte jedoch vom Werbetreibenden vorgegeben werden. Zusammen mit der Copy Strategy bil­ det die Werbestrategie die Grundlage für das Agenturbriefing. In einem Briefing werden alle Informationen übermittelt, die für die Reali­ sierung eines Vorhabens notwendig sind. Die Werbeagentur wird also über Hintergründe und Ziele der geplanten Werbekampagne informiert. Je voll­ ständiger die Informationen in dem Briefing sind, desto besser kann eine kon­ zeptionskonforme Umsetzung erfolgen: Der kreative output kann nie besser sein als der informative input.

Werbecontrolling-Konzept

105

Ein Agenturbriefing sollte folgende Informationen enthalten (vgl. Kloss 2003, S. 193): • Informationen über das Unternehmen: seine Stellung im Markt, seine Entwicklung in der Vergangenheit, sein Image, seine Leistungsfähigkeit. • Informationen über den Markt: Größe und Entwicklung, wichtigste Wettbewerber, Distributionskanäle. • Informationen über die Konsumenten: aktuelle und potentielle Verwen­ der, ihre Einstellungen und Verhaltensweisen, soweit aus der Marktfor­ schung bekannt. • Informationen über die Werbung: die eigene Werbung bisher, Werbeauf­ wendungen, Werbezeiträume, Akzeptanz der Werbung, Werbung des Wett­ bewerbs, Verkaufsförderungsmaßnahmen. • Informationen über das Produkt: Produkteigenschaften, Produktnutzen, Produktimage, Produktverwendung, Bekanntheitsgrad, Service, Produktbe­ sonderheiten, Wettbewerbsprodukte. • Zusätzlich sind Informationen notwendig über die Marketingziele und das zur Verfügung stehende Budget. • Im Briefing sollte darüber hinaus unmißverständlich definiert sein, welche Schlüsselinformationen durch die Werbung vermittelt werden sollen.

2.3.7

Copy Strategy

Grundlage für die kreative Umsetzung einer Werbekampagne ist die Copy Strategy (aus dem Englischen copy = [Werbe-] Text) (vgl. zum folgenden Kloss 2003, S. 166ff.). Ausgehend von der angestrebten Positionierung defi­ niert die Copy Strategy die Eindrücke, die der Verbraucher von der be­ worbenen Marke haben soll.

Da die Positionierung i.d.R. langfristig ausgerichtet ist, ist auch die Copy Strategy als ein Langzeit-Dokument aufzufassen, das auch für Folgekam­ pagnen Gültigkeit hat. Vielfach wird eine Marke nicht nur mit einer Werbe­ kampagne beworben, vielmehr wird die Kampagne im Zeitablauf geändert. Aus diesem Zeithorizont resultiert auch ein wesentlicher Unterschied zur Werbestrategie. Während sie vielfach nur für einen Kampagnenzeitraum ge­ plant wird, ist die Copy Strategy grundsätzlich kampagnenübergreifend, hat also einen längeren Planungshorizont. Solange an der Positionierung der Mar­ ke keine Änderungen vorgenommen werden, bleibt auch die Copy Strategy bestehen. Die Copy Strategy drückt aus, was die Werbung aussagen soll, sie enthält jedoch keine Hinweise darüber, wie es ausgedrückt werden soll. Die kreative Umsetzung ist Aufgabe der Werbeagentur. Mit der Copy Strategy läßt sich deren kreative Leistung beurteilen. Die Anzeigenbeispiele in Abbildung 2-28

106

Werbecontrolling-Konzept

zeigen, mit welch unterschiedlichen kreativen Lösungen ein und dieselbe Co­ py Strategy umgesetzt werden kann. Eine Copy Strategy enthält zumindest vier wesentliche Aussagen: 1. Der Benefit beinhaltet das Nutzenversprechen, den Basis-Nutzen, weshalb der Verbraucher diese Marke kaufen und sie allen anderen Marken vorzie­ hen soll. 2. Der Reason Why begründet den Benefit, d. h. er stellt eine Produkt-Cha­ rakteristik heraus, die das Nutzen versprechen nachvollziehbar untermau­ ert. 3. Die Target Audience beschreibt die Zielgruppe, die mit der Werbung an­ gesprochen werden soll. 4. Die Tonality definiert die Individualität und die Atmosphäre, die die Wer­ bung übermitteln soll. Sie wird üblicherweise mit Adjektiven beschrieben. Manchmal findet sich in der Copy Strategy zusätzlich noch der emotionale Wert oder die Bedeutung, die an das Nutzenversprechen geknüpft ist. Von zentraler Bedeutung ist in der Copy Strategy der Benefit und der Rea­ son Why. Jede Werbung sollte dem Verbraucher Argumente liefern, warum er das Produkt kaufen soll. Diese Argumente sind jedoch nur mit einer plausi­ blen Begründung glaubwürdig.

Häufig haben verschiedene Marken einer Produktkategorie denselben Bene­ fit. Die Differenzierung zu den Wettbewerbern erfolgt dann durch den Reason Why. Der Benefit behauptet die Alleinstellung, der Reason Why begrün­ det sie. Beispielsweise implizieren sowohl Milka als auch Merci, Ritter Sport und Kinder Schokolade den Anspruch, die „beste Schokolade“ zu sein (Bene­ fit). Aber jede dieser Marken gibt dafür eine andere Begründung (Reason Why): • Milka\ Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt, • Merci', weil man sie jederzeit guten Gewissens verschenken kann, • Ritter Sport', quadratisch, praktisch, gut, • Kinder Schokolade', weil sie die Extra-Portion Milch hat.

Werbecontrolling-Konzept

FÜR EINE WIRKLICH GUTE ZIGARETTE KANN MAN MIT FAST ALLEM WERBEN.

Bt\sos a Burnts Simply Gold

Oie EG-Gesunoheitsmimstei Rauchen gefährdet ihre Gesundheit Oer Rauch einer Zigarette dieser Marke enthalt 1.0 mg Nikotin und 13 mg Kondensat (Teer) (Durchschnittswerte nach ISO )

Abbildung 2-28: Umsetzungsmöglichkeiten einer Copy Strategy

107

108

Werbecontrolling-Konzept

Die Copy Strategy wird vom werbetreibenden Unternehmen seiner Werbe­ agentur vorgegeben und hat zwei Aufgaben zu erfüllen: 1. Einerseits ist sie die Anleitung für die Werbeagentur zur kreativen Um­ setzung der Werbung. Sie soll die Arbeit der Agentur auf einen produkti­ ven Fokus konzentrieren, ohne die Kreativität zu behindern. 2. Andererseits ist sie auch die Anleitung zur Beurteilung der Arbeit der Werbeagentur. Mit ihr wird überprüft, ob eine Werbung „on strategy“ ist oder nicht und ob sie wahrscheinlich wirkungsvoll ist oder nicht. Damit ist die Copy Strategy gleichzeitig auch ein Instrument im Rahmen des strate­ gischen Werbecontrolling (vgl. Kapitel 3.2.4). Die spezifischen Bedeutungen und Vorteile, die sich aus einem genauen Ver­ ständnis der Copy Strategy ergeben, liegen auf der Hand: 1. Die Copy Strategy garantiert, daß die Werbung über einen langen Zeitraum mit der Positionierung und den angestrebten Zielen in Einklang bleibt. 2. Sie garantiert die Folgerichtigkeit und Kontinuität der Werbung während einer gewissen Zeit. Diese Vorteile kann die Copy Strategy jedoch nur dann erfüllen, wenn sie in der Tat als ein Langzeit-Dokument gehandhabt wird, das nicht kurzfristigen Änderungen unterworfen wird. Gründe für eine Änderung der Copy Strate­ gy können nur liegen in einer Änderung • der Positionierung, • des beworbenen Produktes, • der Produktverwendung, • der Konkurrenz-Situation oder • der Verbraucher-Bedürfnisse.

Welchen Änderungen die Produktverwendung unterliegen kann, zeigt die Entwicklung, die das T-Shirt durchgemacht hat. In den sechziger Jahren zählte das T-Shirt noch ausschließlich zur Unterwäsche; in den siebziger Jah­ ren wurde es Bestandteil der Freizeitkleidung; Ende der achtziger Jahre wurde es anstelle eines Hemdes zum Anzug getragen (vgl. Werner 1993, S. 187). Es ist klar, daß der Werbung eines T-Shirt-Herstellers eine jeweils entsprechend veränderte Copy Strategy zugrunde lag. Aus der Zwecksetzung und der Bedeutung, die die Copy Strategy für das wer­ betreibende Unternehmen hat, lassen sich einige Regeln für ihre Formulie­ rung ableiten: Eine Copy Strategy sollte • spezifisch und konkret sein, um wirkliche Richtlinien und Anhaltspunkte zu schaffen,

Werbecontrolling-Konzept

109

• einfach sein, möglichst nur ein Hauptversprechen - höchstens zwei - enthal­ ten und sich auf ein Minimum von untergeordneten Punkten konzentrieren, • klar sein, d. h. keine Zweideutigkeiten enthalten und keine Gelegenheiten für eine variable Interpretation liefern, • in sich konsequent sein, d.h. alle Elemente sollten zueinander passen und sich gegenseitig ergänzen, • primär Vorzüge behandeln, ausgedrückt in der Verbrauchersprache und nicht Produkt-Charakteristika oder Marketingziele: Der Verbraucher kauft keine Produkteigenschaften, sondern Vorteile, • deutlich konkurrenzfähig sein und versuchen, den Verbraucher zu über­ zeugen, das eigene Produkt an Stelle der Konkurrenzprodukte zu kaufen. Gerade in Bereichen, in denen eine Marke keine besonderen funktionalen Vorzüge besitzt, muß die Copy Strategy die Konkurrenzfähigkeit hervorhe­ ben, wenn die Werbung wirksam sein soll. Copy Strategy-Versprechen müssen nicht rechtlich voll vertretbar sein, wohl aber Werbeaussagen, • positiv und auf die Markenstärke eingestellt sein und nicht versuchen, Schwächen der Marke durch Rückversicherungen auszugleichen, • entschieden geschrieben sein, so daß sie eine Basis bietet, auf der sich zu­ stimmen oder ablehnen läßt. Die Copy Strategy ist eines der wichtigsten Dokumente im qua­ litativen Werbecontrolling. Sie ist die Basis aller Werbemaßnah­ men und gleichzeitig Maßstab zu deren Beurteilung. Sie muß da­ her eindeutig formuliert sein und darf weder für den Werbetrei­ benden selbst noch für die Agentur Interpretationsspielräume ermöglichen.

Es sind im wesentlichen folgende Quellen, die die Grundlage bei der Formu­ lierung einer Copy Strategy sind: • Marketing-Strategie und Positionierung, • das Produkt selbst und seine Geschichte, • die Wettbewerbssituation, • die bisherigen Erfahrungen bei der Führung einer Marke und • das „Fingerspitzengefühl“ für Verbraucherbedürfnisse und den Markt.

Bei der Formulierung einer Copy Strategy sollte Werbesprache vermieden werden. Werbesprache richtet sich an die Zielgruppe, aber nicht an die Agen­ tur. Vor allem sollte vermieden werden, Benefit und Reason Why in Slogans zu formulieren. Slogans sind das Resultat von Positionierung und Copy Stra­ tegy. Wird es aus einem der genannten Gründe notwendig, die Copy Strategy zu än­ dern oder ist es von vornherein die Absicht, die endgültige Positionierung in

HO

Werbecontrolling-Konzept

mehreren Schritten anzustreben, wird dafür ein Copy Development Program erstellt. Es zeigt auf, in welchen Schritten und in welcher zeitlichen Abfolge die Copy Strategy zu ändern ist. Das Copy Development Program stellt somit die kontinuierliche Weiterentwicklung einer Copy Strategy sicher.

2.3.8

Mediastrategie

Der Erfolg einer Werbekampagne hängt nicht nur von der kreativen Umset­ zung ab, sondern auch von der Effizienz und Effektivität ihrer Verbreitung. Die Mediaplanung versucht sicherzustellen, daß die anvisierte Zielgruppe mit den richtigen Werbeträgern, mit der richtigen Frequenz, zur richtigen Zeit bei minimalen Streuverlusten und zu optimalen Kosten erreicht wird. Die Begrif­ fe Werbung und Media stehen in einem Verhältnis wie Software und Hard­ ware zueinander: Werbung wird über die Medien gestreut. Die Mediastrategie befaßt sich mit dem Einsatz der Werbeträger. Es geht dabei um die Frage, welche Medien am besten geeignet erscheinen, die Werbebotschaft an die Zielgruppe heranzutragen und welche Gewichtung die einzelnen Medien er­ halten sollen (vgl. Koschnick 1995, S. 1237). Gegenstand der Mediaplanung ist die Auswahl der sinnvollen Werbeträger aus der Summe der möglichen.

2.3.8.1 Aufgaben der Mediaagenturen In seiner Rolle als Werbetreibender wendet sich ein Unternehmen über die Werbeträger an den Verbraucher in dessen Rolle als Mediennutzer. Da die Werbeträgerplanung ein spezifisches Know-how voraussetzt, wird dafür übli­ cherweise eine Mediaagentur beauftragt. Eine Mediaagentur ist ein speziali­ siertes Dienstleistungsunternehmen aus dem Werbebereich, das von Werbe­ treibenden für Planung, Einkauf und Durchführung des Werbeträgereinsatzes beauftragt wird. Viele große Werbetreibende haben hauseigene Mediaabteilungen, aller­ dings mit sehr unterschiedlichen Funktionen, die von Koordination bis hin zu eigenständiger Mediaplanung und -einkauf reichen. Die Bedeutung, die Me­ diaagenturen bei den Werbetreibenden einnehmen, ist daher sehr unterschied­ lich und umfaßt die Bandbreite von Full-Service-Media bis ausschließlich Abwicklung. Direkten Kontakt mit den Sendern und Verlagen nehmen übli­ cherweise nur die großen Werbetreibenden auf, zum Aushandeln der Kondi­ tionen. Das „Tagesgeschäft“ wird jedoch den Mediaagenturen überlassen. Der Planungsablauf einer Mediaagentur ist in Abbildung 2-30 dargestellt.

Werbecontrolli^

111

Unternehmen

Verbraucher

Abbildung 2-29: Mediaagenturen als Mittler zwischen Werbetreibenden und Werbeträgern

Abbildung 2-30: Planungsablauf in einer Mediaagentur

Ausgangspunkt der Mediaplanung ist das Mediabriefing mit kundenspezifi­ schen Angaben zur Zielsetzung im Rahmen der Gesamt-Kommunikationspla­ nung, der Marketing-ZWerbestrategie, der Kommunikationszielgruppe, der Marktsituation sowie des Budgets und eventuellen Vorgaben zum Werbezeit­ raum. Auf dieser Basis analysiert der Planungsbereich der Mediaagentur mit Unterstützung der Forschungsabteilung Produkt bzw. Marke des Werbetrei­

112

Werbecontrolling-Konzept

benden und leitet daraus die Mediazielgruppe ab. Da die Mediazielgruppe aus den verfügbaren Persönlichkeitsmerkmalen der Markt- und Mediaanalysen gebildet wird, die Kommunikationszielgruppe aber häufig nach psychogra­ phischen Merkmalen, sind Kommunikations- und Mediazielgruppe nicht un­ bedingt identisch (vgl. Prüsse 2003, S. 219 ff.).

Abbildung 2-31: Kommunikations- und Mediazielgruppe

Je mehr Media- und Kommunikationszielgruppe auseinanderfallen, desto grö­ ßer sind die Streuverluste. Daher sind Zielgruppenanalysen im Werbecon­ trolling unabdingbar. Der Mediaplan wird über die Mediazielgruppe gesteu­ ert. Für das Fernsehen legt er beispielsweise den Sender-Mix fest und auch die Sendezeiten. Durch die Definition der Mediazielgruppe wird also die Me­ diastrategie umgesetzt. Nur wenn die Kommunikationszielgruppe adäquat in die Mediazielgruppe übersetzt wurde, entspricht die Mediastrategie auch der Werbestrategie. Ziel der Mediaplanung ist es, eine möglichst hohe Überschneidung zwi­ schen Kommunikations- und Mediazielgruppe zu erreichen, um Streuverluste zu minimieren. Dies erfordert aufgrund der wachsenden Optionalität der Ziel­ gruppenansprache differenzierte Ansätze zur Zielgruppendefinition. Traditio­ nelle Zielgruppendefinitionen auf sozio-/psychographischer Basis bilden nur Facetten der Lebenswelten des Verbrauchers ab. Demzufolge wird in der Me­ diaplanung verstärkt mit soziokulturellen Ansätzen gearbeitet. Wertprioritä­ ten und Einstellungen werden zu Basistypologien verdichtet und bieten adä­ quate Ansätze zur Zielgruppenbeschreibung. Parallel zur Zielgruppenanalyse erfolgt die Wettbewerbsanalyse mit Hilfe von EDV-gestützen Analysetools. Werbedruckparameter für eine erfolgrei­ che Kampagnendurchsetzung sind einerseits der Werbedruck des Gesamt­ marktes und im definierten Wettbewerbsumfeld andererseits der Kampagnencharakter und die kreative Umsetzung. Die Ergebnisse der Zielgruppen- und Wettbewerbsanalyse sind Grundlage für die Entwicklung der Mediastrategie, in der die Mediaplanung Medien in­ ter- und intramedial selektiert und Budget, Performance sowie Timing emp­ fiehlt.

Werbecontrolling-Konzept

113

• Beim Intermediavergleich erfolgt eine Gegenüberstellung der einzelnen Werbeträgerkategorien. Es geht hier um die Frage, ob beispielsweise im Fernsehen oder in Zeitschriften geworben werden sollte. • Beim Intramediavergleich werden die Werbeträger einer Gattung auf ihre Eignung hin untersucht: Wenn im Fernsehen geworben werden soll, auf welchem Sender? Tabelle 2-2: Die 20 größten Mediaagenturen in Deutschland 2002 Agentur

Etatvolumen Mio. €

1

HCCS Plus

3.193,5

2

MediaCom

2.841,9

3

Magna Global

1.924,0

4

OMD

1.788,3

5

Mediaedge:cia

1.542,0

6

Mindshare

1.368,0

7

Zenith Optimedia

1.067,5

8

tkm Starcom

704,0

9

Schmitter

310,0

10

Ariston

200,5

11

M&MC Media

185,6

12

Media-Promotion

123,0

13

Pilot Media

112,0

14

Dr. Pichutta

95,0

15

Crossmedia

91,0

16

Deutsche Eisenbahnreklame

79,4

17

JOM Jäschke

43,5

18

Mediaplan

36,3

19

Die Media

31,5

20

Mediaimpulse

25,8

Eigene Angaben der Agenturen. Quelle: Werben & Verkaufen (www.wuv.de)

Prämissen für die Medienselektion sind neben Zielgruppen- und Wettbe­ werbsanalyse die strategische Zielsetzung, der Kampagnencharakter und -inhalt sowie eventuelle individuelle Vorgaben des Kunden. So erfordern

114

Werbecontrolling-Konzept

schnelle Durchsetzung einer Kampagne und Awarenessaufbau den Einsatz ei­ nes breiten, schnellarbeitenden Mediums wie beispielsweise TV. Print kann in diesem Fall zusätzlich als Zielgruppenmedium mit hoher Detailwahmehmung eingesetzt werden, um spitze Zielgruppen additiv anzusprechen und die Positionierung eines Produktes über Design und Qualität zu kommunizieren. Nach Freigabe der Mediastrategie und Detailpläne durch den Kunden erfol­ gen Einkauf und Abrechnung der Werbeträger bzw. Werbemittel innerhalb der Einkaufsabteilungen (TV, Print, Funk) sowie die anschließende Ausstrahlungs-/Belegungskontrolle und gegebenenfalls Reklamationen. Während und nach Ablauf der Kampagne findet eine kontinuierliche indi­ viduelle Media- und Werbeerfolgskontrolle statt. Dieses Tracking überprüft die Umsetzung der definierten Werbeziele wie beispielsweise Steigerung der Bekanntheit, Kampagnenerinnerung, Kaufbereitschaft, Image usw. und liefert Ex-Post-Erkenntnisse zur Zielgruppenansprache, Mediamix, Performance. Die Ergebnisse fließen in den laufenden Planungsprozeß mit ein und führen zu einer kontinuierlichen Optimierung der Mediastrategie. Die Beratungskompetenz der Mediaagenturen ermöglicht ihnen eine Be­ einflussung der strategischen Ausrichtung der Werbetreibenden in Fragen der Mediaplanung und des Medieneinsatzes. Die Tatsache, daß Mediaagenturen üblicherweise mehrere Kunden betreuen, verschafft ihnen einen breiteren Marktüberblick, als ihn ein einzelner Werbetreibender üblicherweise hat. Gleichzeitig ist dadurch aber auch die Möglichkeit zur Koordinierung und Bündelung von Einzelinteressen gegeben. Für eine professionelle Mediapla­ nung ist eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Werbetrei­ benden und Mediaagenturen notwendig, in deren Verlauf es häufig zu einem Abgleich zwischen den Zielvorstellungen der Werbetreibenden und den Rea­ lisierungsmöglichkeiten auf Seiten der Mediaagenturen kommen kann. Auch das kann zu einer Überprüfung der strategischen Ausrichtung führen.

Tabelle 2-3 verdeutlicht das vielfältige und breite Angebot an Werbeträgern in Deutschland sowie das Entscheidungsproblem, das sich daraus ergibt: Wel­ cher der Werbeträger soll für eine Schaltung belegt werden? Die Werbetrei­ benden müssen in einem ständig größer werdenden Angebot sich nicht nur zwischen unterschiedlichen Werbeträger-Kategorien entscheiden, sondern auch innerhalb dieser Kategorien die geeigneten Werbeträger ermitteln.

Werbecontrolling-Konzept

115

Tabelle 2—3: Werbeträger in Deutschland Mediengruppe

Anzahl 1997

Tageszeitungen

2002

Auflage

2002

+/- in % 1997

+/- in %

-5,1

30,6 Mio.

28,6 Mio.

25

-10,7

2,2 Mio.

2,0 Mio.

-9,1

1.279

1.312

+2,6

80,5 Mio.

88,9 Mio.

+10,4

Publikumszeitschriften

745

817

+9,6

142,5 Mio.

138,5 Mio.

-2,8

Fachzeitschriften

978

1.096 + 12,1

24,3 Mio.

27,4 Mio.

+12,7

Wochenzeitungen Anzeigenblätter

408

387

28

-6,5

Kundenzeitschriften

58

81

+39,6

27,9 Mio.

57,6 Mio.

+106,4

Telekommunikationsverzeichnisse

94

183

+94,7

27,3 Mio.

39,6 Mio.

+45,1

-

-

-

5,7 Mrd.

6,5 Mrd.

+14,0

Bundesweite u. regionale TV-Programme

233

231

-0,8

Bundesweite, regionale u. lokale Hörfunkprogramme

221

240

+8,6

55

410

-

419.645 412.614

-

Massendrucksachen, Infopost

Online-Angebote

Plakatanschlagstellen Kino (Leinwände)

4.025

4.792 +19,2

33,1 Mio. 35,5 Mio. +7,3 angemel dete Fernseh geräte । I 37,0 Mio. 40,3 Mio. +9,0 angemel dete Hörfunlcgeräte

-

60,0 Mrd. Visits

-

-

-

-

132,9 Mio. 177,9 Mio Kinobeeucher

+33,9

Quelle: ZAW Jahrbuch 2003, S. 234

2.3.8.2 Informationsquellen in der Mediaplanung

Die Werbeträgerforschung verfolgt grundsätzlich zwei Ziele: Kontaktmes­ sung und Zielgruppenbeschreibung. Einerseits wird versucht zu erheben, wie viele Personen wie oft in einem bestimmten Zeitraum Kontakt mit einem Werbeträger hatten. Andererseits wird versucht, diese Personen nach soziode­ mographischen und psychographischen Merkmalen zu beschreiben (vgl. zum folgenden Kloss 2003, S. 276ff.). Die für die Werbeplanung relevanten Informationsquellen lassen sich ein­ teilen in solche für • Werbeumsätze, • die Verbreitung von Werbeträgern und • die Struktur von Mediennutzerschaften.

116

Werbecontrolling-Konzept

Werbeumsätze und Verbreitung von Werbeträgern Werbeumsätze veröffentlichen einerseits der Zentral verband der deutschen Werbe Wirtschaft (ZAW), andererseits die Nielsen Werbeforschung Schmidt & Pohlmann GmbH. Das ZAW erhebt von den angeschlossenen Verbänden die Nettowerbeumsätze, also bereinigt um Rabatte und Provisionen, aufge­ schlüsselt nach Werbeträgern. Während das ZAW also von effektiven Zahlen ausgehen kann, beruhen die von Nielsen S+P erhobenen Daten auf Beobach­ tung der Werbung in nur drei Werbemedien (Presse - und hier nur überregio­ nale Anzeigen -, Hörfunk und Fernsehen). Die in diesen Medien geschaltete Werbung wird registriert und über die Tarifunterlagen hochgerechnet, so daß die Nielsen S+P-Zahlen Bruttoangaben sind. Anders als das ZAW erhebt Nielsen S+P nicht nur die Werbeträgerkategorien, sondern jeden Werbeträger einzeln und jede darin geschaltete Werbung. Durch diese detailliertere Erhe­ bung eignen sich die Nielsen S+P-Daten vor allem als Instrument der Wettbe­ werbsbeobachtung bzw. zur Analyse des Werbedrucks in einer Branche. Da Nielsen S+P und das ZAW also grundsätzlich unterschiedliche Daten erhe­ ben, empfiehlt es sich bei Werbeumsätzen darauf zu achten, aus welcher Quelle sie stammen. Ein Vergleich beider Umsatzstatistiken ist nur bedingt aussagefähig. Auch die ZAW-Netto-Umsatzzahlen sind nicht unstrittig, da beispielsweise die Fernsehsender zum Teil auch Einnahmen aus ProgrammSponsoring, Teletext und Bartergeschäften melden. Auf der anderen Seite enthalten die Nielsen-Bruttozahlen bei den Fernsehsendern auch kostenlose Schaltungen, die im Rahmen von Preis-Leistungsgarantien erfolgen (vgl. Mo­ denbach 1999, S. 254f.).

Informationen über die Verbreitung von Werbeträgern geben die Informa­ tionsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) und die Gebühreneinzugszentrale GEZ, (angemeldete Hörfunk- und Fernseh­ geräte); die Versorgung der Haushalte mit Kabelanschlüssen wird von der Deutschen Telekom dokumentiert. Die Anzahl der Hörfunk- und Fernsehge­ räte sowie die technische Empfangbarkeit der Programme bestimmt die tech­ nische Reichweite eines elektronischen Mediums. Damit wird die Anzahl der Personen oder Haushalte bezeichnet, die die Möglichkeit haben, einen be­ stimmten Sender zu empfangen. Angaben über die Verbreitung von Werbeträgern (technische Reichweite bei elektronischen Medien, verbreitete Auflage bei Druckmedien) geben Aus­ kunft über das Empfangs- bzw. Nutzerpotential des jeweiligen Werbeträgers. Damit ist noch keine Aussage darüber gemacht, wieviele Personen über einen Werbeträger tatsächlich erreicht werden. So wird beispielsweise eine Zeit­ schrift nicht nur von dem Käufer, sondern i.d.R. auch von weiteren Personen genutzt.

Werbecontrolling-Konzept

117

Mediennutzerschaften Die Ermittlung der Mediennutzerschaften bzw. der Reichweite von Medien dient der Erhebung von Nutzungswahrscheinlichkeiten für Werbeträgerund Werbemittelkontakte. Dafür gibt es im wesentlichen zwei Informations­ quellen: die MA und das GfK-Meter. Die MA ist die Media-Analyse der Ar­ beitsgemeinschaft Media-Analyse (AG.MA). Die AG.MA ist ein Zusammen­ schluß von Werbeträgern, Werbeagenturen und Werbetreibenden. Die MA ist die größte durchgeführte Analyse über das Mediennutzungsverhalten von Werbeträgern in Deutschland. Grundgesamtheit bildet die deutsche Bevölke­ rung in Privathaushalten ab 14 Jahren. Die Durchführung erfolgt in zwei Tranchen: • Pressetranche: rund 26.000 Interviews jährlich; erhoben werden Printme­ dien und Kino. • Elektronische Tranche: rund 52.000 Interviews jährlich; erhoben werden Hörfunk, Fernsehen und Tageszeitungen.

Neben der MA gibt es weitere bundesweite sogenannte Markt-Media-Studien, die das Medienverhalten kombinieren mit zusätzlichen Kriterien, wie Frei­ zeitverhalten der Mediennutzer, Einstellungen, Einkaufsgewohnheiten, Kon­ sum- und Besitzmerkmale, Urlaub und Reise u.v.a.m.: • Die Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA) vom Institut für Demosko­ pie in Allensbach, • die Verbraucher-Analyse (VA), im Auftrag der Verlage Axel Springer und Heinrich Bauer, • die Typologie der Wünsche (TdW) des Burda-Verlages. Speziell für das Fernsehen werden Mediennutzungsdaten durch das GfK-Me­ ter erhoben. Die sechs größten Fernsehsender (ARD, DSF, PRO7, RTL, SAT1, ZDF) haben sich in der „Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung“ (AGF) zusammengeschlossen und die Gesellschaft für Konsumforschung, GfK, mit der Untersuchung des Fernsehverhaltens beauftragt. Kernstück der Erforschung des Sehverhaltens ist ein Mikrocomputer, das GfK-Meter, das alle Ein-, Um- und Ausschaltvorgänge der Fernsehzuschauer sekundengenau erfaßt. Das GfK-Meter ist in ca. 5.200 Privathaushalten mit ca. 12.000 Perso­ nen installiert, die repräsentativ sind für 33 Millionen Privathaushalte bzw. 71 Millionen Personen. Ein Haushalt im GfK-Panel repräsentiert also rund 6.390 Haushalte in der Gesamtheit aller Fernsehhaushalte in der Bundesrepublik. Erfaßt werden alle im Gebiet der Bundesrepublik empfangbaren Fernseh­ sender (= ca. 300 identifizierbare Sender). Aus den gesammelten Daten wer­ den im wesentlichen folgende Nutzungsindikatoren ermittelt: 1. Reichweite (Ratings): Sie wird auf Personenebene (Sehbeteiligung) und auf Haushaltsebene (Einschaltquote) erfaßt und als Durchschnittswert in

118

Werbecontrolling-Konzept

Prozent oder absolut in Millionen ausgewiesen. Dafür werden die Sehdau­ ern aller Personen bzw. Haushalte addiert und zur möglichen Sehdauer in Beziehung gebracht (vgl. GfK 1998, S. 18). Die Informationen aus dem GfK-Panel sind also Sehwahrscheinlichkeiten, d.h. die Zahl der ausge­ strahlten Werbesekunden wird ins Verhältnis gesetzt zu der Zahl der gese­ henen Werbesekunden. 2. Marktanteil: Der Marktanteil eines Senders ist sein Anteil an der perso­ nenbezogenen Gesamtfernsehnutzung. Er gibt die Sehdauerrelationen zwi­ schen den Sendern wieder und ist unabhängig von der absoluten Sehdauer (vgl. GfK 1998, S. 21). Für die Fernsehsender (und Werbeagenturen) stehen die erhobenen Daten ta­ gesaktuell zur Verfügung, so daß ein Sender bereits am nächsten Tag die Da­ ten auswerten kann. Über eine online-Verbindung sind auch alle Reichweiten der konkurrierenden Programme transparent; damit ist eine unmittelbare Ent­ scheidungsmöglichkeit für die Sender, die Agenturen und die Werbungtrei­ benden gegeben. „Ich kriege eine Art EKG nach jeder Sendung. Ich weiß, ich habe mit 12 Mil­ lionen begonnen, ziehe auf 14, 16, dann plötzlich fehlt mal eine Million. Wir wissen, wie die Zielgruppe der 14- bis 49jährigen reagiert hat oder was die Alten nicht interessiert. Das ist heute beinahe eine klinische Angelegenheit“ (Thomas Gottschalk 1999, S. 119).

Seit 1997 stehen die GfK-Daten als personenindividuelle Nutzerdaten (PIN) zur Verfügung. Für jede Person innerhalb des GfK-Panels wird ein Da­ tensatz angelegt (Personenstammdatei), in dem die erhobenen Personenmerk­ male abgespeichert sind, wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Ausbildung, Beruf, Einkommen, Informationen zum Konsumverhalten. Bis 1997 wurden die GfK-Daten ausschließlich als aggregierte Ergebnisse zur Verfügung ge­ stellt. Als PIN-Daten sind nun Reichweiten und Marktanteile für beliebige Zielgruppendefinitionen möglich, es kann das individuelle Fernsehverhalten (z.B. Programm wechsel) der Panelteilnehmer verfolgt werden (die für Au­ ßenstehende natürlich anonymisiert sind). Das GfK-Panel hat durch A.C.Nielsen Konkurrenz bekommen. A.C.Nielsen erhebt ebenfalls in (6.000) Privathaushalten die TV-Nutzung und gleich­ zeitig auch das Konsumverhalten. Die TV-Messung erfolgt ebenfalls sekun­ dengenau, allerdings nur mit wochenweisem Ausweis. Gleichzeitig werden in den Haushalten aber auch die Einkäufe per Handscanner erfaßt. Diese Metho­ dik wird als Single-Source-Panel bezeichnet: TV-Nutzung und Kaufverhal­ ten aus einer Datenquelle. Für die Mediaplanung kann Nielsen damit neben soziodemographischen Zielgruppen auch Käuferzielgruppen zur Verfügung stellen.

Werbecontrolling-Konzept

119

Mediennutzer werden eingeteilt in Leserschaften, Hörerschaften und Seher­ schaften. Als Leser gilt, „wer innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor dem Tag des Interviews ein Presseerzeugnis in die Hand genommen und darin geblättert oder gelesen hat“ (MA-Definition). Der abgefragte Zeitraum ent­ spricht dabei der Länge des Erscheinungsintervalls. Die Leserschaft eines Ti­ tels läßt sich aufgrund der errechneten Lesewahrscheinlichkeiten in Leser­ schaftsgruppen einteilen. Die MA unterscheidet eine Bandbreite von „ganz seltenen Lesern“ (Lesewahrscheinlichkeit 0,01 bis 0,24) bis hin zu „Kemlesem (Lesewahrscheinlichkeit (0,83 bis 1,0).

Da Hörfunk als ein Medium mit mehreren Ausgaben pro Tag (z. B. Nachrich­ tensendungen) aufgefaßt werden kann, fragt die MA zur Ermittlung von Hö­ rerschaften sowohl nach dem Kontakt, der mit dem Medium „gestern“ statt­ gefunden hat, als auch nach dem gesamten Tagesablauf „gestern“ (vgl. Land­ grebe 1994, S. 39). Dafür wird der Tag in Viertelstundeneinheiten erfaßt. Seherschaften werden über die Sehbeteiligung eines Femsehprogrammes er­ hoben. Als Quellen stehen dafür einerseits die Messung des Tagesablaufs der MA, andererseits das GfK-Meter zur Verfügung. Zwar hat sich die MA als allgemein gültige Währung in der Mediaplanung etabliert, allerdings haben die Fernsehdaten der MA durch das GfK-Meter an Bedeutung verloren. Die durch das GfK-Meter erhobenen Reichweiten sind für jede Sendung und je­ den Werbeblock tagesaktuell, während die Fernsehdaten der MA Halbjahres­ durchschnittswerte darstellen.

2. 3.8.3 Werbeträgerkontakte und Werbemittel-Kontaktchancen Der Einteilung der Mediennutzerschaften liegen grundsätzliche Unterschiede in der Kontakt- und Reichweitenmessung zugrunde. Während es sich beim Fernsehen um personenbezogene Meßwerte handelt, sind die Reichweiten bei Printmedien auf der Ebene von Werbemittel-Kontaktchancen anzusie­ deln. Das GfK-Meter erlaubt eine definitive Aussage darüber, bei wievielen Personen der Fernseher während eines Werbeblocks eingeschaltet war. Mit­ tels Cross-Checks läßt sich eine hinreichend genaue Wahrscheinlichkeit dar­ über ermitteln, wieviele Personen einen bestimmten Werbespot gesehen ha­ ben. Bei Printmedien wird hingegen von einer sehr viel weicheren „Währung“ ausgegangen, indem der Kontakt mit dem Werbeträger gleichgesetzt wird mit der Chance, eine darin geschaltete Anzeige auch gesehen zu haben. Als Wer­ beträgerkontakt gilt jeder Kontakt einer Person mit dem Medium. Bei Publi­ kumszeitschriften gilt als etabliertes Reichweitenmaß die Leserschaft pro Ausgabe (LpA). Allerdings beschreibt die LpA die Reichweite eines Medi­ ums unabhängig von der Nutzungsintensität, also auch unabhängig von dem Kontakt mit dem Werbemittel. Wie viele Personen tatsächlich eine be-

Werbecontrolling-Konzept

120

stimmte Anzeige von einem bestimmten Werbetreibenden in einer bestimm­ ten Zeitschrift gesehen haben, läßt sich über die Kontaktmessung nicht ermit­ teln. Hinzu kommen verfälschende Antworten bei der Befragung innerhalb der MA. Wird beispielsweise nach der Nutzung des Spiegel gefragt, kann von einem overreporting ausgegangen werden, bei einem Titel wie dem Playboy hingegen von einem underreporting. Während die Reichweite „Leser pro Ausgabe“ angibt, wie viele Personen eine durchschnittliche Ausgabe eines Titels nutzen, gibt der Leser pro Exem­ plar (LpE) an von wie vielen Personen im Durchschnitt das gleiche Exemplar der Ausgabe eines Titel genutzt wird. Dieser Wert wird durch Berechnung er­ mittelt: T

, hochgerechnete Reichweite des LpA Leser pro Exemplar =------------ ------------- ;--------- --------tatsächlich verbreitete Auflage

Beispielsweise weist die MA 2002 für die Hörzu eine Reichweite von 5,62 Millionen Lesern aus (LpA). Wird diesem Wert die von der IVW ermittelte tatsächlich verbreitete Auflagen von 1,99 Millionen Exemplaren gegenüber­ gestellt, resultiert daraus ein LpE in Höhe von 2,8. Dieser Wert besagt, daß je­ des Exemplar der Hörzu im Durchschnitt von 2,8 Personen in die Hand ge­ nommen wird, um darin zu blättern oder zu lesen. Die Unterschiede in den Qualitäten der Reichweiten von Print- und elektro­ nischen Medien liegen in den grundsätzlich unterschiedlichen Nutzungsmög­ lichkeiten dieser Medien begründet. Der Kontakt mit einem Werbespot im Fernsehen kann nur zum Zeitpunkt der Ausstrahlung erfolgen, er kann später nicht mehr nachgeholt werden. Ferner ist die Fernsehnutzung örtlich fixiert. Die beiden Tatsachen ermöglichen es der GfK, den Kontakt unmittelbar beim Zustandekommen zu messen. Da die Nutzung von Printmedien weder statio­ när noch zeitgebunden erfolgt, können die Kontakte hier nicht gemessen wer­ den, sondern werden in der MA mittels einer Befragung erhoben. Die Leser­ forschung ist also auf die Gedächtnisleistung der Versuchspersonen angewie­ sen (vgl. Müller 1997, S. 322f.). Während das GfK-Meter also die tatsächlichen Werbemittelkontakte erhebt, wird in den Printmedien ein Werbeträgerkontakt gleichgesetzt mit einer Wer­ bemittel-Kontaktchance. Versuche einer weitergehenden Qualifizierung der Kontakte im Printbereich müssen als gescheitert angesehen werden (vgl. Mül­ ler 1997, S. 323). Zunächst wurde als Werbemittelkontakt der Leser pro Seite (LpS = Seitenkontaktchance) gewählt. Diese Präzisierung des Werbeträger­ kontaktes wurde in einer externen Untersuchung erhoben und für die MA be­ reitgestellt. Allerdings ist das Meßverfahren sehr aufwendig und auch sehr problematisch. Dem Befragten wird eine Zeitschrift vorgelegt und der Inter­ viewer geht Seite für Seite mit dem Befragten durch und fragt bei jeder einzel­

Werbecontrolling-Konzept

121

nen Seite, jedem einzelnen redaktionellen Beitrag oder jeder Anzeige, ob der Befragte sich daran erinnern kann, sie gesehen oder gelesen hat (Copytest). Ein weiterer Versuch zur Qualifizierung des Werbeträgerkontaktes im Print sollte nicht nur den Kontakt mit einer durchschnittlichen Heftseite, sondern den „Kontakt mit einer durchschnittlichen werbungführenden Seite einer durchschnittlichen Ausgabe“ erheben und wies das Ergebnis als Leser pro werbungführender Seite (LpwS) aus. Auch der LpwS wird mittels eines Co­ pytests erhoben. Fragwürdig ist hier insbesondere, ob die allgemeine Wir­ kungsleistung eines Werbeträgers gemessen wird oder nur die spezifische Leistung der Anzeige. Denn nicht die Zeitschrift bestimmt, wie die Anzeigen genutzt werden, sondern die konkreten Anzeigen in der jeweiligen Ausgabe. Unabhängig davon enthält der LpwS keine Aussage über die konkrete Nut­ zung einer konkreten Anzeige in einer konkreten Zeitung. LpS und LpwS werden in kleinen Stichproben erhoben und auf die Gesamtleserschaften pro­ jiziert. Auch diese Projektion erscheint als fragwürdig, da die Testresultate ei­ ner kleinen Gruppe in einer Laborsituation nicht dem tatsächlichen Medien­ nutzungsverhalten entsprechen müssen.

2.4

Implementierung des Werbecontrolling

Jedes werbetreibende Unternehmen plant, realisiert und kontrolliert seine Werbung mehr oder weniger an Hand der in Abbildung 2-10 aufgezeigten konzeptionellen Einzelschritte. Es werden möglicherweise nicht alle Teilbe­ reiche konzipiert und vieles wird auf externe Dienstleister delegiert. Aber die Grundlagen eines Werbecontrolling sind in jedem werbetreibenden Unterneh­ men vorhanden. Werbecontrolling bedarf nicht notwendigerweise einer eigenen Organisati­ onseinheit. Es ist davon auszugehen, daß Überlegungen zu einem Werbecon­ trolling nur in Unternehmen erfolgen, die bereits über ein Marketingcontrol­ ling verfügen, in das es dann auch eingebunden sein wird. Es stellt sich also zunächst die Frage, ob eine weitere Spezialisierung innerhalb des Marketing­ controlling zu einem Werbecontrolling überhaupt notwendig ist. Eine ab­ schließende Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da sie von den je­ weiligen unternehmensindividuellen und situativen Gegebenheiten abhängt. Die Etablierung eines eigenständigen Werbecontrolling hängt in der Praxis von folgenden Faktoren ab: • Unternehmensgröße, • Größe der Marketingabteilung, • Höhe der Werbeausgaben, • Markenportfolio (Anzahl und Heterogenität der beworbenen Marken).

122

Werbecontrolling-Konzept

Unabhängig von der funktionalen Implementierung eines Werbecontrolling ist die Implementierung des Gedankens des Werbecontrolling zu sehen, die grundsätzlich immer erfolgen sollte, wenn das Unternehmen werblich aktiv ist. Im folgenden sollen zwei Problembereiche erörtert werden: Welche An­ forderungen sind an die Person eines Werbecontrollers zu stellen? Und wie ist die Organisation des Werbecontrolling zu gestalten?

2.4.1

Anforderungen an einen Werbecontroller

Marketing läßt sich in seiner allgemeinsten Form als „marktorientierte Unter­ nehmensführung“ definieren (vgl. Meffert 2000, S. 6). Marketing ist somit ein Managementkonzept, das eine bestimmte Art der Denkhaltung für die Markt­ prozesse beinhaltet. Diese Marktprozesse erfolgen im Spannungsfeld zwi­ schen dem eigenen Unternehmen, den Wettbewerbern und der Zielgruppe. Mitarbeiter im Marketing müssen also, natürlich ebenso wie Mitarbeiter im Marketingcontrolling, in der Lage sein, diese Marktprozesse nachvollziehen und sich in die Wettbewerber und Zielgruppen hineinversetzen können. Es muß ein Verständnis dafür vorhanden sein, welche Motive Wettbewerber und Zielgruppen zu einem bestimmten Verhalten veranlaßt haben und welche Verhaltensoptionen zur Verfügung standen. Der strategische Aspekt der Werbung liegt darin, die beworbenen Produkte und Marken mit einem für die Zielgruppe nachvollziehbaren Kaufgrund aus­ zustatten, der auf gesättigten Märkten in einem differenzierenden Wettbe­ werbsvorteil besteht. Dieser Wettbewerbs vorteil ist in der Mehrzahl der Fälle nicht sachlich begründet, sondern basiert auf einem emotionalen Mehrwert, der für die Zielgruppe einen hinreichenden Grund beinhalten muß, das eigene Produkt dem der Wettbewerber vorzuziehen. Werbung ist also einer der „wei­ chen“ Faktoren innerhalb der Managementqualifikationen.

Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an einen Marketing- bzw. Werbecontroller zu sehen, wobei anzumerken ist, daß zwischen beiden Perso­ nen keinen grundsätzlichen Profilunterschiede bestehen, die Unterschiede vielmehr in dem Grad der Spezialisierung zu sehen sind. Die allgemeinen Anforderungen an einen Controller lassen sich wie folgt beschreiben (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 281 f.): • Methodenwissen, • Fähigkeit zur Moderation von Diskussionen und Gesprächen, • Fähigkeit zur Koordination von Teilbereichen und • Motivationsfähigkeit. Methodenwissen: Das Werbecontrolling nutzt nicht nur die klassischen Con­ trolling-Instrumente sondern verfügt auch über eine Vielzahl spezifischer In­ strumente (vgl. Kapitel 3). Ein Werbecontroller sollte in der Lage sein, die

Werbecontrolling-Konzept

123

Portfolioanalyse oder das Benchmarking auf eine werbespezifische Fragestel­ lung anzuwenden. Er sollte sich in den Methoden der Mediaplanung ebenso auskennen wie in den Methoden der Werbewirkungsforschung. Die Informa­ tionen, die das Werbecontrolling zur Verfügung stellt, dienen der Qualität der zu treffenden Entscheidungen. „Entscheidungen können nur so gut sein, wie die Informationen, die ihnen zugrunde liegen“ (Horvath & Partner 2000, S. 282). Die Informationsgewinnung und -aufbereitung muß also mit einer großen Gewissenhaftigkeit erfolgen. Kenntnisse aus dem finanzwirtschaftli­ chen Bereich müssen ebenso vorausgesetzt werden. Moderationsfähigkeit: Ein Werbecontroller verfügt üblicherweise über keine Weisungsbefugnis, sondern soll werbliche Entscheidungen vorbereiten und dafür entsprechende Informationen zur Verfügung stellen. Seine Analy­ sen sind in Gesprächsrunden, die von ihm initiiert und moderiert werden, auf ihre Entscheidungselevanz hin zu überprüfen. Bei seiner Moderation muß er über ein hohes Maß an Überzeugungsfähigkeit verfügen, verbunden mit viel Sensibilität für die Befindlichkeiten der Gesprächspartner, da sich die Diskus­ sionen vielfach auf einer emotionalen Ebene abspielen. Werbliche Entschei­ dungen werden immer zu einem Teil „aus dem Bauch heraus“ getroffen wer­ den. Insofern hat der für die Rationalität in der Werbung zuständige Werbe­ controller einen schweren Stand. Die Rolle des Werbecontrollers besteht darin, durch kritisches Hinterfragen der Planungsgrundlagen alle Beteiligten zur Selbstreflektion anzuregen. Die Funktion des „advocatus diaboli“ ist im Sinne eines professionellen Planungsprozesses außerordentlich wichtig. Al­ lerdings ist die Gefahr groß, als destruktiver Querulant angesehen zu werden. Die Moderationsfähigkeiten des Werbecontrollers müssen also sehr hohen Er­ wartungen genügen. Koordinationsfähigkeit: Der Werbecontroller muß die Tätigkeiten von in­ ternen und externen Teilbereichen koordinieren. Er arbeitet mit Agenturen, Marktforschungsinstituten sowie unter Umständen mit mehreren Bereichen des Productmanagements zusammen. Er berichtet gleichermaßen an die Mar­ ketingleitung wie an das zentrale Controlling und hat im Einzelfall sehr unter­ schiedliche Interessen zu berücksichtigen. Motivationsfähigkeit: Da dem Werbecontroller häufig auch das Odium des Kontrolleurs anhaftet, muß er in der Lage sein, alle beteiligten Abteilun­ gen zur Zusammenarbeit zu motivieren. Insbesondere in der Phase, in der ein Werbecontrolling im Unternehmen eingeführt wird, ist von allen Seiten mit (aktiven und/oder passivem) Widerstand zu rechnen. Diese Widerstände soll­ ten nicht gebrochen, sondern durch Überzeugungsarbeit abgebaut werden. Neben diesen allgemeinen Anforderungen sollte ein Werbecontroller über zwei zusätzliche Fähigkeiten verfügen: • Empathie: Dieser aus der Psychologie entlehnte Begriff beschreibt die Be­ reitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Personen, in die­

124

Werbecontrolling-Konzept

sem Fall der Zielgruppe, einzufühlen. Dies ist vielleicht eine der schwierig­ sten Voraussetzungen, da - je nach Zielgruppe - die Distanzen sehr groß sein können. Die genaue Kenntnis der Bedürfnisse der Zielgruppe ist unab­ dingbare Voraussetzung dafür, sie auch in der werblichen Ansprache zu treffen. • Unendliche Geduld und Fähigkeit zur Selbstmotivation: Werbung ist ein Bereich, zu dem jeder eine subjektive Meinung hat und sie auch äußert. Diese Meinungsäußerungen sind allerdings nur dann konstruktiv, wenn sie unter Ziel- und Zielgruppenaspekten erfolgen. Eine der Zielsetzungen des Werbecontrolling besteht darin, das subjektive Moment bei Planung und Umsetzung der Werbung zu minimieren und durch Professionalität zu er­ setzen. Es ist bei jeder Werbung möglich, das „Haar in der Suppe“ zu fin­ den. Ein Werbecontroller muß in der Lage sein, qualifizierte von unqualifi­ zierten Äußerungen unterscheiden zu können. Auch wenn sie von vorge­ setzter Stelle kommen. Er muß viel Geduld aufwenden, die Grundgedanken des Werbecontrolling in allen beteiligten Abteilungen zu vermitteln. Da er aber immer auch Gefahr läuft, in die Rolle des Sündenbocks gedrängt zu werden, falls die Ergebnisse dann doch nicht so wie geplant ausfallen, muß er Geduld mit Selbstmotivation paaren können. Das hier gezeichnete Anforderungsprofil eines Werbecontrollers ist als ideal­ typisch anzusehen. Es setzt eine „gestandene“ Persönlichkeit voraus, die über sehr viel Erfahrung im Marketing und der Werbung verfügt, eine Persönlich­ keit, die mit „weichen“ Faktoren ebenso gut umgehen kann, wie mit „harten“. Im Vordergrund steht die Moderatorenrolle, die Kritik- und Konfliktbewälti­ gungsfähigkeit ebenso voraussetzt wie Verbindlichkeit, Kooperationsfähig­ keit und Zielstrebigkeit. Da der Werbecontroller vor allem auch mit nicht-monetären, qualitativen Größen umgehen können muß, wird hier die Empfehlung ausgesprochen, die Person eher aus dem Marketing- und Werbebereich zu rekrutieren, als aus dem Bereich des klassischen Controlling. Diese Empfehlung soll den klassi­ schen Controllern nicht die entsprechenden Fähigkeiten absprechen. Vielmehr resultiert sie aus der Überlegung, daß es möglicherweise leichter ist, sich mit Erfahrung in der Welt nicht-monetärer und qualitativer Größen fundiert in die Welt monetärer und quantitativer Größen einzuarbeiten als umgekehrt.

2.4.2

Organisation des Werbecontrolling

Die Art der Institutionalisierung und die Organisation des Werbecontrolling sind grundsätzlich nach den unternehmensindividuellen Gegebenheiten aus­ zurichten. An dieser Stelle können daher nur einige prinzipielle Überlegungen angestellt werden.

Werbecontrolling-Konzept

125

Zunächst einmal ist das Werbecontrolling nicht notwendigerweise an die Person eines Werbecontrollers gebunden. In kleinen und mittleren Unterneh­ men kann das Werbecontrolling durch das Marketing erfolgen. Ist in größeren Unternehmen ein Marketingcontrolling vorhanden, können die Funktionen des Werbecontrolling auch von dieser Abteilung wahrgenommen werden. Zur Etablierung eines Werbecontrolling ist ferner auch eine externe Lösung möglich, indem ein externer Berater mit den Controllingaufgaben betraut wird. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen erscheint dies als eine geeignete Lösung. Vorteile externer Berater liegen darin, daß sie flexibel eingesetzt werden können, über entsprechende Erfahrungen verfügen und in der Regel objektiver und unabhängiger sind als die eigenen Mitarbeiter. Aller­ dings kennen sie das Unternehmen nicht im Detail (vgl. Meffert 2000, S. 1063). Die entscheidende Voraussetzung für die Etablierung eines Wer­ becontrolling ist der feste Wille der Geschäftsleitung, den Pro­ zeß der Planung und Realisation der Werbung zu systematisieren und mit einem höchstmöglichen Maß an Rationalität zu gestal­ ten. Werbecontrolling ist nur mit nachhaltiger Unterstützung durch die Geschäftsleitung einzuführen.

Werbecontrolling sollte schrittweise eingeführt werden. Um die zu erwarten­ den Widerstände von vornherein so gering wie möglich zu halten, sollte dies unter Einbeziehung aller Beteiligten erfolgen. Im folgenden wird eine idealty­ pische Schrittfolge vorgeschlagen, die - je nach Unternehmensgegebenheiten - an jeder Stufe abgebrochen werden kann. 1. Schritt: Die Geschäftsleitung faßt den Entschluß, ein Werbecontrolling einzuführen und plant mit der Marketing- und der Controllingabteilung (falls vorhanden auch der Leitung des Marketingcontrolling) die Schrittfol­ ge. Es können externe Beratern zugezogen werden, die zusammen mit der Geschäftsführung Inhalt und Ablauf des Verfahrens festlegen. Diese erste Phase ist erst dann abgeschlossen, wenn eine auf die spezifischen Gegeben­ heiten des Unternehmens „maßgeschneiderte“ Lösung gefunden wurde. 2. Schritt: Mitarbeiter der Marketingabteilung bzw. des Marketingcontrolling werden (idealerweise in einer neutralen Umgebung) einer speziellen Schu­ lung unterzogen. Diese Schulung kann (bzw. sollte) von einem Externen vorgenommen werden. Zu Beginn erklärt die Unternehmensführung (je massiver der Auftritt um so besser) die Gründe für die Einführung des Wer­ becontrolling und verdeutlicht die Nachhaltigkeit des Entschlusses. Es soll­ ten keine Zweifel daran gelassen werden, daß es zu Veränderungen im bis­ herigen Ablauf der Werbeplanung kommen wird und daß diese Änderungen ausdrücklich von der Geschäftsleitung getragen werden. Wichtig ist in die­ ser frühen Phase Zweifel an der Qualifikation der Mitarbeiter abzubauen

126

Werbecontrolling-Konzept

bzw. gar nicht erst aufkommen lassen. Es muß die Controlling- und nicht die Kontrollabsicht deutlich herausgestellt werden. Erst wenn die Mitarbeiter verstanden und akzeptiert haben, daß ein Werbecontrolling in ihrem eigenen Interesse liegt, kann sinnvoll an seine Einführung gedacht werden. Die Schulung sollte zunächst eine Einführung in das Controlling geben und die Anwendungsmöglichkeiten auf den Werbebereich aufzeigen. Es sollte das Prinzip des Controlling-Regelkreises erläutert werden sowie die Controllinginstrumente mit ihrer Anwendung auf die spezifischen Frage­ stellung in der Werbung. In Gruppenarbeiten sind diese an konkreten Bei­ spielen des eigenen Unternehmens zu verdeutlichen. 3. Schritt: Im nächsten Schritt sollten Gespräche mit der Kreativagentur, der Mediaagentur und den Marktforschungsinstituten geführt werden. Sie müs­ sen in die Planung mit einbezogen werden und sollten Gelegenheit haben, ihren input einzubringen. Den für den Einsatz im Werbecontrolling vorgese­ henen Mitarbeitern sollte dann - soweit notwendig - eine spezielle Schulung durch diese Dienstleister gegeben werden, in der sie über deren Abläufe, Ar­ beitsweise und spezielle Instrumente und Methoden informiert werden. 4. Schritt: Ist das fachliche Wissen bei den Mitarbeitern verankert, sollte nun eine Experimentierphase im Unternehmen erfolgen. Dafür ist es zunächst notwendig, daß die bisherigen Abläufe der Werbeplanung analysiert und einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Schwachstellen sollten aufgedeckt und Alternativen entwickelt werden. Auch hierzu könnten ex­ terne Berater fallweise hinzugezogen werden. Parallel dazu sollte der Umgang mit den Instrumenten des Werbecontrol­ ling geübt werden. Es empfiehlt sich, mit Copy Strategy und Copy Analyse anzufangen, da diese qualitativen Betrachtungsweisen erfahrungsgemäß ei­ ner gewissen Übung bedürfen. Dazu sollten sich die Mitarbeiter in Teams zusammenfinden, zu denen nach Bedarf weiterhin externe Berater als Mo­ deratoren eingeladen werden können. Bei diesen qualitativen Planungsund Kontrollinstrumenten (wie z.B. auch bei der Positionierungsanalyse), kann es anfangs zu Problemen mit dem angesprochenen „Prinzip der Schriftlichkeit“ kommen (vgl. Kapitel 2.2.5.1). Im praktischen Umgang dürfte aber sehr schnell klar werden, daß diese Instrumente weder zur Pla­ nung noch zur Steuerung taugen, wenn sie mit zu großen Interpretations­ spielräumen formuliert wurden. Diese Phase des Werbecontrolling kann mit den bestehenden Mitarbei­ tern der Marketingabteilung durchgeführt werden. Das Werbecontrolling erfolgt hier in Form des SelbstcontroHing, d. h. aufgrund des institutionali­ sierten Regelungsprozesses mit operationalisierten Zielvorgaben sind die Mitarbeiter jederzeit selbst in der Lage, Planabweichungen rechtzeitig fest­ stellen und gegensteuernde Maßnahmen ergreifen können. Beim Selbstcon­ trolling übernehmen die Mitarbeiter jeder Hierarchiestufe die Controlling­ funktionen selbst. Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter der ausfüh-

Werbecontrolling-Konzept

127

renden Ebene werden somit in das Werbecontrolling einbezogen. Die Vor­ teile dieser Vorgehens weise liegen darin, daß schnelle Regelkreise reali­ siert werden, ein hohes Maß an Flexibilität gegeben ist und vor allem der Controllinggedanke in den Köpfen der Mitarbeiter verankert ist (vgl. Horvath 2001, S. 868). Die Problemlösungskompetenz der Mitarbeiter wird auf diese Weise entwickelt. Dieses Selbstcontrolling der Werbeabteilung wird durch die Integration des Werbecontrolling in das Marketingcontrolling und dessen fachliche Zuordnung zum zentralen Unternehmenscontrolling abgesichert. Ein reines Selbstcontrolling würde schnell an Grenzen stoßen. Zum einen besteht die Gefahr, daß übergeordnete Marketing- und Untemehmensziele vernachläs­ sigt werden. Das andere Problem ist darin zu sehen, daß es sehr schwer ist, gleichzeitig Planer und „advocatus diaboli“ zu sein. In dieser Funktion soll das Werbecontrolling dazu beitragen, „die Folgen von Opportunismus (mangelndes Wollen) und begrenzter Rationalität (mangelndes Können) der Manager einzudämmen. Durch Selbstkontrolle lassen sich keine oppor­ tunistischen Handlungen aufdecken“ (Weber/Schäffer 2001, S. 34 f.). In der Praxis wird sich eine der beiden in Abbildung 2-32 dargestellten Or­ ganisationsformen des Werbecontrolling einbürgern. Unternehmenscontrolling



Geschäftsleitung

UnternehmensControlling



Geschäftsleitung

Marketingcontrolling



Marketingleitung

Marketingcontrolling



Marketingleitung

___ 1

=1 Werbecontrolling

...

Werbe­ leitung

Dem Marketingcontrolling angegliedertes Werbecontrolling

............

= fachliche Zuordnung

Werbe­ leitung Werbeselbstcontrolling mit fachlicher Begleitung durch das Marketingcontrolling ----------

= disziplinarische Zuordnung

Abbildung 2-32: Organisationsmöglichkeiten des Werbecontrolling

5. Schritt: Für die meisten Unternehmen wird die Implementierung eines Werbecontrolling mit Schritt vier abgeschlossen sein. Der nächste Schritt würde die Etablierung einer eigenständigen Organisationseinheit für das Werbecontrolling beinhalten. Das Werbecontrolling ist dabei naheliegen­ derweise dem Marketingcontrolling angegliedert. Eigenes Personal für

128

Werbecontrolling-Konzept

Werbecontrolling ist nur dann zu empfehlen, wenn die Fülle der Aufgaben innerhalb der Werbeabteilung dies rechtfertigt. Das Unternehmenscontrolling ist üblicherweise als Stabsabteilung der Geschäftsleitung, das dezentrale Bereichscontrolling als Stabsstellen den jeweiligen Bereichsleitungen zugeordnet. Das Marketingcontrolling ist ent­ sprechend der Marketingleitung unterstellt. Innerhalb des Marketingcon­ trolling erscheint die Einbindung des Werbecontrolling in Form einer Li­ nieninstanz als die geeignete Lösung. Die organisatorische Einbettung des Controlling als Stabsabteilungen wirft die Frage auf, wie die Beziehungen zwischen dem zentralen und dem Bereichscontrolling zu gestalten sind. Das Marketingcontrolling ist disziplinarisch an die Marketingleitung ange­ bunden, fachlich jedoch dem zentralen Controlling zugeordnet. Diese Art der doppelten Unterstellung wird als „dotted-line“-Organisation bezeichnet („gestrichelte Linie“). Abbildung 2-33 stellt eine solche Organisation für das Marketingcontrolling dar.

Abbildung 2-33: Organisatorische Einbindung des Werbecontrolling Quelle: Köhler: Marketing-Controlling: Konzepte und Methoden, in: Reinecke/ Tomczak/Geis (Hrsg.): Handbuch Marketingcontrolling, Frankfurt/Wien 2001, S. 27

Die „dotted-line“- Organisation ist ein pragmatischer Kompromiß. Unter Controllingaspekten müßte das Marketingcontrolling dem zentralen Con­ trolling disziplinarisch unterstellt sein, im Sinne der Sicherstellung der Zie­ le des Gesamtunternehmens. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwi­ schen Marketing und Marketingcontrolling ist in diesem Fall jedoch nicht unbedingt gewährleistet („Aufpasser“), was beispielsweise Auswirkungen auf den Informationsfluß haben könnte. Unter diesem Aspekt wäre eine

Werbecontrolling-Konzept

129

disziplinarische Zuordnung auf der gleichen Hierarchiestufe sinnvoller (vgl. Horvath 2001, S. 845). Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß die Trennung von fach­ licher und disziplinarischer Unterstellung eben ein Kompromiß ist, der nicht nur Interessenkonflikte beim Marketingcontroller hervorrufen kann, sondern unter Umständen auch seine notwendige kritische Distanz ein­ schränken kann (vgl. ter Haseborg 1995, Sp. 1552). Unter Abwägung der Vor- und Nachteile erscheint das „dotted-line“-Prinzip dennoch als ein ge­ eigneter Ansatz zur Lösung der Zuordnungsproblematik zwischen den Hierarchieebenen des Controlling.

3

Instrumente des Werbecontrolling

Dem Werbecontrolling stehen sowohl die Instrumente des klassischen Con­ trolling zur Verfügung, als auch eine Reihe spezifischer Instrumente (vgl. Ab­ bildung 3-1). Nicht alle Instrumente des klassischen Controlling lassen sich sinnvoll auf das Werbecontrolling übertragen, wie beispielsweise die Dekkungsbeitragsrechnung. Soweit doch, finden sie im Werbecontrolling Einsatz mit einer werbespezifischen Fragestellung. Beispielsweise können mit Hilfe des McKinsey-Portfolios (das aufgrund seiner differenzierteren Betrachtungs­ weise hier geeigneter erscheint als das Portfolio der Boston Consulting Group) Prioritäten für die zu bewerbenden Marken ermittelt werden. Beim Werbe-Benchmarking lautet die Kernfrage: Was machen andere Unterneh­ men in ihrer Werbung besser? Ziel ist es, zu überprüfen, inwieweit die Werbe­ konzepte anderer Unternehmen und Branchen auf die eigene Werbung an­ wendbar sind. Operatives Werbecontrolling

„Klassische" ControllingInstrumente

Spezifische WerbecontrollingInstrumente und -Kennzahlen

• Deckungsbeitrags­ rechnung • Kennzahlen • Abweichungs­ analyse • ■■■ • • • • • • • • • • • •

Reichweiten Kontaktzahlen Tausenderpreise Affinitäten Rangreihen Modelling Share of Advertising Share of Voice Share of Mind Werbetracking Recall-Verfahren

Strategisches Werbecontrolling

• • • • • •

Portfolio-Analyse SWOT-Analyse Target Costing Balanced Scorecard Benchmarking

■■■

• Copy Analyse • Positionierungs­ analyse • Semantisches Differential • Konzepttests • Werbemitteltests • ■■■

■■■

Abbildung 3-1: Instrumente und Kennzahlen des Werbecontrolling

Spezifische Instrumente des operativen Werbecontrolling sind beispielsweise das Modelling, Tausenderpreise, Reichweiten und Affinitäten bzw. der DayAfter-Recall, und das Werbetracking. Im strategischen Bereich ist vor allem die Copy Analyse (als Umkehrung der Copy Strategy), die Positionierungs­ analyse oder das semantische Differential zur Überprüfung von Imagewerten zu nennen.

132

Instrumente des Werbecontrolling

Die im folgenden vorgestellte Auswahl an Instrumente des Werbecontrolling erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, was angesichts der Vielfalt an Instrumenten auch kaum möglich erscheint. Alle vorgestellten Instrumente sind jedoch von hoher praktischer Relevanz und können von jedem Unterneh­ men für das Werbecontrolling eingesetzt werden.

3.1

Instrumente und Kennzahlen des operativen Werbecontrolling

Da das operative Werbecontrolling auf die Wirtschaftlichkeit und kurzfristige Wirksamkeit der Werbemaßnahmen abzielt, entstammen die in diesem Be­ reich einsetzbaren Instrumente vor allem aus der Mediaplanung und der Wer­ bewirkungsforschung. Die operativen Instrumente beinhalten in erster Linie eine rein quantitative Dimension, die sowohl als Vorgabe als auch als Maß­ stab zu deren Einhaltung verwendet werden. Im Einzelfall sind allerdings auch qualitative Implikationen gegeben.

3.1.1

Reichweiten und Kontakte

Ausgangspunkt der Mediaplanung ist die Reichweite. Sie gibt an, wieviele Personen insgesamt bzw. innerhalb einer Bevölkerungsgruppe (Zielgrup­ pe) durch eine Schaltung in einem Werbeträger erreicht werden. Die Reichweite kann sowohl als Prozentwert (Anteil der erreichten Zielpersonen an allen Zielpersonen) als auch als absoluter Wert (Hochrechnung in Millio­ nen erreichter Zielpersonen) ausgewiesen werden. In einem engen Zusammenhang mit der Reichweite ist der Kontakt zu se­ hen. Der Begriff Kontakt bezeichnet die Häufigkeit, mit der Zielpersonen er­ reicht werden. Bei nur einer Schaltung gibt es keinen Unterschied zwischen der Reichweite und einem Kontakt. Komplizierter wird es erst bei mindestens zwei Schaltungen, weil sich hier die Frage stellt, ob bei der zweiten Schaltung dieselben Personen wie bei der ersten Schaltung erreicht wurden oder ob die Zusammensetzung der erreichten Personen eine andere war. Damit stellt sich automatisch auch die Frage, wie oft einzelne Personen mit dem Werbemittel erreicht wurden. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, seien die drei möglichen Fälle vorgestellt, die sich bei zwei (oder mehr) Schaltungen ergeben können. Angenommen, es wird mit jeder Schaltung eine Reichweite von einer Million erzielt: 1. Bei der zweiten (und/oder jeder folgenden) Schaltung werden genau diesel­ ben Personen erreicht wie bei der ersten Schaltung. In diesem Fall bleibt

Instrumente des Werbecontrolling -------------------------1 Mio

1 Mio

_________________ J

- RW

133

die Reichweite konstant, aber jede Person wird genau zwei Mal erreicht, hat also zwei Kontakte mit dem Werbemittel. Insgesamt

1. Schaltung 2. Schaltung_________ werden mit zwei Schaltungen eine Million Personen erreicht, also genauso viel, wie mit einer Schaltung. Dies ist ein eher theoretischer Grenzfall, vorstellbar beispielsweise bei einer Fachzeit­ schrift, die ausschließlich von Abonnenten bezogen wird. 2. Bei der zweiten (und/oder jeder folgenden) Schaltung werden jeweils voll­ kommen andere Personen erreicht als bei der ersten Schaltung. Hier ergibt sich der genau gegenteilige Effekt wie im ersten Fall: Die Reichweite verdoppelt sich bei kon1 Mio. rw stanter Kontaktzahl, jede Person wird genau ein Mal erreicht. Auch dies ist ein eher theoreti­ 1 Mio. scher Grenzfall, vorstellbar beispielsweise bei 1. Schaltung 2. Schaltung der Verteilung von Broschüren an Gäste eines Hotels oder an Flugzeugpassagiere. 3. Der realistische Fall liegt irgendwo zwischen den beiden Extremfällen. Mit der zweiten (und jeder weiteren) Schaltung werden zwar auch jeweils eine Million Personen erreicht, aber es sind nicht RW jedes Mal dieselben. Vielmehr fallen gegen­ 1 Mio. 1 Mio. über der ersten Schaltung einzelne Personen weg, dafür kommen neue hinzu. In dem ne­ benstehenden Beispiel ist es also die schraf­ fierte Fläche, die den Personenkreis darstellt, der mit beiden Schaltungen erreicht wurde, der also zwei Kontakte mit dem Werbemittel hatte, die wei­ ßen Flächen entsprechend der Personenkreis mit nur einem Kontakt. Die (Netto-) Reichweite hat sich also erhöht, der Werbetreibende hat einen Reichweitenzuwachs erhalten. Wie hoch dieser Reichweitenzuwachs ist hängt davon ab, wie regelmäßig oder unregelmäßig die Nutzerschaft des gewählten Werbeträgers ist. Die Beispiele verdeutlichen den Begriff Kontakt. In Fall 1 wurden alle Perso­ nen durchschnittlich zwei Mal erreicht (daher auch Durchschnittskontakt), in Fall 2 wurde genau 1 Durchschnittskontakt erreicht, und in Fall 3 ist der Wert größer als 1 aber kleiner als 2. Durchschnittskontakte werden, je nach Werbeträger, auch als opportunity to see (OTS) bzw. opportunity to hear (OTH) bezeichnet, also als (theoretische) Möglichkeit, aufgrund eines Werbe­ trägerkontaktes auch ein darin geschaltetes Werbemittel wahrzunehmen.

Die Frage, wie viele Personen genau mit beiden Schaltungen (mindestens einmal!) erreicht wurden ist nur mittels spezieller EDV-Programme zu beant­ worten. Dieser Reichweitenwert wird als Nettoreichweite bezeichnet. Er ist erst dann von Relevanz, wenn ein Werbeträger mehr als einmal bzw. mehrere Werbeträger mindestens einmal belegt werden. Bei mehr als einer Einschal­

Instrumente des Werbecontrolling

134

tung eines Werbespots weicht die Zahl der erreichten Personen (Nettoreich­ weite) von der Summe der erzielten Kontakte mit diesen Personen (Brutto­ reichweite) ab. Die Nettoreichweite gibt also an, wieviele Personen insge­ samt mit der Belegung eines oder mehrerer Werbeträger erreicht werden. Die Bruttoreichweite ergibt sich dagegen aus der Summe der Belegungen aller Werbeträger und enthält somit auch die Personen, die mehrfach erreicht wur­ den, während die Nettoreichweite jede Person nur einmal erfaßt (vgl. Unger u.a., 1999, S. 16). Die Unterscheidung in Brutto- und Nettoreichweite ist immer dann rele­ vant, wenn entweder in unterschiedlichen Ausgaben eines Werbeträgers meh­ rere Schaltungen erfolgen bzw. bei jeweils einer Schaltung (oder mehreren Schaltungen) parallel in unterschiedlichen Werbeträgern. Zur Verdeutli­ chung: Bei nur einer einzigen Schaltung in nur einem einzigen Werbeträger sind Brutto- und Nettoreichweite identisch, die Durchschnittskontakte haben den Wert 1. Bei mehr als einer Schaltung sind die Werte unterschiedlich. Zwischen Nettoreichweite, Bruttoreichweite und Durchschnittskontakten be­ steht also ein funktionaler Zusammenhang, der sich in absoluten und in Pro­ zentwerten ausdrücken läßt. Die Bruttoreichweite als Prozentwert wird auch als Gross Rating Point (GRP) bezeichnet:

Auf der Ebene von Prozentwerten: Bruttoreichweite (in %) = Nettoreichweite (in %) x Durchschnittskontakte

_

. GRP (Bruttoreichweite in %) Netto - Reichweite(m %) =---------- -—-—:— ------ -------Durchschnittskontakte t , GRP (Bruttoreichweite in %) Durchschnittskontakte =-------------- :::---------Nettoreichweite in %

Auf der Ebene von hochgerechneten Werten (Mio.): Bruttokontakte (in Mio.) = Nettoreichweite (in Mio.) x Durchschnittskontakte x Bruttokontakte (in Mio.) Nettoreichweite (in Mio.) =------------------------------ Durchschnittskontakte , , . , , Bruttokontakte (in Mio.) Durchschnittskontakte =---------------- :—----------- Nettoreichweite (in Mio.)

Die in Prozent ausgewiesene Nettoreichweite gibt an, welcher Anteil an Ge­ samt (bzw. an der vorgegebenen Zielgruppe) erreicht wurde. Sie kann hoch-

Instrumente des Werbecontrolling

135

stens 100% erreichen, was nichts anderes heißt, als daß jeder mindestens ein­ mal kontaktiert wurde. Zu berücksichtigen ist eine nicht überschreitbare Grenze der Nettoreichweite: der weiteste Seherkreis (WSK) (resp. der wei­ teste Leserkreis, WLK). Dieser Wert wird vor allem durch das Empfangspo­ tential bestimmt. Bei einem Sender mit einer technischen Reichweite von 70% (begrenzt z.B. durch die Empfangbarkeit über Kabel oder Satellit) in der Gesamtbevölkerung kann der WSK (und somit die maximale Nettoreich­ weite!) höchstens den Wert 70% erreichen (vgl. Stanko 1993a, S. 45). Werden hingegen nur die einzelnen Kontakte betrachtet, so zeigt sich ein anderes Bild. Denn das Kontaktwachstum ist unbegrenzt, mit jeder weiteren Einschaltung vergrößert es sich. Hier werden die mit jeder weiteren Einschal­ tung erzielten Einzelreichweiten addiert - sei es in absoluten Zahlen oder in Prozentwerten. Deshalb erreicht das prozentuale Kontaktwachstum bei größe­ ren TV-Kampagnen schnell Größenordnungen von mehr als 100% (= Brutto­ reichweite in % = GRP). Der GRP ist also nichts anderes als die Summe aller Einzelreichweiten in Prozent (und damit vor allem eine rein mathematische Größe). In der Mediaplanung werden GRP als Kenngröße für den Werbe­ druck genutzt. Vereinzelt wird in der Praxis auch ein enger gefaßter TRP (Target Rating Point) verwendet, der nur die Reichweiten in speziellen Ziel­ gruppen erfaßt. Im Werbecontrolling stellen GRP eine wichtige Kennzahl dar. Analysiert werden beispielsweise folgende Fragen: • Wieviele GRP sieht der Mediaplan der laufenden Kampagne vor? • Wie hoch waren die GRP der Vorjahreskampagne? • Wie hoch sind die Kosten pro GRP der laufenden Kampagne? • Wie verteilen sich die GRP nach Sendern und Sendezeiten? • In welchem Verhältnis stehen unsere GRP im Vergleich zum Wettbewerb?

Für das Lernen von Werbebotschaften ist die Zahl der Wiederholungskon­ takte - die sogenannte Kontaktdosis - ausschlaggebend. Ausgangspunkt sind Werbewirkungs-Funktionen, sogenannte Response-Funktionen. Dabei wer­ den meist S-förmige oder degressiv steigende Funktionen verwendet, d. h. es wird davon ausgegangen, daß die Wirksamkeit einer Werbebotschaft mit stei­ gender Kontaktdosis zunächst nur unterproportional zunimmt und eine Art Sättigungseffekt eintritt (vgl. Abbildung 3-2). Effekte aus der Wiederholung von Werbung lassen sich in zwei Kategorien einteilen: 1. Die eine Kategorie umfaßt die größeren Möglichkeiten, sich mit dem Inhalt der Werbebotschaft zu befassen. 2. Die andere Kategorie umfaßt die psychischen Reaktionen, die durch Wie­ derholungen beim Zuschauer ausgelöst werden.

136

Instrumente des Werbecontrolling

Eine moderate Anzahl von Wiederholungen ermöglicht eine bessere Verar­ beitung der Werbebotschaft, mit zunehmenden Wiederholungen bauen sich jedoch Reaktanz und negative Einstellungen auf. Dieser Effekt wird als wear-out bezeichnet und beschreibt Abnutzungserscheinungen von Werbe­ wiederholungen. Wird ein Wirkungsverlauf der Werbung in Abhängigkeit von der Zahl der Wiederholungen wie in Abbildung 3-2 unterstellt, ergeben sich zunächst steigende, dann abnehmende und schließlich sogar negative Grenzerträge der Wirkung, die ihren Ausdruck finden in Beschreibungen wie ermüdend, überdrüssig, kann ich nicht mehr sehen o. ä. Allerdings verdeut­ licht die Abbildung auch, daß der wear-out-Effekt offenbar davon abhängt, wie Werbewirkung definiert wird. Wird als Wirkungskriterium „Erinnerung“ definiert, so ist ein negativer Verlauf nur schwer nachvollziehbar. Wird hin­ gegen „Sympathie“ oder „Kaufbereitschaft“ unterstellt, erscheint die Wir­ kungsfunktion logisch.

Kontakte (Zahl der Wiederholungen)

Abbildung 3-2: Der Kontaktkorridor

Die pauschale Betrachtung von Durchschnittskontakten ist, für sich allein be­ trachtet, nicht sehr aufschlußreich. Unter Berücksichtigung der Bedeutung von Wiederholungen für den Lernerfolg, stellt sich schnell die Frage, welche Reichweiten eine Kampagne in einzelnen Kontaktklassen erzielt hat. Für den Mediaplaner gilt es, einen optimalen Kontaktkorridor in einem gegebenen Zeitraum anzustreben. Vorrangiges Ziel sollte dabei sein, die Kontakte unter­ halb der Wirkungsschwelle zu vermeiden und somit die sogenannte wirksa­ me Reichweite zu erhöhen. Der Versuch, eine optimale Kontaktdosis in der Zielgruppe zu erreichen, konfligiert in der Praxis häufig mit dem zur Verfügung stehenden Werbeetat (vgl. Abbildung 3-3). Werden beispielsweise durchschnittlich 5 Kontakte in der Zielgruppe für notwendig gehalten, läßt sich daraus ein erforderlicher

Instrumente des Werbecontrolling

137

Werbeetat in Höhe von 5 Millionen ableiten. Stehen tatsächlich jedoch nur 2 Millionen zur Verfügung, ist die angestrebte Zielsetzung nicht realisierbar. Für die Mediastrategie ergeben sich dann zwei Möglichkeiten: • entweder kann die Gesamtzielgruppe nur mit durchschnittlich 2 Kontakten angesprochen werden, d.h. es werden zwar alle Zielpersonen angespro­ chen, aber mit einer unzureichenden Kontaktdosis oder • nur ein Teil der Zielgruppe wird mit durchschnittlich 5 Kontakten ange­ sprochen, d. h. die für notwendig erachtete Kontaktdosis wird zwar erreicht, aber nicht bei der Gesamtzielgruppe. Zielsetzung:

Möglichkeiten:

Alle Personen der Zielgruppe sollen mit durchschnittlich 5 Kontakten angesprochen werden

Verfügbarer Etat: 2 Millionen Euro

Erforderlicher Etat: 5 Millionen Euro

xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx

Die Gesamtziel­ gruppe wird mit durchschnittlich 2 Kontakten erreicht

40% der Ziel­ gruppe wird mit durchschnittlich 5 Kontakten erreicht

xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx

xxxxx xxxxx xxxxx

Abbildung 3-3: Zielkonflikt zwischen Werbedruck und Werbeetat

Eine Kontaktverteilung ist dann als optimal anzusehen, wenn möglichst viele Zielpersonen mit der angestrebten Kontakthäufigkeit (Kontaktkorridor) er­ reicht wurden. Die Problematik liegt jedoch darin, daß es in der Zielgruppe immer Personen geben wird, die intensive Mediennutzer sind und mit einer hohen Kontaktdosis erreicht werden. Andererseits gibt es Personen, die nur gelegentliche Mediennutzer sind. Die unterschiedliche Nutzungsintensität von Medien beeinflußt in entschei­ dendem Maße die Entwicklung der Nettoreichweite, die im Normalfall mit jeder weiteren Belegung eines Werbeträgers ansteigt. Dieser Vorgang wird als Kumulation bezeichnet. Das Kumulationsverhalten ist je nach Werbeträger sehr unterschiedlich. Es wird beeinflußt von Überschneidungen. Je nachdem, ob ein und derselbe Werbeträger mehrmals oder ob verschiedene Werbeträger parallel belegt wer­ den, wird zwischen externen und internen Überschneidungen unterschieden. Externe Überschneidungen sind die zwischen den Nutzern mehrerer Medien (Doppel-, Mehrfachleser), d.h. eine Person nutzt mehrere Werbeträger paral­ lel. Interne Überschneidungen sind solche zwischen den Nutzern verschie­ dener Ausgaben desselben Mediums. Wird also in einer Zeitschrift eine An­

138

Instrumente des Werbecontrolling

zeige in mehreren aufeinanderfolgenden Ausgaben geschaltet, haben die Nut­ zer dieser Zeitschrift auch mehrfach die Möglichkeit, diese Anzeige zu sehen. Je größer die Stammleserschaft eines Werbeträgers ist, desto größer ist die interne Überschneidung. Dadurch ergibt sich ein hohes Kontaktwachstum, weil Kontakte mit ein und denselben Lesern erzielt werden. Für den Reich­ weitenaufbau ergibt sich entsprechend der Umkehrschluß: Je größer die in­ terne Überschneidung ist, desto geringer ist der Reichweitenzuwachs bei Mehrfachbelegung derselben Zeitschrift, weil bei hoher interner Überschnei­ dung wenige neue Leser erreicht werden. Eine breite Streuung wird also dann erreicht, wenn Medien eingesetzt werden, die sich möglichst wenig über­ schneiden.

BruttoReichweite A+B

Abbildung 3-4: Externe Überschneidung 1 Quelle: Koschnick, R.: Standard-Lexikon für Mediaplanung und Mediaforschung in Deutschland, 2. Aufl., München/New Providence/London/Paris 1995, S. 1319

Die Nettoreichweite bei Schaltungen in den Werbeträgern A und B (vgl. Ab­ bildung 3-4) berücksichtigt die Überschneidung (intern und/oder extern) der Nutzerschaft. Die Bruttoreichweite ist hingegen die Addition der beiden Reichweiten. Da es erhebungstechnisch praktisch jedoch nicht möglich ist, die Mehrfachnutzung von Werbeträgern - also die Überschneidungen - zu er­ fassen, wird deutlich, daß es sich bei der Nettoreichweite im wesentlichen um

Instrumente des Werbecontrolling

139

ein theoretisches Konstrukt handelt, das auf der Ebene von Wahrscheinlich­ keiten angesiedelt ist. Abbildung 3-5 stellt die Situation einer parallelen Schaltung in drei Zeit­ schriften dar. Die Bruttoreichweite ergibt sich hier aus Li + L2 + L3, die Net­ toreichweite = Bruttoreichweite - L12 - L13 - L23 - L123. L123 ist somit die Le­ serschaft, die parallel alle drei Zeitschriften nutzt. Abbildungen 3-4 und 3-5 verdeutlichen, daß der Unterschied zwischen Brutto- und Nettoreichweite in den (internen und/oder externen) Überschneidungen liegt.

Abbildung 3-5: Externe Überschneidung 2 Quelle: Braunschweig, C.: Marketing, München 1999, S. 241

Das Überschneidungsmodell in Abbildung 3-6 zeigt, daß bereits nach drei Ausgaben sieben verschiedene (Leser-) Gruppen vorhanden sind, die entwe­ der eine, zwei oder drei Ausgaben des Titels gelesen haben. Die Anzahl mög­ licher Leserschaften (L) entwickelt sich nach der Formel L = 2n - 1, nach 10 Schaltungen ergeben sich demnach rechnerisch bereits 1023 verschiedene Le­ serschaftsgruppen.

Das unterschiedliche Mediennutzungsverhalten wird auch als Fluktuation bezeichnet. Fluktuation ist die personenmäßige Veränderung innerhalb der Gesamtnutzerschaften, ohne daß sich die Gesamtzahl der Nutzer ändern müßte. Fluktuation entsteht durch das unterschiedliche Nutzungsverhalten bezüglich der Regelmäßigkeit der Nutzung. Die Fluktuation innerhalb z.B. der Leserschaft einer Zeitung ist um so größer, je höher der Anteil gelegentli­ cher Leser ist. Die Fluktuation ist also Ausdruck für den Wechsel in der Zu­ sammensetzung der Nutzerschaft eines Werbeträgers von Ausgabe zu Ausga­ be bzw. von Sendung zu Sendung.

140

Instrumente des Werbecontrolling

Abbildung 3-6: Überschneidungsmodell der kumulierten Leserschaft eines Me­ diums Quelle: Axel Springer Verlag: Media. Planungfür Märkte, Hamburg 2001, S. 74

Wie die Fluktuation die kumulierte Reichweite (= Nettoreichweite) beeinflußt zeigt Abbildung 3-7. Bei einem hohen Anteil gelegentlicher Leser (anders ausgedrückt: bei einem geringen Anteil regelmäßiger Leser, Bsp. A), kumu­ liert sich die (Netto-) Reichweite deutlich höher, als bei Zeitschriften mit ei­ nem hohen Anteil regelmäßiger Leser (Bsp. B). Für den Mediaplaner ergibt sich aufgrund des unterschiedlichen Kumulationsverhaltens die Möglichkeit, mit jedem Zukauf entweder die Reichweite (Titel mit unregelmäßiger Leser­ schaft) oder die Anzahl der Werbeanstöße pro erreichter Person (Kontakte) (Titel mit regelmäßiger Leserschaft) zu forcieren. In dem gedanklichen Extremfall, daß ein Werbeträger ausschließlich regel­ mäßige Nutzer hat, werden bei Mehrfachbelegung dieses Werbeträgers auch ausschließlich Wiederholungskontakte erreicht, da immer nur dieselben Per­ sonen erreicht werden. Die Nettoreichweite bleibt also konstant, allerdings werden die Kontakte maximiert. In dem anderen Extremfall, daß ein Werbe­ träger ausschließlich unregelmäßige Nutzer hat, wird hingegen bei Mehrfach­ schaltung die Nettoreichweite maximiert und jeder Nutzer hatte nur einen Kontakt.

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141

A Zeitschriften mit hohem Anteil gelegentliche Leser

— ______ ______

Kontakte Ausgabe nach

Ausuaben

3 Ausgaben

Abbildung 3-7: Fluktuation von Leserschaften Quelle: Axel Springer Verlag: Media. Planung für Märkte, Hamburg 2001, S. 312

Das Beispiel in Abbildung 3-8 verdeutlicht den Einfluß der Fluktuation auf die Durchschnittskontakte. Angenommen seien 4 Schaltungen einer Anzeige in 4 Ausgaben des Stern. Mit jeder Anzeige werden 15 % Reichweite bei den 20-29-jährigen Personen erzielt. Einige Personen lesen jede Ausgabe, andere lesen den Stern nur gelegentlich. Nach 4 Schaltungen ergibt sich in dem Bei­ spiel durch die internen Überschneidungen eine Nettoreichweite von 27%, die sich kumuliert aus: 9 % Reichweite mit Personen, die 1, 6 % Reichweite mit Personen, die 2, 9 % Reichweite mit Personen, die 3 und 3 % Reichweite mit Personen, die 4 Kontakte hatten. Schaltungen

Abbildung 3-8: Interne Überschneidungen und Durchschnittskontakte

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142

Mit 4 Schaltungen wurden jeweils 15 % Reichweite (= 60% Bruttoreichweite) erzielt, insgesamt wurden 27 % der Zielgruppe (=Nettoreichweite) erreicht, mit durchschnittlich 2,2 Kontakten. Die Durchschnittskontakte errechnen sich wie folgt: , , . , , GRB (4 x 15%) _ Durchschnittskontakte =------------- ■ -■ = 2,2 OTS NRW = 27%

Unterschiedliche Titel werden von teilweise den gleichen Personen gelesen: Ihre Leserschaften überschneiden sich (= externe Überschneidung). Die Le­ serschaften überschneiden sich aber auch dadurch, daß unterschiedliche Aus­ gaben desselben Titels von denselben Personen gelesen werden (= interne Überschneidung). Tabelle 3-1 enthält ein Beispiel dafür, wie Durchschnitts­ kontakte von Überschneidungen beeinflußt werden. Tabelle 3-1: Externe und interne Überschneidungen

Für Sie

Journal für die Frau

Brigitte

Freundin

Brigitte

57

23*

19

9

Freundin

31*

54

25

11

Für Sie

26

24

55**

11

Journal für die Frau

21

19

20

54

Leserschaft pro Ausgabe, Angaben in % Lesebeispiel: 23 % der Leser einer (beliebigen) Ausgabe der Brigitte lesen auch eine (beliebige) Ausgabe der Freundin, 31 % der Leser einer (beliebi­ gen) Ausgabe der Freundin lesen auch eine (beliebige) Ausgabe der Brigitte (= externe Überschneidung). 55 % der Leser einer (beliebigen) Ausgabe der Für Sie lesen auch eine andere (beliebige) Ausgabe der Für Sie (= interne Überschneidung, markierte Zellen).

Reichweiten und Kontakte bilden einen sehr komplexen Zusam­ menhang. Sie sind im Werbecontrolling vor allem dann als Steuerungs- und Kontrollinstrumente sinnvoll einzusetzen, wenn die Mediaagentur ihr Zustandekommen transparent macht.

Instrumente des Werbecontrolling

3.1.2

143

Tausenderpreise

In der Mediaplanung sind Tausenderpreise die gängigen Kennzahlen zur Be­ urteilung der Wirtschaftlichkeit eines Werbeträgers sowohl im Inter- als auch im Intramediavergleich. Mit solchen Wirtschaftlichkeitskennziffern wird deshalb gearbeitet, weil der absolute Preis einer Schaltung in einem Werbeträger nur dann aussagefähig ist, wenn ihm die damit erzielte Leistung gegenübergestellt wird. Tausenderpreise stellen die Werbeträgerkosten ins Verhältnis zu jeweils 1.000 erreichten Zielpersonen. Sie beziffern somit den Betrag, der aufzuwenden ist, um 1.000 Zielpersonen zu erreichen. Die we­ sentliche Frage bei Mediainvestitionen lautet: Welche Reichweite (Leistung) erhält der Werbetreibende für das investierte Geld (Schaltkosten)? Die rech­ nerische Verknüpfung der Kosten- und Leistungsdimensionen ergibt einen Wirtschaftlichkeitswert „DM pro Reichweiteneinheit“. Erst diese rechneri­ sche Normierung gestattet den Vergleich von Werbeträgern unterschiedlicher Schaltkosten und Reichweiten.

Je nachdem, welche Basis für Preise (bei Zeitschriften z.B. Seitenpreise) und Leistungen (Auflage, Anzahl Leser, Hörer, Seher) zugrundegelegt werden, lassen sich Tausenderpreise in unterschiedlichen Varianten errechnen: Der Tausender-Auflagen-Preis (TAP) (auch: unqualifizierter Tausender­ preis) ergibt sich aus dem Verhältnis des Preises einer Anzeigenseite und der Auflage des Printmediums: _A_ TAP =

Preis einer Anzeigenseite —---- -— x 1.000 (Druck—, Verkaufs—) Auflage

Je nach Printmedium kann anstelle einer Anzeigenseite auch eine Spezifizie­ rung vorgenommen werden im Hinblick auf Größe oder Farbigkeit der Anzei­ ge. Für andere Werbeträger werden entsprechend die Sekundenzeiten eines Femseh- oder Hörfunkspots, die Vorführdauer von Werbefilmen im Kino usw. herangezogen. Für den Tausenderpreis des Fernsehens sind also die Schaltkosten eines (z. B. 30-Sekunden-) Spots ins Verhältnis zur Zahl der ein­ geschalteten Fernsehgeräte zu setzen. Die Auflage von Printmedien bzw. die Zahl der eingeschalteten Geräte bei elektronischen Medien gibt noch keine Auskunft über die erzielten Reichwei­ ten bzw. Kontakte, da eine Zeitschrift von verschiedenen Personen genutzt werden kann bzw. mehrere Personen vor einem Fernsehgerät sitzen können.

Der Tausend-Kontakt-Preis (TKP) beziffert den Betrag, der aufzuwenden ist, um 1.000 Kontakte (genauer: 1.000 Kontaktchancen) in der anvisierten Zielgruppe zu erreichen. Er errechnet sich aus dem Verhältnis der Kosten für die Belegung eines Werbeträgers und den damit erreichten Kontakten. Die allgemeine Formel lautet:

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144 TKp

Preis für die Belegung eines Werbeträgers * Zahl der Werbeträgerkontakte

Die Kontakte sind dabei als Bruttokontakte zu verstehen, also Zahl der er­ reichten Leser/Seher/Hörer multipliziert mit den durchschnittlichen Kontak­ ten pro erreichtem Leser/Seher/Hörer: Preis für die Belegung eines Werbeträgers x 1.000 Reichweite absolut (=Nettoreichweite) xdurchschnittliche Kontakthäufigkeit

Da in der Mediaforschung sowohl Brutto- als auch Nettoreichweiten erhoben werden, läßt sich der TKP auch auf Basis von Nettoreichweiten berechnen. Hierbei werden die jeweiligen Nutzerschaften jeweils nur einmal berücksich­ tigt, die entsprechenden Tausenderpreise berücksichtigen also 1.000 ver­ schiedene Nutzer. Auf diese Weise können, je nach Werbeträgerkategorie, Tausend-Nutzer-Preise (TNP) in Form von Tausend-Leser-/, Tausend-Seher­ und Tausend-Hörer-Preisen (TLP, TSP, THP) ermittelt werden. Beispiels­ weise berechnet sich der TLP nach der Formel: Preis einer Anzeige TLP =------------------------— x 1.000 Zahl der Nettokontakte

Dabei ist der TKP bei einmaliger Belegung mit dem TLP identisch. Bei mehr­ facher Belegung klaffen die beiden Werte nach Maßgabe der Überschneidun­ gen mehr oder weniger stark auseinander (vgl. Behrens et al. 2001, S. 365). Enthält die Nutzerschaft eines Werbeträgers Streuverluste, zählt sie also nur teilweise zu der anvisierten Zielgruppe, empfiehlt sich die Berechnung eines Tausend-Zielpersonen-Preises (TZP): Preis für die Belegung eines Werbeträgers * Zahl der erreichen Personen x Anteil der Zielpersonen

Hierin werden nur die zur Zielgruppe gehörenden Personen als Nutzer be­ rücksichtigt. Der TZP ist damit also um die Streuverluste bereinigt.

Tabelle 3-2 zeigt, wie der TKP eine Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Reichweiten und Kosten bei der Belegung von unterschiedlichen Werbeinseln schafft. Je nachdem, wie speziell (Teil-) Zielgruppen definiert sind, ergeben sich entsprechend höhere TKP. Bei Wirtschaftlichkeitsvergleichen ist also immer auf die zugrundeliegende Zielgruppendefinition zu achten (s. Tabelle 3-3).

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145

Tabelle 3-2: TKP-Vergleich unterschiedlicher Werbeinseln

Zeit

RW (Mio.)

Kosten (€)

TKP (€)

18:43

2,00

40.000

20,00

21:48

5,50

110.000

20,00

23:22

0,75

15.000

20,00

00:29

0,30

6.000

20,00

RW: Erwachsene ab 14 Jahren, Bruttokosten für 30 See.

Tabelle 3-3: Der Einfluß der Zielgruppe auf die Wirtschaftlichkeit

Werbeinsel - RW

Kosten

TKP

Zielgruppe A

6,00

48.000

8,00

Zielgruppe B

2,00

48.000

24,00

Zielgruppe C

0,80

48.000

60,00

Da die Kosten einer Schaltung auch von der Spotlänge abhängen, beeinflußt natürlich auch diese den TKP. Sie lassen sich allerdings nicht linear hochrech­ nen, da die Fernsehsender im Jahr 2000 sogenannte disproportionale Preise eingeführt haben. Seither werden die Preise nicht mehr auf Basis eines kon­ stanten Sekundenpreises linear auf die Spotlänge hochgerechnet, sondern kür­ zere Spots mit einem disproportionalen Ansatz stärker verteuert als längere.

Beim TKP sind einige kritische Aspekte zu berücksichtigen. Beispielsweise können beim Fernsehen ex ante, also vor Ausstrahlung der Werbespots, die Kosten nur in Relation zu den prognostizierten Leistungswerten gesetzt werden. Erst die ex post Kontrolle liefert Aufschluß über die tatsächlich er­ zielte Leistung. Beim TKP gehen die Ursprungsinformationen verloren: Dem Wert läßt sich nicht mehr ansehen, aufgrund welcher absoluten Größen er entstan­ den ist Ein TKP von 30 € kann sowohl mit Schaltkosten von 45.000 € und einer Reichweite von 1,5 Mio. erzielt werden als auch mit Schaltkosten von 450 € und einer Reichweite von 15.000. Im Fernsehen geht eine besonders hohe Wirtschaftlichkeit oftmals mit niedrigen absoluten Reichweiten einher. Werden nur die wirtschaftlichsten Werbeinseln ausgewählt, besteht die Gefahr, die Ziele „Mindestreichweite“ und „Kontaktoptimierung“ zu vernachlässigen.

Tabelle 3-4 zeigt die Durchschnitts-TKP ausgewählter deutscher Fernsehsen­ der. Im Oktober 2002 lagen sie zwischen 14 € und 34 €. Die „kleineren“ Sen­

Instrumente des Werbecontrolling

146

der wie RTL 2, Vox oder Kabel 1 sind dabei naturgemäß preiswerter als die reichweitenstärkeren Sender. Tabelle 3-4: TKP der deutschen Fernsehsender

ZDF

ARD

Pro 7

RTL

Sat.l

RTL II

Vox

Kabel Super 1 RTL

03.00 Uhr - 03.00 Uhr/Ganzer Tag:

0TKP:

31,88

34,28

23,49

21,04

23,42

17,80

14,12

15,66

20,53

0,52

0,80

0,48

0,17

0,20

0,22

0,09

Werbeinsel-Reichweite

Mio.

0,61

0,65

Zielgruppe: Zuschauer 14 - 49 Jahre/BRD Gesamt, TKP in €, Oktober 2002

Quelle: www.horizont.de

3.1.3

Affinitäten

Werbung über Massenkommunikationsmittel ist fast immer mit Streuverlu­ sten verbunden, es werden also auch Personen erreicht, die nicht zur Zielgrup­ pe zählen. Als Maß für die Übereinstimmung der Nutzerschaft eines Werbe­ trägers mit der anvisierten Zielgruppe dient die Affinität. Die Affinität gibt Auskunft über den Anteil einer bestimmten Zielgruppe an der Gesamtnut­ zerschaft eines Werbeträgers. Je ausgeprägter die Affinität - je größer also der Anteil der Zielgruppe an der Gesamtnutzerschaft - desto geringer sind die Streuverluste und um so besser wird die Zielgruppe abgedeckt. Affinitäten können auf zwei Arten definiert werden (vgl. Koschnick 1995, S. 37): 1. Als Reichweite eines Werbeträgers in der Zielgruppe im Verhältnis zur Reichweite des Werbeträgers in der Grundgesamtheit. 2. Als Strukturanteil der Zielgruppe im Werbeträger im Verhältnis zum Strukturanteil der Zielgruppe in der Grundgesamtheit. Dieser Wert wird auch als Affinitätsindex bezeichnet. Reichweite einer bestimmten A£r ■ Zielgruppe (Mio.) Affinität (%) = -5-7-r—r—p---- 7--------------- x 100 v 7 Reichweite dieser Zielgruppe in der Grundgesamtheit (Mio.)

Anteil einer bestimmten Zielgruppe A . .. _ , an der Werbeträger—Nutzerschaft (%) Affmitats - Index =--------- *---- 7:-,-—=-=---------- -—- x 100 Anteil dieser Zielgruppe an der Gesamtbevölkerung (%)

Instrumente des Werbecontrolling

147

Während der Affinitätswert lediglich Auskunft über den relativen Anteil der Zielgruppe an der Werbeträgernutzerschaft gibt, läßt sich dem Affinitäts-In­ dex auch entnehmen, ob die Zielgruppe über- oder unterproportional in der Nutzerschaft vertreten ist. Ein Index von 100 bedeutet, daß die Zielgruppe den gleichen prozentualen Anteil an der Gesamtnutzerschaft eines Werbeträ­ gers aufweist wie an der Gesamtbevölkerung. Ein Index-Wert über 100 be­ deutet, daß die Zielgruppe überproportional an der Nutzerschaft beteiligt war, was für eine hohe Zielgruppen-Abdeckung und niedrige Streuverluste spricht. Ein Index unter 100 hingegen drückt den gegenteiligen Sachverhalt aus, also überdurchschnittliche Streuverluste. Affinitäten haben auch eine qualitative Bedeutung, da hohe Indices auf starke Bindung und Akzeptanz der Nutzer des Werbeträgers deuten lassen, somit auch von einer hohen Nutzungsintensität ausgegangen werden kann (vgl. Koschnick 1995, S. 38). Der Vorteil von Affinitäten ist, daß sie die Zielgruppennähe eines Werbeträ­ gers erkennen lassen. Der Nachteil ist jedoch darin zu sehen, daß sie keine Aussage über die absoluten Reichweiten-Verhältnisse erlauben. Reduzierte Streuverluste stellen nur eine Zielgröße der Mediaplanung dar. Eine andere, oftmals wichtigere Zielgröße, besteht in einer hohen, zielgruppenspezifischen Reichweite. Diese wird häufig nur durch die Belegung von reichweitenstar­ ken Medien erzielt, in denen die anvisierte Zielgruppe aber nur eine unterpro­ portionale Affinität und somit vergleichsweise hohe Streuverluste aufweist (vgl. Stanko 1994, S. 42ff.). Abbildung 3-9 stellt einen Sachverhalt dar, der sich durch eine Werbeträgerauswahl ergeben könnte, die allein auf Affinitä-

Abbildung 3-9: Werbeträgerauswahl nach Affinitäten Quelle: Koschnick: Standard-Lexikon für Mediaplanung und Mediaforschung in Deutschland, 2. Aufl., München et al. 1995, S. 38

148

Instrumente des Werbecontrolling

In dem Beispiel seien folgende Affinitäten gegeben: • Affinität des Werbeträgers a zur Personengruppe X = 0,25 • Affinität des Werbeträgers b zur Personengruppe X = 0,5 • Affinität des Werbeträgers c zur Personengruppe X = 1,0 Eine Werbeträgerauswahl allein auf Basis von Affinitäten, ohne Berück­ sichtigung der tatsächlichen Reichweiten würde zu der wenig sinnvollen Rangfolge c > b > a führen.

3.1.4

Rangreihen

Die gebräuchlichste Methode für die Intramediaselektion ist das sogenannte Rangreihenverfahren. Dabei werden für vorgegebene Zielgruppen mit ent­ sprechenden Markt-Mediauntersuchungen (z.B. MA) Rangreihen nach be­ stimmten Medialeistungswerten erstellt. Die üblichen Rangreihenkriterien sind: • Kosten pro tausend Kontakte, • Nettoreichweite und • Affinität. Tabelle 3-5 zeigt als Beispiel den Auszug einer Rangreihe für die klassische Werbezielgruppe Erwachsene im Alter zwischen 14 und 49 Jahren auf Basis der MA. Als Kriterien wurden Reichweite, Affinität und TKP für eine ganz­ seitige Vier-Farb-Anzeige zugrunde gelegt; die Rangfolge ist nach dem TKP erstellt. Die Entscheidungsproblematik liegt in der Gewichtung der Medialeistungswerte. Nach dem TKP liegt Computer Bild Spiele auf Rangplatz 1, nach der Affinität jedoch nur auf Rang 10, nach der Reichweite lediglich auf Rang 21. Wird die Rangreihe nach der Affinität erstellt, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Danach liegt Bravo Screen Fun auf Platz 1, nach dem TKP je­ doch nur auf Platz 35 und nach der Reichweite auf Platz 75. Nach der Reich­ weite gezählt liegt die ADAC Motorwelt auf Rang 1, allerdings nach dem TKP auf Rang 6 und nach der Affinität auf Platz 84.

Das Entscheidungsproblem beim Rangreihenverfahren verdeut­ licht, daß jeder Medialeistungswert für sich genommen kein sinnvolles Selektionskriterium ist. Reichweiten zeigen lediglich die Anzahl der erreichten Zielpersonen auf, Affinitäten ihre Nä­ he zum Werbeträger und TKP die Wirtschaftlichkeit der Werbe­ träger. Für das Werbecontrolling ist die Erkenntnis wichtig, daß erst die simultane Betrachtung aller Leistungswerte zu einer ver­ nünftigen Entscheidungsgrundlage führt.

Instrumente des Werbecontrolling Tabelle 3-5: Rangreihe

Zielgruppe: Vergleichszielgruppe:

’’Erwachsene 14-49 Jahre” ’’Gesamtbevölkerung'’

Rangreihe nach TKP (Bruttok. 1/1 S. 4c A.)

LpA-Reichweite Affinität TKP % Mio. RP Index RP Euro RP Computer Bild Spiele 4,9 21 168 10 6 1 1,8 COMPUTER BILD 7,8 2,8 10 152 25 8 2 TV Spielfilm 5,4 4 141 32 9 15,1 3 TV Movie 15,2 5,4 3 142 30 9 4 PC WELT 4,9 23 155 20 9 5 1,8 ADAC motorweit 28,3 10,1 1 104 84 10 6 TV TODAY 5,2 18 129 47 10 7 1,9 Stern 4,7 6 107 79 10 8 13,1 BILD am SONNTAG 16,2 5,8 2 95 95 11 10 Focus 10,8 3,9 8 113 67 11 11 SPORT BILD 5,9 2,1 14 128 48 12 11 rtv 13,6 4,9 84 5 14 20 115 BILDWOCHE 89 0,5 124 77 14 21 1,3 DER SPIEGEL 9,8 3,5 9 HO 14 22 73 TV 14 4,8 24 112 69 1,7 15 30 Auto Magazin 83 140 34 1,4 0,5 15 31 BILD der FRAU 7,2 2,6 11 86 111 16 32 Die Aktuelle 67 144 1,7 0,6 63 16 33 Premiere 5,9 2,1 15 148 28 16 34 Bravo ScreenFun 75 178 16 35 1 1,5 0,5 Journal für die Frau 2,8 1,0 43 92 98 16 36 BUNTE 5,0 20 76 128 16 37 1,8 Meine Geschichte 141 0,6 0,2 83 117 16 38 Wochenend 104 1,0 0,4 123 16 39 53 Fit for Fun 3,9 32 14 162 40 16 1,4 AUTO BILD 5,2 16 127 49 17 44 1,9 tina 19 109 87 17 45 5,1 1,8 DIE ZEIT 69 102 1,6 0,6 87 17 47 Hörzu 6,2 2,2 13 71 132 19 59 Bravo Girl 2,6 0,9 46 177 2 19 60 Datei: MA 2002 Presse II; Potential: 35,67 Mio.; Fallzahl : 14.488 Fälle Titel

149

Instrumente des Werbecontrolling

150

3.1.5

Modelling

Ein verhältnismäßig neues Instrument des operativen Werbecontrolling ist das Modelling, das maßgeblich von der Mediaagentur Mindshare entwickelt wurde. Es handelt sich hierbei um ein hochkomplexes ökonometrisches Mo­ dell, das funktionale Zusammenhänge zwischen einer abhängigen Variable (z.B. Bekanntheit) und einer unabhängigen Variable (z.B. Werbung) erklärt. Das Modelling analysiert für eine konkrete Marke Veränderungen der Ver­ gangenheit und versucht, daraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten, die es erlau­ ben, Vorhersagen für die Zukunft zu machen bzw. Szenarien durchzuspielen. Modelling basiert auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Kunde und Agentur. Die Marktforschung des Kunden steuert die benötigten Marketing­ daten bei, z.B. Awarenesswerte, idealerweise über einen längeren Zeitraum, die alle Phasen der Werbung (vorher, während, nachher) abdecken. Die Agen­ tur kombiniert diese mit den entsprechenden Medialeistungswerten. Auf die­ ser Grundlage läßt sich die Entwicklung einer Marke statistisch abbilden. In den folgenden Ausführungen soll Modelling für den funktionalen Zu­ sammenhang zwischen Awareness und Werbedruck dargestellt werden. Der Begriff Awareness steht einerseits für Markenbekanntheit (brand awareness), andererseits für Werbeerinnerung (advertising awareness) als Maßgröße der Werbewirkung. Als Maßzahl für den Werbedruck werden Gross Rating Points (GRP) verwendet. Bei etablierten Marken läßt sich häufig eine Grundbekanntheit feststellen (base level), die sich nicht nennenswert ändert, wenn die Marke über einen längeren Zeitraum nicht beworben wurde. Gleichzeitig scheint es jedoch auch ein Bekanntheit-Maximum zu geben, das auch bei hohem Werbedruck nicht überschritten werden kann (vgl. Abbildung 3-10). Wird eine Marke beworben, führt das zu einem Anstieg der Markenbe­ kanntheit, die Werbung hat also einen (positiven) Impact. Sobald eine Marke nicht mehr beworben wird, sinkt die Bekanntheit langsam wieder ab. Wer­ bung wirkt also über die aktuelle Periode hinaus (= carryover-Effekt). Die Steigerung der Bekanntheit hängt allerdings vom bereits erreichten Bekannt­ heitsniveau ab: Je höher die Awareness, desto schwieriger wird es, sie noch zu steigern, ein Effekt, der auch als abnehmender Grenznutzen bekannt ist. Die Werbewirkung steigt also degressiv an (vgl. Abbildung 3-11).

Instrumente des Werbecontrolling

151

Abbildung 3-10: Awareness: Baselevel und Maximum Quelle: Mindshare

Abbildung 3-11: Awareness-Entwicklung in Abhängigkeit vom Werbedruck Quelle: Mindshare

Das Modelling soll kurz für ein Beispiel entwickelt werden (Quelle: Mindsha­ re). Es sei eine Situation gegeben, in der eine Marke mit drei TV-Kampagnen beworben wurde. In Abbildung 3-12 sind die GRP und der Awarenessverlauf über den beworbenen Zeitraum dargestellt. Ziel des Modelling ist es, diesen Verlauf nachzuvollziehen. Unter Berücksichtigung des Baselevels der Aware­ ness und der jeweiligen Leistungswerte der Kampagnen zeichnet das Modellingmodell der Agentur einen Kurvenverlauf, der sogenannte F-Wert (weil das Ergebnis des Modelling-Prozesses eine Funktion ist), wie in Abbildung 3-13. Es zeigt sich, daß die Kampagnen sich in ihrer Wirkweise unterschei­ den. Kampagne 2 und 3 produzieren einen fast identischen Anstieg, während

152

Instrumente des Werbecontrolling

Kampagne 1 weniger Impact besitzt. Dafür wird Kampagne 1 besser erinnert als die beiden anderen Kampagnen (flacherer Abfall der Kurve).

Abbildung 3-12: Modelling: Ausgangssituation Quelle: Mindshare

Wenn das Modell die Variablen erfaßt und realitätsnah abgebildet hat, ist es in der Lage, die Wirkung unterschiedlicher Werbedrucklevel zu simulieren. Es kann bei gegebenem Budget (Werbedruck) eine optimale Verteilung der Medialeistung bzw. bei vorgegebenen Awarenesszielen die notwendige Medialeistung (Budget) bestimmen. Die Komplexität des Modells erlaubt dar­ über hinaus auch Simulationen unterschiedlicher Werbeträger sowie Progno­ sen für die Zukunft (vgl. Abbildung 3-14).

Modelling erscheint als ein sinnvolles Instrument zur Beurteilung von Kampagnenleistungen und zur Optimierung des Werbeträgereinsatzes. Die Proble­ matik ist darin zu sehen, daß es weder generalisierbar noch standardisierbar ist. Es muß vielmehr auf die jeweiligen individuellen Gegebenheiten einer Marke zugeschnitten werden (vgl. Feldmeier 2002, S. 40).

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Abbildung 3-13: Modelling: Modellabbildung Quelle: Mindshare

Abbildung 3-14: Modelling: Modellprognose Quelle: Mindshare

153

154

3.1.6

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Kennzahlen für den Werbedruck

Die klassische Kennzahl zur Beurteilung des Werbedrucks sind die mit einem Mediaplan zu erzielenden Gross Rating Points (GRP). Es handelt sich dabei um die mit einem Mediaplan zu erzielende Bruttoreichweite in Prozent, die sich rein rechnerisch aus dem Produkt der prozentualen Reichweite und der durchschnittlichen Kontakthäufigkeit ergibt (vgl. Kapitel 3.1.1). GRP sind so­ mit selbst Durchschnittswerte, die sich aus sehr unterschiedlichen Reichweiten und Kontakthäufigkeiten ergeben können. Beispielsweise werden 200 GRP er­ zielt, wenn 40 Prozent der Zielgruppe durchschnittlich fünfmal kontaktiert, aber auch, wenn 10 Prozent durchschnittlich zwanzigmal kontaktiert werden. Da GRP keine Überschneidungen berücksichtigen, bleibt auch die Zahl der ins­ gesamt kontaktierten Personen unberücksichtigt. Für einen Intermediavergleich sind GRP nur eingeschränkt sinnvoll, da sie für die Kontaktqualität eines Mediums keine Aussagekraft besitzen (vgl. Koschnick 1995, S. 735 ff.). GRP werden herangezogen, um unterschiedliche Mediapläne im Hinblick auf ihren Werbedruck zu bewerten. Die Transparenz, die GRP dadurch er­ möglichen, ist jedoch vor allem vergangenheitsbezogen. Alternative Media­ pläne lassen sich zwar untereinander vergleichen sowie mit eigenen Mediaplänen und mit denen der Konkurrenzmarken vergangener Jahre. Zur Beurtei­ lung des Werbedrucks in der aktuellen Werbeperiode sind GRP jedoch nicht aussagefähig, da die von dem eigenen Werbedruck angestrebte Werbewir­ kung durch den Werbedruck der Konkurrenzmarken relativiert wird (vgl. Ka­ pitel 2.3.1).

Typischerweise berücksichtigen Mediapläne die mit der eigenen Kampagne in der Zielgruppe vorgesehenen Kontakte. Angestrebt wird eine bestimmte Kontaktdosis je Zielperson, da davon ausgegangen wird, daß Werbewirkung erst bei mehrfacher Ansprache einsetzt. Die Zielpersonen sind jedoch auch Kontakten von Wettbewerbskampagnen ausgesetzt, so daß eine isolierte Be­ trachtung des eigenen Mediaplanes die reale Werbesituation nicht abbildet und somit keine hinreichend genaue Einschätzung der mutmaßlichen Werbe­ wirkung möglich ist (vgl. Abbildung 3-15). Zur Beurteilung des eigenen Werbedrucks im Verhältnis zu dem der Konkur­ renz, stützt sich das Werbecontrolling auf folgende Kennzahlen, die aller­ dings sehr unterschiedliche Sachverhalte messen: • Der Share of Advertising (SOA) bezeichnet den eigenen Werbeanteil an den gesamten Werbeaufwendungen der Produktkategorie und berechnet so­ mit lediglich die Relationen der Werbeausgaben. • Der Share of Voice SOV) beziffert den zielgruppenspezifischen Kontakt­ anteil, also die Summe der Kontakte der eigenen Werbekampagne (Brutto­ reichweite) in der Zielgruppe, bezogen auf die insgesamt von allen Wettbe­

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155

werbem erreichten Kontakte innerhalb der eigenen Zielgruppe (vgl. Behrens et.al. 2001, S. 344). • Der Share of Mind (SOM) ist der zielpersonenspezifische Werbedruckan­ teil, d.h. der Anteil einer Kampagne an den Durchschnittskontakten pro Person. Der SOM mißt somit den individuellen Werbedruck einzelner Ziel­ personen durch eigene Werbeaktivitäten und denen der Konkurrenz (vgl. Koschnick 1995, S. 1605). Eigene Werbung

Werbung der Wettbewerber

Kontaktebene Zielpersonen

Werbewirkungsebene Erinnerung, Kaufbereitschaft...

Abbildung 3-15: Werbedruck auf Zielpersonen

Eine Studie des Axel Springer Verlages entwickelte ein Mediaplanungsprogramm für gesättigte Märkte, das es erlaubt, Eigen- und Konkurrenzpläne si­ multan zu verarbeiten (vgl. Axel Springer Verlag 2001, S. 148 ff.): Bei der Betrachtung eines isolierten Mediaplanes erfolgt die Bewertung von Kontakten und Reichweiten unter der Annahme, daß • die einzelnen Eigenkontakte pro Zielperson addierbar sind und • die auf eine Zielperson entfallenden Konkurrenzkontakte ohne Gewicht sind. Diese Annahmen sind in Märkten mit mehreren Konkurrenzmarken jedoch unrealistisch. In einem solchen Markt ist, je nach dem eigenen Stand, jede Marke einmal die Eigenmarke und mehrmals die Konkurrenzmarke. Je nach dem eigenen Standort ist der gleiche Werbekontakt einer beliebigen Marke also sowohl Eigenkontakt als auch Konkurrenzkontakt. Die Marktwirkung eines bestimmten Kontaktes aber kann nur eine bestimmte sein, unabhängig vom Standort des Betrachters. Daraus folgt, daß Eigen- und Konkurrenzkon­ takte unabhängig von der Wirkungsrichtung, die gleiche marktbewegende Kraft aufweisen. Ein Konkurrenzkontakt muß demnach genausoviel wert sein wie ein Eigenkontakt.

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Zielperson

Eigenkontakte : Konkurrenzkontakte in

SOM + Konkurrenz-SOM = 100% Abbildung 3-16: Share of Mind Quelle: Axel Springer Verlag: Media. Planung für Märkte, Hamburg 2001, S. 150

Aufgrund dieser Prämissen werden für jede einzelne Zielperson alle Kon­ takte ermittelt, die mit dem eigenen Plan zustande kommen und jeweils alle Kontakte, die die Konkurrenzpläne bei dieser Zielperson anfallen lassen. Be­ rechnet wird dann pro Person der Anteil der eigenen Kontakte an allen auf diese Person entfallenden Kontakte und entsprechend der Kontaktanteil der einzelnen Konkurrenzpläne gegenüber allen auf diese Person entfallenden Kontakte. Diese Kontaktanteile einer jeden Zielperson pro Plan bringen zum Ausdruck, in welchem Grade die Werbung jedes einzelnen Marktteilnehmers im Bewußtsein dieser Person verankert ist, daher auch „Share of Mind“.

Das offensichtliche Problem ist, daß der tatsächliche Share of Voice/Share of Mind erst im nachhinein ermittelt werden kann. In der Praxis werden Vergan­ genheitswerte auf die Zukunft extrapoliert. Ein anderes Problem kann darin bestehen, daß die Wettbewerber u.U. andere Zielgruppendefinitionen haben. Werden allerdings die gleichen Märkte bzw. Segmente bearbeitet, dürften die Unterschiede normalerweise zu vernachlässigen sein.

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157

Tabelle 3-6: Share of Mind: Berechnungsbeispiel

Kontakte mit Eigenplan

Medium: Gewicht:

TV HF 100 50

Kontakte mit Konkurrenz­ plan

PZ TV HF 100 100 50

Share of Voice Gesamt EK EK+KK

Share of Mind pro Person EK _ EK+KK

PZ 100

1. Person

10

5

-

50

25

25

15/115

2. Person

-

-

-

10

10

60

0/80

3. Person

5

-

10

20

-

10

15/45

= 33%

4. Person

-

-

5

-

-

-

5/5

= 100%

15

5

15

80

35

95

Summe

35/245 = 14%

= 13% =

0%

146%* = 36,5 %

*Summe (146 %) dividiert durch 4 Personen EK = Eigenkontakte, KK = Konkurrenzkontakte

Quelle: Axel Springer Verlag: Media. Planung für Märkte, Hamburg 2001, S. 151 Der Share of Mind ist eine Netto-Analyse der Kontakte und ihrer Verteilung, berechnet über personenbezogene Informationen, der Share of Voice hinge­ gen eine Brutto-Berechnung. Beide Berechnungsarten kommen zu unter­ schiedlichen Ergebnissen (vgl. Tabelle 3-6).

3.1.7

Werbe wirkungskontrolle

Angesichts der Höhe der Werbeausgaben und der strategischen Bedeutung der Werbung für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens hat ihre Er­ folgskontrolle ein zentrales Gewicht im Werbecontrolling. Allerdings steht die Werbeerfolgskontrolle nach wie vor unter dem Menetekel des Wanama­ ker zugesprochenen Aphorismus: „I know half the money I spend on adverti­ sing is wasted. I just don’t know which half“. Dieser Satz bringt das hohe Maß an Unsicherheit zum Ausdruck, mit dem die Werbeerfolgskontrolle naturge­ mäß behaftet ist. Jeder der Werbung betreibt, versucht auch deren Wirkung zu messen. Denn wie jede Investition, bedarf auch Werbung einer Rechtfertigung. Die ökono­ mischen Auswirkungen der Werbung werden ex post pauschal an den Umsät­ zen abgelesen. Die Frage, warum diese Wirkung eingetreten ist (oder nicht), wird dadurch jedoch nicht beantwortet.

158

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3.1.7.1 Gegenstandsbereiche der W erbe wirkungskontrolle

In der Literatur werden die Begriffe Werbeerfolg und Werbewirkung nicht einheitlich verwendet. Vielfach wird mit Werbeerfolg die Erfüllung ökonomi­ scher und mit Werbewirkung die Erfüllung kommunikativer Zielgrößen be­ zeichnet (vgl. z.B. Pepels 2001, S. 115, Behrens 1996, S. 260ff.). Dieser Ein­ teilung wird hier nicht gefolgt, da ein kausaler Zusammenhang zwischen Werbung und ökonomischen Größen nur in Ausnahmefällen beweisbar er­ scheint. Um Mißverständnissen vorzubeugen wird hier ausschließlich der Be­ griff Werbewirkung verwendet. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß Werbewirkung kom­ munikativ bzw. psychologisch zu definieren ist, Gegenstand der Werbewir­ kungskontrolle somit kommunikative und psychologische Größen sind, die ihrerseits Einfluß auf das Kaufverhalten der Zielgruppe haben und somit Indi­ katoren für den ökonomischen Erfolg sind. Im folgenden wird von den in Ka­ pitel 2.3.3 vorgestellten Werbezielen ausgegangen.

Gegenstandsbereiche der Werbewirkungskontrolle sind einerseits die Kon­ taktebene und andererseits die eigentliche Wirkungsebene (vgl. Abbildung 3-17). Jegliche Werbewirkung hängt zunächst einmal davon ab, daß die Ziel­ gruppe mit der Werbebotschaft kontaktiert wurde. Mit Ausnahme des Fernse­ hens wird dabei ein Werbeträgerkontakt gleichgesetzt mit einer Werbemittel­ kontaktchance (vgl. Kapitel 2.3.8.3). Aus lerntheoretischen Erwägungen her­ aus wird eine bestimmte Kontaktdosis für notwendig erwachtet, damit die angestrebte Wirkung (Aufbau bzw. Veränderung kommunikativer oder psy­ chologischer Größen) erzielt werden kann. Diese Kontaktdosis wird jedoch durch die Werbekontakte der Wettbewerber relativiert. Als gängige Meßgrö­ ßen wurden GRP, SOV und SOM vorgestellt (vgl. Kapitel 3.1.6).

Werbebotschaft

Werbekontakt

Kontaktdosis, GRP, SOV, SOM

Werbewirkung

kommunikative, psychologische Größen

Abbildung 3-17: Wirkungsebenen

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Zur Überprüfung der angestrebten Werbeziele arbeitet das operative Werbe­ controlling sowohl mit absoluten Größen als auch mit Kennziffern. Der Zielerrreichungsgrad läßt sich in seiner allgemeinsten Form als Verhältnis von Ist- und Sollwert berechnen:

Zielerreichungsgrad =

Im Werbecontrolling stellt sich in der Regel nicht die Frage, ob Werbung be­ trieben werden soll oder nicht, vielmehr geht es darum, in welcher Form für ein bestimmtes Produkt geworben werden soll und ob die Werbeaktivitäten verstärkt oder verringert werden sollen. Für diese Betrachtungsweise ist es je­ doch ausreichend, den Marginalerfolg zu untersuchen, also die Auswirkung der Veränderung einer oder mehrerer Variablen (vgl. Erichson/Maretzki 1993, S. 530). Üblicherweise wird dabei (implizit) von einer Werbewirkungs­ oder Werberesponsefunktion ausgegangen, die einen funktionalen Zusam­ menhang zwischen der Werbemaßnahme und der daraus resultierenden Wir­ kung unterstellt. Für diesen Wirkungszusammenhang wird entweder ein S-förmiger (vgl. z.B. Abbildung 3-2) oder ein degressiver Verlauf unterstellt (vgl. Abbildung 3-18). In beiden Fällen wird (zumindest ab einem bestimm­ ten Niveau), ein abnehmender Grenznutzen der Werbewirkung unterstellt. In Abbildung 3-18 sei beispielhaft der Zusammenhang zwischen Kontak­ ten und Bekanntheit angenommen. (Analog können aber auch Zusammenhän­ ge zwischen der Erhöhung der Werbeausgaben oder der Anzahl der belegten Werbeträger und Informationsniveau, Sympathie oder Kaufbereitschaft be­ trachtet werden.) Gemessen wird die Veränderung der Bekanntheit (AB) im Verhältnis zur Veränderung der Kontaktzahl (AK). Der Verlauf der Funktion verdeutlicht, daß die Bekanntheit zunächst sehr schnell gesteigert werden kann, dann aber zunehmend langsamer, bis sie sich einem Maximalwert asymptotisch annähert. Liegen genügend Erfahrungswerte vor, kann das Wer­ becontrolling daraus ersehen, ob eine weitere Steigerung der Bekanntheit wirtschaftlich sinnvoll noch erreicht werden kann oder ob andere Werbeziele verfolgt werden sollten. Voraussetzung für diese Entscheidung ist jedoch, daß der Funktionsverlauf hinreichend bekannt ist, was vor allem eine Frage der vorliegenden Erfahrungswerte ist.

160

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Abbildung 3-18: Werbe Wirkungsfunktion

3.1.7.2 Werbewirkungstests

Zur Messung der Werbewirkung steht eine mittlerweile kaum noch zu über­ schauende Vielfalt an Verfahren zur Verfügung. Eine grundsätzliche Eintei­ lung läßt sich wie in Abbildung 3-19 vornehmen. Werbe Wirkungstests beziehen sich entweder auf den Bereich Einstellungen/Image oder auf den Bereich Werbeerinnerung/Bekanntheit. Es handelt sich dabei um die Bereiche, die als wesentliche Indikatoren für das Kaufver­ halten anzusehen sind: • Zwischen Einstellung und Kaufabsicht ist ein Zusammenhang dergestalt anzunehmen, daß niemand ein Produkt kaufen wird, demgegenüber er ne­ gativ eingestellt ist, Kaufabsichten daher vor allem mit positiven Produktund Markeneinstellungen korrelieren. Eine Veränderung der Einstellungen somit auch zu einer Veränderung der Kaufabsicht führt. Das gleiche gilt auch für die Produkt- und Markenimages. • Bekanntheit ist in der Werbung ein Wert an sich. Einerseits erscheint das Kaufrisiko bei Produkten, die unbekannt sind, häufig als zu hoch, anderer­ seits werden bekannte Produkte/Marken positiver beurteilt als unbekannte (vgl. Kapitel 1.7.1.3).

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161

Abbildung 3-19: Werbewirkungstests

In der Praxis werden üblicherweise folgende Meßdimensionen erhoben: • Markenbekanntheit (spontan/gestützt), • Werbebekanntheit (spontan/gestützt), • Werbewiedererkennung und richtige Zuordnung, • Kaufbereitschaft, • Verständnis des Werbemittels, • Markenimage/Markensympathie, • Gefallen der Werbung/Werbeprofil.

Die Untersuchungsdesigns, die Einstellungen und Erinnerung messen, werden in der Praxis eingeteilt in Pretests, Posttests und Trackingstudien (vgl. Stef­ fenhagen 1999, S. 293). • Pretests untersuchen die Wirksamkeit alternativer Werbemittelgestaltun­ gen vor deren Produktion und Schaltung. Personen aus der Zielgruppe wer­ den die zu testenden Werbemittel dargeboten und ihre Reaktionen darauf erfaßt. Die Erkenntnisse aus den Pretests fließen in die Werbemittelgestal­ tung ein. Auf diese Weise können zumindest grobe Fehler in der Gestaltung vermieden werden. Pretests können über den gesamten Zeitraum der Ge­ staltung durchgeführt werden, auch Layouts werden überprüft. TV-Spots werden in Form sogenannter „animatics“ auf ihre Kommunikationsidee überprüft, einer computeranimierten Vorwegnahme des Spots (vgl. Schneider/Rossa 2001, S. 39ff.). Aber auch Positionierungen und Kreativideen werden auf ihre Überzeugungsleistung und Durchsetzungskraft in Pretests überprüft, beispielsweise in Form von Gruppendiskussionen. • Während Pretests Studiotests sind, die isolierte Werbemittel untersuchen, werden Posttests im Markt, („im Feld“) nach Schaltung der Werbemittel durchgeführt. Die Überprüfung der Werbewirkung erfolgt hier also in der

162

Instrumente des Werbecontrolling

Rückschau. Posttests können darüber hinaus auch unterschiedliche Werbe­ trägerkombinationen oder unterschiedlichen Werbedruck testen. Die wohl bedeutendsten Posttests sind Wiedererkennungs- (recognition) und Erinne­ rungstests (recall). • Trackingstudien (aus dem Englischen für nachspüren, aufspüren) erheben die Werbewirkung über den Verlauf einer Kampagne. Es handelt sich dabei um Wellenerhebungen, bei denen „in zeitlich gestaffelter Folge wechselnde Zielgruppen-Stichproben gleichen Umfangs bei einem festen Befragungs­ design zu einer Mehrzahl werbebezogener Gedächtnisvariablen kampagnenbegleitend befragt“ werden (Steffenhagen 1999, S. 294). Trackingstu­ dien werden u. a. von der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung, Nürn­ berg, GfK-Werbeindikator) und dem IVE (Institut für Verbrauchs- und Einkaufsforschung, Hamburg, IVE-Werbemonitor) angeboten. Bei der Durchführung von Trackingstudien ist es sinnvoll, die Erhebungen mit dem Mediaplan abzustimmen. Die Interpretation der Ergebnisse ist auch in Ab­ hängigkeit vom Werbedruck und der Zeit zu sehen, die das Werbemittel hatte, um Bekanntheit aufzubauen. Die Bewertung der Testergebnisse stellt einen eigenständigen Problembereich dar. Die Frage, wie die Testergebnisse zu interpretieren sind, hängt vor allem von den Maßstäben ab. Ist eine Werbebekanntheit von 50% positiv oder ne­ gativ zu bewerten? Wenn ein Werbetreibender zum ersten Mal ein Werbemit­ tel testet, ist es sehr schwer, die Ergebnisse einzuordnen. Als Hilfsmittel zur Bewertung sind Benchmark-Datenbanken hilfreich. Sie werden von Markt­ forschungsinstituten angeboten, können (und sollten) aber auch im eigenen Unternehmen aufgebaut werden. Wichtig ist, daß die Struktur der Datenbank auf die Werbung des Unternehmens abgestimmt ist. Die Konzepte, die auf der Messung der Werbeerinnerung (Recall) aufbauen, gehen von der Annahme aus, daß Werbung nur wirksam werden kann, wenn sie gesehen wurde und Eingang in das Gedächtnis gefunden hat. Werbung, an die sich nicht erinnert wird, hat keine Wirkung hinterlassen. Diese Verfahren messen Indikatoren wie Markenerinnerung, Erinnerung an spezifische In­ halte, Gefallen/Nichtgefallen u. ä. Beim Recall-Verfahren werden zwei unter­ schiedliche Werte erfragt: die freie, ungestützte Erinnerung (unaided recall) und die gestützte Erinnerung (aided recall). Die Befragungswerte sind abhän­ gig von der zeitlichen Distanz zwischen der Wahrnehmung des Werbemittels und der Befragung. Standardverfahren ist der sogenannte Day After Recall, das hauptsächlich bei Fernsehspots angewendet wird. Dabei wird 12 bis 24 Stunden nach Ausstrahlung des Spots eine (telefonische) Befragung durchge­ führt und nach dem Femsehverhalten des vorherigen Abends gefragt. Erfragt wird die Erinnerung an die Werbung, das Produkt sowie spezielle und/oder unspezifische Erinnerung an den Spot (vgl. Kloss 2003, S. 105). Um 100 bis

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150 Zielpersonen zu erreichen, die den betreffenden Werbeblock gesehen ha­ ben, müssen - als Erfahrungswert - ca. 3000 Anrufe getätigt werden. Bei der Messung der Wiedererkennung (Recognition) wird den Versuchs­ personen ein Werbemittel gezeigt und gefragt, ob es schon einmal gesehen wurde. Mit diesem Test wird vor allem der Aufmerksamkeitswert des Werbe­ mittels geprüft. Eine Variante dieses Tests besteht darin, Werbemittel nur für einen sehr kurzen Zeitraum zu präsentieren (z. B. nur einen kleinen Ausschnitt eines TV-Spots). Bei dieser Form geht es um die Überprüfung der Eigenstän­ digkeit des Werbemittels. Gemessen wird der Zeitraum, in dem das Werbe­ mittel wiedererkannt und der Marke richtig zugeordnet wird.

Im Unterschied zu Methoden, die die Wiedererkennung eines Werbemittels messen, wird die Recall-Methode als die validere erachtet. Die beiden Ver­ fahren scheinen grundsätzlich unterschiedliche Gedächtnisleistungen zu mes­ sen. Während mit der Wiedererkennung lediglich zu messen ist, ob überhaupt ein Werbekontakt stattgefunden hat, wird bei der Werbeerinnerung unter­ stellt, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Werbebotschaft statt­ gefunden hat, sowohl im Sinne einer „motivierten Zuwendung“ als auch im Sinne eines Verstehens der Werbebotschaft (vgl. Kasprik 1994, S. 251 f.). Je nach Zielsetzung können in der Werbung sowohl die Erinnerung als auch die Wiedererkennung von Relevanz sein. Beispielsweise kann das Wie­ dererkennen einer Marke im Regal eines Supermarktes für den Einkauf schon ausreichen, während in einem Fachgeschäft sowohl Benennung als auch de­ taillierte Beschreibung notwendig sind (vgl. Kloss 2003, S. 105). Recall- und Recognition-Tests sind Standardverfahren in der Praxis. Zu ihrer Bewertung ist jedoch auf einige Kritikpunkte zu verweisen: • Zunächst ist eine Aussage über die Wirkungsrichtung nicht immer eindeu­ tig vorzunehmen: Wurde das Produkt gekauft, weil die Werbung erinnert wurde oder wurde die Werbung erinnert, weil das Produkt gekauft wurde? • Die Werbeerinnerung hängt auch vom Verwenderanteil der Produkte ab. Je höher der Verwenderanteil, desto wahrscheinlicher ist die Werbeerinne­ rung. • Das gleiche gilt für die Positionierung: Marken, die eine sehr eigenständi­ ge Positionierung haben, erzielen höhere Erinnerungswerte als Marken mit schwacher Positionierung. • Zuschauer verarbeiten bei der Wahrnehmung von Werbung nicht nur die tatsächlich dargebotenen Informationen, sondern darüber hinaus auch soge­ nannte „kognitive Interferenzen“, d.h. über das Produkt hinausgehende Gedanken. In der Erinnerung an die Werbung werden z.B. auch Werbe­ informationen von anderen, gleichzeitig beworbenen Produkten verarbeitet (vgl. Fisher Gardial/Schuhmann/Petkus et.al. 1993, S. 25 ff.).

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• Schließlich ist auf den Wirkungsmechanismus des Mere exposure-Effektes hinzuweisen (vgl. Kapitel 1.7.1.3), der darauf beruht, daß eine Wirkung auch ohne Erinnerungsleistung erfolgen kann. Obwohl also keine Erinne­ rung meßbar ist, kann die Werbung dennoch eine kaufbeeinflussende Wir­ kung haben.

Einstellungen und Images werden üblicherweise mit einem sogenannten se­ mantischen Differential (Polaritätenprofil) gemessen (vgl. dazu ausführlich Kapitel 3.2.6). Es soll an dieser Stelle allerdings darauf hingewiesen werden, daß die progno­ stische Relevanz der WerbeWirkungstests eingeschränkt ist. Es gibt bis heute keine hinreichend zuverlässige Methode, Werbe Wirkungen zu prognostizie­ ren. Weder lassen sich durch Werbung zu erwartende Image-Veränderungen noch kaufauslösende Impulse vorhersagen. Möglicherweise lassen sich zu­ künftig ex ante Aussagen bezüglich der Werbewirkung unter Einbeziehung Künstlicher Neuronaler Netze machen (vgl. Falko wski/Kloss 2000, S. 216ff.). Die konkrete Umsetzung eines solchen Versuches steht allerdings noch aus.

3.1.7.3 Probleme der Werbe Wirkungsmessung

Neben den spezifischen Problemen, die mit der Messung von Einstellungen und Werbeerinnerung verbunden sind, gibt es einige grundsätzliche Probleme bei der Messung der Werbewirkung.

Abbildung 3-20: Beeinflussungsfaktoren der Kaufentscheidung Quelle: O.V.: Werbung. Strukturen, Ziele, Grenzen, Bonn 2000, S 33

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165

Zunächst einmal ist festzuhalten, daß die Kaufentscheidung natürlich nicht nur von der Werbung beeinflußt wird. Je nach Produkt werden im Einzelfall gezielt weitere Informationsquellen genutzt (vgl. Abbildung 3-20). Die wichtigste ist sicherlich die Erfahrung, die der Konsument mit dem Produkt bzw. der Produktgruppe hat. Die Zahl der genutzten Informationsquellen steigt normalerweise mit der Bedeutung der Kaufentscheidung und ist beim Kauf eines Fernsehers i.d.R. größer als bei einem Kaugummi. Beispielsweise kann die Markenwahl beim Kauf eines Fernsehgerätes zwar durch die Wer­ bung begrenzt worden sein. Allerdings werden vor dem Kauf möglicherweise noch Fachleute, das Internet, Bekannte, Prospekte oder Testberichte konsul­ tiert. Nicht zu vergessen auch der Einfluß durch die Beratung des Fachhänd­ lers vor Ort. Insofern relativiert sich der Einfluß der Werbung auf die Kauf­ entscheidung erheblich (vgl. Kloss 2003, S. 101 f.). Ferner sei nochmals darauf hingewiesen, daß Werbung in ein außerordent­ lich komplexes Netzwerk von Wirkungsinterdependenzen mit den übrigen Marketing-Mix-Faktoren eingebunden ist. Auch die Tatsache, daß der Werbe­ treibende keinen Einfluß auf externe Faktoren, wie z.B. die Maßnahmen der Wettbewerber hat, relativiert die Messung der eigenen Werbeaktivitäten. Unabhängig davon sind die nachfolgenden Faktoren zu berücksichtigen, die grundsätzlich bei jedem Versuch, Werbewirkung zu messen, beeinflussend wirken: 1. Werbung wirkt immer über den Werbezeitraum hinaus. Diese Tatsache wurde bereits als carryover-Effekt beschrieben. Die aktuellen Werbeakti­ vitäten wirken also über die laufende Periode hinaus. Zu jedem Zeitpunkt, in dem Werbewirkung gemessen wird, wirkt also stets auch ein Wirkungs­ überhang der Aktivitäten der Vorperiode. Carryover-Effekte stellen somit immer einen nichtkontrollierbaren Störfaktor dar. Wurden deutliche Ände­ rungen in der Kampagne vorgenommen, kann es zu Überlagerungen kom­ men, die die Wirksamkeit der aktuellen Kampagne beeinträchtigen. 2. Kreative Umsetzung. Der stärkste Wirkungseffekt beruht immer auf der kreativen Umsetzung eines Werbemittels. Die nur in einem direkten Ver­ gleich zu beantwortende Frage, ob mit einem anders gestalteten Werbemit­ tel andere Ergebnisse erzielt worden wären, ist als ein grundsätzliches Pro­ blem aller Untersuchungen über Werbewirkung anzusehen. Starke Werbemittel benötigen weniger Wiederholungen und werden schneller und besser gelernt als schwache Werbemittel. Die Aufmerksamkeit wird vor allem durch neuartige und einzigartige Aufmachung positiv beeinflußt. Aller­ dings geht diese erhöhte Aufmerksamkeit zu Lasten der Informationsverar­ beitung: Die Inhalte atypischer Werbespots werden schneller vergessen, an­ fänglich positivere Produktbeurteilung läßt mit zunehmender Zeit nach (vgl. Chattopadhay/Nedungadi 1992, S. 26ff.).

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3. Testumfeld. Ein Methodenproblem grundsätzlicher Art stellt auch die Um­ gebung dar, in der die Tests durchgeführt werden. In Studiotests sind die Testpersonen einer „forced-exposure-situation“ ausgesetzt, die eine Auf­ merksamkeit gegenüber der Werbung hervorruft, die in der realen Situation üblicherweise nicht gegeben ist. Reale Testsituationen hingegen ermögli­ chen keine Kontrolle über z.B. Umfeldwirkungen. Die reale Situation wird durch Geräusch-Faktoren aus der Umgebung des Zuschauers bestimmt. Das kann beispielsweise ein schreiendes Kind sein oder irgendeine Form der Nebenbeschäftigung, die den Informationsverarbeitungsprozeß der Werbung beeinträchtigt. 4. Kampagnenwirkung. Für den Werbetreibenden ist weniger der einzelne Spot als vielmehr die Erfolgsbewertung der Kampagne relevant. Aus Sicht der beabsichtigten Langfristwirkung der Werbung bieten sowohl das Kon­ zept der Werbeerinnerung als auch das der Einstellungsänderung nur ein­ geschränkt sinnvolle Indikatoren. Langfristwerbung entspricht der grundsätzlichen Konzeption der Werbung, die auf Wiederholungen ausgerichtet ist. Da im Normalfall davon auszuge­ hen ist, daß Werbung nur in seltenen Fällen die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers trifft, bedarf sie - allein schon unter Lernaspekten - i.d.R. zahl­ reicher Wiederholungen, um überhaupt wirken zu können. Unter Lang­ fristaspekten erscheint Werbewirkung in einem anderen Licht. Zwar lassen sich auch hier problemlos Bekanntheits- und Imagewerte zu Beginn der Kampagne mit denen am Ende der Kampagne vergleichen. Dies erscheint als das einzig sinnvolle Meßverfahren zur Werbewirkung. Allerdings ist das Problem hier offensichtlich: Welcher Werbetreibende geht das Risiko ein, erst nach einem halben Jahr zu wissen, ob sein Geld sinnvoll investiert war oder nicht. 5. Umfeldeffekte. Für Werbetreibende, die unter Effektivitätsaspekten eine „Werbeumfeldoptimierung“ anstreben, ergeben die Erkenntnisse aus der Werbe Wirkungsforschung keine konkreten Umsetzungshinweise. Die For­ schung zeigt auf, daß sich die Effizienz eines Werbespots durch gezielte Auswahl der Umfelder steigern läßt, aber sie zeigt nicht auf, in welches Umfeld ein bestimmter Werbespot plaziert werden sollte, um eine „opti­ male“ Wirkung zu erzielen (vgl. Kloss 1998 S. 17 ff.). Die Forschungsbe­ funde bedeuten für die Werbetreibenden ein Dilemma: Ein und dasselbe Werbeumfeld kann gegensätzliche Wirkungen hervorrufen, es kann die Werbewirkung verstärken, aber auch konterkarieren. Beide Befundstränge erweisen sich als plausibel: Es ist nachzuvollziehen, daß sich die Aufmerksamkeit, die ein interessantes Programmumfeld evo­ ziert auf die nachfolgende bzw. eingebettete Werbung überträgt. Es ist je­ doch ebenso nachvollziehbar, daß in einem interessanten Programmumfeld die Werbung als störende Unterbrechung und Belästigung empfunden wird, Verärgerung hervorruft und nur eine geringe Aufmerksamkeit erzielt. Es

Instrumente des Werbecontrolling

167

erscheint plausibel, daß Produkte in einem positiven Umfeld auch positiver bewertet werden, ebenso wie es plausibel erscheint, daß Aufmerksamkeit und Erinnerung in einem kontrastierenden Umfeld größer sind. Die Plausi­ bilität von sowohl Übertragungs- als auch Kontrasteffekten impliziert fol­ gende Schlußfolgerung: Es erscheint sinnvoll, Übertragungs- und Kontrasteffekte nicht als sich ge­ genseitig ausschließendes Gegensatzpaar zu verstehen in dem Sinne, daß ein bestimmtes Umfeld grundsätzlich die Werbung entweder fördert oder behin­ dert. Es wird vielmehr vorgeschlagen, die Befundstränge als parallel wirkend zu interpretieren in dem Sinne, daß bei einem Teil der Zuschauer Programm und Werbung in die gleiche Richtung wirken, bei einem anderen Teil der Zu­ schauer kontrastieren und bei einem dritten Teil möglicherweise keinerlei Wirkungen festzustellen sind. Diese Interpretation der Forschungsergebnisse bedeutet jedoch, daß jedes Programm in der anvisierten Zielgruppe immer sowohl Übertragungs- als auch Kontrasteffekte in bezug auf die Werbung er­ zielt. Auch als „unpassend“ eingestufte Programme würden demzufolge posi­

tive Effekte generieren.

Unter dem Aspekt der Kontrasthypothese erscheint beispielsweise die Pla­ zierung eines Unox-Suppenspots in unmittelbarer Folge einer Erbrechen­ szene in dem Film „Der Exorzist“ unter einem anderen Licht. Im Verlauf einer Werbekampagne wird ein Werbespot über einen längeren Zeitraum in „guten“ wie in vermeintlich „schlechten“ Umfeldern plaziert. Es er­ scheint als ausgesprochen unwahrscheinlich, daß sich ein Zuschauer über den gesamten Kampagnenzeitraum hinweg erinnern kann, in welchem Um­ feld er wann, welchen Werbespot gesehen hat. Aufgrund der kognitiven Dissonanz erzielte der [/nox-Spot sicherlich eine erhöhte Aufmerksamkeit, die zu einer kognitiven Verarbeitung der Plazierung geführt haben dürfte und damit zu einer bewußten gedanklichen Auseinandersetzung mit der Marke, was von den Involvementvoraussetzungen her mehr ist, als die mei­ sten Werbespots erreichen können. Negative Überstrahlungen auf die Mar­ ke erscheinen nur bei konsequenter Plazierung in vergleichbaren Umfel­ dern als wahrscheinlich. Es sollte den Werbetreibenden bewußt sein, daß ihre Werbung nicht auf eine homogene Zielgruppe trifft, sondern auf eine Vielzahl von Einzelindi­ viduen, mit jeweils spezifischen und situativen Gegebenheiten: Wenn zwei Personen die gleiche Werbung im gleichen Umfeld sehen, wird sie nur zu­ fälligerweise die gleiche Wirkung verursachen. 6. Kontaktqualitäten. Ein weiteres Problem bei der Messung von Werbewir­ kung liegt in den Kontaktqualitäten, also der Frage, ob ein Werbekontakt im Fernsehen gleichwertig ist mit dem Werbekontakt in Print-Medien. Print- und elektronische Medien haben unterschiedliche Funktionen bei der Tagesgestaltung, aber auch unterschiedliche psychologische Wirkungs­

168

Instrumente des Werbecontrolling

dimensionen und damit auch unterschiedliche Qualitäten als Werbeträger. Während z.B. der Leser einer Tageszeitung Zeitpunkt und Ort der Kon­ frontation mit Werbung selbst bestimmen kann, ist der Fernsehzuschauer der Werbung „ausgeliefert“. Daher wird Werbung in Printmedien eher tole­ riert (vgl. Hippler/Lönneker 1995, S.35ff.). Hingegen hat Werbung im Fernsehen aufgrund der Tatsache, daß sie sowohl akustisch als auch visuell aufgenommen wird, gegenüber Printwerbung die größere Chance wahrge­ nommen zu werden. Die einzelnen Medien haben unterschiedliche Wir­ kungen auf potentielle Käufer, und offenbar gibt es auch medienspezifische Eignungen für bestimmte Produkte. 7. Neueinführung. Ein grundsätzlicher Unterschied ergibt sich aus der Frage, ob es sich um Werbung für ein neues oder bereits eingeführtes Produkt han­ delt. Bei Produktneueinführungen hat Werbung vor allem die Funktion der Bekanntmachung. Es ist ziemlich problemlos möglich, die Bekanntheit ei­ nes Produktes zu messen. Werbung für bereits eingeführte Produkte erfolgt unter einer anderen Zielsetzung, hier steht die Imagebildung mit dem Ziel der Differenzierung im Vordergrund. In diesem Fall wirkt also nicht nur die Werbung, sondern vor allem auch die Relevanz der gewählten Positionie­ rung. Es ist eher unwahrscheinlich, daß Erwachsene als Zielgruppe für Kin­ derprodukte zu gewinnen sind, aber eine Positionierung, daß man für eine zusätzliche Portion Milch nicht alt genug sein kann, scheint zu wirken. Die Positionierung eines Kaffees speziell für Jugendliche {Jacobs SWING) oder einer Zigarette mit einem Truckerimage hat trotz großer Werbeaufwendungen nicht gewirkt, weil sie sich als nicht relevant erwies. Erst als die West die Preise senkte, schoß sie von 0,5 auf über 10% Markt­ anteil. Welche Werbewirkung ist hier zu messen? 8. Noise level. Es gibt einige Indizien dafür, daß die Werbung mittlerweile ein Geräuschniveau überschritten hat, das eine weitere Steigerung ihrer Wirksamkeit nicht mehr zuläßt. Beispielsweise lassen sich keine Unter­ schiede in der Markenbekanntheit und dem Markenbewußtsein von Vielse­ hern und Wenigsehern bzw. bei Werbevermeidern feststellen. Pro Tag wird jeder von uns mit ca. 3.000 Werbebotschaften konfrontiert. Die aktive Be­ kanntheit von Werbung ist als äußerst gering anzusehen.

3.2

Instrumente des strategischen Werbecontrolling

Das strategische Werbecontrolling ist auf das Erkennen von Chancen und Ri­ siken im Werbemarkt ausgerichtet unter Berücksichtigung sowohl der eige­ nen Stärken und Schwächen als auch der der Konkurrenz. Die Instrumente, die hier Verwendung finden, haben ein hohes analytisches Potential und sind vor allem qualitativ ausgerichtet. Die Tatsache, daß qualitative Zielsetzungen nicht immer objektivierbar und in Kennzahlen ausdrückbar sind, stellt beson­

Instrumente des Werbecontrolling

169

dere Anforderungen an die Personen, die die Instrumente einsetzen. Ein Mar­ keting- bzw. Werbebackground wäre zumindest hilfreich.

3.2.1

SWOT-Analyse

Die SWOT-Analyse ist ein sowohl im Marketing als auch im Controlling sehr häufig eingesetztes Instrument zur Erarbeitung von Konzeptionen, mit den Teilkomponenten Ziele, Strategien, Maßnahmen. Die SWOT-Analyse ist die Kombination einer Stärken-Schwächen- (strengths, weaknesses) Analyse mit einer Chancen-Risiken- (opportunities, threats) Analyse. Damit kombiniert sie gleichzeitig unternehmensinterne und -externe Faktoren. Stärken und Schwächen des Unternehmens ergeben sich aus dem direkten Vergleich des Unternehmens mit seinen stärksten Wettbewerbern. Chancen und Risiken sind die unternehmensexternen Faktoren, sie stellen die Umweltkomponente dar, die vom Unternehmen nicht oder nur in geringem Maße beeinflußbar ist.

Abbildung 3-21: Verzahnung von Umwelt- und Unternehmensanalysen als Ausgangspunkt der Marketing-Konzeption Quelle: Becker: Marketing-Konzeption, 7. Aufl., München 2001, S. 93

Jedes Unternehmen wird in seinen Möglichkeiten durch eben diese Unterneh­ mens- und Umweltfaktoren eingeschränkt, die die Rahmenbedingungen des unternehmerischen Handelns darstellen. Die Unternehmensführung kann also nur dann zu einer sinnvollen Planung gelangen, wenn diese auf Grundlage der Potentialfaktoren erfolgt. Abbildung 3-21 zeigt diesen Zusammenhang auf und verdeutlicht damit die Bedeutung der SWOT-Analyse für die strategische Planung. Die Ergebnisse der Umwelt- und der Unternehmensanalyse werden

Instrumente des Werbecontrolling

170

verdichtet und in einem nächsten Schritt miteinander verzahnt, um die Inter­ dependenzen der beiden Analysen aufzuzeigen (vgl. Becker 2001, S. 103). Die Analyse der Stärken und Schwächen des Unternehmens erfolgt auf Ba­ sis der entsprechenden Benchmarks zum Wettbewerb und wird entweder in Form einer Checkliste oder eines Polaritätenprofils dargestellt. Die Analyse hängt entscheidend davon ab, auf welchen Kriterien der Vergleich erfolgt und welche Vergleichsbasis gewählt wird. Den Stärken und Schwächen werden die Chancen und Risiken gegenüber­ gestellt, die sich aus der Unternehmensumwelt bzw. der Einschätzung ihrer künftigen Entwicklung ergeben. Eine Chance ergibt sich, wenn das Unterneh­ men eine Strategie verfolgen kann, die zu einem Wettbewerbsvorteil führt. Ein Risiko ergibt sich aus einer ungünstigen Umfeldentwicklung, die für das Unternehmen bedrohlich werden kann, wenn es keine entsprechenden Maß­ nahmen ergreift. Die Risiken werden nach ihrem Gefährdungspotential und der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens klassifiziert (vgl. Kotler/Bliemel 2001, S. 117). Aus der Gegenüberstellung der Stärken/Schwächen und Chancen/Risiken ergeben sich für das Unternehmen die in Abbildung 3-22 dargestellten ziel­ strategischen Ansatzpunkte (vgl. Becker 2001, S. 103). Das Unternehmen kann somit erkennen, welche Chancen genutzt (welche Risiken begrenzt) und welche Stärken ausgebaut (welche Schwächen abgebaut) werden sollten. positiv

negativ

Umwelt

Chancen

Risiken

Unternehmen

Stärken

Schwächen

A

A

Nutzen bzw. Ausschöpfen

Begrenzen bzw. Abbauen

Ziel-strategische Ansatzpunkte

Abbildung 3-22: Ziel-strategische Ansatzpunkte der Planung Quelle: Becker: Marketing-Konzeption, 7. Aufl., München 2001, S. 103

Der Vorteil der SWOT-Analyse liegt darin, daß das Unterneh­ men in seiner individuellen Situation analysiert und eine spezifi­ sche ziel-strategische Planung entwickelt werden kann. Bezogen auf das Werbecontrolling lassen sich somit individuelle Kon­ zepte erstellen.

Instrumente des Werbecontrolling

171

Folgende Kriterien können im Werbecontrolling Basis der Analyse sein:

Stärken/Schwächen:

• • • • • • • • • •

Chancen/Risiken:

• ruinöser Werbedruck • Werbebeschränkungen • allgemeine oder branchenspezifische Kaufzurück­ haltung der Zielgruppe • schnelle und häufige Trendwechsel in der Branche • Tempo des technischen Fortschritts • inhomogene Zielgruppen • Markenrelevanz in der Branche • Anzahl der Wettbewerber • Marktvolumen • Nachfragemacht

Eigenständigkeit der Kampagne Image des Unternehmens Positionierungsansatz Dauerhaftigkeit des USP/UAP Marken- und Werbeawareness Markentreue Werbebudget Produktqualität Marktanteil Professionalität des Werbemanagements

Für das Werbecontrolling wird die SWOT-Analyse mit einer werbespezifi­ schen Fragestellung durchgeführt. Abbildung 3-23 zeigt ein Beispiel. Für die Planung einer neuen Werbekampagne erstellt das Werbecontrolling eines Unternehmens, das mit elektronischen Geräten handelt, zunächst eine Umweltanalyse. Sie ergibt, daß angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Lage die Verbraucher nur eine geringe Kaufbereitschaft zeigen und, insbe­ sondere in der eigenen Branche, außerordentlich preissensibel sind. Diese Preissensibilität resultiert aus einem sehr preisaggressiven Wettbewerb. Der Hauptwettbewerber dominiert den Markt und hat, trotz einer allgemeinen Werbeflaute, seine Werbeausgaben nicht reduziert. Er wirbt mit einem sehr eingängigen Slogan, der sein Preis-/Leistungsverhältnis deutlich herausstellt. Die Stärke des Unternehmens liegt darin, daß sein Preis-/Leistungsverhältnis sehr wettbewerbsfähig ist; diese Tatsache jedoch, ebenso wie die Marke, nicht bekannt ist. Die Markentreue ist nur durchschnittlich ausgeprägt. Da die Umsätze des Unternehmens einen deutlichen Einbruch verzeichnet haben, wird die Agentur beauftragt, eine Kampagne zu entwickeln, die min­ destens ebenso aggressiv ist, wie die des Hauptwettbewerbers, sich aber durch eine hohe Eigenständigkeit von diesem differenziert. Geplant ist eine

Instrumente des Werbecontrolling

172

massive Erhöhung des Werbebudgets. In diesen Maßnahmen wird die Chan­ ce gesehen, Markenbekanntheit und Kaufbereitschaft nachhaltig zu erhöhen und damit die Wettbewerbsposition zu verbessern. Das offensichtliche Risi­ ko liegt in einem wirkungslosen Verpuffen der Werbeausgaben, allerdings wird dieses Risiko als geringer angesehen, als die Realisierung der Chancen.

Die SWOT-Analyse ist eng verzahnt mit der Portfolio-Analyse und dem Wer­ be-Benchmarking. Auch in der Portfolio-Analyse werden Unternehmenskom­ ponenten (Stärken/Schwächen) und Umweltkomponenten (Chancen/Risiken) einander gegenübergestellt. Mittels des Werbe-Benchmarking werden die Vergleichskriterien identifiziert, aus denen sich das Stärken-Schwächen-Profil des eigenen Unternehmens ergibt. Stärken-/Schwächenanalyse Unternehmen

Umweltanalyse Kriterien

Analyse

Kriterien

Markentreue

wirtschaftliche Lage

große Unsicherheit

Kaufbereitschaft der Zielgruppe

allgemeine Kaufzurück­ haltung, hohe Preissensibilität

Werbeklima

aggressiv, preisorientiert

Ja

Marken­ bekanntheit

Preis-/Leistungsverhältnis

Eigenständigkeit der Kampagne

Trifft die Umweltent­ wicklung auf eine Stärke?

nein

Chancen-/Risikenanalyse Kriterien Kam­ pagne

Budget

Chancen

Risiken

UAP durch hohe Eigen­ Reduzierung der ständigkeit Gewinne, falls die Kampagne nicht hohe Medienpräsenz erfolgreich arbeitet durch massive Budget­ erhöhung, Steigerung von Bekanntheit und Kaufbereitschaft

Abbildung 3-23: Beispiel einer vernetzten SWOT-Analyse Quelle: Czenskowsky/Schünemann/Zdrowomyslaw: Grundzüge des Controlling, Gernsbach 2002, S. 74

Instrumente des Werbecontrolling

3.2.2

173

Portfolio-Analyse

Die Portfolio-Analyse ist ein Instrument des klassischen Controlling. Ur­ sprünglich entwickelt, um eine optimale Mischung von Finanzanlagen zu ge­ währleisten, wurde der Denkansatz später auch auf die strategische Unterneh­ mensplanung übertragen. Dieser Schritt erfolgte Anfang der 70er Jahre von Unternehmen wie Shell und General Electric bzw. von deren Beratern Boston Consultig Group (BCG) und McKinsey. (Zur Portfolio-Analyse vgl. ausführ­ lich Hinterhuber 1997, Bd. I, Becker 2001.) Jedes Unternehmen, das mehr als ein Produkt anbietet, steht vor der Frage, welches Produkt mit welchen Priori­ täten zu versehen ist, ob diese Produkte auch in Zukunft noch wettbewerbsfä­ hig sind, ob die Zahl der Produkte zu groß oder zu klein ist. Ziel der Portfolio­ analyse ist es, ein optimales Mischungsverhältnis der einzelnen Marktenga­ gements eines Unternehmens zu finden und damit langfristig die Existenz des Unternehmens abzusichern.

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Der Einsatz der Portfolio-Analyse im Werbecontrolling erfolgt in erster Linie mit der Zielsetzung, Prioritäten in der Verteilung des Werbebudgets festzulegen (welche Marken sollen in welcher Höhe beworben werden?).

Mittels der Portfolio-Analyse werden die externen Chancen und die inter­ nen Ressourcen eines Unternehmens gegenübergestellt (vgl. Hinterhuber 1997, S. 147). Es geht dabei im wesentlichen um die Beantwortung folgender Fragen (vgl. Robens 1985, S. 191): 1. Wie kann ein Unternehmen innerhalb seiner Produkte/Marken sinnvolle Prioritäten für die zukünftige Entwicklung setzen? Die Beantwortung der Frage ist unabhängig davon, ob ein Unternehmen stark diversifiziert oder auf eine Produktgruppe beschränkt ist. Es gilt, aus einer Vielzahl von Produkten/Marken, die richtigen auszuwählen und zu unterstützen. 2. Ist das derzeitige Produkt-/Markenportfolio geeignet, die Existenz des Un­ ternehmens abzusichern und für wie lange? 3. Müssen neue Geschäftsbereiche akquiriert oder bestehende liquidiert wer­ den und nach welchen Kriterien sind die entsprechenden Geschäftsbereiche auszuwählen? Die Gegenüberstellung einer Unternehmenskomponente (Stärken/Schwä­ chen) und einer Umweltkomponente (Chancen/Risiken) (vgl. Becker 2001, S. 419) läßt sich auch problemlos auf die werblichen Aktivitäten eines Unter­ nehmens übertragen und damit als Instrument für das strategische Werbecon­ trolling nutzen. Aufgrund seiner sehr differenzierten Betrachtungsweise er­ scheint dafür vor allem das von McKinsey entwickelte Neun-Felder-Portfolio geeignet. Es ermöglicht, die jeweiligen individuellen Unternehmens- und

174

Instrumente des Werbecontrolling

Marktgegebenheiten für jeden konkreten Einzelfall zu analysieren. Die Port­ folio-Analyse untersucht i.d.R. nicht einzelne Produkte, sondern strategische Geschäftseinheiten (SGE) eines Unternehmens. Die Einrichtung von SGE bedingt, daß ein Unternehmen seine einzelnen Geschäftsbereiche klar defi­ niert und voneinander abgrenzt. SGE sollten folgende Merkmale aufweisen (vgl. Pepels 2000, S. 722): • Eine SGE sollte als eigenständige operative Einheit innerhalb eines Un­ ternehmens geführt werden können. • Sie sollte homogene Produkte umfassen, die einen klaren Wettbewerbs­ vorteil haben. Die Dimensionen, die in dem McKinsey-Portfolio zugrunde gelegt werden sind einerseits die Marktattraktivität (als Umweltkomponente) und anderer­ seits die relative Wettbewerbsstärke (als Unternehmenskomponente). Die Marktattraktivität zeigt die Chancen und Risiken eines Marktes auf, die relati­ ve Wettbewerbsstärke die Schwächen und Stärken des analysierenden Unter­ nehmens sowie deren Wettbewerber (vgl. Abbildung 3-24).

Abbildung 3-24: Grundschema des McKinsey-Portfolios Quelle: Hinterhuber, H.: Strategische Unternehmensführung, Bd. I, Strategisches Denken, 6. Auf!., Berlin 1996, S. 149

Instrumente des Werbecontrolling

175

Werden die Achsen in jeweils drei Bereiche unterteilt, ergibt sich eine NeunFelder-Matrix, in der vereinfacht drei Zonen mit spezifischen Normstrategien unterschieden werden können (vgl. Hinterhuber 1997, S. 148): • Die Zone der Mittelbindung wird durch die Felder gebildet, die durch eine überdurchschnittliche Kombination aus relativer Wettbewerbsstärke und Marktattraktivität gekennzeichnet sind. Hier sind die SGE angesiedelt, de­ nen prioritär Mittel zuzuweisen sind. • Die Zone der Mittelfreisetzung ergibt sich aus den Feldern mit einer unter­ durchschnittlichen Kombination von relativer Wettbewerbsstärke und Marktattraktivität. SGE in dieser Zone sollten investiv nicht mehr unter­ stützt werden. Optionen: Abschöpfungs- oder Desinvestitionsstrategien. • Die Zone der selektiven Vorgehens weise schließlich bilden die Felder auf der dazwischenliegenden Diagonalen. Entscheidungen über Mittelzuwen­ dungen sind hier einzelfallbezogen zu treffen. Sowohl Marktattraktivität als auch relative Wettbewerbs stärke sind aggre­ gierte Größen, die für jeden einzelnen Markt und unternehmensspezifisch festzulegen sind. Tabelle 3-7 gibt einen Überblick über entsprechende Krite­ rien, die unter Werbeaspekten herangezogen werden können. Tabelle 3-7: Kriterien zur Beurteilung von Marktattraktivität und relativer Wettbewerbsstärke Marktattraktivität Chancen/Risiken • • • • • • • • •

Werbeintensität Werbebeschränkungen Anzahl Werbetreibender Marktvolumen Branchenrentabilität Markenrelevanz Eintrittsbarrieren Preisdruck Nachfragemacht

Rei. Wettbewerbsstärke Stärken/Schwächen • • • • • • • • •

Markenstärke Differenzierungsmöglichkeiten Finanzkraft Marktanteil Rentabilität Marketing Know-how Managementprofessionalität Produktqualität Image

Beispielsweise kann die Marktattraktivität definiert werden durch die An­ zahl der Werbetreibenden, die Werbeintensität, inwieweit Marken für die Kaufentscheidung der Konsumenten Relevanz haben, wie groß das Marktvo­ lumen und wie hoch die Branchenrentabilität ist. Die Marktattraktivität ist die Umweltkomponente, die vom einzelnen Unternehmen in der Regel nicht be­ einflußt werden kann, und die für alle auf diesem Markt befindlichen Marken identisch ist.

176

Instrumente des Werbecontrolling

Die relative Wettbewerbsstärke ist im Portfolio die Komponente, die sich aus dem Profil seiner Stärken und Schwächen in Relation zu seinen Hauptwettbewerbem ergibt. Im Hinblick auf die Werbung sind dies beispielsweise Marken- und Differenzierungsstärke (entweder als USP oder als UAP), Image oder auch Know-how und Professionalität des Managements. Zur Durchführung einer Portfolio-Analyse ist es sinnvoll, ein Team aus Mitarbeitern verschiedener Unternehmensbereiche zu bilden. Die Vorgehens­ weise erfolgt in folgenden Einzelschritten (vgl. Becker 2001, S. 431): 1. Feststellung der jeweils relevanten Einflußfaktoren, 2. Gewichtung dieser Einflußfaktoren, 3. Punktbewertung der einzelnen Einflußfaktoren nach strategischen Ge­ schäftsfeldern, 4. Ermittlung der gewichteten Punktzahl pro Einflußfaktor, 5. Ermittlung der Gesamtpunktzahl für jedes strategische Geschäftsfeld. In einem Beispiel sollen die Märkte X und Y betrachtet werden. Als Kriterien wurden Werbeintensität, Marktvolumen, Branchenrentabilität und Markenre­ levanz ausgewählt, die für die betrachteten Märkte als in hohem Maße rele­ vant erachtet wurden. Das Resultat der Bewertung ist in Tabelle 3-8 dargestellt. Für Markt X er­ gibt sich ein Ordinatenwert von 55, es handelt sich also um einen Markt von durchschnittlicher Attraktivität. Markt Y ist mit einem Ordinatenwert von 82 hingegen äußerst attraktiv. Tabelle 3-8: Bestimmung der Marktattraktivität

Kriterium

Gewicht %

Markt X

Markt Y

Bewertung (max. 100)

Gewichteter Wert

Bewertung (max. 100)

Gewichteter Wert

Werbeintensität

20

40

8

80

16

Marktvolumen

30

70

21

90

27

Branchen­ rentabilität

30

60

18

70

21

Marken­ relevanz

20

40

8

90

18

Summe

100

55

82

m

Instrumente des Werbecontrolling Tabelle 3-9: Bestimmung der relativen Wettbewerbsstärke

Kriterium Markt X

Gewicht %

Bewertung (max. 100) Eigene Marke

Wettbewerber A

B

Gewichteter Wert Eigene Marke

Wettbewerber A

B

Markenstärke

30

15

90

60

4,5

27

18

Differenzierungs­ stärke

35

10

80

50

3,5

28

17,5

Rentabilität

20

25

80

70

5

16

14

Finanzkraft

15

80

60

60

12

9

9

25

80

58,5

Summe

Kriterium Markt X

100

Gewicht %

Bewertung (max. 100)

Eigene Marke

Wettbewerber

A

B

Gewichteter Wert Eigene Wettbewerber Marke B A

Markenstärke

30

90

15

60

27

4,5

18

Differenzierungs­ stärke

35

90

10

70

31,5

3,5

24,5

Rentabilität

20

70

20

50

14

4

10

Finanzkraft

15

80

30

60

12

4,5

9

84,5

16,5

61,5

Summe

100

Zur Bestimmung der relativen Wettbewerbsstärke werden als Kriterien Mar­ ken- und Differenzierungsstärke, Rentabilität und Finanzkraft herangezogen. In die Analyse einbezogen werden neben den eigenen Marken auf den Märk­ ten X und Y auch jeweils die Marken der beiden Hauptwettbewerber A und B. Das Bewertungsteam muß also auch in der Lage sein, die Wettbewerber beurteilen zu können. Das Ergebnis der Bewertung ist in Tabelle 3-9 darge­ stellt und mündet in der Ermittlung der jeweiligen Abszissenpositionen. Nachdem nun die Koordinaten der beworbenen Marken und Märkte ermittelt wurden, ergibt sich ihre Darstellung in der Portfolio-Matrix automatisch (vgl. Abbildung 3-25).

178

Instrumente des Werbecontrolling

Attraktivität des Marktes Y (82)

Attraktivität des Marktes X (55)

Abbildung 3-25: Beispiel-Portfolio

Die Analyse zeigt folgendes Bild: • Im Markt X hat die Marke des Wettbewerbers A eine dominante Position, die durch seine Marken- und Differenzierungsstärke, sowie seine Rentabili­ tät begründet wird. Die Position der eigenen Marke ist im Vergleich mit den Wettbewerbern sowohl absolut als auch relativ nicht wettbewerbsfähig, obwohl die Marke die höchste Finanzkraft hat. Das Problem liegt insbeson­ dere in der mangelnden Differenzierungs- und Markenstärke. Die strategi­ sche Empfehlung lautet daher: Die Marke von der Bewerbung ausschließen und die Finanzkraft anderen Marken zuzuführen. • Auf dem Markt Y sieht die Situation hingegen völlig anders aus. Hier ist die eigene Marke in der Idealposition, die sie vor allem ihrer dominanten Marken- und Differenzierungsstärke verdankt. Die Strategie muß auf die Erhaltung der Marktposition gerichtet bleiben, wofür in einer mittelfristi­ gen Perspektive hohe Werbeinvestitionen notwendig sind. Die Marke des Wettbewerbers A stellt keine besondere Gefahr dar, wohl aber die Marke des Wettbewerbers B, der immerhin einen guten Differenzierungsansatz hat und in seiner Entwicklung zu beobachten bleibt. Als problematisch ist bei der Portfolio-Analyse anzumerken, daß ihr ein ho­ hes subjektives Moment innewohnt. Festlegung, Gewichtung und Bewertung der Einflußfaktoren haben eine entscheidende Bedeutung für die Analyse und können sicherlich sehr kontrovers beurteilt werden. Für die Durchführung ei­ ner Portfolio-Analyse ist es daher wichtig, Personen aus unterschiedlichen Bereichen (eventuell ergänzt um externe Berater) zu einem Team zusammen

Instrumente des Werbecontrolling

179

zu stellen, die unterschiedliche Sichtweisen einbringen. Die Notwendigkeit zu einem Konsens kann als „objektivierender“ Faktor betrachtet werden. Es empfiehlt sich, Portfolio-Analysen in regelmäßigen Abständen (z.B. jährlich) durchzuführen, um die Dynamik der Markt- und Unternehmenspro­ zesse auf möglichst aktuellem Stand abbilden zu können.

3.2.3

Positionierungsanalyse

Bei der Positionierung geht es darum, eine Position zu finden, die der Wettbe­ werb noch nicht besetzt hat. Ziel ist es, der Zielgruppe das eigene Angebot als eigenständige Alternative erscheinen zu lassen (vgl. Kapitel 1.8). Dafür muß aber zunächst einmal bekannt sein, welche Positionen die Wettbewerber (in den Köpfen der Zielpersonen) einnehmen. Der erste Schritt für die Erstellung einer Positionierung ist somit die Posi­ tionierungsanalyse. Als Instrument dient dabei eine strategische Karte (Posi­ tionierungs-Matrix), in der alle Positionierungen der Wettbewerber eingetra­ gen werden und die gegebenenfalls Lücken aufzeigt, die für die eigene Posi­ tionierung genutzt werden können (vgl. Abbildung 3-26). In einer derartigen Positionierungs-Matrix sind nur diejenigen Wettbewerber zu berücksichtigen, die ein Angebot haben, das dem eigenen vergleichbar ist. Es macht keinen Sinn, sich von Wettbewerbern abgrenzen zu wollen, die von der Zielgruppe ohnehin nicht als Alternative wahrgenommen werden (vgl. Kloss 2003, S. 125). Solange eine Marke nicht mit anderen Wettbewerbern verglichen werden kann, kann sie auch keine Positionierung haben (vgl. Kroeber-Riel/ Esch 2000, S. 47). Mit der Positionierungsanalyse kann sowohl die erstmalige Positionierung ei­ ner Marke festgelegt, als auch eine Überprüfung der bestehenden Positionie­ rung vorgenommen werden. In diesem Fall wäre zu hinterfragen, ob die aktu­ elle Positionierung noch wettbewerbsfähig ist, oder ob eine Umpositionierung vorgenommen werden sollte. Zwar ist die Positionierung grundsätzlich lang­ fristig ausgerichtet, die Dynamik der Märkte macht es aber gelegentlich erfor­ derlich, Positionierungen an geänderte Verbraucherbedürfnisse anzupassen. Daher ist es sinnvoll, Positionierungsanalysen regelmäßig durchzuführen.

180

Instrumente des Werbecontrolling

Abbildung 3-26: Grundmodell der Positionierungsanalyse

Bei der Positionierungsanalyse wird • die Position der eigenen Marke relativ zu den • Positionen der Konkurrenzmarken und relativ zu den • Positionen der idealen Angebote, • aus der Sicht der Zielgruppe, • in einem mehrdimensionalen Eigenschaftsraum eingetragen (vgl. Kroeber-Riel/Esch 2000, S. 47). Ziel ist es, der Idealposition möglichst nahe zu kommen. Die einfachsten Positionierungsmodelle verwenden das Alter der Zielgruppe und den Preis oder die Qualität der Produkte als positionierende Parameter. Dabei werden häufig zwei Idealpositionen unterstellt, der Annahme folgend, daß junge Zielgruppen noch nicht über die Kaufkraft verfügen wie ältere. Sol­ che Modelle können grundsätzlich für jeden Markt Anwendung finden. Abbildung 3-27 zeigt ein fiktives Positionierungsmodell für den Bier­ markt. Als strategische Dimensionen für die Positionierung werden einerseits die Qualität genommen (Konsumbier/Premiumbier), andererseits Internatio­ nalität und Natur/Frische. Es müssen also nicht notwendigerweise Gegensatz­ paare als Positionierungsparameter verwendet werden. Die Marktbedeutung der einzelnen Wettbewerber kann mit einem entsprechenden Radius abgebil­ det werden. Das Beispiel zeigt, daß die Positionierung einer weiteren Marke in den betrachteten Dimensionen wenig Sinn machen würde.

Instrumente des Werbecontrolling

181

Abbildung 3-27: Positionierungsmodell für den Biermarkt

Der entscheidende Punkt bei der Positionierungsanalyse ist das Finden der strategischen Dimensionen, in denen sich die Wettbewerber positionieren. Unterschiedliche Wettbewerber lassen sich nicht immer in ein und demselben Positionierungsraster erfassen. In dem Streben nach Alleinstellungen werden vielfach deutlich voneinander abweichende Positionen besetzt. Manche dieser Positionierungen sind so dominant, daß es keinen Sinn macht, die gleiche Di­ mension besetzen zu wollen. Beispielsweise ist es sehr schwer vorstellbar, daß ein weiterer Kaffeeanbieter versucht, sich über das Aroma zu positionie­ ren. Es lassen sich zwei grundsätzliche Dimensionen der Positionierung unter­ scheiden: • Positionierungen über quantifizierbare Dimensionen (z.B. Alter, Preis) be­ schreiben in erster Linie die anvisierte Zielgruppe. Sie haben zwar den Vor­ teil der einfachen Darstellbarkeit, lassen aber kaum hinreichende Differen­ zierungen zu. • Positionierungen über emotionale Dimensionen berücksichtigen den emo­ tionalen Mehrwert als Zusatznutzen und können die subjektiv empfunde­ nen kaufentscheidungsrelevanten Parameter gut abbilden. Allerdings erge­ ben sich Probleme bei ihrer Darstellung in einer Positionierungsmatrix.

Um beispielsweise die Motivebene abzubilden, ist es sinnvoll, sich an der Maslowschen Bedürfnishierarchie zu orientieren. Positionierungen lassen sich hier grundsätzlich auf jeder Stufe vornehmen. Tabelle 3-10 zeigt mögli­ che Positionierungsansätze für den Biermarkt.

Instrumente des Werbecontrolling

182

Tabelle 3-10: Positionierungsansätze nach der Maslowschen Bedürfnishierar­ chie im Biermarkt Bedürfnisebene

Positionierungsansatz

Grundbedürfnisse

Durstlöscher

Sicherheit

Mit Sicherheit nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut

Soziale Bedürfnisse

Trinkt sich am besten in geselliger Runde („auf die Freundschaft“)

Wertschätzung

Wer dieses Bier trinkt, beweist seinen guten Geschmack (die Alternative zu Champagner)

Selbstverwirklichung

Für die besonderen Momente im Leben

|hSI|] y

Es empfiehlt sich, Positionierungsanalysen mehrdimensional vorzunehmen. Positionierungen auf Basis von Qualitätsniveaus und soziodemografischen Merkmalen der Zielgruppe sollten im-

mer die Basis sein. Sie sind jedoch zu hinreichend allgemein und müssen um emotionale Dimensionen ergänzt werden. Gerade im Biermarkt finden sich sehr professionelle Positionierungsansätze, die gute Differenzierungen ermöglichen, für ein Produkt, dessen Inhaltsstoffe für alle gleichermaßen durch das Reinheitsgebot vorgegeben sind. Positionie­ rungsdimensionen sind hier beispielsweise Internationalität (Becks, Binding Lager), Natürlichkeit/Frische (Krombacher), Exklusivität (Bitburger/Warsteiner). Selbst eine Aussage wie „friesisch-herb“ ermöglicht hier eine Positionie­ rungslücke.

Ein geradezu klassisches Beispiel für die Besetzung einer Positionierungslükke ist Merci. Diese Schokolade positioniert sich vordergründig nicht über die Qualität sondern als Schokolade zum Verschenken, als kleines „Dankeschön“ für nahezu jede Gelegenheit. Damit unterscheidet sie sich von allen Schokola­ den im Markt. Duplo positioniert sich nicht einfach nur als Schokoriegel son­ dern als vermutlich längste Praline der Welt. Tankstellen positionieren sich weniger über ihr Stammprodukt (Benzin), als vielmehr über die Tatsache, daß sie Einkaufsmöglichkeiten rund um die Uhr anbieten. Sie grenzen sich damit also nicht gegenüber ihren unmittelbaren Wettbewerbern ab, sondern gegen­ über dem Handel. De facto begeben sie sich damit allerdings von einer Aus­ tauschbarkeit in eine andere, denn mittlerweile sind die Einkaufsmöglichkei­ ten und Servicequalitäten der Tankstellen genauso identisch, wie der Treib­ stoff, den sie verkaufen (vgl. Kloss 2003, S. 128). Positionierungen sind immer ziel- und zielgruppenorientiert vorzunehmen. Diese Tatsache stellt im Normalfall auch kein Problem dar. Problematisch

Instrumente des Werbecontrolling

183

kann es jedoch dann werden, wenn sich ein Angebot an unterschiedliche Ziel­ gruppen richtet, die diesem gegenüber unterschiedliche oder sogar gegensätz­ liche Erwartungshaltungen einnehmen (vgl. Kloss 2003, S. 127), beispiels­ weise gegenüber Abnehmern und Lieferanten.

Die Positionierungsanalyse erfolgt auf Basis der Wettbewerbsbeobachtung und der qualitativen Marktforschung. Ähnlich wie bei der Copy Analyse emp­ fiehlt es sich auch hier, zu ihrer Durchführung ein heterogenes Team zusam­ menzustellen, dessen Mitglieder unterschiedliche Sichtweisen einbringen können. Die Analyse erfolgt in drei Schritten: 1. Zunächst hat die Marktforschung die kaufentscheidungsrelevanten Dimen­ sionen der Zielgruppe zu ermitteln, die vom Team in Nutzendimensionen übersetzt werden müssen. Mittels einer Wettbewerbsanalyse wird vom kommunikativen Auftritt der relevanten Wettbewerber auf deren mutmaßliche Positionierungen ge­ schlossen. Die Vorgehensweise erfolgt analog zur Copy Analyse (vgl. nächstes Kapitel). 2. Im nächsten Schritt werden die Positionen der Wettbewerber in einer (mehrdimensionalen) Positionierungsmatrix abgebildet und Positionie­ rungslücken gesucht. 3. Es ist dann zu überlegen, ob die eigene Positionierung in den gleichen Di­ mensionen erfolgen soll oder ob neue Dimensionen herangezogen werden. Dies ist solange problemlos möglich, wie diese Dimensionen konsumrele­ vant sind. „Schokolade zum Verschenken“ ist eine kreative Alleinstellung, die als Positionierung offensichtlich funktioniert.

3.2.4

Copy Analyse

Ebenso wie die Positionierungsanalyse, ist auch die Copy Analyse, als Um­ kehrung der Copy Strategy (vgl. Kapitel 2.2.7) ein rein qualitatives Instru­ ment, das von den Durchführenden ein ausgeprägtes markentechnisches „Fin­ gerspitzengefühl“ erfordert. Mit der Copy Strategy soll eine werbliche Alleinstellung er­ reicht werden, also eine werbliche Abgrenzung zum Wettbe­ werb. Für die Entwicklung der eigenen Copy Strategy ist es da­ her notwendig, mittels einer Copy Analyse auf die mutmaßli­ chen Copy Strategies der Wettbewerber zu schließen. Die Durchführung einer Copy Analyse erfolgt in zwei Schritten: 1. Zunächst werden die Inhalte eines Werbemittels beschrieben, dabei kann es im Einzelfall auch wichtig sein aufzuzeigen, was nicht dargestellt ist.

184

Instrumente des Werbecontrolling

Entscheidend ist, daß bei der Beschreibung die Sicht der Zielgruppe einge­ nommen wird. 2. Im nächsten Schritt erfolgt die Interpretation und Analyse des Dargestell­ ten. Dabei ist davon auszugehen, daß in dem Werbemittel nichts nur zufäl­ lig abgebildet ist. Die Copy Analyse ist somit nichts anderes, als der Versuch, das Briefing nachzuvollziehen, das der Werbetreibende seiner Agentur wahrscheinlich ge­ geben hat.

Dies soll exemplarisch an einigen Beispielen durchgespielt werden. Das erste Analyse-Beispiel zeigt eine Anzeige von American Express (vgl. Abbildung 3-28). Beschreibung der Anzeige'. Die Anzeige stellt eine Szene dar, die in der freien Natur spielt. Im Vordergrund ist unübersehbar eine Person mitsamt ih­ rer Gitarre an einen mächtigen Baum gefesselt und geknebelt. Bei diesem Vorgang muß die Gitarre zerbrochen sein. Diese an und für sich schon bemer­ kenswerte Situation zieht das Interesse des Betrachters vor allem deshalb auf sich, als diese Person der Sänger Heino sein könnte. Hinter dem Baum ist eine ausgelassene Gesellschaft zu sehen, die um einen riesigen Tisch herum sitzt. Die Ausgewogenheit der Anzeige wird durch die Abbildung einer American Express Kreditkarte gestört, die den Blick des Betrachters auf sich zieht. Auf der Karte ist der Name Heino zu lesen, so daß es sich bei der gefesselten Per­ son offensichtlich doch um den Sänger zu handeln scheint. Unter der Karte befindet sich als Text: „Sollte mal was kaputtgehen. Wir ersetzen es Ihnen.“ Karte und Text stellen nun den Bezug zu der zerbrochenen Gitarre des Sän­ gers her. Die endgültige Erklärung erhält der Leser durch den Text am unteren Ende der Anzeige: „Das ist neu: ShopGarant. Fast alles, was Sie mit der Ame­ rican Express Karte kaufen, ist jetzt automatisch 90 Tage versichert. Überall in Deutschland und weltweit. Überall? Überall, wo man auf Qualität Wert legt....“ Interpretation der Anzeige'. Es handelt sich bei dieser Anzeige um eine Te­ stimonial-Werbung, die an inhaltlicher Geschlossenheit kaum zu überbieten ist. Heinos Musik polarisiert und der Betrachter ist ohne weiteres in der Lage, die dargestellte Szene nachzuvollziehen. Der eine oder andere kann sich viel­ leicht sogar ein Schmunzeln nicht versagen. Gleichzeitig stellt sich aber auch eine gewisse Hochachtung gegenüber dem Sänger ein, da ihm vielleicht nicht jeder diesen Akt der Selbstironie zugetraut hätte. Wer jemals Asterix gelesen hat, fühlt sich sofort an die stereotype Schlußszene erinnert, in der der gekne­ belte Barde Troubadix mit zerbrochener Harfe an einen Baum gefesselt ist, während das Dorf im Hintergrund feiert. Aber auch ohne Asterix zu kennen, offenbart diese Anzeige ihren Bedeutungsgehalt: Offenbar kann die Gesell­ schaft nur deshalb so harmonisch zusammensitzen und feiern, weil Heino an den Baum gefesselt ist und dadurch am Singen gehindert wurde. Falls Heino

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seine Gitarre mit seiner American Express Karte gekauft haben sollte - und offensichtlich scheint das der Fall zu sein - kann er diesen Verlust einigerma­ ßen gelassen sehen, weiß er doch, daß sie bei American Express versichert ist und ihm der Schaden ersetzt wird.

Abbildung 3-28: Analyse-Beispiel 1: American Express

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Aus der Interpretation läßt sich auf folgende mutmaßliche Copy Strategy schließen: • Benefit: • Reason Why: • Zielgruppe: • Tonality:

American Express ist die Kreditkarte mit dem besten Ser­ vice, weil alle mit der Karte getätigten Einkäufe automatisch auch versichert sind. Alle, die zumindest gelegentlich mit Kreditkarten einkau­ fen. Humorvoll, selbstironisch, gesellig.

Auch die Jägermeister-Kampagne (vgl. Abbildung 3-29) arbeitete mit Testi­ monials, allerdings nicht mit Prominenten, sondern mit „Menschen wie Du und ich“. Zwischen 1973 und 1998 (mit Unterbrechung von 1988 bis 1996) wurden über 3.500 verschiedene Motive als Unikate geschaltet. Gezeigt wurde vor gleichbleibendem Hintergrund jeweils eine Person mit einer Flasche und einem gefüllten Glas Jägermeister in den Händen, denen ein Spruch in den - meist lächelnden - Mund gelegt wurde. Die Baseline lau­ tete „Jägermeister. Einer für alle“. Der Unikatcharakter der Kampagne wurde durch eine fortlaufende Nume­ rierung der Anzeigen (Die 3.265. von allen) dokumentiert. Die Alltagstesti­ monials boten eine breite Identifikationsbasis, die Sprüche waren auf ver­ schrobene Art humorvoll. Dieser augenzwinkernde Humor ging durchaus auch auf eigene Kosten, indem auch mal ein Motiv mit einer Aussage wie „Ich trinke keinen Jägermeister“ geschaltet wurde. Die Copy Strategy könnte gelautet haben: • Benefit: Jägermeister ist der ideale (bekömmliche)Kräuterlikör, • Reason Why: weil Jägermeister von jedem zu jedem Anlaß getrunken werden kann. • Zielgruppe: Alle ab 18 Jahren. • Tonality: Sympathisch, locker, humorvoll, nicht ganz Ernst gemeint.

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Abbildung 3-29: Analyse-Beispiel 2: Jägermeister

Ein Beispiel für zielgruppenorientierte Werbung bietet die Kampagne der

Frankfurter Allgemeinen Zeitung (vgl. Abbildung 3-30) (vgl. zum folgenden Kloss 2003, S. 171).

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Abbildung 3-30: Analyse-Beispiel 3: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Instrumente des Werbecontrolling Seit den fünfziger Jahren hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein sehr eigenständiges Werbelogo: Ein Leser, der die Beine über-

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, £-3

einanderschlägt und sein Gesicht hinter einer Zeitung verbirgt. Die Ip dazugehörige Werbeaussage lautet: „Dahinter steckt immer ein klu­ ger Kopf“. Ziel der neuen Kampagne war es, diesen klugen Kopf zeitgemäßer werden zu lassen, ohne das altbewährte Text-Bild-Logo aufzugeben. Das Re­ sultat ist eine intelligente Zielgruppenkampagne, die mit der Text-Bild-Ebene spielt.

Gezeigt werden ebenfalls kluge Köpfe, die sich wiederum mit übergeschlage­ nen Beinen hinter einer Zeitung verbergen. Testimonials sind bekannte Per­ sönlichkeiten, die sonst nicht für Werbung zur Verfügung stehen und für die Motive kreiert wurden, die sie in typischer Weise charakterisieren: Hilmar Köpper, Banker, inmitten von Waggonladungen von Erdnüssen (als Anspie­ lung auf sein berühmtes „Peanuts-Zitat“), Ferdinand Piech, Vorstands vorsit­ zender, in einer Käfer-Sammlung, um nur einige zu nennen. Die Kampagne arbeitet mit eindrucksvollen Fotos, die insofern irritieren, als man die Promi­ nenten suchen muß. „Die Namen zu nennen, aber die Gesichter eben nicht zu zeigen, vermittelt die subtile Botschaft der Anzeigenserie (...). Den Beweis der Prominenz für sich zu behalten, das kann sich nur leisten, wer auch sonst zuverlässig informiert“ (Turner 1997, S. 11). Die Kampagne zeigt sich also sehr selbstbewußt, indem prominente Persönlichkeiten zwar abgebildet, aber nicht gezeigt werden. Der Betrachter muß ganz einfach glauben, daß die Per­ son hinter der Zeitung auf den Erdnüssen auch tatsächlich Hilmar Köpper ist. Dieses Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Werbekampagne überträgt sich damit implizit auch auf die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung der Zei­ tung. Als der Copy Strategy zugrundeliegende Positionierung läßt sich somit ver­ muten: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist eine Qualitätszeitung für ge­ hobene Leser, die das Anspruchsvolle und intellektuell Fordernde suchen. Die mutmaßliche Copy Strategy könnte lauten: • Benefit: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bietet eine in jeder Hinsicht glaubwürdige und zuverlässige Berichterstattung. • Reason Why: Das Gesicht nicht zu zeigen, den Beweis der Prominenz für sich zu behalten, das kann sich nur leisten, wer auch sonst zuverlässig informiert. (Dahinter steckt immer ein kluger Kopf.) • Zielgruppe: Personen, die höchste Informationsansprüche haben und die in Bildung und sozialem Status überdurchschnittlich sind.

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• Tonality:

Vielschichtige Spannung; Zeitungslektüre, die an unge­ wöhnlichen Orten die volle Aufmerksamkeit des Lesers fesselt.

Es muß betont werden, daß derartige Copy Analysen niemals verifiziert wer­ den können, da die Copy Strategy ein wohlgehütetes Geschäftsgeheimnis ei­ nes Werbetreibenden ist.

Die Ergebnisse von Copy Analysen können sich immer nur auf der Ebene von Plausibilitäten bewegen. Im Rahmen einer Wett­ bewerbsanalyse sind sie jedoch als eine sehr nützliche Übung anzusehen, um sich in die Denkhaltung des Wettbewerbers hin­ einzuversetzen.

3.2.5

Werbe-Benchmarking

Über Benchmarking gibt es mittlerweile eine kaum noch zu überschauende Vielfalt an betriebswirtschaftlicher Literatur, so daß eine Orientierung schwer fällt (zum Benchmarking vgl. ausführlich Krcmar/Buresch/Reb 2000, Pieske 1997, Töpfer 1997, Camp 1989, Zdrowomyslaw/Kasch 2002). Benchmark steht für Bezugspunkt, Maßstab. Benchmarking ist somit „die Suche nach Lö­ sungen, die auf den besten Methoden und Verfahren der Industrie, den ‘Best Practices’, basieren und ein Unternehmen zu Spitzenleistungen führen” (Camp 1994 S. IX). Die allgemeine Fragestellung des Benchmarking: „Was machen andere Unternehmen besser als wir, und warum machen sie es besser?“, lautet ent­ sprechend für das Werbe-Benchmarking: „Was machen andere Unternehmen in ihrer Werbung besser als wir, und worin ist dies begründet?“

Spezifische Fragestellungen des Werbe-Benchmarking sind beispielsweise: • Welche Positionierungsansätze verfolgen andere Unternehmen? • Welche copy-strategischen Ansätze liegen ihrer Werbung zugrunde? • Worin sind die Alleinstellungen anderer Unternehmen begründet (USP/ UAP)? • Warum sind die Zielpersonen offenbar bereit, mehr für die Wettbewerbs­ marken zu zahlen als für unsere? • Wie sind die Werbeabteilungen anderer Unternehmen organisiert, welche Planungsabläufe bestehen? • Wie ist die Zusammenarbeit mit deren Agenturen? • Welche Werbeträger setzen andere Unternehmen ein? • Wie verteilen sie ihren Werbedruck?

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Benchmarking ist ein strukturierter Lernprozeß, der durch Vergleich mit der „Best Practice“ anderer Unternehmen die eigenen Werbeaktivitäten optimie­ ren soll. Dies ist an sich nichts Neues, sondern der Natur des Wettbewerbs im­ manent. Wettbewerb ist ein dynamischer Prozeß, der seine Dynamik durch Pionierunternehmer im Schumpeterschen Sinn (vgl. Schumpeter 1950) erhält, die in einer interdependenten Abfolge von Vorstößen einzelner Unternehmer und Verfolgung durch andere agieren. Der Anreiz des vorstoßenden Unter­ nehmers liegt in der Möglichkeit der Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber den Mitbewerbern. Entsprechend liegt die Motivation der Verfol­ ger darin, die erreichte Alleinstellung des Pioniers zu verhindern und durch Imitationen selber davon zu profitieren. Da aber ein einfaches me-too für den Nachfrager noch kein hinreichendes Argument zum Produktwechsel ist, wird der Nachahmer seinerseits darum bemüht sein, seine Produkte mit einem dif­ ferenzierenden Wettbewerbsvorteil auszustatten. Die Besonderheit des Benchmarking liegt jedoch in der systematischen Vorgehensweise, der Identifizierung eigener Schwächen durch Vergleich mit den Besten, der bewußten Orientierung an den Erfolgsfaktoren anderer Marktteilnehmer und der Anpassung des Gelernten an die eigenen Belange.

Benchmarking entspricht der Marktrealität, denn der Verbrau­ cher vergleicht ständig die Leistungen der Anbieter und ent­ scheidet sich für das beste Angebot. Benchmarking ist somit nichts anderes, als die Übertragung der Praktiken der Nachfrager auf die Anbieter. Der Kerngedanke des Benchmarking ist in Abbildung 3-31 dargestellt. Ge­ genstand des Benchmarking können Produkte, Prozesse, Strategien, Struktu­ ren und Methoden sein. Benchmarking ist ein Instrument der Wettbewerbs­ analyse, mit dem kontinuierlich versucht wird, Erfolgspotentiale im Hinblick auf diese Gegenstandsbereiche zu identifizieren und von den jeweils besten zu lernen. Die eigenen Produkte, Prozesse und Methoden werden mit denen des Wettbewerbs verglichen. Das erste Resultat dieser Analyse ist die Fest­ stellung der eigenen Position (X) im Vergleich zu den Positionen der Wettbe­ werber (W). Das zweite Resultat ist die Identifikation der „Best Practice“, die als Benchmark für das eigene Unternehmen vorgegeben werden kann.

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Abbildung 3-31: Kerngedanke des Benchmarking Quelle: O.V.: Benchmarking: www.4managers.de, Stichwort Benchmarking

Es lassen sich unterschiedliche Formen des Benchmarking unterscheiden (vgl. Zdrowomyslaw/Kasch 2002, S. 145f.):

• Produkt-Benchmarking: Dies ist die traditionelle Form des Benchmar­ king, bei der das Produkt bzw. die Dienstleistung Gegenstand der Analyse ist. • Prozeß-Benchmarking: Hierbei geht es um die Frage „Tun wir die Dinge richtig?“ Gegenstand der Betrachtung sind Arbeitsprozesse, operative Ver­ fahren und Verhaltensweisen der Führungskräfte und Mitarbeiter. • Strategie-Benchmarking: Die Frage „Tun wir die richtigen Dinge?“ steht hier im Vordergrund. Da Strategien immer operativ umgesetzt werden, sollte Strategie-Benchmarking immer mit dem Prozeß-Benchmarking kom­ biniert werden. • Struktur-Benchmarking: Im Vordergrund dieses Vergleichs steht die Or­ ganisation eines Unternehmens. Es wird gefragt, was die einzelnen Funkti­ onsbereiche für das Unternehmen tun und wie sie es tun. Auch hierbei ist eine enge Verzahnung mit dem Prozeß-Benchmarking gegeben.

Der Prozeß des Werbe-Benchmarking läßt sich in fünf Schritte untergliedern (vgl. Abbildung 3-32):

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Abbildung 3-32: Ablauf des Werbe-Benchmarking

1. Auswahl des Objektes. In diesem ersten Schritt geht es um die Identifikati­ on der Problembereiche, also dessen, was gebenchmarkt und verbessert werden soll. Bei der Werbung könnten dies z. B. Positionierung, Copy Stra­ tegy, Werbestrategie, Werbedruck, Media-Mix oder die Planungsabläufe sein. 2. Die Festlegung der Vergleichswerte und Auswahl des Vergleichsunterneh­ mens beantwortet die Frage, mit wem das Unternehmen bzw. die Organisa­ tionseinheit verglichen werden soll. Der Erfolg des Werbe-Benchmarking hängt entscheidend von der Wahl des Vergleichsobjektes ab. Der Vergleich kann erfolgen mit anderen Organisationseinheiten des Unternehmens, mit Wettbewerbern oder auch mit branchenfremden aber strukturähnlichen Un­ ternehmen. Die Vor- und Nachteile dieser Vergleichsmöglichkeiten zeigt Abbildung 3-33. 3. Die Gewinnung der für die Analyse notwendigen Informationen hängt vom Benchmarking-Objekt ab. Bei einem untemehmensinternen Vergleich ste­ hen die Informationen im eigenen Haus zur Verfügung. Bei einem Ver­ gleich mit Wettbewerbern oder branchenfremden Unternehmen läßt sich ei­

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nerseits auf Analyse-Instrumente zurückgreifen, es können BenchmarkingPartnerschaften für einen gegenseitigen Datenaustausch gegründet werden oder, falls die Unternehmen zum Informationsaustausch nicht bereit sein sollten, - ein durchaus naheliegender Fall - verdeckte Vergleiche über Clearingstellen vorgenommen werden. Solche Clearingstellen können z.B. verbandsintern oder durch Benchmarkingclubs organisiert werden und den Mitgliedern Daten in anonymisierter oder indexierter Form zur Verfügung stellen. Primärdaten können von ACNielsen S+P beschafft werden.

Abbildung 3-33: Vergleichsobjekte im Benchmarking Quelle: O.V.: Benchmarking: www.4managers.de, Stichwort Benchmarking

4. In der Analysephase gilt es zunächst aufzuzeigen, worin die Unterschiede in den untersuchten Leistungs werten begründet sind. Dieser Schritt identi­ fiziert die Lernpotentiale. Unterschiedliche Ausprägungen der Leistungs­ werte sind oftmals in spezifischen Unternehmens- oder Branchensituatio­ nen begründet, die nicht immer auf das eigene Unternehmen übertragbar sind. Die Prüfung der Übertragbarkeit ist somit der zweite wesentliche Analyseschritt. Auch quantitative Werte sind häufig das Resultat eines qua­ litativen Zusammenhangs, der möglicherweise im eigenen Unternehmen nicht gegeben ist. Die Analyse muß sicherstellen, daß nicht „Äpfel mit Bir­ nen“ verglichen werden. 5. Es geht beim Werbe-Benchmarking nicht darum, Positionierungen oder Copy Strategies der Wettbewerber zu übernehmen. Das wäre in einer Si­ tuation, in der Wettbewerbsvorteile nur durch Alleinstellungen zu erzielen sind auch geradezu widersinnig. Ziel ist es vielmehr, Anregungen für künf­ tig verbessertes eigenes Handeln zu finden. Auch wenn Benchmarking zu­

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weilen mit „copy with pride“ gleichgesetzt wird (vgl. Recklies 2001), kann das Ziel nicht darin bestehen, andere Unternehmen mit Stolz zu kopieren, vielmehr sind nachhaltige Erfolge nur dann zu erzielen, wenn die Ansicht besteht, eine eigene „Best Practice“ zu entwickeln. Werbe-Benchmarking sollte als Quelle für Ideen aufgefaßt werden, getragen von dem Willen, die eigenen Fähigkeiten in Frage zu stellen (vgl. o.V. 2001).

Werbe-Benchmarking kann grundsätzlich als einmalige Aktion durchgeführt werden, beispielsweise zur Entwicklung einer Werbestrategie für eine Neu­ einführung. Es kann aber als auch als kontinuierlicher Prozeß verstanden und als Bestandteil der Unternehmensstrategie verankert werden. In wettbewerbs­ intensiven Branchen ist dies naheliegend. Benchmarking „muß ein kontinu­ ierlicher Prozeß sein, denn die Praktiken der Branchen ändern sich ständig. Die Branchenführer werden ständig stärker. (...) In einer Umgebung ständiger Veränderung ist Selbstzufriedenheit tödlich“ (Camp 1994, S. 13). Je mehr Un­ ternehmen Benchmarking betreiben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die „Best Practice“ in bestimmten Bereichen von einem Unternehmen zu einem anderen wechselt. Dies ist bei einem dynamischen Wettbewerb das wohl nachhaltigste Argument dafür, Benchmarking als festen Bestandteil der Unternehmenspolitik zu verankern. Benchmarking kann in der Werbung nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn seine Grenzen erkannt werden. Erfolgreiche Werbestrategien können nur bedingt kopiert werden. Es geht beim Werbe-Benchmarking nicht um die Übernahme, sondern um die Prüfung „der Übertragbarkeit anderer Ansätze auf den Werbebereich des eigenen Unternehmens“ (Bauer/Meeder/Jordan 2002a, S. 56). Warum soll ein Unternehmen der Automobilbranche nicht von einem Unternehmen der Zigarettenindustrie lernen können bzw. ein Nah­ rungsmittelhersteller nicht von einem Bierbrauer? Jede dieser Branchen hat Alleinstellungsansätze durch unique advertising propositions hervorgebracht („Freude am Fahren“, „Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“, „Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer“, „friesisch-herb“). Natürlich läßt sich der Marlboro-Cowboy oder die Milka-Kuh nicht kopieren. Aber der Blick über den Tellerrand kann zu Gedanken inspirieren, die im Unternehmen bisher noch nicht gedacht wurden.

3.2.6

Semantisches Differential

Das semantische Differential ist das Standardinstrument zur Messung von Images. Es besteht aus einer Reihe von polar gefaßten Eigenschaftsaussagen, die somit Gegensatzpaare darstellen (gut - böse, schön - häßlich), denen die Befragten mit Hilfe einer Ratingskala z.B. eine bestimmte Marke zuordnen sollen. Üblich ist eine siebenstufige Skalierung, die entweder verbal (trifft

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voll und ganz zu,trifft überhaupt nicht zu) oder numerisch (+3 bis -3; 1 bis 7) abgestuft ist (vgl. Hammann/Erichson 1994, S. 281). Da üblicherweise mehrere Personen zu einem Gegenstand befragt werden, sind für die Eigen­ schaftspaare jeweils die Mittelwerte zu berechnen. Werden die Meßwerte in eine Ratingskala eingetragen und miteinander verbunden, ergibt sich ein Ei­ genschafts- bzw. Polaritätenprofil. Der Aussagewert dieses Profils wird vor allem dadurch erhöht, daß ihm das Profil von Wettbewerbsmarken oder ein Idealprofil gegenübergestellt wird. Auf diese Weise lassen sich die Stärken und Schwächen der eigenen Marke im Vergleich zu den Wettbewerbern fest­ stellen und Ansatzpunkte für ein werbliches Gegensteuern identifizieren. Das semantische Differential ist ein ideales Überwachungsinstrument, um Image­ veränderungen im Zeitablauf festzustellen und sollte daher regelmäßig durch­ geführt werden. Das semantische Differential ist sehr einfach zu handhaben und praktisch für jeden Gegenstandsbereich anzuwenden. Es können damit sowohl Marken­ images gemessen, als auch Bewertungen von Werbekampagnen erhoben wer­ den. Um zu aussagefähigen Bewertungen zu kommen, ist jedoch zu berück­ sichtigen, daß die Gegensatzpaare für die Befragten im Hinblick auf die zu untersuchende Marke relevant sind und eine klare Bedeutung besitzen (vgl. Schnell/Hill/Esser 1993, S. 190). Zwar wird ein und dieselbe Ratingskala von unterschiedlichen Personen auch unterschiedlich aufgefaßt. Da jedoch Durch­ schnittsprofile betrachtet werden, sind diese Auffassungsunterschiede prak­ tisch bedeutungslos (vgl. Bortz 1984, S. 130f.). Wurde mit dem semantischen Differential die Position der eigenen Marke in Relation zum Wettbewerb bestimmt, sind im nächsten Schritt gezielte Maß­ nahmen zur Behebung von Defiziten zu ergreifen. Üblicherweise werden da­ zu Änderungen an der Werbekampagne vorgenommen. In Abbildung 3-34 sind beispielhaft die Imageprofile zweier Automarken dargestellt. Es zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Marke A und Marke B. Marke B weist überwiegend durchschnittliche Ausprägungen in den Eigenschaftswertungen auf, mit Ausnahme bei der Imagekomponente „alt“, die mit der ebenfalls deutlichen Ausprägung bei „vorsichtig“ korrespondiert. Marke A wird deutlich positiver bewertet, hat aber „Ausreißer“ bei „sorglos“ und „wild“. Wenn der Hersteller der Marke A diese Ausprägungen als Image­ defizite auffaßt und werblich gegensteuert, ist zu beachten, daß die einzelnen Imagekomponenten eng miteinander verzahnt sind. Eine Imagekorrektur wird möglicherweise die mit „sorglos“ und „wild“ korrespondierenden aber in ih­ rer Ausprägung durchaus gewünschten Imagefacetten „schnell“, „aktiv“ und „jung“ ebenfalls beeinflussen und hier zu geringeren Ausprägungen führen. Imagekorrekturen sind sehr behutsam vorzunehmen, weil Änderungen in ein­ zelnen Komponenten in aller Regel Auswirkungen auf andere Komponenten haben (vgl. Kloss 2003, S. 148).

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stark

schwach

zuverlässig

unzuverlässig

kalt

heiß

schnell

langsam

gut

schlecht

freundlich

unfreundlich

häßlich

schön

aktiv

passiv

jung

alt

modern

altmodisch

vorsichtig

sorglos

sanft

wild

anziehend

abstoßend

Automat ke A

Automarke B

Abbildung 3-34: Beispiel für ein semantisches Differential

3.2.7

Target Costing

Neben der Balanced Scorecard ist auch das Target Costing ein ControllingInstrument, das sehr marktorientiert ist. Beim Target Costing (zu deutsch et­ wa Zielkostenmanagement, vgl. Horvath 2001, S. 542) wird ein Produkt nicht auf seinem Weg von der Entwicklung zum Markt betrachtet („wieviel kostet das Produkt?“), vielmehr wird die umgekehrte Perspektive eingenommen und von dem am Markt durchsetzbaren Preisen auf Produktion und Entwicklung zurück gerechnet („wieviel darf das Produkt kosten?“). Das Grundprinzip des Target Costing ist in Abbildung 3-35 dargestellt: Von den auf dem Markt durchsetzbaren Preisen (Schätzung), wird der angestrebte Gewinn („target profit“) abgezogen. Man erhält so die vom Markt erlaubten Kosten („allowa­ ble costs“). Dieser Größe werden die prognostizierten Standardkosten („drif­ ting costs“) gegenübergestellt. Die Differenz ergibt die für die Produktent­ wicklung notwendigen Kostensenkungen (vgl. Horvath 2001, S. 542).

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auf dem Markt durchsetzbarer Preis

Abbildung 3-35: Grundprinzip des Target Costing

Das Target Costing erlaubt somit ein marktorientiertes Kostenmanagement, das schon in der Entwicklungsphase eines Produktes einsetzt und gegebenen­ falls auch zum Abbruch einer Entwicklung führen kann. Das Target Costing wurde in den sechziger Jahren in Japan entwickelt und hat sich in der west­ lichen Welt vor allem in der Automobilindustrie und der Elektronikbranche etabliert, also in Branchen mit hoher Wettbewerbsintensität, (vgl. Horvath 2001, S. 542). Für das Werbecontrolling kann das Target Costing vor allem bei der Pla­ nung von Werbekampagnen Anwendung finden (vgl. Abbildung 3-36). Die Fragestellung könnte hier beispielsweise lauten: Wieviel darf die Kampagne kosten? Ausgangspunkt wären die Zielgrößen auf der Kontakt- und der Wer­ bewirkungsebene. Zu fragen wäre beispielsweise: Wieviel GRP sind notwen­ dig, um einen Bekanntheitswert von xy% (die Ausprägung bestimmter Ima­ gewerte) zu erreichen? Die Beantwortung dieser Frage könnte über Bench­ marks (vgl. Kapitel 3.2.5) erleichtert werden. Aus den Zielgrößen könnten sich somit also die notwendigen Kampagnenkosten herleiten. Diese wären dann dem aktuellen Planungsansatz bzw. den Erfahrungswerten gegenüberzu­ stellen, was einen Hinweis auf Optimierungsmöglichkeiten des Mediaplanes ergeben würde. Das offensichtliche Problem ist hierbei die Qualität der kreati­ ven Umsetzung, zu dem die Benchmarks nur sehr eingeschränkt Hinweise ge­ ben. Positionierung und Werbekonzept des gebenchmarkten Wettbewerbers werden ja nicht übernommen, insofern sind natürlich die abgeleiteten Kampa­ gnenkosten zu relativieren.

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Kontaktebene

Wirkungsebene

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Kontaktdosis, GRP, SOV, SOM

kommunikative, psy­ chologische Größen

Abbildung 3-36: Anwendungsmöglichkeit des Target Costing im Werbecontrol­ ling

Das Beispiel überträgt vor allem den Grundgedanken des Target Costing auf die Planung der Kampagnenkosten. Die Anwendung ist, wie aufgezeigt, mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden. Aber immerhin ist auch ein Zielko­ stenmanagement in der Werbung möglich. Target Costing eignet somit als ein Instrument zur Planung des Werbebudgets.

3.2.8

Balanced Scorecard

3.2.8.1 Das Grundkonzept der Balanced Scorecard

Die Balanced Scorecard ist ein Instrument, das Anfang der neunziger Jahre als ganzheitliches Kennzahlensystem von Kaplan und Norton vorgestellt wur­ de (vgl. zum folgenden Diers 2003). Im Laufe der 90er Jahre hat sie sich zu einem weit verbreiteten Führungsinstrument entwickelt, das für alle Unter­ nehmensbereiche und -ebenen geeignet erscheint. Die Balanced Scorecard hinterlegt die strategischen Ziele eines Unternehmens mit Meßgrößen, Ziel­ vorgaben und konkreten Maßnahmen und trägt so dazu bei, die Strategie transparent zu machen. Das Ziel ist eine Balance von finanziellen und nicht fi­ nanziellen Kennzahlen, von kurz- und langfristigen Zielen und von Früh- und Spätindikatoren. Dadurch wird versucht, die Nachteile klassischer Kennzah­ lensysteme, z.B. Vergangenheits- und Kurzfristorientierung, zu vermeiden. Mit der Balanced Scorecard wird demzufolge versucht, die Lücke zwischen Strategiefindung und Strategieimplementierung zu schließen. Ihr ganzheitli­ cher Ansatz und vor allem die Berücksichtigung qualitativer Kennzahlen prä­

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destinieren sie für einen Einsatz im Marketingcontrolling und damit auch im Werbecontrolling.

Die Balanced Scorecard soll Unternehmen in die Lage versetzen, Strategien klar zu kommunizieren und umzusetzen, indem vorlaufende Indikatoren bzw. Leistungstreiber an die Seite von Ergebniskennzahlen treten. In diesem Mana­ gementsystem werden die traditionellen finanziellen Kennzahlen um weitere Perspektiven ergänzt, die ihrerseits über Ursache-Wirkungs-Beziehungen mit der finanziellen Perspektive verbunden sind (vgl. Weber 1999, S. 3). Diese Ver­ knüpfung muß aber keineswegs mathematisch sein, vielmehr muß ein sachlogi­ scher Zusammenhang bestehen. Empfohlen werden von Kaplan/Norton drei weitere Perspektiven, die Prozeß-, Mitarbeiter- und Kundenperspektive (siehe Abbildung 3-37), die aber nicht als unumstößlich anzusehen sind. Vielmehr muß jedes Unternehmen seine Balanced Scorecard individuell und unterneh­ mensspezifisch entwickelnbzw. anpassen (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 9f.).

Abbildung 3-37: Die Balanced Scorecard nach Kaplan/Norton Quelle: Kaplan/Norton: Balanced Scorecard, Strategien erfolgreich umsetzen, Stutt­ gart 1997, S. 9

Die Balanced Scorecard übersetzt die Unternehmensvision und -Strategie in ein übersichtliches System zur Leistungsmessung. Dazu ist es notwendig, für jede Perspektive Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen festzulegen die mit der Vision verknüpft sind und nicht isoliert betrachtet werden dürfen (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 240).

Eine rein finanzielle Berichterstattung erweist sich oft als nicht ausreichend, da immaterielle Vermögensgegenstände und Unternehmenswerte an Bedeu­ tung gewinnen. Herkömmliche Kennzahlensysteme können aber Vermögens­ werten wie z.B. Produktneuentwicklungen, Prozeßfähigkeiten, Durchlaufzei-

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ten, Mitarbeiter-Know-how, -Motivation und Kundentreue nur schwer einen finanziellen Wert zuschreiben. Die Folge: Diese Vermögenswerte werden kaum erfaßt und tauchen deshalb in der Bilanz nicht auf. Aber gerade diese immateriellen Faktoren sind im heutigen und zukünftigen Wettbewerb er­ folgskritisch. Die Balanced Scorecard ergänzt deshalb finanzielle Kennzahlen vergangener Leistungen um die treibenden Faktoren zukünftiger Leistungen und erweitert die Ziele einer Geschäftseinheit über die finanziellen Kennzah­ len hinaus (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 7f.).

Abbildung 3-38: Die Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen Quelle: Kaplan/Norton: Balanced Scorecard, Strategien erfolgreich umsetzen, Stutt­ gart 1997, S. 10

Der eigentliche Vorteil der Balanced Scorecard liegt darin, daß sie einen strin­ genten Handlungsrahmen für das Überführen von strategischen Zielen in den praktischen Alltag bietet. Unternehmen können mit ihrer Hilfe kritische Ma­ nagementprozesse meistern und die Grenze überwinden zwischen der Formu­ lierung zentraler Unternehmensziele durch das Top-Management und dem operativen Alltag (vgl. Friedag/Schmidt 2001, S. 85). Strategien können so schneller umgesetzt werden, da sie nicht nur formuliert, sondern auch quanti­ tativ hinterlegt werden (vgl. Abbildung 3-38). Die Balanced Scorecard bietet die Möglichkeit einer umfassenden strategischen Orientierung des gesamten Unternehmens und trägt dazu bei, strategisches Denken und Handeln auf allen Ebenen im Unternehmen zu fördern. Die Balanced Scorecard stellt so für je­

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den Mitarbeiter eine Verbindung zur Vision bzw. Zielsetzung der Unterneh­ mung dar (vgl. Rughase 1999, S. 26).

Grundlage für die konkrete Erstellung einer Balanced Scorecard ist eine be­ reits existierende Vision und Strategie. Die Balanced Scorecard übersetzt dann diese Vision und Strategien in Ziele und Kennzahlen und ist dafür in vier Perspektiven unterteilt (vgl. (Kaplan/Norton 1997, S. 9): • Die finanzwirtschaftliche Perspektive: „Wie sollen wir gegenüber Teil­ habern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben?“ • Die Kundenperspektive: „Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden auf­ treten, um unsere Vision zu verwirklichen • Die interne Prozeßperspektive: In welchen Geschäftsprozessen müssen wir die Besten sein, um unsere Teilhaber und Kunden zu befriedigen?“ • Die Lern- und Entwicklungsperspektive: „Wie können wir unsere Veränderungs- und Wachstumspotentiale fördern, um unsere Vision zu verwirkli­ chen?“ Jede Perspektive der Balanced Scorecard sollte zwischen vier und maximal sieben Kennzahlen umfassen. Bei der Erarbeitung ist darauf zu achten, daß es sich um strategische Kennzahlen handelt, die über Ursache-Wirkungsbezie­ hungen miteinander verknüpft sind und die Strategie der Geschäftseinheit zum Ausdruck bringen.

3.2.8.2 Der Einsatz der Balanced Scorecard in der Werbung

Die Balanced Scorecard kann in allen Funktionsbereichen des Unternehmens eingesetzt werden. Dabei ist es möglich, auf individuelle Anforderungen ein­ zugehen. Der Konkretisierungsgrad der Scorecard ist abhängig von der Untemehmensebene. Während auf der Ebene des Gesamtunternehmens globale Kenn­ zahlen wichtig sind, werden auf der Ebene von Funktionsbereichen Teil­ aspekte dieser Kennzahlen verwendet. Wie ein Balanced Scorecard System in einem Unternehmen aussehen kann, zeigt Abbildung 3-39. Es wird deutlich, daß alle Scorecards aus der übergeordneten Balanced Scorecard des Gesamt­ unternehmens abgeleitet werden. Die Balanced Scorecard des Werbebereiches vermittelt zwischen der stra­ tegischen und der operativen Werbeplanung und soll die Effektivität und Effi­ zienz von Werbeinvestitionen sicherstellen (vgl. Bauer/Meeder/Jordan, 2001, S.63).

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Abbildung 3-39: System von Balanced Scorecards im Unternehmen

Die Balanced Scorecard Perspektiven aus der Sicht der Werbung können wie folgt dargestellt werden: • Finanz wirtschaftliche Perspektive: Die Ziele dieser Perspektive stehen auch im Werbebereich an oberster Stelle. Gegenstand ist hier insbesondere das Werbebudget. Es muß so effizient und effektiv wie möglich eingesetzt werden. Das beinhaltet einerseits ein striktes Werbekostenmanagement und andererseits eine größtmögliche Zielwirksamkeit der Werbung. Eine der Hauptaufgaben des Marketing liegt im Aufbau und der Pflege von Marken. Der Wert einer Marke ergibt sich aus zwei Größen: Der Mar­ kenstärke und dem finanziellen Markengewinn. Dabei stellt die Marken­ stärke den Markenwert aus der Sicht des Konsumenten dar und der finan­ zielle Markengewinn quantifiziert den Markenwert aus Unternehmens­ sicht. Die Stärke einer Marke spiegelt sich also in den Köpfen der

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Konsumenten wider und eignet sich deshalb für eine Operationalisierung aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht (vgl. Esch/Wicke 2000, S. 47). Das bedeutet, daß kommunikative und psychologische Zielgrößen Determinan­ ten der Markenstärke sind und im Sinne der Balanced Scorecard auch als Leistungstreiber bezeichnet werden können. Diese Zielgrößen haben dar­ über hinaus aber auch unmittelbare Auswirkungen auf die finanziellen Zielgrößen des Unternehmens. Die Markenstärke und damit auch der Mar­ kenwert kann insbesondere durch die Werbung beeinflußt werden. Aus die­ sem Grunde bietet sich der Markenwert als ein weiteres Ziel der finanzwirt­ schaftlichen Perspektive an. Für die Bestimmung von Markenwert und Markenstärke existieren eine Reihe von Verfahren (eine Übersicht gibt z.B. Absatzwirtschaft, MarkenSonderheft, 04/2002). Das Unternehmen kann seinen Markenwert entweder aus einem Markenmonitor entnehmen oder sich für ein Verfahren entschei­ den und den Wert entsprechend selbst ermitteln. • Kundenperspektive: In den meisten Unternehmen ist die Kundenperspek­ tive die entscheidende, da die Kunden den Erfolg und das Überleben der Unternehmung sichern. Die strategischen Ziele in der Werbung müssen so gewählt werden, daß sie die Erfüllung der übergeordneten Unternehmens- und Marketingziele unterstützen. Werden für das gesamte Unternehmen z.B. Ziele in Bezug auf Marktanteil, Kundenzufriedenheit und Image formuliert, so ist es u. a. Aufgabe der Werbung, diese Ziele aufzubauen und abzusichern. Effektive Werbung muß es schaffen, unternehmensindividuell getroffene, kunden­ orientierte Ziele zu erreichen. Diese Ziele können strategieabhängig sehr unterschiedlich ausfallen. Das wichtigste strategische Marketingziel ist der Aufbau einer eigen­ ständigen, konsumrelevanten und langfristigen Positionierung. Die Umset­ zung der Positionierung ist deshalb eine der strategischen Hauptaufgaben der Werbung und oberstes Ziel in der Kundenperspektive. Das Erkennen der Positionierung setzt Lernprozesse und den Aufbau von Wissensstrukturen bei den Konsumenten voraus. Erst nach mehrfachen Kontakten mit dem Werbemittel ist ein Lernerfolg wahrscheinlich. Deshalb sollten in der Kundenperspektive auch Kennzahlen zu Werbedruck und Kontaktdosen nicht fehlen, sind sie doch Voraussetzung für Werbewirkung (vgl. Kapitel 3.1.6). Da bekannte Marken, Produkte oder Unternehmen grundsätzlich positi­ ver (attraktiver) beurteilt werden als unbekanntere, ist der Bekanntheits­ grad ein weiteres wichtiges Maß der Kundenperspektive. Im Sprachgebrauch der Balanced Scorecard können Reichweiten, Kon­ takte und Bekanntheitsgrad als Leistungstreiberkennzahlen bezeichnet wer­ den. Die Realisierung des angestrebten Zielerreichungsgrades ist Voraus­ setzung, um die gewünschten Image- und Positionierungsziele zu erreichen.

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Neben den hier genannten können auch alle anderen psychologischen Werbeziele Zielsetzungen der Kundenperspektive sein. Dazu zählen u. a. Information, Aktualität und/oder das Wecken von Neugier. • Interne Prozeßperspektive: Um die Ziele der beiden übergeordneten Per­ spektiven erreichen zu können, sind in der Prozeßperspektive die werbere­ levanten Prozesse zu optimieren. Zu diesen kritisch zu überprüfenden Pro­ zessen zählen z.B. der Werbeplanungsprozeß, die Durchführung von Wer­ bewirkungskontrollen (Pre- und Post-Tests), die kreative Leistung und der Prozeß der Mediaselektion. Wichtig sind in dieser Perspektive aber auch die Kooperations- und Koordinationsprozesse zwischen dem werbetreiben­ den Unternehmen und seinen Dienstleistern, d.h. den Werbeagenturen, der Mediaagentur und den Marktforschungsinstituten (vgl. Bauer/Meeder/Jor­ dan 2002, S. 63). Diese genannten Prozesse haben vor allem Auswirkung auf die Werbe­ effizienz. Durch ein konsequentes Prozeßkostenmanagement und die Ver­ meidung von Ineffizienzen läßt sich die Wirtschaftlichkeit im Werbebe­ reich deshalb erheblich steigern. In dieser Perspektive wird jedoch auch die Grundlage für die Werbeeffektivität gelegt. Insbesondere durch detaillierte Briefings, eine langfristig gültige Copy Strategy ohne Interpretationsspiel­ räume und durch Pre-Tests von Werbemitteln, wird die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung erhöht. Da im Werbebereich in der Regel die Dienste externer Werbeagenturen in Anspruch genommen werden, sind die Briefings von großer Bedeutung für die Effizienz und Effektivität. Unzureichende Briefings durch die Wer­ betreibenden in Bezug auf Dateninput und Zielvorgaben erschweren die Kreativleistung der Agenturen. Die Folge sind Ineffizienzen durch kosten­ treibende Re-Briefings und erhöhten Kommunikationsbedarf (vgl. Roland Berger & Partner 2000, S. 202). Die Standardisierung der Briefings durch die Festlegung von obligatorischen Bestandteilen bzw. Informationen kann hier Abhilfe schaffen. Große Potentiale für Effizienzsteigerungen liegen auch beim Einkauf von Werbemitteln und der Vergütung der externen Dienstleister, vor allem der Werbeagenturen und der Mediaagentur. Insbesondere die Ad-hoc Be­ schaffung, die mangelnde Einbindung der Einkaufsabteilung und die feh­ lende Kostentransparenz führen zu Unwirtschaftlichkeiten in der Werbeab­ teilung. Auch unnötige Ausstattungsmerkmale von Werbemitteln die die Kommunikationswirkung nicht verbessern, sind Ursache von Ineffizien­ zen. Relativ einfache Lösungsansätze sind hier z.B. die Einführung von Preiskatalogen für standardisierte Leistungen oder von Ausschlußlisten für kostentreibende Ausstattungsmerkmale. Auch die längerfristige Planung von Beschaffungsbedarfen und die Konzentration auf einige wenige Liefe­ ranten (Pooling) können die Beschaffungskosten senken. Damit wird deut­ lich, daß diese Prozesse möglichst in der Einkaufsabteilung eines Unter­

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nehmens zentralisiert werden sollten, da hier das notwendige Know-how zur Verfügung steht. In vielen Unternehmen ist auch das Aushandeln von Agenturverträgen Aufgabe der Einkaufsabteilung geworden, wobei das Hauptaugenmerk da­ bei auf dem Aushandeln von Preisnachlässen ruht. Das Problem traditionel­ ler Agentur-Vergütungsmodelle ist, daß sie nicht auf Effizienz ausgerichtet sind. Die Abhängigkeit der Provision vom Werbebudget berücksichtigt nur ungenügend die Leistung der Agenturen. Deshalb sollte ein bestimmter Prozentsatz der Vergütung leistungsorientiert sein und vom Erreichen vor­ her definierter kommunikativer Ziele abhängen. Eine weitere Möglichkeit ist die aufwandsbasierte Honorierung von Agenturleistungen, die bei kon­ sequenter Umsetzung zu höherer Transparenz für die Werbetreibenden führt. Trotz aller Bemühungen um Effizienzsteigerungen, sollten die Agen­ turvergütungen aber immer „fair46 erfolgen. Andererseits müßten die Agen­ turen zu alternativen Möglichkeiten der Finanzierung greifen, was letztend­ lich auch nicht im Sinne des Werbetreibenden sein kann. Von großer Bedeutung für die Erhöhung von Effizienz und Effektivität der Werbung sind Werbe-Testprozesse, die ebenfalls in die Prozeßperspek­ tive einbezogen werden sollten. Des weiteren zählen auch die Marktiden­ tifizierung und die Segmentierung von Zielgruppen dazu. In der Prozeßperspektive wird noch einmal deutlich, daß jede Balanced Scorecard unternehmensindividuell zu erstellen ist. In Abhängigkeit von den Werbezielen, der Werbestrategie und der Untemehmensgröße wird je­ des Unternehmen andere strategisch bedeutsame Prozesse identifizieren. Denkbar sind z.B. auch Ziele in Bezug auf Entstehungszeit und Timing von Werbemaßnahmen oder die Reduktion von Schnittstellen innerhalb des Werbebereiches oder zu anderen Unternehmensbereichen (vgl. Schütz 2002, S. 33 ff.). • Lern- und Entwicklungsperspektive (auch Mitarbeiter- oder Potential­ perspektive genannt): In dieser Perspektive unterscheiden sich die Ziele und Kennzahlen nicht viel von denen anderer Bereichs-Scorcards. Auch im Werbebereich sind Mitarbeiterzufriedenheit und -treue die wichtigsten Kennzahlen. Sie stellen aber Spätindikatoren dar und sollten durch zu­ kunftsorientierte Kennzahlen, wie z.B. Motivation und Weiterbildung, er­ gänzt werden. Wegen der langfristigen Wirkung dieser Faktoren auf die Entwicklung eines Unternehmens sind Investitionen in Mitarbeiter von be­ sonderer Bedeutung. Fluktuation bedeutet auch immer einen Know-howund Potentialverlust für jedes Unternehmen. Und da auch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter mit Aufwand und Kosten verbunden ist, könnte ein Ziel dieser Perspektive die Erhöhung der Mitarbeitertreue sein. Diese wiederum wird entscheidend von der Zufriedenheit der Mitarbeiter beeinflußt. Sie sollte deshalb regelmäßig, z.B. in Form anonymisierter Befragungen, erho­ ben werden.

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Von zunehmender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unterneh­ men ist die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter. Als Kennzahlen können die Schulungstage oder die besuchten Seminare pro Mitarbeiter verwendet werden. Wobei nach Möglichkeit auch die Umsetzung von Schulungsin­ halten in die betriebliche Praxis analysiert und gemessen werden sollte. Die Motivation von Mitarbeitern im Werbebereich läßt sich zum Bei­ spiel durch interne Kreativwettbewerbe oder die Einführung eines Verbesserungs- und Vorschlagswesen steigern. Als Kennzahlen dienen dann z.B. die Teilnehmerzahlen am Wettbewerb oder die aus dem Vorschlagssystem umgesetzten Vorschläge pro Mitarbeiter. Zu dieser Perspektive zählen aber auch die gerade im Marketing- und Werbebereich wichtigen Potentiale von Informationssystemen. Jeder Mit­ arbeiter muß Zugriff auf die für seine Tätigkeit relevanten Informationen haben. Genaue Informationen sind Voraussetzung für die Verbesserung von Prozessen. • Weitere Perspektiven: Nicht jedes werbetreibende Unternehmen kann durch die vier hier vorgestellten Perspektiven umfassend beschrieben wer­ den. In Abhängigkeit von Organisationsform, Struktur und Größe können auch andere Perspektiven von strategischer Bedeutung sein. Ist der Umfang extern konzipierter Werbung im Vergleich zu inhouse konzipierter deutlich größer, so kann auch eine externe Dienstleisterper­ spektive in die Balanced Scorecard aufgenommen werden. Sie eignet sich auch für Unternehmen, die ihre Etats (z.B. PR-, Event-, Sponsoring- und Direct Marketing) an verschiedene Agenturen vergeben. Kommt dazu noch eine Agentur für klassische Werbung und eine Mediaagentur, so kann es schnell zur Zusammenarbeit mit vier, fünf oder mehr Agenturen kommen. Um in diesem Fall einen einheitlichen Auftritt (Corporate Identity) und eine einheitliche Positionierung zu gewährleisten, sind Koordinations- und Kommunikationsprozesse zwischen dem Werbetreibenden und den Agen­ turen, aber auch zwischen den verschiedenen Agenturen notwendig. Koor­ dinationsdefizite können zu erheblichen Kostensteigerungen und schlimm­ stenfalls zu einer Verzerrung im Markenauftritt führen. Um das zu vermei­ den kann ein regelmäßig tagendes Koordinationsgremium eingerichtet werden und Kennzahlen könnten dann beispielsweise Bezug nehmen auf die Anzahl der Sitzungen oder der beteiligten Agenturen. Da die Qualität strategischer Entscheidungen maßgeblich von der Quali­ tät der Informationen abhängt, ist auch eine Informations- oder Marktfor­ schungsperspektive möglich. Ziele und Kennzahlen dieser Perspektive be­ ziehen sich auf den Umfang, die Häufigkeit und Relevanz der zu erheben­ den Daten, aber auch auf den zeitlichen Aspekt (Pünktlichkeit, Erhebungszeitpunkt) und die Kommunikation zwischen Marktforschung und Werbeabteilung. Da in Theorie und Praxis ständig neue Verfahren ent­ wickelt werden, kann auch die Innovationsfähigkeit, z.B. die Anzahl neuer

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Verfahren im Verhältnis zu traditionellen, der Marktforschung gemessen werden. Jedes Marketing- und Werbemanagement muß individuell entscheiden, welche Perspektiven für die Umsetzung der Strategie von Bedeutung sind. Zusätzlich zu den hier vorgestellten können auch eine Kommunikations-, Organisations- und Einführungsperspektive in die Balanced Scorecard auf­ genommen werden. Dabei ist jedoch vor allem der Strategiebezug kritisch zu hinterfragen. Ist doch eines der mit der Einführung der Balanced Score­ card verbundenen Ziele die Reduktion von Kennzahlen und die Konzentra­ tion auf strategisch relevante Meßgrößen.

3.2.8.3 Beispiel-Balanced Scorecard für den Werbebereich Um die Funktionsweise der Balanced Scorecard als Instrument des strategi­ schen Werbecontrolling zu demonstrieren, soll im folgenden ein Beispiel kon­ struiert werden. Ausgegangen wird dabei von einem Markenartikelunterneh­ men aus dem Sektor der „fast moving consumer goods“. Das Unternehmen konkurriere mit seinen Produkten auf gesättigten Märkten, Wettbewerbs vor­ teile sind nur durch werbliche Differenzierung (UAP) zu erreichen. Das Beispiel-Unternehmen möchte dem Preiswettbewerb der Konkurrenz starke Marken entgegensetzen. Als übergeordnetes, durch die Werbung zu un­ terstützendes Marketingziel, steht deshalb die Erhöhung des Markenwerts. Um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten von Wirtschaftskrise und Konsumzurückhaltung der Konsumenten nicht zu gefährden, wurde des wei­ teren der gesamte Marketingbereich aufgefordert, Möglichkeiten für Effi­ zienzsteigerungen zu identifizieren und umzusetzen. Aus diesen Vorgaben wurde die in Tabelle 3-11 dargestellte Balanced Scorecard entwickelt. Zusätzlich zu den dort aufgeführten Spalten sollte in der Praxis zu jedem Ziel bzw. zu jeder Kennzahl festgelegt werden, wer für die Zielerreichung verantwortlich ist. Da die Balanced Scorecard eine Verbin­ dung zwischen Strategie und operativem Handeln schaffen soll, ist der Zeitbe­ zug der Ziele eher mittelfristig. Im vorliegenden Beispiel beträgt er 12 Mo­ nate, soweit nichts anderes erwähnt wird. Die Ziele und Größen der Balanced Scorecard müssen nicht zwingend rechnerisch verknüpft sein. Ein kausaler Zusammenhang zwischen ihnen ist ausreichend. Besonders wichtig ist die vertikale Verknüpfung der Ziele und Kennzahlen innerhalb der Werbebereichs-Scorecard und die Verbindung mit der übergeordneten Balanced Scorecard des Marketing. Jeder Mitarbeiter sollte wissen, wie seine operative Arbeit zur Verwirklichung der gemeinsa­ men Vision beiträgt. Dazu muß er sich an den strategischen Zielen orientieren können und im Rahmen einer Selbstkontrolle permanente Soll-Ist Vergleiche durchführen. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen strategischen Zie­

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len und deren Leistungstreibern in den einzelnen Perspektiven zeigt Abbil­ dung 3-40. Da die Balanced Scorecard des Werbebereiches aus der übergeordneten Sco­ recard des Marketing, und diese wiederum aus der Unternehmens-Scorecard abgeleitet wird (vgl. Abbildung 3-39), kann hier aus Erfahrungen auf diesen Ebenen profitiert werden. Eine Balanced Scorecard ist jedoch immer ein Uni­ kat und kann selbst innerhalb eines Unternehmens stark variieren. Ein stan­ dardisiertes Vorgehen oder einen allgemein gültigen Satz von Kennzahlen kann es nicht geben. Vielmehr müssen die strategisch relevanten Kennzahlen aus der werblichen Situation des Unternehmens abgeleitet werden. Ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung ist die Bestimmung von Verant­ wortlichen, d.h. für jedes strategische Ziel muß geregelt werden, wer für die Erfüllung verantwortlich zeichnet. Des weiteren muß für jede Kennzahl fest­ gelegt werden, wer für ihre Erhebung zuständig ist und in welchem Rhythmus sie aktualisiert werden soll.

Abschließend soll darauf hingewiesen werden, daß die Balanced Scorecard ein Instrument zur Strategieumsetzung ist. Voraussetzung für ihre Einführung ist eine bereits bestehende Strategie. Die Weiterentwicklung dieser Strategie durch die Balanced Scorecard ist kaum möglich. Auch die Planungsprämissen

Kundenperspektive

Finanzperspektve

Tabelle 3-11: Beispiel-Balanced Scorecard für den Werbebereich Ziele

Kennzahlen

Vorgaben

Maßnahmen

Steigerung der Werbeeffizienz

0 Kosten pro Kontakt 0 Kosten pro Prozentpunkt Markenbekanntheit

-10%

Prozeßkostenrechnung, Target Costing einführen

Erhöhung des Markenwertes

Markenstärke (Definition des verwendeten Modells)

+50% innerhalb der nächsten 3 Jahre

Integrierte Kommunikation forcieren

Zielgruppenrelvante u. eigen­ ständige Positio­ nierung

Eigenständigkeit der Werbung/Konsumrelevanz (Definition Pre-/Post-Test),

80% Kaufabsicht zu > 25 % durch Images erklärt

Kreative Werbemittelgestaltung/Kenntnis der Be­ dürfnisse der Zielgruppe verbessern

Klares und dynamisches Markenimage

Ausprägungen strategisch relevanter Items im seman­ tischen Differential

Positivere Beur­ teilung als dir. Wettbewerber

Emotionale Erlebniswelten aufbauen, spezifischen Nutzen verdeutlichen

Steigerung der Marken­ bekanntheit

Spontane Bekanntheit

>95 % in der Zielgruppe, First Choice

Massierte Schaltungen und below-the-line Aktivitäten durchführen

Überdurch­ schnittlicher Werbedruck

Bruttokontakte

+20% im Ver­ gleich zum Wett­ bewerb >1

Wettbewerbsanalyse, Media-planung durch genaue Zielgruppen­ segmentierung und MediaBriefings verbessern

SOA, SOM (relativ)

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210 Ziele

Kennzahlen

Vorgaben

Maßnahmen

Senkung der Be­ schaffungskosten

Materialkosten Anzahl der Lieferanten

-15%

Pooling und ABC-Analyse einführen, Einkaufs­ abteilung einbeziehen

Verbesserung der Briefing-Qualität

Anzahl der Re-Briefings

0

Standardisierung und obligatorische Inhalte festlegen

Leistungs­ orientierte Agentur­ vergütung

Anzahl der Agenturen mit leistungsorientierten Verträgen/Höhe des leistungs­ abhängigen Honorars

100%

Offener Dialog mit Agenturen und gemeinsame Ziele vereinbaren

Verbesserung der Werbewirkungs­ prognose und Werbeerfolgs­ kontrolle

Anzahl der Pretests

Potenti alperspekti ve

Prozessperspektive

-25 %

mind. 25 %

1 pro Werbemittel/Kampagne, Überprüfung der Zielvorgaben

moderner und valide Analyseverfahren einsetzen

Exzellente Terminabweichungen Zusammenarbeit mit Dienstleistern

0

Gemeinsames Koordina­ tionsgremium bilden

Optimale Informations­ versorgung aller Mitarbeiter

Mitarbeiter mit Zugriff auf Datenbank

100%

Informationsverarbeitungs­ system ausbauen

Qualität der erho­ benen Informa­ tionen verbessern

Mitarbeiter mit Marktfor­ schungskompetenz

+ 10%

Schulung durchführen, Experten einstellen

Verringerung der MitarbeiterFluktuation

Kündigungen/Gesamtzahl der Mitarbeiter im Werbe­ bereich